Erzherzog Karl von Österreich (1590–1624): Bischof von Breslau am Vorabend und zu Beginn des Dreißigjährigen Kriges [1 ed.] 9783412519223, 9783412519209


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Erzherzog Karl von Österreich (1590–1624): Bischof von Breslau am Vorabend und zu Beginn des Dreißigjährigen Kriges [1 ed.]
 9783412519223, 9783412519209

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Bernhard W. Scholz

Erzherzog Karl von Österreich (1590–1624) Bischof von Breslau am Vorabend und zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges

FORSCHUNGEN UND QUELLEN Z U R K I R C H E N - U N D K U LT U R G E S C H I C H T E DER DEUTSCHEN IN OSTMITTELU N D S Ü D O S T E U R O PA IM AUFTRAG DES INSTITUTS FÜR KIRCHEN- UND KULTURGESCHICHTE DER DEUTSCHEN IN OSTMITTEL- UND SÜDOSTEUROPA HERAUSGEGEBEN VON RAINER BENDEL Band 52

To my love and confidant over so many years Jeanine Sonnenberg Scholz a descendant of Hans Landis, Anabaptist, who appears in this book he was executed in Zürich because of his faith

ERZHERZOG KARL VON ÖSTERREICH (1590–1624) Bischof von Breslau am Vorabend und zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges

von

Bernhard W. Scholz Mit digitalem Anhang „Quellentexte und Register zu Erzherzog Karl von Österreich“

BÖHLAU VERLAG WIEN KÖLN

Gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.de abrufbar. © 2021 Böhlau, Lindenstraße 14, D-50674 Köln, ein Imprint der Brill-Gruppe (Koninklijke Brill NV, Leiden, Niederlande; Brill USA Inc., Boston MA, USA; Brill Asia Pte Ltd, Singapore; Brill Deutschland GmbH, Paderborn, Deutschland; Brill Österreich GmbH, Wien, Österreich) Koninklijke Brill NV umfasst die Imprints Brill, Brill Nijhoff, Brill Hotei, Brill Schöningh, Brill Fink, Brill mentis, Vandenhoeck & Ruprecht, Böhlau, Verlag Antike und V&R unipress. Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Umschlagabbildung: Erzherzog Karl 1611, goldene Porträtmedaille. Umschrift: ARL.D.G.ARCH.AUSTR.EPVS.WRA (Karl von Gottes Gnaden Erzherzog von Österreich, Bischof von Breslau). Revers: Wappen des Erzhauses, darüber Erzherzogskrone. Umschrift: DESIDERAT.ANIMA.MEA.AD.TE.DEUS. 1611. Wien, Kunsthistorisches Museum, Münzsammlung 004013bb. Umschlaggestaltung: Michael Haderer, Wien Korrektorat: Volker Manz, Kenzingen Satz und Layout: büro mn, Bielefeld Vandenhoeck & Ruprecht Verlage | www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com ISBN 978-3-412-51922-3

INHALT Vorwort  . . .................................................................................................................. 

9

Einleitung  . . .............................................................................................................. 

11

I.

29

Unter der Aufsicht österreichischer Bischöfe 1608 – 1611  ......................  Die Breslauer Bischöfe vor dem Bischof aus dem Hause Habsburg  ..................................................................  2. Österreichisches Schlesien  . . ..............................................................  3. Frühe Jahre in Steiermark und Kärnten  . . .........................................  4. Auf den Breslauer Bischofsthron 1608  ...........................................  5. Bistum Breslau und Fürstentum Neisse bei Karls Herrschaftsantritt 1608  .....................................................  6. Konsequenzen des Abfalls von der alten Kirche für Kirchenbesitz und Einkünfte des Bischofs  ...............................  7. Johann Jakob von Lamberg, Bischof von Gurk, in Neisse, Dezember 1608 bis Juli/August 1609  .. ..........................  8. Georg Stobaeus von Palmburg, Bischof von Lavant, in Neisse, 24. Dezember 1609 bis 13. April 1611  . . ........................  9. Die Bischöfe von Gurk und Lavant über den jugendlichen Erzherzog Karl  ............................................  1.

II. Ringen mit den schlesischen Protestanten  . . ...............................................  1. Gegnerschaft der schlesischen Fürsten und Stände  .......................  2. Wortführer und Unterhändler der Parteien  .. ....................................  3. Der Bischof nicht mehr Oberlandeshauptmann  .............................  4. Die Neisser Evangelischen widersetzen sich dem Bischof   ..........  5. Argumente und Maßnahmen des Erzherzogs gegen die evangelischen Neisser  . . ....................................................  6. Niederlage und Triumph der Katholischen und des Erzherzogs  ............................................................................  7. Im Dienste der habsburgischen Diplomatie  ....................................  8. Der General  . . .......................................................................................  9. Eine freie Hand gegen die Evangelischen 1621 – 1624  ................. 

29 36 41 53 64 71 83 92 100 106 107 122 133 143 150 161 173 183 195

6

Inhalt

III. Erzherzog Karl als schlesischer Territorialfürst  . . ......................................  1. Breslau und Neisse: Hauptstadt des Bistums, Residenzstadt des Bischofs  ...............................................................  2. Ein aktiver, auf Besserung ausgerichteter Regent  . . ........................  3. Katholische Reform in Karls Ländern  . . ...........................................  4. Der Erzherzog und die Jesuiten in Neisse  . . .....................................  5. Leben wie ein Fürst: Feste, Musik, Bücher, die den Bischof interessierten  . . .........................................................  6. Erzherzog Karl als Bauherr, Mäzen und Sammler  .. .......................  7. Nicht nur Breslau und Neisse: Herrschaften und Würden anderswo  ....................................................................... 

202 204 213 231 247 261 273 285

IV. Die Reise nach Spanien und der Tod in Madrid 1624  .. ............................  1. Das Spanienprojekt  ............................................................................  2. Einladungen, Verzögerungen, Vorbereitungen  ...............................  3. Eine Fürstenreise im Jahre 1624  ......................................................  4. Die Reisegesellschaft  .. .......................................................................  5. Das Reisetagebuch des Erzherzogs  .. ................................................  6. Von Neisse nach Wien, von Wien nach Innsbruck, 14. Juni bis 5. September 1624  .. .......................................................  7. Stationen der Reise Innsbruck – Madrid auf Grund des Reisetagebuchs  .. ........................................................  8. Tod im königlichen Palast und Bestattung im Escorial  . . ...............  9. Reaktionen in Wien, Madrid, Breslau, Brixen, Neisse, Januar bis März 1625  .. ....................................................................... 

307 307 314 320 325 333

V.

Persönlichkeit und Herrschaftsstil eines überforderten Habsburgers  .. ... 

389

Ausblick  .................................................................................................................. 

416

Quellen und Literatur  ............................................................................................  1. Übersicht der Quellen zu Erzherzog Karl von Ö ­ sterreich im Druck und in den Archiven  .........................................................  2. Archivalien  .. ........................................................................................  3. Gedruckte Quellen, Quellensammlungen, Wegweiser zu den Quellen  .. ..............................................................  4. Literatur  . . ............................................................................................. 

418

341 350 372 378

418 426 430 440

Inhalt

7

Bildnisse des Erzherzogs Karl von Österreich  ................................................... 

473

Verzeichnis der Abbildungen und Karten  ........................................................... 

476

Abkürzungen  .......................................................................................................... 

477

Quellentexte und Register zu Erzherzog Karl von Österreich  ......................... 

478

Register  ...................................................................................................................  1. Erzherzog Karl von Österreich  . . .......................................................  2. Personen  ..............................................................................................  3. Ortsregister  .. ........................................................................................ 

480 480 490 509

Abb. 1: Erzherzog Karl von Österreich, um die dreißig Jahre alt; Kupferstich von Wolfgang Kilian (1581 – 1663), aus Augsburg, in: Serenissimorum Austriae ducum, archiducum, regum, imperatorum genealogia, Augsburg 1623. Ohne Seitenzählung, das Bildnis des Erzherzogs ist das letzte in dem Werk. Abbildungen erscheinen immer rechts, Name und Beschreibung auf der linken Seite, eine Beschreibung fehlt bei Karl. Der Stich entstand in den Jahren 1619 – 1623, der Künstler kannte den Erzherzog, das Werk ist wohl nach dem Leben gezeichnet. Princeton University Library, Special Collections, Princeton, New Jersey.

VORWORT Am Ende einer mehrjährigen Auseinandersetzung mit einer Persönlichkeit aus der deutschen Geschichte Schlesiens erinnert man sich mit einiger Nostalgie der vielen einem Breslauer Prälaten des frühen 17. Jahrhunderts gewidmeten Stunden und der zurückgelegten Meilen und aufgesuchten Wegstationen, unter den Letzteren besonders die ehemalige schlesische Hauptstadt Breslau und die langjährige Residenzstadt der Breslauer Bischöfe Neisse. Der in ­diesem Buch behandelte Erzherzog Karl von Österreich war in Steiermark geboren und starb in Madrid, aber die Hauptstätten seiner öffentlichen Tätigkeit waren die schlesische Diözese und das Neisser Bistumsland. In der Stadt Neisse, am einstigen Salzring, stehen heute noch ein paar imposante Bauten, die auf die Initiative des Habsburgers zurückgehen, dabei das alte Jesuitenkollegium, mit dem den Verfasser jugendliche Erlebnisse verbinden. Die Spuren eines letzten Endes recht ungewöhnlichen Lebens finden sich heute weitverstreut in den Archiven, Museen und Bibliotheken mehrerer Länder. Bei ihrer Benutzung vor allem in Wien, Innsbruck, Brixen und Breslau und im Bestreben, einige unveröffentlichte Zeugnisse seiner Tätigkeit, insbesondere sein Reisetagebuch und viele seiner Briefe, hier zugänglich zu machen, fand ich Entgegenkommen in zahlreichen Archiven und Bibliotheken, einschließlich mehrerer Institutionen in den USA, deren Personal mir damit half, diese Studie zu vollenden. Ich nenne hier nur den Direktor des Brixener Diözesanarchivs, wo sich so viel Material zur Tätigkeit des Erzherzogs als Bischof von Brixen befindet, Herrn Archivdirektor Eduard Scheiber, der mich auf einige mir unbekannte Materialien aufmerksam machte. Den Bibliotheken und Archiven, die mir Abbildungen und Texte vermittelten, bin ich dankbar, den im Folgenden genannten dann speziell für die Erlaubnis zur Reproduktion: Schatzkammer und Archiv des Deutschen Ordens, Wien; Haus-, Hof- und Staatsarchiv, Wien; Kunsthistorisches Museum, Wien; Österreichische Nationalbibliothek, Wien; Landesbibliothek Tirol, Innsbruck; Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Innsbruck; Diözesanarchiv (Hofarchiv und Domkapitelarchiv), Brixen; Staatliche Münzsammlung, Bayerisches Hauptstaatsarchiv, München; Rare Books and Special Collections, Princeton University Library, Princeton NJ , USA ; Biblioteka Narodowa, Warszawa. Aus meinen simplen Entwürfen schuf Herr Daniel Huffman, Madison, Wisconsin die acht übersichtlichen Karten in ­diesem Bande. Eine Überprüfung und in vielen Fällen Verbesserung der Abbildungen verdanke ich Herrn Dr. Kenneth Hoffman, Professor of Communication, Seton Hall University, South Orange NJ . Herrn Rektor Dieter Schanzer aus Würzburg fühle ich mich besonders verpflichtet, er opferte mehrere Ferienwochen einer Durchsicht des Manuskripts. Auf meinen Besuchen in Breslau oder per E-Mail erhielt ich viele Hinweise von einem befreundeten Kenner der schlesischen Geschichte, Herrn Magister Krzysztof Pawlik, bis kürzlich Oberkustos am Neisser Museum. Dem Vorstand des Instituts für ­Kirchenund Kulturgeschichte der Deutschen in Ostmittel- und Südosteuropa und besonders

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Vorwort

Herrn Professor Rainer Bendel bin ich dankbar für die Aufnahme dieser Arbeit in die Reihe „Forschungen und Quellen zur ­Kirchen- und Kulturgeschichte der Deutschen in Ostmittel- und Südosteuropa“; dem Sekretär des Instituts, Herrn Martin Wambsganß, für hilfreiche Mitteilungen im Laufe von vielen Jahren. Das Institut entstand auf die Initiative des ehemaligen Leiters des Breslauer Diözesanarchivs, Kurt Engelbert, geboren in Wansen, im Nordwestwinkel des ehemaligen Bistumslandes, dessen Name oft in den Anmerkungen dieser Arbeit erscheint. Jeanine Sonnenberg Scholz zeigte mir viel Verständnis und Toleranz bei meinem häufigen Versinken – bis zum mehrwöchigen Unsichtbarwerden – im Tun und Denken eines lange dahingegangenen Österreichers. Doylestown, Pennsylvania, USA, September 2020

EINLEITUNG Ein Jahrtausend lang gab es ein ganz Schlesien umfassendes katholisches Bistum ­Breslau, das in dieser ursprünglichen Ausdehnung bis 1972 existierte.1 Der Bischof von Breslau war auch von 1290 bis 1810 der weltliche Regent eines Territoriums innerhalb seiner Diözese, des bischöflichen Fürstentums Neisse, ein geistlicher Fürst, im 17. Jahrhundert der einzige im Reich der Habsburger. Als bemerkenswert kann man betrachten – in der Geschichte des Bistums, weniger in der Welt des Alten Reiches –, dass während der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts die Bischöfe ihre Stellung auf Grund ihrer Herkunft aus oder Verwandtschaft mit dem damals bedeutendsten Herrscherhause erreichten. Der erste dieser mit einer außerschlesischen Dynastie verknüpften Bischöfe war Erzherzog Karl von Österreich, geboren 1590, auf dem Breslauer Bischofsthron von 1608 bis 1624. Als Besonderheiten seiner Herrschaft zählen, dass er als achtzehnjähriger Laie das Amt antrat, niemals zum Priester oder Bischof geweiht wurde, während seiner ganzen Regierungszeit im Konflikt mit den Einwohnern seiner Residenzstadt Neisse lag, neben dem Breslauer Amt auch andere hohe Stellungen in der ­Kirche übernahm und dann einen frühen Tod weit entfernt von seiner schlesischen Diözese in Madrid am Hof des spanischen Königs fand. Von Anfang bis Ende seines öffentlichen Lebens sah er sich als Streiter für die katholische ­Kirche, er trat aber ebenso passioniert ein für Glanz und Glorie des Hauses Habsburg. Obwohl ihm nur wenige Regierungsjahre vergönnt waren und seine Eignung zum Regenten schon von seinen Zeitgenossen in Frage gestellt wurde, hatte seine Herrschaft Einfluss auf die schlesischen Konfessionsverhältnisse, die Architektur und Musikkultur seiner Residenzstadt Neisse und die finanziellen Geschicke des Deutschen Ordens.

Bisherige Behandlungen Die Fakten und Daten zur Biographie und Herrschaft Erzherzog Karls findet man in den Standardwerken, wobei man den Aufsatz des Heinrich Ritter von Zeissberg (1839 – 1899), Professor an der Universität Wien, Leiter des Instituts für österreichische Geschichtsforschung und Direktor der kaiserlichen Hofbibliothek, als immer noch besonders ergiebig herausheben möchte.2 Friedrich von Hurters elfbändige 1 Die Zerteilung offiziell 28. Juni 1972 durch die Apostolische Konstitution Episcoporum Poloniae; Werner M arschall : Geschichte des Bistums Breslau, Stuttgart 1980, S. 200, zum Schicksal der Diözese von 1945 an dort S. 175 – 203. 2 Heinrich Ritter von Z eissberg : Karl Erzherzog von Österreich, in: Allgemeine Deutsche Biographie 15 (1882), S. 315 – 318; Constantin von W urzbach : Karl Joseph, Erzherzog von Oesterreich, Großdeutschmeister, Bischof zu Breslau und Brixen, in: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich 6 (1856 – 1891), S. 388 f.; Berthold S utter : Karl, Erzherzog von

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Einleitung

Geschichte Ferdinands II . aus den 1850er und 60er Jahren enthält einige Beobachtungen über Karls Persönlichkeit. Der Konvertit und den Ultramontanen nahestehende Autor überging absichtlich Karls Jugendstreiche in seinem ersten Bischofsjahr, sie passten nicht in das heroische Bild der Habsburger, das er unermüdlich in seinen Werken propagierte.3 Hermann Dittrich, ein Neisser Lokalhistoriker, verfasste eine auf Neisse ausgerichtete Darstellung mit einigen wichtigen Einzelheiten.4 Keinem Aspekt der Regierung des Erzherzogs hat man mehr Aufmerksamkeit geschenkt als seinem Konflikt mit den schlesischen Fürsten und Ständen und den evangelischen Einwohnern seiner Residenzstadt Neisse. Die Materialien zu ­diesem Streit wurden schon im späten 17. Jahrhundert zusammengestellt. Eine Sammlung der ­wesentlichen Dokumente ist enthalten im Werk des niederschlesischen Juristen und Konvertiten Gottfried Ferdinand von Buckisch und Löwenfels „Schlesische ­Religionsakten 1517 bis 1675“, Buch 2 – 4, verfasst in den Jahren 1676 – 1683.5 Aus dem Jahre 1698 existiert eine Schilderung des Konflikts in der Geschichte der Neisser Pfarrkirche St. Jakob von Johann Felix Pedewitz.6 Aus evangelischer Perspektive schrieb ­Gottlieb Fuchs ein paar Jahre früher eine Reformationsgeschichte des Fürstentums Neisse. „Die von dem Erzherzog, Bischof Karl, erregten Streitigkeiten über den Majestätsbrief …“, so beginnt seine Behandlung des Themas, die seine Perspektive verrät.7 August ­Kastner (1810 – 1872) kannte das Werk des Pedewitz, das nur in einer Handschrift im Neisser Pfarrarchiv existierte, und machte eine Abschrift. Kastner war Lehrer am Neisser Carolinium, dem Gymnasium, welches auf das von Erzherzog Karl gegründete Jesuitenkolleg zurückgeht. Die ausführlichste Behandlung der Österreich, in: Neue Deutsche Biographie 11 (1977), S. 241 f.; Jan K opiec : Karl, Erzherzog von Österreich (1590 – 1624), in: Erwin G atz Hg.: Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches 1448 – 1648, Berlin 1996, S. 352 – 354. 3 Friedrich von H urter -A mmann : Geschichte ­Kaiser Ferdinands II. und seiner Eltern 1 – 11, Schaffhausen 1850 – 1867, 4, S. 128 – 136, besonders S. 135, 22 f., 495. 4 Hermann D ittrich : Carl, Erzherzog von Oesterreich, Bischof von Breslau 1608 – 1624, in: 23. Jahres-Bericht des Neisser Kunst- und Altertums-Vereins (1919), S. 12 – 23. 5 Die Religionsakten als Ganzes sind niemals gedruckt worden. Eine handschriftliche Kopie aus dem Jahre 1803 ist jetzt in digitalisierter Form zugänglich über die Silesian Digital Library. Zu anderen Handschriften s. Joachim K ö h ler : Das Ringen um die tridentinische Erneuerung im Bistum Breslau (= Forschungen und Quellen zur ­Kirchen- und Kulturgeschichte Ostdeutschlands 12), Köln, Wien 1973, S. XXVIII . Das unveröffentlichte Werk zitiert im Folgenden als Buckisch plus Nummer von Buch, Kapitel und Artikel; zu den Regesten des Werkes von G o t t s c h a l k , G r ü n e wa l d und S t e l l e r (zitiert G o t t s c h a l k : Buckisch) s. S. 50 Anm. 76. 6 Bernhard R uffert Hg.: Historia Ecclesiastica Ecclesiae Parochialis S. Jacobi Nissae per ­Joannem Felicem Pedewitz Parochum, in: 31. und 32. Bericht der Neisser Philomathie, Neisse 1905, S. 86 – 97. 7 Gottlieb F uchs : Versuch einer Reformationsgeschichte des Fürstenthums Neisse und der Residenzstadt Neisse, mit den dazu gehörigen Beweisen, Breslau 1775, S. 54 – 114.

Bisherige Behandlungen

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­ egierungszeit ­Erzherzog Karls in Neisse und Breslau, mit Betonung des Konflikts R mit den evangelischen Neissern, ist immer noch der zweite, 1854 veröffentlichte Band von August Kastners „Geschichte der Stadt Neisse“, über „Begebenheiten, Weltliche Zustände, Kirchliche Zustände“ in den Jahren 1603 – 1624.8 Kastners Geschichte enthält die sich auf diesen Konflikt beziehenden Dekrete, Positionen und Briefe, er gibt sie in der Regel in indirekter Rede wieder. Seine Quellen waren neben den „Schlesischen Religionsakten“ des Buckisch auch Dokumente im seit 1945 verschollenen Neisser Stadtarchiv; gelegentlich geben Buckisch und das Neisser Stadtarchiv das ­gleiche Dokument. Ein Vorzug der Behandlung Kastners ist, dass er in ausführlicher und exakter Zusammenfassung viele Dokumente wiedergibt, von denen eine ganz Reihe jetzt nicht mehr existiert, eine Schwäche, dass die dreihundert Seiten über den Konflikt ­zwischen Bischof und Neisser Evangelischen weniger Geschichte als eine Aneinanderreihung von Dokumenten darstellen. Auf jeden Fall existieren zahlreiche Dokumente zum Konflikt ­zwischen Bischof und Neisser Evangelischen heute nur in Band 2 von Kastners Geschichte von Neisse. Die bald nach der Veröffentlichung des Buches im ersten Band der Zeitschrift des Vereins für Geschichte (und Altertum) Schlesiens erschienene Besprechung von Theodor Paur, obwohl nicht ohne konfessionellen Animus, kritisiert wohl mit einigem Recht Kastners Methode.9 Allerdings gibt gerade das dem Werk heute einen besonderen Wert, da die in den Neisser Archiven existierenden Schriftstücke, auf die sich Kastner oft bezieht, mit dem ganzen Neisser Archivmaterial seit 1945 verschwunden sind. Hundert Jahre nach Kastner schilderte Kurt Engelbert in drei Aufsätzen über das Bistum Breslau im Dreißigjährigen Kriege, veröffentlicht im „Archiv für schlesische Kirchengeschichte“, die Auseinandersetzung des Erzherzogs mit dem schlesischen Protestantismus, d. h. dem Fürstentag und den Neisser Evangelischen. Eine Übersicht über seine Herrschaft und Persönlichkeit von Kurt Engelbert ist der Aufsatz „Erzherzog Karl von Österreich“ im fünften Band der „Schlesischen Lebensbilder“; er wurde nach Engelberts Tode 1967 z. T. auf Grund der genannten Arbeiten im „Archiv für schlesische Kirchengeschichte“ ergänzt.10 Ein zusammenfassendes Urteil über den Breslauer Oberhirten, besonders auf Grund bis dahin nicht voll genützter vatikanischer Quellen, findet sich bei Joachim Köhler in seinem Buch über die katholische Erneuerung im 8 August K astner : Geschichte der Stadt Neisse, mit besonderer Berücksichtigung des kirchlichen Lebens in der Stadt und dem Fürstenthume Neisse, Teil 2, 1608 – 1655, Neisse 1854, S. 1 – 308. 9 [Theodor] P aur : Zur Geschichte von Neisse in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, in: Zeitschrift des Vereins für Geschichte und Alterthum Schlesiens 1 (1856), S. 95 – 129. 10 Kurt E ngelbert : Das Bistum Breslau im Dreißigjährigen Kriege 1 – 3, in: ASKG 23 (1965), S. 85 – 148; 24 (1966), S. 127 – 181; 25 (1967), S. 201 – 251(über Karl nur bis S. 208); ders .: Erzherzog Karl von Österreich, in Schlesische Lebensbilder 5, hg.von Helmut N eubach und Ludwig P etry , Würzburg 1968, S. 41 – 50.

14

Einleitung

Bistum Breslau nach dem Konzil von Trient.11 Ein weiterer Beitrag Köhlers befasst sich mit der Rolle des Breslauer Bischofs als Instrument dynastischer Ambitionen der Habsburger.12 Nur wenig kann man Hubert Jedins Untersuchung der Wahl Karls zum Bischof hinzufügen; Jedin war übrigens wie Kurt Engelbert im ehemaligen Bistumsland geboren.13 Walter Leitsches umfangreiches Werk über den polnischen Königshof behandelt Karls sechs Monate in Warschau, September 1619 bis März 1620, und gibt ein negatives Bild der Persönlichkeit des Erzherzogs, vor allem auf der Grundlage vatikanischer Kritiker.14 In einer Innsbrucker Dissertation „Erzherzog Karl von Österreich als Bischof von Brixen 1613 – 1624“ behandelt Adelinde Bresciani abgesehen von Karls Regierung als Bischof und Landesfürst in Tirol auch andere Aspekte seiner Herrschaft, einschließlich „Erzherzog Karls Berufung zum Vizekönig von Portugal“.15 Die besonders wertvollen Teile ihrer Arbeit in unserem Zusammenhang sind die Kapitel über Karl in Brixen, die auch manches zur Tiroler Landesgeschichte zu sagen haben. Die Verfasserin hat viele sich auf Erzherzog Karl beziehende Informationen aus den Aktenbeständen im Brixener Diözesanarchiv und im Tiroler Landesarchiv in Innsbruck zusammengetragen. Eine Übersicht seines Wirkens als Hochmeister des Deutschen Ordens gibt Bernhard Demel in Udo Arnolds Geschichte der Hochmeister des Deutschen Ordens, 1190 – 1994.16 Karls Nachfolge im Hochmeisteramt überprüft Heinz ­Noflatschers Buch „Maximilian der Deutschmeister“ 17 und seinen Erwerb für den Deutschen Orden der Herrschaften Freudenthal und Eulenburg in Mähren ­Winfried Irgangs „Freudenthal als Herrschaft des Deutschen Ordens 1621 – 1725“ 18, zwei ­Arbeiten, zu 11 K öhler : Das Ringen um die tridentinische Erneuerung im Bistum Breslau, S. 267 – 278, der Abschnitt „Ein Habsburger auf dem Breslauer Bischofsthron“. 12 Joachim K öhler : Revision eines Bischofsbildes? Erzherzog Karl von Österreich, Bischof von Breslau (1608 – 1624) und Brixen (1613 – 1624), als Exponent der habsburgischen Hausmachts­ politik, in: ASKG 32 (1974), S. 103 – 111. 13 Hubert J edin : Die Krone Böhmen und die Breslauer Bischofswahlen 1468 – 1732, in: ASKG 4 (1939), S. 165 – 208, auch in ders .: ­Kirche des Glaubens, ­Kirche der Geschichte. Ausgewählte Aufsätze und Vorträge 1 – 2, Freiburg i. Br., Basel, Wien 1966, 1, S. 413 – 435, hier besonders S. 431 – 434. 14 Walter L eitsch : Das Leben am Hof König Sigismunds III . von Polen 1 – 4, Wien 2009, 3, S. 1508 – 1517, 1662, 1778 f. Die Kritik in Warschau bezog sich vor allem auf Verletzung der klerikalen Kleidungsvorschriften und Alkoholgenuss. 15 Adelinde B resciani : Erzherzog Karl von Österreich als Bischof von Brixen 1613 – 1624, phil. Diss. masch., Innsbruck 1974, S. 173 – 183. 16 Bernhard D emel : Karl, Erzherzog von Österreich, in: Die Hochmeister des Deutschen Ordens, 1190 – 1994, hg. von Udo A rnold (= Quellen und Studien zur Geschichte des Deutschen Ordens 40 = Veröffentlichungen der Internationalen Historischen Kommission zur Erforschung des Deutschen Ordens 6), Marburg 1998, S. 197 – 203. 17 Heinz N oflatscher : Glaube, Reich und Dynastie. Maximilian der Deutschmeister, 1558 – 1618 (= Quellen und Studien zur Geschichte des Deutschen Ordens 11), Marburg 1987, S. 290 – 293. 18 Winfried I rgang : Freudenthal als Herrschaft des Deutschen Ordens 1621 – 1725 (= Quellen und Studien zur Geschichte des Deutschen Ordens 25), Bonn 1971, S. 31 – 46.

Bisherige Behandlungen

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denen die ­gegenwärtige Untersuchung nichts hinzufügen kann. Ein Aufsatz von J. Kumor im „Archiv für schlesische Kirchengeschichte“ hat zum Thema Karls Wahl zum Kölner Kanonikus, diaconus maior (03. 02. 1618), und in Abwesenheit zum Chorbischof in Köln (12. 03. 1621).19 Niemand hat bisher im Einzelnen Karls Verwaltung seines Hochstifts Neisse – oder der Diözese Breslau – untersucht. Die Landesherrschaft des Breslauer Bischofs im Fürstentum Neisse im Allgemeinen ist Thema eines Kapitels in „Das geistliche Fürstentum Neisse“ des Verfassers, die Landesherrschaft der Bischöfe Gerstman und Logau wird in den Biographien dieser Bischöfe von Josef Jungnitz bzw. Kurt Engelbert beschrieben, die unseres Erzherzogs im Bistum Brixen, wie angedeutet, von Bresciani in ihrer Dissertation über Erzherzog Karl.20 Wie einer seiner protestantischen Gegenspieler, Herzog Georg Rudolf von Liegnitz, förderte Erzherzog Karl die Musik, und die Neisser Musikkultur in seiner Zeit war eine der bedeutenden Errungenschaften seiner Regierung. Josef Thamm hat das weitere Thema des Neisser Musiklebens behandelt wie auch speziell die Musik am Hofe des Erzherzogs, Helmut Federhofer den unter Karl in Neisse residierenden Komponisten Antonio Cifra (1584 – 1629) und die Neisser Hofkapelle in Karls Tagen.21 Auch in Brixen pflegte man selbstverständlich die Kirchenmusik und das auch unter dem meist abwesenden Karl von Habsburg.22 Die Kindheit des künftigen Bischofs behandelt in Kürze Sabine Weiss in ihrem Werk „Zur Herrschaft geboren“.23 Zwei Neisser Episoden aus den ersten zwei Regierungsjahren des Erzherzogs, nämlich seine Reaktion auf die Gravamina der Landstände des Fürstentums gegen Karls Vorgänger Johannes Sitsch und den Prozess gegen den Hofrichter Heinrich von Buchta, untersucht der Verfasser der vorliegenden Arbeit 19 J. K umor : Acht Breslauer Bischöfe als Domherren in Köln (1618 – 1801), in: ASKG 33 (1975), S. 47 – 67. 20 Bernhard W. S cholz : Das geistliche Fürstentum Neisse (= Forschungen und Quellen zur ­Kirchen- und Kulturgeschichte Ostdeutschlands 42), Köln, Weimar, Wien 2011, S. 145 – 163, Kapitel „Der bischöfliche Landesherr im 16. und 17. Jahrhundert“; Josef J ungnitz : Martin von Gerstmann, Bischof von Breslau. Ein Zeit- und Lebensbild aus der schlesischen Kirchengeschichte des 17. Jahrhunderts, Breslau 1898, S. 446 – 495, Kapitel „Der Bischof als Fürst von Neisse“; Kurt E ngelbert : Beiträge zur Geschichte des Breslauer Bischofs Kaspar von Logau (1562 – 1574). Bischof Kaspar als Fürst von Neisse, in: ASKG 10 (1952), S. 121 – 147; ­B resciani : Erzherzog Karl, Abschnitt „Die weltliche Regierung des Hochstifts Brixen“, S. 76 – 135. 21 Joseph T hamm : Musikalische Chronik der Stadt Neisse, Dülmen 1974, besonders S. 11 – 67; ders .: Musik am Hofe des Bischofs Erzherzog Carl in Neisse, in: Schlesische Studien (= Silesia 7), hg. von Alfons H ayduk , München 1970, S. 169 – 179; Helmut F ederhofer : Antonio Cifra (1584 – 1629) und die Neisser Hofkapelle von Erzherzog Karl Joseph (1590 – 1624) in Neisse/ Schlesien, in: Die Musikforschung 43 (1990), Heft 4 (Oktober–Dezember), S. 352 – 356. 22 Hildegard H errmann -S chneider : Italien in Tirol? Zur musica sacra an den Höfen in Innsbruck und Brixen in der ersten Hälfte des 17. Jahrhundert, in: Der Schlern. Monatszeitschrift für Südtiroler Landeskunde 88 (2014), Heft 1, S. 52 – 73. 23 Sabine W eiss : Zur Herrschaft geboren. Kindheit und Jugend im Hause Habsburg von ­Kaiser Maximilian bis Kronprinz Rudolf, Innsbruck, Wien 2000, S. 211 f.

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Einleitung

im „Archiv für schlesische Kirchengeschichte“.24 Beide Aufsätze schließen Ersteditionen von Texten aus dem Breslauer Staatsarchiv bzw. Diözesanarchiv ein. Von Interesse sollte vor allem die Untersuchung des im Jahre 1609 geführten Prozesses gegen den bischöflichen Hofrichter sein, ein Verfahren, für das man im deutschsprechenden Raum der damaligen Zeit kein Vorbild finden kann und das dem Wiener Prozess gegen den Präsidenten der kaiserlichen Hofkammer um ein halbes Jahrhundert vorausgeht.25 Dass Erzherzog Karl letzten Endes doch nur eine Randerscheinung in den Ereignissen des beginnenden 17. Jahrhunderts war, zeigt sein nicht mehr als sporadisches Auftreten in der kürzlich veröffentlichten Biographie des kaiserlichen Bruders von dem Chicagoer Jesuiten Robert Bireley, Autor einer Reihe von Werken über die Situation der katholischen ­Kirche in Erzherzog Karls Zeit.26

Ziel der vorliegenden Arbeit Die vorliegende Studie über den Erzherzog von Habsburg als Bischof von Breslau verfolgt zwei Ziele. Einmal sollen die früheren Arbeiten ergänzt und mehrere bisher nicht behandelte Aspekte der Herrschaft des Erzherzogs in Schlesien näher untersucht werden. Deshalb finden sich hier Kapitel über seine ersten Jahre als Bischof unter der Aufsicht zweier aufeinanderfolgender Bischöfe aus der Steiermark, die unter Erzherzog Ferdinand als höchste Beamten Innerösterreichs gedient hatten, über Karls Rolle als Landesherr im Fürstentum Neisse und über das ebenfalls bisher nicht näher überprüfte Spanienprojekt, zu dessen Ausführung der Erzherzog die für ihn fatale Reise nach Madrid unternahm. Die zentrale Tätigkeit Karls als Bischof von Breslau, für die Buckisch und Kastner die wesentlichen Zeugnisse geben, verdient fünfzig Jahre nach Engelberts Veröffentlichungen einen neuen Blick, wobei auch die Opposition der protestantischen Fürsten und Stände Schlesiens und die Rolle des Erzherzogs als Heerführer und Diplomat nicht ignoriert werden sollen. Schließlich ist es auch ein Ziel ­dieses Buches, in einem letzten Kapitel den Herrschaftsstil und die persönliche Eigenart ­dieses Breslauer Bischofs zusammenfassend zu betrachten. Diese Darstellung beruht zum Teil auf bisher unveröffentlichten Texten. Ein zweites Ziel des Verfassers ist es, eine Reihe der hier benutzten Texte leichter zugänglich zu machen. Einige der hier zum ersten Mal, allerdings nur digital, nicht 24 Bernhard W. S cholz : Die Gravamina der Landstände – Neisse 1608, in: ASKG 70 (2012), S. 95 – 157; ders .: Ein Prozess gegen den bischöflichen Hofrichter – Neisse 1609, in: ASKG 71 (2013), S. 105 – 170. 25 Hansdieter K örbl : Die Hofkammer und ihr ungetreuer Präsident. Eine Finanzbehörde zur Zeit Leopolds I. (= Veröffentlichungen des Instituts für österreichische Geschichtsforschung 54), Wien 2009. 26 Robert B ireley : Ferdinand II, Counter-Reformation Emperor, 1578 – 1637, New York 2014.

Ziel der vorliegenden Arbeit

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im Druck, erscheinenden Texte beziehen sich auf Anfang und Ende der Regierung des Erzherzogs. Sie sind bisher kaum erschöpft worden.27 Das betrifft die Briefe des österreichischen Bischofs Johann Jakob von Lamberg über den achtzehnjährigen Habsburger im ersten Jahr seiner Herrschaft als Bischof von Breslau (Anhang 1 A) und zweiundvierzig lateinische Briefe seines zweiten österreichischen Betreuers, des Bischofs von Lavant, Georg Stobaeus. Die Briefe des Stobaeus erschienen schon vor mehr als zweieinhalb Jahrhunderten mit anderer Korrespondenz im Druck, an dieser Stelle werden Übersetzungen oder Resümees angefügt (Anhang 1 B). Die Schreiben der beiden geben Einsicht in die Persönlichkeit des Erzherzogs in den ersten drei Jahren seiner Herrschaft. Vor allem auf Grund dieser Quellen versucht die Untersuchung das Bild des jugendlichen Herrschers unter der Aufsicht zweier österreichischer Bischöfe zu zeichnen (Kapitel 1). Dem anscheinend nur in einem einzigen Exemplar existierenden Reisetagebuch des Erzherzogs aus dem Jahre 1624, heute im Münchener Hauptstaatsarchiv, hat man bisher überhaupt keine Beachtung geschenkt, in der Forschung wurde es während der letzten hundert Jahre meines Wissens nur einmal erwähnt (1913).28 Ein Beispiel eines der frühesten Reisetagebücher in deutscher Sprache, hier zum ersten Male veröffentlicht, dokumentiert es die Stadien seiner zwölfwöchigen Reise von Innsbruck über Mailand, Florenz, Livorno, Genua und Barcelona nach Madrid (Anhang 1 C). Damit ergibt sich die Gelegenheit zu einer Behandlung der Reise nach Spanien und seines Todes in der spanischen Hauptstadt. Die letzten Wochen oder Monate des Erzherzogs sind bisher ausnahmslos in ein paar Zeilen abgetan worden. Es gibt aber mehrere Zeugnisse seiner fünf Wochen in Madrid, die ein Bild von Krankheit, Tod und Bestattung des Erzherzogs vermitteln (Kapitel 4). In der Österreichischen National­ bibliothek befindet sich das einzige Exemplar einer ­kurzen Schrift, gedruckt in Wien 1625, mit den Berichten des kaiserlichen Gesandten Franz Christoph von ­Khevenhüller und zwei weiterer Zeugen über die letzten Tage und den Tod Bischof Karls, sie wird hier abgedruckt (Anhang 1 D). Der Erzherzog war ein emsiger Korrespondent, der manchmal dem gleichen Empfänger mehrere Missive am selben Tage schickte, ­darüber hinaus zeichnete er auch verantwortlich für zahlreiche Erlasse und Kommuniqués als ­Kirchen- und Landesfürst. Diese Schriftstücke haben sich, mit Ausnahme der Stellungnahmen und anderer Schreiben im schlesischen Konfessionsstreit, nur bei den Empfängern erhalten, bleiben ungedruckt und sind heute über zahlreiche Archive verstreut. Um eine bessere Vorstellung von seiner öffentlichen Tätigkeit zu gewinnen, wird hier ein Register der 250 Schreiben des Erzherzogs, denen der Verfasser begegnet ist, angefügt (Anhang 2). Es hilft auch, das Itinerarium, Zeit und Ort der Aufenthalte des peripatetischen Bischofs, zu bestimmen. Fünfundsiebzig ungedruckte Briefe 27 H urter : Ferdinand II. 4, S. 135. 28 Walter G oetz : Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges. Die Politik ­Maximilians I. von Bayern und seiner Verbündeten 1618 – 1651, Teil 2, 1: Januar 1623 – Dezember 1624 (HKBAW BA-NF), Leipzig 1907, S. 557 Anm. 2.

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des ­Erzherzogs, besonders aus seinem letzten Jahr und mehrere in Zusammenhang mit dem Spanienprojekt entstanden, werden hier veröffentlicht (Anhang 1 E). Diese Schreiben, vornehmlich aus dem Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien, dem Tiroler Landesarchiv in Innsbruck und dem schwedischen Reichsarchiv in Stockholm, geben Einblick in das Denken des Erzherzogs und die Motive seines Handelns. Sie zeigen, was ihm wichtig war und wie er sich mit den Erfordernissen, Möglichkeiten und Hürden seiner Herrschaft zurechtfand.

Hintergründe Gegenreformation, geistliche Landesherrschaft, habsburgische Aspirationen Karl von Österreich wurde in erster Linie als Streiter für die Gegenreformation zum Breslauer Bischof bestimmt. Seine Herrschaft bildete dann den Anfang einer mehr als ein Jahrhundert lang von der österreichischen Regierung verfolgten Kampagne gegen die schlesischen Evangelischen. Im Gegensatz zu katholischer Reformation oder Reform denkt man bei Gegenreformation gewöhnlich an eine Politik, die auf Eindämmung des Protestantismus und Umkehr seiner Anhänger ausgerichtet ist, oft unter obrigkeit­licher Gewaltanwendung. Wie sich der neue ­Kirchen- und Landesfürst gegenüber den Protestanten verhalten sollte, wusste Karl sicherlich von dem, was man ihm von der Regierung seines Vaters sagte und was ihm sein Bruder vorexerzierte. Der Vater, Erzherzog Karl von Steiermark, war doch überhaupt im Habsburgerstaat in den 1580er Jahren der Initiator der Gegenreformation gewesen, wobei er vom Gebrauch staatlicher Sanktionen nicht zurückschreckte. Der Bruder Ferdinand, schon als Herzog von Steiermark und dann als ­Kaiser, wirkte als unermüdlicher und mitleidloser Apostel der Gegenreformation par excellence. Dass der jüngere Karl den Evangelischen die öffentliche Ausübung ihrer Religion in seinem Fürstentum nicht gestattete, glich dem Verhalten vieler katholischer und protestantischer Obrigkeiten bis ins späte 18. Jahrhundert.29 Das zusätzliche Problem in Schlesien war, dass der ­Kaiser den Protestanten ihren Kult speziell auch in geistlichen Territorien zugestanden hatte. Die Neisser Evangelischen suchten dann die Ausübung ihres Bekenntnisses zu ertrotzen, was der Bischof glaubte verhindern zu müssen. Es gibt keine Belege für generelle weitgreifende Maßnahmen gegen die Evangelischen im bischöflichen Fürstentum unter Karls Herrschaft, wie Ernennen einer Reformationskommission, Einquartieren von Militär, Enteignung von Landbesitzern und Vergebung ihrer Güter an Katholische, Ausweisungen ganzer Gruppen von Einwohnern. Aber Zwang zum Hausverkauf, Einkerkern eines 29 Die Verhandlungen beim Westfälischen Frieden unterschieden devotio domestica und exercitum religionis publicum; Arno H erzig : Der Zwang zum wahren Glauben. Rekatholisierung vom 16. bis zum 18. Jahrhundert, Göttingen 2000, S. 147.

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Anführers, Vertreiben des Prädikanten, Hinrichten eines evangelischen Wortführers, den man zum Aufrührer gestempelt hatte, kamen vor, auch diese waren jedoch Ausnahmen. Die erzherzogliche Regierung erlaubte aber viele Schikanen gegen die Evangelischen: Bücherverbote, Verweigerung der Trauung, erzwungene Eingliederung in die katholische Pfarrgemeinde, erzwungene Loyalitätserklärungen, erzwungene Teilnahme an den katholischen Ritualien, ungewollte Unterrichtung in den Glaubenssätzen der alten Religion, Entfernung aus öffentlichen Ämtern, wirtschaftliche Benachteiligung. In Schlesien war die Gegenreformation zunächst nur ausführbar in den Territorien katholischer Regenten oder wo die habsburgische Regierung ein Land unmittelbar verwaltete, in den Erbfürstentümern; im Falle des Breslauer Bischofs hieß das, bis ihm der ­Kaiser die Grafschaft Glatz übertrug, nur im bischöflichen Fürstentum einschließlich der neun Halten.30 Die Bedrängung der Protestanten begann eigentlich unter Bischof Johannes von Sitsch, der das Bistum unmittelbar vor Karl regierte. Seine Vorgänger waren mehr zu Kompromissen geneigt gewesen. Bis Ferdinand als König von Böhmen, seit 1617, und ­Kaiser, seit 1619, regierte, war Erzherzog Karl der führende Verfechter der Rekatholisierung in Schlesien. Nach dem Sieg über die böhmischen Rebellen, zum Teil erst nach Karls Tode, erließ dann Ferdinand einschneidende Verbote in den verschiedenen Teilen des Habsburgerreichs gegen die Protestanten.31 Das folgenreichste 30 Heinrich Z iegler : Die Gegenreformation in Schlesien (= Schriften des Vereins für Reformationsgeschichte 6, 3), Halle 1888, S. 28 – 36, 49 – 53 (über Karl), die einzige umfassende ­Behandlung; Arno H erzig : Reformatorische Bewegungen und Konfessionalisierung. Die habsburgische Rekatholisierungspolitik in der Grafschaft Glatz, Hamburg 1996, besonders S. 109 – 196; Jörg D eventer : Gegenreformation in Schlesien. Die habsburgische Rekatholisierungspolitik in Glogau und Schweidnitz 1526 – 1707 (= Neue Forschungen zur Schlesischen Geschichte 8), Köln, Weimar, Wien 2003; Dorothee von V elsen : Gegenreformation in den Fürstentümern Liegnitz-Brieg-Wohlau. Ihre Vorgeschichte und ihre staatsrechtlichen Grundlagen. Leipzig 1931; Franz M achilek : Reformation und Gegenreformation in Schlesien unter besonderer Berücksichtigung Oberschlesiens. Eine Einführung, in: Thomas W ünsch Hg.: Reformation und Gegenreformation in Oberschlesien. Die Auswirkungen auf Politik, Kunst und Kultur im ostmitteleuropäischen Kontext, Berlin 1994, S. 9 – 28; G. B iermann : Geschichte der Herzogtümer Troppau und Jägerndorf, Teschen 1874, S. 549 – 559, diese gelegen im Bistum Olmütz; eingehend hierzu besonders Georg L oesche : Zur Gegenreformation in Schlesien, Troppau, Jägerndorf, Leobschütz. Neue archivalische Aufschlüsse (= Schriften des Vereins für Reformationsgeschichte 117/18), Leipzig 1915; Anton G indeley : Geschichte der Gegenreformation in Böhmen, hg. von Theodor T upetz , Leipzig 1894. Zur Gegenreformation in den Erbländern: Johann L oserth : Die Reformation und Gegenreformation in den innerösterreichische Ländern im 16. Jh., Stuttgart 1898; Regina P örtner : The Counter-Reformation in Central Europe. Styria 1580 – 1630, Oxford, New York 2001, besonders S. 108 – 143 (Gegenreformation unter Ferdinand II .); H erzig : Zwang zum wahren Glauben. Eine immer noch lesenswerte Übersicht der Gegenreformation ist Leopold von R anke : Die römischen Päpste in den letzten vier Jahrhunderten 1 – 3, Berlin 1834 – 1836, 2: Die römischen Päpste, ihre ­Kirche und ihr Staat im sechszehnten und siebzehnten Jahrhundert, Berlin 1836, Buch 5, 6, 7. 31 18. Mai 1624 für Böhmen und Mähren; B ireley : Ferdinand II., S. 147.

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Resultat, das Erzherzog Karl von katholischer Seite zugeschrieben wurde, ist, dass er das Bistum Breslau vor dem Untergange rettete, wie Kurt Engelbert vor einem halben Jahrhundert behauptete. Es ist aber fraglich, ob das katholische Bistum Breslau ohne Karl tatsächlich untergegangen wäre, und ebenso, ob der Protestantismus damals wirklich die Alleinherrschaft in Schlesien anstrebte, wie Engelbert ebenfalls schrieb, oder nur darum kämpfte, an Gewonnenem festzuhalten.32 Was Karl zweifellos im Dienste der Gegenreformation erreichte, war ein Zweifaches: Einmal wurde die Stadt Neisse in seiner Regierungszeit oder in den unmittelbar folgenden Jahren tatsächlich wieder ganz und das bischöfliche Fürstentum weitgehend katholisch. Zum anderen gab er doch den übrigen katholischen Regenten Schlesiens ein Beispiel, wie dem Herzog von Teschen, der gleich am Anfang der Herrschaft des Österreichers konvertierte. Bemerkenswert ist, dass nach Karls Tode die Bistumsadministratoren, Mitglieder des Dom­ kapitels, gegen die protestantischen Landsassen einschritten und ihnen die evangelischen ­Kirchen nehmen wollten. Aber wie unter Karl kam es auch jetzt nicht zur Rückkehr der großen Landbesitzer zur katholischen ­Kirche oder zu ihrer Verbannung aus dem Bistumslande. Die Gegenreformation setzte sich in Schlesien, vorzüglich in den vom Habsburger Regime beherrschten Erbfürstentümern, noch auf mehr als ein Jahrhundert nach Karls Tode fort, oft unter grotesker, der katholischen Sache oder zumindest dem Ruf des Katholizismus zutiefst abträglicher Gewaltanwendung, bis die Altranstädter Konvention 1707 mit Hilfe einer ausländischen Macht die österreichische Regierung zwang, ihre Religionspolitik zu mildern.33 Karl verfolgte die Gegenreformation im Rahmen der Politik ­Kaiser Ferdinands II., aber die Notwendigkeit, weiteren Abfall zu verhindern und die Protestanten so weit wie möglich in die alte ­Kirche zurückzuführen, selbst mit drakonischen Methoden, hatte er schon in seiner Jugend verinnerlicht, dazu brauchte er keine besondere Anregung oder kaiserliche Anordnung. Als Bischof von Breslau besaß Erzherzog Karl die Landesherrschaft im Fürstentum Neisse, dem bischöflichen Hochstift, und reihte sich damit unter die geistlichen Fürsten ein. Als Fürst des Hochstifts Neisse hatte der schlesische Bischof den König von Böhmen zum unmittelbaren Herrn; das Königreich Böhmen und damit auch ­Schlesien lagen 32 „Und dennoch sind seine Verdienste um das Bistum Breslau nicht hoch genug einzuschätzen: er hat es in einer Zeit, in der der Protestantismus in Schlesien nicht nur verbriefte Duldung, sondern die Alleinherrschaft anstrebte, vor dem Untergang gerettet“; E ngelbert : Erzherzog Karl von Österreich, S. 50. 33 Der Dresdener Akkord von 1621 verhinderte eine generelle Rekatholisierung in Schlesien außer in der Grafschaft Glatz, der Westfälische Frieden 1648 erlaubte freie Religionsausübung in der Stadt Breslau und den piastischen Herzogtümern (Liegnitz, Brieg, Wohlau, Oels, Münsterberg, die aber keine Glaubensflüchtlinge aufnehmen durften), aber nicht in den Erbfürstentümern Schweidnitz, Jauer und Glogau, wo katholische an die Stelle der evangelischen Geistlichen traten, die Bevölkerung aber zum Teil evangelisch blieb; H erzig : Zwang zum wahren Glauben, S. 68, 72 f., 156.

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außerhalb der Grenzen des Alten Reiches. Von der Mehrzahl der geistlichen Fürsten des Reiches unterschied sich deshalb der Fürst von Neisse insofern, als deren Hochstifte Reichsfürstentümer waren, d. h., der Fürst unterstand unmittelbar dem ­Kaiser.34 Die Reichsfürsten hatten Sitz und Stimme im Reichstag, sie schuldeten den Römermonat, einen aus Fußsoldaten und Reitern bestehenden Beitrag, der durch eine Geldzahlung ersetzt werden konnte, und den Kammerzieler, eine Steuer für den Unterhalt des Reichskammergerichts.35 Ansonsten waren sie Herren selbständiger Staaten. Geistliche Landesherrschaft konnte Herrschaft über Land und Leute in einem zusammenhängenden Territorium bedeuten, wie im Falle des Fürstentums Neisse, oder aus separaten Herrschaften, Gerichten, Ämtern und Stiftshäusern bestehen, wie im Falle von Brixen.36 Das weltliche Herrschaftsgebiet des geistlichen Fürsten war in der Regel nur ein kleiner Teil seines kirchlichen Amtsbezirks. Es entstand oft nicht um den ursprünglichen Bischofssitz, gewöhnlich eine Stadt, sondern in gemessenem Abstand von den auf Freiheit von bischöflicher Autorität brennenden Bürgern. Die Ausbreitung des Protestantismus bedrohte die Existenz der geistlichen Territorien und ihre Zahl verringerte sich drastisch in den Jahrzehnten ­zwischen Luthers Auftreten und der Neuordnung des Alten Reiches im Westfälischen Frieden.37 Die deutschen Fürsten hungerten nach der 34 1521: Geistliche Kurfürsten 3, Erzbischöfe 4, Bischöfe 46, Reichsprälaten (Reichsäbte, -pröpste, -äbtissinnen) 83. Reduzierung durch Säkularisation (2 Erzbischöfe, 6 Bischöfe), Mediatisierung (10), Übergang an Nachbarstaaten (9). 1792: Reichsstände 33, Erzbischöfe 2, Bischöfe 22, Äbte 4, Pröpste 3, Hoch- und Deutschmeister, Johannitermeister; Helmut N euhaus : Das Reich in der Frühen Neuzeit (= Enzyklopädie deutscher Geschichte 42), München 1997, S. 27, 30. 35 Als Bischof von Brixen und Hochmeister des Deutschen Ordens wurde Karl auch Reichsfürst. In den elf Jahren des Erzherzogs Karl als Reichsfürst trat der Reichstag nur 1613 und 1619 zusammen. Einen Nachweis, dass er sich jemals dort einfand, gibt es nicht. 36 B resciani : Erzherzog Karl, S. 19 – 21. 37 Es gab schon im 17. Jahrhundert innerkirchliche Kritiker, die an der Vorbereitung und Lebensweise der geistlichen Fürsten viel auszusetzen fanden, nicht unähnlich den katholischen Autoren der Aufklärung, denen katholische Regierung überhaupt (Johann Adam von Ickstatt 1772) oder das Regime geistlicher Fürsten im besonderen (Joseph von Sartori 1785, 1787) dringend der Verbesserung bedurfte. Ein früher Kritiker war Johannes Gropper (1503 – 1559); s. Konrad R epgen : Der Bischof ­zwischen Reformation, katholischer Reform und Konfessionsbildung (1515 – 1650), in: Peter B erglar und Odilo E ngels : Der Bischof in seiner Zeit. Bischofstypus und Bischofsideal im Spiegel der Kölner ­Kirche, Köln 1986, S. 245 – 314, hier 255. Später charakterisierte der mit dem Neisser Fürstentum vertraute Joseph von Eichendorff die Schwächen der geistlichen Staaten 1813; Josef von E ichendorff : Über die Folgen der Aufhebung der Landeshoheit der Bischöfe und der Klöster in Deutschland, in: Historische und politische Schriften, hg. von Antonie M agen (= Sämtliche Werke, hg. von Wilhelm K osch u. a. 10, Teil 1), Tübingen 2007, S. 3 – 87. Peter H ersche : Intendierte Rückständigkeit. Zur Charakteristik des geistlichen Staates im Alten Reich, in: Georg S chmidt Hg.: Stände und Gesellschaft im Alten Reich (= Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte, Mainz, Abteilung Universalgeschichte, Beiheft 29), Stuttgart 1989, S. 133 – 149; Kurt A ndermann : Die geistlichen

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„reiche[n] Beute der geistlichen Stifter“ (Schiller). In Schlesien gab es schon vor der Reformation Stimmen, die eine Auflösung des bischöflichen Fürstentums zugunsten der anderen Fürsten forderten. Als geistlicher Staat teilte das Fürstentum Neisse viele Gemeinsamkeiten mit den geistlichen Fürstentümern im Reich, unterschied sich aber von diesen in einigen wesentlichen Zügen, über die schon genannten hinaus, besonders dadurch, dass es in das gesamtschlesische und österreichische Regierungssystem eingeordnet war, was eine selbständige Herrschaft weitgehend einschränkte. Die Befugnisse des Bischofs als Landesherr beschränkten sich auf jene, die das österreichische Regiment auch den anderen Fürsten Schlesiens erlaubte. Eine allumfassende Regierungstätigkeit, wie sie noch am Vorabend der Säkularisation Franz Ludwig von Ertal in Würzburg und Bamberg ausübte, war ihm nicht möglich. Im Gegensatz zum Reich hatte der Habsburgerstaat ja eine richtige Exekutive, die direkt oder durch den schlesischen Oberlandeshauptmann in die inneren Verhältnisse des bischöflichen Fürstentums eingreifen konnte.38 Erzherzog Karl war einer der Bischöfe, die als Laien ein Bistum regierten und erst viel ­später oder überhaupt nicht die kirchlichen Weihen empfingen.39 Mit solchen Bistümern verband sich in der Regel ein Hochstift. Die Erhebung eines achtzehnjährigen Laien zum Bischof in Breslau widersprach aller Tradition, hatte aber bereits anderswo Vorbilder im 16. Jahrhundert, und wir müssen darin einen der fragwürdigen Kompromisse sehen, auf die sich die ­Kirchen im Zeitalter der Reformation und Gegenreformation und darüber hinaus einließen. Im Gefolge der Reformation hatten in mehreren Fällen Laien Bistümer übernommen, die Trennung der kirchlichen Amtsfunktionen von bloßer Verwaltung der Diözese und Nutznießung der Einkünfte von Bistum und Staaten am Ende des Alten Reiches, in: Historische Zeitschrift 271 (2000), Heft 3 (Dezember), S. 593 – 619; Bettina B raun , Frank G öttmann und Michael S tröhmer : Geistliche Staaten im Nordwesten des Alten Reiches. Forschungen zum Problem frühmoderner Staatlichkeit (= Paderborner Beiträge zur Geschichte 13), Köln 2003, besonders über „Wiederentdeckung der geistlichen Staaten“ S. 12 – 16 und Historiographie S. 20 – 47. 38 Die Reichsmatrikel von 1521 nennt auch die österreichischen Bistümer Seckau, Lavant und Gurk als Reichsfürstentümer, sie hatten aber keine Hochstifte; Trient und Brixen, beide mit Hochstiften, lagen außerhalb des Habsburgerstaates, obwohl der Tiroler Regent großen Einfluss ausübte; Karl Z eumer : Quellensammlung zur Geschichte der deutschen Reichsverfassung in Mittelalter und Neuzeit, Tübingen 1913, Nr. 181, S. 313 – 317. 39 Die aus ADB 15 (1882), S. 315 – 318 verbreitete Idee, dass er 1615 die Priesterweihe und 1619 die Bischofsweihe empfing, entspricht nicht den Tatsachen. Sie geht anscheinend auf Kastner zurück; August K astner : Actenmässige Beiträge zur Geschichte des Bisthums Breslau von 1599 bis 1649 [Kapitelprotokolle] (= Archiv für die Geschichte des Bisthums Breslau 3), Neisse 1863, S. xxii. Richtigstellung bei E ngelbert : Erzherzog Karl von Österreich, S. 50. Auch Karls Neffe und Nachfolger, Karl Ferdinand, der Sohn Sigismunds III. von Polen, Bischof von Breslau 1625 – 1655, erhielt niemals die Priesterweihe; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 473.

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Hochstift war längst gang und gäbe. Von der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts an bis zur Säkularisation erscheinen nachgeborene Fürstensöhne oft als Oberhäupter geistlicher Staaten, ohne dass sie jemals zu Bischöfen geweiht wurden. Einen Bischofssitz einnehmen und in die Stellung eines geistlichen Fürsten treten ohne Empfang der kirchlichen Weihen für das hohe Amt blieb aber bei den habsburgischen Kirchenfürsten eine auf ein paar Jahrzehnte, die Jahre 1591 bis 1665, beschränkte Praxis.40 Sie führte sich wohl zum Teil darauf zurück, dass es galt, nach der Dreiteilung der Habsburgerlande 1564 und angesichts des Kinderreichtums einiger Habsburger eine ganze Reihe männlicher Deszendenten zu versorgen – die Frauen fanden Ehepartner in den europäischen Herrscherhäusern oder verbrachten ihr Leben als Stiftsdamen oder Klosterfrauen. Für die Habsburger, die im 16. und 17. Jahrhundert das Bischofsamt anstrebten, war dabei der Besitz der mit den Bistümern verbundenen Hochstifte von primärer Bedeutung.41 Sie untermauerten damit den Fürstenrang, den sie von Haus aus besaßen, mit tatsächlicher Herrschaft über ein Territorium, wurden auf diese Weise Akteure in Politik und Diplomatie und konnten sich einen fürstlichen Lebensstandard leisten. Ӓhnliche Karrieren wie Erzherzog Karl hatten Andreas von Österreich, Markgraf von Burgau (1558 – 1600), Sohn Erzherzog Ferdinands II . von Tirol, als Bischof von Brixen und Konstanz und als Kardinal;42 Karls Bruder Leopold (1586 – 1632), lange Zeit Bischof von Passau und Straßburg; Erzherzog Albrecht (1551 – 1621), Sohn ­Kaiser Maximilians II ., ein paar Jahre Erzbischof von Toledo und ­später Statthalter in den Niederlanden; Leopold Wilhelm (1614 – 1662), Sohn Ferdinands II ., Bischof von Straßburg, Passau, Halberstadt, Breslau, Olmütz, Erzbischof von Magdeburg; Karl Josef (1649 – 1664), Sohn Ferdinands III ., Bischof von Breslau, Olmütz und Passau und Hochmeister des Deutschen Ordens; und Sigismund Franz (1630 – 1665), Sohn Leopolds, Bischof von Trient. Der Wittelsbacher Philipp Wilhelm von Bayern († 1598), Bruder Maximilians, wurde mit drei Jahren Fürstbischof von Regensburg und mit zwanzig Kardinaldiakon.

40 Fürstensöhne empfingen die höheren Weihen erst spät „wenn überhaupt“; Bettina B raun : Princeps et episcopus: Studien zur Funktion und zum Selbstverständnis der nordwestdeutschen Fürstbischöfe nach dem Westfälischen Frieden (=Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz 230), Göttingen 2013, S. 62 Anm. 12. 41 Für die nachgeborenen Fürstensöhne gewannen die Hochstifte besonderes Interesse, seit die Primogenitur die Erbfolge in den deutschen Territorien bestimmte. 42 Josef G elmi : Die Brixener Bischöfe in der Geschichte Tirols, Bozen 1984, S. 139 – 142. ­Andreas bemühte sich um die Rekatholisierung in der ehemaligen Reichsstadt (dann österreichisch) Konstanz; H erzig : Zwang zum wahren Glauben, S. 65; zur Gründung eines Jesuitenkollegs dort Wolfgang Z immermann : Rekatholisierung, Konfessionalisierung und Ratsregiment. Der Prozess des politischen und religiösen Wandels in der österreichischen Stadt Konstanz, 1548 – 1637, Sigmaringen 1994, S. 141 – 148, 150 – 152.

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Von der Oder bis zur Adria Territorien der deutschen Habsburger in der Zeit Erzherzog Karls

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Kartographie von Daniel Huffman

75km

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Karte 1: Territorien der deutschen Habsburger in der Zeit Erzherzog Karls. Die als Erzherzogtum Österreich verstandenen Gebiete, die eigentlichen habsburgischen Erblande, waren Nieder- und Oberösterreich, Steiermark, Kärnten, Krain oder Carniola, weitgehend identisch mit dem heutigen Slowenien, und die „gefürsteten“ Grafschaften Tirol und Görz-­Gradisca (an der Adria um Gorizia und Gradisca) mit Triest. Karls offizieller Titel nannte ihn als Herrn aller dieser Regionen und überdies Herzog von Burgund und Württemberg, denn zahlreiche kleinere habsburgische Herrschaften, nahezu einhundert, lagen weitverstreut im Westen des Alten Reiches. Einen Aufschwung zu einem bedeutenden Staatswesen brachten der Erwerb der böhmischen Königs­krone 1526 und damit die Eingliederung von Böhmen, Mähren, Schlesien und der Oberlausitz in den habsburgischen Besitz. Die östlichen und südöstlichen Randzonen bildeten Ungarn und Kroatien, seit 1526 ebenfalls unter habsburgischer Herrschaft, die beiden Länder jetzt in Personalunion verbunden, immer noch von den Osmanen bedrängt und zum großen Teil von diesen besetzt, Budapest bis 1683. Nur das westliche Ungarn und die schon seit dem 11. Jahrhundert zu Ungarn gehörige Slowakei (Oberungarn) standen unter habsburgischer Herrschaft. Die hier angezeigten Orte Kanizsa (heute Nagykanizsa) und Székesfehérvár (Stuhlweißenburg) waren noch am Anfang des Jahrhunderts umstritten. Die Stadt Marburg in der Untersteiermark (heute Maribor in Slowenien) belagerten die Türken, konnten sie aber nicht erobern. Die österreichischen Erblande umringten fast vollständig das Erzbistum Salzburg, ­dieses ein selbständiger geistlicher Staat. Der Besitz der casa d’Austria wurde als zusammengehörig verstanden, Mitglieder des Hauses regierten, gewöhnlich unter dem Titel Erzherzog, einzelne oder mehrere Teile zusammen. Die Beziehung der deutschen mit den spanischen Habsburgerlanden, jetzt im Grunde zwei separate politische ­Gebilde, regelten die beiden Häuser vertraglich in Karls Regierungszeit.

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Seine Herkunft aus dem Hause Habsburg war Voraussetzung für Karls Aufstieg zum ­Kirchen- und Landesfürsten. Wie Schiller von Ferdinand schrieb, war Karl ein Habsburger, „der über dem heiligsten Eifer für seine Religion nicht vergaß, für das Beste seines Hauses zu sorgen“. Der Erzherzog handelte als rühriger Anwalt der Interessen seiner Familie und erwies sich damit als gelegenes Instrument habsburgischer Politik.43 Bei seinem Tode rühmte ­Kaiser Ferdinand II., der zwölf Jahre ältere Bruder, gegenüber dem spanischen Gesandten, Karl hätte ihm immer wie ein Sohn Gehorsam geleistet.44 Fügsamkeit gegenüber dem Haupt der steiermärkischen Habsburger und am Ende überhaupt des Hauses Habsburg und williger Dienst für die Belange der Dynastie sind in der Tat bestimmende Züge in Leben und Herrschaft ­dieses Habsburgers. Schon das verfehlte Bestreben, unterstützt von ­Kaiser Rudolf, dem elfjährigen Karl das Bistum Brixen zu verschaffen, und die erfolgreiche Übernahme von Kanonikaten in Trient und Brixen hatten zum Ziel, den habsburgischen Einfluss, hier gegenüber den Herzögen von Mantua, den „Welschen“, zu behaupten. Zum Werkzeug der habsburgischen Hausmachtspolitik eignete sich Karl in besonderer Weise, da er sich nach anfänglichem Aufbäumen bald mit seiner geistlichen Karriere abfand und in seiner Stellung als kirchlicher Oberhirte und Landesfürst eine gewisse Erfüllung fand. Ambitionen wie die seines Bruders Leopold – militärische Eskapaden, ehrgeizige, selbst auf das Kaisertum gerichtete Pläne, Ausscheiden aus den Rängen der geistlichen Fürsten, Herrschaft über einen Teil der habsburgischen Erblande und Gründung seiner eigenen Dynastie – lagen ihm fern. Der Grazer Hof, d. h. Erzherzog Ferdinand von Steiermark und vor ihm schon seine ­Mutter und die Berater der beiden waren zweifellos die ersten, die in dem jungen Habsburger den künftigen Bischof von Breslau sehen wollten. Das Ziel der Familie musste zunächst die standesgemäße Versorgung des bald die Volljährigkeit erreichenden jüngeren Habsburgers sein, der ungleich dem Bruder Leopold bis dahin noch kein hohes Kirchenamt, wofür er ja seit Jahren vorgesehen war, in die Hand bekommen hatte. Joachim Köhler hat im österreichischen Bischof von Breslau einen „Exponenten“ habsburgischer Hausmachtspolitik gesehen. Man fragt sich allerdings, inwieweit das Haus Habsburg damals seiner als eines „herausgehobenen Vertreters“ bedurfte. Die Stellung der Dynastie über allen deutschen Fürsten, ihr Ansehen, ihren Anspruch auf das deutsche König- und Kaisertum, ihr Selbst- und Sendungsbewusstsein hatten Karls Vorfahren schon Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte früher ­gefestigt, nicht zuletzt 43 K öhler : Revision eines Bischofsbildes?, S. 105 – 110. 44 Francisco de Moncada an den Grafen-Herzog von Olivares, 10. Februar 1625, der Brief bei Jesús G utiérrez : Don Franciso de Moncada, el hombre y el embajador. Seleccion de textos ineditos, in: Boletin de la biblioteca de Menendez Pelayo 56 (1980), S. 3 – 72, hier S. 23. Auch gegenüber einer Breslauer Delegation, die Ferdinand am 28. Februar 1625 ihr Beileid aussprach, betonte der ­Kaiser, „er habe einen treuen Bruder an ihm gehabt, der nach meinem Willen gethan hat“; Acta Publica. Verhandlungen und Correspondenzen der schlesischen Fürsten und Stände, 1 – 5 hg. von Hermann P alm , 6 – 8 hg. von Julius K rebs , Breslau 1865 – 1906, hier 5, S. 269 Anm. 2 (nach einer Urkunde im Breslauer Ratsarchiv).

Hintergründe

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durch Propaganda in Abbildungen, Büchern und Bauten, die den Ruhm des Hauses verkündeten, selbst durch ihren Begräbniskult und ihre gefälschten Urkunden.45 Die Einheit der casa d’Austria wurde allgemein akzeptiert, falls sie einmal gefährdet war, dann eher wegen der selbstsüchtigen Unternehmen eines Familienmitgliedes wie des Erzherzogs Leopold in Böhmen und ­später in Tirol. Aber ein Habsburger als Bischof von Breslau und Oberlandeshauptmann in Schlesien konnte zur Sicherung österreichischer Interessen gegen die Brandenburger Hohenzollern und ihre Ansprüche auf schlesische Territorien dienen. Bei Erzherzog Karls Wahl war man sich am Kaiserhof in Prag bewusst, wie nützlich ein Habsburger im Breslauer Bischofsamt für die Dynastie sein konnte.46 Das habsburgische Österreich war dann eng mit dem habsburgischen Spanien verbunden. Spanien war die unwandelbar dem Katholizismus verschworene Macht. Nur eine ganz dem Papst als Kirchenherrn (nicht als Regenten eines italienischen Territoriums) genehme Politik war dem deutschen Habsburgerherrscher möglich, ganz abgesehen davon, was ihm sein Gewissen vorschrieb. Erzherzog Karls politische Laufbahn verlief im Rahmen dieser Grundvoraussetzungen. Das Vizekönigtum in Portugal, obwohl es bestimmt eine verlockende Aussicht gewesen sein sollte, war ihm weniger die Erfüllung persönlichen Ehrgeizes, eher ein Projekt, das ihm das kaiserliche Regime aufzwang, die Verwirklichung einer Idee geboren aus dem momentanen Zusammentreffen der Pläne spanischer und österreichischer Habsburger und attraktiv aus der Sicht der Staatsmänner in Wien und Madrid. Als Bruder des Kaisers, und da man Leopold, den vier Jahre älteren Bruder, als unberechenbar oder wenigstens nicht leicht lenkbar beurteilte, war er der dem ­Kaiser nächststehende zur Verfügung stehende Habsburger. Ihm selbst verursachte das versprochene Amt in Lissabon nicht wenige Bedenken, er wollte es auf sich nehmen, da es im Interesse beider Zweige des Hauses Habsburg lag. Als Protagonist des Kampfes gegen die Protestanten passte Karl dann in das habsburgische Rekatholisierungsprogramm, das Ferdinand erst als Erzherzog und dann als König und ­Kaiser verfolgte. Aber Ferdinand selbst war ja in dieser Beziehung nur einer, der päpstliche Politik verwirklichen wollte, das Reformprogramm eines Klemens VII. oder Paul V. Papst Paul V. sah gern einen Habsburger als Haupt der Breslauer Diözese, seiner hohen Meinung von dem der ­Kirche so eng verbundenen Geschlecht gab er ja gelegentlich Ausdruck.47 Aus dem Eifer, mit dem die Kurie die Idee der Kandidatur des jungen Karl für das Bischofsamt in Breslau aufgriff und beförderte, oder auch aus 45 Heinz-Dieter H eimann : Die Habsburger – Dynastie und Kaiserreich, 3. Aufl., München 2006, hier nach der 1. Auflage (2001), S. 18 f. 46 Um diese Zeit war Schlesien auch ein „Sprungbrett für die maritimen Pläne der Habsburger“; Ludwig P etry und Josef Joachim M enzel : Geschichte Schlesiens 2, 3. Aufl. Stuttgart 2000, S. 60 f. 47 S. das Zitat S. 399 Anm. 9.

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dem Interesse, das Paul V., dessen Regierungszeit sich weitgehend mit jener Erzherzog Karls deckte, an ihm nahm, kann man auf die überragende Bedeutung schließen, die ein Habsburger auf dem Breslauer Bischofssitz im Denken des Reformpapstes hatte. Dabei war die österreichische Politik in Schlesien unter Rudolf II. alles andere als klarsichtig und geradlinig. Rudolfs Unterstützung der Ernennung des Erzherzogs in Breslau stand in Widerspruch zu seinem Bedürfnis, den Sorgen der schlesischen Fürsten und Stände, die mit dem Auftreten des Habsburgers ihren protestantischen Glauben bedroht sahen, Rechnung zu tragen und ihre Wünsche zu befriedigen. Der Bruderzwist im Hause Habsburg – ­zwischen Rudolf und Matthias – und die in ­diesem Zusammenhang den Protestanten, einschließlich den Schlesiern, gewährten Konzessionen, und damit verbunden auch das momentane Erstarken der Fürsten und Stände, trugen dazu bei, Karls Herrschaft in Schlesien zu erschweren und einen Erfolg der Gegenreformation zu beeinträchtigen. Den Ruf des Hauses Habsburg zu fördern erleichterte dem jungen Habsburger kaum die komplizierte Persönlichkeit des Kaisers, unter dem er seine Herrschaft antrat. Manche sagten dem regierenden Habsburger eine gefährliche Ambivalenz gegenüber der katholischen ­Kirche nach, sogar Hass auf das Papsttum und Abwendung vom katholischen Ritus. Unter sich erklärten die Erzherzöge einmal, „Seine Majestät hat jetzt den Punkt einer völligen Abkehr von Gott erreicht“. Erst unter Ferdinand als ­Kaiser, im letzten Drittel der Herrschaft des Erzherzogs Karl, gab es eine ganz unmissverständliche Politik, begründet auf der Allianz ­zwischen dem Hause Habsburg und dem auf Gegenreformation und katholische Erneuerung ausgerichteten Papsttum, das die Unterstützung der weltlichen Gewalt suchte. Ferdinand und Karl wuchsen beide ganz im Geiste ihrer tieffrommen bayerischen ­Mutter und der Jesuiten auf. Im älteren Bruder sah Karl Vorbild und Wegführer und Ferdinands politische Linie deckte sich mit den Überzeugungen und Neigungen des jüngeren. Auch die anderen Positionen, die er gewann, Kanonikate in Köln und Osnabrück, das Bistum Brixen, die Hochmeisterschaft des Deutschen Ordens, die Lehnsherrschaft über die Grafschaft Glatz und das oberschlesische Fürstentum Oppeln-Ratibor konnten ihm nicht nur neue Einkünfte verschaffen, sondern auch gleichzeitig den Zielen der habsburgischen Politik dienen: der Konsolidierung des habsburgischen Besitzes, der habsburgischen Führungsrolle im Reich, dem Bündnis mit Spanien, dem Wiedergewinn von der alten ­Kirche abgefallener Gebiete, der katholischen Reform.48

48 Das Kaisertum „zu erhalten war Hauptziel der habsburgischen Reichspolitik“, es verklammerte die deutschen Erblande der Habsburger und die böhmischen und ungarischen Neuerwerbungen, so N oflatscher : Maximilian der Deutschmeister, S. 33.

I. UNTER DER AUFSICHT ÖSTERREICHISCHER BISCHÖFE 1608 – 1611 Mit dem früh verstorbenen Habsburger Erzherzog Karl von Österreich, Bischof von Breslau und Brixen und Hochmeister des Deutschen Ordens, begegnen wir einer politischen Randfigur am Vorabend und Anfang des Dreißigjährigen Krieges. Sein öffentliches Leben erstreckte sich über nicht mehr als sechzehn Jahre, gab ihm aber die Möglichkeit, mehrere Herrschaften, geistliche und weltliche, zu erwerben, doch nur im Bistum Breslau regierte er von Anfang bis Ende seiner Amtszeit als geistlicher und weltlicher Herr, und die Diözese war vornehmlich der Bereich und das bischöfliche Fürstentum die wirtschaftliche Basis seiner Tätigkeit. Das Bistum Breslau umfasste seit Jahrhunderten den größten Teil Schlesiens, die Bistumsgrenze war weitgehend mit der Landesgrenze identisch, aber sechs außerschlesische Diözesen erstreckten sich ins Schlesische.1 Nach der Fläche, die es umfasste, und der Zahl der Gläubigen eine der bedeutendsten Diözesen Mitteleuropas oder wenigstens des deutschsprachigen Raums, bewahrte es in grundverschiedenen Staaten und unter wechselnden Regierungssystemen fast genau ein Jahrtausend lang seine Ausdehnung und Einheit. Die Bischöfe entstammten nach vollendeter Christianisierung schlesischen Adelsgeschlechtern oder sogar dem Fürstenhaus der Piasten, ein tschechischer Adeliger als Breslauer Bischof im 15. Jahrhundert war eine Ausnahme, mehrere Österreicher übernahmen das Bischofsamt im 17. und 18. Jahrhundert – in der zweiten Jahrtausendhälfte des Bistums waren die Bischöfe ausnahmslos Männer deutscher Sprache und Kultur. Die Geschichte des Bistums spiegelt das Schicksal des Landes Schlesien.

1. Die Breslauer Bischöfe vor dem Bischof aus dem Hause Habsburg Im Jahre 1000 errichtete ­Kaiser Otto III . das Erzbistum Gnesen und gleichzeitig die dem Metropolitansitz Gnesen unterstellten Bistümer Krakau, Kolberg und Breslau. In den ersten Jahrzehnten blieb der Bischofssitz anscheinend jahrelang vakant. Der erste Bischof hieß Johannes, die nächsten Namen sind erst seit der Mitte des 11. Jahrhunderts bekannt, der eine oder andere während der ersten zwei Jahrhunderte war Ausländer.2 Heraus ragte Bischof Walter (1149 – 1169), ein Wallone aus der Nähe von 1 Diözese Posen (Gebiete um Glogau, Schwiebus), Leubus (Crossen), Meißen (Sagan), Olmütz (Jägerndorf, Troppau), Krakau (Pless, Beuthen), Erzdiözese Prag (Grafschaft Glatz). Andererseits gehörten das Gebiet um Fraustadt, Alt-Krezepice und Schildberg, alle in Polen, zum Bistum Breslau. 2 Franz Xaver S eppelt : Geschichte des Bistums Breslau, Breslau 1929; M arschall : Geschichte des Bistums Breslau; Józef P ater : Poczet biskupów wrocławskich, Breslau 2000, mit Abbildungen und Hinweisen auf Behandlungen in der polnischen Historiographie.

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Namur und vorher Dompropst in Płock, aber selbst von ihm wissen wir nicht viel mehr, als dass er 1158 in Breslau den Bau einer steinernen Bischofskirche im romanischen Stil begann.3 Die älteste das Bistum betreffende Urkunde stammt aus seiner Zeit, die Bestätigung Hadrians IV . (23. April 1155) des bischöflichen Landbesitzes, schon damals weit über Schlesien verbreitet.4 Von Interesse ist der fünfzehnte in der Reihe der Breslauer Bischöfe, wegen seiner Abstammung aus dem Herrscherhause, der Familie der Piasten: Jaroslaw, Herzog von Oppeln (1198 – 1201). Sein Nachfolger war wieder ein Mann aus dem Westen, vielleicht aus Westfalen, Cyprian, ein Prämonstratenserchorherr. Die folgenden Bischöfe über fast zwei Jahrhunderte entstammten schlesischen Adelsfamilien polnischer Herkunft und Sprache. Unter denen des 13. Jahrhunderts – Lorenz, Thomas I. und II ., Johann Romka (1207 – 1301) – war die wichtigste Entwicklung die wirtschaftliche Erschließung des Landes durch Einwanderer aus dem Westen, vor allem Mitteldeutsche, in deren Verlauf an die 1500 neue Dörfer und 69 Städte entstanden, und die Durchdringung des Landes mit Ideen und Institutionen aus dem Westen.5 In diese Zeit fällt auch die Auseinandersetzung der ­Kirche mit den Herzögen über den Grad der Unabhängigkeit des Kirchenbesitzes von der weltlichen Gewalt. Erstaunlich dabei ist das selbstbewusste, oft gar herrische Auftreten dieser Kirchenmänner gegenüber den schlesischen Herzögen. Allerdings half dabei, dass die schlesischen Piasten das Herzogtum unter sich aufteilten. Das bedeutete, die Bischöfe standen weltlichen Herrschern von beschränkter Macht und schrumpfenden Ressourcen gegenüber. Das entscheidende Resultat dieser Auseinandersetzung war dann die Lösung des zusammenhängenden Kirchenbesitzes um Ottmachau und Neisse aus dem Breslauer Herzogtum. Die Verselbständigung und politische Unabhängigkeit eines bischöflichen Territoriums, der terra sancti Joannis, deren Grenzen noch heute hier und da ein Markstein an einem Feldrain anzeigt, dem Bischof Thomas II . von Herzog Heinrich IV . 1290 auf dem Sterbebett zugestanden, veränderte grundsätzlich die Beziehung ­zwischen dem Bischof von Breslau und den schlesischen Fürsten. Nicht nur der höchste Inhaber der geistlichen Gewalt im Land, stand er jetzt neben den Herzögen als weltlicher Machthaber über einen Teil seiner Diözese, dessen Ausmaße den anderen schlesischen Fürstentümern durchaus ebenbürtig war. Kaum ein Jahrzehnt nach dem entscheidenden Akt, der dem Bischof seine neue Stellung verbriefte, nannte sich Bischof Heinrich von Würben (1302 – 1319) dux, Herzog, wie die schlesischen Piasten, und von da war es nicht weit zu dem Anspruch, dass der Bischof wegen seiner geistlichen Position als der erste unter den Fürsten 3 Kurt E ngelbert : Zum 950jährigen Bestehen des Bistums Breslau 2. Bischof Walter von Breslau, 1148 – 1169, in: ASKG 9 (1951), S. 1 – 23. 4 Max Josef M idunsky : Die Urkunde Papst Hadrians IV. für das Bistum Breslau vom Jahre 1155, in: ZVGS 70 (1936), S. 22 – 62. 5 Josef Joachim M enzel : Der Aufbruch Europas nach Osten im Mittelalter (= Abschiedsvorlesung 7. Juli 1998), Mainz 1998, S. 21 – 23.

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­ chlesiens gelten sollte.6 Die Machtfülle des Breslauer Bischofs zeigte sich dann besonS ders unter der klugen Herrschaft des Bischofs Preczlaus von Pogarell (1341 – 1376), der die Finanznöte seines Nachbarn, des Herzogs von Brieg, ausnutzte und von ihm das Land um Grottkau kaufte und damit das bischöfliche Fürstentum beträchtlich vergrößerte. Nach einer kurzfristigen Ausrichtung auf Polen unter Bischof Nanker (1326 – 1341), vorher Bischof von Krakau, beendeten die schlesischen Herzogtümer in den 1330er Jahren vertraglich ihre Bindung an Polen und unterstellten sich, geführt von Pogarell, dem König von Böhmen. Eine Wendung von Ost nach West, von Polen nach Deutschland, aber auch ein Schritt, der das Schicksal der schlesischen ­Kirche auf lange Zeit bestimmte und viele der Prüfungen verursachte, denen Schlesien im Laufe der folgenden Jahrhunderte ausgesetzt war.7 Im späten Mittelalter übernahmen dann zweimal Mitglieder herzoglicher Familien das Bischofsamt, Wenzel von Liegnitz und Konrad von Oels (1382 – 1447). König Sigismund ernannte Bischof Konrad 1422 zum schlesischen Oberlandeshauptmann, ein neu geschaffener Posten, ein Schritt, der die Einheit Schlesiens allen vor Augen führte. Die Liaison mit Böhmen verwickelte Schlesien in die religiösen und dynastischen Konflikte seines südlichen Nachbarn, in denen auch der Breslauer Bischof Partei nahm. In Konrads Tagen verwüsteten die Einfälle der Hussiten aus Böhmen, wenigstens zum Teil auf Übergriffe des Bischofs zurückzuführen, das bischöfliche Fürstentum und andere Regionen des Bistums. In der Regierungszeit Albrechts II . (1438 – 1439) stand Schlesien als Teil Böhmens zum ersten Mal unter der Herrschaft eines Habsburgers. Die innerkirchlichen Konflikte des 15. Jahrhunderts ­zwischen Papst und Konzil fanden ein Echo in Breslau, wo sich eine Zeit lang der Bischof der einen, das Domkapitel der anderen Seite anschloss. Die Beziehung des Bischofs von Breslau zum Hause Habsburg setzte sich mit nur gelegentlichen Unterbrechungen fort. Ob außerschlesischer oder heimischer Abkunft, Bischöfe von den 1460er Jahren an avancierten wiederholt zu ihrem hohen Kirchenamt nach Dienst im Hause Habsburg. Beachtlich ist wohl, dass die Bischöfe um 1500 – Rudolf von Rüdesheim, Johann IV. Roth und Johann V. Turzo –, im Amt in den Jahren 1469 bis 1520, sich nicht als geistliche Oberhirten, sondern eher als prachtliebende Renaissancefürsten und Mäzenaten auszeichneten, den Belangen der ­Kirche widmeten sie nur wenig Aufmerksamkeit. Am Ende des 15. Jahrhunderts herrschte im Bistum Breslau eine tiefe Animosität gegen den katholischen Klerus, gerichtet vor allem gegen die Steuerprivilegien des geistlichen Besitzes und die Zuständigkeit und Ausübung der 6 Felix R achfahl : Die Organisation der Gesamtstaatsverwaltung Schlesiens vor dem Dreißigjährigen Kriege (= Staats- und Sozialwissenschaftliche Forschungen 13/1), Leipzig 1894, S. 97. Weder Colmar Grünhagen noch Kurt Engelbert erwähnen diesen Anspruch; ADB 11 (1880), S. 507 – 509 bzw. NDB 8 (1969), S. 354; Rachfahls Quelle mir unbekannt. 7 Josef Joachim M enzel : Schlesiens Trennung von Polen und Anschluss an Böhmen im Mittelalter, in: Zeitschrift für Ostforschung 27 (1978), S. 262 – 274.

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geistlichen Gerichtsbarkeit. Sie gipfelte im Kolowratischen Vertrag von 1498, der auch zum ersten Mal die provinzlerische und zum Glück gewöhnlich ignorierte Vorschrift enthielt, der Breslauer Bischof sollte immer ein Schlesier (oder Böhme) sein. Von den sechs unmittelbaren Vorgängern des Erzherzogs Karl von Österreich stammten tatsächlich fünf aus Schlesien. Was ihre Herrschaft als Breslauer Bischöfe – die 88 Jahre von 1520 bis 1608 – kennzeichnete, war die Auseinandersetzung mit dem Protestantismus, der sich vom benachbarten Sachsen aus innerhalb von wenigen Jahren über das ganze Land ausbreitete und Schlesien bis auf Teile Oberschlesiens und die geistlichen Territorien dem neuen Glauben zuführte. Die Auswirkungen der Reformation und die Gegenbewegung, die sie in der alten ­Kirche hervorrief, bestimmten dann die Herrschaft Erzherzog Karls als Bischof von Breslau. Wie sich Karls Vorgänger gegenüber dieser existentiellen Gefahr verhielten, verdient ein paar Worte, denn ihre Abwehrmaßnahmen oder deren Unterlassen bedingten den Zustand der katholischen ­Kirche in Schlesien, als der junge Habsburger in Breslau eintraf. Von vornherein sei gesagt, dass die Bischöfe, vor allem die ersten drei in den Jahren 1520 bis 1574, langsam und spät, zu langsam und zu spät, auf Luthers Evangelium und seine enthusiastische Aufnahme bei schlesischen Laien und Geistlichen reagierten.8 Luthers Botschaft erreichte Breslau 1519 oder 1520. Bischof Jakob von Salza (1520 – 1539), den vor seiner geistlichen Karriere der König von Böhmen als Landeshauptmann im Erbfürstentum Glogau eingesetzt hatte, registrierte mit Betrübnis von seiner Residenzstadt Neisse aus den Abfall seiner Diözesanen in Breslau und anderswo, in Breslau vorangetrieben von einem in Angelegenheiten der Religion die Entscheidungen treffenden Stadtrat. Er klagte darüber in seinen Briefen an den Papst, hatte aber keine Ideen oder fand keinen Weg, der Wendung zum Luthertum Einhalt zu gebieten oder die Verwundbarkeit der katholischen ­Kirche zu mindern. Sein Nachfolger Balthasar von Promnitz (1539 – 1562), aus einer in seinen verschiedenen Zweigen fast ausnahmslos evangelischen Sippe, pflegte die besten Beziehungen mit allen politischen Gewalten, unternahm aber keinen Schritt zur Eindämmung des Protestantismus; er hatte sich längst mit einem evangelischen Schlesien abgefunden. Die Pflichten des schlesischen Oberlandeshauptmanns dienten ihm als Entschuldigung für seine Abwesenheit vom Konzil von Trient.9 Sein Nachfolger Kaspar von Logau (1562 – 1574), geboren in Neisse, aus einem alten heimischen Adelsgeschlecht, sein Vater bischöflicher Kanzler, wuchs am 8 Am ausführlichsten hier K öhler : Das Ringen um die tridentinische Erneuerung im Bistum Breslau. 9 Alfred S abisch : Die Bischöfe von Breslau und die Reformation in Schlesien. Jakob von Salza und Balthasar von Promnitz in ihrer glaubensmäßigen und kirchenpolitischen Auseinandersetzung mit den Anhängern der Reformation (= Katholisches Leben und Kirchenreform im Zeitalter der Glaubensspaltung 35), Münster 1975, S. 35 – 70 (Salza), 71 – 99 (Promnitz); Hubert J edin : Die Beschickung des Konzils von Trient durch die Bischöfe von Breslau, in: ASKG 1 (1936), S. 60 – 74, hier S. 64 – 68.

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Königshof in Innsbruck auf mit den Prinzen Maximilian, ­später ­Kaiser, und ­Ferdinand. Schon mit achtzehn Jahren erhielt er ein Kanonikat in Breslau. Er diente dann als Lehrer Karls (geboren 1540), des jüngsten Sohnes Ferdinands I. und Vaters des hier behandelten Breslauer Bischofs. 1562 wählte ihn das Domkapitel zum Bischof.10 Vor der Wahl versprach er dem katastrophalen Priestermangel in der Diözese durch Gründung eines Priesterseminars abzuhelfen. Es wurde 1569 in Breslau errichtet und bald nach seinem Tode nach Neisse übertragen. Aber auch er ließ sich nicht dazu bewegen, das Konzil von Trient zu besuchen. Als seinen Kanzler ernannte er einen Lutheraner, Simon Haniwald. Erst unter dem nächsten Bischof, dem als Protestant geborenen und aus Bunzlau stammenden Martin Gerstmann (1574 – 1585), sein Vater ein Tuchmacher und der Bürgermeister, und mehr als ein Jahrzehnt nach dem Ende des Konzils begannen ernsthafte Bemühen um die Erneuerung des katholischen Lebens in Schlesien. 1570 bis 1572 war Gerstmann einer der Sekretäre ­Kaiser Maximilians II., 1573 übernahm er die Erziehung der Erzherzöge Matthias und Maximilian. Schon 1561 erhielt er die Prälatur des Kustos im Breslauer Domkapitel. In seinem Jahrzehnt als Bischof legte Gerstmann Inventare des bischöflichen Landbesitzes im bischöflichen Fürstentum an und organisierte die Visitationen der Pfarreien in allen vier Diakonaten seiner Diözese, eine Verpflichtung, ­welche die Breslauer Bischöfe seit einem Jahrhundert ignoriert hatten. 1580 hielt er eine Diözesansynode ab. Die Gründung einer Mission mit vier Jesuiten in Breslau gelang und diese dauerte an die anderthalb Jahrzehnte. Die von Gerstmann geplante Einrichtung eines Jesuitenkollegs scheiterte am Widerstand der Stadt und der Fürsten und Stände.11 Unter den sechs letzten Vorgängern des Erzherzogs war Andreas von Jerin (1585 – 1595) der einzige Ausländer, aus Riedlingen in Schwaben stammend. Er studierte in Dillingen und Löwen, absolvierte das Collegium Germanicum in Rom und erwarb den Doktor der Theologie in Bologna. Papst und ­Kaiser schätzten und nützten seine Talente. Rudolf II. vertraute ihm eine Gesandtschaft nach Polen an. In einem Bericht an den päpstlichen Nuntius 1586 beschrieb Jerin die traurige Lage der schlesischen ­Kirche. Eine Synode im Jahre 1592 versuchte die Schulung und Amtsführung der Priester zu fördern, Jerin erweiterte das Priesterseminar in Neisse und errichtete dort ein Konvikt für Adelige, dessen Zweck die Ausbildung 10 Bernhard S tasiewski : Kaspar von Logau, in: NDB 15 (1987), S. 115 f. verzeichnet die zahlreichen Arbeiten über den Bischof, besonders die seines Biographen Kurt Engelbert. 11 Der Domherr Theodor Lindanus entwarf um 1579 eine detaillierte Visitationsordnung, die auf der Basis der Beschlüsse des Konzils von Trient ein Programm für die Erneuerung des kirchlichen Lebens in den Pfarreien entwickelte (ein ebensolches der Archidiakon Balthasar Neander im Jahre 1602). Die Visitationsberichte des Lindanus von 1579 beschreiben Maßnahmen der katholischen Erneuerung, z. B. Tadel der Konkubinarier oder der Bauern, die sich das Lesen beibrachten und den Bischof herausforderten; Joseph J ungnitz Hg.: Visitationsberichte der Diözese Breslau 1: Archidiakonat Breslau, Breslau 1902, S. 11 – 28, 29 – 34, 59 – 105, besonders S. 80 f.; Hermann H offmann : Die Jesuitenmission in Breslau 1581 – 1595, in: ZVGS 69 (1935), S. 146 – 183, hier S. 146 – 158.

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k­ ünftiger Beamter des Fürstentums und der Diözese war. Im Unterschied zu Gerstmann und Jerin ging Johannes von Sitsch (1600 – 1608), aus einer schlesischen Adelsfamilie stammend, streng gegen die Protestanten vor.12 Schon die älteren protestantischen Geschichtsschreiber waren sich einig, dass mit ihm ein neuer Abschnitt in der Beziehung ­zwischen den Konfessionen in Schlesien begann. Auf der einen Seite förderte er die katholische Reform. Er ließ eine Visitationsordnung abfassen und ordnete 1602 den Besuch von Pfarreien an. Eine Synode im Jahre 1606 sollte sich mit den Ergebnissen befassen, begnügte sich aber mit einer Diskussion der temporalia und forderte die Anlegung von Einkommensverzeichnissen und Inventaren. Visitationsberichte aus seiner Amtszeit und Statuten der Synode haben sich nicht erhalten, vielleicht ­Zeichen einer wenig kompetenten Amtswaltung. Er arbeitete auf die Gründung eines Jesuitenkollegs in Glogau hin. Auf der anderen Seite stehen einzwängende Maßregeln gegen die Protestanten. Er schärfte das Verbot von Kirchenbau ohne bischöfliche Erlaubnis ein, veranlasste ein kaiserliches Strafmandat gegen die Übertragung calvinistischer Bücher an Breslauer und Schweidnitzer Bibliotheken und, wie er dem Papst mitteilte, entfernte Häretiker aus öffentlichen Ӓmtern und Ehrenposten und setzte an ihre Stelle Katholiken. Allerdings ist nicht klar, ob er hier nur das bischöfliche Fürstentum oder die ganze Diözese meinte. Wo er als weltlicher Herr waltete, verbot er den Einwohnern, evangelische Gottesdienste außerhalb seines Territoriums zu besuchen. Neu in seiner Behandlung der Evangelischen war, dass er sich als Landesherr im bischöflichen Fürstentum und als Oberlandeshauptmann in anderen Gebieten des Bistums des weltlichen Arms gegen die Neugläubigen bediente. Bei einer Intervention gegen die Evangelischen in Glogau brachte er gleich hundert Soldaten mit. Er spielte eine Rolle bei der Kapitulation von Troppau, die zur sofortigen Rekatholisierung der Stadt führte. Aus der Sicht des Nuntius in Prag und des Papstes tat er noch immer nicht genug gegen die Evangelischen und musste sich Tadel aus Rom gefallen lassen. Dennoch ist nicht zu bestreiten, dass die harten Maßnahmen der Gegenreformation zuerst unter ­Johannes von Sitsch zur Anwendung kamen. Ihre Stellung als Oberlandeshauptmann, d. h. Vorsitzender der Fürsten- und Ständeversammlung und Vertreter des Königs, wies den Breslauer Bischöfen einen weiteren Aufgabenbereich zu, der über das eines kirchlichen Oberhirten und Landesfürsten hinausging, und zwang sie zur Zusammenarbeit mit den anderen politischen Gewalten Schlesiens und damit zu manchem Kompromiss mit den Andersgläubigen. Wenn dann die Bischöfe im Ringen der Konfessionen oft zögerten, einen Ausgleich suchten oder einen Schritt vorwärts des neuen Glaubens zu akzeptieren schienen, erwies sich das aus ungefähr vierundzwanzig Prälaten und Kanonikern bestehende

12 Eine Übersicht über seine Amtsführung und die Quellen bei S cholz : Gravamina der Landstände, S. 96 – 105, 137 – 140.

Die Breslauer Bischöfe vor dem Bischof aus dem Hause Habsburg

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Domkapitel als das eigentliche Bollwerk des Katholizismus in Schlesien.13 Autorität und Ansehen des Kapitels waren im Laufe der Jahrhunderte ständig gewachsen. Schon 1383 vereinbarte das Kapitel mit dem Bischof, dass für die Dauer von Vakanzen die Diözesanen dem Kapitel Gehorsam schuldeten. Die zum ersten Male dem Bischof Peter Nowag (1447 – 1456) aufgezwungenen Wahlkapitulationen wurden von da an regelmäßig von dem zur Wahl Stehenden angenommen. Sie dehnten die Privilegien der Kapitelherren von einer Wahl zur anderen weiter aus. Es ging den Domherren in erster Linie um ihre eigenen Rechte und Einkünfte. Wichtig war die Verpflichtung des Bischofs zur Rücknahme von verpfändeten Kirchengütern und damit wohl die von nun an notwendige Zustimmung des Domkapitels bei Veräußerung von Kirchenbesitz; die Breslauer Kanoniker handelten als dessen vorzügliche Hüter.14 Bei allen bedeutenden kirchlichen Angelegenheiten oblag es dem Bischof, den Rat des Kapitels heranziehen. Kein Kandidat konnte in Breslau Bischof werden ohne die Zustimmung einer Kapitelmehrheit. Auch die Tage einer gewichtigen auf Polen orientierten Minderheit im Kapitel waren jetzt vorbei. Obwohl zum Teil vom Bischof ernannt – seit 1458 alternierte das Recht zur Ernennung monatlich ­zwischen Bischof und Papst 15 – zeigten die Domherren einen hohen Grad von Unabhängigkeit. „Das Domkapitel besitzt beträchtliche Autorität, so dass der Bischof ohne seine Zustimmung überhaupt nichts tun kann“, so Karl in seinem Bericht von 1618 an den Papst.16 Das um die Mitte des 16. Jahrhunderts gegründete Collegium Germanicum in Rom, künftig von vielen Breslauer Kanonikern absolviert, gab ihnen Gelegenheit, nützliche Verbindungen in Rom anzuknüpfen. Es förderte wohl auch einen esprit de corps unter den Alumnen und rekrutierte sie für das päpstliche Programm einer katholischen Erneuerung.17 Die schon aus dem 15. Jahrhundert stammende Vorschrift eines dreijährigen Hochschulstudiums bedeutete, dass die Mehrzahl der Domherren höhere akademische Grade besaß, vor allem den Doktor der Theologie oder beider 13 Alfred S abisch : Breslauer Domherren des 16. Jahrhunderts im Umkreis ihres Dienstes und ihrer Häuslichkeit, in: Erwin I serloh und Konrad R epgen Hgg.: Reformata Reformanda. Festgabe für Hubert Jedin zum 17. Juni 1965 2 (= Reformationsgeschichtliche Studien und Texte, Supplementband 1, Teil 2), Münster 1965, S. 144 – 176. 14 Franz Xaver S eppelt : Die Anfänge der Wahlkapitulationen der Breslauer Bischöfe, in: ZVGS 49 (1915), S. 192 – 222, hier S. 202 f., 206. 15 Arnold Oskar M eyer : Studien zur Vorgeschichte der Reformation. Aus schlesischen Quellen (= Historische Bibliothek 14), München, Berlin 1903, S. 73 (in ungeraden Monaten der Papst, in geraden der Bischof). 16 Relation 1618, ASV, Archivio della Sacra Congregazione del Concilio, Relat. Dioec. 884A, fol. 390v; Joseph S chmidlin : Die kirchlichen Zustände in Deutschland vor dem Dreißigjährigen Kriege, Teil 3: West- und Norddeutschland (= Erläuterungen und Ergänzungen zu Janssens Geschichte des deutschen Volkes 7, Heft 5 und 6), Freiburg i. Br. 1910, S. 194. 17 Peter S chmidt : Das Collegium Germanicum in Rom und die Germaniker. Zur Funktion eines römischen Ausländerseminars 1552 – 1914 (= Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 56), Tübingen 1984.

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Rechte.18 Im Religionsstreit drängte das Kapitel einen manchmal kompromissbereiten Bischof zu rigorosem Vorgehen gegen die Protestanten. Die Breslauer Kapitelprotokolle, geführt vom Kapitelnotar, dem vereidigten Protokollführer,19 bezeugen, wie eifrig sich das Kapitel für die Sicherung der Rechte der Breslauer Diözese und den Kampf gegen die Protestanten einsetzte.

2. Österreichisches Schlesien Das öffentliche Leben Karls von Österreich fiel in eine Zeit höchster Bedrohung für die habsburgische Herrschaft in Mitteleuropa. Die Grenzen des habsburgischen Herrschaftsgebiets blieben jedoch nur im Südosten umstritten, im Kampf mit dem Osmanischen Reich. Die Teilung in einen österreichischen und einen spanischen Zweig, schon mehrere Jahrzehnte alt, betrachteten Wien und Madrid als mehr oder weniger erledigt, noch ausstehende Fragen der Erbfolge regelte bald der Oñate-Vertrag vom 29. Juli 1617.20 Die Gefahren lagen im Inneren, der Streit der Prätendenten und die Revolte der Stände erschütterten das Haus Habsburg in Karls Jahren als geistlicher und weltlicher Fürst, am Anfang seiner Regierung der noch immer andauernde Konflikt ­zwischen den Söhnen ­Kaiser Maximilians II., Rudolf und Matthias, und ein Jahrzehnt ­später der Aufstand des Adels gegen die Herrschaft Ferdinands in Böhmen. Als das Breslauer Domkapitel im Sommer 1608 Karl in Breslau zum Bischof wählte, herrschte des Kaisers Bruder Matthias in Mähren, Ungarn und den Erzherzogtümern Nieder- und Oberösterreich, der Bruder Maximilian, der Deutschmeister, in Tirol und den Vorlanden, der Neffe Ferdinand in Steiermark und Kärnten, der ­Kaiser Rudolf selbst nur noch in Böhmen, der Lausitz und Schlesien. Rudolf war jetzt alt und verbraucht, gelähmt in der Ausführung des Amtes ob seiner psychischen Leiden, kinderlos. Der inzwischen als Erbe designierte Matthias war nur vier Jahre jünger und ebenfalls ohne legitime Nachkommen. Eine Wende in der Führung der casa d’Austria und damit des Reichs in naher Zukunft stand bevor. Erzherzog Karl von Österreich übernahm die schlesische Diözese an der Nordostgrenze des habsburgischen Herrschaftsbereichs in einem für sein Haus kritischen Moment.

18 S abisch : Breslauer Domherren des 16. Jahrhunderts, S. 166; Gerhard Z immermann : Das Breslauer Domkapitel im Zeitalter der Reformation und Gegenreformation 1500 – 1600 (= Histo­ risch-Diplomatische Forschungen, hg. v. Leo S antifaller , 2), Weimar 1938, S. 595 f. (Statut von 1468). Bei Nichtschlesiern bestand man auf ein vollendetes Studium, bei Schlesiern finanzierte das Kapitel eine weitere Ausbildung. 19 S abisch : Breslauer Domherren des 16. Jahrhunderts, S. 171 f. 20 Benannt nach dem spanischen Gesandten am Kaiserhof Íñigo Vélez de Guevara, Conde de Oñate, 1617 – 1622.

Österreichisches Schlesien

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Schlesien gehörte mehr als zwei Jahrhunderte zum Reich der Habsburger, von 1526 bis 1742, ein österreichischer Rest sogar bis 1918; das Land war um ein paar Jahre länger österreichisch als preußisch.21 Es fiel unter habsburgische Herrschaft als ein Nebenland der böhmischen Krone, der es seit dem 14. Jahrhundert neben Mähren und der Lausitz verbunden war. In der Schlacht von Mohács gegen die Osmanen, am 29. August 1526, fand Ludwig, König von Ungarn und Böhmen, den Tod, zwanzig Jahre alt und kinderlos.22 Auf Grund eines Ehevertrages aus dem Jahre 1515 beanspruchte Erzherzog Ferdinand von Österreich, ­später deutscher König (1531) und ­Kaiser (1556), den Thron. Er konnte sich wenigstens in Böhmen gegen andere Bewerber durchsetzen, das halbe Ungarn ging ihm allerdings verloren. Die böhmischen Stände wählten ihn zum König und ein Fürstentag im schlesischen Leobschütz stimmte der Wahl zu. Die Erzherzogin Maria, Schwester Ferdinands I. (und Karls V.), war Ludwigs talentierte Gemahlin. Ferdinand ging eine Ehe mit Ludwigs Schwester Anna (1503 – 1547) ein. Mit dem Erwerb des böhmischen Königtums fügte Ferdinand seinem damaligen Besitz – im Wesentlichen die österreichischen Erblande – Territorien zu, die diesen an Umfang und Zahl der Einwohnern weit übertrafen, und legte damit eigentlich das Fundament für den Länderkomplex der Habsburger, die Habsburgermonarchie, als einer europäischen Großmacht, die dann vier Jahrhunderte dauerte.23 Vor 1526 waren die Beziehungen der Habsburger zu Schlesien sporadisch. Mit Böhmen fiel das Land unter die kurzfristige Herrschaft Albrechts II . von Habsburg 1438 – 1439 und dessen nachgeborenen Sohnes Ladislaus Postumus († 1457). Die Bischöfe Rudolf von Rüdesheim und Johannes Roth, die im Dienste der Habsburger Karriere gemacht hatten, regierten beide erst das Bistum Lavant in der Steiermark, ehe sie das Breslauer Bistum übernahmen.24 Es gab wenige Berührungspunkte ­zwischen Schlesien und den österreichischen Landen, getrennt voneinander durch die Länder Böhmen und Mähren. Die Entfernungen waren bei den damaligen Verkehrsmitteln gewaltig, Warschau lag Breslau näher als Wien, und nach Wien brauchte der normale Reisende aus Schlesien eine Woche.25 Der Export schlesischen Leinens führte nach Nordwesten, Importe 21 Zum ersten Jahrhundert unter österreichischer Herrschaft s. Ludwig P etry : Politische Geschichte unter den Habsburgern, in: P etry und M enzel : Geschichte Schlesiens 2, S. 1 – 99; s. a. Colmar G rünhagen : Geschichte Schlesiens 1 – 2, Gotha 1884 – 1886, 2, S. 35 – 202. Schlesien hatte um 1600 an die 900.000 Einwohner; Hermann A ubin : Die Wirtschaft, in: P etry und M enzel : Geschichte Schlesiens 2, S. 100 – 132, hier S. 102. 22 Gernot H eiss : Ludwig II., in: NDB 15 (1987), S. 381 f. 23 „Damit stieg Ferdinand vom österreichischen zum mitteleuropäischen Herrscher auf, zu dem mächtigsten Herrscher dieser Region, deren Entwicklung er wesentlich bestimmte“; Alfred K ohler : Ferdinand I., 1503 – 1564. Fürst, König und ­Kaiser, München 2003, S. 19 f. 24 Rudolf von Rüdesheim, 1463 Bischof von Lavant, auch Rat Friedrichs III.; Bischof Johann IV. Roth, Pfarrer von St. Georgen im Attergau, Bischof von Lavant 1468, im Dienste Friedrich III. Kanzler des Heiligen Römischen Reiches. 25 Luftlinie bzw. heutige Wegstrecke von Breslau aus in km: Prag 216/326, Krakau 236/270, Warschau 301/360, Wien 326/ca. 400, Graz 446/ca. 750, Brixen 627/964.

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aus dem Süden beschränkten sich auf eine Handvoll von Artikeln, wie Wein aus dem Burgenland und Westungarn oder die berühmten blauen Sensen aus dem oberösterreichischen Steyrtal.26 Der Handel in Schlesien in der frühen Neuzeit floss in westöstlicher, nicht nord-südlicher Richtung.27 Frühe kulturelle Beziehungen bestanden vor allem aus dem „Bildungsweg“, der von Breslau nach Wien führte. Neben Prag, Bologna und Padua zog die 1365 gegründete Wiener Universität Aspiranten für das Amt eines Breslauer Kanonikers an, die das jetzt vorgeschriebene Universitätsstudium ablegen wollten. Die Silesenburse in Wien, das Schlesische Haus, existierte seit 1420, die Stiftung eines schlesischen Domherrn, und stellte Wohnplätze und Stipendien zur Verfügung.28 Auf Grund solcher Kontakte erhielten dann auch Österreicher, wie ­später der junge Melchior Khlesl, diese attraktive Pfründe in Breslau.29 Nicht zuletzt wegen des hohen Steueraufkommens – Schlesien war das wirtschaftlich am höchsten entwickelte Land im Reich der Habsburger – hatte Schlesien einen wichtigen Platz im habsburgischen Staate.30 Rechtlich blieb das österreichische Schlesien ein Anhängsel Böhmens.31 Schlesien besaß mit dem Fürstentag seine eigene Ständevertretung (er trat seit 1536 nur noch auf Instruktion des Königs zusammen), aber wiederholt traf die böhmische Ständeversammlung Entscheidungen, denen sich das schlesische Nebenland anschließen musste, so schon bei der Wahl Ferdinands 1526. Und noch nach dem Berliner Frieden 1742 und der Abtretung des preußischen Schlesien unterzeichneten die böhmischen Stände den Verzicht auf Schlesien.32 26 H. P rickler : Zur Geschichte des burgenländisch-westungarischen Weinhandels in die Oberländer Böhmen, Mähren, Schlesien und Polen, in: Zeitschrift für Ostforschung 14 (1965), S. 294 – 320, 495 – 529, 731 – 753, die Obere Straße von Wien in die Oberländer, S. 373; F. F ischer : Die Sensenausfuhr aus Österreich nach dem Norden und Osten 1450 – 1650, in: ­Ingomar B og : Der Außenhandel Ostmitteleuropas 450 – 1650. Die ostmitteleuropäischen Volkswirtschaften und ihre Beziehungen zu Mitteleuropa, Köln, Wien 1971, S. 286 – 319. 27 A ubin : Die Wirtschaft, in: P etry und M enzel : Geschichte Schlesiens 2, S. 131; ein Versuch, am Ende der österreichischen Epoche Schlesiens den Nord-Süd-Handel zu beleben, schlug fehl. 28 Wien 1, Postgasse 12, Grundstück der1767 – 1773 erbauten Hauptmaut, der nachmaligen Hauptpost. 29 Norbert C onrads : Bildungswege ­zwischen Schlesien und Wien. Ein historischer Überblick vom Mittelalter bis zur Aufklärung, in: ders .: Schlesien in der Frühmoderne. Zur politischen und geistigen Kultur eines habsburgischen Landes, hg. von Joachim B ahlcke (= Neue Forschungen zur schlesischen Geschichte 16), Köln 2009, S. 177 – 207, zuerst veröffentlicht in ASKG 50 (1992), S. 169 – 204, hier S. 178, 180, 181 – 184. 30 Auch am Ende der österreichischen Zeit war Schlesien „noch immer das wirtschaftlich bewegteste, vielseitigste und reichste der Erbländer“, so A ubin : Die Wirtschaft, in: P etry und M ­ enzel : Geschichte Schlesiens 2, S. 100, 132. 31 Christine van E ickels : Schlesien im böhmischen Ständestaat (= Neue Forschungen zur Schlesischen Geschichte 2), Köln, Weimar, Wien 1994, S. 16 – 52 (Abschnitt: „Die Verfassung ­Schlesiens bis zum Jahre 1609“). 32 Werner B ein : Schlesien in der habsburgischen Politik (= Quellen und Darstellungen zur schlesischen Geschichte 26), Sigmaringen 1994, S. 257 f.

Österreichisches Schlesien

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Allmählich erreichte Schlesien unter den Habsburgern einen Grad von Sonderstatus, entsprechend den besonderen finanziellen Bürden, ­welche die Herrscher dem Land aufluden. Eine schlesische Kammer, direkt der Wiener Hofkammer unterstellt, verwaltete die Einkünfte aus den Regalien, die Biersteuer und das Kronvermögen und hatte zunächst auch die Funktion einer königlichen Aufsichtsbehörde. Bei den Verhandlungen, ehe sie Matthias huldigten (September–Oktober 1611), gelang den Schlesiern die Einrichtung einer kurzlebigen Kanzlei für Schlesien und die Lausitz, die allerdings wie die böhmische ihren Sitz in Prag hatte, und die Aufnahme von Vertretern der Nebenländer in die Prager Appellationskammer, das höchste Appellationsgericht auch für die Schlesier.33 Die Eingliederung Schlesiens in den Staat der Habsburger stellte einen Wendepunkt in der schlesischen Geschichte dar. Wichtige Konsequenzen der österreichischen Herrschaft waren der Aufbau einer gesamtschlesischen Landesverwaltung und der Versuch, konkurrierende Fürsten des Reiches, besonders die Ansbacher und Brandenburger Hohenzollern, auszuschalten, beides Entwicklungen schon der Zeit Ferdinands I. Die schlesische Oberschicht orientierte sich allmählich an österreichischen Vorbildern. Mehr Schlesier studierten in Graz und Wien. Schlesische Fürsten, auch evangelische, schickten ihre Söhne an den Kaiserhof, damit sie dort eine höfische Erziehung genossen. Karl II. von Münsterberg-Oels, der mit dem Erzherzog Karl als Bischof acht oder neun Jahre zahlreiche Kontakte hatte, ging als Fünfzehnjähriger mit seinem Hofmeister an den Kaiserhof und blieb dort an die zehn Jahre. Unter den ausländischen Prinzenerziehern, die habsburgische Herrscher in ihre Länder riefen, waren mehrere aus Schlesien, darunter die späteren Bischöfe Kaspar von Logau und Martin von Gerstmann.34 Gegenüber dem Luthertum und seiner Ausbreitung in Schlesien übten Ferdinand und seine Nachfolger – sein Sohn Maximilian II. und dessen Söhne Rudolf II. und ­Matthias – erstaunliche Toleranz, motiviert wohl zum Teil durch die finanziellen Beiträge des Landes, die angesichts der Türkengefahr besondere Bedeutung annahmen.35 Der Einfluss des Hauses Habsburg zeigte sich dann in der Wahl der Persönlichkeiten, die das Bistum Breslau regierten; mehrere hatten dem Hause Österreich als Erzieher, hohe Beamte oder Diplomaten gedient. Die Teilung des habsburgischen Erbes unter drei Söhnen Ferdinands ließ Böhmen und damit Schlesien in Händen des zum 33 P etry : Politische Geschichte unter den Habsburgern, in: P etry und M enzel : Geschichte Schlesiens 2, S. 46. 34 Zum Anwachsen der an der Universität Wien immatrikulierten Schlesier unter Maximilian II. vgl. Ursula H ielscher : Schlesier an der Universität Wien in der Zeit von 1365 bis 1658, in: Zeitschrift für Ostforschung 11 (1962), S. 648 – 673, hier S. 654 – 656; es waren 265 Neisser und 236 Breslauer, ebd., S. 663, 666. C onrads : Bildungswege ­zwischen Schlesien und Wien, S. 184 – 186. 35 Zwischen 1593 und 1601 trug Schlesien jährlich 600.000 Taler zum Krieg gegen die Türken bei; A ubin : Die Wirtschaft, in: P etry und M enzel : Geschichte Schlesiens 2, S. 102.

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­ rotestantismus ­neigenden Maximilian II. (1564 – 1576), 1562 zum deutschen König P und nach dem Tode Ferdinands zum ­Kaiser gewählt.36 Der Konflikt ­zwischen den Söhnen ­Maximilians II., ­Kaiser Rudolf II. (1576 – 1611), den seine Brüder 1606 für geistig nicht mehr kompetent erklärten, und Matthias (1611 – 1619), hatte Konsequenzen für die Herrschaft des Bischofs von Breslau. Erzherzog Karl wurde zum Bischof von Breslau gewählt, als sich Rudolf in einer denkbar prekären Lage befand. Am 1. Februar 1608 schloss sein Bruder Matthias mit den österreichischen und ungarischen Ständen eine Konföderation, der sich bald Mähren angliederte. Er versuchte auch die Böhmen und Schlesier auf seine Seite zu bringen. Matthias stellte eine Streitmacht auf, die gegen Prag, die Residenzstadt des Kaisers, zog. Am 25. Juni 1608 unterzeichnete Rudolf den Friedensvertrag von Lieben, sein Bruder Matthias erhielt das Königreich Ungarn, das Erzherzogtum Österreich und die Markgrafschaft Mähren. Rudolf blieb nur noch das Königreich Böhmen, die Markgrafschaft Lausitz und das Herzogtum Schlesien. Rudolf war damals ein fatal geschwächter Herrscher. Im Verlaufe ihrer Auseinandersetzung machten beide Habsburger den Evangelischen Konzessionen. Matthias gewährte den ungarischen Ständen Religionsfreiheit, Rudolf den Böhmen im böhmischen Majestätsbrief vom 9. Juli 1609, den Schlesiern einen Monat ­später mit den Majestätsbriefen vom 20. August 1609. Damit schuf Rudolf, der selbst anscheinend keine festen religiösen Überzeugungen hatte und ohne Empfang der Sakramente starb,37 Probleme für den Breslauer Bischof, die den Verlauf der Herrschaft Erzherzogs Karls im Bistum Breslau maßgebend beeinflussten. Bis zum Anfang der Regierung Erzherzog Karls brachte die österreichische Herrschaft den Schlesiern über acht Jahrzehnte wirtschaftlichen Fortschritt, wachsenden Wohlstand und große Nachsicht angesichts der Ausbreitung des Protestantismus. Wie ein schlesischer Historiker vor anderthalb Jahrhunderten schrieb: „Außer der Religionsfrage hatte das Land trotz der kläglichen Regierung eines Rudolf II. keine Ursache zu Beschwerden. Seine Stände erfreuten sich im 16. und im ersten Viertel des 17. Jahrhunderts einer Freiheit und Selbständigkeit, wie seitdem nie wieder. Ebenso wenig drückten die Steuern, ­welche stets unter Vorbehalt und nur auf Zeit bewilligt wurden. Auch die politischen Wirren, die im Anfange des 17. Jahrhunderts im Kaiserhause herrschten, und die Böhmen, Mähren und Ungarn so tief berührt hatten, waren für das entferntere Schlesien von geringerer Bedeutung und Folgen gewesen.“ 38

36 K ohler : Ferdinand I., S. 297 – 303, besonders S. 299. 37 R. J. W. E vans : Rudolf II and His World. A Study in Intellectual History 1576 – 1612, 2., verbesserte Aufl., London 1997, Kapitel „The religion of Rudolf“, hier besonders S. 84, 87 f., 100. 38 Hermann P alm : Das Verhalten der schlesischen Fürsten und Stände bei der Wahl Friedrichs V. von der Pfalz zum Könige von Böhmen im Jahre 1619, in: ZVGS 7 (1866), S. 227 – 259, hier S. 229.

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3. Frühe Jahre in Steiermark und Kärnten Abb. 2: Erzherzog Karl von Österreich als Vierzehnjähriger im geistlichen Gewand 1604, Gemälde von Joseph Heintz d. Ä. 1564 – 1609, Hofmaler ­Kaiser Rudolfs II. Wien, Kunsthistorisches Museum, Gemäldegalerie 3086 39. Aus Sabine W eiss : Zur Herrschaft geboren. Kindheit und Jugend im Hause Habsburg von K ­ aiser Maximilian bis Kronprinz Rudolf, Innsbruck, Wien 2000, mit Erlaubnis des Tyrolia-Verlags, Innsbruck.

Die Erbteilung der habsburgischen Lande im Jahre 1564 übertrug dem jüngsten Sohn Ferdinands I., Erzherzog Karl (1540 – 1590),39die Steiermark, Kärnten, Krain, die gefürstete Grafschaft Görz und das ihr benachbarte Gradisca sowie die Stadt Triest. Seinen Hof hatte er in Graz, wie Innsbruck damals ein Ort mit einer malerischen Burg und festen Mauern, aber weniger Seelen als Neisse. Dort kam am 7. August 1590, zwei Monate nach dem Tode des Vaters, sein jüngster Sohn Karl zur Welt, der spätere Bischof von Breslau, das fünfzehnte Kind des herzoglichen Paars. Der ältere Karl, nach hingezogenen Verhandlungen mit Königin Elisabeth von England und zwischendurch auch mit Maria Stuart, die nicht zum Ziel führten, heiratete 1571 seine Nichte Maria, Tochter 39 „Das Gemälde ist in einem konservatorisch sehr schlechten Zustand und daher [steht] kein Bildmaterial zur Verfügung“; Mitteilung des KHM, Wien, 03. 11. 2015. Hier aus Sabine W eiss : Zur Herrschaft geboren, Innsbruck 2000, S. 211, Abb. 245, mit Erlaubnis des Tyrolia-Verlags.

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Herzog Albrechts V. von Bayern. Von den Kindern überlebten zwölf ins Erwachsenenalter. Den Erfolg der Herrschaft des intelligenten und umsichtigen Vaters erschwerten die drohenden Osmanen an den Grenzen im Osten und Südosten, die unzufriedenen Stände im Inneren und der Konflikt mit den Lutheranern, die sich unter den Landsassen und in den Städten, selbst in der Hauptstadt, festgesetzt hatten. Zu den Errungenschaften seiner Regierung konnte er entschiedene Fortschritte in der Rekatholisierung zählen, daneben die Förderung der Musik und anderer Künste und die Gründung der Jesuiten-Universität Graz. Eine ähnliche Orientierung oder ganz ähnliche Ziele finden wir dann bei seinem Sohne. Wie viel Zeit eine politisch involvierte Fürstin wie die Witwe Maria Anna ihrem letzten Spross widmete, lässt sich nicht sagen, aber ihr Interesse an seiner Erziehung und seinem Fortkommen machen die Quellen deutlich. Ihr passionierter und demonstrativer Katholizismus – Anzeichen waren ein absoluter Verlass auf ihren Beichtvater, eine strenge Beobachtung der kirchlichen Ritualien und eine allen sichtbare Fürsorge für die Armen – beeinflusste sicherlich auch den jüngsten Sohn, der eine ähnliche Vorliebe für offenkundige gute Werke und selbst am Rande liegende religiöse Traditionen zeigte.40 Die von Hurter zusammengestellten und dann von Kastner und nach ihm von anderen übernommenen Informationen über die frühen Jahre des Erzherzogs können hier und da ergänzt werden. Eingehende Kenntnisse über Karl bis zu seinem achtzehnten Lebensjahr, besonders von seiner Erziehung, gehen uns ab. Wie sein vier Jahre älterer Bruder Leopold zum geistlichen Beruf bestimmt, nahm die Bildung der beiden Formen an, die sich von der des ältesten Bruders, des späteren Kaisers Ferdinand II., unterschied. Dieser hatte schon als Fünfjähriger seinen eigenen Lehrer, wurde bald vom Hofkaplan, dann vom niederösterreichischen Archidiakon, einem Germaniker, unterrichtet, erhielt als Achtjähriger seinen eigenen Hofmeister und wurde als Zwölfjähriger nach Ingolstadt in eine strengkatholische Umgebung geschickt, wo er zunächst Unterricht auf der Ebene des Gymnasiums erhielt, aber schon als Dreizehnjähriger sein Studium an der Jesuitenuniversität begann. Nach den ersten Jahren unter der Obhut von Frauen erhielt der männliche Habsburgerspross in der Regel spätestens im elften Lebensjahre seinen eigenen Hofstaat, seine Erziehung lag von jetzt an ganz in den Händen von Männern unter Leitung des Hofmeisters oder Ajo.41 Ferdinands erster Hofstaat bestand aus vierzehn Personen. 40 Ausführlich, das Thema – und den Leser – erschöpfend, über das religiöse Leben der Erzherzogin bei Friedrich von H urter -A mmann : Maria, Erzherzogin zu Oesterreich, Herzogin von Bayern. Bild einer christlichen Fürstin, Schaffhausen 1860, S. 378 – 396. S. a. Katrin K eller : Erzherzogin Maria von Innerösterreich (1551 – 1608). Zwischen Habsburg und Wittelsbach, Köln, Weimar, Wien 2012. Spezieller: Magdalena S ánchez : A Woman’s Influence: Archduchess Maria of Bavaria and the Spanish Habsburgs, in: C. K ent , T. K. W olber und C. M. K. H ewitt Hgg.: The lion and the eagle. Interdisciplinary Essays on German-Spanish Relations over the Centuries, New York 2000, S. 91 – 107. 41 W eiss : Zur Herrschaft geboren. S. 27 – 150, Abschnitt „Kindheit und Jugend im Herrscherhaus“.

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Neben dem Hofmeister gab es einen geistlicher Präzeptor, sechs Edelknaben, zwei Kämmerer und zwei Kammerdiener. Ähnlich gestalteten sich wohl Karls frühe Jahre. Das Leben des jungen Prinzen war streng geregelt, da zu viel Muse ja mehr Gelegenheit zur Sünde gab. Unterricht begann schon früh, den er vielleicht mit Altersgenossen am Hof teilte, in Religion, im Lesen und Schreiben, im Lateinischen, bald auch in anderen Sprachen, wobei Italienisch wohl an erster Stelle stand, in den Gegenständen des Triviums und Quadrivums, d. h. der sieben freien Künste, in musischen Fächern wie Zeichnen, Malen und Musik.42 Als Achtjähriger war Karl imstande, einen Brief auf Deutsch an seine ­Mutter zu schreiben, die ihn aber sofort ermahnte, an seinem Latein zu arbeiten.43 Drei Kleriker spielten bei Karls Erziehung eine Rolle, schon in den frühen Jahren und dann sogar noch in den ersten drei Jahren seiner Herrschaft als Bischof: Johann Jakob von Lamberg, Georg Stobaeus und Jakob Eberlein, alle drei einmal Bischöfe kleiner Diözesen in Innerösterreich. Als Zwölfjährigen, oder vielleicht schon ein paar Jahre früher, betreute Karl und seinen Bruder der ehemalige Germaniker Johann Jakob von Lamberg als Hofmeister.44 Der aulae praefectus hatte Verantwortung für die gesamte Erziehung, zu der auch Reiten, Fechten, das Jagdhandwerk, Instrumentalmusik und besonders die Charakterbildung des Zöglings gehörten, während die eigentliche Lehrtätigkeit, das mühsame Vermitteln von Wissen und Einhämmern von Fertigkeiten, wie Beherrschung fremder Sprachen, in den Händen anderer lag. Georg Stobaeus, Bischof von Lavant, diente Ferdinand als Statthalter von 1597 bis 1608. Da blieb ihm wahrscheinlich keine Zeit, sich direkt mit Karls Erziehung zu befassen, er nahm aber ein Interesse an seiner Entwicklung. Er war es, der 1598 den Achtjährigen in der Wiener Hofkapelle zum Akolythen weihte.45 Bezeichnend für sein Interesse an der Bildung Karls und dessen Vorbereitung für ein hohes Kirchenamt sind die elf Briefe, alle ohne Datum, aber anscheinend im Jahre 1604 verfasst, die er an den Erzherzog richtete.46 Dass sie Fragen beantworteten, die der jugendliche Habsburger dem Bischof vorlegte, braucht man nicht als eine bloße Fiktion ansehen. Wir dürfen annehmen, der Bischof sprach tatsächlich über die in der Korrespondenz angeschnittenen ­Themen mit dem Vierzehnjährigen, 42 W eiss : Zur Herrschaft geboren, S. 81 – 102. 43 „Du schreibst schon guett deisch, aber ich sich lieber, das du guett ladeinisch schreiben lernst.“ Brief der Erzherzogin Maria an acht ihrer Kinder (außer Ferdinand und den verheirateten Töchtern), in dem sie jedem einen Paragraphen widmet, aus dem Jahre 1599, wohl April, H urter : Ferdinand II. 4, S. 494 – 496. 44 Georg S tobaeus von P almburg : Epistolae ad diversos, Venedig 1749, hg. von H. L ­ ombardus , Wien 1758, S. 61 f. (1758); der Brief hat kein Datum, Lamberg wurde 1603 Bischof von Gurk, der Brief dürfte vor seiner Ernennung zum Bischof geschrieben worden sein. 45 S tobaeus : Epistolae ad diversos (1758), S. 149. 46 Elf Briefe an den vierzehnjährigen Karl, S tobaeus : Epistolae ad diversos (1758), S. 137 – 155; die hier berührten ­Themen S. 137 f., 139 f., 142, 143 f., 145 – 147. H urter : Ferdinand II. 4, S. 130 – 132.

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auf jeden Fall suchte Karl brieflich vom Bischof Belehrung, obwohl keines seiner eigenen Schreiben in ­diesem Zusammenhang erhalten ist. Die Fragen des Zöglings – vom tief Philo­sophischen bis zum Trivialsten – waren dem vielbeschäftigten Bischof sicherlich willkommen und die Idee einer lateinischen Korrespondenz mit dem jungen Fürstensohn stammte wahrscheinlich von ihm. Auf jeden Fall gab sie Stobaeus Gelegenheit, in seinem kunstvollen Latein zu schwelgen, und bei ihrer Abfassung mag er von vornherein nicht nur den Erzherzog als Leser im Auge gehabt haben. Neben weitschweifigen, auf der Bibel und den klassischen Autoren beruhenden Ausführungen enthalten diese Briefe Ermahnungen zu christlicher Frömmigkeit und Tugend, wie sie sich für einen Herrscher gehörten, gelegentlich auch Rat für die kompetente Ausübung eines hohen Amtes. Die Fragen: Was ist das Wertvollste, was das Mächtigste in der Welt? Was heißt fromm sein? Wie verträgt sich der Erwerb materieller Güter – der Bischof hatte sich in Graz ein Haus gebaut – mit der Mahnung des Psalmisten, dass Reich­tümer eine Last ­seien? Wofür braucht ein Fürst Ratgeber? Die dem jungen Leser gegebenen Anleitungen: Der Hof eines Fürsten, mit der rühmlichen Ausnahme des Hofes seines Bruders, ist ein Herd vieler Versuchungen, deshalb muss der Fürst allen anderen ein Beispiel sein, wie Ferdinand es ist. Das höchste Gut ist ein reines Gewissen und ohne ein solches sollte der Erzherzog keinen Tag vergehen lassen. Wie ein Fürst nicht, ohne zunächst einmal Rat zu suchen, zur Tat schreiten kann, so wird auch Karl nur erfolgreich sein, wenn er gutem Rat folgt. Die Erziehung Karls fand zum Teil gemeinsam mit seinem vier Jahre älteren Bruder Leopold statt, der ebenfalls für den geistlichen Stand bestimmt war.47 Ein weiterer Geistlicher diente unmittelbar als Präzeptor des Erzherzogs, und dieser verbrachte zweifellos viel Zeit in seiner Gesellschaft, nämlich Jakob Eberlein, ein Neffe des Fürstbischofs von Seckau Martin Brenner, aus dem schwäbischen Dietenheim. Geboren 1576, kam er 1590 nach Graz, ging 1595 nach Rom ins Germanikum, erhielt 1599 die Priesterweihe und diente von 1604 an mit Bischof Brenner als Mitglied der Reformationskommission in Klagenfurt. Er verband dann den Dienst am Grazer Hofe, von Juli 1605 an, mit einem Studium an der dortigen Universität, am 20. Juni 1606 erwarb er den Bakkalaureat in Theologie, im folgende Monat das Lizentiat und noch im gleichen Monat den Doktorgrad. Am 22. Oktober 1613 wurde er als Pfarrer in Bruck an der Mur fünfzehn Kilometer entfernt von Leoben installiert, am 10. August 1615 in Salzburg als Bischof von Seckau bestätigt.48 Für die Jahre 1607 bis 1610 ist er im engsten 47 Franz von K rones : Leopold V., Erzherzog von Oesterreich, in: ADB 18 (1883), S. 398 – 402. Administrator, dann Bischof von Passau und Straßburg, endlich Statthalter und schließlich Landesfürst von Tirol, geb. am 5. Oktober 1586 in Graz, gest. am 17. September 1632 in Innsbruck. 48 Er starb 1633. Eberlein hinterließ Kalendereinträge für die Jahre 1617 – 1632 (mit Lücken), täglich, lateinisch, ­später deutsch; Harald T ersch : Österreichische Selbstzeugnisse des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit (1400 – 1650), Wien, Köln, Weimar 1998, S. 580 – 592, diskutiert Eberleins Kalendereinträge, eine Bibliographie S. 592. Tersch gibt nicht den Text. Zum Kalender

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Kreise des Erzherzogs belegt. Der „Herr Jakob“ in den hier erwähnten Briefen des Johann Jakob von Lamberg ist ohne Zweifel Jakob Eberlein. Er war dreißig Jahre alt, als man ihm die Verantwortung für die Erziehung des fünfzehnjährigen Karl übertrug. Als praeceptor serenissimi Caroli erscheint er in den Matrikeln der Universität.49 Im November/Dezember 1608 begleitete er den Erzherzog nach Neisse. Ein Jahr ­später, am 27. eines nicht genannten Monats, entweder September oder Oktober 1609, kehrte Eberlein nach St. Vitus zurück, gemeint wohl Veitsberg nördlich von Leoben (Luftlinie Graz–Leoben 43 km), wo die Pfarrei in seiner Hand lag. Er war sicher mit dem Bischof nach Graz gereist, wo dieser am 30. Oktober 1609 nachgewiesen ist. Am 19. Dezember 1609 schloss sich Eberlein wiederum Karl an und machte mit ihm die Rückreise nach Schlesien. Im Jahre 1610, am Freitag nach Christi Himmelfahrt (24. Mai), quittierte er den Hofdienst dort, am Freitag vor Pfingsten (31. Mai) traf er in Göss ein, unmittelbar südlich von Leoben.50 Noch einmal ­später handelte er als Beauftragter Karls. Am 1. Mai 1613 erschien er in Brixen, um für den Bischof, der sich in Graz aufhielt, angeblich ans Krankenbett gefesselt, die Wahlkapitulationen des Brixener Domkapitels anzunehmen.51 Zu einer wohl letzten Begegnung kam es acht Jahre ­später. Als der Erzherzog mit dem ­Kaiser im Juni 1621 Mariazell besuchte, den Wallfahrtsort in der nördlichen Steiermark, fand er Zeit zu einer zweimaligen Zusammenkunft mit seinem ehemaligen Lehrer.52 Andere Namen von Erziehern finden sich. Der erste zum Dr. theol. an der Universität Graz Promovierte, im Jahre 1599, ein Pater Laubich, hatte als Leopolds und Karls Lehrer gedient.53 Ein Franziskus Scholtz 1620 gibt Eberlein als Einleitung seinen Lebenslauf. Handschrift der Kalendereinträge: Graz, Diözesan-Archiv Graz Seckau XIX A 13 – 25, Teilveröffentlichung [1617 – 1632] in A nonym : Aus den Handkalendern Bischof Jakob Eberleins von Seckau, 1617 – 1632, in: Steiermärkische Geschichtsblätter 1 (1880), S. 193 – 233; seine lateinische Autobiographie von weniger als einer Seite beginnt in der nicht nummerierten Anmerkung auf S. 193 und setzt sich als Anmerkung auf S. 194 fort. H urter : Ferdinand II. 4, S. 128, hat nichts über Eberlein, außer dass er Pfarrer von Bruck war. Hannes P. N aschenweng , Bearbeiter: Die kirchliche Visitation des Bischofs Jakob Eberlein von Seckau in den Salzburger Pfarren des Herzogtums Steiermark 1617 – 1619 (= Quellen zur geschichtlichen Landeskunde der Steiermark 26), Graz 2012. 49 Johann A ndritsch : Die Matrikeln der Universität Graz 1 (1586 – 1630), Graz 1977, S. 111, P 440 Eberlein Ser. Arc. Caroli praeceptor, Sueuus, Diettenhemius. 50 Eberleins autobiographischer Abriss in: A nonym : Aus den Handkalendern Bischof Jakob ­Eberleins, S. 193, Anmerkung. 51 Eberlein kam zusammen mit Dr. Angelo Costede, Karls Gesandter in Brixen, sie akzeptierten die Wahlkapitulationen und leisteten den Eid am 7. Mai 1613; B resciani : Erzherzog Karl, S. 29; Karl W olfsgruber : Die Wahlkapitulationen der Bischöfe von Brixen, 1418 – 1601, in: Mitteilungen des österreichischen Staatsarchivs 3 (1951), Heft 2 (= Festschrift zur Feier des 200jährigen Bestehens des Haus-, Hof- und Staatsarchivs Wien 2), S. 226 – 244, hier S. 240. 52 A nonym : Aus den Handkalendern Bischof Jakob Eberleins, S. 215. Am. 27. Januar 1625 wird ihm gemeldet, dass sein ehemaliger Patron in Spanien gestorben ist; ebd., S. 221. 53 Franz K rones : Geschichte der Karl-Franzens-Universität in Graz. Festgabe zur Feier ihres dreihundertjährigen Bestandes, Graz 1886, S. 12; Hermann W iesflecker : Graz als Residenz,

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ungarischer Herkunft, der sich zuerst 1594 an der Grazer Universität immatrikulierte, erscheint 1600 als praeceptor der Brüder.54 Eine fortgeschrittene Schulbildung übernahmen dann die Jesuiten, erst durch Einzelunterricht, dann in einer ihrer höheren Schulen. In den Jahren 1603 – 1604 lehrten Jesuiten Karl und Leopold in Judenburg, siebzig Kilometer nordwestlich von Graz,55 die Ferien verbrachten die Brüder bei den Jesuiten in Millstatt am See, in doppelter Entfernung von Graz in südwestlicher Richtung, drei oder vier Tagereisen entfernt von Graz.56 Ihre zwei jüngsten Söhne aus den Versuchungen und Zerstreuungen des Hof­ lebens herauszuhalten – separati ab aulica ambitione et varietate – erschien der ­Mutter als notwendig und sie brachte es zuwege.57 Selbst wenn er in Graz war, logierte Karl nicht etwa am Hof, sondern bei den dortigen Jesuiten.58 Ferdinand errichtete in Judenburg am Ende des 16. Jahrhunderts (1596 – 1600) an Stelle der verfallenen mittelalterlichen Burg die „Neue Burg“, geplant als Jagdschloss und Erholungsstätte für die Familie des Landesfürsten. Jesuiten als Erzieher – und die ersten Jesuiten überhaupt – erschienen in Judenburg 1603/04.59 In diesen Jahren, so müssen wir dann annehmen, wohnten dort die Erzherzöge Leopold und Karl in Gemeinschaft mit ihren Beichtvätern und Erziehern aus der Gesellschaft Jesu. Die Rekatholisierungsbestrebungen in der Obersteiermark nahmen damals von hier ihren Ausgang. Das Jesuitenkolleg in Judenburg entstand erst ­später, nach Kauf des leerstehenden Klosters der Augustiner-­Eremiten und dessen Schenkung 1620 an die Gesellschaft Jesu.60 Die Herrschaft Millstatt, Besitz Universitätsstadt und Festung, die hohe Zeit der Stadt vom 15. bis zum 18. Jahrhundert, in: Zeitschrift des Historischen Vereins für Steiermark 53 (1962), S. 185 – 202. 54 A ndritsch : Die Matrikeln der Universität Graz 1, M 1594 33, P 229, 251. Er erhält 1600 den Bakkalaureat in Theologie in Anwesenheit der Erzherzöge Leopold und Karl. 55 Paul D edic : Das Schicksal der Judenburger Klöster und Spitäler in der Reformationszeit, Graz 1930 [14 Seiten]; J. A ndritsch : Unser Judenburg, Judenburg 1975, S. 84 f. (die neue herzog­liche Residenz). Zur Gegenreformation in Judenburg und dem dortigen Jesuitenkolleg P örtner : The Counter-Reformation in Central Europe, S. 199 – 203. 56 Bezirk Spittal an der Drau, Kärnten. Das ehemalige Benediktinerkloster gab Ferdinand von Steiermark 1598 den Jesuiten. 57 H urter : Ferdinand II. 4, S. 128, Anm. 21, der sich auf einen Brief des Jahres 1602 bezieht. 58 H urter : Ferdinand II. 4, S. 128, Anm. 21. Graz hatte ein Jesuiten- und ein Adelskonvikt (keine Verzeichnisse aus dieser Zeit) und das Ferdinandeum für arme Studenten; A ndritsch : Die Matrikeln der Universität Graz 1, S. xviiif. 59 Bernhard D uhr : Geschichte der Jesuiten in den Ländern deutscher Zunge 1: Geschichte der Jesuiten in den Ländern deutscher Zunge im 16. Jahrhundert, Freiburg i. Br. 1907, S. 162 – 169 (die Jesuiten in Graz, Gründung der Universität 1585); 2: Geschichte der Jesuiten in den Ländern deutscher Zunge in der ersten Hälfte des XVII. Jahrhunderts 1 – 2, Freiburg i. Br. 1913, 2, Teil 1, S. 338 f. (die Jesuiten in Judenburg). 60 Die um 1600 von Ferdinand errichtete Neue Burg wurde 1677 – 1679 von Pietro Francesco ­Carlone und Giovanni Pozzo umgebaut, heute ein langgestreckter Flügelbau mit Säulenarkaden. Auch das ehemalige Jesuitenkloster besteht noch.

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der St. Georgsritter, übertrugen Ferdinand und Papst Klemens VIII. 1598/1602 den Jesuiten, unter dem Rektor des Grazer Jesuitenkollegs als Ordinarius. Sie war damit exemt von bischöflicher Kontrolle (Seckau und Salzburg). Die Jesuiten übernahmen als Residenz das ehemalige Benediktinerkloster.61 Der junge Karl besuchte aber auch eine regelrechte höhere Schule. In Graz bestand seit 1573 ein Jesuitenkolleg. In einem der Stiftungsbriefe für seine Neisser Gründung, das Carolinum, bezieht sich Karl ausdrücklich auf das Grazer Kolleg als Modell. Dabei bemerkt er, dass er dort einmal Schüler gewesen war: nos ipsi … qui Graecii nati et educati Academiam illam frequentavimus.62 1605 besuchte Karl „die öffentliche Schule“ des Kollegs und war auf Anweisung der ­Mutter in einem mit dem Kolleg verbundenen Zimmer untergebracht.63 Die höhere Schule der Jesuiten bestand in erster Linie für Mitglieder des Ordens und Theologen, ließ aber von Anfang an auch externe Schüler zu.64 In einem vom 18. Dezember 1606 datierten Brief berichtet Stobaeus von einem akademischen Abendessen – prandium academicum – am Vortage in der ­Kirche St. Leonhard in Graz in Anwesenheit des akademischen Senats der Universität, dem Erzherzog Karl durch seine Teilnahme besondere Festlichkeit verlieh. Es scheint, Karl, damals sechzehn Jahre alt, zeichnete sich bei dieser Gelegenheit aus, indem er ein Feuerwerk inszenierte, das mit seinem Krachen allen Anwesenden einen gewaltigen Schrecken einjagte.65 Das war ganz im Stile des jugendlichen Erzherzogs. Solche Ausgelassenheiten erlaubte er sich noch, als er schon das Bistum Breslau regierte. 1607 bemerkte Stobaeus die Redegewandtheit und Klugheit des Siebzehnjährigen, der – „schlau wie ein Fuchs“ – damals Cicero las.66 Da die Jesuitenschüler schon in der ersten Klasse des Kollegs lange Abschnitte aus Cicero auswendig lernten, möchte man aus dem letzteren Umstand kaum Schlüsse auf einen fortgeschrittenen Bildungsstand ziehen. 61 D uhr : Geschichte der Jesuiten 2, Teil 1, S. 316; Helmut G laser : Die Herrschaft der Jesuiten in Millstadt 1600 – 1773, phil. Diss. masch., Wien 1968, nicht gesehen. 62 Heinrich S eidel Hg.: Festschrift des Staatlichen Katholischen Gymnasiums zu Neisse zur Dritten Jahrhundertfeier (1624 – 1924). Aus den Anfängen des jetzigen staatlichen katholischen Gymnasiums zu Neisse, Neisse 1924, S. 13 – 16. Auszüge aus der Grazer Stiftungsurkunde von 1573 in Monumenta Germaniae Paedagogica 2, hg. von Karl K ehrbach , Berlin 1887, S. 362 – 364. 63 K rones : Geschichte der Karl-Franzens-Universität in Graz, S. 14 (in der Zusammenstellung der wesentlichen Fakten zur Geschichte der Universität). Der Verfasser hat Leopold und Karl schon 1602 in Judenburg, S. 13. 64 Die Ingolstädter Stiftungsurkunde von 1555 macht den Unterschied klar; sie unterscheidet das collegium oder die academia für künftige Jesuiten und Theologen von der puerorum schola publica et aperta …, in quam … quicunque pueri ipsius oppida et qui aliunde venient conuenire … possint; Monumenta Germaniae Paedagogica 2, S. 346. In den unteren Klassen saßen die Eintritt in den Orden anstrebenden Schüler getrennt von den anderen. 65 S tobaeus : Epistolae ad diversos (1758), S. 194. 66 Brief des Stobaeus, 31.  Dezember 1607, an den Jesuitenprofessor Bartholomäus Viller, ­S tobaeus : Epistolae ad diversos (1758), S. 218.

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Als Schüler im Kollegium mag Karl in den Schauspielen aufgetreten sein, die einen nicht unwesentlichen Aspekt einer jesuitischen Erziehung darstellten. Leopold spielte als Vierzehnjähriger in einem solchen Theaterstück die Rolle des Bischofs ­Ambrosius von Milan, Max Ernst die des ­Kaiser Theodosius.67 Karls Schulbildung bestand im Wesentlichen aus dem, was das Grazer Jesuitenkolleg ihm bieten konnte, das auf vorhergehenden Privatunterricht von Jesuiten oder anderen Lehrern baute. Als Karl in diese Schule eintrat, bestand bereits die endgültige Version des jesuitischen Studienplans, der Ratio Studiorum von 1598/99, die dann auf fast zweihundert Jahre den Lehrplan bestimmte.68 Die Jesuitenkollegien waren höhere Schulen, Lesen und Schreiben und was sonst die Elementarschulen unterrichteten, konnte der Orden aus Mangel an Lehrkräften nicht vermitteln. Die Aufnahme – das Mindestalter für einen Eintritt war vierzehn Jahre – setzte Grundkenntnisse in Latein voraus.69 Das Programm konzentrierte sich ganz auf das Erlernen der alten Sprachen, Latein und daneben ein wenig Griechisch, und gliederte sich in fünf Stufen. Im Rahmen intensiver religiöser Übungen (tägliche Messe, monatliche Beichte) und Instruktionen (Katechismus eine Stunde in der Woche) widmete das Kollegium die ersten drei Jahre dem Lernen des Lateinischen, der grammatica, anhand von Lehrbüchern wie der über ganz Europa verbreiteten lateinischen Grammatik des Manuel Álvarez. In den folgenden fortgeschrittenen Disziplinen der humanitas und rethorica erwarb der Schüler Kenntnisse in Prosodie, Geschichte und Redekunst anhand von Texten der klassischen Historiker, Poeten und Redner. Das Hauptgewicht lag immer noch auf der Beherrschung des Lateinischen, das als Unterrichtssprache diente, besonders der Fertigkeit im Sprechen und Schreiben. Karls viele Bildungslücken kann man nicht übersehen, aber sein Latein hatte er gelernt, wie seine Briefe und das Tagebuch bezeugen. Mittels Beispielen aus der klassischen und frühchristlichen Literatur wollten die Schulen auch eine moralische Erziehung erreichen und die Gewissensbildung fördern. Ebenso wichtig wie der Unterrichtsstoff waren gewiss die Lehr- und Lernmethoden der Schulen, sie betonten Auswendiglernen und Rezitieren, zielten aber auch auf die aktive Teilnahme des Schülers durch Diskussion und Disputation, Dramatisierung und Nachahmung der klassischen Muster; sie motivierten die Schüler durch Wettbewerbe, Preise, Leiter- und Helferrollen für die besonders Fortgeschrittenen und Appelle an das Ehrgefühl. Die besondere Auszeichnung einer jesuitischen Erziehung war die Orientierung auf ein übergreifendes hohes Ziel, die Bildung des gläubigen, auf den Schöpfer und Erlöser zustrebenden, um das Schicksal seiner Mitmenschen bekümmerten Mannes.70 Die Jesuitenkollegien, damals ein halbes 67 K rones : Geschichte der Karl-Franzens-Universität in Graz, S. 12, für das Jahr 1600. 68 Allen P. F arrell : The Jesuit Ratio Studiorum of 1559, Washington DC 1970 (engl. Übers.). 69 Die damaligen Lateinschulen nahmen auch des Lesens und Schreibens noch nicht Kundige auf, nicht aber die Jesuitenakademien, die zudem Lateinkenntnisse voraussetzten; Monumenta Germaniae Paedagogica 2, S. 311, Erlass des Ordensgenerals Aquaviva von 1592 (Ratio Studiorum 1). 70 Joseph Anton S chmid : Die niederen Schulen der Jesuiten, Regensburg 1852, besonders S. 48 – 52, zusammenfassend über den Lehrstoff in den fünf Klassen.

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Jahrhundert alt und vom Gründer des Ordens persönlich gefördert, von denen es am Ende des 16. Jahrhunderts an die zweihundert gab, boten ihren Schülern eine wohldurchdachte Ausbildung, die beste in jenen Tagen. Einem Studium an einer Universität, dabei kommt wohl nur die Jesuitenuniversität in Graz in Frage, widmete sich Karl bestenfalls ein paar Monate lang. Ferdinand verbrachte fünf Jahre in Ingolstadt, von März 1590 bis März 1595. Im Herbst 1591 hörte er Rhetorik und Dialektik, im Herbst 1592 Politik, Ethik und Mathematik und nahm teil an philosophischen Disputationen. 1594 studierte er römisches Recht und Geschichte, seine Lehrer waren fast ausschließlich Jesuiten. Angesehene Theologen und Juristen zog er an seinen Tisch, er lebte jahrelang in Kontakt mit einigen hervorragenden Gelehrten seiner Zeit, zu denen der eifrige Verteidiger der päpstlichen Gewalt Pater Gregor de Valencia gehörte.71 Dass ein Habsburger ein Studium an einer Universität betrieb, war um 1600 – und noch viel ­später – wohl nicht die Sitte, obwohl sich Ferdinands bayerische Vettern damals ebenfalls in Ingolstadt immatrikuliert hatten. Den steirischen Adeligen gefiel es nicht, dass Ferdinand an einer Universität studierte statt zum Regieren und Kriegführen ausgebildet zu werden; mit Büchern würde er kaum die Türken schlagen können. Das waren hintersinnige Argumente, denn sie fürchteten wohl eher den Einfluss der Jesuiten auf den jungen Habsburger.72 Der Bruder Maximilian Ernst, 1583 geboren, soll an der Grazer Universität studiert und 1597 eine Prüfung abgelegt haben; die Matrikeln der Universität geben dafür allerdings keinen Beleg.73 Eine einigermaßen systematische Ausbildung oder gar den Inhalt eines Studienprogramms wie bei Ferdinand lässt sich für den jüngsten Bruder nicht belegen. Wie im Falle seiner Brüder erscheint Karls Name im ältesten Matrikelband der Universität, Ferdinand auf der ersten Textseite unter 1586, die Brüder auf der zweiten, Max Ernst und Leopold unter 1596, Karl unter 1608, bei Karl mit der Bemerkung „18 Jahre alt“.74 Der Jesuit Heinrich Philippi, der in Graz Philosophie unterrichtete und in der Liste der Promotionen des Jahres 1608 zum ersten Mal genannt wird, heißt dort, allerdings erst in einem Nachtrag, Serenissimi Caroli Professor.75 Ein jugendlicher „Mentor“ des Erzherzogs in Graz, vielleicht eher Studiengefährte, war ein Schlesier, der von den Jesuiten erzogene und nur zwei Jahre ältere Georg III . von Oppersdorf, Freiherr von Aich und Friedstein (1588 – 1651). 1608 soll er mit 71 H urter : Ferdinand II. 2, S. 231 – 260. Über Ferdinands Kindheit und Jugend zuletzt B ireley : Ferdinand II, S. 1 – 30. 72 H urter : Ferdinand II. 2, S. 405 f. 73 W eiss : Zur Herrschaft geboren, S. 207 und Anm. 622, 623. Die ­Mutter dachte daran, auch ihn nach Ingolstadt zu s­ chicken; H urter : Ferdinand II. 2, S. 408 f. 74 K rones : Geschichte der Karl-Franzens-Universität in Graz, S. 289, 300; A ndritsch : Die Matrikeln der Universität Graz 1, S. 3 – 4. 75 A ndritsch : Die Matrikeln der Universität Graz 1, P 560; s. auch P 662, 696, 710, 716, 766 (1614). Heinrich Philippi erscheint nicht in Duhrs Register.

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­ rzherzog Karl Logik studiert haben, sein Kollegheft für Logik fand sich noch 1925 E in der Oberglogauer Schlossbibliothek. Karl machte ihn nach seinem Aufstieg zum Bischof zu seinem Kämmerer. 1617 wurde er Erbherr der Herrschaft Oberglogau und ging bald energisch gegen die Protestanten in Oberglogau und Ratibor vor.76 Wenn der Erzherzog nicht mit anderen auf der Bank zusammensaß und eine Vorlesung hörte, möchte man den Verkehr mit Gelehrten – Jesuiten und anderen – annehmen. Aber mit den Disziplinen der Wissenschaft, die Ferdinand in Ingolstadt als Sechzehn- bis Achtzehnjähriger studierte – Politik, Ethik, römisches Recht, Mathematik, Geschichte –, kam Erzherzog Karl während seines ­kurzen Universitätsstudiums wohl kaum in Berührung. Von Leopold heißt es im Jahre 1605, dass er – als Neunzehnjähriger – an der Grazer Universität „promovierte“, was auf einen Studienabschluss hindeutet.77 Karls Übersiedlung nach Schlesien im November 1608 setzte seinem Universitätsstudium ein vorzeitiges Ende. Den Erzherzog begleitete auf seiner ersten Reise nach Neisse der Jesuitenpater Wilhelm Johnston, ein Schotte, Theologe und Kirchenrechtler, der als sein Erzieher dienen sollte. Er erscheint in den Briefen Lambergs als einer, mit dem sich Lamberg über das Verhalten des Erzherzogs sorgte. Neben Johnston gab es andere Jesuiten in Neisse in Karls ersten Jahren als Bischof, aber nicht als Erzieher. Sie werden als Beichtväter genannt, spielten aber neben anderen eher eine Rolle in der Seelsorge.78 Lamberg, Eberlein, Johnston und Stobaeus, alle studierte und vielleicht sogar gelehrte Männer, konnten durch ihre Anwesenheit am Hof und ihr Beispiel zur geistigen Entwicklung ihres Zöglings beitragen, aber doch nur in Grenzen. 76 Gottfried Ferdinand B uckisch : Schlesische Religions-Akten 1517 – 1675. Teil 2: Regesten der Religions-Akten, bearbeitet von Joseph G ottschalk , Johannes G rünewald und Georg S teller (= Forschungen und Quellen zur ­Kirchen- und Kulturgeschichte Ostdeutschlands 17/ II ), Köln, Weimar, Wien 1998 (von hier an G ottschalk : Buckisch 2), S. 198 Anm. 37 zu seiner frühen Beziehung mit Karl, dort S. 197 – 200 über seine Maßnahmen gegen die Evangelischen und die Reaktionen der Fürsten und Stände, ­dieses Thema auch ausführlich bei Heinrich S chnurpfeil : Geschichte und Beschreibung der Stadt Ober-Glogau in Oberschlesien, Oberglogau 1860, S. 61 – 120. Die Bemerkung über sein Studium in der Gesellschaft des Erzherzogs Karl bei Th. K onietzny : Die Oberglogauer Schloßbibliothek, in: Der Oberschlesier 7 (1925), Heft 3 (Juni), S. 186 – 189, hier S. 186. Die Schlossbücherei von Ober-Glogau war eine großartige Sammlung, die Georg begründet hatte. Zum Schicksal der Bibliothek: K. H. Z iolko : Die Bibliothek der Grafen von Oppersdorff, in: Der Schlesier, 20. 01. 1989, der Artikel war mir nicht zugänglich. Zu den Quellen s. auch den Aufsatz von Bertrand Z imolong : Schlesische Pilger im heiligen Land 1561 – 1695, in: ZVGS 71 (1938), S. 247 – 267, hier S. 257 f.; Georg verfasste eine Selbstbiographie und Tagebücher auf seinen Reisen, eine handschriftliche Biographie existierte in der Schlossbibliothek. 77 K rones : Geschichte der Karl-Franzens-Universität in Graz, S. 14. 78 Alois K röss : Geschichte der böhmischen Provinz der Gesellschaft Jesu 1 – 2, 2 in zwei Teilen (= Quellen und Forschungen zur Geschichte, Literatur und Sprache Österreichs und seiner Kronländer 11, 13, 14), Wien 1910, 1927, 1937; 1: Geschichte der ersten Kollegien in Böhmen, Mähren und Glatz von ihrer Gründung bis zu ihrer Auflösung durch die böhmischen Stände 1566 – 1619, S. 789.

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Es ist aber sicher, dass der Bischof, einmal Herr im Neisser Schloss, im Vollgefühl seiner neuen Würde, wie Lamberg und Stobaeus in ihren Briefen ausdrücklich sagen, weiteren Studien aus dem Wege ging. Worin bestand die Vorbereitung des Erzherzogs für die Regierung einer weiträumigen Diözese und eines Fürstentums mit 80.000 Untertanen? Man darf wohl annehmen, seine akademischen Erzieher spielten ihm gelegentlich Bücher in die Hand, die ihn auf seine künftige Rolle vorbereiten konnten. Vielleicht hatten sie ihn auf den einen oder anderen der damals schon klassischen Fürstenspiegel hingewiesen, wie den des Aegidius Romanus († 1316), „De Regimine Principum“, oder die „Institutio principis Christiani“ des Erasmus, das letztere Werk verfasst für Karl V., den Bruder seines Großvaters. Neue Traktate über das fürstliche Regiment entstanden in den Jahrzehnten vor seinem Regierungsantritt.79 Wir können kaum vermuten, dass seine Lehrer den achtzehnjährigen Laien auf die Bischofsspiegel oder -leben verwiesen, die jetzt ein ganz neues Bischofsideal verkündeten.80 Wahrscheinlich dagegen ist im Lichte seiner Passion für das Haus Habsburg und dessen Geschichte, dass er die autobiographischen Schriften eines Maximilian I. oder anderer Mitglieder der Dynastie kannte.81 Das Nachlassverzeichnis, das man gleich nach seinem Tode in Madrid zusammenstellte, nennt unter den vierzig Büchern, die er mit nach Spanien nahm, mehrere Werke Maximilians.82 Das populäre Werk des Giovanni Botero „Della ragione di stato“, veröffentlicht 1589, kannte man auch am Hofe des jugendlichen Ferdinand in Graz. Herzog Wilhelm von Bayern sorgte dafür, dass sein Sohn Maximilian das Buch las, Philipp II. von Spanien ließ es für seinen Erben übersetzen.83 Es gibt jedoch kein Anzeichen dafür, dass der Erzherzog die Disziplin besaß, sich in ­solche Werke zu versenken. Die Briefe des ­Stobaeus an Ferdinand und Karl (1598, 1604) belegen aber, dass man sich im Umkreis des Herzogs von Steiermark, wie zu erwarten, Gedanken über die Pflichten des Herrschers machte. Dem ­Kaiser Ferdinand II. schrieb man sogar manchmal die ­Verfasserschaft eines 79 Hans-Otto M ühleisen , Theo S tammen und Michael P hilipp Hgg.: Fürstenspiegel der frühen Neuzeit (= Bibliothek des deutschen Staatsdenkens 6), Frankfurt, Leipzig 1997. Katholische Autoren solcher Werke waren der bayerische Benediktinerpater Wolfgang Seidel, hier S. 86 – 115, der im Rheinland geborene und dort tätige Jacob Omphalius („De officio et potestate principis“, gedruckt 1550) und der in habsburgischen Diensten stehende Hans Beat Graß („Cyripaedia Nova et Christiana. Von Ursprung, Herkommen … Christlicher Potentaten“, 1596), hier S. 298 – 344. 80 Hubert J edin : Das Bischofsideal der Katholischen Reformation. Eine Studie über die Bischofsspiegel vornehmlich des 16. Jahrhunderts, in: O. K uss und E. P uzik Hgg., Sacramentum ordinis, Breslau 1942, S. 200 – 256, auch in ders .: ­Kirche des Glaubens, ­Kirche der Geschichte 2, S. 75 – 117 (hier benutzt). 81 T ersch : Österreichische Selbstzeugnisse, S. 111 – 149. 82 Wien HHS tA, Familienurkunden 1601, Inventar von Karls Nachlass, Madrid, 02. 01. 1625, S. 1 – 10 (meine Seitennummerierung). 83 Robert B ireley : The Counter-Reformation Prince. Anti-Machiavellianism or Catholic Statecraft in Early Modern Europe, Chapel Hill, London 1990, S. 45.

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Fürstenspiegels zu, der in seiner Umgebung entstand, des „Princeps in Compendio“, 1632 zum ersten Mal und dann noch bis ins 18. Jahrhundert wiederholt in lateinischer oder deutscher Sprache gedruckt. In dieser kleinen Schrift mit vielen Zitaten aus der Bibel, den klassischen Autoren, den Schriften der Väter und hier und da einem mittelalterlichen Kommentator, vielleicht für den Thronfolger, den späteren Ferdinand III., bestimmt, führt der anonyme Autor in einundzwanzig Kapiteln aus, wie sich ein Herrscher verhalten soll, als Vertreter des Allmächtigen auf Erden, im Dienste von Religion und ­Kirche, bei der Wahl seiner Räte, wenn er Krieg führt und in vielen anderen Zusammenhängen. Mit solchen Ideen war man an den Herrscherhöfen zweifellos vertraut, und Räte und Lehrer betrachteten es gewiss als ihre Pflicht, sie den jungen, zum Herrschen bestimmten Habsburgern zu vermitteln. Als Karl schon ein Jahrzehnt in der Position eines geistlichen und weltlichen Regenten hinter sich hatte, veröffentlichte im Jahre 1619 in Rom Robert Bellarmine, Jesuit, Kardinal und Theologe (1542 – 1621), für Władysłaus, Prinz von Polen, Karls fünf Jahre jüngeren Neffen und Freund und Gefährten, ein Werk über die Pflichten eines christlichen Fürsten – „De officio principis christiani libri tres“ –, das bald ins Französische und Spanische übersetzt wurde.84 Vielleicht sah es sich sein jetzt schon als Staatsmann bewanderter Oheim einmal an. Stobaeus setzte schriftlich schon dem vierzehnjährigen Karl, wie oben beschrieben, das rechte Verhalten eines regierenden Fürsten auseinander.85 Die in Karls Namen gegebene Antwort vom 23. März 1609, im Laufe der ersten Monate seiner Herrschaft als Bischof und Landesfürst, auf die Gravamina der Neisser Landstände enthält ein oder zwei kurze und ganz allgemeine Bemerkungen über des Landesvaters Pflicht, sich seiner Untertanen anzunehmen.86 Erzherzog Karl begann seine Herrschaft als Fürst – von der als Bischof ganz zu schweigen – ohne jede praktische Erfahrung, aber auch ohne erwiesene intellektuelle Vorbereitung auf sein Amt.

84 Robert B ellarmine : De officio principis Christiani, in: Opera Omnia 1 – 12, Paris 1870 – 1874, Neudruck Frankfurt a. M. 1965, hier 8, S. 87 – 235; Buch 1, S. 87 – 133, enthält seine ­Theorie, Buch 2 und 3 geben Beispiele christlicher Herrscher; nach B ireley : The Counter-Reformation Prince, S. 35, 249 f., „an undistinguished anti-Machiavellian work“; französische ­Übersetzungen wurden 1620 und 1625 gedruckt, 1624 eine spanische. 85 Bruno S inger u. a.: Die Fürstenspiegel in Deutschland im Zeitalter des Humanismus und der Reformation. Bibliographische Grundlagen und ausgewählte Interpretation (= Humanistische Bibliothek I, 34), München 1981, S. 138 f.; Princeps in compendio: Das ist: Etliche Kurtze zusammengefaste Puncte oder Regeln, Welche ein Regent bey seiner Regierung zu beobachten nöthig hat, eine deutsche Ausgabe von 1704 hier benützt; über das Werk: Anna C oreth : Pietas Austriaca. Österreichische Frömmigkeit im Barock, 2. Aufl., München 1982, S. 9 – 13. Irgendeine Vorbereitung eines jugendlichen Laien auf das Bischofsamt, wie es jetzt der Erzbischof von Braga, Bartholomäus de Martyribus, verstand und Karl Borromeo in Milan verwirklichte, kann man sich nicht vorstellen; J edin : Das Bischofsideal der Katholischen Reformation, S. 102 – 104, 109 – 113. 86 S cholz : Gravamina der Landstände, S. 148 f.

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4. Auf den Breslauer Bischofsthron 1608 87 Im Alten Reich war es nicht ungewöhnlich für ein Herrscherhaus, auf einem Bischofssitz innerhalb seines Territoriums ein Mitglied der Herrscherfamilie zu installieren oder wenigstens mit ­diesem Ziel seinen Einfluss bei Domkapitel und Papst geltend zu machen. Der Religionskonflikt im 16. und 17. Jahrhundert gab solchen dynastischen Wünschen einen neuen Beweggrund. Ob die ausgesuchte Person geeignet – oder überhaupt gewillt – war, spielte dabei eine untergeordnete Rolle. Das Breslauer Domkapitel fand sich mit ­diesem Interesse der Habsburger ein halbes Jahrhundert lang ab und wählte ­zwischen 1608 und 1663 vier Habsburger zum Bischof, darunter ­solche im Alter von 17, 11 und 13 Jahren. Wir können mit den Motiven der Herrscher, der römischen Kurie und der Breslauer Domherren in Momenten größter Bedrohung der katholischen ­Kirche sympathisieren; fast überall in den Habsburger Landen hatten die Evangelischen im 16. Jahrhundert viel Boden gewonnen. Nieder- und Mittelschlesien waren jetzt weitgehend protestantisch, die Institutionen und Praktiken des neuen Glaubens in mehreren schlesischen Fürstentümern schon seit Generationen verwurzelt (oder wenigstens die Vorschriften und Gewohnheiten der alten ­Kirche schon lange ignoriert oder ganz in Vergessenheit geraten). Jugendliche oder Kinder in ­solche Positionen zu setzen, erforderte dann aber Anstalten für die Handhabung der kirchlichen und weltlichen Amtspflichten durch andere. Im Falle des dreizehnjährigen Karl Josef (1663 – 1664), den das Kapitel zum Bischof wählte, ernannte der Papst sofort als ­Koadjutor den Dekan des Kapitels, Sebastian von Rostock, damals schon seit Jahren eine führende Persönlichkeit im Bistum, das er dann nach dem baldigen Tode des jungen Habsburgers als Bischof übernahm. Unter Bischof Karl Ferdinand (1625 – 1655) leitete der Weihbischof Johann Balthasar Liesch (1625 – 1661) die Breslauer Diözese. Zu jeder Zeit gab es unter den zwei Dutzend Domkapitularen talentierte Leute, die gewillt waren, sich den geistlichen Verwaltungsgeschäften wie auch der Regierung des bischöflichen Fürstentums zu widmen; das Domkapitel nahm überhaupt an den Regierungsgeschäften teil und handelte wie ein Mitregent. Verbrieft war ihm das Recht, in allen wichtigen Angelegenheiten befragt zu werden und das Bistum während einer Vakanz zu regieren. Dem jungen Bischof von Breslau, Erzherzog Karl, stellte dann während der ersten Jahre seiner Herrschaft der Erzherzog von Steiermark einen nach dem anderen zwei österreichische Bischöfe, die sich in Ferdinands Verwaltung bewährt hatten und ihm besonders nahestanden, als Berater und Statthalter zur Seite; zwei Jahre und vier Monate sollten sie mit Karl in Schlesien verbringen.

87 Zur Bischofswahl 1608: Hubert J edin : Die Krone Böhmen und die Breslauer Bischofswahlen 1468 – 1732 (Nachdruck 1966), S. 431 – 434; K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 267 – 273.

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Der Breslauer Bischof Johannes VI . von Sitsch starb an der Schwindsucht am 25. April 1608 im Alter von 55 Jahren und wurde am 7. Mai in Neisse bestattet. Im Verlaufe der Sedisvakanz und während man nach der Wahl fünf Monate lang auf die Ankunft des neuen Bischofs wartete, wurden Bistum und Fürstentum acht Monate lang kompetent verwaltet. Dass man speziell einen Administrator für das Bistum ernannte, lässt sich nicht belegen, aber der ­Kaiser akzeptierte schon am 8. Mai die Übertragung der Verwaltung des Bistums an Franz von Dietrichstein, Bischof von Olmütz.88 Der Olmützer übernahm aber niemals eine ­solche Rolle. Das Bistum hatte einen Weihbischof, Georg Schultes (1603 – 1613), um 1560 geboren, Germaniker, Domherr, Doktor der Theologie, Abt von St. Vinzenz 1598, kaiserlicher Rat 1606.89 Der Vikar und Offizial auf der Dominsel, Konrad Waibel, verantwortlich für die geistliche Direktion der Diözese, hatte damals schon achtzehn Jahre, unter vier Bischöfen, gedient. Er war Germaniker, Doktor der Theologie und hatte sein Kanonikat aus der Hand Papst Gregors XIII . empfangen.90 Unter den übrigen Domherren fanden sich künftige Weihbischöfe und die damals dienenden oder spätere Administratoren des bischöflichen Fürstentums. Nikolaus Tintzmann und Christoph von Strachwitz begegnen als die Administratoren am 13. November 1608 und waren sicherlich auch noch zur Zeit der ersten Ankunft des Erzherzogs einen Monat ­später in dieser Position.91 Überhaupt bildete das Kapitel damals eine hervorragend ausgebildete und inspirierte „Mannschaft“, die nicht nur die Diözese leiten konnte, sondern sich auch der katholischen Reform verpflichtet fühlte.92 Die Idee, den Breslauer Bischofsthron für den noch nicht achtzehnjährigen Karl zu gewinnen, verfolgte in erster Linie Karls älterer Bruder Ferdinand.93 Ehe Karls Name vor das Domkapitel, die Wähler, kam, bedurfte es der Einwilligung des Papstes und 88 Peter de Vischere an Jakob Fleckhammer (Gesandter bzw. Sekretär des Erzherzogs Albrecht), 17. 05. 1608, Felix S t i e v e : Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges in den Zeiten des vorwaltenden Einflusses der Wittelsbacher, Bd. 6: Vom Reichstag 1608 bis zur Gründung der Liga, HKBAW BA 6, München 1895, S. 378; Caetani an Borghese, 16. 06. 1624, Milena L i n h a rto v á : Antonii Caetani nuntii apostolici apud imperatorem epistulae et acta 1607 – 1611, 1 – 3 [3 in 2 Teilbänden] (= Epistulae et acta nuntiorum aposto­ licorum apud imperatorem, 1592 – 1628, IV ), Prag 1932, 1937, 1940, 1946, hier 3, Teil 1, S. 89 – 90, Nr. 27. 89 Joseph J ungnitz : Die Breslauer Weihbischöfe, Breslau 1914, S. 97 – 109. 90 Konrad Waibel, aus Überlingen, seit 1590 Offizial und Generalvikar, seit 1591 Kanzler, er starb am 24. Februar 1609 im Alter von 53 Jahren; Andreas Kliman wurde 1609 Offizial; Josef J ungnitz : Die Breslauer Germaniker, Breslau 1906, S. 61 – 63, 44 – 46; s. a. Z immermann : Das Breslauer Domkapitel, S. 558, 332 – 334. 91 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 327; zu Strachwitz s. J ungnitz : Breslauer Germaniker, S. 95 – 100. 92 Hubert Jedin benützt einmal diese treffende Charakterisierung. 93 K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 267 – 269.

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wollte der ­Kaiser Gelegenheit haben, „seinen Willen dem Kapitel kundzutun“.94 Es war aber ganz entschieden nicht kaiserliche oder päpstliche, sondern Familienpolitik, die zum ersten Schritt des Erzherzogs auf der Bahn zum Bischof von Breslau führte. Für eine geistliche Karriere bestimmte die Erzherzogin Maria ihren jüngsten Sohn schon von Kindesbeinen an. Der ­Kaiser gab dazu 1597 seine Erlaubnis,95 der achtjährige Erzherzog erhielt 1598 die Weihen zum Akolythen von Bischof Stobaeus. In einem offiziellen Porträt des Vierzehnjährigen, also ungefähr aus dem Jahre 1604, trägt er die Soutane. Schon bei der Vakanz des Brixener Bischofssitzes 1600/1601 bemühte sich die Fürstin, unterstützt von Ferdinand von Steiermark und ­Kaiser Rudolf, ihrem Sohn ­dieses Bistum zu sichern. Der ­Kaiser – und anscheinend auch der Papst – sprachen sich damals für den zehnjährigen Erzherzog Karl als Nachfolger aus. Rudolf behauptete, mit Karl würde man zu „einem guetten Haubt und Regierer“ und „fridlibenden Nachparn“ kommen.96 In den folgenden Jahren erwarb Karl dann Kanonikate in Salzburg (1602), Passau (1605), Trient und Brixen (1606).97 1606 drängte Maximilian der Deutschmeister, Herzog von Tirol, den Bischof von Brixen, Karl zum Koadjutor zu ernennen, was der Bischof und das Domkapitel ablehnten.98 Schon aus ­diesem Jahre stammt ein Breve Pauls V. mit Karls Altersdispens und der Erlaubnis zur Wahl als Bischof von Brixen, sobald diese Position zur Verfügung stehen sollte. Als der Erzherzog sich der Vollendung des 18. Lebensjahres, der Volljährigkeit, näherte, fragte es sich nur, welcher Bischofssitz in den Habsburger Ländern oder sonstwo im Reich als erster ihm erreichbar sein würde. Karls ­Mutter und Ferdinand besprachen zweifellos oft Karls Zukunft, vielleicht unter Heranziehung des päpstlichen Nuntius in Graz oder anderer geistlicher Berater oder Familienmitglieder. Wenn auch nicht Ferdinands Geheimräte, so sorgte sich doch der langjährige Statthalter in Innerösterreich Georg 94 J edin : Die Krone Böhmen und die Breslauer Bischofswahlen 1468 – 1732 (Nachdruck 1966), S. 413 f. (oben S. 14 Anm. 13), zu ­diesem Recht des Kaisers, das sich erst am Ende des 17. Jahrhunderts herausbildete. In Breslau und Olmütz hatte das Kapitel das freie Wahlrecht, in den Bistümern der habsburgischen Erblande der K ­ aiser das Nominationsrecht. 95 Am 13. März 1597 gab der ­Kaiser Erlaubnis, Karl für den geistlichen Stand zu erziehen; Wien HHSTA , Familienakten 108. 96 B resciani : Erzherzog Karl, S. 6 f.; Rudolf an die oberösterreichische Regierung, 15. 12. 1600 aus Prag, Innsbruck TLA , Kopialbücher der Regierung: Von der fürstlichen Durchlaucht, 15. 12. 1600; Rudolf an das Brixener Domkapitel, 26. 01. 1601, DA Brixen, Hofarchiv, Hofakte 23.924; diese beiden Schreiben unterstützen die Ernennung Karls, nur B resciani : Erzherzog Karl, S. 7 verweist auf diese Quellen. Vgl. G elmi : Die Brixener Bischöfe, S. 143 (zitiert ein Schreiben Rudolfs ohne nähere Quelle), 149 (der Brief angeregt von der oberösterreichischen Regierung); K eller : Erzherzogin Maria, S. 193. 97 B resciani : Erzherzog Karl, S. 8 f., zu Kanonikaten in Salzburg, Passau, Brixen, Trient; DA Brixen, Hofarchiv, Kapitelprotokolle 7a, S. 33 f., 30. 08. 1606. 98 Josef H irn : Erzherzog Maximilian der Deutschmeister, Regent von Tirol 1 – 2, Innsbruck 1915 – 1936, um Teil II , 2 erweiterter Nachdruck von Heinz N oflatscher , Bozen1981, 1, S. 206 f., 190 f.; B resciani : Erzherzog Karl, S. 9 f.

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Stobaeus, Bischof von Lavant, um die Zukunft des Erzherzogs. An und für sich hatte Ferdinand als Herzog von Innerösterreich nichts mit Schlesien zu tun. Das Königreich Böhmen mit seinem schlesischen Nebenland wurde damals ­Kaiser Rudolf von seinem Bruder Matthias bestritten. In ­diesem Konflikt verhielt sich Ferdinand neutral. Auch in Bezug auf die störrische protestantische Oberschicht in Böhmen oder Schlesien hatte er keine Verantwortung, es gab für ihn mit dem protestantischen Adel in seinem Teil der österreichischen Erblande genug zu tun. Die politische Schwäche des Kaisers und sein Gemütszustand erlaubten aber dem Herzog von Steiermark eine aktive Rolle. Ferdinands Motiv war zweifellos die Versorgung seines jüngsten Bruders, die Breslauer Position wegen der hohen Einkünfte des Bistums, wie Ferdinand den Grazer Nuntius sogleich informierte, besonders attraktiv.99 Einen Platz für Erzherzog Karl so bald wie möglich zu finden, wurde Ferdinand vielleicht ein besonders dringendes Anliegen wegen des Todes der ­Mutter.100 Die Siebenundfünfzigjährige starb plötzlich nach viertägiger Krankheit am 29. April 1608, vier Tage nach dem Breslauer Bischof Johannes von Sitsch, in Ferdinands Abwesenheit auf dem Reichstag in Regensburg, auf dem er den ­Kaiser vertrat. Schon in einem Brief vom 9. August 1606 an Maximilian den Deutschmeister, als dieser Karl zu einem Sitz im Brixener Kapitel verholfen hatte, dachte Maria an das Bistum Breslau als einen Platz für Karl: „wir wellen auch nit feyern mit Preslau“, erinnerte sie damals.101 Am 12. Mai 1608 kehrte Ferdinand nach Graz zurück, am 19. Mai hielt der Grazer Nuntius Giovanni Battista Salvago, Bischof von Luni-Sarzana, im Grazer Klarissenkloster die Exequien für die Erzherzogin.102 Ferdinand dürfte die Nachricht vom Tode des Breslauer Bischofs Johannes von Sitsch am 25. April noch in Regensburg erhalten haben.103 Er konnte sofort auf die Unterstützung Salvagos für die Kandidatur Karls zählen, denn der Nuntius schrieb am 17. Mai an den Kardinalnepoten Scipione Borghese, Haupt der päpstlichen Verwaltung, der Grazer Hof versuche es zu erreichen, dass „dieser überaus reiche Bischofssitz“ dem jüngsten Bruder Ferdinands zugewiesen würde.104 Ferdinand hatte mit seinem ­passionierten ­Engagement im Dienste der Gegenreformation schon Papst Klemens bei 99 K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 267, 272. 100 H urter : Ferdinand II. 2, S. 578 – 580, Brief an Ferdinand vom 26. 12. 1591, den sie ihrem Testament zufügt und der auch für ihre anderen überlebenden Söhne bestimmt war. 101 H irn : Maximilian der Deutschmeister 1, S. 190 Anm. 2 (fortgesetzt auf S. 191). 102 In Graz vom 4. Oktober 1606 bis 30. Juni 1608. K eller : Erzherzogin Maria, S. 223 – 227; H urter : Maria, Erzherzogin zu Oesterreich, S. 370 – 377. 103 Der Tod des Bischofs war am 3. Mai am Kaiserhof bekannt; S tieve : Briefe und Akten 6, S. 355; K eller : Erzherzogin Maria, S. 223 f. 104 L inhartová : Antonii Caetani nuntii apostolici 3, Teil 1, S. 32 Anm. 2; K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 267 Anm. 60; ASV, Fondo Borghese II 189, fol. 171r. Nicht erreichbar war mir Filippo B rancucci : La nunciatura di Graz di Giovanni Battista Salvago

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einer ­persönlichen ­Begegnung in Ferrara beeindruckt. Papst Paul sprach ihm seine Hochachtung und die Hochschätzung seiner Familie aus, bei anderer Gelegenheit auch seiner ­Mutter.105 In Rom registrierte man die Aussicht auf einen Habsburgerprinzen als Bischof von Breslau mit Enthusiasmus. Der Nuntius in Prag, Antonio Caetani, erhielt entsprechende Instruktionen.106 In Anbetracht der Kirchenlehre von den Funktionen und Pflichten des Bischofs, erst weniger als ein halbes Jahrhundert vorher präzisiert in den Beschlüssen des Konzils von Trient, war die Ernennung eines Siebzehnjährigen zum Bischof von Breslau selbstverständlich eine Absurdität. Zudem schickte man den jungen Menschen aus dem Haus Habsburg auf einen verlorenen Posten. Breslau war nicht Brixen, Konstanz oder Passau, Diözesen mit katholischen Mehrheiten und weitgehend verschont von religiösen Streitigkeiten, wo Männer aus dem Haus Habsburg kürzlich das Bischofsamt übernommen hatten. In dem von Religionsstreit zerrissenen Schlesien konnte man ihm eigentlich nur Konfrontation und Zank, Ablehnung und Feindseligkeit voraussagen. Niemand durfte mit Triumphen oder auch nur mäßigen Erfolgen rechnen. Für Loyalität, Schutz und Hilfe des Kaiserhauses musste Papst Paul V., der im gleichen Atemzuge seinem Nuntius die Beobachtung der Trienter Artikel anwies, ein drastisches Abweichen von den eben erst verkündeten Vorschriften hinnehmen. Offensichtlich war aus römischer Sicht damals ein Bischof aus dem Kaiserhaus für die ­Kirche wertvoller als ein bewährter Reformbischof, der den Ideen des Trienter Konzils entsprach. Die enge Verbindung mit dem Hause Habsburg galt schon Pauls Vorgängern als so wichtig, dass sie dessen jugendliche Mitglieder mit Bischofssitzen betrauten: Papst Gregor XIII. den Andreas von Österreich, Markgraf von Burgau, Sohn Ferdinands II. von Tirol, im Alter von 21 bzw. 23 Jahren (Kardinal schon als Siebzehnjähriger) mit Konstanz und Brixen, Papst Klemens VIII. Karls Bruder Leopold als Zehnjährigen mit Passau 1596.107 Diese Aussicht auf Annäherung dal 4. 10. 1606 al 30. 6. 1608 negli scritti inediti dell’Archivio Segreto Vaticano 1 – 2 (Tesi di Laurea), Rom 1967 – 1968. 105 Ludwig von P astor : Geschichte der Päpste 12, 1605 – 1621, Freiburg 1927, S. 570 Anm. 5. 1 06 „Mi scrive il nuntio di Gratz che si procura, che sia eletto l’archiduca Carlo: il pensiere e santo. Faccia V. Sria. tutti gli officii possibili per aiutarlo, che la clausola credentiale del breve ne la sua persona serve principalmente a questo effetto“; Borghese an Antonio Caetani, 31. 05. 1608 (nicht 31. Juli wie bei K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 267 Anm. 62); der Text bei L inhartová : Antonii Caetani nuntii apostolici 3, Teil 1, S. 32. 107 Die Idee, für Leopold als Koadjutor in Passau einzutreten, wurde dem Grazer Hof 1596 von Rudolf II. angeraten, das war ein Schritt gegen das Bestreben Herzog Wilhelms IV. von Bayern, diese Position für seinen Sohn Ferdinand zu gewinnen, nicht ein Exempel einer umfassenden Strategie. Die Erzherzogin Maria, Leopolds ­Mutter, nahm es dann auf sich, für die Verwirk­ lichung zu arbeiten. Nach seinem Treffen in Ferrara mit Ferdinand sprach sich Klemens VIII. 1598 für den Steiermärker aus; K rones : Leopold V., Erzherzog von Oesterreich. 1596 und 1599 war Leopold auch Kandidat für die Koadjutur in Lüttich bzw. Münster und Straßburg. Das letztere Bistum erwarb er 1607; H urter : Ferdinand II. 3, S. 453 – 478; K eller : Erzherzogin Maria, S. 191 – 193.

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an das Herrscherhaus wäre wohl auch in Karls Fall Motiv genug gewesen, aber Pauls Absichten mögen gezielter gewesen sein. Die Nuntiaturberichte aus Prag und Graz und die päpstlichen Instruktionen für die Nuntien zeigen, wie gründlich sich die Kurie über die schlesischen Verhältnisse informierte. Angesichts des beharrlichen Anspruchs der schlesischen Fürsten und Stände auf Ausübung der evangelischen Religion baute der Papst ganz auf den Kandidaten, der dem ­Kaiser und dessen Machtfülle am nächsten stand, und hoffte, durch einen solchen Mann in Breslau „die Forderungen der schlesischen Fürsten und Stände nach Gewissensfreiheit zum Schweigen zu bringen“ und ein Ausscheiden Schlesiens aus dem Lande der böhmischen Krone zu verhindern.108 Der Papst selbst schrieb an die Domherren am 28. Mai, rief ihnen die kritische Bedeutung der Wahl in so gefährlichen Zeiten ins Gewissen und warnte sie davor, einem Wolf das Hüten dieser Herde anzuvertrauen. Einen bevorzugten Kandidaten oder gar den Namen des Habsburgers Karl nannte der Papst aber nicht, Näheres sollte das Kapitel vom Prager Nuntius Caetani erwarten.109 Instruktionen Caetanis an das Kapitel haben sich aber anscheinend nicht erhalten. In den 75 Tagen ­zwischen dem Tod des Vorgängers und der Wahl blieb es kaum verborgen, dass der Papst den Erzherzog begünstigte. Seine Qualifikationen berührt die Korrespondenz nicht. Der Nuntius in Prag wies aber auf die Schwierigkeiten hin, die Karl in Schlesien erwarten würden.110 Inzwischen suchte Ferdinand in zwei Briefen, im Mai und Juni 1608, die Zustimmung des Kaisers, dessen Billigung eines Aspiranten für die Breslauer Position unerlässlich war.111 Was der ­Kaiser bei einer Bischofswahl in Breslau gern sah, erwies sich aber nicht immer als ausschlaggebend. Nur acht Jahre vorher, bei der Wahl des Johannes von Sitsch, entschied das Kapitel gegen den kaiserlichen Kandidaten. Man hat in dem 1 08 K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 267. 109 Der Papstbrief an das Kapitel vom 28. Mai, ASV Armarium 45, 3, fol. 237r–v, gedruckt bei L inhartová : Antonii Caetani nuntii apostolici 3, Teil 1, S. 32 Anm. 1; s. a. K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 368, Regest 230. 110 Die Briefe Caetanis an Borghese aus Prag vom 2. und 16. Juni 1608 beziehen sich u. a. auf Erzherzog Karl; L inhartová : Antonii Caetani nuntii apostolici 3, Teil 1, S. 33 – 49, hier S. 47 f., Nr. 12 (2. Juni), und S. 81 – 90, hier S. 89 f., Nr. 27 (16. Juni): „L’Archiduca trovarà difficultà più nella provincia, che lo voglia ricevere, che forse ne’ canonici“ (S. 90); K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 267 Anm. 65. 111 K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 267; L inhartová : Antonii Caetani nuntii apostolici 3, Teil 1, S. 32 Anm. 2. Linhartová fand den Bezug auf zwei Briefe Ferdinands an den ­Kaiser in einem Schreiben des Salvago an Borghese vom 9. Juni 1608, die Handschrift des ungedruckten Schreibens ASV, Fondo Borghese II 189, fol. 216. Die Briefe Ferdinands von Mai und Juni an den ­Kaiser sind anscheinend nicht erhalten. Die veröffentlichten Grazer Nuntiaturberichte 1 – 5 umfassen nur die Jahre 1580 – 1602; Johann R ainer : Die Grazer Nuntiatur 1580 – 1622, in: Alexander K oller Hg.: Kurie und Politik. Stand und Perspektiven der Nuntiaturberichtforschung (= Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 87), Tübingen 1998, S. 272 – 284.

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schwankenden Rudolf II. den Initiator einer „österreichischen Bistumspolitik“ gesehen, deren Träger Leopold und Karl sein sollten.112 Aber mit der Approbation seines Vetters für den Breslauer Bischofssitz hielt der bedrängte ­Kaiser anfänglich zurück und sogar nach der Wahl äußerte er noch Bedenken. Am kaiserlichen Hof glaubte der eine, Rudolf habe sich für, ein anderer, er habe sich gegen den Bischof von Olmütz entschieden.113 Der einflussreiche Reichshofrat Andreas Hannewaldt argumentierte für Erzherzog Karl.114 Die kaiserliche Instruktion für die Wahlkommissare in Breslau vom 2. Juni erwähnt zuerst Dietrichstein und hat mehr über seine Verdienste zu sagen als über die des Erzherzogs. Den Letzteren charakterisierte Rudolf als „genügsam qualifiziert und tauglich“, empfahl ihn – neben dem Kardinal, aber auch „wegen unsers löblichen hauses Österreich und aus der naheten bluetsverwandtschaft lieb und affection, domit wier S. L. insonderheit woll zugethan“.115 Rudolf dachte und handelte hier in erster Linie als Habsburger. Zur Wahl in Breslau erschienen seine Wahlkommissare.116 Andere Verwandte, Ferdinand und Sigismund III. von Polen und seine Gemahlin Konstanze, schickten ebenfalls Gesandtschaften an das Kapitel.117 In den Wochen vor der Wahl hören wir nur einmal die Stimme des österreichischen Kandidaten zu dem ihm von anderen geschmiedeten Schicksal; seinem König berichtete der spanische Botschafter aus Prag am 14. Juni, Erzherzog Karl habe den ­Kaiser um Intervention seinetwegen gebeten.118 Neben Papst, ­Kaiser und der Habsburger Familie demonstrierten die schlesischen Fürsten und Stände ihr heißes Interesse an der Wahl. Die prekäre Situation ­Kaiser Rudolfs erkühnte die schlesischen Protestanten.119 Am 6. Juni und 4. Juli 1608, also nur Wochen oder Tage vor der Wahl, beschworen die Vertreter des Fürstentags das 1 12 N oflatscher : Maximilian der Deutschmeister, S. 290. 113 Der ­Kaiser wollte Breslau für Franz von Dietrichstein (Einkünfte dort = 60.000 Taler, Olmütz nur 40.000), Dietrichstein verzichtete aus Liebe zur spanischen Königin (Karls Schwester); San Clemente an König Philipp III., Prag, 14. 06. 1608, S tieve : Briefe und Akten 6, S. 403. Der ­Kaiser wollte den Olmützer eigentlich nicht: Caetani an Borghese, 16. 06. 1624, L inhartová : Antonii Caetani nuntii apostolici 3, Teil 1, S. 89 – 90, Nr. 27; K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 268, dort Anm. 66, S. 368, Regest 231; J edin : Die Krone Böhmen und die Breslauer Bischofswahlen 1468 – 1732 (Nachdruck 1966), S. 432 f. 114 Piotr O szczanowski : Silesians at the Court of the Emperor Rudolf II., in: Studia Rudolphina 4 (2004), S. 5 f. 115 Rudolf II. an die Wahlkommissare, 02. 06. 1624, der Text bei L inhartová : Antonii Caetani nuntii apostolici 3, Teil 1, S. 47 Anm. 5. 116 Die fünf für diese Aufgabe Designierten bei L inhartová : Antonii Caetani nuntii apostolici 3, Teil 1, S. 45 Anm. 4. 117 J edin : Die Krone Böhmen und die Breslauer Bischofswahlen 1468 – 1732 (Nachdruck 1966), S. 432 (wohl aus den Kapitelakten); K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 267. 118 San Clemente an Philipp III., 14. 06. 1614, S tieve : Briefe und Akten 6, S. 403. Guillén de San Clemente, der spanische Botschafter am Hofe Rudolfs, geboren 1550, starb in Prag drei Monate ­später (03.09.). 119 Die Schwäche des Kaisers „ermunterte die Stände, das verlorene Feld wieder zu erobern und dem Protestantismus in Schlesien nicht nur verbriefte Duldung, sondern die Alleinherrschaft

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Kapitel, einen Schlesier zu wählen, und sagten andernfalls ernstes Ungemach voraus, da der neue Bischof ja auch das Oberamt übernehmen würde.120 Sie argumentierten damit gegen die Wahl des Habsburgers. Die Wahl fand am 7. Juli statt, Karl erhielt zwölf von vierundzwanzig Stimmen; drei Stimmen waren ungültig, die übrigen neun verteilten sich auf drei Domherren, die Hälfte des Kapitels tat also, was die kaiserliche und katholische Seite erhoffte.121 Das Kapitel war sich selbstverständlich der Mängel des Gewählten bewusst, vor allem seiner Jugend und des Laienstandes, und erwähnte sie in der Wahlanzeige an den Papst. Die Domherren konnten bei ihm offensichtlich keine wirklichen Qualifikationen für das Bischofsamt entdecken, erinnerten den Papst aber dort an kompensierende, wenn auch eigentlich weitgehend irrelevante Vorzüge: Der Kandidat sei gezeugt aus dem edelsten Blute des Hauses Habsburg, hervorragend im Glanze des ererbten Adels, strahlend im Gepränge der Kronen so vieler ­Kaiser und Könige, bestens unterrichtet und erzogen in ­Sitten und Tugenden des katholischen Glaubens; approbiert – acceptum – vom Heiligen Stuhl und von Seiner Heiligkeit dem Papst, dem gesamten Kardinalskollegium, den ins Heilige Römische Reich und benachbarte Länder gesandten Nuntien, den Erzbischöfen, Bischöfen und allen kirchlichen Ständen; und für die Position eines Bischofs und Hirten gewünscht und als geeignet beurteilt von allen den höchsten Herrschern des christlichen Erdkreises, besonders von Seiner kaiserlichen und königlichen Majestät, unserem höchsten Herrn, den Königen von Spanien und Polen und ihren Königinnen, von Erzherzögen und Fürsten und allen ihm verwandtschaftlich Verbundenen.122 Den Ausgang der Wahl begrüßte der Prager Hof; man sah darin auch einen Habsburger zu sichern“; J edin : Die Krone Böhmen und die Breslauer Bischofswahlen 1468 – 1732 (Nachdruck 1966), S. 432. 120 J edin : Die Krone Böhmen und die Breslauer Bischofswahlen 1468 – 1732 (Nachdruck 1966), S. 432 und dort Anm. 77. Die Quelle für die Aktivitäten der Fürsten und Stände im Zusammenhang mit der Wahl sind die Kapitelprotokolle unter den genannten Daten. Kapitelprotokolle für 1608 existieren, aber nicht unter den von Kastner gedruckten (zu den im AAW überhaupt existierenden s. S cholz : Gravamina der Landstände, S. 129 Anm. 106). Die Signaturen für die sich auf die Wahl beziehenden Kapitelprotokolle sind nach Jedin AAW III b, 11, und ein Auszug AAW a, 15 a, 119 ff. 121 Breslauer Domkapitel an Papst Paul V., 07. 07. 1608, die Wahlanzeige, ungedruckt, das Original ASV, Segreteria dei Brevi 435, fol. 28r–34r; zur Wahl auch Nuntius Salvago an Borghese, 14.07. [sollte 14.06. sein] 1608, ASV, Fondo Borghese II 190, 13r (der Inhalt hier: insgeheim arbeitet man in der Umgebung des Kaisers für Karl und gegen Dietrichstein). J edin : Die Krone Böhmen und die Breslauer Bischofswahlen 1468 – 1732 (Nachdruck 1966), S. 431 – 434; ­K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 267 f., 368. 122 Datiert vom Wahltag, 07. 07. 1608, ASV, Segreteria dei Brevi 435, fol. 28r–34r, über den Kandidaten speziell fol. 29v–30r; K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 268 f., 368 Regest 232. Die Wahlanzeige beschreibt im Detail den Wahlprozess, die Zeugen, Notare und Ergebnisse. Erst am Ende der vierten Seite geht sie auf den Kandidaten ein.

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Triumph über die Machinationen der Brandenburger Hohenzollern in Schlesien.123 Am 18. Juli schickte Bischof Stobaeus seinem einstigen Zögling seine Glückwünsche.124 Am 28. Juli überbrachten zwei Breslauer Kanoniker, Bernhard Eder und Kaspar Quork, die Postulation nach Graz. Mit ihnen kam auch der Kanzler des Bistums. Er informierte Ferdinand über die Bistumseinkünfte.125 Eder und Quork reisten weiter nach Rom, um die päpstliche Bestätigung der Wahl zu erlangen.126 Vom 5. August datiert ein päpstliches Gratulationsbreve an den Erzherzog.127 Nach der Wahl, als es um die Bestätigung Karls als Bischof ging, wankte der ­Kaiser wieder angesichts des Widerstandes der schlesischen Fürsten und Stände. Er versuchte sogar, dem Erzherzog die Annahme auszureden,128 gab aber doch bald seine Zustimmung und ließ am 13. August die literae promotoriales ausstellen.129 Am 7. August hatte der zum Bischof Postulierte 130 seinen 18. Geburtstag. Ein Breve des Papstes vom 2. September teilte Karl die Annahme der Postulation mit, er wurde aber zunächst nur zum Administrator des Bistums ernannt.131 123 Die Nachricht von der Wahl Karls traf früh am 12. Juli in Prag ein. „Das wird ein rechtes contrapeso wider die brandenburgische praktiken in Slesien sein. … Die Brandenburgische hatten schon zimlich gefahrliche practiken wider den statum und religion gür, welchs der almechtig gnedig gewehrt hat“; Peter de Vischere an Jakob Fleckhammer, S tieve : Briefe und Akten 6, S. 435 f. Hans S chulz : Markgraf Johann Georg von Brandenburg und der Streit um Jägerndorf, Beuthen und Oderberg in den Jahren 1607 – 1624, in: ZVGS 32 (1898), S. 177 – 214, hier S. 196. S. a. B ein : Schlesien in der habsburgischen Politik, den Abschnitt „Die Auflösung der brandenburgischen Herrschaft in Schlesien (1603 – 1622)“, S. 85 – 98. 124 Stobaeus an Karl, 18. 07. 1608, S tobaeus : Epistolae ad diversos (1758), S. 230 f. 125 K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 272, 271 Anm. 78; Giovanni ­Grazia ­Mellini (Millini), L inhartová : Antonii Caetani nuntii apostolici 3, Teil 2 (Prag 1946), S. 330 – 332, 335 – 340. 126 J ungnitz : Breslauer Germaniker, S. 74. 127 Der Papst an Erzherzog Karl, 05. 08. 1608, ASV, Armarium 45, 4, fol. 46v–47r, Nr. 95, ediert L inhartová : Antonii Caetani nuntii apostolici 3, Teil 1, S. 386 Anm. 2; K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung,, S. 273, 369, Regest 233. 128 Am 12. Juli bemerkt Andreas Hannewald, kaiserlicher Assistenzrat, der ­Kaiser habe sich über Karls Wahl gefreut, Dietrichstein bietet an, sein verschuldetes Bistum dem Erzherzog gegen ein Jahresgehalt zu überlassen; S tieve : Briefe und Akten 6, S. 437; J edin : Die Krone Böhmen und die Breslauer Bischofswahlen 1468 – 1732 (Nachdruck 1966), S. 433, auf Grund des Schreibens vom 29. Juli 1608, ASV, Fondo Borghese II 190, fol. 48r. Am 26. Juli weiß man in Prag, dass die schlesischen Fürsten und Stände mit dem Resultat der Wahl unzufrieden sind, am 6. Oktober glaubt man dort, der ­Kaiser habe neue Bedenken gegen Karl; S tieve : Briefe und Akten 6, S. 445 f., 487. 129 ASV, Fondo Borghese II 79, fol. 47r, gedruckt L inhartová : Antonii Caetani nuntii apostolici 3, Teil 1, S. 386 f., Nr. 131; K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 272, 369 Regest 235. 130 Postulieren, im Unterschied zu wählen, meinte nur, dass der gewählte Kandidat den kanonischen Voraussetzungen für das Amt nicht genügte und eine päpstliche Dispensation benötigte. 131 2. September 1608, zwei Briefe, Paul V. an Karl, Ernennung zum Administrator, Altersdispens; persönliche Mitteilung des Papstes, dass er die Postulation angenommen hat, ASV, Segreteria

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Karls einzige überlieferte Reaktion aus den Wochen nach der Wahl ist ein Schreiben aus Graz vom 8. September 1608 an den Statthalter in den Niederlanden, Erzherzog Albert, in dem er sich für dessen Glückwünsche zur Wahl bedankt. Er wolle nichts unterlassen, was der Ehre Gottes und dem Hause Habsburg dienen würde.132 Karls Ankunft in Breslau, die Salvago schon für den Monat August voraussagte,133 verzögerte sich noch bis zum 14. Dezember. Geldmangel machte angeblich einen früheren Aufbruch unmöglich.134 Die Zusammenstellung eines Hofstaates mag ebenfalls eine Rolle gespielt haben. In Rom war man an einer baldigen Anwesenheit des Erwählten in Schlesien interessiert, denn man kannte die Forderungen der Schlesier vom Fürstentag am 31. Mai 1608 auf Religionsfreiheit und Ausschluss des Bischofs vom Oberamt und fürchtete den Verlust Schlesiens.135 Am 6. November gab der ­Kaiser die Erlaubnis zur Reise Karls und Leopolds an seinen Hof. Dort trafen die beiden am 18. November ein, am 20. empfing sie der ­Kaiser mit Wohlwollen, „am 24. soll[t]en sie die Lehen erhalten“.136 Die genaue Route, welcher der Erzherzog auf seinem Wege von Graz nach Neisse folgte, hielt sein Begleiter Jakob Eberlein fest. Dieser hatte schon im Jahre vorher eine Reise mit Karl unternommen, die von Graz am 10. August 1607 nach Eisenerz, 109 Kilometer nordwestlich von Graz, und von da nach Bayern und Tirol führte. Nach Schlesien brach er mit Karl am 6. November auf, offensichtlich von Graz aus. Am 9. erreichten sie Wien, am 20. Prag, wo man sich fast drei Wochen aufhielt, offensichtlich am Kaiserhof.137 Am 4. Dezember reisten Karl und Leopold nach Brandeis an der Elbe (Brandýs nad Labem), ungefähr 20 Kilometer nordöstlich von Prag, wo es ein ausgedehntes Waldgebiet mit einem kaiserlichen Jagdhaus gab. Leopold kehrte von da nach Prag zurück, Karl brach nach Breslau auf, mit ihm war Bischof Johann Jakob

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dei Brevi 435, fol. 24r–25v, 35r–v, Armarium 45, 4, fol. 47v, Nr. 130; K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 369, Regest 236, 237; J edin : Die Krone Böhmen und die Breslauer Bischofswahlen 1468 – 1732 (Nachdruck 1966), S. 433. Erzherzog Alberts Glückwunsch, 08. 08. 1608, Karls Dank an Erzherzog Albert, 08. 09. 1608, K öhler : Revision eines Bischofsbildes, S. 111 f., Regest 1 und 2. Salvago an Borghese, Graz 21. 07. 1608, L inhartová : Antonii Caetani nuntii apostolici 3, Teil 2, S. 312 f.; K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 272. K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 273; „por diffetti di dinari“, Caetano an Borghese, 06. 10. 1608, ASV Fondo Borghese II 148, fol. 93v. K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 271 f. S tieve : Briefe und Akten 6, S. 495, 513, 514. Balthasar de Zúñiga, der spanische Gesandte am Kaiserhof (1608 – 1617), berichtet an Philipp III. (28. 11. 1608) über Rudolfs Empfang der Brüder (er gibt den 19. November für die erste Audienz), dem folgten noch vier oder fünf Audienzen, einmal traf der K ­ aiser sich mit Leopold allein, ebd., S. 517. Lateinische Autobiographie des Jakob Eberlein, in: A nonym : Aus den Handkalendern Bischof Jakob Eberleins, S. 193 unnummerierte Anm. Die in der Literatur bestehenden Unsicherheiten über das genaue Datum der Ankunft Karls in Neisse erledigen sich damit, Eberleins autobiographischer Abriss hat die definitive Antwort.

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von Lamberg.138 Am 11. Dezember traf Karl in Glatz ein, am 14. in Breslau, am 20. in Neisse.139 Den Erzherzog Karl begleitete auch, wie schon angedeutet, ein künftiger Lehrer, der Jesuitenpater Wilhelm Johnston. Sie wurden im Jesuitenkonvikt in Glatz warm empfangen. Dort schloss sich ihnen der Jesuit Peter Scultetus an, der dem Erzherzog bald als Hofprediger diente.140 Karl war wohl von einem Teil seines künftigen Hofstaates begleitet, zumindest bei seinem Einzug in Breslau. Selbst auf ­kurzen Reisen konnte so ein Kirchenherr nicht ohne Räte, Diener und Bewaffnete auskommen.141 Bei Bischof Karl möchte man aus dem zeitgenössischen Bericht des Nikolaus Pol in Breslau schließen, der ankommende Tross war nicht weniger eindrucksvoll als der Empfang, den die Breslauer, die Stadt schon lange ganz evangelisch, dem Bischof bereiteten. Es war der dritte Adventssonntag und die Breslauer kamen ihm mit 35 Wagen 142 und 136 Pferden durchs Schweidnitzer Tor entgegen. Im Dom fand am nächsten Tag, dem 15. des Monats, die Inthronisation statt. Die Johannes dem Täufer geweihte Kathedrale, der Bischofshof und die Häuser der Domherren lagen auf der Dominsel außerhalb der Stadtmauern gegenüber der nordöstlichen Ecke der Stadt. Der Tradition nach bestand die Inthronisation aus symbolischen Handlungen wie dem Ergreifen des Hochaltars, dem Kuss der Vinzenzreliquie (das Haupt des Heiligen), der Einweisung in den Thronsitz, diese der eigentliche Akt der Besitzergreifung, „nur der inthronisierte Bischof war Landesherr des Bistumslandes“.143 Der vielleicht mit den katholischen Zeremonien nicht besonders vertraute Nikolaus Pol berichtet die näheren Umstände. Der Erzherzog kam in Begleitung zweier fremder Herren aus der Marienkirche, gemeint ist wohl die Stiftskirche der Augustiner-Chorherren St. Maria, die Sandkirche auf der Sandinsel. Nach einer ­kurzen Ansprache auf der Brücke zur Dominsel legte ihm der Dekan des Kapitels, Nikolaus von Troilo, die bischöflichen Gewänder und Embleme an (Kasel, Pallium, einen ­kurzen Pelzmantel, eine goldene Kette mit Kreuz, ein viereckiges Barett). Dann führte er den Kandidaten in den Dom, wo der Erzherzog auf einem Stuhl gegenüber dem „Predigtstuhl“ Platz nahm, die Predigt des Kanonikers Gregor Bernitz anhörte, den Eid leistete und einer Messe beiwohnte. Danach begab er sich in den Bischofshof. 138 Zúñiga an Philipp III., 05. 12. 1608, gibt die im Text angeführten Einzelheiten, die Abreise nach Brandeis und die Rückkehr Leopolds nach Prag auch bei Vischere an Fleckhammer, 06. 12. 1608, S tieve : Briefe und Akten 6, S. 526 f. 139 A nonym : Aus den Handkalendern Bischof Jakob Eberleins, S. 193. 140 K röss : Geschichte der böhmischen Provinz der Gesellschaft Jesu 1, S. 788 – 791. Unrichtig bei Kröss, dass Leopold seinen Bruder nach Glatz begleitete. 141 Karlmann T angl : Reihe der Bischöfe von Lavant, Klagenfurt 1841, S. 236 – 243 über Reisen des Georg Stobaeus. 142 Die einzige zeitgenössische Quelle für Karls Einzug in Breslau und seine Inthronisation ist Nikolaus P ol : Jahrbücher der Stadt Breslau 5, hg. von J. G. K unisch , Breslau 1824, S. 64 f. 135 Wagen bei Nikolaus Pol ist wohl ein Druckfehler, da jeder Wagen mit 6 oder 4 Pferden bespannt war, richtig wohl 35. 143 Hubert J edin in einer Besprechung von S abisch : Beiträge zur Geschichte des Breslauer Bischofs Balthasar von Promnitz 1539 – 1562, in: ZVGS 70 (1936), S. 523.

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Aus Breslau zog er am 17. in sein Neisser Fürstentum ab, die erste Station sicherlich das bischöfliche Jagdschloss in Wansen, ungefähr eine Tagereise von Breslau entfernt und auf der normalen Route des Bischofs von Breslau nach Neisse gelegen. Auf dem Wege nach Neisse leisteten ihm angeblich die Landsassen der Hauptmannschaft Grottkau am 20. Dezember den Huldigungseid, am gleichen Tage vielleicht ebenso die Adligen des Neisser Landes in der bischöflichen Residenzstadt.144 Vom Empfang, den ihm die Neisser bereiteten, oder dem Einzug ins bischöfliche Schloss wissen wir nichts.

5. Bistum Breslau und Fürstentum Neisse bei Karls Herrschaftsantritt 1608 In seinem ersten Statusbericht an den Papst 1612 schrieb Karl begeistert über sein schlesisches Bistum: „So groß, Heiligster Vater, ist Schlesiens, so umfangreich sind die Reichtümer ­dieses Landes, dass es verdient, als ebenbürtig einem ganz großen Königreich angesehen zu werden; denn außer zahlreichen Herrschaften und gewaltigen Baronaten umschließt es dreizehn Herzogtümer, von denen acht zu verschiedenen Zeiten an den ­Kaiser als König von Böhmen gefallen sind, fünf von eigenen Herzögen regiert werden.“ 145 Umfang und Einwohnerzahl waren in der Tat beachtlich. Schlesien umfasste über 42.000 Quadratkilometer und das Bistum nur ein paar tausend weniger, vielleicht können wir es auf 34.000 Quadratkilometer schätzen.146 Die Einwohnerzahl der Provinz 144 K astner : Actenmässige Beiträge 1599 – 1649, S. xxii (nichts über Homagium am 20. 03. 1609); ders .: Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 8 Anm. 1 und 2, aber das Datum vom 21. für den Einzug in Neisse ist offensichtlich nicht richtig. Die Entfernung von Grottkau nach Neisse ist 25 km, Huldigungen am gleichen Tage in Grottkau und Neisse sind möglich. Huldigungen fanden sicherlich auch in anderen Städten des bischöflichen Fürstentums statt. Der Text des Eides, den die Landstände, Städte, Beamten und Untertanen dem Bischof Balthasar von Promnitz 1539 leisteten, bei Alfred S abisch Hg.: Acta capituli Wratislaviensis, 1500 – 1562: Die Sitzungsprotokolle des Breslauer Domkapitels in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts 1 – 2, jeder Band in 2 Teilen (= Forschungen und Quellen zur ­Kirchen- und Kulturgeschichte Ostdeutschlands 10, 14), Köln, Wien, 1972 – 1976, 1 = 1500 – 1516, 2 = 1517 – 1540, hier 2, Teil 2, S. 892 Anm. 6. 145 ASV, Archivio della Sacra Congregazione del Concilio, Relat. Dioec. 884A, Überschrift Relatio 7. Quadriennii … 7. die Februarii 1613, fol. 385, die eigentliche Relatio Status Cathedralis Eccl. Vratisl. übergeben von Hannibal Grisonius am 31. Januar 1613, fol. 320, mit einem Geleitbrief vom 13. September 1612, fol. 322. Nur die Seitenzahlen 320 (erste Seite der Relatio) und 322 (dritte Seite und Ende der Relatio) werden genannt, die anderen beiden Seiten (zweite Seite der Relatio und der Brief vom 13. September 1612) erscheinen ohne Seitenzahlen, der Brief trägt die Unterschriften des Bischofs, des Kanzlers Willenberg und des Sekretärs Scharf. S chmidlin : Die kirchlichen Zustände, S. 173 – 195, behandelt das Bistum Breslau. Das Zitat ist Schmidlins Übersetzung (hier einige kleine Veränderungen), nicht eine Zusammenfassung, es erscheint auf S. 174, die eigentliche Zusammenfassung des Statusberichts von 1612 auf S. 192 – 193. 146 Vom Ende des 15. Jahrhunderts bis zur preußischen Eroberung blieben die äußeren Grenzen Schlesiens stabil, das Ganze 42.261 Quadratkilometer, mit der Grafschaft Glatz (= 1636); Hugo W eczerka : Handbuch der Historischen Stätten. Schlesien, 2. Aufl., Stuttgart 2003, S. xviii;

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zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges belief sich auf 900.000. Die Mehrzahl der an die 5000 schlesischen Dörfer lag in der Diözese. Die Zahl der Pfarreien belief sich deshalb auf hunderte. 1400 zählte man 843 Pfarreien, für den Anfang der Reformation in Schlesien, um 1520, hat man gegen 850 Pfarreien angenommen.147 Noch 1666/67 besuchten die bischöflichen Visitatoren allein im Archidiakonat Breslau, einem von vier solchen Verwaltungsgebieten, zu dem Neisse und das ganze Bistumsland gehörten, 553 Ortschaften, die sich auf eine beträchtliche Anzahl von katholischen und damals bereits evangelischen Pfarreien verteilten. Das Bistum gehörte zur Erzdiözese Gnesen, die Verbindung war locker, da Bischof und Kapitel sich von Gnesen distanzieren wollten, verstärkte sich aber wieder im ersten Jahrhundert der Reformation.148 Dem Bischof zur Seite stand das Domkapitel, gewöhnlich zwei Dutzend Mitglieder, davon sieben Prälaturen, das Recht zur Ernennung wechselte monatlich ­zwischen Bischof und Papst. Die Domherren lebten von den Einkünften ihrer zahlreichen Dörfer im Fürstentum Breslau oder anderen Territorien, nur drei davon im bischöflichen Fürstentum. Neben seiner Stellung als Haupt der Diözese, jetzt zu einem beträchtlichen Teil der Kontrolle des Bischofs entglitten, hatte der Bischof die Position eines Landesherrn inne. Schlesien gliederte sich politisch zu Beginn seiner Regierung in an die zwanzig Territorien. Das bischöfliche Fürstentum im Bistum Breslau lag am Rande der Diözese, zwei Tagereisen vom eigentlichen Bischofssitz Breslau entfernt, im Süden grenzte es an Böhmen und Mähren. Das Hochstift gehörte nach Umfang und Bevölkerungszahl zu den größeren politischen Gebilden Schlesiens. Wenn man die in anderen Fürstentümern gelegenen Halte hinzurechnet, belief sich das weltliche Herrschaftsgebiet des Bischofs auf an die 2000 Quadratkilometer, ungefähr sechs Prozent des Bistumsgebiets, mit vielleicht 70.000 bis 80.000 Einwohnern, acht bis neun Prozent der Gesamtbevölkerung Schlesiens, dabei elf Städte, die volkreichste die bischöfliche Residenzstadt Neisse, und an die 250 Dörfer im zusammenhängenden Fürstentumsgebiet. Neisse mit mehr als 7000 Einwohnern, die Vorstadtsiedlungen eingerechnet, war am Vorabend des Dreißigjährigen Krieges die größte Stadt Schlesiens östlich von Breslau, überhaupt mit Breslau, Liegnitz und Schweidnitz eine der vier größten Städte des Landes.149 Außer in ­diesem zusammenhängenden Territorium hatte der Bischof auch eine landesherrliche Stellung in den Halten, neun kleinen über Schlesien K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 22 (Bistumsgrenzen und politische Landesgrenzen); Franz M achilek : Schlesien, in: Anton S chindling und Walter Z iegler Hgg.: Die Territorien des Reichs im Zeitalter der Reformation und Konfessionalisierung. Land und Konfession 1500 – 1650, Bd. 2: Der Nordosten, Münster 1990, S. 102 – 138, hier S. 109. 147 J ungnitz : Gerstmann, S. 159; M arschall : Geschichte des Bistums Breslau, S. 59. 1 48 Alfred S abisch : Bistum Breslau und Erzbistum Gnesen, vor allem im 16. und 17. Jahrhundert, in: ASKG 5 (1940), S. 96 – 141; Kurt E ngelbert : Maßnahmen des Bischofs Kaspar von Logau (1562 – 1574) zur Hebung des Katholizismus im Bistum Breslau, Breslau 1938 (Separatdruck aus ASKG 3, 1938), S. 14. 149 Eine Übersicht über die Stadtentwicklung von dem ehemaligen Neisser Archivar Georg Weißer in Heinz S toob und Peter J ohannek Hgg.: Schlesisches Städtebuch (= Deutsches Städtebuch.

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verstreuten Gebieten, gelegen in den Territorien anderer schlesischer Fürsten.150 Wegen seines umfangreichen Landbesitzes in den bischöflichen Territorien ragte der Fürst­ bischof heraus als der reichste Grundherr in Schlesien, der Besitz bestand vor allem aus Dörfern, Gutswirtschaften und quasi-industriellen Unternehmen. Seine kirchliche Position verschaffte dem Bischof, obwohl nicht ein natürlicher Fürst, woran ihn seine weltlichen Kollegen gelegentlich erinnerten, eine besondere Machtstellung unter den schlesischen Fürsten, vor allem Prestige und Einkommensquellen, wie sie den anderen Landesherren nicht zur Verfügung standen. Im Gegensatz zu den weltlichen Fürsten Schlesiens hatte der Fürstbischof an seinem Besitz, der den Dominialoder Kammergütern der anderen Landesherren entsprach, festgehalten, die weltlichen Fürsten dagegen im Laufe der Jahrhunderte durch Teilungen, Schenkungen und Verpfändungen ihren Hausbesitz bis auf kümmerliche Reste, in einigen Fällen bis auf ein halbes Dutzend Dörfer, verschleudert. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, als Matthias Corvinus, König von Ungarn, bald auch von Böhmen (1469 – 1490), Schlesien regierte, büßten die schlesischen Herzöge, „die Nachkommen jener mächtigen Piasten, deren Herrschertum einst ein so absolutes war, wie es in schärferer Ausprägung kaum gedacht werden konnte“, viel von ihrer einstigen Unabhängigkeit und Machtfülle ein. Einen Nachteil hatten sie von vornherein, da sie niemals Reichsfürsten gewesen und mit dem Übergang Schlesiens an Böhmen Vasallen des Königs von Böhmen geworden waren. Matthias behandelte das Land als ein Ganzes, traf Entscheidungen gewöhnlich für Gesamtschlesien, bald erschien als einer seiner Titel „Oberherzog von Schlesien“ in den Urkunden. Wesentliche Gewalten des einzelnen Fürsten, keine bezeichnender als das Recht, Krieg zu führen, übernahm jetzt der Fürstentag, wo die Fürsten zusammen mit den Standesherren nur als Kollektiv in der ersten Kurie auftraten und zudem die Macht mit Vertretern des Adels und der Städte in der zweiten und dritten Kurie teilten. Das gesamtschlesische Regierungsorgan kontrollierte der König durch seinen Handbuch städtischer Geschichte 1), Neubearbeitung von Waldemar G rosch , Stuttgart, Berlin, Köln 1995, S. 76 – 83; s. a. S cholz : Das geistliche Fürstentum Neisse, S. 181 f. 150 Bei der Teilung 1742 umfasste das bischöfliche Fürstentum, die extraterritorialen Gebiete nicht eingerechnet, 1828 Quadratkilometer; S cholz : Das geistliche Fürstentum Neisse, S. 42, Übersicht über die Halte dort S. 398 – 399. Die Defensionsordnung von 1619 gibt für die gesamte „Mannschaft“, d. h. die Gesamtzahl der ansässigen Männer (nicht bloß der waffenfähigen, Gesinde und Handwerksgesellen ausgeschlossen), 159.880 Mann; Hermann P alm .: Schlesiens Landesdefension im XV ., XVI . und XVII . Jahrhundert, in: Abhandlungen der schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur. Philosophisch-Historische Abteilung, 1869, S. 71 – 101, hier S. 97; der Anteil des Bistums, gemeint des Fürstentums Neisse, war 13.765 Mann, also 8,61 Prozent. War das auch der Anteil des Neisser Fürstentums an der Gesamtbevölkerung Schlesiens und nehmen wir diese als 900.000 an, dann zählte die Einwohnerschaft des Fürstentums Neisse 77.490. Zum Vergleich die Anteile anderer Fürstentümer: Brieg 10.668 Mann, Teschen 3556, Jägerndorf 6867, Breslau (Stadt und Fürstentum) 13.650; Acta Publica 2, S. 115 – 143, hier S. 117 f.

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­ ertreter, den Oberlandeshauptmann.151 Ein protestantischer Herzog von Brieg gab V ­später ungerechterweise dem Hause Habsburg die ganze Schuld an ­diesem Abbau fürstlicher Macht, der auch der Autonomie des Bischofs als Herr des Fürstentums Neisse engere Grenzen setzte.152 Karls Stellung in Schlesien war eine mindere, verglichen mit der seines Bruders Leopold in Passau – er hätte niemals wie der Passauer eine Streitmacht von 13.000 Mann aufrichten können –, und Ferdinand als ­Kaiser schränkte sie noch weiter ein, so, als er die Münzhoheit des Fürstbischofs 1623 aufhob.153

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Herzogtümer Steiermark und Kärnten in der Zeit Erzherzog Karls Kartographie von Daniel Huffman

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Karte 2: Herzogtümer Steiermark und Kärnten in der Zeit Erzherzog Karls.

151 R achfahl : Organisation der Gesamtstaatsverwaltung, S. 101 – 117, das Zitat S. 101, Verlust der Kriegshoheit S. 103 f., Verbot aller Feindseligkeiten gegeneinander S: 104 f., Einschränkung des fürstlichen Münzregals S. 108. 152 Johann Christian von Brieg (vermutlich) an Georg Rudolf von Liegnitz, 08. 09. 1633, ­R achfahl : Organisation der Gesamtstaatsverwaltung, S. 102, Anm. 1. 153 F. F riedensburg : Schlesiens Neuere Münzgeschichte (= Codex diplomaticus Silesiae 19), Breslau 1899, S. 177 – 180.

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Nach fast einem Jahrhundert der Ausbreitung des Protestantismus in Schlesien fand sich die vom Erzherzog 1608 übernommene Diözese in trauriger Verfassung, ein geborstenes Schiff, dessen Planken man jetzt suchte, um es zusammenzuhalten, so Bischof Andreas von Jerin in seinem Bericht an den Papst von 1586. In ­diesem Jahr gab es noch 160 katholische Pfarrer,154 eine Zahl, die auch Karl 1612 dem Papst berichtete, obwohl er hinzufügte, es handle sich dabei oft um Konkubinarier, die man nicht einmal von ihren Frauen trennen durfte, weil sie dann gleich zu den Häretikern überliefen und diese die ­Kirchen und Kirchengüter mit Gewalt an sich zögen.155 In dem schon erwähnten Statusbericht an den Papst kommentierte Bischof Karl den Niedergang der katholischen ­Kirche in Schlesien mit diesen melancholischen Zeilen: „Wenn wir, heiligster Vater, die einstige Schönheit ­dieses Landes und den Glanz, mit dem es noch vor neunzig Jahren dank seiner katholischen Religion und ausgezeichneten Frömmigkeit allen andern voranleuchtete, ehrlich vergleichen wollen mit der jetzigen Schmach und der häretischen Finsternis, in der es gegenwärtig so erbärmlich lebt oder vielmehr halbtot daniederliegt, dann müssen wir unter Tränen mit jenem heiligen Propheten ausrufen: Wie verdunkelt ist dein Gold, wie verblasst dein Farbenschimmer, wie zerstreut die Steine des Heiligtums an allen Straßenenden“.156 Die katholische ­Kirche Schlesiens war jetzt in der Tat, wie Hubert Jedin schrieb, „ein fast erstorbenes Glied am Leibe der Gesamtkirche“.157 Die Reformation bedeutete den Abfall einer Mehrheit der Bevölkerung Schlesiens von der katholischen ­Kirche. Die Fürsten der meisten schlesischen Kleinfürstentümer und die Regenten anderer Herrschaften bekannten sich zum neuen Glauben. Bald spielte sich der Fürst als summus episcopus in seinem Territorium auf, setzte die Geistlichen ein und ab und erließ ­Kirchen- und Gottesdienstordnungen; im Fürstentum Liegnitz entstanden eine Sakramentsordnung und eine Kirchenordnung bereits in den Jahren 1535 bzw. 1541.158 Innerhalb von zwei Jahrzehnten, schon am Ende der Regierung des Bischofs Jakob von Salza 1539, hatte sich das lutherische Bekenntnis tief eingewurzelt, war eine Rückkehr zur religiösen Einheit des Landes so gut wie 154 Diese Zahl von 160 verbleibenden katholischen Pfarrern erscheint zum ersten Mal im Bericht des Bischofs Andreas von Jerin vom 10. Juni 1586 an den Nuntius Philipp von Sega, die Zahl der evangelischen Pfarrer konnte Bischof Andreas nicht feststellen: „Wie groß die Zahl der here­tischen Pfarrer ist, kann ich nicht genau wissen, weil Fürsten, Stände und Adelige nach ihrem Belieben Pfarrer einsetzen, entfernen, Pfarreien zusammenlegen, aber sie übertreffen die Zahl (der katholischen) um das Sieben- oder gar Zehnfache“; Arnold Oskar M eyer : Zur Geschichte der Gegenreformation in Schlesien aus vaticanischen Quellen, in: ZVGS 38 (1904), 1. Bericht des Breslauer Bischofs Andreas Jerin 1586, S. 346 – 352, hier S. 349, 347. 155 ASV, Archivio della Sacra Congregazione del Concilio, Relat. Dioec. 884A [fol. 321, obwohl diese Zahl nicht erscheint, auf jeden Fall ist es die zweite Seite des Berichts]. 156 ASV, Archivio della Sacra Congregazione del Concilio, Relat. Dioec. 884A, fol. 320 f. 157 J edin : Die Beschickung des Konzils von Trient, S. 74. 158 G. E berlein : Die evangelischen Kirchenordnungen Schlesiens im 16. Jahrhundert, in: Silesiaca (= Festschrift Colmar Grünhagen zum 70. Geburtstag), Breslau 1898, S. 215 – 234, hier S. 220 – 223.

Bistum Breslau und Fürstentum Neisse bei Karls Herrschaftsantritt 1608

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ausgeschlossen. So durchsetzt war Breslau vom Luthertum, dass die Katholiken aus Furcht ihr Bekenntnis verbargen, berichtete der Nuntius Giovanni Morone 1538 von seinem Besuch in der Bischofsstadt nach Rom.159 Gerüchte verursachten Panik im Domkapitel. Der Goldschmied Hans Krafftzober erklärte in einer öffentlichen Badestube zu Beifall und Zustimmung einer Menge, der Stadtrat und alle Stände hätten sich schon darüber geeinigt, nach sechs Monaten allen Bewohnern der Dominsel den Hals abzuschneiden und sie so loszuwerden – omnes habitantes insulae obruendi omnino sint et iugulandi –, das Kapitel erwog deshalb die Überführung des Archivs und der Kapitelprotokolle nach Neisse und erlaubte den so geneigten Mitgliedern, sich anderswohin in Sicherheit zu bringen.160 Das Bistum Breslau war jetzt im Wesentlichen evangelisch.161 Die Bischöfe unter habsburgischer Herrschaft, wie schon einmal gesagt talentierte und erprobte Verwaltungsleute, sahen alle mit Besorgnis die Ausbreitung des Protestantismus, aber nur der eine oder andere unternahm ernste Schritte zur Erneuerung der alten ­Kirche im Lichte der Empfehlungen des Konzils von Trient, so Martin von Gerstmann durch die Verlegung des Priesterseminars 1575 nach Neisse, um dem akuten Priestermangel in der Diözese abzuhelfen, und die Abhaltung von Diözesansynoden und Visitationen.162 Ein ernstes Zerwürfnis im Domkapitel über die Nachfolge im Bischofsamt in den Jahren 1596 – 1599, zurückzuführen auf die Ambitionen der Schwabenpartei, der im Gefolge des Bischofs Andreas von Jerin in Breslau avancierten Kleriker, führte zu stärkerem kaiserlichen Einfluss bei der Bischofswahl.163 Trotz der Spaltung im Domkapitel bestand ­dieses am Anfang des 17. Jahrhunderts im großen Ganzen aus hervorragend ausgebildeten Mitgliedern, die Mehrzahl Absolventen des Germanicums in Rom, deren Überzeugungen und persönliche Lebensführung durchaus den Idealen des Konzils von Trient entsprachen. Anderswo erprobte Mittel, die Gläubigen für die katholische ­Kirche wiederzugewinnen, fanden nur ganz sporadisch Anwendung. Versuche, Niederlassungen der Jesuiten in den Städten – Breslau, Neisse, Oppeln – zu gründen, scheiterten, Visitationen der Pfarreien fanden nur in langen Abständen statt – über mehr als ein Jahrhundert hin rafften sich die Bischöfe nur einmal, 1579, zu einem solchen Programm auf.164 Fast genau so selten hielten sie eine Diözesansynode (1592, 1606). Ein von der katholischen Reform erhoffter Rückgewinn der Evangelischen für die alte ­Kirche schien so gut wie aussichtslos und konnte nur mit Gewalt erreicht werden. Die Lage, in der sich Katholiken und Evangelische jetzt befanden, verlangte Kompromisse, 159 160 161 162

J edin : Die Beschickung des Konzils von Trient, S. 63 Anm. 12, Zitat aus dem Nuntiaturbericht. Kapitelprotokolle 06. 10. 1523, S abisch : Acta capituli 2, Teil 1, S. 330 f. J ungnitz : Gerstmann, S. 128, überhaupt das Kapitel „Zustände in der Diözese“, S. 128 – 171. K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 163 – 171 (Priesterausbildung), 172 – 189 (Visitationen), 204 – 214 (Synoden). 163 M arschall : Geschichte des Bistums Breslau, S. 59 – 81. 64 J ungnitz : Visitationsberichte 1, S. 11 – 28 (Visitationsordnung 1579), 59 – 105 (Visitations­ 1 berichte 1579).

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zu denen sich beide Seiten auch manchmal herbeiließen, wie bei einem Übereinkommen in Naumburg am Queis ­zwischen dem Propst der Augustiner-Chorherren und dem evangelischen Freiherrn Heinrich Anselm von Promnitz auf Sorau, das ­Kirchen und Einkünfte unter den Konfessionen zur Zufriedenheit beider Parteien teilte, ein Vergleich, den Bischof Karl guthieß.165 Die Habsburger, als Könige von Böhmen seit 1526 auch die Herren Schlesiens, schenkten anfänglich der Ausbreitung des Protestantismus im Lande wenig Beachtung. Ein Jahrhundert lang wählte man die Breslauer Bischöfe aus dem Domkapitel, schlesische Adels- und Bürgersöhne, manchmal mit erstaunlichen evangelischen Familienhintergründen und -beziehungen. Karls Wahl zum Breslauer Bischof war offensichtlich eine ganz bewusste Strategie im Interesse der katholischen Restauration. Ein Habsburger auf dem Breslauer Bischofsthron schien die beste Garantie, dem weiteren Vordringen des Protestantismus Einhalt zu gebieten. Im Grunde kam die katholische Initiative um Jahrzehnte zu spät, Nieder- und Mittelschlesien waren längst für die katholische ­Kirche verloren. In Oberschlesien und besonders im Fürstentum Neisse hatte sie Erfolg. Dass die Evangelischen im bischöflichen Fürstentum sich nicht weiter ausbreiten konnten, die Katholiken hier und da sogar eine Gemeinde für die ­Kirche zurückgewannen, war sicherlich dem ersten Habsburger auf dem Breslauer Bischofsstuhl zu verdanken. Mit dem Übertritt zahlreicher Gemeinden und der schlesischen Fürsten zu Luthers Version des Christentums stand nicht nur die Existenz der katholischen Diözese, sondern auch die des bischöflichen Fürstentums auf dem Spiele. Die schlesischen Fürsten hatten schon früher vorgeschlagen, einer von ihnen sollte Bischof von Breslau – und damit Landesherr des bischöflichen Fürstentums – werden. König Ferdinand I. hielt es für notwendig, in seinem umfassenden Privileg für die katholische ­Kirche Schlesiens aus der Zeit um 1528 davor zu warnen, das Land des Bischofs zu zerreißen.166 Das Schicksal der norddeutschen und der anderen ostdeutschen Bistümer und Hochstifte hätte auch das Breslauer Bistum treffen können. Das Ende der katholischen Diözese Breslau und des bischöflichen Fürstentums Neisse lag durchaus im Bereich des Möglichen.167 165 25. Juni 1610, Johann Gottlob W orbs : Geschichte der Herrschaften Sorau und Triebel, Sorau 1826, S. 113. 166 Johann H eyne : Dokumentirte Geschichte des Bisthums und Hochstiftes Breslau, aus Urkunden, Aktenstücken, älteren Chronisten und neueren Geschichtschreibern. Denkwürdigkeiten aus der ­Kirchen- und Diöcesan-Geschichte Schlesiens: von der Einführung des Christenthums in Schlesien bis zur böhmischen Oberherrschaft über ­dieses Land (966 – 1355) 1 – 3, Breslau 1860 – 1868, hier 3, S. 335, in der über mehrere Seiten laufenden Anmerkung auf S. 333 der Bezug auf ein unum solidum et indissolubile corpus principatus, das niemand zerreißen dürfe. 167 Der anonyme Verfasser einer Denkschrift in den Jahren des zum Bischof gewählten, aber nicht bestätigten Bonaventura Hahn, ca. 1597 – 99: „Man muss fürchten, dass die erhabene führende ­Kirche von ganz Schlesien in die Hände der schlimmsten Ketzer fällt“; der Text bei K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 395. Auf dem letzten Fürstentag unter dem Regime des Winterkönigs, am 13. Dezember 1620, sprach man davon, dass es doch endlich Zeit sei, das Bistum (gemeint das Fürstentum) einzuziehen und die bischöfliche Beamtenschaft ­abzuschaffen;

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6. Konsequenzen des Abfalls von der alten Kirche für Kirchenbesitz und Einkünfte des Bischofs Der Abfall des überwiegenden Teils der schlesischen Diözesanen minderte den Einfluss der ­Kirche und bedeutete nahezu das Ende ihrer Mission in weiten Teilen des Landes. Die Reformation hatte dann Konsequenzen für die materiellen Umstände der ­Kirche. Die Verluste waren nicht unbeträchtlich, aber doch mäßig, wenn man sich erinnert, dass die Mehrheit der Einwohnerschaft sich jetzt zum Luthertum bekannte und achtzig Prozent der schlesischen Pfarreien dem neuen Glauben anhingen. Eine allseitige Säkularisation von Kirchenbesitz fand nicht statt. Man kann dem Urteil Colmar Grünhagens zum Teil zustimmen: „Von Säkularisationen der Kirchengüter, wie sie anderswo so vielfach vorkommen, ist hier kaum zu sprechen; das Bistum, das Domkapitel, die großen fundierten Stifter behalten ihre Güter; nur halb oder ganz Abgestorbenes ist der Bewegung zum Opfer gefallen.“ 168 Die ­Kirche erlitt aber empfindlichen Schaden und beträchtliche Einbußen, die jedoch beim Regierungsantritt Erzherzog Karls 1608 bereits einer längst vergangenen Zeit angehörten, zum Teil bis zu achtzig Jahre zurücklagen. Außer im bischöflichen Fürstentum und im Gebiet des einen oder anderen katholischen Herrn anderswo hatten sich die konfessionellen Fronten schon lange festgefahren. Der Besitzstand der ­Kirche war jetzt stabil. Obwohl die katholische ­Kirche mit der Ausbreitung der Evangelischen ein Schrumpfen ihrer materiellen Basis hinnehmen musste, konnte der Bischof seinen Besitz und seine Einkünfte so gut wie unversehrt behaupten.169 Das Kirchengut lag vor allem in Händen von Bischof, Kapitel, Kollegiatstiften, Ordenshäusern und Pfarreien. Der Übergang vom katholischen zum evangelischen Glauben bedeutete zunächst eine Zerrüttung des Pfarrsystems und die ­Verunsicherung Hermann P alm : Schlesiens Antheil am Dreißigjährigen Kriege vom Juli bis Dezember 1620, in: ZVGS 12 (1867), S. 285 – 336, hier S. 324; Acta Publica 3, S. 235 – 252. Den Verlust des Erzbistums Köln für die Katholischen zu verhindern, führte man den Truchsessischen Krieg 1583 – 1588. 168 G rünhagen : Geschichte Schlesiens 2, S. 5: „In Schlesien war für eine großangelegte Restitutionspolitik im Sinn des Edikts (= das Restitutionsedikt vom 6. März 1629) ohnehin keine richtige Grundlage gegeben, denn hier waren ja die Güter des Bistums Breslau und des Breslauer Domkapitels sowie die alten, reich ausgestatteten Stifte ununterbrochen in katholischem Besitz geblieben“. S. a. Matthias W eber : Das Verhältnis Schlesiens zum Alten Reich in der frühen Neuzeit (= Neue Forschungen zur schlesischen Geschichte 1), Köln, Weimar, Wien 1992, S. 355. 1 69 H eyne : Geschichte des Bisthums und Hochstiftes Breslau 3, S. 296 – 305 über die Konfiskation der Kirchenkleinodien durch den Breslauer Rat. Von der Umsetzung katholischer ­Kirchen in evangelische handelt vor allem Kurt E ngelbert : Die Anfänge der lutherischen Bewegung in Breslau und Schlesien 1 – 5, in: ASKG 18 (1960), S. 121 – 207; 19 (1961), S. 165 – 232; 20 (1962), S. 291 – 372; 21 (1963), S. 133 – 214; 22 (1964), S. 177 – 250.

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des organisierten kirchlichen Lebens. ­Zeichen dafür war die Vernachlässigung altkirchlicher Rituale und Praktiken, wie des Kirchengebots gegen knechtliche Arbeit an Feiertagen,170 oder der Widerstand bei der Einsammlung der traditionellen Kirchen­ abgaben.171 Ein wesentlicher Teil des Kirchenbesitzes lag bei den Pfarrgemeinden und bestand aus den ­Kirchen, Schulen und Friedhöfen, in den Städten auch Hospitälern, und auf den Dörfern aus dem Landbesitz der Pfarrei, in der Regel einer Widmut von zwei Hufen oder 128 Morgen. An diesen Institutionen und Einkünften waren die evangelischen Gemeinden interessiert, konnten sie aber oft nicht einfach übernehmen. Gerade in den chaotischen ersten Jahren nach Beginn der Reformation ging viel verloren, wurde von Laien den Pfarrgemeinden geraubt. Andreas ­Moibanus, der evangelische Pfarrer von St. Elisabeth in Breslau, schrieb 1541 an Bischof ­Balthasar von Promnitz: Unser Vaterland hat jetzt eine gewisse neue Art von Menschen, die ihre Wut gegen die ­Kirchen und Pfarren auslassen; man kann sie mit Recht Kirchenräuber nennen. Denn da sie sehen, daß die ­Kirchen keine Pfarrer haben und daß nicht Prediger da sind, die dem Volke das Wort Gottes verkünden, so halten sie es für die beste und anständigste Gelegenheit, Alles an sich zu reißen. Denn einer raubt die Pfarräcker, ein andrer die Wiesen und Weiden, ein andrer die Wälder, ein andrer die Gebüsche, Hecken und Sträucher, ein andrer die Teiche, ein andrer die Gärten der Pfarren und behauptet, daß sie ihnen ehrlich zugehören. Ein andrer eignet sich die missalia (das Messgetreide, eine jährliche Abgabe) zu und noch andre verschlingen die noch uebrigen Pfarreinkünfte. So wird Alles benagt und verschluckt, wovon ein guter Prediger und armer Diener Evangelii Christi sollte unterhalten werden; die elende Pfarre steht verlassen da wie eine gerupfte Krähe und erregt Lachen. Welcher Rechtschaffne kann es wohl mit Gelassenheit ertragen, daß die Decimen und Zinsen und alle übrigen Pfarreinkünfte so geplündert werden?172

170 Das Kapitel beriet am 26. Januar 1524 „de mechanicis laborantibus publice diebus festis“; Kapitelprotokolle 26. 01. 1524, S abisch : Acta capituli 2, Teil 1, S. 334; neuere Festtage der Heiligen sollten so gefeiert werden, dass sie knechtliche Arbeit nicht hinderten, 15. 04. 1524, S. 343. 171 Die Bauern von Queisen, Kr. Lüben, hindern die Abführung des Garbenzehnten, den sie dem Pfarrer dort schulden (ductura decimarum campestrium), Kapitelprotokolle 30. 04. 1534, S abisch : Acta capituli 2, Teil 1, S. 548, deren rebellio und contumacia werden dem Bischof berichtet. 172 C. Adolph S chimmelpfennig : Die Organisation der evangelischen ­Kirche im Fürstenthum Brieg während des 16. Jahrhunderts, in: ZVGS 9 (1868), S. 1 – 26, hier zitiert S. 4, aus Ad clariss[imum] principem eundemque reverendiss. D. D. Baltasarem Episcopum Ambrosii ­Moibani epistula gratulatoria, Breslau 1541, S. E-E2. Der Schreiber wollte sich mit ­diesem Brief beim Bischof anbiedern; S abisch : Die Bischöfe von Breslau und die Reformation, S. 79 – 81; dort auch eine kurze Zusammenfassung der bedrohten Stellung der ­Kirche in Stadt und Land, S. 83 f.

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Die Kapitelherren in Breslau hatten bestimmt nicht unrecht, wenn sie am Anfang der Regierung des neuen Bischofs den Papst daran erinnerten, dass mit dem Wachsen der Irrlehren im vergangenen Jahrhundert „die ­Kirchen teils abgerissen, teils gewaltsam besetzt worden waren“ – templa partim diruta, partim violenter occupata.173 Der Übergang von einem Glauben zum anderen hatte einen beträchtlichen Besitzwechsel aus katholischen in evangelische Hände zur Folge und konnte nicht ohne Verletzung alter Rechte und die Anwendung von Gewalt vor sich gehen. Den Wechsel des Bekenntnisses steuerten vor allem die Besitzenden und sie beuteten ihn für ihre Zwecke aus. Zugleich enthielt die Wendung zur neuen Lehre eine sozialrevolutionäre Komponente, der „Pöbel“ trat auf die Bühne und seine Tendenz zu Gewalttätigkeiten schüchterte die Katholischen ein. Auf dem Lande rissen die evangelischen Grundherren gegen jedes Recht hunderte von ­Kirchen an sich und beanspruchten für sich das Kirchenpatronat, was die Kontrolle über Pfarreinkünfte und die Ernennung des Pfarrers mit sich brachte.174 In den Städten etablierten sich die Räte, gewöhnlich ein Dutzend oder weniger Handwerker und Handelsleute, als die höchste kirchliche Behörde, auf Kosten der Autorität des Bischofs und manchmal mit seiner Zustimmung, getrieben nicht nur von der konfessionellen Orientierung der Bewohner, sondern auch von dem Begehren, Kontrolle auszuüben über kirchliche Benefizien und Besitztümer und sie für andere Zwecke zu nützen. Kurt Engelbert hat im Falle einer Anzahl schlesischer Städte gezeigt, wie oft dabei die Bürger bestehende Rechte ignorierten.175 Zerstörung oder Enteignung betrafen besonders die Kollegiatstifte, Klöster, Propsteien, Kommenden und Spitäler, hier führte die Reformation zu beträchtlichen Entwendungen von katholischem Kirchenbesitz.176 Die stärkeren dieser religiösen Gemeinschaften waren in der Lage, an ihrem Eigentum festzuhalten, andere verloren ihre ursprüngliche Funktion oder verschwanden ganz. Trat ein Oberer zum neuen Glauben über, so konnten die ganze Institution oder ihre Besitztümer der alten ­Kirche verlorengehen. 1525 trat der Propst des Breslauer Heilig-Geist-Stifts, zu dem eine ­Kirche und ein Hospital gehörten, Pater Anton Klim aus dem Augustinerstift zu St. Maria auf dem Sande, zum Protestantismus über. Der Breslauer Rat beschlagnahmte sofort Stift, ­Kirche und Hospital. Am Pfingstfest huldigten die Bauern der zur Hospitalstiftung 173 Das Breslauer Kapitel an Paul V., 06. 11. 1609, Text bei K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 396. 174 E ngelbert : Das Bistum Breslau im Dreißigjährigen Kriege 1, S. 139 Anm. 41. 175 E ngelbert : Die Anfänge der lutherischen Bewegung in Breslau und Schlesien 3 (ASKG 20, 1962), S. 291 – 372 (die Breslauer ­Kirchen St. Elisabeth, Zum Heiligen Geist, 11.000 Jungfrauen); 5 (ASKG 22, 1964), S. 177 – 250 (Schweidnitz-Jauer, Glogau, Sagan, 19 Städte). 176 „Übersicht über Ordensniederlassungen … im Bistum Breslau 1500 – 1620“, K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, Beilage XII, S. 297 – 313. In einem Schreiben an den Oberlandeshauptmann, den Herzog Karl von Münsterberg-Oels, protestierten die Breslauer: „Die ­Kirchen sind nie von uns spolieret, sondern vielmehr gereichert worden“, 09. 07. 1526; Nikolaus P ol : Jahrbücher der Stadt Breslau 3, hg. von Johann Gustav B üsching , Breslau 1819, S. 44.

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gehörenden Ortschaften Sambowitz und anderer dem Landeshauptmann Hörnig des Fürstentums Breslau, „denn der Propst daselbst denen zu Breslau alle Gewalt in die Hand gegeben“. Die Heilig-Geist-Kirche wurde eine protestantische Filialkirche von St. Bernhardin, sie war bald baufällig und wurde 1597 abgerissen.177 Symptome des Niederganges religiöser Gemeinschaften hatten sich jedoch schon lange gezeigt, die Reformation beschleunigte den Prozess: Aussterben der Insassen führte zu Veröden und Abbruch, auf Zerstörung durch Brände folgte kein Wiederaufbau.178 Selbst in der bischöflichen Residenzstadt Neisse ging das Kloster der Franziskaner im 16. Jahrhundert ein, ebenso in der Fürstentumstadt Grottkau das Kloster der Augustiner-Eremiten. Unter dem Einfluss des lutherischen Evangeliums wollten jetzt viele die versprochene Ehelosigkeit nicht mehr einhalten und flüchteten aus ihren Ordenshäusern. Es kam dann zur Konfiskation durch die Regierungen, zu dem Vertreiben der Insassen, dem Verkauf an Städte oder Privatleute. Wie die großen Besitzer auf dem Lande und die städtischen Behörden sahen die Fürsten und die Häupter der Standesherrschaften bald, dass sie kirchliches Besitztum für andere Zwecke in ihren Territorien verwenden konnten.179 In Brieg machte der Fürst aus dem Kollegiatstift ein Gymnasium und ließ die Marienkirche vor dem Breslauer Tor und das Dominikanerkloster zum hl. Kreuz (1534, 1546) abbauen.180 In Liegnitz, angeblich zum Zwecke der Befestigung der Stadt gegen die Türkengefahr, wurden Kloster und ­Kirche zum heiligen Grabe und das Domstift abgetragen (1529, 1537).181 Das Breslauer Matthiasstift opferten die Breslauer 1529 ebenfalls, um die Verteidigung der Stadt gegen die Türken zu sichern.182 Selbst die Auflösung des Domkapitels 177 H eyne : Geschichte des Bisthums und Hochstiftes Breslau 3, S. 134 Anm. 1, zu den Anfängen der Propstei zum Heiligen Geist: 1, S. 510 – 516; P ol : Jahrbücher der Stadt Breslau 3, S. 40. 178 Wilhelm D ersch : Schlesien am Vorabend der Reformation, in: ZVGS 68 (1934), S. 69 – 94; M eyer : Studien zur Vorgeschichte der Reformation, S. 35 f. 179 Wie sich die Fürsten anfänglich gegenüber der lutherischen Botschaft verhielten, beschreibt eingehend E n g e l b e rt : Die Anfänge der lutherischen Bewegung in Breslau und Schlesien 4. Die Einstellung der schlesischen Fürsten (ASKG 21, 1963), S. 133 – 214; zu Herzog ­Friedrich II . von Liegnitz-Brieg S. 164 – 200, zu Markgraf Georg von Brandenburg-Ansbach S. 207 – 213. 180 August K astner : Beiträge zur Geschichte des Bisthums Breslau von 1500 – 1655 [Kapitelprotokolle] (= Archiv für die Geschichte des Bisthums Breslau 1), Neisse 1858, Kapitelprotokolle, 08. 07. 1563, S. 98; Johannes S offner : Geschichte der Reformation in Schlesien, Breslau 1886 – 88, S. 120. 181 S offner : Geschichte der Reformation in Schlesien, S. 120. Die Franziskaner-Observanten wurden vertrieben; Paul S cholz : Vertreibung der Bernhardiner aus Liegnitz im Jahre 1524, in: ZVGS 12 (1874), S. 359 – 378, hier S. 373. 182 Prämonstratenser-Kloster von St. Vinzenz, S offner : Geschichte der Reformation in Schlesien, S. 65 – 68. Hauptursache war tatsächlich die Türkengefahr; Wilhelm W attenbach : Über die Veranlassung zum Abbruch des Vincenzklosters von Breslau im Jahre 1529, in: ZVGS 4 (1862),

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und die Umwandlung der St.-Johannes-Kathedrale in eine Schlosskirche diskutierten manche in der Metropole.183 Der evangelische Stadtrat schaffte die Altaristen ab und zog die Altarbenefizien zugunsten der städtischen Kasse ein, allerdings erst nachdem der Bischof seine Zustimmung gegeben hatte und gegen den Willen des Kapitels.184 Selbst die ernstlich auf Reform bedachten und persönlich gar frommen Fürsten, wie Friedrich II. von Liegnitz oder sein Schwager Markgraf Georg von Brandenburg im Fürstentum Jägerndorf, eigneten sich Kirchenschätze an, Kreuze, Kelche und andere Kleinodien aus edlem Metall, Paramente, selbst die Glocken.185 Was überrascht, ist, dass Konflikte ­zwischen den Konfessionen sich in die Zeit des Erzherzogs fortsetzten, vielleicht neue Nahrung fanden wegen der Majestätsbriefe einerseits und den katholischen Bemühungen um Rückgewinnung verlorener Positionen andererseits. Die Breslauer Kanoniker, deren Residenzen und Besitzungen in unmittelbarer Nachbarschaft zu protestantischen lagen, registrierten mit Entrüstung noch in Karls Regierungsjahren Ausschreitungen gegen die Katholischen, so die Zerstörungen in der ­Kirche St. Adalbert in den Tagen der ersten Ankunft des Erzherzogs in Schlesien,186 den Versuch eines von Kreckwitz, seine katholischen Untertanen einer evangelischen Pfarrei einzugliedern und S. 146 – 159; Heinrich W endt : Kirchenpolitik und Stadtbefestigung in Breslau 1529 – 1533, in: ZVGS 48 (1914), S. 81 – 88 (schließt sich Wattenbach an). Nicht immer waren es religiöse Gründe, selbst im Reformationszeitalter, die zur Ausweisung führten; Erich F ranke : Über die Vertreibung der Bernhardiner aus Breslau, in: ZVGS 41 (1907), S. 37 – 98, besonders S. 37. 183 H eyne : Geschichte des Bisthums und Hochstiftes Breslau 3, S. 300 Anm. 1; P ol : Jahrbücher der Stadt Breslau 3, S. 34, hat diese Information allerdings nicht. 184 S offner : Geschichte der Reformation in Schlesien, S. 47. Siehe aber Gustav B auch : Geschichte des Breslauer Schulwesens in der Zeit der Reformation (= Codex Diplomaticus Silesiae 26), Breslau 1911, S. 83 – 87. Das Kapitel war dagegen; Heinrich W endt : Zur Einziehung der Altarlehen in Breslau, 1528 (= Vermischte Mitteilungen 4), in: ZVGS 51 (1917), S. 380 – 381, hier S. 381. 185 Friedrich II. von Liegnitz-Brieg-Wohlau soll der erste deutsche Fürst gewesen sein, der sich öffentlich zur Reformation bekannte, nämlich schon 1523; S offner : Geschichte der Reformation in Schlesien, S. 96 Anm. 3, seine Aneignung der Kirchenkleinodien S. 101, auf Grund von Kapitelprotokollen, 22. 11. 1526, S. 133 (Georg und Jägerndorf); E ngelbert : Die Anfänge der lutherischen Bewegung 4, S. 167 – 200. 186 Der Konflikt eines Teils der Einwohnerschaft mit den polnischen Dominikanern im Kloster St. Adalbert nur ein und zwei Wochen nach der Inthronisation des neuen Bischofs, den Pol gleich im Anschluss an seinen Bericht über Karls Erscheinen in Breslau ausführlich beschreibt, wurde nach Pol nicht von dieser Demonstration altkirchlicher Herrlichkeit angefeuert, sondern hatte seine besonderen Ursachen; P ol : Jahrbücher der Stadt Breslau 5, S. 65 – 73. Das Kapitel sah aber hier ein Beispiel evangelischer Gewalttätigkeit, „qua templum S. Adalberti ante biennium sub ingressum Serenitatis Suae invaserunt“, und anscheinend einen Zusammenhang mit der Ankunft des Erzherzogs; K astner : Beiträge 1500 – 1655, Kapitelprotokolle, 26. 01. 1611, S. 144 (St. Adalbert). Wenig trägt hierzu bei Carl B lasel : Geschichte von ­Kirche und Kloster St. Adalbert zu Breslau (= Darstellungen und Quellen zur schlesischen Geschichte 16), Breslau 1912, S. 54 – 56.

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den Dezem dorthin zu übertragen, die körperliche Misshandlung ihres Pfarrers durch die Bauern von Neukirch, ein Dorf des Breslauer Klarissenklosters, oder das Bemühen der Untertanen einer Ӓbtissin von Liebental, ihren Pfarrer zu vertreiben und an seine Stelle einen Prädikanten zu setzen.187 Mehrere Jahre lang, 1610 bis 1618, rangen die Franziskaner-Minoriten mit dem Breslauer Rat um die Rückgewinnung ihres Klosters und der damit verbundenen Dorotheenkirche.188 Neben Immobilien und Kleinodien verloren kirchliche Organisationen im Gefolge der Reformation ihre Einkünfte. Der Ortspfarrer erhielt traditionell von den Mitgliedern seiner Gemeinde alljährlich das Messgetreide (= je 1 Scheffel Roggen und Hafer von der Hufe) und den Tischgroschen (= 1 Groschen von jeder Gärtnerstelle) als Kompensation für seine gottesdienstlichen Handlungen. Schon in den 1520er Jahren hören wir in Schlesien, dass sich Besitzer weigerten, die gewohnten Abgaben an die ­Kirche zu machen. In drei Kapiteldörfern, die zur Pfarrei Thauer bei Steinau an der Oder gehörten, versagte man 1533 dem Pfarrer die geschuldeten Abgaben, weil er nicht von den Einwohnern selbst ins Amt gewählt worden war.189 Friedrich II., Herzog von LiegnitzBrieg-Wohlau, befahl seinen Untertanen 1523, ihre Dezimen 190 und ähnliche Abgaben nicht an die katholischen Pfarrer, sondern an die Prädikanten zu liefern.191 „Mit dem allmählichen Wachsen der Irrlehren im vorigen Jahrhundert sind unserem Stande seine Zinsen und Einkünfte zum großen Teil weggenommen worden“, schrieben die Breslauer Domherren an den Papst im November 1609.192 Die Kanoniker dachten hier 187 K astner : Beiträge 1500 – 1655, Kapitelprotokolle, 26. 01. 1612, S. 144 (Neukirch), 20. 11. 1612, S. 148 (Kreckwitz), 08. 03. 1612, S. 145 f. (Liebenthal). 188 E ngelbert : Das Bistum Breslau im Dreißigjährigen Kriege 1, S. 109 – 111. 189 Die Dörfer waren Mellowitz, Boguslawitz und Reppline; K astner : Beiträge 1500 – 1655, Kapitelprotokolle, 19. 12. 1533, S. 70. Es geht hier nur um die missales sive annones, der Dezem wird nicht erwähnt; S offner : Geschichte der Reformation in Schlesien, S. 92. Der Besitzer von Puschkowa bei Breslau soll seinen Dezem zahlen – ius parochianum vulgo tetzem –, „damit dem Kapitel wegen dessen Nichtzahlung nicht das Zehntgeld – pecunia decimalis – zurückgehalten wird“, 1538, S abisch : Acta capituli 2, Teil 1, S. 757, 758. Kapitelbauern wollen das ius parochianum nicht zahlen, 1535, S abisch : Acta capituli 2, Teil 2, S. 756, s. a. 761 f. Die Acta capituli 1517 – 1540 beziehen sich selten auf den Zehnten, gelegentlich auf den Garbenzehnten. 190 Leider wurde das Messkorn – gewöhnlich missales, eigentlich annona messalis, S abisch : Acta capituli 2, Teil 2, S. 1032, Sachregister – schon im Mittelalter und regelmäßig ­später, bis ins 19. Jahrhundert, in Schlesien ebenfalls als Dezem bezeichnet. 191 26. 01. 1524, S abisch : Acta capituli 2, Teil 1, S. 324; das Kapitel handelte „de duce Friderico Legnicensi qui mandasse dicebatur subditis suis, ne quemquam spiritualium admitterent ad exigendum redditus suos litteris iudicum ecclesiasticorum nisi requisitis primum officialibus suis saecularibus“, mit anderen Worten, die geistlichen Gerichte sollten ignoriert werden zugunsten der weltlichen; S offner : Geschichte der Reformation in Schlesien, S. 95. 192 Weiter heißt es dort, sie haben „die ­Kirchen teils zerstört, teils mit Gewalt übernommen, die Anhänger der katholischen Religion der Verdammung durch ihre Gegner, der Missachtung durch das Volk ausgesetzt, weshalb jedes Ansehen, alle Herrschaftsgewalt der katholischen

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wohl zunächst an ihre eigenen, zum Teil aus den Zehnten bestehenden Bezüge aus den Kapiteldörfern. Dem Abfall von der alten ­Kirche folgte in vielen Gegenden Deutschlands die Zehntverweigerung. In Schlesien bezogen schon seit den Lokationsverträgen des 13. Jahrhunderts kirchliche Amtswalter und Institutionen den Zehnten. Bischof, Domkapitel, Kloster, Stift, Hospital, Ritterorden, Pfarrkirchen und individuelle Geistliche finden wir als Besitzer ­dieses Rechts.193 Der Dezem/Tetzem, in den Kapitelprotokollen des 16. Jahrhunderts ius parochianum genannt, bestand immer noch in seinen alten Formen, seltener als Garbenzehnt (das geschnittene Korn wird auf dem Felde vom Zehntberechtigten eingezogen oder verkauft), eher als Malterzehnt (= Körnerzehnt, bis zu 12 Scheffel Dreikorn), oder als Zahlung einer Viertelmark, des Bischofsvierdungs.194 An sich bestanden die Reformatoren auf der Pflicht zur Zehntzahlung. Der Zehnte war jetzt zu einer auf Besitz liegenden Reallast geworden, der Besitzer hatte ihn unabhängig von seiner oder des Empfängers Konfession zu leisten.195 Luther ­ irche unwiderruflich zusammenbricht“, so das Domkapitel an Papst Paul V., 06. 11. 1609, die K Reaktion auf die Majestätsbriefe, der Text bei K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 396; ASV, Lettere di Vescovi 2, fol. 370r–371r. Der Breslauer Syndikus Christoph Henscher, der im März 1610 als Mitglied einer Kommission des Breslauer Rats die Kapitelherren zur Befolgung des Majestätsbriefes überreden wollte, erinnerte diese: „Nun würde man auf Grund des Majestätsbriefes auch alle Präbenden und Benefizien ­schützen, so dass sich die Katholiken nicht mit Grund beschweren dürften“; Paul K onrad : Der schlesische Majestätsbrief ­Kaiser Rudolfs II. vom Jahre 1609 in seiner Bedeutung für das städtische Konsistorium und die evangelischen Kirchengemeinden Breslaus (= Festschrift zur 300jährigen Jubelfeier im Auftrage des Breslauer Stadtkonsistoriums), Breslau 1909, S. 40. Hatte man sie also vorher nicht geschützt? 193 Josef Joachim M enzel : Die schlesischen Lokationsurkunden des 13. Jahrhunderts (= Quellen und Darstellungen zur schlesischen Geschichte 19), Würzburg 1977, S. 212; Richard P uza : Zehnt, in: Lexikon des Mittelalters 9, Stuttgart 1999, Sp. 499 – 501. Die schlesischen Zehntkontroversen des 13. Jahrhunderts sind in der Forschung wiederholt behandelt worden, dagegen überhaupt nicht die spätere Geschichte des Zehnten in der Breslauer Diözese. Die Mechanismen der Zehnterhebung, die Umwandlung und der Erlass des Zehnten, die Rolle der weltlichen Behörden, die Verteilung der Zehntgelder – die Norm war, dass der Bischof nur zwei Drittel erhielt – sowie die Zahlung des Zehnten während der Reformation und ­später in der Breslauer Diözese bleiben unerforscht. Gustav A. H. S tenzel : Urkunden zur Geschichte des Bistums Breslau, Breslau 1845, S. xv–xix; Hermann M arkgraf und J. W. S chulte : Liber fundationis episcopatus Vratislaviensis (Codex diplomaticus Silesiae 14), Breslau 1889, S. ix–xv; zum Vergleich s. Hermann K napp : Die Zehnten des Hochstifts Würzburg, Berlin 1907; Rudolf H arrer : Der kirchliche Zehnt im Gebiet des Hochstifts Würzburg im späten Mittelalter. Systematische Analyse einer kirchlichen Einrichtung im Rahmen der Herrschaftsstrukturen einer Zeit (= Forschungen zur fränkischen ­Kirchen- und Theologiegeschichte 15), Würzburg 1992. 1 94 Der Propst des Neisser Kollegiatstiftes hatte Anspruch auf den Feldzehnten – decima campestris – in Glumpenau und Groß-Krosse und durfte ihn noch 1579 auf dem Felde einziehen oder in Glumpenau verkaufen; J ungnitz : Visitationsberichte 1, S. 99. 1 95 Raimund K ottje , in: Lexikon für Theologie und K ­ irche, 3. Aufl., 2001, Sp. 1397.

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erklärte den Zehnten eine rechtmäßige Einnahme der Obrigkeit. „Die Ablieferung des Zehnten stelle eine politische und wirtschaftliche Handlung dar, die mit dem Glauben nichts zu tun habe“, eine Privateinnahme, die kirchlich und sozial in keiner Weise ­verpflichtete.196 Der Breslauer Rat verlangte 1524 aber, dass Geld- und Feldzehnten auf eine erträgliche Summe reduziert würden,197 das Kapitel riet in einer Reaktion vom 25. Januar 1525 dem Bischof, die Ratsherren zu belehren, der Dezem würde kaum zur Hälfte gezahlt und könnte nicht weiter verringert werden.198 In einer Urkunde König Ludwigs für den Bischof Jakob von Salza vom 29. Oktober 1524 ist das Thema ganz speziell der Zehnte in seinen drei Formen; alle, die Verantwortung für die Erhebung haben, werden genannt, von den obersten Hauptleuten bis zu den Einwohnern, und ermahnt, Sorge zu tragen, dass er tatsächlich gezahlt wird. Die geistlichen Gerichte sollen gegen Delinquenten einschreiten, und wenn sie eine Zahlung nicht erreichen, dann die weltlichen Gerichte, und diese dürfen sich dabei der Verpfändung als einer Methode der Eintreibung bedienen.199 Am 5. Januar 1526 richtete sich der König speziell an den Breslauer Rat wegen der Nichtzahlung der geschuldeten Zehnten bzw. Bischofsvierdunge und Malterzehnten an das Domstift.200 Eine wahrscheinlich aus dem Jahre 1528 stammende Urkunde Ferdinands bestätigt dann nicht nur den Zehnten, sondern alle anderen Einkünfte, Befreiungen und Rechte der Breslauer ­Kirche.201 Ähnliche Schutzurkunden stellte die königliche Behörde wiederholt im Laufe des 16. Jahrhunderts aus. In der Regierungszeit Bischof Gerstmanns – 1574 – 1584 – bestätigte Rudolf II. diese früheren Versicherungen.202 196 Gunter Z immermann , in: Theologische Realenzyklopädie 36 (2004), S. 501 f. 197 „quod decimae et maldratae personis ecclesiasticis solvendae reducantur ad summam magis tolerabilem“; Kapitelprotokolle 15. 04. 1524, S abisch : Acta capituli 2, Teil 1, S. 342. Der Ratsälteste und Landeshauptmann von Breslau, Achatius Haunold, forderte schon Jahre vorher, dass keine Kirchenstrafen auferlegt würden bei Nichtzahlung der decimae (auch tetzem oder Pfarrzehnt), fertones oder anderer Kirchenschulden, 05. 03. 1518, S abisch : Acta capituli 2, Teil 1, S. 101. 198 In nur wenigen Ortschaften des Fürstentums Breslau werde der Garbenzehnte (decimae campestres) gezahlt, die übrigen Zehnten ­seien in Malterzehnten (maldratae, d. h. ausgedroschenes Getreide) und Bischofsvierdunge umgewandelt worden, von denen heute ansonsten kaum die Hälfte gezahlt werde; S abisch : Acta capituli 2, Teil 1, S. 373; S offner : Geschichte der Reformation in Schlesien, S. 36 f. 199 Es geht in dieser Urkunde ausschließlich um den Zehnten; H eyne : Geschichte des Bisthums und Hochstiftes Breslau 3, S. 327 f., Text der Urkunde S. 328 Anm. 1. 200 Der Zehnte auch hier das alleinige Thema der Urkunde; der Text bei H eyne : Geschichte des Bisthums und Hochstiftes Breslau 3, S. 329 Anm. 2. Mehreres zum Zehnten erscheint im Kolowratischen Vertrag von 1504; S tenzel : Urkunden zur Geschichte des Bistums Breslau, S. 365 – 370 hat den Text (Annullierung des Vertrags durch den Papst 1504, S. 373 – 376). 201 H eyne : Geschichte des Bisthums und Hochstiftes Breslau 3, S. 332 Anm. 2. 202 H eyne : Geschichte des Bisthums und Hochstiftes Breslau 3, S. 329 – 341, Rudolfs Urkunde vom 13. 04. 1579 S. 337 Anm. 2.

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Eine neue Belastung des Kirchenbesitzes und damit eine Reduzierung des Wertes, den dieser für die ­Kirche darstellte, lag auch darin, dass die weltlichen Regierungen Schlesiens ein schon Jahrhunderte altes Ziel, nämlich das der Besteuerung des Kirchen­besitzes, mit neuer Energie verfolgten, mit anderen Worten, das kirchliche wie anderes privates Eigentum den landesherrlichen Lasten unterwerfen wollten. Gegen Übergriffe auf Kirchengut wandte sich schon die Synode von 1415, sie verbot die Auflage landesherrlicher Steuern.203 Die Fürstentage beklagten, dass die geistlichen Besitzer Freiheit von den allgemeinen Leistungen beanspruchten.204 Der Kolowratische Vertrag ordnete in Artikel 6 die Besteuerung der Kapitelgüter in den schlesischen Herzogtümern an.205 Die Angriffe auf die Exemtion der Kirchenuntertanen von den landesherrlichen Verpflichtungen richteten sich besonders gegen die Dörfer des Domkapitels, die in der Mehrzahl in Territorien anderer Fürsten lagen. Die Existenz der katholischen ­Kirche in Schlesien und ihrer Institutionen hing von ihrer über Jahrhunderte geformten wirtschaftlichen Basis ab.206 Daneben belastete den Kirchenbesitz auch die kaiserliche Verwaltung in ihren niemals endenden Geldnöten, vor allem durch die Forderung von Darlehen oder die Teilnahme an den speziellen Auflagen zur Finanzierung der Türkenkriege.207 Der Abfall so vieler Diözesanen, die Maßnahmen gegen Kirchenbesitz, die Abgabenverweigerung oder der Übergang vieler Pfarreien in die Hände der Evangelischen berührten aber kaum die Einkünfte des Bischofs. Die Ursache dafür war, dass das bischöfliche Einkommen überwiegend aus der Stellung des Bischofs als Grundherr 203 H eyne : Geschichte des Bisthums und Hochstiftes Breslau 2, S. 235 f. Prinz Heinrich von Münster­berg-Oels legt Fuhren auf, die von Kapiteluntertanen früher nie gefordert worden waren; S abisch : Acta capituli 2, Teil 1, S. 572. 204 Fürstentag 30. 07. 1576, Jakob S chickfuss und Joachim C uraeus : New Vermehrete Schlesische Chronica vnnd Landes Beschreibung, Leipzig 1625, 3, S. 228: Anscheinend eine Aktion vom 8. August im Gefolge des Fürstentags: „Sie haben zuvorn protestiret wieder die Geistlichen, ­welche mit ihren Unterthanen bey den contributionen nicht mitleiden wollten …“, die Fürsten und Stände verweisen dann auf den Kolowratischen Vertrag. Ihr Beitrag zur Defensions-Ordnung, Fürstentagsbeschluss 17. 06. 1577, S. 234 f. 205 M eyer : Studien zur Vorgeschichte der Reformation, S. 134, 143; H eyne : Geschichte des Bis­ thums und Hochstiftes Breslau 3, S. 393 – 402. 206 „Die Organisation der alten ­Kirche war durch Besitzverhältnisse bestimmt. Die Funktions­ fähigkeit dieser ­Kirche hing weitgehend von der Unversehrtheit der wirtschaftlichen Grundlagen ab. Wo diese gestört wurden, brach die Organisation zusammen. Eingriffe der Fürsten und der adeligen Grundherren in die wirtschaftliche Struktur und die Verweigerung der Abgaben durch die Untertanen hatten das Aufhören der Seelsorge im alten Sinne zur Folge“; K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 58. Siehe auch dort die folgende Bemerkung: „Da aber weltlicher Besitz von beachtlichem kirchlichen Streubesitz unterbrochen war, konzentrierte sich die kirchliche Restauration auf diesen Streubesitz.“ 207 K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 60 f.

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und Landesherr stammte. Was man außer Grundzins und Zehnten von den Pfarrmitgliedern einsammelte, diente ausschließlich als Kompensation des Ortspfarrers.208 Der Bischof bezog hier nichts, eher zählten die Pfarreien auf die Unterstützung des Bischofs, z. B. wenn es um den Bau oder die Renovierung einer ­Kirche ging.209 Mit dem Verlust so vieler Pfarreien, möchte man annehmen, reduzierten sich eigentlich derartige bischöfliche Ausgaben. Der Bischof von Breslau war wie gesagt der reichste Grundherr Schlesiens, der Anteil der bischöflichen Dörfer im Fürstentum Neisse und in den Halten besonders hoch. Bischof und Domkapitel hielten immer an ­diesem Kirchen­besitz fest. Als Besitzer vieler Dörfer profitierte der Bischof dann von der wachsenden Ausbeutung des Bauernstandes, da ihm wie allen großen Landbesitzern auf Grund gesamtschlesischer Gesetzgebung die kostenfreie Arbeitskraft der bäuerlichen Untertanen zur Verfügung stand. Solche Gesetze beschloss der Fürstentag, veröffentlichte sie aber im Namen des Oberlandeshauptmanns, d. h. im 16. Jahrhundert immer im Namen des Bischofs.210 Eine dieser Untertanenordnungen stammt aus dem Jahre 1623, aus Karls Regierungszeit.211 Das aus der bäuerlichen Landwirtschaft bezogene Einkommen ergänzte sich durch die wachsende Zahl der bischöflichen Landgüter oder Großwirtschaften; sie vermehrten sich im Zuge der Ausdehnung der schlesischen Gutswirtschaft im Neisser Fürstentum auf ein Fünffaches seit dem 15. Jahrhundert; vierundzwanzig solcher bischöflicher Güter bestanden im späteren 17. Jahrhundert.212 208 Auf die Konfessionalisierung reagierte man in Schlesien mit der Praxis, bezeichnet als Parochialnexus, dass mit Ausnahme weniger größerer Städte nur ein Pfarrer am Ort die Pfarreinkünfte bezog, die Konfession der zur Zahlung Verpflichteten spielte dabei keine Rolle. Diese Ordnung der Dinge schaffte der Staat vom Ende des Jahres 1757 an ab, von dann an zahlte der Verpflichtete nur an den Geistlichen seines Bekenntnisses; Colmar G r ü n h a g e n : Die katholische ­Kirche in Schlesien am Ausgange des vorigen Jahrhunderts, in: ZVGS 29 (1895), S. 44 – 47. Im ehemaligen bischöflichen Dorf Friedewalde nannte man im 19. Jahrhundert die Leistungen des Dominiums an die Pfarrei Zehntabgaben oder Dezem. Ob der alte Zehnte hier einbegriffen ist, lässt sich trotz der Bezeichnung Dezem nicht sagen. Die Abgaben beliefen sich im Jahre 1848 auf 31 Taler, 16 Silbergroschen und 14 Pfennig. Die ersten beiden dort aufgezählten Summen, die auch bei weitem die höchsten sind, erinnern eher an das Messgetreide; APO Landratsamt Grottkau 952 [Bestellung des Pfarrers 1836 – 1934], S. 23 – 28, 33 – 34. 209 Protokoll einer Inspektion der Pfarrbauten in Friedewalde, 24. 01. 1798, 16 Seiten, AAW Ortsakten Friedewalde Nr. 3. 210 Ein „[Oberamts-]Patent wegen des Gesinds und Bauern / sowohl der Gärtner / Hausgenossen und Taglöhner auf den Dörffern“ wird im Namen des Bischofs Andreas von Jerin (1585 – 1596) als Oberhauptmann erlassen, es ist die verbesserte Version eines Patents vom 23. November 1565; Johann Jacob von und zu W eingarten : Fasciculi diversorum jurium … 1 – 2 (Bd. 1in 2 Teilen), Nürnberg 1690, 2, S. 353 – 362 (gekürzt). 211 Gesinde- oder Untertanenordnung von 1623; Felix R achfahl : Zur Geschichte der Grundherrschaft in Schlesien, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Germanistische Abteilung 16 (1895), S. 108 – 199, hier S. 167. 212 S cholz : Das geistliche Fürstentum Neisse, S. 171 f.

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Darüber hinaus unterhielt die bischöfliche Regierung ihre eigenen quasi-industriellen Unternehmen wie Mühlen, Bergwerke, Eisen- und Kupferhämmer. Die Erträge zogen bischöfliche Beamten ein, der Bistums-Ökonom stand im 17. Jahrhundert an der Spitze als eine Art Wirtschaftsminister. Als Landesherr hatte der Bischof Anspruch in seinem Fürstentum auf landesherrliche Steuern, wie das Geschoss, Ungelder, d. h. Verbrauchssteuern, Zölle, Profite aus der Münzprägung. Der Bischof bezog Einkünfte aus dem Gerichtswesen wie Strafen bei Übertretungen, einschließlich Verletzungen des christlichen Sittengesetzes; selbst Totschlag sühnte der Täter oft mit einer Geldbuße. Die Manipulationen des Hofrichters Heinrich von Buchta im ersten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts zeigen die vielen potentiellen Geldquellen an, die man in den bischöflichen Dörfern identifizieren konnte. Neben den illegalen Auflagen, Abzügen und Neuerungen, selbst dem Kauf von dörflichen Auen- und Angerstücken, die der gewissenlose bischöfliche Beamte von den Bauern forderte, erstaunen die als legal verstandenen Einkünfte des Fürstbischofs. Zu diesen gehörten, neben den traditionellen Besitzwechselsteuern, Gebühren bei Loslassung und anderen Transaktionen, Strafgelder bei Übertretung von Vorschriften oder moralischen Vergehen (einschließlich Unzucht ­zwischen Eheleuten), die erzwungene Ablösung durch Geldzahlungen von Fuhren und anderen Leistungen.213 Der Bischof war auch der Stadtherr nicht nur in Neisse, sondern auch in zehn weiteren Städten des Fürstentums. Obwohl keine von den Städten an Bürger- und Einwohnerzahlen auch nur entfernt an Neisse heranreichte, verfügten die Städte als Zentren von Handwerk und Handel über eine Wirtschaftskraft, die nicht nur den einzelnen Bürger und Einwohner ernährte und ihm manchmal zu Reichtum verhalf, sondern auch dem Gemeinwesen und damit dem Stadtherrn zugutekam, auf Grund von Steuerauflagen wie Grund-, Brau-, Wein- und Schrotsteuer, Gewerbegebühren, Verkaufslizenzen, Abgaben von Marktständen, Waagegeldern, Brückenzöllen und anderen Einnahmen. Von der städtischen Wirtschaftskraft zu profitieren trachteten seit Jahrhunderten die Landesherren, die mit den Stadtregierungen periodische Pauschalzahlungen aushandelten, dem Rate aber die Taxierung und die Mühsal der Eintreibung überließen.214 Einen eigenen Apparat zur Steuerhebung konnte sich auch der Fürstbischof in Neisse nicht leisten. Der auf seine Einkünfte sehr bedachte Erzherzog verstand aber selbst genau die wichtige Rolle seiner Städte – und der von ihm aufgekauften Gutswirtschaften – für die Ökonomie von Bistum und Hochstift und erwähnte das 213 S cholz : Ein Prozess gegen den bischöflichen Hofrichter; eine Übersicht der vom Hofrichter geforderten Arten von Zahlungen S. 126 – 135, 166 – 168, auf Grund der Handschrift APW Księstwo Nyskie 283, S. 17 – 108. 214 Manfred G roten : Die deutsche Stadt im Mittelalter, Stuttgart 2013, S. 150. Aus dem erhaltenen Quellenmaterial lernt man wenig über die bischöfliche Nutzung des städtischen Steueraufkommens.

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auch in einem der periodischen Berichte an den Papst.215 Neben den Einkünften des Bischofs als Grundherr und Landesherr waren die des Kirchenherrn von geringerer ­Bedeutung. Als Kirchenherr hatte der Bischof Anspruch auf den Zehnten, oder wenigstens einen Teil desselben, niemals aber aus jeder Pfarrei seiner Diözese, er bezog ihn jedoch aus den meisten Dörfern seines Fürstentums. Der Zehnte stellte am Anfang des 15. Jahrhunderts, nach dem Ausweis des bischöflichen Güterverzeichnisses von 1421 – 1425, im Durchschnitt ungefähr ein Drittel der regelmäßigen Abgaben dar, die der Bischof aus den Dörfern bezog, wo er Grundherr und Zehntempfänger war. Nur in verhältnismäßig wenigen Dörfern des bischöflichen Fürstentums hatte er das Zehnteinkommen an den Pfarrer oder einen anderen Zehntempfänger abgetreten. Als Landesherr verfügte der Bischof über Mittel, im extremen Fall die Verpfändung, die Eintreibung der ihm geschuldeten Abgaben einschließlich des Kirchenzehnten zu erzwingen. Zusammenfassend kann man sagen, die Einkünfte des Breslauer Bischofs kamen in erster Linie aus seinem Fürstentum und die Ausbreitung des lutherischen Bekenntnisses beeinflusste sie minimal. In Graz, Rom und am Kaiserhof wusste man sehr wohl vom hohen Einkommen des Bischofs von Breslau. Karl selbst gab es in seinem Bericht an den Papst von 1618 mit 100.000 Talern an. Es war höher als das des Bischofs von Olmütz (60.000), höher auch als die Einkünfte, die Johann Georg von Brandenburg aus seinem Herzogtum Jägerndorf bezog (42.000).216 Gleichgültig, ­welche Ziele die interessierten Parteien mit der Erhebung eines Habsburgers zum Bischof von Breslau verfolgten, die Einkünfte, die mit dem Bischofsamt unter die Kontrolle eines Habsburgers kamen und dessen fürstliche Versorgung ermöglichten, wurden dabei – wenigstens vom Kandidaten und seiner Familie – kaum außer Acht gelassen. Die tatsächlichen Verhältnisse sollten sie nicht enttäuschen. Der Bischof von Breslau hatte auch nach der Reformation ein reiches Einkommen. Die Einkünfte des Bischofs in seinem Territorium bildeten ein solides materielles Fundament seiner Herrschaft im Fürstentum und im Bistum.

215 „Redditus … ascendunt ad centum mille talleros circiter, et serenissimus episcopus, qui est princeps multarum ciuitatum, auxit emptione multorum bonorum“; Relatio Status Ecclesiae Vratislaviensis 1618, ASV , Archivio della Sacra Congregazione del Concilio, Relat. Dioec. 884A, fol. 390v [die Seitenzahl nicht angezeigt]; S c h m i d l i n : Die kirchlichen Zustände, S. 194. 216 1666 schätzte man das Einkommen des Bistums auf 100.000 bis 150.000 Reichstaler (der Reichstaler damals vielleicht = 2 Gulden); Wilhelm D ersch : Beiträge zur Geschichte des Kardinals Friedrich von Hessen, Bischofs von Breslau (1671 – 1682), in: ZVGS 62 (1928), S. 272 – 330, hier S. 280.

Johann Jakob von Lamberg, Bischof von Gurk, in Neisse

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7. Johann Jakob von Lamberg, Bischof von Gurk, in Neisse, Dezember 1608 bis Juli/August 1609 217 Abb. 3: Porträtmedaille des Bischofs von Gurk Johann VII. Jakob von Lamberg (1603 – 1630). Jakob O bersteiner : Die Bischöfe von Gurk 1072 – 1822 (= Aus Forschung und Kunst 5), Klagenfurt 1969, Abb. XVI. Mit Erlaubnis des Herausgebers.

217 Herta H ageneder : [Johann Jakob von] Lamberg, in: NDB 13 (1982), S. 427; ABD 17 (1883), S. 538 f.; Jakob O bersteiner : Die Bischöfe von Gurk. 1072 – 1822, Klagenfurt 1969 (= Aus Forschung und Kunst 5), S. 351 – 373; der Verfasser weiß anscheinend nichts von Johann Jakobs schlesischer Mission oder übergeht sie absichtlich. Beda S chroll : Series episcoporum et s. r. i. Principum Gurcensium, in: Archiv für vaterländische Geschichte und Topographie 15 (1885), S. 3 – 43, hier S. 33. Zu Lamberg in Neisse K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 8; ­H urter : Ferdinand II . 4, S. 135; E ngelbert : Das Bistum Breslau im Dreißigjährigen Kriege 1, S. 86 f. Zur Rolle beim Prozess gegen den Neisser Hofrichter 1609 S cholz : Ein Prozess gegen den bischöflichen Hofrichter, S. 148 f. und Anm. 140, 141. Material zu den Lamberg vor allem im Landesarchiv Steiermark, Graz, s. Hans von Z wiedineck -S üdenhorst : Das gräflich Lamberg’sche Familienarchiv zu Schloß Feistritz bei Ilz: Urkunden, Actenstücke und Briefe, die freiherrliche und gräfliche Familie Lamberg betreffend 3 (= Veröffentlichungen der Historischen Landes-Kommission für Steiermark 11), Graz 1899; über das ­gleiche Archiv Rainer P uschnig : Das gräflich Lamberg’sche Archiv aus Schloß Feistritz bei Ilz, in: Mitteilungen des Steiermärkischen Landesarchivs 5 (1955), S. 22 – 71, hier S. 25. Das Archiv enthält persönliche Akten und Korrespondenz des Johann Jakob. Das Archiv der Diözese Gurk (Mariannengasse 6, A-9020 Klagenfurt am Wörthersee) hat keine Lambergbriefe (oder wenigstens kein Register solcher Briefe); Mitteilung des Archivs 22. 06. 2012. Obersteiner scheint sich aber auf Korrespondenz im Gurker Diözesanarchiv zu beziehen („Urkundensammlung“, 10. 01. 1606, Rudolf II . an ­Lamberg; 27. 08. 1608, Lamberg ersucht um Enthebung von seinem Gurker Bischofssitz); O bersteiner : Die Bischöfe von Gurk, S. 352 Anm. 9, 13, 16. Das Landesarchiv Kärnten, Klagenfurt, enthält die kurze Geschichte des Bistums Gurk aus dem Ende des 18. Jahrhunderts. Dort wird einmal Bezug auf Johann Jakobs Korrespondenz mit Kardinal Bellarmin und dem Kanonisten Paul Lanzelotti genommen; O bersteiner : Die Bischöfe von Gurk, S. 351 Anm. 5. Die Abteilung Familienkorrespondenz im Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchiv A 8 24 enthält 12 Briefe des Lamberg an Ferdinand von Steiermark, 14. 03. 1598 – 06. 01. 1599.

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Karls erste drei Jahre als Bischof und Landesherr bildeten, so dürfen wir annehmen, eine Lehrzeit, während der er unter Aufsicht stand, seine Schulung fortsetzte, allerdings ohne Enthusiasmus, sich allmählich in seiner Herrscherstellung zurechtfand, verstehen lernte, was die Position von ihm erforderte und ­welche Möglichkeiten sie ihm bot. Was konnte der junge Mann schon vom Regieren wissen? Dazu noch in einer ganz ungewohnten und überdies höchst differenzierten Umgebung, selbst seinen österreichischen Betreuern neu und fremd. Die Anpassung fiel ihm dann auch nicht leicht, wie besonders die Briefe des Bischofs von Gurk zeigen.218 Ein Achtzehnjähriger, der die Regierung eines Fürstentums und einer ausgedehnten Diözese übernahm, obwohl schon lange für eine ­solche Rolle ausersehen und sporadisch darauf vorbereitet, konnte nicht ohne Helfer auskommen, die ihn berieten und Entscheidungen für ihn trafen. In ­diesem Falle war es dann besonders verständlich, dass sich der neue Bischof, wie so mancher Bischof und selbst der Papst noch in unserer Zeit, mit gewohntem Hauspersonal und seinen eigenen Landsleuten umgeben wollte; als Gymnasiast und Student folgte seinem Bruder Ferdinand ein Stab von dreißig Leuten nach Ingolstadt.219 Wir kennen die Namen einiger dieser Neuankömmlinge in Neisse, ein Geistlicher namens Jakob, zweifellos Jakob Eberlein, mit der Erziehung des Erzherzogs beauftragt, ein Adliger namens Petz oder Pess, die Kammerherren Strasoldi und Rieder, mehrere Jesuiten, so der schon erwähnte aus Schottland stammende Theologe Wilhelm Johnston, Karls Hofprediger Peter Schultes, sein Beichtvater Georg Ebel.220 Unter denen, die den Bischof aus Österreich nach Neisse begleiteten oder wenigstens um die ­gleiche Zeit dort ankamen, dürfte keiner einflussreicher gewesen sein als der Bischof von Gurk in Kärnten (im 18. Jahrhundert wurde Klagenfurt der Bischofssitz der in ihren Grenzen wiederholt veränderten Gurker Diözese), Johann Jakob von Lamberg. Seine Rolle war eine ganz andere als die der Erzieher, Gefährten, Kammerherren und sonstigen dienstbaren Geistern, ­welche die vielen großen und kleinen Funktionen eines fürst­ lichen Hofstaates auf sich nahmen. Erzherzog Ferdinand schickte mit ihm einen seiner ganz erprobten Beamten nach Neisse, seinen Obersthofmeister. Er ist am 23. Januar 1609 zum ersten Mal dort belegt.221 Damals 48 Jahre alt, war er Absolvent des Germanicums, schon 1578 Domherr in Salzburg, seit 1603 Bischof von Gurk. Vor seiner Erhebung zum Bischof finden wir ihn als Hofmeister und Erzieher der Erzherzöge 218 Das beste und einzige Zeugnis für Lambergs acht Monate in Neisse sind die vier Briefe aus seiner Feder vom 23. Januar, 8. Mai, 30. Mai und 3. Juni 1609, drei an Erzherzog Ferdinand und einer an Jakob Eberlein, der einen Teil seiner Neisser Zeit mit ihm teilte. Sie werden hier zum ersten Mal veröffentlicht, aus Wien HHS tA, Familienkorrespondenz A 8 11 4, fol. 91r–98v. 219 H urter : Ferdinand II. 2, S. 236 f. 220 Dazu kamen ein Jahr ­später andere, als Karl aus Graz zurückkehrte, wieder über Glatz; K röss : Geschichte der böhmischen Provinz der Gesellschaft Jesu 1, S. 788 – 791. 221 Als ­Kaiser Maximilian seinen Bruder Karl, den Vater unseres Karls, 1568 nach Spanien schickte, war ebenfalls des Kaisers Obersthofmeister dabei.

Johann Jakob von Lamberg, Bischof von Gurk, in Neisse

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Leopold und Karl.222 1607 empfing er den Titel eines kaiserlichen Rats. Von 1608 an hielt er neben seinem Bischofsamt auch die Position eines Obersthofmeisters, aulae praefectus, beim Bischof von Passau, Karls Bruder Leopold. Vier Jahre nach dem Neisser Zwischenspiel, 1613, ernannte ihn Erzherzog Ferdinand zum Statthalter und Hofkammerpräsidenten der innerösterreichischen Regierung in Graz; er starb 1630. Lamberg war ein herrischer Aristokrat, sein vornehmes Auftreten beeindruckte den ­Kaiser. Er machte sich einen Namen als Vorkämpfer für die katholische Restauration und scharfer Gegner der Protestanten. Bei seinem Landesherrn zeigte er die Adligen an, die nicht ihrer Osterpflicht oblagen, und mit Geldbußen und Gefängnis bestrafte er seine Diözesanen, die nicht die Fastenregeln beobachteten. Als er um 1600 im Auftrage des Erzbischofs die Klagen salzburgischer Untertanen gegen dessen Beamte untersuchte, benützte er die Gelegenheit, die Protestanten anzuweisen, entweder die Sakramente auf katholische Art zu empfangen oder auszuwandern.223 Er überwarf sich mit seinem Salzburger Vorgesetzten und lag lange im Streit mit dem Gurker Domkapitel. Lamberg war zweifellos ein kompetenter und peinlich gewissenhafter Kirchenfürst und Staatsdiener und Ferdinand bediente sich seiner wiederholt als Gesandter an Papst und ­Kaiser. Seine Toleranz für die Spannungen, ­welche die Verbindung von mehr als einer wichtigen Stellung in seiner Person verursachte, hatte aber Grenzen. So wollte er im August 1608, nur drei Monate vor seiner Neisser Mission, vom Gurker Bischofssitz resignieren, der ihm nur 1600 Gulden einbrachte, weil er sich die Kosten des Hin- und Herreisens nicht leisten konnte und man ihm allein bei allen auftretenden Problemen die Schuld gab.224 Ferdinand wollte aber niemals auf längere Zeit ohne den Gurker Bischof in seiner Nähe sein; der Bischof verbrachte, trotz Bitten um Entlassung, sechzehn Jahre seines Episkopats im Dienste des Erzherzogs. Die Eigenarten seiner Persönlichkeit oder die persönlichen Unzulänglichkeiten, die man während seiner Amtsjahre in Österreich beobachten kann, sollten sich auch während seines Neisser Mandats zeigen und trugen zu seinem Versagen in Schlesien bei.

222 S tobaeus : Epistolae ad diversos (1758), S. 61 f., kein Datum. Nach O bersteiner : Die Bischöfe von Gurk, S. 352, hielt er diese Position noch 1606. 223 O bersteiner : Die Bischöfe von Gurk, S. 354, 352, 358. Die Untersuchung der Beschwerden gegen die Beamten erscheint nur in einer spärlichen, fast 200 Jahre späteren anonymen Geschichte der Gurker Bischöfe, überliefert in einer Handschrift des Kärntner Landesarchivs KLA , GV -GH s 11/21 – 1 (Nr. 39, Lit.Q): „Johann Jakob hat noch als Domherr die Unterthanensklagen bei Mauterndorf und Moßheim in Salzburgischen auf Befehl des Erzbischofs wider die dortige Beamte[n] untersucht, bei welicher Gelegenheit er die nicht Katholische alldort geheissen, entweder auf katholische Art die Sakramente zu empfangen oder auszuwandern.“ Verweis auf diese Stelle bei S cholz : Ein Prozess gegen den bischöflichen Hofrichter, S. 148 Anm. 141. 224 O bersteiner : Die Bischöfe von Gurk, S. 352 f. Anm. 16.

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Die Zeit des Lamberg in Neisse beschränkte sich auf nicht mehr als ein paar Monate, die wahrscheinlichen Daten 20. Dezember 1608 bis Juli oder August 1609. Im September 1609 versuchte Ferdinand den Bischof Stobaeus für den Neisser Posten zu gewinnen, zweifellos an Stelle des Lamberg. Lambergs vier Briefe aus Schlesien, drei davon an Erzherzog Ferdinand, fallen in eine Zeitspanne von nur vier Monaten, 23. Januar bis 3. Juni 1609. Außer seinen unveröffentlichten Schreiben aus Neisse gibt es – meines Wissens – nur einen einzigen Beleg für seine Anwesenheit im Breslauer Bistum. ­Lamberg hatte eine „Instruktion“ von Ferdinand erhalten, heute verloren, die wohl Inhalt und Grenzen des ihm zugewiesenen Aufgabenbereichs festlegte, aber man dachte hier sicherlich in erster Linie an Karls Pflichten als Landesfürst, nicht als geistliches Haupt der Breslauer ­Kirche. Johann Jakob traf mit dem neuen Bischof in Neisse ein und befand sich schon in Prag in seiner Gesellschaft, wahrscheinlich auch in Glatz, daraus möchte man schließen, dass sie die Reise von Graz nach Neisse gemeinsam unternahmen. Während seines Aufenthalts in Neisse hatte der Bischof von Gurk eine doppelte Rolle; er regierte als landesfürstlicher Staathalter, als solcher handelte er, wie er einmal grimmig erklärte, als Souverän, Landeshauptmann, Kanzler und Hofmeister. Daneben diente er als erster Berater – und Beaufsichtiger – des jugendlichen Bischofs, dem die Instruktion seines Bruders zunächst nur gewisse mindere Rechte vorbehielt, wie die Wahl seiner Kammerherren. Nach seiner Ankunft in Neisse fand Lamberg eine geräumige Wohnung, aber anscheinend nicht im bischöflichen Schloss selbst, denn er spricht von einem „sauberen, aufgeräumten, ausgeputzten Haus“, dem aber Stühle, Bettstätten, Bettwäsche, Tischtücher, selbst Löffel fehlten. Sofort musste deshalb mit Zustimmung des Kapitels eine Anleihe von 800 Talern aufgenommen werden, um das Nötigste anzuschaffen. Während seiner sieben oder acht Monate in Neisse nahm der Bischof von Gurk notwendigerweise an einer Reihe von Ereignissen in Bistum und Fürstentum teil. In seinem ersten Briefe bezieht er sich speziell auf die Ernennung eines neuen Landeshauptmanns. Gegen die Auswahl eines Mannes aus der bischöflichen Beamtenschaft erhob sich Widerstand unter den Ottmachauer Landständen, sie wollten, dass einer aus ihrer Mitte und im Ottmachauer Land begütert das Amt ausübe. Im Prozess gegen den ehemaligen Hofrichter, der innerhalb von drei Monaten nach Karls Ankunft, mit der Beweisaufnahme im April 1609, in vollem Gange war, sollte Lamberg eine Rolle gespielt haben, dürfte das Verfahren gutgeheißen, vielleicht sogar in Bewegung gesetzt haben. Was wir von seiner Persönlichkeit, seinen Erfahrungen, seiner Identifizierung mit den Interessen der Brüder Ferdinand und Karl von Habsburg wissen, macht es wahrscheinlich, dass er es war, der das Signal zum scharfen Vorgehen gegen den korrupten bischöflichen Beamten gab. Die Ablehnung eines Gesuchs der Hofrichter-Erben um Minderung der enormen auferlegten Geldstrafe fällt allerdings in die Zeit, als Lamberg Schlesien bereits verlassen hatte. Die Antwort am 23. März 1609 auf die Gravamina der Landstände vom vorhergehenden Jahr über die Regierung des verstorbenen Bischofs Johannes Sitsch wurde sicherlich von Lamberg approbiert. Als die Landstände dem neuen Bischof den Treueid leisteten, war Lamberg dabei. Im Falle von Grottkau und Neisse, am 20. Dezember

Johann Jakob von Lamberg, Bischof von Gurk, in Neisse

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1608, können wir das annehmen, für Breslau (30. April 1609) und Kanth (2. Mai 1609) ist es speziell belegt. Die Chronik des Sandstiftes bezeugt, dass er einen Tag nach der Abnahme des Homagiums in Kanth, einem bischöflichen Halt, mit Bischof Karl und geführt vom Abt des Breslauer Sandstiftes den Zopten bestieg, die höchste Erhebung der schlesischen Ebene. Das Stift oder Kloster der Augustiner-Chorherren St. Maria auf dem Sande in Breslau besaß eine Propstei im Städtchen Zopten am Fuße des gleichnamigen Berges, 35 Kilometer südwestlich von Breslau. Auf dem über 700 Meter hohen Gipfel stand eine Marienkapelle, Ziel von Wallfahrten. Der Propst Jakob Strigner, ­später Abt, begegnete in jenen Maitagen 1609 Johann Jakob und dem jungen Bischof und schrieb den Paragraphen über Karls Besuch der Propstei und die Besteigung des Berges, der in der Chronik des Sandstiftes erscheint.225 Vom Zopten ging es weiter in die Zisterzienser­ abtei Heinrichau, anscheinend immer zu Pferde. Die eingehende Instruktion im Namen des Erzherzogs für die Domherren Franz ­Ursinus und Bartholomaeus von Jerin und den bischöflichen Rat Joachim Willenberger, die den Bischof beim Fürstentag am 1. Juni vertraten, kam wohl unter Lambergs Direktion zustande.226 Die erfahrenen Gesandten, Männer von Gelehrsamkeit, zwei von ihnen Doktor beider Rechte, einer dazu auch Doktor der Theologie, wussten sicher selbst, mit ­welchen Argumenten man den evangelischen Fürsten und Ständen Schlesiens entgegentreten musste, deshalb lässt sich ein besonderer Beitrag des österreichischen Bischofs nicht isolieren, aber die schneidende Kritik an den evangelischen Fürsten und Ständen – sie hätten alle ­Kirchen und Kirchenlehen eingezogen, überall ihre Prädikanten eingesetzt, in ihren Gemeinden nicht einen einzigen katholischen Bürger oder Bauern geduldet – stimmte ganz mit der kompromisslosen Einstellung gegenüber den Protestanten überein, die er in seinen früheren Positionen bewiesen hatte. Man fragt sich, warum Lamberg nicht selbst mit dem Bischof auf dem Fürstentag am 1. Juni erschien, aber der grüne Kirchenfürst war wohl kaum in der Lage, an einer öffentlichen Diskussion der kirchenpolitischen Fragen teilzunehmen. So konnte Lamberg auch nicht verhindern, dass bei dieser Gelegenheit die Fürsten und Stände erneut beim ­Kaiser darauf drangen, den Bischof vom Oberamt, von der Oberlandeshauptmannschaft, auszuschließen. Die Regierung erließ mehrere die Neisser betreffende Edikte, während Lamberg am 225 Chronica abbatum Beatae Mariae Virginis in Arena, in: Scriptores rerum Silesiacarum 2, Breslau 1839, S. 269; E ngelbert : Das Bistum Breslau im Dreißigjährigen Kriege 1, S. 87 Anm. 6. Eine Chronik der Ӓbte (der ­Kirche) der seligen Jungfrau Maria auf dem Sande wurde im 15. Jahrhundert begonnen und von mehreren Autoren fortgesetzt, sie führt bis 1779 und wurde herausgegeben von Gustav Adolf S tenzel in Scriptores rerum Silesiacarum 2 (1839), S. 156 – 286, mit einführenden Bemerkungen des Herausgebers S. vii–ix. Eine kurze Fortsetzung für die Jahre 1601 – 1608, S. 264 – 266 und einige Zeilen S. 268 und 269, stammen von Jakob Strigner, von 1620 – 1624 Abt, aber im Jahre 1609 Propst in Zopten. 226 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 9 – 11; G ottschalk : Buckisch 2, S. 142 f.; zur Literatur über die drei Genannten s. dort S. 142 Anm. 32 – 34.

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bischöflichen Hofe weilte. Eines vom 4. März 1609 verordnete, dass Bücher, die einer vererbte, inventarisiert werden sollten und die Liste dem Bischof vorgelegt werden sollte. Offensichtlich ging es hier darum, die Verbreitung protestantischer Schriften zu verhindern, obwohl man dem Bischof in einer nachfolgenden Erklärung die vorsichtige Behauptung in den Mund legte, er möchte vielleicht selbst einige Bücher bei solcher Gelegenheit erwerben.227 Andere Mandate griffen sogar in die Autorität des Rates ein mit dem klaren Ziel, die Anwesenheit von Evangelischen in der Stadt oder ihren Zuzug zu verhindern. Die bischöfliche Genehmigung zu Aufenthalt, Verleihung des Bürgerrechts oder Kauf von Häusern und Gärten war jetzt erforderlich und der Bürgerrechtseid erhielt einen Zusatz, mit dem der Neuankömmling oder der neue Bürger versprach, sich der katholischen Pfarrgemeinde anzuschließen.228 Hier könnte Lamberg noch die Hand im Spiele gehabt haben. Ungewiss bleibt, ob er die empfindliche Niederlage der Katholiken, den Erlass der Majestätsbriefe vom 20. August 1609, noch in Schlesien erlebte. Er gab seinen schlesischen Posten mitten in jenen kritischen Wochen auf, ließ den Erzherzog im Stich. Nicht unwahrscheinlich ist aber, dass Karls oder Ferdinands Berater ihn in Österreich beim Entwurf der weitschweifigen Antwort des Breslauer Bischofs auf die Majestätsbriefe, aus Graz am 30. Oktober 1609, befragten.229 Die im ersten Jahr seiner Herrschaft als Bischof bestehenden Spannungen ­zwischen Karl und dem Breslauer Domkapitel schob die Königin von Polen, Karls zwei Jahre ältere Schwester Konstanze, Bischof Lamberg in die Schuhe; auch sein irenischer Nachfolger Stobaeus von Palmburg, der sich in seinen Briefen mehrmals lakonisch auf den „Gurker“ beruft, glaubte ihn verantwortlich für den Konflikt ­zwischen den obersten Organen der Breslauer ­Kirche. Die Königin von Polen, damals eine zwanzigjährige junge Frau, die ihre eigenen Meinungen hatte, schrieb Lamberg sogar ganz ungerechterweise die Schuld daran zu, dass die Oberlandeshauptmannschaft in die Hände der Ketzer geraten war. Sie hielt seine schlesische Mission überhaupt für verfehlt, ihn dieser Aufgabe nicht gewachsen, dazu ungeeignet, ineptus.230 Die Briefe des Bischofs Lamberg aus Neisse enthalten abgesehen von der Bemerkung über die Landeshauptmannschaft keine Informationen über die schlesischen Verhältnisse, die religiösen Gegensätze im Bistum und Fürstentum, den Konflikt des Bischofs 2 27 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 41 f. 228 F uchs : Versuch einer Reformationsgeschichte des Fürstenthums Neisse, S. 51, aber ohne Texte; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 42 – 45 (ganzer Text der Verordnungen und des neuen Bürgerrechtseids, datiert 23.07., 11.08. und 12. 08. 1609). 229 B uckisch 2, 5, 1 (= Schlesische Religionsakten Buch 2, Kapitel 5, Artikel 1); G ottschalk : Buckisch 2, S. 150 (Artikel 231), mit weiteren bibliographischen Informationen; eine lange Zusammenfassung bei K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 23 – 29. 230 S tobaeus : Epistolae ad diversos (1758), S. 264, Konstanze an Stobaeus, 30. 03. 1610; Stobaeus an Ferdinand, 15. 05. 1611 – „lites inter Capitulum et Carolum sub Episcopo Gurcensi ortas“, S. 290.

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mit den protestantischen Fürsten und Ständen, die Zustände in der Residenzstadt. Sie konzentrieren sich ganz auf die Person des Erzherzogs und die persönlichen Beziehungen am Hof in Neisse, ­zwischen Lamberg und dem Erzherzog, dem Erzherzog und seinen Kammerherren. Zum Teil reagieren sie auf Schreiben des Erzherzogs von Steiermark, aber der Zweck war in erster Linie, Ferdinand über das Verhalten des jungen Bischofs zu unterrichten, vor allem die Schwierigkeiten darzulegen, die Lamberg beobachtete oder am eigenen Leib erlebte. Lambergs Aufgabe war komplizierter als die seines Nachfolgers, da er sich mit Erzherzog Karl in den ersten Monaten seiner Herrschaft befassen musste. Die Anpassung in seiner neuen Stellung fiel dem jungen Herrscher nicht leicht, er erlaubte sich Auftritte, die sich für einen Bischof oder Fürsten nicht gehörten, und verriet Neigungen, die, in der Meinung seines österreichischen Betreuers, dem Ruf und der Autorität des Breslauer Bischofs schadeten und „Spott und Schande“ auf das Haus Habsburg und nicht zuletzt auch auf ihn selbst, den Bischof von Gurk, bringen konnten. Lamberg schrieb frisch und frei, die ­Themen, die er zur Sprache bringt, laufen von einem ins andere, wie sie ihm beim Schreiben einfielen, werden wiederholt, die Briefe wurden ohne Plan oder Entwurf verfasst, eine Organisation ist nicht erkennbar, sie wurden minimal redigiert, enthalten Nachträge, ein Wort wird über oder unter der Zeile eingezwängt, ganze Sätze am linken Blattrande hinzugefügt, gelegentlich wird ein Wort ausgelassen, oft sucht man vergeblich nach einem Verb, das einen Satz vollständig machen würde, in zwei Fällen steht am Ende ein längeres Postskriptum mit zusätzlichen Informationen. Obwohl deutsch geschrieben, wandert der Schreiber gelegentlich ins Lateinische oder Italienische, beides Sprachen, in denen er zu Hause war. Zahlreiche Kürzel – und nicht unbedingt konventionelle – werden benützt, die sich aber, mit ganz wenigen Ausnahmen, auflösen lassen. Selbst wenn wir die Grenzen des Möglichen im Ausdruck beim Frühneuhochdeutschen ganz weit stecken, bleibt manche Konstruktion grammatikalisch nicht erklärbar, wenn auch nicht unverständlich. Die Handschrift ist in allen vier Briefen die ­gleiche, manches Wort dabei kaum zu entziffern, der Schreiber immer derselbe und offensichtlich der Bischof selbst, also die Briefe nicht einem Sekretär diktiert, vielleicht wegen des höchstpersönlichen und vertraulichen Inhalts. Alle vier Briefe sollten also Autographe sein, bei zweien erscheint separat vom Text eine Adresse. Im Wiener Staatsarchiv bestehen die Briefe als individuelle Blätter, nicht in einen Sammelband eingetragen. Der Wert dieser Korrespondenz liegt gerade darin, dass sie ganz spontan und ungekünstelt ist, der unmittelbare Niederschlag von Eindrücken, wie sie der Schreiber eben empfangen hatte, der Sorgen, die ihm im Augenblick auf der Seele lagen. Dabei hatte Lamberg ein Ohr für das saftige Idiom des jungen Habsburgers (oder das Talent, seinem Zögling die rechten Worte in den Mund zu legen), er registriert genau dessen Stimmungsschwankungen und reproduziert wiederholt Wort für Wort die Dialoge, die er mit dem Erzherzog geführt hatte. Lamberg entpuppt sich in diesen Briefen als ein höchst hellhöriger Beobachter, der, was er sieht und hört, auch lebendig und überzeugend mitzuteilen weiß.

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Lambergs lange Erfahrung als Prinzenerzieher und der, allerdings nur ein paar Monate dauernde, Dienst als oberster Hofmeister in Passau wie auch seine fünfjährige Verwaltung einer Diözese und die besonderen Aufträge, die ihm der Salzburger Bischof oder Erzherzog Ferdinand gelegentlich übertragen hatte, sollten ihn auf seine doppelte Rolle in Neisse vorbereitet haben, und seine Auswahl für die schlesische Mission – als Regierungschef und oberster Berater – möchte man deshalb als besonders glücklich bezeichnen. Aber schon ganz am Anfang seines Neisser Aufenthalts bekam ihm die Neisser Luft nicht, kaum zu verwundern in ­diesem kalten, regenreichen Landstrich auf der Nordseite der Sudetenberge, wo er im schlimmsten Wintermonat eintraf; wochenlang litt er an einem Katarrh mit Husten und Kopfschmerzen.231 Wie die vier Briefe aus Neisse demonstrieren, konnte er sich mit den gelegentlichen Temperamentausbrüchen und Exzessen des Erzherzogs nicht abfinden, dass der jugendliche Bischof die Gesellschaft von Menschen seines Alters bevorzugte, nicht ertragen. Sein ehemaliger Zögling, jetzt zur Position eines Landesherrn aufgestiegen, vielleicht auch die Probleme einer gespaltenen Diözese, so viel weitläufiger als die Gurker mit ihrer Handvoll von Pfarreien, der missmutige Landadel, die aufsässigen Einwohner der Residenzstadt, schienen ihn zu überfordern. Die Schelmereien, die sich der Erzherzog gelegentlich erlaubte, die jungen Gefährten, die er sich aussuchte, die Erkenntnis, dass der ihm Anvertraute wenig Neigung oder Eignung zum geistlichen Beruf zeigte, all das ging dem humorlosen und rigiden Lamberg auf die Nerven. Er verriet dann sogar ­Zeichen eines Verfolgungssyndroms, sah sich von Widersachern umringt, glaubte, es ginge mit seiner Gesundheit bergab, zweifelte, er würde Kärnten jemals wiedersehen – er lebte dort noch einundzwanzig Jahre –, das Einzige, was er zu erwarten hätte, sei der Zorn seines Herrn, des Erzherzogs Ferdinand. Nach fünf Monaten in Neisse meinte er, ein halbes Königreich könnte er sich kaufen, hätte er einen Gulden für jeden Grund (sein Neisser Mandat niederzulegen); er wünschte nichts mehr, als seines Postens so bald wie möglich enthoben zu werden.232 Der verfrühte Rückzug aus Neisse enttäuschte offensichtlich seinen Herrn und muss für den Gurker Bischof höchst blamabel gewesen sein. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Lamberg trotz seines Talentes für die Verwaltung, wie seine Positionen unter Leopold und Ferdinand ausweisen, im Neisse des Jahres 1609 fehl am Platze war und seine Mission, wenn nicht ein totales Fiasko, doch ohne Erfolg endete, sogar unter denen, die Verantwortung für die Geschicke von Bistum und Fürstentum trugen, einige Wunden hinterließ. Das Schicksal des katholischen Glaubens in Schlesien war im Sommer 1609, als er in seine österreichische Diözese zurückkehrte, kaum mehr gesichert – wegen der Majestätsbriefe vom August eher prekärer – als bei seiner Ankunft sieben oder acht Monate früher. Man kann nicht 2 31 Lamberg an Ferdinand, 23. 01. 1609, Wien HHStA, Familienkorrespondenz A 8 11 4, fol. 91v. 232 Dass er aus Neisse weg will, macht er besonders dem Jakob Eberlein klar, 30. 05. 1609, Wien HHS tA, Familienkorrespondenz A 8 11 4, fol. 96r, gegenüber Ferdinand ist er vorsichtiger, 03. 06. 1609, fol. 98r.

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verstehen, dass dieser gescheite und erfahrungsreiche Mann, mit achtundvierzig Jahren auf dem Höhepunkt seiner Schaffenskraft, dessen Rat von Fürsten, selbst dem ­Kaiser, gesucht wurde und der dem Erzherzog von Steiermark über Jahre hin in der Verwaltung seiner Länder unentbehrlich war, dem Auftrag in Neisse nicht gewachsen schien und nach kaum vier oder fünf Monaten, im vollen Bewusstsein des Vertrauens, das Ferdinand in ihn gesetzt hatte, kläglich darum bat, sein Mandat niederlegen zu dürfen oder gar aus dem herzoglichen Dienst zu scheiden. Merkwürdig, dass ihm die Leitung von Bistum und Fürstentum und die Aufsicht über den unfertigen Habsburger, der für eine geistliche Karriere nichts übrig hatte, aber durchaus gewillt war zu tun, was seine Familie von ihm erwartete, den er schon von Kindesbeinen an kannte, so schnell zu viel wurde. Die ihm übertragene Aufgabe, Bistum und Fürstentum an Stelle des jungen Fürsten zu regieren und diesen in den ersten Jahren seiner Herrschaft zu leiten, war doch eine durchaus ausführbare; erfahrenes Personal und lange gewohnte Wege der Verwaltung standen ihm zur Verfügung. Die Ursachen für sein Versagen lagen in seinem Charakter. Er war ein Perfektionist, reizbar, konnte Kritik nicht leicht vertragen, war unrealistisch in seinen Erwartungen, ungeduldig und undiplomatisch. Er litt vielleicht auch an einer milden Paranoia, denn in Neisse wie vorher in Passau fühlte er, jeder gab ihm allein die Schuld, wenn irgendwo etwas schiefging, und dem welschen Postreiter wollte er nicht mit einem Brief trauen. Die kluge Konstanze in Warschau hatte wohl recht, wenn sie ihn als ungeeignet für diese Mission bezeichnete. Zwei der drei Schreiben des Erzherzogs an Ferdinand, die sich aus dem ersten Jahre seiner Regierung erhalten haben, berühren Probleme, die in den Briefen Lambergs zur Sprache kommen. Am 11. Februar 1609 – Karl ist noch keine zwei Monate in Schlesien – schreibt er einen lateinischen Brief an den Bruder.233 Der Überbringer ist sein mit Namen nicht genannter Kanzler, um dessen Bestätigung im Amt er seinen Bruder dringend bittet. Ebenso sucht er die Erlaubnis, einen Albert von Lamberg als seinen Kämmerer anzustellen. Der Name ist von Interesse, es könnte sich um einen Verwandten des Johann Jakob handeln, den Karl übrigens in keinem der drei Briefe erwähnt. Besonders bittet der junge Bischof seinen Bruder, ihn von dem Herrn Pess(ius) oder Petz zu befreien, der nicht nur für den Bischof selbst der Anstifter vieler Übel sei. Der Kanzler werde ihm Weiteres in dieser Hinsicht mitteilen, da man manches nicht zu Papier bringen möchte. Er bittet auch um einen Klausenmeister und einen Holzmeister und möchte diese um die Mitte der Fastenzeit in Neisse haben. Der Priester ­Hannibal, auf den sich der Brief lobend bezieht – vir bonus et sanctus –, ist offensichtlich ­Hannibal Grisonius, den Bischof Stobaeus wenig schätzte. Am 9. Mai 1609 antwortet Karl auf einen Tadelbrief seines Bruders Ferdinand, der nicht erhalten ist, und drückt gleichzeitig sein Bedauern über ein früheres Schreiben an den Herzog von Steiermark aus,

233 Karl an Ferdinand, Neisse, 11. 02. 1609, Wien HHSA, HausA Familienkorrespondenz A 5 – 2 – 3.

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das wir ebenfalls nicht kennen.234 Zum Brief des Bischofs Lamberg vom 8. Mai lässt sich ­dieses Schreiben an den Bruder nicht in Beziehung bringen, oder höchstens in dem Sinne, dass es dem jungen Mann immer noch schwerfiel, sich auf seine Rolle als Fürst und Bischof einzustellen.235 Der Brief ist ganz demütig und unterwürfig, es ist klar, dem jungen Bischof ist sehr daran gelegen, sich die Gunst und den guten Willen seines Bruders zu bewahren. Er habe durch seinen Diener Ferdinands Brief erhalten und sehe daraus, dass er in seinem Schreiben zu weit gegangen sei. Ferdinand solle es ihm nicht verübeln und es seinen damaligen Schmerzen zuschreiben. Er bittet ihn, sein gnädigster Bruder und Vater zu bleiben, er werde gehorsam dem nachkommen, was ihm Ferdinand geschrieben habe, und hoffe, Ferdinand werde vergessen, was ihm nicht gefallen habe, und sein Herz aus diesen wenigen Zeilen erkennen. Trotz solcher Schuldbekenntnisse und Selbstanklagen gegenüber dem Bruder wandelte sich Karls Auftreten zunächst nicht, wie Lambergs Briefe nur drei Wochen ­später bezeugen. Das Verhältnis ­zwischen Betreuer und dem ihm Anvertrauten war zerstört, der Bruch unvermeidbar, vollzogen, als Lamberg im Sommer 1609 Neisse verließ und nach Österreich zurückkehrte. Genau wann und wohin, wissen wir nicht. Da Lamberg ja bald wieder in Diensten des Herzogs von Steiermark belegt ist, kam es sicherlich in den folgenden Jahren zu gelegentlichen Begegnungen – nicht unfreundlichen wahrscheinlich, denn der Erzherzog versöhnte sich schnell –, über ­solche haben die Quellen nichts zu sagen.

8. Georg Stobaeus von Palmburg, Bischof von Lavant, in Neisse, 24. Dezember 1609 bis 13. April 1611236 Im Gegensatz zum Bischof von Gurk, dessen Namen wir in den Neisser Quellen aus den Jahren 1608 – 1609 überhaupt nicht finden, begegnet der des Bischofs von Lavant, Georg Stobaeus, gelegentlich, so in einem Neisser Schriftstück vom 12. – 14. März 2 34 Karl an Ferdinand, Neisse, 09. 05. 1609, Wien HHSA, HausA Familienkorrespondenz A 5 – 2 – 3. 235 Anders L eitsch : Das Leben am Hof Sigismunds III. 3, S. 1516 Anm. 484. 236 Heinrich Ritter von Z e i s s b e r g : Georg III . Stobaeus von Palmburg, in: ABD 8 (1878), S. 677 – 679; K rones : Geschichte der Karl-Franzens-Universität in Graz, S. 390 Anm. 1; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 5 – 6; Jakob S tepischneg : Georg III . Stobaeus von Palmburg. Fürstbischof von Lavant, in: Archiv für österreichische Geschichte 15 (1856), S. 73 – 132. Seine Erhebung zum Bischof wurde vom Nuntius Caligari begrüßt; R ainer : Die Grazer Nuntiatur 1580 – 1622, S. 283 („il dottore Stobeo theologo sacerdote persona grave et alle­vata nell collegio Germanico di Roma“). Schon 1582 bediente sich seiner Kardinal Madruzzo und schickte ihn zum Bamberger Bischof; ebd., S. 34 Anm. 8. Die Briefe des ­Stobaeus an Erzherzog Karl vor der Ernennung zum Bischof in S tobaeus : Epistolae ad diversos (1758), S. 137 – 155, ohne Datum unter dem Jahr 1604, die sich auf Schlesien beziehenden Briefe von September 1609 bis Mai 1611 S. 251 f., 255 – 257, 259 – 268, 273, 276 – 284, 287 – 292. Einige wenige Einzelheiten zum Aufenthalt des Georg Stobaeus in Schlesien auf Grund seiner Briefe finden sich bei T angl : Reihe der Bischöfe von Lavant, S. 230 – 258, hier 235, 242 (über die

Georg Stobaeus von Palmburg, Bischof von Lavant, in Neisse, 1609 –1611

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1610 in Ottmachau, wo er als „Oberster Hofmeister“ und Haupt der Regierung des Fürstentums auftritt. Auch in einem Privileg für die Schneiderzunft vom 29. März 1610 erscheint Stobaeus.237 Er selbst beschrieb seine Stellung als die eines „obersten Statthalters“, summus praefectus. Aus seinen Briefen wissen wir den genauen Tag seiner Ankunft in Neisse – 24. Dezember 1609 – und den Tag seiner Abreise – 13. April 1611. Die schon vor zweieinhalb Jahrhunderten gedruckte, allerdings nicht vollständige lateinische Korrespondenz des Stobaeus enthält einundsechzig Briefe, die er während oder im Zusammenhang mit seinen sechzehn Monaten in Schlesien schrieb oder empfing. Sie fallen in die Zeit vom 1. September 1609 bis 15. Mai 1611.238 Zweiundvierzig Schreiben berühren die Verhältnisse im Bistum Breslau oder speziell sein Mandat in Neisse. Von diesen verfasste er sieben vor seiner Ankunft in Schlesien, sie handeln von den Überlegungen und Entscheidungen, die der Reise vorausgingen. Dreizehn Schreiben sind Korrespondenz ­zwischen Bischof Stobaeus und dem ­Breslauer Domkapitel oder einzelnen Mitgliedern, manche von ihm oder seinen Adressaten als rhetorische Kunststücke gedacht, in erster Linie ein Ausdruck wechselseitigen Respekts, zum Teil ohne besondere Fakten oder Daten; sie zeigen aber einen gewandten Diplomaten am Werk. Zweiundzwanzig Briefe, während des Neisser Aufenthalts oder gleich danach geschrieben, enthalten Kommentare, seine eigenen oder die seiner Korrespondenten, zu den Verhältnissen in Schlesien oder den besonderen Problemen, mit denen sich Stobaeus auseinandersetzen musste. Am inhaltsreichsten in dieser Hinsicht ist das Schreiben an Erzherzog Ferdinand, nun bereits wieder von Lavant aus, vom 15. Mai 1611. Georg Stobaeus war neunundzwanzig Jahre älter als Johann Jakob von Lamberg. Beide dienten unter Erzherzog Ferdinand als Bischöfe winziger Diözesen in Kärnten und hielten nur durch fünf Jahre getrennt das Amt des Statthalters von Innerösterreich. Beide nahmen Teil an der Erziehung der Habsburger Prinzen. Am 27. November 1603 schickte Stobaeus dem Lamberg einen überschwenglichen Glückwunschbrief zu dessen schlesische Exkursion konnte Tangl nichts im Archiv in St. Andrä finden, über andere Reisen des Bischofs hat er interessante Einzelheiten). Nur auf die nicht geglückte Übernahme der Linzer Pfarrei (1580 – 1582) bezieht sich Georg W acha : Georg Stobaeus, Pfarrer von Linz, Bischof von Lavant, in: Carinthia 1. Zeitschrift für geschichtliche Landeskunde von Kärnten 175 (1985), S. 215 – 228. Nicht gesehen die Handschrift Graz, Steiermärkisches Landesarchiv: Georgii Stobaei de Palmaburgo Episcopi Lavantini Epistolae ad diversos, Manuskript aus dem 18. Jahrhundert, auf diese verweist P örtner : The Counter-Reformation in Central Europe, S. 270. 237 B uckisch 2, 5, 8 (die Delegation an die Fürsten und Stände, 14. 03. 1610); K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 37, 332 Anm. 5. 2 38 Einen Brief an den Breslauer Domherrn Sebastian Hartmann schrieb Stobaeus erst 1613, also zwei Jahre nach seiner Rückkehr, nicht gezählt bei den 61, 19. 03. 1613, der Brief nicht in der Ausgabe von 1758; S tobaeus : Epistolae ad diversos (1749), S. 387.

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Erhebung zum Bischof. Unter den zahlreichen Korrespondenten des Stobaeus begegnet Lambergs Name aber nur zweimal. Anscheinend bestand trotz der Beteuerungen ewiger Freundschaft in dem genannten Gratulationsschreiben kein enges Verhältnis ­zwischen den beiden, eher eine gewisse Konkurrenz, so möchte man wenigstens einige Bemerkungen des Stobaeus über Lamberg deuten; Lamberg erwähnt Stobaeus nirgendwo. Stobaeus stammte aus dem ostpreußischen Braunsberg, ­zwischen Danzig und Königsberg gelegen, war 1532 geboren, studierte am Collegium Germanicum und diente ­später als Pfarrer in Graz und als Domdechant in Brixen. Erst als Zweiundfünfzigjährigen ernannte ihn der Erzbischof von Salzburg 1584 zum Fürstbischof von Lavant, benannt nach dem Fluss Lavant, in Kärnten, einer Diözese von nur sieben Pfarreien, wo der Bischofssitz zwölf Jahre vakant gewesen war und der Bischof nur ein karges Einkommen bezog.239 Hier wie im Bistum Seckau hatten sich viele für Luthers Evangelium entschieden, und die Salzburger Domherren, die den ersten Anspruch auf den Bischofsstuhl hatten, fanden deshalb diese Bischofssitze wenig attraktiv.240 Den Klerus zu reformieren und dem weiteren Vormarsch der Protestanten Einhalt zu gebieten sah Stobaeus als seine dringendsten Aufgaben. Zum Statthalter von Innerösterreich ernannte ihn Erzherzog Ferdinand von Steiermark im Jahre 1597. In dieser Position, die er bis 1608 hielt, schaltete er, neben dem Bischof von Seckau, Martin Brenner, als der wichtigste Ratgeber des Landesherrn bei der Rekatholisierung des Landes.241 ­Stobaeus stand den Habsburgern nahe und begleitete die Schwestern des Erzherzogs, als sie Potentaten aus fernen Ländern Europas angetraut wurden. Zweifellos ein geselliger und sympathischer Mensch und kluger Diplomat – in persuadendo felix, heißt er sich 239 Der Bischofssitz war Sankt Andrä in Kärnten im Tale der Lavant, nur 10 km von der Mündung der Lavant in die Drau entfernt, 1859 nach Marburg (Maribor, Slowenien) übertragen. Der Bischof hatte den Titel Fürstbischof, aber kein Hochstift. 240 Karl A mon Hg.: Die Bischöfe von Graz-Seckau 1218 – 1968 (= Veröffentlichungen des steiermärkischen Landesarchivs 7), Graz, Wien, Köln 1969, S. 260. 241 Die Briefe des Stobaeus, die sich auf die Rekatholisierung in der Steiermark und Kärnten beziehen, sind gedruckt in Marcus H ansiz : Germania Sacra 1 – 3, 1 – 2 Augsburg, 3 Wien 1727 – 1755; 2, Archiepiscopatus Salisburgensis, enthält die folgenden vier Schreiben des ­Stobaeus, das erste gerichtet an Erzherzog Karl, den späteren Bischof von Breslau, die anderen drei an Erzherzog Ferdinand, alle handeln von der Rekatholisierung in Kärnten, Steiermark. (1) Palmburg, 01. 05. 1604 (beginnt Quod non ita, schließt consultum cupimus), mit dem Titel: De peracta reformatione religionis in Stiria, Carinthia, Carniola ad serenissimum principem D. Carolum Archiducem Austriae, H ansiz : Germania Sacra 2, S. 676 – 708; (2) 20. 08. 1598 mit dem Titel: De auspicanda religionis reformatione (beginnt Non possum, endet in restauranda Catholica voti competes faxit), S. 713 – 720; (3) 31. 07. 1605 (beginnt Magna est tua in Deum Deique religionem, endet invocaverimus te), S. 736 – 742; (4) Lavant, Vigil des Erzengels Michael (28.09.) 1615 (beginnt Quod felix fortunatumque, endet semper faciat illustriorem), S. 742 – 744. Nach dem ausführlichen Index sind das die einzigen Briefe des Stobaeus bei Hansiz. Ein langer Abschnitt über die Aktivitäten des Stobaeus bei der katholischen Restauration bei S tepischneg : Georg III. Stobaeus von Palmburg, S. 97 – 111, eine fast lückenlose Wiedergabe des Briefes vom 1. Mai 1604 auf Deutsch S. 97 – 106.

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in einem Brief an Karl –, pflegte er diese Beziehungen durch artige Korrespondenz, wie seine Briefe an die Königinnen von Spanien und Polen oder die Groß-Herzogin von Toskana bezeugen.242 Zwei Erfahrungen in Österreich prädestinierten ihn für seine Mission in Neisse, die Vorbereitung der jungen Habsburger auf ein hohes Kirchenamt, an der er dauerndes Interesse nahm, und seine dominierende Rolle im Religionskonflikt in der Steiermark. Zunächst befasste er sich mehr mit Leopolds Karriere, dessen Wahl zum Bischof von Passau der Papst 1598 bestätigte. Ein undatierter Brief an seinen Vorgänger in Neisse, geschrieben vor dessen Ernennung zum Bischof, nahm Anstoß daran, dass Johann Jakob von Lamberg als Obersthofmeister der Prinzen Leopold und Karl mit den beiden auf die Jagd ging. Leopold war damals schon gewählter Bischof von Passau und Stobaeus belehrte den Prinzenerzieher, die Jagd möchte sich für einen Fürsten geziemen, aber nicht für einen Bischof: „Wer für Gott streiten will, darf sich nicht weltlichen Geschäften hingeben. Jagd auf Wild und Jagd auf Seelen vertragen sich nicht miteinander.“ 243 Solche Besserwisserei eines Mannes, der dem Bürgertum und überdies einem fernen Lande entstammte, schob der aristokratische Lamberg, der die Passionen der Habsburger kannte, gewiss ärgerlich beiseite. Stobaeus war in erster Linie der Vater der Strategien, die Ferdinand anwandte, um die Rekatholisierung seiner Territorien zu erreichen. In mehreren Schriftstücken berichtet Stobaeus darüber, besonders in einem langen Traktat vom 1. Mai 1604, den er an den künftigen Bischof von Breslau richtete; auch sein Brief an Papst Paul aus Neisse vom 2. Juni 1610 geht noch einmal des Längeren auf die katholische Restauration in Steiermark ein. Im Jahre 1598 (20. August) schrieb er ein Memorandum für Ferdinand, in dem er drei Fragen des Herzogs bezüglich der Gegenreformation in seinem Lande beantwortet.244 Ferdinand folgte den Empfehlungen. Stobaeus schlug vor, sofort zu beginnen (sich nicht vom Krieg ablenken zu lassen), nicht Gewalt anzuwenden, sondern einfach durch ein herzogliches Edikt die evangelische Religion zu verbieten, als ersten Schritt die Prädikanten aus Graz zu vertreiben. Für die deutschen Länder des Herzogs riet er von der Einführung der Inquisition ab. Er empfahl dem Erzherzog dringend, der Forderung der Landstände, dass wenigstens sie selbst Religionsfreiheit haben sollten, nicht nachzugeben.245 Er berichtet von der Hinrichtung eines schwäbischen Prädikanten und dessen Ehefrau, ansonsten zeitigte 242 An Karl, anscheinend 1604, S tobaeus : Epistolae ad diversos (1758), S. 145. 243 S tobaeus : Epistolae ad diversos (1758), S. 61 f.; Papst Klemens VIII. erkannte die Wahl des Leopold 1598 an, S tepischneg : Georg III. Stobaeus von Palmburg, S. 118. 244 An Karl, 01. 05. 1604, H ansiz : Germania Sacra 2, S. 676 – 708; an Papst Paul V., 02. 06. 1610, S tobaeus : Epistolae ad diversos (1758), S. 268 – 273; an Ferdinand, 20. 08. 1598, H ansiz : Germania Sacra 2, S. 736 – 741; unter dem gleichen Datum an Ferdinand (beginnt Vix Lavantum, endet humiliter commendo), S tobaeus : Epistolae ad diversos (1758), irrig über die letzteren beiden Briefe S tepischneg : Georg III. Stobaeus von Palmburg, S. 106 – 107. 245 S tepischneg : Georg III. Stobaeus von Palmburg, S. 109.

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die Gegenreformation in Steiermark keine Blutopfer.246 Stobaeus ging gemessen oder auf jeden Fall geschickt gegen die Neugläubigen vor und wollte vor allem vermeiden, dass die Schritte der landesherrlichen Regierung Märtyrer schufen. Er trat aber für ein herzogliches Edikt ein, das die Protestanten vor die Alternative stellte, zur katholischen ­Kirche zurückzukehren oder ihren Besitz zu verkaufen und auszuwandern. Stobaeus widmete sich in erster Linie den politischen Problemen, während die eigentliche von Pfarrei zu Pfarrei ausgetragene Kampagne für die Wiedergewinnung des Volkes, mit zum Teil barbarischen Methoden, wie der zeitweiligen Einkerkerung Starrsinniger in Klöstern, in den Händen des sechzehn Jahre jüngeren Martin Brenner, Bischof von Seckau und Salzburger Generalvikar in der Steiermark, lag.247 Im Jahre 1608, jetzt sechsundsiebzig Jahre alt, war Stobaeus seines Amtes als Statthalter müde, auf sein Ersuchen erlaubte ihm der Landesfürst, in den Ruhestand zu treten, mit einer jährlichen Pension von fünfhundert Floren und fünfundzwanzig Fudern Salz.248 Die dringende Bitte des Erzherzogs nur drei Monate ­später, die Statthalterschaft im Bistum Breslau und Fürstentum Neisse zu übernehmen, traf ihn ganz unvorbereitet, er erinnerte an sein Alter und seine fragile Gesundheit und lehnte ab.249 Ferdinand ließ aber nicht locker, er sah in ihm den besten, wenn nicht gar den einzigen Mann in seinen Ländern, der dem Breslauer Bischof in einem besonders kritischen Moment zu Hilfe kommen konnte, und am Ende gab Stobaeus nach; dem treuen Diener des Hauses Habsburg war das Ersuchen des Landesherrn ein Befehl, den er nicht ignorieren durfte. Es war das zweifellos ein schweres Opfer, das Stobaeus um der ­Kirche willen und aus Anhänglichkeit an das regierende Haus jetzt auf sich nahm. Was ihn am meisten schmerzte, sagte er vor seiner Abreise, war, „dass ich auf lange Zeit von meinen Freunden getrennt sein werde, die mir immer teurer gewesen sind als das Amt.“ 250 Wie eigentlich während der ganzen sechzehn Regierungsjahre des Erzherzogs Karl, so lastete auf den Regierenden in Neisse auch während der sechzehn Neisser Monate des Bischofs von Lavant das alles beherrschende Problem des Religionskonflikts. Er wurde auf zwei Ebenen ausgetragen: ­zwischen der evangelischen Einwohnerschaft und den bischöflichen Behörden der Stadt Neisse und ­zwischen Bischof und ­Fürstentag, den 246 S tepischneg : Georg III. Stobaeus von Palmburg, S. 104. 247 A mon : Die Bischöfe von Graz-Seckau, der Beitrag über Martin Brenner von Karl Amon, S. 258 – 276, hier S. 263 – 269. Erst als Brenner die Statthalterschaft in Innerösterreich abgelehnt hatte, bot sie Ferdinand dem Stobaeus an; ebd., S. 271. Römischerseits wollte man die Inquisition einführen und die Verleihung von Lehen und Zehnten an evangelische Landstände verbieten; ebd. S. 269 f. 248 S tepischneg : Georg III. Stobaeus von Palmburg, S. 96. 249 Das Bistum Breslau lag schon 1599 in seinem Blickfeld, als er Paul Albert zur Bischofswahl gratulierte; S tobaeus : Epistolae ad diversos (1758), S. 92 f. 250 Stobaeus an Baron Peter Draskcovic (Draschovitius), 25. 10. 1609, S tobaeus : Epistolae ad diversos (1758), S. 255.

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Vertretern der Fürsten und Stände. Dem Lavanter Bischof ging es vor allem darum, den Erzherzog zu ­schützen, unnötige Spannungen zu beseitigen, Karls Position in Schlesien zu festigen. Sicherlich auf Anregung des Bischofs von Lavant suchte Karl engere Beziehungen mit den anderen schlesischen Fürsten; er schickte seinen Kanzler zum katholischen Adam Wenzel von Teschen und der neugläubige Markgraf Johann Georg von Jägerndorf kam mit seiner Frau zu einem Besuch nach Neisse. Auf den Fürstentagen erschien Karl anfangs nicht, aber es gab wahrscheinlich Begegnungen mit seinen fürstlichen Kollegen in einem kleineren Kreis, bei denen man sich gegenseitig abschätzen konnte. Nach dem Fürstentag am 8. März 1610, den Karl nicht besuchte oder beschickte und der sich mit seinen Einwänden gegen die Majestätsbriefe befasste, erschien eine siebenköpfige Delegation des Fürstentags am 12. März 1610 in ­Ottmachau mit dem Auftrage, den Bischof davon abzuhalten, den Religionsfrieden im Lande zu stören. Von acht Uhr morgens bis zwei Uhr nachmittags mussten die hohen Abgesandten auf ihre Audienz beim Erzherzog warten. Als sie endlich vor Bischof Karl traten, war sonst nur Stobaeus anwesend. Der Erzherzog traf keine Entscheidung und Stobaeus machte nachher Ausflüchte und vertröstete die Wartenden auf eine spätere Antwort.251 Einen Monat ­später wandten sich die Evangelischen der Stadt über Stobaeus an den Erzherzog mit dem Gesuch, im Lichte der vom Majestätsbrief gewährten Konzessionen eine ­Kirche und Schule für die Evangelischen zu erlauben. Die Regierung wies das zurück mit dem Argument, ­solche Anträge müssten erst dem Stadtrat gemacht werden.252 Im August verweigerte die Regierung eine Antwort, weil der Bittschrift die Unterschriften der Petenten fehlten.253 Der Obersthofmeister aus Österreich hatte Erfahrung in der Behandlung trotziger Untertanen und man möchte ihn als den Urheber solcher Verzögerungstaktiken und bürokratischen Hindernisse vermuten. Gegen die Protestanten ließ Stobaeus den Erzherzog weniger direkt und persönlich vorgehen, stattdessen erhielt das Stadtregiment entsprechende Instruktionen und war verantwortlich für die Exekution. Im November und Dezember befahl Karl dem Bürgermeister und den übrigen Stadtherren, die evangelischen Bürger unter Strafandrohung von ihren Ausschreitungen gegen die Autorität des Bischofs abzuhalten, das Aufwiegeln seitens der Evangelischen mittels Hausbesuchen bei den Wortführern und Überprüfung ihrer Reden zu untersuchen und noch am nächsten Tage Bericht zu erstatten.254 Selbst die strenge Fastenordnung vom Februar 1611, die jedermann katholische Glaubenssätze 251 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 36 – 38; E ngelbert : Bistum Breslau im Dreißigjährigen Kriege 1, S. 96. 252 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, Bittschrift der Evangelischen, 18. 04. 1610, S. 47 – 49; Dekret des Bischofs an den Neisser Rat, 19. 04. 1610, S. 49; Bittschrift der Evangelischen an den Neisser Rat, kurz danach, S. 49 – 52; Bittschrift an den Neisser Bürgermeister Gebauer, auch um diese Zeit, S. 52 – 54. Der Name des Stobaeus erscheint zweimal in ­diesem Zusammenhang. E ngelbert : Bistum Breslau im Dreißigjährigen Kriege 1, S. 9. 253 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 58. 254 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 71 – 73.

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und Praktiken in Erinnerung bringen sollte und sicherlich auf die Initiative des Bischofs von Lavant zurückging, übertrug dem Stadtrat die Aufsicht wie auch die Ahndung, wenn sie nicht beobachtet wurde.255 Im Ringen mit den Protestanten betrachtete er die Zusammenarbeit von Bischof und Kapitel als unbedingt notwendig. Mit Stobaeus an seiner Seite konsultierte Karl das Kapitel am 30. September 1610, wie er auf einen Drohbrief der evangelischen Stände antworten sollte, der die Erlaubnis zum Bau von ­Kirche und Schule innerhalb von vier Wochen verlangte.256 Den Einfluss des Stobaeus darf man besonders darin sehen, dass der Erzherzog den Fürsten und Ständen im Herbst und Winter 1610/1611 resolut und selbstsicher gegenübertrat: Die Übung der evangelischen Religion in seiner Residenzstadt zu erlauben würde sein Gewissen verletzen, die Zusammenarbeit der Fürsten und Stände mit einem Ausschuss der Evangelischen sei ein Eingriff in seine Jurisdiktion, der Majestätsbrief dürfe doch nicht ein Instrument zur Aufhetzung der Untertanen werden.257 Es besteht wohl kein Zweifel, dass die Anwesenheit des Stobaeus in Neisse stabilisierend und richtungweisend auf Politik und Stil des Erzherzogs einwirkte. Den wohltuenden Einfluss des Österreichers können wir vielleicht aus einem Abschnitt der Kapitelprotokolle ersehen, über eine Zusammenkunft zweier Kapitelherren mit dem Erzherzog Anfang Februar 1610, als Stobaeus erst ein paar Wochen im Lande war. Stobaeus hatte den Bischof anscheinend sorgfältig vorbereitet: Am Freitag den 5. Februar gaben die Herren Andreas Klimann und Gregor Bernitius, gerade von ihrer Gesandtschaft nach Neisse zurückgekehrt, einen Bericht über ihre Mission. Sie erzählten, mit wie großem Wohlwollen Serenissimus nicht nur sie empfangen und angehört, sondern wie er auch auf jeden der Punkte, die sie ihrem Auftrage gemäß vorbrachten, eine Antwort gegeben habe. Unter anderem machten einen besonders guten Eindruck seine entgegenkommende Haltung und Rede, wobei er unseren Abgesandten versicherte, in dieser stürmischen Zeit und angesichts der zahllosen Nöte der ­Kirche werde er mit Gottes Hilfe und dem Rat des Kapitels bei allem, was den gemeinen Nutzen der ­Kirche betrifft, Beistand leisten, selbst wenn er sein eigenes Blut vergießen müsste.258

Er habe „die Gemüter von Fürsten, Ständen und Adel beruhigt“, schrieb Stobaeus in seinem Rechenschaftsbericht an Ferdinand, und daran war gewiss etwas Wahres. Der in den hohen Siebzigern stehende Bischof, jetzt schon fünfundzwanzig Jahre im 255 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 74. 256 K astner : Beiträge 1500 – 1655, Kapitelprotokolle, 30. 09. 1610, S. 142 f.; E ngelbert : Bistum Breslau im Dreißigjährigen Kriege 1, S. 99. 257 20. 10. 1610, B uckisch 2, 7, 4; G ottschalk : Buckisch 2, S. 155 (Artikel 246); K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 59 – 61. 08. 11. 1610, B uckisch 2, 7, 7; G ottschalk : Buckisch 2, S. 156 (Artikel 249); K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 65 – 67. 258 K astner : Beiträge 1500 – 1655, Kapitelprotokolle, 05. 02. 1611, S. 142.

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Amt und mit zwölf Jahren Dienst am Hofe des Herzogs von Steiermark hinter sich, wusste mit Leuten umzugehen. Die Familie des Erzherzogs schätzte ihn, an wichtigen Familienereignissen in Graz hatte er seit Jahren teilgenommen, und er pflegte diese Beziehungen, wie seine Neisser Briefe an Karls Schwestern und deren Antworten zeigen. Dem künftigen Bischof von Breslau hatte er belehrende Briefe geschrieben, als dieser noch im Kindesalter stand. Zu dessen Wahl zum Breslauer Bischof schrieb er ihm seine Glückwünsche. Dass der junge Bischof den alten Mann zornig „anfahren“ würde, wie es dem Lamberg passierte, kann man sich nicht vorstellen. Stobaeus war Pragmatiker, er wusste, was er von dem neunzehn- oder zwanzigjährigen Herrscher erwarten konnte, sah seine Grenzen, aber auch seine Möglichkeiten. Er durfte wohl mit Recht behaupten, den Erzherzog auf die rechte Bahn gelenkt zu haben, so dass aus ihm ein rechtschaffener Fürst und Bischof werden würde. Er verstand die eigenwilligen, auf ihre Würde stolzen Breslauer Kanoniker für sich zu gewinnen und mit ihnen wetteiferte er in einem Austausch eleganter Briefe voller extravaganter Komplimente. Dabei machte er viel aus dem Umstand, dass zwei Breslauer Bischöfe, mehr als hundert Jahre vorher, als Bischöfe von Lavant gedient hatten.259 Noch zwei Jahre nach der Rückkehr ins Lavanttal ließ er die „Leuchten der Breslauer ­Kirche“ grüßen und nannte er sieben Kanoniker mit Namen. So versöhnte er Bischof Karl und das Breslauer Kapitel, die sein Vorgänger gegeneinander aufgebracht hatte. Die Fürsten von Oels und Jägerndorf versprachen ihm, die Neisser nicht zu unterstützen, wenn sie Neuerungen einführen wollten, und bei den erregbaren Einwohnern der Residenzstadt bewirkte er, dass sie wenigstens nicht in die ­Kirchen stürmten und die katholischen Gotteshäuser gewaltsam für sich in Anspruch nahmen. Über diesen heilsamen, die Gegensätze überwindende Einfluss auf seine Umgebung hinaus konnte sich ­Stobaeus eine Reihe von Erfolgen zugutehalten. Schon im Oktober 1610 behauptete er, „die wichtigsten Geschäfte erledigt“ zu haben. Wie er dem Erzherzog von Steiermark berichtete, hatte er „das bischöfliche Amt wieder in Ordnung gebracht, den Weg, den ein Nachfolger mit Erfolg beschreiten könnte, vorgezeichnet“.260 Er organisierte eine Gesandtschaft an den ­Kaiser in Prag, der jetzt Neisse von der den Evangelischen verbrieften Religionsfreiheit ausnahm. Den mächtigen polnischen Nachbarn der schlesischen Miniaturfürsten überredete er, diesen einen geharnischten Brief zu schreiben, der sie davor warnte, den Breslauer Bischof allzu sehr zu bedrängen; so angeregt, wandte sich dann Sigismund auf eigene Initiative an den ­Kaiser und versuchte ihn zu überzeugen, dass energische Unterstützung des Erzherzogs notwendig sei. Stobaeus 259 Zu Johannes Roth in Kärnten: Franz von K rones , in: ADB 14 (1881), S. 230 f.; zu Rudolf von Rüdesheim: Ludwig P etry : Rudolf von Rüdesheim, Bischof von Lavant und Breslau, in: ders .: Dem Osten zugewandt. Gesammelte Aufsätze zur schlesischen und ostdeutschen Geschichte (= Quellen und Darstellungen zur schlesischen Geschichte 22), Sigmaringen 1983, S. 274 – 284, besonders S. 279 – 282. 260 An Ferdinand, 15. 10. 1610, 15. 05. 1611, S tobaeus : Epistolae ad diversos (1758), S. 283, 290 – 292.

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erkannte, eine Rückkehr zum früheren Religionszustand war nicht möglich, glaubte aber verhindert zu haben, dass sich die Lage der Katholiken in Schlesien noch weiter verschlechterte, ließ sich sogar einmal, in dem erwähnten Schreiben vom 15. Oktober 1610, zur Behauptung hinreißen, „die Religion sei überall gesichert“. Wir wissen, das Urteil des Bischofs von Lavant über seine Erfolge in Neisse war zu optimistisch, vielleicht weil er das Neisser Geschäft sobald wie möglich hinter sich bringen wollte, um in seine Weinberge im stillen Lavanttal zurückzukehren. Er trug sicher dazu bei, dass die bischöfliche Regierung eine härtere Linie gegen die Protestanten in Neisse und in Schlesien überhaupt verfolgte. Eine andere Politik war dem Bruder Ferdinands, des führenden Exponenten der Gegenreformation, kaum möglich, aber Stobaeus wusste, wie man diese unnachgiebige Einstellung in praktische Maßnahmen umsetzte, wie seine oben beschriebene Rolle bei den Antworten, die der Bischof den Protestanten gab, demonstriert. Es kam in Neisse zwar nicht wie in der Steiermark zu Massenausweisungen, aber die Verbannung zweier protestantischer Anführer, Caspar Lange und Wolff Wietke, aus Stadt und Fürstentum innerhalb von vierzehn Tagen, ob sie nun in den Tagen des Stobaeus oder wenig ­später stattfand, war ganz im Stile der Taktiken, die er dem Herzog von Steiermark ein Jahrzehnt vorher empfohlen hatte.261 Aus der Perspektive der katholischen Partei war seine Mission in Neisse zweifellos erfolgreicher als die des Lamberg. Ein ausgeglichenes Temperament, eine Tendenz, auch seine Gegner mit Maß zu behandeln, nicht sie nur zu konfrontieren, sondern sie eher für seinen Standpunkt zu gewinnen, spielten dabei eine Rolle. Seine Briefe oder wenigstens seine Berichte an Ferdinand vom 15. Oktober 1610 und 15. Mai 1611 verraten aber auch eine Neigung zur Selbsttäuschung.262 Was Bischof Karl unter den Auspizien des Bischofs von Lavant und in den folgenden anderthalb Jahrzehnten erreichte, belief sich bestenfalls auf die Bewahrung des Status quo im Bistum und ein wenig Gewinn im bischöflichen Fürstentum. Was die Protestanten Schlesiens erzielt hatten, konnte die österreichische Herrschaft in den ihr verbleibenden anderthalb Jahrhunderten nur mit Gewalt ändern.

9. Die Bischöfe von Gurk und Lavant über den jugendlichen Erzherzog Karl Die Korrespondenz der österreichischen Bischöfe während ihres Aufenthalts in Neisse – in den Jahren 1609, 1610 und den ersten vier Monaten des Jahres 1611 – trägt nur wenig bei zur weiteren Kenntnis oder einem tieferen Verständnis der Geschichte des Bistums Breslau oder des Fürstentums Neisse. Die sechsundzwanzig Briefe ergänzen aber das Bild, das wir vom Bischof von Breslau haben, allerdings nur 261 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 74 Anm. 4 (aus den schlesischen Gravamina). 262 S tobaeus : Epistolae ad diversos (1758), S. 283, 15. 10. 1610.

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in seinen Jugendjahren.263 Die Art, in der die beiden Korrespondenten Einblick in die Persönlichkeit des jungen Bischofs geben, unterscheidet sich dabei merklich. ­Stobaeus schreibt lateinisch, ist distanziert, objektiv, er beobachtet, beschreibt, fasst zusammen, fällt ein Urteil, schmeichelt die Empfänger, seine Briefe sind sorgfältig ausgearbeitet, sind kleine Kunstwerke. Lamberg schreibt deutsch, steht mitten im Wirrwar der Ereignisse, schreibt aus persönlicher Bedrängnis, berichtet bezeichnende Vorfälle, unmittelbare Reaktionen (seine und die des Fürsten), Bemerkungen, ganze Dialoge, die er mit dem Erzherzog führte; aus solchen Umständen und Eindrücken können wir uns dann selbst eine Vorstellung von der Persönlichkeit des jungen Erzherzogs bilden. Lambergs Verfahren ist ein subjektives, unmittelbares. Hier und da stimmen die beiden Bischöfe in ihrer Einschätzung der Persönlichkeit des Bischofs durchaus überein, im Großen unterscheidet sich das Bild aber: Stobaeus ist positiv, optimistisch, glaubt, der Bischof habe das Zeug zu einem richtigen Herrscher, wenn er sich nur recht leiten lässt; Lamberg erscheint überwältigt von den Problemen, den unziemlichen Neigungen und ungehörigen Bekanntschaften des Fürsten, er möchte lieber tausendmal davonziehen, „als khunfftig mit ­diesem herrn in spott vnd schande geratten“,264 er erlaubt sich keine Prognosen, findet seine persönliche Beziehung zum Bischof am Ende zu kompliziert, glaubt sich in einer aussichtslosen Situation, aus der ihn nur ein schneller Ausstieg aus der angewiesenen Rolle führen kann. Lamberg gibt uns den Bischof im ersten Regierungsjahr, den Achtzehnjährigen, Stobaeus den im zweiten und dritten Regierungsjahr, den Neunzehn- und Zwanzigjährigen, einen wenn auch nicht abgeklärten Erwachsenen, so doch einen jungen Herrscher, der sich einigermaßen in sein Amt gefunden hat. Mit seinem Aufstieg zum Landesherrn hing Karls weitere Ausbildung von seinen bischöflichen Betreuern ab, die sie in die Hände des einen oder anderen Präzeptoren legten, ein fragwürdiger Ersatz für das systematische Studium zusammen mit anderen im Jesuitenkolleg oder der Universität. Lamberg tadelte, dass Karl nichts Rechtes studierte, vor allem am deutschen Lesen und Schreiben überhaupt nicht interessiert war.265 Ebenso fand Stobaeus, dass Karl den Musen „wie Schlangen“ aus dem Wege ging, nichts von Dialektik und Rhetorik wusste, sich nur ein wenig die kanonischen Regeln über das Bischofsamt angesehen hatte, sonst nichts; so Stobaeus, als Karl schon fast drei Jahre Bischof war.266 Karls Interessen lagen anderswo. An freien Tagen war 263 S tepischneg : Georg III. Stobaeus von Palmburg, S. 119 – 123, gibt ein Bild des Erzherzogs auf Grund der Briefe des Stobaeus. 264 Wien HHStA, Familienkorrespondenz A 8 11 4, fol. 96r. 265 „Interim aber studiren sy auch nichts rechtes, so appliziren sy sich zum teitschen lesen, schreiben und anderen sachen pure nicht“; Wien HHStA, Familienkorrespondenz A 8 11 4, fol. 96v. Karl konnte aber schon als Zehnjähriger schön deutsch schreiben, wie oben angezeigt. 266 Stobaeus an Ferdinand, 15. 05. 1611, S tobaeus : Epistolae ad diversos (1758), S. 290 – 292, hier 291; S tepischneg : Georg III. Stobaeus von Palmburg, S. 123.

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er niemals müßig. Bei schönem Wetter fand man ihn gleich im Freien, ging er seinen bevorzugten Vergnügen nach – Reiten, Jagen, Fischen –, bei schlechtem besuchte er die Werkstätten von Bogenmachern, Goldschmieden, Malern. Er verabscheute aber Würfel- und Kartenspiel und ähnliche verderbliche Unterhaltungen. Das Unwohlsein, das ihn einmal vom Besuch der Messe und Predigt abhielt, schrieb Lamberg den häufigen und anscheinend reichen Mahlzeiten zu, die der Erzherzog einnahm, einschließlich Bier („ordinarie“) beim Abendessen und als Schlaftrunk, und er bemerkte, dass der Bischof sich brüstete, ein Glas auf „einen Schnapps“ auszutrinken; sein Magen war immer voll. Das Resultat war wohl, dass er früh alterte. Das Ganzporträt mit Hund im Neisser Museum, das den im Alter von vierunddreißig Jahren verstorbenen Fürsten wahrscheinlich noch einige Jahre jünger darstellt, könnte das Bild eines doppelt so alten Mannes sein.267 Es scheint, dass die zum Herrschen ausersehenen Habsburger – und auch die Herrschern in so vielen Winkeln Europas angetrauten Frauen aus dem Hause Habsburg – früh reiften, früh alterten und früh ins Grab sanken. An Regierungsgeschäften hatte er, solange Lamberg sich in Neisse aufhielt, also während des ersten Jahres seiner Herrschaft, kein Interesse – „Iro Dl nemmen sich vmb die geringste regierung solid nitt an“.268 Stobaeus ist da wieder viel positiver. Er berichtet, Karl nehme die Angelegenheiten seiner ­Kirche zu Herzen, beteilige sich an Beratungen über politische und kirchliche Geschäfte, führe dabei sogar den Vorsitz. Seine Fragen und Beobachtungen bei diesen Sitzungen, berücksichtigte man sein Alter, stellten den Bischof von Lavant zufrieden. Familienangelegenheiten waren dem Erzherzog besonders wichtig. Der junge Habsburger, mit achtzehn Jahren plötzlich regierender Landesherr und hoher kirchlicher Würdenträger, war ein von seinen Gefühlen bestimmter, aber nicht unsympathischer junger Mensch. Nach einer Episode schlechten Benehmens erschien er mit seinem Beichtvater, dem Pater Wilhelm Johnston, vor dem Bischof von Lamberg und bat um Verzeihung. Er sprach ein kräftiges Deutsch: Man hat ihm den bei seinen Brüdern „ausgemusterten“ Waltenhofer als Kammerherrn „angehängt“, Lamberg sollte dafür sorgen, dass dieser „sich bald aus dem Staube mache“, lieber als Bischof von Breslau wollte er „Stalljunge beim Bruder“ in Graz sein. Schon als Vierzehnjähriger zeigte er Sinn für Humor, als er Bischof Stobaeus beim Bau seines Hauses in Graz an den Psalm erinnerte, der davor warnte, weltlichen Reichtümern nachzugehen. Mit der Dienerschaft im Neisser Schloss scherzte er mehr, als dem Gurker Bischof lieb war. Als er herausfand, dass man über sein Verhalten den Herzog von Steiermark informiert hatte, geriet er in Wut, „mein Kopf soll nicht sanft ruhen“, sagt er seinem Betreuer, bis er weiß, wer das getan hat, er wird sich an dieser Person rächen. Er hasste es, in seiner Stellung „eingesperrt“ zu sein und „jedem Rechenschaft geben“ zu müssen. Bei einem Spaziergang kam es zu einem Wortwechsel ­zwischen 2 67 P ater : Poczet biskupów wrocławskich, Abb. 82. 268 Johann Jakob von Lamberg an Jakob Eberlein, 30. 05. 1609, Wien HHStA, Familienkorrespondenz A 8 11 4, fol. 96v.

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dem Erzherzog und dem ­Kammerherrn ­Waltenhofer, der dem Fürsten seine Ungehaltenheit ausdrückte über die Art und Weise, in der ihn der Erzherzog angeredet hatte. Karl führte seine Unpässlichkeit in der folgenden Nacht auf diesen unangenehmen Zusammenstoß zurück. Er fühlte jetzt eine scharfe Antipathie gegen den Mann (der von Lamberg hochgeschätzt wurde) – „ich will in weitter nitt leiden, ich hab khain hertz mer zu im, er ist mir zuwider, ich will und mag in weitter nitt haben“ 269 – und wollte ihm sogleich persönlich die Entlassung aus dem Dienst ankündigen. Einmal kann er den Jakob Eberlein, ein anderes Mal den Herrn Petz nicht ausstehen, beides Männer, die Bischof Lamberg in seiner Arbeit zur Seite standen. Stobaeus fand aber seinen Umgang mit anderen lobenswert, er beschreibt den Erzherzog als freundlich, leutselig, gnädig gegenüber Untergebenen, großzügig zu den Armen, Eigenschaften, so Stobaeus, die er mit den anderen Fürsten Österreichs teilte. Karl erinnerte zwar in den ersten Monaten seiner Herrschaft gelegentlich einen seiner Betreuer daran, dass er jetzt ein princeps gubernans war, aber er handelte, so sagte ihm Lamberg, eher wie ein princeps infans, fühlte sich anscheinend am wohlsten unter den jugendlichen Kammerherren, die er sich selbst aussuchte, verbrachte viel Zeit in ihrer Gesellschaft. Mit ihnen oder von ihnen angestiftet kam es dann zu Ausgelassenheiten. Man wundert sich nicht, dass er in seiner hohen Stellung zunächst gelegentlich über die Stränge schlug. Er organisierte eine „Kirchfahrt“ durch Neisse, dabei kleidete er sich wie ein „Lakai“ und rollte die weißen Leinenstrümpfe bis auf die Schuhe herunter. Auf freiem Felde befahl er einmal einem Fuhrmann, von seiner Holzfuhre abzusitzen, platzierte sich selbst auf eines der Pferde, und auf zwei Schuss aus einer Büchse hin leitete er dann selbst das Gespann, zur Erheiterung seiner Gefährten. Seinen besonders geschätzten Kammerherrn Strasoldo hieß er die Kleider ablegen und nackt ins Wasser – die Neiße, dürfen wir annehmen – springen, Scherze eines übermütigen Jugendlichen. Kein Scherz war es, wenn er mit eigener Hand einen Hund erhängte, einem anderen eigenhändig den Kopf abschlagen wollte. Hier denkt man eher an einen Hang zum Sadismus oder einen frustrierten, recht unglücklichen jungen Menschen, der, wie er Bischof Lamberg einmal sagte, „weder Lust noch Liebe“ zum geistlichen Beruf besaß, den ihm seine Familie aufgedrängt hatte. Er wollte resignieren und nach Graz zurückkehren. Aus seinem ersten Jahr ist dann auch nur eine einzige ausgesprochen kirchliche Funktion überliefert, bei der er präsidierte, jedoch auf seine Weise. Beim Fronleichnamsfest am 18. Juni 1609 trug er persönlich die Monstranz und leitete die feierliche Prozession durch die Stadt. Er ordnete dabei aber auch an, dass man in den Gassen bei jedem der vier Altäre aus dem Zeughaus Geschütze aufstellte und nach jeder Andacht ein Schießen ansetzte, das Glasfenster zerbrach und Öfen zusammenstürzen ließ.270 Am Gründonnerstag 1610 wusch 269 Wien HHStA, Familienkorrespondenz A 8 11 4, fol. 97v. 270 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 42 Anm. 4. Kastner hatte das aus einer alten ­Chronik, die er nicht näher identifiziert.

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er im Neisser Rathaus zwölf Armen die Füße.271 Stobaeus dachte, es sei nicht schwer, den Erzherzog zu leiten, dass er ganz von sich aus zum Besten neigte, aber gedrängt und geschmeichelt werden musste. Er hatte ein weiches Gemüt, konnte harte Behandlung nicht ausstehen, wollte nicht kommandiert, sondern liebevoll ermuntert werden. Respektvolles Benehmen war ihm ganz natürlich, in der Öffentlichkeit wie privat. Der Erzherzog gab zu großer Hoffnung Anlass, würde einmal ein großer Fürst sein, aber in seinem jungen Alter dürfte man ihn nicht sich selbst überlassen. Beide österreichischen Bischöfe fanden manches an den jungen Männern auszusetzen, die der Bischof in seine unmittelbare Umgebung zog, aber Karl hielt an ihnen fest und mehrere dienten ihm auf viele Jahre. Lamberg klagte, die Kammerherren, die sich der Bischof nach Ferdinands Instruktion selbst wählte und die schon am frühen Morgen eine halbe oder gar volle Stunde oder überhaupt viel Zeit mit ihm verbringen durften, stifteten ihn „zu allerlai unehrlichen sachen“ an, überhaupt litt und duldete der Bischof an seinem Hof „solche puben und pubenstukh, die hundert rad und dergleichen sachen verdienen“. Die Kammerherren Strasoldo und Rieder –„die das factotum bei im seindt, und darf auch khein mensch wieder sy … reden, ­welche im auch zu allen unzimb­lichen sachen rath und hilf geben“ – waren dabei, als der Erzherzog einem Hund den Kopf mit der Axt abschlagen wollte. Strasoldo lieh ihm Geld, unbekannte Summen, brachte ihm jede Woche ein Kränzlein, das eine Jungfer angefertigt hatte, das ließ er sich in seinen Hut nähen, so dass alle seine Leute es sehen konnten.272 Ähnlich fand der an und für sich weniger kritische Stobaeus, dass es dem jungen Bischof in erster Linie an guten Räten mangelte: „Er braucht einen weisen Ratgeber …, aber auch anständige Kammerleute, die die Frömmigkeit lieben und seine Frömmigkeit durch ihre Frömmigkeit nähren. Solche Leute sind selten, gibt es, würde ich sagen, fast überhaupt nicht. Dagegen haben wir Überfluss an Schurken, die ihn mit ihren schlechten Reden verderben, deren Anführer sind Cochticius, Tauber und Grisonius, der schmutzige Kleriker …. Alle diese Leute muss man loswerden, wenn wir wollen, dass Karl heil bleibt, ehe sie ihn anstecken und verunreinigen, und an ihre Stelle besser geeignete Personen setzen“.273 Den ersten der hier Ausgesuchten ernannte Karl nicht viel ­später zum Landeshauptmann; Strasoldo erschien schon beim Neisser Schützenfest 1612 als Hauptmann von Ottmachau, eines der wichtigsten Ämter, die der Bischof zu vergeben hatte. Grison schickte der Bischof als seinen Boschafter zum Papst. Tauber wurde geadelt und erhielt ein bischöfliches Dorf als Lehen, eines der ganz wenigen Beispiele im Fürstentum Neisse einer dauernden Übertragung von Kirchenbesitz in private Hände; als kaiserlicher Rat und auf Ferdinands Befehl verwaltete er des Erzherzogs Neisser 2 71 D uhr : Geschichte der Jesuiten in den Ländern deutscher Zunge 2, Teil 1, S. 358. 272 Die schärfsten Vorwürfe gegen Karl, wie alle hier zitierten, erhob Lamberg in seinem Schreiben an Jakob Eberlein vom 30. Mai 1609. 273 S tobaeus : Epistolae ad diversos (1758), S. 290 – 292.

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Hinterlassenschaft. Die Kritik seiner Betreuer an der Auswahl seiner Helfer war also nicht ganz gerechtfertigt. Nur ein paar Wochen nach Lambergs Abschied aus Neisse – und nur zehn Monate nach Karls erster Ankunft in Schlesien – machte sich der Erzherzog selbst nach Österreich auf und blieb dort an die zwei Monate; am 30. Oktober 1609 hielt er sich in Graz auf. Vielleicht war ein Zweck, sich bei seinem Bruder angesichts des Fiaskos mit ­Lamberg zu rechtfertigen. Er kam erst an Weihnachten in seine Residenzstadt zurück, am Tage vor der Ankunft des Stobaeus. Während dessen sechzehn Monaten in Neisse kehrte der Bischof Schlesien nicht wieder den Rücken. Das war ungewöhnlich, denn fast jedes Jahr seiner Zeit als Bischof von Breslau verbrachte er Wochen oder Monate außerhalb des Bistums. Kein Herrscher, der seine Pflichten ganz ernst nahm oder dem wirklich am Regieren und Herrschen gelegen war, hätte so viel Zeit auf Reisen, zum Kaiserhof oder zu den Höfen anderer Verwandter, verbracht. Wien und Graz, wo immer ­Ferdinand sich aufhielt, waren die bevorzugten Ziele. Die Bande mit Österreich wurden noch stärker, als er das Bistum Brixen übernahm. Abgesehen von dem müßigen Verweilen an den Höfen besser situierter Mitglieder seiner Familie, suchte Karl vor allem den Kontakt mit dem Bruder Ferdinand. Dessen Initiative hatte ihn zum Bischof von Breslau gemacht. Der Bruder unternahm außerordentliche Schritte, um Karls Erfolg in Breslau zu sichern, stellte ihm auf ein paar Monate seinen eigenen Oberhofmeister zur Verfügung, überwachte, dirigierte und korrigierte den jüngeren Bruder in seiner anfänglichen Amtsführung. Karl seinerseits unterwarf sich dem älteren Bruder, suchte seine Erlaubnis bei der Wahl seiner hohen Beamten, nahm seine Zurechtweisungen hin, versprach ihm geziemendes Verhalten. Man fragt sich, woher der Herzog von Steiermark sich das Recht nahm, den jungen Breslauer Bischof als einen Untergebenen zu behandeln. Vom ­Kaiser und König von Böhmen hätte man das erwarten können. ­Ferdinand war nicht einmal das Haupt der Habsburgerdynastie, bestenfalls eines Zweiges, der Familie des älteren Karl, der bei der Teilung 1564 die innerösterreichischen Territorien übernommen hatte. Karl erscheint so viel abhängiger von Ferdinand und viel anhänglicher als der vier Jahre ältere Bruder Leopold. Es war offensichtlich ein besonders enges Verhältnis, das ­zwischen Karl und Ferdinand bestand. Der erst nach dem Tode seines leiblichen Vaters Geborene beschrieb den zwölf Jahre älteren Bruder als seinen Vater. Erst in seinen späteren Regierungsjahren stellte sich der Erzherzog gelegentlich in Gegensatz zu Ferdinand, vertrat er einmal eine abweichende Position. Im Ganzen bestimmten bis ans Ende in Madrid die Wünsche und Anweisungen des älteren Bruders seine Amtstätigkeit wie auch wesentliche persönliche Entscheidungen. Sein öffentliches Leben von sechzehn Jahren diente den Interessen seiner Familie, des Hauses Habsburg, wie er sie im Umgang mit Familie, Hofleuten und Erziehern verstehen lernte und wie sie ihm dann von Ferdinand und seinen Räten immer wieder in Erinnerung gebracht wurden.

II. RINGEN MIT DEN SCHLESISCHEN PROTESTANTEN

Abb. 4 Erzherzog Karl vor 1613. Silbermedaille ohne Jahreszahl, vor der Bestellung zum Bischof von Brixen. Umschrift: carl. d. g.arch.avstr.epvs.wratisl. Revers: Wappen des Erzhauses, darüber Erzherzogskrone. Umschrift: desiderat.anima.mea.ad.te.deus. Staatliche Münzsammlung München, Foto Nicolai Kästner. F. F riedensburg und H. S eeger : Schlesiens Münzen und Medaillen der neueren Zeit, Breslau 1901, Nr. 2579.

Die Ereignisse, die das Auf und Ab der Regierung Erzherzog Karls in Neisse und Breslau markierten, waren die Auseinandersetzungen des Bischofs mit den Fürsten und Ständen Schlesiens und mit den evangelischen Einwohnern seiner Residenzstadt. Als Bischof und Landesherr regierte Erzherzog Karl das Bistum Breslau, das kleine bischöfliche Fürstentum innerhalb des Bistums an der Grenze mit Böhmen und Mähren, von 1613 an, tausend Kilometer Wegstrecke entfernt, auch das Bistum Brixen und die dürftigen, voneinander getrennten Territorien, die dessen Hochstift bildeten, von 1618 an als Hochmeister die verstreuten Ländereien, die Balleien, des Deutschen Ordens. In seinen letzten Jahren hatte er eine gesamtschlesische Verantwortung als Befehlshaber der Streitkräfte der schlesischen Fürsten und Stände und besaß er die Lehnsherrschaft über die Grafschaft Glatz und die Fürstentümer Oppeln-Ratibor. Seine Stellung in Schlesien als Haupt der Diözese und Landesherr im Fürstentum Neisse war Fundament seiner Einkünfte und seines Einflusses. Er besuchte aber selten die Breslauer Dominsel, wo das Zentrum der geistlichen Verwaltung des Bistums lag und das Domkapitel seinen Sitz hatte. Seine Residenzstadt war Neisse, Hauptstadt des bischöflichen Fürstentums, des Bistumslandes, dort hielt er sich auf, wenn er in Schlesien weilte. Die Jahre in Neisse unterbrachen häufige Abwesenheiten. Von

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September 1619 bis Oktober 1621, mehr als zwei Jahre, finden wir ihn ganz außer Lande. In ­diesem Zeitraum verbrachte er nacheinander sechs Monate in Polen, neun Monate in Brixen und acht Monate in Wien, seine Aufenthalte von Reisen hier- und dahin unterbrochen. Sein Bistum Brixen besuchte er nur zweimal, 1613 und 1620/21, insgesamt auf vierzehn Monate, der längere Aufenthalt 1620/21 notwendig, weil ihm das Bistum Breslau zu unsicher schien. Wien sah er gewöhnlich wenigstens einmal im Jahr und in der Regel blieb er wochenlang, von dort aus besuchte er wiederholt Graz. Er verbrachte mehr Zeit seiner Herrschaft in Wien als in Breslau. Wenn in Neisse, kümmerte er sich wie ein besorgter Bürgermeister um die Geschicke der Stadt. Der Rat, dessen Mitglieder er ernannte, handelte bei wichtigen Entscheidungen wohl niemals ohne das bischöfliche Einverständnis. Angelegenheiten der Stadt schienen ungewöhnlich viel Aufmerksamkeit des Landesfürsten und Hauptes der Diözese zu erfordern, Bistumssachen beschäftigten ihn weniger, als ob der Triumph der Protestanten in Schlesien den Unternehmungsgeist des katholischen Oberhirten gelähmt hätte. Als er vor seiner Abreise nach Spanien den Papst um zeitweise Übertragung einiger bischöflicher Funktionen an seine Administratoren bat, bezog er sich speziell auf seine weltlichen Herrschaftsgebiete: Neisse, Glatz, Oppeln-Ratibor „und andere Herrschaften“, erwähnte aber nur mit einem Wort seine restliche Diözese, den größten Teil seines geistlichen Amtsbereichs.1 An hunderten von Tagen seiner Regierungszeit war der Erzherzog unterwegs, zu Ross oder in seiner Kutsche, in den letzten sechs Jahren manchmal durch die vom Kriege verwundeten Lande des Alten Reiches – ohne die Verwüstungen zu bemerken oder wenigstens zu kommentieren – und oft in seiner Rolle als Hochmeister des Deutschen Ordens oder als Gesandter des Kaisers. Vor seinem Tod in Spanien unternahm er den über fünf Monate langen Treck mit zahlreicher Gefolgschaft von Neisse nach Madrid.

1. Gegnerschaft der schlesischen Fürsten und Stände Ein Karls Schicksal als Bischof und Fürst bestimmender Moment war der noch im ersten Jahr seiner Herrschaft den schlesischen Lutheranern von ­Kaiser Rudolf gewährte Majestätsbrief, entscheidend in den kommenden Konflikten. Schon einen Monat vor seiner Wahl stellten die evangelischen Fürsten und Stände auf einem Fürstentag am 6. Juni 1608 eine Liste von fünfzehn Gravamina zusammen, die sie dem ­Kaiser vorlegten und die sich in einem Punkte, der Frage der Oberlandeshauptmannschaft, speziell gegen den Bischof als traditionellen Inhaber ­dieses Amtes richteten. Vom ersten Fürstentage seiner Herrschaft, genau ein Jahr ­später, am 1. Juni 1609, hielt sich der Erzherzog fern, aber seine Vertreter brachten den Fürsten und Ständen eine Botschaft des neuen Bischofs, datiert vom 29. Mai. Darin erklärte Karl, er sei 1 An Papst Urban VIII., 21. 07. 1624, BAV, Codices Barbarini Latini, 6898, fol. 41r–v.

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mit den besten Absichten nach Schlesien gekommen, Friede im Lande, Bewahrung der alten schlesischen Freiheiten, Freundschaft mit den anderen Fürsten lägen ihm in erster Linie am Herzen. Er erinnerte den Fürstentag, dass er als Verwandter des Kaisers besonders in der Lage sei, die schlesischen Interessen bei ­diesem zu vertreten. Es enttäuschte ihn aber, schrieb er auch, wenn die Evangelischen glaubten, Grund zu Beschwerden über die Katholiken zu haben. Eher hätten diese Ursache, sich über die Evangelischen zu beklagen. Ohne dass seine Vorgänger etwas dagegen taten, hätten die Fürsten und Stände, als sie sich von der alten Religion abkehrten, ­Kirchen und Kirchenbesitz eingezogen, entgegen den Vereinbarungen des Augsburger Religionsfriedens; in ihren Ländern begegnete man heute nicht einem einzigen altgläubigen Bauern oder Bürger. Sollte irgendwo eine Taufe, Trauung oder Bestattung nach katholischem Ritus abgehalten werden, erhoben ihre Prädikanten gleich ein großes Geschrei. Sie – die evangelischen Fürsten und Stände – glaubten Grund zu Beschwerden zu haben? Er – dem Gott doch die Aufsicht über die schlesische ­Kirche übertragen habe – sei es, der viel ernstere Gründe habe sich zu beklagen.2 Nur ein paar Wochen ­später, im August 1609, gewährte der ­Kaiser den schlesischen „Majestätsbrief“, eigentlich zwei am gleichen Tage ausgestellte Erlasse. Der erste stellte das lutherische Bekenntnis gleichberechtigt neben das katholische, gewährte den schlesischen Lutheranern freie Religionsübung, speziell auch in den geistlichen Territorien, wobei man zuerst an das bischöfliche Fürstentum Neisse denken musste.3 Der zweite befasste sich mit der Oberlandeshauptmannschaft. Georg Stobaeus, Karls zweiter bischöflicher Betreuer aus Österreich, betrachtete den (ersten) Majestätsbrief als eine wesentliche Ursache des Abfalls von der katholischen ­Kirche, richtig war wohl, dass damit der Rekatholisierung des Landes ein schwer zu überwindendes Hindernis in den Weg gestellt wurde. Aus der Perspektive der evangelischen Fürsten und Stände Schlesiens war die Sukzession eines Habsburgers auf den Breslauer Bischofsthron im Juli 1608 eine Herausforderung gewesen. Ihren Wunsch, genau das zu vermeiden, hatte das Domkapitel ignoriert. Ein Habsburger als Bischof von Breslau verstärkte ihre Besorgnis um die Bewahrung ihrer Religion und ihr Verlangen 2 Ottmachau, 29. 05. 1609, an die Fürsten und Stände, B uckisch 2, 4, 2; G ottschalk : Buckisch 2, S. 142 f. (Artikel 221); das Ganze in indirekter Rede bei K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 9 – 15. 3 Der Majestätsbrief besagte: Die Evangelischen können ihre Religion überall ausüben, dürfen nicht bedrängt werden (1). Jeder soll bei dem, was er jetzt besitzt, verbleiben (2). Fürsten und Herren und deren Untertanen dürfen ­Kirchen und Schulen in Stadt und Land bauen (3). Wo die Evangelischen keine ­Kirche und keinen Friedhof haben noch sie mit Katholiken teilen, sind sie ermächtigt, ­solche zu errichten bzw. anzulegen (5). „Der Majestätsbrief ist das Grundgesetz der evangelischen Schlesier zur Sicherung ihrer Religionsfreiheit“; Georg J äckel : Die staatsrechtlichen Grundlagen des Kampfes der evangelischen Schlesier um ihre Religionsfreiheit 1 – 3, in: Jahrbuch der schlesischen Friedrich-Wilhelms Universität zu Breslau 37 (1958), S. 102 – 136; 38 (1959), S. 74 – 109; 39 (1960), S. 51 – 90, hier 1, S. 133.

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nach kaiserlichen Garantien, wie sie ihnen in den Majestätsbriefen gegeben wurden. Die dem ­Kaiser abgerungenen Zugeständnisse zielten offensichtlich in erster Linie auf den Breslauer Bischof. Man kann die immense Erleichterung und das Hochgefühl der schlesischen Lutheraner verstehen, als die Glocken am Sonntag den 11. Oktober 1609 die Verkündigung des Majestätsbriefes von den Kanzeln einläuteten, für die Evangelischen jetzt „das größte Kleinod des Landes“.4 Als Triumph der Glaubensfreiheit und Meilenstein im Fortschritt zur Gedankenfreiheit, wie man ihn manchmal gesehen hat, mindert seine Bedeutung allerdings, dass er Calvinisten, Schwenckfelder, Anabaptisten und andere Anhänger mehr radikaler Versionen des Protestantismus nicht einschloss.5 In den Beziehungen der politischen Kräfte Schlesiens untereinander stellten die beiden Erlasse vom 20. August 1609 eine Wende dar. Sie legitimierten den enormen Verlust an Macht und Prestige des Breslauer Bischofs im Gefolge der Reformation, das Schrumpfen seiner gesamtschlesischen Autorität in Religionssachen, und schwächten damit seine Position gegenüber dem schlesischen Volke und den anderen schlesischen Herrschern.6 Der Erzherzog und seine Berater, insbesondere Stobaeus, sahen sofort, welch großen Nachteil und wie viel Unheil die Provisionen des Majestätsbriefes für die Katholiken und den Breslauer Bischof zur Folge hatten. Mit Recht beklagten sie, die Majestätsbriefe ­seien ganz ohne des Bischofs Beteiligung oder die seiner Vertreter verhandelt oder erhandelt worden. Niemand hätte seine Argumente gehört, so der Bischof, deshalb ­seien die Majestätsbriefe erschlichene Instrumente und so für ihn nicht gültig, er werde alles beim Alten lassen, jede Veränderung, d. h. jede Erleichterung ihrer Stellung, ­welche die Protestanten erreichten, ignorieren. Den Text der Majestätsbriefe entwarfen die fünf schon mehrere Wochen in Prag weilenden Gesandten der schlesischen Fürsten und Stände, und zwar in acht Tagen ­zwischen dem 8. und 20. August 1609. Ihnen zugesellt war der Landgraf von Leuchtenburg als Vertreter der kaiserlichen Regierung und Vorsitzender und vier Repräsentanten der böhmischen Stände, dabei Graf Heinrich Matthias von Thurn, Graf Andreas von Schlick und Freiherr Wilhelm von Lobkowitz, führend ein Jahrzehnt ­später unter den böhmischen Aufständischen. Schlick war einer der drei aus dem Herrenstande, die in Prag im Juni 1621 hingerichtet wurden. Was diese zehn entwarfen, wurde so gut wie ohne jede Korrektur von der kaiserlichen Regierung angenommen.7 Der ­schlesische 4 Vertreter des Fürstentags, 27. 11. 1616, G ottschalk : Buckisch 2, S. 190 (Artikel 344). 5 „Der Grundgedanke des Majestätsbriefes hat aber doch die Welt erobert“; K onrad : Der schlesische Majestätsbrief, S. 7. 6 „Mit dem Majestätsbrief vom 20. August 1609 entfiel die geistliche Aufsicht des Bischofs über die Protestanten seiner gesamten Diözese. Die Gleichberechtigung der neuen Religion war kaiser­lich anerkannt …“; J äckel : Die staatsrechtlichen Grundlagen 2, S. 74. 7 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 25 f.; K onrad : Der schlesische Majestätsbrief, S. 27 f.

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Majestätsbrief war nur die letzte in einer Reihe von Konzessionen, ­welche die verfeindeten Brüder aus dem Haus Habsburg im Verlaufe ihres Streits aus taktischen Gründen der protestantischen Konfession und dem Unabhängigkeitsstreben der Stände in den habsburgischen Territorien gemacht hatten. Nach solchen Übereinkommen mit dem Adel in Ungarn und Mähren gewährte Erzherzog Matthias in der „Kapitulationsresolution“ vom 19. März 1609 allen Einwohnern Österreichs Freiheit des Gewissens und erlaubte den adligen Ständen die Ausübung des Gottesdienstes auf ihren Gütern.8 Und Rudolf dekretierte im böhmischen Majestätsbrief vom 9. Juli 1609 religiöse Freiheit für alle: Adel, Bürger und Bauern, Katholiken und Angehörige der böhmischen Konfession von 1575. Aber nur Herren, Ritter und königliche Städte, die drei Stände, durften ­Kirchen bauen und Geistliche ihrer Konfession einsetzen. Im Gegensatz zum böhmischen Majestätsbrief machte der schlesische ganz klar, dass sich die verbriefte Religionsfreiheit auf alle Schlesier ohne Rücksicht auf den Stand bezog und besonders auch auf die Untertanen geistlicher Herrschaften. Diese sollten die ­gleiche Freiheit genießen wie die Katholiken in den evangelischen Territorien.9 Der Konflikt im Hause Habsburg festigte also den Protestantismus in mehreren habsburgischen Ländern (und förderte gleichzeitig den ständischen Staatsgedanken), und das gerade in dem Jahre, in dem Erzherzog Karl in Schlesien eintraf. Der Gegenreformation, der er sich von vornherein verpflichtet hatte und für die er jetzt arbeiten wollte, wurden damit von seinen habsburgischen Vettern mächtige Steine in den Weg gelegt.10 Der schlesische Majestätsbrief besiegelte, dass Karls Herrschaft in Schlesien eine Zeit des Konflikts sein würde. Karls Persönlichkeit, Erziehung und Identifizierung mit dem päpstlichen Reformprogramm gaben ihm keine andere Wahl, als die Rekatholisierung seiner Diözese zu verfolgen. Die Fürsten und Stände Schlesiens bestanden auf der freien Ausübung des evangelischen Bekenntnisses auch in den geistlichen Territorien und hatten jetzt die Lizenz dazu vom ­Kaiser erhalten. Diese Positionen waren unvereinbar und Konflikte deshalb unvermeidbar. „Der Majestätsbrief war das Signal zum Kampf der Parteien auf Leben und Tod.“ 11 Bei seinem Herrschaftsantritt war der Erzherzog der einzige katholische unter den Fürsten Schlesiens. In den dann folgenden Streitigkeiten stand er als Bischof von Breslau und Fürst von Neisse dem schlesischen Fürstentag gegenüber, der aus drei 8 Anton G indely : Rudolf II. und seine Zeit, 1600 – 1612, Prag 1868, S. 306 f. 9 K onrad : Der schlesische Majestätsbrief, S. 29 f. 10 Hans S turmberger : Aufstand in Böhmen. Der Beginn des Dreißigjährigen Krieges, München, Wien 1957, S. 24, 28 f. Bewohner königlicher Güter, zu denen man traditionell auch die geistlichen Besitzungen zählte, sollten ebenfalls das Recht zum Kirchenbau haben, nach einer gleichzeitigen Vereinbarung („Vertrag“) ­zwischen Katholiken und Protestanten; G indely : Rudolf II., S. 354 f. 11 Hermann P alm : Das Verhalten der schlesischen Fürsten und Stände im ersten Jahre der böhmischen Unruhen, in: ZVGS 5 (1863), S. 251 – 307, hier S. 276.

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Kurien bestehenden Versammlung der schlesischen Fürsten und Stände. Neben den Fürsten, die allein die Viril- oder Einzelstimme hatten, waren in der ersten Kurie des Fürstentags die Freien Standesherrschaften vertreten (diese nur mit einer Kurialstimme), von denen es in Schlesien 1600 sieben gab.12 Die anderen beiden Kurien setzten sich aus Vertretern der Erbfürstentümer zusammen, die zweite aus den Deputierten der Landschaften (der Herren, Prälaten und Ritter, d. h. des Adels) in den Erbfürstentümern Schweidnitz-Jauer, Glogau, Troppau und der Stadt Breslau (mit dem Fürstentum Breslau), die dritte aus den Vertretern der bedeutenden Städte in den Erbfürstentümern Schweidnitz-Jauer, Glogau und Troppau.13 Die Bewohner der anderen Fürstentümer, wie die im Neisser Bistumsland, vertrat im Fürstentag nur der jeweilige Landesherr. Wie sah diese gesamtschlesische Versammlung im Jahre 1608 aus? Den Bischof mitgezählt, saßen in der ersten Kurie vier Fürsten und mehrere Standesherren. Der Adel und die einzelnen Städte, ­später eher die Gesamtheit der Städte in einem Fürstentum, wählten ihre Vertreter, die vom Landeshauptmann gebilligt werden mussten.14 Zieht man Zeit und Kosten in Betracht, die eine mehrtägige Anwesenheit beim Fürstentage mit sich brachte, so dürften die Kopfzahlen der Vertreter in der zweiten und dritten Kurie jeweils die Zahl der Fürsten und Standesherren in der ersten kaum wesentlich überstiegen haben. Ein gutbesuchter Fürstentag bestand vielleicht aus ungefähr drei Dutzend Mitgliedern, normalerweise haben wir es wohl eher mit weniger zu tun.15 Der Fürstentag trat jetzt immer in Breslau zusammen, im Fürstensaal des Rathauses (der mittelalterlichen Ratskapelle), gelegentlich in der Kaiserburg, und wurde vom Oberlandeshauptmann im Auftrage des Königs einberufen. Den Termin bestimmten in der Regel die besonderen Nöte und Wünsche des Königs. Fürstentagsbeschlüsse wurden nicht nach Personen, sondern nach Kurien entschieden. Divergierten die Entscheidungen der drei Kurien, so entschied der Oberlandeshauptmann mit einem Schlussvotum (votum conclusivum), mit dem er sich in der Regel der Mehrheit anschloss. Die königliche Regierung schränkte also die Freiheit des Fürstentags weitgehend ein. Gegenüber dem ­Kaiser hatte der Fürstentag als Repräsentanz des ganzen Landes aber einige ganz wichtige Befugnisse, nämlich das Steuerbewilligungsrecht und die Festsetzung des militärischen 12 Johann Heinrich Z edler : Grosses vollständiges Universal-Lexicon Aller Wissenschafften und Künste 9, Leipzig 1735, Sp. 1865, „Freye Standes-Herrschafften“; R achfahl : Organisation der Gesamtstaatsverwaltung, S. 144, 55 f. 13 Zum Fürstentag s. R achfahl : Organisation der Gesamtstaatsverwaltung, S. 144 – 155, die Zusammensetzung S. 144 f.; van E ickels : Schlesien im böhmischen Ständestaat, S. 26 – 32; Marian J. P tak : Zwischen Westen und Osten. Der schlesische Ständeparlamentarismus von seinen Anfängen bis in das 19. Jahrhundert, in: Zeitschrift für Ostmitteleuropa-Forschung 58 (2009), S. 300 – 311, hier 304 – 308, zur Ständeforschung dort S. 302 Anm. 5. 14 Zur zweiten und dritten Kurie s. Gustav C roon : Die landständische Verfassung von Schweidnitz-Jauer (= Codex diplomaticus Silesiae 27), Breslau 1912, S. 162 f. 15 van E ickels : Schlesien im böhmischen Ständestaat, S. 36.

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Beitrags der Provinz, das Letztere kritisch in den Tagen der Türkengefahr.16 Trotz der häufigen Querelen und dem eifersüchtigen Pochen auf die schlesischen Sonderrechte kennzeichnete die Versammlung der Fürsten und Stände große Folgsamkeit gegenüber dem habsburgischen Herrscher. Die schlesischen Miniaturfürsten saßen mit dem Adel im Fürstentag, aber das hieß nicht, dass die beiden Gruppen in ihren Zielen immer übereinstimmten. Das revolutionäre Drängen des Adels besonders in Böhmen und Oberösterreich auf ein im Calvinismus wurzelndes Widerstandsrecht gegen den König, auf Entmachtung des Königtums und Einrichtung eines ständischen Regimes, in dem sich alle höheren Staatsgewalten konzentrierten, ­dieses letzte oder wenigstens späte Aufbäumen des Ständetums gegen die wachsende Fürstenoder Königsmacht fand in Schlesien weniger Widerhall.17 Was Fürsten und Adel in Schlesien aneinander fesselte, war einmal die Bewahrung der schlesischen Landesprivilegien, d. h. in erster Linie Kontrolle über die Gelder, die der habsburgische Oberherr ihnen entwinden konnte, und zum Zweiten die Sicherung der Gewinne, die der Protestantismus in Schlesien gemacht hatte. Doch die radikale Idee einer Adelsrepublik, wie sie in den Köpfen der Stände in Böhmen und Österreich spukte und in extremer Form von dem oberösterreichischen Georg Erasmus Freiherr von Tschernembl vertreten wurde, konnte unter den hier gegebenen Bedingungen kaum florieren. Die schlesischen Fürsten hatten wohl andere Ambitionen, wollten aus dem böhmischen Staatsverband heraus, ebenso aus dem Habsburgerstaat, aber wenigstens die Piasten hatten gar nicht den Ehrgeiz, Reichsfürsten zu sein, sie wussten, sie waren Deszendenten von Königen und hielten sich deshalb für besser als die Reichsfürsten.18 Vor hundertfünfzig Jahren gab der Schweidnitzer Lehrer und Historiker Hermann Palm ein Urteil über die Versammlung der schlesischen Fürsten und Stände ab, dem man auch heute noch wenigstens zum Teil zustimmen kann: „In den verschiedenen Streitigkeiten, selbst die religiösen nicht ausgenommen, ­welche im Anfang des 17. Jahrhunderts ­zwischen der kaiserlichen Regierung und den schlesischen Ständen obwalteten, zeigt sich die Unzufriedenheit auf Seiten der letzteren 16 Karl Gustav K ries : Historische Entwicklung der Steuerverfassung in Schlesien, Breslau 1842, S. 23 – 37 über die Rolle des Fürstentags im Steuerwesen. 17 S turmberger : Aufstand in Böhmen, S. 19. 18 G indely : Rudolf II ., Anhang über die schlesische Kanzlei, 2, S. 345 – 361, besonders S. 360, nahm an, sie wollten nicht Mediat-, sondern Reichsfürsten sein, der Herzog von Oels war sogar einer, doch ohne Stimme im Reichstag. Aber vgl. Hans H übner : Die Verfassung und Verwaltung des Gesamtstaats Schlesien in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges, in: ZVGS 59 (1925), S. 74 – 89, hier 76. Der Dichter und Liegnitzer Rat Daniel Czepko von Reigersfeld (1605 – 1661) untersuchte und verneinte die Frage, ob die schlesischen Herzöge von Liegnitz, Brieg und Wohlau den Reichsfürstenstand annehmen sollten; Daniel C zepko : Deduktion über den Reichsfürsten-Stand [1650], in: ders .: Sämtliche Werke 1 – 6, unter Mitarbeit von Ulrich S eelbach hg. von Hans-Gert R oloff und Marian S zyrocki , Berlin, New York 1989 – 1995, 5, S. 35 – 50, hier S. 49. W eber : Das Verhältnis Schlesiens zum Alten Reich in der Frühen Neuzeit, S. 97 – 117.

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maßvoll, frei von Leidenschaftlichkeit und weit entfernt von Ausbrüchen des Zorns und der Erbitterung, wie sie in den Ständeversammlungen Böhmens und Mährens wiederholt begegnen. Dies lag zum Theil in der verschiedenartigen Zusammensetzung dieser Körperschaften, indem sie in den beiden letztgenannten Ländern aus ziemlich gleichartigen, im Range sich näherstehenden Elementen gebildet wurde, während in Schlesien die Fürsten den ersten ton- und maßangebenden Stand bildeten, der im eigenen Interesse legitimen Obrigkeiten minder lebhaften Widerstand entgegensetzte und dadurch auch die übrigen nöthigte, in den Schranken des Anstandes und Gesetzmäßigen zu reden und zu handeln.“ 19 Diese weise Beobachtung unterschätzt allerdings die gegen das habsburgische Regime gerichteten Aktivitäten eines Außenstehenden im Fürstentag, des Herzogs von Jägerndorf, Johann Georg von Brandenburg, die fast alle in die Regierungszeit des Erzherzogs Karl fallen. Im Zeitalter von Reformation und Gegenreformation konnte man einen Konflikt ­zwischen Fürstentag und Bischof, der dort den Vorsitz führte und eine Vorrangstellung unter den Fürsten beanspruchte, erwarten. Die Beziehungen ­zwischen Bischof auf der einen Seite und Fürsten und Ständen auf der anderen waren aber schon früher nicht immer ohne beträchtliche Spannungen. Um 1500 kam es zu einem tiefen Zwiespalt ­zwischen weltlicher und geistlicher Gewalt in Schlesien, einem regelrechten Krieg gegen Bischof und Domkapitel. Die antiklerikale Bewegung richtete sich im Grunde gegen die traditionellen Privilegien der Geistlichkeit und erstrebte vor allem die prinzipielle Anerkennung der geistlichen Steuerpflicht und die ausschließliche Zuständigkeit der weltlichen Gerichte bei allen Streitigkeiten; das Letztere bedeutete die Ausschaltung geistlicher Strafmittel.20 1501 oder 1502 drohten die Stände, den Bischof und alle anderen Geistlichen vom Fürstentag auszuschließen, der Anlass hier, dass Bischof Johann Roth den Domdechanten Johannes Turzo, einen Nichtschlesier, zum Koadjutor und Nachfolger bestimmt hatte. Auf einem Landtag 1503 bestanden die schlesischen Herzöge auf der Wahl eines schlesischen Fürsten zum Bischof; stand ein solcher nicht zur Verfügung, sollte sich das Domkapitel bei der Wahl von den schlesischen Fürsten beraten lassen. Mit schlesischen Fürsten als Bischöfen hatte das Land schlechte Erfahrungen gemacht. Wenzel, Herzog von Liegnitz (1382 – 1417), verwickelte das Bistum in Fehden um die Erbfolge in seinem Herzogtum, Konrad, Herzog von Oels (1417 – 1447), bediente sich des Kirchenguts, um seine fürstlichen Schulden zu tilgen.21 So eine Beschränkung des Kandidatenfeldes hätte gegen die Wahlfreiheit des Kapitels verstoßen, es war nicht geneigt, ­diesem Verlangen der 19 P alm : Das Verhalten der schlesischen Fürsten und Stände bei der Wahl Friedrichs V., S. 229. 20 G rünhagen : Geschichte Schlesiens 1, S. 370; die Steuerpflicht der Geistlichen wurde Gesetz. 21 M eyer : Studien zur Vorgeschichte der Reformation, S. 126 f.; G rünhagen : Geschichte Schlesiens 1, S. 367; das Privileg von 1498 hat viel zu sagen über den Fürstentag, nichts über den Breslauer Bischof.

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Fürsten nachzukommen. Über mehrere Jahre hin versagten die weltlichen Herren den Geistlichen und deren Institutionen ihren Schutz und ließen es zu, dass der geistliche Besitz den Angriffen von Räubern und Strauchrittern ausgesetzt war.22 Man sprach sogar davon, den Bischof und die Geistlichen ganz aus dem Lande zu jagen. Die Feindseligkeit gegen die ­Kirche schlug sich dann im Kolowratischen Vertrag von 1504 nieder, der die Güter des Kapitels den Landessteuern des jeweiligen Herzogtums, in dem sie gelegen waren, unterwarf und gleich in seinem ersten Artikel den Zugang zum bischöflichen Amt auf Kandidaten aus Böhmen, Mähren, der Lausitz und Schlesien beschränkte.23 Der zähe Widerstand der Domherrn gegen die Landsteuer auf ihren Kapitelgütern und gegen ihre Beteiligung, das „Mitleiden“, an der Türkensteuer oder anderen kaiserlichen Auflagen trugen zum Konflikt ­zwischen geistlichen und weltlichen Herren bei. Die Einführung der Reformation in weiten Teilen des Landes und der Übertritt der Fürsten, Standesherren und Städte zum Protestantismus schufen dann neue Ursachen für Konflikte ­zwischen Fürstentag und Bischof. Der Bischof musste sich notwendigerweise dem Abfall seiner Diözesanen und dem Verlust von Kirchenbesitz und -einkünften widersetzen, und die drei unmittelbaren Vorgänger des Erzherzogs auf dem Breslauer Bischofsthron taten das mit einiger Energie und in Übereinstimmung mit dem von den Päpsten geleiteten katholischen Reformprogramm. Der fast ganz aus Protestanten bestehende Fürstentag betrachtete jetzt seinen Einfluss auf die Wahl des Breslauer Bischofs als eine Lebensfrage für den schlesischen Protestantismus. Der Konflikt ­zwischen den Konfessionen bedeutete eine Spaltung des Fürstentags. Als man die Gravamina des Jahres 1608 der kaiserlichen Regierung vorlegte, bei den Verhandlungen über die Majestätsbriefe des Jahres 1609, beim Anschluss an die böhmische Konföderation, beim Abfall von Ferdinand und bei der Wahl Friedrichs von der Pfalz bestanden die Delegationen ausschließlich aus Protestanten. Bei den Verhandlungen über die Abschaffung einer selbständigen schlesischen Kanzlei – der Fürstentag hatte ihre Einrichtung zu einer Bedingung für die Huldigung vor Matthias 1611 in Breslau gemacht – waren die katholischen Fürsten oder Stände anscheinend nicht dabei. Hier ging es nicht um Konfession, sondern um Trennung von Böhmen und die Selbständigkeit des Landes. Wenn der Erzherzog nicht persönlich auf dem Fürstentag erschien, schickte er eine Vertretung, die in der Regel aus mehreren seiner Beamten bestand. Vom kritischen Fürstentag, der am 21. November 1618 eröffnet wurde und über Schlesiens Teilnahme am böhmischen Aufstand entscheiden sollte, hat sich ein kurzer Bericht erhalten. Nikolaus von Troilo, Kapiteldekan, Christoph von Gelhorn, Kanoniker, und Johannes von Scheliha, Kanzler des Fürstentums, waren anwesend. Sie berichteten dem Bischof so gut wie täglich über den Fortgang der Verhandlungen, auch die 22 M eyer : Studien zur Vorgeschichte der Reformation, S. 128 f. 23 S tenzel : Urkunden zur Geschichte des Bistums Breslau im Mittelalter, S. 365 – 370 (Artikel 1 und 6), die Bestätigung des Vertrags durch den König am 18. Februar 1504, S. 370 f.

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Manipulation der Stimmen (Oels erhielt je eine für die beiden herzoglichen Brüder). Beim Lesen eines Briefes der Böhmen an die schlesischen Protestanten zogen sich die Vertreter des Bischofs zurück.24 Als Karl 1608 nach Neisse kam, regierten in Schlesien nur drei ihm im Rang Ebenbürtige.25 Herzog Karl II . (1565 – 1617) von Münsterberg-Oels (eigentlich Münsterberg-Frankenstein und Oels-Bernstadt), der kommissarische Oberlandeshauptmann, jetzt schon 63 Jahre alt, hatte als junger Mann mehrere Jahre am Hofe Ferdinands I. und dann Maximilians II . gelebt, er war evangelisch.26 In seiner Hand lag damals die Vormundschaft über die Herzöge von Brieg und Liegnitz, die Piastenbrüder Johann Christian und Georg Rudolf, ein Jahr bzw. fünf Jahre jünger als der Erzherzog. Sie übernahmen die Herrschaft erst 1609 bzw. 1611, in welchem Jahre sie sich in ihre Länder teilten. Johann Christian erhielt Brieg mit Ohlau, Strehlen, Nimptsch, Kreuzburg und Pitschen; er starb im Exil 1639.27 Georg Rudolf erhielt Liegnitz mit Wohlau, Goldberg, der Gröditzburg, Lüben, Parchwitz, Winzig, Herrnstadt, Rützen und Raudten und regierte bis 1653. Beide dienten noch in Karls Zeit in der Stellung des Oberlandeshauptmanns, Johann Christian 1617 – 1621, Georg Rudolf 1621 – 1629. Der 1574 geborene Herzog Adam Wenzel von Teschen, ebenfalls aus einer der Piastenlinien, trat an Weihnachten 1609 heimlich zur katholischen ­Kirche über.28 Karl wusste von ­diesem Schritt schon im folgenden Januar.29 Das war ein hochpolitischer Akt, der Zeitpunkt nicht zuletzt bemerkenswert, weil nur vier Monate vorher die Majestätsbriefe das Überleben des schlesischen Protestantismus auf lange Sicht zu gewährleisten schienen. Adam Wenzel setzte jetzt auf die katholische Karte, und man möchte annehmen, dass das Erscheinen eines Habsburgers auf dem Breslauer ­Bischofsthron 24 P alm : Das Verhalten der schlesischen Fürsten und Stände im ersten Jahre der böhmischen Unruhen, S. 290 f. 25 Eine Übersicht der Regenten 1500 – 1620 (aber ohne die Standesherrschaften) ist Beilage II in K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 289 – 294. Eine Zusammenstellung der Einzelterritorien und ihrer Regenten bei M achilek : Schlesien, S. 103 – 106. 26 Piotr O szczanowski und Jan G romadzki : Theatrum vitae et mortis. Graphik, Zeichnung und Buchmalerei in Schlesien 1550 – 1650, Wrocław 1995, S. 67 f., Nr. 198, Porträt, Kupferstich von 1610, einst in der Stadtbibliothek Breslau. Karl residierte in Oels, Münsterberg war nur ein schöner Titel. Nach dem Tode des letzten Podiebrad 1569 und dem Heimfall von Münsterberg regierten die Habsburger das Herzogtum von Prag aus. 27 Carl K rebs : Johann Christian, Herzog von Brieg, in: ADB 14 (1881), S. 189 – 200; Norbert C onrads : Das preußische Exil des Herzogs Johann Christian von Brieg, in: ders .: Schlesien in der Frühmoderne, S. 39 – 52. 28 Rafael S endek : Adam Wenzel, Herzog von Teschen 1574 – 1617, in: Karl B orchardt Hg.: Schlesische Lebensbilder 10 (2010), S. 77 – 89. 29 S tobaeus : Epistolae ad diversos (1758), S. 262 f., 27. 01. 1610. Das gelegentlich genannte Jahr der Konversion 1613 (P alm : Das Verhalten der schlesischen Fürsten und Stände im ersten Jahre der böhmischen Unruhen, S. 277) ist ein Irrtum.

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die Entscheidung des kalkulierenden Tescheners mitbestimmt hatte. Ein paar Jahre ­später schickte er seinen Sohn und Nachfolger zur Erziehung ans Münchener Jesuitengymnasium. Hier erfreute sich der junge Herzog nicht nur der Protektion des mächtigen bayerischen Herzogs, sondern auch der Finanzierung seiner Ausbildung durch den König von Spanien. Da König ­Philipp III . Erzherzog Karls Schwager war, hat man hier eine Mittlerrolle des Breslauer Bischofs vermutet und überhaupt vorgeschlagen, dass Adam Wenzels Versuch, sich den großen katholischen Mächten anzuschließen, „in engem Einvernehmen“ mit Erzherzog Karl vor sich ging.30 Belege für viel Kontakt ­zwischen den beiden katholischen Fürsten fehlen. Durch seinen Kanzler ließ Erzherzog Karl die Echtheit der Konversion des Adam Wenzel und seiner Familie überprüfen. Ein gelehrter Abgesandter des Herzogs informierte den Bischof über eine Initiative Adam Wenzels, ­welche die katholische Sache unterstützte. ­Stobaeus schickte ihm einen Dankbrief. Adam Wenzel erschien aber nicht beim Neisser Schützenfest im August 1612 und von einer Begegnung ­zwischen den beiden Fürsten wissen wir nichts.31 Nach seiner Konversion bemühte sich Adam Wenzel um die Rekatholisierung in seinem Lande. Auf den Tod des Herzogs von Münsterberg-Oels (28. 01. 1617) hin ernannte ihn ­Kaiser Matthias zum schlesischen Oberlandeshauptmann, aber Adam Wenzel starb innerhalb weniger Monate. Der dritte 1608 regierende schlesische Fürst war Johann Georg, Markgraf von Brandenburg (1606 – 1621), Sohn des Kurfürsten Joachim Georg von Brandenburg, ein Nichtschlesier, dreizehn Jahre älter als der Bischof.32 Er war ein Aktivist und wenigstens zeitweise der bedeutendste Gegenspieler des Erzherzogs. Die Idee, dass die Katholischen mit der Wahl des Erzherzogs speziell ein Gegengewicht zum Markgrafen von Brandenburg schaffen wollten, ist wohl nicht ganz von der Hand zu weisen.33 Johann 30 Norbert C onrads : Die Rekatholisierungspolitik in Teschen und die Ambitionen des letzten Herzogs von Teschen, in: ders .: Schlesien in der Frühmoderne, S. 21 – 38, über Adam Wenzel S. 22 – 26. 31 Nr. 13 und 36 der im Anhang übersetzten Briefe des Stobaeus: Stobaeus an Bartholomaeus Viller, 27. 01. 1610, Stobaeus an Adam Wenzel, Herzog von Teschen, 26. 12. 1610. Zum Schützenfest s. unten S. 205 – 207. 32 Hans S chulz : Markgraf Johann Georg von Brandenburg-Jägerndorf, Halle 1899, S. 34 – 65; Georg J äckel : Johann Georg II ., Markgraf von Brandenburg, Herzog von Jägerndorf 1 – 2, in: Jahrbuch für schlesische Kirchengeschichte 52 (1973), S. 65 – 83; 53 (1974), S. 57 – 95, Teil 2 behandelt Johann Georgs Rolle in Schlesien (S. 58 – 85), die Ereignisse nach dem Abzug aus Neisse (S. 86 – 92), seinen Tod in Leutschau (Levoča) in der Zips am 12. März 1624 und die Bestattung in der Kathedrale von Kaschau (Košice), beide Orte in der östlichen Slowakei (S. 93); Tobias S arx : Kontakte der schlesischen Reformierten um 1600 zu westlichen Reichsterritorien, in: Joachim B ahlcke und Irene D ingel Hg.: Die Reformierten in Schlesien (= Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz 106), Göttingen 2016, S. 150 – 152. 33 J äckel : Johann Georg II., Markgraf, S. 60.

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Georg übernahm das Herzogtum Jägerndorf am Anfang des Jahres 1607, als er bereits eine verunglückte Karriere hinter sich hatte. Die evangelischen Domkapitulare von Straßburg hatten ihn Jahre vorher zum dortigen Bistumsadministrator gewählt, aber Johann Georg konnte sich am Ende nicht gegen den katholischen Kandidaten behaupten. Der schlesische Fürstentag übertrug ihm schon im nächsten Jahr das Generalat über die schlesischen Truppen. Im Juni 1608 lief sogar am Kaiserhof das Gerücht um, die Schlesier hätten ihn an Stelle des Herzogs Karl von Münsterberg-Oels zum Oberlandeshauptmann gewählt, was aber von den Böhmen nicht akzeptiert worden sei. Im Verlaufe des Straßburger Kapitelstreits lernte Johann Georg im Westen viele protestantische Politiker kennen. Er stand in Verbindung mit führenden Leuten der Union, des 1608 gegründeten Bundes protestantischer Fürsten und Städte, so mit Christian von Anhalt. Die Union suchte bald, einen Halt auch in den habsburgischen Landen zu gewinnen. Johann Georg selbst schlug eine „Generalföderation“ der evangelischen Kurfürsten, Fürsten und Stände mit den Böhmen und Schlesiern vor, um ihren Religionsgegnern „desto besser und mächtiger“ zu begegnen.34 Der Schwäbisch-Haller Unionstag im Januar und Februar 1610 beauftragte speziell Johann Georg, die Verhandlungen für die Zusammenarbeit mit den Böhmen und Schlesiern zu führen.35 Er reiste dann nach Österreich, Böhmen und Mähren, um für die Union zu werben. Im März 1610 trug er den Vorschlag der Union den ober- und niederösterreichischen Ständen vor. In Wien traf er mit Karl von Žerotín zusammen, dem mährischen Landeshauptmann von 1608 bis 1615 und Führer der Stände in Mähren, in Linz mit Georg Erasmus Freiherr von Tschernembl, dem Haupt der Ständischen in Österreich. Er unterhielt Kontakte mit Peter Wok von Rosenberg, einem führenden böhmischen Adeligen († 1611).

34 Moritz R itter : Briefe und Akten zur Geschichte des 30jährigen Krieges in den Zeiten des vorwaltenden Einflusses der Wittelsbacher. Die Union und Heinrich IV. 1607 – 1609, HKBAW BA 2, München 1874, S. 416 Anm. 2; J äckel : Johann Georg II., Markgraf, S. 62. Einen früheren Versuch eines Bündnisses ­zwischen den schlesischen Protestanten und denen im Reich hatte Ferdinand I. in den 1540er Jahren verhindert. 35 Moritz R itter : Briefe und Akten zur Geschichte des 30jährigen Krieges in den Zeiten des vorwaltenden Einflusses der Wittelsbacher. Der Jülicher Erbfolgekrieg, HKBAW BA 3, München 1877, S. 51 f., 103 Anm. 1; J äckel : Johann Georg II., Markgraf, S. 63.

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the War

Oder Beuthen an der Oder Glogau

Militsch

PREICHAU

Liegnitz

LIEGN. HALT

Jauer

ZIRKWITZ

POGUL BRESL. HALT

Glatz

Brieg

Jägerndorf

Troppau

Oppeln

Od

er

Beuthen

UJEST

Ratibor

Pless Oderberg

h

Teschen

se l Weich

M a rc

Unmittelbar unter der böhmischen Krone (Erbfürstentümer und Grafschaft Glatz)

SKORISCHAU

Neisse

Elbe Mediatfürstentümer, freie Standesherrschaften, Minderherrschaften

Wartenberg

Bernstadt

KANTH

Münsterberg

Kartographie von Daniel Huffman

Oels

Breslau

Schweidnitz

Schlesien in der Zeit Erzherzog Karls als Bischof von Breslau

TSCHESCHEN

Wohlau Trachenberg

Neisse

B o be r

Sagan

25km

Karte 3: Schlesien in der Zeit Erzherzog Karls als Bischof von Breslau. Zur Zeit Erzherzog Karls gliederte sich Schlesien, unter der königlichen Oberherrschaft in Prag, in an die zwanzig separate Herrschaften, alle nach ihrer bedeutendsten Stadt benannt, manchmal zwei oder drei vereinigt unter einem Fürsten. Die Immediat- oder Erbfürstentümer, unter der unmittelbaren Herrschaft der Krone Böhmens und regiert von Landeshauptmännern, umfassten mehr als die Hälfte des Landes und stellten im Einzelnen die verhältnismäßig großflächigen Herrschaftsgebiete Schlesiens dar: Sagan, Glogau, Schweidnitz-Jauer, Breslau, Münsterberg, Oppeln-Ratibor. Die nicht von der Krone direkt verwalteten Fürstentümer waren Liegnitz, Brieg, Wohlau, Oels, Bernstadt, Jägerndorf, Troppau (seit 1613), Teschen und das bischöfliche Fürstentum Neisse. Nach der gleichen Eigenständigkeit und einem entsprechenden Regierungsapparat wie die mediaten Fürstentümer strebten die Freien Standesherrschaften, noch kleinere, von der Lehenshoheit eines Landesfürsten exempte und in einigen Fällen mit Teilstimme im Fürstentag ausgerüstete Herrschaften gewisser Familien: Trachenberg (Schafgotsch, Hatzfeld), Militsch (Maltzan), Wartenberg (Dohna), Pless (Promnitz), Beuthen an der Oder (Schönaich), Beuthen in Oberschlesien (Henkel von Donnersmark), Oderberg (Hohenzollern, 1623 Henkel von Donnersmark). Daneben gab es acht Minderherrschaften, auf dieser Karte nicht gezeigt, wie Loslau in

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Oppeln-Ratibor und Friedeck in Teschen. Die neun bischöflichen Halte, Fragmente des Breslauer Bistums unter der Landesherrschaft des Fürstbischofs, bestehend weitgehend aus nicht unbedingt zusammenhängendem Landbesitz des Bischofs oder Kapitels, lagen in den anderen Fürsten­ tümern: Breslauer Halt, Kanth (Ft. Breslau), Liegnitzer Halt (Ft. Liegnitz), Pogul, Preichau (Ft. Wohlau), Zirkwitz (Ft. Oels), Tscheschen (Standesherrschaft Wartenberg), Skorischau, Ujest (Ft. Oppeln-Ratibor). Zum Breslauer Halt gehörten 17 Dörfer, der Halt Kanth bestand aus der Stadt Kanth mit 5 qkm und 4 Dörfern, der Halt Tscheschen umfasste 2250 ha (1500 Wald) und drei Dörfer, eine Beschreibung der Halte bei S cholz : Das geistliche Fürstentum Neisse, S. 398 f. Als Besucher der bischöflichen Halte lässt sich Karl im Verlaufe seiner sechzehnjährigen Regierung nur auf der Breslauer Dominsel und einmal in Kanth nachweisen. Das Gebiet um Johannesthal und Hotzenplotz östlich des Fürstentums Neisse bildete eine Exklave der Oberschlesien benachbarten Markgrafschaft Mähren.

Zunächst waren die Ziele, die sich Vertreter der Union und des protestantischen Schlesiens setzten, noch gemäßigt: Zusammenarbeit, Austausch von Informationen über alle Maßnahmen gegen die Evangelischen, die Weigerung, sich bei einem Vorgehen gegen die Majestätsbriefe gebrauchen zu lassen, Erlaubnis zu Werbungen und Durchzüge nur den Verbündeten, dem ­Kaiser keine Steuer zu bewilligen, wenn die Mittel gegen die Evangelischen verwendet werden sollten.36 Johann Georg sprach dann auch in ­diesem Sinne vor dem Fürstentag, obwohl dieser den Böhmen nicht vorgreifen wollte.37 Am Kaiserhof galt er von Anfang an als der Führer der Opposition gegen das habsburgische Regime und hauptsächlicher Unruhestifter in Schlesien.38 Unter den schlesischen Fürsten und Standesherren blieb er wohl immer ein Außenseiter. Früher als alle anderen wollte er 1618 den Böhmen zu Hilfe kommen.39 Zu den Truppen der Aufständischen, die im November 1618 in Österreich einfielen, gehörte ein schlesisches Kontingent unter Johann Georgs Führung. Seinen Einfluss unter den schlesischen Fürsten und Ständen minderte wahrscheinlich eine Reihe von Umständen. Er war Ausländer; von 1612 – 1615 verschwand er ganz aus dem Lande und übernahm die Stellung des Statthalters in der Mark Brandenburg. Mit seiner Konversion zur Reformierten ­Kirche 1613 fanden sich seine Jägerndorfer Untertanen nur widerwillig ab und andere, die schwer um die Gleichberechtigung des lutherischen Bekenntnisses gekämpft hatten, wohl überhaupt nicht. Schließlich untergrub seine Stellung in Schlesien der Disput über die Erbfolge der brandenburgischen Hohenzollern in Jägerndorf, Beuthen und Oderberg, mit der sich ­Kaiser Rudolf zunächst abfand, die er aber am Ende den Hohenzollern zu versagen suchte. Dass die ­Kaiser ihm sein schlesisches Erbe streitig machten, verstärkte sicherlich seinen 36 R itter : Die Union und Heinrich IV. 1607 – 1609, S. 409 Anm. 1; J äckel : Johann Georg II., Markgraf, S. 62. 37 R itter : Der Jülicher Erbfolgekrieg, S. 246 – 248; J äckel : Johann Georg II., Markgraf, S. 63. 38 L. Ridolfo an Kardinal Borghese, Breslau, 11. 01. 1617, BAV Codices Barbarini Latini, 7059, fol. 44r–45r; K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 385, Regest 315. 39 P alm : Das Verhalten der schlesischen Fürsten und Stände im ersten Jahre der böhmischen Unruhen, S. 287 f.

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Hass auf die Habsburger. Gleich als er die Herrschaft antrat, wollte ihm Bischof Sitsch, der Oberlandeshauptmann, nicht erlauben, seinen Sitz im Fürstentag einzunehmen. ­Kaiser Rudolf schloss ihn 1610 von den Fürstentagen aus, nahm ihm das Generalat und entschied jetzt gegen seine Erbfolge in Schlesien. Allerdings waren alle diese kaiserlichen Anordnungen in den Wind geredet. Noch 1612 sahen die Breslauer belustigt zu, als Johann Georg mit seinem Leutnant vor den Stadtmauern den eben gemusterten Knechten die rechte Handhabung ihrer Spieße, Gabeln und Musketen beibringen wollte.40 Ein mehrjähriger Prozess vor dem Fürstenrecht über die Erbfolge in Beuthen und Oderberg entschied 1618 gegen ihn. Im Februar 1621 verhängte der ­Kaiser die Acht über Johann Georg, im März 1621 übertrug er Jägerndorf dem Fürsten von Liechtenstein. Johann Georg besuchte mehrmals Neisse, und Erzherzog Karl bemühte sich um ein freundliches Verhältnis mit dem Jägerndorfer, das die politischen Entwicklungen am Ende unmöglich machten. Wie der Bischof starb Johann Georg fern von seinem Fürstentum, im gleichen Jahr übrigens wie Karl, in Leutschau im östlichen Oberungarn (Slowakei), geächtet und im Kriege gegen die Habsburger. In Karls Jahren als Bischof von Breslau kämpfte der Fürstentag in erster Linie um die Ausführung der schlesischen Majestätsbriefe und damit die Ausübung der evangelischen Religion in den katholischen Gebieten. In ­diesem Zusammenhang tritt Johann Georg nicht in Erscheinung. Dem Markgrafen ging es um ein anderes Ziel, sein „Hauptanliegen“ war „die Verbindung der habsburgischen Hauslande mit der Union“.41 Johann Georg dachte strategisch, plante in größeren Zusammenhängen, ihm ging es um das Schicksal der protestantischen Staaten im Kampf mit dem habsburgischen Absolutismus. – Zu den beiden katholischen Mitgliedern des Fürstentags, Adam Wenzel und Erzherzog Karl, trat schließlich der katholische Karl von Liechtenstein, dem Matthias 1614 das Erbfürstentum Troppau übertrug. Es lag im Bereich der Diözese Olmütz, galt aber politisch als Teil Schlesiens und der Fürst hatte einen Sitz im Fürstentag.42 Liechtenstein war ein mährischer Adliger, der unter Rudolf hohe Positionen übernahm und 1599 zur katholischen ­Kirche konvertierte. Er erhielt 1622 auch Jägerndorf, das nun mit Troppau vereinigt wurde. Innerhalb weniger Jahre verschob sich so die Repräsentation der Katholiken im Fürstentag, drei katholische Fürsten standen jetzt drei evangelischen gegenüber. Unter den freien Standesherren waren besonders die von Wartenberg und Militsch politisch aktiv. Erzherzog Karl sollte mit dem Besitzer von Wartenberg, dem 1561 40 P ol : Jahrbücher der Stadt Breslau 5, S. 86 f. 41 J äckel : Johann Georg II., Markgraf, S. 61. Besuch in Neisse mit großem Gefolge am 12. Januar 1610, Nr. 37 der im Anhang übersetzten Stobaeus-Briefe, Stobaeus an ­Franziskus Ursinus, Breslauer Kanoniker, Neisse, 13. 01. 1611. Er kam auch zum Schützenfest im August 1612. 42 B iermann : Geschichte der Herzogthümer Jägerndorf und Troppau, S. 384; zu den langen Streitigkeiten über die Vertretung im schlesischen Fürstentag s. dort S. 370 – 384.

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geborenen und 1613 in Breslau verstorbenen Abraham II ., Burggraf von Dohna, einen Verbündeten gefunden haben. Dieser stand in Diensten ­Kaiser Rudolfs II ., hatte 1600 eine Gesandtschaft nach Moskau geführt und unter Bischof Johannes Sitsch mit der Rekatholisierung seiner Standesherrschaft begonnen. Ihm folgte 1612 als Besitzer der Standesherrschaft und Vogt der Oberlausitz sein Sohn Karl Hannibal, der dann auf viele Jahre hin die kaiserlichen und katholischen Interessen in Schlesien vertrat.43 Dagegen war der Standesherr von Militsch, Joachim III . von Maltzahn (1559 – 1625), ein engagierter Protestant und in Erzherzog Karls Tagen eine führende Persönlichkeit im protestantischen Schlesien.44 Weite Teile des Landes hatte damals die Krone Böhmen eingezogen, so die vereinigten Fürstentümer Schweidnitz-Jauer; sie standen unter der Leitung von Landeshauptmännern, die der König ernannte. Auch Oppeln-Ratibor war seit dem Aussterben der Piasten ein Erbfürstentum, aber 1557 aufgelöst in zahlreiche Pfandschaften, darunter Falkenberg und Neustadt; desgleichen das Fürstentum Sagan. Besonderes Gewicht unter den politischen Gebilden Schlesiens hatte die Stadt Breslau, damals mit ungefähr 30.000 Einwohnern, der Rat hielt die Landeshauptmannschaft im Erbfürstentum Breslau, dem Territorium rechts und links der Oder.45 Im jahrelangen Streit mit dem Bischof – es ging meistens um den Majestätsbrief und die Ausführung seiner Provisionen – spielte der das Oberamt verwaltende Herzog eine Schlüsselrolle. Die Landes- und Standesherren im Fürstentag waren aber nur wenige und vielleicht auch zu sehr in die Probleme ihrer Territorien verwickelt und als Landesherren wohl nicht ohne Sympathie für die Lage des Bischofs. Das aktive, um nicht zu sagen aggressive Element im Fürstentag in Religionssachen und damit in der Auseinandersetzung mit dem Bischof bildeten zweifellos die Vertreter des Adels und der Städte. Die Gesandtschaften im Zusammenhang mit den Majestätsbriefen und anderen Verhandlungen mit dem ­Kaiser oder die Mitglieder des Fürstentags, die der Fürstentag dem Bischof ins Haus schickte, bestanden aus adligen Landbesitzern. Sie traten sicherlich aus echter religiöser Überzeugung für ihre Konfession ein. Der Religionswechsel brachte ihnen aber auch wirtschaftlichen Gewinn und festigte ihre Herrschaft über ihre Untertanen. Das Feuer für die Bewahrung des Luthertums loderte dann vor allem in den Städten und dort 43 Arno D uch : Karl Hannibal, Burggraf von Dohna 1588 – 1633, in: NDB 4 (1959), S. 51. ­Abraham ist nicht identisch mit dem gleichnamigen Vertreter der preußischen Linie, auf Morungen, 1579 – 1631, Verfasser der Satire auf den Reichstag von 1613. Abraham begann seine gegenreformatorische Tätigkeit 1601, schon 1594 vertrieb der Komtur der Johanniter die Prädikanten aus dem Ordensbesitz Lossen, Klein-Oels und Groß-Tinze. 44 Zu Maltzahn s. G ottschalk : Buckisch 2, S. 121 Anm. 160. Die Standesherrschaft Pless lag in den Händen eines Abraham von Promnitz, er starb kinderlos 1613, die verschiedenen Zweige der Promnitz waren alle evangelisch. Trachenberg gehörte den evangelischen Schafgotsch, Hans-Ulrich 1595 – 1635 der Besitzer. 45 B ergius (kein Vorname): Über die Einwohnerzahl Breslaus gegen Ende des sechszehnten Jahrhunderts, in: ZVGS 3 (1860), S. 165 – 190, hier S. 190.

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nicht zuletzt in der niederen Klasse der städtischen Einwohner, der Schneider, Leinweber und Seifensieder, die in ihrer Opposition gegen den Bischof sich überhaupt gegen die Herrschenden Luft machen konnten. Die Energie und gar Verwegenheit im Kampf gegen die Katholischen und die habsburgischen Oberen, die der Fürstentag manchmal demonstrierte, kamen sicherlich von den Adligen, die ihre Klasse wie auch die Städte in dieser Versammlung vertraten.

2. Wortführer und Unterhändler der Parteien Für die Regierungsjahre des Erzherzogs existieren keine Protokolle der Sitzungen des Fürstentags, die Verhandlungen und Zusammenstöße dort bleiben uns verborgen. Im Streit der Konfessionen fanden diese Hilfe außerhalb des Fürstentags, beide Seiten stützten sich auf Experten. Der Bischof fand seine vor allem im Breslauer Domkapitel. Die Kanoniker – vierundzwanzig im Jahre 1608 – bildeten eine Hilfstruppe, der die protestantische Seite nichts Vergleichbares entgegenstellen konnte.46 Den Status des Domkapitels, die Rechte und Privilegien der Domherren, nicht zuletzt in ihrer Beziehung zum Bischof, bestimmten das kanonische Recht und die Wahlkapitulationen.47 In einer Krisenzeit, wie es das Zeitalter der Reformation und Gegenreformation war, kam der Zusammenarbeit von Bischof und Kapitel besondere Bedeutung zu. Die Kapitelherren in Breslau waren älter als der Erzherzog, viel besser ausgebildet – mit einem längeren Studium hinter sich, gewöhnlich an italienischen Universitäten, wo einige mehr als einen akademischen Grad erworben hatten–, besaßen in der Regel Erfahrung in der Seelsorge, mehrere hatten Dienst in der Verwaltung des Bistums getan, in Schulen oder im Klerikalseminar oder als Emissäre des Bischofs an Fürsten, ­Kaiser und römische Kurie. Unter ihnen waren Gelehrte und Autoren, wie der 46 Eine Zusammenstellung für das Jahr 1608 bei S cholz : Gravamina der Landstände, S. 120 Anm. 76. Nicht zu entbehren die Aufsätze von Alfred S abisch : Breslauer Domherren des 16. Jahrhunderts, und D ers .: Zur Topographie der Breslauer Dominsel im 16. Jahrhundert, in: Beiträge zur schlesischen Kirchengeschichte. Gedenkschrift für Kurt Engelbert, hg. von Bernhard S tasiewski (= Forschungen und Quellen zur ­Kirchen- und Kulturgeschichte Ostdeutschlands 6), Köln, Wien 1969, S. 275 – 293. 47 Z immermann : Das Breslauer Domkapitel, im Zusammenhange der im Folgenden berührten ­Themen: Kanonikate und Prälaturen S. 6 – 24, Recht der Besetzung S. 25 – 44, Vorbildung S. 54 – 75, Nationalität S. 89 – 100, Benefizien S. 118 – 137. Was man bei Zimmermann nicht findet, ist die Rolle der Kapitelherren bei der Verwaltung des bischöflichen Fürstentums, ferner eine Übersicht über die erhaltenen Kapitelprotokolle (was existiert handschriftlich, was gedruckt). Zum letzteren Thema für die Jahre 1500 – 1562 s. S abisch : Acta capituli 1, Teil 1, S. xxxi – xxxvi, zum Inhalt der Kapitelprotokolle dort S. xli – xlvi. Für die Zeit um 1500 hat man beobachtet, „dass das Domkapitel … die glänzendsten Namen der schlesischen Hochrenaissance in sich schloss“; Gustav B auch : Beiträge zur Litteraturgeschichte des schlesischen Humanismus, in ZVGS 38 (1904), S. 292 – 342, Zitat S. 342.

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Dichter Julius Caesar Wacker von Wackenfels oder der Humanist Balthasar Neander. Sie stifteten Gemälde oder Skulpturen für die Ausschmückung der Kathedralkirche, finanzierten die Renovierung von Altären und Kapellen, betätigten sich überhaupt als Patrone der Künste. Der Archidiakon Petrus Gebauer, der besonders eng mit dem Erzherzog zusammenarbeitete, stiftete 1631 das Chorgestühl im Presbyterium der Domkirche, „eine ausgezeichnete Arbeit der Spätrenaissance“.48 Der Dekan des Kapitels in Karls Tagen, Nikolaus von Troilo, soll das berühmte „Festmahl des Herodes und Enthauptung Johannes’ des Täufers“ des jüngeren Bartholomäus Strobel, heute im Prado, in Auftrag gegeben haben.49 Troilo stiftete 1627 ein Marienbild im Dom zum Andenken an den Kanoniker Julius Wacker, seinen Verwandten. Kanoniker vererbten der Kapitelbibliothek ihre privaten Büchersammlungen. Die Bibliothek des Kapitels enthielt fast dreitausend Bände und über fünfhundert Handschriften, als der Kapitular Friedrich Berg nach achtjähriger Arbeit 1615 einen detaillierten und nahezu modernen Vorstellungen entsprechenden Katalog fertigstellte, siebzehn Jahre ehe sächsisches und schwedisches Militär bei der Besetzung der Dominsel ihre Schätze zerstörten oder in alle Winde zerstreuten.50 Auch Karl wird einmal als Besucher der Bibliothek genannt, am 7. März 1611, bei welcher Gelegenheit er eine Abschrift des Statutenbuches anordnete.51 In den Kapiteldörfern übten die Kanoniker richterliche Funktionen aus und sorgten dafür, dass die geschuldeten Abgaben, von denen sie ja ihren Lebensunterhalt bestritten, eingesammelt und in die Vorratskammern des 48 Josef J ungnitz : Archidiakonus Petrus Gebauer. Ein Zeit- und Lebensbild aus der schlesischen Kirchengeschichte des 17. Jahrhunderts, Breslau 1882, S. 70 – 73. Am 2. April 1945 bei einem Bombenangriff verbrannt. 49 Über Nikolaus von Troilo, seine künstlerischen Interessen, Beiträge als Mäzen und seine Verwandten und Freunde im Domkapitel s. Norbert C onrads : Der Aufstieg der Familie Troilo. Zum kulturellen Profil des katholischen Adels ­zwischen Späthumanismus und Gegenreformation, in: Jörg D eventer , Susanne R au und Anne C onrad Hgg.: Zeitenwenden. Herrschaft, Selbstbehauptung und Integration ­zwischen Reformation und Liberalismus (= Geschichte 39), Münster 2002, S. 279 – 310, hier S. 303 f., 284 Anm. 59; O szczanowski und G romadzki : Theatrum vitae et mortis, S. 117. 50 S abisch : Breslauer Domherren des 16. Jahrhunderts, S. 175; Maria F liegel : Die Dombibliothek zu Breslau im ausgehenden Mittelalter, in: ZVGS 53 (1919), S. 84 – 133, hier 84 – 98, über Bergh selbst S. 94 – 98, er starb 1641. Der Katalog überlebte die Zerstörung; damals, aus ­welchen Gründen auch immer, befand er sich in der Bibliothek der Abtei Heinrichau. 1617 – 1619 legte Berg auch ein Inventar des Domarchivs an, es verzeichnete 1940 Urkunden, das Archiv wurde 1632 ebenfalls weitgehend zerstört; Joseph J ungnitz : Das Breslauer Diözesanarchiv, in: ZVGS 39 (1905), S. 52 – 77, hier S. 59 f., 63 f. Ein Porträt des Friedrich Berg oder Berghius schuf 1622 Bartholomäus Strobel der Jüngere, das Bild im Breslauer Erzdiözesanmuseum, Inventar Nr. 1363, Abbildung bei O szczanowski und G romadzki : Theatrum vitae et mortis, S. 12. 51 F l i e g e l : Die Dombibliothek zu Breslau, S.  123, keine Quelle, wohl aus ungedruckten Kapitelprotokollen.

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Kapitels abgeliefert wurden.52 Die vor der Reformation bestehenden Missstände, als der eine oder andere eine Frau in seinem Kapitelhause unterhielt, hatte man inzwischen beseitigt.53 Der Übertritt von Breslauer Kanonikern zur evangelischen Lehre beschränkte sich auf einige wenige – Dominikus Schleupner, Valentin Krautwald, Heinrich Rybisch – und fiel in die ersten Jahre der Reformation.54 Nicht nur blieben die Kanoniker der alten ­Kirche treu, sie hielten wohl auch den einen oder anderen Bischof davon ab, sich den Lutheranern zu nähern oder gar zum Protestantismus überzutreten.55 Neigungen zum Luthertum gab es dann unter den Kapitelherren nicht mehr, das Kapitel stellte sich ganz auf die katholische Erneuerung ein. Nach einigen Unstimmigkeiten ­zwischen Kapitel und Bischof in seinen ersten Monaten, für die wohl Johann Jakob von Lamberg verantwortlich war, begriff Erzherzog Karl genau den Geist und die Denkweise des Breslauer Domkapitels und begegnete den Kapitelherren respektvoll, sogar demütig. In seiner Relation an den Papst von 1618, wie oben zitiert, betonte er die hohe Autorität des Kapitels, ohne dessen Zustimmung der Bischof nichts unternehmen könne.56

52 Das aus den Kapiteldörfern abgelieferte Getreide wurde auf dem Dachboden des Kapitelhauses gelagert, eine Windenvorrichtung bestand auf der Westseite, mit deren Hilfe die Getreidesäcke heraufgezogen wurden, sie war noch bis 1945 vorhanden. Ein Verwalter der Getreidevorräte – provisor granarii – führte ein Generalregister des abzuliefernden Getreides. Jeder Kanoniker, der ein Kapiteldorf verwaltete, führte ebenfalls Buch. Das Kapitel empfahl einen Vergleich der beiden Register; S abisch : Acta capituli 2, Teil 1, S. 70 und dort Anm. 2. 53 M eyer : Studien zur Vorgeschichte der Reformation, S. 153 – 169. Ernste Versuche zur inneren Reform unternahm das Kapitel besonders in den Jahren 1511 – 1513, was ihnen abging, war die Unterstützung des Bischofs, Johann Turzo. 54 Zur Lebensbahn eines der Übergetretenen zuletzt Franz M a c h i l e k : Dominikus Schleupner aus Neisse (um 1483 – 1547). Vom Kanzler des Bischofs Jakob von Salza und Domkapitular in Breslau zum evangelischen Prediger und Ratstheologen in Nürnberg, in: Joachim B a h l c k e , Karen L a m b r e c h t und Hans-Christian M a n e r Hgg.: Konfessionelle Pluralität als Herausforderung, Leipzig 2006, S. 235 – 262. Z i mm e r m a n n : Das Breslauer Domkapitel, S. 465 f. 55 „Und doch verhinderte die Minorität der theologisch gebildeten und kirchlich empfindenden Mitglieder des Breslauer Domkapitels im entscheidenden Jahrzehnt der Kirchenspaltung den Übergang in die sich formierende neugläubige kirchliche Gemeinschaft; das Breslauer Domkapitel blieb nicht nur in seinem bisherigen Bestand der alten ­Kirche treu, es bewahrte auch Bischöfe und Bistum vor dem entscheidenden Übergang zum Protestantismus“; S abisch : Breslauer Domherren des 16. Jahrhunderts, S. 148. Das gilt wohl auch für die späteren Jahrzehnte. Ricarda Huch bemerkte: „Die höhere Geistlichkeit und die patrizischen Kreise lebten beide in einer Atmosphäre verfeinerter humanistischer Bildung und fühlten sich dadurch verbunden“; Schlesien 9 (1964), S. 196. 56 Relation 1618, ASV , Archivio della Sacra Congregazione del Concilio, Relat. Dioec. 884, fol. 390v: „Hoc capitulum habet magnam auctoritatem, nam episcopus sine consensu ipsius nihil prorsus possit facere“.

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Die Kanoniker, die in der Zeit Bischof Karls in der Verwaltung des Bistums oder des Fürstentums Dienst taten oder denen er spezielle Missionen übertrug, hatten fast alle im römischen Germanikum einen Teil ihres Studiums abgelegt und dort residiert. Aus Italien kehrten sie gewöhnlich mit dem philosophischen Doktorgrad zurück. Mehrere erwarben auch einen theologischen Doktor oder den Doktor beider Rechte. Von den sechs Weihbischöfen während seiner Herrschaft (Georg Scultetus, Konrad Waibel, Franz Ursinus, Gregor Bernitz, Martin Kohlsdorf, Johann Balthasar Liesch von Hornau) hatte nur Martin Kohlsdorf nicht die römische Institution besucht. Als Sprecher auf dem ersten Fürstentag seiner Herrschaft traten der Kantor Franz Ursinus und der Kanzler Bartholomäus Jerin, Neffe des Bischofs Andreas Jerin, auf. Der spätere Kantor Gregor Bernitz trug den Protest des Bischofs gegen die Provisionen des Majestätsbriefs im Juli 1610 nach Prag; er begleitete den Bischof an den Kaiserhof in Linz im März 1614.57 Beim Fürstentag in Breslau am 28. August 1618 vertraten den Bischof seine Geheimräte, der Domdechant Nikolaus von Troilo und der Kanoniker und Dechant des Kreuzstifts Christoph von Gelhorn neben den bischöflichen Sekretären Johann Scharf und Martin Debiz.58 Gelhorn, Christoph von Strachwitz, Nikolaus von Troilo, Johannes Dohn, Julius Cäsar Wacker von Wackenfels,59 Balthasar Neander, Bernhard Eder sind als Administratoren in Neisse oder Breslau belegt.60 Eine Zusammenkunft mit Vertretern des Fürstentags, an der der Bischof teilnahm, fand im Haus des Domherrn Bernhard Eder statt, dieser ein gebürtiger Österreicher, der sich der besonderen Gunst des Erzherzogs erfreute; Karl machte ihn zum Hofrichter in Breslau und zu seinem Rat. Wohl in seiner Rolle als Hofrichter auf der Dominsel und im Breslauer Halt hatte Eder der Stadt Breslau „allerlei Widerwärtigkeit zugefüget“, bemerkte der Verfasser der Breslauer Jahrbücher.61 Der Germaniker Andreas Klimann diente unter dem Erzherzog als Offizial und Generalvikar, übte also die Aufsicht über die geistlichen Angelegenheiten des Bistums aus, auch ihn nützte der Bischof 1614 als Gesandten an den Kaiserhof.62 Michael Hilpert und Johannes 57 J ungnitz : Breslauer Germaniker, S. 88. Die Einzelheiten hier über die Probleme der Reise erscheinen nicht in den gedruckten Kapitelprotokollen; K astner : Beiträge 1500 – 1655, S. 142 f. 58 Acta Publica 1, S. 178; Z immermann : Das Breslauer Domkapitel, S. 547 f. (Troilo); J ungnitz : Breslauer Germaniker, S. 96 f. (Gelhorn). 59 Wacker belegt als Bistumsadministrator 30. 05. 1608; Z immermann : Das Breslauer Domkapitel, S. 557 f., anwesend bei der Wahl des Erzherzogs 07. 07. 1608. 60 Zu den beiden letztgenannten s. J ungnitz : Breslauer Germaniker, S. 74; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 98 f. 61 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 176; J ungnitz : Breslauer Germaniker, S. 68 – 75; G ottschalk : Buckisch 2, S. 170 Anm. 7; H erzig : Reformatorische Bewegungen, S. 102 nennt ihn geborenen Glatzer. Das Zitat aus P ol : Jahrbücher der Stadt Breslau 5, S. 179. Auch er trug bei zur Verschönerung des Doms; Nicolaus H enel von H ennenfeld : Breslographia, Frankfurt 1613, S. 11 – 12. 62 J ungnitz : Breslauer Germaniker, S. 45.

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Lohr, beide ­Germaniker, übernahmen Aufgaben in der Verwaltung.63 Der begabte Johannes Lohr, 1583 in Neisse geboren, einmal Hofkaplan des Erzherzogs und 1611 zum Pfarrer von Neisse ernannt, hielt Kanonikate am Breslauer Dom und am Neisser Kollegiatstift. Wir finden ihn in der Rolle eines bischöflichen Rats, Visitators und Neisser Kommissars, d. h. Aufsehers über mehrere Dekanate. Im Oktober 1621 vermittelte er ­zwischen Kapitel und Bischof. Karl grollte damals den Domherren wegen ihres Kniefalls vor dem Winterkönig.64 Gleich am Anfang seiner Regierung ernannte Karl einen neuen Kanzler, einen Mann aus dem Kapitel, Sebastian Hartmann. Das war ungewöhnlich, denn das bischöfliche Fürstentum verwaltete der Bischof in der Regel mit Laien. Der aus Königsberg stammende Germaniker, Doktor der Theologie und beider Rechte, hielt schon vor Erzherzog Karl verschiedene Positionen in Neisse: Propst des Kollegstiftes (1600 – 1621), Rektor des Klerikalseminars, Neisser Kommissar; er war ein beliebter Prediger an der Jakobuskirche, Autor theologischer Schriften, dann auch Domherr in Breslau und 1619 Archidiakon, einer der Prälaten im Kapitel.65 Ein Problem den Acker seiner Eltern betreffend, das ein Domherr vor den Bischof bringen wollte, legte Stobaeus stattdessen in Hartmanns Hände.66 Mit einer Delegation der Fürsten und Stände trafen Georg Stobaeus und Sebastian Hartmann im März 1610 in Ottmachau zusammen, beide im preußischen Braunsberg von den Jesuiten erzogen, Hartmann eine Generation ­später. Jahrzehntelang und viele Jahre über den Tod des Bischofs hinaus fanden sich die Kanoniker Peter Gebauer und Kaspar ­Karras in die Verwaltung und Diplomatie des Bistums und Fürstentums verwickelt. Der aus Glogau stammende Gebauer kam unter Karl ins Kapitel. Er erwies sich als ein wortgewaltiger Verfechter des katholischen Bekenntnisses und hielt viele Jahre das Amt des Dompredigers in Breslau. Für Erzherzog Karl und das Kapitel übernahm er zahlreiche Gesandtschaften, am Kaiserhof und in Rom machte er einen ausgezeichneten Eindruck und hob damit das Ansehen des Breslauer Kapitels, Karl gab ihm eine Rolle in den vom Bischof 1614 angeordneten Visitationen und ernannte 63 J ungnitz : Breslauer Germaniker, S. 117 f., 118 – 122. 64 J ungnitz : Breslauer Germaniker, S. 118 – 122; August M üller : Die Pfarrer von Neisse. Ein Beitrag zur Neisser Presbyterologie, in: ASKG 14 (1956), S. 59 – 104. Zu Martin Lagus s. K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 361 – 363. 65 J ungnitz : Breslauer Germaniker, S. 75 – 83, besonders S. 83; August K astner : Geschichte des bischöflichen Clerical-Seminars in Neisse von 1575 bis 1656, Teil 2 von Geschichte der Stadt Neisse 1 (= Archiv für die Geschichte des Bisthums Breslau 4), Neisse 1866, S. 145 – 197, hier S. 161 – 164; Kanzler, 12. 03. 1610, K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 36 f. August K astner : Geschichte des Pfarr-Gymnasiums bei der Pfarr-Kirche zum heil. Jacobus in Neisse, in: Geschichte der Stadt Neisse 1 (= Archiv für die Geschichte des Bisthums Breslau 4), S. 1 – 144, hier S. 117, über ein Werk für den Schulgebrauch „Disputatio de verbo Dei“. Hartmann starb 1621 im Alter von 60 Jahren. S. auch K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 146 f., 170 f. 66 S tobaeus : Epistolae ad diversos (1758), S. 282 f., 13. 10. 1610.

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ihn zu seinem ­Statthalter, als er im späten Frühjahr 1624 nach Spanien aufbrach.67 Den Bischof begleitete auf der Spanienreise der Domherr Kaspar Karras, der aus dem oberschlesischen Ujest stammte – und damit als bischöflicher Untertan geboren – und dessen Karriere der Bischof von Anfang an förderte. Karras stand am Sterbebette des Erzherzogs in M ­ adrid und verfasste einen Bericht von seinem Tode.68 Abgesehen von ihrer Rolle als Stützen des Bischofs in der Ausübung seiner Ӓmter setzten sich die Kapitelherren noch eine andere Aufgabe: Sie stärkten den Bischof in seinem Widerstand gegen die Evangelischen. Die Kapitelprotokolle zeigen, wie der Bischof in wichtigen Angelegenheiten den Rat des Kapitels suchte. Bis ins Einzelne konnte die Konsultation gehen: Sollte der Bischof im Konflikt mit den Fürsten und Ständen die Hilfe des Erzbischofs von Gnesen oder des Bischofs von Olmütz suchen? Sollten Domherren zum ­Kaiser geschickt werden oder sollte der Bischof selbst gehen? Sollte er auf die Aufhebung des Majestätsbriefes drängen oder nur auf eine enge Auslegung? Was würde das Kapitel zu einer Reise des Bischofs beisteuern?69 Obwohl der Bischof von selbst dazu neigte, unverbrüchlich am alten Glauben festzuhalten, ermahnte ihn das Kapitel, jede Forderung der Protestanten abzuweisen. In der Kapitelsitzung vom 26. Januar 1611 stellten die Kapitelherren eine Liste von neun Gravamina zusammen, neun Punkte, in denen sie den Bischof zum Handeln aufforderten. Unter anderem wiesen sie ihn an, die schon zwei Jahre zurückliegenden Gewalttaten gegen die Breslauer Dominikanerkirche St. Adalbert zu ahnden, sich um den Mangel an katholischen Büchern in den Schulen zu kümmern und dem Begehren der ­Neisser Evangelischen nach freier Religionsausübung in keiner Weise nachzugeben.70 Im Juni 1614 erinnerten die Domherren den Bischof, „je inbrünstiger und eifriger er bei Schutz und Ausübung der katholischen Religion sein würde, … umso mehr würde der allmächtige Gott ihn, es wäre nun im geistlichen oder weltlichen Stande, erhöhen“; er sollte also nicht wie die Bischöfe Promnitz und Logau dem Fortschritt der Neugläubigen einfach den Lauf lassen.71 Im Generalkapitel am 24. Januar 1617 entschieden die Kapitelherren, man müsse den Bischof ermahnen, mit derselben Beharrlichkeit und demselben brennenden Eifer für die Religion, wie er bisher Widerstand geleistet habe, über die Angelegenheiten der ­Kirche zu wachen. Durch ständiges Bitten möge die ihm eigene Milde bei der heiligen kaiserlichen Majestät verhindern, dass die ­Kirche oder 67 J ungnitz : Petrus Gebauer, passim. 68 J ungnitz : Breslauer Germaniker, S. 128 – 134, hier S. 128 f. Die Dienste des Karras fallen zum großen Teil in die Zeit von Karls Nachfolger. 69 K astner : Beiträge 1500 – 1655, Kapitelprotokolle, 08.01. (28. ist sicherlich ein Druckfehler) und 10. 01. 1614, S. 150 – 153; E ngelbert : Das Bistum Breslau im Dreißigjährigen Kriege 1, S. 115 – 118. 70 K astner : Beiträge 1500 – 1655, S. 143 – 145; einige Beispiele bei E ngelbert : Das Bistum Breslau im Dreißigjährigen Kriege 1, S. 100 – 102. 71 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 162, er hatte das Originalschreiben vor sich.

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der Klerus ob der Arroganz der Neisser Rebellen Schaden leide.72 Auch das Generalkapitel, am nämlichen Januartage des nächsten Jahres, erkannte die Bemühungen des Bischofs an, erinnerte aber auch an die Verletzungen der Rechte und Privilegien des Kapitels, die auf den Majestätsbrief zurückzuführen ­seien, diesen „gewaltigen Sumpf von Übeln“ – lacuna malorum plurima –, und bat den Bischof, sich mit größtem Eifer beim ­Kaiser und den katholischen Fürsten um dessen Beseitigung oder Einschränkung zu bemühen und die einstige Ruhe und den ursprünglichen unversehrten Zustand der ­Kirche wiederherzustellen.73 Neben seiner Zugehörigkeit zur regierenden Dynastie war es sicherlich seine bedingungslose Treue zur alten ­Kirche, die dem Bischof den Respekt und Gehorsam des Kapitels sicherte. Ein wunder Punkt in der Beziehung ­zwischen Bischof und Kapitel konnten aber die häufigen Abwesenheiten werden, die langen Reisen des Erzherzogs nach Österreich oder in Regionen des Reiches. Bei der Kapitelsitzung am 4. November 1612 versicherte Karl, er werde sich in ­diesem kritischen Augenblick nicht von seinem Regierungssitz entfernen, sondern dort unter größter Wachsamkeit aushalten.74 In der Sitzung vom 28. Januar 1614, als Karl wieder eine Reise plante, unerwähnt bleibt, wohin, beschwor das Kapitel den Bischof, „nach Erledigung seines Vorhabens nicht weiter zu reisen, sondern so schnell wie möglich heimzukehren, wegen der Häretiker, die während einer langen Abwesenheit vieles versuchen und in Bewegung setzen könnten“.75 In den ersten Dezembertagen 1618 brach der Erzherzog nach Tirol auf, eine zweiwöchige Reise brachte ihn nach Hall und Innsbruck, erst im März oder April des folgenden Jahres kehrte er nach Schlesien zurück. Zweck war die Einkleidung als Ritter des Deutschen Ordens. Gleich nach seinem Aufbruch gab der Dekan Nikolaus Troilo vor dem Kapitel am 7. Dezember 1618 seinem tiefen Bedauern Ausdruck, dass der Erzherzog in diesen ungemein gefähr­ lichen Zeiten und obwohl es ihm seine engsten Berater auszureden versuchten, eine Reise in weite Ferne begonnen hatte und vor Pfingsten kaum zurückkommen würde. In ­diesem Falle stellte das Kapitel die dringenden Gründe und Argumente zusammen, um ihn zur Rückkehr zu bewegen, und beschloss, an den ­Kaiser und König Ferdinand zu schreiben und sie anzuflehen, die schon lange angeschlagene und den Angriffen der Häretiker ausgesetzte schlesische ­Kirche nicht ohne ihren Hirten zu lassen. Auch an Otto von Nostitz, den böhmischen Oberstkanzler, wollte man sich wenden, er sollte seinen Einfluss bei ­Kaiser und König geltend machen, dass „unser Serenissimus ohne

72 K astner : Beiträge 1500 – 1655, S. 169. 73 K astner : Beiträge 1500 – 1655, Kapitelprotokolle, 24. 01. 1618, S. 172; E ngelbert : Das Bistum Breslau im Dreißigjährigen Kriege 1, S. 145 f. 74 „quod nolit hoc tempore a residentia sua abesse, sed eam vigilantius incolere“; K astner : Beiträge 1500 – 1655, S. 147. 75 „ne ulterius progrediatur, sed, obtentis obtinendis, quantocyus domum revertatur propter haereticos, qui in longa absentia multa tentare et moliri possent“; K astner : Beiträge 1500 – 1655, S. 153.

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weiteres Verweilen heimkehre, da eine Verzögerung überaus gefährlich sei“.76 Dem Bemühen der Kanoniker, den Erzherzog in seinem vornehmlichen Herrschaftsgebiet festzuhalten, war nur wenig Erfolg beschieden. Wegen der Entfernung von Neisse nach Breslau konnten die Kapitelherren nicht immer gleich zur Hand sein; die als Fürstentumsadministratoren dienenden Kanoniker waren gewiss nur während längerer Abwesenheiten des Bischofs in Neisse stationiert. Das Kollegiatstift in Neisse-Altstadt bei der ­Kirche St. Johannes stand dagegen nur ein paar Schritte vom bischöflichen Schloss entfernt. Die Verleihung eines Kanonikats im Kollegiatstift lag ganz in der Hand des Bischofs, ein Kanonikat versorgte einen bischöflichen geheimen Rat mit einem Einkommen, wie Hannibal Grisonius, einen Pfründner, den Karl mit seinem Statusbericht 1612/13 nach Rom schickte.77 In der bischöflichen Beamtenschaft spielten Kanzler und Vizekanzler die Hauptrollen. Mit den zwei genannten Domherren vertrat den Bischof auf dem ersten Fürstentag seiner Herrschaft der Vizekanzler des Fürstentums Joachim Willenberger, ein Laie wie der Geheimrat und Geheimsekretär Karls Johann Scharff von Werth, dessen Name überall in den Dokumenten begegnet. Aber bei keinem der oft langatmigen Schreiben im Neisser Religionsstreit, unter die Karl seine Unterschrift setzte, können wir genau sagen, wer für den Entwurf und die endgültige Form verantwortlich zeichnete, der Erzherzog schrieb sie offensichtlich nicht. Mit der Grundposition des Bischofs und den Argumenten, die man gegen die Evangelischen ins Feld führen konnte, war sicherlich eine ganze Reihe von Leuten im Umkreis des Erzherzogs vertraut. Im Zeitraum von Weihnachten 1608 bis Ostern 1611 konnte er sich zudem auf den Rat der Bischöfe von Gurk bzw. Lavant stützen. In diesen ersten Jahren verließen die bischöflichen Kommunikationen an Fürsten und Stände die Neisser Burg kaum ohne Überprüfung durch Bischof Lamberg oder Stobaeus. Im Kapitel und unter den Geheimräten der Regierung des Fürstentums fanden sich die Persönlichkeiten, denen vor allem an der katholischen Restauration gelegen war. Den Kern des protestantischen Kontingents im Fürstentage bildete eine kleine Anzahl von Männern, deren Namen im Zusammenhang der Verhandlungen mit der ­kaiserlichen 76 „ut Serenissimus noster absque mora, in qua est summum periculum, revertatur“; K astner : Beiträge 1500 – 1655, S. 174. Der Erzherzog kam am 23. Dezember in Innsbruck an, hatte also Schlesien schon vor dem 7. Dezember verlassen. 77 Zum Kollegiatstift und den Kanonikern in Karls Tagen s. K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 357 – 361; R. V ölkel : Die Zusammensetzung des Neisser Kollegiatstiftes von 1477 – 1650, in: 42. Bericht der wissenschaftlichen Gesellschaft Philomathie in Neisse (1939), S. 1 – 239, hier S. 116, zu Hartmann, S. 122; J ungnitz : Breslauer Germaniker, S. 75 – 84 (dort Bistumsadministrator und Geheimer Rat, nichts von Kanzler), zu Ursinus S. 41 – 43, zu Bartholomaeus von Jerin S. 63 – 65. Zu Grisonius s. K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 124, 315, 373.

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Regierung immer wieder auftreten, mehrmals in der gleichen Gruppierung.78 Wir möchten bei diesen die Aktivisten und Wortführer in Sachen der Religion vermuten. Als das führende Mitglied der Delegationen des Fürstentags wird mehrmals Weikhard oder ­Wighard Freiherr von Promnitz (1570 – 1618) genannt, kaiserlicher Kämmerer, Kriegsrat und Oberst, der Inhaber der Herrschaft Hoyerswerde (bis 1515). Er studierte in Wittenberg, und im Wintersemester 1590 hielt er das Amt des Rektors an der Universität.79 Dort mag er Andreas Geisler begegnet sein, der während der ersten elf Jahre des Erzherzogs an allen wesentlichen Aktionen der Protestanten teilnahm. Geisler war 1572 in Brieg geboren und starb 1624 in Liegnitz. Sein Studium legte er ebenfalls in Wittenberg ab, wo er den Doktor beider Rechte erwarb. Fürstlicher Rat und Kanzler in Liegnitz und Brieg, hielt er auch den Titel eines Kaiserlichen Hofpfalzgrafen, und wir finden ihn im Besitz von Landgütern. Geisler übte offensichtlich lange währenden Einfluss auf die Politik der Fürsten und Stände aus, heißt sogar einmal das oraculum der Liegnitzer Herzöge. Man möchte in ihm nicht nur deren Sprecher und Verhandlungsleiter sehen, sondern einen Mann, der Ideen beitrug und die riskante Politik der schlesischen Fürsten und Stände gegenüber den Habsburgern verschärfte. Geisler erscheint als Mitglied der schlesischen Gesandtschaften an den ­Kaiser im Juni/Juli 1608 (mit den fünfzehn Gravamina), September/Dezember 1608 und Juni/August 1609, die letztere kehrte mit den Majestätsbriefen nach Schlesien zurück.80 Er war das rechtskundige Mitglied der schlesischen Delegation, der Sprecher der Gesandtschaft, die über die Majestätsbriefe verhandelte,81 und soll in erster Linie für deren Bestimmungen verantwortlich gewesen sein.82 Nach der Verkündigung des Majestätsbriefes empfing er zahlreiche Dankschreiben; Martin Opitz, der wie Geisler und um die ­gleiche Zeit im Dienste des Herzogs Georg Rudolf von Liegnitz stand, widmete ihm eines seiner Werke.83 Als eine 78 Neben den im Text besprochenen Promnitz und Geisler finden wir als Mitglieder der Gesandtschaften nach Prag 1609 und 1610 Hans Georg von Zedlitz auf Stoppen (1579 – 1620), fürstlicher Rat in Oels, Sigmund von Burghaus auf Stolz und Giersdorf (ca. 1574 – 1611) und Wenzel Otter von Otterau, ein böhmischer Adliger, Ratsherr und wiederholt Bürgermeister in Schweidnitz; s. G ottschalk : Buckisch 2, S. 133 f. Anm. 11, 12, 14. 79 G ottschalk : Buckisch 2, S. 133 Anm. 10. Der Rektor diente in der Regel nur ein Semester, und Studenten aus hohen Familien, wie der des Landesherrn, gab man gern das Amt. 80 G ottschalk : Buckisch 2, S. 133 – 138, 137 – 141, 145 – 148. 81 G ottschalk : Buckisch 2, S. 134 Anm. 13. 82 K onrad : Der schlesischen Majestätsbrief, S. 27. 83 Martin O pitz : Gesammelte Werke. Kritische Ausgabe 1 – 4, 2, 3, 4 je in zwei Teilen, hg. von George S chulz -B ehrend , Stuttgart 1968, hier 2, Teil 1, S. 18 – 41, Lobgesang Bacchi, die Übersetzung eines lateinischen Gedichts seines Zeitgenossen Daniel Heinsius ins Deutsche von Martin Opitz (Beginnt: „Was kann man besser thun den Abend vor der Faste“). Opitz widmete die Übersetzung dem Andreas Geisler mit ein paar lateinischen Versen, nannte ihn hier Kaiserlichen Rat, Kaiserlichen Pfalzgrafen und Kanzler des Herzogtums Liegnitz. Opitz übergab das Gedicht Geisler am 8. Februar 1622. Martin Opitz: Lateinische Werke 1 – 2, in Zusammenarbeit mit Wilhelm K ühlmann , Hans-Gert R oloff und zahlreichen Fachgelehrten herausgegeben,

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s­ iebenköpfige Delegation des Fürstentags im März 1610 in Ottmachau vor den Bischöfen Karl und Stobaeus erschien, führte Geisler das Wort.84 Geisler gehörte neben Promnitz zu den sechs schlesischen Vertretern bei den Verhandlungen über die schlesische Kanzlei in Prag im Juni 1616.85 Die Viermann-Delegation der Fürsten und Stände, die mit den Beschwerden der Evangelischen im Juli 1618 nach Wien reiste und dort bis September mit König Ferdinand verhandelte und einen Stoß kaiserlicher Dekrete mit nach Hause brachte, bestand aus Herzog Johann Christian, dem Standesherrn Joachim Maltzahn, dem Adligen Albrecht von Rohr und Dr. Geisler.86 1619 war Geisler einer der schlesischen Gesandten, die ohne spezifische Instruktionen vom Fürstentag den Anschluss der Schlesier an die aufständischen böhmischen Stände erklärten, sich von Ferdinand lossagten und Friedrich von der Pfalz zum König wählten. Durch ihn übergaben die Schlesier im Plenum der böhmischen Stände am 21. August 1619 ihr Votum zur Absetzung König Ferdinands.87 Keinen Namen unter den gegen Habsburg revoltierenden Schlesiern hört man öfter als den des Dr. Geisler, aber ohne Konsequenzen für den Träger, so viel wir wissen, als das Abenteuer missglückte. Die Breslauer saßen mit den Repräsentanten des Adels der Erbfürstentümer in der zweiten Kurie des Fürstentags. Man möchte einen dominierenden Einfluss in ­diesem Gremium der schon seit drei Generationen evangelischen Stadt annehmen. Dr. Christoph Henscher (1568 – 1620) aus Münsterberg, Syndikus der Stadt und Oberlandschreiber des Fürstentums Breslau, sein Grab in der Elisabethkirche, gehörte wie Geisler der Gesandtschaft an, die der Fürstentag im März 1610 zum Bischof in Ottmachau schickte, mit der Warnung, den Frieden ­zwischen den Konfessionen nicht zu stören.88 Als Mitglied einer vierköpfigen Kommission des Breslauer Rates ermahnte er die Häupter der Breslauer Stifte und Klöster zur Befolgung des Majestätsbriefes. Henscher trat auch am 26. März 1610 als Sprecher vor dem Domkapitel auf, als man die Einstellung der Domherren zum Majestätsbrief erfahren wollte.89 Bei ihren Besuchen in Breslau wohnten König Matthias und

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übersetzt und kommentiert von Veronika M arschall und Robert S eidel (= Ausgaben deutscher Literatur des XV. bis XVIII. Jahrhunderts 167), Berlin, New York 2009 – 2011, hier 2, S. 54 – 56 Text und Prosaübersetzung, 308 – 313 Kommentar. K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 37. G indely : Rudolf II. 2, S. 349 f. Acta Publica 1 (1618), S. 132 – 138 (weitere Seiten haben die kaiserlichen Erlasse an Karl und andere). P alm : Das Verhalten der schlesischen Fürsten und Stände bei der Wahl Friedrichs V., S. 250. K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 36 f., 12. 03. 1610; G ottschalk : Buckisch 2, S. 151 – 153 (Artikel 234 – 238); K onrad : Der schlesische Majestätsbrief, S. 37 f.; zu Henschers Ämtern s. P ol : Jahrbücher der Stadt Breslau 5, S. 91, sein Tod am 09. 10. 1620, dort S. 214; s. a. G ottschalk : Buckisch 2, S. 151 Anm. 53. Das Epitheton „Friedensstörer“ erinnert an die „Unruhestifter“, vor denen der Majestätsbrief warnte. K onrad : Der schlesische Majestätsbrief, S. 39 f. (mit den wörtlichen Ausführungen des Henscher vor dem Domkapitel). Die anderen Mitglieder der vierköpfigen Kommission waren die Ratsherren Daniel Keseler, Hans Haunold und Heinrich Schwindt.

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s­ päter König Friedrich von der Pfalz in seinem elegant ausgestatteten, mehrstöckigen Hause, Ring Nr. 7. Er gab bei einem Wiener Kupferstecher sein Porträt in Auftrag.90 Henscher und Geisler gehörten zur schlesischen Gesandtschaft nach Prag bei der Wahl des Matthias im Frühjahr 1611.91 Das Augsburger Bekenntnis war seit mehr als zwei Generationen, seit dem Augsburger Religionsfrieden von 1555, eine legitime Konfession, die Vertreter der schlesischen Fürsten und Stände in Religionssachen daher nicht etwa Extremisten, sondern Männer, die sich im Dienste der Habsburger ausgezeichnet hatten, was diese durch die Verleihung von Titeln oder Erhebung in den Adelstand anerkannten: Hofpfalzgraf (Geisler), kaiserlicher Kämmerer (Promnitz), kaiserlicher Rat (Nikolaus II. von Burghausen), Erhebung in den Ritterstand (Henscher 1608) oder gar den Herrenstand (Burghausen, Freiherr 1615); die freie Ausübung des evangelischen Bekenntnisses in ganz Schlesien, auch dem bischöflichen Fürstentum und anderen geistlichen Gebieten, sah man nicht als ein radikales Programm. Wo immer jetzt die schlesischen Evangelischen ihre Stellung zu verbessern, die Katholiken ihre frühere Position zurückzugewinnen trachteten, kam es zu Streit; die Initiative lag jetzt gewöhnlich bei den Katholischen, ihre Taktiken die Vertreibung von Geistlichen, Übernahme von ­Kirchen, Verhinderung von Gottesdiensten, Einschränkung politischer Rechte, Ausweisungen, Ignorieren obrigkeitlicher Anweisungen. Der Konflikt ­zwischen Bischof und Fürsten und Ständen wurde vor allem auf Papier ausgetragen, mit wechselseitigen Beschwerden und Gesuchen um Abstellung oder Hilfe bei Oberlandeshauptmann oder ­Kaiser. Die ­Kaiser und ihre Räte lavierten ­zwischen den Parteien in einem unredlichen Doppelspiel. Sie brauchten die Unterstützung der schlesischen Fürsten und Stände. So standen sie einerseits hinter den Majestätsbriefen – Rudolf gewährte sie, Matthias und selbst Ferdinand, als König von Böhmen und dann als ­Kaiser, bestätigten sie 92 –, zwangen aber andererseits den Bischof von Breslau nicht zu deren Beobachtung, taten nichts, als Erzherzog Karl ganz deutlich den vom ­Kaiser gemachten Konzessionen, wie dem Bau von evangelischer ­Kirche und Schule in seiner Residenzstadt, zuwiderhandelte.93 Zudem wollten sie ihren jungen Verwandten in seiner Zwangslage nicht ganz ohne Unterstützung lassen. Auf dessen wiederholte Beschwerden antworteten sie mit Instruktionen, die für ihn Partei nahmen und das aufrührerische Verhalten der evangelischen Neisser verurteilten. Hinter den Kulissen argumentierten einflussreiche Personen am Kaiserhof für die Position 90 Der Kupferstich, von H. Ulrich, Wien, 1615, in der Breslauer Universitätsbibliothek (UB Graph. -3071), O szczanowski und G romadzki : Theatrum vitae et mortis, Abbildung Nr. 199, S. 65. 91 P ol : Jahrbücher der Stadt Breslau 5, S. 90 f., Wahl in Prag 03. 05. 1611. 92 Nach dem Dresdener Akkord vom 28. Februar 1621 sollten die Schlesier im Schutze ihrer Majestätsbriefe verbleiben; G ottschalk : Buckisch 2, S. 293 f. (Art. 697). 93 Angesichts der Eingriffe der Fürsten und Stände und des Ungehorsam der Neisser war der Bischof nicht immer durch den Majestätsbrief gebunden; Matthias an das Oberamt, 07. 09. 1614, G ottschalk : Buckisch 2, S. 180 (Artikel 317).

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des Erzherzogs, kritisierten sein anfängliches Zaudern im Ringen mit den Evangelischen und drängten ihn zu schärferem Vorgehen. Da die Evangelischen den Fürstentag beherrschten, fand der Bischof immer wieder Gründe, dessen Sitzungen zu vermeiden. Der Konflikt führte zu einem zeitweiligen Triumph der Fürsten und Stände, als diese sich der böhmischen Revolte gegen die Habsburger anschlossen, aber nach dem militärischen Sieg des Kaisers am Weißen Berge zur Vorherrschaft der Katholiken in der schlesischen Ständevertretung, ein Vorrang, den sie bis ans Ende der Habsburgerherrschaft in Schlesien behaupteten.

3. Der Bischof nicht mehr Oberlandeshauptmann Der Abfall von der alten ­Kirche in vielen Gegenden Schlesiens und damit das Ende des Bischofs als geistliches Oberhaupt von hunderttausenden bedeutete einen erheblichen Verlust an Macht und Ansehen des Breslauer Kirchenfürsten. Dazu kam jetzt, dass die Oberlandeshauptmannschaft nicht mehr in seinen Händen lag und der Bischof damit nicht länger als Beauftragter des Königs und Vorstand des Fürstentags in die Geschäfte der Einwohnerschaft eingreifen konnte. Die Position, die der Erzherzog für sich in Schlesien gewonnen hatte, war deshalb eine mindere im Vergleich mit der seiner Vorgänger, hatte an Gewicht verloren, ein Abstieg, den bestenfalls seine Zugehörigkeit zum Herrscherhaus ein wenig ausglich. Der Papst hoffte, mit der Ernennung eines Habsburgers auf dem Breslauer Bischofsthron die politische Macht des Hauses Habsburg in den Dienst der katholischen Erneuerung zu stellen. Sollte dem Bischof die staatliche Gewalt in Schlesien als Stütze bei der Wiederherstellung katholischer Dominanz dienen, dann genügte kaum seine Stellung als Herr des kleinen bischöflichen Fürstentums. Das wesentliche Mittel konnte nur die Oberlandeshauptmannschaft in der Hand des Bischofs sein, die im Träger so viele Funktionen bei der Verwaltung von Gesamtschlesien investierte. Der Papst, sein Staatsekretär, die Nuntien in Prag und Graz kannten diese Rolle des Breslauer Bischofs nur zu gut, die neben einigen früheren Bischöfen die letzten sieben Bischöfe von Breslau ohne Unterbrechung ausgeübt hatten, und zählten offensichtlich darauf, dass sie auch in die Hände des jungen Habsburgers gelangen würde.94 Dass die ­Kaiser Rudolf und Matthias den evangelischen Fürsten und Ständen nachgaben und dem habsburgischen Bischof das Oberamt vorenthielten, hatten sie bestimmt nicht erwartet. Die schlesischen Fürsten und Stände – mit dem regierenden Habsburger – „rissen damit einen mächtigen Pfeiler ein, auf dem bisher die Reste der katholischen

94 Borghese an Caetano, 31. 05. 1624: „L’elletione del futuro vescovo preme grandemente a Nro. Sre. per l’autorità, che ha in quella provincial“, L inhartová : Antonii Caetani nuntii apostolici 3, Teil 1, S. 32. Die Macht der ­Kirche in Schlesien beruhte doch auf der weltlichen Position, die der Bischof innehatte.

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­ irche in Schlesien geruht hatten“ (Jedin).95 Damit wurde die dem Erzherzog gestellte K Aufgabe – Sicherung der alten ­Kirche, wo sie noch weiterlebte, Rückgewinn von Verlorenem – zwar nicht unmöglich gemacht, aber doch erschwert.96 Unter habsburgischer Herrschaft hatte der König den Bischof im Amt des Oberlandeshauptmanns bevorzugt, da jetzt gewöhnlich dem Hause Habsburg ergebene, als dessen Beamte erprobte Männer zu Bischöfen gewählt wurden. Von 1536 bis 1608 übernahmen die Bischöfe von Breslau das Oberamt, und sie schienen bemüht, es zur Zufriedenheit beider Konfessionen zu verwalten. Die Fürsten und Stände fanden sich zunächst mit dieser Ordnung der Dinge ab. Erst mit Bischof Johannes von Sitsch (1600 – 1608) glaubte man, dass der Bischof allzu aggressiv im Interesse der katholischen Seite amtierte.97 Schon vor Karls Wahl zum Bischof traf der ­Kaiser die Entscheidung, die seinem Vetter in der Ausübung seines Amtes so viele Schwierigkeiten bereiten sollte. Nur Tage nach dem Tode des Bischofs Johannes im April 1608 ernannte Rudolf den Herzog Karl von Münsterberg und Oels zum kommissarischen Oberlandeshauptmann, sicherlich auf das dringende Begehren der schlesischen Fürsten und Stände hin, das Amt behauptete dieser dann auf Lebenszeit (er starb 1617). Damit bestimmte der ­Kaiser, dass der nächste Bischof von Breslau zum ersten Mal in zweiundsiebzig Jahren 98 nicht mehr Haupt der Fürsten und Stände und höchster Vertreter des Königs und Kaisers im Lande sein würde. In einem Moment großer Spannungen ­zwischen Katholischen und Evangelischen hatte das Amt des Oberlandeshauptmanns besondere Bedeutung. Zu seinen Funktionen zählte die Bewahrung des Friedens ­zwischen den Konfessionen und zu seinen Rechten das Eingreifen in die 95 J edin : Die Krone Böhmen und die Breslauer Bischofswahlen 1468 – 1732 (Nachdruck 1966), S. 433. 96 Selbst auf protestantischer Seite hat man gemeint, es wäre politisch klüger gewesen, wenn sich die schlesischen Evangelischen mit dem ersten Majestätsbrief begnügt „und den Gegner durch Verminderung seiner Rechte nicht gereizt hätte[n]“. Der Erlass habe sie von der Gewalt des Bischofs befreit und es wäre dann gleichgültig gewesen, ob der Bischof ein Einheimischer oder Fremder war; K onrad : Der schlesische Majestätsbrief, S. 40. 97 Friedrich L ucae : Schlesiens curioser Denckwürdigkeiten oder vollkommener Chronica von Ober- und Nieder-Schlesien Anderer Theil, Frankfurt a. M. 1689, Teil 6, Kapitel 1 „Von Schlesiens Ober-Hauptmannschaft und Regiment-Wesen“, S. 1868 – 1929, hier S. 1893. Diese Überzeugung war sicherlich viel älter. Noch vor der Wahl des Johannes von Sitsch 1600 schrieben zwei Fürsten und zwei Standesherren an den ­Kaiser (2. Juni), dass nur ein geborener Schlesier zum Bischof ernannt werden sollte, ein Amt, „welches gemeiniglich … das kaiserliche Oberamt und höchste Regiment dieser Lande auf sich hat“. Hinter der Forderung nach einem Bischof aus Schlesien lag das Bestreben, zu verhindern, dass der Bischof von Breslau das Amt des Oberlandeshauptmanns übernehmen würde. Den Brief unterzeichneten Karl II . von Münsterberg-Oels, Joachim Friedrich von Liegnitz-Brieg und die Freien Standesherren ­Joachim Maltzahn (Militsch) und Adam von Schaffgotsch (Trachenberg); G ottschalk : Buckisch 2, S. 121; B uckisch 1, 14, 2. 98 Ich zähle hier nicht Bonaventura Hahn (1596 – 1599), seine Wahl wurde vom ­Kaiser nicht akzeptiert und er vom Papst zum Rücktritt gezwungen, aber Paul Albert (1599 – 1600), der vor der Weihe starb.

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inneren Verhältnisse der disparaten Herrschaften, die das Land Schlesien regierten. Die evangelischen Fürsten und Stände suchten jetzt nach Versicherungen, dass dem nächsten Bischof die Oberlandeshauptmannschaft vorenthalten würde. In Artikel 8 ihrer Gravamina vom 8. Juni 1608, ein Monat vor der Bischofswahl, bestanden sie darauf, das Oberamt würde immer nur mit einer „fürstlichen Person weltlichen Standes“ besetzt werden. Rudolfs Antwort vom 18. Juli enthielt den Satz: „ein ordentlicher Bischof zu Breslau ist auch ein Fürst daselbst“ – eine zaghafte Verteidigung eines den Fürsten und Ständen entgegengesetzten Standpunktes.99 Bei der Wahl Karls am 7. Juli 1608 erschien eine Delegation der Fürsten und Stände und plädierte für einen Schlesier als Bischof von Breslau. Das richtete sich eindeutig gegen die Kandidatur des Habsburgers und dahinter verbarg sich offensichtlich die Furcht, einen Mann der casa d’Austria auf dem Breslauer Bischofsthron zu sehen, der dann auch als Oberlandeshauptmann in Schlesien walten würde. Ein paar Wochen ­später schickten die Fürsten und Stände eine neue Delegation nach Prag, mit Instruktionen datiert vom 6. September, ­welche die Gravamina vom vorhergehenden Juni eingehend erläuterten. Das Oberamt, so argumentierten sie hier, sei ein weltliches Amt, kein geistliches, daher sollte es der ­Kaiser nur einem weltlichen schlesischen Fürsten anvertrauen.100 Der Prager Nuntius Antonio Caetani teilte Scipione Borghese, dem Papstneffen und leitenden Mann an der Kurie, die Position der Fürsten und Stände bezüglich der Oberlandeshauptmannschaft mit.101 Die Antwort des Kaisers an die schlesischen Gesandten, vom 16. Dezember 1608, besagte: Man habe schon seit undenklichen Zeiten den Breslauer Bischof als einen geistlichen Fürsten zur Führung des Oberamts gebraucht, niemand habe sich beschwert, ja weltliche Fürsten weigerten sich oft, das Amt zu übernehmen.102 Eine dritte Gesandtschaft nach Prag überbrachte Instruktionen der Fürsten und Stände vom 6. Juni 1609, die in Bezug auf die Oberlandeshauptmannschaft argumentierten, nur eingeborene weltliche Fürsten sollten für das Oberamt in Betracht gezogen werden, „nicht diejenigen, so nur wie voriger Bischof (Johannes von Sitsch), außer itzo Ihre Fürstliche Durchlaucht, durch das Bisthum zu Fürsten gemacht worden“. Fürsten und Stände behaupteten auch, ein Fürst mit Leibeserben werde dem Lande immer besser vorstehen als einer ohne ­solche.103 Der zweite Majestätsbrief vom 20. August 1609 enthielt dann die Bestimmung, die den Wünschen der Fürsten und Stände ganz und gar nachgab: Das Oberamt sollte nicht dem Erzherzog Karl, solange er Bischof sei, anvertraut werden, sondern vom Herzog von ­Münsterberg, 99 G ottschalk : Buckisch 2, S. 133 – 135 (Artikel 212), die Antwort des Kaisers S. 135 f. (Artikel 213). 100 G ottschalk : Buckisch 2, S. 140 (Artikel 218). 101 Caetani an Borghese, Prag, 13.10. und 20. 10. 1608, ASV, Fondo Borghese II 148, fol. 93r–v und 106r–107v; K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 273 und dort Anm. 86. 102 G ottschalk : Buckisch 2, S. 140 f. (Artikel 219). 103 G ottschalk : Buckisch 2, S. 143. Die Gesandtschaft an den ­Kaiser im Juni 1608 hatte die ­gleiche Zusammensetzung wie die vom August 1609, ­welche die Majestätsbriefe nach Hause brachte.

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der es bisher nur kommissarisch verwaltet hatte, übernommen und nach dessen Resignation oder Tod niemals dem Bischof, sondern nur einem weltlichen schlesischen oder böhmischen Fürsten anvertraut werden.104 Die Motivierung bei diesen Versuchen, den Bischof von der Oberlandeshauptmannschaft fernzuhalten, war offensichtlich: Die Fürsten und Stände glaubten, die Position würde dem Bischof Mittel an die Hand geben, der evangelischen Sache zu schaden.105 Erzherzog Karl machte seine Argumente gegen das Bestreben der Fürsten und Stände, den Bischof vom Oberamt auszuschließen, schon in den Instruktionen deutlich, die er seinen Gesandten zum Fürstentag am 1. Juni 1609 gab.106 Es läge ihm nicht, sich vorzudrängen, sagte er dort, auch habe man ihm gesagt, das Oberamt sei eine große Last und mit beträchtlichen Kosten für die Breslauer ­Kirche verbunden. Es scheine ihm aber nicht klug, jetzt entgegen dem Landesprivileg des Vladislaus zu handeln, das nur besagt, der Oberhauptmann solle ein heimischer Fürst sein. Es befremde ihn, dass der Bischof, der ob seines geistlichen Standes der Erste unter den schlesischen Fürsten sei, von ­diesem Amt ausgeschlossen werden sollte, aber ihm ginge es nur darum, kein Privileg der ­Kirche oder des Bistums preiszugeben. Überdies stünde die Ernennung dem ­Kaiser zu.107 Der Erzherzog kam auf ­dieses Thema noch einmal zu sprechen, in seiner eingehenden Antwort auf die Majestätsbriefe vom 30. Oktober 1609, die er den Fürsten und Ständen von Graz aus sandte.108 Er verschwieg nicht, dass er sich durch den Ausschluss vom Oberamt persönlich verletzt fühlte. Man mindere damit ungerechterweise sein Hochstift, das schon lange an ­diesem Privileg 104 G ottschalk : Buckisch 2, S. 148; B uckisch 2, 4, 8; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 23. Neben der Erlaubnis zur Union mit den böhmischen Erblanden vom 25. Juni 1609 (G ottschalk : Buckisch 2, S. 145, Artikel 225) war der Ausschluss des Bischofs von der Oberlandeshauptmannschaft das wesentliche Zugeständnis, das die schlesischen Fürsten und Stände von ­Kaiser Rudolf II. ertrotzten; H übner : Die Verfassung und Verwaltung des Gesamtstaats Schlesien in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges, S. 75. 105 Die Antwort des Kaisers ignorierte die Qualifikation „weltlich“ und bezog sich nur auf „fürstlich“, der Bischof von Breslau sei „auch ein Fürst daselbst“; G ottschalk : Buckisch 2, S. 135. Das Oberamt erscheint auch weiterhin in der Korrespondenz. Die Instruktion für die Gesandten an den ­Kaiser von den Fürsten und Ständen, 06. 09. 1609: „Das Oberamt sei kein geistliches, sondern ein weltliches Amt, daher möge es der ­Kaiser den weltlichen eingeborenen Fürsten allein anvertrauen“; G ottschalk : Buckisch 2, S. 140. Die Antwort des Kaisers vom 16. Dezember 1609: „Seit undenklichen Jahren wurde der Bischof als geistlicher Fürst zur Führung des Oberamts gebraucht, ohne dass sich jemand beschwert habe, ja, weltliche Fürsten hätten sich damals vielfach geweigert, es zu übernehmen“; ebd., S. 141. 106 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 14 f.; G ottschalk : Buckisch 2, S. 142 f. (Artikel 221); B uckisch 2, 4, 2. 107 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 23 (der entsprechende Abschnitt im zweiten Majestätsbrief). 108 B uckisch 2, 5, 21; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 23 – 29; G ottschalk : Buckisch 2, S. 150 (Zusammenfassung).

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t­ eilhatte, verkleinere sein Haus und setze ­dieses Schimpf und Verhöhnung aus; er hoffe, der ­Kaiser werde diese Konzession bald wieder rückgängig machen. Er hätte lieber ­dieses Thema ignoriert, schulde aber seinem Amt und der Geistlichkeit, dass er es nicht übergehe. Er wiederholte dann, der ­Kaiser verleihe ja das Oberamt und man sollte seine Hand nicht binden.109 Im Statusbericht 1612 bat er den Papst eindringlich, für die Rückkehr der Oberlandeshauptmannschaft in die Hände des Bischofs einzutreten: „Seit vielen Jahrhunderten und bis heute hat der ­Kaiser die Oberlandeshauptmannschaft den Breslauer Bischöfen übertragen, selbst wenn sie aus den niedrigen Klassen hervorgingen. Jetzt hat man einen so hohen Fürsten (wie Erzherzog Karl von Österreich) übergangen und das Amt dem Herzog Karl (von Münsterberg-Oels) in dem oben beschriebenen katholischen Gemeinwesen zu dessen großem Nachteil und Schaden übertragen, mit dem Resultat, dass die Katholischen mehr und mehr unterdrückt werden. Die Position muss dem gegenwärtigen Bischof und seinen Nachfolgern zurückerstattet werden wegen der außerordentlichen Gewalt, ­welche dieser höchste Beamte in allen öffentlichen Angelegenheiten hat“.110 ­Kaiser Matthias änderte aber nicht, was Rudolf angeordnet hatte, das Oberamt blieb beim Herzog von Münsterberg-­Oels. Als dieser 1617 (28.01.) starb und man vermutete, die Ernennung des katholischen Adam Wenzel von Teschen würde auf Widerstand stoßen, schlug der Breslauer Dompropst Ludowico Ridolfi, der damals einige Monate in Schlesien verbrachte, dem ­Kaiser und Kardinal Khlesl vor, das Amt Erzherzog Karl zu übergeben. Aus ­diesem Plan wurde aber nichts.111 Adam Wenzel übernahm das Amt, und nach seinem Tode nur ein paar Monate ­später kam es an den Herzog Johann Christian von Brieg (1617 – 01. 04. 1621), und als ­Kaiser ernannte Ferdinand wieder einen Protestanten, den Herzog Georg Rudolf von Liegnitz, zum Oberamtmann (1621 – 1629), und das nach dem katholischen Triumph am Weißen Berge. Der Dresdener Akkord (28. 02. 1621) bestätigte die Majestätsbriefe und damit auch, dass das Oberamt dem Bischof versagt blieb.112 Der Erzherzog brachte zwar damals, im Frühjahr 1621, unter verbleibenden katholischen Beschwerdepunkten vor, dem Breslauer Bischof das Oberamt vorzuenthalten stelle eine Beleidigung des Hauses Habsburg dar und diese Provision des Majestätsbriefes von 1609 sei mit ­Kaiser Rudolfs Tod und der Rebellion erloschen, ein Argument, das auch ­Kaiser Ferdinand unterstützte, aber die Vertreter 109 S chickfuss und C uraeus : New Vermehrete Schlesische Chronica 3, S. 89 – 93, hier 90; ­K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 28 f. 110 ASV, Archivio della Sacra Congregazione del Concilio, Rel. Dioec. 884A, fol. 320v. 111 K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 383, Regest 308, Schreiben des Ridolfi an S. Borghese, 23. 11. 1616, BAV Boncamp 33, fol. 315r–v. 112 Dresdener Akkord, 28. 02. 1621, bestätigt vom ­Kaiser 17. 04. 1621, Acta Publica 4, S. 163 – 165, besonders S. 164; G ottschalk : Buckisch 2, S. 293 f.; Hermann P alm : Der Dresdener Akkord, in: ZVGS 13 (1876), S. 151 – 192. Palm verweist auf Dresden, Sächsisches Staatsarchiv, Schlesische Kommission 1, S. 409, und 2, S. 111. Siehe aber P etry : Politische Geschichte unter den Habsburgern, in: P etry und M enzel : Geschichte Schlesiens 2, S. 55.

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der ­schlesischen Stände gaben in ­diesem Punkte nicht nach. Sie behaupteten, sie hätten keine in diese Richtung weisenden Instruktionen. Sie erklärten auch, dem Bischof habe man das Oberamt früher nur anvertraut, um Geld zu sparen, und es sei ihm schließlich unter ­Kaiser Rudolf „der Religionssachen wegen“ genommen worden. Das Oberamt müsse die Majestätsbriefe ­schützen, und der Bischof habe doch gegen diese protestiert.113 In den ersten drei Monaten nach der Schlacht am Weißen Berge entstand ein Memorandum, auf Initiative des Kaisers vielleicht von Otto von Nostitz entworfen, das ein Programm für die künftige Verwaltung Schlesiens im absolutistischen Sinne enthält. Es schlägt vor, das Oberamt in die Hände des Erzherzogs zu legen, um es zu einem gefügigen Werkzeug der kaiserlichen Politik zu machen.114 Aber als Ferdinand 1622 daran dachte, dem Bischof das Amt zu übertragen, hatte Karl Bedenken und der Plan zerschlug sich.115 Karl wurde niemals schlesischer Oberlandeshauptmann. Eine Denkschrift des Jahres 1625, deren Verfasser für die Rekatholisierung des ganzen Schlesien eintrat, wollte, dass Karls Nachfolger die Oberlandeshauptmannschaft übernehmen sollte.116 Die habsburgische Regierung respektierte aber jahrzehntelang die Provision der Majestätsbriefe, die dem Bischof das Oberamt versagte. Erst mit Sebastian von Rostock bekleidete der Bischof von Breslau wieder das Amt (1664). Ferdinand II . duldete es in den Händen der Protestanten, änderte aber seine Funktion und untergrub damit seine Bedeutung. 1629 verlor es seinen dualistischen Charakter und wurde zu einer rein königlichen Behörde, der Oberhauptmann hatte den Ehrenvorsitz im Fürstentag, aber kein besonderes Vorrecht.117 Von welchem Tätigkeits- und Einflussbereich hielten die Schlesier oder der ­Kaiser den Breslauer Bischof fern, wenn er nicht mehr als Oberlandeshauptmann waltete? Eine erstaunliche Summe von Verantwortlichkeiten lag im schlesischen Ständestaat in der Hand ­dieses obersten Beamten.118 Einen Landeshauptmann treffen wir zum ­ersten 113 Schreiben des Karl Hannibal von Dohna an den Kurfürsten 21.03. und 31. 03. 1621, Acta Publica 4, S. 155 Anm., Antwort der schlesischen Gesandten S. 160 (fortgesetzt auf S. 161) Anm. 2; P alm : Der Dresdener Akkord, S. 188 f. 114 Acta Publica 5, S. 16, 25; Julius K rebs : Zur Geschichte der inneren Verhältnisse Schlesiens von der Schlacht am Weißen Berge bis zum Einmarsche Wallensteins, in: ZVGS 15 (1881), S. 329 – 356, hier S. 344 f., auch S. 355. 115 Karl an Ferdinand, 10. 12. 1622, Acta Publica 5 (1621 – 1625), S. 127 f. 116 Hubert J edin : Eine Denkschrift über die Gegenreformation in Schlesien aus dem Jahre 1625, in: ASKG 3 (1938), S. 152 – 171, auch in ders .: ­Kirche des Glaubens, ­Kirche der Geschichte 2, S. 395 – 412, hier S. 398, Art. 7, S. 411. 117 P etry : Politische Geschichte unter den Habsburgern, in: P etry und M enzel : Geschichte Schlesiens 2, S. 58, 65. 118 R achfahl : Organisation der Gesamtstaatsverwaltung, S. 155 – 182; van E ickels : Schlesien im böhmischen Ständestaat, S. 23 – 26; K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 53 – 57. Bischof Kaspar von Logau beschreibt einmal das Amt; August K astner : Von dem Tridentiner Concilium bezüglich Schlesien, in: ders .: Beiträge 1500 – 1655, S. 228 – 237, hier

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Mal im Jahre 1422, als die Invasion der Hussiten drohte, und es war ein Bischof, Herzog Konrad von Oels. Nach einigen nicht ganz gelungenen Versuchen, ein solches Amt auf Dauer einzurichten, entstand die Oberlandeshauptmannschaft eigentlich unter der Verwaltung des Matthias Corvinus und wurde im Landesprivileg von 1498 (28.11.) von König Vladislaus II . bestätigt. Dessen erster Artikel bestimmte, nur einem schlesischen Fürsten dürfte diese Position übertragen werden, vielleicht eine Reaktion auf die Amtsführung des Stephan Zápolya, Erbgraf der Zips, der als Landeshauptmann des Matthias Corvinus manchmal energisch auch gegen die schlesischen Fürsten eingeschritten war.119 Bischof Johannes IV . Roth (1482 – 1506) diente als Oberlandeshauptmann 1490 – 1497 und so dann auch die Breslauer Bischöfe von 1536 bis 1608. Die Ernennung des Bischofs zum Oberlandeshauptmann in diesen Fällen erfolgte provisorisch nach der Wahl, definitiv nach seiner Bestätigung durch den Papst.120 Die Einrichtung gesamtschlesischer Regierungsorgane – Fürstentag und Oberamt – und eines höchsten Gerichtshofes zeigen die Richtung, in ­welche sich die Regierung Schlesiens entwickelte: Die kleinen schlesischen Staaten wurden immer mehr einer zentralen Verwaltung untergeordnet. In der schlesischen Landesverwaltung stand die Oberlandeshauptmannschaft oder das Oberamt an höchster Stelle. Der Inhaber handelte als Statthalter des Königs und dessen oberster Beamter für ganz Schlesien. Unter seiner Amtsgewalt standen alle Einwohner, auch die Stände und Fürsten. Ebenso war der Oberlandeshauptmann der vornehmste der Stände und ihr Vorsitzender im Fürstentag, alle anderen königlichen Behörden waren ihm unterstellt außer dem Finanzwesen, d. h. insbesondere die Beamten in den Erbfürstentümern (nur Aufsicht, nicht Ein- und Absetzung). Ihm oblag die Publikation aller königlichen Verordnungen, auch solcher unter Verwaltung der Kammer, der höchsten Finanzbehörde, ebenso der Fürstentagsbeschlüsse, und ihm leisteten die Vasallen Huldigung und Lehnseid; er ahndete Verstöße gegen die Lehnstreue und wachte darüber, dass Schlesier nicht in fremde Kriegsdienste traten.121 Eine zentrale Rolle hatte der Oberlandeshauptmann in der Rechtsprechung; er übte die Oberaufsicht über alle Gerichtsbehörden und 230 f.; über Gerstmann als Landeshauptmann J ungnitz : Gerstmann, S. 337 – 388. L ucae : Schlesiens curioser Denckwürdigkeiten, Teil 6, Kapitel 1 „Von Schlesiens Ober-Hauptmannschaft und Regiment-Wesen“, S. 1868 – 1929. S chickfuss und C uraeus : New Vermehrete Schlesische Chronica 3, S. 97 – 100, versuchen eine Beschreibung des Amtes. 119 Colmar G rünhagen und Hermann M arkgraf : Lehns- und Besitzurkunden Schlesiens und seiner einzelnen Fürstentümer im Mittelalter 1 – 2, Breslau 1881 – 1883, 1, S. 49 – 53, hier S. 50. S. auch S. 55 eine Art Bestätigung von Vladislaus II. vom 11. 01. 1510. Das Landesprivileg von 1498 (28.11.) machte die folgenden Konzessionen an die schlesischen Fürsten und Stände: Die Oberlandeshauptmannschaft nur an einen Schlesier, Einrichtung eines obersten Gerichtshofes – des Oberrechts –, das Steuerbewilligungsrecht der Fürsten und Stände, eine Beschränkung der Kriegsfolge; M eyer : Studien zur Vorgeschichte der Reformation, S. 121; G rünhagen : Geschichte Schlesiens 1, S. 365. 120 R achfahl : Organisation der Gesamtstaatsverwaltung, S. 157. 121 R achfahl : Organisation der Gesamtstaatsverwaltung, S. 160 – 163.

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die ordentliche Gerichtsgewalt über Fürsten und Standesherren bei der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Es stand ihm zu, das Fürsten- oder Oberrecht, das höchste schlesische Gericht, einzuberufen, in dem ihm das votum conclusivum zukam.122 Als oberster Polizeiherr im Lande und Hüter des Landfriedens stellte er Haftbefehle und Steckbriefe aus, konnte er über jemanden die Acht verhängen, ihm unterstand die Landespolizei.123 Er erließ Landes-, Polizei- und Gesindeordnungen und Verfügungen gegen sich herumtreibende Soldaten und andere Vaganten (selbst Adlige ohne Landbesitz mussten ihren Aufenthaltsort anmelden), gegen Spiel- und Trunksucht, zum Schutz von Witwen und Waisen, zur Regelung des Münzwesens, er übte die Zensur über zu erscheinende Druckschriften aus.124 So oft sie sich auf ganz Schlesien bezogen, wurden die harten Gesetze des 16. und 17. Jahrhunderts, durch die man die schlesische Bauernschaft an den Boden fesselte, zu Acker-, Fuhr- und Gesindediensten verdammte und selbst in ihrem Privatleben einem intrusiven obrigkeitlichen Regiment unterwarf, im Namen des Oberamtsmannes erlassen, also jahrzehntelang im Namen des Bischofs. Als Vertreter des Königs hatte er besondere Pflichten gegenüber den königlichen Soldtruppen (Durchmärsche, Einquartierung, Verproviantierung, Verhinderung von Ausschreitungen gegen die Zivilbevölkerung) und den zu Ritterdiensten Verpflichteten in den Erbfürstentümern (Inspektion, Musterung). Als Vorsteher der Stände war er das Haupt des bis auf die Hussitenkriege zurückgehenden „Defensionswerkes“, der schwerfälligen Wehrverfassung, die man in Karls Regierungszeit angesichts der Türkengefahr neu zu organisieren versuchte, die aber niemals praktische Bedeutung erlangte (Vorsitzender des Militärausschusses, Empfänger der Musterrollen, Aufstellung der Mannschaft, Beiträge zum Unterhalt). Als Geistlicher sollte der Bischof in der Rolle des Oberlandeshauptmanns allerdings nicht selbst das Oberkommando übernehmen.125 Der Oberamtshauptmann hatte keine Verantwortung in der königlichen Finanzverwaltung, aber eine Rolle bei den Steuern, die von der Bewilligung der Stände abhingen, so die Aufsicht über die Selbstschätzung, das Aufbringen der Steuern und die ständischen Steuerbeamten; er führte den Vorsitz bei der Rechnungslegung der Generalsteuereinnehmer.126 Zu den Pflichten des Oberlandeshauptmanns gehörte, den König bei Besuch des Landes an der Grenze zu empfangen, ihn auf dem Zug durch das Land zu begleiten, auch durchreisenden Angehörigen der königlichen Familie Gesellschaft zu leisten, wie Bischof Johannes von Sitsch es im Falle der künftigen Königin von Polen, Konstanze, und ihrer und Karls ­Mutter, der 122 R achfahl : Organisation der Gesamtstaatsverwaltung, S. 164 – 170. 123 Über die Zusammensetzung der Landespolizei s. R achfahl : Organisation der Gesamtstaatsverwaltung, S. 166 f., 167 Anm. 124 R achfahl : Organisation der Gesamtstaatsverwaltung, S. 166 f., 171 f., 167 Anm. 3. Bei Karls Ernennung 1622 zum General der schlesischen Truppen ignorierte man, dass er Geistlicher war. 125 R achfahl : Organisation der Gesamtstaatsverwaltung, S. 175 – 180. 126 R achfahl : Organisation der Gesamtstaatsverwaltung, S. 172 – 174.

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Erzherzogin Maria, tat, als sie im Jahre 1605 über Glatz und Neisse nach Krakau reisten.127 Obwohl seine Pflichten sich weitgehend aus seiner Stellung als Vertreter des Königs ergaben, hatten die Stände für sein Gehalt aufzukommen, am Anfang des 17. Jahrhundert jährlich 8000 Taler.128 Im Verlaufe des Religionskonflikts in Neisse, in den sich Erzherzog Karl bald verwickelt fand, kam dann der Rolle des Oberlandeshauptmanns beim Fürstentag besondere Bedeutung zu. Diesen einzuberufen beanspruchte er als eines seiner Rechte, ein Fürstentagsbeschluss konnte nur mit seiner Zustimmung verabschiedet werden.129 Zudem führte der Oberlandeshauptmann als Teil seiner Zuständigkeit für die innere Verwaltung die Aufsicht über das religiöse Leben. Außer den Katholiken galten auf Grund des Augsburger Religionsfriedens von 1555 nur die Lutherischen als existenzberechtigt, der Oberlandeshauptmann sollte also gegen alle anderen einschreiten, das hieß vor allem gegen die sich immer mehr verbreitenden Calvinisten, daneben gegen die radikalen Gemeinschaften wie die Wiedertäufer oder die Schwenckfelder. Ihm oblag es dann auch, Streit ­zwischen den beiden anerkannten Religionen zu verhindern oder beizulegen und geistliche Institutionen gegen die Übergriffe der weltlichen Regierungen in Schutz zu nehmen. Man erwartete Neutralität von ihm im Konflikt der Religionen. Die ersten Bischöfe nach Luthers Auftreten handelten dementsprechend und zeigten eine gewisse, von der katholischen Seite oft getadelte Toleranz gegnüber den Protestanten. Im Falle des Johannes von Sitsch, Karls unmittelbarer Vorgänger, glaubten dann die Protestanten, der Bischof nütze seine Position als Oberlandeshauptmann im Interesse der Katholiken und gegen die Evangelischen aus.130 Spitzte sich der Religionskonflikt zu, so fand es der Inhaber des Amtes wohl schwer, die Religion nicht aus der Perspektive seiner eigenen Konfession zu sehen und in deren Sinn zu handeln. Auf Grund seiner weitreichenden Verantwortlichkeiten gab es andauernd Umstände, die dem Oberlandeshauptmann Gelegenheit gaben, in die inneren Verhältnisse der schlesischen Territorien einzugreifen. Wer das Oberamt in seiner Hand hatte, 127 L eitsch : Das Leben am Hof König Sigismunds III. 3, S. 1403 Anm. 291; die beiden waren in Neisse am 22. November 1605; K eller : Erzherzogin Maria, S. 201. Die Bauern von Riemerts­ heide bei Neisse wurden genötigt, dem bischöflichen Hofrichter Heinrich Buchta ein Bestechungsgeld zahlen, um von Fuhren nach Krakau für die hohen Besucher befreit zu werden; S cholz : Ein Prozess gegen den bischöflichen Hofrichter, S. 132 Anm. 97; APW Księstwo Nyskie 283, Artikel 47. 128 S chickfuss und C uraeus : New Vermehrete Schlesische Chronica 3, S. 100 (8000 für Spesen); R achfahl : Organisation der Gesamtstaatsverwaltung, S. 180 – 183. 129 Als die protestantischen Fürsten und Stände sich 1632 den Schweden zu nähern beabsichtigten und das auf einem Fürstentag festlegen wollten, weigerte sich der Oberlandeshauptmann Herzog Heinrich Wenzel von Oels-Bernstadt, einen Fürstentag einzuberufen, und ging zeitweilig außer Landes; er war zwar Protestant, wollte es aber mit dem K ­ aiser halten. 130 M eyer : Zur Gegenreformation in Schlesien, S. 360 f.; S cholz : Gravamina der Landstände, S. 103 Anm. 28.

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konnte aber auch im Streit der Konfessionen seiner Seite, selbst wenn er sich ernstlich um Neutralität bemühte, manchen Vorteil bringen. Überhaupt hatte die Oberlandeshauptmannschaft dem Bischof zu mehr Macht und Autorität verholfen. Nur weil das Oberamt in Karls Regierungstagen fast ständig in den Händen eines protestantischen Fürsten lag, fanden die evangelischen Neisser immer wieder beim Fürstentag Gehör und Schützenhilfe, bis zur Intervention in die internen Angelegenheiten des bischöflichen Fürstentums. Auf der anderen Seite steigerte die Ämterkombination Bischof von Breslau (und damit auch Herr des Fürstentums Neisse) und Oberlandeshauptmann von Schlesien Aufgabenbereich und Arbeitslast des Inhabers, die Verwaltung des Oberamts ging auf Kosten seiner Pflichten als Bischof. Die Verbindung der beiden Ämter schuf auch besondere Schwierigkeiten für den Bischof, weil ihm nur der minimale landesfürstliche Beamtenapparat zur Verfügung stand.131 Die Probleme, die vor das Oberamt kamen, erforderten auch manchmal Rückgriff auf Personen mit speziellen Kenntnissen oder Erfahrungen, die man nicht immer unter den Katholiken fand; die Verwendung von Protestanten in hohen Positionen erregte dann das Misstrauen des Nuntius und der Kurie. Bischof Andreas von Jerin setzte 1586 das Problem des Bischofs in dieser Hinsicht dem Nuntius Philipp von Sega ganz deutlich auseinander.132 Befreit von den vielfachen Obliegenheiten der obersten Position in der schlesischen Landesregierung und den besonderen Rücksichten, die das Amt dem Inhaber auferlegte, hatte Erzherzog Karl die Möglichkeit, sich ganz den Angelegenheiten des Bistums und seines Fürstentums zu widmen. Zweifellos schwächte der Verlust des Oberamts die Position des Breslauer Bischofs und Neisser Landesfürsten gegenüber seinen Untertanen. Bei einer Beurteilung der Herrschaft des Erzherzogs kann man die Schmälerung der ihm übertragenen Position nicht ignorieren: Hatte schon der Abfall so vieler Schlesier das bischöfliche Amt ausgehöhlt, seine Reichweite und sein Gewicht reduziert, hatten die Majestätsbriefe und das endlose Hadern mit den Fürsten und Ständen den Ruf des Kirchenfürsten „verkleinert“, um sein eigenes Wort zu gebrauchen, so bedeutete die Tatsache, dass ihm die Oberlandeshauptmannschaft versagt blieb, vor seinen schlesischen Landsleuten, ob evangelisch oder katholisch, einen weiteren Verlust an Macht, Autorität und Einfluss.

131 Zur Zeit des Erzherzogs als Bischof von Breslau verwaltete der Oberlandeshauptmann sein Amt anscheinend mit den ihm als Landesherrn dienenden Beamten. Die Kammer, die königliche Finanzbehörde, hatte ihren Sitz in der Kaiserburg an der Oder in Breslau, an der Stelle, an der im 19. Jahrhundert die Universität angelegt wurde, aber dass der Oberlandeshauptmann etwa in der Burg Räumlichkeiten beanspruchte und einen kleinen Stab von Beamten unterhielt, kann man nicht nachweisen. 1654 wurde ein Haus am Salzmarkt als Oberamtshaus designiert; Ludwig B urgemeister : Die ehemalige kaiserliche Burg zu Breslau, in: ZVGS 36 (1901), S. 271 – 317, zur Behausung der Kammer in der Burg S. 292 f. 132 M eyer : Zur Gegenreformation in Schlesien, S. 348 – 350, dt. Übersetzung ­dieses Abschnitts bei S cholz : Gravamina der Landstände, S. 103 f.

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4. Die Neisser Evangelischen widersetzen sich dem Bischof 133 Die Ziele der Gegenreformation in Schlesien waren, ein weiteres Ausbreiten der Anhänger des neuen Glaubens zu verhindern und die Unsicheren und Wankenden der katholischen ­Kirche zurückzugewinnen.134 Die Führung ­dieses Unternehmens fiel auf die Schultern des unerfahrenen jungen Habsburgers. Einen Prinzen aus dem Kaiserhause in der Position des Bischofs von Breslau zu sehen konnte die Katholiken ermutigen, ihren Zusammenhalt und die Hoffnung auf Rückkehr zum früheren Zustande stärken. Eine durchdachte und konsequente Führung der katholischen Partei kann man aber dem Erzherzog kaum nachsagen.135 Entscheidungen oder Unternehmen zur 133 Die wesentlichen Dokumente bei Gottfried Ferdinand B uckisch : Schlesische Religionsakten 1517 bis 1675, Buch 2 – 4, verfasst in den Jahren 1676 – 1683. Über den Konflikt mit den Neissern dort Buch 2, Kap. 7, 9 – 17, 19 – 20, 22; Buch 3, Kap. 28; Buch 4, Kap. 6, 11, 17, 22. Die unentbehrlichen Regesten des Inhalts der Buckischen Religionsakten wurden zusammengestellt von G ottschalk , G rünewald und S teller : Buckisch 1 – 2, mit ausführlichen Anmerkungen; G ottschalk : Buckisch 2, S. 128 – 311 enthält die Regesten, die sich auf Karls Regime und damit zum großen Teil auf den Neisser Religionsstreit beziehen. Aus dem Jahre 1698 existiert eine Schilderung des Konflikts in der Geschichte der Neisser Pfarrkirche St. Jakob von Johann Felix Pedewitz, s. R uffert Hg.: Historia Ecclesiastica Ecclesiae Parochialis S. Jacobi Nissae per Joannem Felicem Pedewitz Parochum, S. 86 – 97. Aus evangelischer Perspektive schrieb Gottlieb F uchs : Versuch einer Reformationsgeschichte des Fürstenthums Neisse, S. 54 – 114: „Die von dem Erzherzog, Bischof Karl, erregten Streitigkeiten über den Majestätsbrief …“, so beginnt seine Behandlung des Themas. Kastner kannte das Werk des Pedewitz, das nur in einer Handschrift im Neisser Pfarrarchiv existierte, und machte eine Abschrift. K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 1 – 308 ist dann wesentlich die Geschichte der Auseinandersetzung ­zwischen Bischof Karl und den Neisser Evangelischen. Kastners Geschichte enthält die sich auf diesen Konflikt beziehenden Dekrete, Positionen, Briefe, er gibt sie in der Regel in indirekter Rede wieder. Seine Quellen waren neben B uckisch : Schlesische Religionsaktenakten 2 – 4 auch Dokumente im seit 1945 verschollenen Neisser Stadtarchiv, gelegentlich geben Buckisch und das Neisser Stadtarchiv das ­gleiche Dokument. Auf Vorzüge und Nachteile seiner Geschichte Neisses wurde schon in der Einleitung hingewiesen. Die einzige ausführliche Darstellung der Neisser Ereignisse ist dann E ngelbert : Das Bistum Breslau im Dreißigjährigen Kriege 1, S. 85 – 148, 2, S. 127 – 181, 3, S. 201 – 208; Engelberts biographischer Abriss des Bischofs in Schlesische Lebensbilder 5, S. 41 – 50 besteht im Wesentlichen aus einer Beschreibung der religiösen Auseinandersetzung in Neisse und beruht auf seinen früheren Arbeiten, besonders den eben erwähnten drei Aufsätzen; K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 267 – 278, geht nur kurz auf die Neisser Ereignisse ein (S. 276). 134 Jörg D e v e n t e r : Konfrontation statt Frieden – Die Rekatholisierungspolitik der Habsburger in Schlesien im 17. Jahrhundert, in: Kulturgeschichte Schlesiens in der Frühen Neuzeit 1, hg. von Klaus G a r b e r , Tübingen 2005, S. 265 – 328 eine Übersicht mit ausführlichen Verweisen auf die Literatur. S. a. M a c h i l e k : Reformation und Gegenreformation in Schlesien, S. 9 – 45. 135 Bei der Verteidigung der katholischen Religion stand Karl an erster Stelle, nach ihm Adam Wenzel von Teschen; B uckisch 2, 23, 1; G ottschalk : Buckisch 2, S. 194 (Artikel 356). Eine

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Beförderung der Gegenreformation, die für die ganze Diözese oder außerhalb seiner Herrschaftsgebiete Gültigkeit hatten, sucht man vergeblich.136 Seine Bedeutung war eher eine symbolische, die bloße Anwesenheit auf dem Breslauer Bischofsthron eines tiefgläubigen Habsburgers aus der Grazer Linie, dessen Vater und Bruder sich einen Ruf als unermüdliche Streiter für die Gegenreformation erworben hatten, gab ein deutliches Signal, sowohl Katholiken als Protestanten. Seine eigentlichen Tätigkeiten im Inte­resse der Gegenreformation betrafen fast nur das Neisser Fürstentum und beliefen sich vor allem darauf, dass er der im Majestätsbrief gewährten öffentlichen Ausübung der evangelischen Konfession im bischöflichen Fürstentum nicht stattgab. Gewiss setzte er damit ein Beispiel und fanden es deshalb andere leichter, gegen die Protestanten einzuschreiten, die Gegenreformation in Schlesien beschränkte sich ja nicht auf ihn. Wie man ein abgefallenes Land wieder katholisch machen konnte, mit anderen Worten die Strategien für den Kampf gegen die Evangelischen und für den Wiedergewinn der katholischen Vormachtstellung, hatte man damals schon vielerorts demonstriert, nicht zuletzt in Steiermark unter Karls Bruder Ferdinand, dort mit einigen Erfolgen und zum Teil unter hohen Kosten als Resultat von Ausweisung und Auswanderung. Als einer der Protagonisten katholischer Reform in Innerösterreich unterrichtete Georg Stobaeus von Palmburg schon den vierzehnjährigen Erzherzog Karl, wie sein Vater und Bruder gegen die Evangelischen vorgegangen waren, z. B. durch öffentliche Disputationen, um die Protestanten zu widerlegen, die Errichtung eines Jesuitenkollegiums, aber auch die Verhaftung protestantischer Anführer, den Einsatz von Bewaffneten oder indem sie die Protestanten vor die Wahl ­zwischen Rückkehr zur alten ­Kirche oder Verlassen des Landes stellten.137 In einem Schreiben aus dem Jahre 1598 an Ferdinand empfahl ­Stobaeus aber auch, der Herrscher solle sich die Zuneigung seiner Untertanen erwerben. Dazu ­seien die besten Mittel die renovatio disciplinae civilis, die Wiederherstellung von Zucht und Ordnung in der Gesellschaft, eine unparteiische Rechtspflege und die Vorsorge der Regierenden, so dass jedermann Brotgetreide und was sonst zum Leben notwendig zu einem billigen Preis kaufen könne.138 Zentrale Figuren der Gegenreformation sprachen ja oft Führungsrolle wird ihm gelegentlich zugeschrieben: Karl sei „von seiner Herkunft und Überzeugung her die treibende Kraft der Gegenreformation in Schlesien“ gewesen; C onrads : Die Rekatholisierungspolitik in Teschen, S. 24. „Unter Führung Erzherzog Karls bildete sich „eine starke katholische Partei“; D eventer : Konfrontation statt Frieden, S. 273. 136 Eine Ausnahme: Auf deren Ersuchen setzte er sich für die Glogauer Kanoniker ein; B uckisch 4, 6, 9; G ottschalk : Buckisch 2, S. 241 (Artikel 540). 37 Georg Stobaeus an Erzherzog Karl, 01. 05. 1604, betitelt De peracta reformatione religionis 1 in Styria, Carinthia, Carniolia ad serenissimum principem D Carolum archiducem Austriae, H ansiz : Germania sacra 2, S. 676 – 708; S tepischneg : Georg III. Stobaeus von Palmburg, S. 97 – 106, eine ausführliche deutsche Zusammenfassung. 138 Stobaeus an Ferdinand, 20. 08. 1598, S tobaeus : Epistolae ad diversos (1758), S. 13 – 17, hier S. 16; S tepischneg : Georg III. Stobaeus von Palmburg, S. 106.

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von Rückkehr zu Disziplin und Gehorsam. In Schlesien hatten Karls Vorgänger ihre eigenen Methoden zur Abwehr der Evangelischen gefunden. Nach Jahrzehnten, in denen die Breslauer Bischöfe Zurückhaltung, sogar Passivität gegenüber dem sich verbreitenden Protestantismus geübt hatten, führte, wie schon angedeutet, Bischof Johannes von Sitsch Maßnahmen ein, die der Ausbreitung der Protestanten Grenzen setzen sollten. Sitsch unterstützte die Anwendung von Gewalt gegen die Evangelischen in Glogau und Troppau.139 Wie man mit der ganzen Einwohnerschaft einer Stadt, die unbedingt an ihrer Religion festhalten wollte, und ihrer an Aufstand grenzenden Widersetzlichkeit fertig werden sollte, stellte sich als ein Problem dar, auf das niemand den neuen Bischof vorbereitet hatte. Zur Zeit seines Regierungsantritts war die Umgebung des Bischofs längst davon überzeugt, dass ein Zurückrollen des Protestantismus in der Diözese Breslau, fast ein Jahrhundert nach dem Auftreten des ersten Lutheraners in Schlesien, ein aussichtsloses Unterfangen war. Aus der Korrespondenz des Georg Stobaeus lässt sich diese Einsicht herauslesen. Soweit man überhaupt hier und da Menschen für die alte ­Kirche zurückgewinnen konnte, hing das ganz von einzelnen schlesischen Fürsten und Ständen ab. Der Bischof und seine Berater sahen es aber als selbstverständlich an, dass das bischöfliche Fürstentum und die bischöfliche Residenzstadt nicht den Evangelischen in die Hände fallen durften und der Bischof jedes Recht hatte, auf der Einheit der Religion in seinem Hochstift zu bestehen.140 Dem stand entgegen, dass die Mehrzahl der 7000 Einwohner von Neisse sich damals zum Luthertum bekannte und durchaus nicht dazu neigte, von ihrem Bekenntnis abzulassen. Im Gegenteil, die Neisser Evangelischen verlangten jetzt die Erfüllung der in den Majestätsbriefen vom vorhergehenden August gegebenen Versicherungen. Im April 1610 forderten sie vom Bischof ihre eigene ­Kirche und Schule in der Stadt.141 Angewiesen, ihre für den Bischof bestimmten Bittschriften über den Stadtrat vorzutragen, richteten sie sich an diesen und den Bürgermeister.142 Da sie auf Ablehnung trafen, appellierten sie sofort an den Fürstentag und den 1 39 S cholz : Gravamina der Landstände, S. 99 – 103 über die Gegenreformation unter Sitsch. 140 J edin : Eine Denkschrift über die Gegenreformation in Schlesien, S. 404. Der Verfasser argumentiert aber für die Rückkehr ganz Schlesiens zur alten K ­ irche. 141 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 46 – 54, eine Bittschrift der Bürger vom 10. April 1610, Text S. 47 – 49, gerichtet an Bischof Stobaeus. Kastner benutzte hier die Originale im Neisser Stadtarchiv, nicht Texte aus Buckisch. Man möchte das Gesuch in Zusammenhang bringen mit einem Erlass der Fürsten und Stände vom 10. März 1610, der sich, ohne den Bischof zu nennen, gegen Äbte und Äbtissinnen „und andere Geistlichkeit“ richtete, die ihre Untertanen zum katholischen Glauben zwangen; die Fürsten und Stände wollten die Geistlichen vor einem solchen Vorgehen warnen und sie an die Strafen erinnern, die man für solches Verhalten festgelegt hatte; P ol : Jahrbücher der Stadt Breslau 5, S. 83 – 84. 142 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, Bittschrift an den Bischof S. 47 f., an den Rat S. 49 – 52, an den Bürgermeister Gebauer, die letztere anscheinend 21. April 1610, S. 52 – 54.

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­ berlandeshauptmann.143 Auf die Instruktion des Fürstentags hin bildeten die Neisser O einen Ausschuss, der dann bald, schon im Herbst 1610, in unmittelbare Verbindung mit dem Fürstentag trat.144 Von da an bis zum Ende seiner Regierung wandten sich die Evangelischen mit ihren Gesuchen um Ausübung der evangelischen Religion in der Regel nicht mehr an den Bischof, sondern den Fürstentag, den Oberhauptmann, den König, als er in Breslau anwesend war, die Defensoren oder Vorsteher der böhmischschlesischen Konföderation oder den Kurfürsten von Sachsen. Auf zweifache Weise wollten sie den Bischof zum Einlenken bringen: Einmal durch Beschwerden und Bittschriften, die sie durch gewählte Vertreter an die Obrigkeit richteten, zum anderen durch ungeduldiges, unerlaubtes, gewalttätiges Benehmen, durch das sie vollendete Tatsachen zu schaffen trachteten, zu verwirklichen suchten, was ihnen der Bischof nicht gestatten wollte. Ihr konkretes Ziel war zunächst, den Vorschriften und Praktiken ihres Glaubens in Neisse zu folgen, und deshalb drangen sie vor allem auf ihre eigene ­Kirche, Schule und Begräbnisstätte in der Stadt, Bestattungen nach ihrem eigenen Ritus, einen Prädikanten am Ort und einen evangelischer Lehrer. Nach sechs Jahren, zum ersten Mal im Jahre 1614, forderten die Züchner und Leinweber überdies unbeschränkten Zugang zu ihrer Zunft und das Bürgerrecht; zwei Jahre ­später wollten die Züchnergesellen das Meisterrecht für sich erzwingen.145 Ein paar Jahre ­später, 1619, forderten die evangelischen Neisser nach dem Vorbild der 100 Artikel der Konföderation, dass der Bürgermeister und der halbe Rat evangelisch sein sollten.146 Religiöse Forderungen verbanden sich mit ökonomischen und politischen. Neben die Bittgesuche an die Obrigkeit durch ihre Vertreter, zu denen anfänglich auch in der Stadt residierende evangelische Gutsbesitzer wie Hans Scholz und Heinrich Holzgraf gehörten,147 traten Aktionen, die dem Willen der bischöflichen Regierung zuwiderliefen, und Ausschreitungen, die den Bischof offen angriffen: Versammlungen, „Zusammenrottungen“ vor und hinter dem Schloss, sogar Einbrüche in die 143 Wir haben nur die Reaktion des Fürstentags in einem Schreiben an den Bischof, K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 54 – 56. Buckisch bezieht sich auf die Initiative der Neisser, S. 54 Anm. 1. B uckisch 2, 7, 1, behauptet, die Neisser hätten noch viele andere Eingaben an den Fürstentag gemacht; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 56 Anm. 3; B uckisch 2, 7, 2. 144 Die Neisser an die Fürsten und Stände, 03. 11. 1610, G ottschalk : Buckisch 2, S. 155 (Artikel 247); K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 61 – 63. 145 Aus in Neisse zu Kastners Zeit existierenden Schreiben, K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 163 f. (1614), 201 (Juli 1616), 254 (September 1619). 146 Die Neisser an die Fürsten und Stände, wohl Oktober 1619, Acta Publica 2, S. 392 – 394, hier 393; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 255 – 257, hier S. 256. 147 B uckisch 2, 7, 5; G ottschalk : Buckisch 2, S. 155 (Artikel 247); K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 62 (sie gehören dem von 240 evangelischen Bürgern gewählten Ausschuss von 12 Männern an, 03. 11. 1610), S. 82 f. Der Gutsbesitzer Hans Scholz weigerte sich, vor den versammelten Evangelischen aufzutreten, 21. 10. 1612, S. 82 f., zu Holzgraf, S. 587 – 589.

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b­ ischöfliche Residenz, Gelderhebungen, Inspizierung von Stadthäusern, die man als ­Kirchen oder Schulen zu benützen dachte,148 aufreizende Reden von Wortführern, wie Stefan Bacher und George Augsten,149 das plötzliche Erscheinen eines Prädikanten in der Stadt in Abwesenheit des Bischofs, anscheinend aus Nürnberg, den das Volk am nächsten Wochenende gleich zum Predigen vor dem Breslauer Tor anstellte,150 Nutzung eines Grundstücks im drei Kilometer nördlich der Stadt gelegenen Sengwitz und dort Gottesdienste, an denen angeblich tausende teilnahmen, ein Versuch, ­dieses Grundstück zu kaufen,151 Anlegen eines Friedhofes vor dem Breslauer Tor, wiederum in Abwesenheit des Bischofs,152 Einrichtung einer Schule im Hause eines Schneiders, in dem sie dann 200 Kinder unterrichteten,153 und die geistliche Betreuung im evangelischen Sinne durch den Lehrer in Privathäusern.154 Im Frühjahr 1614 ließen die Neisser, um den Bischof zu verspotten, ihre Prädikanten Tag und Nacht durch die Gassen paradieren – trieben sie „mit ihren Prädikanten allerlei Bravaria“ – und fällten bereits Holz im Preilander Forst für eine ­Kirche, die ihnen der Bischof doch nicht erlaubt hatte.155 Im Mai 1615 wollte der Prädikant Peter Böhm seine Hochzeit in Neisse halten, für die Katholischen eine unerhörte Verhöhnung des Bischofs.156 Schließlich verloren das städtische Proletariat oder einige seiner Anführer die Geduld und erlaubten sich Übergriffe selbst gegen den Willen ihres Prädikanten, des Ausschusses der Zwölf und des Oberhauptmanns. In Abwesenheit des Bischofs brach am 27. Februar 1616 ein Tumult in der Stadt aus.157 Der Pöbel riss die ­Kirche – nur eine Bethütte, so der evangelische Geschichtsschreiber Fuchs – in Sengwitz ein, die man 148 An den Stadtrat, 23. 11. 1610, K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 72, nach der Original­ urkunde im Neisser Stadtarchiv. 149 Der Bischof an den Stadtrat, 01. 12. 1610, aus dem Neisser Stadtarchiv, K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 73. 150 Karl an den Oberlandeshauptmann, 24. 10. 1612, B uckisch 2, 10, 1; G ottschalk : Buckisch 2, S. 166; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 81 – 84. 151 B uckisch 2, 12, 4; G ottschalk : Buckisch 2, S. 171 (Artikel 282); K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 113 – 115. 152 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 104 – 112. 153 G ottschalk : Buckisch 2, S. 172 (Artikel 205); K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 120. 154 Bittschrift des evangelischen Ausschusses an das Oberamt, 27. 08. 1613, B uckisch 2, 13, 2; G ottschalk : Buckisch 2, S. 173 (Artikel 289); K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 123 – 125, hier S. 123. 155 Schönaich an Karl, 27. 05. 1614, K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 158, nach einer Kopie im Stadtarchiv. 156 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 181, nach einer Urkunde im Stadtarchiv. 157 Die Episode wird beschrieben in einer Instruktion der bischöflichen Regierung vom 27. Februar 1616 für den bischöflichen Geheimsekretär Johann Scharff von Werth, der zum Oberhauptmann geschickt wurde; B uckisch 2, 17, 1; G ottschalk : Buckisch 2, S. 182 (Artikel 322); K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 187 – 195. Der Bischof war zur Kindstaufe nach Polen gereist; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 189 Anm. 5.

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den Evangelischen erlaubt hatte, und wollte jetzt die evangelische Schule in der Stadt für Gottesdienste benützen, schon am nächsten Tag, einem Sonntag, dort predigen lassen, sie hätten sechs Jahre gewartet.158 Das Oberamt verbot es, aber am 6. März überredeten die Neisser ihren Prädikanten, in der Bielergasse der Altstadt zu predigen, in einem Hof, den sie gerade erst gekauft hatten. Sie befestigten auch eine Tafel an einem hohen Mast mit einer Inschrift, die den Vorübergehenden ­Kaiser Rudolfs Majestätsbriefe ins Gedächtnis rief.159 Im Juli des gleichen Jahres kam es zu einem regelrechten Aufstand in der Stadt, die Züchner, bald gefolgt von Kürschnern und Schustern, rotteten sich zusammen, marschierten mit grünen Zweigen an den Hüten durch die Gassen auf den Ring und verlangten das Bürger- und das Meisterrecht.160 Die Petitionen der evangelischen Neisser um Ausübung ihrer Religion setzten sich bis ans Ende der Herrschaft des Bischofs fort, und zu Unruhen kam es selbst in den anderthalb Jahren – Juli 1619 bis November 1620 –, als die protestantischen Stände im Königreich Böhmen das habsburgische Regime zeitweilig vertrieben hatten. Auf Widerstand gegen den Bischof konnten sich die Neisser Evangelischen nur versteifen, weil sie am Fürstentag einen Verbündeten hatten, die Fürsten und Stände als ihr Anwalt handelten. Die Praxis ihrer Religion, die der Bischof verweigerte, wollten jetzt der Fürstentag und das Oberamt erlauben, so die evangelische ­Kirche in oder nahe bei der Stadt (15. November 1610),161 die Anstellung eines Predigers, evangelischen Gottesdienst in einem Stadthaus, bis sie sich ihr eigenes Gotteshaus in der Vorstadt einrichten könnten (14. Oktober 1611),162 eine Schule in der Stadt mit drei neugläubigen Lehrern (25. April 1613).163 Eine Intervention des Oberhauptmanns in den inneren Angelegenheiten eines der kleinen schlesischen Staaten war aber nicht neu, es hatte sie auch unter den Bischöfen als Oberlandeshauptmänner gegeben.164 Die Fürsten und 1 58 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 209 – 235. 159 B uckisch 2, 17, 4; G ottschalk : Buckisch 2, S. 183 (Artikel 325); K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 191. 160 Diese Episode nicht bei Buckisch; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 201 – 204, nach Briefen des Administrators Gelhorn (S. 201 Anm. 3). 161 Bescheid des Fürstentags an den Ausschuss der Evangelischen, 15. 11. 1610, G ottschalk : Buckisch 2, S. 157 (Artikel 251); B uckisch 2, 7, 9; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 71. 162 G ottschalk : Buckisch 2, S. 165 (Artikel 267); B uckisch 2, 9, 4; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 79 f. 163 Erlass des Fürstentags, 25. 04. 1613, B uckisch 2, 11, 1; G ottschalk : Buckisch 2, S 168 (Artikel 275); K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 93 – 95. Karl anscheinend schon in Graz, so Gottschalk, Korrespondenz belegt ihn dort vom 14. Mai bis 16. Juli. 164 Das Eingreifen des Bischofs Sitsch als Oberhauptmann in Glogau und Ratibor im Interesse der Katholiken ist ein Beispiel; S c h o l z : Gravamina der Landstände, S. 102 Anm. 24 und 25 zu den Quellen und Darstellungen. Der Herzog von Münsterberg-Oels bewies tatsächlich große Rücksicht auf die Rechte des Bischofs in seinem Fürstentum. Der Herzog

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Stände beteuerten jetzt, man trachte in keiner Weise, die Autorität des Bischofs in seinem Fürstentum zu beschneiden, und käme nur aus Gewissensgründen den Neisser Evangelischen zu Hilfe. Eine gewisse Ambivalenz gegenüber den Forderungen der Neisser Evangelischen, die im Verlaufe des Konflikts gewachsen sein mag, lässt sich an den Reaktionen des Fürstentags ablesen. Die evangelischen Fürsten und Stände demonstrierten während des ganzen langen Streits Solidarität mit den Neissern, in der Überzeugung, diese wollten nicht mehr als die ihnen im teuer erkauften schlesischen Majestätsbrief zugestandenen Rechte ausüben. Als aber die radikalen Elemente immer mehr den Ton bestimmten, die Neisser die Verbote des Bischofs und sogar des Kaisers ignorierten, neue wirtschaftliche und politische Rechte neben den religiösen forderten, Neuerungen auf eigene Faust einführten, dem Bischof ganz offen den Gehorsam verweigerten, den Landesherrn in aller Öffentlichkeit verspotteten und Drohungen gegen ihn ausstießen, erkannte man wohl im Fürstentag, dass ­solche Angriffe auf die fürstliche Autorität auch ihren eigenen Untertanen ein gefährliches Beispiel gaben.165 Deshalb finden wir, dass der Fürstentag anfänglich bereit war, den Neissern gewisse Zugeständnisse in der Praxis ihrer Religion zu machen (deren Einführung gewöhnlich der Bischof oder der Neisser Stadtrat verhinderte), ­später dagegen mehrten sich die Mandate des Oberamtmanns oder des Fürstentags, die den Neuerungen in der Stadt Einhalt gebieten wollten, den Neissern befahlen, manchen Schritt rückgängig zu machen, sie auf den nächsten Fürstentag vertrösteten oder Ungehorsam gegenüber dem Bischof verboten.166

von Brieg nach ihm zeigte weniger Hemmungen, er verbot in Schlesien die „schädliche Sekte der Jesuiten und deren arglistige Praktiken und unselige Anschläge“; Acta Publica 2, S. 198 – 200, 24. 06. 1619; und in den Monaten der Herrschaft des Winterkönigs wies er einmal den Neisser Stadtrat an, Flachwerk für das Dach der evangelischen ­Kirche bereitzustellen und anderweitig die Evangelischen zu unterstützen; K a s t n e r : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 283. 165 Der Bischof erinnerte die Fürsten und Stände an die Konsequenzen, ­welche Ungehorsam gegen die Obrigkeit auch für sie haben könnte, Karl an die Fürsten und Stände, 20. 10. 1610; F uchs : Reformationsgeschichte des Fürstentums Neisse, S. 146 f.; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 59 – 61, hier S. 61. 1 66 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2: Oberhauptmann an den Neisser Rat bzw. die evangelischen Neisser, 25.10. und 31. 10. 1612, S. 84 – 86, 86 – 88; Oberamtmann gegen Aufruhr, Februar 1616, S. 187 – 195; ein Patent des Oberamtmanns, 22. 03. 1620, versucht, die evangelischen Neisser zurückzuhalten, S. 273 – 276.

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5. Argumente und Maßnahmen des Erzherzogs gegen die evangelischen Neisser

Abb. 5: Erzherzog Karl 1614, goldener zweifacher Dukat. Umschrift: carol. d. g.arc.avs.dux.bvr.co.tir. Revers: Wappen des Erzhauses, darüber Krone. Rechts: Bistum Breslau, Mitra und Krummstab; links: Bistum Brixen, Lamm Gottes mit Fahne und Adler. Umschrift: Epvs.Brix.Et.Wratislavi.1614. Wien, Kunsthistorisches Museum, Münzsammlung 011335aa.

Wie reagierte der Erzherzog auf die eindringlichen Bitten, bald waren es eher von Drohungen begleitete Forderungen, der evangelischen Neisser um freie Ausübung ihres Bekenntnisses innerhalb der Stadtmauern? Von vornherein bestimmten Aufbringen und frühe Erfahrungen den jungen Bischof dazu, mit ganzer Kraft für die Gegenreformation einzutreten: der Einfluss der tiefgläubigen ­Mutter, die Erziehung durch die Jesuiten, das Vertrauen des Papstes, die ersten Jahre seiner Herrschaft in der Gesellschaft engagierter Streiter für die katholische Reform in Steiermark und Kärnten, seine Ergebenheit gegenüber dem Bruder Ferdinand. Das entschiedene Vorgehen seines Vorgängers Johannes Sitsch gegen die Protestanten setzte ihm ein Beispiel, und man konnte kaum erwarten, er würde die versöhnliche oder indifferente Einstellung der Bischöfe Promnitz oder Logau einnehmen, wie ihm der schlesische und Lausitzer Kanzler Georg von Schoenaich einmal einzureden suchte.167 Die vom Majestätsbriefe den Evangelischen 167 Der Vorstand der schlesischen und Lausitzer Kanzlei, Georg von Schoenaich, ein Evangelischer, schrieb Erzherzog Karl am 19. Mai 1614 einen freundlichen Brief, in dem er ihn davor warnte, allzu hart mit den Neisser Evangelischen umzugehen. Er sollte den vom ­Kaiser vorgeschlagenen Kompromiss beachten. Er erinnerte ihn hier an das mildere Vorgehen seiner Vorgänger Promnitz und Logau und bemerkte dabei, dass Karl wahrscheinlich nicht als Bischof sterben, sondern eine anderweitige hohe Stellung einnehmen werde, in der es ihm von Nutzen sein sollte, wenn ihm ein Land wohlgesinnt war; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 155 – 157.

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gewährte freie Religionsübung auch in geistlichen Gebieten schuf eine ganz neue Situa­tion für den Breslauer Bischof. Obwohl die Protestanten den Konflikt in Neisse der hartnäckigen Weigerung des Bischofs zuschrieben, dieser Provision des Majestätsbriefes nachzukommen, ist es fraglich, ob ein anderer an seiner Stelle anders gehandelt hätte. Erhöhte Spannungen und neue Streitigkeiten ­zwischen den Konfessionen folgten dem Erlass der Majestätsbriefe.168 Der Erzherzog war der Erste, blieb aber nicht der Einzige unter den schlesischen Ständen, w ­ elche die im Majestätsbrief versicherte Religionsfreiheit in ihren Territorien nicht erlaubten.169 Der Erzherzog fand sich notwendigerweise damit ab, dass er in seiner Residenzstadt von Andersgläubigen umgeben war, die „Unkatholischen“ die Mehrheit der Einwohnerschaft bildeten. Er unterhielt freundliche Beziehungen mit dem einen oder anderen, war willens, die private Praxis ihrer Religion zu tolerieren, und stellte seine evangelischen Untertanen anfangs auf keinen Fall vor die harte Alternative der Rückkehr zur katholischen ­Kirche oder Auswanderung, wie seine beiden bischöf­lichen Betreuer ihrem Fürsten in Innerösterreich geraten hatten. Allerdings glaubte der Bischof, das Benehmen der Neisser Evangelischen hätte sich – nach Gewährung des Majestätsbriefes – grundsätzlich gewandelt. So versuchte er die Fürsten und Stände zu überzeugen, dass in Neisse vor Jahren nichtkatholische Bürger und Handwerker lebten, die in Sachen der Religion sich still und friedlich verhielten, weder öffentlich noch heimlich die katholische Religion verachteten, kein Ӓrgernis mit Verhaltensweisen gaben, die der katholischen ­Kirche zuwider waren. Diese Leute wurden nicht nur geduldet und in Ruhe gelassen, sondern geehrt, geliebt und gefördert, sogar zum bischöflichen Tisch geladen.170 Der kaum auf anstrengendes Regieren eingestellte junge Habsburger hätte sich wahrscheinlich gern mit dem Status quo abgefunden, den er bei seiner Ankunft in Schlesien vorfand. Er hatte wenig vom Kreuzfahrer oder Missionar, er wollte leben und leben lassen und die Früchte seines hohen Amtes genießen. Aber das exercitium der Evangelischen in seiner Residenzstadt, die öffentliche Praxis des evangelischen Bekenntnisses unter seinen Augen, wollte er unter keinen Umständen tolerieren, wie er den Neissern und den Fürsten und Ständen immer wieder 168 Auch der böhmische Majestätsbrief vom Juli 1609, der den Evangelischen Religionsfreiheit auf dem Besitz des Adels und den königlichen Kammergütern gewährte, führte zu Zwistigkeiten, wenn es um den Bau evangelischer ­Kirchen auf dem Besitz der Stifter ging. Ein Beispiel ist das Schicksal der evangelischen ­Kirche in Klostergrab (Hrob) am Südrand des Erzgebirges, erbaut 1609, abgerissen 1617. 169 Gegen die Majestätsbriefe handelten 1613 in Oppeln Landeshauptmann Hans Christoph Freiherr von Proskowsky; 1616 und 1618 in Ratibor und Oberglogau Georg III. von Oppersdorf, Freiherr von Aich und Friedstein (beide alte Bekannte Karls und Kämmerer); 1617 und 1618 in Teschen Herzog Adam Wenzel; G ottschalk : Buckisch 2, S. 175, 189, 197 – 200 f. 170 Instruktion für seine Gesandten zum Oberlandeshauptmann, 11. oder 12. 05. 1615, K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 171, aus dem Neisser Archiv.

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b­ eteuerte.171 Seinen Standpunkt im Streit mit den evangelischen Neissern fasste der Bischof in langen Schreiben zusammen, die in der Mehrzahl an die Fürsten und Stände oder den Oberhauptmann gerichtet waren.172 Diese ausführlichen Kommuniqués, die sein Verständnis der religiösen Situation mit Klarheit darlegen, waren offensichtlich das Resultat langer Beratungen und sicherlich von seinen engsten Mitarbeitern in kirchenpolitischen Fragen entworfen, Männern wie dem Domkanoniker und zeitweiligen Kanzler Sebastian Hartmann und anderen Angehörigen des Domkapitels, wie Franz Ursinus und Bartholomaeus Jerin, die er zum Fürstentag am 1. Juni 1609 schickte, oder dem Vizekanzler und kaiserlichen Rat Joachim Willenberger, einem Doktor beider Rechte. Das waren nicht die spontanen Gedanken des jugendlichen Bischofs (und sie sind nicht im unbeholfenen Stil der erzherzoglichen Briefe geschrieben), aber die Positionen, die diese Dokumente einnahmen, und die Grenzen, die sie zogen, entsprachen gewiss seinen Vorstellungen und Wünschen. Hier verbanden sich eine – wenigstens anfänglich – um Eintracht und Frieden bemühte Gesinnung und ein gewisses Verständnis für die Position der anderen Seite mit einem kompromisslosen Festhalten an einigen grundsätzlichen Überzeugungen, nämlich dass er in der bischöflichen Residenzstadt mit ihrem „kleinen Häuflein“ verbleibender Katholiken weder einen evangelischen Prädikanten noch eine evangelische ­Kirche oder Schule dulden, einen weiteren Verlust an katholischen Diözesanen nicht hinnehmen würde. Eine so radikale Ablehnung der Ausübung des evangelischen Bekenntnisses in seinem Fürstentum war selbst auf dem Höhepunkt der Gegenreformation extrem. Unter vielen katholischen Herrschern lebten damals Protestanten, die offen den Gewohnheiten und Vorschriften ihres Bekenntnisses folgten. Es gab Theologen auch unter den Katholiken, die eine konziliante Einstellung, die Toleranz gegenüber Andersgläubigen rechtfertigten. Autoren der Gesellschaft Jesu rangen, so im Verlaufe der böhmischen Rebellion, mit dem Problem, ob ein Herrscher Religionsfreiheit gestatten dürfe. Die grundsätzliche katholische Position, in einer Formulierung von Robert Bellarmine, war, „dass kein christlicher Fürst seinen Untertanen Glaubensfreiheit zugestehen 171 20. 10. 1610 an die Fürsten und Stände, 23.11. an die Neisser, K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 59 – 61, 71 – 73. Ein Dekret des Bischofs an die Neisser Evangelischen vom 16. März 1616 droht allen, die an der Einrichtung des evangelischen Gottesdienstes teilnehmen, mit Ungnade und Strafen; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 196 – 197. 172 Unter den 171 Dokumenten, die Kastner als Volltexte oder ausführliche Zusammenfassungen seiner Lebensgeschichte des Erzherzogs einfügt (= Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 1 – 321), sind 72, die von der bischöflichen oder fürstlichen Regierung ausgingen, dabei 63 unter dem Namen des Bischofs selbst. Zwölf der bischöflichen Schreiben und eines seiner Deputierten, alle verfasst in den ersten sechs Regierungsjahren des Erzherzogs, sind speziell Darlegungen der katholischen Position im Neisser Konfessionsstreit. Sie entstanden an den folgenden Daten: 1609: 29.05., 30.10.; 1610: 20.10., 08.11., 23.11.; 1611: September; 1612: 24.10., 04.11., 10.11.; 1613: 02.09., 25.11.; 1614: 13.01.; 1615: 11.05. (Seitenzahlen im Register der Schreiben des Erzherzogs). Der volle Text des langen Briefs vom 30. Oktober 1609 bei S chickfuss und C uraeus : New Vermehrete Schlesische Chronica 3, S. 89 – 93.

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dürfe, sondern sich bemühen müsse, den Glauben zu erhalten, den die Bischöfe und besonders der Papst als alleinberechtigt lehren“. Doch Martin Beck, ebenfalls Jesuit und der Beichtvater ­Kaiser Ferdinands, missbilligte zwar die freiwillige Einführung der Religionsfreiheit, konzedierte aber einem Regenten die Zulassung oder Duldung ­dieses Übels, wenn dadurch großes Unheil vermieden würde.173 Für einen Habsburger wie Ferdinand war Religionsfreiheit in seinem Herrschaftsbereich ein kaum ertragbares Übel, für einen Habsburger Bischof wie Karl, wenigstens in einem geistlichen Fürstentum, – und noch für den einen oder anderen österreichischen Bischof bis ins 18. Jahrhundert – war sie ein Gräuel, das man verhindern musste. Angesichts des enormen Abfalls, den die katholische ­Kirche bereits in seiner Diözese und selbst in seinem Fürstentum erlitten hatte, möchte man dem Bischof einräumen, dass eine weitere Ausbreitung der Evangelischen in Neisse das Ende des Katholizismus in Residenzstadt und Fürstentum bedeutet hätte. Herrschaft rechtfertigte sich im Alten Reich auf Grund von Ideen und Überzeugungen aus dem überlieferten christlichen Gedankengut. Herrscher glaubten deshalb, dass sie ein Recht hatten, über die Religion ihrer Untertanen zu entscheiden. Im Falle der katholischen und lutheranischen Fürsten legte das der Augsburger Religionsfrieden von 1555 gesetzlich fest. Die schlesischen Fürsten und Stände, da nicht reichsunmittelbar – Reichsgesetze schlossen das Königreich Böhmen nicht ein –, hatten nicht teil am Augsburger Religionsfrieden, während die Fürsten im Reich jetzt das Recht zur Bestellung besaßen, d. h. die Konfession ihrer Untertanen bestimmen durften. Nur der unmittelbare Herr der Schlesier, der König von Böhmen, hatte ­dieses Recht.174 Ferdinand I. erließ 1528 auf Anregung des Domkapitels ein strenges Mandat gegen die Ausbreitung der Protestanten in Schlesien.175 Ansonsten ließen die Könige im restlichen 16. Jahrhundert den schlesischen Fürsten und Ständen die Freiheit, den alten oder neuen Glauben für sich und ihre Untertanen anzunehmen. Karl glaubte offensichtlich, ein Recht zu besitzen, das der Augsburger Religionsfrieden den Fürsten und Ständen im Reich gewährte, obwohl er sich in ­diesem Zusammenhang nicht ausdrücklich auf das Recht der Bestellung bezieht. Er beanspruchte hier, wie er den 173 Alois K roess : Gutachten der Jesuiten am Beginn der katholischen Generalreformation in Böhmen, in: Historisches Jahrbuch 35 (1913), S. 1 – 39, 257 – 294, die Texte S. 35 – 39, 257 – 294, hier vor allem S. 1 – 15, Zitat S. 2. 174 W eber : Das Verhältnis Schlesiens zum Alten Reich, S. 346 – 350, Teil des Abschnitts „Geltung und Anwendung des Augsburger Religionsfriedens in Schlesien“. Karl bezieht sich auf den Augsburger Religionsfrieden: Diesem zufolge sollten bei Übertretungen zum neuen Glauben die Pfründen an die alte ­Kirche zurückgehen, was die Evangelischen aber nicht getan hätten; Karl an Fürsten und Stände, 29. 05. 1609, G ottschalk : Buckisch 2, S. 142 f. (Artikel 221); K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 12 f. 175 Abraham Gottlieb R osenberg : Reformationsgeschichte Schlesiens, Breslau 1767, S. 416 – 428, 260 – 261 (W eber , Das Verhältnis Schlesiens zum Alten Reich, S. 347).

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Fürsten und Ständen schrieb, für sich selbst nur das g­ leiche Recht wie die anderen schlesischen Fürsten und Stände.176 Unter den protestantischen Obrigkeiten durften die verbleibenden Katholiken nach ihrer Religion leben, jedoch gab es Einschränkungen und Wegsperren, wie Erzherzog Karl ganz richtig beklagte.177 Die schlesischen Majestätsbriefe von 1609 sicherten das evangelische Bekenntnis in Schlesien, bestimmten aber speziell, dass ­dieses auch in geistlichen Territorien ausgeübt werden durfte. Es war vor allem diese Provision des Majestätsbriefes, die den Breslauer Bischof veranlasste, den Majestätsbrief abzulehnen.178 Zehn Wochen nach dem Erlass erklärte der Erzherzog den schlesischen Fürsten und Ständen, dass er dem Majestätsbrief nicht Folge leisten würde.179 Das war eine radikale Position, zu der er sich zunächst gegenüber den Fürsten und Ständen, nicht dem ­Kaiser selbst, bekannte. Hier beanspruchte ein Mitglied der schlesischen Stände das Recht, „ein vom ­Kaiser dem Lande verliehenes Privileg nach eigenem Ermessen und Belieben anzunehmen oder zu verwerfen“.180 Der Erzherzog glaubte offensichtlich, dass „eine dem Fürsten abgezwungene Religionsfreiheit den katholischen Fürsten nicht binde“, eine Idee, der um diese Zeit (1607) der von heißem Glaubenseifer und grenzenlosem Unternehmungsgeist beseelte Kapuziner Pater Hyacinth in einer in Wien gedruckten Schrift Ausdruck gab, derselbe Ordensmann, der wenige Jahre ­später von Hof zu Hof eilte und das Ohr katholischer Potentaten für seine fieberhaften Ratschläge und gewöhnlich ganz unausführbaren Entwürfe suchte und fand – Erzherzog Karl beruft sich auf ihn einmal in 176 Karl an Herzog Karl von Münsterberg-Oels, Oberlandeshauptmann, 13. 01. 1614, B uckisch 2, 15, 10; G ottschalk : Buckisch 2, S. 177 f. (Artikel 307); K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 141 – 143. 177 Karl an Fürsten und Stände, 29. 05. 1609, K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 11; B uckisch 2, 4, 2. Der Majestätsbrief behauptet, dass die evangelischen Fürsten und Stände den Katholiken in ihren Territorien erlauben, ungehindert ihrem Bekenntnis gemäß zu leben; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 18. 178 „Bis auf diese Stunde hätte der Bischof als Landesfürst … niemals in den Majestätsbrief gewilligt oder solchen angenommen, würde auch denselben in Ewigkeit für sich und die Seinigen nicht annehmen, besonders in dem Punkte der Freistellung“, so die Deputierten des Bischofs, Oktober 1611, auf dem Fürstentag nach der Huldigung an Matthias; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 76 f.; B uckisch 2, 9, 3; G ottschalk : Buckisch 2, S. 163 (Artikel 264). Der Bischof war nicht allein in seinem Widerstand gegen den Majestätsbrief. Mehrmals mahnten die Fürsten und Stände bzw. der Oberlandeshauptmann in den Jahren 1611 – 1613 den Landeshauptmann von Oppeln, Hans Christoph, Freiherr von Proskowsky, den Bürgern von Oppeln „das freie Exercitium … zu vergönnen“, entweder im Rathaus oder sonstwo in einem Hause, bis sie sich ihre eigene ­Kirche bauten. Proskowsky war Rat und Kämmerer des Bischofs, der ihn hoch schätzte; G ottschalk : Buckisch 2, S. 175 Anm. 8. 179 S chickfuss und C uraeus : New Vermehrete Schlesische Chronica 3, S. 90 f., an Fürsten und Stände, 30. 10. 1609. 180 Palm betrachtete das als die wichtigste – aber unbeantwortete – Streitfrage; P alm : Das Verhalten der schlesischen Fürsten und Stände im ersten Jahre der böhmischen Unruhen, S. 276.

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seinem Reisetagebuch.181 Karl konnte diese Position nur behaupten, weil in Hinsicht auf die Majestätsbriefe die Vertreter der kaiserlichen Regierung selbst Bedenken und Hintergedanken hegten. Die Fürsten und Stände unterstellten dem Bischof sogar die Meinung, dass dem ­Kaiser das Recht abginge, Religionsfreiheit in geistlichen Gebieten zu gewähren.182 Bei seiner Ablehnung der Majestätsbriefe führten der Bischof und seine Berater eine Vielfalt von Argumenten ins Feld: Die Majestätsbriefe häuften auf die Katholischen, sein Stift und die Geistlichen „Nachteil, Schaden und Unheil“; sie setzten den Bischof „Spott und Verkleinerung“ aus; sie wurden unter absichtlichem Ausschluss der katholischen Vertreter im Fürstentag erlassen.183 Mit besonderem Animus richtete Karl sich gegen die jetzt verbriefte Religionsfreiheit in den geistlichen Territorien. Er argumentierte, die im Majestätsbrief garantierte Religionsfreiheit beziehe sich nicht auf die gemeinen Leute, denn sonst könnte sich ja jeder Bauer auf seinem Acker eine ­Kirche bauen.184 Sein hauptsächlicher Einwand hier war aber, dass die Ausübung der evangelischen Religion in seinem Fürstentum oder speziell in seiner fürstlichen Residenzstadt sein Gewissen verletze. Schon ehe der Majestätsbrief erlassen wurde, schrieb der Erzherzog einmal, ihr Gewissen sage den evangelischen Fürsten und Ständen, dass ihre Untertanen ihrer religiösen Überzeugung sein sollten. Ebenso sage ihm sein Gewissen, dass seine Untertanen seines Glaubens sein müssten.185 Die öffentliche Ausübung der evangelischen Religion in Neisse ginge gegen sein Gewissen, sein Amt, seinen Eid, seine Pflicht, er würde sie niemals gestatten,186 eher Leib und Leben verlieren als gegen sein Gewissen handeln.187 Wie Luther bestand hier ein Habsburgerherrscher darauf, dass in Glaubenssachen das Gewissen entscheidend ist, handelte aber dann dem lutherischen, oft auch von den protestantischen Regierungen 181 In seiner Quaestio aus dem Jahre 1607, Pater Hyacinth (1575 – 1627), aus Casale Monferrato, Piemont; Walter G oetz : Pater Hyacinth, in: Historische Zeitschrift 109 (1912), Heft 1, S. 101 – 128, S. 103; Karls Reisetagebuch 23.09. 182 Fürsten und Stände, 27. 11. 1616, B uckisch 2, 20, 1; G ottschalk : Buckisch 2, S. 190 f. (Artikel 344); K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 225. 183 Karls Schreiben an Fürsten und Stände vom 30. 10. 1609, S chickfuss und C uraeus : New Vermehrete Schlesische Chronica 3, S. 90 f.; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 26 f.; G ottschalk : Buckisch 2, S. 150 (Artikel 231, aber nicht der Text). 184 Karls Gesandte an Matthias, September 1611. Die im Majestätsbrief gewährte freie Ausübung der Religion könne sich nicht auf Untertanen beziehen, „die nicht ihre eigene Ob- und Botmäßigkeit (gemeint wohl Herrschaft) auf ihrem Grund und Boden haben“; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 75, 77; G ottschalk : Buckisch 2, S. 163 f. (Artikel 264, 265). 185 Instruktionen für die Gesandten zum Fürstentag, 29. 05. 1609, K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 13; B uckisch 2, 4, 2; G ottschalk : Buckisch 2, S. 142 f. (Artikel 221, aber kein Volltext). 186 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 77; den gewünschten Neuerungen der Neisser nachzugeben, würde seinen Lehnseid verletzen; ebd., S. 141 f. 187 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 78, 60 (Karl an Fürsten und Stände, 20. 10. 1610).

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ignorierten Grundsatz zuwider, dass in Glaubenssachen die Herrschaft keinen Zwang ausüben durfte. Mit erstaunlicher Doppelzüngigkeit bekräftigte ­Kaiser Matthias, der doch gerade erst den Fürsten und Ständen die Majestätsbriefe bestätigt hatte, die Position, dass kein ­Kaiser oder König und noch viel weniger ein dem Bischof nur Ebenbürtiger die Macht habe, ­diesem in Gewissenssachen etwas aufzulegen oder etwas anzuordnen, was seinem Gewissen zuwider war.188 Es wäre leichter für die Evangelischen, meinte der Bischof, ihrer Konfession anderswo nachzugehen, als für den Bischof, Amtseid und Gewissen zu verletzen.189 Es sei ihm recht, dass seine protestantischen Untertanen sich auf ihr Gewissen beriefen, nicht mehr an den katholischen Ritualien teilnahmen, in evangelische Gotteshäuser anderswo liefen. Er bedränge die Neisser Evangelischen in ihrer Religion in keiner Weise, sie dürften sie privat leben, bei Taufen, Trauungen und Beerdigungen ihren eigenen Bräuchen folgen. Wenn sie nicht mit den Katholischen leben wollten, könnten sie in einen der vielen Orte evangelischer Konfession auswandern, er aber sei entschlossen, an den zehn – oder noch weniger – Städten katholischen Glaubens im bischöflichen Fürstentum festzuhalten.190 Das, worauf er bestand, war eigentlich minimal: keine evangelische ­Kirche oder Schule und kein evangelischer Geistlicher in der Stadt. Hätten die Evangelischen eine ­Kirche in der Vorstadt oder gleich außerhalb der Mauern, so schrieb er, dann wäre der Prädikant und nicht er Bischof und Landesfürst.191 Der Ungehorsam der evangelischen Neisser lag dann seiner Meinung in ihrem Appell an das Oberamt und den vielen Schritten zur Einführung ihrer Religion, die sie sich gegen das Gebot des Bischofs erlaubten. Im Laufe seiner Regierungszeit gewährte er den Neissern einige Konzessionen; einmal kam es sogar zu einem Kompromiss ­zwischen Bischof und Fürstentag, der den Evangelischen in Neisse erstaunliche Zugeständnisse machte, wie den Empfang der Kommunion unter beiden Gestalten, Taufen, Trauungen und Beerdigungen auf ihre Weise, Besuch evangelischer Gottesdienste anderswo und sogar die Anwesenheit eines Pfarrers ihrer Religion im Hause von Kranken und Sterbenden; der Waffenstillstand dauerte aber nur sechs Monate.192 Im Dezember 1615 akzeptierte der Bischof, dass sich die Protestanten Hauslehrer hielten, solange die Schule in der Stadt nicht weitergeführt wurde.193 Im Gegensatz zu diesen Zugeständnissen in seinen frühen Jahren musste ein Bewerber um die Bürgerschaft nach einer Beschwerde von 188 Matthias an das Oberamt, 07. 09. 1614, G ottschalk : Buckisch, 2, S. 180 (Artikel 317); ­K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 167. 189 Karl an Oberlandeshauptmann, 10. 11. 1612, B uckisch 2, 10, 4; G ottschalk : Buckisch 2, S. 167 (Artikel 272); K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 90 f. 190 Karls Memoriale an Matthias, September 1611, K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 75 f., 78; B uckisch 2, 9, 1 und 3; G ottschalk : Buckisch 2, S. 163 – 165 (Artikel 264, 266). 191 Karl an Oberlandeshauptmann, 10. 11. 1612, K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 91. 192 Diese Pause von ungefähr sechs Monaten fällt ins Jahr 1612; B uckisch 2, 10, 1; G ottschalk : Buckisch 2, S. 169 (Artikel 269); K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 80. 193 Empfehlung des Fürstentags, Dezember 1615, K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 186; B uckisch 2, 17, 1; G ottschalk : Buckisch 2, S. 182 (Artikel 322).

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1619 einen Beichtzettel vorlegen und durfte nur unter einer Gestalt kommunizieren.194 Später zwang der Erzherzog alle Neisser gleichgültig welcher Konfession an der Fronleichnamsprozession teilzunehmen und ihre Kinder in die sonntägliche Christenlehre bei den Jesuiten zu s­ chicken.195 In der Auseinandersetzung mit den evangelischen Neissern standen dem Bischof, als seine Ermahnungen und Verordnungen nichts erreichten, Zwangsmittel zur Verfügung, und von einigen machte er Gebrauch. In erster Linie stützte er sich aber auf seine Zugehörigkeit zum Hause Habsburg, seine Beziehung zum ­Kaiser. Dessen Eingreifen versuchte er von Anfang an gegen die Neisser und, wenn nötig, auch gegen die schlesischen Fürsten und Stände zu mobilisieren. Rudolf II. und Matthias waren seine Vettern (38 bzw. 33 Jahre älter als er), Rudolf hatte Karls Wahl befürwortet. Als ­Kaiser residierten beide Monarchen in Prag, waren dann von Neisse – weniger als 250 Kilometer auf den damaligen Straßen – verhältnismäßig leicht zu erreichen.196 Die Schreiben, die man austauschte, oder die vom Bischof veranlassten kaiserlichen Erlasse ­zeigen den ­Kaiser oder wenigstens seine Räte informiert über die Neisser Vorgänge und bereit einzugreifen. Jedes Mal, wenn die Neisser den Bischof durch eine unerlaubte Ausübung ihrer Religion in der Stadt provozierten – es mochte nur die Bestattung eines Kindes sein, das sie mit lutherischen Liedern zu Grabe trugen –, wandte sich Karl um Intervention an den ­Kaiser, der dann auch geflissentlich mit einer Verordnung gegen die Evangelischen reagierte, ­welche allerdings die Neisser so wenig bewegte wie die Befehle aus dem Bischofspalast. Immer wieder verbot der ­Kaiser auf des Bischofs Ersuchen den Fürsten und Ständen, Partei im Interesse der Neisser Evangelischen zu nehmen. Es existieren mindestens siebzehn Schreiben, durch die sich die ­Kaiser Rudolf oder Matthias in den Neisser Streit einmischten.197 Ehe er sich an den ­Kaiser selbst richtete, war es dessen schlesischer Statthalter, der Oberlandeshauptmann, hier neun Jahre lang der alte und dem Bischof zugetane Herzog Karl von Münsterberg-Oels, an den sich Erzherzog Karl richtete, oft in erstaunlich kleinlauten Schreiben, in denen er die Hilfe des Oberamtmanns beschwor.198 Wir dürfen seinen Beteuerungen durchaus 194 Neisser an Fürstentag, um 30. 04. 1619, B uckisch 3, 28, 3; G ottschalk : Buckisch 2, S. 233 (Artikel 503); K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 242 f. 195 Karl an Neisser Rat, 01. 06. 1624, 12. 07. 1623, K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 308 f., 307 f. 196 Der Umzug des Matthias nach Wien fällt ins Jahr 1517. 197 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 40, 57 [2], 102, 122, 148, 149, 167, 170, 183, 198, 204, 218, 219, 229, 235, 237. Sonntag Jubilate (= 3. Sonntag nach Ostern), 1616; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 200 – 201. Matthias an Johann Christian von Brieg, kommissarischer Oberlandeshauptmann, 21. 08. 1617: Wenn die Neisser zu ihm kommen, soll er sie an den Bischof verweisen; ebd., S. 235. 198 November 1612, bittet den Oberamtmann um Schutz; 10. November 1612, bittet den Oberamtmann, nichts gegen ihn zu unternehmen, was seinem Stand als Fürst nicht entspräche, ­eigentlich

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glauben, dass er mit den anderen schlesischen Fürsten in Frieden und Freundschaft leben wollte. Dem Erzherzog lag es nicht, dreinzuschlagen, einen Ausweg aus einer Krise oder einem Dilemma mit einem Hieb zu erzwingen. Was wir hier auch beobachten, ist die relative Ohnmacht eines schlesischen Fürsten und das Übergewicht der gesamtschlesischen Regierung, personifiziert im Oberlandeshauptmann als Vertreter des Königs und Kaisers. Mehrere Instruktionen an den Stadtrat aus den Jahren, als seine österreichischen Betreuer noch in Neisse waren, richteten sich, obwohl ganz allgemein gehalten, gegen die evangelische Bürgerschaft. Eine neue Vorschrift über die Vererbung von Büchern diente sicherlich dazu, die Verbreitung protestantischer Werke zu unterbinden.199 Die Überwachung des Häuserkaufs, seine Kontrolle der Verleihung des Bürgerrechts und die Einführung eines neuen Bürgereids kann man nur als Maßnahmen verstehen, den Anteil der Evangelischen an der Einwohnerschaft zu überwachen, sein Wachsen zu verhindern.200 Der Stadtrat war die Kreatur des Bischofs und durch diesen konnte er Druck auf die Evangelischen ausüben. Sobald die evangelischen Neisser für die ihnen jetzt verbriefte Ausübung ihrer Religion zu agitieren begannen, wies der Bischof sie an, ihre Wünsche über den Stadtrat vorzubringen. Und als sie an das Oberamt appellierten oder Unruhen anstifteten und sich allerhand Ungebührlichkeiten erlaubten, klagte der Bischof das sofort dem ­Kaiser und dem Oberamt. Als Ermahnungen und Drohungen wenig fruchteten, schritt der Erzherzog zu polizeilichen Maßnahmen, ließ er durch den Rat die Tätigkeiten der Anführer Bacher und Augsten untersuchen (Dezember 1610) und wenig ­später zwei andere, Lange und Wietke, innerhalb von zwei Wochen aus der Stadt vertreiben.201 Zwangsverkauf war ebenfalls eine Waffe gegen die Evangelischen: 1614 wurde George Augsten, der aufsässige Seifensieder, angewiesen, seine Neisser Grundstücke zu verkaufen oder sie würden eingezogen werden. Im Juni 1616 befahl der Administrator Gelhorn dem Rat, dem „vornehmsten Rädelsführer“, Adam Schütz, die Übernahme eines Hauses, das er schon mit 1700 Talern bezahlt hatte, nicht zu erlauben.202 Als sich der Prädikant Peter Böhm im Mai 1615 in Neisse verheiraten wollte, drohte der Bischof über den Stadtrat allen, die daran dachten, an der Hochzeit teilzunehmen, mit Verlust von Hab und Gut und Ausweisung aus Stadt und Fürstentum.203 Wiederholt erinnerte er die evangelischen Bürger daran, dass sie es unter dem

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ein ganz demütiges, fast unterwürfiges Schreiben; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 89 f., 90 f. 04. 03. 1609, K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 41 f. Wer ein Haus kaufen darf, 23. 07. 1609; Neuer Eid bei Erwerbung des Bürgerrechts, 12. 08. 1609; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 42 f., 43 – 45. K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 73 f. K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 165 f., zur Quelle S. 165 Anm. 4, 201 Anm. 3. Karl an die Neisser, 06. 05. 1615, K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 181, Urkunde im Neisser Archiv.

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katholischen Regime zu Wohlstand gebracht hatten und ihr Lebensunterhalt und Wohlergehen ganz vom Wohlwollen des Bischofs abhingen.204 Die Rhetorik des Bischofs wurde allmählich schärfer. Er klagte schon 1610 beim ­Kaiser über den Ungehorsam und die Widerwärtigkeit der Neisser,205 ihre „Unordnung, Unziemlichkeit und Ungebühr“ bei ihrem Ringen um ­Kirche und Schule in der Stadt.206 Als die Evangelischen 1613 im Begriff waren, einen Platz für eine ­Kirche in Sengwitz und ein Haus auf der Brüdergasse für eine Schule zu erwerben, hieß er sie eidvergessen, warnte er, sie riskierten Hab und Gut, und drohte, sich selbst an ihren Frauen und Kindern zu rächen, den Zünften ihre Privilegien zu nehmen und die Handwerker, die sich an solchen Bauten beteiligten, einzusperren.207 Nach den Tumulten im Februar und Juli 1616 glaubte der Bischof, die Neisser hätten ihm den Gehorsam aufgesagt und schlügen selbst die Anordnungen des Kaisers in den Wind.208 An Kardinal Khlesl schrieb er damals, die evangelischen Neisser hätten schon seine geistliche Jurisdiktion zerschmettert und wollten ihn jetzt auch seiner politischen Autorität berauben.209 Die Neisser, glaubte der Bischof, waren jetzt „mehr der Rebellion als der Augsburgischen Konfession … zugethan“. Die sich ihm widersetzten, waren in seinen Augen nicht nur „ein Haufen geringer Leute und Pöbel“, sondern „die ungehorsamen, pflichttrünnigen Neisser“, eidvergessen, meineidig, „ersoffen“ in „ihrem Trotz und ihrer Widersetzlichkeit“.210 Selbst ­Kaiser Matthias stellte fest, kein anderer Fürst Schlesiens müsste sich im gleichen Grade den Ungehorsam seiner Untertanen gefallen lassen wie Karl von den Neissern.211 Auf den Aufruhr der Züchner hin setzte dieser einen von zwei beteiligten Züchnermeistern wegen der gefährlichen Reden seiner Ehefrau gefangen.212 Im September 1616 versuchte der Bischof, jetzt schon zum 204 Karl an den Stadtrat, 25. 11. 1613, K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 133. 205 Kaiser Rudolf, 15. 06. 1610, K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 57. Der ­Kaiser reagiert auf das, was er vom Bischof gehört hat. 206 An den Stadtrat, 23. 11. 1610, K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 72, nach der Originalurkunde im Neisser Stadtarchiv. 207 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 136 f.; B uckisch 2, 15, 4; der Bürgermeister zitiert aus einem Schreiben des Bischofs, 28. 11. 1613; der Bischof war in Johannesberg, 28.10., 25.11. 208 Matthias an die Neisser, 01. 08. 1616, K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 204 – 206. 209 13. 07. 1616, K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 202 Anm. 5. Schon in einem Patent vom 2. September 1613 zählte der Erzherzog auf, wie die Neisser die bischöfliche Autorität verletzt hatten; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 125 – 128; B uckisch 2, 14,1; G ottschalk : Buckisch 2, S. 173 f. (Artikel 291). 210 Karl an den Stadtrat, 24. 09. 1616, nach einer Neisser Urkunde; vor Fürsten und Ständen im Haus des Domherren Eder, 13. 05. 1615, Kastner hatte das Protokoll vor sich; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 207, 176 – 179, hier S. 178. 211 Kaiser Matthias an den Oberhauptmann, 01. 08. 1616, K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 205. 212 Anscheinend Juli 1616; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 204.

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dritten Mal, den Prädikanten auszuweisen, der erklärte aber, er folge nur dem Befehl des Oberhauptmanns.213 Als die Evangelischen gegen Ende des Monats wieder ihre Vertreter zum Oberamt schickten, ließ der Bischof zwei von ihnen bei der Rückkehr auf offener Straße gefangen nehmen und auf seine Burg Johannesberg bringen, weit entfernt von Neisse am südwestlichen Rande des Fürstentums gelegen.214 Innerhalb der nächsten zwei Monate wurde dort einer der beiden, der Züchner Johannes Buches, nach einem geheimen Gerichtsverfahren enthauptet, nach des Bischofs Aussage vor dem Fürstentag nicht wegen seiner religiösen Tätigkeiten, sondern wegen politischer Vergehen, da sie „ allerlei Anstalten gemacht hätten, wie sie ihn überfallen, sich der Stadt bemächtigen, und die Katholiken ausrotten könnten“. Sie hatten sich im Verhör durch den Scharfrichter zu ihren Aktivitäten bekannt und halsstarrig auf deren Richtigkeit bestanden.215 Buches war ein prominenter Evangelischer, Mitglied des Ausschusses, ein Aktivist und zweifellos dem Bischof feindlich gesinnt; er hatte angeblich erklärt, er wünsche nichts mehr als seine Hände im Blute des Bischofs zu waschen. Die Vermeidung eines öffentlichen Kriminalprozesses, die Bestellung eines ausländischen Scharfrichters und die Geheimhaltung weisen auf ein fragwürdiges, wohl illegales Verfahren.216 Die Episode wirft ein trübes Licht auf die Herrschaft des Bischofs, nicht weniger als die erste Welle von Hexenexekutionen im Bistumsland während seiner Regierung ein paar Jahre ­später.217 Für diese Tat gibt es keine Parallele unter den Vorgängern oder Nachfolgern des Bischofs im Zeitalter des Religionskonflikts. Sie steht auch nicht im Einklang mit der nachsichtigen und versöhnlichen Persönlichkeit des Bischofs, aber es gab Leute in Prag, Kardinal Khlesl, oberster Rat des Kaisers, und der Oberstkanzler eingeschlossen, die anscheinend schon lange darauf gewartet hatten, der Bischof würde zeigen, „wer und was er wäre“, und ein drakonisches Exempel statuieren.218 Im Rückblick war es der tadelnswürdigste Akt, den man 213 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 206 f. 19. 09. 1616; B uckisch 2, 19, 1. Frühere Ausweisungsbefehle 02. 09. 1612, September 1613. 214 Johannesberg = Jánský Vrch, in Jauernig = Javorník u Jeseníku, 30 km von Neisse entfernt; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 210. 215 Vor dem Fürstentage (27. 11. 1616) gab der Bischof persönlich eine Erklärung ab, ­welche die hier genannten Punkte enthielt; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 223; B uckisch 2, 20, 1; G ottschalk : Buckisch 2, S. 191 (Artikel 344). 216 Die Fürsten und Stände, in einem Schreiben an die evangelischen Stände Böhmens und die Defensoren (28. 11. 1616), kritisierten, dass man „also heimlich und ohne ordentlichen Criminal-Process“ verfahren war; B uckisch 2, 20, 3; G ottschalk : Buckisch 2, S. 191 (Artikel 346). 217 Karin L ambrecht : Hexenverfolgung und Zaubereiprozesse in den schlesischen Territorien, Köln, Weimar, Wien 1995, S. 92 – 126. 218 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 216 Anm. 4; B uckisch 2, 19, 4. Khlesl behauptete, der Oberstkanzler, damals Zdeněk Vojtěch Popel von Lobkowitz, ein Katholik und Kritiker der Majestätsbriefe, und viele andere applaudierten der Verhaftung der beiden Evangelischen und wünschten nur, der Bischof wäre noch weiter gegangen, wie er sich anfänglich entschlossen

Niederlage und Triumph der Katholischen und des Erzherzogs

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dem Bischof nachsagen muss. Die Fürsten und Stände waren bestürzt, nicht zuletzt darüber, dass man den Tod des Mannes eine Zeit lang verheimlicht hatte. Der Bischof sagte ihnen aber auf dem Fürstentage im November 1616, die ganze Angelegenheit ginge sie nichts an. Der Prager Hof, von dem man sich den Scharfrichter, aus Kolin, geliehen hatte, begrüßte das brutale Vorgehen des Bischofs, wollte es aber auf Rat Khlesls nicht öffentlich gutheißen.219 Dass die Protestanten Buches nicht zu einem Märtyrer machten, zeigt, wie sicher sie sich in Schlesien fühlten.220 Gerüchte gingen damals um, Erzherzog Karl habe begonnen, Kriegsvolk zu sammeln, um gegen die Fürsten und Stände vorzugehen, was der Bischof als falsch zurückwies.221

6. Niederlage und Triumph der Katholischen und des Erzherzogs In den für die habsburgische Herrschaft und die katholische ­Kirche in Schlesien so kritischen Jahren 1618 und 1619 schien der Bischof von Breslau, jetzt bald dreißig Jahre alt und in Breslau und Neisse zehn Jahre im Amt, merkwürdig selbstbezogen, ganz auf seine persönlichen Angelegenheiten ausgerichtet. Mit Ferdinands Krönung als böhmischer König und Auftreten in Schlesien 1617 wurde seine Position zunächst gestärkt. Überhaupt stand der Erzherzog schon seit einiger Zeit nicht mehr allein den schlesischen Fürsten und Ständen gegenüber: Der Herzog von Teschen, jetzt katholisch, bemühte sich um die katholische Restauration in seinem Territorium, der Konvertit Karl von Liechtenstein war seit 1613 im Besitz des Herzogtums ­Troppau, in hatte; die Gesandten des Bischofs in Prag, sein Beichtvater Weinberger und der bischöfliche Rat und Kanzler Hans Scheliha an den Bischof, 19. 10. 1616. Khlesl war ansonsten für einen friedlichen Ausgleich mit den Neissern; G ottschalk : Buckisch 2, S. 190 Anm. 26. Karl hatte aber ein Gutachten von Khlesl in der Buches-Angelegenheit erhalten; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 210. Khlesl hatte nichts gegen drastische Maßnahmen, wie der bischöfliche Agent Ponzon bei einer Unterredung von ihm selbst hörte; ebd., S. 229 Anm. 4. 219 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 216 f. 1623 hatte er aber seinen eigenen Scharfrichter in Neisse; P ol : Jahrbücher der Stadt Breslau 5, S. 240. 220 Johann Adam H ensel : Protestantische ­Kirchen-Geschichte der Gemeinen in Schlesien, Leipzig, Liegnitz 1768, S. 214, erwähnt den Buches nicht einmal mit Namen, nur dass einem Gegner des Bischofs der Kopf abgeschlagen wurde. Ein Buch im Stile des John Fox – „Book of Martyrs“, 1563 – oder ­später des Thieleman J. van Braght – „Märtyrer-Spiegel oder Blutiges ­Theater“, 1660 – oder Joseph Besse – „Sufferings of the Quakers“, 1753 –, so wirksame Instrumente konfessioneller Propaganda, entstand in Schlesien oder überhaupt im engeren deutschsprachigen Raum nicht, wohl ein ­Zeichen, wie verwurzelt und sicher die Protestanten sich fühlten. Man vergleiche das mit der schmerzvollen Reaktion nach der Hinrichtung 1614 des Anabaptisten Hans Landis in Zürich durch das reformierte Stadtregiment; James W. L owry : Hans Landis: Swiss Anabaptist Martyr in Seventeenth Century Documents, Millersburg, Ohio (Ohio Amish Library) 2003, S. 101 – 195. 221 G ottschalk : Buckisch 2, S. 194 Anm. 30; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 231 – 233.

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der Standesherrschaft Wartenberg vertrat Karl von Dohna eifrig die katholischen Inte­ ressen, die Karl nahestehenden Adligen Georg III . von Oppersdorf und der Oppelner Landeshauptmann Johann Christoph Proskowski förderten die katholische Sache in Oberschlesien.222 Die katholischen Potentaten gaben Anlass zu Klagen, da sie die freie Ausübung des evangelischen Bekenntnisses hinderten, so in Oberglogau, Ratibor, Teschen, Glogau und Neisse.223 Der Neisser Religionskonflikt war nicht geschlichtet.224 Im Jahr 1617 widmete sich Karl einigen Projekten in seiner Diözese, insbesondere dem Kauf von mehreren Gutswirtschaften und der Sicherung der Neisser Franziskanerniederlassung, er erwarb ein Kanonikat in Olmütz, der ­Kirche des Kardinals Dietrichstein, der Papst machte ihn zum Diakon, er war anwesend bei der Krönung Ferdinands in Prag im Juni, der Huldigung der Fürsten und Stände in Breslau im September. Der König nahm den Weg nach Breslau über Neisse, es war Ferdinands einziger Besuch der bischöflichen Residenzstadt und der letzte Auftritt eines regierenden Habsburgers in Schlesien. Am Anfang des Jahres 1618 begab sich der Bischof nach Köln, erhielt dort an der Kathedrale eine Prälatur und die Pfründe eines Chorbischofs und reiste von da weiter in die Niederlande. Er traf mit Albrecht von Habsburg zusammen, am 12. Februar war er in Antwerpen. Am 4. März finden wir ihn in Speyer, am 22. April bei seinem Kammerherrn und Freund Proskowski in Proskau bei Oppeln. Viel beschäftigte ihn damals seine Aufnahme in den Deutschen Ritterorden und die Nachfolge als Hoch- und Deutschmeister. In einer Krise der habsburgischen Regierung im Sommer 1618 stand er abseits. Am 30. Juli entfernten Ferdinand und sein Vetter Maximilian der Deutschmeister gewaltsam den langjährigen Berater des Kaisers Matthias, Kardinal Melchior Khlesl, den Direktor des geheimen Kabinetts, vom Kaiserhof und hielten ihn in Haft in Tirol. Sie verwundeten damit zutiefst den kränkelnden ­Kaiser sieben Monate vor seinem Tod. War das der Dank, fragte die Kaiserin jetzt Ferdinand, für die zwei Kronen, zu denen ihm Matthias verholfen hatte? Sie beleidigten durch ihre Aktion auch den Papst, da sie seine alleinige Jurisdiktion über ein Mitglied des Kadinalskollegiums in Frage stellten. Es war ein Vorgehen, das allzu sehr an die Behandlung erinnerte, die Matthias mit dem Rate Khlesls dem ­Kaiser Rudolf ein Jahrzehnt vorher hatte angedeihen lassen. Den letzten Anstoß gab vielleicht Khlesls Memorandum an Ferdinand drei Wochen (6. Juli 1618) vor seiner Ausschaltung, in dem er einen friedlichen Vergleich mit den aufständischen böhmischen

222 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 231 – 233; E ngelbert : Das Bistum Breslau im Dreißigjährigen Kriege 1, S. 138 – 140. Über den Oppersdorf in den Jahren 1617, 1618, ­G ottschalk : Buckisch 2, S. 197 – 200. 223 G ottschalk : Buckisch 2, S. 197 – 201 (Artikel 365 – 371). Die Neisser Gemeinde an Fürsten und Stände, 01. 02. 1619, B uckisch 3, 28, 1; G ottschalk : Buckisch 2, S. 232 (Artikel 501); K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 241. 224 „… so ist auch das Neissischen Religionswesen biß dato (August 1618) nit erlediget“; S ­ chickfuss und C uraeus : New Vermehrete Schlesische Chronica 1, S. 260.

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Adligen vorschlug.225 Am 16. August 1618 trug Herzog Johann Christian von Brieg als Leiter einer Delegation des Fürstentags die schlesischen Beschwerden in öffentlicher Audienz in Wien ­Kaiser Matthias vor. Sie gründeten sich auf 233 eingegangene Klagen über Verletzungen der Majestätsbriefe und beziehen sich auch auf Neisse, aber nur in einem Fall und ohne Karls Namen zu erwähnen.226 Bei den Verhandlungen der Parteien, dem Austausch von Memoranden, wechselseitigen Aufforderungen und Zurückweisungen taucht in den Jahren 1618 und 1619 der Name des Erzherzogs nur selten auf. Als Wortführer der katholischen Partei trat er kaum in Erscheinung.227 Was dem Bischof damals am Herzen lag, beschrieb er in seinem Statusbericht an die Kurie über seine Diözese, verfasst im Herbst des Jahres 1618.228 Er klagte darin, die bisher erlassenen Verbote und Anordnungen hätten wenig gegen die Häresie erreicht, und empfahl jetzt die Einführung sittenreiner Welt- und Ordensgeistlicher und wissenschaftlicher Studien, besonders theologischer und kirchlicher. Er wollte ferner, dass die Katholiken sich auf den König von Polen stützten, der schon früher durch seine Drohungen die häretischen Geister unter den Ständen eingeschüchtert hatte. Endlich schlug er die Einlösung des Herzogtums Jägerndorf vor, indem man dem Herzog Johann Georg die Pfandsumme zurückerstattete. Dieser begünstige die Häretiker, trete für freie Religionsübung ein, zettle Streit ­zwischen Katholiken und Protestanten an und sei auf Krieg gesinnt. Ungewiss bleibt Karls Rolle bei der Zusammenstellung der katholischen gravamina in einem Memoriale, das er bei der für Eger im April 1619 geplanten Composition = Verständigung, einem geplanten Abkommen ­zwischen den Parteien, vorlegen sollte, das aber dem ­Kaiser schon am 22. Januar 1619 überreicht 225 Josef von H ammer -P urgstall : Khlesl’s, des Kardinals, Direktors des geheimen Cabinettes Kaisers Mathias, Leben 1 – 4, Wien 1847 – 1851, 4, Urkundenanhang, ein zwölf Druckseiten langes Memorandum „Daß Ihre kaisl. Majestät den Aufstand in Böhmen nicht per arma, sondern durch gütigen Weg stillen solle“, S. 94 – 106. Es enthält auch eine scharfe Kritik an dem Vorgehen der Katholischen gegen die böhmischen Protestanten. Am 20. Juli 1618 nahm man Khlesl in Haft und hielt ihn in Schloss Ambras bei Innsbruck und dann in der Innsbrucker Hofburg gefangen. Auf Veranlassung des Nuntius Fabrizio Verospi wurde er 1619 in kirchliches Gewahrsam nach St. Georgenberg überführt (damals schon Wallfahrtskirche und noch Benediktinerabtei, bei Schwaz am Inn). Am 21. Oktober 1622 brachte man Khlesl nach Rom, 1627 gewann er das Bischofsamt in Wien zurück. 226 G ottschalk : Buckisch 2, S. 212 (Artikel 410); Acta Publica 1, S. 220 – 226 (S. 132 – 137, Instruktion für die Gesandtschaft, 14. 07. 1618). 227 S. aber P e t ry : Politische Geschichte unter den Habsburgern, in: P e t ry und M e n z e l : Geschichte Schlesiens 2, S. 48 – 57: „tatkräftig“, eine katholische Partei bildet sich [1611] unter seinem Einfluss (S. 48). „Die Vertretung der kaiserlichen Belange und die Führung der katholischen Partei lag naturgemäß [1622] in der Hand des Erzherzogs Karl“ (S. 56). „Das Bistum verlor Ende 1624 in Erzherzog Karl einen tatkräftigen Förderer der katholischen Sache …“ (S. 57). 228 ASV, Archivio della Sacra Congregazione del Concilio, Relat. Dioec. 884A, fol. 389r–392v; ausführliche Zusammenfassung in S chmidlin : Die kirchlichen Zustände, S. 193 – 195.

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wurde.229 Karl war nicht anwesend, in jenen Tagen hielt er sich im fränkischen ­Ellingen auf.230 Auf die Beschwerden der Neisser im Februar, März und April 1619, alle an die Fürsten und Stände, nicht an den Bischof gerichtet, reagierte der Erzherzog nicht. Der Dialog ­zwischen dem Landesfürsten und der Neisser evangelischen Bevölkerung war jetzt abgebrochen, Bischof und evangelische Gemeinde redeten aneinander vorbei. Den weiteren Verlauf des Konflikts – und seinen Ausgang – ­zwischen Bischof und Fürstentag, wie auch dem bischöflichen Landesherrn und den Neissern, bestimmten von jetzt an die politischen Erschütterungen und kriegerischen Ereignisse der folgenden Jahre, über die Erzherzog Karl keine Kontrolle ausübte, die aber seine Amtsführung und sein persönliches Schicksal beeinflussten. Noch zu Lebzeiten des Kaisers Matthias, am 5. Juni 1617, nahmen die böhmischen Stände Ferdinand zum König von Böhmen an (gekrönt am 29. Juni), auf dem Fürstentag in Breslau, 5. bis 14. September 1617, folgten die Schlesier nach und akzeptierten Ferdinand als „König in Böhmen und Obersten Herzog in Schlesien“ 231. Am 24. September huldigten ihm Fürsten und 229 Zum geplanten Zusammentreffen und Abkommen in Eger s. B uckisch 3, 23, 3 – 12; 3, 24, 1 – 5; G ottschalk : Buckisch 2, S. 225 – 228 (Artikel 469 – 483). Zur Zeit des Fürstentages in Breslau am 30. Januar 1619 trafen sich die katholischen Stände im Bischofshof und stellten ihre Gravamina für das geplante Treffen in Eger zusammen; Acta Publica 2 (1619), S. 60 Anm. 1; E ngelbert : Das Bistum Breslau im Dreißigjährigen Kriege 2, S. 138. 230 Die Gravamina catholicorum Silesiae in Acta Publica 2, S. 52 – 62; G ottschalk : Buckisch 2, S. 222 Anm. 29, S. 233 (Artikel 505), S. 225 (Artikel 469 und 470). Das Domkapitel approbierte die Gravamina am 21. 11. 1618; K astner : Beiträge 1500 – 1655, S. 173; eine Zusammenfassung bei E ngelbert : Das Bistum Breslau im Dreißigjährigen Kriege 2, S. 138 – 142. Das Schriftstück wurde 1619 gedruckt, der eigentliche Titel „Hochnottgedrungene Supplication der Catholischen Herrn Fürsten und Stende … Kayserl. Majestät um rechtmäßige abhelfung den 22. Januarii anno 1619 untertänigst überreicht …“, Acta Publica 2, S. 52 Anm. 1; K astner : Beiträge 1500 – 1655, S. 177 Anm. 3. Eine Entgegnung auf die katholischen Gravamina mögen die in vierzehn Punkten zusammengefassten und an den Fürstentag gerichteten Beschwerden der Neisser vom 1. Februar 1619 gewesen sein; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 238 – 241; eine Zusammenfassung bei E ngelbert : Das Bistum Breslau im Dreißigjährigen Kriege 2, S. 142. Wohl noch im Juni 1619 richteten die Evangelischen noch einmal eine Liste ihrer Gravamina an Ferdinand; Acta Publica 2 (1619), S. 226 – 253, gedruckt noch 1619 unter dem Titel „Schlesische Gravamina in puncto religionis, summarischer weiß extrahirt und zusammengefasset …“, eine Zusammenstellung ihrer Beschwerden aus den vergangenen zehn Jahren, kurze Zusammenfassung bei E ngelbert : Das Bistum Breslau im Dreißigjährigen Kriege 2, S. 144 f. Karls Schreiben an Erzherzog Albert und den Grafen von Antwerpen vom 24. Januar 1619 aus Ellingen belegen seine Anwesenheit dort; K öhler : Revision eines Bischofsbildes, Nr. 17 und 18, S. 118 f. 231 P ol : Jahrbücher der Stadt Breslau 5, S. 136 – 138; Karls Anwesenheit hier oder bei der Huldigung wird nicht speziell erwähnt. Franz Christoph Graf von K hevenhüller -F rankenburg : Annales Ferdinandei oder Wahrhaffte Beschreibung Käysers Ferdinandi des Andern, mildesten Gedächtniss, Geburth, Aufferziehung und bisshero in Krieg … Hochwichtigen Geschäfften 1 – 14 in 12, Leipzig 1721 – 1726, hier 8, S. 1117 f., erwähnt die Anwesenheit Karls bei der

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Stände in der Breslauer Kaiserburg.232 An der Krönung in Prag und den Ereignissen in Breslau nahm Erzherzog Karl teil. Auf dem Wege nach Breslau unterschrieb Ferdinand am 18. September in Neisse den Revers, durch den er sich verpflichtete, nach Herrschaftsantritt alle schlesischen Privilegien zu bestätigen.233 Der Fenstersturz in Prag acht Monate ­später, am 23. Mai 1618, der waghalsige und provozierende Anschlag böhmischer Adliger auf das habsburgische Regime, führte zum Krieg des Kaisers gegen die böhmischen Stände. Die kaisertreuen und dem Herrscherhaus so ergebenen Fürsten und Stände Schlesiens hießen den Fenstersturz „unverantwortlich, an dem sie kein Gefallen tragen“.234 Die Herrschaft des Bischofs von Breslau vom Juni 1618 bis zur Eroberung von Glatz Ende Oktober 1622 spielte sich von jetzt an vor dem Hintergrund des Kriegsgeschehens ab. Von vornherein entschied die kaiserliche Regierung, den Aufstand der böhmischen Stände mit Gewalt zu unterdrücken. Innerhalb von Wochen kam es dann zu Kämpfen ­zwischen kaiserlichen und ständischen Truppen. Kardinal Khlesl, der Direktor des geheimen Kabinetts, wusste genau, was auf dem Spiele stand: „Dieser Krieg … gehet des Hauß Oesterraichß Herrtz und Leben an, das nit allain alle Ire Landt sondern auch die Röm. Cron in gefahr stehet“.235 Schon im Juni 1618 näherte sich Matthias Graf von Thurn, einer der führenden Aufständischen, mit einer Streitmacht der österreichischen Grenze, zwang die kaiserliche Besatzung von Krumau (Český Krumlov) zum Abzug und begann die Belagerung von Budweis. Im Oktober bewilligte der Fürstentag eine Truppenhilfe für die böhmischen Rebellen von 3000 Mann. Schlesische Truppen nahmen, allerdings gegen den Willen des Fürstentags, am Einfall der Ständischen in Österreich am 27. November 1618 teil. An ­diesem Tage war es in Schlesien noch so warm wie im Sommer, der Herbst 1618, als die Kriegsvölker der beiden Parteien begannen aufeinander zu schlagen, war so schön wie seit Jahren nicht.236Am 6. Juni 1618 und noch einmal vom 26. November

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Krönung in Prag zweimal und weiß von vielen Einzelheiten bei ­diesem Ereignis; auf S. 1134 ein Schema der Sitzordnung beim Hofmahl, Karl an der Langseite, zur Rechten des Königs, ­zwischen Erzherzog Maximilian und dem spanischen Botschafter. Die Huldigung auf der Burg am 24. September; B uckisch 5, 23, 8; G ottschalk : Buckisch 2, S. 197 (Artikel 363 und 364). B uckisch 2, 23, 9 und 8; G ottschalk : Buckisch 2, S. 197 (Artikel 364, 363); K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 235 f. P alm : Das Verhalten der schlesischen Fürsten und Stände im ersten Jahre der böhmischen Unruhen, S. 252. Sie zögerten, sich den Böhmen anzuschließen, die schlesische Tradition war Treue zum Herrscherhaus, sie nahmen ihre Lehnspflicht ernst. Von den radikalen Ideen einer Ständeherrschaft im Stile der Böhmen war man in Schlesien weit entfernt. Khlesl an Khevenhüller, 26. 06. 1618, H ammer -P urgstall : Khlesl’s Leben 4, Urkundenanhang, S. 93. P etry : Politische Geschichte unter den Habsburgern, in: P etry und M enzel : Geschichte Schlesiens 2, S. 51; G ottschalk : Buckisch 2, S. 219 f. (Artikel 440 – 444); Julius K rebs : Ein Prinzenbesuch am Hofe der Brieger Piasten, in: ZVGS 14 (1879), S. 431 – 450, hier S. 438, das Wetter aus der Korrespondenz des jungen Ernst von Anhalt, Sohn des Johann Christian.

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bis 5. Dezember standen Truppen der böhmischen Stände unter Thurn vor den Mauern Wiens.237 Nach dem Tode des Kaisers Matthias am 20. März 1619 verzögerten die Fürsten und Stände, auf einem Fürstentag vom 25. April bis 4. Mai, ihre Anerkennung Ferdinands, obwohl sie ihn zwei Jahre vorher als König akzeptiert hatten. Der Erzherzog allerdings erklärte sich durch die Huldigung zur Treue verpflichtet und wollte auch seinen Bruder nicht im Stich lassen, so etwas tue man in Österreich nicht.238 Die Verbannung der Jesuiten aus Schlesien durch einen Erlass des Oberlandeshauptmanns am 24. Juni 1619 zeigte die Richtung an, in die sich die protestantischen Fürsten und Stände bewegten.239 Am Ende schlossen sich die Schlesier der am 31. Juli 1619 verkündeten „Konföderation“ an. Die neue Verfassung der böhmischen Länder beschränkte die Gewalt des Königs und begünstigte die Protestanten. Die Delegierten der schlesischen Fürsten und Stände bei der Konföderation, denen man anscheinend keine speziellen Instruktionen gegeben hatte, stimmten auf eigene Faust der Absetzung Ferdinands als böhmischer König zu (19. August) und ebenso der Wahl Friedrichs V. von der Pfalz, am 26./27. August 1619, zum König von Böhmen.240 Auf dem Fürstentag im September gaben die protestantischen Fürsten und Stände in einem viele Seiten langen Fürstentagsbeschluss ihre Zustimmung. „Dass der Fürstentag den Schritt seiner Gesandten, die ohne Ermächtigung sich an der Wahl des Pfalzgrafen beteiligt hatten, genehmigte, war ein revolutionärer Akt.“ 241 Die Auseinandersetzungen, die der Wahl Ferdinands zum ­Kaiser in Frankfurt am 28. August vorausgingen – die Krönung fand am 9. September statt –, zeigen die fast hoffnungslose Lage der habsburgischen Herrschaft.242 Vergeblich appellierte Erzherzog Karl am 31. August und am 21. September 1619 an die Hauptmänner der schlesischen Erbfürstentümer, seinem Bruder die Treue zu halten, und er bat den Oberamtmann noch am 24. September, er solle 237 P etry : Politische Geschichte unter den Habsburgern, in: P etry und M enzel : Geschichte Schlesiens 2, S. 51; G rünhagen : Geschichte Schlesiens 2, S. 170; Acta Publica 1, S. 336 Anm. 1. Am 27. November betraten die Aufständischen österreichisches Gebiet, Ziele waren das Kloster Zwettel und der Marktflecken Schweikers, Begründung das Vorgehen kaiser­licher Truppen auf böhmischem Gebiet, die ihre Beute über die Grenze gebracht hatten; s. auch den Brief der böhmischen Stände an ­Kaiser Matthias, 04. 12. 1618, in Acta Publica 2 (1919), S. 19 f.; Hermann H allwich : Heinrich Matthias Graf Thurn, in: ADB 39 (1895), S. 70 – 92, hier S. 76, 80. 238 Es ist wohl der Brief der Fürsten und Stände vom 21. Mai, Acta Publica 2 (1619), S. 93 – 97. Die Bemerkung des Bischofs entnehme ich P alm : Das Verhalten der schlesischen Fürsten und Stände bei der Wahl Friedrichs V., S. 236. 239 G ottschalk : Buckisch 2, S. 245 (Artikel 554). 240 Zur Konföderationsakte s. G ottschalk : Buckisch 2, S. 245 (Artikel 555); zur Wahl B uckisch 4, 9, 5; G ottschalk : Buckisch 2, S. 249 (Artikel 569). 241 Fürstentagsbeschluss vom 30. 09. 1619, Acta Publica 2, S. 281 – 297; das Zitat aus H übner : Die Verfassung und Verwaltung des Gesamtstaats Schlesien in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges, S. 75. 242 H urter : Ferdinand II. 7, S. 1 – 55.

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„die irregehenden Gemüther zu wahrer schlesischer Beständigkeit leiten“.243 Es war zu spät. Am 27. September flüchtete Karl aus Schlesien.244 Am 22. Oktober leistete das Domkapitel den Eid auf die Konföderation, am 28. Februar 1620 dem Winterkönig den Lehenseid.245 Schon nach fünfzehn Monaten machte der Sieg der Katholischen in der Schlacht am Weißen Berge bei Prag am 8. November 1620, den die Schlesier erleichterten, da sie ihre besten Truppen im Lande zurückhielten, dem Traum einer protestantischen Ständeherrschaft ein Ende. Im Dresdener Akkord vom 28. Februar 1621 schloss Ferdinand einen großmütigen Frieden mit den schlesischen Fürsten und Ständen. Gegen die Anerkennung als rechtmäßiger Herrscher gab er sich mit einer hohen Geldbuße zufrieden und bestätigte die schlesischen Landesprivilegien, einschließlich der Majestätsbriefe.246 Dass der Bischof seine Residenzstadt am 27. September 1619 verließ und sich mit seinem Neffen Władisłaus, Sohn König Sigismunds und der Konstanze, über Częstochowa und Gnesen nach Warschau begab, darf man als einen Schritt sehen, den Karl schon über Monate hin ins Auge gefasst hatte. Ein Zeitgenosse berichtet, der Erzherzog habe „alle vnd jede mobilia, Brieffliche Vrkunden etc. aff etliche Wagen geladen vnd dieselbe voran gehen lassen“. Am nächsten Morgen habe man Tür und Tor offen und nicht einmal einen Torhüter gefunden.247 Ein Mitglied der englischen Gesandtschaft in Prag wusste ein Jahr ­später sogar von vierundzwanzig Wagen.248 Im Statusbericht vom 3. August 1620 versuchte der Bischof seine Flucht aus Schlesien zu rechtfertigen, er teilte dem Papst mit, die Stände ließen ihn von Soldaten suchen, sogar in den Scheunen und Schuppen seiner Neisser Gutshöfe, und hätte man sich seiner als Geisel bemächtigt, so wären seine Feinde in der Lage gewesen, noch mehr gegen die ­Katholiken 243 B uckisch 4, 9, 1, und 3 und 4; G ottschalk : Buckisch 2, S. 248 f. (Artikel 565, 567, 568); Text des Briefes an den Herzog von Brieg in Acta Publica 2, S. 307. 244 Zum Hintergrund der Flucht nach Polen s. die zwei Seiten lange Anmerkung bei G ottschalk : Buckisch 2, S. 250 – 252 Anm. 25. 245 B uckisch 4, 13, 6; 4, 20, 1; G ottschalk : Buckisch 2, S. 260 (Artikel 598), 273 (Artikel 636); Acta Publica 2, S. 388 f. 246 G rünhagen : Geschichte Schlesiens 2, S. 162 – 200; P etry : Politische Geschichte unter den Habsburgern, in: P etry und M enzel : Geschichte Schlesiens 2, S. 1 – 99, hier S. 50 – 56. 247 Jacobus F rancus : Relationis historicae semestralis continuatio. Historische Beschreibung aller denkwürdigen Historien so sich hin und wider … zugetragen, Frankfurt 1616 – 1635, S. 25. Allerdings scheint der Verfasser die Abreise auf den 16. September zu legen. G ottschalk : Buckisch 2, S. 250 (Artikel 572) Anm. 25, der diesbezügliche Text eigentlich auf S. 251 f., s. a. S. 291 (Artikel 687) mit Hinweis auf Acta Publica 4, S. 96 – 100 (der Bischof sei freiwillig weggegangen). 248 Colmar G rünhagen : Schlesisches aus London. Gesandtschaftsberichte den Anfang des 30jährigen Krieges betreffend auszüglich mitgetheilt, in: ZVGS 21 (1887), S. 297 – 317, Berichte des Francis Nethersole, der im Sommer 1620 mit Elisabeth, Königin von Böhmen, nach Prag kam (S. 300).

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zu wüten. Als einen weiteren Grund für seine Flucht führte er an, das Kapitel „als ein Stand“ konnte in seiner Abwesenheit die Dekrete der Häretiker nicht billigen. Er behauptete also, im Interesse seines bischöflichen Amtes gehandelt zu haben.249 Man hat gemeint, der Erzherzog sei am polnischen Königshof „gegen die Schlesier Rache schnaubend“ erschienen. Dass er nicht an den Kaiserhof oder in sein Bistum Brixen flüchtete, sondern an den polnischen Königshof, führte bei den Protestanten sofort zum Verdacht, der Bischof suche Unterstützung oder sogar militärische Intervention in Warschau. Sigismund III. hatte schon zehn Jahre vorher, im Herbst und Winter 1610, an den ­Kaiser um Hilfe für den Breslauer Bischof appelliert und den protestantischen Fürsten und Ständen Schlesiens damals sogar mit Krieg gedroht.250 Ob die tausende von Eindringlingen aus Polen, genannt Kosaken, die im Winter und Frühjahr 1620 in Oberschlesien einfielen (1. Februar bei Tarnowitz, 20. April bei Namslau), auf Karls Initiative und Machinationen hin kamen, kann man nicht feststellen und eine ­solche Vermutung überschätzt vielleicht seinen Einfluss in Polen wie auch die Entschlossenheit des Erzherzogs, die man bei ihm gerade damals vermisste.251 Der Hof des Winterkönigs glaubte nur zu gerne, Karl stünde hinter diesen Angriffen auf Schlesien.252 Aber schon in einem Brief vom 23. Oktober 1619, als Karl kaum in Warschau eingetroffen war, klagte der Oberlandeshauptmann Herzog Johann Christian von Brieg beim polnischen König über polnische Einfälle in Schlesien, die auf Besitz des Herzogs Heinrich ­Wenzel und des Grafen Sternberg großen Schaden angerichtet hatten.253 Karls anscheinend 249 Relatio 8. Quadriennii exhibita per procem 3. Aug. 1620, ASV, Archivio della Sacra Congregazione del Concilio, Rel. Stat. – Wrat. fol. 420r–421v; deutsche Zusammenfassung in Joseph S chmidlin : Kirchliche Zustände und Schicksale des deutschen Katholizismus während des Dreißigjährigen Krieges nach den bischöflichen Romberichten, Freiburg i. Br. 1940, S. 50 f. 250 Übersetzt hier in Anhang 1 B, datiert Mitte Oktober bis Mitte Dezember bzw. 14. Dezember 1610, S tobaeus : Epistolae ad diversos (1758), S. 285 – 287. 251 „Die Tausende von plündernden Kosaken, ­welche im Februar und April [1620] in Schlesien einfielen, werden nicht zuletzt auf seinen Ruf gekommen sein“; K rebs : Zur Geschichte der inneren Verhältnisse Schlesiens, S. 339. Ӓhnlich Hermann P alm : Die Verwicklungen Schlesiens mit Polen in den Jahren 1618 – 1620, in: Zeitschrift für preußische Geschichte und Landeskunde 10 (1873), S. 424 – 441, hier S. 426, 428 f. Demnach destabilisierten wiederholte und von Sigismund heimlich geförderte Kosakeneinfälle die Situation in Schlesien und Mähren; ders .: Schlesiens Antheil am Dreißigjährigen Kriege, S. 286. Am tiefsten überzeugt von Karls Urheberschaft bei den polnischen Angriffen auf Schlesien zeigt sich ders .: Die Conföderation der Schlesier mit den Böhmen im Jahre 1619 in ihren nächsten Folgen, in: ZVGS 8 (1868), S. 267 – 318, hier S. 285 – 290. In einem Brief an Ursula Meyer vom 21. Juli 1624, als er schon in Wien auf dem Wege nach Spanien war, ist erstaunlich, wie nonchalant Karl das Erscheinen der Kosaken im oberschlesischen Krappitz und Patenkau hinnahm, von deren üblem Benehmen in Schlesien Jahre vorher er doch wusste; Stockholm, Swedish National Archives, Riksarkivet Extranea 111/2. 252 G rünhagen : Schlesisches aus London, S. 300. 253 August M osbach Hg.: Wiadomości do dziejów polskich z archiwum Prowincjyi Szláskiej [Notizen zur polnischen Geschichte aus dem Archiv der Provinz Schlesien gesammelt], ­Breslau

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­erstes – und ausführliches – Schreiben aus Warschau an Ferdinand, vom 29. November 1619, zeigt jedoch den Erzherzog tief verwickelt in Kriegsvorbereitungen gegen das evangelische Schlesien. Der Erzherzog berichtet dort, Sigismund unterhalte auf drei Monate ein Kosakenheer von 7000 Mann, dessen Vertrag am 18. Januar erneuert werden müsse. Um seine eigene Rolle zu verbergen, schrieb Sigismund die Bezahlung dieser Streitmacht dem ­Kaiser zu. Tradition und die polnische Verfassung, so erinnerte Karl den ­Kaiser, verboten es dem König, einen Angriffskrieg zu unternehmen, dazu steckten das Land und der polnische Reichstag voller Ketzer. Genug Kriegswillige gab es aber, und Karl riet dem ­Kaiser dringend, Mittel für die Werbung zur Verfügung zu stellen, von Polen aus könnte man am leichtesten angreifen, insbesondere wenn man es auf „die Schlesinger“ abgesehen hatte. Karl bat den K ­ aiser auch ausdrücklich um Vollmacht, die Verhandlungen bei diesen Kriegsvorbereitungen zu führen.254 Im Status­bericht von 1620 behauptete der Erzherzog, er habe beim polnischen König und dem Adel erreicht, dass man kräftige Hilfe gegen die Rebellen bereithielt.255 Diese Intrigen stehen im Konflikt mit den Versicherungen, die er nur einen Monat ­später den schlesischen Fürsten und Ständen gab.256 Am 16. Dezember 1619 schrieb er ihnen aus Warschau, Schlesien habe keineswegs von ihm „Gefährdung, Feindseligkeit oder Ungemach“ zu fürchten.257 Fest steht auch, dass der Bischof in seiner Zwangslage 1619 – 1620 durchaus willens war, die Interessen seines Bistums, zumindest wie sie vom Breslauer Domkapitel verstanden wurden, zu ignorieren. Er oder sein Vertreter erschien zwar nicht auf den Gnesener Provinzialsynoden 1615 und 1621 (im letzteren Falle schrieb er es den Kriegsgefahren zu), aber er erkannte jetzt den Erzbischof von Gnesen als Metropoliten an, woran er bereits einmal 1614 gedacht hatte, obwohl es ihm das Kapitel damals ausreden konnte.258 Ein Brief vom 14. August 1619 suchte den 1860, S. 269 f. 254 München Hauptstaatsarchiv, Kasten Schwarz 25, S. 200r–202r. Die schlesischen Forscher Palm und Krebs, die Karl einer Rolle bei den polnischen Angriffen auf ihr Land verdächtigten, kannten diesen Brief wohl nicht, er hätte ihre Vermutungen bestätigt. 255 „Et cum Serenissimo Poloniae rege aliisque Regni Proceribus tantum effecerat, ut magna contra Rebelles in promptu haberet auxilia, de quibus, ni quorundam technae et diffidentia obicem posuissent, multa sperare poterat“; ASV, Archivio della Sacra Congregazione del Concilio, Rel. Stat. Wrat., fol. 421r; S chmidlin : Kirchliche Zustände und Schicksale des deutschen Katholizismus, S. 51 f. Ansonsten wissen wir, dass Karl tröstende Briefe vom Krakauer Bischof Marcini Szyszkowski empfing; M osbach : Wiadomości, S. 271, 273. 256 G ottschalk : Buckisch 2, S. 266 (Artikel 620), K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 262 f. 257 B uckisch 4, 17, 1; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 262 f. Die Antwort der Fürsten und Stände: Acta Publica 3, S. 68 – 72; B uckisch 4, 20, 7; G ottschalk : Buckisch 2, S. 275 (Artikel 642). 258 Bischof Logau bezog sich auf den Erzbischof als seinen Metropoliten und Gerstmann betrachtete die Beschlüsse der Provinzialsynode als bindend für Breslau; K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 200, 202.

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Beistand des Gneseners.259 Auf der Flucht aus Neisse im September 1619 begab er sich zunächst, wie er dem Papst mitteilte, ehe er den König aufsuchte, zu „seinem Metropoliten, dem Erzbischof von Gnesen“. In einem Schreiben an Erzbischof Wawrzyniec Gembicki vom 31. Dezember 1619 aus Warschau erkannte er ausdrücklich die Metropolitan-Jurisdiktion von Gnesen über Breslau an.260 Im gleichen Monat, am 20. Dezember 1619, stellte er eine Urkunde im Palast des Königs aus, mit der er die Position eines Koadjutors und Nachfolgers auf dem Breslauer Bischofsthron seinem sechsjährigen Neffen Karl Ferdinand übertrug, dem Sohn König Sigismunds und seiner Schwester Konstanze, mit dem Vorbehalt kaiserlicher und päpstlicher Bestätigung. Kein Wort dabei von Teilnahme und Wahlrecht des Kapitels.261 Nach der Revolte der schlesischen Fürsten und Stände gegen König Ferdinand und Karls Flucht nach Warschau im September 1619 legten die Fürsten und Stände eine Besatzung nicht nur in die Stadt Neisse, sondern auch auf das bischöfliche Schloss und vermauerten sogar das Tor, durch das der Bischof den Bischofshof unmittelbar betreten oder verlassen konnte.262 Am 29. Mai 1620 erklärte der Fürstentag den Fürsten Liechtenstein und den Freien Standesherrn Karl Hannibal von Dohna, die 259 Karls Plan 1614, den Erzbischof von Gnesen als Metropolitan anzuerkennen, K astner : Beiträge 1500 – 1655, Kapitelprotokolle, 08.01 (fälschlich 28.) und 10. 01. 1614, S. 151 f., P alm : Die Verwicklungen Schlesiens mit Polen in den Jahren 1618 – 1620, S. 427. – Ein Breve Papst Pauls V. des Jahres 1615 tadelte den Bischof, weil er an der Provinzialsynode nicht teilgenommen hatte, S chmidlin : Die kirchlichen Zustände, S. 195 Anm. 2 (Fortsetzung auf S. 196), ASV Armarium 45, 10, fol. 101v. – Brief vom 14. August 1619 s. G ottschalk : Buckisch 2, S. 250 Anm. 25 (Text der Anm. eigentlich auf S. 251), der Text bei Stephan D amalewicz : Gnesnensium Series archiepiscoporum, Warschau 1649, S. 365 – 368. Es existierte auch anscheinend ein gefälschter Brief, in dem der Erzherzog um militärisches Eingreifen bat, P alm : Die Conföderation der Schlesier mit den Böhmen im Jahre 1619 (ZVGS 8, 1868), S. 286 Anm. 1., M osbach : Wiadomosći, enthält aber kein solches Schreiben, wie Palm angibt. 260 Karls Statusbericht 28. 07. 1620: „Unde in Poloniam se contulit in ditionem Gnysensis Archiepiscopi metropolitani sui, tum ad Serenissimos Poloniae Regem et Reginam Sororem“; ASV, Archivio della Sacra Congregazione del Concilio, Rel. Stat. Wrat., fol. 421r.; S chmidlin : Kirchliche Zustände und Schicksale des deutschen Katholizismus, S. 51 f. – Karl an ­Wawrzyniec Gembicki, Erzbischof von Gnesen, 31. 12. 1619, Text bei H eyne : Geschichte des Bisthums und Hochstiftes Breslau 3, in der langen Anm. auf S. 825 f. (diese beginnt auf S. 824). – Über die Beziehung ­zwischen Bistum Breslau und Erzbistum Gnesen s. H eyne : Geschichte des Bistums und Hochstiftes Breslau 3, S. 341 – 369, 820 – 834; P. Lambert S chulte : Die Exemtion des Breslauer Bistums, in ZVGS 51 (1917), S. 1 – 29; Alfred S abisch : Bistum Breslau und Erzbistum Gnesen; E ngelbert : Maßnahmen des Bischofs Kaspar von Logau (1562 – 1574) (Separatdruck), S. 14; K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 198 – 203. 261 Text bei P alm : Die Conföderation der Schlesier mit den Böhmen im Jahre 1619, S. 313 f., dort auch Kommentar S. 290 f. 262 April 1620, die Administratoren protestierten; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 277 – 278, 278 – 281.

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der Konföderation nicht beigetreten waren und den König Friedrich nicht anerkannt hatten, ihres Besitzes für verlustig. Im Falle des Bischofs suspendierte man vorläufig seinen Besitz und nahm ihm Sitz und Stimme im Fürstentag zugunsten des Domkapitels. Das Bistumsland sollte wie bei einer Vakanz, aber mit der Teilnahme eines oder mehrerer Grottkauer Landstände (die weitgehend evangelisch waren) von den Bistumsadministratoren verwaltet, das bischöfliche Einkommen für die Verteidigung des Landes verwendet werden.263 Dem Erzherzog drohte der Verlust seiner Herrschaft und seines Fürstentums.264 Am 17. März 1620 nahm Karl seinen Abschied vom polnischen Königshof, anscheinend auf Anordnung des Kaisers, am 12. April, Palmsonntag, machte er im fränkischen Ellingen Station,265 am 27. April ist sein Aufenthalt in Innsbruck belegt, das er schon zehn Tage früher, am 18., Ostersamstag, erreichen wollte. Am 15. Mai unterzeichnete er einen Brief an Leopold im Brixener Schloss, in seinem Tiroler Bistum blieb er dann bis Anfang Februar 1621.266 Als er vom katholischen Triumph in der Schlacht am Weißen Berg hörte, ordnete er in der Diözese feierliche Dankgottesdienste an.267 In Abwesenheit des Bischofs wiederholten die Neisser, so auf dem Fürstentag im September 1619, ihr Ersuchen um Einräumung oder Bau einer ­Kirche in der Stadt mit Begräbnisplatz innerhalb der Stadtmauern, auch Zugang zu Bürger- und Meisterrecht, vom Fürstentag wurden sie aber wieder vertröstet.268 Die Fürsten und Stände ermahnten zur Geduld.269 Noch vor Ende des Jahres 1619 wandten sich die Neisser mit ihrem Problem an die Defensoren, den Vorstand der böhmischen Konföderation, bisher habe man ihnen nur Versprechungen gemacht.270 Ihren Zielen schienen die Evangelischen in der 263 Acta Publica 3 (1920), S. 92, 97 – 101, auch S. 157 f., 179; B uckisch 4, 22, 2; G ottschalk : Buckisch 2, S. 279 (Artikel 655); K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 281 f.; E ­ ngelbert : Das Bistum Breslau im Dreißigjährigen Kriege 2, S. 172 f. 264 Der Krakauer Informant des Hofes von Florenz wusste im November 1619, dass man einen bedeutenden Abt, der nicht den Eid auf die neue Ordnung leistete, seiner Herrschaft entkleidet hatte und dass dem Bischof das ­gleiche Schicksal drohte, sollte er nicht innerhalb der ihm angedeuteten Zeit erscheinen; 14. 11. 1619, Valerianus M eysztowicz und Wanda W yhowska de A ndreis : Lettere ad avvisi di Polonia 1613 – 1626. Res Polonicae ex archivo Mediceo Florentino Pars III (= Elementa ad fontium editiones 28), Rom 1972, S. 100. 265 Innsbruck TLA, Alphabetisches Leopoldinum II 29 [7], 12. 04. 1620. 266 Innsbruck TLA, Alphabetisches Leopoldinum II 29 [36], 15. 05. 1620. 267 Franz Anton S innacher : Beyträge zur Geschichte der bischöflichen ­Kirche Säben und Brixen in Tyrol 1 – 9, Brixen 1837, hier 8, S. 221. 268 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 254 f. So eine Mahnung auch B uckisch 4, 11, 1; G ottschalk : Buckisch 2, S. 253 (Artikel 576); Acta Publica 2, S. 316 – 317. 269 Acta Publica 2, S. 315 – 316; B uckisch 4, 11, 2; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 254 f.; G ottschalk : Buckisch 2, S. 253 (Artikel 577). 270 B uckisch 4, 14, 1; Acta Publica 2, S. 392 – 394; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 255 – 257; G ottschalk : Buckisch 2, S. 262 (Artikel 607).

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Stadt näher, als sich der Winterkönig auf seiner Huldigungsfahrt durch die böhmischen Nebenländer am 21. und 22. Februar 1620 in Neisse aufhielt.271 Der zeitweilige Erfolg der Protestanten vertiefte die Zwietracht in der bischöflichen Residenzstadt. Selbst die Kinder in den Gassen waren ja längst gewohnt, einander Ketzer oder Papisten zu schelten. Die radikalen Forderungen der Handwerksgesellen jagten den Besitzenden Angst ein. Auch die evangelischen Bürger fürchteten jetzt, „sie könnten dem gemeinen Pöbel nicht steuern, sie wären selbst Leibes und Lebens nicht sicher“.272 Im März 1620 kam es wieder zu Aufläufen, ein paar ganz Unzufriedene brachen in den Friedhof ein, die Katholischen fürchteten jetzt, die Evangelischen wollten sich des Rathauses bemächtigen. Die bischöflichen Administratoren untersagten die gegenseitigen Schmähungen unter den Anhängern der beiden Parteien (23. März).273 Der Oberhauptmann richtete einen scharfen Tadel an die Neisser (22. März).274 Endlich ernteten sie aber jetzt die Früchte des protestantischen Triumphs im Königreich Böhmen und damit auch in Schlesien. Eine nach Neisse entsandte Kommission des Oberamts überschrieb den Evangelischen die ­Kirche Maria in Rosis in der Altstadt und ein geräumiges Haus mit einem Vorplatz nahe beim Ring.275 Die Neisser gaben sich mit dem Werk der Kommission zufrieden, wollten aber auch, dass jetzt Evangelische die von Katholiken gehaltenen Stadtratssitze und andere Ämter übernähmen, wozu es wegen der Ereignisse der folgenden Monate anscheinend niemals kam.276 Ein trauriges Endspiel protestantischer Herrschaft in Neisse bildete die dreimonatige Besetzung der Stadt im Frühjahr 1621 durch den jetzt geächteten Herzog von Jägerndorf, den Markgrafen Johann Georg von Brandenburg. Mancher glaubte, die Evangelischen hätten die Stadt verraten, so dass sie der Jägerndorfer ohne einen Degenstreich einnehmen konnte.277 Den katholischen 2 71 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 267, s. dort auch Anm. 1, B uckisch 4, 17, 5. 272 Die Administratoren an Johann Christian, 25. 03. 1620, K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 271 f., Kastner fand das Schreiben in Neisse vor. 273 23. 03. 1620; Christoph von Gelhorn, Scholasticus, und Christoph von Strachwitz, Kantor, waren damals die vom Bischof von Warschau aus designierten Administratoren für Neisse, Troilo, Dekan, und Hartmann, Archidiakon, für Breslau; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 277, 288; ders .: Beiträge 1500 – 1655, Kapitelprotokolle, 18. 10. 1619, S. 179. 274 Die Administratoren berichten an den Oberhauptmann, 25. 03. 1620, K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 270 – 273, nach einer Urkunde im Stadtarchiv. Herzog Johann ­Christian von Brieg tadelte die Neisser, 22. 03. 1620, K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 273 – 276; E ngelbert : Das Bistum Breslau im Dreißigjährigen Kriege 2, S. 167 – 170; Engelbert sagt (S. 167), dass der Oberamtmann persönlich an der Spitze der Kommission am 21. März in Neisse erschien; das findet sich nicht in Kastners Geschichte von Neisse oder in den Kapitelprotokollen. 275 21.03., 01. 04. 1620, K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 268 – 270, 277. 276 B uckisch 4, 22, 3, kein Datum, wohl Mai 1620; G ottschalk : Buckisch 2, S. 279 (Artikel 656); gedruckt Acta Publica 3, S. 114; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 282 f. 277 Johann Georgs Kampagne gegen Neisse behandelt eine zwei Seiten lange Anmerkung in Acta Publica 4, S. 156 Anm. 1; s. a. K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 284 – 290 (mit ­vielen

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Einwohnern erlegte Johann Georg hohe Tribute auf. Als er abzog, nahm er als Geiseln Vertreter der bischöflichen Regierung mit sich, die beiden Bistumsadministratoren und die Räte Tauber und Rathaupt. Erst nach Monaten und Zahlung eines hohen Lösegelds gewannen sie ihre Freiheit wieder.278 Mit der Rückkehr des Bischofs nach Neisse im Oktober 1621 verloren die Evangelischen nach nur ein paar Monaten die Rechte zur Ausübung ihrer Religion in der bischöflichen Residenzstadt, um die sie so lange gerungen und die sie gerade erst gesichert zu haben glaubten.279 Doch sie fuhren auch jetzt mit ihren Appellationen um Religionsfreiheit in Neisse fort, und erstaun­ licherweise immer noch über den Kopf des Bischofs hinweg, zuerst an den Kurfürsten Johann Georg von Sachsen, den Vertreter des Kaisers in der Regelung der schlesischen Angelegenheiten, und dann an den Fürstentag. Von seiner von Anfang an gehaltenen Position, die Ausübung der evangelischen Religion in Neisse nicht zu erlauben, wich der Erzherzog nicht ab. Das Schicksal des evangelischen Bekenntnisses in der bischöflichen Residenzstadt war entschieden.

7. Im Dienste der habsburgischen Diplomatie Der Sieg der Katholischen veranlasste den Breslauer Bischof keineswegs zur sofortigen Rückkehr in sein Bistum und Fürstentum. Es verging fast ein ganzes Jahr, bis er wieder schlesischen Boden betrat, und im Ganzen hielten ihn der Aufstand der Böhmen und dessen Folgen mehr als zwei Jahre von Breslau und Neisse fern, vom 27. September 1619 bis 23. Oktober 1621. Mit dem Dresdener Akkord Ende Februar 1621 fiel Schlesien wieder in kaiserliche Hand, aber der Widerstand des Markgrafen von Jägerndorf und speziell seine Besetzung von Neisse verzögerten die Rückkehr des Bischofs. Karl ließ sich Zeit, aus Sorge um seine persönliche Sicherheit, wie er Leopold zu verstehen gab.280 Im August 1621 schrieb Karl Hannibal von Dohna, Standesherr von Wartenberg, Einzelheiten); G ottschalk : Buckisch 2, S. 300 – 302 (Artikel 714 – 719). K hevenhüller : Annales Ferdinandei 9, Sp. 1327 – 1329 über die Gewalttaten in Neisse und anderswo im Bistumsland. Kardinal Dietrichstein schrieb an Ferdinand über Johann Georgs Pläne gegen das Bistum und die bischöfliche Residenzstadt: Miroslav T oegel Hg.: Der Beginn des Dreißigjährigen Krieges. Der Kampf um Böhmen. Quellen zur Geschichte des Böhmischen Krieges (= Documenta Bohemica Bellum Tricennale illustrantia 2), Prag 1972, S. 301, Nr. 869, S. 309, Nr. 904. Ein Brief des Erzherzogs aus Dresden vom 25. April 1621 an Khevenhüller beklagt das Vorgehen des Johann Georg gegen das Bistum und die Residenzstadt; T oegel : Documenta Bohemica 2, S. 303, Nr. 876. 278 B uckisch 5, 3, 13; G ottschalk : Buckisch 2, S. 301 (Artikel 717); K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 288 f. 2 79 Von den protestantischen Praktiken, die eingeführt worden waren und die jetzt wieder abgeschafft wurden, stellte man Listen auf; s. K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 291 f. 280 Das Problem seiner Sicherheit hatte Leopold berührt, davon und überhaupt von der Motivierung des Bischofs bei der Rückkehr nach Schlesien berichtet Karls Brief an Leopold vom

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an den sächsischen Kurfürsten und ersuchte ihn, doch die Huldigung der Fürsten und Stände an Stelle des Kaisers abzunehmen, wie dieser ihn gebeten hatte; der Bischof möchte sehr gern in sein Land zurückkehren, aus dem er „mit so großer Verkleinerung seiner Person“ hatte weichen müssen.281 Itinerarium des Bischofs im Jahr der Rückkehr nach Schlesien – 1621 4. Januar – Brixen 282 27. Januar – Brixen 283 13. Februar – Kremsmünster 284 17. Februar – Wien 285 25. Februar – Wien 286 1. März – Wien 287 29. März – Dresden 288 17. April – Dresden 289 25. April – Dresden 290 29. Mai – Wien 291 11. Juni – Wien 292 20. Juni – Lilienfeld, südlich von St. Pölten, Niederösterreich 293 8. ­September 1621, Innsbruck TLA, Alphabetisches Leopoldinum II 29 [60, 61], 08. 09. 1621. 2 81 09. 08. 1621, Acta Publica 4, S. 185. 282 An Erzherzog Leopold, Brixen, 04. 01. 1621, Innsbruck TLA, Alphabetisches Leopoldinum II 29 [2 – 3], 04. 01. 1621. 283 Innsbruck TLA, Alphabetisches Leopoldinum II 29 [25], 27. 01. 1621. 284 B resciani : Erzherzog Karl, S. 229, Kremsmünster, im Traunviertel, Oberösterreich, 180 km von Wien entfernt. S innacher : Beyträge Säben und Brixen 8, S. 222. 285 Karl an Leopold, 19.02., Innsbruck TLA, Alphabetisches Leopoldinum I 202, 19. 02. 1621. 286 Innsbruck TLA, Alphabetisches Leopoldinum I 202, 25. 02. 1621. 287 Karl reist mit dem schlesischen Kammerpräsidenten Karl von Dohna nach Dresden; Arno D uch : Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges. Die Politik Maximilians I. von Bayern und seiner Verbündeten 1618 – 1651, Teil 1, 2: Januar 1621–Dezember 1622, HKBAW BA -NF , München, Wien 1970, S. 172 f., Nr. 45; Klaus J aitner Hg.: Die Hauptinstruktionen Gregors XV. für die Nuntien und Gesandten an den europäischen Fürstenhofen 1621 – 1623 1 – 2, Tübingen 1997, hier 2, S. 619 Anm. 42. 288 Kommt nach dem 15. März in Dresden an; Acta Publica 4, S. 156 Anm. 1, Brief des Christoph von Strachwitz an Karl in Dresden. Johann Georg an den ­Kaiser am 15. März, er wartet auf den angekündigten Besuch des Erzherzogs. 289 Innsbruck TLA, Alphabetisches Leopoldinum II 29 [23], 17. 04. 1621. 290 Schreibt an Christoph Khevenhüller aus Dresden; T oegel : Documenta Bohemica 2, S. 303, Nr. 876. 291 Innsbruck TLA, Alphabetisches Leopoldinum II 29 [44, 45], 29. 05. 1621. 292 Innsbruck TLA, Alphabetisches Leopoldinum II 29, 11. 06. 1621. 293 Karl an Leopold, Lilienfeld, 20. 06. 1621, Innsbruck TLA, Alphabetisches Leopoldinum II 29 [30, 31], 20. 06. 1621; B resciani : Erzherzog Karl, S. 230 hat Liebenfeld, das es nicht gibt,

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22. Juni – Mariazell bei Bruck an der Mur 294 16. Juli – Wien 295 21. Juli – Wien 296 23. Juli – Wien 297 24. Juli – Wien 298 28. Juli – Wien 299 31. Juli – Wien 300 5. August – Wien 301 14. August – Wien 302 16. August – Korneuburg bei Wien 303 5. September – Wien 304 15. September – Wien 305 1. Oktober. – Wien 306 13. Oktober – Brandeis an der Elbe in Böhmen 307

294 295 296 297 298 299 300 301 302 303 3 04 305 306

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Liebenfels in Kärnten konnte nicht gemeint sein. Von Lilienfeld konnte man in zwei Tagen in Mariazell an der Bruck sein. In Gesellschaft des Kaisers; A nonym : Aus den Handkalendern Bischof Jakob Eberleins von Seckau, S. 215, ca. 140 km nördlich von Graz. Jakob Eberlein, sein ehemaliger Lehrer, hat zwei Audienzen bei Karl. Innsbruck TLA, Alphabetisches Leopoldinum II 29, 16. 07. 1621. Brief an Eustachius von Westernach; Wien DOZA, Meistertum 323 – 13, fol. 14r–15r. Mit dem ­Kaiser auf der Jagd; Acta Publica 4, S. 223, Bericht des Karl Hannibal von Dohna, 20. 09. 1621. Empfängt die schlesischen Gesandten am Kaiserhof; Acta Publica 4, S. 224, das ­gleiche Schreiben. Innsbruck TLA, Alphabetisches Leopoldinum II 29 [54, 55, 56], 28. 07. 1621. Schreibt den Administratoren in Neisse aus Wien; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 370 Anm. 4. Nochmaliger Empfang der schlesischen Gesandten; Acta Publica 4, S. 226, Bericht des Karl Hannibal von Dohna, 20. 09. 1621. Schreibt an die Infantin Isabella aus Wien; K öhler : Revision eines Bischofsbildes, Nr. 30, 31, S. 124. Korneuburg ca. 10 km nordwestlich von Wien, auf dem linken Donauufer. Fällt beinahe den ungarischen Eindringlingen in die Hände – um den 16. August; D uch : Die Politik ­Maximilians I., Januar 1621–Dezember 1622, S. 329 Anm. 1. Testament des Erzherzogs, Wien DOZA, Meistertum 323 – 13, fol. 25rv. K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 291. Ein Schreiben Karls vom 26. September aus Dresden, H urter : Ferdinand II. 9, S. 156 Anm. 18, ein Irrtum. Aufbruch von Wien; D uch : Die Politik Maximilians I., Januar 1621–Dezember 1622, Hans Georg von Zollern an Maximilian, Nr. 125, S. 379. Der Agent des Kurfürsten in Wien, Johann Zeidler genannt Hoffmann, schreibt irrtümlich am 26. September aus Wien, Karl sei bereits abgereist; Acta Publica 4, S. 203. D uch : Die Politik Maximilians I., Januar 1621–Dezember 1622, S. 381 Anm. 1. Karl in Wien 6. 10. 1621, Wien HHStA, HausA, Familienakten 3 – 8, Datum oder Ausstellungsort ein Irrtum.

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23. Oktober – Neisse 308 27. Oktober – Neisse 309 3. bis 18. November – Breslau 310 23. November – Görlitz 311 26. November – Breslau 312 29. – 30. November – Breslau 313 Karl brach von Wien am 1. Oktober nach Schlesien auf. Er reiste offensichtlich über Prag, denn am 13. finden wir ihn in Brandeis an der Elbe. Er war am 23. Oktober in seiner Residenzstadt, traf vielleicht erst an ­diesem Tag dort ein. Nach Neisse und dann nach Breslau begleitete den Bischof eine Schutzeskorte, die er sich vom Kurfürsten von Sachsen erbeten hatte.314 Die Kapitelakten belegen ihn in Neisse noch am 27. des Monats.315 Der Weihbischof Kohlsdorf und andere Kapitelherren kamen nach Neisse, aber der Bischof weigerte sich, sie zu empfangen. Der Kanoniker Lohr musste berichten, der Bischof wollte erst dann die Kanoniker zur Audienz zulassen, wenn „jeder und alle“ dem bischöflichen Beichtvater gebeichtet und von ­diesem die Absolution erhalten hätten. Der Bischof zürnte dem Kapitel, weil die Domherren zwei Jahre vorher den Eid auf die Konföderation und dem Winterkönig das homagium geleistet hatten.316 Schon am 16. November erklärte sich jedoch der ja ob seiner Menschenfreundlichkeit und Milde bekannte K ­ irchen- und Landesherr versöhnt und bereit, zur ehemaligen Beziehung zurückzukehren.317 Die Verlegenheit des Kapitels, dem die Breslauer ­Kirche ja in erster Linie die Erhaltung ihres Besitzes verdankte, nützte der Bischof, um einige 3 08 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 291, Anwesenheit, nicht unbedingt Ankunft. 309 K astner : Actenmässige Beiträge 1599 – 1649, Kapitelprotokolle, 27. 10. 1621, S. 7 f. Karl in Graz am 9. November 1621, B resciani : Erzherzog Karl, S. 230, ein Irrtum. 310 D uch : Die Politik Maximilians I., Januar 1621–Dezember 1622, S. 416. Der Kurfürst Johann Georg war anwesend auf dem Breslauer Fürstentag, 3. – 18. November. 311 Am 23. November war er in Görlitz, hier das Ende des kurfürstlichen Auftrages, die Huldigungen abzunehmen; Acta Publica 4, S. 217 f. Von Görlitz konnte er Breslau in drei Tagen erreichen. 312 Schreiben an den ­Kaiser, D uch : Die Politik Maximilians I., Januar 1621–Dezember 1622, S. 415 – 418 (Nr. 145). 313 Zwei Schreiben an den K ­ aiser, Wien HHStA, HausA, Familienkorrespondenz A 5 – 2 – 3. 314 D uch : Die Politik Maximilians I., Januar 1621–Dezember 1622, S. 379 Anm. 1. Verweis hier auf Acta Publica 4, S. 203, dort kein Schreiben Zeidlers an den Kurfürsten vom 6. Oktober; zur Begleitung sächsischer Reiter s. Acta Publica 4, S. 205 Anm. 1. 315 K astner : Actenmässige Beiträge 1599 – 1649, S. 7 f.; J ungnitz : Breslauer Weihbischöfe, S. 124; ders .: Petrus Gebauer, S. 15 f., 19. 316 K astner : Beiträge 1500 – 1655, S. 181, 184 f. 317 Auch der Nuntius und der Papst waren verstimmt über die Handlung des Kapitels, die Aussöhnung mit dem Kapitel fand erst nach einem Monat statt; K astner : Actenmässige Beiträge 1599 – 1649, Kapitelprotokolle, 13.08., 25.08., 10.09., 27.10., 31.10., 17. 11. 1621, 10. 02. 1622, S. 3, 4, 5, 7 f., 9, 10, 13, 24.

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Männer, die ihm in den Tagen seiner Erniedrigung die Treue gehalten und dafür gelitten hatten, mit Kirchenbesitz zu belohnen.318 Er war, wie auch der Kurfürst von Sachsen, auf dem schlesischen Fürstentag anwesend, der vom 3. bis 18. November tagte.319 Bei der Versammlung führte er den Vorsitz. Am 21. November 1621 nahm er an einem Abschiedsessen des sächsischen Kurfürsten in der Breslauer Kaiserburg teil.320 Die zeitweilige Preisgabe von Bistum und Fürstentum war beschämend für den Erzherzog, wie Dohna mit Recht bemerkte, und ebenso für das Haus Habsburg. Ferdinand hatte Grund zur Unzufriedenheit. Nicht nur konnte der Bischof seine Neisser Bürger nicht im Zaum halten, auch seine Versuche, die schlesischen Fürsten vom Abfall abzuhalten, waren fehlgeschlagen. Als Repräsentant habsburgischer Macht in Schlesien hatte er versagt. Auf das lange Verweilen am polnischen Königshof, wahrscheinlich bald Ursache für Bedenken in Ferdinands Umkreis, folgte jetzt ernste Arbeit über neun Monate in seinem Brixener Bistum, vielleicht ein Versuch, für seine Verfehlungen zu kompensieren. Ein Mann, der sich seiner nicht immer ganz sicher schien, verlor an Selbstvertrauen. Deshalb war er bei seiner ersten Begegnung mit Ferdinand nach zweijähriger Trennung, am 17. Februar 1621in Wien, überglücklich, dass ihn der ­Kaiser freundlich empfing, ihm sogar bis „an die thirporten“ 321 entgegenfuhr und ihm auf der Stelle erlaubte, so lange am Hofe zu bleiben, wie er wollte.322 Beide Brüder hatten ein Interesse daran, seinen lädierten Ruf zu reparieren. In den dem Bischof verbleibenden drei Jahren nützte ihn dann der ­Kaiser für diplomatische Missionen, als Kommandant des schlesischen Militärs, überhaupt als Repräsentant der absolutistischen Herrschaftsansprüche des Hauses Habsburg in Schlesien. Schon früher hatte der Breslauer Bischof seinen Bruder gelegentlich vertreten. An Ferdinands Stelle nahm Karl im April 1619 den Eid des neuen Oberlandeshauptmanns Johann Christian von Brieg ab.323 Sein Ausweichen nach Warschau suchte Karl, wohl nicht ganz zu Unrecht, als eine diplomatische Sendung im habsburgischen Interesse zu interpretieren. Er schrieb in ­diesem Sinne im November 1619 aus der polnischen Hauptstadt an Maximilian von Bayern. Der Herzog von Bayern war damals die Schlüsselfigur in der katholischen Koalition, die der ­Kaiser gegen die aufständischen Böhmen zusammenzubringen suchte und zu der auch der polnische König gehörte.324 3 18 S cholz : Das geistliche Fürstentum Neisse, S. 241 – 250, Verlust bischöflicher Dörfer an Adlige. 319 D u ch : Die Politik Maximilians I., Januar 1621–Dezember 1622, S.  378 – 381, Nr.  125; S. 415 – 418, Nr. 145. 320 P ol : Jahrbücher der Stadt Breslau 5, S. 232, gibt den 21.; richtig Acta Publica 4 (1621), S. 218 Anm. 1: Kurfürst von Sachsen an Ferdinand II., 23. 11. 1621. 321 Porte, die Porte = Hafen oder Pforte, auch Hafeneinfahrt oder verschließbares Tor; thirporten wohl eine bestimmte Örtlichkeit im Wien des Dreißigjährigen Krieges. 322 Karl an Leopold, 17. 02. 1621, Innsbruck TLA, Alphabetisches Leopoldinum I 202, 17. 02. 1621. 323 G ottschalk : Buckisch 2, S. 235 (Artikel 512); Acta Publica 2, S. 99 – 102; B uckisch 4, 2, 2. 324 Hauptstaatsarchiv München, Kasten Schwarz 716, S. 6 – 17; L eitsch : Das Leben am Hof König Sigismund III. 3, S. 1511 Anm. 455; S turmberger : Aufstand in Böhmen, S. 74.

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Während seiner Zeit in der Nähe des Kaisers, von Februar bis September 1621, bediente sich Ferdinand seines Bruders als Verbindungsmann zum sächsischen Kurfürsten Johann Georg. Am 5. Februar 1621 schrieb aus Dresden an Erzherzog Karl, damals noch in Brixen oder gerade beim Aufbruch, einer seiner Räte, Hans Georg Rathaupt (er war am Vortage vom Kurfürsten empfangen worden): „ Kurfürst Johann Georg habe den Wunsch, auf der Seite des österreichischen Kaiserhofs zu stehen“.325 Um den 5. März überlegte Ferdinand mit seinen Räten, wie er auf den vom Kurfürsten von Sachsen und von den schlesischen Fürsten und Ständen ausgehandelten Dresdener Akkord reagieren sollte. Der ­Kaiser entschied sich jetzt, Karl zum Kurfürsten von Sachsen zu ­schicken, um ­diesem Dank zu sagen und ihm gleichzeitig einen Brief des Königs von Spanien zu übergeben. Aus den Majestätsbriefen entstandene Streitigkeiten sollten in Anwesenheit des Erzherzogs verhandelt werden.326 Karl hatte dabei die Aufgabe, dem Kurfürsten die kaiserlichen Vorbehalte mitzuteilen, was Johann Georg anscheinend gründlich verdross. In den ersten Märztagen kündigte Ferdinand dem Kurfürsten den Besuch seines Bruders an. Noch im gleichen Monat reiste der Bischof in Gesellschaft des Burggrafen Karl von Dohna, des schlesischen Kammerpräsidenten, in die sächsische Kapitale.327 Der Papst wusste schon von dieser Mission des Erzherzogs; eine Instruktion für Carlo Carafa vom 12. April 1621 informierte den Nuntius über Karls Rolle in Dresden.328 Karl schrieb am 25. April 1621 von dort an den Habsburger Botschafter in Madrid, Khevenhüller, dass ihn der ­Kaiser in einer wichtigen Angelegenheit zum Kurfürsten von Sachsen geschickt habe.329 Der Aufenthalt erstreckte sich über mehrere Wochen, Karl ist dort belegt am 29. März und noch am 25. April. Fünf Monate ­später, am 13. September 1621, informierte Ferdinand den bayerischen Herzog, er habe vor, Erzherzog Karl wieder zum Kurfürsten von Sachsen zu ­schicken, ­dieses Mal, um Johann Georg darüber aufzuklären, dass er Maximilian die Kurwürde zugestanden habe. Mit dem Pfalzgrafen könne er sich deshalb nicht mehr auf Verhandlungen über die Restitution der Kur an Friedrich einlassen. Das werde den Kurfürsten von Sachsen zwingen, Farbe zu bekennen.330 Für diese Mission gab Johann Georg, Graf von Hohenzollern-Hechingen, der Reichshofratspräsident, dem Erzherzog genaue Instruktionen, äußerte aber gleichzeitig Bedenken gegenüber dem bayerischen Herzog über den gewählten Gesandten (1. Oktober 1621): „dieweiln ich sein Eigenschaft erkenne, das er etwas verzagt und weich ist, bald sich 325 T oegel : Documenta Bohemica 2, S. 286, Nr. 814. Über Rothaupt, auch Rathaupt, s. G ­ ottschalk : Buckisch 2, S. 301 Anm. 28. 326 P alm : Der Dresdener Akkord, S. 151 – 192, hier S. 185, 187. 327 D uch : Die Politik Maximilians I., Januar 1621–Dezember 1622, S. 172 f., Nr. 45. 328 J aitner : Die Hauptinstruktionen Gregors XV. 2, S. 619. 329 T oegel : Documenta Bohemica 2, S. 303, Nr. 876. 330 D uch : Die Politik Maximilians I., Januar 1621–Dezember 1622, S. 363 (Nr. 122 II); Dieter A lbrecht : Maximilian I. von Bayern 1573 – 1651, München 1998, Kapitel „Der Kampf um die Kur“, S. 539 – 580; B ireley : Ferdinand II., S. 151 – 157; die Übertragung der Kurwürde fand offiziell erst am 15. Februar 1623 statt.

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schröcken und überreden last“, und fürchtete, „er möchte bei den Räten den handel verderben und zu früe aussprengen und sich ergeben“. Eigentlich ein vernichtendes Urteil über das diplomatische Potential des Kaiserbruders. Den Reichshofrat Otto von Nostitz, einst Vizekanzler der schlesisch-lausitzischen Kanzlei, ein Experte in schlesischen Angelegenheiten, wies der ­Kaiser dem Erzherzog als Begleiter zu. Der ­Kaiser belehrte seinen Bruder persönlich über seinen Auftrag: Die kaiserliche Botschaft sollte er dem Kurfürsten allein vortragen, die sächsischen Räte vermeiden. Der Reichshofratspräsident überzeugte sich schließlich in einer Unterredung mit dem Erzherzog, dass Karl mit „ansehnlichen“ und unwiderlegbaren Argumenten für das Treffen mit dem Kurfürsten gerüstet sei.331 Karls Aufgabe war ja nicht, kühl und gezielt mit dem Sachsen zu verhandeln, die Wahl als Botschafter hier fiel auf ihn, weil er des Kaisers Verwandter war. Es handelte sich weniger um eine diplomatische Mission, „sondern um eine Begegnung und Unterhaltung ohne Proposition und Resolution“.332 Maximilian riet dem Erzherzog (6. Oktober 1621), er solle bei dem Besuch beim Kurfürsten „sich nur nit iberschnarchen 333 lassen“, gemeint wohl „überschnarren“, d. h. übervorteilen lassen, und erinnerte den Bischof, Gott habe ihn für einen bedeutenden Dienst an der ­Kirche und im Interesse der Erhaltung seines Hauses erkoren.334 Der Erzherzog verstand, dass sein Erfolg beim sächsischen Kurfürsten den Katholischen (in erster Linie dem Bayernherzog) Vorteil bringen würde. Dem Maximilian hatte der Erzherzog „ein sonderbare guete disposition und affection zu befürderung solchen wercks“ demonstriert.335 Obwohl Karl Wien am 1. Oktober verließ, fand die Unterredung mit dem sächsischen Kurfürsten über die Übertragung der Kurwürde erst am 23. November in Görlitz statt. An ­diesem Tage erklärte Johann Georg seine schlesische Mission als beendet und gab dem ­Kaiser einen Rechenschaftsbericht.336 Karl traf sich mit Johann Georg am Morgen, präsentierte seine Argumente für die Übertragung der Kurwürde an Bayern und versuchte behutsam, die Einwände des Kurfürsten zurückzuweisen. Er schrieb ein Protokoll und übergab es dem Kurfürsten. Am Abend traf er wieder mit dem Kurfürsten zusammen, der las jetzt das Protokoll im Beisein des Erzherzogs. Karl schickte eine Fassung an den ­Kaiser, eine leicht divergierende an den Herzog von Bayern.337 Der ­Kaiser hatte seine Entscheidung 331 Hans Georg von Zollern an Maximilian von Bayern, 01. 10. 1621, D uch : Die Politik Maximilians I., Januar 1621–Dezember 1622, Nr. 125, S. 378 – 381, besonders S. 380. 332 D uch : Die Politik Maximilians I., Januar 1621–Dezember 1622, S. 380 Anm. 1. 333 überschnarchen = polternd anreden, schlecht behandeln, sicherlich meinte Maximilian eher überschnarren = überlisten; G rimm : DWB. 334 Maximilian an Erzherzog Karl, 06. 10. 1621, D u c h : Die Politik Maximilians I., Januar 1621 – Dezember 1622, S. 381 Anm. 1. 335 Maximilian an Zollern, 15. 09. 1621, D uch : Die Politik Maximilians I., Januar 1621–Dezember 1622, S. 379 Anm. 2. 336 Acta Publica 4 (1621), S. 218. 337 Karl an Ferdinand, D uch : Die Politik Maximilians I., Januar 1621–Dezember 1622, S. 415 – 418. Er habe den kaiserlichen Auftrag „seiner eiseristen [äußersten] meglickheit nach“ ausgeführt,

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längst getroffen. Zweck war nur, den Kurfürsten so weit wie möglich zu besänftigen, es ihm leichter zu machen, des Kaisers Entscheidung zu akzeptieren. „Der Erzherzog erfüllte den ihm gewordenen Auftrag zur vollsten Zufriedenheit des Kaisers …“ 338 Die ganze Episode zeigt, dass ein kompetenter Beamter des Kaisers bei einer Rolle des Erzherzogs in der habsburgischen Diplomatie ernste Bedenken hatte, der Erzherzog aber ­solche bei einer persönlichen Begegnung zerstreuen konnte und eine delikate Aufgabe in einer höchst wichtigen Angelegenheit mit einigem Geschick ausführte. Karls Missionen zum sächsischen Kurfürsten im Zusammenhang mit der Übertragung der pfälzischen Kurwürde an Bayern gaben dem Bischof eine Rolle in einem Unternehmen, das dem Papst, jetzt Gregor XV., und ­Kaiser Ferdinand von höchster Bedeutung war. Eine katholische Mehrheit im Kurfürstenkolleg sollte die Möglichkeit eines protestantischen Kaisers auf immer aus dem Wege schaffen. Ein solcher, so Papst Gregor, „würde gewisser­maßen das Ende des Reiches und das Ende der Welt ankündigen.“ 339 Nur gelegentlich hört man ansonsten Karls Stimme in der habsburgischen Diplomatie seiner Zeit, ehe ihm das spanische Projekt eine bedeutendere Rolle zuwies. Im Sommer 1621 dachte Ferdinand an den Bischof als seinen Vertreter in Wien, weil er erwartete, anlässlich eines Zusammentreffens mit den Kur- und Reichsfürsten einige Zeit in Regensburg abwesend zu sein.340 Karl hatte Bedenken und suchte Leopolds Rat, der dann diesen Auftrag an Karls Stelle übernahm. Gelegentlich wandte sich jetzt jemand gegen die Beobachtung des Kurfürsten argumentiert, dass die Sache hätte allen Kurfürsten vorgelegt werden sollen, oder bezüglich der Rechte anderer, die mit dem Kurfürsten von der Pfalz näher verwandt waren; er habe den Kurfürsten erinnert, er könne wegen seines Ansehens Ungemach verhindern. So weit, was der Erzherzog auch dem Herzog von Bayern mitteilt. Nur für die Augen des Kaisers fügt er hinzu: eine abfällige Bemerkung des Kurfürsten über das „Lumpenwerk“ von zwei oder drei der sieben oder acht Herzöge des anderen Sachsen, das Ersuchen des Kurfürsten, der ­Kaiser solle doch endlich bewirken, was er ihm zugesagt hat (was Karl sogleich ebenfalls befürwortet). Der Kurfürst wundert sich, dass der ­Kaiser die in Böhmen konfiszierten Güter an seine Leute ausgibt, statt sie als Kammergüter in seiner Hand zu behalten. Der Erzherzog entgegnet ihm, der ­Kaiser benötige die Gelder für seine militärischen Ausgaben. Am Ende fällt ihm noch ein, der Kurfürst bemerkte, sollten sich die anderen, wohl andere Fürsten, dem kaiserlichen Plan (bezüglich der Übertragung der Kurwürde) entgegenstellen, würde er in seinem eigenen Lande nicht sicher sein und wüsste dann nicht, wo er Unterstützung finden könnte. 338 G indely : Geschichte des Dreißigjährigen Krieges 4, S. 388 (ohne Quelle) über das, was Karl dem Kurfürsten vom ­Kaiser mitteilen sollte. 3 39 J aitner : Hauptinstruktionen Gregors XV., S. 614; Alexander K oller : Imperator und Pontifex: Forschungen zum Verhältnis von Kaiserhof und römischer Kurie im Zeitalter der Konfessionalisierung (1555 – 1648), Münster 2012, S. 176 (Kapitel I, 11: Die römische Kurie zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges). 340 B resciani , Erzherzog Karl, S. 194. Karl suchte für diese Mission Rat von seinem Bruder ­Leopold. Karl an Leopold, Innsbruck TLA, Alphabetisches Leopoldinum II 29 [28, 29] 16. 07. 1621. Bezeichnend vielleicht für die Mentalität des Erzherzogs, er hatte zahlreiche Bedenken.

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an den Breslauer Bischof als eine Person von Einfluss beim ­Kaiser.341 Kurfürst Georg Wilhelm von Brandenburg bat den Erzherzog, „dass die Jägerndorfer Frage auf dem ordentlichen Rechtswege entschieden würde“, und Karl unterstützte auf dem Frühjahrsfürstentag darin die Brandenburger, gegen den Fürsten von Liechtenstein und den ­Kaiser. Er ermahnte sogar den Kurfürsten, der nur eine ganz kleinmütige Reaktion gegen den ­Kaiser wagte, „Schreiben helfen nichts, sie werden verlegt und vergessen“, Karl kannte die habsburgische Bürokratie.342 Von Ferdinands brutalem Vorgehen gegen die böhmischen Aufständischen im Frühjahr 1621 hielt sich Karl fern. Als der ­Kaiser ein Sondergericht in Prag für die Aburteilung der führenden böhmischen Aufständischen einsetzte, dachte man an Karl als Präsident, er lehnte ab. Als Geistlicher hatte er eine gute Ausrede, es war ja längst entschieden, dass das Gericht Todesurteile fällen würde. Auch für die Statthalterschaft in Böhmen, für die man ihn im September 1621 als Kandidaten sah, war er nicht zu gewinnen.343 Weise, weise Weigerungen, er ersparte sich damit, auf der Tribüne sitzen und über vier lange Stunden zusehen zu müssen, wie der Henker siebenundzwanzig böhmischen Rebellen den Kopf abschlug. Am Rande arbeitete er auch hier im Interesse des Kaisers. Man hat vermutet, dass der Erzherzog die Auslieferung des in sächsischer Haft befindlichen und im Juni als einer von drei aus dem Herrenstande Hingerichteten Joachim Andreas Graf von Schlick an die Kaiserlichen bewirkte; auch dass Wilhelm von Lobkowitz, der dem Todesurteil entgangen war, aber seinen Besitz verloren hatte, vergeblich von Erzherzog Karl die volle Begnadigung erbat.344 Im Gegensatz zu Karl wirkte Leopold willig mit bei der Verfolgung der führenden Aufständischen und betrieb die Verurteilung und Hinrichtung des in die Schweiz geflüchteten mährischen Obersten Friedrich von Tiefenbach in Innsbruck.345 Die beschriebenen diplomatischen Nebenrollen fielen dem Erzherzog zu, weil sich der ­Kaiser zuzeiten am besten durch ein Mitglied der Habsburgfamilie 341 Carlo Carafa (1584 – 1644), Nuntius in Wien, schrieb einen ausführlichen Bericht über den kaiserlichen Hof und „die Entscheidungsträger um ­Kaiser Ferdinand II.“, 23. 10. 1621, BAV, Codices Barbarini Latini, 6929 fol. 77 – 96; J aitner : Die Hauptinstruktionen Gregors XV ., S. 260. 342 Cölln, 17. 06. 1622, B ein : Schlesien in der habsburgischen Politik, S. 96, der Brief in Staatsarchiv Nürnberg, Brandenburger Literalien Nr. 971, fol. 161 – 162r. S chulz : Markgraf Johann Georg von Brandenburg und der Streit um Jägerndorf, S. 211, 212, 213. Erzherzog Karl an Kurfürst Georg Wilhelm, Neisse, 19. 07. 1622, Berlin, Geheimes Staatsarchiv, nicht gesehen. 343 Anton G indely : Geschichte der Gegenreformation in Böhmen, Leipzig 1894, S. 14, 23 (keine Quelle). Als Geistlicher war Karl als Präsident des Gerichts ungeeignet, da das Gericht Todesurteile aussprechen würde. Erst als Karl abgelehnt hatte, wurde Karl von Liechtenstein zum Staathalter „mit unbeschränkter Machtvollkommenheit“ ernannt, ebd., S. 38; s. a. ders .: Geschichte des Dreißigjährigen Krieges 4: Die Strafedikte Ferdinands II und der Pfälzische Krieg, Prag 1880, S. 94. Im letzteren Werk, S. 183, in der ersten, mit * gekennzeichneten Anmerkung verweist Gindely auf den Bericht des Erzherzogs Karl im „Wiener Staatsarchiv“. 344 G indely : Geschichte des Dreißigjährigen Krieges 4, S. 56, 83 (Brief vom August 1621). 345 Hingerichtet am 26. Mai 1621; G ottschalk : Buckisch 2, S. 299 (Artikel 713), Anm. 24.

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v­ ertreten sehen wollte, offensichtlich nicht dank seiner Erfahrungen oder diplomatischen Talente. Im Gegenteil, die kaiserlichen Räte und der Herzog von Bayern überzeugten sich nur zögernd, dass der Erzherzog die geeignete Person war, und betrachteten eine eingehende Vorbereitung als notwendig – als ob man ihm das richtige Vorgehen erst eintrichtern müsste, ehe der Erzherzog sich auf den Weg an einen fremden Fürstenhof machte. Galanterie, Charme und Bescheidenheit waren des Erzherzogs Vorzüge im Umgang mit Fürsten und deren hohen Beamten. Die anfänglichen Zweifel der kaiserlichen Räte weisen aber auf die gleichen Unzulänglichkeiten der Persönlichkeit hin – Desinteresse an ernsten Regierungsgeschäften, Mangel an Willensstärke, Beeinflussbarkeit –, wie sie auch die vatikanischen Beamten notierten und die seine Eignung für die ihm übertragenen hohen Ämter so fragwürdig machten. Durch seine diplomatischen Auftritte dann und wann konnte sich der Breslauer Bischof jedoch auf seine wichtigste Mission ein paar Jahre ­später vorbereiten, nämlich den ­Kaiser am spanischen Königshof zu vertreten.

Abb. 6 Erzherzog Karl 1618, goldener dreifacher Dukat. Umschrift: carl. d. g.arch.avst.dvx. bvr.com.tir. Revers: Identisch mit der Münze von 1614, aber die Jahreszahl 1618. Die Umschrift: epus.brix.et.wratislaviens.1618. Wien, Kunsthistorisches Museum, Münzsammlung 004119 ba. F. F riedensburg , und H. S eeger : Schlesiens Münzen und Medaillen der neueren Zeit, Breslau 1901, Nr. 2606.

Der General

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8. Der General Er sei „nunmehr ­dieses Landes vermochter General“, schrieb Erzherzog Karl dem sächsischen Kommandanten in Schlesien im März 1622.346 Bald nach seiner Rückkehr in sein Bistum, nachweislich von Dezember 1621 an, fand sich der Bischof in die schlesischen Kriegsereignisse verwickelt. Anfang des Jahres 1622 übertrug ihm Ferdinand das „Generalat“, d. h. das Kommando über die Truppen der schlesischen Fürsten und Stände. Diese Entscheidung machten die Fürsten und Stände in Karls Anwesenheit bei einer Zusammenkunft in Liegnitz, vom 24. April bis 9. Mai 1622, zu ihrer eigenen.347 Mit dem Sieg der Katholischen war eine führende Rolle in Schlesien für den Breslauer Bischof unvermeidbar. In einem Brief aus Wien an Leopold im September 1621 erinnerte er den Bruder, dass er ja jetzt in Schlesien der Fürst mit der längsten Regierungserfahrung sei.348 Nach Vorbereitung, Talent und Temperament kann man sich kaum einen weniger geeigneten Kandidaten für ein militärisches Oberkommando vorstellen. Durch den Fürstentag hatten die Schlesier wiederholt, obwohl in langen Abständen, der militärischen Sicherheit des Landes ihre Aufmerksamkeit geschenkt. Eine Defensionsordnung entstand zuletzt 1619.349 Das schlesische Verteidigungssystem existierte schon über zweihundert Jahre und sah in ­diesem Jahr ein Aufgebot von 7995 Fußsoldaten vor und eine Reiterei, zu der jedes Gut im Lande ein Ross und einen Reiter beitragen sollte, was im Idealfalle mehrere tausend Berittene zusammengebracht hätte. Man stellte Musterrollen auf, Musterungen fanden statt und eine Defensionssteuer wurde eingeführt.350 Zu einem Generalaufgebot kam es aber niemals in Karls Tagen, nur zu stückweiser Verwirklichung dessen, was man auf Papier festgelegt hatte. Als Inhaber des Generalats über zwei Jahre und drei Monate, das zuletzt in der Hand des Herzogs von Jägerndorf gelegen hatte, vertrat der Erzherzog jetzt den Oberlandeshauptmann in 346 Karl an Wolf von Mansfeld, Neisse, 12. 03. 1622, Acta Publica 5, S. 50; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 290 Anm. 1; B uckisch 5, 4, 10. Bresciani weist in ­diesem Zusammenhang (B resciani : Erzherzog Karl, S. 165 Anm. 4) auf Innsbruck TLA, Hofrat, Selekt Ferdinandea, Pos. 255, ich sehe aber kein Schreiben dort, das sich auf diese Ernennung bezieht. 347 B uckisch 5, 4, 10; G ottschalk : Buckisch 2, S. 306; am ausführlichsten das Memoriale über die genannte Zusammenkunft in Acta Publica 5, S. 81 – 96, hier S. 84; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 290 Anm. 1. 348 Karl an Leopold, 08. 09. 1621, Innsbruck TLA, Alphabetisches Leopoldinum II 29 [60, 61], 08. 09. 1621. 349 Am 4. Oktober 1619, eine Woche nachdem sich Karl auf den Weg nach Warschau gemacht hatte, stellte der Landeshauptmann von Neisse ein Verzeichnis der Gutsbesitzer im bischöflichen Fürstentum zusammen, offensichtlich die Basis für die militärischen Verpflichtungen; S cholz : Das geistliche Fürstentum Neisse, S. 208 – 212; APW Księstwo Nyskie 626, S. 1 – 8. 350 P alm : Schlesiens Landesdefension im XV ., XVI . und XVII . Jahrhundert, hier besonders S. 91 – 97. Defensionsordnung des Landes Schlesien, 10. 03. 1620 (ausgearbeitet auf Fürstentagen 1619), und die beiden angehängten Gutachten in Acta Publica 2 (1619), S. 115 – 128 bzw. 129 – 143.

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Militärangelegenheiten. Wichtige Entscheidungen traf er zusammen mit dem Liegnitzer Herzog Georg Rudolf, im Amt als Oberlandeshauptmann von 1621 bis 1629. Überdies konnte in Schlesien nichts ohne die Versammlung der Fürsten und der Vertreter der Ritterschaft und Städte getan werden. Das bedeutete, man brauchte hier viel Zeit, wenn es um militärische Entscheidungen ging. Wolf von Mansfeld, 1622 Kommandant der sächsischen Truppen in Schlesien, versicherte dem Kurfürsten Johann Georg, er würde niemals das Kommando in Schlesien übernommen haben, hätte er geahnt, wie gemächlich sie hier die Geschäfte abwickelten. Der Kurfürst hörte wahrscheinlich nicht gern von seinem General, „dass man bei dem königlichen Oberamt so schläfrig mit den Sachen umgeht“.351 Karl kam, wie gesagt, erst in der zweiten Oktoberhälfte 1621 nach Schlesien zurück. Der Kurfürst von Sachsen traf am 15. Oktober in Breslau ein.352 Nachdem sich dieser im späten November 1621 aus Schlesien zurückgezogen hatte, war der Erzherzog der mächtigste Mann im Lande. Den alten Streit, ob der Bischof oder der Oberlandeshauptmann den Vorrang beanspruchen konnte, hatte der Kurfürst von Sachsen zugunsten des Ersteren entschieden, wegen Karls hoher Abkunft.353 Bei den Fürstentagen oder den Zusammenkünften der „Nächstangesessenen“ führte Karl den Vorsitz. Die grundsätzlichen Anweisungen kamen aus Wien, aber die vielen an Ort und Stelle zu treffenden Entscheidungen lagen weitgehend in seiner Hand oder erforderten wenigstens seine Zustimmung. Niemals zuvor war Karl so tief in die politischen Probleme des ganzen Schlesien, jetzt wegen des Kriegsgeschehens so viel komplizierter, verwickelt gewesen. Den Fürsten und Ständen ging es vor allem um zwei Prioritäten: Karl sollte die kaiserlichen Kriegsvölker außerhalb Schlesiens, in Böhmen und der Grafschaft Glatz, festhalten und seine militärischen Entscheidungen im Einvernehmen mit den führenden Schlesiern treffen.354 Mit der Ernennung erhielt der Bischof von Breslau das Mandat, Krieg zu führen. Er vermied es klugerweise, sich an die Spitze von Truppen zu stellen, und die Aufgaben seines Amtes bestanden vor allem darin, sich mit den Regierenden, die Truppen in Schlesien hatten, und ihren Vertretern an Ort und Stelle, wie dem erwähnten Graf Wolf von Mansfeld, auseinanderzusetzen, Abwehr und Angriff mit ihnen zu koordinieren, den Einsatz, die Besoldung, Einquartierung, Verpflegung und Abdankung der auf kaiserlicher Seite Kämpfenden zu organisieren, die Ausschreitungen des Militärs gegen die Bevölkerung einzuschränken, sich mit Klagen über Schadenersatz zu befassen, vor allem immer wieder bei der 351 Mansfeld an Johann Georg, 08. 03. 1622, und Johann Georg an Mansfeld, 18. 03. 1622, Acta Publica 5, S. 49. 352 Acta Publica 4, S. 205 Anm. 1; P ol : Jahrbücher der Stadt Breslau 5, S. 230 hat als Datum des Einzuges 25. Oktober. Der Bischof war offensichtlich beim Einzug nicht anwesend. Der Kurfürst verließ Breslau am 14./4. November mit dem Reiseziel Schweidnitz. Den angehenden Streit „wegen der Session und Oberstelle“ entscheidet der Kurfürst für den Erzherzog, dieser nimmt am 1. November seine Stelle ein; ebd., S. 232. 353 P ol : Jahrbücher der Stadt Breslau 5, S. 231 f. 354 Acta Publica 5, S. 84.

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Aufbringung der Mittel beizuspringen, um das Kriegsvolk zu bezahlen und es damit von Rauben und Plündern abzuhalten. Der Dresdener Akkord erlaubte den Schlesiern nur 4000 Truppen, aber im Frühjahr 1622 wuchs ihr Heer auf 9000 Mann an, anscheinend aus dem ständischen Aufgebot und angeworbenen Söldnern bestehend.355 Dem Erzherzog erlaubte man bei der Belagerung von Glatz im Sommer und Herbst 1622 eine Leibkompanie von 300 oder 400 Mann. Für diese bezog er Liefergelder, d. h., ihr Unterhalt stammte aus dem schlesischen Steueraufkommen, aber einmal wurde sie dreizehn Wochen lang in der Herrschaft Friedeck in Teschen (heute Frýdek-Místek, Tschechien), einer von acht schlesischen Minderherrschaften, verpflegt. Ihre ­Ausgaben dort beliefen sich auf 3150 Floren und die Frau von Friedeck beklagte sich beim Fürstentag über die ihr aufgedrängten Kosten.356 Das erste Jahr des Generalats unter Erzherzog Karl, 1622, war nicht eine der schlimmsten Epochen des Dreißigjährigen Krieges in Schlesien, nicht ein Jahr der gewaltigen feindlichen Durchzüge oder der Stationierung von zehntausenden unbesoldeter Wallensteiner im Lande, einer Soldateska zusammengetrommelt aus aller Herren Länder. Dennoch war Schlesien schon damals von Soldaten überlaufen, die militärische Situation chaotisch, viele Gegenden des Landes bereits von den durchziehenden Truppen ausgesogen, die Bewohner oft nicht mehr imstande, ihre Steuern zu zahlen. Die traditionelle Verpflichtung der Bevölkerung, Soldaten mit Speise und Trank und Futter für die Pferde zu versorgen, genügte dem Militär nicht. Geldforderungen, Rauben und Plündern und dabei Gewalt und Totschlag begleiteten sein Auftreten in den Dörfern. Schon „ein Gefreiter mit sieben Mann“ war dann die Obrigkeit und konnte nach Lust kommandieren. Sich durch den Krieg zu bereichern, vor allem indem man von den Nichtkombattanten stahl, war doch jedermanns Absicht und Erwartung, vom Obersten, der die Kriegsleute anheuerte, bis zum letzten Fußknecht. Für das Problem, wie man ein Heer unterhalten konnte, ob es sich aus Söldnern, d. h. geworbenen Berufskriegern, oder dem Aufgebot des zehnten oder zwanzigsten Mannes der Dörfer zusammensetzte, hatte man am Anfang des Dreißigjährigen Krieges noch keine Lösung gefunden.357 Allein die Besoldung und Verproviantierung überforderten die Landesverwaltung und das bestehende Geld- und Kreditwesen, man wusste sich dann nicht anders zu helfen, als die täglichen Bedürfnisse des Militärs auf die Bevölkerung abzuwälzen. Den schmerzlichsten Schaden, wie auch in den späteren Jahren des großen Krieges, taten daher weniger die Belagerungen und Schlachten als die bloße Anwesenheit einer Masse 355 Julius K rebs : Die letzten Monate der kursächsischen Occupation Schlesiens (Januar bis Mai 1622), in: ZVGS 15 (1880), S. 102. 356 Bericht über die Zusammenkunft der Fürsten nach der Sitzung des Oberrechts, 4. – 17. 10. 1623, Acta Publica 5, S. 203 Anm. 1. Im gleichen Text die Zahlung von Sold für vier Monate „in kaiserlichem Geld“ an die Leibkompanie. 357 Julius K rebs : Die Drangsale der Stadt Schweidnitz im Dreißigjährigen Kriege und speziell im Jahre 1627, in: ZVGS 14 (1878), S. 1 – 40, s. die einleitenden Bemerkungen, S. 1 – 3.

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von Militär, in der Regel schlecht geführt, unbesoldet und beutegierig, „der Auswurf fremder Länder“, von deren Durchmärschen, Einquartierungen und Erpressungen selbst entlegene Winkel des Landes nicht verschont blieben. Mit Ausnahme vielleicht der verhältnismäßig disziplinierten Verteidiger von Glatz bestanden anscheinend keine großen Unterschiede ­zwischen den Soldaten aus vier oder fünf Ländern in ihrem Verhalten vor allem gegenüber der ländlichen Einwohnerschaft. Auch die bewaffneten Einheimischen benahmen sich gegenüber ihren Landsleuten nicht etwa besser. Das schlesische Kontingent unter dem Kommando des Erzherzogs war bejammernswert, die Reiterei „schlecht und nicht obedient“, das Fußvolk junge Bauernburschen, mit denen man nichts anfangen konnte. Die Truppen waren oft aufsässig, so dass die Gesandten des Oberamts im Frühjahr 1622 sechs oder sieben Tage lang mit ihnen verhandelten, zuletzt in Neisse vor dem Erzherzog, der dem Oberst ins Gewissen zu reden versuchte, viel versprach und an ihre Ehre appellierte, ehe sie an die Stelle der abgezogenen sächsischen Truppen traten.358 Unglücklicherweise fielen die Jahre des erzherzoglichen Generalats, 1622/23, zusammen mit einer Währungskatastrophe, wie sie die österreichischen Länder und das Reich noch niemals erlebt hatten. Ferdinand selbst war letzten Endes verantwortlich, da er die bestehenden Münzgesetze ignorierte. Die geheime Abmachung im Januar 1622, in der Ferdinand gegen eine hohe Summe auf ein Jahr das Münzregal in Böhmen, Mähren und Niederösterreich, dem im Sommer 1622 auch Schlesien zugefügt wurde, an ein Konsortium verpachtete, war ein Projekt zur Kriegsfinanzierung (was es bestenfalls kurzfristig erreichte), es tat der Wirtschaft großen Schaden, verursachte mancherorts sogar Hungersnöte, auch im Neisser Bistumsland,359 bereicherte aber in erstaunlichem Maße mehrere der Konsortiumsmitglieder. Die vom ­Kaiser autorisierte und vom Münzkonsortium unter Karl von Liechtenstein (auch Wallenstein war eines der sechzehn Mitglieder) organisierte massive Prägung von Münzen mit einem drastisch reduzierten Silbergehalt führte, nach Aufkauf alter Silbermünzen und Silber weit und breit, schnell zu Inflation und machte die Besoldung der Truppen kompliziert. Wer wollte unter solchen Umständen die Verantwortung für tausende von Soldaten haben? Als Regierungshaupt in Schlesien und Herr einer Münzstätte fand sich der Bischof bald in die Währungskrise verwickelt. Am Ende des Jahres 1622 fürchtete Karl, die schlesischen Truppen würden vor ihrer Entlassung, eine ­solche immer eine 358 Das war im letzten Drittel des Monats Mai 1622. Am 1. Juni stellten sie sich endlich zur Musterung auf. Das Fußvolk: „Sie sein aber so armselig elend aufgezogen, als vorhin in Schlesien von deroselbten Volke nicht gesehen, den mehrers junges bauernvolk, so zu ­diesem Handel wenig tüchtig und mit ihnen nicht viel wird zu richten sein“. Die Reiterei: „Die Rosse ­seien zumeist gering, das Gesindel alles junges Volk, die Röhre zerbrochen, die Wehre schlecht“, zum Angreifen ungeeignet, höchstens ein wenig zur Verteidigung nützlich; Acta Publica 5, S. 62 f. 359 Im Frühjahr 1622 herrscht um Neisse Teuerung, auch Mangel an Rindfleisch, weil man in Polen sich nicht mit schlesischer Münze bezahlen lassen will. Daher bittet Karl die polnische Königin um 50 Ochsen, für die er mit Wein aus Österreich oder Ungarn zahlen werde; Karl an Konstanze, 31. 05. 1622, K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 319 Anm. 12.

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kostspielige Angelegenheit, auf Zahlung in der guten alten Währung bestehen.360 Die Währungsmanipulationen des Konsortiums unterstützte Karl wohl nur gezwungen.361 Der Bischof von Olmütz, Franz Kardinal von Dietrichstein, der kaiserliche Münzmeister in Ober- und Niederschlesien, Balthasar Zwirner, die Jesuiten, am Ende vielleicht sogar Wilhelm Lamormaini, Ferdinands Beichtvater, waren ebenfalls dagegen. Wie Münzherren überhaupt, so auch der schlesische Oberlandeshauptmann, Herzog Johann Christian von Brieg, war Karl wahrscheinlich selbst am Prozess der Münzverschlechterung beteiligt.362 Angeblich gehörten einige Neisser „zu den schlechtesten damals in Schlesien kursierenden Münzen“.363 Am 21. Februar 1624 richtete er jedoch in Neisse eine Wechselstube ein, wo man schlechtes Geld, d. h. das Kippergeld, die entwerteten Münzen ohne nennenswerten Silbergehalt, oder Kupfergeld, gegen gutes kaiserliches Geld, neue Münzen, wieder mit einem höheren Silbergehalt, umtauschen konnte, auch das ein Verfahren, bei dem sich gewöhnlich die Münzherren bereicherten, auf Kosten der Untertanen mit minderwertigen Münzen im Beutel.364 Ins erste Jahr seines schlesischen Kommandos fallen als bedeutende kriegerische Ereignisse die Belagerung und Eroberung von Glatz. Einmal mit dem Oberbefehl in der Provinz betraut, musste sich Karl zunächst noch mit Resten der Streitkräfte des Herzogs von Jägerndorf befassen. Die Protestanten hatten die Schlacht bei Prag verloren, aber in Schlesien behaupteten sich Anhänger des Winterkönigs mit ihren Truppen noch auf zwei Jahre. Im Dresdener Akkord nicht eingeschlossen und mit der Reichsacht belegt, sah Johann Georg Markgraf von Brandenburg keine andere Wahl, als den 360 An Johann Christian, Herzog von Brieg, Neisse, 21. 11. 1622, Acta Publica 5, S. 132 Anm. Die Prägung der minderwertigen Währung fand 1622 statt, vor allem in den ersten Monaten, die Inflation war bald evident, im Sommer 1623 verbot der ­Kaiser die Prägung solcher Münzen, im Dezember 1623 wurde der Silbergulden auf ein Achtel seines Wertes reduziert, am 8. ­Februar 1624 der lange Gulden für ungültig erklärt; Steffen L eins : Das Prager Münzkonsortium 1622/23, 2. Aufl., Münster 2016, S. 80 – 92, 126. 361 Karl schrieb am 9. April 1624 an Ferdinands Beichtvater, den Jesuiten Wilhelm Lamormaini, er sollte den ­Kaiser um Unterstützung des Balthasar Zwirner, des entlassenen kaiserlichen Münzmeisters Ober- und Niederschlesiens, angehen; Beda D udík : Correspondence Kaisers ­Ferdinand II. und seiner erlauchten Familie, in: Archiv für Österreichische Geschichte 54 (1876), S. 219 – 350, hier S. 314. 362 Fritz R edlich : Die deutsche Inflation des frühen siebzehnten Jahrhunderts in der zeitgenössischen Literatur. Die Kipper und Wipper (= Forschungen zur internationalen Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 6), Köln, Wien 1972, S. 3 – 16, eine Zusammenfassung. Die Entwicklungen in Schlesien und besonders im bischöflichen Fürstentum bei F riedensburg : Schlesiens Neuere Münzgeschichte, S. 46 – 56, 90 – 92, 175 – 179; L eins : Prager Münzkonsortium, S. 132 (Dietrich­ stein, Lamormaini, die Jesuiten); G rünhagen : Geschichte Schlesiens 2, S. 190. 363 Walter B aum : Die Münzen und Medaillen der Bischöfe von Breslau, Teil 1 bis Karl von Österreich († 1624), in: ASKG 30 (1972), S. 1 – 52, hier S. 19. 364 Acta Publica 6, S. 45, 44. Schon am 10. Januar 1623 informierte Karl die Stadt Breslau über Entgegennahme und Austausch der neuen kaiserlichen Münze; Acta Publica 6, S. 36.

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Kampf gegen den ­Kaiser fortzusetzten. Sein Heer von 6000 Mann lag zunächst in der Lausitz, am 27. Februar 1621 brach es nach Schlesien auf. Über Schweidnitz und Frankenstein erreichte Johann Georg Neisse am 10. April, er erlegte den katholischen Einwohnern hohe Kontributionen auf, verwüstete Teile des Fürstentums und blieb bis zum 13. Juli. Mit 8000 Mann zog er von da über Jägerndorf und Troppau nach Ungarn, um sich mit Bethlen Gabor zu vereinen, seine Streitmacht war durch Zufluss in Mähren auf 12.000 angewachsen. Bethlen Gabor einigte sich aber mit dem ­Kaiser im Dezember 1621 im Frieden von Nikolsburg, und im Januar 1622 zersprengten kaiserliche, sächsische und schlesische Truppen das Heer des Markgrafen.365 Über Erzherzog Karl suchte Johann Georg einen kaiserlichen Pardon zu erreichen, nichts wurde daraus.366 Ein Rest des unter dem Herzog von Jägerndorf dienenden, dem Winterkönig loyalen Kontingents saß in der Festung Glatz bis Ende Oktober 1622, von Anfang Februar an unter der Führung des energischen und trotz seiner siebenundzwanzig Jahre kriegskundigen Franz Bernhard von Thurn, Sohn des notorischen böhmischen Rebellen Heinrich Matthias. Monatelang machte die Glatzer Besatzung Ausfälle in andere Gegenden der Grafschaft und darüber hinaus.367 Eine Zeit lang hatte sie Verbündete in den evangelischen Bauern um Habelschwerdt, die die von den Kaiserlichen besetzte Stadt belagerten. Das kaiserliche Heer blieb zunächst auf der böhmischen Seite der Grenze, übernahm aber schließlich die Belagerung von Glatz zusammen mit den Schlesiern und Truppen der böhmischen Stände. Inzwischen durchzogen kaiserliche Haufen die Gegend und plünderten die Dörfer im schlesischen Vorland der Sudeten. Ein sächsisches Regiment unter Wolf von Mansfeld kam zur Unterstützung der schlesischen Truppen gegen Johann Georg im Spätsommer 1621 nach Schlesien und führte eine Zeit lang den Kampf gegen die Glatzer, bis es von Kaiserlichen ersetzt wurde; es blieb bis zum späten Mai 1622. Karl mischte sich angeblich viel in die sächsischen Angelegenheiten ein.368 Wir hören einmal, dass er selbst einen Trompeter zum Zwecke von Verhandlungen vorschickte, mit dem die Glatzer Verteidiger aber nicht freundlich umgingen. In seinem Neisser Nachlass fanden sich drei Kanonenkugeln, ein Glatzer Andenken. Erst Ende Oktober 1622 fiel die Stadt und drei Monate ­später übernahm der Erzherzog die Lehnsherrschaft über die Grafschaft. Die monatelangen Kämpfe um Glatz – 20.000 Belagerer nahmen am Ende teil – zerstörten eine Landschaft und ruinierten die Einwohnerschaft. 365 K rebs : Die letzten Monate der kursächsischen Occupation Schlesiens, S. 101 – 103. Viel Artillerie aus Neisse brachte Johann Georg nach Glatz; Karl an Leopold, Wien, 16. 07. 1621, Innsbruck TLA, Alphabetisches Leopoldinum II 29, 16. 07. 1621. 366 Karl an Nikolaus von Kochtitzky (zwei Schreiben) und an Leopold, Innsbruck TLA, Alphabetisches Leopoldinum II 29, 29.05., 11. 06. 1621. 367 Hugo von W iese : Der Kampf um Glatz. Aus der Geschichte der Gegenreformation in der Grafschaft Glatz, Halle 1896, S. 24 – 56 über die eigentliche Belagerung. 368 W iese : Der Kampf um Glatz, S. 32 f.; K rebs : Die letzten Monate der kursächsischen Occupation Schlesiens, S. 100 – 119.

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Eine zweite Kette von Ereignissen erforderte die Aufmerksamkeit des Generals von Anfang bis Ende seines Kommandos. Hier ging es um die wiederholten Einfälle oder Durchzüge von Heerhaufen aus Polen, die weite Gebiete des Landes, vor allem Mittel- und Oberschlesien, in Mitleidenschaft zogen. Dabei war man selten ganz sicher, ob der König von Polen die Hand im Spiele hatte, wann der ­Kaiser polnische Hilfstruppen eingeladen oder wo ein unternehmender polnischer Söldnerhäuptling auf eigene Faust geworbene Scharen in das wehrlose Land gebracht hatte. Der Erzherzog, der zwei Jahre vorher, während seines Exils in Warschau, sich in die Werbung von Kosaken für einen Angriff auf Schlesien verwickelt hatte, musste sich jetzt gegen den Verdacht wehren, dass er selbst mitverantwortlich für ihr Auftreten in seiner Provinz war, ein heimlicher Drahtzieher im Einklang mit anderen jenseits der Grenze. Dem Oberhauptmann und dem Breslauer Rat versicherte er in den ersten Junitagen 1622, er habe nichts mit den Eindringlingen zu tun, was ­dieses Mal wohl den Tatsachen entsprach.369 Schon im März 1621 warnte Herzog Heinrich Wenzel von Oels die Stadt Breslau, Kosaken bedrohten von Polen her die Grenzstädte Kreuzburg und Pitschen.370 Im Juni 1622 überschritten polnische Haufen die Grenze, aber der General erfuhr davon erst, als sie bei Friedland zwanzig Kilometer nordöstlich von Neisse standen. Er schickte ihnen seinen Geheimrat Georg von Proskowski und dann seinen Beichtvater (ebenfalls des Polnischen mächtig) entgegen. Die Polen erklärten, sie wollten dem ­Kaiser oder dem Herzog von Bayern dienen, behaupteten aber auch, ihr König wisse nichts von ihrem Unternehmen und der ­Kaiser habe sie nicht geworben. Die unwillkommenen Krieger auf der Suche nach Ziel und Zweck ihrer Expedition zogen dann nach Mähren weiter.371 Zu den schlesischen und kaiserlichen Kontingenten im Lande fluteten im September und November 1622 wiederum polnische Kriegsscharen, einmal im Osten, dann im Westen auftauchend, über die schlesischen Grenzen. Der Breslauer Chronist Nikolaus Pol, der hiervon ausführlich erzählt, gibt die kaum glaubwürdigen Zahlen von 12.000 bzw. 11.000 Mann. Was sie eigentlich wollten, außer Krieg und Beute machen – Beute sicherlich lieber als Krieg –, darüber bestanden unterschiedliche Meinungen. Als ihr Ziel werden Mähren und Wien genannt. Auch in ­diesem Falle ließ sich Karl auf Verhandlungen ein.372 Er versuchte, die erste Welle an der Grenze von ihrem Vorhaben abzubringen, riet dann von Widerstand ab, 369 Karl an den Oberamtmann Herzog Johann Christian von Brieg, 01. 06. 1622, Acta Publica 6, S. 24; der Erzherzog an den Breslauer Rat, 03. 06. 1622, er habe mit den Leuten keine Verbindung, Acta Publica 6, S. 25. 370 12. 03. 1621, s. a. 11.06., Acta Publica 6, S. 19. 371 Karl an den Oberamtmann Herzog Johann Christian von Brieg, 01. 06. 1622, und an die Stadt Breslau, 03. 06. 1622, Acta Publica 6, S. 24 f. Der Beichtvater sicherlich der Neisser Fransiskanerguardian Bonaventura Orlik. 372 P ol : Jahrbücher der Stadt Breslau 5, S. 235 – 239; Acta Publica 5, S. 106 – 108, Beilage: „Die Kosakeneinfälle in Schlesien, Spätsommer und Herbst 1622“. Karl soll mit ihnen verhandelt haben. Als ihr Ziel werden Mähren und Wien genannt.

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da die ungeladenen Ankömmlinge sonst nur noch mehr brandschatzen und morden würden, wies ihnen Kommissare zu und fand ihnen Quartiere.373 Bald übernahmen die Polen eine Rolle in einer Aktion, die auf die Initiative des Bischofs hin stattfand oder wenigstens mit seiner Erlaubnis.374 Sein Kriegsrat Karl Hannibal von Dohna fand sich in Frankenstein plötzlich einer solchen Truppe von Polen gegenüber. Als sie ihn um Quartier angingen, nützte er sie zu einem Angriff auf die evangelischen Bauern, die Habelschwerdt belagerten. Dohna schätzte die Verluste der Landleute auf tausend Mann.375 Nachrichten vom Sommer und Herbst 1623 über Kosaken und ein polnisches Hilfsheer unter dem Kommando eines Stanislaus Stroinowsky lassen sich nicht miteinander vereinbaren. Einmal heißt es vom ­Kaiser, er brauche die Kosaken nicht (4. August), ein anderes Mal soll Stroinowsky ihm mit einem Heer von 2000 Mann gegen Bethlen Gabor zu Hilfe kommen (23. Oktober).376 Der Bischof von Nola, Johannes Baptist Lancellotti, Nuntius in Warschau, kaum in der polnischen Hauptstadt angelangt, wusste gleich von polnischen Kontingenten, die nach Schlesien aufbrachen, speziell um dem Breslauer Bischof zu Hilfe zu kommen.377 Auf jeden Fall wurde Schlesien unter dem bischöflichen General, aber kaum auf seine Initiative, zum Tummelplatz polnischer Söldnerscharen, ein ­Zeichen seiner Ohnmacht. Nicht einmal die Fakten ihres Kommens und Gehens lassen sich genau bestimmen, von Motiven und Objektiven ganz zu schweigen. Die andauernden Invasionen Kriegslustiger aus Polen hätten wahrscheinlich auch einen besseren Heerführer überfordert, genau wie einen, der heute ihr Tun beschreiben will. Dem Erzherzog war es offensichtlich unmöglich, mit seinem zerlumpten Aufgebot und kärglichen Finanzen die Einfälle aus dem benachbarten Königreiche zu verhindern. Auf friedlichem Wege versuchte er die Folgen zu mildern und dort, wo die bewaffneten Scharen schlesischen Boden betraten, gelegentlich ihre Anwesenheit für seine Zwecke und die der kaiserlichen Sache auszunutzen. Im Gegensatz zu den unter diesen Einfällen ­leidenden ­Einwohnern der 373 Ein langes Memorandum der Fürsten und Stände vom 3. März 1623 geht zweimal auf die Ausschreitungen der Kosaken ein. Manchmal waren die einfallenden oder durchziehenden polnischen Kriegsleute zweifellos von der kaiserlichen Regierung angefordert worden, aber selbst der Erzherzog wusste im Sommer 1623 nicht, ob das der Fall war; Acta Publica 5, S. 140, 142, 149, 184 Anm. 3. 374 Acta Publica 5, S. 64 Anm. 2. 375 Acta Publica 5, S. 64 f. 376 Acta Publica 6, S. 39 f., 5, S. 207. 377 In Warschau1622 – 1627. 15. 09. 1623: Eine Gruppe von 1500 Kavallerie, eine zweite von 400, die letztere übernahm der Erzherzog nicht, weil er sie nicht brauchte. Wenig ­später kam dem König die Nachricht zu, Johann Christian, Herzog von Brieg, habe diese Reiter angegriffen und viele ­seien erschlagen worden. Der polnische König argwöhnte, der Brieger Herzog wollte die Polen davon abschrecken, dem ­Kaiser zu dienen. Sigismund schickte sofort einen Sekretär, um zu verhindern, dass die 1500 zu Bethlen Gabor überlaufen würden; Thaddaeus F itych Hg.: Acta Nuntiaturae Polonae XXII, 1. Ioannes Baptista Lancellotti [22. 11. 1622 – 31. 12. 1623], Krakau 2001, S. 194 f. (Nr. 144).

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Städte und Dörfer Schlesiens und deren Amtsleuten sah der mit Polen unter ­Sigismund und Konstanze doch recht vertraute Bischof in den polnischen Kriegsleuten wahrscheinlich weniger Feinde als potentielle Verbündete. Mit dem Generalat beauftragt, war der so leicht von anderen gelenkte Habsburger gezwungen, harte Unterhandlungen zu führen, Entscheidungen zu treffen, zu kommandieren. 1622 übertrug er Albrecht von Wallenstein, damals erst Oberst, aber schon Gubernator von Böhmen und ein mächtiger Mann, und Karl Hannibal von Dohna die Einrichtung von Garnisonen in den schlesischen Städten.378 Dem Dohna gab er Anweisung, wie er sich mit seinen Truppen gegenüber den sächsischen verhalten solle, tadelte die eine oder andere seiner Maßnahmen, lobte seinen Versuch, die Truppen des Markgrafen von Jägerndorf auf die kaiserliche Seite zu ziehen (dabei auch, dass er sich erst an Karl, nicht sofort an den ­Kaiser wandte), gab ihm dazu die Vollmacht, verbot aber, die Rückgabe von Landgütern zu versprechen. Schlesische und sächsische Truppen sollten jetzt mit solchem Gesindel fertigwerden.379 Dohna erhielt auch von ihm die Instruktion, mit den Truppen des Markgrafen über Soldforderungen und Abzug aus dem Herzogtum Troppau zu verhandeln. Im Frühjahr 1622 drängte er ihn, die Truppen des Markgrafen von Jägerndorf im Herzogtum Jägerndorf anzugreifen; Dohna zog Verhandlungen vor, die zu deren Abzug ohne Gegenleistung führten.380 Für die Belagerung von Glatz überredete der Erzherzog die Breslauer, zwei Geschütze verfügbar zu machen. Zuerst dachte er wohl daran, auch in Neisse ­solche Kanonen herzustellen, denn er bat den Breslauer Stadtrat um einen Rotgießer mit den notwendigen Kenntnissen und Werkzeugen, einschließlich einer Säge – Karl war ein Mann des Details.381 Er befahl der Stadt Breslau, eine gewisse Summe zur Entlassung der schlesischen Reiterei vorzuschießen und ihre militärische Verpflichtung zu erfüllen.382 Selbst jenseits der Grenzen seines Fürstentums verurteilte er Angeklagte zum Tode, die gegen die Kriegsgesetze verstoßen hatten, wie einen Mann, der in einer Breslauer Taverne für den in protestantischen Diensten stehenden Grafen Ernst von Mansfeld Leute angeworben hatte. Er begnadigte ihn bald, aber den von ihm zum Tode verurteilten Dietrich von Falkenhain befahl er auf dem Neumarkt in Breslau mit dem Schwerte hinzurichten, sein Verbrechen unbekannt, aber, hofft man, nicht trivial.383 Er verfügte, die schlesischen Truppen könnten nicht mehr weiterhin im Groß-Glogauischen bleiben, das Gebiet habe zu viel Schaden erlitten, einige Reitertruppen müssten ins Breslauer Fürstentum verlegt werden.384 Karl unterhielt, wie zu erwarten, enge Verbindungen 3 78 Arno D uch : Karl Hannibal, Burggraf von Dohna, NDB 4 (1959), S. 51. 379 Januar 1622, Acta Publica 4, S. 196. 380 20. 01. 1622, G indely : Geschichte des Dreißigjährigen Krieges 4, S. 285 – 287. 381 12.02., 23.05., 26.05., 29. 05. 1622, Acta Publica 6, S. 23; 5, S. 61, 22. 382 22.03, 28. 08. 1623, Acta Publica 6, S. 37, 40. 383 18. 03. 1623, Acta Publica 6, S. 36 f.; P ol : Jahrbücher der Stadt Breslau 5, S. 239 f. 384 Aus Neisse an die Stadt Breslau, 02. 01. 1623, Acta Publica 6, S. 36.

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zum Kaiserhof. Er übermittelte die Intentionen oder Wünsche des Kaisers, etwa, dass man endlich mit der Belagerung von Glatz ernst machen sollte, oder gab nach Wien Nachrichten, wie die Absicht des tollen Halberstädters, in Schlesien einzufallen.385 Er wies Wolf von Mansfeld an, die belagernden Truppen bei Glatz zusammenzuziehen, da Münsterberg und Frankenstein in den vorhergehenden vier Jahren schon einen Schaden von 200.000 Talern erlitten hatten.386 Den Mansfeld ermahnte er, die Räubereien seiner Leute abzustellen, und beklagte, dass man nicht einmal seine eigenen Fischteiche und Wildbahnen schonte.387 Der bischöfliche General verhandelte mit den Ständen. Die Münsterberg-Frankensteinischen baten ihn, die Plünderungen der kaiserlichen und schlesischen Soldaten zu verhindern und Musketiere in den Pässen bei Wartha und Silberberg zu postieren, damit die Provianttransporte nach Glatz sicher ­seien. Er sollte ihnen auch erlauben, ihre eigene Verteidigungsorganisation aufzustellen. Er verzieh den Ständen von Schweidnitz-Jauer, dass sie erst spät zu den Schanzarbeiten gekommen waren, dankte ihnen für den gelieferten Proviant.388 Er bemühte sich ernstlich, den Schlesiern zu helfen, wo es in seiner Macht stand. Als dem Pfarrer von Frankenstein die Sachsen vier Pferde abnahmen, schrieb Karl an den Kurfürsten, der den Rittmeister anwies, für Rückerstattung oder Entschädigung zu sorgen. Zu ihm brachte man die Klagen über die Missetaten der Kosaken oder der Kaiserlichen oder Nachricht von der Schlacht bei Jägerndorf, in der die schlesische Reiterei eine schmerzliche Niederlage von den Händen der Ungarn erlitt.389 Außer Lande wollte er seine Truppen nicht einsetzen. In den Monaten August bis November 1623 bedrohte der Krieg mit Bethlen Gabor die österreichischen Erblande, ein österreichisches Heer war in Göding an der March, nicht viel mehr als hundert Kilometer von Wien entfernt,390 monatelang eingeschlossen und stand am Rand der Kapitulation. Bethlen hatte gefährliche Pläne für die Wiedererrichtung der protestantischen Herrschaft in Böhmen, seine Truppen verwüsteten mittlerweile die Markgrafschaft Mähren. Von den Schlesiern unter dem Erzherzog kam keine Hilfe; wie Wallenstein bemerkte, gingen sie ihre eigenen Wege.391 Leider gibt es nichts Schriftliches, das zeigen würde, ob – oder wie – Wallenstein mit dem Bischof von Breslau verkehrte. Man wüsste gern, was dieser Experte in Militärdingen über den habsburgischen Kommandierenden in Schlesien zu sagen hatte. 3 85 386 387 388 389 390

12. 03. 1622, Acta Publica 5, S. 50; 03. 05. 1623, Acta Publica 6, S. 37. Karl an Wolf von Mansfeld, 10. 04. 1622, Acta Publica 5, S. 54 f. Acta Publica 5, S. 52. Acta Publica 5, S. 65 f. Dohna an Karl, 12. und 13.12., 10. und 11.01., Acta Publica 4, S. 193, 194, 195, 197. Hodonin, im südöstlichen Mähren, 55 km südwestlich von Brünn, Straßenentfernung von Wien 111 km. 391 Ferdinand T adra : Beiträge zur Geschichte des Feldzuges gegen ­Kaiser Ferdinand II. im Jahre 1623. Nebst Originalbriefen Albrechts von Waldstein, in: Archiv für österreichische Geschichte 33 (1877), S. 401 – 464, hier S. 441 – 443. Die „Schlesinger … wollen halt oft gemahnt werden“ (sich an der mährischen Grenze und in Mähren zu postieren).

Der General

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Den ­Kaiser ließ der Erzherzog bald wissen, dass ihm das Generalat eine Last war. Da Ferdinand ihn seit Jahren für eine Mission zu den spanischen Habsburgern ausersehen hatte, fand Karl einen gelegenen Vorwand. Er trat das Amt sicherlich mit Erleichterung ab, als er im April 1624 die Angelegenheiten von Bistum und Fürstentum für die Zeit seiner Abwesenheit in Spanien zu regeln suchte.392 Den letzten Fürstentag vor seiner Abreise nach Spanien, in Breslau am 10. Mai 1624, besuchte der Bischof nicht mehr. Er gab aber seinen Abgesandten, einem der Bistumsadministratoren und dem Vizekanzler, am 27. April eingehende Instruktionen über das, was sie den Fürsten und Ständen vortragen sollten.393 Seine Pflichten als Inhaber des Generalats schienen ihm dabei besondere Sorgen zu machen. Er legte das Amt für die Zeit seiner Abwesenheit in die Hände des Oberlandeshauptmanns, erinnerte gleichzeitig an die vielen Schäden, die das Land und seine Bewohner durch herumziehende Soldaten erlitten hatten. Seine Herrschaften – Oppeln-Ratibor und Neisse – wollte er von der Einquartierung ausgenommen sehen, da sie ausgemergelt ­seien wegen der Durchzüge der Kosaken und der Entlassung des schlesischen Kriegsvolkes, auch wegen der Verwüstungen durch den Markgrafen Johann Georg. Man könne in diesen Territorien kaum Steuern erheben, die oft von den großen Besitzern vorgeschossen werden müssten. Es ging ihm vor allem darum, dass das Land von weiterer Belastung durch anwesendes Kriegsvolk verschont blieb, überhaupt sorgte er sich um das Wohlergehen nicht nur seines Fürstentums, sondern des ganzen Landes, und um die Bewahrung der schlesischen Privilegien. In seiner Abwesenheit sollte man seine Residenzstadt beschützen, als Grenzstadt von besonderer Bedeutung für das ganze Land („gleichwol einen Grenzort, daran dem ganzen Land gelegen“). Karl wünschte noch vor seiner Abreise die Abdankung seiner Leibgarde zu Pferde (anscheinend bis auf 102 Mann) und der bei Glatz gelegenen 300 Mann seiner Leibgarde zu Fuß. Den restlichen Teil der Leibkompanie, „ein Freifähndlein von 500 Mann“, wohl in Neisse gelegen, das bisher der ­Kaiser unterhielt, sollten die Fürsten und Stände bis zu seiner Rückkehr mit Proviant versorgen.394 Über den merkwürdigen schlesischen Kriegsherrn der Jahre 1622 bis 1624 lässt sich zusammenfassend nur so viel sagen: Die Korrespondenz und die Kriegsakten aus den Jahren 1622 und 1623 zeigen, dass der Bischof bis auf die letzten drei Monate des Jahres 1623 auf Exkursionen nach Österreich oder anderswohin verzichtete, auf seinem schlesischen Posten aushielt und an allen Kriegsgeschäften beteiligt war. Nur der Name Ferdinands erscheint so oft wie der seine in den Akten zu den schlesischen Ereignissen dieser Jahre. Aus der Sicht der Fürsten und Stände hatte er als Mitglied des Hauses Habsburg eine zentrale Rolle. Für 392 Merkwürdigerweise glaubte man noch in den folgenden Wochen, das Generalat sei an die Neisser Administratoren, mit anderen Worten an Breslauer Domherrn, übergegangen und sie müssten sich mit den aus Mähren zurückkehrenden Kosaken befassen, die auf ihre Besoldung drängten und auf dem Durchzug in ihre Heimat in Oberschlesien zu plündern drohten; Acta Publica 5, S. 280 (aus den Kriegsakten, die der Herausgeber im Breslauer Staatsarchiv eingesehen hatte). 393 Instruktion für die Gesandten zum Fürstentag, 27. 04. 1624, Acta Publica 5, S. 269 – 274. 394 Acta Publica 6, S. 44 f.

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seine Stellung als Oberkommandierender war Erzherzog Karl nicht besser vorbereitet als für das bischöfliche Amt fünfzehn Jahre vorher. Mit Hilfe einiger Untergebener, die mehr vom Kriegshandwerk verstanden – er bestellte gleich nach seiner Ernennung drei Kriegsräte –, half er, den Krieg gegen die letzten Streiter für den Winterkönig zu Ende zu bringen. Entscheidungen, die ganz auf ihn zurückzuführen sind und den Verlauf der Ereignisse wesentlich beeinflussten, Verantwortung für große Erfolge oder Niederlagen kann man ihm nicht nachsagen. Aber eine voreilige und den Empfänger verletzende Mitteilung an den Kurfürsten von Sachsen, dass die Kaiserlichen und die Schlesischen jetzt die Belagerung von Glatz übernehmen würden, beschleunigte zwei Monate ­später zur Bestürzung des Bischofs und des Oberamtmanns den baldigen Abzug der sächsischen Einheiten aus Schlesien. Undiplomatisch war wohl auch, dass er sich öfters beim Kurfürsten von Sachsen über Wolf von Mansfeld beklagte, damals der einzige wirklich kompetente Heerführer in Schlesien.395 Ob er tatsächlich den Einsatz der Kosaken gegen die aufständischen Bauern um Habelschwerdt, der mit einem Massaker an schlesischen Landleuten endete, persönlich anordnete, hängt von der Glaubwürdigkeit einer einzigen Quelle ab.396 Wo die Leute mit Klagen oder Bittgesuchen an ihn herantraten, versuchte er zu helfen, die Leiden der Bevölkerung wollte er mildern. Das friedliche und blühende Schlesien, das Karl im Jahre 1608 betrat, hatte mehr als ein Jahrhundert lang keinen Feind innerhalb seiner Grenzen gesehen; es besaß eine produktive Wirtschaft, eine wohlhabende städtische Bewohnerschaft, in der bischöflichen Residenzstadt entstanden in den Jahren vor seiner Ankunft einige ihrer markantesten Bauten und Kunstdenkmäler. Bei seinem Abschied im Juni 1624 war das Land bedrängt, verarmt, verdorben. Dass sich die schlesischen Fürsten und Stände, an Unklugheit und Unfähigkeit, sich die Konsequenzen ihrer Handlungen auszumalen, den böhmischen ebenbürtig, den Aufständischen angeschlossen hatten, erregte bei einigen den Wunsch, ein straffes Regime ganz im Stile des Absolutismus in Schlesien aufzustellen, die so oft von den Fürsten und Ständen in den vorhergehenden hundert Jahren berufenen schlesischen Privilegien abzubauen – in Rechts- und Steuerwesen, Ausübung der evangelischen Religion, Freiheit der Ratswahlen, Einfluss auf die Bischofswahl. Man dachte an radikale, die Rechte der Fürsten und Stände beschneidende Maßnahmen: die Abschaffung des obersten schlesischen Gerichts (Oberrecht), Kontrolle über die schlesischen Truppen durch den Vertreter des Kaisers, neue Einkommensquellen durch Zollerhöhungen, Abschaffung der Landkasse, das Schließen calvinistischer Schulen, ein Verbot des Besuchs calvinistischer Universitäten, die Verleihung der höchsten 395 Acta Publica 5, S. 49 f., Neisse, der kritische Brief vom 12. März 1622; K rebs : Die letzten Monate der kursächsischen Occupation Schlesiens, S. 112 f. 396 P ol : Jahrbücher der Stadt Breslau 5, S. 235 – 239 über das Eindringen der Kosaken und Karls Verhandeln mit diesen, es handelt sich wohl um Ereignisse im September 1622; S. 238 und 239, wie die Kosaken in Niederschlesien gehaust haben.

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s­ tädtischen Ӓmter allein an Katholiken. In den ersten drei Monaten nach der Schlacht am Weißen Berge entstand ein Memorandum, vielleicht aus der Feder des Freiherrn Otto von Nostitz, zur Reform der schlesischen Verfassung, das viele dieser Ideen enthielt. Es zielte auf ein zentralisiertes, dem ­Kaiser strikt untergeordnetes System, mit drastisch reduzierten Rechten und Gewalten des Fürstentags, das Land ganz von kaiser­lichen Beamten regiert. Im Umkreis des Kaisers stellte man sich vor, der Bischof würde dann das Oberamt übernehmen und sowohl das Bistum als auch die weltlichen Angelegenheiten der Provinz regieren. Ein Vorbild fand man hier in der in Mähren bestehenden Ordnung, wo der Bischof von Olmütz als Kirchenherr und Inhaber der Exekutive im Lande herrschte.397 Nur die Reise nach Spanien und sein Ende in Madrid ersparten Karl die vorgesehene Rolle eines Vollstreckers des strengen kaiserlichen Programms und Totengräbers der schlesischen Privilegien.

9. Eine freie Hand gegen die Evangelischen 1621 – 1624 Mit dem Siege der kaiserlichen Partei im November 1620, der Entmachtung und Demütigung der schlesischen Fürsten und Stände und der Eroberung von Glatz im Oktober 1622, die dem evangelischen Widerstand in Schlesien ein Ende setzte, fielen die Fesseln, die dem Erzherzog in seinem Kampf um die Wiederherstellung des katholischen Bekenntnisses in den von ihm regierten Territorien Zurückhaltung auflegen konnten.398 Genau wie Reformen im Interesse der katholischen Restauration konnte er Maßnahmen gegen die Evangelischen niemals in der ganzen Breslauer Diözese versuchen. Hier bestand ein drastischer Unterschied zu den Verhältnissen in Brixen. Die Bischöfe in Tirol konnten die Gegenreformation gestützt auf die weltliche Macht durchführen, in Schlesien waren die fürstlichen und städtischen Regierungen meistens protestantisch, für Schritte gegen die Protestanten blieb ihm nur das Neisser ­Fürstentum 397 „Denkschrift wegen Reformation der schlesischen Verfassung“ (1621), Acta Publica 5, S. 9 – 27; eine Zusammenfassung bei K rebs : Zur Geschichte der inneren Verhältnisse Schlesiens, hier besonders S. 341 – 353. Die wesentlichen Daten zu Nostitz bei G ottschalk : Buckisch 2, S. 139 Anm. 25. 398 Berichte über die religiöse Lage im Königreich Böhmen im Herbst 1622 und 1623: Carlo Caraffa, Nuntius in Wien, an Kardinal Ludovico Ludovisi, 08. 10. 1622, Relatio Bohemica, in: Acta Sacrae Congregationis de Propaganda Fide res gestas Bohemicas illustrantia, bearbeitet von Ignatius K ollmann , 1 1622 – 1623, Prag 1923, Nr. 25, S. 93 – 159; Carlo Caraffa an Kardinal Francesco Barbarini, September 1623, Ragguaglio dello stato di religione nel regno di Boemia et sue provincie incorporate, im gleichen Band Nr. 85, S. 350 – 411, nur in der letzteren relatio wird Schlesien, einschließlich Glatz, speziell berührt, S. 387 – 391, obwohl Caraffa nichts besonders Profundes zu sagen hat. Eine Denkschrift des P. Lamormaini zur Gegenreformation, verfasst Ende 1621 oder Anfang 1622, im gleichen Bande beginnt auf S. 17; Band 2, 1623 – 24 (Prag 1954), der von K ollmann bearbeiteten Veröffentlichung enthält Caraffas Ragguaglio dello stato presente della Germania.

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oder ­bestenfalls noch die bischöflichen Halte. In der größten Stadt der Halte, dem südwestlich von Breslau gelegenen Kanth, das 1618 1388 Einwohner zählte, befahl er im ersten Jahr nach seiner Rückkehr, das 1620 erbaute evangelische Bethaus niederzureißen.399 Aber die Stadt Neisse stand wie vorher im Mittelpunkt seiner gegen die Evangelischen gerichteten Initiativen. Dort ordnete er jetzt an, Verzeichnisse der Neuerungen aufzustellen, die den Neissern in den wenigen Monaten protestantischer Herrschaft zugestanden worden waren, die ursprünglichen kamen auf zehn, die nach dem Prager Fenstersturz auf elf, sie alle sollten jetzt rückgängig gemacht werden.400 Zum Teil nannten sie die gleichen Konzessionen, beide Aufstellungen liefen darauf hinaus, dass die Evangelischen nach den Regeln ihrer Konfession in der Stadt leben durften. Kastner hatte Kopien der Schriftstücke vor sich, gibt aber keine genauen Daten. Am Anfang des Jahres 1622 schickte der Bischof den Bistumsadministrator Peter Gebauer zum Oberlandeshauptmann, um ihm mitzuteilen, was er gegen die evangelischen Neisser im Sinn hatte und ­welche speziellen Vorkehrungen die Restitutionskommission durchführen sollte. Hier nannte er die Rückgabe der gewaltsam genommenen ­Kirche Maria in Rosis in der Altstadt an die Katholischen und des zu einer evangelischen ­Kirche umgebauten Weinhauses in der Stadt selbst, die Abschaffung der öffentlichen, von Gesang begleiteten protestantischen Beerdigungen, von Taufen und Trauungen in ihren Häusern und die Entlassung des Prädikanten in Ziegenhals.401 Die Restitutionskommission, die am 6. März in Neisse eintraf, akzeptierte diese Forderungen.402 Im April 1622 wandten sich die Neisser Evangelischen an den sächsischen Kurfürsten und baten noch einmal um die ungehinderte Praxis ihrer Religion in der Stadt, es war wohl einer der letzten Appelle, die sie in zwölf oder dreizehn Jahren am Bischof vorbei an eine höhere Autorität richteten.403 Vor den Fürsten und Ständen erneuerte Karl dann am 17. April 1622 Zugeständnisse, wie er sie schon einmal Jahre vorher gemacht hatte.404 Die Ausübung ihrer Religion könnte er den Evangelischen in Sengwitz, aber nicht in der Stadt selbst gestatten. Ihre Schule in der Stadt dürften sie behalten, er erlaubte ihnen Taufen und Trauungen in der Stadt, auch Beerdigungen, und diese sogar „mit Glockenklang“.405 An und für sich 399 Adolf M oepert in S toob und J ohannek Hgg.: Schlesisches Städtebuch, S. 185 f.; in der Pfarrkirche St. Peter und Paul predigte man 1562 evangelisch, 1570 war sie wieder katholisch. 400 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 291 f. 401 10. 02. 1622, K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 293 f. 402 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 294. 403 F uchs : Versuch einer Reformationsgeschichte des Fürstenthums Neisse, S. 314 – 318; Acta Publica 5, S. 108 – 116; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 294 – 296. 404 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 80; diese Verständigung fällt wohl in die ersten Monate des Jahres 1612, aus Kastner lässt sich kein genaues Datum erstellen. 405 B uckisch 5, 4, 10. Die Evangelischen an den Kurfürsten, März 1622, K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 294 – 296; der Bischof an den Kurfürsten über diesen Appell der ­Neisser,

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konnte man das als einen Kompromiss verstehen, der es dem Erzherzog ermöglichte, auf seinem grundsätzlichen Vorbehalt – keine evangelische ­Kirche in der Stadt – zu bestehen, den Evangelischen aber einige wesentliche Praktiken ihrer Religion in der bischöflichen Residenzstadt zu erlauben.406 Strengere Verordnungen kamen jedoch nicht viel ­später. Zum Beichtzettel bei Bewerbung um Bürgerschaft und dem Versprechen, sich der Pfarrgemeinde anzuschließen, traten andere einschränkende Bestimmungen. Alle Lehrer in den Schulen wurden bald verpflichtet (1623), ihre Schüler an Sonntagen zum Unterricht der Jesuiten in deren ­Kirche zu führen, an der Fronleichnamsprozession 1624 sollten alle Einwohner teilnehmen, ohne Unterschied der Religion.407 Am 24. Oktober 1624, als er längst auf dem Wege nach Madrid war, veröffentlichten die Administratoren einen Erlass des Bischofs, am 23. Juni 1624 in Wien ausgestellt und an alle seine Diözesanen gerichtet. Wer nicht unter einer Gestalt kommunizierte „in seinem Bisthum und Lande“, sollte vom Bürgerrecht und dem Recht zur Trauung ausgeschlossen werden.408 In ­diesem Jahre empfingen nur noch sieben Neisser den Laienkelch, „tum absoluta inhibita fuit communio sub utraque specie ab episcopo Carolo archiduce“, wie Pedewitz am Ende des Jahrhunderts schrieb, 1600 hatten noch fast viertausend die Kommunion unter beiden Gestalten empfangen.409 Pedewitz behauptete auch, dass Karl 1624 die Protestanten in Neisse vor die Alternative stellte, katholisch zu werden oder ihre Häuser zu verkaufen und auszuwandern, was dann viele, so Pedewitz, in ­diesem Jahre und den beiden folgenden taten, vor allem Kaufleute und Leinweber. Unter den Leinwebern waren die Evangelischen besonders zahlreich. Vor allem begüterte Neisser zogen jetzt aus der Stadt weg, weshalb die Stadt nahe daran war, zum Dorf abzusinken.410 Ein derartiges Mandat des Erzherzogs erwähnt der gewissenhafte Kastner nicht, fand es also in den Archiven nicht vor. Auch Gottlieb Fuchs, der

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12. 11. 1622, ebd., S. 296 – 299; Appell an den Fürstentag, 17. 04. 1623, und Reaktion des Bischofs bei den Fürsten und Ständen, ebd., S. 299. Erst 1818 erhielt die zwei Jahre vorher gegründete evangelische Kirchengemeinde ihre eigene evangelische Stadtpfarrkirche, die Barbarakirche; die evangelische Garnisonkirche wurde 1888 erbaut; S toob und J ohannek : Schlesisches Städtebuch, S. 281. Befehl an den Rat bezüglich der sonntäglichen Christenlehre, 12. 07. 1623, K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 307 f.; Erlass über die Fronleichnamsprozession, 01. 06. 1624, F uchs : Versuch einer Reformationsgeschichte des Fürstenthums Neisse, S. 318 f.; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 308 f. K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 309 f.; F uchs : Versuch einer Reformationsgeschichte des Fürstenthums Neisse, S. 354 f., aber hier nur mit Bezug auf Grottkau (Datum hier 23. 06. 1624). P edewitz : Historia Ecclesiastica parochiae S. Jacobi Nissae, S. 76; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 310 Anm. 4. P edewitz : Historia Ecclesiastica parochiae S. Jacobi Nissae, S. 94, unter dem Jahre 1624: „Carolus itaque archidux laboravit in abigendis haereticis et stabiliendis Catholicis, quapropter decrevit ut haeretici domos suas vendant et abeant quae quidem non omnia hoc anno contigerunt, sed hoc et sequentibus duobus annis discesserunt Nissa opulentissimi cives, maxime ­mercatores

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doch nicht ohne Voreingenommenheit über die Beziehung der Konfessionen berichtet, schreibt dem Erzherzog einen solchen Austreibungsbefehl nicht zu und überliefert keinen Text ­dieses Inhalts. Es bleibt deshalb fraglich, ob sich der Erzherzog tatsächlich für eine so brutale Unterdrückung der Evangelischen in seinem Fürstentum entschied. Die Bistumsadministratoren unter Karls Nachfolger Karl Ferdinand konnten jedoch schon 1629 behaupten, die meisten Neisser ­seien zur katholischen ­Kirche zurückgekehrt, und sie wiesen jetzt die noch Zaudernden an, dem Beispiel der anderen zu folgen oder ihren Besitz zu verkaufen und nicht nur die Stadt, sondern das Bistum zu verlassen.411 Bald brach der Widerstand der Neisser Evangelischen zusammen. Genug besagt die lapidare Feststellung Peter Gebauers über die Neisser Konfessionsverhältnisse bei der Visitation 1638: „Catholici hic sunt omnes – exceptis quibusdam privatis personis – et sub una communicant“.412 Das war nur sechzehn Jahre nach dem letzten Appell der Neisser Evangelischen um Ausübung ihrer Religion in der Stadt. Die Administratoren zielten dann auch auf die evangelischen Gutsbesitzer des Bistumslandes und befahlen ihnen, ihre Prädikanten aus den Dörfern zu jagen, aber wie schon unter Bischof Karl dachte man nicht an – oder schritt man wenigstens nicht zur – Enteignung oder Ausweisung des Adels, die evangelischen Gutsbesitzer im Neisser Fürstentum blieben bei ihrer Konfession und im Besitz ihrer Güter.413 Kastner glaubte, der Bischof, indem er die Neisser auf seine Weise in die alte ­Kirche zurückführte, ersparte ihnen die schlimmeren Erfahrungen der anderen Schlesier, die gewaltsam in die alte ­Kirche gezwungen wurden.414

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et textores (nam circa opus textrinum vale floruit haec civitas)“. K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 311, besonders Anm. 5. Breiner und Strachwitz, 13.03. und 11. 12. 1629, die Texte bei F uchs : Versuch einer Reformationsgeschichte des Fürstenthums Neisse, S. 319 – 322. 26. 02. 1638, J ungnitz : Visitationsberichte 1, S. 112; der Visitator von 1651 wiederholt diese Beobachtung, ebd., S. 201. Gebauer sagt Ähnliches über Ziegenhals, Zuckmantel, Weidenau, Patschkau, Ottmachau, ebd., S. 118, 122, 123. Wie die bischöfliche Regierung 1628 gegen den evangelischen Adel im Grottkauer Land vorging, ist der Gegenstand einer Reihe von Dokumenten: B uckisch 5, 7, 1 – 7 und 9; G ottschalk : Buckisch 2, S. 314 – 318 (Artikel 750 – 758); F uchs : Versuch einer Reformationsgeschichte des Fürstenthums Neisse, S. 323 – 356; Acta Publica 7, S. 169 – 182. Die umfangreichste Dokumentation zur Auseinandersetzung ­zwischen der bischöflichen Regierung in Neisse und den evangelischen Landständen in der Grottkauer Hauptmannschaft, vor allem 1628, aber auch schon vorher und ­später, besonders 1637, bestehend aus dreißig verschiedenen Texten, findet sich in einer Handschrift der Graf Nostitz’schen Majoritätsbibliothek in Prag, nämlich MS ee 6, betitelt „Miscellanea der particular Fürstenthümber vnd Stände in Schlesien“, fol. 67 – 144, beschrieben in Josef Vítězslav Š imák : Rukopisy Majorátní knihovny Hrabat z Nostitz a ­Rhienecka v Praze [Die Handschriften der Graf Nostitz’schen Majoratsbibliothek in Prag], Prag 1910, S. 105 – 107 (Teil der Nr. 191). K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 311.

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Anders als im bischöflichen Fürstentum ging Erzherzog Karl in der Grafschaft Glatz vor. Die Grafschaft war eine Landschaft, die an Böhmen, Mähren und Schlesien grenzte, Schlesien benachbart, aber nicht Teil der Provinz.415 Sie gehörte kirchlich zum Erzbistum Prag, unterstand also nicht dem Breslauer Bischof. Im Laufe der Reformation hatte sich die Grafschaft wieder mehr Schlesien zugeneigt, ihre Bewohner dem neuen Glauben. Es war aber weniger eine Entscheidung der Evangelischen, dass sich nach der Schlacht am Weißen Berge der militärische Widerstand gegen die habsburgische Herrschaft in Glatz über zwei Jahre bis zum späten Oktober 1622 fortsetzte. In der Stadt und der praktisch uneinnehmbaren Festung setzte sich ein Rest des vom Markgrafen Johann Georg kommandierten Heeres fest. Unter wechselnden Anführern leistete es Widerstand, bis man Übergabe und ehrenhaften Abzug aushandeln konnte.416 Aber in den Augen des Kaisers erwies sich damit die evangelische Bevölkerung als besonders ungehorsam, und da überdies der Dresdener Akkord die Grafschaft nicht einbegriff und angesichts der hohen Kosten der Belagerung fand sich Grund genug, die Glatzer ebenso hartherzig zu behandeln wie die rebellischen Böhmen.417 Als Karl im Oktober 1621 nach zweijähriger Abwesenheit nach Schlesien zurückkehrte, entschied sich der ­Kaiser für ihn als Herrn der Grafschaft Glatz.418 Das brutale Vorgehen gegen die Glatzer dauerte über das Todesjahr des Erzherzogs hinaus. Es wurde am Kaiserhofe festgelegt, Ferdinand hatte ein persönliches Interesse, Karl war bestenfalls ausführendes Organ, und selbst bei der Exekution lag die Führung wohl gewöhnlich beim Landeshauptmann, Philipp Rudolf, Graf von Liechtenstein.419 In der Grafschaft hatte sich der Protestantismus schon seit zwei oder drei Generationen verwurzelt, die Mehrzahl der Pfarreien und die wesentlichen öffentlichen Ӓmter lagen in der Hand von Evangelischen. Noch vor Ende des Jahres 1621 wurde die evangelische Pfarrkirche in Glatz geschlossen. Das katholische Regiment trieb die Prädikanten aus Stadt und Land und nötigte die Einwohner, ihre Kinder von Priestern taufen zu lassen. An die sechzig Prädikanten verloren ihre Stellungen und wurden ausgewiesen, Katholiken übernahmen alle landesfürstlichen Positionen und andere Ӓmter, katholische Landsassen kehrten auf ihren konfiszierten Besitz zurück, auf Einladung des Erzherzogs erschien wieder eine Handvoll Jesuiten, ihre Bauten zwar zerstört, aber ihre Niederlassung wurde jetzt durch neue Schenkungen gefördert. Die Behandlung der evangelischen Gutsbesitzer 415 H erzig : Reformatorische Bewegungen und Konfessionalisierung, S. 14 – 17. 416 H erzig : Reformatorische Bewegungen und Konfessionalisierung, S. 106. 417 Johann Paul Otto Valdemar A nthieny : Der päbstliche Nuntius Carl Caraffa, Berlin 1869, S. 21 – 24; G indely : Geschichte der Gegenreformation in Böhmen, für die Zeit des Erzherzogs besonders S. 95 – 135, 194 – 212. 418 H erzig : Reformatorische Bewegungen und Konfessionalisierung, S. 111. 419 Die Reorganisierung, „wohl weniger von Erzherzog Karl als von der Regierung in Wien konzipiert“, die Ziele Rekatholisierung, Ersetzen des rebellischen durch einen loyalen Adel, eine loyale Beamtenschaft, „Neuprivilegierung der Stände im Sinne eines absolutistischen Staatssystems“; H erzig : Reformatorische Bewegungen und Konfessionalisierung, S. 112.

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Ringen mit den schlesischen Protestanten

war ungleich schärfer als im Bistumsland.420 Die Herren auf dem Lande hatten die Wahl ­zwischen Übertritt zur katholischen ­Kirche und Verlust ihres Besitzes.421 Erzherzog Karl nutzte die brutale Enteignungspolitik seines Bruders, um Günstlinge aus seiner engsten Umgebung, Kanzler und Leibarzt eingeschlossen, mit Landgütern evangelischer Glatzer für ihre Dienste im bischöflichen Fürstentum zu kompensieren. Eine im Sommer 1625 verfasste Denkschrift über die Gegenreformation in Schlesien, vielleicht aus der Feder eines Jesuiten, auf jeden Fall eines Mannes aus der Umgebung des Bischofs, betrachtete das Vorgehen des Erzherzogs in der Grafschaft als exemplarisch und allein erfolgversprechend, insbesondere die Vertreibung der protestantischen Prediger, überhaupt die radikale Anwendung des Grundsatzes cuius regio, eius religio. Der Bischof plante auf ­gleiche Weise auf Grund seiner landesherrlichen Rechte in den Fürsten­tümern OppelnRatibor die katholische Reformation durchzusetzen. Zu Grunde lag hier die Idee, dass nur das Haus Habsburg der ­Kirche zu ihrer einstigen Position verhelfen konnte und der richtige Moment dafür die Zeit unmittelbar nach dem Siege über die böhmischen Protestanten war.422 Die Herrschaften Freudenthal und Eulenberg waren 1622, als sie in den Besitz des Deutschen Ordens kamen, weitgehend evangelisch. Der Erzherzog, dem der Olmützer Bischof die geistliche Jurisdiktion in diesen Gebieten seiner Diözese auf Lebzeiten zuwies, fühlte sich jetzt berufen, wie im Neisser Fürstentum die Rekatholisierung durchzuführen. Sein Vorgehen, zunächst verhältnismäßig milde – katholische Unterweisung der Untertanen, noch keine Ausweisung der Prädikanten –, wurde 1623 und 1624 schärfer. Als Hochmeister schickte er jetzt Jesuiten in die Pfarreien, wies die Protestanten über die Behörden und Zünfte im Juni 1623 an, bis zum Johannesfest des nächsten Jahres zu konvertieren oder ihre Habe zu verkaufen und auszuwandern, die Prädikanten vertrieb der Erzherzog mit Hilfe von Musketieren, exponierte Personen flüchteten jetzt aus der Herrschaft.423 Erzherzog Karl folgte offensichtlich der Politik gegen die Protestanten, wie man sie am Kaiserhof entwarf, und tat wie ihm befohlen. Wo es aber an ihm lag, die Behandlung der Protestanten zu bestimmen, das heißt insbesondere im Bistumsland, zeigte er niemals die Rachsucht und Grausamkeit, wie sie der ­Kaiser gegenüber den böhmischen Aufständischen oder wenigstens ihren Anführern demonstrierte, eher eine gewisse Zurückhaltung und Scheu vor der Anwendung obrigkeitlicher Gnadenlosigkeit.424 Außer 420 H erzig : Reformatorische Bewegungen und Konfessionalisierung, S. 112 – 121. 421 H erzig : Reformatorische Bewegungen und Konfessionalisierung, S. 111 – 117. 422 J edin : Eine Denkschrift über die Gegenreformation in Schlesien (Nachdruck 1966), besonders S. 397, 399 f., der Text S. 405 – 412, hier S. 408 f. 423 I rgang : Freudenthal, S. 42 – 45. 424 Dabei kann man aber nicht das folgende Gegenbeispiel verschweigen: Als Ferdinand 1619 einige mährische Rebellen begnadigte, protestierte nicht nur die Kommission, die das Urteil gefällt hatte, sondern auch der Bischof von Breslau; Christian D’elvert : Beiträge zur Geschichte der böhmischen Länder, insbesondere Mährens im 17. Jahrhunderte 4, Brünn 1878, S. cv.

Eine freie Hand gegen die Evangelischen 1621 – 1624

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im Falle des Buches kam es nicht zu Exekutionen, der Güterverlust wurde angedroht, aber im Neisser Fürstentum nicht ausgeführt, Zwangsvertreibungen blieben Ausnahmen; dem evangelischen Geistlichen Magister Nikolaus Anther, ein Franke aus der Kitzinger Gegend und einst Professor des Hebräischen am Brieger Gymnasium, verbot er den Aufenthalt in der Stadt.425 Die Katholisierung des religiösen Lebens durch unfreiwillige Teilnahme an den katholischen Ritualien oder der von den Jesuiten den Kindern am Sonntagnachmittag gegebenen Christenlehre wollten sich viele Evangelische nicht gefallen lassen und der Druck der katholischen Obrigkeit veranlasste sie zur Auswanderung. Die Zahl der Glaubensflüchtlinge aus dem Bistumsland kennen wir nicht, sie kamen bestimmt fast ausschließlich aus der Stadteinwohnerschaft und dürften sich auf nicht mehr als ein paar hundert belaufen haben.426 Der Krieg, in dem die Stadt dreimal überwältigt wurde, und zwei Pestepidemien mit tausenden von Opfern verminderten allerdings bald die Stadtbevölkerung um nahezu die Hälfte. Die schlimmsten Auswüchse der katholischen Reaktion in Schlesien überhaupt blieben den Neissern und den Gutsbesitzern des Fürstentums erspart.427 Sie fallen in die Zeit nach Karls Tode, vor allem die Jahre 1628/29 und 1653/54: das Requirieren protestantischer ­Kirchen – 578 ­Kirchen sollen es im ganzen Schlesien gewesen sein – und Güter, das Ausweisen protestantischer Geistlicher und Lehrer, die militärischen Einquartierungen, die gewaltsame Einführung katholischer Stadtverwaltungen, die Einkerkerungen führender Protestanten, die Zwangsbekehrungen.428 Das österreichische Regime in Schlesien machte sich durch eine ­solche Politik verhasst und viele evangelische Schlesier fanden Zuflucht jenseits der Grenze in Polen oder suchten letztlich ihr Heil bei den Herrschern protestantischer Länder wie Schweden und Preußen. Der Habsburger Karl trug durch sein Eintreten für den alten Glauben dazu bei, den Boden für eine Desillusion mit der habsburgischen Herrschaft zu bereiten.

425 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 300. 426 Die Zahl von 200.000 schlesischen Glaubensflüchtlingen beruht wohl auf einem Missverständnis bei H erzig : Zwang zum wahren Glauben, S. 156; zu dieser Zahl s. A ubin : Die Wirtschaft, in: P etry und M enzel : Geschichte Schlesiens 2, S. 120. 427 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 311. 428 Z iegler : Die Gegenreformation in Schlesien, besonders S. 61 – 77, 96 – 103, neben den Werken von Abraham Gottlob R osenberg (1767), Johann Adam H ensel (1768), Gottlieb F uchs (1776), Johann Gottlieb W orbs (1803), Heinrich W uttke (1842/43) Julius B erg (1857), ­welche der „Prüfungszeit“ der schlesischen Protestanten besondere Aufmerksamkeit schenken. Zahl und Ort von 578 den Evangelischen genommenen ­Kirchen bei Johann Gottlob W orbs : Die Rechte der evangelischen Gemeinden in Schlesien an den ihnen im 17. Jahrhunderte gewaltthätig genommenen K ­ irchen und Kirchengütern, Sorau 1825, S. 332.

III. ERZHERZOG KARL ALS SCHLESISCHER TERRITORIALFÜRST Das geistliche Amt eines Bischofs von Breslau brachte mit sich die Landesherrschaft im Hochstift des Bistums, dem Fürstentum Neisse oder Bistumsland, und in neun kleinen, in den Territorien anderer Fürsten gelegenen Landstücke. Der Bischof besaß dort die „landesfürstliche Obrigkeit“, d. h. Herrschaftsgewalt über alle ansässigen Einwohner, Untertanen sowohl als Landstände. Er demonstrierte sie z. B., als er einen aufsässigen evangelischen Untertanen zum Tode verurteilen und hinrichten ließ und dem Oberlandeshauptmann und den anderen schlesischen Fürsten sagte, das gehe sie nichts an. Seine Herrschaftsrechte waren jedoch beschränkt. Der in der Residenzstadt tätige Prädikant, der sich nicht um den bischöflichen Ausweisungsbefehl scherte, sondern nur dem Oberlandeshauptmann gehorchen wollte, demonstrierte dem Erzherzog deren Grenzen.1 Erst von der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts an versuchten Rechtsgelehrte, im Zusammenhang mit den fürstlichen Herrschaftsrechten im Deutschen Reich, den Begriff der Landeshoheit näher zu bestimmen. Das Fürstentum Neisse war einer der geistlichen Staaten in der Mitte Europas, einige besondere Züge unterschieden aber das Neisser Bistumsland von den geistlichen Staaten im Alten Reich des 17. und 18. Jahrhunderts. Der unmittelbare Herr des Landesfürsten war der König von Böhmen. Der Breslauer Bischof war kein Reichsfürst, hatte deshalb weder Sitz noch Stimme im Reichstag und unterstand nicht unmittelbar dem ­Kaiser, er war nicht verpflichtet, zum Unterhalt des Reichskammergerichts beizutragen oder dem Reich eine bestimmte Zahl von Militär zu stellen. Die kaiserliche Exekutivgewalt in den Staaten des Alten Reichs beschränkte sich auf wenige, genau definierte Situationen. Die Exekutive des regierenden Habsburgers in seinem Herrschaftsbereich war dagegen allumfassend oder wenigstens viel weiter reichend. Da der ­Kaiser fast immer dem Hause Habsburg entstammte und er mit Ausnahme des Jahres 1619/20 auch die Krone Böhmens trug, hätte es nicht viel bedeuten sollen, dass der Breslauer nicht Reichsfürst war. Aber im Gegensatz zu den geistlichen Staaten im Reich war das Neisser Fürstentum in ein übergreifendes Verwaltungsnetz eingeordnet, der gesamtschlesischen Regierung, d. h. dem schlesischen Fürstentag, dem Oberlandeshauptmann und dem Oberrecht, dem höchsten schlesischen Gericht, und die gesamtschlesische Regierung der habsburgischen Zen­ tralregierung untergeordnet. Im Steuer- und Finanzwesen war die Breslauer Kammer, eine österreichische Behörde, entscheidend, als zuständiges Appellationsgericht für die Stadtgerichte Schlesiens diente die Prager Appellationskammer, ein königliches Gericht für Böhmen, Mähren, Schlesien und die beiden Lausitzen. Die verschiedenen Abteilungen der Prager oder Wiener Zentralregierung konnten im Neisser Fürstentum 1 Im Alten Reich konnte ein Untertan oder Landstand den Landesherrn beim Reichskammer­ gericht verklagen.

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Zuständigkeiten beanspruchen, wofür es in den anderen geistlichen Staaten dank dem Fehlen einer eigentlichen kaiserlichen Exekutive nichts Entsprechendes gab: im Rechts-, Militär- und Münzwesen, in Religionssachen; Außenpolitik war dem Landesherrn von Neisse unmöglich. Eine Regierung, die sich in alle Bereiche erstreckte, in denen im 17. Jahrhundert der Regent normalerweise Herrschaft ausübte, war für den Breslauer Bischof als Fürst von Neisse von vornherein ausgeschlossen. In den Habsburgerländern gab es ansonsten keine Hochstifte oder geistliche Staaten. Die Reichsmatrikel von 1521 nennt unter den 137 geistlichen Fürstentümern neben Brixen und Trient die Bistümer Gurk, Lavant und Seckau, aber mit den drei letzteren verbanden sich niemals Hochstifte und die Landeshoheit der Hochstifte Trient und Brixen wurde von den habsburgischen Nachbarn wiederholt bestritten und eingeengt.2 Der Fürst von Neisse besaß nicht mehr Handlungsraum als die anderen schlesischen Fürstentümer, nur dass der geistliche Regent Ansprüche auf einen Vorrang wegen seiner besonderen Würde machte und bis 1608 gewöhnlich die Position des Oberlandeshauptmanns innehatte.3 Als Fürst von Neisse beanspruchte der Bischof die weltliche Herrschaft, ganz wie sie die anderen schlesischen Kleinfürsten oder noch mindere Herren unter der Oberherrschaft des Königs von Böhmen ausübten. Im Verlaufe von acht Jahrzehnten als Könige von Böhmen hatten die Habsburger der Handlungsfreiheit der schlesischen Fürsten schon lange enge Grenzen gezogen, zugunsten des Oberlandeshauptmanns als Repräsentant der Zentralgewalt. Insbesondere Landesverteidigung und Steuerwesen waren ihrer Hand längst entglitten, in mehreren Bereichen handelten sie nur als ausführende Organe der königlichen Behörden. Auf eigene Faust Krieg zu führen, wie es sein Bruder Leopold als Bischof von Passau tat, wäre dem Erzherzog im schlesischen Ständestaat ganz unmöglich gewesen. Dem Regenten des bischöflichen Fürstentums stand anscheinend bald ein königlicher Beamter zur Seite, der Fiskal, ein Agent der Schlesischen Kammer, was die Unabhängigkeit des fürstlichen Landesherrn sicherlich weiter beschränkte.4 Darüber hinaus unterschied sich die Situation des Erz 2 Z eumer : Quellensammlung zur Geschichte der deutschen Reichsverfassung, S. 313 f. Bis 1654 konnte man Reichsstand ohne Land sein, das waren die sogenannten Personalisten. Im 16. und 17. Jahrhundert versuchten die Herzöge von Tirol dem Hochstift Brixen die Landeshoheit abzusprechen. Streitfragen waren insbesondere die Huldigung der Adligen und der Steuerbeitrag des Hochstifts. Der Konflikt erreichte einen Höhepunkt unter Leopolds Witwe, Claudia von Medici, als Regentin; B resciani : Erzherzog Karl, S. 142 – 150. Der zweite Sohn Leopolds, Erzherzog Sigismund Franz (1630 – 1665), ungeweiht und ­später verheiratet, war Bischof von Trient 1660 – 1665. Brixen und Trient wurden 1803 Tirol zugeschlagen, das Salzburger Land und damit das ehemalige Hochstift wurde 1816 österreichisch. 3 Von den anderen schlesischen Fürsten unterschied sich der Bischof vor allem darin, dass er an seinem ausgedehnten schlesischen Landbesitz festgehalten hatte. 4 Ein „bischöflicher“ Kammerfiskal (Dr. Martin Lorenz) und „erzherzoglicher“ Hoffiskal (Michael Pastorius) in Karls Regierungszeit waren bischöfliche Finanzleute; zum Fiskal s. S cholz : Das geistliche Fürstentum Neisse, S. 154 und dort Anm. 103.

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herzogs von der seiner Breslauer Vorgänger. Dass er nicht wie jene zum Priester und Bischof geweiht wurde, minderte wohl kaum seine Autorität als Landesherr, wohl aber dass ihm die traditionelle Rolle des Breslauer Bischofs als Oberlandeshauptmann und damit als Vertreter des Königs und weltlicher Regent Schlesiens versagt blieb. Das Fürstentum Neisse umfasste, wie vorher beschrieben, lediglich an die sechs Prozent des Bistumsgebiets, nur fünf Prozent des ganzen schlesischen Territoriums. Im Bistumsland herrschte der Bischof über 70.000 oder 80.000 Untertanen.5 Seine einzige Stadt mit einer beachtlichen Einwohnerschaft, Neisse, war damals schon lange die traditionelle Residenzstadt des Breslauer Bischofs. Trotz der genannten Einschränkungen blieben dem Fürsten neben Prestige, einem beträchtlichen Einkommen und damit einem hohen Lebensstandard eine Reihe von Rechten und Gewalten, die seinem Stande – die Fürsten stellten ja die Spitzen der Gesellschaft dar – einen hohen Glanz verliehen. Es bestand jedoch eine beträchtliche Diskrepanz ­zwischen den notwendigen oder als ziemlich betrachteten Ausgaben und den Einkünften, was im Falle des Erzherzogs zur fortwährenden Suche nach anderen Pfründen und Herrschaften führte. Was konnte man erhoffen von einem katholischen Barockfürsten, der keine Außenpolitik treiben, keinen Krieg führen und kaum eine Steuer erheben durfte? Bestenfalls wohl Frieden und Sicherheit im Lande, hier und da einen Schritt zur Hebung von Wirtschaft und Wohlstand, Harmonie unter den Konfessionen und Förderung kirchlicher Institutionen und des religiösen Lebens, darüber hinaus einen Beitrag zum kulturellen Leben als Bauherr, Mäzen der bildenden Künste und Literatur und Förderer von Schulen und Universitäten. Die knappen Mittel hielten Bischof Karl nicht davon ab, die katholische ­Kirche im Neisser Fürstentum zu fördern, einige weise Neuerungen in der Verwaltung seiner Territorien einzuführen und den Lebensstil und die Liebhabereien eines Barockfürsten für sich zu beanspruchen.

1. Breslau und Neisse: Hauptstadt des Bistums, Residenzstadt des Bischofs Da Schlesien sich aus so vielen mehr oder weniger selbständigen Territorien zusammensetzte und deren Regenten und Bewohner in der Mehrzahl dem Protestantismus anhingen, besuchte der Erzherzog in seinen Regierungsjahren mit Ausnahme Breslaus nur wenige schlesische Ortschaften oder berichten auf jeden Fall die Quellen seine Anwesenheit in verhältnismäßig wenigen: das Städtchen Kanth, Zentrum eines bischöflichen Halts, Zopten am Fuße des gleichnamigen Berges, Heinrichau, Oels, Oppeln, Proskau. Als Vertreter des Kaisers und Inhaber des Generalats nach der Nieder­lage der Protestanten zwangen ihn die Geschäfte, andere Orte aufzusuchen, darunter Glatz, Liegnitz und Görlitz. Das große Bistum von einem Ende bis zum anderen zu bereisen, 5 Oben S. 65.

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seine Pfarreien zu inspizieren, wie es andere Bischöfe in Erfüllung ihrer Amtspflichten oder jetzt speziell im Interesse der katholischen Reform taten, dazu nahm sich Bischof Karl nicht die Zeit oder vermied es, weil er zu viele unfreundliche Begegnungen oder peinliche Situationen befürchtete. Auf den Schlössern seines Fürstentums kehrte er öfters ein – Ottmachau, Johannesberg, Friedeberg –, gelegentlich auch in den kleinen Städten des Sudetengebirges – Freiwaldau, Freudenthal oder dem Gebirgsort Hermannstadt. Die beiden letzteren Orte wie auch Ziegenhals und Zuckmantel lagen an der Route nach Olmütz, Brünn, Wien, Graz. Mehr als die Ausflüge in den 2000 Quadrat­kilometern seines Fürstentums bestimmten seine Regierung die langen Reisen ins Ausland. Längere Abwesenheiten von Schlesien zählten kaum weniger als seine Besuche in Breslau. Außer den Aufenthalten in Prag – 10. Januar 1616 und 29. Juni 1617 – wissen wir von fünfzehn ausländischen Exkursionen, und sie dehnten sich in der Regel über Monate aus; sie hielten den Bischof an die fünfundfünfzig Monate, ­zwischen vier und fünf Jahre, fast ein Drittel seiner Regierungszeit, von seinem Bistum fern.6 Naturgemäß war der Schwerpunkt der bischöflichen Regierung an dem Platze, wo der Bischof sich meistens aufhielt, in seiner Residenzstadt Neisse; von dort aus regierte er insbesondere das bischöfliche Fürstentum. Der Hauptsitz der kirchlichen Verwaltung lag auf der Breslauer Dominsel, dort stand die Kathedrale, residierten die Domherren und die hohen kirchlichen Beamten – Weihbischof, Generalvikar, Offizial, Bistumskanzler, Breslauer Hofrichter, Kapitelvogt.7 Eine wirksame Verwaltung der Diözese hing von der Zusammenarbeit der beiden Zentren ab, d. h. insbesondere von Ordinarius und Kapitel. Ihre geographische Isolierung voneinander verlangsamte und verteuerte die kirchlichen Verwaltungsprozesse, beraubte aber auch den Bischof bei der Regierung des Fürstentums der prompten Unterstützung durch die Kanoniker. Auf jeden Fall hat man den Eindruck, dass in Brixen, wo eine ­solche Teilung nicht bestand, sowohl das Bistum als auch das Hochstift in Karls Regierungszeit effektiver verwaltet wurden. Mehr als anderthalb Jahrzehnte hielt Karl das Amt des Bischofs von Breslau, aber im eigentlichen Bischofssitz vor der nordöstlichen Stadtmauer sah man ihn nur selten, noch weniger offensichtlich in der Stadt. Da er nicht die Stellung des Oberlandeshauptmanns innehatte, wie seine unmittelbaren Vorgänger, bestand für ihn weniger Grund, sich in der größten Stadt des deutschen Ostens aufzuhalten. Da er 6 (1) Wien und Graz: Oktober–Dezember 1609; (2) Wien: zweite Dezemberhälfte 1611 bis Januar 1612; (3) Graz: April–Juli 1613; (4) Linz bzw. Wien: März–April 1614; (5) Linz: Ende Juli bis Anfang August 1614; (6) Brixen: November 1614 bis April 1615; (7) Warschau: Februar – März 1616; (8) Köln, Antwerpen, Speyer: Januar–März 1618; (9) Tirol und Franken: Dezember 1618 bis Januar 1619; (10) Warschau: September 1619 bis März 1620; (11) Brixen: Mai 1620 bis Februar 1621; (12) Wien: Februar 1621 bis 1. Oktober 1621; (13) Wien: Oktober–November 1623; (14) Wien: 21. Juni bis 22. August 1624; (15) die Reise Wien–Madrid: 22. August bis 28. Dezember 1624. 7 Zur kirchlichen Verwaltung auf der Dominsel s. S cholz : Das geistliche Fürstentum Neisse, S. 156 – 158.

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niemals Mitglied des Domkapitels gewesen war, im Gegensatz wiederum zu seinen unmittelbaren Vorgängern, bedeuteten ihm die Kathedrale und die Dominsel anscheinend weniger und fehlte ihm eine persönliche Beziehung zu diesen Örtlichkeiten am Rande der schlesischen Metropole. Als die Bischöfe ihre Residenz in Neisse aufnahmen, regelmäßig im 16. Jahrhundert, entwickelte sich eine Distanz ­zwischen der Stadt Breslau und dem Bischof. Sie vergrößerte sich mit der Reformation. Breslau war zwar nicht die schlesische Hauptstadt, eine ­solche gab es nicht, aber doch bei weitem das wichtigste Zentrum städtischen Lebens, bürgerlicher Wirtschaft und schlesischer Kultur.8 In Breslau huldigten die schlesischen Fürsten und Stände ihrem königlichen Oberherrn, tagte der Fürstentag, seit 1558 bestand dort die schlesische Finanzkammer, die einzige königliche Behörde im Lande. Die Bedeutung Breslaus beruhte auf seiner Einwohnerzahl, seiner Wirtschaftskraft und seinen finanziellen Ressourcen. Blühende Gewerbe und eine zentrale Rolle im Handelsverkehr verliehen der Stadt ihr ökonomisches Potential. Am Anfang des 17. Jahrhunderts war Breslau immer noch ein Zentrum des Fernhandels, jetzt auf die großen Hafenstädte Hamburg und Antwerpen orientiert.9 Ein hoher Grad von Selbständigkeit und politischem Einfluss ergab sich als Konsequenz. Im katholischen Schlesien erhöhte Breslaus Ansehen, dass der Bischof und die Bistumsverwaltung ihren Sitz gleich außerhalb der Stadt hatten. Kultur und Kunst fanden hier Förderung. Besonders im Zeitalter des Humanismus war Breslau ein Zentrum des geistigen Lebens, obwohl die Stadt im Gegensatz zu Wien, Prag oder Krakau weder einen Fürstenhof noch eine Universität besaß.10 Der Herrscher nützte durch Steuern, Darlehen und Bürgschaften die finanzielle Leistungsfähigkeit der Stadt. Diese bestand eifersüchtig auf ihren 8 Aus Karls Tagen stammt des Rechtsgelehrten Nikolaus Henel von Hennenfeld „Breslographia hoc est Wratislaviae Silesiorum metropoleos delineatio“ (Frankfurt 1613) mit einer Ansicht der Stadt. Sie behandelt auf 80 Druckseiten u. a. Geographie und Geschichte der Stadt, Mauern und Tore, Marktplätze und Gebäude, ­Kirchen und Hospitäler und die Regierung der Stadt; forma gubernationis optima soll Ferdinand I. von dieser seinem Bruder Karl V. gesagt haben, ebd., S. 78. 9 Franz E ulenburg : Drei Jahrhunderte städtischen Gewerbewesens. Zur Gewerbestatistik Alt-Breslaus 1470 – 1790, in: Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte 2 (1904), S. 254 – 285. Ergiebig für Breslau der Eintrag in S toob und J ohannek : Schlesisches Städtebuch, S. 17 – 48, mit ausführlichen Literaturangaben. Hugo W eczerka : Breslaus Zentralität im ostmitteleuropäischen Raum um 1500, in: Metropolen im Wandel. Zentralität in Ostmitteleuropa an der Wende vom Mittel­ alter zur Neuzeit, hg. von Evamaria E ngel , Karen L ambrecht und Hanna N ogossek , Berlin 1995, S. 245 – 263; Ludwig P etry : Breslau in der frühen Neuzeit, in: Zeitschrift für Ostforschung 33 (1984), S. 161 – 179; Walter B aranek Hg.: Das Meisterbuch der Stadt Breslau, Breslau 1925 (zur Zahl der Handwerker versus Kaufleute am Vorabend des Dreißigjährigen Krieges). 10 Karin L ambrecht : Die Funktion der bischöflichen Zentren Breslau und Olmütz im Zeitalter des Humanismus, in: Klaus G arber Hg.: Kulturgeschichte Schlesiens in der frühen Neuzeit 1, Tübingen 2005, S. 49 – 68, besonders S. 50.

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t­raditionellen Rechten zu weitgehender Selbstverwaltung. Einem Landeshauptmann, Heinz Dompnigk, der zu sehr den Wünschen des Matthias Corvinus nachgegeben hatte, machte der Rat nach dem Tode des Königs 1490 den Prozess, Dompnigk wurde zum Tode verurteilt und hingerichtet. Seit der Zeit Karls IV., mit wenigen Unterbrechungen, verwaltete die Stadt die Landeshauptmannschaft des Erbfürstentums Breslau, das aus den Weichbildern Breslau, Neumarkt und Namslau bestand. Das Fürstentum bildete einen Landstreifen von 70 × 30 Kilometern rechts und links der Oder, in Richtung des Flusses verlaufend, vier Fünftel der Landfläche lagen links der Oder, 46 Dörfer oder Landgüter im Fürstentum gehörten im Spätmittelalter dem Bischof oder dem Kapitel.11 Dort lagen auch zahlreiche stadteigene Landgüter. Im Fürstentum handelte der Breslauer Rat als Vertreter des Königs, Breslauer Bürger übten hier Herrschaft auch über Ritterschaft und Geistlichkeit. Unter den Kaisern Rudolf und Matthias blieb der Stadt die Verwaltung der Hauptmannschaft, obwohl sie sich ­dieses Recht bei jedem Thronwechsel teuer erkaufen musste. Im Besitze der Landesherrschaft im Fürstentum Breslau standen der Stadt Hoheitsrechte zu vergleichbar den anderen schlesischen Fürstentümern. Deshalb hatte Breslau auch einen Sitz in der zweiten Kurie des Fürsten­tags, die sonst dem Adel vorbehalten war. Stadtrat und Bischof existierten nebeneinander, arbeiteten oft Hand in Hand, standen sich aber auch immer wieder in einem gespannten Verhältnis gegenüber. Vor den Mauern und in der Stadt selbst bestand eine Reihe geistlicher Hoheitsbezirke: Klöster, Stifte und vor allem die Dominsel, Sitz von Bischof und Kapitel. Der Rolle von Bischof und Geistlichkeit in den Schulen und meisten ­Kirchen der Stadt setzte die Reformation ein Ende. Es gab wiederholt Kompetenzstreitigkeiten ­zwischen der Stadtregierung und ihren geist­lichen Nachbarn. Die Lage der geistlichen Institutionen erschwerte die volle Befestigung der Stadt, einige Gewerbe und damit auch die städtischen Einkünfte erlitten Schaden, weil Handwerker, die keiner Zunft angehörten, auf geistlichem Grund und Boden ihre Dienste anboten. Wegen des Bierverkaufs auf der Dominsel hatte es 1381 ein tiefes Zerwürfnis gegeben, in das König Wenzel mit üblen Folgen für das Wohl des Klerus eingriff. Königliche Privilegien am Ende des 15. Jahrhunderts erlaubten der Stadt, auch geistlichen Grundbesitz für Ausgaben zur Verteidigung heran­zuziehen. Die geistlichen Gewalten lebten durchaus nicht immer harmonisch miteinander, Bischof und Kapitel haderten jahrzehntelang, selbst innerhalb der Orden gab es Konflikte. Die Reformation stärkte die Hand der Stadt gegenüber den geistlichen Besitzern, nicht zuletzt durch die aktive Rolle, die der Rat jetzt in ­Kirche, Schule und Armenfürsorge übernahm. In Karls Tagen sah Breslau zum ersten Mal in vierunddreißig Jahren den habsburgischen Oberherrn in ihren Mauern: ­Kaiser Matthias besuchte die Stadt im Herbst 1611, um die Huldigung zu empfangen. Ein Triumph für den ­Breslauer Rat bei dieser ­Gelegenheit 11 Richard C. H offmann : Land, Liberties, and Lordship in a Late Medieval Countryside. Agrarian Structures and Change in the Duchy of Wrocław, Philadelphia 1989, S. 13 (Karte), 42.

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war, dass sein Präses zum ersten Mal die Huldigung zusammen mit Fürsten und Ständen in der Kaiserburg leisten durfte, also auftrat, als ob er diesen ebenbürtig sei (die Bürgerschaft huldigte im Freien). Der ­Kaiser übertrug Bischof Karl spezielle Aufgaben. Im Streit der Stadt mit dem Kloster der Klarissen und der Kreuzherren mit dem Roten Stern Matthiasstift ernannte er ihn als Kommissar. Mit dem Erzherzog musste der Rat über den Anspruch der Stadt auf die halbe ­Dombrücke verhandeln, ebenso über die Beschwerden, die sich gegen die Handwerker auf geistlichem Grund und Boden richteten. Bis in das erste Jahrzehnt des Dreißigjährigen ­Krieges bewahrte Breslau seine Machtstellung im habsburgischen Schlesien. Im Fürstentag und in den Versammlungen der Nächstangesessenen zollte man Breslaus Stimme besondere Beachtung. Die ­Kaiser benötigten nicht nur Breslaus Steuern und Beiträge zu den Türkenkriegen, sondern auch Anleihen der Stadt oder wenigstens Breslaus Bürgschaft. Gegen äußere Feinde entstanden Ende des 16. Jahrhunderts starke Befestigungsanlagen.12 Die evangelische Religion, der die weite Mehrzahl ihrer Bürger anhing, war durch die Majestätsbriefe gesichert. Aber die städtische Selbständigkeit und insbesondere die hohe Autorität des Stadtrates bedrohten die Prätentionen des Adels gegenüber dem Bürgertum und die wachsenden Kontrolle der königlichen Regierung, angezeigt vor allem durch die Aktivitäten der königlichen Kammer. 1626 verlor Breslau die Landeshauptmannschaft im Fürstentum Breslau. Ein zweiter Schlag war die Umwandlung des Fürstentags in eine rein königliche Behörde, was für die Stadt Breslau wie die Fürsten und Stände ihren Teil an der schlesischen Exekutive reduzierte. Die hohen Steuerlasten, der Niedergang des Handels, die Pest in den Jahren 1623 – 1625 und besonders 1633, das Jahr, in dem sie mehr als 13.000 Opfer forderte, minderten Breslaus wirtschaftliches Potential und damit auch Unternehmungsgeist und Selbstvertrauen des Patriziats. Im Dreißigjährigen Krieg behauptete Breslau Neutralität und konnte die Stadt eine Eroberung vermeiden, aber ein Heer erschien mehrmals vor den Mauern, und ihre Vorstädte, einschließlich der Dominsel, wurden geplündert, viel zerstört und, was Wert zu haben schien, hinweggetragen.13 Erzherzog Karls erste Begegnung mit Breslau kam anlässlich seiner Inauguration als Bischof. Am 14. Dezember 1608 wurde er mit Pomp von der Stadt empfangen, damals schon fast ein Jahrhundert lang überwiegend evangelisch. Im Breslauer Dom ­übernahm 12 Gustav S choenaich : Die Entstehung der schlesischen Stadtbefestigungen, in: ZVGS 41 (1907), S. 17 – 36, besonders S. 30 und 32. Eine Zusammenfassung bei Eduard M ühle : Breslau. Geschichte einer europäischen Metropole, Köln, Weimar, Wien 2015, S. 110 f. 13 Ludwig P etry : Breslau und seine ersten Oberherren aus dem Hause Habsburg (1526 – 1635) 1 – 2 (= Edition der Breslauer Habilitationsschrift von 1936), hg. von Joachim B ahlcke (= Beihefte zum Jahrbuch der Schlesischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Breslau 10), St. Katharinen 2000, S. 55 – 88 (Breslau unter Maximilian II., Rudolf II. und Matthias). Zum Niedergang im Dreißigjährigen Krieg s. Julius K rebs : Der politische und wirtschaftliche Verfall der Stadt Breslau um die Mitte des Dreißigjährigen Krieges, in: ZVGS 38 (1904), S. 155 – 177.

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Karl am 15. Dezember das Bistum. Die Dominsel war aber in erster Linie das Spielfeld des Kapitels, mit dem der Bischof anfänglich nicht zurechtkam.14 Im Rathaus der Stadt oder in der Kaiserburg versammelten sich mindestens einmal im Jahr die Fürsten und Stände, aber diese Treffen vermied der Bischof häufig, während seiner ersten anderthalb Jahre wäre er ja bei diesen Gelegenheiten der einzige katholische Fürst gewesen. Dass die Breslauer sich zum Luthertum bekannten, hatten die Bischöfe längst stillschweigend hingenommen. Auch eine Reaktion des Erzherzogs auf die Einrichtung der protestantischen Kirchenverwaltung – des Stadtkonsistoriums – 1615 ist nicht belegt und hielten er und das Kapitel wahrscheinlich nicht mehr für zweckvoll.15 Nur wenige Daten lassen sich feststellen, an denen der Bischof sich in Breslau aufhielt, und keines, das auf ein längeres Verbleiben deutet: 14. Dezember 1608: Einzug in Breslau, 15. Dezember 1608: Amtseid und Übernahme des Bistums im Dom.16 29. April 1609: Feierlicher Gottesdienst im Dom zum Gedenken seiner ­Mutter Maria, verstorben in Graz an d­ iesem Datum ein Jahr vorher. 30. April 1609: Die bischöflichen Untertanen im Fürstentum Breslau huldigen dem Bischof.17 Am 2. Mai reist Karl zur Huldigung in den Halt Kanth.18 30. September 1610: Zusammenkunft mit dem Domkapitel.19 7. März 1611: Karl besucht die Kapitelbibliothek. 9. März 1611: Er investiert seinen Geheimrat Grisonius als Kanonikus im Neisser Kollegiatstift.20 18. September und 9. Oktober 1611: König Matthias ist in Breslau vom 18. September bis 17. Oktober zur Annahme der Huldigung von Fürsten und Ständen. Karl ist beim Willkommen der Fürsten nicht anwesend, er empfängt den König an der Dompforte am 14 Die Umgebung des Bischofshofes in Breslau beschreibt S abisch : Zur Topographie der Breslauer Dominsel im 16. Jahrhundert, S. 275 – 293, zum Bischofshof S. 288 f., und S abisch : Breslauer Domherren des 16. Jahrhunderts, S. 163 f. Das bischöfliche Wohngemach erwähnt bei S abisch : Acta Capituli 2, Teil 1, S. 19, 23, 435. Die Verhältnisse auf der Dominsel – Schweine wühlten auf dem Friedhof, hören wir einmal – trugen wohl dazu bei, dass sich die Bischöfe lieber in Neisse aufhielten. 15 Paul K onrad : Das evangelische Kirchenregiment des Breslauer Raths in seiner geschicht­ lichen Entwicklung, in: Silesiaca (= Festschrift Colmar Grünhagen zum 70. Geburtstag), Breslau 1898, S. 207 – 214; ders .: Der schlesische Majestätsbrief, S. 44 – 52; M achilek : Schlesien, S. 111 – 112. Von 1525 bis 1707 bestand keine katholische Pfarrkirche in Breslau; W eczerka : Breslaus Zentralität im ostmitteleuropäischen Raum um 1500, S. 259. 16 P ol : Jahrbücher der Stadt Breslau 5, S. 64 – 65. 17 P ol : Jahrbücher der Stadt Breslau 5, S. 74. 18 Chronica abbatum Beatae Mariae Virginis in Arena, in: Scriptores rerum Silesiacarum 2, S. 279. 19 K astner : Beiträge 1500 – 1655, S. 142; E ngelbert : Das Bistum Breslau im Dreißigjährigen Kriege 1, S. 99. 20 F liegel : Die Dombibliothek zu Breslau, S. 123; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 359.

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gleichen 18. September. Bei der Huldigung in der Burg am 9. Oktober spricht Karl den Eid auf Lateinisch, die anderen vier Fürsten auf Deutsch. Karl verlässt Breslau schon am Abend des 9. Oktobers. Auf dem Fürstentag am 14. Oktober vertreten ihn Deputierte. Matthias bricht am 17. Oktober auf und begibt sich über Grottkau und Neisse nach Wien.21 24. Oktober 1612: Karl schreibt an den Oberhauptmann aus dem Breslauer Bischofshof, auf dem Wege nach Oels, um sich beim Oberhauptmann über die evangelischen Neisser zu beschweren.22 13. Januar 1614: Der Bischof richtet zwei Schreiben an den Oberamtmann Herzog Karl.23 13. Mai 1615: Zusammenkunft im Hause des Domherrn Eder mit einer Delegation der Fürsten und Stände.24 25. November 1616: Zusammentreffen mit den Fürsten und Ständen im Hause des Oberhauptmanns.25 27. November 1616: Karl auf dem Fürstentag in Breslau.26 15. April 1617: Dankschreiben an den Papst aus Breslau.27 24. September 1617: Anwesend bei der Erbhuldigung Ferdinands.28 3. bis 18. November 1621: Der Bischof hat den Vorsitz beim Fürstentag in Breslau.29 26, 29. und 30. November 1621: Karl schreibt dem K ­ aiser aus Breslau.30 31 6. März 1623: Schreiben an die Stadt Breslau. 17. März 1623: Ein Schreiben an die Stadt Breslau aus dem fürstbischöflichen Hof.32 14. März 1624: Karl bittet den Papst um eine Audienz für Camillo Cataneo, er schreibt „in meinem bischöflichen Hof“.33 21 S chickfuss und C uraeus : New Vermehrete Schlesische Chronica 3, S. 115 – 138, besonders S. 126, 133, 135; P ol : Jahrbücher der Stadt Breslau 5, S. 98 – 107; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 74 – 80. 22 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 81 – 84; B uckisch 2, 10, 1; G ottschalk : Buckisch 2, S. 165 f. (Artikel 269). 23 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 141 – 144, nach B uckisch 2, 15, 10 und 2, 15, 11. 24 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 176; Kastner hatte das Protokoll der Sitzung vor sich, dort Anm. 6. 25 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 220; B resciani : Erzherzog Karl, S. 228. 26 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 223. 27 K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 387, Regest 324. 28 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S.  236; P ol : Jahrbücher der Stadt Breslau 5, S. 136 – 137; B uckisch 2, 23, 9; K astner : Beiträge 1500 – 1655, Kapitelprotokolle, 24. 09. 1617, S. 171. 29 Acta Publica 4, S. 217 f. 30 D u c h : Die Politik Maximilians I., Januar 1621–Dezember 1622, S.  415 – 418, Nr.  145, 26. 11. 1621; Wien HHStA, HausA, Familienkorrespondenz A 5 – 2 – 3, 29. und 30. 11. 1621. 31 Acta Publica 6, S. 36. 32 Acta Publica 6, S. 37. 33 Karl an Papst Urban VIII., 14. 03. 1624, BAV, Codices Barbarini Latini, 6898, fol. 30r; ­S chmidlin : Kirchliche Zustände und Schicksale des deutschen Katholizismus, S. 51 Anm. 1.

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Während wir nur weniger als zwanzig Aufenthalte des Erzherzogs in Breslau – anscheinend immer auf nur ein paar Tage – belegen können, dürfen wir annehmen, dass er bei anderen Gelegenheiten die schlesische Hauptstadt besuchte. Breslau blieb dem Fürstbischof im Vergleich mit Wien vielleicht fremd, da es vor allem eine Stadt von Handwerkern und einer wachsenden Zahl von Handelsleuten war. Wien mit seinen neuen ausgedehnten Verteidigungsanlagen trug eher den Charakter einer Grenzfestung und seine Einwohnerschaft zeigte einen wachsenden Anteil adliger Hausbesitzer oder solcher aus der habsburgischen Beamtenschaft.34 Mit einer ganz anderen Bewohnerschaft hatte Breslau auch einen ganz anderen Charakter. In Neisse, um 1600 nach Breslau und Liegnitz die drittgrößte Stadt Schlesiens,35 umgab den Erzherzog als Landesherrn ein Hofstaat, den wir gewiss auf nicht weniger als 200 Personen schätzen dürfen; Ferdinands Grazer Hofstaat bestand 1619 aus über 300. Den ganzen mannigfaltigen Aufgabenbereich eines Landesherrn verwaltete der Bischof mit einem kleinen Stab von Männern, deren Aktivitäten sich in vielen Fällen auf mehr als ein Ressort erstreckten.36 Dabei kam der Verwaltung des bischöflichen Besitzes im Fürstentum – der Dörfer, Güter und industriellen Unternehmen des Bischofs – besondere Bedeutung zu, denn von dort flossen in erster Linie die bischöflichen Einkünfte. In den Städten waren die Räte, auf dem Lande die Gutsbesitzer und Dorfschulzen die Obrigkeiten, die einzigen speziellen Repräsentanten des Bischofs auf dem Lande der Landeshauptmann, der Hofrichter und die Hauptmänner in den Städten Ottmachau, Grottkau, Freiwaldau und Wansen, die Hauptleute aus dem Hofpersonal oder den Reihen der Gutsbesitzer rekrutiert. Eine periodisch einberufene Versammlung der großen Landbesitzer und Vertreter der Städte durfte bei wichtigen Entscheidungen mitreden. In Neisse wohnte der Erzherzog im bischöflichen Schloss, das nach einem Brande 1525 erneuert worden war, in den späteren Jahren zum Teil auch im Großen Haus, das 34 Andreas W eigl : Die „Hauptstadt“ Wien und der Dreißigjährige Krieg, in: ders . Hg.: Wien im Dreißigjährigen Krieg. Bevölkerung, Gesellschaft, Kultur, Konfession (= Kulturstudien 32), Wien, Köln, Weimar 2001, S. 31 Anm. 1 und 2 (Einwohnerzahlen), 42 – 46 (Hausbesitz des Adels und des Hofbeamtentums), 34 (Grenzstadt); Karl V ocelka : Du bist die port und zir alzeit, befestigung der Christenheit – Wien ­zwischen Grenzfestung und Residenzstadt im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit, in: Metropolen im Wandel, hg. von Evamaria E ngel , Karen L ambrecht und Hanna N ogossek , S. 263 – 275. 35 Einwohnerzahlen vor allem bei S toob und J ohannek : Schlesisches Städtebuch. Schweidnitz hatte wohl ungefähr die g­ leiche Einwohnerzahl wie Neisse. 36 Zum Thema des Breslauer Bischofs als Landesfürst s. J ungnitz : Gerstmann, S. 446 – 495, Kapitel „Der Bischof als Fürst von Neisse“; Kurt E ngelbert : Beiträge zur Geschichte des Breslauer Bischofs Kaspar von Logau (1952), S. 121 – 147. Allgemein zum Landesherrn im bischöflichen Fürstentum Neisse im 16. und 17. Jahrhundert S cholz : Das geistliche Fürstentum Neisse, S. 145 – 163, Kapitel „Der bischöfliche Landesherr im 16. und 17. Jahrhundert“. Zu Karls Landesherrschaft in Brixen s. B resciani : Erzherzog Karl, Abschnitt „Die weltliche Regierung des Hochstifts Brixen“, S. 76 – 135.

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er sich an der Ecke der Bischofsgasse – sie führte in gerader Linie vom Schloss zur Stadtpfarrkirche St. Jakobus – gegenüber dem Eingang zum Burgkomplex baute.37 Die bischöfliche Regierung mag Häuser in der Stadt für ihre Zwecke benutzt haben, das erst 1604 erbaute Kämmereigebäude, ein Juwel der schlesischen Renaissance, diente auch den Regierungsgeschäften des Fürstentums, wie aus späterer Zeit belegt ist. Notwendig im Schloss war eine zahlreiche Dienerschaft, eine Küche, beim Schützenfest 1612 mit Köchen aus Österreich und Frankreich, eine Brauerei, Karl hatte dort auch eine Hofapotheke unter dem Apotheker George Patzenhofer.38 Am Hof gab es verschiedene Werkstätten, deshalb gehörten zum Hofpersonal Buchbinder, Drucker, Tischler, Goldschmiede, Holzschnitzer, Maler, sowie das Hoforchester. Ein Kontingent von Soldaten sorgte für die Sicherheit, des Bischofs Fussguardia,39 deshalb wohl auch die umfangreiche Ansammlung von Waffen in den Rüstkammern. Für besondere Zwecke nutzte man Spezialisten von außerhalb des Hofes, wie den Bartholomäus ­Praetorius aus Prenzlau als bischöflichen Staatsanwalt im Prozess gegen den ehemaligen Hofrichter Heinrich von Buchta. Agenten in Prag, Rom und anderswo vertraten die Interessen des Bischofs und schickten Informationen.40 In Abwesenheit des Bischofs regierten das Fürstentum zwei Bistumsadministratoren aus dem Domkapitel, die dann ihren Sitz in Neisse hatten. Eine Beschreibung ihrer Pflichten in Neisse bestand nicht oder hat sich wenigstens nicht erhalten.

37 Zur bischöflichen Residenz in Neisse s. S cholz : Das geistliche Fürstentum Neisse, S. 158. Ein Stich von 1736 zeigt noch das Schloss, s. auch eine farbige Abbildung aus Friedrich Bernhard W erner : Topographia Silesiae I (1743 – 1755), S cholz : Das geistliche Fürstentum Neisse, S. 402 und Farbtafel 7. Es wurde 1823/24 teilweise abgetragen, erhalten blieb der lange Bau entlang der ehemaligen Jesuitenstraße in Richtung auf die Gymnasialkirche. 38 Es gab eine Stadt- und eine Hofapotheke zu Karls Zeit; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 333. 39 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 279. Die Fußgarde war offensichtlich nicht identisch mit der fürstlichen Leibgarde, 400 Mann, ­welche dem Erzherzog zur Zeit der Belagerung von Glatz 1622 zur Verfügung stand. Der spätere Landkomtur von Tirol Georg Niklas Vintler von Platsch wird als Hauptmann der Leibgarde des Erzherzogs genannt; Heinz N oflatscher Hg.: Der Deutsche Orden in Tirol (= Quellen und Studien zur Geschichte des Deutschen Ordens 43), Bozen, Marburg 1991, S. 183. 40 Der Bischof hatte einen Agenten in Prag, im Januar 1617 war es ein Dr. Fabius Maximus Ponzon. Er beriet sich des Längeren mit Khlesl über die Maßnahmen des Bischofs gegen die Evangelischen. K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 229 Anm. 4. „… dilectus filius Alphonsus Picus, qui fraterinitatis tuae negotia agit apud sanctam sane Apostolicam sedem“, Paul V. an Karl, 02. 07. 1616, ASV Armarium 45, 11, fol. 127v, der Papst gab Pico mündliche Informationen, die er anscheinend nicht schriftlich niederlegen wollte.

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2. Ein aktiver, auf Besserung ausgerichteter Regent Trotz der langen Abwesenheiten von seiner Residenzstadt und der Ablenkungen, die seine Teilnahme an den Regierungsgeschäften des Hauses Habsburg mit sich brachte, regierte Erzherzog Karl in seinem kleinen Wirkungsfeld, dem Bistumsland, wie ein umsichtiger und besorgter Landesvater. Er stützte sich dabei auf talentierte und dem Hause Habsburg ergebene Männer, meistens Laien.41 Während die Bistumsadminis­ tratoren in seiner Abwesenheit die Oberaufsicht hatten, kam es nur selten vor, dass ein Breslauer Kanoniker eine Position wie die des Kanzlers im Fürstentum übernahm, eine Stellung, in der wir den Kanoniker Sebastian Hartmann bereits beschrieben haben. Bei der Ernennung der wichtigsten Beamten suchte sich Karl zum Teil erfahrene Persönlichkeiten aus, die schon unter seinen Vorgängern gedient hatten, zum Teil bis dahin Unbekannte aus seinem engsten Umkreise. Von Beginn seiner Herrschaft an setzte er bei der Auswahl seiner engsten Mitarbeiter seinen eigenen Willen durch. Leute, die ihm sein Bruder Ferdinand nach Neisse geschickte hatte, wie Pess und Waltenhofer, versuchte er gleich in den ersten Monaten seiner Regierung loszuwerden, an anderen, die er selbst ausgesucht hatte, wie Kochtitzky und Tauber, hielt er trotz Kritik seiner österreichischen Betreuer fest. Unter Titeln wie bischöflicher oder geheimer Rat verbargen sich Verantwortungen für mehr als ein Ressort, die Aufgaben wechselten sicherlich wiederholt. An der Spitze standen der Kanzler als Haupt der Verwaltung und der Landeshauptmann mit Verantwortung für Polizei und Militärwesen. Wichtige Positionen waren auch die des Kammergerichtspräsidenten, des Hofrichters und des Neisser Bürgermeisters. Im Kanzleramt folgte dem Kanoniker Sebastian Hartmann ein Laie, der jüngere Joachim Willenberger. Er war der Sohn eines gleichnamigen, in Wohlau geborenen bischöflichen Rats und Vizekanzlers am Hofgericht auf der Breslauer Dominsel (der ältere Willenberger 1542 – 1606). Der jüngere Willenberger begegnet zuerst als Rektor des Neisser Pfarrgymnasiums 1595 – 1598, dann unter Bischof Johannes Sitsch als bischöflicher Sekretär 1600, bischöflicher Rat 1601, Vizekanzler 1602, bald auch mit dem Titel kaiserlicher Rat. Unter Erzherzog Karl erscheint er als bischöflicher Rat 1609, als Vizekanzler 1611 und als Kanzler von 1613 bis 1616; ­Kaiser Rudolf erhob ihn in den Adelsstand als Willenberger von Willenberg. Er heiratete eine Neisserin, sein Haus stand auf der imposanten Breslauer Straße, dort legte er sich eine umfangreiche Bibliothek an, seinem nicht ganz geratenen Sohn Karl versuchte er, mit Hilfe des Bischofs eine Prälatur im Breslauer Kapitel zu sichern.42 In Breslau diente 41 E ngelbert : Bischof Kaspar als Fürst von Neisse, S. 121 – 131. 42 E ngelbert : Das Bistum Breslau im Dreißigjährigen Kriege 1, S. 90 Anm. 35; G ottschalk : Buckisch 2, S. 142 Anm. 34; J ungnitz : Breslauer Germaniker, S. 146, zu Karl Willenberg, Sohn des jüngeren Joachim, dort S. 146 – 148; K astner : Geschichte des Pfarr-Gymnasiums, S. 127 – 129. Erzherzog Karl bittet Papst Paul V. 1613 (Neisse, 29.11.) um Dispens für den neunjährigen Karl, so dass dieser ein Kanonikat und eine Prälatur empfangen kann; K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 375 Regest 268. Der Sohn Karl Willenberger war

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er gleichzeitig als Syndikus des St. ­Vinzenzstifts.43 Auf dem ersten Fürstentag in Karls Regierungszeit, im Juni 1609, vertrat er zusammen mit zwei Domherren den Erzherzog. Trotz seines Laienstandes betrachtete man ihn offensichtlich als besonders geeignet, die kirchenpolitische Position des Landesherrn vor den schlesischen Fürsten und Ständen darzulegen.44 Johann Scharf von Werth unterzeichnete viele Jahre Dokumente als bischöflicher Geheimsekretär, er heißt auch bischöflicher Rat und sogar Kanzler. Er hatte in Königsberg studiert (1588) und mag ein Verwandter des Sekretärs am polnischen Königshof Sigismund Scharf von Werth gewesen sein.45 Im Juli 1613 handelte er als Sprecher einer vierköpfigen Gesandtschaft, die das Bistum Brixen im Namen des Erzherzogs übernahm.46 1615 übergab ihm der Erzherzog für erwiesene Dienste die „Lichtenstein’schen Lehen“.47 Er starb 1631 (4. Februar) in Breslau. Hans Scheliha von Rzuchow-Zubrziczki ist belegt als Kanzler von Mai 1617 bis zu seinem Tode im November 1620, er stammte nicht aus dem Bischofsland, hatte anscheinend ursprünglich keinen größeren Landbesitz und musste sich seinen Adelsstand von ­Kaiser ­Matthias 1612 bestätigen lassen.48 Der Vater war ­Gutsbesitzer im Oppelner Fürstentum, die

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Germaniker (wenigstens auf kurze Zeit) und Breslauer Kanonikus, er verursachte einige Probleme. Er residierte in Neisse, bei seinem Tode hinterließ er eine Bibliothek von 400 Bänden. Hans Jürgen von W ilckens : Schlesische Leichenpredigten, Trauerreden und Abdankungen des 17. Jhs. aus der Herzog-August-Bibliothek in Wolfenbüttel (= Veröffentlichungen der Forschungsstelle Ostmitteleuropa, Reihe B, Nr. 26), Dortmund 1976, S. 8 verzeichnet die Leichenpredigt eines Willenberger, aber nicht des Neisser Kanzlers. Z edler : Grosses vollständiges Universal-Lexicon 57, Sp. 121 f., mit einem falschen Todesdatum. K onrad : Der schlesische Majestätsbrief, S. 19. J ungnitz : Breslauer Germaniker, S. 146 – 148. Das Kapitel akzeptierte ihn sogar. Sekretär, 12. 03. 1610, Geheimsekretär, 27. 02. 1616, K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 37 Anm. 9, 187, 332 Anm. 5 (Urkunde für Schneider, 29. 03. 1610); G ottschalk : Buckisch 2, S. 152 Anm. 56, demnach stand Werth für Donauwörth, gestorben 1631 (04.02.). Er unterzeichnet mit Sebastian Hartmann das Dekret des Bischofs vom 13. März 1610 (Ottmachau). Das Todesdatum bei Bernhard von P r i t t w i t z u n d G a f f r o n : Über die handschriftlichen Vervollständigungen von Pols Hemerologium Silesiacum Vratislaviense nebst annalistischen Mitteilungen daraus, in: ZVGS 13 (1876), S. 193 – 242, hier S. 216. Christoph Tinctorius, auch Färber, Maler, geb. 07. 11. 1604 in Drengfurt, gest. 13. 04. 1662 in Königsberg, ein deutscher Mediziner, ging eine zweite Ehe am 19. August 1653 mit Regina (geb. 15. 11. 1619, gest. 16. 03. 1662) ein, sie war Witwe des königlich-polnischen Sekretärs Sigismund Scharf von Werth. B resciani : Erzherzog Karl, S. 38. 23.3., DA Brixen, Hofarchiv, Hofprotolle 21, S. 308, Hofregistratur 56, S. 18; B resciani : Erz­ herzog Karl, S. 56. In der zweiten Stiftungsurkunde für das Jesuitenkollegium, 13. 07. 1623, unterzeichnet Scharf; S e i d e l : Festschrift 1624 – 1924, S.  16, in der ersten, 09. 02. 1623, ­Metzinger, S. 12. Erbo von S chickfus und N eudorff : Hans Scheliha († 1620), Kanzler des Bistums Breslau, in: ASKG 21 (1963), S. 261 – 281; S cholz : Das geistliche Fürstentum Neisse, S. 261, 328; Ernst Heinrich K neschke : Neues allgemeines deutsches Adels-Lexikon 1 – 9, Hildesheim, New York 1973, Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1859, 8, S. 117 f.; Augustin W eltzel : Die

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­ utter eine Bürgerstochter aus Falkenberg. Hans Scheliha war um 1570 geboren, er M ist 1589 als Student in Siena nachgewiesen. 1608 heiratete er eine Witwe mit vier Kindern, die achtunddreißigjährige Helene Niemitz, Tochter eines Landsassen im Neisser Fürstentum, Nikolaus Niemitz von Wilckau auf Jungferndorf und Gesess, der einem früheren Bischof als Hauptmann auf Johannesberg gedient hatte. Er war mindestens seit 1612 bischöflicher Rat, 1616 Vizekanzler, in welchem Jahr ihn der Erzherzog als seinen Gesandten nach Prag schickte, 1617 (28. Mai) unterzeichnet er eine Urkunde als Kanzler,49 er wurde auch Kanzler von Oppeln-Ratibor (1618), ein Posten, den er aber bald niederlegte (1619), und erhielt die Würde eines kaiserlichen Pfalzgrafen. Wie Willenberger vertrat er zusammen mit zwei Domherren, Troilo und Gelhorn, den Bischof auf Fürstentagen (20. November 1618, 30. Januar 1619). Ein strenger Katholizismus, Treue zum Hause Habsburg und bedingungslose Anhänglichkeit an den Erzherzog zeichneten ihn aus. Am 23. Oktober 1619 berichtete er dem Bischof und dessen Beichtvater in Warschau von den Ereignissen in Neisse. Die Leute hielten Bankette, als ob alles zum Besten stünde, kümmerten sich nicht um die Abwesenheit ihres Herrn. In diesen trüben Tagen bekannte er sich in bewegenden Worten zu seinem Herrn. Er wollte als ein treuer Diener dem Bischof in Neisse ­nutzen, so viel er könnte. Sollte die Situation nicht länger für ihn tragbar sein, würde er seine Zuflucht zum Bischof nehmen, „dann lieber auf dem Munde zu ihm kriechen als ihn verlassen“.50 Scheliha spielte eine wesentliche Rolle bei den Erbteilungen und anderen Familienangelegenheiten des Bischofs, er übernahm auch ähnliche Aufgaben für Leopold.51 Am 2. September 1620 bestätigte ihm der Bischof den Besitz des Gutes Rogau, das der Kanzler gekauft hatte, als Allod. Ein letzter Kanzler unter Erzherzog Karl, nachgewiesen von 1623 an, war Johann Christoph Metzinger von Kaltenstein.52 Er diente als einer der Kommissare im Kriminalprozess gegen die Glatzer Rebellen.

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­ andesbeamten der Fürstenthümer Oppeln-Ratibor von 1532 – 1741, in: ZVGS 12 (1874), L S. 19 – 44, hier S. 37 f. Kauf des Stutenvorwerks, K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 345 Anm. 7. K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 257 f. Kastner hatte Kopien dieser Briefe vor sich. Die Akte Innsbruck TLA , Alphabetisches Leopoldinum II 29 enthält sieben Schreiben des Scheliha, datiert 26.05. bis 27. 07. 1616, alle betreffen das Testament des Maximilian Ernst; S chickfus und N eudorff : Scheliha, kannte sie anscheinend nicht. 1623 war Johann Christoph Metzinger von Kaltenstein Hofkanzler bei Karl; Joseph K ögler : Die Chroniken der Grafschaft Glatz 1 – 5, neu bearbeitet von Dieter P ohl , Modautal 1992, hier 3, S. 397, und 5, S. 102, 118, 217 (Schenkungen an Metzinger); Julius K rebs : Ein Beitrag zu dem Hochverrathsprozeß gegen die Glatzer Rebellen vom Jahre 1625, in: ZVGS 16 (1882), S. 285 – 289, hier S. 286 (zwei Briefe vom 18. 07. 1624 eröffneten das Verfahren, Klageschrift 18. 02. 1625, Urteil November 1625).

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Im Gegensatz zum bischöflichen Kanzler diente in der Stelle des Landeshauptmanns gewöhnlich einer der dort angesessenen Gutsbesitzer. Fast während Karls ganzer Regierungszeit hielt diese Position der zunächst in Ujest, dann auch im Ottmachauischen begüterte Nikolaus Kochtitzky, Freiherr von Kochtitz und Lublinitz. Ujest bestand aus einer kleinen Stadt und elf Dörfern, ungefähr sechzig Kilometer östlich von Neisse, einer der neun Halten des Breslauer Bischofs.53 Fünf Brüder Kochtitzky von Kochtitz und ­Lublinitz, Enkel eines Johann, wurden am 26. März 1610 in den Freiherrenstand erhoben.54 Ein Kochtitzky, hier Cochticius, ohne Vornamen, erscheint im Brief des Stobaeus an Ferdinand vom 15. Mai 1611 als einer der Anführer der schlechten Gesellschaft, mit der sich Karl in seinen ersten Jahren angeblich umgab.55 Nikolaus Kochtitzky hatte Anna Maria, Tochter des Landeshauptmanns Christoph von Maltitz und Dippoldiswalde auf Hertwigswalde, geheiratet, anscheinend in den späten 1590er Jahren.56 Er übernahm das Amt seines Schwiegervaters wohl schon 1608 und ist dann als Landeshauptmann bis 1621 belegt. Als der Bischof 1613 in Graz weilte, dort vom 26. Mai bis 16. Juli belegt, rief Kochtitzky einen besonders aktiven Neisser Evangelischen namens Adam Schütze vor sich und ermahnte ihn, sein Kind auf katholische Art zu beerdigen. Die Evangelischen aber brachen am „St. Johanistag“, nachts um zwei Uhr, im Kirchhof ein, schaufelten ein Grab und bestatteten das Kind auf ihre Weise.57 So viel Respekt zeigte man dem hohen Beamten des Bischofs! Eine Urkunde vom 2. Januar 1616 führt Kochtitzky zunächst als Obersten Kämmerer und Geheimen Rat an und erst dann als Landeshauptmann.58 Als Johann Georg, Herzog von Jägerndorf, Neisse im Frühjahr 1621 besetzte, hielt er außer anderen führenden Leuten des Fürstentums auch Nikolaus Kochtitzky gefangen, nahm ihn aber bei seinem Abzug im Juli nicht wie die Bistumsadministratoren als Geisel mit.59 Im Auftrage des Brandenburgers korrespondierte er mit dem Erzherzog, der einen kaiserlichen Pardon vermitteln sollte; Karl konnte nichts ausrichten.60 In einem bitteren Brief an die Bistumsadministratoren (1628) klagte er über den Schaden, den 53 S cholz : Das geistliche Fürstentum Neisse, S. 320. 54 Anton S chimon : Der Adel von Böhmen, Mähren und Schlesien, Leipa 1859, S. 75. Ein Kammerrat Johann Kochtitzky sollte nach Wunsch der Fürsten und Stände den Weihbischof ­Scultetus 1611 nach Warschau begleiten; J ungnitz : Breslauer Weihbischöfe, S. 107. 55 An Ferdinand, Lavant, 15. 05. 1611, S tobaeus : Epistolae ad diversos (1758), S. 290 – 292. 56 Z edler : Großes vollständiges Universal-Lexicon 15 (1737), Sp. 1197 f. Aus der Ehe entsprang nur die Tochter Anna Maria Freiin Kochticky von Kochtitz, 1600 – 1664. 57 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 108, das ganze Schreiben S. 104 – 109; ­G ottschalk : Buckisch 2, S. 169 f.; B uckisch 2, 12, 1; F uchs : Versuch einer Reformationsgeschichte des Fürstenthums Neisse, S. 193 – 200. Fuchs gibt den Text wörtlich wieder, Kastner, wie gewöhnlich, eine Zusammenfassung. Fuchs erwähnt Kochtitzky, aber keinen Vornamen. 58 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 340; G raber : Inventare Stadt Neisse, Nr. 542. Der Kauf wurde schon am 19. Juni 1615 vor Nikolaus als Landeshauptmann vollzogen. 59 B uckisch 5, 3, 9; G ottschalk : Buckisch 2, S. 299 (Artikel 713); Protokolle des Domkapitels 12.07. bis 13. 08. 1621, K astner : Beiträge 1500 – 1655, S. 205 – 207. 60 Innsbruck TLA, Alphabetisches Leopoldinum II 29, 29.05. und 11. 06. 1621.

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die Mansfeld’schen Truppen, polnische Eindringlinge und die Einquartierung zweier „mörderischer kaiserlicher Regimenter“ ihm und seinen Untertanen angetan hatten, er erinnerte an seine Verdienste um das Bistum und bat um Erlass der neuerdings auferlegten Steuern und Kontributionen. Wie sollte einer jedes Jahr sieben Taler von der Hufe Steuern zahlen, wenn er sie um diesen Preis nicht einmal verkaufen konnte?61 Trotz der Kriegslasten gründete er 1643 in Ujest das Hospital St. Nikolai.62 Zwanzig Jahre lang, noch über den Tod des Erzherzogs hinaus, finden wir Melchior Tauber, Kammerpräsident in den letzten Lebensjahren des Bischofs, im Dienste der Fürstentumsregierung. Vom ersten Treffen an, vielleicht in Glatz 1608, ein Günstling des Erzherzogs, machte er in seinem Dienste Karriere. Geborener Glatzer und bürgerlicher Herkunft, gehörte Tauber zu den Leuten, so der Bischof von Lavant, die den jungen Erzherzog mit ihren schlechten Reden zu verderben drohten. Lamberg hatte auch nichts Gutes über ihn zu sagen. Aber nicht viel ­später, im August 1612, zur Zeit des Neisser Schützenfests, hielt er bereits eine der Hauptmannschaften, die von Wansen, im bischöflichen Fürstentum. Im Juli 1613 war er als Kammerrat zusammen mit Johann Scharf Mitglied der Gesandtschaft, die das Bistum Brixen im Namen des Erzherzogs übernahm.63 1614 geadelt, fügte er dem plebejischen Tauber ein „von Taubenfurt“ hinzu, 1615 erscheint er als kaiserlicher und bischöflicher Rat, Kammerpräsident und Hauptmann neben Wansen jetzt auch auf Saubsdorf.64 Spätestens 1615 finden wir ihn im Besitz von Greisau, ein Dorf des Bischofs, 1619 nannte er dort, wo es vorher nur bischöfliche Bauern gegeben hatte, eine Gutswirtschaft sein eigen. Im Frühjahr 1621 nahm ihn Johann Georg, Herzog von Jägerndorf, als er die Stadt im Juli aufgab, samt den Bistumsadministratoren als Geisel mit.65 Nach der Rückkehr in sein Bistum 1621 zeigte der Erzherzog zunächst Unwillen gegen die Domherren, nutzte aber auch die Gelegenheit, dem Kapitel die Belohnung dreier Adliger, die im Moment höchster Gefahr nicht gewankt hatten, aufzuzwingen. Zu diesen gehörte Tauber, „der keine Arbeit oder Anstrengung im Dienste der ­Kirche gescheut“ hatte, und seine Belohnung war die Überführung des bischöflichen Dorfes Greisau in ­seinen 61 62 63 64

Acta Publica 7 (1628), S. 10 f. S toob und J ohannek : Schlesisches Städtebuch, S. 440. B resciani : Erzherzog Karl, S. 38. K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 342: Urkunde über Kauf des Stutenvorwerks vom 28. Mai 1617, darin Bezug auf Aktion einer Kommission mit Datum 12. Juni 1615, zu der Melchior Tauber gehörte, „Melchior Tauber von Taubenfurtt auf Greissau, unsers freundlichen geliebten Herrn Bruders Erzherzogs Ferdinand [Rat], auch unsern Rat und Kammerpräsidenten, Hauptmann auf Wannsen und Saubßdorf“; diese Positionen sind zum Teil schon etwas früher belegt, s. G ottschalk : Buckisch 2, S. 301 Anm. 29. Erwähnt auch ebd., S. 354 in einem Kaufkontrakt vom 20. Mai 1623. 65 G ottschalk : Buckisch 2, S. 301 (Artikel 717); K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 288 f.; B uckisch 5, 3, 13.

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privaten Besitz.66 Die Stadt Glatz verkaufte 1603 das Gut Neudeck bei Glatz dem Breslauer Doktor ­Pankratius Freund von Polnisch-Weistritz, Tauber heiratete dessen Tochter Ursula und kaufte 1623 das Gut (24. Juni). Die Erben verkauften 1638 den Besitz einem Daniel Krahl von Trzeban, kaiserlicher Obristwachtmeister, der Krieg zerstörte Neudeck ein paar Jahre ­später.67 Tauber begleitete den Bischof nicht auf der Reise nach Spanien, reiste ihm aber im Juli 1624 nach Wien nach, gewiss um als Kammerpräsident neue Instruktionen zu empfangen.68 Nach dem Tode des Bischofs übernahm er die Rolle eines Nachlassverwalters, des kaiserlichen „Verlassenschaftskommissärs“. Als solcher stellte er Verzeichnisse auf, sowohl des gesamten Nachlasses als auch dessen, was man dem Deutschen Orden und dem Bistum Brixen zurückerstatten sollte, und der besonders wertvollen Sachen, die man sofort der Hofkammer in Wien zuschickte. Er korrespondierte mit dem ­Kaiser, verkaufte, was sich absetzen ließ, und bezahlte vom Erlös erzherzogliche Schulden. Das letzte ­Zeichen seiner Tätigkeit im Umkreis des Erzherzogs und das letzte Lebenszeichen, ein Bericht über das Schicksal der Kirchenparamente des verstorbenen Bischofs, kam aus Breslau am 17. Dezember 1628, er starb im nächsten Jahr. Vier volle Jahre widmete er dem Nachlass des Erzherzogs.69 Beamte der Fürstentumsregierung bekleideten gelegentlich auch das Amt des Neisser Bürgermeisters. Den gelehrten Kaspar Gebauer aus Oberglogau setzte Bischof Andreas von Jerin als Rektor des Neisser Pfarrgymnasiums ein, wo er ein reiches Programm mit Theatervorführungen und wissenschaftlichen Vorträgen für seine Schüler organisierte. Schon 1594 machte ihn Bischof Jerin zum Neisser Senator, zu einem der neun Stadträte, die mit dem Bürgermeister die Stadt unter der Leitung der bischöflichen Regierung verwalteten. Gebauer trat vom Rektorat 1595 zurück und diente dann zwei Jahrzehnte als Bürgermeister der Stadt, 1598 – 1618. Während des zweiten Jahrzehnts nahm er an so manchem Gefecht für den Bischof in den Auseinandersetzungen mit den Evangelischen teil. Karl ernannte ihn zum bischöflichen Rat, und als Mühlenverweser hatte Gebauer eine Position in der bischöflichen Verwaltung. Der Bischof bedauerte es sehr, als Gebauer 1618 vom 66 K astner : Actenmässige Beiträge 1599 – 1649, Kapitelprotokolle, 17. 11. 1621, S. 14 – 16; S cholz : Das geistliche Fürstentum Neisse, S. 247 f. 67 K ögler : Die Chroniken der Grafschaft Glatz 3, S. 105. 68 Karl an Ursula Meyer, Wien, 06. 07. 1624, Stcokholm,Swedish National Archives, Riksarchivet, Extranea 111/2. 69 Zu seiner Tätigkeit als Verlassenschaftskommissar s. Gustav B odenstein : Urkunden und Regesten aus dem k. und k. Reichsfinanz-Archiv in Wien, in: Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses 33 (1916), 2. Teil: Quellen zur Geschichte der kaiserlichen Haussammlungen und der Kunstbestrebungen des Allerdurchlauchtigsten Erzhauses, S. I–CXVIII , hier Artikel 20.444, 20.445, 20.551, 20.461, 20.493, 20.505, 20.528, 20.537, 20.565; Josef Z ukal : Die Liechtensteinische Inquisition in den Herzogtümern Troppau und Jägerndorf aus Anlaß der Mansfeldischen Rebellion 1626 – 1627, in: Zeitschrift für Geschichte und Kulturgeschichte Österreichisch Schlesiens 7 (1912), S. 1 – 260, hier S. 28 (Juli 1629).

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Bürgermeisteramt zurücktrat, gab ihm dann den Titel Primas und wollte, dass er auch weiterhin seine Bezüge erhielt und an den Sitzungen des Stadtrats teilnahm. Nach dem Tode des Erzherzogs erwiesen sich Gebauer und ­später seine Witwe als großzügige Patrone des Neisser Jesuitenkollegiums.70 Neben solchen gediegenen Beamten gehörte eine zwielichtige Gestalt über mehrere Jahre hin, von 1614 bis 1621, zur unmittelbaren Entourage des Erzherzogs, der österreichische Franziskaner Karl Weinberger, wie Karl in Graz geboren, Hofprediger und Beichtvater des Erzherzogs. Er beschrieb sich selbst als domini Caroli archiducis Austriae consiliarius intimus confessionarius et concionator aulicus. Als Guardian stand er der 1614 errichteten Neisser Niederlassung der Franziskanerobservanten vor. Der Bischof schickte ihn mit dem Kanzler Scheliha nach Prag (19. Oktober 1616) an den Kaiserhof.71 1619 begleitete er den Erzherzog auf der Flucht nach Warschau und übernahm für ihn im Winter eine Gesandtschaft zum ­Kaiser mit besonders heiklen Anliegen – der Bitte um finanzielle Unterstützung und Karls Bestallung als Bischof von Wien und Wiener Neustadt.72 Er war sicherlich der nicht mit Namen Genannte, aber dem Empfänger Bekannte, den der Bischof im November 1619 nach Wien schickte und beauftragte, „auf der Durchreise“ Maximilian von Bayern einen Brief zu überbringen. Der bayerische Herzog sollte ihm das ­gleiche Vertrauen wie dem Bischof selbst schenken.73 Confessore e favorite nannte ihn der Nuntius Diotallevi in Warschau in einem Brief an Kardinal Scipione Borghese und bemerkte, Erzherzog Karl regiere zwei Bistümer, aber kleide sich nicht wie ein Bischof, nicht einmal wie ein Priester, sondern wie ein Laie, nur mit dem Ordenskreuz und con la spade a canto, ohne ein äußeres ­Zeichen seiner bischöflichen Position. Weinberger dagegen sei nicht Bischof, aber gehe umher im Habit und mit der Tonsur eines solchen und gebe vor, Breslauer Weihbischof zu 70 K astner : Geschichte des Pfarr-Gymnasiums, S. 119 – 125; ders .: Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 325 f. 71 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 387, 210 Anm. 16. Weinberger war angeblich schon Lehrer Ferdinands gewesen; H urter : Ferdinand II. 2, S. 216; Guardian in Neisse 1615, 1616, in Warschau während Karls Aufenthalt September 1619 bis März 1620. Weinbergers Rolle als Beichtvater dürfte 1620 zu Ende gegangen sein. Seinen Bruder Leopold bat Karl am 25. ­Februar 1621 um den Jesuiten Scheiner als Beichtvater, am 6. April 1624 um den Pater Mercurian als Begleiter auf der Reise nach Spanien. 72 Die Absicht des Bischofs, seinen Beichtvater zum ­Kaiser zu ­schicken, war schon am 1. November 1619 bekannt; M eysztowicz und W yhowska de A ndreis : Lettere ad avvisi di Polonia 1613 – 1626, Nr. 526, S. 99. Am 21. Februar 1620 war er gerade nach Warschau zurückgekehrt. Der Name Weinberger kommt in dieser Korrespondenz nicht vor, es heißt immer nur „il confessore dell’Archiduca Carlo“; Unbekannter an den Hof in Florenz, 21. 02. 1620, M eysztowicz und W yhowska de A ndreis : Lettere ad avvisi di Polonia 1613 – 1626, Nr. 536, S. 109. Auf eine Ernennung zum Weihbischof auf seiner Exkursion wird kein Bezug genommen, zu dieser kam es angeblich in d­ iesem Zeitrahmen, 27. Januar 1620. 73 München Bayerisches Hauptstaatsarchiv, Kasten Schwarz 716, S. 16, 09. 11. 1619.

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sein, was er damals (21. Oktober 1619) bestimmt nicht war.74 Am 27. Januar 1620 soll er zum Titularbischof von Nazianzus (Nazianz, Kappadokien, Türkei) und Weihbischof in Breslau ernannt worden sein, in Breslau ist er aber niemals aufgetreten, und Josef Jungnitz, der die Geschichte der Breslauer Weihbischöfe geschrieben hat, kennt seinen Namen nicht. Weinberger war 1582 geboren, also acht Jahre älter als der Bischof, und wird auch als Ferdinands und Karls Lehrer genannt. In seinem Orden diente er als Kommissar des Generalvikars und hatte in dieser Rolle die Aufsicht über die österreichische Provinz. Im Auftrage des Kaisers ging er im Spätsommer 1621 nach Rom. Ferdinand nominierte ihn im gleichen Jahr für den Bischofssitz in Pedena (Istrien, heute Pićan, Kroatien), wo er sich vier Jahre ohne päpstliche Bestätigung festsetzte. ­Weinberger geriet in Konflikt mit den lokalen Behörden, Beschwerden gelangten an den Kaiserhof und nach Rom, der ­Kaiser zog die Nominierung zurück, der Franziskaner musste die Diözese verlassen und starb 1625 im niederösterreichischen Retz (Bezirk Hollabrunn), nahe der tschechischen Grenze. Karls Beichtvater erregte Aufsehen, da er in weltlicher Kleidung auftrat, Waffen trug, überhaupt viel Interesse an militärischen Dingen zeigte und in Wirtshäusern aus und ein ging.75 Der Abt von Georgenberg in Tirol, in dessen Haus Kardinal Khlesl nach seiner Entmachtung eine Zeit lang festgehalten wurde, bezweifelte, dass Weinberger jemals die Diözesen Wien und Wiener Neustadt verwaltete und der Papst ihn zum Nachfolger Khlesls bestellte. Weinberger behauptete zwar nicht das Letztere, nannte sich aber in einem selbstverfassten Eintrag in der Matrikel der Deutschen Nation zu Siena episcopatuum Viennensis et Neostadiensis administrator.76 Auch hohe Kirchenmänner gaben gern Gerüchte und Halbwahrheiten weiter, aber dieser Beobachter sah in dem Fransziskaner wohl mit Recht einen eitlen und ehrgeizigen Streber; angeblich reiste er mit elf Dienern und wollte als Eure Fürstliche Durchlaucht angesprochen werden.77 Man wundert sich doch, dass der Bischof von Breslau eine so zweideutige Figur jahrelang als Beichtvater und intimen Berater an seiner Seite haben wollte. Weinbergers Rolle erinnert an die des Jesuiten Wilhelm Lamormaini bei Ferdinand II. oder die des Kapuziners Valeriano Magni beim Erzbischof von Prag, Ernst Adalbert, Graf von Harrach (1623 – 1667), diese dem Franziskaner allerdings weit überlegen.

74 21. 10. 1619, ASV , Fondo Borghese II 233, fol. 97r; L eitsch : Das Leben am Hof König ­Sigismunds III. 3, S. 1513. 75 G atz : Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches 1448 – 1668, S. 743. 76 G o t t s c h a l k : Buckisch 2, S. 136 Anm. 18 (Text fortgeführt auf S. 19). Dort wird der Eintrag zitiert aus Fritz W e i g l e : Die Matrikel der Deutschen Nation in Siena 1573 – 1738 (= Bibliothek des Deutschen Historischen Instituts in Rom 22 – 23), Tübingen 1962, S. 39, 16. 09. 1621, auf der Rückkehr von Rom bei einer im Auftrage des Kaisers unternommenen Gesandtschaft. 77 Brief des Abtes von St. Georgenberg an den Pfarrer von Hall, 22. 11. 1621, H ammer -­P urgstall : Khlesl’s Leben 4, Urkundenanhang, S. 218.

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Der Erzherzog konnte generös sein, seine Beamten wurden zwar nicht reich, wie das Schicksal des Kochtitzky zeigt, aber der eine oder andere konnte Karriere machen und selbst ein Mann bürgerlicher Herkunft ein Landgut erwerben und damit in einen höheren Stand aufsteigen; der Besitz einer Gutswirtschaft mit zinszahlenden Bauern und kostenlosen Arbeitskräften war ja die hauptsächliche Quelle für Einkommen und Lebensstandard der höheren Gesellschaftsschicht. Wenn er die Möglichkeit hatte, belohnte der Erzherzog seine höheren Beamten großzügig, selbst auf Kosten von Kirchenbesitz, wie der Fall des Tauber zeigt, was die Zustimmung des Kapitels erforderte, nur mit Schwierigkeit zu erreichen war und durchaus nicht im Interesse des Bistums lag. Bald gab es eine andere Möglichkeit. Mit Landgütern, die von evangelischen Besitzern in der Glatzer Grafschaft konfisziert wurden, kompensierte Karl 1624 seinen Kanzler Johann Christoph Metzinger auf Kaltenstein (das Gut des ­Heinrich von Ratschin in Mittel-Steine, Kreis Jauer) und seinen Kämmerer Hans Arbogast Freiherr von und zu Annenberg und Dornsberg, 1638 Glatzer Landeshauptmann (die Güter zu Arnßdorff der Herren Moschen und Ratschin).78 Beachtenswert erscheinen die verhältnismäßig langen Dienstzeiten dieser oberen Beamten. Kompetent und loyal beweisen sie, dass der Erzherzog bei der Auswahl seiner wichtigsten Mitarbeiter gewöhnlich die richtige Entscheidung traf. Nepotismus spielte bei Ernennungen zu hohen Positionen keine Rolle bei Erzherzog Karl, im Gegensatz zu den meisten seiner unmittelbaren bischöflichen Vorgänger.79 Für seinen Haushalt und ebenso als seine amtlichen Mitarbeiter suchte er sich Personen aus, die ihn ansprachen, in deren Gesellschaft er sich wohlfühlte. Hatte er sich einmal für einen Mann entschieden, so konnte dieser auf die Freundschaft und Treue seines Herrn zählen. Eine ganze Reihe von Bedienten des Erzherzogs in Neisse stiegen in den Adelsstand auf, bestimmt auf seine Empfehlung: Bartholomaeus Kaspar Praetorius, Advokat (1613); Georg Poss, Kapellmeister und Komponist; Georg Püchelmayr, Tenor; Andreas Praßneckh, Tapezierer und Hüter der Kammertür; Johann Mickhusch, Kammerdiener (alle 1621); Thomas Saul, Leibbarbier; Johann Nickisch, Finanzrat (beide 1623); auch Kleriker wie der bischöfliche Rat und Hofkaplan Pompeius Tresanne (1624).80 Den Leibarzt Kaspar Jäschke, der Karl betreute und nach Spanien begleitete, adelte Ferdinand noch im ersten Jahre nach Karls Tode.

78 Udo L incke : Die Inventare der nichtstaatlichen Archive Schlesiens. Kreis Habelschwerdt (= Codex diplomaticus Silesiae 34), Breslau 1929, S. 108, 115, 08.06. und 12. 06. 1624. Um die ­gleiche Zeit übertrug er dem Dekan der Grafschaft Glatz Hieronymus Keck das Mochische Vorwerk in Eisersfeld als erbliches Eigentum, S. 83, 02. 05. 1624. 79 So im Falle des Kaspar von Logau; s. E ngelbert : Bischof Kaspar als Fürst von Neisse, S. 121. 80 G ottschalk : Buckisch 2, S. 137 Anm. 18 (die auf S. 136 beginnt). Karl Friedrich von F rank : Standeserhebungen und Gnadenakte für das Deutsche Reich und die österreichischen Erblande bis 1806 sowie kaiserlichösterreichische bis 1823 1 – 5, Senftenegg 1967 – 1975, hier 4, S. 103, 100, 121, 105, 239, 226; 3, S. 297; 5, S. 12.

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Von vornherein konnte sich Karl als Landesherr nach Eignung, Ausbildung und Erfahrung nicht mit seinen Vorgängern messen, den Bischöfen Gerstmann und Jerin, Männer aus dem Bürgertum, die wegen ihrer Geistesgaben und Verwaltungstalente dem ­Kaiser ihre Tauglichkeit für hohe Positionen demonstriert hatten, ehe sie ihre Posten in Schlesien übernahmen. Auch sein Brixener Vorgänger, Christoph IV . Andreas von Spaur (1601 – 1613), überragte ihn. Karl war denkbar unvorbereitet, die Leitung eines Fürstentums zu übernehmen (aber mit achtzehn Jahren – und als Mitglied des Herrscherhauses – wohl gerade alt genug, um mitreden zu wollen). Er erwies sich dennoch als ein aktives Regierungshaupt, und seine Herrschaft hinterließ tiefere Spuren als die seiner besser qualifizierten Vorgänger. Ganz abgesehen von der konfessionellen Kontroverse, lagen bald nach seiner Ankunft andere Probleme vor. Als Karl die Regierung antrat, waren die schlimmsten Bauernunruhen im Bistumsland vorüber, aber noch jahrelang bemühten sich selbst bischöfliche Dörfer um Abkommen, die ihre Belastungen festlegten und damit deren willkürlicher Erweiterung Schranken setzten, und der Bischof gab diesen Gesuchen statt.81 Schon am 28. Februar 1609 baten die Grottkauischen Landstände den Erzherzog um eine Antwort auf ihre Beschwerden, gemeint sind die fünfzehn Gravamina, die sie im Mai des Vorjahres, wenige Wochen nach dem Tode seines Vorgängers Johannes von Sitsch, dem Breslauer Domkapitel unterbreitet hatten. Die Gravamina übten scharfe Kritik an den unter Sitsch bestehenden Verhältnissen, beklagten insbesondere Unordnung und Willkür in der Regierung, Inkompetenz und Korruption der Beamten, Auflegung neuer Kosten und Nichtachtung der Landstände. Innerhalb von drei Monaten nach seiner Ankunft in Neisse erhielten sie dann eine Antwort von dem neuen Landesherrn, die sorgfältig auf die Mehrzahl der Beschwerden einging und in einigen Fällen promptes Eingreifen der bischöflichen Regierung versprach.82 Die Landstände richteten sich wohl hier gegen den Regierungsstil des fürstlichen Absolutismus überhaupt, aber eine besondere Ursache dürfte gewesen sein, dass den Gutsbesitzern und Dorfherren an der Bewahrung der evangelischen Konfession, speziell auch der Ernennung der Geistlichen, und an Einfluss über die Kircheneinkünfte gelegen war. Das Bestreben des Bischofs, verlorenen Boden wiederzugewinnen und die alte ­Kirche zu festigen, erregte Unbehagen und Widerstand bei den großen ländlichen Besitzern. Im Falle der Gravamina des Jahres 1608 dürfen wir insbesondere die weitgehend evangelischen Landstände des Grottkauer Landes als Anstifter vermuten. Die Missstimmung der Landstände kam um die ­gleiche Zeit auch anderswo zum Ausdruck. So wollten die Gutsbesitzer im 81 S cholz : Das geistliche Fürstentum Neisse, S. 141 – 145. Die dörflichen Robotordnungen, d. h. Abmachungen ­zwischen der bischöflichen Regierung und bischöflichen Dörfern, stammen zum großen Teil aus der Regierungszeit des Erzherzogs; ebd., S. 145 Anm. 63. 82 S c h o l z : Gravamina der Landstände, Text der Gravamina S. 141 – 147, die Antwort des Bischofs S. 147 – 155; Š imák : Rukopisy Majorátní [Handschriften], S. 105, Nr. 191, Ms ee 6, „Miscellanea der particular Fürstenthümber und Stände in Schlesien“, fol. 42 das Gesuch vom 28. ­Februar 1609.

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Ottmachauer Gebiet einen aus ihrer Mitte zum Landeshauptmann des bischöflichen Fürstentums ernannt sehen. Den auf Rekatholisierung ausgerichteten Bischof aus dem Habsburgerhaus betrachteten die Landstände sicherlich mit noch mehr Misstrauen als seinen Vorgänger, der doch aus einer Adelsfamilie des Bistumslandes stammte. Von einer direkten Konfrontation des Landesherrn mit den Landständen in der Zeit des Bischofs hören wir nichts. Aber auch nichts von engem Kontakt, zum Schützenfest 1612 kamen nur sechs. Der Landesfürst war der Lehensherr, die Landstände hatten ihm gehuldigt. Sie beanspruchten ein Mitspracherecht in den Angelegenheiten des Landes, trafen sich mit dem Bischof in den periodischen Landesversammlungen und gaben Rat bei wichtigen Entscheidungen; auch waren sie zum Militärdienst zu Pferd verpflichtet. Steuern und Militärangelegenheiten, wie Durchmärsche, Einquartierungen, Musterungen oder die geschuldeten militärischen Kontingente, gehörten zu den bei diesen Zusammenkünften behandelten Gegenständen. Als der Winterkönig in Neisse erschien, hatten sie wohl keine Wahl, ob katholisch oder evangelisch, als an seinem Empfang teilzunehmen und ihre Stadthäuser seiner Entourage zur Verfügung zu stellen.83 Dass ein Gutsbesitzer seinen Besitz nach der Schlacht am Weißen Berge verlor, wird nicht überliefert. Zu einer Konfrontation ­zwischen bischöflicher Regierung und den evangelischen Landständen kam es eigentlich erst vier Jahre nach dem Tode des Bischofs. Nur ganz gelegentlich erscheint der Name eines der Landstände unter den Beratern des Bischofs, so der des Andreas von Jerin, Gutsbesitzer auf Grunau. 1609 designierte Karl einen der Landbesitzer im Neisser Fürstentum, David Freiherr von Logau und Olbersdorf, als Präsidenten des Kammergerichts und Richter im Prozess gegen den ehemaligen Hofrichter Buchta.84 In der Angelegenheit des Hofrichters Heinrich Buchta von Buchtitz, eines der höchsten bischöflichen Beamten, gegen dessen Amtsführung sich überall in den bischöflichen Dörfern des Neisser Gebiets Klagen erhoben, demonstrierte die bischöfliche Regierung in Neisse im ersten Jahr der Herrschaft des Erzherzogs unverzüglich energisches Eingreifen. Mit Hilfe des Hofrichteramtes regierte der Fürstbischof seine ländlichen Untertanen. Der Hofrichter amtierte nicht nur als Gerichtsherr auf dem Lande, in rechtlicher und wirtschaftlicher Beziehung standen die bäuerlichen Untertanen in den bischöflichen Dörfern unter seiner Kontrolle, z. B. bei Kauf oder Verkauf einer Bauernstelle, Entlassung aus der Zinsherrschaft, Antreten eines Erbes oder Verehelichung. Die im Buchta-Prozess den bischöflichen Behörden vorgelegten Beschwerden geben eine Vorstellung vom Ausmaß seiner Verfügungsgewalt 83 Karl B ruchmann : Die Huldigungsfahrt König Friedrichs I. von Böhmen (des „Winterkönigs“) nach Mähren und Schlesien (= Darstellungen und Quellen zur schlesischen Geschichte 9), ­Breslau 1909, S. 22 f. 84 S cholz : Ein Prozess gegen den bischöflichen Hofrichter, S. 154 – 156 (die Vorladung), 122 f. (über die Wahl).

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über die Landleute.85 Nicht nur verdrängte die bischöfliche Regierung den Hofrichter – er stammte aus einem oberschlesischen Adelsgeschlecht, Verwandte standen in kaiserlichen Diensten – nach zehnjähriger Amtszeit aus seiner Position, sondern sie strengte einen Prozess gegen ihn an, der sich auf die Aussagen von hunderten bäuerlicher Untertanen stützte, und inszenierte damit das ganz ungewohnte Schauspiel eines Gerichtsverfahrens gegen einen hohen Beamten.86 Als höchster Gerichtsherr des Fürstentums richtete der Erzherzog für ­dieses Verfahren ein spezielles Kammergericht ein, wählte einen der Landstände als Kammergerichtspräsidenten und Richter, machte andere, so dürfen wir annehmen, zu Assessoren und ernannte den aus Prenzlau in der Uckermark stammenden und ein paar Jahre ­später in Linz geadelten Juristen Bartholomäus Praetorius als fürstbischöflichen Kammeradvokaten und Anwalt.87 Erfrischend ist in ­diesem Fall, dass ein Fürst sich nicht scheute, den Vergehen eines seiner hohen Beamten gegen die Untertanen nachzugehen, zu beachten auch die Einrichtung eines besonderen Gerichts (statt des Obergerichts, des „Oberrechts von Mann und Städten“, das die Landesordnung von 1549 für das Fürstentum in solchen Fällen vorschrieb).88 Das Gesuch der Angehörigen an das Kapitel um Minderung der hohen, den Erben auferlegten Geldstrafe lehnten die Domherren ab, ausdrücklich deshalb, weil der Bischof dagegen war. Zwei Aspekte des Buchta-Prozesses sind bedeutsam: einmal, dass man hier den bäuerlichen Untertanen Gelegenheit gab, Zeugnis abzulegen über die rechtswidrige Behandlung seitens eines fürstlichen Beamten, zum zweiten, dass die fürstliche Regierung einen Prozess gegen einen ihrer Beamten in Bewegung setzte, ihn für schuldig befand und auch vor der Auferlegung einer empfindlichen Buße für seine Untaten nicht zurückschreckte. Ein Vorbild für ein solches Gerichtsverfahren in Schlesien oder im Reich gab es anscheinend nicht. Der Prozess stützte sich auf die Repetundengesetzgebung des Corpus Juris Civilis, die sich mit der Aneignung von fremdem Besitz durch einen Beamten und der Rückerstattung des widerrechtlich Erworbenen befasst. Ein halbes Jahrhundert ­später führte die Regierung in Wien einen Prozess wegen Veruntreuung gegen den Präsidenten der Wiener Hofkammer, aber um ein besonderes Gesetz, das er verletzt hatte, scherte man sich nicht.89 Der junge Bischof nahm seine Pflichten 85 S cholz : Ein Prozess gegen den bischöflichen Hofrichter, S. 118 f. 86 S cholz : Ein Prozess gegen den bischöflichen Hofrichter, über den Prozess S. 105 – 151, die Gerichtsdokumente und Zusammenfassungen der Klagen S. 151 – 170. 87 Praetorius erscheint in der für Papst Paul bestimmten Wahlurkunde des Erzherzogs (07. 07. 1608) als Kapitelsekretär und -notar; ASV Segreteria dei Brevi 435 fol. 32v. Die Erhebung in den Adelsstand bei F rank : Standeserhebungen 4, S. 103; G ottschalk : Buckisch 2, S. 137 Anm. 18. Damit korrigiere ich meine vorschnelle Vermutung in dem eben zitierten Aufsatz, dass Praetorius aus Österreich stammte. 88 Johann Anton von F riedenberg : Tractratus Juridicus Practicus … oder Abhandlung von denen in Schlesien üblichen Rechten 1 – 2, Breslau 1741, hier 1, S. 39 – 43. 89 K örbl : Die Hofkammer und ihr ungetreuer Präsident.

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als Landesherr ernst, obwohl wir Grund haben bei ­diesem Unternehmen die leitende Hand des Gurker Bischofs zu vermuten, der in seinen Tagen als Pfarrer von Kirchberg an der Drau im Auftrag des Erzbischofs die Klagen salzburgischer Untertanen gegen bischöfliche Beamte untersucht hatte.90 Andere Schritte der bischöflichen Regierung weisen ebenfalls auf eine aktive Landesherrschaft. Beim Kauf der rittermäßigen Scholtiseien in den bischöflichen Dörfern Mogwitz und Reinschdorf durch die Stadt (zwölf Kilometer nördlich bzw. nordwestlich von Neisse gelegen), der ebenfalls ins erste Regierungsjahr des Bischofs fällt, zeigte er sich besorgt um die Sicherung der Vorrechte und Regalien des Fürsten. Am 19. Juni 1609 schickte der Erzherzog dem Neisser Rat ein Memorandum, in dem er Antwort auf sechs Fragen forderte. Da ­dieses auf ganz spezifische Probleme eingeht, müssen wir einen erfahrenen Urheber vermuten, vielleicht wieder den Gurker Bischof Johann Jakob von Lamberg, der sich zu ­diesem Zeitpunkt sicherlich noch in Neisse aufhielt. Die Stadt war seit mehr als einem Jahrhundert daran interessiert, Landgüter aufzukaufen. Im Zusammenhang mit dem Kauf dreier solcher Güter in den vorhergehenden Jahren wünschte die fürstbischöfliche Regierung jetzt Auskunft über den Verlust der landesherrlichen Umsatzsteuer, offensichtlich des zehnprozentigen Laudemiums, wenn so ein Gut von der Stadt übernommen wurde (und weitere Verkäufe daher nicht wahrscheinlich waren), auch warum man hierbei nicht den Konsens des Kapitels gesucht hatte; ferner über Befreiungen in solchen Situationen von „Roboten und Frondienste[n]“ und Beiträgen der Landbewohner zu den Kriegskosten sowie über die Position der Gutsuntertanen in Bezug auf die Erwerbung des Neisser Bürgerrechts; dann auch über das Anlegen von Gärtnerstellen auf solchen Gütern und die Verpflichtungen der Gärtner gegenüber dem Bischof. Die Stadt verglich sich zwei Wochen ­später mit der bischöflichen Regierung in allen Punkten.91 Verwaltungsmaßnahmen zur Förderung des Wohlergehens seiner bischöflichen Untertanen sind vor allem für die Stadt Neisse belegt. Verordnungen über die Behandlung von nachgelassenen Büchern, den Inhalt des Bürgereids oder die Rechte der Schneiderzunft stehen ebenfalls am Anfang seiner Herrschaft.92 Hier kann man als hintergründiges Ziel die Kontrolle der Zuwanderung von Evangelischen annehmen, aber der Bischof war auch verantwortlich für Anordnungen, die allein auf die Verbesserung des städtischen Lebens zielten. So wies er den Stadtrat im November 1610 an, die Nacht- und Torwachen nur körperlich tüchtigen Männern zu übertragen und den häufigen Wechsel im Wachpersonal zu vermeiden; Bürger und Rat sollten einen Fond 90 S cholz : Ein Prozess gegen den bischöflichen Hofrichter, S. 148 f. 91 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 334 – 337. Beim Verkauf des Koldorf’schen Vorwerks vor dem Münsterberger Tor für 12.000 Taler 1616 erhielt die bischöfliche Kanzlei 1200 Taler als „Auf- und Abfahrt“ oder Laudemium und 120 Taler für die bischöfliche Konfirmation; ebd., S. 341. 92 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 37.

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für diesen Zweck bereitstellen.93 Eine die Stadt Neisse betreffende Verordnung an den Rat vom 27. Februar 1614 hatte die hohen Preise in der Stadt zum Gegenstand: Es sei in ganz Schlesien bekannt, dass Lebensmittel, Bier und Fertigwaren in Neisse teurer und Handwerkerlöhne höher als anderswo ­seien. Man könne das darauf zurückführen, dass in den Gärten der Neisser Vorstadt so viele Häuser gebaut worden ­seien, wo „arme, unvermögende, notleidende“ Tagelöhner und Häusler, die anderswo kein Auskommen fanden, mit ihren Ehefrauen und Scharen von Kindern lebten. Auch kämen bettelarme Leute in die Stadt, die bald den Bierhandel betrieben und den Einwohnern verdünntes Bier verkauften. Die Zünfte nähmen mittellose Leute auf, die ihr Handwerk mit Schulden begännen und für ihre Anleihen hohe Zinsen zahlten und dann ihre Familien und ihr Gesinde ernähren sollten. Überdies gebe es zu viele Züchner, Leinweber und Schneider, sie liefen sich gegenseitig die Kunden ab.94 Er wolle den Züchnern und Leinwebern nicht das Recht geben, ergänzte der Erzherzog einige Monate ­später, unbegrenzt Mitglieder aufzunehmen. Sie sollten dem Beispiel der übrigen Handwerker folgen, die ein Unterkommen für ihre Söhne und Töchter auch in anderen Berufen finden. Was den Garnkauf durch Ausländer betrifft, so werde er diesen nach dem Beispiel der anderen Fürsten auch weiterhin erlauben, andernfalls würden die Leute im Gebirge (die Naturfasern mit dem Spinnrad zu Fäden = Garn verarbeiteten) in Armut gestürzt werden. Die Verleihung des Bürgerrechts wollte er erst wieder erlauben, wenn gewisse Verhältnisse in der Stadt in Ordnung gebracht ­seien.95 Es erforderte wahrscheinlich keine besondere Mitwirkung des Landesherrn, um eine neue Polizei- oder Landesordnung, die oft nur das schon ewig Angeordnete den Untertanen von neuem vor Augen führte, zu produzieren, aber auch in dieser Hinsicht zeigte sich der Erzherzog aktiv; er gab seinen Neisser Untertanen 1623 eine Zollordnung (19. Januar) und eine Mühlordnung (21. September).96 Die Zahl solcher Ordnungen, Instruktionen und seine Untertanen oder das Wirtschaftsleben dirigierender Dekrete und Patente war bescheiden, wenn wir sie mit den herrschaftlichen Vorschriften vergleichen, wie sie anderswo erlassen wurden, z. B. von Gundakar von Liechtenstein in Mähren und Niederösterreich, aber auch von Karl selbst in seinem Brixener Hochstift.97 Eine landesherrliche Visitation der bischöflichen Dörfer, Gutsbetriebe und Ämter, wie sie von Bischof Gerstmann im Gebiet von Ottmachau und Wansen belegt ist, ordnete Erzherzog Karl niemals an. Auch nichts den Verzeichnissen der Bischofsdörfer aus den Jahren 1576 und 1579 ­Vergleichbares 93 94 95 96

K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 46 f., nach dem Original in den Neisser Rathausakten. K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 145 – 148, nach einer Urkunde im Stadtarchiv. An den Neisser Rat, 21. 06. 1614, K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 163 – 165. Matthias W eber : Die schlesischen Polizei- und Landesordnungen der frühen Neuzeit (= Neue Forschungen zur Schlesischen Geschichte 5), Köln, Weimar, Wien 1996, Nr. 291 (APW Księstwo Nyskie 112, S. 1 – 7) und Nr. 822 (APW IIe 2. 11, Bl. 162 – 166). 97 Thomas W inkelbauer : Gundaker von Liechtenstein als Grundherr in Niederösterreich und Mähren (= Fontes rerum Austriacarum, 3. Abt., 19), Wien, Köln, Weimar 2008, S. 119 – 483.

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e­ ntstand unter seiner Herrschaft.98 In Friedenszeiten hatte Bischof Andreas von Jerin vom Breslauer Stadtbaumeister Johannes Schneider von Lindau einen Plan für die Befestigung von Neisse mit Wall und Graben anfertigen lassen. Ungewiss ist, wie weit er ausgeführt wurde, aber eine Umwallung der Innenstadt soll unter Bischof Karl 1618 stattgefunden haben.99 Das würde angesichts der Kriegsereignisse des Jahres 1621 kluge Voraussicht verraten, doch der Herzog von Jägerndorf konnte damals Neisse, ob befestigt oder nicht, auf Anhieb bezwingen.100 Im gleichen Jahr wie die erwähnten Neisser Ordnungen modifizierte der Bischof Artikel 3 des wenzeslauischen Kirchenrechts (nach Bischof Wenzeslaus, 1382 – 1417), der die Erbrechte eines Waisenkindes betraf und zu vielen Streitigkeiten geführt hatte.101 Wie hier und im Falle der Spinner in den Sudetenbergen geben Karls Erlasse seiner Besorgnis um das Los der Armen und Wehrlosen unter seinen Untertanen Ausdruck. Die Milde des Bischofs bei solchen, die in den Schoß der ­Kirche zurückkehren wollten, wurde schon erwähnt.102 Dem reichen Raschdorf, der in Neisse rechts und links Häuser aufkaufte, legte er das Handwerk, um die minderbemittelten Hausbesitzer zu ­schützen.103 Bei der Verleihung von Jagdrechten ermahnte er den Adligen Alexander von Kittlitz: „Soll auch den Unterthanen auf den Äckern keinen Schaden zufügen“.104 In seinem Erlass über die Pflichten des Administrators in Brixen bestimmte der Bischof, an bischöflichen Festen ein freies Frühstück am Hofe zu verabreichen, und zwar nicht nur für die an den Gottesdiensten beteiligten Domherren und anderen Geistlichen, sondern auch die Kapuziner, Schüler, Kranken, Armen und Robot- und Zinsleute.105 In der Herrschaft Freudenthal billigte er ausdrücklich die Hilfsmaßnahmen seiner Kommissare für die leidende Bevölkerung, sie sollten den Leuten „soviel immer möglich“ beistehen, wobei er allerdings künftige Rückerstattung erwartete.106 Im Sommer 1624 fielen ihm in Wien die hohen Preise auf, die Armen ­seien fast am Verhungern.107 In die ­gleiche Richtung weist seine Antwort 98 K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 198; J ungnitz : Gerstmann: S. 462 – 468; S cholz : Das geistliche Fürstentum Neisse, S. 184 f., der Inhalt der Verzeichnisse S. 187 – 202. 99 Kurt B imler : Hans Schneider von Lindau, ein Breslauer Stadtbaumeister († 1606), in: ZVGS 68 (1934), S. 118 – 132. 100 S cholz : Das geistliche Fürstentum Neisse, S. 221 f.; S toob und J ohannek : Schlesisches Städtebuch, S. 276, erwähnt die Umwallung von 1618. 101 H eyne : Geschichte des Bisthums und Hochstiftes Breslau 3, S. 519 – 521, der Text S. 520 f., 30. 06. 1623. 102 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 165. 103 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 166. 104 14. 10. 1614, Paul R onge : Ein Bauernkampf gegen angemaßt Herrenrecht anno 1615/16, in: Heimatblätter des Neissegaus 6 (1930), Nr. 1 (Januar), S. 4 – 5, hier S. 4 Anm. 5. 105 DA Brixen Hofarchiv, Hofakte 24.129, Artikel 15; Text der Instruktion auch bei B resciani : Erzherzog Karl, S. 89. 106 I rgang : Freudenthal, S. 38 Anm. 28, Neisse, 22. 02. 1622. 107 An Ursula Meyer, 24. 07. 1624, Stockholm, Swedish National Archives, Riksarkivet Extranea 111/2, 24. 07. 1624.

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auf die Klagen der Untertanen im Neisser Fürstentum, die manches über die Armut der Landbewohner zu sagen haben, und die gerichtliche Verfolgung des ehemaligen Hofrichters und in ­diesem Zusammenhang die Feststellung der Überforderungen und Erpressungen des Buchta gegenüber den bäuerlichen Besitzern in den bischöflichen Dörfern: Die bischöfliche Regierung unter Erzherzog Karl nahm ihre Verantwortung gegenüber der armen Bevölkerung des Fürstentums wahr. Überwiegend aus den unteren Schichten der Einwohnerschaft stammten die Opfer der Hexenverfolgungen, die in dem vom Erzherzog regierten Teil Schlesiens im Verlaufe seiner Regierungszeit ihren Anfang nahmen. In das erste Jahr nach Karls Rückkehr in seine schlesische Diözese, 1622, fällt die erste gegen eine Mehrzahl von Personen gerichtete Hexenverfolgung im Neisser Fürstentum. Nirgendwo in Schlesien forderte der Hexenwahn des 17. Jahrhunderts mehr Opfer als im bischöflichen Fürstentum, in Neisse selbst und in den Städtchen und Dörfern des südlichen Bistumslandes: Ziegen­ hals, Zuckmantel, Freiwaldau, Hermannstadt, Weidenau, Niklasdorf und anderen. ­Extrem war im bischöflichen Fürstentum die Zahl der Opfer, fast sechshundert, meistens Frauen, und fast ohne Parallele anderswo die Hinrichtung von einundzwanzig Kindern unter fünfzehn, davon vierzehn unter sechs Jahren, die Gräuel gegen Kinder jedoch erst in der Zeit nach Erzherzog Karls Tode.108 Kann man überhaupt eine Erklärung versuchen? Die Menschen glaubten den Bösen Tag und Nacht am Werk in ihrer engen Welt, wohl kein Wunder dann, dass sie einander manchmal des Bundes mit dem Teufel bezichtigten. Es bedurfte dann nur der „peinlichen Befragung“ im Gerichtsverfahren, der Folter, legitimiert in der Halsgerichtsordnung ­Kaiser Karls V. hundert Jahre vorher, um die Leute von der Wirklichkeit von Hexen in ihrer Mitte zu überzeugen. Dennoch bleibt das obrigkeitliche Martern und Morden – wie kann man es sonst nennen? –, selbst von Kindern, letztlich unbegreiflich. Der Stadtpfarrer Pedewitz erkannte ein paar Jahre nach dem Tod von vierzig Opfern auf dem Scheiterhaufen, „dass auf diese Weise die Stadt in der ganzen Christenheit in Verruf gebracht wurde“.109 Schon nach der Hinrichtung des evangelischen Aktivisten Buches 1616 suchte seine Familie eine behördliche Versicherung, dass er nicht als „Malefizperson“ hingerichtet worden sei.110 Die gerichtlichen Verfolgungen und Exekutionen im Bistumsland kamen in mehreren Wellen – 1622, 1639 – 1641 und 1651/52, mit einem Nachspiel 1683/84 –, der Höhepunkt lag in den Jahren 1651 – 1652, in denen an die zweihundertfünfzig Personen als Hexen zu Tode gebracht wurden. Nur der Anfang der Hexenverfolgungen im Bistumsland fällt also in die Zeit des Erzherzogs, und der Auftakt kam nicht 108 L ambrecht : Hexenverfolgung und Zaubereiprozesse, S. 92 – 204. Lambrecht zählt im bischöflichen Fürstentum 444 Prozesse und 593 Hinrichtungen, bei den Letzteren bildeten Frauen über 90 Prozent; ebd., S. 404, s. dort auch S. 345 – 349. 109 P edewitz : Historia ecclesiastica S. Jacobi Nissae, S. 111. 110 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 244.

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in der bischöflichen Residenzstadt, sondern im dreißig Kilometer entfernten Freiwaldau an der Südspitze des Bistumslandes. Von Juni 1622 an und verfolgbar bis Mitte November fand ein barbarischer Inquisitionsprozess gegen eine Barbara Schmied aus Freiwaldau und fünf andere von ihr unter der Folter als Hexen denunzierte Frauen im Lande des Bischofs statt. Eine ausführliche, aber nicht vollständige Akte überliefert die Aussagen der Angeklagten in elf Verhören ­zwischen 21. Juni und 17. November 1622. Im Verlaufe des Prozesses bezichtigten die Behörden an die drei Dutzend Personen der Hexerei oder Zauberei. Wir wissen nichts über den Ausgang des Verfahrens, auch nicht, wie viele Verdächtigte hingerichtet wurden.111 Aber als der bischöfliche Visitator am 3. November 1651 in Freiwaldau erschien, hörte er, die Einwohnerschaft sei zwar ganz katholisch, aber zur Hälfte ins Zauberwesen verstrickt und schon hundertsiebenundzwanzig Personen in der Stadt hätten auf dem Scheiterhaufen geendet.112 Vertreter der Fürstentumsregierung spielten bei den Neisser Hexenprozessen eine Rolle. Beim ersten Verhör der Barbara Schmied werden die Freiwaldauer Gerichtsschöffen Melcher Wilde und Kaspar Schmitzel und der fürstbischöfliche Hofadvokat Johann Gross als Richter genannt. Bei der Grundsteinlegung des Hexenofens 1639 musste Dr. Martin Lorenz (Laurentius), fürstlicher Kammeradvokat, anwesend sein; bei den Verfahren 1651/52 war der Landeshauptmann Georg Graf von Hoditz, der die Urteile unterschrieb, die treibende Kraft, so besessen Hexen aufzuspüren, dass ihm Bischof Karl Ferdinand Zügel anlegte.113 Trotz der Kriegsereignisse des Jahres dürfte der Prozess im Sommer 1622 eine Sensation zumindest im Bistumslande gewesen sein, von der die bischöflichen Untertanen mit Furcht und Schrecken Kenntnis nahmen. Die Zustimmung des geistlichen Landes­herrn, der gerade damals fast ausschließlich in Neisse lebte, zu den Todesurteilen war ohne Zweifel notwendig, obwohl wir nichts von Positionen oder Entscheidungen des Bischofs hören. Anderthalb Jahrzehnte nach Karls Tode verwickelte sich der 111 L ambrecht : Hexenverfolgung und Zaubereiprozesse, S. 92 – 126; Klemens L orenz : Die Hexenverfolgung in Freiwaldau, in: Heimatblätter des Neissegaus 15 (1939), S. 1 – 4; APW, Księstwo Nyskie 381, S. 1 – 81 (bricht mitten im Text ab). 112 „combusti sint“; J ungnitz : Visitationsberichte 1, S. 226. 113 Einen Hofrichter Melchior „Wildes“, der an allen Verhören 1622 teilnahm, nennt L ambrecht : Hexenverfolgung und Zaubereiprozesse, S. 66 (nach WPA, Księstwo Nyskie 381, ohne Seitenzahl). Ein Hofrichter ­dieses Namens ist unbekannt, der in der Akte der Verhöre genannte Melcher Wilde war Freiwaldauer Gerichtsschöffe. Belegt als Neisser Hofrichter um diese Zeit sind Andreas von Jerin 1609 (Brief des Johann Jakob von Lamberg vom 3. Juni 1609), er starb am 16. Mai 1622, und Maximilian von Strachwitz, Hofrichter und Landeshauptmann 1625 und 1628; Wilhelm (P. Lambert) S chulte : Kleine Schriften (= Darstellungen und Quellen zur schlesischen Geschichte 23), Breslau 1918, S. 63; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 590; G raber : Inventare Stadt Neisse, Nr. 533. Die Teilnahme eines Hofrichters an den Verhören 1622 würde eine tiefere Verwicklung der bischöflichen Regierung anzeigen, als wir sie sonst belegen können.

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­ eihbischof Johann Balthasar von Liesch und Hornau, den der Erzherzog auf seinen W Posten gesetzt hatte, sogar in den Bau des notorischen Hexenofens in der Stadt – der diente zur Verbrennung der Leichen, nicht als Instrument der Hinrichtung –, aber die Neisser Handwerksleute scheuten sich, an einem solchen Werk mitzuarbeiten.114 Karls Nachfolger auf dem Breslauer Bischofsthron, Karl Ferdinand, ernannte schon 1639 eine Kommission zur Überprüfung der in Hexenprozessen gefällten Urteile und am 18. Januar 1652 befahl er dem Landeshauptmann, Verhaftungen, Folterungen und Exekutionen von als Hexen Angeklagten einzustellen und in Haft Gehaltene freizusetzen.115 Und doch ging unter dem Grafen Hoditz das Einkerkern, Peinigen und behördliche Töten über die nächsten neun Monate weiter, bis in den September des Jahres.116 Dass man die immerhin bemerkenswerte Direktive ­dieses Breslauer Bischofs einfach ignorierte, als die Verfolgungen im bischöflichen Fürstentum ihren Höhepunkt erreichten, spricht für die tiefen Wurzeln, die der Hexenwahn im Neisser Lande hatte. Die einmal geäußerte Meinung, die Hexenverfolgung hätte dem Erzherzog Karl als ein Mittel gedient, die Neisser Protestanten zu bestrafen, ist mit Recht zurückgewiesen worden; überhaupt lässt sich eine Beziehung ­zwischen Gegenreformation und Hexenverfolgung nicht nachweisen.117 Der Teufelsglaube fand aber damals mehr Anhänger, und das vielleicht, hat man argumentiert, als Konsequenz einer Desorientierung im Gefolge der Gegenreformation.118 In Karls Regierungszeit fanden Hexenverfolgungen 114 Konrad W utke : Der Neisser Hexenofen aus dem Jahre 1639, in: ZVGS 26 (1892), S. 428: ein Befehl des Bischofs Karl Ferdinand, übermittelt in einem Schreiben des Weihbischofs Johann Balthasar Liesch von Hornau vom 7. November 1639; es ging darum, den Widerstand der Handwerker gegen eine Teilnahme am Bau zu überwinden. Der Neisser Rat war der Empfänger und ihm wurde die Ausführung des Befehls aufgetragen. Der bischöfliche Kammerfiskal Dr. Martin Laurentius (Lorenz) und der Bürgermeister mussten bei der Grundsteinlegung anwesend sein, so dass keinen Beteiligten Schande oder Nachteil traf. S. a. Bernhard R uffert : Hexenprozesse in Neisse, in: Der Oberschlesier 3 (1921), S. 423. 115 Klemens L orenz : Hexennot im Neisser Lande 4, in: Heimatblätter des Neissegaus 3 (1927), Heft 1 (Januar), S. 2, hier ohne Quellenangabe für die Kommission von 1639. Lorenz zitierte den Bischof Karl Ferdinand schon in einem früheren Aufsatz, ebenfalls betitelt: Hexennot im Neisser Lande, in: Heimatblätter des Neissegaus 10 (1934), Nr. 9 – 10 (September/Oktober), S. 67 – 72, hier S. 71, die Quelle: Breslauer Staatsarchiv Rep. 31 IV 25a. L ambrecht : Hexenverfolgung und Zaubereiprozesse, S. 187 f, über diese Erlasse des Bischofs Karl Ferdinand, die eine gemäßigte Einstellung der Obrigkeit verraten. 116 L ambrecht : Hexenverfolgung und Zaubereiprozesse, S. 188 f. Der Freiherr Georg Maximilian von Hoditz erhielt 1641 (10.07.) die Reichsgrafenwürde, er war kaiserlicher Oberst, Kriegsrat und Generalkriegs- und Landeskommissar in Mähren und Schlesien; W urzbach : Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich 9 (1863), Sp. 88. 117 „Daß die Hexenverfolgung ein Instrument der Gegenreformation gewesen sei, kann deshalb aus diesen Akten nicht bestätigt werden. Inwieweit jedoch die allgemeine Atmosphäre religiöser Spannungen einen Einfluß auf das Klima hatte, in dem Hexenprozesse geführt wurden, muß offen bleiben“; L ambrecht : Hexenverfolgung und Zaubereiprozesse, S. 123. 118 H erzig : Zwang zum wahren Glauben, S. 172.

Katholische Reform in Karls Ländern

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in ­anderen Gebieten seiner Diözese nur ganz sporadisch statt, aber der geistliche Hirte hätte seine Stimme erheben können. Doch die Verfahren gegen suspekte Untertanen lagen in den Händen der weltlichen Behörden und Gerichte, so dass sich die Autorität des Bischofs in dieser Beziehung nur auf das Neisser Fürstentum und die bischöflichen Halte erstreckte. Eine Befürwortung oder eine persönliche Beteiligung des Bischofs bei der ersten Massenverfolgung von Hexen im bischöflichen Fürstentum – und überhaupt in Schlesien – kann man nicht belegen, aber er musste doch davon wissen und den gerichtlichen Entscheidungen zustimmen. Der Erzherzog tat keinen Schritt, um die Verfolgung seiner Untertanen zu mäßigen oder zu beenden. Er versagte hier genauso wie die Mehrzahl seiner Mitbischöfe, in deren Amtsbezirken die rechtliche Verfolgung von Opfern des Hexenwahns stattfand. Die fürstliche Hofhaltung des Erzherzogs bedeutete zweifellos eine beträchtliche Bürde für die Einwohner des Fürstentums. Seine Bautätigkeit, die Förderung von Kunst und Handwerk und Musik schufen aber auch Erwerbsmöglichkeiten und trugen zum wirtschaftlichen Wohlergehen der städtischen Bevölkerung bei. Ganz anders als sein Bruder Leopold, der sich in gewagte politische und kriegerische Unternehmen stürzte, dürften die Ausgaben des Erzherzogs für militärische Zwecke gering gewesen sein. Nichts konnte ja den Wohlstand des Landes im Zeitalter des Absolutismus schneller ruinieren als Kriegslust und -abenteuer des Landesherrn. Die Regierungsgeschäfte legte der Erzherzog in die Hände von kompetenten Männern seiner Wahl. Er bemühte sich, mit den querulierenden Gutsherren in seinem Territorium zurechtzukommen, und die Wohlfahrt der Kaufleute und Handwerker in den Städten, die Ausschaltung korrupter Beamter und der Schutz der Bauernschaft waren offensichtlich Ziele seiner Verwaltung. Im großen Ganzen war es eine aktive, verantwortungsbewusste Herrschaft, die er über seine Untertanen ausübte. Was eine positive Einwirkung auf Lebensglück und -freude der Einwohner des Fürstentums beeinträchtigte, waren nicht die Sünden, ­welche die Korrespondenten des vatikanischen Staatssekretärs ihm anhängten – der Säbel an der Seite, die Lust am Jagen und Fischen, die Zechereien mit Kumpanen –, eher die gewollten und ungewollten Ablenkungen, die langen Abwesenheiten, der kostspielige Hofstaat, schließlich die Kriegsereignisse, aus denen er sein Land nicht heraushalten konnte.

3. Katholische Reform in Karls Ländern Der erste Habsburger auf dem Breslauer Bischofsthron leistete einen wesentlichen Beitrag zum Erfolg der Gegenreformation in Schlesien. Als deren Vorkämpfer unterstützte ihn die Macht des katholischen Herrscherhauses, und als Instrument habsburgischer Politik konnte der Erzherzog den Kleinkrieg gegen die Protestanten führen, sie an der Ausübung ihrer Religion hindern, ihre Emigration aus katholischen Gebieten erzwingen. Verbote, Ausweisungen, Ausschluss vom Bürgerrecht und von den Ӓmtern,

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Erzherzog Karl als schlesischer Territorialfürst

I­ nhaftierungen, Zwangsverkäufe, „eitle Extreme, mit Straf-Befehlen und scharfen Verboten“, wie der Herzog von Brieg einmal gesagt hatte, waren die gewohnten Mittel.119 Sie mochten der Ausbreitung des Protestantismus, wenigstens in den von ihm beherrschten Territorien, Einhalt gebieten. Etwas ganz anderes war dann die katholische Reform in seinem Bistum und Fürstentum, die Festigung und Förderung des katholischen Glaubens. Die Erfolge, die er hier erreichen konnte, gingen ebenfalls nicht über das Gebiet hinaus, in dem er die politische Herrschaft innehatte. Da er die Weihen weder zum Priester noch zum Bischof empfangen hatte, konnte Karl niemals die diesen Ämtern vorbehaltenen kirchlichen Akte ausführen, er war deshalb in besonderer Weise auf seine Weihbischöfe und die Inhaber anderer hoher kirchlicher Positionen angewiesen. Was die Amtsführung des Bischofs in der Diözese betrifft, so stützte er sich auf geeignete und entsprechend vorbereitete Männer. Die Auswahl lag in der Regel nicht ganz in seiner Hand, bei der Besetzung der wesentlichen kirchlichen Positionen in seinem Bistum, den Weihbischöfen, Generalvikaren und Bistumsadministratoren, musste der Bischof die Zustimmung der Kurie bzw. des Kapitels suchen, die Ernennung der Domkanoniker teilte er mit dem Papst. In den Diözesen Breslau und Brixen schalteten an Stelle des Erzherzogs durchgehend kompetente, in ein oder zwei Fällen sogar überragende Weihbischöfe. Bis 1613 diente in Breslau in dieser Rolle der schon unter seinem Vorgänger ins Amt getretene Georg Scultetus.120 Die vier Männer, die Karl als Bischof von Breslau zu Weihbischöfen designierte, waren alle Mitglieder des Domkapitels, Kleriker von ausgezeichneter Bildung, drei von ihnen Germaniker. Nach Scultetus übernahm der 1568 geborene Franz Ursinus das Amt, seit 1594 Breslauer Kanoniker, seit 1612 Dompropst; Karl entschied sich für ihn, Papst Paul V. bestätigte ihn, im Dezember 1614 wurde er in Prag geweiht, er starb aber schon elf Monate ­später.121 Der dann von Karl zum Weihbischof bestimmte Domkantor Gregor Bernitz starb 1616, ehe er das Amt eines Suffragans übernehmen konnte. Er war Germaniker, dreifacher Doktor, apostolischer Protonotar, Mitglied der Gesandtschaft von Bischof und Kapitel, die 1610 in Prag gegen den Majestätsbrief argumentierte, und folgte Karl im Frühjahr 1614 als Mitglied einer Delegation des Kapitels zum Kaiserhof in Linz.122 Jetzt schlug Karl den Kanoniker Martin Kohlsdorf als Weihbischof vor, der die Position von 1617 bis 1624 innehatte.123 Papst Paul V. gab sich hoch erfreut über dessen Bestellung.124 Kohlsdorf 1 19 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 116. 120 J ungnitz : Breslauer Weihbischöfe, S. 97 – 109. 121 Z immermann : Das Breslauer Domkapitel, S. 552 f.; J ungnitz : Breslauer Germaniker, S. 41 – 43; ders .: Breslauer Weihbischöfe, S. 109 – 118. 122 J ungnitz : Breslauer Weihbischöfe, S. 118; ders .: Breslauer Germaniker, S. 86 – 88. 123 Anscheinend nicht Germaniker, auf jeden Fall nicht als solcher angeführt bei J ungnitz : Breslauer Germaniker. Jan K opiec : Kohlsdorf (Kolsdorffius), Martin, in: G atz : Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches 1448 – 1668, S. 657; J ungnitz : Breslauer Weihbischöfe, S. 118 – 125. 124 Paul V. an Erzherzog Karl, 02. 07. 1616, ASV, Armarium 45, 11, fol. 127v; K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 382, Regest 300.

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war anwesend mit dem Bischof bei Ferdinands Krönung zum König von Böhmen in Prag am 29. Juni 1617.125 Nach Kohlsdorf Tode 1624 (9. Juli) – Erzherzog Karl war bereits auf der Reise nach Spanien und hielt sich zu ­diesem Zeitpunkt in Wien auf – teilte der Bischof am 13. September 1624 unterwegs in Oberitalien dem Kapitel mit, er habe sich für den 1592 in der Oberpfalz geborenen Johann Balthasar Liesch von Hornau als Weihbischof entschieden, einen Germaniker und ­später Kanoniker in Landshut in Bayern. Dieser wurde zwar erst nach Karls Tode geweiht, verwaltete aber dann das Breslauer Bischofsamt fünfunddreißig Jahre in besonders schweren Zeiten und bei komplizierter Beziehung mit Bischof Karl Ferdinand und dessen polnischen Beratern.126 Um die katholische Reform in seinem Bistum oder wenigstens in seinem Fürstentum zu verwirklichen, war es notwendig, die katholische ­Kirche im Inneren zu erneuern und die Gläubigen wieder fest an sie zu binden. Wie man das erreichen konnte, hatte der eine oder andere Bischof schon demonstriert. Einer der wirkungsvollen Reformbischöfe war Karls Zeitgenosse Julius Echter von Mespelbrunn, Fürstbischof von Würzburg und Herzog in Franken, dem weltlichen Territorium des Bischofs (1573 – 1617). Durch eine maßvolle Politik und kluges Planen führte er an die hunderttausend vom katholischen Glauben Abgefallene wieder in die ­Kirche zurück. Er errichtete Schulen und war verantwortlich für die Neugründung der Universität. Zu seinem Reformprogramm gehörten Kirchenordnungen, durch die er die religiöse Praxis zu regeln und stärken suchte, Anleitungen für Spenden der Sakramente, Predigten, Weihen, Visitationen, Segnungen, Wallfahrten, Bruderschaften und selbst das Glockenläuten; die Häufigkeit von Beichte und Kommunion versuchte er zu steigern. Karitative Institutionen wie das Würzburger Juliusspital, dessen Einkommen noch heute zum Teil aus den Landschenkungen des Bischofs stammt, und neue oder renovierte ­Kirchen auf den Dörfern – über dreihundert sollen es gewesen sein, gekennzeichnet durch die spitzen „Julius-Türme“ – gaben Zeugnis von seiner Sorge um das geistliche – und leibliche – Wohl seiner Untertanen.127 In eigener Person spendete Julius Echter in seinen Messen vielen Gläubigen die Kommunion, während der Pest täglich zwei bis fünfhundert.128 125 J ungnitz : Breslauer Weihbischöfe, S. 120. K hevenhüller : Annales Ferdinandei 8, S. 1117 f., erwähnt die Anwesenheit Karls zweimal und weiß von vielen Einzelheiten bei ­diesem Ereignis. Kohlsdorf reiste im April von Breslau nach Prag, wo ihn Erzbischof Johann Lohelius zum Weihbischof konsekrierte. Die Reise dauerte vom 12. bis 29. April und kostete 300 Taler, die ihm Erzherzog Karl zurückerstattete; J ungnitz : Breslauer Weihbischöfe, S. 119. 126 Konsekration 26. 03. 1626; J ungnitz : Breslauer Germaniker, S. 136. 28 bzw. 10 Briefe des Liesch in AAW I B d) und I B dd). 127 S chmidlin : Die kirchlichen Zustände, Teil 2 (1910), S. 125 – 137, über die Dorfkirchen S. 133 Anm. 1; Heribert S molinsky : Bischof Julius Echter – ein Erneuerer des kirchlichen Lebens im Franken des 16. und 17. Jahrhunderts?, in: Freiburger Diözesan-Archiv 111 (1991), S. 31 – 46. 128 S chmidlin : Die kirchlichen Zustände, Teil 2 (1910), S. 127, 128 Anm. (Fortsetzung der Anm. 2 auf S. 127).

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Ein deutsches Kirchengesangsbuch erschien 1591. Eine ­solche generelle Hebung des katholischen Lebens konnte Erzherzog Karl in seiner viel knapper bemessenen Zeit als Bischof nicht erreichen und nahm er sich wohl niemals vor. Dass er selbst niemals zum Priester geweiht worden war, keine theologische Ausbildung erhalten hatte, erwies sich hier als ein Nachteil. Weite Gebiete der Diözese, vor allem Niederschlesiens, blieben dem Breslauer Bischof jetzt unerreichbar, waren der katholischen ­Kirche auf immer verloren. Nur im Bistumslande und in der Stadt Neisse gewannen die Katholischen allmählich verlorenen Boden zurück, soviel wir nach den Zahlen der Kommunikanten urteilen können, besonders in den letzten Jahren seiner Regierung.129 Die in seiner Herrschaft unternommene Rekatholisierung setzte sich dann über die folgenden Jahrzehnte fort. Eine Pfarrgemeinde sechzehn Kilometer nördlich von Neisse, bestehend aus den bischöflichen Dörfern Friedewalde und Groß-Briesen, zählte bei der Visitation 1651 nur 91 Katholiken unter vielleicht 500 Einwohnern, bei der Visitation 1706 aber, jetzt bei 700 Seelen, nur noch vier Evangelische.130 Schon im letzten Viertel des 16. Jahrhunderts, unter den Bischöfen Martin Gerstman, Andreas Jerin und Johannes Sitsch, unternahm die Breslauer ­Kirche Schritte zur Belebung der katholischen Traditionen, zur Festigung und Vertiefung katholischer Frömmigkeit. Erzherzog Karl konnte an diese Initiativen anknüpfen. In seinem Auftreten vor der Neisser Bürgerschaft hob er die spezifisch katholischen Glaubenselemente und Gewohnheiten hervor. Er demonstrierte die Ausübung „guter Werke“, wusch am Gründonnerstag auf dem Rathaus die Füße zwölf armer Männer, die er auch bewirtete und in eigener Person bediente, empfing in aller Öffentlichkeit die Kommunion unter einer Gestalt, trug die Monstranz bei der Fronleichnamsprozession.131 In einer seiner letzten Anweisungen an die Neisser, am 1. Juni 1624, zwei Wochen vor dem Aufbruch nach Spanien, setzte er die Feier von Fronleichnam für den 6. Juni in erweiterter Form fest: Die Prozession werde auch durch die Altstadt führen, der Rat solle dafür sorgen, dass Mitglieder der Zünfte „ohne allen Unterschied der Religion“ in gebührender Form und mit Kerzen und anderen Emblemen teilnehmen, auch die Entfernung des „Gerichts“ und die gewohnte Reinigung der Straßen veranlassen.132 Das Fest diente ja schon damals 129 Der Anteil der Kommunikanten unter einer bzw. unter beiden Gestalten veränderte sich zugunsten der ersteren: 1609 waren es 1375 bzw. 3597, 1621 dann 3099 bzw. 3670, 1624 schließlich 2578 bzw. 7. P edewitz : Historia Ecclesiastica S. Jacobi Nissae, S. 75 f.; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 310 Anm. 4. 130 J ungnitz : Visitationsberichte 1, S. 111 (1651); AAW II B 150, fol. 17r (Visitation der Pfarrei Friedewalde 1706). 131 D uhr : Geschichte der Jesuiten in den Ländern deutscher Zunge 2, Teil 1, S. 358, aus den ungedruckten Litterae annuae 1610, S. 209. 132 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 308 f., der Erlass damals im Stadtarchiv erhalten. Robert B ireley : The Refashioning of Catholicism, 1450 – 1700. A Reassessment of the Counter Reformation, New York 1999, S. 107 – 109; Sabine F elbecker : Die Prozession. Historische

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als ein öffentliches Bekenntnis zur katholischen ­Kirche und eine Schaustellung kirchlicher Autorität. Im Jahre 1619, einem Tiefpunkt seiner Beziehung zu den evangelischen Neissern – und den evangelischen Fürsten und Ständen –, erbaute er auf dem Warthaberg im alten Wallfahrtsort Wartha, an die dreißig Kilometer westlich von Neisse auf dem Lande der Abtei Kamenz gelegen, die Kapelle zur Heimsuchung Mariae, genau an der Stelle, an der während der Hussitenkriege die Jungfrau Maria erschienen war. Der Stadtpfarrer Johannes Lohr organisierte dann eine Pilgerfahrt zum neuen Heiligtum, den ersten der ­später jährlichen Umzüge der katholischen Neisser, an der ein Mitglied jeder Familie teilnehmen sollte.133 Der Weihbischof Martin Kohlsdorf weihte die ­Kirche am 7. September 1619 ein. Als die Nachlassverwalter am 5. März 1625 ein Inventar der Tischlerwerkstätte am bischöflichen Hof in Neisse anlegten, registrierten sie dort auch einen unvollendeten, acht Ellen hohen Altar aus Lindenholz „mit geschnittenen Bildern“, der für die ­Kirche Unser Lieben Frau in Wartha bestimmt war.134 Selbst in seinem Bistum unterlag die Autorität des Bischofs überraschenden Beschränkungen. In den katholisch gebliebenen Pfarreien, in denen ein Adliger – oder selbst ein anderer Geistlicher – das Patronatsrecht besaß, hatte er gewöhnlich nicht das Recht, den Pfarrer einzusetzen, oder einen Anspruch auf den Zehnten oder andere Einkünfte. Im bischöflichen Fürstentum waren es eigentlich nur die bischöflichen Gemeinden – ungefähr die Hälfte der 250 Dörfer –, wo seine Rechte unbeschnitten blieben, obwohl sie auch hier gelegentlich bedroht wurden, selbst von katholischen Gutsherren, sogar einmal von einem, der als bischöflicher Militärkommissar gedient hatte.135 Unter Erzherzog Karl versuchte die bischöfliche Regierung die kirchlichen Finanzen zu sichern. 1615 forderte er von allen Pfarreien des Fürstentums binnen drei Monaten ein Inventar aller Einkünfte, Besitzungen, Rechte und Privilegien, die man dann in einem Buch der bischöflichen Kanzlei auf immer festhalten wollte, um künftigen Streitigkeiten und „weiteren

und systematische Untersuchungen zu einer liturgischen Ausdruckshandlung, Altenberge 1995. G rimm : DWB : Gericht 16b, Gericht = Gerichtsstätte, auch Galgen (der Erzherzog meinte hier wohl die Entfernung von allen zum Strafvollzug benützten Gerätschaften). 133 P edewitz : Historia Ecclesiastica S. Jacobi Nissae, S. 90 f.; Werner B ein und Ulrich ­S chmilewski : Wartha. Ein schlesischer Wallfahrtsort, Würzburg 1994, S. 78 f., 43, 45; Bohuslav B albín : Diva Vartensis seu Origines et Miracula magnae Dei hominumque Matris Marie, quae a tot retro saeculis Wartae in limitibus Silesiae comitatusque Glacensis … colitur, 1665, 2 Bände, 304 Seiten, Teil 1 der Wallfahrtsort und seine Geschichte, Teil 2 die Wunder, deutsche Übersetzung von Ferdinand Augustin T anner von L ewenthal unter dem gleichen lateinischen Titel, Prag 1657; J ungnitz : Breslauer Weihbischöfe, S. 122; H eyne : Geschichte des Bisthums und Hochstiftes Breslau 3, S. 1141, 812. 1 34 B odenstein : Urkunden und Regesten, Teil 2, Quellen (1916), S. LXXIX, Artikel 92. Ein fast 5 m hoher Altar war vielleicht eher für die eigentliche Wallfahrtskirche gedacht. Zur Belebung der Marienverehrung s. B ireley : The Refashioning of Catholicism, S. 109 – 113. 135 Dies war Friedrich Georg von Strachwitz; J ungnitz : Visitationsberichte 1, S. 193; S cholz : Das geistliche Fürstentum Neisse, S. 262 – 266, 333.

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b­ etrügerischen Entfremdungen“ vorzubeugen.136 Einen Nachweis, dass ein solches Verzeichnis angelegt wurde, gibt es nicht. Er benutzte Fastenmandate, um seiner Herde die alten katholischen Vorschriften und Gepflogenheiten wieder einzuschärfen, so schon im Jahre 1611.137 1618 (20. Februar) erließ Karl wiederum eine „ernstliche und väterliche Ermahnung“ zu Beginn der Fastenzeit, deren Text sich in Schlesien anscheinend nicht erhalten hat, aber aus dem Brixener Bistum existiert, wo sie ebenfalls veröffentlicht wurde. Die näheren Umstände, die zu ­diesem Edikt führten, sind uns nicht bekannt. Die Kapitelakten der vorhergehenden Monate zeigen nicht, dass die Domherren den Bischof zu einem solchen Schritt drängten. Der Erzherzog war an ­diesem Datum nicht einmal in Schlesien, sondern hatte sich nach der Erhebung zum Domkapitular in Köln am 3. Februar noch vor Beendigung der Kapitelsitzungen auf den Weg nach Brabant zu Erzherzog Albert gemacht.138 Das Mandat wollte Einhalt gebieten dem Fluchen und der Hurerei, dem Lesen verbotener Bücher, der Verschandelung von Sonn- und Feiertagen, dem Fleischessen an verbotenen Tagen, der Versäumnis von Beichte und Kommunion, dem Zusammenraffen weltlicher Güter und Betrug und Wucher, der Missachtung geistlicher Güter und Gerichte.139 Der implizite Tadel des Verhaltens und religiösen Lebens seiner Diözesanen – der Erlass richtete sich wohl nicht nur an die Bischofsuntertanen – ist schroff und passt so gar nicht zum Bilde des sonst so gelassenen und weitherzigen Kirchenfürsten. Er entsprach aber ganz dem Bestreben der die Rekatholisierung verfolgenden Regierungen, ihre Untertanen auch strengerer Zucht und ­Ordnung zu unterwerfen.140 Außer auf seinen Jagdzügen durch die Wälder und beim Fischfang in den Gewässern des Neisser Landes kann man sich den Bischof kaum als einen häufigen Besucher der Dörfer seines Fürstentums vorstellen. Nicht ein einziger Beleg existiert, dass er einmal eine seiner Pfarreien inspizierte. Er schenkte aber der im Bistum Breslau arg vernachlässigten Praxis der Visitation durch den Archidiakon seine Aufmerksamkeit. Visitationen hatten angeblich 1571, 1579, 1590, 1595, 1602 – 1606 stattgefunden, Visitationsakten sind nur für die Jahre 1579/80 erhalten.141 1614 ernannte der Bischof vier Kommissare für die Visitation in der gesamten Diözese, für das ­Bistumsland 136 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 320 f.; Kastner fand den Erlass vom 29. Juni 1615 im Archiv der Pfarrei St. Jakob. 137 12. 02. 1611, K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 74; Kastner fand das Original im Stadtarchiv, er erwähnt nicht den Inhalt, nur den Befehl des Bischofs an den Stadtrat, Übertretungen streng zu bestrafen. 138 Zum Kölner Aufenthalt K umor : Acht Breslauer Bischöfe als Domherren in Köln, S. 49 f.; s. Brief aus Diest in Brabant an Albert, 10. 02. 1618, und Brief aus Speyer an Albert, 04. 03. 1618, K öhler : Revision eines Bischofsbildes, S. 113 f. (Nr. 5 und 7). 139 E ngelbert : Das Bistum Breslau im Dreißigjährigen Kriege 1, S. 146 f., gibt den Text nach S innacher : Beyträge Säben und Brixen 8, S. 194 – 196. Sinnacher gibt ausdrücklich Neisse als Ort der Ausstellung. 140 H erzig : Zwang zum wahren Glauben, S. 22 f. 141 Zu den im Bistum Breslau nach dem Konzil von Trient abgehaltenen Visitationen s. K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 173 – 178. Wenn Visitationen tatsächlich in allen

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selbst den Neisser Stadtpfarrer Lohr und den Propst der Kreuzherren Lagus. Die Visitationen richteten sich anscheinend auf die katholisch gebliebenen Pfarreien, aber nicht nur im weltlichen Herrschaftsgebiet des Erzherzogs, denn die Kanoniker Kliman und Gebauer designierte er als Visitatoren für die Gebiete Breslau, Oppeln und Glogau.142 Akten über von ihnen unternommene Visitationen haben sich nicht erhalten, aber eine Anweisung zur Visitation auf Grund gesammelter Erfahrungen, an den Nachfolger Karl Ferdinand gerichtet, aus der Feder des Domherren Peter Gebauer, seit 1621 Breslauer Archidiakon, wurde im Jahre 1630 gedruckt; „sie deckt die Übel auf, an denen die Diözese krankte, gibt aber auch die entsprechenden Heilmittel an“. Visitationen von Pfarreien soll Gebauer auf Anordnung des Bischofs auch 1623 durchgeführt haben.143 Gebauer war es dann ebenfalls, der als Archidiakon eine Visitation von Januar 1638 bis Januar 1639 in 118 Pfarreien des Archidiakonats Breslau ausführte, von denen uns zum ersten Mal in sechs Jahrzehnten dann Visitationsberichte erhalten sind.144 Der Archidiakon war ein besonders aktives Mitglied des Domkapitels, in das er im ersten Jahr der Regierung des Erzherzogs eintrat und wo er fünfzehn Jahre als Domprediger wirkte. Bischof Karl bediente sich seiner als Gesandter und Administrator und machte ihn zu seinem Vertreter in der Verwaltung des Fürstentums, als er selbst nach Spanien aufbrach.145 Jeder der letzten Vorgänger des Erzherzogs – Logau, Gerstmann, Jerin, Sitsch – hielt zumindest eine Diözesansynode, ein Instrument zur Stärkung des innerkirchlichen Lebens, von einer solchen während Karls Amtszeit hören wir nichts, auch nicht von Teilnahme der Breslauer an einer Provinzialsynode des Gnesener Erzbistums.146 1619 (10. Juli) wurden die Domherren Gebauer und Lohr beauftragt, die Äbte und andere Obere in den Klöstern zur strengen Beobachtung der Ordensregeln anzuleiten.147 1614 (26. Juni) erhielt der Bischof vom Papst das Recht, Beichtende von der Ketzerei loszusprechen und wegen des Konkubinats abgesetzte Geistliche zu „dispensieren“. Kastner bemerkt mit Recht, dass in solchem Handeln der Bischof „eine Art von Milde“ verriet, „durch ­welche er denen, ­welche in den Schoß der ­Kirche zurückkehren wollten, Erleichterung verschaffen und Weitläuf(t)igkeiten und Unannehmlichkeiten ersparen wollte“. Und noch von Wien aus schickte er seinen Statthaltern eine

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diesen Jahren stattfanden, darf man aber annehmen, dass sie immer nur Teile der Diözese betrafen und die Aufbewahrung der Visitationsberichte viel zu wünschen übrigließ. E ngelbert : Das Bistum Breslau im Dreißigjährigen Kriege 1, S. 122; J ungnitz : Petrus Gebauer, S. 5, 52; K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 177. Methodus sive norma visitationis des Gebauer, J ungnitz : Visitationsberichte 1, S. 4, 35 – 50; ders .: Petrus Gebauer, S. 21 (Visitation 1623); K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 178. J ungnitz : Visitationsberichte 1, S. 106 – 118. J ungnitz : Petrus Gebauer, S. 87 – 121, ein Resümee der Visitationsberichte. K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 198 – 214, zu den letzten Synoden vor Karls Regierung (1565, 1580, 1592, 1606) S. 204 – 207. J ungnitz : Breslauer Germaniker, S. 120 (nicht in den gedruckten Kapitelprotokollen).

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Anordnung, die sie veröffentlichten, ehe er Spanien erreichte, die Bürgerrecht und Verehelichung im Bistum und im Fürstentum allen vorenthielt, die die Kommunion unter beiden Gestalten empfingen. Er verbot damit den Laienkelch vier Jahre, ehe der Nuntius in Wien einen solchen Schritt befahl.148 In Brixen setzte der Erzherzog die Reihe der von seinem Vorgänger begonnenen Reformen fort, und obwohl wahrscheinlich selten oder niemals er, sondern sein aktiver Weihbischof der Initiator war, verdient Karl Anerkennung für diese in seinen Regierungstagen ausgeführten Maßnahmen. In Brixen wie in Neisse war Bischof Karl durchaus willens, Reformen durchzusetzen, die der katholischen Reform dienten, und er erwies sich empfänglich für die Vorschläge seiner auf Erneuerung bedachten Untergebenen. Abb. 7: Erzherzog Karl als Ritter vom Goldenen Vliess; Gemälde von Bartholomäus Strobel dem Jüngeren, 1619 – 1623. Muzeum Powiatowe w Nysie, aus Józef P ater : Poczet biskupów wrocławskich, Wrocław 2000, S. 82. Mit Erlaubnis des Herausgebers.

148 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 165, nach einer Urkunde im Neisser Stadtarchiv; E ngelbert : Das Bistum Breslau im Dreißigjährtigen Kriege 1, S. 121. Zur Vorgeschichte s. „Das Kelchindult in der Diözese Breslau“, K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 157 – 163.

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Die in Neisse bestehenden Ordensgemeinschaften eigneten sich kaum als wirkungsvolle Instrumente der katholischen Reform. Die Kreuzherren mit dem doppelten Roten Kreuz – in Neisse bestand die älteste schlesische Niederlassung des Ordens, gegründet 1229 – waren auf eine Handvoll von Mitgliedern zusammengeschmolzen, dennoch war die Übertragung ihrer Neisser Grundstücke am Salzring auf die Jesuiten ein heroisches Zugeständnis, das sie dem Erzherzog in seinem Werk für die katholische Reform machten.149 Auf die Franziskaner setzte er größere Hoffnungen. Zu Beginn der Reformation gab es dreißig Franziskanerklöster in Schlesien, in sechsundzwanzig Städten gelegen, je zwei in Breslau, Groß-Glogau, Liegnitz, Oppeln und Neisse. Die Reformation richtete alle zugrunde, da die Franziskaner auf die Almosen der Gläubigen angewiesen waren. Von den beiden Neisser Franziskanerklöstern besaßen die Observanten, einer der drei Zweige des Ordens, ein Haus vor dem Breslauer Tor, die Konventualen eines bei Maria Magdalena auf der Mönchswiese vor dem Brüdertor. 1524 wurden die beiden Häuser zusammengelegt. Die Observanten, nach der strengeren Regel des Bernhardin von Siena, kamen nach Neisse wie in viele andere schlesische Städte durch den Franziskaner-Prediger Johann von Capistrano.150 Ihr Kloster Maria Magdalena wurde 1575 dem Klerikal-Seminar übertragen. Der letzte Franziskaner in Neisse starb an der Pest im Jahre 1571. Als erster Breslauer Bischof errichtete Karl vier Jahrzehnte ­später wieder ein Franziskanerkloster, das von ihm neugegründete war dann zwanzig Jahre lang das einzige in Schlesien.151 1614 (20. September) führte der Erzherzog die Franziskaner (Observanten) ein, gab ihnen zunächst ihr altes Haus zurück und baute ihnen dann in der Neisser Altstadt ein Kloster und eine ­Kirche, in ­welche die alte Kapelle Maria in Rosis einbezogen wurde. Auch hier war das Motiv, der katholischen Restauration zu dienen.152 Er wollte nicht, wie die Gründungsurkunde sagt, dass die Häuser katholischer Frömmigkeit zerstört oder für andere Zwecke verwendet würden, man brauche fromme Männer angesichts der mächtigen Angriffe der Ketzereien. Ein paar Jahre nach seinem Tode gab es zehn Franziskaner im neuen Kloster.153 Ein Instrument der katholischen Reform waren die 149 F. C. A F uchsz : Series dominorum praepositorum Nissensium ordinis sanctissimi sepulchri cum duplici rubea cruce, hg. von Gustav Adolf S tenzel , in: Scriptores rerum Silesiacarum 2, Breslau 1839, S. 382 – 461, für Karls Regierungszeit S. 410 – 415. Fuchsz starb ungefähr 1731; K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 231 f. 150 H eyne : Geschichte des Bisthums und Hochstiftes Breslau 1, S. 988 – 990, 3, S. 1216 – 1218; Ferdinand M insberg : Geschichtliche Darstellung der merkwürdigen Ereignisse in der Fürsten­ thums Stadt Neisse, Neisse 1834, S. 49. 151 Chrysogonus R eisch : Die Franziskaner im heutigen Schlesien vom Anfange des 17. Jahrhunderts bis zur Säkularisation, in: ZVGS 47 (1913), S. 276 – 300, hier S. 276 – 278. 152 W attenbach : Über die Veranlassung zum Abbruch des Vinzenzklosters von Breslau, S. 152. Das Franziskanerkloster vor dem Neisser Brüdertor ließ Erzherzog Karl im Interesse der Stadtverteidigung abreißen. 153 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 386 – 389; auch ders .: Geschichte des bischöflichen Clerical-Seminars in Neisse, S. 156 – 158.

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Laienbruderschaften, die jetzt an vielen Orten entstanden. Sie betonten gewöhnlich jetzt angefochtene Aspekte der katholischen Überlieferung, wie die Marienverehrung, und dienten dazu, katholische Traditionen zu beleben und die Teilnahme der Laien sowie die persönliche Frömmigkeit zu fördern. Karl war nicht persönlich verantwortlich für eine Gründung, aber im neuen Jesuitengymnasium entstand 1624 in Neisse wie in vielen anderen Jesuitenkollegien eine sodalitas Mariana, die sogar der Papst in einer feierlichen Urkunde approbierte. Die jungen Mitglieder beteten schon vor Sonnenaufgang den Psalter in der Marienkapelle, trugen demonstrativ den Rosenkranz am Gürtel und nahmen gemeinnützige Dienste auf sich, wie Unrat wegkehren und Feuerholz beschaffen.154 Die Bildung solcher Gemeinschaften war an und für sich nicht neu, Bruderschaften für Geistliche entstanden in Schlesien schon im 15. Jahrhundert.155 Merkwürdig ist aber, dass es in der Neisser St. Jakobspfarrei schon seit dem Mittelalter eine höchst rege Confraternitas B. V. Mariae gab; der Neisser Pfarrer Pedewitz, der seine Geschichte der Pfarrei 1698 verfasste, belegt sie für 1410 und berichtet von ihren Aktivitäten im Verlaufe der nächsten Jahrhunderte. Aus dem letzten Jahrzehnt vor Karls Ankunft sind viele vornehme Neisser als Mitglieder überliefert. Die Protestanten griffen diese Vereinigung an und hätten sie beinahe zerstört. Der Pfarrer Magister Simon Wenzeslaus Lachnit bemühte sich 1626 um den Wiederaufbau der kleinen Gemeinschaft und sie bestand noch am Ende des Jahrhunderts.156 Solche Laiensodalitäten, unter verschiedenen Bannern, entstanden 154 Die Litterae Annuae der Neisser Jesuitengemeinde, zu diesen s. weiter unten, für 1624 bringen die Gründung der sodalitas Mariana mit dem Sturz einer Glocke vom Turm eines akademischen Gebäudes zusammen, das die gerade vorbeiziehende Schülerschaft erschreckte, aber niemanden verletzte; der Text bei S eidel : Festschrift 1624 – 1924, S. 54. Im Olmützer Bistum gründete man die Laienbruderschaft von St. Anna zur Verteidigung des Glaubens, zur Übung guter Werke und zum häufigen Empfang der Sakramente; S chmidlin : Die kirchlichen Zustände, Teil 1, S. 167; B ireley : The Refashioning of Catholicism, S. 116 f., 130, 218 (weitere Literatur); Thomas W inkelbauer : Volkstümliche Reisebüros oder Werkzeuge obrigkeitlicher Disziplinierung? Die Laienbruderschaften der Barockzeit in den böhmischen und österreichischen Ländern, in: Rudolf L eeb , Susanne Claudine P ils und Thomas ­W inkelbauer Hg.: Staatsmacht und Seelenheil. Gegenreformation und Geheimprotestantismus in der Habsburger­ monarchie (= Veröffentlichungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 47), München 2007, S. 141 – 160. 155 S abisch : Acta capituli 2, Teil 1, S. XXIX–XXX erinnert an die Bruderschaften der Geistlichen, die für die ersten drei Jahrzehnte des 16. Jahrhunderts in Schlesien belegt sind und zum Teil schon in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts entstanden. Die Mitglieder pflegten gemeinsame Messfeiern, religiöse Betrachtungen, das Gedenken an verstorbene Priester und ähnliche gemeinschaftliche Tätigkeiten. 156 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 574, hier die „Bruderschaft der Himmelfahrt Mariens“, nach einem Album in der Bibliothek des Carolinum; P edewitz : Historia ecclesiastica S. Jacobi Nissae, S. 18 – 20, 77 – 79, 97 – 99. Pedewitz und Kastner sagen nichts über den marianischen Verein der Jesuiten, kannten wohl beide nicht die Literae Annuae. Der die Quellen seiner Pfarrei eifrig sammelnde Pedewitz gibt kein Z ­ eichen, dass er das Archiv der Jesuiten benützte.

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auch in anderen Diözesen. Bischof Karls Vorgänger in Brixen, Christoph IV . Andreas von Spaur, führte im Brixener Dom die Rosenkranzbruderschaft ein.157 Selbst eine ganz weltliche Maßnahme, wie die Erneuerung der Privilegien der Schneiderzunft am 29. März 1610, als der Bischof von Lavant in Neisse das Heft in der Hand hielt (Georg Stobaeus unterzeichnete nach Karl die Urkunde), diente als ein Schritt zur Festigung der alten Religion; Karl erneuerte die von früheren Bischöfen verliehenen Freiheiten, da „in gemeldeter Schneiderzunft viele fromme, eifrige, wahre katholische Leute befunden werden, die bei den heiligen Ämtern [und] Processionen mit Fahnen und Lichttragen und Anderem ganz gottesfürchtig und eifrig sich erzeigen“.158 Fahnen, Fackeln, Prozessionen, prunkvolle Gottesdienste, Bilder, Musik, Reliquien in kostbaren Behältern, Wallfahrten waren Aspekte des katholischen Glaubens, die den Erzherzog besonders ansprachen, aber auch Mittel, durch ­welche die Gegenreformation an die Gefühle der Andersgläubigen zu appellieren trachtete und auf diese Weise tatsächlich manchen für die alte ­Kirche zurückgewann.159 Karl fügte den schon bestehenden karitativen Institutionen eine neue hinzu, zu den neun Hospitälern noch ein zehntes. Der Neisser Bürger und langjährige bischöfliche Rentmeister Adam Vinzenti vermachte in seinem Testament vom 3. Dezember 1616 ein Drittel seiner Nachlassenschaft ad pias causas, speziell für ein neues Krankenhaus, Zur Heiligen Dreifaltigkeit genannt, intendiert für fremde und heimische Arme und Kranke ohne „Zehrung und Herberge“, alt oder jung, Mann oder Frau. Der Bischof befreite zu ewigen Zeiten das Grundstück in der Altstadt, auf dem die Anstalt entstehen sollte, und jeden künftig ­diesem zugefügten Grund und Boden von allen Steuern und Belastungen; am 20. September 1619 bestätigte er die Gründung.160 Die Ausbildung von Priestern in der Diözese Breslau lag zu Beginn der Reformation noch bei der Domschule auf der Dominsel. Um die Mitte des 16. Jahrhunderts machte sich ein akuter Priestermangel bemerkbar. Das Fehlen von Geistlichen, die der alten ­Kirche verbunden blieben, bildete ein großes Hindernis bei der katholischen Erneuerung. Die Einrichtung von Priesterseminaren sah das Konzil von Trient als einen notwendigen Schritt, die katholische Erneuerung zu verwirklichen.161 Der Breslauer Bischof sah sich gezwungen, Konkubinarier oder selbst Prädikanten auf Pfarrstellen zu dulden, weil sonst die Gemeinden ganz ohne religiöse Betreuung geblieben wären. 157 S innacher : Beyträge Säben und Brixen 8, S. 125 f., 243 f.; in Brixen gab es auch eine Bruderschaft des Fronleichnams und eine zum Schutze des Glaubens; ebd., S. 480, 220. 158 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 331 f. 159 H erzig : Zwang zum wahren Glauben, S. 104, 55. 160 M insberg : Geschichtliche Darstellung, Urkundenanhang, S. 117 – 120; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 333 f.; Dietrich A llnoch : Neisser Hospitäler vom 13. bis zum 19. Jahrhundert, in: Schlesische Geschichtsblätter 43 (2016), S. 20 – 30, hier S. 25 f. 161 Zur Priesterausbildung in der Diözese Breslau im Gefolge des Konzils von Trient K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 163 – 171.

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Schon Bischof Balthasar von Promnitz dachte dann an die Gründung eines Priesterseminars. Auf der Diözesansynode von 1563 drängte der Domherr Sebastian Schleupner, Stadtpfarrer von Neisse, einen solchen Plan auszuführen, zu dessen Realisierung es unter Bischof Kaspar von Logau 1565 in Breslau kam. Das Seminar verlegte Bischof Martin Gerstmann 1575 nach Neisse.162 Dort wurde es, wie erwähnt, im ehemaligen Franziskanerkloster untergebracht. Unter Bischof Jerin soll es vierzig Seminaristen in Neisse gegeben haben. Der Unterricht in Grundfächern der Priesterausbildung – Philosophie, Theologie, Humanitätswissenschaften – verband sich zunächst mit dem Pfarrgymnasium, das auf eine lange Geschichte zurückblicken konnte und sich eines ausgezeichneten Rufs erfreute. Noch am Ende des 17. Jahrhunderts feierte der Stadtpfarrer Johann Felix Pedewitz die Erfolge des Pfarrgymnasiums in den 1570er bis 1590er Jahren und vorher. Die Bischöfe reichten weit in die deutschen Lande, um Rektoren der Schule zu finden, wie Nikolaus Wynman, der in Ingolstadt lehrte und 1538 das erste Buch über die Schwimmkunst veröffentlichte, ­dieses allerdings vom Konzil von Trient auf den Index verbotener Bücher gesetzt. Pedewitz erinnerte, wie schön es war, dass hochgebildete Professoren zu kirchlichen und weltlichen Beamten ernannt wurden und das kirchliche Lehrgut damit dem Ganzen zu einer wunderbaren Einigkeit verhalf und nicht nur einer Organisation (wie den Jesuiten) zugutekam. 1612 zählte die Schule noch 169 Schüler in sechs Klassen von Sexta bis Prima – infima, media, grammatica, syntaxis, humanitas, rhetorica –, darüber hinaus gab es Unterricht in Philosophie und Theologie, wohl im Wesentlichen für die Priesterkandidaten, in Philosophie waren es damals acht, in Theologie sechzehn Studierende; die Kosten für das Gymnasium trug die Stadt, jene für den Unterricht in Philosophie und Theologie der Bischof.163 Der Priesternachwuchs in der Breslauer Diözese blieb aber 162 Am ausführlichsten immer noch K astner : Geschichte des bischöflichen Clerical-Seminariums in Neisse, S. 146 – 197, über das Klerikal-Seminar in der Zeit des Erzherzogs Karl S. 179 – 183. Wiederholt ist dabei von „Wiederherstellung“ die Rede, so dass die Kontinuität dieser Institution in Karls Jahren und danach tatsächlich in Frage steht. Mit dem Verlust des Neisser Archivmaterials 1945 lässt sich zu Kastners Bericht kaum etwas hinzufügen. J ungnitz : Gerstmann, S. 201 – 210, Gründung in Breslau S. 206, Übertragung nach Neisse S. 208. Jungnitz stützt sich hier ganz auf Johannes S offner : Sebastian Schleupner, Domherr und Domprediger zu Breslau, Breslau 1888, nicht auf zeitgenössische Quellen, nicht einmal auf Kastner. Georg M üller : Schleupner, Sebastian, in: ADB 31 (1890), S. 473 – 474; E ngelbert : Maßnahmen des Bischofs Kaspar von Logau (1562 – 1574) (Separatdruck), S. 4 – 9. 163 P edewitz : Historia ecclesiatica S. Jacobi Nissae, S. 81 über den günstigen Effekt der Verbindung der bischöflichen Institution mit der Pfarrschule; S. 81 – 82 eingehend über das Programm unter dem Rektor Christoph Kirmeser 1575 – 1581; S. 84 f. über Dotierungen, dabei 2000 Taler von Kaspar Gebauer; S. 95 über die Schülerschaft 1612, S. 96 über die Professoren als Beamte, S. 112 über das Schließen der Schule 1648. Pedewitz hatte das Buch des Wynman gelesen und fand es voll „fleischlichen“ und „bestialischen“ Inhalts, der Autor am besten mit einem Mühlstein um den Hals in die Tiefen des Meeres versenkt (S. 79 f.). S. a. J. S chmidt : Ueber die Schulverhältnisse des ehemaligen Neisser Pfarr-Gymnasiums, in: Jahresberichte des

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ein Problem, wie Bischof Karl dem Papst in der relatio von 1612 darlegte und wie insbesondere das Domkapitel empfand. In der Kapitelsitzung vom 26. Januar 1611 ermahnten die Kapitelherren den Bischof, zu untersuchen, warum so viele Mönche aus ihren Klöstern davonliefen, sich den Evangelischen anschlossen, heirateten und dann doch auch weiterhin als Priester amtierten. Sie schrieben den Priestermangel vor allem der unzulänglichen Vorbereitung – neglecta educatio – im Neisser Priesterseminar zu und rieten dem Bischof, reife und gut ausgebildete Männer aus den Jesuitenseminaren oder von anderswo zu rekrutieren.164 Der Bischof schlug in der genannten Relation dem Papst vor, man sollte Absolventen des Germanicums auf ein paar Jahre in die Pfarreien ­schicken, ehe sie ein Kanonikat übernahmen. Da auch das die Nöte der ausgedehnten Diözese nicht beheben würde, bat er den Papst, die Gründung eines Jesuitenkollegs neben dem in Glatz zu gestatten.165 Dass Bischof Karl das Klerikalseminar in Neisse auflöste, kann man nicht nachweisen, aber dessen Niedergang in der Zeit des Erzherzogs und seines Nachfolgers lässt sich nicht bestreiten.166 Im Juli 1610 wollte der Bischof noch Schindeln und Dielen für das Seminargebäude aus Zuckmantel bestellen, also Material für Reparaturen oder gar einen Neubau.167 Aber 1614 musste das Klerikalseminar das ehemalige Franziskanerkloster räumen, als Karl die Franziskaner nach Neisse zurückbrachte. Es befand sich dann auf dessen Grund und Boden in einem Hause aus Holz, das anscheinend 1632 der Belagerung der Stadt zum Opfer fiel. In den zwei Jahrzehnten nach dem Auszug aus dem Franziskanerkloster behauste man das Seminar an vier verschiedenen Orten in der Stadt.168 Einmal gab es nur noch sechs Kandidaten, sie wohnten im Pfarrhaus und wurden vom Bischof unterhalten. Wir hören auch weiterhin von Rektoren des Klerikalseminars, aber Professoren wurden schließlich nicht mehr ernannt; das Priesterseminar verlor nicht nur sein eigenes Heim, sondern auch seinen eigenen Lehrkörper. Sebastian Rostock hatte aber anscheinend noch die Position des Rektors inne, ehe er 1635 die Stelle des Stadtpfarrers von Neisse übernahm.169 Den von ihm begünstigten Domherren Kaspar Karras, seit 1621 im Kapitel, machte Karl einmal zum

164 165 166 1 67 168 169

Neisser Kunst- und Altertumsvereins 15 (1911), S. 44 – 54, hier S. 53. Die Stadt hatte damals vier Elementarschulen, die auch Latein unterrichteten. K astner : Beiträge 1500 – 1655, S. 144; E ngelbert : Das Bistum Breslau im Dreißigjährigen Kriege 1, S. 101 f. Statusbericht 1612, ASV, Archivio della Sacra Congregazione del Concilio, Relat. Dioec. 884A, fol. 320, 322, hier fol. 321 [keine Seitenzahl]; S chmidlin : Die kirchlichen Zustände, S. 192. „Im gleichen Jahr [anscheinend gemeint ist 1618] löste der Bischof das Klerikalseminar in Neisse auf. Eine römische Stellungsnahme dazu ist nicht bekannt“; K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 278. K astner : Geschichte des bischöflichen Clerical-Seminariums in Neisse, S. 180. K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 356. Josef J ungnitz : Sebastian von Rostock, Bischof von Breslau, Breslau 1891, S. 16 f.

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Inspektor des Klerikalseminars, was ein Interesse des Bischofs an der Weiterführung oder Wiederbelebung der Institution anzudeuten scheint.170 Bei einer Zusammenkunft mit den Domherren Gebauer und Strachwitz im Februar 1622 sprach er sich für die Priesterausbildung in Neisse aus.171 Aber als das Kapitel ihn im März 1623 aufforderte, etwas für das Priesterseminar zu tun, war seine Antwort, das müsse warten, bis er für die Errichtung des Jesuitenkollegs gesorgt habe.172 In das 1623 gegründete Jesuitengymnasium übertrug man dann die Bibliothek des Priesterseminars. Während ­dieses zusehends verfiel, unterrichtete das Jesuitengymnasium von Anfang an zwei Jahre Theologie, besonders auch Moraltheologie für die Seminaristen.173 Die Studenten des Klerikalseminars hatten bereits das philosophische Studium hinter sich und das Programm bestand aus einem zweijährigen Theologiestudium. 1647 gab es angeblich zwanzig Seminaristen, 1662 wurde das Seminar nach Breslau verlegt.174 Als Resultat kann man nur feststellen, dass Bischof Karl sein Neisser Priesterseminar vernachlässigte und damit eine wesentliche Aufgabe des Bischofs, wie das Konzil von Trient sie zuletzt definiert hatte, nicht wahrnahm. Stattdessen suchte er den schwer zu übersehenden Nöten seiner Diözese abzuhelfen, indem er sich auf die Jesuiten stützte. Selbst spezifisch päpstliche Maßnahmen zur Förderung der katholischen Reformation konnte der Breslauer Bischof ignorieren. Seit den letzten Jahrzehnten des vorhergehenden Jahrhunderts versuchte die Kurie die katholische Reform zu überwachen. Instrumente dazu waren der periodische Besuch des Bischofs in Rom und die Vorlegung eines Statusberichts alle vier Jahre. Den periodischen Besuch des Bischofs in Rom – die Reise ad limina – hat Karl niemals unternommen. Es wundert einen, dass es den reiselustigen Bischof von Breslau niemals nach Rom zog, er war doch dem Papste so ergeben und zeitlebens von dem Verlangen beseelt, die Stätten der Heiligen zu besuchen und ihre Reliquien zu besitzen. In Brixen hatte er schon den halben Weg hinter sich und von Florenz ­später waren es nur noch ein paar Tagesreisen nach Rom, seine Brüder und Vettern hatten die Stadt und den Papst gesehen. Was ihn von Rom fernhielt, kann man nicht erraten. Vielleicht scheute sich der ungeweihte Bischof, unter 70 1 171 172 173

J ungnitz : Breslauer Germaniker, S. 129 f. J ungnitz : Petrus Gebauer, S. 20. K astner : Geschichte des bischöflichen Clerical-Seminariums in Neisse, S. 183. K astner : Geschichte des bischöflichen Clerical-Seminariums in Neisse, S. 196. Durch ein Dekret vom 13. Juli 1623 übergab der Bischof dem Jesuitenkolleg die Bibliothek des Klerikalseminars, Lohr als Kommissar wurde mit der Übertragung beauftragt; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 383. Dieses Dekret ist nicht identisch mit der zweiten Stiftungsurkunde für das Jesuitenkolleg vom gleichen Tage, das eine ­solche Provision nicht enthält (S eidel : Festschrift 1624 – 1924, S. 13 – 16). 174 P edewitz : Historia ecclesiastica S. Jacobi Nissae, S. 101: Umzug nach Breslau 1662, die Zahl in den 1640er Jahren zwölf, das Gebäude des Seminars damals zerstört, die Seminaristen erst in der alten Burg, dann in einem Haus neben dem Pfarrhaus, anschließend in großer Enge im Pfarrhaus selbst.

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den hohen kirchlichen Würdenträgern an der Kurie aufzutreten. Relationen, d. h. der alle vier Jahre erwartete Bericht des Bischofs an die Kurie, sind aus drei Jahren überliefert. Eine Relation war am 20. Dezember 1609 fällig – für das 6. Quadriennium – sie wurde aus unbekannten Gründen nicht ausgeführt.175 Eine erste Relation legte Karl dann 1612 vor, der Termin war 30. Dezember 1613 (= 7. Quadriennium). Den Bischof vertrat in Rom bei dieser Gelegenheit sein Prokurator Hannibal Grisonius, der das Schriftstück am 31. Januar 1613 überbrachte.176 Der Termin für das 8. Quadriennium war der 20. Dezember 1617. Die Relation stammt aus dem Jahre 1618 und ist ohne Datum überliefert.177 Eine weitere, eigentlich nicht planmäßige Relation wurde der Konzilskongregation am 20. August 1620 übergeben, in der Karl beim Papst seine Flucht aus Neisse nach Warschau rechtfertigt.178 Als die Domherren 1611 in einer Kapitelsitzung den Bischof drängten, mehr für die Belange der katholischen ­Kirche zu tun, erwähnten sie auch den Mangel an katholischen Büchern in den Schulen, was zur Folge hatte, dass sich die Kinder ketzerischen Ideen ausgesetzt sahen. Der Bischof hatte schon die Revision solcher Werke angeordnet, aber einen Erfolg konnte man bisher nicht entdecken.179 Wie weit der Bischof die Drucklegung katholischer Schriften in seinen Regierungsjahren förderte, kann man nicht genau feststellen. Schon aus seinen ersten Monaten stammt eine Instruktion zur Überprüfung der Bücher, die Neisser Einwohner bei ihrem Tode hinterließen. Sein Fastenmandat vom 20. Februar 1618 enthielt eine warnende Klausel über verbotene Bücher: „Ferner werden die lutherischen, calvinischen und andere ketzerische, unzüchtige, abergläubische, zauberische und verbotene Bücher, Liederbriefe, Schriften und andere dergleichen Sachen gegen alle Verbote und Ermahnungen ohne 1 75 K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 124. 176 ASV, Archivio della Sacra Congregazione del Concilio, Relat. Dioec. 884A, fol. 320r–322r; K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 124, 273 Regest 254; deutsche Zusammenfassung S chmidlin : Die kirchlichen Zustände, S. 192 f., datiert Neisse 13. 09. 1612. Auf diese Relation beziehen sich auch Regest 253 (Empfehlung für Grisonius) und 255 (Antwort Pauls V. vom 28. Dezember 1612); s. auch Regest 345 (Antwort auf Besuch des Grisonius). S chmidlin : Die kirchlichen Zustände, S. 173 – 195. 177 ASV, Archivio della Sacra Congregazione del Concilio, Relat. Dioec. 884A, fol. 389r–392r; K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 125, 389, Regest 334; deutsche Zusammenfassung S chmidlin : Die kirchlichen Zustände, S. 192 – 194. 178 ASV , Archivio della Sacra Congregazione del Concilio, Relat. Dioec. 884A, fol. 420 – 421; ­K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 125, 390, Regest 340, deutsche Zusammenfassung: S chmidlin : Die kirchlichen Zustände, S. 50 f.; Brixen, 28. 07. 1620, Antwort des Papstes, ASV Armarium 44, 14, fol. 287r; K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 390 Regest 341. Hier auch die abschlägige Antwort auf die Bewerbung um Wien und Wiener Neustadt. 179 K astner : Beiträge 1500 – 1655, Kapitelprotokolle, 26. 01. 1611, S. 144; E ngelbert : Das Bistum Breslau im Dreißigjährigen Kriege 1, S. 102.

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Skrupel gehalten und gelesen.“ 180 Der Bischof konnte aber nur mit Zufriedenheit die Produktion apologetischer und die traditionellen katholischen Devotionen behandelnder Bücher in Neisse betrachten. Eine Neisser Druckerei hatte Bischof Balthasar von Promnitz gegründet mit dem Ziel, katholische Schriften zu veröffentlichen, da die Evangelischen das Programm der Breslauer Stadtdruckerei bestimmten. Der Bischof übergab die Druckerei der Stadt Neisse, die Namen der frühen Drucker sind bekannt.181 Die in der Zeit des Erzherzogs Karl gedruckten Bücher befassen sich mit Aspekten des katholischen Glaubens, die Luther in Frage gestellt hatte, wie dem Charakter der Heiligen, der Bilderverehrung, der Anrufung Mariens, den Wallfahrten (1608), dem Priestertum (1611), dem Fronleichnamsfest (1613).182 Eines enthält ein Streitgespräch ­zwischen einem Lutherischen und einem Päpstlichen (1612), ein anderes ist betitelt „Merckzeichen, warbey man erkennen kan, daß die catholische die rechte vnfehlbare Kirch, vnd in dero allein die Seeligkeit zu erlangen sey“ (1615).183 Ein spezielles Produkt Neisser Druckereien unter Crispin Scharffenberg d. J. und Johann Schubart, der Letztere tätig vor allem in der Zeit des Erzherzogs, waren die mit Holzschnitten illustrierten katholischen Almanache, die katholische Praktiken lebendig erhielten und die Namen der Breslauer Bischöfe in Erinnerung brachten.184 Der Ziegenhalser Pfarrer und Poet Elias Born veröffentlichte 1625 eine deutsche Übersetzung des Psalters, das Buch sollte „die uncatholischen schädlichen Gebetbücher“ ersetzen.185 Das älteste Neisser Gesangbuch mit dem Titel „Catholische Kirchengesänge und geistliche Lieder“, ebenfalls aus dem Jahre 1625, mit vielstrophigen Kirchenliedern für alle Zeiten und Feste des Kirchenjahres, weist im Vorwort darauf hin, dass man viele schöne katholische Gesänge fälschlicherweise „unkatholischen“ Autoren zuschreibe, und wollte, „dass allerlei weltliche und leichtfertige Lieder aufgehoben und Gott mit Herz und Mund in seiner alten katholischen ­Kirche 180 S innacher : Beyträge Saeben und Brixen 8, S. 194 – 196, 20. 02. 1618; B resciani : Erzherzog Karl, S. 136 – 138; E ngelbert : Das Bistum Breslau im Dreißigjährigen Kriege 1, S. 146 f. 181 Ulrich S chmilewski : Zum Buchwesen der Stadt Neisse, in: Werner B ein , Vera und Ulrich S chmilewski Hgg.: Neisse. Das Schlesische Rom im Wandel der Jahrhunderte, Würzburg 1988, S. 252 – 261, hier S. 252. 182 Der Verfasser, Martin Rudolph, Pfarrer in Schweidnitz, die Texte z. T. in Wartha gegebene Predigten, veröffentlicht 1608, 1611; aus dem Jahre 1613 datiert die Schrift über das Fronleichnamsfest; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 595 f., dort S. 595 – 597 über im Ganzen neun Schriften gleicher Art. 183 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 596 f. Einer der Verfasser, Balthasar Stegmann, war vormals Pfarrer in Österreich. Ein Monogrammist I. K. produzierte zahlreiche Holzschnitte im Interesse der katholischen ­Kirche, besonders für Johann Schubart in Neisse; O szczanowski und G romadzki : Theatrum vitae et mortis, S. 113; A. S okolovius : Merkzeichen, anscheinend 1615 gedruckt in Neisse, Universitätsbibliothek Breslau Altdruck 492259. 184 O szczanowski und G romadzki : Theatrum vitae et mortis, S. 56, Nr. 157 – 159, von 1613, 1619, 1620. 185 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 589 – 595.

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gelobt und gepriesen werden möge“.186 Es ist nicht sicher, dass Karl von ­diesem Gesangbuch wusste, aber seine Veröffentlichung hätte er sicher begrüßt, und es ist nicht unwahrscheinlich, dass der musikliebende Bischof den Kompilator zu seinem Werke ermunterte. So manche Zeile in diesen Liedern ist erfüllt von einer nicht spezifisch katholischen, aber einer herzbewegenden christlichen Frömmigkeit. Überhaupt war ja die von Bischof Karl geliebte und geförderte Kirchenmusik ein Element in der Wiederbelebung katholischen Glaubens in der Stadt, dessen Wirkung man nicht unterschätzen möchte. Die Musik stand im 17. Jahrhundert bei allen Konfessionen im Dienste religiöser Erneuerung und Vertiefung.

4. Der Erzherzog und die Jesuiten in Neisse Bei den auf Gegenreformation und katholische Erneuerung bedachten Herrschern zu Beginn des 17. Jahrhunderts war der Verlass auf die Gesellschaft Jesu längst Tradition. Karls Entschluss, sich der Jesuiten zu bedienen, hatte Vorbilder in seiner eigenen Familie. Unter Ferdinand I. kam die Gesellschaft Jesu nach Innsbruck, unter dem älteren Karl nach Graz, unter dem Bruder Leopold nach Passau, unter Ferdinand II . nach Judenburg in Steiermark. Als Ferdinand 1595 sein Studium in Ingolstadt abschloss, gab ihm der Herzog von Bayern, Wilhelm V., eine kurze Herrscherlehre mit auf den Weg, deren Hauptthema die Förderung der katholischen Reform war. Als vorzügliche Mittel empfahl er ihm, diensteifrige katholische Beamte und Hofleute in Dienst zu nehmen und die Hilfe der Jesuiten zu suchen.187 Es war deshalb weder neu noch originell, dass Erzherzog Karl in den frühen 1620er Jahren eine Niederlassung der Jesuiten in der fürstlichen Residenzstadt einrichten wollte, um das katholische Leben in seinem Bistum zu erneuern. Die von ihm gegründete Institution bestand dann anderthalb Jahrhunderte lang, bis zur Auflösung des Ordens 1773. Die Zuflucht zu den Jesuiten, gesucht von der katholischen Reformbewegung ob ihrer Bildung und Disziplin und der Findigkeit und überlegenen Führung des Ordens, war aber in ­diesem Falle auch ein 186 Alois S c h i r d e wa n : Das Neisser Kirchengesangbuch vom Jahre 1625, in: ­Heimatblätter des Neissegaus 2 (1926), Nr. 1 (Januar), S. 3 – 5, und Nr. 2 (Februar), S. 11 – 12, hier S. 3. Ein einziges Exemplar, in Oktav von 227 Seiten, konnte der Verfasser des Aufsatzes damals identifizieren, es befand sich in der Universitätsbibliothek Breslau (Signatur: Ascet I Oct. 178). Der volle Titel: „Catholische Kirchengesänge und geistliche Lieder, mit sonderm Fleiß Zusammengetragen von newen, so durch das Gantze Jahr auf alle H. Festtage, bey den Creutzgangen vndt Zu andern Zeiten sehr nützlich zu gebrauchen. Gedruckt zur Neyß bey Johann Schubart, Anno 1625“. Das Gesangbuch war wohl identisch mit dem im gleichen Jahr gedruckten Gesangbuch „Der geistliche Paradeiß Vogel“, von dem sich anscheinend kein Exemplar erhalten hat. Johann Schubarth war der Inhaber der Neisser Stadtdruckerei von 1625 bis 1652. 187 Der Text bei H urter : Ferdinand II. 3 (1851), S. 555 – 560.

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gelegener Ausweg, der dem Breslauer Bischof die Mühe und Kosten ersparte, selbst ein Priester­seminar zu unterhalten und damit eines der Probleme seiner Diözese zu lösen. In mancher Beziehung hatte das Erscheinen der Jesuiten sogar für die Katholiken negative Folgen. So schloss das altehrwürdige Pfarrgymnasium, ein Glanzstück Neisser Kultur, 1648 seine Tore, offensichtlich ein Opfer der Konkurrenz des Jesuitenkollegs. Ungerechterweise machte Pedewitz mangelnden Eifer, kümmerliche Bezahlung – nicht besser als die von Dienstboten – und Kurzsichtigkeit der Geistlichen für die Probleme der Pfarrschule verantwortlich.188 Eine schlesische Jesuitenmission gab es in Breslau von 1581 bis 1595. Die Gründung eines schlesischen Jesuitenkollegs wurde über ein halbes Jahrhundert, von 1554 bis 1604, wiederholt geplant und dabei Breslau, Glogau und Neisse als der geeignete Platz in Aussicht genommen. Alle Versuche scheiterten, mehrmals am Widerstand des Ordensgenerals, wiederholt, weil ein Bischof das Projekt nicht länger zu verfolgen suchte, eine Zeit lang, weil das Domkapitel von einer Wahl der Stadt Neisse für ein Jesuitenkolleg nichts wissen wollte. Die Unentschlossenheit der Bischöfe ging wohl auf die Ambivalenz der kaiserlichen Politik zurück. Der ­Kaiser brauchte die Hilfe der schlesischen Fürsten und Stände im Krieg gegen die Türken, aber die schlesischen Protestanten – Fürsten, Stände, Städte – setzten dem Erscheinen der Jesuiten in Schlesien heftigen Widerstand entgegen, wo und wann immer man deren Einzug ins Land plante.189 Neisse betraten die Jesuiten zum ersten Male mit Erzherzog Karl. Als Bischof von Brixen soll Karl sich 1621 in Innsbruck gegenüber dem Jesuiten Christoph Scheiner zur Gründung eines Jesuitenkollegiums in Neisse verpflichtet haben.190 Schon 1560 hatte ­Kaiser Ferdinand I. die Jesuiten in die Tiroler Hauptstadt berufen, 1590 residierten in der dortigen Niederlassung an die zwanzig Ordensmitglieder, seit ­diesem Jahre besaßen sie auch das Missionsrecht in der ganzen Diözese Brixen. Durch eine Lateinschule, die Marianische Studentenkongregation, und durch die Innsbrucker Herren- und Bürgerkongregation übten die

188 P edewitz : Historia ecclesiastica S. Jacobi Nissae, S. 97 (der Abstieg begann mit der Eröffnung des Jesuitenkollegs 1623, selbst die Seminaristen besuchten die Schule der Jesuiten), 95 f., auf S. 112 Kritik der weltlichen Kleriker. 189 K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 236 – 248; D uhr : Geschichte der Jesuiten in den Ländern deutscher Zunge 1, S. 169 – 175 über die Jesuiten in Breslau 1581 bis 1595; H offmann : Die Jesuitenmission in Breslau 1581 – 1595. Über Pläne zur Einführung der Jesuiten in Neisse vor 1600: Nuntius Giovanni Delphino schrieb an Kardinal von Como, 29. 06. 1577, über Verhandlungen mit dem Provinzial der Jesuiten ein Jesuitenkolleg in Neisse betreffend; K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, Regest 32, S. 326. Zur Finanzierung durch den Bischof eines Jesuitenkollegs in Groß-Glogau oder Neisse wollte Bischof Andreas von Jerin nicht mehr als 1800 Floren beitragen; K astner : Beiträge 1500 – 1655, Kapitelprotokolle, 16. 02. 1595, S. 134 f. 190 Über Karl und Scheiner s. Franz D axecker Hg.: Briefe des Naturwissenschaftlers Christoph Scheiner SJ an Erzherzog Leopold V. von Österreich-Tirol, 1620 – 1632 (= Veröffentlichungen der Universität Innsbruck 207), Innsbruck 1995, S. 13 – 16.

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Jesuiten Einfluss aus.191 Man wundert sich, warum Erzherzog Karl, gerade angesichts der Erfolge der Gesellschaft Jesu in seinem Brixener Bistum, so lange zögerte, sich im Breslauer Bistum ­dieses Instruments der katholischen Erneuerung zu bedienen. Im Fürstentag wie unter den Protestanten überhaupt konzentrierte sich allerdings die Abneigung gegen alles Katholische auf die Jesuiten, und im Juni 1619, als Johann Christian, Herzog von Brieg, die Verwaltung des Oberamts übernahm, wurden sie aus Schlesien verbannt.192 Erst nach der Niederlage der protestantischen Fürsten und Stände konnte man an ihre Rückkehr ins Breslauer Bistum denken. Den neuen Bischof begleitete auf seiner ersten Reise nach Neisse im Dezember 1608, die über Prag und Glatz führte, der Jesuitenpater Wilhelm Johnston, der als sein Erzieher dienen sollte. In Glatz, wo eine Jesuitenniederlassung bestand, schloss sich ihnen der Jesuit Peter Scultetus an, vom Erzherzog bald als Hofprediger engagiert. Dazu kamen andere ein Jahr ­später, als Karl, wieder im Dezember, aus Graz zurückkehrte, auch ­dieses Mal über Glatz: Johann Rotarius aus der Glatzer Niederlassung, Ludwig Messelius aus der Olmützer, ­später Johannes Kapler, Dominikus Vales, Georg Ebel; eine kleine Jesuitengemeinde bildete sich in Neisse. Die Jesuiten konzentrierten sich in ihren Aktivitäten auf die Erklärung und Verteidigung der Beichte und der Kommunion unter einer Gestalt. An Pfingsten 1610 baten 430 Leute um die Firmung, ein in jenen Jahrzehnten oft vernachlässigtes Sakrament.193 Johann Angelus Jordan brachte es in ­diesem Jahr auf einhundert Bekehrungen. Von den ersten Jesuiten in Neisse dienten Ebel 1609 und Jordan 1612 dem Bischof als Beichtvater. Im Programm der Gesellschaft Jesu kam der Zusammenarbeit mit den Regierenden eine wichtige Rolle zu. Wie der Beichtvater mit einem Herrscher umgehen soll, beschrieb der Generalobere Pater Claudius (Claudio Aquaviva, 1581 – 1615) bis ins kleinste Detail in einer Instructio pro confessario principis.194 Die kleine Gemeinschaft in Neisse wohnte im ehemaligen Franziskanerkloster und widmete sich der inneren Mission, hielt sich ganz von der Politik fern, vor allem vom Streit ­zwischen Bischof und Fürstentag. Es überrascht dann, dass der Erzherzog 1614 diese erste Jesuitenniederlassung in seiner Residenzstadt auflöste, angeblich wegen der Auseinandersetzung mit den Neisser Evangelischen und 191 Heinz N oflatscher : Tirol, Brixen, Trient, in: S chindling und Z iegler : Die Territorien des Reichs im Zeitalter der Reformation und Konfessionalisierung. Land und Konfession 1500 – 1650, Bd. 1: Der Südosten, Münster 1989, S. 86 – 101, hier S. 94. 192 Acta Publica 2, S. 198 – 200; B uckisch 4, 6, 23; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 248; aus Böhmen, damit auch der Grafschaft Glatz, wurden sie schon am 1. Juni 1618 ausgewiesen; ebd., S. 248 Anm. 9. 193 Viele Katholiken waren damals nicht konfirmiert und wussten überhaupt nicht von ­diesem Sakrament; J ungnitz : Breslauer Weihbischöfe, S. 121. 194 D udik : Correspondence Kaisers Ferdinand II., S. 234 – 242 ein Auszug aus der Wiener Handschrift. Mehr über diesen Text bei Robert B ireley : The Jesuits and the Thirty Years War. Kings, courts, and confessors, Cambridge UK, New York 2003, S. 28 – 32.

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den Fürsten und Ständen.195 Anfang des Jahres 1621 war Karl wieder auf der Suche nach einem Beichtvater und wandte sich deshalb an den neuen Beichtvater des Kaisers Martin Beck (Becanus).196 Am Ende des Jahres 1620 lernte Karl in Innsbruck den Pater Christoph Scheiner kennen. Ein paar Wochen ­später, im Februar 1621, erbat er sich diesen Jesuiten von seinem Bruder Leopold mit der Begründung, er habe ihn zu seinem Beichtvater auserlesen. Im gleichen Schreiben erklärte er, er sei jetzt „gentzlich entschlossen, hie bei der sohcietett zue leben vnd zu sterben“.197 Damit setzte er sich für sein schlesisches Bistum ein klares Ziel, ein Programm, das er in den folgenden drei Jahren mit Beharrlichkeit verfolgte. Die Installierung der Jesuiten in Neisse nahm der Bischof mit ungewohnter Energie und in großer Eile in Angriff.198 Am 14. April 1622 willigten die Kreuzherren vom doppelten Roten Kreuz ein, ihr Kloster am Salzring mit der ­Kirche Mariae Himmelfahrt den Jesuiten zu überlassen und als Entschädigung die ­Kirche Peter und Paul am Brüdertor und die ehemalige städtische Weinschenke als Wohnplatz für die Kreuzherren, damals zwei Brüder und zwei Priester, zu übernehmen. Die bischöfliche Urkunde tat jetzt wohl zum ersten Mal öffentlich kund, der Bischof werde Jesuiten nach Neisse bringen. Erst zwei Jahre ­später verpflichtete sich Karl, den Kreuzherren für ihre Gebäude am Salzring 5000 Taler zu zahlen.199 Am 7. Juli 1622 teilte er den Neisser Ratsherren 195 K röss : Geschichte der böhmischen Provinz der Gesellschaft Jesu 1, S. 788 – 791 (die Jesuiten in Neisse 1608 bis 1614), 765 – 788, 949 – 953 (die Jesuiten in Glatz); K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, hat nichts über diese erste Phase der Jesuitenmission in Neisse. 196 Ferdinand an Martin Becanus, 25. 02. 1621, D udik : Correspondence Kaisers Ferdinand II ., S. 259 f.; er war Ferdinands Beichtvater 1620 – 1623 und starb am 24. Januar 1624. 197 Innsbruck TLA , Alphabetisches Leopoldinum I 202, 25. 02. 1621. Im selben Bestand unter Alphabetisches Leopoldinum II 51 befindet sich eine 3 cm dicke Akte zu Scheiner in den Jahren 1621 – 1632. 198 Kastner, der, wie gesagt, nichts über die Neisser Jesuitenmission 1608 – 1614 bringt, behandelt die Gründung ausführlicher als alle anderen Autoren; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 304 – 308, 369 – 386. August K astner : Stiftungsbriefe des Neisser Gymnasiums, Neisse 1853 (nicht gesehen); S eidel : Festschrift 1624 – 1924, die lateinischen Stiftungsbriefe vom 09. 02. 1623, 13. 07. 1623, 04. 11. 1624, die Originale verbrannten 1807, S. 9 – 22; Übersetzung des Stiftungsbriefs vom 4. November, S. 22 – 29; Elogium auf Karl, lateinisch und deutsch, S. 30 – 36 bzw. 36 – 45; Bernhard R uffert : Kurze Geschichte des Staatlichen Katholischen Gymnasiums zu Neisse, S. 63 – 79, mit einigen wenigen Einzelheiten über die ersten Jahre, S. 63 – 68. Eine vorzügliche Quelle sind die Jahresberichte: Litterae annuae collegii Societatis Jesu Nissensis, Bericht für 1624 bei S eidel : Festschrift 1624 – 1924, S. 45 – 55. Zur Rückkehr der Jesuiten 1622 s. K röss : Geschichte der böhmischen Provinz der Gesellschaft Jesu 2, Teil 1: Beginn der Provinz, des Universitätsstreites und der katholischen Generalreformation bis zum Frieden von Prag 1635, S. 300 – 307; D uhr : Geschichte der Jesuiten in den Ländern deutscher Zunge 2, Teil 1, S. 357 – 361. 199 F u c h s z : Series praepositorum Nissensium, S. 411 und S. 411 Anm. 2. Volltext der vom Propst oder Prior Daniel Michael und drei anderen unterzeichneten Urkunde bei S e i d e l :

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seine Pläne mit, erinnerte sie aber sofort, er handle in dieser Angelegenheit ohne ihre Teilnahme, aus fürstlicher Machtvollkommenheit.200 Er werde eine Universität gründen und ­dieses Projekt in die Hände der Jesuiten legen, denen er bereits den Kreuzhof übertragen habe; ­diesem sollte die Zeile der Bürgerhäuser vom Salzmarkt bis zum Zolltor zugesellt werden. Er werde auch das Priesterseminar bewahren, ein Konvikt einrichten und überhaupt geistliche Institutionen fördern.201 Die Gründung des Kollegs sollte wohl hier einbegriffen sein, ­dieses vordringliche Projekt der Jesuiten wird aber nicht besonders erwähnt. Als erster Schritt dieser Initiative trafen die ersten Jesuiten noch im gleichen Jahre in der Stadt ein. Die Breslauer Kapitelherren hörten angeblich von einer Niederlassung der Jesuiten in Neisse zum ersten Mal am 6. März 1623, bei einem Treffen des Bischofs mit dem Dekan und den drei anderen Prälaten des Kapitels, und das Thema kam vor den versammelten Kanonikern zum ersten Mal erst am 26. Januar 1624 zur Sprache.202 Der Neisser Kommissar Lohr berichtete damals, was der Bischof inzwischen entschieden hatte. Das Kapitel gab seine Zustimmung, beklagte aber das eigenmächtige Vorgehen des Bischofs und ließ ihn bitten, künftig die Rechte und Privilegien des Kapitels nicht zu ignorieren.203 Das Jesuitenkolleg, eine höhere Schule, bestand allerdings schon seit dem Frühjahr 1623. Der Unterricht begann am 24. April 1623 nach einer Eröffnungsfeier am vorhergehenden Tage, an der auch der Bischof teilnahm.204 Im gleichen Jahr gründete Wallenstein in Giczin, Hauptort seines böhmischen Herzogtums, ein Jesuitenkolleg.205 Selbst aus weiter Ferne und mitten im Kriegsgetümmel zeigte der General lebhaftes Interesse an Auswahl und Fortkommen der Schüler; eine ­solche intime Verwicklung in seine Gründung kann man ­Erzherzog

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Festschrift 1624 – 1924, S. 55 – 57. Die Urkunde vom 12. Juni 1624 mit dem Versprechen der 5000 Gulden bei F uchsz : Series praepositorum Nissensium, S. 412, dort auch Einzelnes über den Umzug, s. a. S. 431. Eine längere Fassung der Geschichte der Neisser Propstei in einer Breslauer Handschrift enthielt ein Decretum Caroli episcopi Vratislaviensis qualiter canonici cruzigeri in victu et amictu tractari debeant, s. F u ch sz : Series praepositorum Nissensium, S. x. Die österreichische Jesuitenprovinz, die in ­diesem Jahre in eine österreichische und eine böhmische gespalten wurde, hatte damals 530 Mitglieder; B i r e l e y : The Jesuits and the Thirty Years War, S. 7 f. K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 305 f., im Text des Dekrets an den Neisser Rat vom 7. Juli 1622, das Dokument in den Akten des Neisser Rathauses. Diese Mitteilung an den Rat existiert heute nur in der Zusammenfassung Kastners. K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 305 f. K astner : Actenmässige Beiträge 1599 – 1649, Kapitelprotokolle, 10. 03. 1623, S. 30. Der Bischof versprach hier die Sanierung des Priesterseminars durch Einrichtung des Jesuitenkollegs. K astner : Actenmässige Beiträge 1599 – 1649, S. 32 f.; ders .: Beiträge 1500 – 1655, S. 210, legt diese Sitzung irrtümlich ins Jahr 1623. R uffert : Kurze Geschichte bei S eidel : Festschrift 1624 – 1924, S. 64; E ngelbert : Das Bistum Breslau im Dreißigjährigen Kriege 3, S. 205. 35 km nordwestlich von Königgrätz; M ann : Wallenstein, S. 324 f. Zur Gründung eines Jesuitenkollegs in Konstanz s. Z immermann : Rekatholisierung, Konfessionalisierung und Ratsregiment, S. 141 – 148, 150 – 152.

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Karl nicht nachsagen. Als Rektor der Neisser Schule mag anfänglich Christoph Scheiner gedient haben, die Stelle übernahm bald Melchior Rericht, Scheiner hatte die Aufsicht als Superior der Jesuitengemeinde.206 Die notwendigen amtlichen Akte kamen im Laufe der nächsten Monate und Jahre. Ein Erster Fundationsbrief ist datiert vom 9. Februar 1623. Der Erzherzog erinnerte hier wieder an seine Absicht, in Neisse ein Gymnasium und eine Universität für die Gesellschaft Jesu zu gründen, und überwies für diesen Zweck den Jesuiten ­Kirche und andere Baulichkeiten der Kreuzherrn auf dem Salzringe und die daran anstoßenden Bürgerhäuser, die Vogtei Ziegenhals mit dem Gut Rothfest und den Karlshof, ein bischöfliches Gut am Rande der Stadt. Von den drei Gründungsurkunden hat nur die erste die Form, die man erwarten sollte, mit Zeugenliste, Namen des ausstellenden Beamten, Unterschrift des Bischofs, Siegel; sie ist wie die anderen nur als Abschrift erhalten, diese in einer notariell bestätigten von 1678. Die wortreiche Arenga erwähnt speziell als Vorbild das Grazer Kolleg, gegründet vom Vater und gefördert vom Bruder des Erzherzogs, das der Bischof selbst einmal besucht hatte. Die Urkunde betont auch, dass bischöfliche Mittel sowohl für den Bau von Kolleg, Gymnasium, ­Kirche und Konvikt als auch für den künftigen Unterhalt aufkommen würden.207 In einem zweiten Fundationsbrief vom 13. Juli 1623 bezog sich der Erzherzog auf die früheren Schenkungen der Neisser Bürgerhäuser, der Ziegenhalser Vogtei, und der Güter Rothfest und Karlshof, fügte aber noch ein in seinen Umrissen genau abgestecktes Grundstück in Neisse ­zwischen Zolltor und der ­Kirche Corpus Christi hinzu.208 Ferner übergab er den Jesuiten jetzt die dem bischöflichen Fürstentum benachbarte Herrschaft Olbersdorf (Město Albrechtice) im Herzogtum Jägerndorf, sie bestand aus dem Städtchen Olbersdorf an der Goldoppa und sieben Dörfern. Ferdinand hatte Olbersdorf seinem Bruder und dem Deutschen Orden im Austausch gegen die Herrschaft Brixenei in der Grafschaft Görz überlassen. Ferdinands Urkunde vom 24. August 1623 bemerkte, dass Olbersdorf zuletzt der Besitz des böhmischen Rebellen Hans Christoph von ­Wallstein gewesen und wegen seines Treubruchs konfisziert worden war; Erzherzog Karl dürfe nach seinem Willen über die Schenkung verfügen.209 Der 206 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 385 – 386. 207 S eidel : Festschrift 1624 – 1924, S. 9 – 12, besonders S. 10 f., Seidels Kommentar S. 5 f.; ­K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 379 (Vogtei Ziegenhals). Grazer Stiftungsurkunde von 1573, Monumenta Germaniae Paedagogica 2, S. 362 – 364; 400 Jahre Akademisches Gymnasium in Graz 1573 – 1973, Red. Wilhelm Danhofer, Graz 1973, nicht gesehen. 208 Text des zweiten Fundationsbriefes S eidel : Festschrift 1624 – 1924, S. 13 – 16, Kommentar S. 6, ebenfalls nur als beglaubigte Abschrift von 1678 erhalten, nennt keine Zeugen, aber Scharf als ausführenden Beamten. 209 S eidel : Festschrift 1624 – 1924, S. 58 – 60 hat den Text (deutsch) der Urkunde Ferdinands. Olbersdorf (Město Albrechtice) an der Goldoppa, 40 km südöstlich von Neisse, hier bezeichnet als Gut und Minderherrschaft, die Stadt gelegen im späteren österreichischen Schlesien an

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Rektor Melchior Rericht (1624 – 1630) hatte Schwierigkeiten mit den Evangelischen der Herrschaft Olbersdorf, die sich der Rekatholisierung widersetzten.210 Der Bischof versprach den Jesuiten jetzt auch das Gut Rothwasser bei Weidenau, sobald er den gegenwärtigen Besitzer, seinen Arzt Dr. Jäschke, mit konfiszierten Gütern in der Grafschaft Glatz kompensiert hätte, und das Dominium Koppitz des Grabe von Nechern in der Grottkauer Hauptmannschaft, 20 Kilometer nördlich von der Residenzstadt, das Letztere speziell für Gehälter der Professoren in den juristischen und medizinischen Fakultäten der geplanten Universität. Die Stadt beurkundete die Übergabe der vierzehn Häuser, mit Namen der Besitzer, an den erzherzoglichen Hoffiskal Michael Pastorius und den Prokurator der Jesuiten P. Cyriacus Kirwizer am 14. Juni 1624, am Tage des Aufbruchs zur Reise nach Spanien.211 Die Steuertaxe für die Häuser war 1680 Taler, für das Haus des bischöflichen Hofdieners Daniel Scholz 100 Taler, dessen Kaufpreis 4000 Taler (15. Oktober 1622), Kastner schätzte die auf die vierzehn Häuser angewendete Kaufsumme auf 67.200 Taler. Noch eine ganze Reihe weiterer Häuser kam hinzu. Die Steuertaxe für alle gekauften und dem Kollegium überlassenen Grundstücke belief sich auf 2300 Taler.212 Am 2. Juli 1647 schloss die Stadt einen Vertrag mit den Jesuiten, dem zufolge die neuen von Karl gekauften Häuser, solange sie im Besitz der Jesuiten blieben, von allen städtischen Lasten befreit sein sollten.213 Ein dritter Stiftungsbrief trägt das Datum 4. November 1624.214 Karl hatte Neisse schon fünf Monate vorher verlassen, an ­diesem Tage brach er von Barcelona auf und begann den letzten Abschnitt seiner Reise nach Madrid. Diese umfangreichste der Stiftungsurkunden bestätigt die in den beiden früheren belegten Schenkungen, neu ist aber, dass die Gesellschaft Jesu jährlich aus den bischöflichen Wäldern 600 Klafter Holz und aus der bischöflichen Kasse 6000 Taler (der Bischof hatte 8000 vorgeschlagen) erhalten sollte, ein Plan, der dem Kapitel zuerst in einer Kapitelsitzung am 23. Mai

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der preußisch-österreichischen Grenze, die Herrschaft Olbersdorf grenzte im Norden an die mährische Enklave Hotzenplotz, im Westen bei Zuckmantel an das Bistumsland. Sie war seit 1503 im Besitz der Herren von Füllstein, wurde nach der Schlacht am Weißen Berg konfisziert, kam 1623 an die Jesuiten in Neisse, in deren Händen sie mehr als ein Jahrhundert blieb, 1745 an die Jesuiten in Troppau, 1773 an die kaiserliche Hofkammer; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 380 – 383; dazu auch Klemens W ieser : Die Bedeutung des Zentralarchivs des Deutschen Ordens für die Geschichte Schlesiens und Mährens. Ein Findbehelf zum schlesisch-mährischen Aktenbestand des Archivs (= Quellen und Darstellungen zur schlesischen Geschichte 13), Würzburg 1967, S. 47, 162. Karl-Alexander H ellfaier und Franz Christian J arczyk Hgg.: Gymnasium Carolinum zu Neisse 1624 – 1974, Detmold 1974, S. 157. G raber : Inventare Stadt Neisse, Nr. 547, 14. 06. 1624. Auf juristische und medizinische Fakultäten verzichteten die Jesuiten bei ihren Universitäten gewöhnlich. K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 377 – 379, besonders S. 379 Anm. 1. G raber : Inventare Stadt Neisse, Nr. 563. S eidel : Festschrift 1624 – 1924, S. 17 – 22 (lateinisch), 22 – 29 (deutsch), Kommentar S. 6.

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1624 in Neisse vorgelegt und von ­diesem am 31. Mai genehmigt worden war. Klugerweise machte das Kapitel die 6000 Taler nicht nur von der Anerkennung von Bischof und Kapitel als Gründer und Patrone abhängig, sondern auch von der vollendeten Errichtung einer Voll-Universität mit allen vier Fakultäten.215 In einem Schreiben aus Wien an die Neisser Administratoren vom 31. Juli 1624, drei Wochen vor Fortsetzung seiner Reise nach Madrid, wies der Bischof seine Vertreter in Neisse an, den Jesuiten die in den Fundationsbriefen sich auf Olbersdorf beziehenden Schenkungen und ebenso das versprochene jährliche Deputat von 6000 Talern und 600 Klaftern Holz urkundlich zu bestätigen.216 Dieser letzte Stiftungsbrief hat etwas Unfertiges an sich, mit Lakunen für noch zu ergänzende Informationen, nennt keine Zeugen, es fehlen die bischöfliche Unterschrift und der Name des ausführenden Beamten. Die Arenga, eher ein weitschweifiges Proömium, ergeht sich über den bedeutenden Beitrag der Gesellschaft Jesu zur katholischen Erneuerung, ein ­Zeichen, dass die Feder hier ein passionierter Mann des Ordens führte. Eine lange Pönformel beschwört die Nachfolger des Bischofs, die hier eingegangenen Verpflichtungen einzuhalten, und droht mit ewigen Strafen. Das Ausstellungsdatum ist eine weitere Eigentümlichkeit ­dieses Dokuments. Der 4. November war das Fest des hl. Karl Borromäus, eine besondere Verehrung ­dieses heiligen Bischofs zeigte Erzherzog Karl bei seinem Aufenthalt in Mailand und auf dem Sterbebett in Madrid. Bei der Urkunde handelte es sich deutlich um einen Entwurf, wie Kastner und Seidel vermuteten,217 angeregt vielleicht von dem Wunsch, auch für die zuletzt gewährten Schenkungen – die 6000 Taler und 600 Klafter – eine unanfechtbare rechtliche Garantie zu besitzen. Eine eigentlich rechtsgültige Urkunde ­dieses Datums wurde offensichtlich niemals ausgestellt und die Existenz eines Originals auch nicht behauptet, nur zwei Abschriften existierten im Archiv, aber keine amtlich beglaubigte wie im Falle der beiden ersten Stiftungsbriefe. Doch die Neisser Jesuiten oder wenigstens die Freunde des Karolinums bis in unsere Tage haben auch in ­diesem Dokument eines der ehrwürdigen Gründungsdenkmäler der Neisser Stiftung gesehen. Wir möchten sie eher – wie das Elogium auf den Erzherzog oder die idealisierenden Gemälde – als einen Ausdruck des Mythos betrachten, der sich um den fern von Neisse dahingegangenen Gründer entfaltete. Zum Bau des Jesuitenkollegiums und der ­Kirche Mariae Himmelfahrt stellte Bischof Karl Ferdinand in seinem Testament vom 10. April 1652 240.000 rheinische Gulden zur Verfügung, deshalb muss man ihn neben Karl als Stifter des Jesuitenkollegiums betrachten. Der Bogen vor dem Presbyterium der Gymnasialkirche enthält auch eine Inschrift, die Karl Ferdinand als Gründer nennt. Als Gründer hing sein Gemälde wie 215 „ubi dicta Societas promissis satisfecerit et florentem omnium quatuor facultatum universitatem perfecte erexerit“; K astner : Actenmässige Beiträge 1599 – 1649, S. 38 f. 216 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 370 Anm. 4, dort irrtümlich 1621. 217 S eidel : Festschrift 1624 – 1924, S. 6 f.

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das des Erzherzogs noch bis zum deutschen Ende an der Stirnseite der Aula des Gymnasiums.218 Einen Beitrag von 16.835 rheinischen Gulden hatte ein Jahr vorher Graf Georg von Oppersdorf in seinem Testament gemacht, Karls Studiengefährte in Graz und späterer Kammerherr.219 Das Einströmen in die Stadt von Kapital aus Legaten, ländlichen Besitzungen und Schenkungen für die Nöte des Kollegiums und die damit finanzierte Bautätigkeit, gerade in den Jahrzehnten nach dem Dreißigjährigen Kriege, musste die städtische Wirtschaft anregen. Das Carolinum entwickelte sich zu einem kleinen Zen­ trum des geistigen Lebens in der Provinz, es besaß eine eindrucksvolle Bibliothek, ihre Anfänge gingen bis auf die Gründungsjahre zurück, sie enthielt wahrscheinlich auch die Bücher Erzherzog Karls; ihre 12.000 Bände fielen zur Hälfte dem Brande zum Opfer, den die Kanonen der Württemberger bei der Eroberung der Stadt 1807 entfachten.220 Immerhin hielt die neue Bildungsanstalt einen bedeutenden Gelehrten wie Christoph Scheiner ein paar Jahre im Land. Was wir nach dem Verlust der Neisser Archive über Neisse, die Stadt und das Fürstentum, wissen, basiert zum Teil auf den Schriften eines Lehrers am Carolinum, des höchst genauen und verlässlichen August Kastner, und er war durchaus nicht der einzige Pädagoge dort, der die Quellen zur Geschichte des Neisser Fürstentums bewahren wollte. Die Tätigkeiten der Jesuiten beschränkten sich nicht auf ihr Kolleg. Bald arbeiteten sie neben den weltlichen Klerikern in der Seelsorge, schon unter Karl traten sie als geistliche Betreuer in den Gefängnissen auf, angeblich hatte ihnen der Erzherzog das Recht zugesagt. Verbrieft wurde ihnen die Lizenz zu solchen Betätigungen erst unter Karls Nachfolger Karl Ferdinand, so überhaupt die Ausübung der Seelsorge in Pfarreien (1637), dann speziell die geistliche Betreuung von Häftlingen und gegebenenfalls deren Vorbereitung für die Exekution (1648) oder das Abhalten von Missionen in ganz Schlesien (1649). Wir finden sie dann auch als Lehrer in den Neisser Elementarschulen, die uns ein visitierender Archidiakon bis ins Einzelne beschrieben hat.221 Spannungen ­zwischen Pfarr- und Jesuitengemeinde waren anscheinend häufig. Aus dem Munde seines Bischofs, Kardinal Friedrich von Hessen-Darmstadt, hörte Johann Felix Pedewitz bei seiner Installierung 1679 als Stadtpfarrer, dass unter keinen Umständen, selbst auf das dringende Ersuchen der Jesuiten, Angehörige eines Ordens auf der Kanzel der Jakobuskirche erscheinen dürften.222 Wie 218 R uffert : Kurze Geschichte; S eidel : Festschrift 1624 – 1924, S. 67; Wolfgang D inter : Baugeschichte und Ausstattung der Gymnasialkirche, in: H ellfaier und J arczyk : Gymnasium Carolinum in Neisse 1624 – 1974, S. 40 – 53 (die einzige Arbeit über Neisse, die die Litterae Annuae benützte); dort auch Wilhelm H arendza : Das Gymnasium Carolinum zu Neisse. Ein geschichtlicher Rückblick, S. 11 – 32, hier S. 27. 219 H eyne : Geschichte des Bisthums und Hochstiftes Breslau 3, S. 876; R uffert : Kurze Geschichte; S eidel : Festschrift 1624 – 1924, S. 66. 220 Karl-Alexander H ellfaier : Die Bibliothek des Gymnasiums, in: H ellfaier und J arczyk : Gymnasium Carolinum in Neisse 1624 – 1974, S. 61 – 68, hier S. 63. 221 J ungnitz : Visitationsberichte 1, S. 105 f. (1579). 222 P edewitz : Historia ecclesiastica S. Jacobi Nissae, S. 116.

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beim Kollegium, das Zweck und Funktion des Pfarrgymnasiums duplizierte und dessen Untergang beschleunigte oder gar verursachte, etablierten sich die Jesuiten hier in einem Bereich, der bisher anderen vorbehalten war, was zu Beschwerden führte, die für das Jahr 1651 belegt sind.223 Erzherzog Karls Förderung des Kollegs regte nach seinem Tode andere Geber an. Ein Konvikt, das Seminarium der hl. Anna, das sechzig Zöglinge beherbergen konnte, entstand in den 1630er Jahren am Salzmarkt gegenüber vom Kolleg, vor allem dank der Legate der Witwe Anna, geb. Molhardt, des ehemaligen Bürgermeisters Kaspar Gebauer, der zehn Jahre unter Karl in dieser Rolle gedient und sich die Zuneigung des Bischofs erworben hatte. Sie hinterließ schließlich ihr ganzes Erbe den Jesuiten. Sie und andere, wie der Weihbischof Liesch, stifteten Kapital und Ländereien, deren Zinsen den Unterhalt mehrerer Schüler bestritten.224 Das Werk und die Erfolge, „Triumphe“ heißen sie hier, der neuen Jesuitengemeinde sind das Thema ihres ersten Jahresberichts, aus dem Jahre 1624, des ältesten Exempels der Litterae Annuae aus Neisse, geschrieben, als Erzherzog Karl noch am Leben war.225 Die Überzeugung, ein gottgewolltes Werk zu tun, auch an Arroganz grenzendes 2 23 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 572 – 573. 224 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 574 – 579; Johannes C hrzaszcz : Ein Fundationsverzeichnis des Neißer Jesuitenseminars der heiligen Anna aus dem Jahre 1716, in: ZVGS 46 (1912), S. 172 – 185, aus einer Zülzer Handschrift, die Kastner nicht kannte. Sie enthält das Testament der Anna Gebauer vom 16. September 1639, dessen Einzelheiten S. 175 – 178. Andere Stifter von Plätzen für Schüler des Kollegs im Konvikt St. Anna: Johannes Lohr, Neisser Pfarrer und Breslauer Kanoniker, der Pfarrer Paul Sylvanus aus einem Dorf bei Neustadt, der Jesuit Melchior Aust, Sohn eines Neisser Weinkaufmanns, Bischof Sebastian Rostock (der Letztere mit genauen Anweisungen für die Herkunft der Stipendiaten), der Generalvikar Ignatz ­Ferdinand Richter von Hartenberg; ebd., S. 178 – 185. Spätere Stiftungen im Testament des Domherrn von Oberg 1678, ebenfalls für das St.-Annen-Seminar; R uffert : Kurze Geschichte; S eidel : Festschrift 1624 – 1924, S. 64 f. 225 S eidel : Festschrift 1624 – 1924, S. 45 – 55, druckt den Bericht für 1624, nach einem Exemplar in der Österreichischen Nationalbibliothek. Seidel machte Aufnahmen der Neisser Berichte bis 1679, die Aufnahmen sind anscheinend nicht erhalten. Im Archiv des Kollegs bestanden einmal Abschriften für die Jahre 1627 bis 1737, die 1807 bei der Belagerung verbrannten. Der Jahresbericht wurde beim Provinzial bis zum Feste des hl. Andreas, 30. November, eingereicht, dann in ein Buch zusammengefasst mit den Berichten anderer Kollegien und kleiner Niederlassungen. Die Litterae Annuae „gaben die Zahl der Priester, Lehrer und Brüder an und handelten über Gottesdienst und Predigten, Katechesen und Exerzitien, Besuch der Gefängnisse und Hospitäler, Versöhnung Andersgläubiger mit der ­Kirche, den guten Ruf der Gesellschaft, aber auch Widerspruch und Verfolgung, ferner über Fortschritt und Zahl der Schüler, ihre Beteiligung am kirchlichen Leben, ihre dramatischen Aufführungen, die Marianischen Kongregationen, endlich über Stiftungen und Geschenke, die dem Kollegium gemacht worden waren. Auch von den kriegerischen Ereignissen schwiegen sie nicht, wenn das Kollegium davon berührt wurde“; S eidel : Festschrift 1624 – 1924, S. 8 – 9. S. a. D uhr : Geschichte der Jesuiten in den Ländern deutscher Zunge 1, S. 675 – 678. Die fast 500 Handschriften der „Litterae annuae ­provinciae

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Selbstvertrauen spiegelt sich in ­diesem Text von 3000 Worten, in dem sich der Orden Rechenschaft ablegt. Er sagt uns, wie die Jesuiten selbst ihr Wirken und ihren Einfluss sehen wollen. Der Verfasser macht deutlich, wie ihr Einsatz ganz im Einklang mit Gott und dem ­Kaiser steht: Widerstand gegen ihre Botschaft hat böse, Umkehr zur katholische ­Kirche segensreiche Folgen, besonders an Wunder grenzende Heilungen, von denen der Schreiber mehr als ein halbes Dutzend anführt. Einer, der das Andenken des Ordensgründers angreift, wird gleich von stechendem Rheumatismus befallen. Personen von Rang, so ein Mitglied des Liegnitzer Herzogsgeschlechts, zählen zu den Konvertiten; der Hofmedikus bittet den Fürsten um Verzeihung und schwört in der ­Kirche vor allen Leuten dem Calvinismus ab; er wird dann sogar zum willigen Ketzer-Hammer – sectariorum malleus. Von der Leitung des Kollegs abgesehen verfolgen die Jesuiten auch hier ein religiöses und ein karitatives Programm. Sie bekehren 118 Evangelische zur katholischen ­Kirche, veranlassen weitere 130, den Laienkelch aufzugeben, schaffen überhaupt die Kommunion unter beiden Gestalten ab. Sie führen die Vierzig-Stunden-Andacht ein, überzeugen Frauen, sich ehelicher Beziehungen im Advent zu enthalten, fördern Bücher, die den Leser verführen, ans Tageslicht und verbrennen sie. Die Katechese, d. h. die Unterrichtung in den katholischen Glaubenslehren, der Jugend, die nicht das Jesuitenkolleg besucht, ermöglicht Gewissensbildung, Kenntnis und Gebrauch katholischer Symbole. Häufige Diskussionen der Grund­lagen des Glaubens ziehen eine große Zuhörerschaft an, einschließlich von Evangelischen. Mehr als tausend Neisser empfangen die Osterkommunion und legen damit ein demon­ stratives Bekenntnis der Zugehörigkeit zur katholischen ­Kirche ab. Da ist kaum ein Rechtgläubiger, der nicht an der Kommunion unter einer Gestalt teilnimmt. Die Konsequenz ist eine Verbesserung der ­Sitten: Versöhnung der Verfeindeten, Beilegung von Ehestreit, Rückgabe von zu Unrecht erworbenem Geld, Spenden von Silber für die Kelche. Ganz untersagt sind jetzt Kartenspiele, Zigeunergaukeleien 226, Aberglauben, der „Galgennagel“ und andere Arten von Kuppelei und Gaunerei. Die Jesuiten säubern die vierzehn Krankenhäuser der Stadt von „Fäulnis und Verfall“ und vom Verdacht der Korruption. In diesen Hochburgen (castra) der Armen erreichen der großzügige Fürst und die besorgten Ordensmitglieder, dass die Kinder – Jungen und Mädchen – nicht mehr in Lumpen umherlaufen. Aber nur Rechtgläubige haben Zutritt zu diesen Einrichtungen. Überdies dringt „die caritas unserer Gesellschaft“, sagt der Schreiber, auch in die Gefängnisse ein, wo sich allerhand hässliches Getier aufhält. Dahin bringen Bohemiae (bzw. Austriae) Societatis Jesu“ in der Österreichischen Nationalbibliothek scheinen nach dem Verzeichnis dieser Handschriften, das im Internet erscheint, keinen Band für 1624 einzuschließen. Siehe aber Artikel 502 der „Litterae annuae societatis jesu provinciae austriae unitae a. 1621 – 22, deinde provinciae Bohemiae ab Austriaca seiunctae a. 1623 – 1635“. Eine Identifizierung und Auswertung der sich auf Neisse beziehenden Litterae Annuae für die Geschichte des Karolinums steht noch aus. 2 26 Cingarorum radiculae.

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die Jesuiten Nahrung den wegen Trug und Zauber eingekerkerten Hexen 227, damit sie nicht Hungers sterben, ehe sie wegen ihrer Vergehen verurteilt werden. Es gibt dann keinen, der nicht vor der Hinrichtung der Häresie abschwört. Zu den Triumphen der Gesellschaft zählt die Bekehrung eines gelehrten und begüterten Juden. Ein ländlicher Einwohner namens Paul tritt in den Orden ein. Der Verfasser lässt es sich nicht nehmen, auf zwei Leichenpredigten von Mitgliedern des Ordens hinzuweisen; die Gelehrsamkeit und Eleganz der Jesuiten beeindrucken auch die Protestanten.228 Erst am Schluss geht der Bericht auf das Jesuitenkolleg ein.229 Die Eröffnung des Gymnasiums am 23. April durch den Fürsten, ­welche die Kapitelprotokolle aber ins Vorjahr, 1623, legen, findet in Anwesenheit einer großen Menge von Adel und Volk statt. Unterrichtet werden die vier Fächer Grammatik, Poetik, Rhetorik und Theologie. Die Schülerzahl beläuft sich auf 300, alle ausgezeichnete junge Leute von hoher Abkunft. Daneben betreut die Schule 500 Abecedarier, Schüler, die erst auf den Eintritt ins Kolleg vorbereitet werden müssen. Das Programm des Kollegs schließt auch andere Aktivitäten ein, besonders Wallfahrten nach Wartha oder zu einem Nonnenkloster in Liegnitz und einer weiteren solchen Institution, deren Priorin einmal schändlich vom alten Glauben abgefallen war, jetzt aber zur katholischen ­Kirche zurückgekehrt ist. Wie schon gesagt, wird eine marianische Bruderschaft im Jesuitenkolleg gegründet. Am Anfang des Schuljahres findet eine Aufführung des Dramas „Justus und Pastor“ statt, die dem Fürsten besonders gefällt. Dasselbe Drama hatte er wohl als Dreizehnjähriger gesehen, als es das Grazer Jesuitenkollegium auf die Bühne brachte. Es handelt von zwei in der Zeit des Kaisers Diokletian gemarterten spanischen Schulbuben, auf die sich Karl in seinem Reisetagebuch bezieht, als ihn die Spanienreise durch die Stadt Alcalá de Henares, Stätte ihres Martyriums, führte.230 Im gleichen Jahr gibt es auch eine besonders erfolgreiche Vorführung des Theaterstücks „Johannes Calybita“, die sechs Stunden dauert, Handlung und Bühnenbild (apparatus) finden in ganz Schlesien Anerkennung.231 Beide Dramen entnehmen ihren Stoff den Heiligenlegenden der 227 Das Wort hier ist saga, das auch Zauberin oder Kupplerin bedeuten kann. Es bezieht sich gewöhnlich auf Frauen, hier wird aber einmal die männliche Form eines Adjektivs – nullus – gebraucht. Die Bezeichnungen der Untaten sind praestigia und veneficia. Die Gleichsetzung hier von Zauberei und Häresie lehnten die fortgeschrittenen Theologen der Zeit ab. 228 Zur Leichenpredigt 1668 eines Neisser Jesuiten s. S cholz : Geistliches Fürstentum Neisse, S. 223. 229 Zu Lehrstoff und täglichen Routinen s. B ireley : Refashioning of Catholicism, S. 127 – 130. 230 Reisetagebuch 25. 11. 1624, die Stadt 35 km nordöstlich von Madrid. 231 „Justus und Pastor“, der Autor unbekannt, 1604 (18.2.) in Graz, 1609 in Prag aufgeführt, der Text in einer Paderborner Handschrift. „Johannes Calybita, nobilissimus Romanorum domi exul“, war ein Werk des Jakob Bidermann, aufgeführt 1608 in Dillingen, dort im gleichen Jahr im Druck erschienen; Johannes M üller : Das Jesuitendrama in den Ländern deutscher Zunge: vom Anfang (1555) bis zum Hochbarock (1665) 1 – 2 (= Schriften zur deutschen Literatur für die Görresgesellschaft 7 – 8), Augsburg 1927, 1930, hier 2, S. 116, 16 – 21, besonders S. 16 und 20; 1, S. 53. Neisse wird von Müller, der sich auf Süddeutschland konzentriert, nicht behandelt.

Der Erzherzog und die Jesuiten in Neisse

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frühchristlichen Zeit, „Justus und Pastor“ war eines der ersten Martyrerstücke auf der Jesuitenbühne, „Johannes Calybita“, das häufig in den Kriegsjahren aufgeführt wurde, handelt von einem Eremiten und betont damit die ­Themen Weltflucht, Entsagung und Beharrlichkeit im Unglück. Bei der Produktion des erstgenannten hielt sich Karl noch in Neisse auf, sicherlich hatte er Einfluss auf die Wahl des Stücks. Viele Züge des Jesuitendramas sprachen ihn wahrscheinlich an: der Pomp der Inszenierung, verbunden mit Malerei und Musik, die speziellen Effekte wie Feuerwerk und Explosionen, die blutrünstigen Bühnenbilder, die Masse von Darstellern und Statisten auf der Bühne, das gelegentliche Einbeziehen der Zuschauer in die Handlung, der Appell an die Emotionen, die Schauer erregende Wirkung des Spektakels auf das Publikum, die ja gelegentlich einen an Ort und Stelle zum Übertritt in die katholische ­Kirche geführt haben soll. Karl begriff offensichtlich die wirkungsvolle Funktion des Jesuitendramas nicht nur als Lehrstrategie in den Schulen, sondern auch als Vehikel gegenreformatorischer Propaganda. Der Erzherzog tritt ansonsten in dieser für den Provinzial bestimmten Reportage nur am Rande auf, als Gründer des Kollegs und als dessen prinzipieller Förderer. Er richtet neben dem Priestersemiar ein Konvikt ein und unterhält dort zwölf arme Studierende; er erweist sich dann auch als Wohltäter für die Kinder der Armen in den Krankenhäusern der Stadt. Je mehr die Anführer der Evangelischen die alten religiösen und die den Armen dienenden Einrichtungen ruinieren, desto mehr sichert und erhöht diese der Fürst durch seine Freigebigkeit. Er ist dankbarer Zeuge, nicht Initiator, der von den Jesuiten geleiteten Erneuerung des katholischen Lebens in der Stadt: Er begrüßt enthusiastisch die Einführung der Vierzig-Stunden-Andachten, bei der die führenden Bürger ein Beispiel geben; die in ­diesem Jahr um ein Siebenfaches gewachsene Zahl der Teilnehmer an der Fronleichnamsprozession rührt ihn zu Freudentränen; der Fürst glaubt, er müsse mit seinen eigenen Mitteln die schönsten Fahnen für die Prozessionen herstellen lassen. Sein Bruder ist der optimus imperator, der den Verleumdern des Ordens in einem Schreiben ewiges Schweigen gebietet. Offensichtlich verlangt der Erzherzog Einheit des Glaubens in seinem Fürstentum: Der Schreiber weiß: „Die rechte Hand des Allmächtigen zwingt die irrenden Schafe immer, in den Pferch einzukehren.“ Deshalb ist es ein Gebot (sanctio) des Erzherzogs, dass jeder unter seiner Herrschsaft, ob Landmann oder Bürger oder dessen Ehefrau, von jetzt an wahrer Katholik sein muss. Mit der Einrichtung einer höheren Schule in Neisse, unter den Auspizien des Erzherzogs, folgten die Jesuiten Vorbildern, die sie längst anderswo erprobt hatten. Es kann kein Zweifel bestehen, dass ihre lange Erfahrung und zielbewusste Arbeit wesentlich zur Ausbildung ganz im Geiste der Gegenreformation und katholischen Reform lebender Absolventen – nach hundert Jahren sollen es 30.000 gewesen sein – und damit zur Rekatholisierung des Fürstentums beitrugen.232 232 Otto Z iebolz in: H ellfaier und J arczyk : Gymnasium Carolinum in Neisse 1624 – 1974, S. 135 – 156, gibt Kurzbiographien bedeutender Absolventen. Bei der Jahrhundertfeier 1724 hieß es, 30.000 Schüler hätten das Karolinum im vorhergehenden Jahrhundert besucht; R ­ uffert :

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Erzherzog Karl tat manches für die Erneuerung des katholischen Lebens in den sechzehn Jahren seiner Herrschaft als Bischof von Breslau. Sein Einfluss als katholischer Reformer ging aber über sein bischöfliches Fürstentum oder gar die Stadt Neisse kaum hinaus, die wenigen noch verbleibenden Katholiken in den protestantischen Fürstentümern und Städten – von den Evangelischen ganz zu schweigen – konnte er kaum erreichen. Er war selbst ein tiefreligiöser Mensch, und den Neissern und anderen, die mit ihm in Berührung kamen, lebte er eine schlichte, traditionelle katholische Frömmigkeit vor. Die Möglichkeit aber, den katholischen Schlesiern kraft priesterlicher Autorität ein Vorbild und Seelenführer zu sein, blieb ihm verschlossen. Selbst als Laie hätte er ein umfassendes Reformprogramm verfolgen können, welches das Spektrum katholischer Lehren und Praktiken einbegriffen hätte, eines vor allem auf die Vermehrung und Ausbildung des Klerus ausgerichtet. Er fühlte aber anscheinend niemals den Drang oder empfand niemals die innere Notwendigkeit, sein Leben ganz der ­Kirche und der katholischen Erneuerung hinzugeben. Zu viel ließ er sich von den Geschäftlichkeiten ablenken, in die ihn der ­Kaiser verwickelte, oder dem Herumreisen zu den Höfen seiner Verwandten und den übrigen Trivialitäten, die seine Stunden ausfüllten. Überdies schadete die Auswahl seines Nachfolgers, bei der er eine Rolle spielte, der katholischen ­Kirche Schlesiens. Vier Wochen vor seinem Aufbruch nach Spanien, in zwei Kapitelsitzungen am 15. und 23. Mai 1624, befürwortete der Erzherzog die Verleihung eines Kanonikats an der Breslauer Domkirche an seinen Neffen, den damals zehnjährigen (geboren 13. Oktober 1613) polnischen Prinzen Karl Ferdinand, Sohn Sigismunds III . von Polen und des Bischofs Schwester Konstanze, und seine gleichzeitige Ernennung als Koadjutor und leitete damit Karl Ferdinands Nachfolge auf dem Breslauer Bischofsthron in die Wege.233 So setzte er die mit ihm in Breslau begonnene Praxis fort, das Bistum einem Angehörigen, in ­diesem Falle einem Verwandten, des Herrscherhauses zu übertragen, ohne Rücksicht auf Eignung, theologische Vorbereitung und priesterliche Weihen und unter Hintansetzung der Wahlrechte des Kapitels. Eigentlich bestand jetzt weniger Ursache, so zu verfahren, als zur Zeit von Erzherzog Karls eigener Wahl sechzehn Jahre vorher; die Katholiken hatten triumphiert, der Schutz des polnischen Königs schien nicht mehr unentbehrlich. Aber auch in der Frage des Nachfolgers handelte Erzherzog Karl nicht ganz aus eigener Initiative, sondern auf ­Ferdinands Anweisung, für den eine ­solche Geste gegenüber dem polnischen König wohl im Interesse des Hauses Habsburg lag. Der Nuntius in Warschau wusste, dass Ferdinand den Erzherzog um diese Ernennung gebeten hatte, so informierte der ­Kaiser auf jeden Fall den König von Polen. Man ­behauptete, Kurze Geschichte; S eidel : Festschrift 1624 – 1924, S. 69. Zu ­diesem Effekt des Jesuitengymnasiums anderswo s. H erzig : Zwang zum wahren Glauben, S. 114. 233 15. 05. 1624 in Breslau (Karl nicht anwesend), 23. 05. 1624 in Neisse; K astner : Actenmässige Beiträge 1599 – 1649, S. 35 – 37; H eyne : Geschichte des Bisthums und Hochstiftes Breslau 3, S. 813 – 823; E ngelbert : Das Bistum Breslau im Dreißigjährigen Kriege 3, S. 206 f.

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die Ernennung würde ein Bollwerk gegen die Protestanten – „di grande ostacolo all’heresia“ – sein, das ­gleiche Argument, mit dem man Karls Aufstieg zum Breslauer Bischof begründet hatte.234 Die Verhandlungen zogen sich noch bis zum Herbst 1625 hin, bis Monate nach Karls Tode.235 Das Kapitel bestand auf seiner Wahlfreiheit und hatte offensichtlich ernste Bedenken. Die anderen an der Besetzung des Breslauer Bischofsthrons Interessierten – der polnische König, der ­Kaiser, der Papst – drängten immer heftiger auf die Wahl des Königssohnes. Der Nuntius Carolo Caraffa in Wien mischte sich ein, wofür es bei der Wahl des Breslauer Bischofs keinen vergleichbaren Fall gab, das Kapitel kapitulierte endlich und durch Akklamation postulierte es am 3. Mai 1625 Karl Ferdinand als Bischof. Die Domherren bestanden auf einer Reihe von Bedingungen, ehe sie ihre Zustimmung gaben, darunter die Wahrung des Wahlrechts, die notwendigen päpstlichen Dispensationen, die Zustimmung des Kaisers, die Bestätigung der Exemtion von Gnesen, die Versicherung, keine Kanonikate an Polen zu verleihen, und wegen der Verluste, die das Kapitel erlitten hatte, nicht zuletzt die Einkünfte auf ein Jahr aus den Gütern des Bischofs. Während Karl Ferdinands dreißigjähriger Herrschaft blieben das Bistum Breslau und das Fürstentum Neisse ohne ein aktives – oder auch nur anwesendes – Haupt. Er erwarb zusätzlich das Bistum Płock in Polen und ließ sich nur viermal (1636, 1642, 1650, 1652) auf je ein paar Tage in der Breslauer Diözese sehen.236 Obwohl talentierte Männer in den folgenden Jahren dem Bistum (Weihbischof Johann Balthasar Liesch von Hornau) und dem Fürstentum (der Olmützer Domdechant Johann Friedrich Freiherr von Breiner, Petrus Gebauer) vorstanden, fehlte dem Breslauer Bistum in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges eine überragende, mit den Zentren der Macht verknüpfte Persönlichkeit.237 Karl Ferdinands Wahl war ein Unglück für die katholische ­Kirche in Schlesien, wofür Erzherzog Karl, der den ersten Schritt tat, einen Teil der Verantwortung trägt.

5. Leben wie ein Fürst: Feste, Musik, Bücher, die den Bischof interessierten Unbekümmert um die Kosten und die Einkommensquellen glaubte Erzherzog Karl, er schulde in seiner Position als Fürstbischof und Landesherr sich selbst und der Welt einen fürstlichen Lebensstil. Einem solchen diente der Kauf des städtischen 2 34 F itych : Acta Nuntiaturae Polonae XXII, 1, Nr. 199, S. 256 f. 235 Zur Wahl s. H eyne : Geschichte des Bisthums und Hochstiftes Breslau 3, S. 818, 820, und besonders J edin : Die Krone Böhmen und die Breslauer Bischofswahlen 1468 – 1732 (Nachdruck 1966), S. 434 – 438 (mit Anführung der vatikanischen Quellen). 236 Zur Wahl und Herrschaft Karl Ferdinands s. H eyne : Geschichte des Bisthums und Hochstiftes 3, S. 817 – 823. 237 J ungnitz : Breslauer Weihbischöfe, S. 125 – 151; ders .: Breslauer Germaniker, S. 123 – 125 (Breiner).

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­ tutenvorwerks vor dem Breslauer Tore, ­später Karlau genannt, am 28. Mai 1617 S für 10.150 Taler.238 Neben der Urkunde bestand ein Kaufkontrakt, den Kastner im Kopialbuch des Rathauses einsehen konnte und der Karls Motiv für den Kauf so beschreibt: Der Fürst täte das aus seiner angeborenen Liebe zu fürstlichen Exerzitien, zu aus- und inländischen kostbaren und nützlichen Dingen wie auch zu all dem, was hohen Potentaten geziemt und was diese zu Zier und Wohlstand ihrer fürstlichen Hofhaltung und aus eigener und gemeiner Notwendigkeit sich zu befleißigen pflegen.239 Die Behauptung hier, was sich für einen Fürsten gehörte, entspräche auch ganz den Neigungen des Erzherzogs, traf sicherlich das Richtige. In seinen wenigen Regierungsjahren betätigte er sich dann als Bauherr, Sammler, Mäzen von Malern, Bildhauern, Goldschmieden, Inszenierer von Festlichkeiten, Münzherr und Förderer der Wissenschaften und der Musik.240 Sogar die Geschichtsschreibung erregte sein Interesse. Während seine Aktivitäten in mehreren dieser Bereiche an der Oberfläche blieben und kaum mehr als Dilettantismus zeigten, hinterließ er als Bauherr und ­Patron der Musik ein dauerndes Erbe. Im August 1612, dem vierten Jahr seiner Herrschaft und seine österreichischen Aufseher jetzt ganz aus dem Wege, veranstaltete der Erzherzog ein aufwendiges Ereignis, bei dem er fürstliches Auftreten und fürstliche Lebensart seinen Untertanen und den Kollegen seines Ranges vor Augen führen konnte. Es war ein Wettschießen, wie es auch die Breslauer und wohl andere Städte jetzt in den Jahren der Türkengefahr inszenierten. Ein besondere Aufmerksamkeit erregendes Schießen aus neuen Falkonetten, d. h. leichten Geschützen, fand 1609 in Breslau statt und wurde von Georg Reutter noch im gleichen Jahr in einer Veröffentlichung beschrieben.241 Ein Schützenfest war auch im bischöflichen Fürstentum nichts Neues. Die Neisser Schützenbruderschaft, vielleicht bald nach den Hussitenkriegen und im Lichte der dabei gemachten Erfahrungen gegründet, d. h., sie sollte der Wehrhaftigkeit der Bürgerschaft dienen, organisierte schon 1504 ein Festschießen und erhielt 1570 dafür ein Privileg von Bischof Kaspar von Logau. Bischof Martin von Gerstmann präsidierte 1575 über ein Freischießen. Schützenfeste werden auch von dessen Nachfolger Andreas von Jerin berichtet. Breslauer Bischöfe hatten also in den vorhergehenden Jahrzehnten ­solche Wettbewerbe zugelassen, die sich gewöhnlich zu einem heiteren Volksfest ausweiteten. Sie dienten ja der Waffenübung für die Verteidigung der Stadt und gleichzeitig der Volksbelustigung. Man kann sie auch als konziliante 2 38 G raber : Inventare Stadt Neisse, Nr. 544; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 341 – 345. 239 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 342 Anm. 9. 240 Julius von S chlosser : Die Kunst- und Wunderkammern der Spätrenaissance. Ein Beitrag zur Geschichte des Sammelwesens (= Monographien des Kunstgewerbes 11), Leipzig 1908. 241 Georg R eutter : Bericht von einem angestellten Schüssen, Breslau 1609, ein Exemplar in der Universitätsbibliothek Breslau, Schlesisch-Lausitzer Kabinett Yh 518.

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Gesten seitens der katholischen Obrigkeit in einer Zeit verstehen, als sich gerade die unteren Schichten in der Stadt der ­Kirche und dem katholischen Fürsten zusehends entfremdeten. Was das von Erzherzog Karl im August 1612 anberaumte von diesen früheren Unternehmen unterschied, war nur der Umfang oder das Ausmaß – besser Unmaß – der Festlichkeiten unter der Schirmherrschaft des Landesfürsten und der Stadtregierung.242 Das Ereignis zog sich über volle zehn Tage hin, von Samstag den 18. bis Dienstag den 28. August. Mehrere hundert Besucher fanden sich ein, 211 nahmen am Schießen teil, darunter die vier anwesenden Fürsten und 32 Adlige, mehrere von diesen bischöfliche Beamte, aber nur sechs Gutsbesitzer von den fast 130 Landsassen des Fürstentums ließen sich sehen. Einladungen gingen an 59 Städte aus, neben den schlesischen bis nach Klagenfurt, Graz, Wien, Linz, Passau, München. Außer Wien, Passau und Olmütz schickten allein schlesische Städte ihre Schützen, einschließlich Ottmachau, Weidenau und Wildschütz (das Letztere nicht einmal eine Stadt), bemerkenswerterweise aber nicht Grottkau. In Stadt und Hauptmannschaft Grottkau herrschten die Evangelischen vor und die adligen Landsassen wollten vielleicht mit ihrer Nichtbeteiligung dem Landesherrn ein Signal ihres Missfallens senden. Keiner der vier geladenen österreichischen Herzöge oder Maximilian von Bayern erschien, auch nicht Herzog Adam Wenzel von Teschen, aber die schlesischen Fürsten von Brieg und Liegnitz, Johann Christian und Georg Rudolf, kamen mit 149 Personen und 100 Pferden, Johann Georg Markgraf von Brandenburg, der Herzog von Jägerndorf, mit 93 Personen und 92 Pferden, Herzog Karl von MünsterbergOels, der Oberlandeshauptmann, mit 91 Personen und 76 Pferden. Den schlesischen Fürsten ritt der Erzherzog bei ihrer Ankunft mit seinem ganzen Hofstaat entgegen, empfing sie freundlich, beherbergte sie im Schloss in „fürstlich zugerichteten schönen Zimmern“ und traktierte sie „fürstlich, stattlich und freigebig“ während der ganzen Veranstaltung.243 Nach Reutter übernahm der Erzherzog den vollen Unterhalt der Fürsten und ihres Gefolges – von 333 Personen und 288 Pferden.244 Das Schießen fand Nachahmung in Frankenstein und Breslau im Jahre 1614. Georg Reutters nur ein paar Wochen nach dem Neisser Ereignis gedruckter Bericht in Versen enthält viel über die Festessen, die der Erzherzog für die vornehmsten Besucher gab, aber 242 August K astner : Geschichte der Neisser Schützengilde, Neisse 1850, S. 1 – 23 (Rationale und Geschichte bis 1612), über das Freischießen 1612 vor allem S. 24 – 53, Zweck und Ziel (S. 25), 211 Personen nahmen am eigentlichen Schiessen teil (S. 37). Kastner gibt lange Exzerpte aus dem Bericht in 7312 Versen des Georg Reutter aus Breslau, der schon im September 1612 veröffentlicht wurde; Georg R eutter : Ausführlicher … Bericht des fürstlichen rechten Freischüssens …, Breslau 1612, s. K astner : Schützengilde, S. 24 – 53, 203 – 229. Über das Neisser Schiessen berichtet kurz P ol : Jahrbücher der Stadt Breslau 5, S. 110 – 112; s. a. G. S chönaich : Zur Geschichte des schlesischen Schützenwesens, in: ZVGS 40 (1906), S. 185 – 216. 243 K astner : Schützengilde, S. 31 f. 244 K astner : Schützengilde, S. 30 f., 212.

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auch einmal für die dreißig von Erfolg gekrönten Schützen. Am zweiten Sonntag des Schützenfests, bei einem Mahl für die am nächsten Tage sich verabschiedenden Fürsten von Liegnitz und Brieg und den Markgrafen, gab der Erzherzog seinem Kollegen Johann Georg von Brandenburg einen Perlenkranz in der Absicht, „dergleichen Freyschiessen vnndt vertrewliche Zusammenkunfften zu continuiren vndt ferner fortzustellen“. Alle möglichen Unterhaltungen – „allerley Kurczweil vnndt Spectackel“ – ergänzten den Wettbewerb mit Büchse und Armbrust, so Fechten, Kegeln, nach dem Hahn mit hohlen Prügeln werfen, eine vierzig Ellen hohe, mit Seife schlüpfrig gemachte Stange erklettern, auch ein Feuerwerk, bei dem ein Drachen Feuer spie. Auf einer Bühne inszenierte der Pritschenmeister 245 von Passau allerhand Possen, „mit groben ungehobelten Pawern und Lehrknechten, desgleichen zwei Juden vndt anderm muttwilligem Gesündlen“.246 Einfache und doppelte Dukaten, eigens für diese Gelegenheit geprägt, wurden als Preise ausgegeben und trugen die Inschrift „A. 1612 Kleinot Freischiessens Neisse 19. August 1612“. Als ein ominöses ­Zeichen betrachtete man, dass während des Abendessens am Sonntag, den 19. August, eine Gewehrkugel im Speisesaal des Schlosses einschlug, an der Decke abprallte, den Kronleuchter streifte, aber glücklicherweise niemanden verletzte. Verantwortlich für das erratische Geschoss war ein Züchnergeselle, der außerhalb der Stadtmauer nicht weit vom Schloss mit seiner Büchse hantierte. Essen und Trinken bildeten einen wichtigen Teil der Festlichkeiten, der Koch kam aus Frankreich, der Unterkoch aus Steyergersten 247 in Österreich. Dreißig Neisser Bürger bewirtete der Erzherzog am 30. August, der Neisser Rat seinerseits spendierte ein Essen für 116 Personen, bei dem 36 Bürger die Geladenen bedienten.248 Eine ähnliche Extravaganz wird aus den folgenden Jahren der bischöflichen Herrschaft nicht überliefert, aber es besteht kein Zweifel, dass der Fürstbischof gern den freigebigen Gastgeber spielte und in seinem Neisser Schloss seine Verwandten, Freunde und andere Besucher regelmäßig mit Wein und Musik unterhielt.

245 Pritsche = Plattform, Gerüst; Pritschenmeister = Spaßmacher, Stegreifredner auf ­Schützenfesten; G rimm : DWB. 246 K astner : Schützengilde, S. 47 – 51. 247 Wohl Garsten, Bezirk Steyr-Land, Ober-Österreich, dort eine Benediktinerabtei. 248 K astner : Schützengilde, S. 215, 217 – 219.

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Abb. 8: Bronzetafel von Caspar Gras (1585 – 1674) über dem Tor der Burg Rodenegg, Gemeinde Rodeneck, bei Brixen. Die Bronzeplatte besteht aus zwei Tafeln, die obere mit der Porträtbüste des Bischofs. Zur Erinnerung an den Besuch Karls 1620 bei Fortunat von Wolkenstein. Erich Egg: Caspar Gras und der Tiroler Bronzeguß des 17. Jahrhunderts, in: Veröffentlichungen des Museums Ferdinandeum 40, 1960, S. 5 – 57, hier S. 38 f., Abb. 13. Der Besuch fand am 6. August 1620 statt. Die Tafel wurde um die Mitte des 19. Jahrhunderts entfernt, dann von Erzherzog Eugen, Hoch- und Deutschmeister des Deutschen Ordens (1894 – 1923), im Schloss Freudenthal entdeckt und dem Schlossherrn von Rodenegg übergeben, der sie 1911 an der ursprünglichen Stelle anbringen ließ. Kurt E ngelbert : Das Bistum Breslau im Dreißigjährigen Kriege 2, in: Archiv für schlesische Kirchengeschichte 24 (1966), S. 127 – 181, hier S. 175.

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Bei den Festessen im Verlaufe des Neisser Freischießens erbauten die Gäste Gesang und Lauten- und Geigenmusik.249 Musik war eine echte Passion des Erzherzogs, gefördert von einer natürlichen Anlage und sicherlich seiner Erziehung. Die Pflege und Förderung der Musik, d. h. vor allem der Kirchenmusik, dürfen wir als ein spezielles und rühmliches Merkmal seiner Herrschaft betrachten, unter dem Erzherzog als Fürst erfreute sich Neisse in der Tat einer „Blütezeit des Musiklebens“.250 Der Erzherzog stammte aus einer musikalischen Familie, die ­Kaiser Ferdinand III ., ­Leopold I. und Josef I. betätigten sich alle als Komponisten. Karl selbst komponierte anscheinend nicht, wie etwa der ihm wohlbekannte Liegnitzer Piast, Herzog Georg Rudolf. Karls Vater, Erzherzog Karl von Steiermark, engagierte angesehene Musiker als Lehrer seiner Kinder, in Graz hatte er eine Hofkapelle, die mit Ferdinand II . nach dessen Kaiserkrönung zum Teil nach Wien übersiedelte. Mit den reicheren ihm zur Verfügung stehenden Mitteln übertraf Ferdinand seinen Bruder in der Zahl der an seinem Hof engagierten Musiker, einmal waren es an die siebzig.251 Karl richtete in Neisse bald eine Hofkapelle ein, der erste Kapellmeister, dessen Namen wir kennen, war sein Hofkaplan Heinrich Wiedemann. Der Komponist Giovanni Valentini, Kammerorganist Ferdinands von Steiermark, der 1617 mit seinem Herrn Neisse besuchte, widmete Karl zwei Kompositionen. Viele Jahre diente Urban Vielhauer als Karls Kammerorganist, er wurde auch Stadtrat und hielt nach Karls Tode auf ein paar Jahre das Amt des Bürgermeisters. 1618 kam Georg Poss als Kapellmeister an den Neisser Hof, ein Musiker, der sein Leben lang den Habsburgern gedient hatte, zuletzt am Grazer Hof als Trompeter und Cornettist, er war ebenfalls Autor mehrerer Kompositionen. Mit ihm kam Georg Pichelmair vom Grazer Hof, ­später Tenor ­Kaiser Ferdinands III . in Wien. Dem Poss und Pichelmair verhalf Erzherzog Karl 1621 in den Adelsstand. An die Stelle des Georg Poss trat 1622 auf anscheinend nicht mehr als ein Jahr ­Antonio Cifra aus Rom, Verfasser vieler Werke der Sakralmusik. Diesem folgte Steffano ­Bernardi aus Verona, der dem Erzherzog 1621 ein sechsstimmiges Madrigal widmete und geistliche und weltliche Stücke komponierte. Federhofers Vermutung, dass Bernardi und Pichelmair dem Erzherzog nach Spanien folgten, erweist sich als nicht zutreffend, aber zwei Bläser – die trombotti Georg Stainbock und Klemens Loeb – gehörten zur Entourage des Erzherzogs, als er im September 1624 auf seiner Reise nach Spanien in Mailand Station machte.252 Wie in Neisse förderte der Erzherzog auch das Musikleben in Brixen und bewegte sich damit in den Fußstapfen seines Vorgängers Andreas von Spaur, eines eifrigen Patrons der Kirchenmusik. Karls Wahlkapitulationen in Brixen enthielten die Verpflichtung, „drei oder 249 K astner : Schützengilde, S. 226 f. 250 T hamm : Musik am Hofe des Bischofs Erzherzog Carl in Neisse; ders .: Musikalische Chronik der Stadt Neisse, S. 52 – 62; F ederhofer : Antonio Cifra. 251 B ireley : Ferdinand II., S. 181 f. 252 Innsbruck TLA, Hofrat, Selekt Ferdinandea, Pos. 255, 20. 09. 1624.

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vier ­Instrumental- oder Vokalmusiker für die Domkirche [zu] erhalten, wie auch dem Organisten nach alter Observanz den Tisch bey Hof oder dafür das gebührende Geld zu geben“.253 Dem Orgelbauer Andreas Putz aus Rosshalden im Schwarzwald, der die Orgel im Brixener Dom repariert hatte, verlieh der Erzherzog einen Wappenbrief. Er berief während seines ersten Aufenthalts Johann Baptista Castellini dorthin, dieser reiste 1618 nach Neisse. Der Hoftrompeter Leonhard Pelikan mag 1620 mit dem Erzherzog nach Brixen gekommen sein. Während seines zweiten Aufenthalts in den Jahren 1620/21 gab die Regierung einmal fünf Floren zum Kauf von Hüten für die Sängerknaben aus. Christoph Sätzl, Kapellmeister an der Hof- und Kathedralkirche in Brixen von ungefähr 1615 bis 1632, widmete seine innovative Motettensammlung „Ecclesiastici concentus“ von 1621, bestehend aus dreiundzwanzig individuellen Kompositionen, dem Bischof.254 In Karls Tagen ließ der Abt Johannes Nucius des Zisterzienserklosters Himmelwitz seine Kompositionslehre „Musices poeticae“ in Neisse bei Crispin Scharffenberg drucken.255 Der schon genannte Urban Vielhauer, der einmal in ­Kaiser Rudolfs Diensten gestanden hatte, organisierte für den Erzherzog den Kauf eines Klavizimbel, „clavicymbalum universale, seu perfectum mit 77 Tasten für 4 Oktaven“, eines Klaviers, „das alle chromatischen Töne in seiner Stimmung aufwies“. Karl erwarb das ein halbes Jahrhundert vorher in Wien erbaute Instrument für 100 Dukaten von dem Hoforganisten und -komponisten ­Kaiser Rudolfs in Prag. Ein gebürtiger Neisser und Germaniker, Johannes Lohr, der dem Fürstentum und dem Bistum in den verschiedensten Rollen diente – Hofkaplan, Rat, Bibliothekar, Prediger, Aufseher der Edelknaben, alles Positionen unter dem Landesherren, dann auch Pfarrer von Neisse, Kommissar, Propst des Neisser Kollegiatstiftes, schließlich Dekan des Domkapitels, Offizial und Generalvikar – stand auch dem Musikchor vor, wie die Inschrift auf dem ihm noch zu Lebzeiten gesetzten Denkmal anzeigt.256 In mehreren Einträgen des Reisetagebuchs bezieht sich der Erzherzog auf musikalische Darbietungen, die seine Gastgeber für ihn veranstalteten und die er manchmal ganz fachmännisch beurteilte.257 Das innerhalb weniger Wochen nach Karls Tode zusammengestellte Hinterlassenschaftsinventar enthält sechzig Artikel, die Musikinstrumente und Notenbücher anführen, dabei zwei Truhen mit Motetten, Messen, Madrigalen und Psalmen.258 In seiner Kammer, also seinem Schlafgemach, hatte der Erzherzog 2 53 S innacher : Beyträge Säben und Brixen 8, S. 121 f. 254 B resciani : Erzherzog Karl, S. 102 f., über Musiker am Brixener Hofe, S. 190. Kammergutsrechnung 1618 und 1621, Ausgaben auf Erzherzog Karls Befehl. H errmann -S chneider : Italien in Tirol?, über Sätzls „Ecclesiastici concentus“ besonders S. 55 – 57, 63 – 69. 255 41 km südöstlich von Oppeln. 256 J ungnitz : Breslauer Germaniker, S. 118 – 122. 257 Reisetagebuch 03.10, 07.10. 06.11; „… in der kierchen hat mich der Clerus gar stattlich mit einer Music empfangen, da guotte cantanti, dan ein ser guotter Bass, Tenor, Contralto ­vorhanden“, 19. 09. 1624, beim Besuch des Mailänder Doms. 258 B odenstein : Urkunden und Regesten, Teil 2, Quellen (1916), S. LXXVI – LXXVII.

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„ein kleines posidif, grien angestrichen, mit stielen register“, d. h. eine Standorgel ohne Pedal; ein solches Instrument ließ er auch für die Kreuzkirche anfertigen, das der Markgraf Johann Georg bei seinem Abzug aus Neisse im Juli 1621 mitnahm.259 Wir dürfen annehmen, der Erzherzog beherrschte das Instrument. In Karls Liebe zur Musik sehen wir einen besonders ansprechenden Zug seiner Persönlichkeit, in der Bereicherung des Musiklebens in Neisse einen anerkennenswerten Beitrag zur Kultur einer Landschaft in einem grimmigen Zeitalter.260 Als Siebzehnjähriger las Erzherzog Karl, wie erwähnt, eine von Ciceros Schriften. Was er sonst noch an zeitgenössischen Werken, klassischen Autoren oder Schriften der christlichen Überlieferung, abgesehen von der Bibel, auf der Schulbank oder in seinen Mußestunden kennenlernte, kann man im Einzelnen nicht bestimmen. Die österreichischen Betreuer des Herzogs bezeugen unabhängig voneinander, dass der einmal zum Bischof erkorene Habsburger vom Studieren oder von den Musen, wie es ­Stobaeus formulierte, nichts wissen wollte. Lamberg erinnert daran, dass der neue Bischof gerade zum Deutschlesen und -schreiben nicht motiviert werden konnte.261 Sein schriftliches Deutsch blieb dann auch sein Leben lang holprig und fehlerhaft. Der Aufstieg zum Bischof und Landesherrn machte seiner schulischen Ausbildung ein Ende. Karls Studium an der Grazer Universität bestand bestenfalls aus ein paar Vorlesungen. Eine humanistische Bildung und Verkehr mit hervorragenden Gelehrten und Künstlern, die den Horizont so manches Habsburgers in Wien in den vorhergehenden Jahrzehnten erweitert hatten, blieben ihm versagt; dafür war der Unterricht von zwei oder drei Jesuiten in Graz oder anderswo im steirischen Hinterland kein Ersatz. Er unternahm niemals eine Bildungsreise, wie sie doch bei den Fürsten- und Adelsfamilien seiner Zeit längst gang und gäbe waren, nicht einmal eine italienische Reise, soviel wir wissen, wie sein Bruder Maximilian Ernst und sein Vetter Maximilian in jugendlichen Jahren. Sein Altersgenosse Herzog Georg Rudolf von Liegnitz machte eine Bildungstour als Neunzehnjähriger im Jahre 1614 und kehrte mit vielen Büchern zurück, die das Fundament der Bibliotheca Rudolfiana in Liegnitz bildeten. Georg Rudolf ernannte Martin Opitz als seinen Hofrat.262 Einen Dichter am Hofe des Erzherzogs kennen wir nicht. 259 B odenstein : Urkunden und Regesten, Teil 2, Quellen (1916), Artikel 20.516, S. LXXVI, Nr. 3, Nr. 1 und 4 beziehen sich auf weitere ­solche Instrumente in der Kreuzkirche bzw. dem Neuen Haus, die also ebenfalls zu seinem persönlichen Nachlass gerechnet wurden. Die Entfernung des Instruments aus der Kreuzkirche erwähnt K hevenhüller : Annales Ferdinandei 9, S. 1329. 260 Am 5. Oktober 1619 berichtete man aus Krakau, dass alle Musiker des Erzherzogs Karl aus Neisse wegen des drohenden Aufstandes gegen die Katholiken dorthin geflüchtet waren; ­M eysztowicz und W yhowska de A ndreis : Lettere ad avvisi di Polonia 1613 – 1626, Nr. 523, S.  95 (05. 10. 1619). 261 Lamberg an Jakob Eberlein, 30. 05. 1609, Wien HHS tA, Familienkorrespondenz A 8 11 4, fol. 96v. 262 Ludwig P etry : Georg Rudolf, Herzog von Liegnitz, in: NDB 6 (1964), S. 218 f.

Leben wie ein Fürst: Feste, Musik, Bücher, die den Bischof interessierten

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Für Poesie oder Literatur, die doch am Bischofshof ein oder zwei Jahrzehnte vor ihm gepflegt wurden, hatte er keinen Sinn. Seine geistigen Interessen schienen eher auf das Rechtswesen, Geschichte und Naturwissenschaft ausgerichtet. Ihn interessierte vor allem das Praktische oder gar Handwerkliche, sicherlich hatte er als Jugendlicher wie andere Habsburger seiner Zeit eine Ausbildung in einem Handwerk erhalten. Im Prozess gegen den Hofrichter Buchta von Buchtitz 1609 berief sich der bischöfliche Anwalt auf Texte und Prinzipien aus dem römischen Recht. Das Vorgehen gegen den ehemaligen Beamten wurde zweifellos von den Räten auch in Anwesenheit des Bischofs diskutiert. Das war kein Ersatz für ein Rechtsstudium, wie es sein Kanzler Willenberger oder mehrere der Breslauer Kanoniker hinter sich hatten, aber es gab Karl Einblick in die Fundamente des Rechtslebens seiner Zeit. Auf dem Wege von Polen nach Brixen 1620 verbrachte der Erzherzog eine kurze Zeit in Innsbruck am Hofe seines Bruders Erzherzog Leopold, damals Statthalter von Tirol und Vorderösterreich, einer von mehreren Aufenthalten in der Hauptstadt Tirols. Karl lernte dort den Jesuiten Christoph Scheiner kennen, den Optiker und Astronomen, bekannt besonders als Mitentdecker der Sonnenflecken (und gegen Galilei – vielleicht sogar gegen seine eigenen Überzeugungen – als Verteidiger des geozentrischen Weltbildes) und Verfasser einer Reihe wissenschaftlicher Werke, von denen viele bereits vor ­diesem Treffen veröffentlicht worden waren. Den Erzherzog beeindruckten Scheiners Persönlichkeit und Werk. Er folgte hier, wie ­später bei der Gründung des Jesuitenkollegs in Neisse, seinem Bruder Leopold, der einen langjährigen Briefwechsel mit Scheiner führte.263 Karl korrespondierte ebenfalls mit Scheiner, machte ihn zu seinem Lehrer in Mathematik und Theologie und brachte ihn nach Neisse, wo er mit einigen Unterbrechungen bis zum Ende seines Lebens verblieb. Karl interessierte sich für seine wissenschaftlichen Arbeiten, von Scheiner benützte (wohl von ­diesem selbst gebaute) Instrumente fanden sich im Neisser Nachlass.264 Man liest dann mit Überraschung, dass während seines Aufenthalts in Florenz auf der Reise nach Spanien der Gegenspieler Scheiners in einem wissenschaftliche Streit, der „Mathematiker“ Galileo Galilei, den Erzherzog besuchte, ihm von seinen wissenschaftlichen Arbeiten erzählte und ihm ein Fernrohr – perspektiv glas – schenkte, mit dem der Erzherzog von der Florenzer Burg aus ganz klar die Leute in Pratolino nördlich der Stadt sehen konnte.265 Er nahm es mit nach Spanien, es wird im Madrider Nachlassverzeichnis vom 2. Januar 1625 genannt.266

263 D axecker : Briefe des Naturwissenschaftlers Christoph Scheiner SJ an Erzherzog Leopold V. 264 „In einem futrall allerlei matematische instrumenta, so pater Scheiner hergeben“; B odenstein : Urkunden und Regesten, Teil 2, Quellen (1916), S. LXIV, Artikel 20.505, Nr. 745. 265 Villa di Pratolino, 12 km nördlich von Florenz, Reisejournal 08. 10. 1624. Anton von B ­ raunmühl : Christoph Scheiner als Mathematiker, Physiker und Astronom (= Bayerische Bibliothek 24), Bamberg 1891; Franz D axecker : Der Physiker und Astronom Christoph Scheiner, Innsbruck 2006. 266 Wien HHSTA, Familienurkunden 1601: vna prospettiua del Galileo, che portaua in saccoccia.

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Unter den vielen Objekten, an denen der Erzherzog zur Zeit seines Todes im Neisser Schloss oder im Neuen Haus festhielt, wird, nach dem Neisser Nachlassverzeichnis zu urteilen, nicht ein einziges Buch genannt, nicht einmal ein Gebetbuch oder Brevier, wie sie in großer Zahl im Nachlass seines Vaters begegnen, obwohl wir einmal hören, dass Bücher für den Erzherzog und die Jesuiten gebunden wurden.267 ­Kaiser Ferdinand war ein emsiger Leser – sechsmal arbeitete er sich durch ein siebenbändiges Kompendium von Heiligenleben –, und der einem kontemplativen Leben nicht ganz abgeneigte Bruder fühlte in dieser Beziehung sicherlich nicht völlig anders.268 Unter den Werkstätten am Neisser Hofe unterhielt er eine Buchbinderei und eine Buchdruckerei. Das eine oder andere in seiner Zeit im Sinne der Gegenreformation in Neisse gedruckte Werk mag von ihm angeregt oder unterstützt worden sein. Ob er sie auch las, ist eine andere Frage. Noch 1627 war eine Rechnung von 463 Floren 269 und 50 Kreuzern beim Breslauer Buchhändler Johannes Perfert nicht bezahlt worden.270 Die schöne alte Pergamentbibel, die er von seinem ersten Aufenthalt in Brixen 1614/15 nach Neisse mitgenommen hatte, schickten die Nachlassverwalter zusammen mit anderen Büchern und anderem Eigentum der Brixener Diözese dorthin zurück.271 Man möchte doch glauben, dass dieser unermüdliche Sammler sich auch eine stattliche Bücherei anlegte. Sein Vetter Maximilian der Deutschmeister hinterließ in seiner Innsbrucker Privatbibliothek an die 1600 Titel. Es ist wahrscheinlich, dass nach Karls Tode seine gesamte private Buchsammlung der Bibliothek des Neisser Jesuitenkollegiums einverleibt wurde; die „auf pergament geschriebene uralte bibel“ aus Brixen befand sich 1626 in den Händen der Neisser Jesuiten.272 Den Erzherzog beeindruckten die schönen Handschriften in der Laurentianischen Bibliothek in Florenz bei seinem Besuch im Oktober 1624. Vielleicht versuchte er sich einmal an einer der wissenschaftlichen Abhandlungen, die Scheiner oder Galileo verfassten, was ein Interesse nicht nur an ihren Instrumenten, sondern auch den Ideen dieser fortgeschrittenen Geister seiner Zeit demonstrieren würde. Aus dem wenigen Schriftlichen, das er hinterlassen hat, gewinnt der Leser keinen Eindruck von der Lektüre, die ihn in seinen Mußestunden beschäftigt haben mag. In seinem Tagebuch oder seinen Briefen entdeckt man auch nicht ein einziges Mal eine Spur von etwas Gelesenem, nicht einmal ein Echo von einer Idee oder Wendung aus der Heiligen Schrift.

2 67 B odenstein : Urkunden und Regesten, Teil 2, Quellen (1916), S. XCIII. 268 Zu Ferdinands Lesegewohnheiten H urter : Ferdinand II. 10, S. 635 f. 269 Der Floren entsprach dem Gulden, wohl dem Rheinischen Gulden von 30 weißen schlesischen Groschen, nicht dem Ungarischen Gulden oder Dukaten von 54; der schlesische Taler = 36; K ries : Historische Entwicklung der Steuerverfassung in Schlesien, S. xvi. 270 B odenstein : Urkunden und Regesten, Teil 2, Quellen (1916), S. LXXXI. 271 B odenstein : Urkunden und Regesten, Teil 2, Quellen (1916), S. XXXIX, Artikel 20.461. 272 N oflatscher : Maximilian der Deutschmeister, S. 298; B odenstein : Urkunden und Regesten, Teil 2, Quellen (1916), S. LXVIII.

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Das Madrider Verzeichnis des Nachlasses, innerhalb von sechs Tagen nach dem Tode des Erzherzogs zusammengestellt, führt vierzig Bücher an, die Karl nach Spanien mitbrachte. Bei der Mehrzahl handelt es sich um Gebetbücher und andere religiöse Texte, wie Breviere, ein Missale Romanum, Lesungen für verschiedene Jahreszeiten. Daneben nennt es auch einige wenige, offensichtlich lateinische Texte aus der theologischen Literatur: die Regeln des Ignatius von Loyola, ein großformatiges Werk auf Pergament mit einer Schrift des Rabanus Maurus, vielleicht „In honorem sanctae crucis“, ein Buch des Kardinals Robert Bellarmine (1542 – 1621), des Jesuitentheologen der Gegenreformation, ein dicker Band über das biblische Buch Genesis. Sonderbar berührt, dass sich unter wenig mehr als drei Dutzend Büchern ein Werk mit dem Titel „Un libro di controuersie contra Judeos“ befand.273 Ob es sich dabei um eine lateinische Version der berüchtigten acht Predigten des Johannes Chrysostomos, den „Tractatus adversus Judaeos“ Augustins oder eine der vielen anderen ähnlich betitelten Schriften handelte, müssen wir offenlassen. Man kann sich nicht gut vorstellen, dass sich der Erzherzog an den langen Abenden auf seinem Zimmer in die theologischen Spekulationen eines Rabanus Maurus oder Robert Bellarmine vertiefte; so mag er das eine oder andere dieser Bücher wegen eines kostbaren Einbandes, goldener Schrift oder ehrwürdigen Alters mitgenommen haben, er umgab sich ja gern mit schönen Dingen, wie der Rest seines Nachlasses in Madrid und Neisse bezeugt. Im Einklang mit seinem Interesse an naturwissenschaftlichen ­Themen hatte er in Madrid ein Buch über Kometen und ein handgeschriebenes Werk über Mathematik und Astrologie, gemeint wohl Astronomie, in seinem Besitz. Wir werden an seine jugendlichen Besuche der Werkstätten Neisser Handwerker erinnert, wenn in Madrid aus seinem Gepäck ein Büchlein über alle mechanischen Instrumente angeführt wird. Die Reise durch Italien und die Theaterstücke, die er dort fast jeden Abend sah, machen eine Beschreibung Italiens und ein Buch italienischer Komödien in seiner Reisebibliothek verständlich. Ein Kuriosum ist ein „türkisch“ geschriebenes Buch, die Nachlassverwalter vermuteten ein Exemplar des Korans. Fünf Bücher waren Geschichtswerke, darunter ein altes handgeschriebenes Buch über die Gründung des Deutschen Ordens, vielleicht aus dem Erbe Maximilians des Deutschmeisters, und ein handschriftliches Werk über die römischen Päpste. Seine leidenschaftliche Anhänglichkeit an das Haus Habsburg bezeugen zwei umfangreiche Bände über das Haus Österreich, speziell über die ­Kaiser Maximilian I. und Karl V., ein illustriertes Geschichtswerk mit dem Titel „Der Triumph des Kaisers Maximilian I.“ und dazu noch eine Biographie des nämlichen Kaisers. Dass Karl selbst ein Werk über die Habsburger in Auftrag gab, deutet auf ein Interesse an Geschichte oder wenigstens an der Vergangenheit seiner Familie hin, beides Tendenzen an den Habsburgerhöfen seiner Epoche, deren sich der Erzherzog offensichtlich bewusst wurde, sicherlich auf

273 Wien HHSTA , Familienurkunden 1601, S. 12 (meine Zählung, keine Seitenzahlen in der Handschrift).

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seinen Besuchen in Prag, Wien und Innsbruck.274 ­Kaiser Ferdinand II. hatte seine Hofhistoriographen.275 Karl zahlte – richtiger, versprach zu zahlen – einem Peter von John, manchmal auch Jahn, nachweisbar 1627 als Diener Ferdinands II., die hohe Summe von 3000 Gulden für ein „Österreichisches Ehrenwerk“, an dem der Autor vier Jahre ohne Unterbrechung gearbeitet und das er auch zu Ende gebracht hatte, „ein mächtige schwäre sauere und ganz mühesambe arbeit“.276 Das Werk und der Name eines Historiographen Peter von Jahn oder John scheinen in der österreichischen Geschichtsschreibung unbekannt zu sein, aber der Begriff „Österreichisches Ehrenwerk“ war nicht neu; 1555 schrieb Johann Jakob Fugger (oder ließ einen Klemens Jäger schreiben) einen „Spiegel der Ehren des Höchstlöblichen Kayser- und Königlichen Erzhauses Österreich …“, der nach Überarbeitungen durch andere erst 1668 in Nürnberg veröffentlicht wurde; in Fuggers Vorrede erscheint die Bezeichnung „Österreichisches Ehrenwerk“.277 Maximilian der Deutschmeister veranlasste die Anfertigung einer Kopie.278 Wie sein Vorgänger Ferdinand förderte dieser Landesfürst von Tirol die Abfassung historischer Werke über das Haus Österreich.279 ­Kaiser Ferdinand II. erkannte im Dezember 1627 das Werk des Peter von John als vollendet an, die geschuldete Kompensation wurde auf 2000 Reichstaler oder 2400 Gulden reduziert und sollte aus den Glatzer Konfiskationen ausgezahlt werden. Die Glatzer Kommission hatte aber nicht genügend Mittel, daher musste sich der Verfasser die Summe „auf Abschlag“ von einem Gut, das der Freiherr Kaspar von Neuhaus als Pfandschilling in der Hand hatte, zu besorgen suchen.280 Im Nachlass des Erzherzogs erscheint ­dieses Buch nicht, ein Exemplar konnte nirgendwo identifiziert werden, die näheren Umstände seiner Entstehung bleiben unbekannt. Dass es der „dynastischen Selbstverherrlichung“ (Lhotsky) des Hauses Habsburg dienen sollte, darf man annehmen. Es entsprach damit auch ganz einer der beiden Passionen, nächst seiner Treue zur katholischen K ­ irche, die Leben und Karriere des Breslauer Bischofs bestimmten. 274 E vans : Rudolf II and His World, S. 127; Alphons L hotsky : Österreichische Historiographie, Wien 1962, Kapitel „Die Historiographie der Spätrenaissance“, S. 84 – 92, besonders S. 89 – 91. 275 Sebastian Fortiguerro, Paulo Pocino, Philipp Caroli; H urter : Ferdinand II. 10 (1861), S. 637 f. 276 Ferdinand wollte (06. 12. 1627) ihn aus den Glatzer Konfiskationen bezahlen; B odenstein : Urkunden und Regesten, Teil 2, Quellen (1916), S. LXXXIIIf., Artikel 20.513, 20.514, 20.516. 277 Johann Jakob F ugger [1516 – 1575]: „Spiegel der Ehren des Höchstlöblichen Kayser- und Königlichen Erzhauses Osterreich …“, Nürnberg, Bey Michael und Friederich Endtern, 1668; „Österreichisches Ehrenwerk“ auf S. c = 100; s. a. Mauritius J utrosinski : De imperialis bibliotheca Vindobonensis codice manuscripto, qui inscriptus est: Ehrenspiegel des Erzhauses Oester­ reich a Johanne Jacob Fuggero 1555, Vratislaviae 1885, beide Werke in der Sammlung von Handschriften und alten Drucken der Österreichischen Nationalbibliothek. 278 L hotsky : Österreichische Historiographie, S. 87. 279 Franz G uilliman : Habspurgica sive de antiqua et vera origine Domus Austriae, Mailand 1605; L hotsky : Österreichischische Historiographie, S. 89. 280 Peter von John konnte die Fertigstellung des Werkes belegen, Arbogast Freiherr von Annaberg bestätigte sie; B odenstein : Urkunden und Regesten, Teil 2, Quellen (1916), Artikel 20.516, S. LXXXIV.

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6. Erzherzog Karl als Bauherr, Mäzen und Sammler Unter Erzherzog Karl begann in Neisse eine Epoche bedeutender Bauten, sie haben zum großen Teil bis in unsere Zeit überdauert.281 Der Erwerb von Landgütern und Bauplätzen, die Pläne für massive neue Gebäude, Stiftungen, die wenigstens zum Teil den Bau und Unterhalt des Geplanten ermöglichen sollten, und wenigstens in einem Falle der Baubeginn fallen in die zweite Hälfte seiner Regierungsjahre. Bei seinen Bauvorhaben ließ er den Regierungssitz auf der Breslauer Dominsel und die anderen Städte des Fürstentums ganz außer Acht. Abgesehen von Neisse war es anscheinend nur das erst Anfang 1623 in seine Hand gekommene Glatz, wo er an Bauen dachte. Karl begann den Bau einer neuen bischöflichen Residenz, gegenüber dem Bischofshof, an der Ecke der Bischofsgasse, sicherlich die Stelle, an der ­später der Breslauer Bischof Kurfürst Franz-Ludwig von Pfalz-Neuburg das noch heute stehende barocke bischöfliche Palais erbaute (vollendet anscheinend 1729). Das zu Karls Zeiten zunächst dort, „an einer öden, wüsten Stelle“, gelegene Haus war das Fideikommisshaus des Landeshauptmanns von Oppeln-Ratibor Hans Christoph Proskowsky, Freiherr von Proskau, der es dem Bischof für ein kostbares Schmuckstück aus dem Erbe ­Kaiser Ferdinands I. eintauschte. 1617 wird der Bau einer neuen Residenz als geplant berichtet, 1623 war man beim Bau, 1627 wird eine Rüstkammer als „im neuen großen Haus“ gelegen erwähnt.282 Aber schon am 23. Mai 1624, drei Wochen vor dem Aufbruch nach Madrid, traf sich der Bischof mit dem Breslauer Domkapitel „in dem neugebauten fürstlichen Gebäude vor der Pforte zum Bischofshof“.283 Wir müssen wohl ­dieses große Haus als die erste Phase im Bau des Bischofspalais, wie es heute besteht, betrachten (das Gebäude brannte 1945 aus und wurde 1947/48 wiederhergestellt). Von ­diesem entstanden unter einem unbekannten Baumeister zuerst der Nordost- und der Südostflügel. Man baute sie „mit hohem Sockelgeschoss und zwei reich gegliederten Obergeschossen: Pilaster, wechselnde Fensterverdachungen, kräftige Horizontalgesimse“. Als im frühen 18. Jahrhundert der südwestliche Hauptflügel errichtet wurde, behielt man die Proportionen des älteren Baues bei.284 Keine Abbildung dessen, was unter Karl oder bald nach seinem Tode entstand, scheint sich erhalten zu haben. Zwecks Erweiterung des Karlauer Vorwerks verkaufte die Stadt dem Erzherzog 1623 281 Dieter G rossmann : Die Baudenkmäler der Stadt Neisse, in: B ein und S chmilewski : Neisse. Das Schlesische Rom, S. 115 – 124, hier S. 121. Wir besitzen „im Salzring mit Jesuitenkolleg ein ausgezeichnetes Beispiel einer architektonisch geschlossenen Platzanlage barocker Prägung“; Franz B orowski : Die Baudenkmäler der Renaissance in Neisse OS, in: Der Oberschlesier 17 (1935), S. 241. 282 B odenstein : Urkunden und Regesten, Teil 2, Quellen (1916), S. LXVIII. Zu ­diesem ­Proskowsky s. G ottschalk : Buckisch 2, S. 175 und dort Anm. 8; W eltzel : Die Landesbeamten der Fürsten­thümer Oppeln-Ratibor, S. 24 – 26. 283 Nur zehn der Prälaten und Kanoniker waren anwesend, es war Karls letztes Treffen mit dem Kapitel; K astner : Actenmässige Beiträge 1599 – 1649, Kapitelprotokolle, 23. 05. 1624, S. 36. 284 G rossmann : Die Baudenkmäler der Stadt Neisse, S. 121.

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für 6000 Taler auf seinen Wunsch das Vorwerk unterhalb der städtischen Ziegelei.285 Der Erzherzog bedingte sich hier ausdrücklich den Gebrauch von zwei der drei städtischen Ziegelöfen auf einige Jahre aus, und zwar für seine eigenen wie auch die Bauvorhaben der Jesuiten und Franziskaner. Für seine eigenen Projekte brauchte er Ziegeln insbesondere für Bauarbeiten am fürstlichen Hofe und beim Bau des neuen Hauses. Das bei letzterem Projekt benötigte Holz und die dabei anfallenden Löhne für Holzhacker, Fuhrleute, Flößer, Ziegelstreicher und andere Arbeiter sollten zu zwei Dritteln wöchentlich aus dem fürstlichen Rentamte bezahlt werden. Die Glatzer Kommissare berichteten der Hofkammer ­später, der Erzherzog habe dem Melchior Tauber von Taubenfurth bei Gelegenheit gesagt, die von Karl erbaute bischöfliche Residenz könne vielleicht einmal den Jesuiten als Konvikt, Seminar oder Armenhaus überlassen werden, der Bischof traf aber vor seiner Abreise nach Spanien keine derartige Entscheidung. Zum Bau hätten jedoch die Landstände 8000 Taler und das Bistum die Baumaterialien beigetragen, die Handwerker ­zwischen 7000 und 8000 Taler gekostet, deshalb sollte man dem Bistum das Haus nicht nehmen. Ferdinand übertrug erst die Entscheidung dem Kapitel, übergab aber das Haus dann dem neuen Bischof, Karl Ferdinand.286 Ganz ähnlich ging die Initiative für die Gebäude am Salzmarkt, die im Zusammenhange mit den Aktivitäten der Jesuiten entstanden, auf Karl zurück. Schon am 29. Januar 1624 befahl der Erzherzog dem Hofrichter und den Hauptmännern in den verschiedenen Ӓmtern des Fürstentums, den Transport der bei Bischofswalde gebrochenen und dort in mehreren Haufen gelagerten Steine für das Fundament des Jesuitenkollegs auf den Salzmarkt in Neisse zu organisieren. Wegen der guten Schlittenbahn ließe sich das ja im Augenblick mit halber Mühe bewerkstelligen. Die Zahl der von den Untertanen zu leistenden Fuhren sollte auf Grund des Hufenbesitzes bestimmt werden.287 Der Bischof war es, der diese Projekte plante, und im Falle des St.-Anna-Seminariums und des Hauptgebäudes des Jesuitenkollegiums nannte er auch die Quellen, aus denen die Mittel 285 20. 05. 1623; G raber : Inventare Stadt Neisse, Nr. 546; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 345 f., Kastner sah die Originalurkunde im Neisser Ratsarchiv. 286 B odenstein : Urkunden und Regesten, Teil 2, Quellen (1916), Artikel 20.528, S. XCI – XCIII; der Bericht des Tauber, in der Überschrift irrtümlicherweise Glatz statt Neisse, und der Vertrag mit Proskowsky sind dort abgedruckt. Auch Artikel 20.531, S. XCIV, nur das Breslauer Domkapitel kann das Haus an die Jesuiten abgeben, 1628; Artikel 20.537, S. XCVI, Ferdinand bestimmt das Haus des Bischofs für Bischof Karl Ferdinand. In einem Gesuch vom 26. Mai 1626 baten die Jesuiten um Überlassung des Neuen Hauses, das der Erzherzog einmal der Gesellschaft in usum academiae versprochen hatte, wie sein einstiger Oberstallmeister, der Freiherr Franz Rathaupt, und andere bezeugten; Gustav B odenstein : Urkunden und Regesten aus dem k. und k. Reichsfinanz-Archiv in Wien, in: Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses 31 (1913/14), 2. Teil: Quellen zur Geschichte der kaiserlichen Haussammlungen und der Kunstbestrebungen des Allerdurchlauchtigsten Erzhauses, S. I–LVII, hier Artikel 20.397, Beilage 4, S. XXXVII. 287 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 384 Anm. 6. Das Dokument nicht erhalten.

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für diese Bauvorhaben kommen würden. Das Gebäude des Carolinums, die ­Kirche zur Himmelfahrt Mariae und das Konvikt St. Anna, die heute noch bestehen, gehen auf die von Karl 1623 und 1624 vorgenommenen Stiftungen zurück, wurden aber erst nach seinem Tode in Angriff genommen und erst Jahrzehnte ­später vollendet. Zuerst entstand das St.-Anna-Seminar auf der Westseite des Salzmarktes, 1652 – 1657. Das Hauptgebäude des Kollegs auf der gegenüberliegenden Seite wurde in den Jahren 1669 – 1673 unter dem Olmützer Baumeister Petrus Schiller errichtet.288 Die Grundsteinlegung für die Gymnasialkirche, die Kollegienkirche Zur Himmelfahrt Mariae, fand am 27. Mai 1688 statt. Den größten finanziellen Beitrag zum Kirchenbau machte jedoch Bischof Karl Ferdinand in seinem Testament, nämlich 240.000 Gulden.289 In Brixen kaufte Karl 1620 mehrere Häuser in der Schlossergasse und veranlasste die Errichtung des „Neugebäudes“ an der Hofburg durch seinen Hofbaumeister Hans Reichle.290 Demselben übertrug er ein besonderes Projekt im Februar 1621, nämlich den gefährlichen Zustand der Landstraße unterhalb der Stadt zu beseitigen. Karl ordnete an, „das über Felsen dicht am Eisack hinführende Steigungsstück ganz umzubauen und durch Sprengungen zu verbreitern“. Für diesen Zweck wurde eine öffentlich verzinsbare Anleihe von 2000 Floren aufgenommen, aus der Reichle jede Woche die Baugelder bezog. Reichle erhielt auch den Auftrag, eine erzene Tafel anzubringen mit Titel und Wappen des Erzherzogs. Die Arbeit wurde im Sommer „in der greste Hitz“ ausgeführt. Was man dem Baumeister schuldete, hatte man noch beim Tode des Bischofs nicht bezahlt.291 Im Verlaufe seines öffentlichen Lebens stand in Brixen und Neisse eine Reihe von Künstlern und Handwerkern in bischöflichen Diensten. Der Brixener Bildhauer und Baumeister Hans Reichle (1565/70 – 1642), dessen bekannte Arbeiten in Augsburg aus der Zeit vor Karls Ernennung zum Fürstbischof von Brixen stammen, war ihm von Erzherzog Maximilian dem Deutschmeister schon im Dezember 1613 empfohlen worden. Reichle reiste 1616 nach Neisse, über seine Tätigkeiten dort haben wir allerdings keine Informationen. Als der Erzherzog sich zum ersten Mal in seinem Brixener Bistum aufhielt, kaufte er kostbare Möbel von Reichle, die er in seine schlesische Residenzstadt mitnahm.292 In Brixen engagierte er auch den Bildhauer Othmar Tapfen, den Maler 2 88 H arendza : Das Gymnasium Carolinum zu Neisse, S. 14. 289 D inter : Baugeschichte und Ausstattung der Gymnasialkirche, S. 40, 42. 290 B resciani : Erzherzog Karl, S. 60; S innacher : Beyträge Säben und Brixen 8, S. 217 f., 01. 06. 1620. 291 Friedrich K riegsbaum : Hans Reichle – Biographie und Werkgeschichte, in: Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses NF 5 (1931), S. 189 – 266, hier S. 256 f., 201 f., Beschreibung des Projekts S. 202 Anm. 54, der Ausführung Anm. 55. 292 B resciani : Erzherzog Karl, S. 187 f., 16. 12. 1613. Hans Reichle hatte für den verstorbenen Kardinalbischof von Brixen, Maximilians Vetter, gearbeitet; David von S chönherr : Urkunden und Regesten aus dem k. k. Statthalterei-Archiv zu Innsbruck, in: Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses 17 (1896), Teil 2, S. LXXII, Artikel 14.789. Zum Möbelkauf: Kammergutsrechnung 1613 – 1624, Ausgaben (aus B resciani : ­Erzherzog Karl,

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Jeremias Rumpfer und den Bildhauer und Bronzegießer Kaspar Gras aus Mergentheim, dem wir die Bronzetafel mit dem Bild des Erzherzogs über dem Eingangstor der Burg Rodenegg in Tirol verdanken.293 Der Schwazer Kupferstecher Andreas Spängler 294 und der Augsburger Wolfgang Kilian produzierten Kupferstiche des Erzherzogs, standen aber nicht in seinen Diensten.295 Das Verzeichnis des Nachlasses vom 22. August 1627, das genau wiedergeben will, was man im Februar 1625 im Neisser Schloss vorfand, gibt eine Vorstellung von dem, was der Erzherzog an Gemälden besaß. Es verzeichnet 103 gerahmte und 65 ungerahmte Bilder.296 Unter seinen Schätzen fällt auf „Ein altarle von ebenen holz mit der Auferstehung von Albrecht Duret (Dürer) gemahlt, ohne zier“.297 Die dort genannten Porträts des Erzherzogs wurden wahrscheinlich in Neisse auf Anordnung des Bischofs gemacht und geben Zeugnis vom künstlerischen Schaffen in seiner Residenzstadt. Genannt werden ein lebensgroßes Porträt des Erzherzogs Karl mit dem Hund, „dem Solldan“ = Sultan (Nr. 700), auch ein weiteres Porträt des Erzherzogs, wohl auch in Lebensgröße und ebenfalls mit dem Hund (Nr. 701), beide geschätzt auf je 100 Reichstaler. Eines der beiden mag das heute noch im Neisser Museum erhaltene Porträt des Erzherzogs mit Degen und dem Kreuz des Deutschen Ordens oder seine Vorlage sein. Noch ein drittes Porträt des Erzherzogs in Lebensgröße erscheint im Nachlass, es zeigte den Erzherzog in Jägerkleidung, „samt einem Leithund“ (Nr. 681) und wurde auf dreißig Reichstaler geschätzt. In Neisse engagierte der Erzherzog anscheinend von 1621 bis 1624 den Brüsseler Anton von Opstal als Hofmaler. Am Tage vor seiner Abreise nach Spanien, der Maler kehrte jetzt in seine Heimat zurück, empfahl ihn Karl der Infantin Isabella.298 Der Name des van Opstal begegnet nicht im Nachlassinventar. Auch nicht der des Bartholomäus Strobel. Der in Breslau geborene jüngere Bartholomäus Strobel (1591 bis um 1650) nannte sich 1615 Maler des Erzherzogs Karl, auf dessen Ersuchen

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S. 188 Anm. 2); zu Reichle: Dorothea D iemer : Hans Reichle, in: NDB 21 (2003), S. 315 – 316; K riegsbaum : Hans Reichle – Biographie und Werkgeschichte, S. 189 – 266. B resciani : Erzherzog Karl, S. 189 (mit den Quellen). Andreas Spängler (1589 – 1669), Kupferstecher in Schwaz, erhielt zehn Gulden für in Kupfer gestochene Bildnisse des Erzherzogs Leopold und des verstorbenen Erzherzogs Karl, 16. 03. 1626; S chönherr : Urkunden und Regesten, S. CIV, Artikel 15.093. Wolfgang Kilian (1581 – 1663), Augsburger Kupferstecher, schuf Porträts von mehreren österreichischen Herrschern, gesammelt in: Serenissimorum Austriae ducum, archiducum, regum, imperatorum genealogia, a Rudolpho I. Hapsburgensi, Caesare, ad Ferdinandum II. Rom. Imp. semper augustum, &c. / aeri incisa a Wolfgango Kiliano, Augsburg 1623. B odenstein : Urkunden und Regesten, Teil 2, Quellen (1916), S. LXIII . Gerahmte Bilder 576 – 678 (= 103), S. LXI–LXIII, ungerahmte Bilder 679 – 744 (= 65), S. LXIIIf. Die Kunstsammlung Erzherzog Leopold Wilhelms enthielt 1659 400 Gemälde und 500 Skulpturen. B odenstein : Urkunden und Regesten, Teil 2, Quellen (1913/14), S. XXXIX, Artikel 20.397, 26. 05. 1625. Auch 20.505, S. LXVII Nr. 914, hier Albrecht Direr. Empfehlungsschreiben für van Opstal, der nach dreijährigem Dienst in die Niederlande zurückkehrt; K öhler : Revision eines Bischofsbildes, S. 125 f., Nr. 33, 34. Von van Opstal existiert ein Stich nach Anton van Dyk, ein Exemplar in Ottawa, National Gallery of Canada, no. 5451.

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er 1618/19 einen Freibrief von ­Kaiser Matthias erhielt, der ihm die Ausübung seiner Kunst im ganzen böhmischen Königreiche erlaubte und den Ferdinand 1624 bestätigte. Strobel, der in den 1630er Jahren für Ladislaus IV. von Polen arbeitete, produzierte ­zwischen 1620 und 1624 ein Bildnis des Erzherzogs als Ritter vom Goldenen Vlies, von dem nur eine Kopie aus dem 18. Jahrhundert erhalten ist.299 Er malte das Porträt des Domkapitulars Friedrich Berg, dessen Kanonikat in die Regierungszeit des Erzherzogs fällt, es ist heute im Breslauer Diözesanmuseum.300 Nur wenige Namen von Künstlern oder Handwerkern, die in Schlesien in Karls Dienst standen, sind überliefert. Ein „Bildschnitzer“ Martin Bart schuf einen Marmorstein, ein Steinmetz Bartholomäus Stehr hatte für den Erzherzog gearbeitet.301 Reliquien waren dem Erzherzog teuer, weshalb er ­solche wiederholt vom Papst erbat, aber sie gaben auch Anlass zu künstlerischen Arbeiten, wie jene, die er seinen Schwestern, den Erzherzoginnen Christina und Eleonora, in das königliche Damenstift zu Hall schickte.302 Anscheinend gab es in Neisse Handwerker, die besonderes Geschick in solchen Arbeiten hatten. Er ließ kostbare Behältnisse für die Reliquien der Brixener Bistumspatrone Ingenuin und Albuin anfertigen und schickte sie 1624 nach Brixen, dort wurden sie in ihren neuen Behausungen am 24. August in einer Prozession durch die Stadt getragen.303 Aus Brixen mitgebrachte Reliquien waren 1626 in der Obhut des Melchior Tauber.304 In seiner Rolle des Hoch- und Deutschmeisters verlegte Karl viele Kunstschätze nach Neisse, vor allem Kirchenschmuck und Ornate. Nach seinem Tode gingen sie auf Verlangen des Ordens an diesen zurück. Es ist eine erstaunlich lange Liste von über sechshundert Artikeln, davon viele wiederum mit zahlreichen Objekten, die der Verlassenschaftskommissar für diesen Zweck zusammenstellte.305 Die Infantin Isabella und Erzherzog Albert schickten ihm aus Brüssel Gobeline.306 Bei allem Inte­resse, das der Erzherzog an der Kunst hatte, verdanken ihm Breslau, Brixen oder Neisse kein von ihm in Auftrag gegebenes Kunstwerk. 299 O szczanowski und G romadzki : Theatrum vitae et mortis, S. 117. Die Kopie ist im Neisser Museum. Jacek T ylicki : Bartłomiej Strobel – malarz okresu wojny trzydziestoletniej [Maler des Dreißigjährigen Krieges] 1 – 2, Torun 2000 – 2001, hier 1, Abb. I.3.6, S. 177, Erläuterungen dazu S. 74; 2, S. 20, 22 f., 25 f., 30, 73, 86, 202, 209. 300 Breslau, Erzdiözesanmuseum, Inv.Nr. 1363; O szczanowski und G romadzki : Theatrum vitae et mortis, S. 117, 12 (Abbildung). 301 B odenstein : Urkunden und Regesten, Teil 2, Quellen (1916), S. LXXXI, LXXX. 302 B resciani : Erzherzog Karl, S. 188, aus den Brixener Kammergutsrechnungen 1613 – 1624. 303 B resciani : Erzherzog Karl, S. 188, nach S innacher : Beyträge Säben und Brixen 8, S. 243. Karl damals auf dem Wege von Wien nach Innsbruck. 304 B odenstein : Urkunden und Regesten, Teil 2, Quellen (1916), S. LXVIII. 305 Krzysztof P awlik und Jarmila Š těrbova : Inwentarz kościoła Jezuitow w Nysiez około 1625 roku, in: Dariusz G alewski und Anna J ezierska Hgg.: Silesia Jesuitica. Kultura i sztuka zakonu jezuitow na Śląskui w hrabstwie kłodzkim 1580 – 1776 (= Materiały konferencji ­naukowej zorganizowanej przez Oddział Wrocławski Stowarzyszenia Historykow Sztuki, Wrocław, 6 – 8 X 2011), Wrocław 2012, S. 275 – 286. 306 K öhler : Revision eines Bischofsbildes, S. 117, Nr. 13, 14.

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Besondere Aufmerksamkeit schenkte Bischof Karl den während seiner Regierungszeit mit seinem Bilde geprägten Münzen und Medaillen. Unter Karl wurde eine größere Zahl mit dem Herrscherbild aus Gold, Silber oder Kupfer geprägt als unter den anderen Breslauer Bischöfen. Vierundsechzig verschiedene Prägungen lassen sich nachweisen, aber nicht alle aus Neisse. Die Differenz ­zwischen Kosten von Metall bzw. Produktion und dem Nennwert der Münzen bildete den Profit, den der Münzherr aus dem Schlagen neuer Münzen zog. Die aktive Neisser Münzstätte verschaffte deshalb dem bischöflichen Münzherrn ein beträchtliches Einkommen – ein Münzmeister, der sich um die Stelle in Neisse bemühte, versprach, jede Woche 500 Taler an das Hof-Pfennigamt zu zahlen. Daneben gab sie ihm Gelegenheit, sein Bild zu verewigen.307 Karl hatte „eine Vorliebe für schöne Medaillen“. Eine Silbermedaille in der Staatlichen Münzsammlung München, aus der frühen Regierungszeit, ungefähr dem Jahre 1610, ist von hoher Qualität, das Werk eines unbekannten Meisters. Die Rückseite hat das Wappen des Erzhauses, aber noch nicht die sechs Lilien des Bistums und Mitra und Krummstab. Sie trägt bereits den Wahlspruch aus Psalm 42 Desiderat anima mea ad te Deus, aber noch nicht den symbolischen Hirsch an der Quelle. Zwei Dukaten wurden anlässlich des Neisser Schützenfestes im August 1612 von unbekannter Hand geprägt, „auch sie Beispiele einer hochstehenden Stempelschneidekunst“. Der zweifache Dukat von 1614 und der dreifache von 1618 zeigen dann neben dem Wappen des Erzhauses das Wappen des Bistums Breslau (die sechs Lilien) und des Bistums Brixen (Lamm Gottes mit Fahne und Adler) und in diesen beiden letzteren Fällen Mitra und Krummstab, die Umschrift ist jetzt „Bischof von Brixen und Breslau“, Brixen als Reichsbistum steht an erster Stelle. Die Porträts des Erzherzogs auf den Dukaten von 1614 und 1618 zeigen noch eine starke Ӓhnlichkeit mit jenen auf den Medaillen von 1610 und 1611; diese letzteren sehen wenig nach einem Zwanzigjährigen aus, sie stellen einen viel älteren Mann dar. Die Münzporträts wurden doch vom Dargestellten überprüft und autorisiert, der Erzherzog wollte sich also so präsentiert sehen; alle diese Abbildungen sind letzten Endes Selbstzeugnisse. Aus Karls späteren Jahren stammen zwei einander ähnliche Medaillen, die eine datiert 1621, von dem renommierten Medailleur und Wachsbossierer Allessandro Abondio dem Jüngeren, der anscheinend in Wien und Prag aufwuchs, für mehrere Habsburger arbeitete und von den Kaisern Rudolf und Matthias zum kaiserlichen Bildhauer ernannt wurde. Von 1619 an lebte er in München, zeitweise ist er im Dienst des bayerischen Herzogs belegt, er starb 1648. Er reiste anscheinend von Hof zu Hof und arbeitete für verschiedene Fürsten. Diese Medaillen, heute im Zentralarchiv des Deutschen Ordens bzw. im Kunsthistorischen Museum in Wien, geben ein ganz anderes Bild des Erzherzogs, der kaum Dreißigjährige ist hier ein alter Mann, dargestellt jetzt im geistlichen Gewand, am Hals das Kreuz des Deutschen Ordens, ohne den martialischen Backenbart der früheren Porträts, aber mit Spitz- und vollem Schnauzbart.308 3 07 F riedensburg : Schlesiens Neuere Münzgeschichte, S. 179. 308 Paul G rotemeyer : Alessandro Abondio, in: NDB 1 (1953), S. 20 – 21.

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Angesichts seines Interesses am Handwerklichen überrascht es nicht, dass Karl nach Breslau ein Gesuch um Besichtigung des Münzofens richtete und um Beurlaubung einiger Arbeiter von dort für seine Neisser Münzstätte bat, er machte sogar Propaganda für seine Münzen bei den Breslauern. Die Prägung von Neisser Münzen unter Karl endete 1622.309 1623 zwang der ­Kaiser den Erzherzog zur Abtretung seiner Münze, errichtete kaiserliche Münzstätten in Schlesien und erlaubte nur die Reichsmünze und von ihm geschlagene Münzen.310 Zum fürstlichen Lebensstil am Anfang des 17. Jahrhunderts gehörte das Sammeln von Kunstwerken und Kuriositäten, was manchmal zur Einrichtung von Kunst- und Wunderkammern führte. An die Stelle der Schatzkammern der mittelalterlichen ­Kirchen und an Herrscherhöfen, wo man in erster Linie den Wert des Materials schätzte, aus dem die gesammelten Gegenstände bestanden, betonte man jetzt die künstlerische Qualität oder den exotischen Charakter der angehäuften Objekte. Mehrere habsburgische Fürsten in Karls Zeit waren leidenschaftliche Sammler, der Erzherzog kannte zweifellos ihre Kollektionen. Am nächsten lag für ihn die Kunstkammer Rudolfs II . auf dem Hradschin in Prag. Ebenso kannte er sicherlich die Sammlung des Herzogs von Tirol, Ferdinands II ., des Bruders seines Vaters, der sich eine umfangreiche Sammlung im Schloss Ambras bei Innsbruck angelegt hatte. In Mechelen, nicht weit von Antwerpen, das Karl wahrscheinlich im Winter 1618 besuchte, bestand die Sammlung der Margarete von Österreich († 1530), einer Statthalterin von Brabant. Berühmt schon in seiner Zeit waren auch die Kunstkammern der bayerischen Herzöge in München und die der sächsischen Kurfürsten in Dresden.311 Was die Mittel zur Schaffung dieser Sammlungen anging, durfte sich Karl kaum mit diesen Fürsten messen. Dem Erzherzog fehlte es an Geld, es blieben ihm auch nicht die Jahre, um eine überragende und seine eigene Lebenszeit überdauernde Sammlung anzulegen. Er trug aber viel zusammen in den wenigen Jahren, in denen er seiner Sammellust – und einer richtigen Erwerbswut – nachgeben konnte. Ein Aufenthalt in einem seiner Herrschaftsgebiete, wie der erste in Brixen, konnte sich zu einem regelrechten Raubzug auswachsen. Als er die Stadt am Osterdienstag, 21. April 1615, verließ, nahm er neun mit Waren beladene Wagen mit, dabei prunkvolle Möbel, gekauft von Hans 309 F riedensburg : Schlesiens Neuere Münzgeschichte, S. 91 f., 177 – 179; Karl D omanig Hg.: Portraitmedaillen des Erzhauses Österreich von ­Kaiser Friedrich III. bis K ­ aiser Franz II., Wien 1896, Nr. 152, Beschreibung S. 13; B aum : Die Münzen und Medaillen der Bischöfe von ­Breslau, S. 18 – 23 und Abbildungen 34 – 51; Beda D udik : Des hohen Deutschen Ritterordens MünzSammlung in Wien: mit steter Rücksicht auf das Central-Archiv des Hohen Ordens, geschichtlich dargestellt und beschrieben (= Quellen und Studien zur Geschichte des Deutschen Ordens 6), Bonn 1966, Nachdruck der ersten Auflage von 1858, S. 192 – 198. 310 F riedensburg : Schlesiens Neuere Münzgeschichte, S. 53. 311 S chlosser : Die Kunst- und Wunderkammern der Spätrenaissance, S. 76 – 82 (Rudolf), 35 – 40 (Ferdinand)., 33 f. (Margarete)., 72 f. (München), 84 (Dresden).

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Reichle, Reliquien, Majolica-Geschirr, eine kostbare Bibel, wilde Tiere.312 Die Entfernung der Pergamentbibel aus Brixen führte zu sofortigen Beschwerden seitens des Kapitels. Ähnlich zogen ihn die Schätze des Deutschen Ordens in ihren Sammlungen an. Die in seinen Jahren als Hochmeister des Deutschen Ordens nach Neisse überführten Gegenstände des Ordens erforderten zu ihrer Beschreibung 607 Einträge im Verzeichnis der Nachlassverwalter.313 Unsummen wurden sicherlich für die Zwecke der erzherzoglichen Sammlung ausgegeben, obwohl eine ­solche Passion des Herrschers auch Arbeit und Einkommen für Handwerker und Künstler schuf. Auch hielt der Erzherzog nicht an allem fest, sondern gab einige Sachen weiter, Empfänger, die sich nachweisen lassen, waren die Jesuiten in Neisse. Abgesehen davon, dass einen Menschen mit seinen ästhetischen Neigungen kunstvoll gestaltete und kostbare Dinge ansprachen, kannte er sicherlich den monetären Wert dieser Gegenstände; er zahlte, wie gesagt, gelegentlich statt mit Geld mit einem wertvollen Stück aus seiner Sammlung.314 Bezeichnend ist wohl, dass die Exotika fehlen, die man in solchen Sammlungen seiner Zeit findet. Andererseits besaßen liturgische und andere kirchliche Utensilien eine besondere Anziehungskraft für ihn und sind in großer Zahl vertreten. Einige der Objekte in seinem Besitz kamen wohl als Geschenke in seine Hand, obwohl eine ­solche Herkunft nur ganz selten bemerkt wird. Der Erzherzog empfing aber gern die wertvollen Objekte, die man ihm während seiner Spanienreise auf Schritt und Tritt aushändigte, und erfreute sich an ihrem Besitz, sein Tagebuch führt sie genau an. Der letzte Eintrag in seinem Reisebericht besagt, dass er jetzt, am ersten Tage nach seiner Ankunft in Madrid, „meine Sachen“ inspizieren wollte, was sich wohl auch auf die besonders kostbaren Objekte seiner Sammlung bezog, die er nach Spanien mitgenommen hatte. Unter spanischer Aufsicht entstand ein Inventar seines Nachlasses in Madrid innerhalb von Tagen nach seinem Tode.315 Ein Inventar dessen, was sich am Neisser Hof anhäufte, aus Karls Lebzeiten hat sich nicht erhalten und wurde wohl niemals aufgestellt. Aber was in seinem Besitz war, macht das mit Akribie ­zwischen 1625 und 1627 angelegte Verzeichnis seiner Hinterlassenschaft deutlich. Ehe man die Ansammlung einer überwältigenden Masse von künstlerischen oder im Hofleben nutzbaren Objekten nur als einen besonderen Zug des Breslauer Bischofs beurteilt, ist es angebracht, einen Blick in die Nachlassinventare seines Vaters Karl, seines ­Vetters Maximilian des Deutschmeisters oder seines Neffen Leopold Wilhelm zu tun, die 312 G elmi : Die Brixener Bischöfe, S. 150; B resciani : Erzherzog Karl, S. 58; Brixen, Hofarchiv, Hofakten 20.084, Kammergutsrechnung Ausgaben 1614; Ferdinands Instruktion für die Repatriierung, B odenstein : Urkunden und Regesten, Teil 2, Quellen (1916), S. XXXIX, Artikel 20.461, 13. 11. 1626. 313 B odenstein : Urkunden und Regesten, Teil 2, Quellen (1916), Artikel 20.344, S. III  – X III, 20. 06. 1626. Man fragt sich, ob hier der Bischof nicht in Bausch und Bogen die Hinterlassenschaft seines Vorgängers Maximilian, des Deutschmeisters, übernommen hatte. 314 Siehe oben über den Erwerb des Grundstücks für sein Neues Haus in Neisse. 315 Inventar des Nachlasses, Madrid, 02. 01. 1625, Wien HHSTA, Familienurkunden 1601.

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ähnliche Anhäufungen solcher Dinge aufweisen; ein merkwürdiger Materialismus der regierenden Habsburger kommt hier zum Ausdruck.316 Der Begriff Kunstkammer oder Kunst- und Wunderkammer erscheint im Zusammenhang mit Karls Sammlung nicht, aber wir hören von der Schatzkammer, dem „schatzgewelb“, und getrennt davon der Silberkammer des Bischofs, der Sattelkammer und mehreren Rüstkammern. Der Ton im Hinterlassenschaftsinventar liegt auf dem Wert des Materials – Silber, Gold, Edelsteine –, auf jeden Fall gehören die ersten 239 angeführten Objekte dieser Kategorie an, bei allen wird der Wert genannt und einige werden bis auf 1900 Gulden geschätzt.317 Heute kann man nur das eine oder andere Stück auf seine Sammlung zurückführen, so das erwähnte Porträt des Erzherzogs im jetzigen Neisser Museum. Die Wiener Museen sollten so manches in Neisse von Karl Zusammengetragene enthalten. Am Anfang des 17. Jahrhunderts gab es längst bestimmte Ideen, wie man eine Kunst- und Wunderkammer ordnete, deren Inhalte organisierte, eine ­solche Methodologie erschien im Druck schon 1565.318 Hinsichtlich des Inhalts seiner Sammlung sind wir ganz auf das Nachlassinventar angewiesen. Dieses wurde offensichtlich nach anderen Ordnungsideen angelegt (z. B. nach dem Aufbewahrungsort innerhalb der fürstbischöflichen Gebäude), als man es bei einer regelrechten Inventarisierung einer Kunstsammlung getan hätte. Im Nachlassverzeichnis erscheinen – neben den schon erwähnten mit Schätzwert gegebenen besonders wertvollen Kleinodien und den oben besprochenen Musikalien und Malereien – kirchliche Silbergeräte, kirch­liche Ornate, Teppiche und Tapezereien, vierzig Uhrwerke, darunter „Ein globus so die stund schlegt“, 1000 Reichsthaler wert, und „Ein groß werg, da der han die viertl kreiet und der guckuck die stunde schreiet“, auf 150 Reichstaler geschätzt.319 In ­mehreren ­Rüstkammern des Neuen Hauses bewahrte man eine umfangreiche Sammlung von Waffen, 337 Einheiten zählt das Nachlassverzeichnis auf, darunter einige, die ­wiederum aus hunderten 316 Erzherzog Karl von Steiermark, 01. 11. 1590, JbkS 7 (1888), T. 2, Artikel 4597, S. XVII – XXXIII; Erzherzog Leopold Wilhelm, 30. 04. 1660, Schatzkammer, JbkS 7 (1888), T. 2, Artikel 4717, S. LXVII–LXXXIV; 14. 07. 1659 Kunstkammer, JbkS 1 (1883), T. 2, S. LXXXVI – CLXXVII. Das Inventar im Testament Maximilians des Deutschmeisters bei B. B udik : Des Hoch- und Deutschmeisters Erzherzog’s Maximilian I. Testament und Verlassenschaft vom Jahre 1619, in: Archiv für österreichische Geschichte 33 (1865), S. 233 – 352, das Inventar S. 259 – 352. 317 B odenstein : Urkunden und Regesten, Teil 2, Quellen (1916), Artikel 20.505, Nr. 1 – 239, S. LIII–LVII. 318 1565 erschien im Druck der erste Entwurf einer Sammlungsordnung, von dem Niederländer Samuel Quiccheberg; s. Harriet R oth : Der Anfang der Museumslehre in Deutschland. Das Traktat „inscriptiones vel tituli mundi amplissimi“ von Samuel Quiccheberg, Berlin 2000, S. 1 – 35, über Sammlungen, Kunstkammern und Museen um diese Zeit. 319 B odenstein : Urkunden und Regesten, Teil 2, Quellen (1916), Artikel 20.505, S. LXIV – LXV, Nr. 753 – 792; Klaus M inges : Das Sammlungswesen der frühen Neuzeit. Kriterien der Ordnung und Spezialisierung (= Museen, Geschichte und Gegenwart 3), Münster 1998, zur Uhr S. 121 – 123.

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­einzelner Schießgeräte bestanden – 300 alte Musketen, 29 neue Pistolen, 27 Hellebarden, 41 Panzerhemden, 35 Rüstungen,320 zwölf neue polnische Kutschengeschirre von rotem Leder.321 Zum Nachlass des Bischofs rechnete man auch den Inhalt mehrerer Werkstätten, die Gerätschaften und Vorräte an den entsprechenden Rohmaterialien, so eine Tischlerei mit hunderten von Werkzeugen 322 und eine Goldschmiede;323 ein ­Christian Vetter unterhielt eine Buchbinderei am Hofe, im neuen Haus des Bischofs bestand eine Buchdruckerei,324 ein Labor enthielt Instrumente und eine lange Liste von chemischen Substanzen.325 Da man den Unterschied ­zwischen persönlichem Eigentum und dem, was dem Amt oder der Institution gehörte, nur allzu gut kannte und beobachtete, müssen diese handwerklichen Unternehmen den besonderen Interessen des Erzherzogs gedient haben und auf seine Initiative eingerichtet worden sein. Von dem erst kürzlich in Neisse angekommenen Erzherzog sagte man ja, dass er gern die Geschäfte der Gold- und Waffenschmiede in Neisse aufsuchte. Erzherzog Karls Sammlerpassion trug zu den beträchtlichen Schulden bei, die er zur Zeit seines unerwarteten Todes angehäuft hatte, wenn auch aller Wahrscheinlichkeit nach nur zu einem kleinen Teil. Unterhalt von Militär, Teilnahme an kriegerischen Unternehmen, ein wachsender Beamtenapparat, die Pflege diplomatischer Beziehungen, Prachtbauten, die Einrichtung von Universitäten und großzügige Förderung der Künste betrachteten die Fürsten des Zeitalters als ihrer Herrschaft angemessene Aktivitäten und die damit zusammenhängenden Ausgaben als unvermeidbar. Mit den fortwährend steigenden Geldnöten hielten der wirtschaftliche Fortschritt ihrer Länder oder die Methoden zu voller Ausnützung wachsender Erträge oder überhaupt des Steuerpotential ihrer Länder kaum Schritt. Die österreichische Steuererhebung in Schlesien auf Grund einer hundert Jahre alten Vermögensschätzung war hier ein Beispiel. Kein Wunder, dass im Falle des Bischofs von Breslau die Belohnung von Günstlingen oder Dotierung bevorzugter Institutionen vorwiegend aus Landgütern bestanden, die Ferdinand den aufrührerischen böhmischen oder Glatzer Protestanten eben erst abgenommen hatte. Im Vergleich mit solchen Schenkungen waren dann die Schulden, die Karl im Neisser Fürstentum hinterließ, eigentlich Bagatellen. Aber der ­Kaiser musste sich mit ihnen in den Monaten und Jahren nach dem Tode des Bischofs befassen.326 Eine Schuld von 29.000 Gulden, eine außerordentliche Summe, bei einem Cornelius de Man beglich man mit 212 Objekten – Gold, Kleinodien, 3 20 B odenstein : Urkunden und Regesten, Teil 2, Quellen (1916), S. LXVIII – LXXIII. 321 B odenstein : Urkunden und Regesten, Teil 2, Quellen (1916), Artikel 20.505, S. LXXIV. 322 B odenstein : Urkunden und Regesten, Teil 2, Quellen (1916), Artikel 20.505, S. LXXVIII – LXXIX (92 Objekte). 323 B odenstein : Urkunden und Regesten, Teil 2, Quellen (1916), Artikel 20.505, S. LXXX. 324 B odenstein : Urkunden und Regesten, Teil 2, Quellen (1916), Artikel 20.505, S. LXXIX, LXXX. 325 B odenstein : Urkunden und Regesten, Teil 2, Quellen (1916), Artikel 20.505, S. LXXX – LXXXI. 326 B odenstein : Urkunden und Regesten, Teil 2, Quellen (1916), S. LXXXI, LXXXV; 31 (1913/14), S. LIV, Artikel 20.436.

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Silbergeschmeide und Munition – aus den fürstbischöflichen Sammlungen.327 Ein Vorrat an Stoffen wurde jetzt verkauft, um ausstehende Gehälter an Karls ehemalige Bedienstete zu zahlen.328 1627 versuchten die Nachlassverwalter, Schulden des Erzherzogs aus den Glatzer Konfiskationen zu bezahlen, eine Reihe von Handwerkern – Maurer, Goldschmied, Kannengießer, Hofschlosser, Hofglaser, Hofschmied, Steinmetz, Bildschnitzer, Buchdrucker, Buchbinder, Schwertfeger, Kupferschmied – wird genannt. Die Schulden bei einem Breslauer Buchhändler wurden schon erwähnt. Besonders hohe Obligationen – 1000 Reichtaler bei Oberst Wolkenstein, 6000 Reichstaler bei einem Frankfurter Jubilierer (= Juwelier) – konnten einfach nicht getilgt werden, da die Mittel fehlten.329 1629 waren die von Karl versprochenen 5000 Reichstaler für die Gebäude und Gelände des Kreuzstiftes am Neisser Salzmarkt immer noch nicht gezahlt worden.330 Diese Schuldenlast zu einer Zeit, da er noch auf eine beträchtliche Zahl von künftigen Regierungsjahren zählen konnte, war ganz und gar nicht ungewöhnlich bei einem habsburgischen Fürsten seiner Zeit. Auch Leopold hinterließ Schuldenberge. Angesichts der Schäden und Verluste, die Bistum und Fürstentum in den folgenden Kriegsjahren erlitten, verblich anscheinend die Verschuldung des Erzherzogs in Schlesien, wir hören jedenfalls nach 1629 nichts mehr davon. Dagegen wurden seine Schulden im Bistum Brixen endgültig erst im Jahre 1698 abgezahlt, ein volles Dreivierteljahrhundert nach dem Tode des Erzherzogs.331 Nach einem Brixener Verzeichnis vom 28. Juli 1625 beliefen sich die vom Erzherzog hinterlassenen Schulden auf fast genau 60.000 Floren, mehr als ein Drittel bei Privatpersonen, 14.000 bestanden aus nicht gezahlten Steuern bei der tirolischen Landschaft, auf das Konto des Erzherzogs setzte man aber auch die 6000 Floren, die bei den Trauerfeiern für den Bischof ausgegeben worden waren. Die Brixener Bischöfe schickten Gesandtschaften nach Wien, es kam zu wiederholten Verhandlungen mit Vertretern des Kaisers, die Gläubiger des Erzherzogs mussten immer wieder abgewiesen werden. Wegen Zinsen wuchsen die Schulden 1629 auf 90.000 Floren, 1680 auf 105.000 Floren. Am Ende wurden geschuldete Steuern zum Teil erlassen, andere Schulden reduziert und in kleinen Summen von der bischöflichen Regierung über Jahre abgezahlt, zuletzt das Problem durch die Bereitstellung beträchtlicher Summen seitens der kaiserlichen Regierung erledigt. Die tatsächlichen Schulden, die sich auf Karls Hofhaltung zurückführen lassen, beliefen sich bei seinem Tode vielleicht auf 20.000 bis 25.000 Floren. Seine Hofhaltung in Brixen ist besser belegt als die in Neisse, sie war kostspielig, die Ausgaben oft extravagant: Einmal 776 Floren für italienische Früchte, die nach Neisse geschickt wurden, 5615 Floren an einen Brixener Handelsmann, der um diese Summe goldene und seidene Sachen in Mailand für den Bischof einkaufte, einmal 1000 ­Floren, 3 27 328 329 330 331

B odenstein : Urkunden und Regesten, Teil 2, Quellen (1916), S. XIII – XVII, Artikel 20.444. B odenstein : Urkunden und Regesten, Teil 2, Quellen (1916), S. L, Artikel 20.493. B odenstein : Urkunden und Regesten, Teil 2, Quellen (1916), S. LXXXIVf., Artikel 20.516. B odenstein : Urkunden und Regesten, Teil 2, Quellen (1916), S. CX – CXI, Artikel 20.584. B resciani : Erzherzog Karl, S. 208 – 222, Kapitel über die „Karolinischen Schulden“.

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ein anderes Mal 700 Floren, um Wein für den Hof zu kaufen. Bei seinem ersten Aufenthalt in Brixen beliefen sich seine Ausgaben auf 24.228 Floren, beim zweiten auf 21.937.332 Karls Verschuldung wie die seiner Brüder Leopold und Ferdinand sollte man weniger – oder nicht nur – auf laxe Finanzverwaltung oder gar Verschwendungssucht als auf die Unzulänglichkeiten der finanziellen Fundamente und Prozesse des damaligen Steuerwesens zurückführen. Auf jeden Fall fand sich Karl in seinem kleinen Wirkungsfeld andauernd in Geldnot, genauso wie sein Bruder Ferdinand in einem viel größeren.333 Nach ­welchen Kriterien messen wir einen geistlichen Fürsten zu Beginn des 17. Jahrhunderts – Wirksamkeit, Erfolg, Versagen –, insbesondere den Herrscher eines kleinen staatlichen Gebildes, eingeengt in seiner Unabhängigkeit, als Regent in mancher Hinsicht nur noch der Agent höherer Gewalten, von denen er auf Schritt und Tritt Instruk­tionen erwartete? Man sollte sich vielleicht fragen: Mit wie viel Aufmerksamkeit, Energie, Intelligenz und Gewissen löste er die mannigfachen Probleme, vor die ihn die Gegebenheiten und Ereignisse seiner Welt stellten? Was tat er für das Wohl der Regierten? Steigerte oder minderte er die Lasten seiner Untertanen? Veränderte und verbesserte er überkommene Verwaltungsstrukturen und -verfahren? Schuf er karitative und das geistige oder künstlerische Leben fördernde Einrichtungen? Solche, die seine eigenen Herrscherjahre überdauern würden? Hatte seine Herrschaft höhere Zwecke als bloße Machtausübung und -erweiterung, Bereicherung seiner Familie und persönlichen Genuss? In einem von konfessionellen Auseinandersetzungen geprägten Zeitalter kommt noch hinzu: Festigte der Herrscher kirchliche Institutionen und Praktiken, förderte er das religiöse Leben in seinem Lande, bewahrte er den Frieden ­zwischen den Konfessionen? Beurteilen wir den Erzherzog nach diesen Kriterien, so können wir von bedeutenden Errungenschaften nur in wenigen Kategorien sprechen. Karl wollte regierender Fürst sein, das geistliche Amt, das er damit übernehmen musste, war ihm weniger wichtig, eher eine unwillkommene Bürde. Als Fürst ging es ihm vor allem darum, seiner Familie, dem Hause Habsburg förderlich zu sein – er war gern ein Trabant des kaiserlichen Bruders –, er wollte aber auch in der Lage sein, sich einen fürstlichen Lebensstil zu leisten. Als ­Kirchen- und Landesherr fühlte er sich, ganz unbekümmert um die Kosten, zur Verteidigung des katholischen Glaubens berufen; das war ebenso eine Konstante seines öffentlichen Lebens wie das Bedürfnis, dem Haus Habsburg zu dienen. In dem begrenzten Rahmen, in dem er sich bewegte, schaffte er einiges von Dauer: die Behauptung der katholischen ­Kirche in seinem Fürstentum und damit auch die Fortdauer des Bistums als ein katholisches, eine Niederlassung der Jesuiten in seiner Residenzstadt mit einer höheren Schule auf mehr als anderthalb Jahrhunderte. Die 3 32 B resciani : Erzherzog Karl, S. 209. 333 Ferdinand war nicht in der Lage, seinen Hausbesitz zu vergrößern, wie Kurfürst Johann Georg von Sachsen riet, als der ­Kaiser die Güter der Rebellen konfiszierte, er musste sie veräußern, um seine Truppen zu bezahlen.

Nicht nur Breslau und Neisse: Herrschaften und Würden anderswo

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Ernennung fähiger Administratoren für die kirchlichen wie die weltlichen Bezirke seiner Herrschaften kann man ihm nicht absprechen. Eine einigermaßen kompetente Verwaltung hing von solchen Leuten ab, denn er selbst war ja oft nicht am Platz oder ließ sich leicht ablenken, gab seinem Hang zu leeren Vergnügungen nach und nahm sich wenig Zeit dafür, das, was in seinem Lande vor sich ging, zu verstehen und dessen Belangen ernsthaft und vor allem auf Dauer seine Aufmerksamkeit zu schenken. Ein Unglück für ihn war, dass sein Land sechs Jahre lang, mehr als ein Drittel seiner Regierungszeit, dem Kriegsgeschehen ausgesetzt war, was nur noch mehr die Mittel reduzierte, die ein Barockfürst für sich und seinen Hof als geziemend und notwendig betrachtete.

7. Nicht nur Breslau und Neisse: Herrschaften und Würden anderswo Erzherzog Karls Herrschaft als Bischof von Breslau unterschied sich von der seiner Vorgänger nicht zuletzt dadurch, dass er sie mit anderen Ämtern und Ehrenposten verband. Für das Bistum Breslau stellte diese Ӓmterkumulation etwas ganz Neues dar. Sie minderte das bischöfliche Amt in Schlesien in Karls Tagen und für das ganze folgende Jahrhundert. Der Breslauer Bischofssitz, mit Ausnahme der sechs Jahre des Sebastian von Rostock, war nurmehr eine Sinekure unter mehreren im Portfolio eines Prinzen oder hohen Adelsherrn. Um Kanonikate und sogar ein Bistum bemühten sich Karls Familie und Betreuer schon, als er noch im Kindes- und Jugendalter stand, aber dann nicht weniger er selbst, sobald er den Breslauer Posten in der Hand hatte. Der Achtzehnjährige hatte noch nicht einmal den Eid als Bischof von Breslau geleistet, als er sich mit Unterstützung Ferdinands um die Dompropstei zu Paderborn und damit um die Koadjutorie und die Nachfolge auf den Paderborner Bischofsstuhl bewarb. Er erhielt die päpstliche Zusage schon im November 1608 auf dem Wege nach Breslau, aber im März 1609, nach einer intensiven Kampagne bayerischer Agenten, gab Paul die Paderborner Pfründe dem Wittelsbacher und Kölner Koadjutor Ferdinand, Bruder Maximilians I. von Bayern, der dann 1612 zum Erzbischof von Köln avancierte und danach auch die Bistümer Hildesheim, Münster, Lüttich und Paderborn in seiner Hand vereinigte.334 Zehn Jahre ­später, am 3. Februar 1618, erhielt der Erzherzog ein Kanonikat im Kölner Domkapitel. Karl war bei der Sitzung anwesend, aber nicht an den folgenden Tagen, und nach den Kapitelprotollen erschien er dort niemals wieder. Am 12. März 1621 wählte ihn das Kapitel dennoch zum Chorbischof, eine damals nur in Köln existierende Dignität.335 Sein Bruder 334 S tieve : Briefe und Akten 6, S. 601 – 604, Brief des Koadjutors Ferdinand an seinen Bruder Maximilian von Bayern, und die lange Anm. 2 [fälschlich 1], die S. 601 beginnt und bis auf S. 603 läuft. 335 K umor : Acht Breslauer Bischöfe als Domherren in Köln, S. 48 – 52. Bei der Aufnahme ins Kapitel legte er einen Nachweis für seine Diakonatsweihe vor. Ins Kapitel wurde er als diaconus maior gewählt. Der Domkapitular Hennot reiste mit Karl nach Brüssel. Ein päpstliches Breve

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Leopold hatte schon 1614 im Kölner Kapitel ein Kanonikat übernommen und wurde 1615 Afterdechant.336 Die Verleihung einer Domherrenstelle hier an den Habsburger entsprach nicht nur dem Interesse des Erzherzogs, sondern diente auch dem Kampf gegen die Protestanten. Das Bestreben, den Verlust des Erzbistums für die katholische ­Kirche zu verhindern, als der Erzbischof Gebhard Truchsess von Waldburg 1582 heiratete und das Erzbistum Gefahr lief, in ein erbliches protestantisches Herzogtum umgewandelt zu werden, führte zum Truchsessischen Krieg (1582 – 1588), in dem bayerische und spanische Truppen den kurkölnischen und kurpfälzischen gegenüberstanden. In Köln war man jetzt sehr darauf bedacht, auf keinen Fall Kanonikate in die Hände von Kandidaten fallen zu lassen, die zu den Evangelischen neigten.337 Erzherzog Karl übernahm bestimmt gern ­solche Pfründen, aber die Initiative für derartige Pläne, die katholische Position im Reich zu festigen, lag doch ganz bei der habsburgischen Regierung, besonders in den ersten Regierungsjahren des Erzherzogs. Die Kanonikate in Paderborn und Köln und die Bischofssitze in Breslau und Brixen lassen sich leicht als Ziele der habsburgischen Regierung verstehen. Später, als Karl es auf die Bistümer Köln, Wien, Wiener Neustadt, Salzburg, Passau, Lissabon und das Hochmeistertum abgesehen hatte, zeitigten wohl seine eigenen Ambitionen ­solche übertriebene Hoffnungen und kühne – und mit einer Ausnahme ergebnislose – Versuche. Am wenigsten möchte man die Sucht nach neuen Herrschaftspositionen bei Karl einem Streben nach mehr Machtausübung zuschreiben, dieser Hang schien ihm abzugehen. Allerdings bedeuteten die Stellungen als Reichsfürst in Brixen oder Hochmeister des Deutschen Ordens mehr Einfluss und Ansehen und brachten zusätzliche Ressourcen – Einkünfte und Personal – für den ausgabefreudigen Barockfürsten mit seinen vielfältigen Interessen. Fürstbischof von Brixen und Reichsfürst Neben dem Breslauer Bischofssitz konnte keines seiner Ämter dem Erzherzog von größerer Bedeutung sein als die Position eines Fürstbischofs von Brixen und Reichsfürsten. Wie schon oben beschrieben, erwarb Karl bereits als Jugendlicher Kanonikate in Salzburg (1602), Passau (1605), Trient und Brixen (1606). Bei der Vakanz des Brixener Bischofssitzes 1600/1601 versuchte die Erzherzogin Maria, unterstützt von Ferdinand von Steiermark und ­Kaiser Rudolf, ihrem jüngsten Sohn das Bistum zu sichern.338 Er sollte hier die Nachfolge eines anderen Habsburgers antreten. Der als Zweiundvierzigjähriger in Rom verstorbene Andreas von Österreich war wie Karl und sein Bruder Leopold ein vom 21. April 1618 erlaubt dem Erzherzog Waffen zu tragen und bezeichnet ihn als Diakon. Wann genau er die Würde eines Diakons empfing, bleibt ungewiss; ebd., S. 48 Anm. 1. 336 K umor : Acht Breslauer Bischöfe als Domherren in Köln, S. 49 Anm. 4. 3 37 K oller : Imperator und Pontifex, S. 177. 338 G elmi : Die Brixener Bischöfe, S. 143, mit einem längeren Zitat; Brief des Kaisers vom 16. Januar 1601, der Brief angeregt von der oberösterreichischen Regierung, K eller : Erzherzogin Maria, S. 193.

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niemals zum Priester geweihter Bischof aus dem Hause Habsburg. Ein Sohn Erzherzog Ferdinands II. von Tirol und der Augsburger Patriziertochter Philippine Welser, durfte er sich nicht Erzherzog nennen. Ihn erhob Papst Gregor XIII. als Achtzehnjährigen zum Kardinal. Andreas weigerte sich, die höheren Weihen zu empfangen. Er wurde schon 1589 Fürstbischof von Konstanz und behielt diese Position auch als Fürstbischof von Brixen (1591 – 1600); das Bistum besuchte er allerdings nur dreimal.339 Aber in ­diesem Moment konnte man Brixen noch nicht für einen anderen Habsburger gewinnen. 1606 drängte Maximilian der Deutschmeister, Herzog von Tirol, den Bischof von Brixen, Christoph IV. Andreas von Spaur, den sechzehnjährigen Karl zum Koadjutor zu ernennen, was der Bischof und das Domkapitel aber ablehnten. 1615 unterstützte Erzherzog Maximilian die Verleihung des Bistums Trient an Karl, auch dieser Versuch schlug fehl. Sogar auf Köln richtete der Erzherzog schon damals sein Auge, davon riet Maximilian ab.340 1606 stellte Paul V. ein Breve für Karl aus mit der Altersdispens und der Erlaubnis zur Wahl als Bischof von Brixen bei der nächsten Vakanz, was mit dem Tode des Brixener Fürstbischofs Christoph Andreas von Spaur am 10. Januar 1613 eintrat. Das päpstliche Breve kam bald in die Hände des Domkapitels, der Nuntius in Graz bot an, bei der Wahl anwesend zu sein, was das Kapitel als nicht notwendig erachtete, und noch vor Ende des nächsten Monats sprach sich ­Kaiser Matthias für Karls Wahl aus.341 Die Abgesandten Maximilians des Deutschmeisters erschienen bei den Brixener Domherren und empfahlen ebenfalls den Erzherzog. Die Wahl begann am 11. März und führte einen Tag ­später zum erwünschten Resultat. Dem Gewählten, der sich in Graz aufhielt, brachte eine Delegation des Domkapitels am 4. April 1613 die offizielle Benachrichtigung. Am 1. Mai akzeptierten zwei Vertreter Karls, einer der beiden Jakob Eberlein, die auf die Nachfolge des Habsburgers zugeschnittenen Wahlkapitulationen. Aus Krankheitsgründen kam der neugewählte Bischof nicht selbst in sein Bistum.342 Besitznahme und Huldigung in der ersten Julihälfte 1613 fanden ebenfalls in Abwesenheit des Bischofs statt, der wiederum oder immer noch krank war. Als seine Kommissare erschienen am 7. Juli 1613 Karls geheimer Rat und Kämmerer Nikolaus von Tschetschau und Mettich,343 Dr. Jakob Eberlein, der Kammerrat Melchior Tauber und Karls Geheimsekretär Johann Scharff von Werth. Die Besitznahme von Bistum und Hochstift fand in den folgenden 3 39 G elmi : Die Brixener Bischöfe, S. 138 – 142. 340 N oflatscher : Maximilian der Deutschmeister, S. 290; H irn : Maximilian der Deutschmeister 1, S. 189 – 194; B resciani : Erzherzog Karl, S. 10, hat 1613 für diesen Versuch. 341 Die Wahl und Bestallung behandelt ausführlich B resciani : Erzherzog Karl, S. 21 – 46, Wahl S. 21 – 24, Zahlung der Annaten von 10.000 Floren, die ihm erlassen wurde, S. 26, 35, 36, päpstliches Administrationsbreve, päpstliche Konfirmation S. 28. 342 Die Wahlkapitulationen bei B resciani : Erzherzog Karl, S. 29 – 35. 343 Johann Joachim, der Geheime Rat und Kämmerer des Erzherzogs und dreier ­Kaiser, war verheiratet mit Eva Benigna, Burggräfin von Dohna, das Beilager wurde beschrieben von Martin Opitz in „Die poetischen Wälder“. Ein Johann Nikolaus starb 1621; L. von Z edlitz -N eukirch : Neues preussisches Adels-Lexicon, Leipzig 1836 – 1843, hier 3, S. 402.

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Tagen statt. Vor der Huldigung hielt Johann Scharff eine Rede, in der er versprach, der Bischof würde die Adligen des Hochstifts unbeschädigt in ihren alten Rechten respektieren. Mettich, Tauber und Scharff reisten am 20. Juli nach Neisse zurück, am 23. Dr. Eberlein nach Graz. Es gab aber Widerstand. Hier und da sträubten sich Adlige, dem Bischof das homagium zu leisten, weil einige Untertanen des Herzogs von Tirol waren, der neue Fürstbischof erzwang jedoch die Huldigung.344

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Karte 4: Tirol und das Bistum Brixen. 344 Zu Besitznahme und Huldigung s. B resciani : Erzherzog Karl, S. 37 – 46.

Nicht nur Breslau und Neisse: Herrschaften und Würden anderswo

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Als Erzherzog Karl die Diözese Brixen übernahm, umfasste sie das heutige Nord-, Ost- und Südtirol. Seine territoriale Geschlossenheit hatte das Hochstift schon Jahrhunderte vorher verloren, es bestand jetzt aus einem Dutzend zerstreuter Gerichte, mehreren Ämtern, einzelnen Häusern, Meierhöfen, Wäldern, Zöllen und Bergwerken. Zum Hochstift gehörten nur das Gebiet um die Stadt und vier separate Landstriche, der größte östlich von Brixen, damit nur ein kleiner Teil des Bistumsterritoriums.345 Die Stadt war aber der „geistliche Hauptort“ von ganz Tirol, Steuerwesen und Defension im Hochstift lagen in der Hand der bischöflichen Regierung, die Ständevertretung war unregelmäßig.346 Ehe seine neuen Untertanen den Bischof zum ersten Mal zu Gesicht bekamen, zwanzig Monate nach der Ernennung, holten sich die Brixener Beamten ihre Instruktionen gelegentlich in Neisse ab.347 Die Verschleppung seiner Ankunft in Tirol schrieb man den unruhigen schlesischen Protestanten zu.348 Karl traf erst am 12. November 1614 in der Bischofsstadt ein und blieb dort fünf Monate bis zum 21. April, Dienstag nach Ostern, 1615.349 Ende Dezember 1618 hielt er sich in Hall bei Innsbruck auf, Anfang Januar 1619 in Innsbruck selbst, er fand aber keine Zeit, Brixen zu besuchen.350 Erst nach fünf Jahren, im Mai 1620, kehrte er in sein Tiroler Bistum zurück und blieb dort mit Unterbrechungen bis Februar 1621, eher ein erzwungener Aufenthalt, denn Schlesien war ihm damals nicht zugänglich.351 Auf der Reise von Innsbruck nach Madrid im Herbst 1624 wählte Karl anscheinend ganz absichtlich für sich selbst eine Route von Innsbruck nach Mailand, die nicht über den Brenner und Brixen führte; die Mehrheit der Reisegesellschaft reiste über Brixen. Als Fürstbischof von Brixen war Karl Reichsfürst mit Sitz und Stimme im Reichstag. Für 345 B resciani : Erzherzog Karl, S. 18 – 21. Im 18. Jahrhundert verhielten sich die Einwohnerzahlen in Bistum und Hochstift wie 9: 1; N oflatscher : Gehorsame Untertanen? Politik und Religion im Hochstift Brixen im 17. Jahrhundert, in: Helmut F lachenecker , Hans H eiss und Hannes O bermair Hgg.: Stadt und Hochstift, Brixen, Bruneck und Klausen bis zur Säkularisation 1803 – Città e Principato, Bressanone, Brunico e Chiusa fino alla secolarizzazione 1803 (= Veröffentlichungen des Südtiroler Landesarchivs 12 = Pubblicazioni dell’Archivio della Provincia di Bolzano), Bozen 2000, S. 261 – 288, hier S. 263 Anm. 20. 346 N oflatscher : Gehorsame Untertanen?, S. 265 f. 347 B resciani : Erzherzog Karl, S. 49; DA Brixen, Hofarchiv, Hofratsprotokolle 21, S. 236; zwei Gesandte (Leopold von Schwarzenhorn und Ludwig Linder) berichten über Besuch in Neisse, zwei Briefe von Gesandten aus Neisse, 25. 08. 1614, in DA Brixen, Hofarchiv, Hofregistratur 56, S. 121. 348 Karl wird 1614 durch von den Protestanten veranlasste Unruhen in Schlesien an einer längeren Reise verhindert; B resciani : Erzherzog Karl: S. 5; DA Brixen, Hofarchiv, Hofratsprotokolle 21, S. 201 f. 349 Zu Karls Aufenthalten in Brixen und den Exkursionen innerhalb seines österreichischen Sprengels s. B resciani : Erzherzog Karl, S. 51 – 63. 350 B resciani , Erzherzog Karl, S. 58. Die Entfernung ist 65 km Luftlinie, heute 82 km Fahrstrecke, die Reise von drei Tagen über den Brenner und im Eisacktal war sicher schwierig, vor allem im tiefsten Winter. 351 B resciani , Erzherzog Karl, S. 59 – 63.

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das katholische negotium im Reichstag einzutreten, gab er einmal als wesentlichen Grund für sein Interesse an ­diesem Bischofssitz.352 Der Empfang der Regalien aus der Hand des Kaisers, die der päpstlichen Konfirmation folgte, verzögerte sich bis September 1614, was wiederholte Gesuche um Aufschub – Indulte – erforderte, die sich jedes Mal mit Gebühren verbanden, wie auch die Verleihung selbst. Weder bei dieser Gelegenheit noch für den Empfang der Regalien nach Ferdinands Regierungsantritt (aber erst im August 1623) war Karl persönlich anwesend; „wichtige anderweitige Geschäfte“ verhinderten sein Erscheinen.353 Zwei Drittel der Grafschaft Tirol lagen in den Bistümern Brixen und Trient, 40,1 Prozent des Landes im Brixener Bistum allein. Die Hochstifte blieben reichsunmittelbar, aber ihr Status war nicht weit entfernt von dem habsburgischer Hausbistümer wie Lavant, Gurk und Seckau; von 1511 an waren sie zu einem bestimmten Aufgebot, ­später zu einer Steuer im Verteidigungsfalle verpflichtet. Schon unter Ferdinand II. (1564 – 1595) wurde das Eingreifen des Tiroler Landesherrn in die Geschäfte der Bischöfe von Trient und Brixen eine feste Gewohnheit, und nicht nur, wo es um die temporalia ging; so nahm ein landesherrlicher Beamter an den bischöflichen Visitationen teil.354 Karl hatte Glück, dass in seiner Zeit als Landesherr von Tirol sein irenischer Vetter Maximilian der Deutschmeister regierte, erst als Statthalter, dann als Landesfürst, und ­später sein Bruder Leopold, aber selbst mit diesen ihm wohlgesinnten Habsburger Verwandten konnten Zusammenstöße nicht vermieden werden. Auf beide Fürstbischöfe, Trient und Brixen, übte der österreichische Regent Druck aus, so dass die Mediatisierung ihrer Bistümer drohte.355 Der Bischof von Brixen saß auch im Landtag, betonte aber immer, seine Teilnahme sei freiwillig. Verglichen mit den Bedrängnissen der katholischen ­Kirche Schlesiens waren die Probleme des Bistums Brixen weniger und leichter zu bewältigen, der Konflikt ­zwischen Katholischen und Protestanten, der Karls Herrschaft in Schlesien den Boden zu entziehen drohte, war längst zugunsten der alten ­Kirche entschieden.356 Die Protestanten hatten sich in den 1520er Jahren ausgebreitet, in manchen Gebieten mit besonderem Erfolg die Täufer. Nach der Dreiteilung der habsburgischen Länder 1564 erwies sich Erzherzog Ferdinand II . durch eine Reihe von Mandaten als starker Verfechter der „Einigkeit in der Religion“ und der Erneuerung des alten Glaubens. Unter der Ägide des Landesfürsten standen die führenden Schichten in Klerus, Adel und Stadt und die

3 52 E ngelbert : Das Bistum Breslau im Dreißigjährigen Kriege 1, S. 114. 353 In die Zeit Karls als Reichsfürst fallen die Reichstage der Jahre 1613 (13.08. – 22.10.), 1619 (27.07. – 28.08.) = der Wahltag in Frankfurt, und 1623 (10.01. – 02.04.). Zum Empfang der Reichregalien B resciani : Erzherzog Karl, S. 46 – 50. 354 Josef H irn : Erzherzog Ferdinand II. von Tirol. Geschichte seiner Regierung und seiner Länder 1 – 2, Innsbruck 1885 – 1887, hier 1, S. 381, zu Brixen S. 311 f., überhaupt der Abschnitt „Beziehungen z­ wischen der geistlichen und staatlichen Gewalt“, S. 279 – 322. 355 N oflatscher : Tirol, Brixen, Trient, S. 89 f., 98. 356 N oflatscher : Tirol, Brixen, Trient, S. 90 – 98.

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Beamten für den alten Glauben ein. Staatliche Kirchenherrschaft verfestigte sich in der Abwehr der Reformation.357 Hervorragende Männer regierten das Bistum vor Karl und standen ihm während seiner Herrschaft zur Seite. Sein unmittelbarer Vorgänger war der bedeutende Bischof Christoph IV. Andreas von Spaur, 1601 – 1613, vorher Fürstbischof von Gurk, der zahlreiche Reformen durchsetzte, die der katholischen Erneuerung dienten: die Errichtung eines Priesterseminars, regelmäßige Visitationen, Diözesansynoden, deren Dekrete eine neue Bistumsordnung darstellten mit genauer Beschreibung der priesterlichen Amtsund Lebensführung, 1604 sogar der Druck einer deutschen Übersetzung der Synodalstatuten, 1609 das Sacerdotale Brixinense mit Texten zur Sakramentenspendung. Abkommen ­zwischen Fürstbischof und Landesfürst bestimmten genau die jeweiligen Kompetenzen in Religionsangelegenheiten. Es bestand also im Brixener Bistum eine Reformtradition und sie dauerte während der Regierungsjahre des neuen Bischofs fort, ob er im Lande weilte oder nicht. Für seine Regierung fand Karl ausgezeichnete Helfer wie Weihbischof Simon Feuerstein oder Generalvikar Otto Agricola. Feuerstein, ein Germaniker, hielt die Positionen des Weihbischofs und Dompropstes fast während der ganzen Regierungszeit des Erzherzogs, von 1597 bzw. 1601 bis 1623.358 Auf Bischof Karls Anordnung hin führte Brixen 1614 den römischen Ritus ein, mehrere Pfarrvisitationen fanden in seiner Zeit statt,359 er ließ Gebetstage mit Prozessionen wegen Kriegsgefahr abhalten, Ablässe wie der vom 27. Juli 1617, ein Jubel-Ablass auf Grund eines päpstlichen Breves, wurden in Brixen (und Breslau) verkündet mit Aufforderung zum Gebet ob der Drangsale der Zeit, während der Fastenzeit wurde das vierzigstündige Gebet gehalten.360 Ein frommes Projekt, wie einen Jahrtag mit vier Messen zum Gedächtnis der Bischöfe von Brixen, verhinderte das Kapitel, da es der Bischof nicht aus eigenen Mitteln finanzieren wollte.361 In Tirol war das katholische Bekenntnis gesichert, die religiöse Einheit Realität, ein Vordringen des Protestantismus nicht akut, die 357 N oflatscher : Tirol, Brixen, Trient, S. 92; H irn : Erzherzog Ferdinand II. von Tirol, S. 71 – 278 zu den Maßnahmen zur Förderung der Gegenreformation und katholischen Erneuerung. 358 G elmi : Die Brixener Bischöfe, S. 149 – 152 (Karl), 142 – 149 (Christoph IV. Andreas von Spaur, 1601 – 1613). 359 1614, 1615, 1616, keine Visitationen mehr in den letzten acht Jahren. Was in der Relation von 1620 berichtet wird, entspricht nicht ganz den Tatsachen; Jürgen B ücking : Frühabsolutismus und Kirchenreform in Tirol 1565 – 1665 (= Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz 66), Wiesbaden 1971, S. 181. 360 Über Schritte zur katholischen Erneuerung im Bistum Brixen B resciani : Erzherzog Karl, S. 135 – 141; Josef S ilbernagel : Die nachtridentinischen Kirchenverhältnisse in der Diözese Brixen von 1614 – 1662 im Spiegel der Visitationsprotokolle, phil. Diss. masch., Innsbruck 1973, nicht gesehen; Anselm S parber : Kirchengeschichte Tirols, im Grundriß dargestellt, Innsbruck, Wien, München 1957, einiges zur religösen Erneuerung S. 56 – 60, Erzherzog Karls Name fällt nicht in dieser Arbeit von weniger als 100 Seiten. 361 B resciani : Erzherzog Karl, S. 140; DA Brixen, Hofarchiv, Hofratsprotokolle 22, S. 525.

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Reform zur Erneuerung der katholischen ­Kirche weit fortgeschritten, die Identifizierung der Bevölkerung mit dem katholischen Glauben eine Tradition. Zudem war die habsburgische Herrschaft schon lange etabliert und tief verwurzelt. Die Spannungen und Gefährdungen, die ­Kaiser und Papst veranlassten, sich für einen Habsburger auf dem Breslauer Bischofsthron einzusetzen, bestanden im Falle von Brixen nicht. Gerade weil er so oft auf Reisen war und sich wochen- und monatelang aus seinen Verwaltungsgebieten entfernte, schien der Bischof bestrebt, in Neisse wie auch in Brixen, einer Politik zu folgen, die den Status der ­Kirche, das Los der Untertanen oder die Routinen der Verwaltung verbesserte und die man gleichzeitig als von ihm initiierte Reformen empfand. Mit den Verhältnissen im Bistum und Hochstift Brixen war der Erzherzog wenig vertraut, in seiner Abwesenheit walteten der Administrator und das Kapitel als seine Verweser.362 Da der Bischof wiederholt einen Schritt tat, der im Konflikt mit den alten Gewohnheiten stand oder aus anderen Gründen abgelehnt wurde, kennzeichnen Karls Jahre als Brixener Bischof wiederholte Kontroversen mit dem Domkapitel. Dieses bestand aus neunzehn Kanonikern, die wichtigste der vier Dignitäten die des Dompropstes.363 Mit den Domherren stritt sich der Bischof vor allem in Personalfragen, z. B. bei der Ernennung seines Kammerdieners Kaspar von Rosenberg zum Hauptmann von Fassa, und wegen seiner Ausgaben.364 Die vom Bischof gewünschte lockere Auslegung der Wahlkapitulationen wies das Kapitel zurück, die Übertragung kostbarer Möbel oder der alten Bibel nach Neisse erregte seinen Unwillen.365 Die Ernennung von vier Visitatoren des Fürstentums führte 1616 zu einem langen Protestschreiben des Kapitels.366 Auf der anderen Seite inspizierte das Kapitel hinter seinem Rücken die Kammergutsrechnungen und Privatausgaben des Bischofs, was diesen empörte, und hielt ihm die hohen Auslagen vor, die er dem Bistum auflud.367 Die Klagen des Kapitels über die bischöflichen Schulden setzten sich bis an Karls Lebensende fort.368 362 Karl W olfsgruber : Das Brixener Domkapitel in seiner persönlichen Zusammensetzung in der Neuzeit 1500 – 1803 (= Schlern-Schriften 80), Innsbruck 1951, besonders der verfassungsgeschichtliche Teil S. 17 – 116, überarbeitete Statuten 1621 S. 243, Text der Statuten im 17. Jh. S. 246 – 276. Die Domkapitelprotokolle für die Zeit des Erzherzogs sind DA Brixen, Domkapitelarchiv VII b 1607 – 1615 (277 folios), VIII 1615 – 1625 (487 folios), IX 1625 – 1630 (361 folios). 363 B resciani : Erzherzog Karl, S. 64 – 75 über die Beziehungen ­zwischen Bischof und Kanonikern, die Namen der in Karls Jahren dienenden S. 65; W olfsgruber : Das Brixener Domkapitel, S. 120 f. 364 B resciani : Erzherzog Karl, S. 75; DA Brixen, Hofarchiv, Hofratsprotokolle 22, S. 157. 365 B resciani : Erzherzog Karl, S. 69; S innacher : Beyträge Saeben und Brixen 8, S. 180. 366 DA Brixen, Hofarchiv, Hofakte 10.940; B resciani : Erzherzog Karl, S. 71 – 73. 367 DA Brixen, Hofarchiv, Hofakte 14.728; B resciani : Erzherzog Karl, S. 74. 368 DA Brixen, Hofarchiv, Hofratsprotolle 21, S. 525, 182, 157 beziehen sich auf diese Schulden; B resciani : Erzherzog Karl, S. 75.

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Von den elf Jahren als Bischof von Brixen verbrachte Karl nur vierzehn Monate im Bistum. Auch in seiner Abwesenheit wurden Diözese und Hochstift kompetent verwaltet. Die Vertretung des Bischofs übernahm ein Bistumsadministrator, mit Verantwortung für Bistum und Fürstentum. Bei der Ernennung des Domkanonikers Ulrich von Spaur zu dieser Position erließ der Erzherzog am 10. Juli 1613, d. h. sechzehn Monate vor seinem ersten Erscheinen in Brixen, eine Instruktion, die Aufgabenbereich und Vergütung des hohen Beamten bis ins Einzelne festlegte, einschließlich Wohnung, Dienerschaft, Anzahl der Pferde und deren Betreuung, Heizung und Kompensation für den Administrator selbst und seine Bediensteten.369 Das Datum der Ausstellung macht es unwahrscheinlich, dass der Erzherzog selbst am Entwurf dieser Verordnung beteiligt war, aber sie konnte kaum ohne seine Zustimmung verabschiedet werden und bezeugt, dass er sich zur gewissenhaften Verwaltung von Bistum und Hochstift verpflichtet fühlte. Ebenso wenig konnte die Ernennung eines Domherrn zum Amt des Administrators, ehe Karl einen Fuß ins Bistum gesetzt hatte, ohne die Mitwirkung des Bischofs vor sich gehen. Bei der Einsetzung eines neuen Weihbischofs (Anton Krosini) und neuen Kanzlers (Johann Werndle) im August 1623 folgte der Bischof beflissen den Empfehlungen des Domkapitels. Eine Fehlbesetzung, die ihm allein zuzuschreiben ist, war die Ernennung des Nikolaus Boneth zum Kanzler gewesen. Karl setzte diesen bayerischen Hofrat an die Stelle des Domherrn Johann Platzgummer, der die Stelle zehn Jahre innegehabt hatte und jetzt aus dem bischöflichen Dienst entlassen wurde. Boneth machte sich der Veruntreuung von Bistumsgeldern schuldig und der Bischof musste ihn schließlich fallenlassen, ungern und mit einem Abschiedsbonus von eintausend Floren.370 In Brixen fand Karl einen schon lange bestehenden Hofrat vor, in dem neben Mitgliedern des Domkapitels und bischöflichen Beamten auch adlige Besitzer einen Platz hatten. Der Hofrat, mit vier bis fünfzehn Mitgliedern, war zuständig für die weltlichen Regierungsangelegenheiten, obwohl er in Anwesenheit des Bischofs nur eine beratende Funktion ausübte. Hielt sich der Bischof außer Lande auf, so stellte der Hofrat mit dem Administrator als Vorsitzendem die Regierung des Hochstifts dar. Vom Ende seines ersten Brixener Aufenthalts stammt eine Hofratsordnung (31. März 1615), die in dreizehn Punkten die Aufgaben und Routinen des Hofrates und die Pflichten der Mitglieder festlegte.371 Bei seinem ersten Aufenthalt in Brixen führte der Bischof auf Gesuch des Hofrats eine Reform des Hofgerichts 369 Text der Instruktion: DA Brixen, Hofarchiv, Hofakte 24.129; B resciani : Erzherzog Karl, S. 87 – 90. 370 S innacher : Beyträge Säben und Brixen 8, S. 192, 231 – 233. 371 B resciani : Erzherzog Karl, S. 79 – 82, zu den Mitgliedern des Hofrats in Karls Zeit S. 76 f. Karls Hofratsordnung aus DA Brixen, Hofarchiv, Hofakten 1613 – 1624, 20.259. Überhaupt zur Regierung des Hochstifts Brixen: F lachenecker u. a.: Stadt und Hochstift; Wolfgang W üst : Sovranità principesco-vescovile nella prima età moderna. Un confronto tra le situazioni al di qua e al di là delle Alpi: Augusta, Bressanone, Costanza e Trento – Fürstliche Stiftsherrschaft in der Frühmoderne. Ein Vergleich süd- und nordalpiner Verhältnisse in Augsburg, Brixen, ­Eichstätt,

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durch und ordnete damit das Gerichtswesen für einen bestimmten Personenkreis (die Adligen und Stiftsbeamten in gewissen Gegenden, Hofgesinde, Verwaltungsbeamte); das Hofgericht hatte Verantwortung in allen Lehenssachen.372 Dass der Erzherzog anderthalb Jahre vor seiner Ankunft und dann am Ende seines ersten Aufenthalts ein Verzeichnis der Pflichten des Administrators und des Hofrats zusammenstellen ließ, verrät wohl die klare Absicht, die Führung der Regierungsgeschäfte in seiner Abwesenheit zu ordnen. Gleichgültig wo er sich im Augenblick befand, erließ die Brixener Regierung in Karls Namen eine erstaunliche Zahl von Ordnungen für Handwerker, Kaufleute und spezielle Kategorien von Einwohnern wie Juden und Bettler. Eine Sammelakte des Brixener Diözesanarchivs enthält 167 ­solche Verordnungen für die Zeit vom 17. Juli 1613 bis 27. Januar 1625.373 Karl setzte auch größere Bauvorhaben in Bewegung, wie die Erweiterung des Hofpalastes, und organisierte die Begradigung der wichtigen Eisacktalstraße unterhalb der Stadt. Dem Bischof ging es darum, die Einkünfte des Bistums und Hochstifts für seine offiziellen und persönlichen Bedürfnisse auszunützen, vor allem seine Hofhaltung und Sammlerleidenschaft, zuletzt auch die Kosten seiner Spanienreise.374 Aber nützliche Initiativen zur kirchlichen Reform und zum Wohle seiner Untertanen können wir ihm nicht absprechen. Bedauerlicherweise überschatteten das, was er hier schuf, die hohen Schulden, die er seinem kleinen Herrschaftsgebiet auf Jahrzehnte hinterließ. Hoch- und Deutschmeister des Deutschen Ordens Seinen Positionen als Bischof von Breslau und Brixen fügte Erzherzog Karl sieben Jahre nach seiner zweiten Erhebung zum Bischof das Amt des Hoch- und Deutschmeisters des Deutschen Ordens hinzu.375 Das Amt bedeutete ihm viel, von seinen drei Würden führte er künftig die des Hoch- und Deutschmeisters gewöhnlich an erster Stelle an: „Administrator des Hochmeisterthumbs Preußen, Meister Teutschen Ordens in Teutschen vnd Welschen Landen“.376 Der Deutschherrenorden oder Deutschritterorden war 1618

372 373 374 375 376

Konstanz und Trient, in: Annali dell’Istituto storico italo-germanico in Trento – Jahrbuch des italienisch-deutschen historischen Instituts in Trient 30 (2004), Bologna 2005, S. 285 – 332. B resciani : Erzherzog Karl, S. 82 – 85, die Umstände, die zu dem Erlass führten, S. 83; DA Brixen, Hofarchiv, Hofakten 20.089. DA Brixen, Hofarchiv, Hofakte 28.084 (Fuhrmann-Patent, 18. 10. 1618), 20.084, 20.089, 20.071; B resciani : Erzherzog Karl, S. 98 – 100. Die Sammelakte 28.084 enthält die 167 Verordnungen vom 17. Juli 1613 bis 27. Januar 1625. Das Bistum Brixen war den Habsburger Bischöfen Andreas und Karl nur ein „finanzielles Beute­stück“; B ücking : Frühabsolutismus und Kirchenreform, S. 178. D emel : Karl, Erzherzog von Österreich; N oflatscher : Maximilian der Deutschmeister, S. 292 f. „Carl von Gottes gnaden Ertzherzog zu Österreich, Hertzog zu Burgundt, Administrator des Hochmeisterthumbs Preußen, Meister Teutschen Ordens in Teutschen vnd Welschen Landen, Bischoff Zue Brixen vnd Breslau, Graf zu Tyrol“, so bezeichnet er sich in einem Brief

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nur noch ein Schatten seiner einstigen Größe und Bedeutung. Den Deutschordensstaat, der einmal bis an die Narwar reichte und das spätere Ostpreußen, Lettland und Estland einbezog und sich durch fortgeschrittene Verwaltung und Finanzwirtschaft auszeichnete, hatte die Niederlage bei Tannenberg 1410 von Händen der Litauisch-Polnischen Union drastisch reduziert, und das verbleibende Ordensland, ungefähr mit Ostpreußen identisch, ging dem Orden 1525 verloren, als der Hochmeister sich zur Reformation bekannte und den Ordensstaat in ein weltliches Herzogtum umwandelte. Der Orden bestand weiter im Alten Reich, organisiert in Verwaltungsbezirke, genannt Balleien, mit zahlreichen Ordenshäusern und weit verstreuten Besitzungen, vor allem im Süden des Reiches, Österreich und der Schweiz. Kommenden oder bedeutende Besitztümer gab es aber von Bremen bis Bozen und von Metz bis Troppau. Böhmen und Mähren bildeten eine Ballei, die wichtigste war Franken – sie schloss auch Bayern ein – mit dem zentralen Sitz des Ordens in Mergentheim. Größere zusammenhängende Besitzund Herrschaftsgebiete gab es nur wenige. Die Mitgliedschaft des Ordens setzte sich jetzt vor allem aus Ritterbrüdern und Priesterbrüdern zusammen. Die Ritterbrüder, immer geborene Adelige, verpflichteten sich zum Militärdienst, vor allem zum Kampf gegen die Türken. Im Lichte der katholischen Reformation wurde der Anteil der Priesterbrüder verstärkt. Der Deutschherrenorden galt als eine der geistlichen Herrschaften im Alten Reich, der Hoch- und Deutschmeister – die Ämter hatte man verbunden – besaß Sitz und Stimme im Reichstag. Lange beherrscht von der Ritterschaft, wandelte sich der Orden am Ende des 16. Jahrhunderts in eine Domäne des Hochadels, eigentlich des Hauses Habsburg. Dem Habsburger Karl ebneten sein Vetter Maximilian und sein Bruder Maximilian Ernst den Weg. Maximilian, Sohn ­Kaiser Maximilians II. und Landesherr von Tirol, trat 1584 in den Orden ein und diente seit 1590 als Hochmeister, der erste von mehreren Habsburgern in dieser Position – zehn von siebzehn Hochmeistern entstammten am Ende dem Hause Habsburg – und erwies sich als gewissenhafter Reformer des Ordens.377 Schon Jahre vor seiner Einkleidung als Ordensritter 1615 wurde Karls älterem Bruder Maximilian Ernst die Nachfolge im Hochmeistertum zugesichert (1612), sie verhinderte sein Tod als Einunddreißigjähriger am 18. Februar 1616.378 Drei Wochen ­später, in einem Schreiben vom 7. März, präsentierte sich Karl als Kandidat für an Margarete von Österreich, seine in Madrid im Kloster lebende Cousine; Innsbruck TLA , Ferdinandea, Nr. 255, 04. 10. 1623. Der Titel „Meister in deutschen und welschen Landen“ führte sich darauf zurück, dass seit der Mitte des 14. Jahrhunderts der Deutschmeister die Verantwortung für die Balleien im Mittelmeerraum hatte. Die Balleien Österreich und Böhmen unterstanden nicht dem Deutschmeister; Jürgen S arnowsky : Der Deutsche Orden, 2. Aufl., München 2012, S. 57, 18. 377 A rnold : Die Hochmeister des Deutschen Ordens, S. 1 f. Zum langen Ringen um die Aufnahme Maximilians in den Orden und seine Wahl zum Koadjutor s. N oflatscher : Maximilian der Deutschmeister, S. 67 – 106. 78 Zu Karls Nachfolge im Hochmeisteramt N oflatscher : Maximilian der Deutschmeister, 3 S. 289 – 293.

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das Amt des Koadjutors.379 Mehrere Hindernisse standen dem im Wege. Karl war nicht einmal Mitglied des Ordens, er gehörte dem geistlichen Stande an, diente überdies als Bischof zweier Diözesen, eine ­solche Person hatte man noch nie als Ordensritter eingekleidet. Das bischöfliche Amt ließ sich nicht vereinen mit dem des Hochmeisters, das diesen zur Armut und zum Kampf für Glaube und Reich verpflichtete. Das Generalkapitel in der Frankfurter Komturei vom 5. bis 7. Februar 1618 wollte Karls Nachfolge im Hochmeisteramt nur akzeptieren, wenn Papst, ­Kaiser und Hochmeister ihre Zustimmung gaben. Inzwischen bewarb sich Karl um die Nachfolge an Stelle seines Bruders in der österreichischen Landkomturei.380 Am 20. März 1618 bat er Papst Paul V. um die päpstliche Dispens, das Bischofsamt gleichzeitig mit dem des Hochmeisters auszuüben. Bittgesuche desselben Inhalts richteten gleichzeitig ­Kaiser Matthias und König Ferdinand an den Papst. Die Briefe überbrachte Dr. Hartger Hennott, Kölner Domherr, Propst von St. Severin und Dekan von St. Andreas.381 Papst Paul V. gab schon am 21. April 1618 seine Zustimmung zur Verbindung der beiden Würden, gleichzeitig erklärte er, Karls Stand als Diakon (das erste Mal, dass wir von Karls Empfang dieser Weihe hören) sei kein Hindernis.382 Karl wurde dann am 12. September 1618 auf dem Generalkapitel in Mergentheim in Abwesenheit in den Orden aufgenommen und als Nachfolger im Hochmeisteramt bestellt. Die für den Eintritt in den Orden erforderliche „Aufschwörungsurkunde für den Ritterschlag“, datiert Wien, den 24. Oktober 1618, unterzeichneten Matthias, Ferdinand und Karl.383 Eine Dispens ersparte ihm das einjährige Noviziat. Karls Bestellung als Hochmeister war ein Präzedenzfall, ­später nahmen mehrmals Bischöfe diese Position ein. Maximilian der Deutschmeister starb am 2. November 1618. In Hall bei Innsbruck in der mit dem Damenstift verbundenen Herz-Jesu-Basilika (Stiftskirche) erfolgte am 26. Dezember 1618 Karls Einkleidung als Ordensritter und Umgürtung mit dem Schwert. An Maximilians Stelle nahm jetzt diesen Akt der Mergentheimer Seminardirektor Magister Heinrich Loen vor.384 379 N oflatscher : Maximilian der Deutschmeister, S. 290 Anm. 18 (Wien DOZA, Varia 1299, 07. 03. 1616, und eine vermutliche Antwort in TLA Oberösterreichische Hofregistratur C 145, 10. 03. 1616). 380 N oflatscher : Maximilian der Deutschmeister, S. 291 (Wien DOZA, Generalkapitel 721/1, Frankfurt, 07. 02. 1618, Schluss; 06. 02. 1618, Protokoll); Johannes V oigt : Geschichte des Deutschen Ritter-Ordens in seinen zwölf Balleien in Deutschland 1 – 2, Berlin 1857 – 1859, hier 2, S. 297 – 301. 381 Karls Brief in Wien DOZA, Ritter 486, 20. 03. 1618; N oflatscher : Maximilian der Deutschmeister, S. 292 Anm. 36. 382 Das Original der päpstliche Antwort auf Karls Schreiben vom 21. April 1618 = Wien DOZA, Urkunden 1618 IV 21 (Abbildung monasterium.net unter Deutscher Orden, Urkunden); ASV Armarium 45, 15, fol. 326v–327r; Köhler: Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 388, Regest 332. 383 Wien DOZA Ritter 486, 24. 10. 1618; N oflatscher : Maximilian der Deutschmeister, S. 293 Anm. 45. 384 N oflatscher : Maximilian der Deutschmeister, S. 297, 293, dort auch Anm. 45; Wien DOZA Ritter 486, 24. 10. 1618.

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I­ nthronisation als neuer Hochmeister und Vereidigung auf die Ordensverfassung fanden am 14. Januar 1619 in Mergentheim statt.385 Am 24. Januar befand sich der Erzherzog im mittelfränkischen Ellingen, dem zentralen Sitz des Landkomturs der Ballei Franken.386 Als Landkomtur amtierte damals Johann Eustach von Westernach (1613 – 1625), der auch als Karls Statthalter in Mergentheim diente und bald die Nachfolge des Bischofs als Hochmeister des Ordens antrat.387 1622 (24. Dezember) belehnte der ­Kaiser seinen Bruder als Administrator und Deutschmeister. Papst Gregor XV. bestätigte am Vortage die seit Leo X. verliehenen Ordensprivilegien und damit die weitgehende Exemtion des Ordens von den lokalen Bischöfen.388 Dass der Deutsche Orden 1621 in Mähren die wegen ihrer Erzvorkommen, Eisenindustrie und ihres Waldreichtums wertvolle Herrschaft Freudenthal (Bruntál) übernehmen durfte, schrieb der ­Kaiser in der Schenkungsurkunde seinem Bruder Karl zu. Er hatte Ferdinand vorgeschlagen – ihm „angesunnen“ –, die heimgefallene Herrschaft Freudenthal des Rebellen Hans von Würben dem Deutschen Ritterorden einzuräumen.389 Damit konnte der ­Kaiser ein Versprechen einlösen, welches sein Vetter Maximilian der Deutschmeister dem Orden gemacht hatte, nämlich dem Hochmeister jährlich 10.000 Rheinische Gulden zu zahlen oder dem Orden ein Kapital von 200.000 Rheinischen Gulden zur Verfügung zu stellen. So erledigte sich der ­Kaiser leicht einer leidigen Verpflichtung, der Orden gewann ein zusammenhängendes Territorium und neue Einkommensquellen und der Erzherzog Einfluss in einem dem Bistumsland nahe 385 Einkleidung und Inthronisation beschrieben in Wien DOZA, Ritter 486, 14. 01. 1619; Gustav Adolf R enz : Sammelblätter aus der Deutschordensgeschichte. Die Inthronisation eines Hochund Deutschmeisters, in: Fränkische Chronik. Blätter für Heimatgeschichte und Volkskunde. Beilage zur Tauber-Zeitung – Bad Mergentheim 3 (1926), S. 9 – 11, hier S. 9, statt Karl ­irrtümlich Maximilian. Karl noch am 19. Januar in Mergentheim belegt; Innsbruck TLA, Alphabetisches Leopoldinum II 29, 19. 01. 1619. 386 Karl an Erzherzog Albert, 24. 01. 1619, aus Ellingen in Franken, K öhler : Revision eines Bischofsbildes, Nr. 17, S. 118 f. 387 A rnold : Hochmeister des Deutschen Ordens, S. 200 (Demel), 203 – 208 (Noflatscher). 388 A rnold : Hochmeister des Deutschen Ordens, S. 200. 389 I rg a n g : Freudenthal, S. 31 – 46 (über Karl und Freudenthal); Joachim B a h lcke , Winfried E b e r h a r d und Miloslav P o l í v k a : Böhmen und Mähren (= Handbuch der Historischen Stätten), Stuttgart 1998, S. 149 – 151. Zu dem Karl betreffenden Material im Zentralarchiv des Deutschen Ordens s. W ies er : Die Bedeutung des Zentralarchivs des Deutschen Ordens für die Geschichte Schlesiens und Mährens, 1967, S. 95, 156, 162, 191. Der Abschnitt „Die Bestände des Archivs im Einzelnen“ bezieht sich auf Urkunden, Handschriften, Aktenbestände. Unter Letzteren s. insbesondere 20. Abt. „Meistertum“, S. 15 f. Über das Zentralarchiv auch Klemens W ies er : Das Zentralarchiv des Deutschen Ordens in Wien, in: Archivalische Zeitschrift 60 (1964), S. 131 – 152; ders .: Die Bedeutung des Zentralarchivs des Deutschen Ordens für die Landesgeschichte Schlesiens, in: Zeitschrift für Ostforschung 14 (1965), S. 455 – 464.

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g­ elegenen Gebiet.390 Der Weg von Neisse nach Freudenthal, ungefähr 55 Kilometer, läuft durch den Würbenthaler Sudetenpass, eine bergige und bewaldete und am Anfang des 17. Jahrhunderts unwirtliche und unsichere Landschaft. Die vom Bischof oft genug unternommene Reise von Neisse nach Wien führte über Freudenthal; auf dem ersten Abschnitt seiner Spanienreise machte die Reisegesellschaft in Freudenthal einen Tag halt. Es mag schon richtig sein, dass den Erzherzog eher persönliche Interessen – dabei auch die leicht erreichbaren Jagdgründe 391 – als das Wohlergehen und die wirtschaft­ liche Sanierung des Deutschen Ordens bewegten, aber der Erwerb von Freudenthal und Eulenberg erwies sich als ein Schritt, wie überhaupt die Bindung an das Haus Habsburg, der höchst positive Konsequenzen für den Orden über die nächsten drei Jahrhunderte haben sollte. Das Gebiet von Freudenthal an der Südgrenze des Fürstentums Neisse gehörte ehemals zum Herzogtum Troppau, zeitweise zu Ratibor, war gelegentlich selbst ein Herzogtum, dann eine Standesherrschaft. Zur Herrschaft gehörten 1618 zwanzig Ortschaften, nämlich drei Städte und siebzehn Dörfer, mit 1119 Ansassen, die Einwohnerzahl dann wohl das Vier- bis Fünffache.392 Zu Freudenthal trat die benachbarte Herrschaft Eulenberg (Sovinec). Wegen seiner Beteiligung am böhmischen Aufstand sah sich Johann der Ӓltere Kobylka von Kobylí gezwungen, die mit Eulenberg verbundenen Güter 1622 an Karl von Liechtenstein zu verkaufen, durch ihn gelangten sie an den Hochmeister. Den Kauf und die Herrschaft als Kommende des Deutschen Ordens bestätigte Ferdinand am 24. August 1624.393 Die Herrschaft Eulenberg lag an der Südwestgrenze der Herrschaft Freudenthal und erstreckte sich von dort über dreißig Kilometer in südwestlicher Richtung. Neben der Stadt Eulenberg, zwanzig Kilometer südwestlich von der Grenze mit Freudenthal, gehörten zur Herrschaft der Markt Friedland und die Stadt Braunseifen und mehr als zwei Dutzend Dörfer.394 Seine Einkünfte bezog der Orden in Karls Tagen vor allem aus der Landwirtschaft, d. h. den von Ordensmitgliedern geleiteten Gutswirtschaften und den Zins- und Steuerzahlungen einer abhängigen Bauernschaft. Die Einnahmen des Rentamts Freudenthal, die sich 1627/28 auf 19.305 Taler beliefen, stammten aber zu mehr als einem Drittel aus dem Hammerwesen, d. h. den Hammerwerken, der Verarbeitung von Roheisen, der Eisenproduktion, in Kriegszeiten jetzt auch besonders der Herstellung von Waffen und Munition. Die nächsten größeren Posten bildeten das Brauurbar, Zinsen und Abgaben, Holzverkäufe 390 Zwei gleichlautende Urkunden über Ferdinands Übertragung der Herrschaft Freudenthal an den Hochmeister des Deutschen Ordens vom 17. Juli 1621, Wien DOZA, Urkunden VII 17a und 17b, 17. 07. 1621, Abbildung monasterium.net, Druck bei I rgang : Freudenthal, S. 221 f. 391 I rgang : Freudenthal, S. 40, und dort Anm. 36. 392 I rgang : Freudenthal, S. 238. 393 Wien DOZA, Urkunden 1624 VIII 7, Wien, 07. 08. 1624, Abbildung monasterium.net. 394 D emel : Karl, Erzherzog von Österreich, S. 201 f. Eine ausführliche Beschreibung der Herrschaft Eulenberg bei Gregor W olny : Die Markgrafschaft Mähren topographisch, statistisch und historisch geschildert 5: Olmützer Kreis, Brünn 1839, S. 304 – 324 (Allodherrschaft Eulenberg); B ahlcke u. a.: Böhmen und Mähren, S. 138 f.

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und Strafgelder. Die Einnahmen des Rentamtes Freudenthal übertrafen um das Zehnfache die von Eulenberg.395 Neben dem Wald- und Wildbestand der beiden Herrschaften dürften für den Erzherzog der Bergbau, auch auf Gold, und die Eisenindustrie von besonderem Interesse gewesen sein.396 Der Deutsche Orden profitierte zudem von der Enteignung anderer mährischer Landbesitzer, die am Aufstand 1618 teilgenommen hatten. Wiederholt hören wir schon 1619 von Landgütern, die dem Erzherzog oder dem Deutschen Orden überlassen wurden.397 In einer Urkunde vom 24. August 1623 übergab der ­Kaiser seinem Bruder und dem Deutschen Orden die im Herzogtum Jägerndorf gelegene Herrschaft Olbersdorf, ehemaliger Besitz des Rebellen Hans Christoph von Wallstein, aber der Erzherzog übertrug sie den Neisser Jesuiten.398 Er plante auch, die von zwei Rebellen aus der Familie Zierotin konfiszierten Herrschaften Wiesenberg und Ullersdorf westlich von Freudenthal den Deutschherren zu übergeben, ein Vorhaben, das sein Tod dann verhinderte.399 Mit Freudenthal und Eulenberg nannte der Deutsche Orden jetzt ein kleines geschlossenes Herrschaftsgebiet sein eigen, von nicht geringer Bedeutung für die Wirtschaftskraft des Ordens bis 1939.400 Der Bischof war dem Deutschen Orden ein großzügiger Stifter und Gönner, was er verschenkte, bestand jedoch aus den konfiszierten Gütern evangelischer Aufständischer. Welche Rechte, Funktionen und Einkünfte standen dem Erzherzog in der Rolle des Hochund Deutschmeisters zu? Im Lichte der glorreichen Vergangenheit des Deutschen Ordens war die Aussicht auf diese Würde in den Fußstapfen Maximilians des Deutschmeisters offensichtlich attraktiv für den immerhin erst achtundzwanzigjährigen Habsburger. Karl ließ Münzen und Medaillen schlagen, die ihn mit dem Ordenskreuz am Hals darstellen.401 Die Hürde, die sein geistlicher Beruf darstellte, räumte die päpstliche ­Dispensation 3 95 I rgang : Freudenthal, S. 239. Abgesehen vom Gewinn von Roheisen gab es auch Goldbergwerke. 396 I rgang : Freudenthal, S. 41 Anm. 36. 397 Christian D’elvert : Beiträge zur Geschichte der Rebellion, Reformation, des 30jährigen Krieges und der Neugestaltung Mährens im 17. Jahrhundert (= Schriften der historisch statistischen Sektion der k. k. m. s. Gesellschaft zur Beförderung des Ackerbaues, der Natur- und Landeskunde 16). Brünn 1867, S. 183, 184, 200, 216, 253, 267. 398 Text der Urkunde bei S eidel : Festschrift 1624 – 1924, S. 58 – 60, im Austausch mit dem ­Kaiser für die in der Grafschaft Görz gelegene Burg Brixenei. Zu Olbersdorf s. oben S. 199 f. I rgang : Freudenthal, S. 41, besonders Anm. 37. 399 Groß-Ullersdorf (Velké Losiny) und Wiesenberg (Loučná nad Desnou, bis 1948 Vízmberk), beide an der Tess, 10 bzw. 15 km nordöstlich von Mährisch-Schönberg, es handelte sich hier nicht um Güter (I rgang : Freudenthal, S. 41), sondern kleine Herrschaften, Ullersdorf mit 12 Dörfern, Wiesenberg mit 16 Ortschaften; W olny : Die Markgrafschaft Mähren 5, S. 818 – 832 (Allodherrschaft Ullersdorf), 838 – 855 (Allodherrschaft Wiesenberg). 400 I rgang : Freudenthal, S. 30. 401 F. F riedensburg und H. S eeger : Schlesiens Münzen und Medaillen der neueren Zeit, Breslau 1901, Nr. 2616, 2619, 2621, 2626; B aum : Die Münzen und Medaillen der Bischöfe von Breslau, S. 30 f., Abb. 44, 45, 46, 48, 49.

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aus dem Wege, auf Ehelosigkeit hatte er sich schon bei der Ernennung zum Bischof eingestellt. Eine Residenzpflicht und Teilnahme an einem Gemeinschaftsleben, soweit sie damals überhaupt bestanden, ließen sich die Hochmeister gewohnheitsgemäß nicht aufbürden. Die Visitation der Kommenden konnten Ordensbeamte durchführen. Das Generalkapitel mischte sich in die Geschäfte des Ordens nur bei der Wahl des Hochmeisters ein. Die eifersüchtige Kontrolle der individuellen Ordensniederlassungen durch die Komturen beschränkte schon immer den Einfluss des Hochmeisters und selbst die dem Deutschmeister unmittelbar unterstehenden Besitzungen in der Kommende Mergentheim, mehr oder weniger sein Kammergut, bedurften wohl kaum seiner regelmäßigen Aufsicht.402 Außer bei seiner Installierung am 14. Januar 1619 und seinem Aufenthalt noch am 19. des Monats in Mergentheim und am 24. im fränkischen Ellingen lässt sich der Erzherzog im Zentralgebiet des Ordens nur selten nachweisen. Ellingen war aber eine Station auf seiner Rückkehr aus Polen im April 1620, ehe er sich weiter nach Augsburg, Innsbruck und Brixen aufmachte.403 Eine Schiedsrichterrolle übernahm der Hochmeister bei Konflikten innerhalb des Ordens. Vor allem vertrat er den Orden nach außen, so bei Konflikten des Ordens oder einzelner Mitglieder mit den Landesherren oder Adligen über Besitz oder Jurisdiktion. Karl protestierte bei seinem Bruder Leopold, weil ein Prozess des Wilhelmiten-Priors von Oberried bei Freiburg gegen den Komtur Johann Konrad von Laubenberg in Leopolds Hofgericht in Ensisheim geführt wurde. Karl nahm den Standpunkt ein, der Prozess gehöre vor das Gericht des Hochmeisters.404 Den Orden auf der diplomatischen Bühne zu repräsentieren und wie andere Fürsten an politischen Entscheidungen mitzuwirken waren dann wohl die hauptsächlichen Aufgaben des Hochmeisters zu Karls Zeit. Mit dem Erwerb der Herrschaften Freudenthal und Eulenberg im nördlichen Mähren leistete der Erzherzog zweifellos einen wesentlichen Beitrag zum finanziellen Unterhalt des Ordens; das zeichnete den fürsorgenden Habsburger mit seinen engen Beziehungen zum ­Kaiser vor vielen anderen Hochmeistern aus. Verschuldung der Kommenden war damals ein großes Problem des Deutschen Ordens und die dem Hochmeister zur Verfügung stehenden Mittel waren bescheiden. Dass 402 S. die Zusammenfassung über den Besitz in und um Mergentheim bei Bernhard K lebes : Der Deutsche Orden in der Region Mergentheim im Mittelalter. Kommende, Stadt- und Territorialherrschaft, 1219/20 – ca. 1525 (= Quellen und Studien zur Geschichte des Deutschen Ordens 58), Marburg 2002, S. 432 – 440. 403 Innsbruck TLA, Alphabetisches Leopoldinum II 29 [7], 12. 04. 1620. Im November des Jahres finden wir ihn noch einmal in Ellingen, Innsbruck TLA, Alphabetisches Leopoldinum II 29 [16], 24. 11. 1620. 404 Karl an Leopold, 15. 01. 1624, Innsbruck TLA, Alphabetisches Leopoldinum I 202, 15. 01. 1624; Ferdinand G iessler : Die Geschichte des Wilhelmitenklosters in Oberried bei Freiburg im Breisgau, Oberried 1911, 2001. Die Wilhelmiten besaßen das Kloster bis 1682. Zu einem Streit ­zwischen dem Nürnberger Rat und Karls Statthalter Johann Eustach von Westernach um die Zuständigkeit im Gerichtsverfahren gegen den Nürnberger Hauskomtur Michael von ­Dankersweil s. V oigt : Geschichte des Deutschen Ritter-Ordens 2, S. 306.

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der Orden sich aber noch so manches leisten konnte, zeigen die großartigen Schlösser, die er noch im 17. Jahrhundert und ­später baute. Einen weiteren Nutzen, den Karl aus seinem neuen Amt zog, möchte man in der Überführung wertvoller Gegenstände aus den Schatzkammern des Ordens in seine Neisser Sammlungen sehen, Objekte, die der Orden nach dem Tode des Bischofs zurückforderte und tatsächlich auch zurückerhielt. Ein Ordensmitglied, der Landkomtur zu Laibach (Ljubljana, Slowenien) und Möttling, Reinprecht Hendl, hielt die Position des Oberstallmeisters im Neisser Fürstentum und begleitete den Erzherzog, neben ein oder zwei weiteren Ordensrittern, auf der Reise nach Spanien. Hendls beträchtliche Darlehen, abgesichert durch testamentarisch verbriefte Landschenkungen, trugen zur Finanzierung des Unternehmens bei.405 Lehnsherr der Grafschaft Glatz und der Fürstentümer Oppeln-Ratibor Von Brixen abgesehen gelang es dem Bischof von Breslau nicht, eines der von ihm begehrten Bistümer in Deutschland, Österreich oder Italien für sich zu gewinnen. In seine Hand gelangte aber, wenn auch nur für kurze Zeit, die Herrschaft in zwei seinem Neisser Fürstentum unmittelbar benachbarten Territorien, Glatz und Oppeln-Ratibor. Nach den Niederlagen der Jahre 1619 bis 1621, insbesondere der Flucht nach Polen und der monatelangen Besetzung des Fürstentums Neisse durch den Markgrafen Johann Georg von Jägerndorf im Frühjahr 1621, Ereignisse, die dem Renommee des Fürstbischofs sicherlich nicht dienlich waren, erweiterte sich in den Jahren 1623 – 1624 der Herrschaftsbereich des Bischofs von Breslau in Schlesien. Der ­Kaiser übertrug ihm als Lehen die Grafschatz Glatz und das Fürstentum Oppeln-Ratibor, beide jetzt schon lange Erbländer der Krone Böhmen und von Landeshauptmännern verwaltet.406 Die Grafschaft Glatz als Erbfürstentum unterstand unmittelbar dem König von Böhmen und gehörte kirchlich zum Erzbistum Prag. Nach der Niederlage des Winterkönigs wurde die Grafschaft zum Schauplatz eines verbissenen Kampfes einer Nachhut gegen die Kaiserlichen. In zwei Jahren Krieg ruinierten die Parteien das Land und dezimierte sich die Bevölkerung.407 Glatz kapitulierte am 28. Oktober 1622. Der Eroberer wurde zum neuen Glatzer Landeshauptmann ernannt. Unter den ehrenvollen Bedingungen für die Bürgerschaft war Bekenntnisfreiheit, was dann gerade unter Karl nicht eingehalten wurde. Am 12. Januar 1623 übertrug der ­Kaiser das einstmals blühende Land – seine Hauptstadt weniger als vierzig Kilometer von Neisse entfernt – als Lehen dem Erzherzog „mit allen der Landesherrschaft angestammten Rechten, Gütern und Nutzungen“. Die offizielle Übernahme des Lehens und die Huldigung fanden in Abwesenheit des Erzherzogs statt.408 405 Zu Reinprecht Hendl unten S. 328. 406 Die Basis hierfür B resciani : Erzherzog Karl, S. 193 f. 407 W iese : Kampf um Glatz, S. 49. 408 Aloys B ach : Urkundliche ­Kirchen-Geschichte der Grafschaft Glaz, Breslau 1843, S. 266 f. S. oben S. 199 f.; H erzig : Reformatorische Bewegungen und Konfessionalisierung, S. 105 – 121.

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Seine längste Grenze, die im Osten, teilte das geistliche Fürstentum Neisse mit dem alten Fürstentum Oppeln, jetzt vereinigt mit dem Fürstentum Ratibor. Die Linie der Troppauer Přemysliden erlosch mit Herzog Valentin von Ratibor, 1521 erwarb Johann II. von Oppeln das Herzogtum. 1531 erließ Johann das Große Landesprivileg, es bestätigte die Zugehörigkeit der vereinigten Herzogtümer zur Krone Böhmen, Tschechisch wurde jetzt Amtssprache. Nach Johanns Tod 1532 fiel das Herzogtum Oppeln-Ratibor als erledigtes Lehen an die Krone Böhmen, es war jetzt ein böhmisches Erbfürstentum. Als Könige von Böhmen verpfändeten die Habsburger wiederholt das Herzogtum. 1622/23 war es in Händen des siebenbürgischen Fürsten Gábor Bethlen.409 1624 übertrug Ferdinand das Herzogtum Oppeln-Ratibor als Lehen der böhmischen Krone an Erzherzog Karl. Einer der letzten öffentlichen Akte vor dem Aufbruch nach Spanien im Juni 1624 war Karls Auftreten in Oppeln am Mittwoch nach Pfingsten, 29. Mai 1624, um die Huldigung des Adels im Fürstentum Oppeln-Ratibor entgegenzunehmen.410 Für irgendwelche Initiativen blieb ihm keine Zeit. Übrigens lagen Glatz und Oppeln der Residenzstadt Neisse näher als die Hauptstadt des Bistums. Ferdinand hatte jetzt anscheinend großes Vertrauen in seinen Bruder. Die Basis für die Belehnung mit Glatz und Oppeln-Ratibor war der Erbvertrag, den Karl mit seinem Bruder Ferdinand im Herbst 1623 schloss. Nach dem Tode Maximilians verwaltete Leopold Tirol und die Vorderlande als Gubernator. Er strebte aber nach vollem Besitz. Zusammen mit Karl vertrat er jetzt eine Erbteilung, eine Idee, die Ferdinand dann akzeptierte. Die beiden jüngeren Brüder verhandelten mit Ferdinand in Wien im Herbst 1623. Mit Karl konnte der ­Kaiser am 29. Oktober 1623 zu einer Übereinkunft kommen. Neben Glatz und Oppeln-Ratibor erhielt der jüngere Bruder die Herrschaften Freudenthal, Nachod und Burgau, ferner Ullersdorf und Pisenberg.411 Karl entsagte jetzt allen weiteren Ansprüchen. Die Einigung Ferdinands mit Leopold war schwieriger und kam erst am 15. November 1623 zustande, Karl stimmte ihr zu.412 409 P etry : Politische Geschichte unter den Habsburgern, in: P etry und M enzel : Geschichte Schlesiens 2, S. 6 f., 10., 17 f., 21 f. Zum Streit der Konfessionen in Oppeln und Ratibor in Karls Jahren als Bischof von Breslau s. E ngelbert : Das Bistum Breslau im Dreißigjährigen Kriege 1, S. 123 – 125. 410 Karl an Ferdinand, Oppeln, 30. 05. 1624: Die Erbhuldigung in Oppeln für die Fürstentümer Oppeln-Ratibor hatte am Vortage stattgefunden, er bezieht sich darauf in der Datumszeile; Innsbruck TLA, Hofrat, Selekt Ferdinandea, Pos. 255, 30. 05. 1624 (eine Fassung mit mehreren Korrekturen, also wohl ein Entwurf). 411 Burgau, Markgrafschaft in Schwaben, Náchod in Böhmen an der Westgrenze der Grafschaft Glatz, Ullersdorf in Mähren westlich von Freudenthal, Pisenberg, vielleicht Bisenberg, richtig die Herrschaft Bisamberg in Niederösterreich, unweit Klosterneuburg. 412 B resciani , Erzherzog Karl, S. 193 f.; H urter : Ferdinand II. 9, S. 189 f.; Josef E gger : Geschichte Tirols von den ältesten Zeiten bis in die Neuzeit 1 – 3, Innsbruck 1872 – 1880, hier 2 (1876), S. 338 – 340, über Karls Teil S. 339. Am 15. November 1623 entschied sich ­Ferdinand, Leopold zwei Drittel von Ober- und Vorderösterreich als erbliches Eigentum, ein Drittel zur Verwaltung auf Lebzeiten abzutreten. Leopold verzichtete auf seine Einkünfte aus dem ­österreichischen,

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Begehrte, aber nicht gewonnene Herrschaften und Würden Karls größten Erfolg bei der Suche nach anderen Herrschaften und Würden stellte die Übernahme des Bistums Brixen und der Hochmeisterschaft des Deutschen Ordens dar. Er erwarb auch noch das eine oder andere Kanonikat, aber im Ganzen zeitigte sein Ringen um andere Bistümer, Kanonikate, weltliche Herrschaften und Pensionen keine weiteren Erfolge. Die verfehlte Bewerbung um Paderborn schon in seinem ersten Breslauer Jahr wurde bereits erwähnt. 1617 sollte Karl ein Kanonikat am Olmützer Domstift erhalten, wohl eine Geste seines Kollegen Franz von Dietrichstein.413 Im gleichen Jahr konnte der Papst dem Erzherzog die begehrte Propstei Osnabrück, die wichtigste Prälatur im Domkapitel, nicht übertragen, er hatte sie schon einem anderen zugesagt.414 Bei seinem Besuch in Brüssel im Februar 1618 hielt der Bischof bei Erzherzog Albrecht um die Grafschaft Warfusée (bei Lüttich) an; er erinnerte ihn noch im März 1619 daran, den gegenwärtigen Besitzer zur Resignation zu bewegen.415 König Philipp III. von Spanien versprach ihm eine Pension von jährlich 10.000 Dukaten, die weder er noch sein Nachfolger dem Bischof jemals zahlte, die aber Karl bei verschiedenen Gelegenheiten in Erinnerung brachte, so 1618 beim Tode eines Kurienkardinals, durch den seiner Meinung nach mehrere Pensionen frei wurden.416 Im Juni 1618 zeigte Karl Interesse am Bistum Catania 417 im Königreich Sizilien, das ein jährliches Einkommen von 20.000 Kronen erbrachte, wodurch er die ihm von König Philipp versprochene Pension von jährlich 10.000 Dukaten zu erhalten hoffte. Er schlug sogar vor, den Bischof von Ariano 418 nach Catania zu transferieren und ihm dessen Bistum zu übertragen.419 Während seines selbstgewählten Exils in Warschau von September 1619 bis März 1620 suchte Karl durch seinen Beichtvater Karl Weinberger Ferdinands Unterstützung für den Erwerb von Herrschaften, Bistümern und Pensionen, wenn wir

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böhmischen und ungarischen Besitz, erlaubte auch Ferdinand die Primogenitur in den beiden österreichischen Landen. Zur Ratifizierung des neuen Erbvertrags kam es am 14. September 1625, am 24. September 1630 wurde dann Leopold als Gesamterbe Tirols und Vorderösterreichs anerkannt; K rones : Leopold V., Erzherzog von Oesterreich. Karl an Bischof Georg Stobaeus, 30. 10. 1617. Er bittet um die „Formate“ für die Tonsur und die vier niederen Weihen; S tepischneg : Georg III. Stobaeus von Palmburg, S. 122. Paul V. an Karl, 22. 12. 1617, ASV Armarium 45, 15, fol. 248r–v; K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 388 Regest 330. K öhler : Revision eines Bischofsbildes, Nr. 20, S. 119 f., Karl an Albert, Neisse, 23. 03. 1619, sowie Nr. 26a, S. 122, Brixen, 06. 01. 1621. Karl an Erzherzog Albert, 04. 03. 1618; K öhler : Revision eines Bischofsbildes, Nr. 7, S. 114 f. Catania an der Ostküste Siziliens z­ wischen Messina und Syrakus. Ottavio Ridolfi; Ariano Irpino, Campania, Süditalien. Karl schrieb am 4. Juni 1618 in dieser Sache an Erzherzog Albrecht von Habsburg, den Statthalter der spanischen Niederlande, und dessen Gemahlin, die Infantin Isabella. Resümees der Briefe bei K öhler : Revision eines Bischofsbildes, Nr. 9, 10, S. 115 f.; s. a. G oetz : Die Politik Maximilians I., Januar 1623–Dezember 1624, S. 430 Anm. 2 [S. 431], 441 Anm. 1 [S. 443].

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den Briefen eines unbekannten Informanten an den Hof in Florenz glauben dürfen. Er wollte die Pension vom spanischen König und vom ­Kaiser das guberno von Tirol oder der Markgrafschaft Burgau mit einigen anderen Ortschaften, einen Kredit von 200.000 Talern oder eine jährliche Summe von 28.000 Talern und des Kaisers Hilfe beim Erwerb des Erzbistums Salzburg.420 Weinberger brachte ein paar Wochen ­später die Nachricht zurück, Ferdinand habe Karl die Bistümer Wien und Wiener Neustadt zugesagt und zähle auf die Bestätigung des Papstes, da Kardinal Khlesl ja zu ewiger Gefangenschaft verdammt worden sei; der ­Kaiser habe dem Erzherzog auch die Regierung von Prag und Tirol versprochen.421 Unterstützt von König Sigismund und der Königin, seiner Schwester Konstanze, bewarb sich Karl auch noch im Sommer 1620 (28.07.) bei Papst Paul V. um die Bistümer Wien und Wiener Neustadt.422 Der Papst sprach sein Bedauern aus und erklärte sich nicht in der Lage, dem Erzherzog die Bistümer zu verleihen.423 Nach seiner Rückkehr aus Polen hoffte der Erzherzog auf ein Kanonikat in Straßburg, wo sein Bruder Leopold schon seit 1607 den Bischofssitz behauptete.424 Im September 1620 ersuchte Karl die Hilfe des Erzherzogs Albert beim Papst, um die Stelle eines Koadjutors in den Bistümern Osnabrück und Minden zu erlangen, die ihm die Nachfolge im bischöflichen Amt garantieren würde. Die Stiftskapitel von Minden und Osnabrück hatten ihn über Mittelsmänner um Eintritt in die Kapitel gebeten, dem Gesuch wollte er stattgeben. Die Kapitel waren mit dem evangelischen Bistumsadministrator unzufrieden und wollten zu dessen Lebzeiten Karl zum Koadjutor wählen, um ihm so die Nachfolge zu sichern. Albert sollte dem Papst motu proprio, d. h. durch einen speziellen päpstlichen Erlass, Karl als Koadjutor vorschlagen. Ferdinand würde sich ebenso an den Papst wenden. Der Papst sollte ihn dann den beiden Kapiteln präsentieren. Karl beklagte sich in ­diesem Zusammenhang über den apostolischen Nuntius, der dagegen war.425 Nach dem Tode des Administrators des Bistums Osnabrück, ­Philipp Sigismund 420 Schreiben eines Unbekannten aus Warschau an den Florenzer Hof, 01.11. und 15. 11. 1619, M eysztowicz und W yhowska de A ndreis : Lettere ad avvisi di Polonia 1613 – 1626, Nr. 526 und 528, S. 98 f., 100 f. Nur der spätere Brief bezieht sich auf eine Gesandtschaft des Beichtvaters, beide Briefe erwähnen Salzburg. Hinweis auf diese Briefe bei L eitsch : Das Leben am Hof König Sigismunds III. 3, S. 1513 Anm. 472. 421 Unbekannter an den Florenzer Hof, Warschau, 21. 02. 1620, M eysztowicz und W yhowska de A ndreis : Lettere ad avvisi di Polonia 1613 – 1626, Nr. 536 S. 109. 422 Auf diese Bewerbung beziehen sich fünf Schreiben im Vatikanischen Archiv; K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 390 f., Regesten 340 – 344. 423 ASV Amarium 45, 14, fol. 287r (Karl), 295r (Ferdinand), 292r (Sigismund), 293 (Konstanze 06. 08. 1620, Paul V.); K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 390 f., Regesten 341 – 344. 424 Karl an Leopold, 19. Februar 1621, Innsbruck TLA, Alphabetisches Leopoldinum II 29 [50], 19. 02. 1621. 425 K öhler : Revision eines Bischofsbildes, Nr. 25 und 28, S. 122 f.; Karl an Ferdinand über den Nuntius, 29. 11. 1621, Wien HHStA, HausA, Familienkorrespondenz A 5 – 2 – 3; B resciani :

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von Braunschweig-Wolfenbüttel, einem Evangelischen, am 22. März 1623 zog man auf der katholischen Seite die Einsetzung eines katholischen Bischofs in Erwägung, Erzherzog Karl galt als Kandidat. Ein „Erbgesessener“ aus Minden, Johann Vogel, bemühte sich 1623 in Wien, dem Erzherzog zu den Bistümern Minden und Osnabrück zu verhelfen.426 Am 28. April wurde jedoch Kardinal Eitel Friedrich, Graf von Hohenzollern-Sigmaringen, zum Bischof von Osnabrück gewählt, der erste katholische Bischof dort seit 1574.427 Nach einem Bericht des Kardinals von Hohenzollern vom Januar 1624 übergab der Papst die Abtei Hersfeld dem Mainzer Kurfürsten und machte Karl zum Koadjutor.428 In Halberstadt übertrug Urban VIII. im Frühjahr 1624 dem Erzherzog ein freies Kanonikat, wofür ihm der Erzherzog am 3. April 1624 dankte; am 22. Juli empfahl er dann dem Papst Johann Eustach von Westernach für ein Halber­ städter Kanonikat.429 Halberstadt hatte damals schon seit Jahrzehnten keinen Bischof, sondern nur einen protestantischen Administrator, zuletzt seit 1616 Herzog Christian von Braunschweig-Wolfenbüttel, den „tollen“ Halberstädter (1599 – 1626), der 1623 resignierte, dann bestand dort eine Vakanz bis 1625. Leopold Wilhelm von Habsburg wurde der letzte katholische Bischof und regierte von 1628 bis 1648. Karl war schon in Spanien eingetroffen, als ihm Papst Urban VIII. am 2. November die Nachfolge im Bistum Passau zusagte – Karls Bruder Leopold dachte schon lange an Resignation –, falls ­dieses frei werden sollte.430

Erzherzog Karl, S. 12. 426 Acta Publica 5, S. 207 Anm. 1, Brief vom 8. November 1623. 427 Tilly an Maximilian von Bayern, 13. 04. 1623, G oetz : Die Politik Maximilians I., Januar 1623 – Dezember 1624, Nr. 40, S. 124 Anm. 2 (S. 125). 428 G oetz : Die Politik Maximilians I., Januar 1623–Dezember 1624, Nr. 174, S. 430 Anm. 2 (S. 431). Der letzte Abt – und letzte Katholik – der Reichsabtei starb 1606, sie war damals schon ganz unter der Kontrolle des Hauses Hessen-Kassel. Elisabeth Z iegler : Das Territorium der Reichsabtei Hersfeld von seinen Anfängen bis 1821 (= Schriften des Instituts für Geschichtliche Landeskunde von Hessen und Nassau 7), Marburg 1939. 429 G oetz : Die Politik Maximilians I., Januar 1623–Dezember 1624, Nr. 178, S. 441 Anm. 1 (S. 443); Karl an Papst Paul V., 03. 04. 1624, 22. 07. 1624, BAV, Codices Barbarini Latini, 6898, fol. 35 und 42r–v. Acta Publica 5, S. 207 Anm. 1. 430 Ich entnehme das B r e s c i a n i : Erzherzog Karl, S. 13, aus mir unbekannter Quelle. Schon im Juli 1623 soll Ferdinand Karl das Bistum in Passau in Aussicht gestellt haben; H u rt e r : Ferdinand II . 9, S. 191 Anm. 25. In Mailand im September 1624 wusste Karl von Passauer Domherren, dass Papst und ­Kaiser ihre Zustimmung zu seiner Übernahme der Passauer Koadju­torie gegeben hatten, er selbst hatte aber noch keine Nachricht erhalten; Karl an Ursula Meyer, 23. 09. 1624, Stockholm, Swedish National Archives, Riksarkivet Extranea 111/2, 23. 09. 1624.

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Erzherzog Karl als schlesischer Territorialfürst Abb. 9: Erzherzog Karl von Österreich, Reistagebuch Innsbruck-Madrid 7. – 11. September 1624 München, Bayerisches Hauptstaatsarchiv Kasten Schwarz 6762, S. 2.

Karls kühnster Griff nach neuen Ӓmtern und Einkommen kam, als ihm das Vizekönigtum von Portugal, von 1580 bis 1640 unter spanischer Herrschaft, und damit auch das Erzbistum Lissabon in Aussicht gestellt wurden. Nur sein unzeitiger Tod am 28. Dezember 1624 hinderte ihn daran, einmal „wie ein König zu leben“. Wenn der Erzherzog fraglos die treibende Kraft bei solcher Jagd auf Pfründe war, ging es ihm im Grunde um die Suche nach neuen Einkünften. Die Aufgaben und Pflichten, die sich mit allen diesen Positionen verbanden, konnte er doch in den meisten Fällen nur zum Teil oder überhaupt nicht auf sich nehmen. Für das Haupt des Bistums Breslau war die Ӓmterhäufung etwas Neues, niemals vor ihm hatte ein Breslauer Bischof eine zweite Diözese, selten eine andere Pfründe mit dem eigenen Bistum verbunden. Unter den geistlichen Fürsten aus dem Hause Habsburg war der Pluralismus bei den hohen Kirchenämtern schon längst gang und gäbe. Das nicht endende – und oft unziemliche – Heischen des Bischofs nach mehr Kanonikaten, Koadjutorien und Bischofssitzen führte fast niemals zum Erfolg, bestimmte aber oft sein Handeln und vermutlich sein Denken und Planen und charakterisierte damit seine Herrschaft; bei einer Beurteilung seiner Persönlichkeit kann man es nicht ignorieren.

IV. DIE REISE NACH SPANIEN UND DER TOD IN MADRID 1624 Erzherzog Karls öffentliches Leben von sechzehn Jahren endete mit seinem plötzlichen Tode im Alter von vierunddreißig Jahren, nach Vollendung einer fast halbjährigen Reise, die ihn aus dem schlesischen Neisse nach Madrid geführt hatte. Es war ein tragisch früher Tod, aber nicht ganz ungewöhnlich unter den österreichischen und spanischen Habsburgern seiner Zeit. Auch seine elf Brüder und Schwestern, die ihre Kinderjahre überlebten, starben in ihren dreißiger und vierziger Jahren oder früher, nur der älteste Bruder, ­Kaiser Ferdinand II., schaffte es bis ins achtundfünfzigste Jahr.1 Karl liebte das Essen und Trinken, aber wie seine Brüder widmete er viele Stunden der Jagd und dem Fischfang und befand sich deshalb oft im Freien und in Bewegung – selbst in den Tagen der Reise von Innsbruck nach Livorno blieb ihm Zeit, auf die Jagd zu gehen. Als Fürst hatte er immer einen Arzt bei der Hand und ein solcher gehörte auch zum Hofstaat, der ihn nach Spanien begleitete. Wir hören nur selten von irgendwelchen Leiden,2 er unterwarf sich aber selbst auf dem Wege nach Spanien und als er in Madrid erkrankte dem Allerweltsregiment des Aderlassens, hatte vielleicht sogar die Gewohnheit, mit neuen Medikamenten zu experimentieren. Die spanische Reise führte zur Infektion, die seinem Leben ein Ende setzte. Übrigens war sie nicht, wie man vermuten möchte, die Konsequenz übertriebenen Ehrgeizes und einer Sucht nach neuer Herrschaft, mehr Macht und höherem Einkommen, obwohl die eifrigsten Befürworter des spanischen Projekts ihm wiederholt den Glanz eines Lebens als Vizekönig vor Augen hielten. Der Erzherzog unternahm sie nur zögernd. Je näher er dem Tag der Abreise kam, desto deutlicher machte er seinen Korrespondenten, dass er auf Befehl des Kaisers handelte. Er reiste nach Madrid im Auftrage seines Bruders Ferdinand und auf dessen Anordnung; von Jugend auf hatte er ja Ferdinand „Gehorsam bis in den Tod“ gelobt.

1. Das Spanienprojekt Das Spanienprojekt, dessen Ausführung die Wiener Regierung in die Hände des Breslauer Bischofs legte, hatte ein doppeltes Ziel: Einmal war es nicht mehr als der Besuch eines Verwandten des Kaisers am spanischen Hof, ein diplomatisches Treffen, um 1 Maximilian Ernst wurde 33 Jahre alt, Leopold 46, Anna 25 (Königin von Polen), Margarete 25 (Königin von Spanien), Maria Magdalena 42 (Großherzogin von Toskana), Konstanze 43 (Königin von Polen), Gregoriana Maximiliane 16, Katharina Renata 23, Eleonore 38 (Stiftsdame in Hall), Maria Christina 47 (Stiftsdame in Hall). Karls Vater starb mit 50, die ­Mutter mit 56 Jahren. 2 „Ist mir gar laidt umb das khlaine Cätherl und Carl, das sie stäts das füeber haben. Ist vil, das sie noch so lüstig darzu sein“; Maria an Ferdinand, Mailand, 05. 12. 1598, über den achtjährigen Karl, H urter : Ferdinand II. 4, S. 417.

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Die Reise nach Spanien und der Tod in Madrid 1624

­ ragen, die beide Zweige des Hauses Habsburg betrafen, zu beraten. Zum anderen F sollte es die Übernahme eines hohen Amtes im spanischen Königreich, des Vizekönigtums in Portugal, durch einen österreichischen Habsburger in die Wege leiten, ein Exempel engerer Zusammenarbeit. Die gemeinsame Abstammung von Ferdinand und Isabella, ­Kaiser Maximilian und Maria von Burgund verband die österreichische und spanische Linie. Ein Gefühl der Zusammengehörigkeit blieb noch lange lebendig. Wichtige Entscheidungen des einen Hauses erforderten die Zustimmung oder wenigstens die rechtzeitige Benachrichtigung des anderen. Selbst ganz interne Angelegenheiten teilte man einander mit. So waren die Persönlichkeit und das von Philipp II. bestimmte Schicksal des Thronerben Don Carlos (1540 – 1568) für den ­Kaiser ­Maximilian II. von Interesse und, weil er keine genauen Informationen erhalten konnte, der Hauptgrund für die Spanienfahrt seines Bruders Karl, Vater des hier behandelten Karl, von Oktober 1568 bis Juni 1569.3 Beim Eintreffen Karls in Madrid erinnerten sich die Spanier sehr wohl dieser diplomatischen Begegnung. Der Erzherzog kannte einen Bericht über die Reise des älteren Karl und der österreichische Botschafter in Madrid schickte ihm auch einen von der Spanienfahrt des Erzherzogs Maximilian.4 Seine ­Mutter, die Erzherzogin Maria, begleitete in den Jahren 1598/99 ihre Tochter Margarete nach Valencia – von Madrid hielten die Spanier die unbequeme Wittelsbacherin fern –, als Margarete sich mit König Philipp III. vermählte. Diese Reise, in der Gesellschaft von fünf- oder sechshundert Personen, führte von Graz über Innsbruck, Mailand, Genua und Barcelona. Maria verließ Graz am 30. September 1598 und kehrte erst in der zweiten Augusthälfte des folgenden Jahres zurück.5 Solche diplomatischen Besuche von Mitgliedern der beiden Herrscherhäuser fanden oft genug statt. Die habsburgischen Archive stellten die Berichte von Reisen von oder nach Spanien sorgfältig zusammen.6 Etwas ganz anderes war eine Reise nach Spanien, die einen langen Aufenthalt und die Übernahme eines hohen Amtes bei der spanischen Regierung zum Ziel hatte. Aber auch die Idee in Madrid, einem deutschen Habsburger ein Vizekönigtum anzubieten, 3 Johann L oserth : Die Reise Erzherzog Karls II. nach Spanien (1568 – 69), in: Mitteilungen des Historischen Vereins für Steiermark 44 (1896), S. 130 – 204, hier S. 130 – 152. Über die spanische Mission des älteren Karl s. a. Paula Sutter F ichtner : Emperor Maximilian II., New Haven, London 2001, S. 176 f., sie betrachtet das Projekt als verfehlt, sieht aber als dessen Hauptzweck, den spanischen König von seinem Vorgehen gegen die Niederlande abzubringen. 4 Wien HHStA Spanien, Diplomatische Korrespondenz 18, 1 – 3 (= Die diplomatische Korrespondenz des Franz Christoph Khevenhüller 1623, 1624, 1625), maschinenschriftliche Abschrift, hg. von Graf Georg Khevenhuller-Metsch, 18, 2 (1624), S. 258; H irn : Maximilian der Deutschmeister 1, S. 85, Maximilian wollte noch einmal seine ­Mutter sehen, die Reise 1599, Hirn versprach eine Behandlung des Themas anderswo. 5 H urter : Ferdinand II. 4, S. 58 – 118; über die Spanienreise der Erzherzogin auch H urter : Maria, Erzherzogin zu Oesterreich, S. 171 – 284; K eller : Erzherzogin Maria, S. 201 – 221. 6 Innsbruck TLA, Hofrat, Selekt Ferdinandea Pos. 120 bis 130 sind Akten über Reisen, 119 = Reisen fürstlicher Personen aus Spanien, 124 = Reisen nach Spanien. Dieser Aktenbestand im Tiroler Landesarchiv geht auf Karls Bruder Leopold zurück.

Das Spanienprojekt

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war alles andere als neu, realisiert ein paar Jahre früher in der Karriere von Karls Vetter Albrecht oder Albert von Habsburg (1559 – 1621). Albrecht war der fünfte Sohn ­Kaiser ­Maximilians II., er wurde vom elften Lebensjahre an am Hofe Philipps II. erzogen, erhielt die niederen Weihen und gewann noch in ganz jungen Jahren das Erzbistum Toledo und ein Kardinalat. Nach Dispensation und Verzicht auf Toledo heiratete er die Infantin Isabella und regierte mit ihr als Statthalter die Niederlande oder wenigstens deren südlichen Teil. Seinen Regierungssitz hatte er in Brüssel. Von 1583 bis 1595 war er Vizekönig von Portugal.7 Für Karls älteren Bruder Maximilian Ernst (geboren 1583) bemühte sich die Erzherzogin Maria bei ­Kaiser Rudolf um die ­gleiche Position.8 Die spanische Regierung betrachtete einmal auch Karls vier Jahre älteren Bruder Leopold als potentiellen Vizekönig in Lissabon, aber Leopold galt als unbesonnen und schien den Spaniern fähig, ein Königreich an sich zu reißen; man argwöhnte, der ­Kaiser wollte ihn im Reiche loswerden.9 Eine Reise Erzherzog Karls nach Spanien mit dem Ziel, das Amt des Vizekönigs von Portugal anzutreten, verbunden mit der Aussicht auf die Herrschaft in den Niederlanden, beschäftigte die Regierungen der beiden Habsburgerdynastien in Spanien und Österreich mindestens schon seit 1620 oder 1621.10 Eine Rolle dabei als Förderer des Projekts und zuletzt als Zeuge der Ereignisse spielte der kaiserliche Gesandte in Madrid von 1617 bis 1631, Franz Christian Khevenhüller, Graf von Frankenburg, ein Edelmann aus Kärnten, dessen wir uns heute vor allem als Verfasser der vielbändigen „Annales Ferdinandei“ erinnern.11 Diesem Amt im Reiche der spanischen Habsburger nachzugehen war im Falle des Erzherzogs Karl eigentlich weniger außergewöhnlich als das Interesse seines Bruders Leopold ein Jahrzehnt vorher, den Thron des Großfürsten von Moskau zu besteigen.12 Die Chance, Positionen zu übernehmen, wie sie 7 Francisco José C aeiro : O Archiduque Alberto de Áustria, Vice-Rei e Inquisidor Mor de Portugal. Cardeal Legado do Papa, Governador e depois soberano dos Paises Baixos, Lissabon 1961, S. 85 – 137; Joaquim Veríssimo S erra õ : História de Portugal 1 – 18, Lissabon 1977 – 2010, hier 4: Governo dos reis espanhóis (1580 – 1640), Lissabon 1979, S. 32 – 34; Alberdingk T hijm : Albrecht VII. (Erzherzog von Österreich), in: ADB 1 (1875), S. 290 – 292. 8 H urter : Maria, Erzherzogin zu Oesterreich, S. 322 f. 9 H urter : Ferdinand II. 9, S. 189. 10 Mit ­diesem Thema befasst sich B resciani , Erzherzog Karl, S. 173 – 183, Kapitel „Erzherzog Karls Berufung zum Vizekönig von Portugal“, Karls Reisetagebuch war ihr anscheinend nicht bekannt. 11 K hevenhüller : Annales Ferdinandei. Für Karls Aufenthalt in Spanien s. Band 10 (Leipzig 1724), Sp. 478 – 485 (Jahr 1624), 1068. Bernhard C zerwenka : Die Khevenhüller, Wien 1867, S. 350 – 392 über Franz Christoph. Zu den Annalen: K. P eball : Zur Quellenlage der „Annales Ferdinandei“ des Grafen Franz Christoph Khevenhüller-Frankenburg, in: Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 9 (1956), S. 1 – 22. 12 Walter L eitsch : Erzherzog Leopold und seine Unräte. Zu einer habsburgischen Kandidatur auf den Moskauer Thron (1613), in: Rußland und Deutschland, hg. von Uwe L iszkowski (= Kieler

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sein Vetter Albrecht bei den Spaniern innegehabt hatte, interessierte ihn wahrscheinlich sehr, selbst wenn er sich an die dreitausend Kilometer von seinem ersten Bischofssitz entfernen musste.13 Karl behauptete im April 1624, der ­Kaiser dränge ihn schon seit vier Jahren zu ­diesem Unternehmen. Khevenhüller glaubte zu wissen, der ­Kaiser wollte seinem Bruder neben seinen beiden Bistümern und der Hochmeisterschaft noch mehrere „stattliche vice-regnate und gobernos“ zukommen lassen. Khevenhüller betonte aber auch, es sei der spanische König gewesen, der am Erscheinen Karls in Madrid ein besonderes Interesse hatte und für diesen die Vizeregentschaft von Portugal und nach dem Tode der Infantin – Albrecht war 1621 gestorben – die Herrschaft über NiederBurgund, i. e. die Niederlande, plante.14 Beide Seiten standen einer engeren Zusammenarbeit offen.15 Spanien bestand damals aus einer Ansammlung von Territorien, mehrere mit ihrem eigenen Vizekönig, die sich um den Kern Kastilien gruppierten. Von 1580 bis 1640 gehörte dazu auch Portugal mit seinem Kolonialreich auf drei Kontinenten.16 Seit 1621 regierte König Philipp IV., noch nicht sechzehn Jahre alt, als er die Herrschaft übernahm. Eine Wendung zu einer aktiveren Außenpolitik vollzog sich um diese Zeit, „perhaps the most radical such alteration in the whole Habsburg period“. Spanien wollte sich den österreichischen Habsburgern nähern, es sah diese vom böhmischen Aufstand genauso bedroht wie die spanischen Habsburger vom niederländischen. Der Architekt dieser Politik war Baltasar de Zúñiga.17 Dessen Neffe Caspar de Guzmán de Olivares, der conde-duque, Graf-Herzog, wurde dann auf mehr als zwei Jahrzehnte der leitende Staatsmann und verfolgte die Idee eines Bündnisses ­zwischen Madrid und Wien.18 Die Ehe der Infantin María Ana (1606 – 1646), Tochter Philipps III. und der Margarete von Österreich (1584 – 1611), der älteren Schwester Erzherzog Karls,19 mit Ferdinand, historische Studien 22), Stuttgart 1974, S. 51 – 72. 13 2470 km Luftlinie Breslau–Lissabon. 14 Khevenhüller an Eggenberg, 09. 01. 1623, G oetz : Die Politik Maximilians I., Januar 1623 – Dezember 1624, S. 123 Anm. 3; K hevenhüller : Annales Ferdinandei 10, S. 478 f. 15 John L ynch : Spain under the Habsburgs 1 – 2, 2. Aufl., Oxford 1981, hier 2, S. 67 – 74 über Olivares, Erzherzog Karl wird nicht erwähnt; S erra o ̃ : História de Portugal 4, Erzherzog Karl wird nicht erwähnt; Jean-Frédéric S chaub : Le Portugal au temps du Comte-Duc d’Olivares, 1621 – 1640: le conflit de juridictions comme exercice de la politique (= Bibliothèque de la Casa de Velázquez 18), Madrid 2001, Erzherzog Karl wird nicht erwähnt. 16 Zum Kolonialreich um diese Zeit Malyn N ewitt : A History of Portuguese Overseas Expansion 1400 – 1668, London, New York 2005, S. 174 – 216. 17 R. A. S tradling : Philip IV and the Government of Spain 1621 – 1665, Cambridge UK, New York 1988 (spanische Fassung 1989), S. 37 f., Zitat S. 37. 18 John Huxtable E lliott : The Count-Duke of Olivares. The statesman in an age of decline, New Haven 1986; die Memoriales y cartas del Conde duque de Olivares, hg. von John H. E lliott und José F. de la P en a ̃ , Madrid 1978 – 1980, hier 1: Política interior, 1621 a 1627, Neuauflage Madrid 2013, enthalten keinen Bezug auf Erherzog Karl. 19 Diego Velázquez malte das Porträt der Infantin María Ana, Ölgemälde um 1628, Madrid, Museo del Prado.

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dem späteren ­Kaiser Ferdinand III., sollte das Bündnis festigen; dem gleichen Zweck diente wohl die geplante Bestallung Erzherzog Karls in Portugal. Der bisherige Plan, die Infantin mit dem englischen Thronfolger Charles zu verheiraten, zerschlug sich im Jahre 1624.20 Über Khevenhüller versuchte ­Kaiser Ferdinand jetzt herauszufinden, ob die Zeit gekommen sei, eine Heirat seines Thronerben mit der Infantin vorzuschlagen. Am 27. September 1624 antwortete Olivares dem Botschafter auf dessen Sondierungen über diese potentielle eheliche Verbindung.21 Khevenhüller verfolgte eifrig ­dieses Ziel und schrieb sogar eine Abhandlung über das Thema, die sich aber nicht erhalten hat.22 Die Heirat mit María Ana kam erst 1631 zustande. Die Anwesenheit Erzherzog Karls in Madrid sollte aber auch der Diskussion des Heiratsplanes dienen.23 Zudem verfolgte Olivares in den Jahren 1624 und 1625 die Gründung einer Habsburgerliga, bestehend aus Spanien, dem ­Kaiser, der Katholischen Liga und möglicherweise noch anderen, ein Militärbündnis gerichtet gegen England, die Nieder­lande und Frankreich. Das Thema kam im Mai 1624 zum ersten Mal im Staatsrat zur Sprache. Solange der leitende Minister ­dieses Ziel im Auge hatte, musste er das Erscheinen des Kaiserbruders in Madrid begrüßen.24 Die Ernennung eines deutschen Habsburgers zu einer hohen Position in 20 E l l i o t t : The Count-Duke of Olivares, S.  204 – 218; J a i t n e r : Die Hauptinstruktionen ­Gregors XV. 1, S. 30 – 41 (das englisch-spanische Heiratsprojekt). 21 E lliott : The Count-Duke of Olivares, S. 218, Hinweis auf einen Brief im Prager Staatsarchiv. Die „Annales Ferdinandei“ beruhen weitgehend auf Akten, obwohl auch mündliche Informationen und Selbsterlebtes verarbeitet wurden, im Wesentlichen bestehen sie aus Aktenzusammenfassungen. Von besonderem Interesse bei dem benützten Material sind die Gesandtschaftsberichte, im Falle des Franz Christoph sieben Bände, ­welche die Jahre 1617, 1618, 1619, 1621, 1623, 1624 und 1625 betreffen. Für diese „Protokolle der Embaxada“ hatte Khevenhüller „alle, auch die an die Botschaft gelangten Briefe, Berichte etc. verzeichnet oder verzeichnen lassen und damit ganz sicher die zerstreuten oder größtenteils auch zugrunde gegangenen bedeutenden Originale über die habsburgische Politik im ersten Drittel des 17. Jahrhunderts in dieser Form für die wissenschaftliche Forschung bewahrt“; P eball : Quellenlage der „Annales Ferdinandei“, S. 18. Der Band für 1624 umfasst 404 Seiten und 253 Briefe, Berichte und ähnliches Material. Diese Bände befanden sich lange im Germanischen Nationalmuseum in Nürnberg, jetzt im Landesmuseum Linz; P eball : Quellenlage der „Annales Ferdinandei“, S. 19. S. a. R. S chmidt : Die Briefbücher der Grafen Hanns und Franz Christian Khevenhüller, in: Mitteilungen aus dem Germanischen Nationalmuseum Nürnberg, Jahrgang 1893, S. 57 – 95. 22 P eball : Quellenlage der „Annales Ferdinandei“, S. 13 f. 23 E lliott : The Count-Duke of Olivares, S. 218, aber ohne Quelle; so auch Fr. M areš : Die maritime Politik der Habsburger in den Jahren 1625 – 1628 Teil 1, in: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 1 (1880), S. 541 – 578, hier S. 543. Im Deutschen Orden hegte man die Hoffnung, der Hochmeister könnte vielleicht in Spanien mit Hilfe des Königs einige der dortigen Ordensbesitzungen, jetzt schon lange verloren, wiedergewinnen; V oigt : Geschichte des Deutschen Ritter-Ordens 2, S. 311. 24 A lbrecht : Maximilian I. von Bayern, S.  651; Heinrich G ünter : Die Habsburger-Liga 1625 – 1634 (= Historische Studien 61), Berlin 1908, S. 5; Khevenhüller verfocht eifrig die Idee einer solchen Allianz.

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spanischen Diensten hatte in erster Linie symbolische Bedeutung, sie demonstrierte den anderen Mächten – Frankreich, England, Holland, den deutschen Fürsten – das Zusammengehen der österreichischen und spanischen Habsburger. Wie kompetent Karl die Exekutive in Lissabon ausüben würde, war dabei von untergeordneter Bedeutung. Als Kandidat für das Amt des Vizekönigs in Portugal kam Erzherzog Karl auf Grund seiner Herkunft aus dem Hause Habsburg und damit seiner Verwandtschaft mit dem König von Spanien in Betracht. Seine Positionen als Bischof von zwei Bistümern, Herr über zwei Fürstentümer, Hochmeister des Deutschen Ordens, Diplomat und General mögen die Spanier beeindruckt haben. Vom Amt des Vizekönigs in Portugal wusste Karl sicherlich so gut wie nichts. Hatte er eine Vorstellung von den Dimensionen des portugiesischen Kolonialreiches, das sich über mehr als den halben Erdball ausdehnte – von Südamerika über West- und Ostafrika, Indien, China, Indonesien bis nach Neuguinea? Man möchte es bezweifeln. Wie auf seinen bisherigen Posten wäre er in Lissabon denkbar unvorbereitet eingetroffen, wieder zu Abhängigkeit von Beratern, zum Dilettantismus und zu einer Lehrzeit verurteilt gewesen. Der habsburgische Gesandte versprach, ihn in Spanien auf dem Wege nach Madrid über die portugiesischen Verhältnisse aufzuklären, mit anderen Worten, ihn auf das Amt eines Vizekönigs mittels ein paar Stunden Konversation in der erzherzoglichen Kutsche vorzubereiten.25 Nach Albrecht von Habsburg lag das Amt zunächst in den Händen eines Gremiums von fünf Statthaltern unter dem Vorsitz des Bischofs von Lissabon, dann regierten nacheinander drei Bischöfe als Vizekönige, eine Zeit lang hielt Christoph de Moura, marqués Castelo Rodrigo, ein bewährter Beamter Philipps II ., die vice-realeza.26 Der letzte Vizekönig vor Karls Ankunft in Spanien war Diego de Silva y Mendoza, conde de Salinas und marqués d’Alenquer, von 1617 bis 1621. Der Vizekönig residierte in Lissabon, damals eine Stadt von 165.000 Einwohnern, ungefähr die Größe von Venedig und Amsterdam, bei weitem die volkreichste Stadt auf der Iberischen Halbinsel. Der Paço da Ribeira am Tejo diente als königliche Residenz. Zur Zeit der Spanienreise des Erzherzogs hatte Portugal schon viele der von Philipp II. gewährten Privilegien verloren, die wirtschaftliche Lage sich verschlechtert, die überseeischen Besitzungen waren holländischen und englischen Angriffen ausgesetzt, innerhalb weniger Jahre kam es zu inneren Unruhen. Um die Macht des Königs und die Monarchie zu stärken, begann Olivares ein Reformprogramm, das darauf gerichtet war, der Krone einen größeren finanziellen und militärischen Beitrag der verschiedenen Königtümer zu sichern. Deren Eliten und Institutionen sahen eine ­solche Politik als einen Bruch des Einverständnisses ­zwischen König und Ständen und eine Bedrohung ihrer Privilegien und Freiheiten. 25 Khevenhüller an Karl, 15. 08. 1624, Wien HHSTA , Spanien, Diplomatische Korrespondenz 18, 2 (1624), S. 207. Am eingehendsten behandelt die hier berührten Ereignisse in Portugal S chaub : Le Portugal au temps du Comte-Duc d’Olivares, S. 129 – 200. 26 A. H. de O liveira M arques : History of Portugal 1, New York, London 1972, S. 317 f.

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Zehn Jahre nach Karls Tod übernahm eine ausländische Verwandte des Königshauses die Position des Vizekönigs von Portugal. Diese letzte Vizekönigin war Margarete von Savoyen (geb. 1589), Witwe des Herzogs von Mantua und Montferrat, Francesco IV. Gonzaga, eine Enkelin Philipps II. von Spanien. Ihre Amtsperiode von 1634 bis 1640 endete mit einem Fiasko. Sie regierte mit Hilfe ihres portugiesischen Staatssekretärs Miguel de Vasconcelos e Brito. Die Art und Weise, wie sie mit den einheimischen Adligen verfuhr, trug zum Ausbruch des Restaurationskrieges 1640 bei, durch den sich Portugal von der spanischen Herrschaft befreite. Sie wurde in ein Kloster verbannt, der Staatssekretär ermordet.27 Karls Vizekönigtum wäre also in eine Zeit gefallen, als die Portugiesen sich anschickten, das spanische Joch abzuschütteln. Zu Ausschreitungen gegen spanisches Militär in Lissabon kam es schon im Dezember 1621 und dann wieder im Winter 1623/24.28 Trotz der Aussichten auf die hohe Position in Portugal und die Statthalterschaft in den Niederlanden betrachtete der vierunddreißigjährige Habsburger das Spanienprojekt mit Ambivalenz. Den bevorstehenden Anforderungen und Anstrengungen sah er wahrscheinlich mit wenig Enthusiasmus entgegen. Dem Erzherzog wären wohl ein paar zusätzliche Bistümer im Reich oder speziell in den österreichischen Ländern lieber gewesen als ein Vizekönigtum am anderen Ende Europas oder die Statthalterschaft in den Niederlanden, einem Lande im Aufruhr gegen seinen Herrscher. Er akzeptierte offensichtlich das Unternehmen als ein wichtiges Stück kaiserlicher Politik und ließ sich von den positiven Konsequenzen seiner Tätigkeit in Madrid oder Herrschaft in Lissabon für das Haus Habsburg überzeugen. Sein Verständnis der Bedeutung seiner Mission erklärt wohl zur Genüge, dass er ein Tagebuch über das Unternehmen führen wollte. Man möchte annehmen, Ferdinand und seine Räte eröffneten dem Erzherzog und dem Reiseleiter, Graf von Schwarzenberg, ihre Ideen über den Zweck des Spanienprojekts, aber irgendwelche Instruktionen vom Vorabend der Reise haben sich bisher nicht entdecken lassen. Hier noch eine Merkwürdigkeit: In seinen Briefen aus den Jahren 1623 und 1624 bezieht sich Karl oft auf die Reise nach Spanien. Dabei fällt aber niemals der Name Portugal oder das Wort Vizekönigtum.29 Bei einer Unterredung mit dem spanischen Gesandten in Mailand am 23. September 1624 bestritt er nach Ausweis seines Tagebuches sogar ganz ausdrücklich ein Interesse an einem hohen Amt im Reich der spanischen Habsburger und behauptete, der Zweck der Reise nach Madrid sei nur, den König von Spanien näher kennenzulernen und dem ­Kaiser zu berichten. Ein Brief aus Pegli bei Genua, geschrieben um den 21. Oktober an seinen Administrator in Brixen, scheint anzudeuten, er werde im Frühjahr aus Spanien 27 Über Margaretas Regierung S erra ̃o : História de Portugal 4, S. 124 – 127, 129, 133, 135; S chaub : Le Portugal au temps du Comte-Duc d’Olivares, S. 175 – 200. 28 S chaub : Le Portugal au temps du Comte-Duc d’Olivares, S. 490. 29 Nur Khevenhüller erwähnt in mehreren Schreiben Portugal und das Vizekönigtum, an Eggenberg, 09. 01. 1623, an Maximilian von Bayern, 09.01. und 01. 08. 1623, an Ferdinand, 12. 09. 1623. S. weiter unten die Anm. 35, 38, 40.

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zurückkehren.30 Er war also anscheinend nicht auf einen dauernden Aufenthalt auf der Iberischen Halbinsel eingestellt.

2. Einladungen, Verzögerungen, Vorbereitungen Vor seiner Spanienreise hatte Erzherzog Karl keine besondere oder persönliche Beziehung zu den spanischen Habsburgern. Ein Brief an Philipp III . ist überliefert und Karl hatte den spanischen Gesandten in Wien, Baltasar de Zúñiga (1608 – 1617), kennengelernt, der die spanische Politik von 1618 bis 1622 lenkte, auf jeden Fall existieren Briefe des Spaniers an Karl aus dem Jahre 1615.31 Ehe Erzherzog Karl sich im Juni 1624 auf den Weg machte, begegnet das Thema seiner Spanienreise wiederholt in der diplomatischen Korrespondenz. Während des Jahres 1623 und der ersten sechs Monate des Jahres 1624 drängten die Höfe in Madrid und Wien, das geplante Unternehmen auszuführen.32 Schon im Dezember 1622 erwähnte ­Kaiser Ferdinand II . die Reise in einem Schreiben an seinen Gesandten in Madrid.33 Der Besuch erforderte die Zustimmung des spanischen Königs; Erzherzog Ferdinands II . Absicht fünfundzwanzig Jahre früher, seinen Sohn Karl, Markgrafen von Burgau, nach Madrid zu senden, war gescheitert, weil Philipp II . abgelehnt hatte.34 Am 9. Januar 1623 informierte Khevenhüller Hans Ulrich von Eggenberg, man wünsche in Madrid, der Erzherzog komme nach Spanien, er könne in Portugal wie ein König leben und nach dem Tode der Infantin Isabella würde ihm auch die Herrschaft der Niederlande zufallen.35 ­Eggenberg (1568 – 1634), Ferdinands Obersthofmeister, Präsident des Geheimen Rates und Statthalter von Innerösterreich, hatte persönliche Beziehungen zu den spanischen Habsburgern. Er stand einmal in spanischen Diensten, Rudolf II . schickte ihn 1605 auf eine Mission nach Spanien, Philipp III . ernannte ihn 1620 zum Ritter vom Goldenen Vlies.36 Als Propagandist für die Reise Karls agierte aber jetzt insbesondere ­Khevenhüller. Am 12. April 1623 erinnerte er Eggenberg, der Erzherzog könne in Madrid viel Gutes 30 S innacher : Beyträge Säben und Brixen 8, S. 237, das Schreiben hat sich anscheinend nicht erhalten. 31 Erzherzog Karl an Philipp III. (1598 – 1621), 10. 03. 1614, Baltasar de Zúñiga an Erzherzog Karl, 08. 04. 1615, 05. 05. 1615; Pedro V oltes : Documentos de tema Español existentes en archivo de estado de Viena 1 – 2 (= Ayuntamiento de Barcelona Documentos y Estudios 14, 15), Barcelona 1964 – 1965, hier 1, 187, 190; Wien HHStA, Spanien, Hofkorrespondenz 4. 32 Dieses Thema hat nur B resciani : Erzherzog Karl, S. 173 – 176, bisher behandelt. 33 Ferdinand II. an Khevenhuller, 07. 12. 1622, V oltes : Documentos de tema Español 1, S. 238; D uch : Die Politik Maximilians I., Januar 1621–Dezember 1622. 34 H irn : Erzherzog Ferdinand II. 2, S. 238 – 240. 35 Khevenhüller an Eggenberg, 09. 01. 1623, G oetz : Die Politik Maximilians I., Januar 1623 – Dezember 1624, S. 123, Anm. 3 (nur ein Hinweis auf d­ ieses Schreiben). 36 Hans Ulrich von Eggenberg war Präsident des Geheimen Rats 1615 – 1630, seit 1623 Reichsfürst; Franz von K rones in ADB 5 (1877), S. 663 – 666.

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wirken,37 im August und September berichtete er von einer gewissen Ungeduld am spanischen Hof, der König wundere sich, warum er auf seine Vorschläge seit fast zwei Jahren keine Antwort erhalten habe.38 Sollte der Erzherzog nicht kommen, so plane der König, das guberno in Portugal dem Prinzen Philibert von Savoyen zu übertragen.39 Karl möge sich baldigst nach Spanien aufmachen. Khevenhüller schickte eine Kopie an Maximilian von Bayern und im Begleitschreiben ersuchte er um Beförderung der Reise des Erzherzogs.40 Karl konnte solchem Drängen nicht widerstehen und teilte Khevenhüller am 3. und 16. Oktober 1623 seine Absichten mit. Eine Reise nach Spanien habe er schon seit Jahren in Aussicht genommen. Khevenhüller wisse, dass diese auch im eigenen Interesse des Erzherzogs liege. Der habsburgische Gesandte sollte beim König, der Erzherzogin Margarete und vielleicht dem Minister Olivares für ihn ein gutes Wort einlegen und den König versichern, er habe schon lange den Wunsch gehabt, sich ­diesem vorzustellen und ihm zu dienen. Die Verzögerung sei nicht sein Tun, sondern sei zurückzuführen auf die Kriegsereignisse im Reich, die feindlichen Angriffe auf Schlesien, die Notwendigkeit, seine Bistümer und Stifte vor den Gegnern zu ­schützen. Unter solchen Umständen eine weite Reise zu unternehmen, hätte die Ängste seiner Untertanen nur verschlimmert. Überdies habe ihm sein Bruder das Kommando über die schlesischen Truppen übertragen und wollte er überhaupt nur in Übereinstimmung mit den Wünschen seines Bruders Ferdinand handeln. Jetzt ­seien endlich die Schwierigkeiten aus dem Wege geräumt. Er sei zur Reise entschlossen, vom König wollte er jetzt wissen, wann die Ankunft in Spanien erwünscht sei, ob er inkognito mit nur wenigen Begleitern oder standesgemäß reisen, sogar welcher Route er folgen sollte. Ein Problem sei die Finanzierung der Reise, da infolge der Kriegsverluste weder der Deutsche Orden noch sein Bistum die notwendigen Mittel aufbringen könnten. Hier sollte Khevenhüller den König um Unterstützung angehen, die man vielleicht als Abzahlung der von Philipp III . dem Erzherzog versprochenen Einkünfte eines Bistums betrachten könnte. Er unterstelle sich ganz dem Befehl des Königs. Alles andere überlasse er der „bekannten Dexterität“ des Gesandten. In einem 37 Khevenhüller an Eggenberg, 12. 04. 1623, G oetz : Die Politik Maximilians I., Januar 1623 – Dezember 1624, S. 123. 38 Khevenhüller an Maximilian, 01. 08. 1623: „so begerd nunmehr in die zwei jar der könig erzh. Karl herein und vermin, sol ir hochf. Dt. das gubernament in Portugal, und wan sie sich alda der notturft nach verhalten, auf der Infantin fal das in Niderlant gegeben werden“, die Ankunft des Prinzen von Wales wird gepriesen, Karls Ausbleiben „bis unter die erd verbant“; G oetz : Die Politik Maximilians I., Januar 1623–Dezember 1624, S. 251, Nr. 99. 39 Gemeint wohl Emanuele Filiberto (1588 – 1624), Bruder der Margarete von Savoyen, die von 1634 bis 1640 als Vizekönigin von Portugal regierte. Sein Vater war Karl Emanuel, Herzog von Savoyen, die ­Mutter Katharina Michaela, Tochter Philipps II. von Spanien. Emanuele Filiberto diente als Vizekönig von Sizilien. 40 Khevenhüller an Ferdinand II, 12. 09. 1623, G oetz : Die Politik Maximilians I., Januar 1623 – Dezember 1624, Nr. 124, S. 309 – 311, hier S. 311 Anm. 2.

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­ urzen Postskriptum riet der Erzherzog aber, die Frage der Finanzierung entweder k ganz zu übergehen oder sehr vorsichtig zu behandeln, damit man niemandem Anlass gebe, beleidigt zu sein.41 In dem Brief vom 16. Oktober 1623, nachdem er offensichtlich Khevenhüllers Schreiben vom 12. September erhalten hatte, rang Karl um eine Erklärung, warum er über zwei Jahre vielleicht nicht jeden Brief Khevenhüllers beantwortet hatte. Er verwies jetzt auf ganz bestimmte Ereignisse, die sein Ausbleiben erklärten: ein drohender Einfall in Schlesien des Gabor Bethlen, die erst jetzt gelungene Eroberung von Glatz,42 die Raubzüge des Herzogs von Jägerndorf, der Verlust von Einkünften unter solchen Umständen. Khevenhüller sollte das den Spaniern erklären. Er beabsichtige dann, persönlich die Gründe für die Verzögerung dem König vorzutragen.43 Khevenhüller ersuchte jetzt noch einmal den Herzog Maximilian von Bayern, Karls spanisches Projekt zu fördern, dem fiel aber dazu nichts ein.44 König Philipp IV. selbst informierte dann den ­Kaiser (7. Februar 1624), wie ihm Khevenhüller in größerem Detail mitteilen werde, er freue sich auf die Ankunft des Erzherzogs und wünsche, seinen Onkel und einen Fürsten de tan virtud y valor kennenzulernen.45 Das Original wurde an Karl weitergeleitet. Mehr Informationen kamen dann auch an Karl aus Madrid von ­Khevenhüller (17. Februar 1624). Der königliche Kriegsrat und ehemalige Botschafter in Venedig, Don Luys Bravo de Acuña, sei zum Gesandten an Erzherzog Karl ernannt worden, ein Mann, wie man ihn verständiger und erfahrener in Spanien nicht finden könnte. Er hätte sich lange bei Erzherzog Ernst 46 in den Niederlanden aufgehalten und kenne (die österreichischen Diplomaten) Karl von Harrach und Hans Preuner. Er sei beauftragt, in Barcelona Sänften und Pferde bereitzustellen, in Genua Galeeren zu mieten, dann nach Brixen, falls nötig bis nach Wien und sogar bis nach Schlesien dem Erzherzog entgegenzureisen, ihm auch nach Florenz zu folgen, falls Karl dort seine Schwester 41 Erzherzog Karl an Khevenhüller, 03. 10. 1623, Wien HHSTA , Spanien, Diplomatische Korrespondenz 18, 1 (1623), S. 289 – 292. Beide Schreiben gelangten erst am 28. November in ­Khevenhüllers Hände. 42 Glatz fiel am 28. Oktober 1622. 43 Karl an Khevenhüller, 16. 10. 1623, Wien HHSTA, Spanien, Diplomatische Korrespondenz 18, 1 (1623), S. 287 – 289 (auch in Innsbruck TLA, Hofrat, Selekt Ferdinandea, Pos. 255, 16. 10. 1623), s. a. S. 289 – 292; B resciani : Erzherzog Karl, S. 174; Maximilian an Khevenhüller, 09. 10. 1623, Wien HHSTA, Spanien, Diplomatische Korrespondenz 18, 1 (1623), S. 293 – 297, hier S. 296 f. 44 Maximilian an Khevenhüller, 09. 10. 1623, Wien HHStA, Spanien, Diplomatische Korrespondenz 18, 1 (1623), S. 293 – 297, hier S. 296 f. Er würde gern behilflich sein, ihm fehle aber die Gelegenheit und er sei nicht die richtige Person. Die Anwesenheit des Habsburgers in Spanien war für die bayerische Politik belanglos. Zu Maximilians Spanienpolitik in diesen Jahren ­A lbrecht : Maximilian I. von Bayern, S. 641 – 661. 45 Philipp IV. an Ferdinand II. und separat an Karl, 07. 02. 1624, Wien HHStA, Spanien, Hofkorrespondenz 3, 6, S. 73; Innsbruck TLA, Hofrat, Selekt Ferdinandea, Pos. 255, 07. 02. 1624. 46 Bruder ­Kaiser Rudolfs II. (1553 – 1595), Regent der Niederlande 1592 – 1595.

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besuchen wollte, und ihn endlich bis nach Madrid zu begleiten. Der König freue sich auf Karls Ankunft, der Minister Olivares würde behilflich sein. Sollte der Erzherzog dann die Position in Portugal annehmen, wie man hoffe, würde er dort wie ein König in seinem Königreich dastehen, mit reichen Einkünften, die er meist nicht auszugeben brauchte; in Zukunft habe er dann die Aussicht auf die Herrschaft in den Niederlanden. Ein Aufschub der Reise könnte den ihm so wohlgesonnenen jungen König verstimmen. Wenn er – Khevenhüller – dies schreibe, so sei sein Ziel einzig und allein, „die gute correspondenz ­zwischen diesen zweien hochlöblichen linien, daran der ganzen Christenheit hail und ihre eigene conservation liegt, zu erhalten“. Karl sollte sich so bald wie möglich auf den Weg machen und Gepäck und Tross über Hamburg zur See nach Barcelona befördern lassen. Der König, die Erzherzogin Margarete und der Minister Olivares würden mit ihm korrespondieren. Den Gesandten Bravo würde ein sprachgewandter deutscher Adliger namens Otto Heinrich Schad begleiten. Der König habe schon nach Portugal geschrieben, man solle dort darauf sehen, dass die reichen Jagdgründe sich in guter Verfassung befänden. Die Residenz und Herrschaft in Lissabon könnten nicht stattlicher sein, Karl würde über Fürsten, Soldaten zu Wasser und zu Lande und eine gewaltige Armada befehlen. Khevenhüller legte Schreiben der Erzherzogin Margarete bei, die ihn zu baldigem Aufbruch ermahnte, und des Don Luys Bravo, der dem Erzherzog empfahl, in Genua in der spanischen Botschaft zu wohnen. Bravos Absicht war, Anfang März von Madrid aufzubrechen.47 Margarete, Erzherzogin von Österreich (1567 – 1633), eine Tochter ­Kaiser Maximilians II. und Karls Cousine, lebte als Nonne im Madrider Kloster de las Descalzas Reales, an der Plaza de las Descalzas, behaust im ehemaligen Palast ­Kaiser Karls V., wo dessen Tochter Johanna 1569 einen Konvent der Unbeschuhten Karmelitinnen gegründet hatte.48 Im Kloster befindet sich noch heute, wie oben erwähnt, ein Gemälde der Familie des Erzherzogs Karl von Steiermark, Karls Vater. Im März 1624 (27. März) ermunterte Ferdinand 47 Khevenhüller an Karl, 17. 02. 1624, Wien HHS tA, Spanien, Diplomatische Korrespondenz 18, 2 (1624), S. 34 – 37 (über Bravo auch der Brief an Karl vom 22. April 1624, an gleicher Stelle, S. 97 f.), auch Innsbruck TLA, Hofrat, Selekt Ferdinandea, Pos. 255, 17. 02. 1624; ­K hevenhüller : Annales Ferdinandei 10, S. 479; B resciani , Erzherzog Karl, S. 174 f.; schon im Frühjahr wurde dieser geschickt, G oetz : Die Politik Maximilians I., Januar 1623–Dezember 1624, S. 557 Anm. 2. Karl erwähnt am 27. April, dass der Gesandte des spanischen Königs schon auf dem Wege sei und er ihn in Wien treffen werde; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 312. Margarete schreibt an Karl und separat an Ferdinand, 18. 02. 1624; sie bittet Karl, die Reise zu unternehmen, und Ferdinand, diese zu unterstützen; Innsbruck TLA, Hofrat, Selekt Ferdinandea, Pos. 255, 18.2. 1624. Bravo an Karl, 13. 02. 1624, Innsbruck TLA, Hofrat, Selekt Ferdinandea, Pos. 255, 13. 02. 1624. 48 Von dieser Erzherzogin Margarete, der Sor Margarita de la Cruz, und ihrer Rolle am spanischen Königshof handelt Magdalena S. S ánchez : The empress, the queen, and the nun. Women and power at the court of Philip III of Spain (= The Johns Hopkins University studies in historical and political science, 116th ser., 2), Baltimore 1998, besonders S. 77 – 84, 107 – 110, 177 – 178, 235 (Leichenpredigt und Vitae).

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seinen Bruder, bald aufzubrechen, und erinnerte ihn, der spanische König habe die Absicht, ihm auch das Bistum Lissabon zu übertragen.49 Aber zwei Monate ­später, am 13. Mai 1624, teilte er Karl mit, Philipp plane im Herbst Aragon zu besuchen und bei dieser Gelegenheit den Erzherzog in Barcelona zu empfangen, die Abreise habe deshalb keine besondere Eile.50 Inzwischen hatte Karl jedoch Vorbereitungen für die Abreise getroffen, wie er seinem Bruder Leopold schrieb (6. April),51 den Brixener Administrator angewiesen, sich auf die Ankunft des spanischen Gesandten vorzubereiten,52 und sein Breslauer Kapitel von seiner baldigen Abwesenheit informiert, denn es befasste sich am 15. und 16. April mit der Verwaltung der Diözese, wenn der Bischof in Spanien weilen würde.53 Am Ende des Monats gab Bischof Karl in Neisse seinen Bevollmächtigten, Peter Gebauer, Archidiakon des Kapitels, und Daniel von Venediger, Vizekanzler des Fürstentums, Informationen für den bevorstehenden Fürstentag über seine Reise und die Angelegenheiten des Bistums während seines Aufenthalts in der Peninsula, die ihm besondere Sorgen bereiteten. Sein Bruder habe ihm jetzt schon ins vierte Jahr „stetigs in Ohren gelegen“, bemerkte er, die Reise nach Spanien zu unternehmen, „um vieler der ganzen Christenheit und gemeinen Wesens, auch unsers löblichen Hauses hochwichtiger Ursachen willen“. Der Ton war versöhnlich und so auch die Antwort der Fürsten und Stände.54 Am 3. Mai 1624 glaubte er, an der Vigil von Fronleichnam, vigilia corporis Christi, d. i Mittwoch den 5. Juni, in Wien zu sein.55 Für den 23. Mai berief er das Domkapitel auf eine letzte Sitzung nach Neisse, zehn Prälaten und Kanoniker folgten der Einladung und trafen sich früh um acht Uhr morgens mit dem Erzherzog im neuen 49 Ferdinand an Karl, zwei Briefe, 27. 03. 1624, Innsbruck TLA , Hofrat, Selekt Ferdinandea, Pos. 255, 27. 03. 1624. Am 15. März schrieb Eggenberg an Karl und zitierte ein paar Zeilen aus einem Briefe Khevenhüllers, der den Breslauer Bischof informierte, er würde auch das Bistum Coimbra mit einem Einkommen von neunzig Dukaten erhalten; Innsbruck TLA, Hofrat, Selekt Ferdinandea, Pos. 255, 15. 03. 1624. 50 Ferdinand an Karl, 13. 05. 1624, Innsbruck TLA , Hofrat, Selekt Ferdinandea, Pos.  255, 13. 05. 1624 (zwei Versionen). 51 Karl an Leopold, Neisse, 06. 04. 1624, Innsbruck TLA, Alphabetisches Leopoldinum I 202, 06. 04. 1624; auch in Innsbruck TLA, Hofrat, Selekt Ferdinandea, Pos. 255, 06. 04. 1624. 52 Karl an Leopold, Neisse, 03. 04. 1624, Innsbruck TLA, Hofrat, Selekt Ferdinandea, Pos. 255, 03. 04. 1624. 53 K astner : Actenmässige Beiträge 1599 – 1649, Kapitelprotokolle, 15.04. und 16. 04. 1624, S. 33 f. 54 Karl an Peter Gebauer, 27. 04. 1624, Acta Publica 5, S. 269 – 274 bzw. 274 – 278 (Antwort der Fürsten und Stände vom 10. Mai), und K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 312 – 314 bzw. 315 – 316; auch in B uckisch 5, 6, 4; G ottschalk : Buckisch 2, S. 309 f., zur Biographie des Daniel von Venediger und Bunkay dort S. 310 Anm. 48. 55 Karl an Leopold, Neisse, 03. 05. 1624, Innsbruck TLA, Alphabetisches Leopoldinum I 202, 03. 05. 1624.

Einladungen, Verzögerungen, Vorbereitungen

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Haus gegenüber dem Eingang zum Bischofshof. Der Bischof ahnte wohl, dass für ihn ein Lebensabschnitt zu Ende ging und der bevorstehende Abschied einen Wendepunkt in seiner Herrschaft in Schlesien darstellte. Vor den Domherren reflektierte er über seine Jahre in Breslau und präsentierte gleichzeitig dem Kapitel sein wichtigstes Vorhaben für die Zukunft der schlesischen Diözese. Mit Gottes Hilfe habe er fünfzehn Jahre lang höchst wohlwollend – clementissime – dem Breslauer Bistum vorgestanden, mit Sorge und eifrigem Bemühen, und in ­diesem Zeitraum nicht verfehlt, die Rechte und Privilegien der ­Kirche energisch zu verteidigen. Sollte er gelegentlich das erstrebte Ziel nicht ganz erreicht haben, wie man hätte erwarten können, so müsse man das auf die verhängnisvollen Zeitumstände zurückführen. Wenn sich die Zeiten, auf ihr Flehen um göttlichen Beistand hin, wieder günstiger erweisen und die Dinge sich nach ihrem Willen wenden sollten, so versprach er feierlich, all das, was man vernachlässigt hatte, ganz wiedergutzumachen und niemals zu unterlassen, auf jede ihm mögliche Weise oder durch entsprechende Vereinbarung das Interesse der ­Kirche zu fördern. Er kenne kein wirksameres Mittel zur Festigung der katholischen Religion und Austilgung der mit ihren Dogmen in Konflikt stehenden Lehren, als die Jesuiten nach Neisse zu berufen und dort eine Voll-Universität mit allen vier Fakultäten einzurichten. Dann nannte er im Einzelnen einige der Schenkungen an die Gesellschaft Jesu, die er jetzt machen wollte.56 Der Aufbruch verzögerte sich noch einmal um drei Wochen. Am Mittwoch, den 29. Mai reiste der Bischof nach Oppeln zur Huldigung der Adligen des Fürstentums, erst am Freitag kehrte er nach Neisse zurück.57 Am 5. Juni traf Prinz Władisłaus von Polen in Neisse ein. Der Plan war, wie Karl seinem Bruder Leopold am 6. Juni aus Neisse mitteilte, am 13. Juni, einem Donnerstag, nach Wien aufzubrechen. Leopold drängte ihn, sich auf den Weg zu machen, und Karl schrieb ihm, er möchte so bald wie möglich nach Wien gelangen, da er fürchte, er werde sich dort nicht lange aufhalten können.58 Wladysłaus blieb in Neisse bis zum 8. und reiste dann ohne den Erzherzog, der an Zahnschmerzen litt, nach Breslau. Von dort kehrte er am 11. nachts um zwei Uhr nach Neisse zurück. Am 8. Juni 1624 schrieb dem Bischof Don Luys Bravo de Acuña aus Genua, teilte seine Ankunft mit und bat um Nachricht über die Reise des Erzherzogs.59 56 K astner : Actenmässige Beiträge 1599 – 1649, Kapitelprotokolle, 23. 05. 1624, S. 36 f. 57 Die einzigen zeitgenössischen Zeugnisse (bisher nicht identifiziert) für diesen ­kurzen Aufenthalt in Oppeln sind der Brief des Erzherzogs an Ferdinand aus Oppeln vom 30. Mai 1624, der sich auch auf die Huldigung bezieht (Innsbruck TLA, Hofrat, Selekt Ferdinandea, Pos. 255, 30. 05. 1624, Entwurf), und der Bericht des Jan Hagenaw aus der Reisegesellschaft des polnischen Kronprinzen, der zudem den 31. Mai als Tag der Rückkehr gibt (zu Hagenaws Bericht s. Anm. 61). 58 Karl an Leopold, 06. 06. 1624, Innsbruck TLA, Alphabetisches Leopoldinum I 202, 06. 06. 1624. 59 Karl an Bravo zwei Wochen ­später, Innsbruck TLA , Hofrat, Selekt Ferdinandea, Pos. 255, 29. 06. 1624.

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Am 9. Juni traf, wohl aus Wien, ein umfangreicher Posten von Kleidungsstücken in Neisse ein, einunddreißig Stücke, dabei „ein langer weisser teutscher ordensmantel sambt seinem creuz“ und „ein Türkisch par hosen von rotem atlass“.60 Der 6. Juni war Fronleichnam, das man gemäß bischöflicher Instruktion – und ganz im Sinne der hohen Bedeutung, ­welche die katholische Reformation dem Fest zuschrieb – ­dieses Mal in Neisse besonders feierlich beging. Das mag Grund gewesen sein für die Verzögerung der Abreise bis auf die folgende Woche. Wir wissen über den ersten Abschnitt der Spanienreise des Erzherzogs von Neisse nach Wien, denn der Erzherzog reiste in der Gesellschaft des Prinzen Wladysław von Polen. Der Verlauf wurde, wie der Rest des zweijährigen Unternehmens des polnischen Kronprinzen, aus der Feder von drei Begleitern in drei Tagebüchern festgehalten.61 Aus der Bischofsstadt brach die vereinigte Reisegesellschaft am Freitag den 14. Juni auf und kam am Samstag den 22. Juni in dem ziemlich genau südlich von Neisse gelegenen Wien an, eine Wegstrecke von an die 330 Kilometern, eine acht- oder neuntägige Reisedauer für eine größere Reisegesellschaft wäre das Normale gewesen.62 Die Berichte über die Reise des polnischen Prinzen in ihrer Gesamtheit geben die Stationen und Daten der Reise an und wissen von besonderen Ereignissen und Problemen unterwegs.63

3. Eine Fürstenreise im Jahre 1624 Die diplomatische Mission des Erzherzogs in Spanien nötigte ihn, als Erstes eine Reise von über 3000 Kilometer aus dem schlesischen Neisse ins Innere der Iberischen Halbinsel auf sich zu nehmen. Auch für einen Fürsten, dem so viel mehr Mittel zur ­Verfügung 60 B odenstein : Urkunden und Regesten, Teil 2, Quellen (1916), S. XXXIX, Artikel LXVIII, aus dem Nachlassinventar. 61 Bolko S chweinitz Hg.: Die Reise des Kronprinzen Władysław Wasa in die Länder Westeuropas in den Jahren 1624/25, Leipzig, Weimar 1988, beruht auf einer wissenschaftlichen Ausgabe der Texte von Adam P rzyboś : Podróż królewicza Wladyllawa Wazy do krajów Europy Zachodniej w latach 1624 – 1625 w świetle ówczesnych relacji [Reisen des Prinzen Władysław Wasa nach Westeuropa im Zeitraum 1624 – 1625 im Lichte der zeitgenössischen Beziehungen], Kraków (Verlag Wydawnictwo Literackie) 1977; zur Beziehung ­zwischen den beiden Werken s. ­S chweinitz : Die Reise des Kronprinzen Władysław Wasa, S. 238. Das Tagebuch hier ist eine Kompilation auf Deutsch von Auszügen aus den Tagebüchern dreier Begleiter des Prinzen: Stefan Pac, Sekretär des Kronprinzen, S. 18 – 20, A. S. Radziwill, Kanzler und Betreuer des Prinzen, S. 20, Jan ­Hagenaw, Hofmann des Kanzlers Radziwill, S. 21 – 22, deren Einleitungen gib das Buch S. 23 – 27. Diese Quelle wird hier zum ersten Mal zu Karls Reise in Beziehung gebracht. Das eigentliche Tagebuch in dieser von Schweinitz herausgegebenen Fassung beginnt am 17. Mai 1624 (S. 28), die Reisegesellschaft des Prinzen bestand aus über fünfzig Personen (S. 16). 62 Neisse–Wien = 260 km Luftlinie; L eitsch : Das Leben am Hof König Sigismunds III. 4, S. 2451 (über Reisedauer in Polen). 63 S chweinitz : Die Reise des Kronprinzen Władysław Wasa, S. 34 – 48.

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standen als dem normalen Reisenden, verband sich so ein Unternehmen in der frühen Neuzeit immer mit besonderen Behinderungen und Beschwerlichkeiten. Die Verkehrsund Transportmittel zu Lande hatten sich über Jahrhunderte, vielleicht Jahrtausende nicht grundsätzlich geändert. Die Geschwindigkeit, mit der ein Mensch zu Lande von einem Ort zum anderen gelangte, war nicht größer als im Mittelalter, hundert Kilometer an einem Tage zurückzulegen nur unter den besten Umständen möglich und immer eine außergewöhnliche physische Leistung, die Norm eher die Hälfte oder nur ein Drittel dieser Zahl.64 Eine Reise bedeutete deshalb von vornherein eine lange Abwesenheit von der gewohnten Umgebung. Mit Unfällen musste man rechnen, bei Pferd und Wagen, den schlechten Straßen, unsicheren Brücken, bei Überquerungen von Flüssen auf Fähren, von Seen auf Booten, ein Risiko auch, dass die Strapazen der Reise zu allen möglichen Leiden, die Begegnung mit ungewohnten Krankheitserregern zu Infektionen führten, die unterwegs noch weniger als im Heimatort behandelt werden konnten. Ein Viertel der Reisegesellschaft des Erzherzogs, mehr als zwanzig Personen, litt am Anfang des Aufenthalts in Madrid an demselben Fieber, das im Falle des Erzherzogs mit dem Tode endete. Ein einigermaßen zusammenhängendes Straßennetz bestand, aber eine Kunststraße, auf der die Kutsche des Erzherzogs „wie in einem Lustgarten“ dahinrollen konnte, fand er anscheinend nur einmal vor, im Großherzogtum Toskana. Jede Elevation des Terrains und jedes Gewässer konnte zum Hindernis werden. In Tirol gab es schon 1524 eine Straßenbaukommission,65 aber von einer Technik des Straßenbaus war man noch Jahrhunderte entfernt. Selbst wenn ein Reisender wie der Erzherzog seine eigene Kutsche benutzte, mit der Federung und Beweglichkeit, wie sie ein unternehmender Ungar schon im 15. Jahrhundert entwickelt hatte, setzte er sich den Unbilden der Witterung aus, ein überdachtes und geschlossenes Fahrzeug blieb etwas Besonderes. Ging es um eine Seereise, so konnten Wind und Wetter zu langen Verzögerungen in den Häfen führen, auf hoher See drohten dem Reisenden die Gefahren des Schiffsbruchs und der Seeräuberei. Im mittleren Europa empfahl es sich, eine Reise in der kalten Jahreszeit zu vermeiden. Der Erzherzog allerdings machte schon seinen Umzug von Graz nach Neisse zu Beginn seiner Regierung im eisigen schlesischen Dezember. Den in seinem Tagebuch beschriebenen Reiseabschnitt Innsbruck – Madrid, für den er mehr als zweieinhalb Monate brauchte, bis Ende November, begann er eigentlich zu spät im Jahr, vor allem, da dieser eine Seereise einbegriff. Tiefer Schnee bedeckte den hohen Alpenpass, über den er Italien erreichte, und eine Woche wartete er in Livorno, bis sich ein Sturm auf dem Meere gelegt hatte. ­Unterkunft und Verpflegung bildeten ein 64 Fernand B raudel : La Méditerranée et le monde méditeranéen à l’époque de Philippe II 1 – 2, 2. Aufl., Paris 1966, hier nach der englischen Fassung: The Mediterranean and the Mediterranean world in the age of Philip II 1 – 2, New York 1972 – 1973, hier 1, S. 358 – 374, über die Geschwindigkeiten, mit denen Entfernungen zurückgelegt wurden, 200 km am Tage zur See und 100 km zu Lande waren ganz außergewöhnlich. 65 Holger Th. G räf und Ralph P röve : Wege ins Ungewisse. Eine Kulturgeschichte des Reisens 1500 – 1800, Frankfurt 1997, hier benützt Fischer Taschenbuch 2001, S. 78.

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tägliches Problem und stellten einen erheblichen Teil der Reise­kosten dar. Der Bruder des Kaisers konnte auf die Gastfreundschaft der Amtsleute, kirchlichen Niederlassungen und Potentaten entlang seiner Route zählen, aber auch er fühlte sich gezwungen, gelegentlich ein Wirtshaus aufzusuchen. Überdies gab der Umfang seiner Entourage, insbesondere ihre Beköstigung und Beherbergung, möchte man glauben, Anlass zu täglichen Schwierigkeiten. Welcher noch so willige Gastgeber begrüßte schon die Ankunft einer Reisegesellschaft von achtzig oder neunzig Personen? Der Umfang des Hofstaates, mit dem der Erzherzog durch die Lande zog, brachte aber eine gewisse Sicherheit mit sich, schützte ihn vor den Bettlern und vagierenden Soldaten, die den Reisenden belästigten, und den Dieben und Räubern, die ihre Beute auf den Straßen suchten. Die Anwesenheit von Truppen und herumschweifenden Soldaten im Kriegsjahr 1624 schuf dann zusätzliche Risiken; der Erzherzog und der polnische Kronprinz suchten auf dem Wege durch Mähren eine Zeit lang das Geleit eines kaiserlichen Regiments. Die andauernden Zollerhebungen an den Stadttoren und Staatsgrenzen, die das Fortkommen verzögerten und verteuerten, blieben dem Habsburger erspart, während ein Albrecht Dürer auf der Reise von Nürnberg in die Niederlande alle wenige Kilometer den Zollerlass, den ihm der kunstsinnige Bischof von Bamberg ausgestellt hatte, aus der Tasche zog. Fürst Radziwil, Leiter der Reisegesellschaft des Prinzen Władysłaus, der sich Karl auf dem ersten Abschnitt seiner Spanienreise von Neisse bis Wien anschloss, hatte einen Geleitbrief des Königs bei sich. Während seiner sechzehn Jahre auf dem Breslauer Bischofsthron verbrachte Karl viel Zeit unterwegs, aber fast nur innerhalb der Habsburgerlande oder des Deutschen Reiches. Er kannte Steiermark, Kärnten, Niederund Oberösterreich, Tirol, nicht viel mehr als den mittleren Teil Schlesiens, wenigstens zweimal machte er sich an den polnischen Königshof auf, in Warschau und vielleicht auch in Krakau, kannte wohl ein wenig Böhmen und Mähren, die er auf seinen häufigen Reisen nach Wien oder Graz durchkreuzte, hielt sich kurze Zeit in Prag, Dresden und Köln auf, hatte seine Verwandten in Brüssel besucht. Wir haben kein Anzeichen, dass es ihn einmal, vielleicht als jungen Menschen, nach Italien, ins meistbesuchte Land Europas, gezogen hätte.66 Spanien blieb ihm eine terra incognita, bis die bischöfliche Karawane sich drei Wochen lang mühselig durch seine herben Landschaften fortbewegte. Seine Reise sollte ihn in fremde Länder führen, aber nicht in exotische Welten; was er plante, war nicht vergleichbar mit den Expeditionen anderer ins Reich der Moskowiter oder Osmanen, in sich geschlossene, von Renaissance und Humanismus unberührte Gesellschaften.67 Selbst wenn andere die ­Reisevorbereitungen für ihn trafen, lagen viele Entscheidungen letztlich in Karls Hand. Man fragt sich, ob er eine ­Vorstellung 66 Maximilian Ernst unternahm als Einundzwanzigjähriger eine Italienreise; N oflatscher : ­Maximilian der Deutschmeister, S. 289, aus Innsbruck TLA, Oberösterreiche Hofregistratur C-49. 67 Walter L eitsch : Westeuropäische Reiseberichte über den Moskauer Staat, in: Antoni M aczak und Hans Jürgen T euteberg Hgg.: Reiseberichte als Quellen europäischer Kulturgeschichte (= Wolfenbütteler Forschungen 21), Wolfenbüttel 1982, S. 153 – 176, hier S. 167.

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hatte von den Entfernungen, die es zu bewältigen galt, der langen Meerfahrt, der Abhängigkeit vom guten Willen der spanischen Regierung und so vieler lokaler Beamter und kleiner Autokraten. Allerdings lag es ihm anscheinend, Menschen kennenzulernen und alte Bekanntschaften zu erneuern. Er war in seinen Jahren als Breslauer Bischof genug herumgereist, um zu wissen, ­welchen Strapazen er sich monatelang aussetzen würde. Die Idee, die ganze Reise unter fremdem Namen zu unternehmen, verwarf er bald. Nur auf einer ­kurzen Strecke ­zwischen Mailand und Florenz gab er sich nicht zu erkennen und vermied damit den Donner der Kanonen, wenn er mit seinem Tross vor den Stadttoren auftauchte, und die Umständlichkeiten eines öffentlichen Empfangs durch örtliche Amtspersonen. Als Bruder des Kaisers oder Verwandter des spanischen Königs konnte er auf respektvolle Behandlung und willige Unterstützung der Regierungen in den verschiedenen Territorien auf dem Wege nach Madrid rechnen. Selbst der Papst – Urban VIII. (1623 – 1644) – zeigte Interesse an der Reise und schickte ihm seinen Vertreter, sobald Karls separate Reisetruppe den Umbrailpass hinter sich hatte, und dieser übernahm dann mehrmals den Unterhalt des reisenden Fürsten und vielleicht seiner unmittelbaren Umgebung. Zog Karl Informationen über die Geographie des Landes ein? Kannte er entsprechende Werke, wie die Kosmographie des Gerard Mercator? Unter den Büchern in seinem Besitz, als er in Madrid starb, fand sich eine Landeskunde Italiens (desorizzione d’Italia). Für die Sicherung der Finanzen übernahm er selbst in erster Linie, so möchte man annehmen, die Verantwortung. Eine Reise über mehrere tausend Kilometer verschlang Unsummen. Als der Kronprinz von Polen im Mai 1624 in Warschau seine wohl von vornherein auf ein Jahr geplante Fahrt durch mehrere Länder Europas antrat, mit einem Gefolge von ungefähr fünfzig Personen, belief sich sein Reisegeld auf 174.000 Dukaten.68 Für seine Reisekosten 1568 erhielt Karls Vater bei seiner Reise nach Madrid (24. Oktober bis 10. Dezember 1568) 100.000 Gulden von Philipp II., außerdem gab der König 500 Dukaten pro Tag für den Unterhalt aus.69 Schon ein Jahr vorher wollte unser Karl den spanischen König um die Mittel für die Reise angehen, da ­solche wegen des Krieges in Deutschland weder ihm noch dem ­Kaiser erschwinglich ­seien. Bereits unterwegs nach Madrid, im Sommer 1624, fand Karl das Leben in Wien teuer und die Wiener Regierung verschob die Weiterreise, weil das Geld fehlte.70 Hohe Summen lieh ihm der Oberstallmeister Hendl, wohl in der Erwartung, die Rückzahlung würde die Form von Landgütern annehmen. Noch mehr als einen Monat von Madrid entfernt, 68 100.000 vom König, 4000 von der Königin, 70.000 aus seinem eigenen Einkommen, nach der Rückkehr gibt ihm die Königin noch einmal 8000 Dukaten, um auf der Reise angehäufte Schulden abzuzahlen; S chweinitz : Die Reise des Kronprinzen Władysław Wasa, S. 15 f. 69 L oserth : Die Reise Erzherzog Karls II. nach Spanien, S. 153. 70 Questenberg an Khevenhüller, 10. 07. 1624, G oetz : Die Politik Maximilians I., Januar 1623 – Dezember 1624, Nr. 198, S. 555 – 557, hier S. 557, die Reise Karls wird verschoben, „ich glaub, es mangelt an gelt“.

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ging ihm das Reisegeld aus, er sah sich gezwungen, in Genua ein Darlehen von 7000 Gulden von einem deutschen Handelsherrn aufzunehmen. Die vornehmsten Mitglieder seiner Begleitung bezahlten ihre Reisekosten zum Teil aus eigener Tasche, sein Obersthofmeister Schwarzenberg erhielt keinen Heller. Das Tagebuch sagt kein Wort über die notwendigen Geldausgaben. Sie spielten im hundert Jahre älteren Tagebuch Albrecht Dürers eine wesentliche Rolle, kaum ein Eintrag ohne Erwähnung von Kosten – einer Mahlzeit, der Beherbergung, des Fuhrmanns. Das Geldausgeben fiel dem Erzherzog leicht, obwohl ihm in seinen jungen Jahren Sparsamkeit nachgesagt wurde. Er hatte seinen Kämmerer und Schatzmeister als einen seiner Reisebegleiter, auch einen Mann in der Position des pagatore. Unterwegs lebte man so oft wie möglich auf Kosten anderer. Die Rechnung für die Beköstigung seines Hofstaates auf der Route über den Brenner, Bozen und Brescia ging an die oberösterreichische Regierung.71 Karl informiert den Leser des Journals regelmäßig, wenn er von einem Gastgeber, dem Herrscher eines Territoriums oder einem fernen Gönner „traktiert“, freigehalten wurde, was sich bestimmt nicht auf die ganze Reisegesellschaft, sondern nur auf den Erzherzog selbst und seine unmittelbaren Begleiter bezieht.72 Man hat den Eindruck, dass ­solche Bemerkungen nicht nur den Respekt andeuten sollten, den man dem Bruder des Kaisers zollte, sondern der Erzherzog sie dem Tagebuch einfügte, weil sie die Auslagen für die Reise reduzierten und seinen gewissenhaften Umgang mit dem ihm zufließenden Reisefond demonstrierten. Der Transport zur See von Livorno oder der ganzen Reisegruppe von Genua, auf gemieteten genuesischen Galeeren, ging auf Kosten der spanischen Regierung. Da er spätestens von Genua aus vermutlich mit seinem ganzen Hofstaat reiste, sah er in den Provisionen, mit denen ihn gelegentlich eine der kleinen spanischen Städte auf seiner Route versorgte, eine willkommene Hilfe, und man versteht, warum er die Zahl der ihm zum Geschenk gemachten Pasteten und Torten oder Hühner und Tauben im Tagebuch festhielt. Der Kurs, für den er sich entschied, führte zum Teil durch exotische, auf jeden Fall dem Verfasser unbekannte Gegenden, man hört nirgendwo, dass er je das Meer gesehen hatte,73 auf dem er ein Drittel seiner Reise zurücklegte, aber ihm schien das Auge für das Neue oder Ungewöhnliche in der Natur abzugehen, nur den Zustand der Straßen kommentierte er wiederholt. Die Landschaften, durch die er zog, sagten ihm wenig oder überhaupt nichts. Das zurückgelegte Tagespensum hing offensichtlich von Weg und Wetter ab, vier bis sechs Meilen, also dreißig bis vierzig 71 B resciani : Erzherzog Karl, S. 178; Innsbruck TLA, Kopialbücher der Innsbrucker Kammer, Gemeine Missiven 1624 IIa, S. 1396, 1394. 72 Traktieren = behandlen, bedeutet oft verhandeln, manchmal aber auch freihalten oder beköstigen und beherbergen. 73 An die südliche Steiermark schloss sich die Grafschaft Görz an, heute die italienische Provinz Gorizia, mit den Städten Görz und Grado, zu Karls Zeiten in den Händen des Grazer Zweiges der Habsburger; zu Karls Titeln gehörte Graf von Görz. Die Entfernung von Graz nach Grado an der Adria ist 220 km Luftlinie, die Route heute 336 km. Karls ­Mutter sah in der Grafschaft Görz zum ersten Mal das Meer; K eller : Erzherzogin Maria, S. 210.

Die Reisegesellschaft

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Kilometer, war die Norm, gewöhnlich in zwei Abschnitten, getrennt durch das Frühmahl, gemeint wohl eher das Mittagessen, das Abendessen nahm er am Zielort ein. Außer gelegentlich auf einer guten Straße in Italien dürften bis zu neun Stunden im Sattel – oder selbst in seiner Karosse oder Landkutsche – eine Tortur gewesen sein. Wiederholt trennte er sich vom Hofstaat, von der Mehrzahl der Mitreisenden, so von Innsbruck bis Mailand und von Mailand nach Florenz. Schon am Ende der Strecke von Neisse nach Wien eilte er mit dem polnischen Kronprinzen der Reisegesellschaft voraus, beide nur mit einem einzigen Begleiter, in ­diesem Falle um den ­Kaiser zu überraschen. Eine Tragik im Leben des Erzherzogs war es dann, dass das spanische Projekt niemals zur Ausführung kam und er am Ausgang einer umständlichen, kostspieligen und strapazenreichen Reise den Tod fand.

4. Die Reisegesellschaft Fürsten des frühen 17. Jahrhunderts unternahmen Reisen gewöhnlich mit einem Gefolge, einem Hofstaat. Für seine über Monate vorbereitete Reise nach Madrid legte sich Erzherzog Karl von Österreich einen besonderen Hofstaat zu, der sich nur zum Teil aus Personen zusammensetzte, die ihm in seinem Neisser oder Brixener Fürstentum dienten. Wichtige Teilnehmer rekrutierte man zweifellos ganz speziell für die spanische Expedition, Leute mit besonderen Kenntnissen oder diplomatischen Erfahrungen, organisatorischem Talent, finanziellen Ressourcen, von hohem gesellschaftlichen Rang und vor allem interessiert und in der Lage, nicht zuletzt finanziell bei ­diesem Unternehmen mitzumachen oder gar zur Finanzierung beizutragen. Dabei griff man auf Personen zurück, die bei anderen Habsburgern – dem ­Kaiser, dem Bruder in Innsbruck – im Dienst standen. Da der Hofstaat gerade für einen unverheirateten Herrscher wie Karl seine Familie bildete, in deren Mitte er sich heimisch fühlen wollte, und Beziehungen mit anderen für einen Mann seines Temperaments, eine sensible Persönlichkeit, viel bedeuteten, wählte er wahrscheinlich vor allem Leute aus, die ihm persönlich sympathisch waren, mit denen er gern seine Zeit verbrachte. Wer zur Reisegesellschaft gehörte, bestimmte zum Teil auch der ­Kaiser, er wählte persönlich den Reiseleiter. Der Erzherzog sträubte sich, den von Leopold ihm empfohlenen Erasmo Paravicini mitzunehmen, das war der Bischof von Alessandria und ehemalige päpstliche Nuntius in Graz, mit der Ausrede, dass der ­Kaiser seine Begleiter aussuchte.74 Karl war weniger als eine Woche unterwegs, als Khevenhüller von Madrid aus schon den ­Kaiser informierte, man höre dort, der Erzherzog sei mit vielen Leuten unterwegs, dabei auch vornehmen Kavalieren, der König von Spanien habe aber immer gewollt und er, Khevenhüller, dementsprechend geraten, Karl käme inkognito und nur mit zwölf Begleitern. Könnte man ihn noch vor 74 Karl an Leopold, Neisse, 05. 06. 1624, Innsbruck TLA, Alphabetisches Leopoldinum I 202, 05. 06. 1624.

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Genua erreichen, sollte man ihn anweisen, nur mit zwölf, einschließlich Schwarzenberg, weiterzureisen, die übrigen aber zurückzuschicken und besonders von Fremden und Anhängern de cumplimento abzusehen.75 Der dem Bischof in Mailand aus Madrid kommende Rat,76 er solle sich auf ein Dutzend Begleiter beschränken, oder gar der Versuch, diese von den Vertretern der spanischen oder habsburgischen Regierung, wohl Don Luys Bravo oder Khevenhüller, aussuchen zu lassen, wies der Erzherzog entrüstet zurück; hier ließ sich der ansonsten biegsame Fürst und Bischof nichts dreinreden. Wahrscheinlich kam es im Verlaufe der Reisemonate zu Ӓnderungen in der Zusammensetzung seiner Begleitschaft. Zusätzliches Personal engagierte man noch in Tirol und Italien. Der Jesuit Scheiner begleitete ihn anscheinend nur bis Mailand oder Florenz. Der Erzherzog berichtet am 21. Oktober aus Pegli bei Genua, er habe sich einen Alexander Battioli zum Mundschenk ernannt, ohne zu sagen, ob der Mann ihn auf der weiteren Reise begleitete.77 In Mailand und Florenz finden wir einen Fürsten Savelli in seiner Gesellschaft und mit gewissen Aufgaben betraut.78 Nicht jeder der Teilnehmer machte unbedingt die lange Reise bis Madrid mit.79 Verglichen mit den hunderten, die seine ­Mutter nach Spanien begleiteten, reiste der Erzherzog mit einer mäßigen Entourage, entsprechend den bescheidenen Positionen, die er unter den regierenden Habsburgern einnahm. Ein italienisch geschriebenes Verzeichnis des erzherzoglichen Hofstaates auf dem Wege nach Madrid, in Mailand am 20. September aufgesetzt, nennt siebenunddreißig Mitglieder mit Namen, die Köche und Trompeter mitgezählt, und dazu vier Pagen und vierundfünfzig Diener, die ganze Reisegesellschaft bestand demnach aus dem Erzherzog und fünfundneunzig Personen.80 Zu den mit Namen genannten Mitgliedern der Entourage des Erzherzogs gehörten die folgenden: 75 Khevenhüller an Ferdinand II., 28. 08. 1624, Wien HHSTA, Spanien, Diplomatische Korrespondenz 18, 2 (1924), S. 214 f. In ­diesem Sinne auch an Schwarzenberg, Innsbruck TLA, Hofrat, Selekt Ferdinandea, Pos. 255, 29. 08. 1624. 76 Reisejournal 21. September. 77 Acta Publica 5, S. 269 Anm. 2 (der Text der Anmerkung z. T. auf S. 270). Das ­gleiche, nicht erhaltene Schreiben des Erzherzogs an seine Neisser Administratoren erwähnt auch einen Agenten in seinem Dienst, Camillo Castilion, dem Karl am 21. Oktober 1624, als er sich in Pegli und Genua aufhielt, das Gehalt verdoppelte. 78 Reisejournal 22.09., 06.10.; kein Vorname, deshalb ungewiss, mit welchem Savelli wir es zu tun haben. 79 B resciani : Erzherzog Karl, S. 177, gibt eine Liste der Reisegesellschaft in Innsbruck, datiert 06. 09. 1624 (irrtümlich dort 1622), die sich auf 91 Personen beläuft, 13 von 37 Reisenden werden mit Namen genannt, dazu kommen 54 Diener. Eine Quelle wird nicht identifiziert, der Bezug ist aber anscheinend auf Innsbruck TLA, Hofrat, Selekt Ferdinandea, Pos. 255, wo ich aber eine ­solche Innsbrucker Liste nicht sehe. Ich gehe hier von der Annahme aus, die Existenz einer Innsbrucker Liste vom 6. September beruht auf einem Missverständnis und tatsächlich wurde nur eine einzige Liste der Teilnehmer aufgestellt, und zwar in Mailand am 20. September 1624. 80 „Nota delli Personi che vano con sua Alteza serenissima Archiduca Carlo di Austria“, Mailand, 20. 09. 1624, Innsbruck TLA, Hofrat, Selekt Ferdinandea, Pos. 255, 20. 09. 1624. Als die

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(1) Rudolf Herzog von Sachsen, mit sechs Dienern. Ein sächsischer Reichsfürst im Dienste eines Habsburgers und eines Bischofs der alten ­Kirche überrascht, der Mann hielt den höchsten Rang in der Reisegesellschaft.81 Ein Herzog von Sachsen-Lauenburg namens Julius Heinrich stand damals in kaiserlichen Diensten als Ferdinands Kämmerer und Kommandant von Regimentern. Er hatte zehn Brüder oder Stiefbrüder, ein Bruder war Rudolf Maximilian (1596 – 1647), damals achtundzwanzig Jahre alt, also im richtigen Alter, um sich an einem spanischen Abenteuer zu beteiligen. Rudolf Maximilian wurde 1620 Oberst in Wallensteins Heer. Sein Dienst wurde unterbrochen, wir finden ihn erst 1626 wieder in dieser Rolle. Er brachte es zum Generalfeldzeugmeister. Seine Ehefrau, die ihm keine Kinder schenkte, war eine Catarina von Dulcina, was eine Familie aus einem der romanischen Länder anzudeuten scheint. Rudolf Maximilian war evangelisch bis zum Übertritt auf dem Sterbebett. Die Teilnahme des Herzogs machte dem zu Karl geschickten spanischen Gesandten Sorgen, man wüsste nicht, welches Protokoll bei seinem Verkehr mit den spanischen Granden Anwendung finden sollte. Karl rechtfertigte seine Anwesenheit mit Verweisen auf Blutsverwandtschaft und auf Dienste, die der Herzog den Habsburgern und dem spanischen König geleistet hatte (Reisetagebuch 20. und 22.09.). Vielleicht empfahl ihn seine militärische Erfahrung als Begleiter des Erzherzogs dem um die Sicherheit des Bruders und seiner Entourage besorgten ­Kaiser. Rudolf Maximilian wird nachher nur noch einmal im Reisejournal erwähnt, am 19. November, der spanische König selbst hatte jetzt angeordnet, den Herzog von Sachsen als den Granden ebenbürtig zu behandeln. (2) Georg Ludwig Graf von Schwarzenberg, mit sechzehn Dienern. Damals achtunddreißig Jahre alt, hatte er sich bereits als Diplomat einen Namen gemacht. Ihn bat ­Ferdinand erst im Juni 1624, als Karl schon den ersten Abschnitt seiner Reise – Neisse bis Wien – hinter sich hatte, dem Erzherzog als Oberhofmeister oder Oberkämmerer zu dienen, eine Wahl, mit der sich der Erzherzog „gottlob wol zufrieden“ erklärte.82 Fast zwei Jahrzehnte vorher hatte er Eggenberg an den Madrider Hof begleitet.83 In ­ rzherzogin Maria mit ihrer Tochter 1598 nach Spanien reiste, zur Verehelichung der Letzteren E mit Philipp III., soll die Reisegesellschaft aus 500 oder gar 600 Personen bestanden haben; H urter : Ferdinand II. 4, S. 68, 82 Anm. 66; S ánchez : A Woman’s Influence, S. 97 (und die dort zitierten Quellen). 81 Am 22. Mai 1620 Bestallung als Oberst eines Regiments von 5 Compagnien mit zusammen 500 Arquebusier-Reitern, 1621 anscheinend Entlassung, 1626 kommandiert er wieder Regimenter, 1627 war er in Neisse; Archiv des Vereins für die Geschichte des Herzogthums Lauenburg 1890, 1 – 6, 9, 17, 18; Innsbruck TLA, Alphabetisches Leopoldinum I 950, Schreiben der Herzöge von Sachsen an Erzherzog Leopold 1619 – 1632. 82 Karl an Ursula Meyer, Wien, 13. 07. 1624, Stockholm, Swedish National Archives, Riksarkivet, Extranea 111/2. Seine Briefe an Erzherzog Leopold 1621 – 1629 in Innsbruck TLA, Alphabetisches Leopoldinum I 1021. 83 Franz von K rones : Georg Ludwig Graf von Schwarzenberg, in: ADB 33 (1891), S. 303 – 305, ausführlich über seine diplomatischen Missionen in den vorhergehenden Jahren.

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ihm fand der Erzherzog offensichtlich einen erfahrenen und talentierten Vertreter, er erscheint im Journal als der Mann, dem Karl die schwierigsten Aufgaben anvertraute. Von Mailand aus (25.09.) sandte er einem hohen Herren, wohl Eggenberg, einen langen Bericht, der sich nur mit Fragen des Hofzeremoniells befasst, die das Tagebuch in kürzerer Form behandelt.84 Schwarzenberg wurde seekrank, als er in Livorno das erste Mal Fuß auf ein Schiff setzte, und konnte auf dem schwierigen Weg von Barcelona nach Madrid wegen Krankheit eine Weile nicht einmal in einer Kutsche fahren, sondern reiste in einer Sänfte. Er war noch krank, als man in Madrid ankam, ebenso noch vier Wochen ­später am Todestage des Erzherzogs, aber nach dessen Tode und bei der Repatriierung der Begleitschaft und den diplomatischen Verhandlungen nach dem Tode des Erzherzogs übernahm er die Führung. Er gewann insbesondere das Vertrauen der Erzherzogin Margarete. „Ich dien um kein Interesse, hab kein Heller Besoldung noch Hoffnung, einen Pfennig zu erlangen“, schrieb er Khevenhüller einmal.85 (3) Reinprecht Hendl, Oberstallmeister, mit vier Dienern, er litt bei der Ankunft in Madrid ebenfalls an einer Krankheit.86 Das alte adlige Geschlecht der Hendl hatte Besitz im Tiroler Vintschgau, u. a. in Schlenders. Das Tagebuch bemerkt, der Erzherzog bezog das Nachtlager beim Herrn Hendl in Glurns, wo er sich drei Tage aufhielt. Hendl gehörte also zur kleinen Gruppe, die mit dem Erzherzog von Innsbruck die Route durch den Vintschgau nach Mailand nahm. Er war einer von drei Deutschordensrittern in der Entourage des Erzherzogs, diente als Komtur zu Laibach (Ljubljana, Slowenien) und Möttling. Er ist auch belegt als Mitglied einer von Neisse nach Freudenthal entsandten Kommission zur Überwachung wirtschaftlicher und verwaltungstechnischer Maßnahmen. Hendl lieh dem Bischof hohe Summen für die Spanienreise und machte nach dem Tode Karls Ansprüche auf „lebenslänglich[en] Besitz und Genuß“ von Landgütern, die ihm dieser testamentarisch zugesagt hatte. Er korrespondierte mit Karl von Wolkenstein.87 84 A. M örath : Archivalien des fürstlich Schwarzenbergschen Zentralarchivs in Krumau [Český Krumlov], in: Archivalien zur neueren Geschichte Österreichs (= Veröffentlichungen der Kommission zur neueren Geschichte Österreichs 4), Wien 1913, S. 12, die beiden Schriftstücke und eine Todesnachricht vom 28. Dezember 1624 in Fasz. 285 des Archivs, das erste ist aber vom 23. Juni, nicht Juli, und enthält keine Instruktionen für Schwarzenberg, sondern ist eine Einladung, die Leitung eines Projekts zu übernehmen, das zweite ist nicht an Ferdinand gerichtet, der intendierte Empfänger wahrscheinlich Eggenberg; Třeboň, Tschechische Republik, Staatliches Gebietsarchiv, Familienarchiv Schwarzenberg, Sign. F. P. b. – Georg Ludwig, Fasz. 285, Briefe No. 68. 69, 72. 85 18. 09. 1624, Wien HHSTA, Spanien, Diplomatische Korrespondenz 18, 2 (1624), S. 258 – 260. 86 K hevenhüller : Annales Ferdinandei 10, Sp. 483 f. 87 Wien DOZA Ritter 169/699 und Meistertum 323/13, fol. 56rv, 09. 06. 1625 (Hendl an Karl); 323/8/12, 22. 02. 1622 (Karl an Hendl und Kochtitzky); I rgang : Freudenthal, S. 37, 48, hier auch Anm. 70.

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(4) Baron Oswald Hendl, zwei Diener. Seine genaue, wohl verwandtschaftliche Beziehung zu Reinprecht Hendl bleibt unbekannt. Im Mailander Verzeichnis vom 20. September erscheint er als einer von fünf Kämmerern. Das Reisejournal erwähnt mehrmals „den Hendl“, gemeint ist wohl immer der Oberstallmeister, es differenziert niemals ­zwischen zwei Trägern ­dieses Namens. (5) Baron Löbel, zwei Diener. Hier Freiherr Hanns Christoph, richtig wohl Hans Bernhard Löbel, auch Lewel, Kämmerer und Schatzmeister,88 er wird mehrmals im Reisejournal genannt (27.9., 06.10., 19.10. auf der Galeere mit dem Erzherzog, 27.10.). Am 18. Oktober 1624 empfahl ihn Karl dem Gesandten Khevenhüller als seinen getreuen Kämmerer. Als Schatzmeister hatte Löbel sicherlich eine maßgebende und schwierige Rolle. Der Erzherzog berichtet es nicht, aber Khevenhüller wusste, dass Löbel bald nach der Ankunft in Barcelona nach Madrid vorausgeschickt wurde. Am 18. November in Tortuera kam er mit Khevenhüller aus Madrid zurück dem Erzherzog entgegen.89 Der Erzherzog schickte ihn und nicht seinen Obersthofmeister nach Madrid voraus, sicherlich wegen der Krankheit des Grafen von Schwarzenberg, aber von der inneren Dynamik der Reisegesellschaft geben uns die Quellen keine Vorstellung. An einen unbekannten Empfänger schickte Löbel noch am 28. Dezember 1624 die Nachricht vom Tode des Bischofs.90 (6) Baron Odalrico, Ulrich, von Wolkenstein, Kämmerer, mit zwei Dienern. Er wird im Reisejournal niemals erwähnt. Ulrich entstammte der Linie Wolkenstein-­Rodenegg. Zwei Träger des Namens kommen hier in Frage. Ein Ulrich, um 1590 geboren, studierte in Padua und Siena, wurde 1617 in der Ballei Franken eingekleidet, diente als Komtur mehrerer fränkischer Kommenden, wurde 1636 Statthalter zu Mergentheim und starb 1639. Er war eines von sechs Mitgliedern des Deutschen Ordens aus der Linie Wolkenstein-Roddenegg. Ein zweiter Ulrich aus der gleichen Linie, geboren in den 1550er Jahren, starb 1626. Er war Erbstallmeister und Vorschneider der fürstlichen Grafschaft Tirol, Deutschordensritter und Landkomtur an der Etsch und im Gebirge, auch des Erzherzogs Karl Rat und Kämmerer; er erscheint in einer Urkunde aus dem Jahre 1622.91 Der jüngere Ulrich war sicher Karls Begleiter auf der Reise nach Spanien. Ein Wolkenstein war in Neisse im Mai und Juni 1624, als Oberkammerherr, 88 Ein Oberst Löbl war einer der kaiserlichen Heerführer im oberösterreichischen Bauernkrieg 1626; Georg H eilingsetzer : Der oberösterreichische Bauernkrieg 1626 (= Militärhistorische Schriftenreihe 32), 2. Aufl., Wien 1985. 89 K hevenhüller : Annales Ferdinandei 10, Sp. 481. 90 Wien HHStA, Spanien, Diplomatische Korrespondenz 12, S. 20. 91 Klaus B randstätter : Kirchliche Karrieren der Wolkensteiner in der Frühen Neuzeit, in: Gustav P feifer und Kurt A ndermann Hgg.: Die Wolkensteiner. Facetten des Tiroler Adels in Spätmittelalter und Neuzeit (= Veröffentlichungen des Südtiroler Landesarchivs 30), Innsbruck 2009, S. 188; Wien DOZA, Urkunden 1622 V 6b, 06. 05. 1622, monasterium.net.

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ungefähr 60 Jahre alt. In Salevica/Židlichovice, zwei Meilen südlich von Brünn, wurde die Reisegesellschaft des Herzogs und des Kronprinzen von Polen am 20. Juni von einem Herrn von Wolkenstein bewirtet, der dort augenscheinlich ein Gut besaß. Ein Wolkenstein empfing den Prinzen auf dessen Rückreise am 25. April 1625 in Freudenthal.92 Ein Deutschordensritter Gaudentz Freiherr von Wolkenstein, Komtur von Schlanders in Südtirol, befand sich im Februar 1625 in Neisse und wurde beauftragt, die Vorräte in den Herrschaften Freudenthal und Eulenberg zu übernehmen und den Hauptleuten dort zu verbieten, etwas ohne Befehl herauszugeben.93 Die Wolkenstein waren ein Tiroler Geschlecht, dem Domkapitulare von Brixen und hohe Amtsträger entsprangen. Ein Veit von Wolkenstein-Rodeneck hatte zur Zeit des Erzherzogs Karl Kanonikate in Salzburg und Brixen, Karl ernannte ihn 1619 zum Administrator der Diözese Brixen. Dieser Wolkenstein war Mitglied des Hofrats von 1613 bis 1624 und Kustos im Domkapitel von 1619 bis 1622. Vier andere Wolkenstein saßen in Karls Tagen im Brixener Domkapitel. Während seines zweiten Aufenthalts in Brixen stattete der Bischof am 6. August 1620 dem Schloss Rodenegg, nordöstlich von Brixen in der Gemeinde Rodeneck, einen Besuch ab. Es gehörte der Familie der Freiherren von Wolkenstein-Rodenegg, das Ereignis kommemorierte der Besitzer mit einer Gedenktafel über dem Toreingang, die ein Porträt des Erzherzogs zeigt.94 Der Stammvater der Linie Wolkenstein-Rodenegg war der weitgereiste und tief in die lokale Politik verwickelte Tiroler Dichter und Sänger Oswald von ­Wolkenstein († 1445).95 (7) Caesar Nayhaus, Neuhaus, zwei Diener, Kämmerer. Es gab eine Tiroler Adelsfamilie ­dieses Namens und eine Burg Neuhaus unweit von Brixen. Einer der zwei letzten Briefe des Erzherzogs aus Madrid, beide am 12. Dezember 1624 geschrieben, weist seine Breslauer Vertreter an, dem Obersten Kaspar von Neuhaus die geschuldeten Geldsummen zu zahlen.96 Caesar Neuhaus war ein Verwandter des Reinprecht Hendl, in dessen Gesellschaft er im Februar 1625 Spanien in Richtung Italien verließ. (8) Baron Michael Konzgi, mit zwei Dienern, Kämmerer. Wir treffen ihn auf der Reise von Neisse nach Wien, er wird in einem der Reiseberichte des polnischen Kronprinzen genannt und dort als Ritter des Stefansordens bezeichnet, den Cosimo I., Großherzog von Toskana, 1561 gegründet hatte.97

92 S chweinitz : Die Reise des Kronprinzen Władysław Wasa, S. 32, 34, 42, 224. 93 I rgang : Freudenthal, S. 46. In der Linie Wolkenstein-Trostburg erscheint ­später der Name Gaudenz. 94 B resciani : Erzherzog Karl, S. 90 – 94, 86 – 90, 76 f., 67, 65, 61. 95 Helmut S tampfer : Schloß Rodenegg. Geschichte und Kunst, Bozen 1998. 96 Acta Publica 5, S. 269 Anm. 2. 97 S chweinitz : Die Reise des Kronprinzen Władysław Wasa, S. 33.

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(9) Pater Christoph Scheiner, geboren 1573 oder 1575, mit einem Diener, Jesuit, Karls Beichtvater. Er war schon in Innsbruck in der Reisegesellschaft. Karls Bruder Leopold wünschte in ­diesem Moment, dass Scheiner wieder zu ihm käme, aber Karl lehnte das ab, er könne den Mann nicht entbehren.98 Scheiner begleitete anscheinend den Erzherzog auf dem schwierigen Weg über den Umbrailpass. Einen Monat ­später berichtete der Bischof, er habe Scheiner nach Rom geschickt, vielleicht von Florenz aus. Scheiner, der eine Rolle bei der Errichtung des Jesuitenkollegiums in Neisse hatte, reiste in Angelegenheiten der Neisser Jesuiten-Niederlassung zum Papst.99 (10) Pater Johannes Mercurian, mit einem Diener. Der Jesuit Johannes Mercurian, Rektor des Kollegs in Melzheim, übernahm die Rolle des Beichtvaters, er war anwesend beim Tode des Erzherzogs und mit Kaspar Karras Autor eines zweiseitigen Berichts über das Sterben des Bischofs. Karl schrieb schon von Neisse aus, im April 1624, an seinen Bruder in Innsbruck, dass er sich zu ­diesem Mann besonders hingezogen fühlte, ihm „besonders incliniert [sei] und für ihn eine besondere Lust verspüre“, und bat ­Leopold, ihn für die Spanienreise freizugeben.100 (11) Gasparro Garras, mit einem Diener. Kaspar Karras war Mitglied des Breslauer Domkapitels, er reiste auf der Galeere des Erzherzogs beim Aufbruch in Livorno am 19. Oktober. Khevenhüller nennt ihn capellanus major = Erster Kaplan. Karras stammte aus Ujest in Oberschlesien, einem Städtchen des Neisser Fürstentums, residierte im Germanicum und wurde von Bischof Karl besonders gefördert. Zur Zeit der Reise nach Spanien stand er in seinen frühen dreißiger Jahren. 1621 erhielt er ein Breslauer Kanonikat und 1624 die Kapitelprälatur des Scholastikus. Wir finden ihn von Beginn der Reise in Neisse an in der Gesellschaft des Erzherzogs.101 (12) Gaspero Jasker, richtig Kaspar Jäschke, Arzt, mit einem Diener. In seinem knappen Pamphlet von 1625 über Tod und Bestattung des Erzherzogs kündigte Khevenhüller 98 Karl an Leopold, Innsbruck, 06. 09. 1624, Innsbruck TLA, Alphabetisches Leopoldinum I 202, 06. 09. 1624. 99 Ein Irrtum bei Kastner, dass er den Erzherzog nach Genua begleitete; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 386; bei B resciani : Erzherzog Karl, S. 169, dass er sich in Innsbruck von der Reisegesellschaft des Erzherzogs trennte, in Mailand war er noch dabei. Am 4. Oktober in Florenz beichtete und kommunizierte der Erzherzog, das einzige Mal, dass uns das von Karl auf der Reise berichtet wird. Nach Daxecker kam Scheiner nicht vor dem 18. Oktober in Rom an; D axecker : Der Physiker und Astronom Christoph Scheiner, S. 28 Anm. 174. 100 Innsbruck TLA, Hofrat, Selekt Ferdinandea, Pos. 255, 06. 04. 1624. Zu Johannes Mercurian s. L eitsch : Leben am Hof Sigismunds III. 3, S. 1502, 1507, 4, S. 2451. 101 J ungnitz : Breslauer Germaniker, S. 128 – 134, besonders S. 128 f. über seine Förderung durch Karl und seine Teilnahme an der Reise nach Spanien, er starb 1646 im Alter von 54 Jahren; K astner : Actenmässige Beiträge 1599 – 1649, S. 40, 44, 50.

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an, der Arzt des Erzherzogs werde einen Bericht an den ­Kaiser über Karls Krankheit und Tod verfassen. Er kam nicht dazu oder der Bericht ging verloren. In der Schenkungsurkunde an die Jesuiten vom 4. November 1624 erwähnte der Erzherzog seinen Arzt, den „lieben getreuen Doktor Kaspar Jeschke“. Der Erzherzog hatte von seinem Arzt das Vorwerk in Rotwasser gekauft, das er jetzt den Jesuiten übergab.102 Kaspar Jäschke war der Sohn eines lutherischen Pfarrers in Schönwalde bei Silberberg. Der jüngere Jäschke konvertierte zum katholischen Glauben und lernte die Arzneikunde. 1624 erhielt er für seine Güter in Rothwasser und Schwarzwasser im Süden des Bistumslandes die Güter Steinhof und Lindenhof, Teile von Eckersdorf in der Grafschaft Glatz, vormals Besitz des evangelischen Wenzel von Raueck. Dazu kaufte Jäschke 1629 noch den Oberhof im gleichen Ort. Ferdinand machte Jäschke 1625 zum kaiserlichen Leibarzt und erhob ihn als Jäschke von Eisenhut in den Adelsstand.103 (13) Daniel Naymb, Nemi, mit einem Diener. Der Name Naymb erscheint nirgendwo im Reisejournal. Das Mailänder Verzeichnis führt ihn als „Vendor et Controloro“. (14) Giovanni Baptista Buonuicini, Kaplan, mit einem Diener, „Caponi di Capella“. (15) Christoph Sagmeister, Zahlmeister (pagatore), mit einem Diener. (16) Francesco Buonamico, Sekretär, mit einem Diener. (17) Giovanni Vessino, Sekretär, mit einem Diener. Einundzwanzig weitere, mit Namen genannte Personen, deren einige einen Diener hatten, begegnen im Mailänder Verzeichnis: Helfer in der Kammer (4), Bottigliere (1), Credenzero (1), Spenditore (1), Scriuano della Piaue (1), Schreiber (1), Especiale (1), Balbiero (1), Helfer in der Garderobe (1), Trompeter (2), Köche (2), Kammerdiener (1), Lakaien (2), Trabanti di Camera (1), Portero (1).Ungewiss bleibt, wer sich der Reisgesellschaft erst in Mailand anschloss, das könnten viele der hier genannten italienischen Diener gewesen sein. Auf jeden Fall brachen die in Innsbruck Versammelten in zwei Gruppen am 7. September auf und vereinigten sich am 18. September vor den Toren Mailands.

102 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 373. 103 Jäschke starb 1633; K ögler : Die Chroniken der Grafschaft Glatz 5, S. 125 – 156, hier S. 140 f. Der Breslauer Stadtarzt und Humanist Johannes Crato von Crafftheim hatte den Titel eines kaiserlichen Leibarztes und diente den Kaisern Ferdinand I., Maximilian II. und Rudolf II. in dieser Rolle in Wien bzw. Prag. Mir ist unbekannt, ob Jäschke von Ferdinand tatsächlich konsultiert wurde oder sich mit einem Titel begnügen musste.

Das Reisetagebuch des Erzherzogs

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5. Das Reisetagebuch des Erzherzogs Die Reise Erzherzog Karls von Neisse nach Madrid nahm fünfeinhalb Monate in Anspruch, 164 Tage, vom 14. Juni bis 25. November 1624. Während der zweiten Hälfte führte der Bischof ein Tagebuch mit täglichen Einträgen. Es ist ein Text von fast 10.000 Worten und enthält achtzig Einträge für einundachtzig Tage, einen für jeden Tag, außer dem 26. Oktober, von der Abreise von Innsbruck am 7. September bis zum Tag nach der Ankunft in Madrid, dem 26. November 1624. Dass er keinen Tag ausließ, verrät einen motivierten Schreiber, er wollte einen vollen Bericht jenes Teils seiner Fahrt aufzeichnen, die ins Unbekannte führte. Mit der Ankunft in Madrid glaubte der Erzherzog wohl das Tagebuch abschließen zu können, seine zweiunddreißig Tage auf dem Krankenbett verhinderten auf jeden Fall eine Fortsetzung. Die Mehrzahl der Einträge besteht aus ­kurzen Wendungen, aneinandergereiht in einem knappen Paragraphen von fünfzig bis hundert Worten, die Ausnahme ist, wenn er sich mit einem einzigen Wort begnügt – Nichts oder das Gleiche (item gleich dreimal hintereinander, als das Wetter die Galeere in Livorno eine Woche lang festhielt). Manchmal gibt der Schreiber nur die Namen der Ortschaften, ­zwischen denen er sich an ­diesem Tage bewegt, mit der Anzahl der zurückgelegten Meilen und der Zahl der Stunden, die man brauchte. Der Eintrag vom 23. September aber hat 848 Worte und des Öfteren finden sich Einträge von mehr als 300 Worten. Über die Art und Weise der Abfassung des Journals, die Motive und Ziele des Verfassers enthält es, im Gegensatz zu anderen derartigen Schriften jener Zeit, keine Aussagen. Die einzige überlieferte Handschrift, im Münchener Staatsarchiv, ist eine Kopie, wie die Einheitlichkeit der Schrift zeigt, die nur einmal auf zweieinhalb Seiten, Einträge 21. und 22. September, möglicherweise eine unterschiedliche Hand zeigt. Der Erzherzog verrät nirgendwo seine Verfasserschaft, aber die meisten Einträge lassen keinen Zweifel, wer hier schreibt. Der einleitende Satz, „Den 7 September bin ich von Insbrurk widerumb auff gebrochen“, liest sich eher wie eine Stelle mitten im Text, die ein Angefangenes fortsetzt, nicht wie etwas, das man am Beginn eines Tagebuches erwarten würde, obwohl ein so abruptes Beginnen, mit dem ersten Reisetag, auch anderswo oft genug vorkommt.104 Wahrscheinlich haben wir das ganze Tagebuch, nicht ein Fragment vor uns. Der Beginn mit dem Aufbruch von Innsbruck ist verständlich, wenn wir einmal die Perspektive des Autors zu bestimmen versuchen. Von dort ging es für Karl ins Unbekannte, eine Fahrt nach Italien und Spanien war doch etwas ganz anderes als seine Züge durch Steiermark und Tirol, Böhmen und Mähren und manche Gegend des Reiches. Übrigens findet sich keine Spur in Karls Journal von der reichen Literatur, die es damals bereits über die Art und Weise des Reisens gab, er wusste nichts vom methodus apodemica oder von den Werken über die ars ­peregrinandi. Unter den Rat 104 Hieronymus der Ältere Schlick und die Eggenbergs fangen aber auch einfach mit einem Eintrag an, keine Einführung, s. unten Anm. 106.

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schlägen, die sie gaben, war, der Reisende sollte ein Tagebuch führen.105 Karls Text ist mit wenig Sorgfalt geschrieben oder auf jeden Fall nicht sorgfältig kopiert – oder korrigiert – worden. Unterschiedliche Schreibweisen des gleichen Wortes in der gleichen Zeile kommen vor. Die Einträge, mit Ausnahme der aus einem Stichwort oder ein paar Phrasen bestehenden, sind alle in der ersten Person Singular geschrieben, ein ich oder mir erscheint in den meisten. Es wäre wohl leicht gewesen, die Führung eines Reisetagebuchs einem seiner Begleiter zu übertragen. Manchen Reisebericht eines Fürsten verfasste ein für diesen Zweck engagierter Untergebener.106 Als die nächsten und kaum zu übersehenden Vorbilder Karls möchte man hier die Mitglieder der Reisegesellschaft des Władisłaus Wasa betrachten, Albrycht Stanisław Radziwill, Kanzler von Litauen, der Reiseleiter, Stefan Pac und Jan Hagenaw, die im Auftrage des Königs oder des Kronprinzen – und zeitweise vielleicht unter den Augen des Erzherzogs – an ihren Tagebüchern arbeiteten.107 Als Karls Vater, Erzherzog Karl von Steiermark, 1568/69 seine Reise nach Madrid unternahm, beauftragte er Hans Kobenzl von Prosegg, regelmäßige Berichte an Erzherzog Ferdinand II . von Tirol zu liefern.108 Auf Ferdinands Italienreise 1598 führte sein Sekretär Peter Casal das Tagebuch.109 Es ist dann eine der Besonderheiten – und Vorzüge – des hier behandelten Texts, dass ein Fürst selbst zur Feder griff. Die persönliche Abfassung des Tagebuchs zeigt wohl, wie ernst der Erzherzog die Ausführung des kaiserlichen Mandats nahm. Setzte sich Karl jeden Abend hin und schrieb mit eigener Hand, was sich an ­diesem Tage zugetragen hatte? Den Bruder Leopold erinnerte er mehr als einmal daran, er sei phlegmatisch und habe den Brief, den er ihm schicke, nicht selbst geschrieben.110 Falls er nicht selbst schrieb, diktierte 105 Eine Zusammenfassung der ­Themen solcher Werke bei Justin S tagl : Die Methodisierung des Reisens im 16. Jahrhundert, in: Peter J. B renner : Der Reisebericht. Die Entwicklung einer Gattung in der deutschen Literatur, Frankfurt 1989, S. 140 – 177, hier S. 152 – 158. 106 Václav B ok und Anna K ubíková Hgg.: Bericht über die Reise Johann Christians und Johann Seyfrieds von Eggenberg durch die Länder Mittel-, West- und Südeuropas in den Jahren 1660 – 1663, České Budějovice 2012, S. 23. Zum Reisetagebuch jener Tage s. a. Miroslava D urajová und Rostislav S míšek Hgg.: Hieronymus der Ältere Schlick: Das Tagebuch. Eine Selbstdarstellung aus den Jahren 1580 – 1582 (= Documenta res gestas Bohemicas saeculorum XV. – XVIII illustrantia B II), České Budějovice 2008, Abschnitt „Das Tagebuch – Charakteristik einer Textsorte“, S. 136 f., in den Anmerkungen 4 bis 11 ausführlich Literatur zum Thema Tagebuch. 107 S chweinitz : Die Reise des Kronprinzen Władysław Wasa, S. 21. Jan Hagenaw schreibt auf Anweisung Sigismund III., Stefan Pac, Verfasser des ausführlichsten Berichts über diese Reise, war der Sekretär des Kronprinzen. 108 „Seine Schilderungen gehören mit zum besten, was Reisebriefe aus jener Zeit bieten“; L oserth : Die Reise Erzherzog Karls II. nach Spanien, S. 152. 109 Johann L oserth Hg.: Das Tagebuch des Geheimsekretärs Peter Casal über die italienische Reise des Erzherzogs Ferdinand II. vom 22. April bis 28. Juni 1598, in: Mitteilungen des histo­ rischen Vereins für Steiermark 48 (1900), S. 3 – 93. 110 An Erzherzog Leopold, 16. 07. 1621, Innsbruck TLA , Alphabetisches Leopoldinum II 29, 16. 07. 1621.

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er das Vorgefallene oder Gesehene oder Gehörte einem der vier Sekretäre, die ihn auf der Reise begleiteten. Auf jeden Fall erfolgte die schriftliche Niederlegung in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen. Alles weist darauf hin, dass Karl in der Regel nicht viel Zeit ­zwischen Ereignis oder Beobachtung und Festlegung im Tagebuch verfließen ließ, nur bei den fünf Tagen der Seereise von Monaco nach Palamós scheinen die Daten verschoben oder unvollständig und enthalten deshalb eine Unklarheit, der 26. Oktober, sicherlich zur See verbracht und den Abschnitt der Reise Sète–Palamós einbegreifend, wird ausgelassen. Hier möchte man annehmen, der Erzherzog wollte rückblickend in Barcelona die Seereise in einem Zug beschreiben. Eine Redaktion durch den Verfasser nach Ende der Reise machte die Erkrankung des Erzherzogs unmöglich, eine Überarbeitung von anderer Hand ist nicht wahrscheinlich, der überlieferte Text enthält sicherlich das Tagebuch in der Form, die es hatte, als der Erzherzog zum letzten Mal zur Feder griff oder den letzten Eintrag diktierte.111 Die einzige existierende Handschrift ist offensichtlich nicht das Original, dem der Erzherzog oder ein Sekretär jeden Tag einen Eintrag zufügte; ein solches hat sich anscheinend nicht erhalten. Zudem bezieht sich die Münchener Kopie in der Überschrift – es ist die ­gleiche Hand wie der Text – auf den Erzherzog als verstorben, sie entstand also nach dem 28. Dezember 1624, wenn auch vielleicht innerhalb von Tagen oder Wochen. Die Homogenität des Textes stellen höchstens zwei Schreiben in Frage, die als Teile der Einträge vom 19. und 23. November erscheinen, das erste ein Memorandum des Erzherzogs an den spanischen König von 342 Worten, das zweite Khevenhüllers Bericht von der Antwort des spanischen Königs von 690 Worten, ­dieses letztere Stück auch in einer Sammlung der Briefe Khevenhüllers und in den „Annales Ferdinandei“ überliefert. Der vielschreibende Khevenhüller, anwesend bei Karls Krankheit, Tod und Bestattung und bei der Zusammenstellung des Nachlassverzeichnisses, könnte für diese Zusätze, wenn es sich um ­solche handelt, verantwortlich gewesen sein. Es ist aber durchaus möglich, dass der Erzherzog selbst den dürren Einträgen, aus denen das Tagebuch zum Teil besteht, etwas Substanz zufügen wollte. Die beiden Einschübsel sind im Briefstil des habsburgischen Hofes und der habsburgischen Bürokratie verfasst und erweisen sich deshalb in ihrer Umständlichkeit und Geziertheit als fremd in einem Text, der zwar oft unbeholfen und fehlerhaft ist, aber doch wegen seiner Schlichtheit und Spontaneität so ganz einem Tagebuch angemessen scheint. Ein Tagebuch zu führen und besonders regelmäßige oder gar tägliche Einträge zu machen, erfordert Disziplin, auch Aufmerksamkeit, besonders in ­diesem Fall, denn Karls Journal enthält eine Anzahl ganz präziser, wenn auch trivialer Informationen. Er hatte eine 111 Siehe hier die Bemerkung von Antoni M aczak über Texte, die Autoren ­später redigieren: „Eigene originäre Gedanken des Reisenden werden von üppigen Blüten klassischer Gelehrsamkeit oder vom einfachen Unkraut populärer Vorurteile regelmäßig überwuchert“; M aczak und T euteberg : Reiseberichte als Quellen europäischer Kulturgeschichte, S. 317.

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Neigung zum Zählen und Aufzählen: die Zahl der Meilen und benötigten Reisestunden auf der Peregrination von Ort zu Ort, die genaue Art und Zahl der auf dem Malsersee gefangenen Fische, die Schritte in Florenz vom Palazzo Vecchio zum Palazzo Pitti. Der Schreiber registrierte, wie er sich fortbewegte, zu Pferd, einmal gar zu Fuß, in einer Kutsche oder Karosse, in wessen Kutsche; er erwähnt jedes Früh- und Nachtmahl, Art und Zahl der Backwaren, Schinken und Zicklein, die man ihm in den kleinen spanischen Städten überreichte, die Namen seiner unmittelbaren Reisegefährten, die auf der ersten Seefahrt, von Livorno nach Portovenere am 19. Oktober, seekrank wurden. Im Ganzen lesen sich seine Aufzeichnungen wie spontane Reaktionen auf das eben Erlebte, sie schwellen im Umfang an, wenn er sich mit Problemen, die sich im Laufe der Reise ergeben – es ist fast immer das dem Herzog und seiner Begleitschaft fremde spanische Hofzeremoniell – auseinandersetzt. Lange Beschreibungen des Gesehenen fehlen und völlig abwesend sind aus literarischen Quellen bezogene Informationen oder kleine gelehrte Abhandlungen über Orte oder Persönlichkeiten, die in manchen zeitgenössischen Reiseberichten den Leser von Wissen und Ernst des Reisenden überzeugen sollen. Was er niederschrieb, bezieht sich ganz auf das Geschehene oder Gesehene oder auf Umstände, die seine Mission hindern konnten, es gibt keine stilistische Beschönigung, kein Versuch zu unterhalten, zu belehren oder zu beeindrucken. Wie viele andere Autoren von Reiseberichten aus dieser Zeit dachte der Erzherzog sicherlich nicht daran, seine täglichen Bemerkungen würden jemals einer weiteren Leserschaft vor Augen kommen oder gar im Druck erscheinen. Der Verfasser schrieb in erster Linie für sich selbst, wollte in der Erinnerung festhalten, was er während dieser Tage sah und hörte. Als potentielle Leser hatte er wohl den ­Kaiser im Sinn, seinen Auftraggeber und dessen engste Mitarbeiter, vielleicht seinen Bruder Leopold, seine Schwestern in Florenz und Warschau oder Mitglieder des abwesenden Teils seines Hofstaats oder die Kanoniker in seinen beiden Bistümern. Den Bruder Ferdinand wollte er sicherlich über seinen Fortschritt auf dem Laufenden halten, von der Reise selbst hat sich merkwürdigerweise bisher kein einziges Schreiben des Erzherzogs an den ­Kaiser finden lassen. Wie erwähnt, berichtete sein Vater auf dem Wege nach Madrid regelmäßig an Maximilian II.112 Von seiner ­Mutter sind mindestens sechsundvierzig Briefe an Ferdinand erhalten, die sie auf ihrer Spanienreise über zehn Monate an ihn richtete, die meisten von eigener Hand geschrieben.113 Schrieb Karl für seinen Bruder Ferdinand, dann höchstens im Sinne eines Rechenschaftsberichts, nicht um Einsicht in politische Beziehungen oder Probleme zu vermitteln; Khevenhüller hatte intime Kenntnisse des 112 Von der Reise nach dem Aufbruch von Innsbruck am 7. September 1624, die Wochen, in denen er sein Tagebuch führte, wissen wir nur von zwölf Schreiben des Erzherzogs, ein einziges an Ferdinand. 113 H urter : Ferdinand II. 4, S. 389 – 490, eine jüngere Ausgabe: Ferdinand K hull Hg.: Sechsundvierzig Briefe der Erzherzogin Maria an ihren Sohn Ferdinand aus den Jahren 1598 und 1599, Graz 1898.

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spanischen Hofs und seine monatlichen Berichte und die häufigen Briefe taten das offensichtlich viel besser. Die im Tagebuch auftretenden Personen setzt das Tagebuch als bekannt voraus, sie erscheinen ohne Vornamen, Position oder Titel, „der Lebl“, „der Hendl“, „der Savelli“, „der Horatio“, „Seine Heiligkeit“, der intendierte Leser weiß, um wen es geht. Der König von Polen beauftragte einen Begleiter des Kronprinzen, den Hofmann Jan Hagenaw, ausdrücklich, ihm einen Reisebericht anzufertigen, und was er unterwegs aufschrieb, überarbeitete der Verfasser nach der Rückkehr, ehe er das Werk dem König übergab. Der Sekretär des Kronprinzen führte ebenfalls ein Reisetagebuch. Es wäre doch nicht verwunderlich, wenn der ­Kaiser in den häufigen Diskussionen der Exkursion nach Spanien, w ­ elche die beiden zweifellos während Karls acht Wochen in Wien im Sommer 1624 führten, ähnlich wiederholte Nachrichten über den Fortgang des Projektes von seinem Bruder verlangt hätte. Fraglos hatte Ferdinand am Erlebnis seines jüngsten Bruders Interesse. Wir wissen aber nicht, ob er jemals das Tagebuch zu Gesicht bekam. Als Bischof war Karl verantwortlich für die periodischen Berichte an die päpstliche Regierung, die Relationen. Gegenüber Ursula Meyer, sein Kontakt zur Schwester Konstanze, entschuldigte er sich – damals in Mailand – wegen der kargen Auskünfte über das Erlebte in seinen Briefen, verriet aber gleichzeitig etwas von seiner Arbeitsmethode beim Tagebuch: Er zeichne das tägliche Geschehen auf und lasse davon Abschriften machen, offensichtlich für verschiedene Empfänger, in ­diesem Falle für die Konstanze in Warschau.114 Auch das war für einen reisenden Habsburger nicht neu. Seine ­Mutter, die Erzherzogin Maria, beauftragte auf ihrer Spanienreise ein Vierteljahrhundert vorher ihren Kammerdiener Johann Pranner mit der Führung eines Tagesbuchs, dessen Einträge sie an den Hof Ferdinands oder ihre Tochter in Warschau schickte und von dem sich die Abschrift eines Teils, über den Abschnitt von Toulon bis Puerto de las Alfaques in Spanien, erhalten hat.115 Offensichtlich brachte die Verfasserschaft des Erzherzogs auch Nachteile. Ein fleißiger Hofmann in seiner Entourage mit ein wenig Talent, wie der erwähnte Kobenzl von Prosegg auf der Spanienreise des Vaters, hätte uns wahrscheinlich ein Werk von mehr Gewicht gegeben. Dem Erzherzog fehlten die Gaben origineller Beobachtung und interessanter Darstellung, daneben war er träge und erstaunlich uninteressiert an der neuen Welt, der ihn die Reise aussetzte. Das Werk des Erzherzogs kann einer breiteren Gattung zugeordnet werden, zu der Memoiren, Briefe, Tagebücher, Gesandtschafts- und Reiseberichte gehören.116 Reiseberichte, vor allem über Pilgerfahrten, gehen bis tief ins Mittelalter zurück,117 ­Tagebücher 1 14 Karl an Ursula Meyer, Mailand, 23. 09. 1624, Stockholm, Riksarkivet, Extranea 111/2. 115 K eller : Erzherzogin Maria, S. 201 – 221, hier 212, 273; Wien HHStA, Familienakten 86, ohne Seitenzahlen, 04. – 23. 03. 1599. 116 Elida Maria S zarota : Memoiren, Gesandtschaftsberichte und Tagebücher des 17. Jahrhunderts in neuer Sicht, in: Kwartalnik Neofilologiczyny 18 (1971), S. 233 – 253, hier S. 244 – 252. 117 Gerhard W olf : Die deutschsprachigen Reiseberichte des Spätmittelalters, in B renner : Der Reisebericht, S. 81 – 116.

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sind jünger, ein Produkt der Renaissance, sie erscheinen erst häufiger in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts.118 Was wir hier vor uns haben, ist das Tagebuch einer Reise oder ein Reisebericht in Tagebuchform. Das Reisetagebuch gehört eher zur Reiseliteratur als zur Tagebuchliteratur.119 Als Erzherzog Karl zur Feder griff, war die Zahl der Reisetagebücher immer noch verschwindend klein. Dürer und Montaigne lieferten bis dahin die interessantesten Beispiele. Ausführlich beschrieb Hans Georg Ernstinger, dessen Vater in Ferdinands Diensten stand, seine Reisen in den 1580er Jahren. Es gab kaum Vorbilder, die dem Erzherzog bekannt gewesen sein könnten, und wir dürfen ihm eine gewisse Originalität nicht absprechen angesichts seiner Entscheidung, ein solches zu führen. Die wesentliche Struktur des Reisetagebuchs – die Verbindung von Erzählung und Beschreibung – ist offenbar, aber das deskriptive Element fehlt bei Erzherzog Karl fast ganz, die Städte Italiens, die Eindrücke einer Seereise, die ganz anderen ­Sitten Kataloniens und Aragons berührt er nur ganz im Vorübergehen.120 Selbstbeobachtungen fehlen, Behandlungen seiner Ӓrzte registriert er, aber über die Gebrechen, die ihn zu plagen scheinen, schweigt er; kein Wort, das Stimmung oder Gemütszustand verraten könnte, nichts von dem, was ihm in den langen Stunden in der Kutsche durch den Kopf gehen mochte. In seiner Nüchternheit und Objektivität erinnert Karls Reisebericht an das Tagebuch Dürers. Wie gebräuchlich das Reisetagebuch jetzt wurde, ersieht man aus der ganzen Reihe von Reisetagebüchern, die in der Umgebung des Erzherzogs entstanden: die des Vaters, der ­Mutter, des Bruders Ferdinand, seines Kämmerers und Freundes Georg von Oppersdorf, der Begleiter des Kronprinzen Wladisław, des Fürsten Wolfgang von Neuburg, dem Karl in Madrid begegnete.

118 Zu den wichtigsten ältesten Tagebüchern in deutscher Sprache s. Gustav René H o cke : Europäische Tagebücher aus vier Jahrhunderten. Motive und Anthologie, 3. Aufl., Wiesbaden, München 1986 (1. Aufl. 1978), S. 58 Anm. 1; Ralph-Rainer W u th en ow : Europäische Tagebücher. Eigenart, Formen, Entwicklung (= Exkurs: Das Reisetagebuch), Darmstadt 1990, S. 165 – 180. 119 W uthenow : Europäische Tagebücher, S. 165; Albrecht D ürer : Tagebuch über meine niederländische Reise 1520 – 1521, Berlin 1956; Friedrich L eitschuh Hg.: Albrecht Dürer’s Tagebuch der Reise in die Niederlande, vollständige Ausg., nach der Hs. von Johann H auers , Leipzig 1886; Michel de M ontaigne : Tagebuch einer Badereise, hg. von Georg A. N arciss , aus dem Französischen von Otto F lake , durchgesehen und bearb. von Irma B ühler , Stuttgart 1963; The diary of Montaigne’s journey to Italy in 1580 and 1581, translated with introduction and notes by E. J. T rechmann , London 1929. Ein hervorragendes Beispiel ist das Tagebuch des Antonio Pigafetta, eines Gefährten des Magellan, Antonio P igafetta [c. 1491 – c. 1531]: Die erste Reise um die Erde [Relazione del primo viaggio intorno al mondo] hg. und übers. von Robert G rün , Tübingen 1970. 120 Zur Struktur des Tagesbuches s. Kaspar von G reyerz , Hans M edick und Patrice V eit Hgg.: Von der dargestellten Person zum erinnerten Ich. Europäische Selbstzeugnisse als historische Quellen 1500 – 1850 (= Selbstzeugnisse der Neuzeit 9), Köln 2001.

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Obwohl es eine Reise zum Thema hat, sucht Karls Tagebuch nicht Wissen über fremde Länder und ­Sitten zu vermitteln,121 sondern ist von Anfang bis Ende ganz auf den Schreiber selbst bezogen: die täglichen Routinen – Frühmahl und Nachtmahl, das Letztere oft allein auf seinem Zimmer –, die fast tägliche Messe, das gelegentliche Verweilen an einem Ort, um sich ein wunderwirkendes Bild oder eine berühmte Reliquie anzusehen; die Menschen, mit denen er in Kontakt kommt, und ihr Verhalten ihm gegenüber; die Ehrenbezeigungen, mit denen er überall rechnen darf; die Ärgernisse, ­welche die Andersartigkeit der Spanier ihm manchmal bereitet; die Zusammensetzung des Hofstaates, den er mit sich führt; seine Erfolge beim Fischen und Jagen, wobei die Beute genau gebucht wird;122 Spazierfahrten auf dem Meer oder den Wällen (das Tagebuch spricht von solchen auf den Stadtmauern), die den eintönigen Fortschritt von Ort zu Ort oder das lange Warten im Hafen bei einem Sturm unterbrechen; die Strapazen, denen er sich unterziehen muss; seine ganz persönliche Reaktion auf das, was ihm neu, interessant und von Bedeutung erscheint, wobei er sich als ein ästhetischer Reisender erweist. Was schön ist, spricht ihn an: Wasserspiele in Florenz, Kreuzgänge, Grabmäler, die Handschriften der Laurentianischen Bibliothek – „so alles von aignen handen geschrieben, ist ser schön zuo sehen“ –, Kirchenmusik in Italien und Spanien, die Darbietungen italienischer Sängerinnen, der Tanz einer schönen Spanierin in Männerkleidung. Das Adjektiv „schön“ gebraucht er immer wieder. Das besondere Thema, das den Schreiber von der ersten Begegnung mit einem Spanier bis zum Ende der Reise beschäftigt, ist das spanische Hofzeremoniell, mit dem er nicht vertraut ist. Seine Unkenntnis führt zu Fehltritten, Klagen der Betroffenen und wiederholten Nachfragen oder Diskussionen der in einer bestimmten Situation angebrachten Etikette. Nur selten macht er eine Bemerkung, die dem Leser das fremde Land, seine Herrscher und Eigentümlichkeiten näherbringt. Auf der einen Seite ist Karls Tagebuch eine wesentliche Quelle zu seiner Biographie, nicht nur für die Ereignisse und Umstände der Spanienfahrt, sondern überhaupt für die Fakten der letzten vier Monate seiner Herrschaft und seines Lebens. Auf der anderen ist es ein Stück Autobiographie, ein Selbstzeugnis, durch das der Schreiber nicht nur das mitteilt, was er von Tag zu Tag über drei Monate unternahm oder was ihm zustieß, sondern gewollt oder ungewollt manches aussagt über seine Sicht der Welt, in der er lebte, was ihm wesentlich war, was ihn unmittelbar berührte, wie er mit den zu erwartenden oder den überraschenden Ereignissen des Tages zurechtkam. Reisebeschreibungen sind unfreiwillige Selbstdarstellungen, sie erlauben „einen Einblick in 121 Siegmund von Herberstein, der österreichische Gesandte in Moskau und Verfasser eines wiederholt gedruckten und übersetzten Berichts, unterhielt ­Kaiser Maximilian I. über mehrere Abende hin mit seinen Beobachtungen über Moskau; L eitsch : Westeuropäische Reiseberichte über den Moskauer Staat, S. 159. 122 Karls Tagebuch erinnert hierin an die Kalendernotizen seines Bruders Ferdinand, die sich ganz auf das Thema Jagd beschränken und die Ergebnisse („Abschusslisten“) der Jagd an einem bestimmten Ort und zu einer bestimmten Zeit mit Exaktheit wiedergeben. Für die Jahre 1624 und 1626 existieren die Kalender Ferdinands II. in ÖNB Codex 13 330 und 13 331, T ersch : Freudenfest und Kurzweil, S. 185.

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die Sphäre des unbewußten und deshalb weit wirksameren, kulturellen Selbstverständnisses des Autors sowie seines […] Publikums“.123 Karls Reisetagebuch reiht sich hiermit den Selbstzeugnissen seiner Zeit und Umgebung an. Damals hatte sich die Verfassung von Selbstzeugnissen schon weit verbreitet, auch unter seinen österreichischen Landsleuten, selbst so mancher Habsburger griff schon vor ihm zur Feder, um denkwürdige Erfahrungen seines Lebens festzuhalten, so die ­Kaiser Friedrich III., Maximilian I. und Maximilian II. Das Tagebuch Erzherzog Karls trägt dann auch vieles bei zum Bilde seiner Persönlichkeit, zeigt uns einen Mann von einer kindlichen Gläubigkeit, ästhetischen Neigungen, mit einem Auge für Werke der Malerei, Plastik, Architektur, ein Kenner der Musik, mit einem Interesse an den Entdeckungen und Erfindungen eines Scheiner und Galileo, aber auch an handwerklichen und industriellen Prozessen, nicht ein herrischer oder hochmütiger Aristokrat, eher dankbar für jede Anerkennung seines hohen Ranges. Er bestand auf seinen Vorrechten, gab aber schnell nach, wenn er Widerstand fand, und ließ sich auf Kompromisse ein, man konnte ihn leicht beeinflussen. In einer mehrstündigen Konversation riet ihm der spanische Gouverneur von Mailand, die Spanier hart anzufassen, das ermutigte den Erzherzog gleich am nächsten Tage, den Verbindungsmann zum spanischen Hof, Don Luys Bravo, anzuherrschen, die Spanier würden an ihm kein „gutes Männlein“ finden, das man an der Nase herumführen könne, er habe schon seit vielen Jahren Land und Leute regiert und an bedeutenden Verhandlungen und Kommissionen teilgenommen, er sei ein Herr, der andere regiere, nicht einer, der sich regieren lasse.124 Karl verzehrte sich nicht in der Ausübung seiner Ӓmter und auch auf der Spanienreise machte er es sich leicht. Kartenspiel füllte die Mußestunden, vor allem die Nachmittage in Florenz und Livorno, am Abend Theatervorstellungen, in Italien in der Regel eine Komödie, in Spanien Tänze, Turniere, Stierkämpfe, die corrida de torros, „Ochsenfest“ nennt er das Spektakel. Die Mühseligkeiten, die so viele auf sich nahmen, um seine Reise über ein paar tausend Kilometer zu ermöglichen, erwähnt der Erzherzog kaum, er bemerkte sie vielleicht nicht einmal. Die Krankheit des Grafen von Schwarzenberg, seines obersten Hofmeisters, auf dem Wege von Barcelona nach Madrid veranlasste ihn allerdings, den Mann in einer Sänfte befördern zu lassen. Einige seiner Begleiter wurden seekrank, aber das Tagebuch erwähnt das nur, weil das Unwohlsein den Bischof nicht befiel und er sich das Abendmahl auf der Galeere schmecken ließ. Ein Turnier oder Stierkampf machte ihm Spaß, selbst wenn Teilnehmer ernste Verwundungen erlitten und niemand wusste, ob sie mit dem Leben davonkommen würden. Einer der im Gefolge des Władysław verfassten Reiseberichte spricht von den Häftlingen und Sklaven auf den Galeeren und ihrem verzweifelten Flehen um Befreiung. Karls Tagebuch enthält nichts dergleichen. 123 Michael H arbsmeier : Reisebeschreibungen als mentalitätsgeschichtliche Quellen. Überlegungen zu einer historisch-anthropologischen Untersuchung frühneuzeitlicher Reisebeschreibungen, in: M aczak und T euteberg Hgg.: Reiseberichte als Quellen europäischer Kulturgeschichte, S. 1 – 32, hier S. 12. 124 Reisejournal, Mailand, 23. 09. 1624.

Von Neisse nach Wien, von Wien nach Innsbruck, 14. Juni bis 5. September 1624

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6. Von Neisse nach Wien, von Wien nach Innsbruck, 14. Juni bis 5. September 1624 Erzherzog Karl begann seine Reise nach Spanien in seiner Residenzstadt Neisse und begab sich zunächst nach Wien. Seine Beschreibung der Reise beginnt erst in Innsbruck, aber die acht Reisetage von Neisse nach Wien verbrachte er in Gesellschaft des polnischen Kronprinzen Władysław Wasa, dessen tagebuchführende Reisebegleiter Stationen und Ereignisse d­ ieses Reiseabschnitts überliefern. Abb. 10: Prinz Wladysłaus Wasa im Jahr seiner Europareise. Kupferstich von Paulus Pontius 1624, nach dem Gemälde von Peter Paul Rubens, Biblioteka Narodowa w Warszawie (Polnische Nationalbibliothek Warschau). Polona Digital Library: https://polona.pl/item/ wladislaus-sigismundus-d-g-poloniaeet-sveciae-princeps,MzczMzUz/0/ #info:metadata

14. Juni, Freitag. Aufbruch der vereinigten Reisegesellschaft des polnischen Kronprinzen und des Erzherzogs, von Neisse aus legte man vier Meilen bis nach „Herbenstadt“ zurück, dort Übernachtung.125 Ein Herbenstadt, ungefähr eine Tagereise von Neisse 125 S chweinitz : Die Reise des Kronprinzen Władysław Wasa, S. 39. In Österreich, Bayern und anderen Teilen des Alten Reiches war die Meile um 7500 Meter lang, die Länge unterschied sich von Staat zu Staat.

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e­ ntfernt und auf der Route Neisse–Freudenthal gelegen, ist dem Verfasser nicht bekannt. Man muss an Hermannstadt (Heřmanovice) im Tale der Goldoppa an der Südgrenze des bischöflichen Fürstentums denken, acht Kilometer südlich von Zuckmantel, die Wegstrecke Neisse–Hermannstadt an die dreißig Kilometer, der Ort auf einer Höhe von 738 Metern gelegen (Neisse = 195 m). Ober- und Nieder-Hermannstadt waren Besitz des Bischofs. Die Strecke von Zuckmantel (Höhe 390 m) bis Hermannstadt war schwierig, nach einem Reisenden vierzig Jahre früher gab es überall „ungeheyere dickhe wald, auch vül holweg, do an öttlichen orten ein wagen dem anderen nicht weychen kann“, über drei Meilen hin kein Dorf oder Weiler, deshalb „düe gelegenheit bequem zu rauben und zu morden“.126 Die Annahme, Karl sei in Hermannstadt an ­diesem 14. Juni 1624 mit König Sigismund von Polen zusammengetroffen, „um die endgültigen Verabredungen hinsichtlich der Koadjutorie (des Prinzen Karl Ferdinand) zu treffen“, ist bestimmt nicht richtig; die Reisetagebücher des Kronprinzen hätten die königliche Anwesenheit nicht verschwiegen.127 15. Juni, Samstag. Sie standen früh auf und ritten durchs (Altvater-)Gebirge, „drei lange Meilen“, das wären 30 Kilometer, wohl über Einsiedel und Würbenthal, bis nach Freudenthal, eine Wegstrecke von ungefähr vierundzwanzig Kilometern, die Stadt auf einer Höhe von 409 Metern in einem Nebentale der Mora, einem Nebenfluss der Oppa (diese der erste linke Nebenfluss der Oder in Schlesien) gelegen. 16. Juni, Sonntag. Die Reisenden blieben in Freudenthal, dem Zentrum des nicht unbeträchtlichen Landbesitzes des Deutschen Ordens, dem der Erzherzog seit einigen Jahren vorstand.128 Die Tagebücher des Jan Hagenow und Stefan Pac berichten, dass eine Einheit polnischer Söldner, die einmal dem 1616 verstorbenen Abenteurer Alexander Josef Lisowski gedient hatten, sich in der Nähe aufhielt und den Kronprinzen und den 126 Als Samuel Kiechel vierzig Jahre vorher an einem Tage von Neisse über Zuckmantel nach Engelberg im Mährischen reiste, eine Strecke von sechs Meilen, zum Teil identisch mit Karls Route, spannte man in Zuckmantel gleich noch zwei Pferde vor; „dann es sehr hohe berg und bese weeg hat“; K. D. H aszler Hg.: Die Reisen des Samuel Kiechel [1585 – 1589] (= Bibliothek des Litterarischen Vereins 86), Stuttgart 1866, S. 140. Auf Kiechel verwies mich Dr. ­Rainer Vogel. Die Meile maß 7,5, die bald erwähnte Große Meile 10 km. 127 J edin : Die Krone Böhmen und die Breslauer Bischofswahlen 1468 – 1732 (Nachdruck 1966), S. 434 Anm. 87. Jedin entnahm diese irrige Information aus A. K ettner : Die Wahl des Prinzen Karl Ferdinand von Polen zum Bischof von Breslau, in: Zeitschrift des Deutschen Vereins für die Geschichte Mährens und Schlesiens 12 (1908), S. 300 – 309, hier S. 300. Die Inschrift im dortigen Schulgebäude, der ehemaligen Scholtisei, enthält demnach den Hinweis auf ­Sigismunds und Karls Übernachtung. Offensichtlich ein Missverständnis, der polnische Besucher war nicht der König, sondern der Thronfolger. Die Gedenktafel hat die richtige Information, wie Herr Kurt Schmidt, in Hermannstadt geboren, sich bei einem kürzlichen Besuch überzeugte; Mitteilung von Herrn Schmidt, 30. 09. 2016. 128 S chweinitz : Die Reise des Kronprinzen Władysław Wasa, S. 39.

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Erzherzog zu entführen beabsichtigte, um gewisse Gnadenerweise vom polnischen König zu erwirken. Der Erzherzog war diesen Berichterstattern nach nicht gewillt, Freudenthal zu verlassen, bis ein in der Umgebung stationiertes kaiserliches Regiment der Reisegesellschaft Geleitschutz leistete.129 Eine außerordentliche Sitzung des Breslauer Domkapitels fand an ­diesem Sonntag, dem zweiten Sonntag nach Pfingsten, in der Sakristei des Breslauer Doms statt. Die Kanoniker wussten schon von der Abreise des Bischofs, der Kapitelnotar bemerkt mit Wehmut: „Serenissimum episcopum ac dominum nostrum clementissimum iter in longinquas partes jam arripuisse, relictis quidem, sed non derelictis orphanis oviculis“.130 17. Juni, Montag. Aufbruch von Freudenthal, Richtung Süden vier Meilen bis ins Städtchen Sternberg (Šternberk), am südwestlichen Rand des Niederen Gesenkes, damals Besitz der Herzöge von Münsterberg. Das Mittagessen im Augustinerkloster, dessen Insassen nach Vertreibung durch die Protestanten erst kürzlich wieder zurückgekehrt waren. Dann weiter in südlicher Richtung, ungefähr zwanzig Kilometer, nach Olmütz, im Tale der March.131 18. Juni, Dienstag. Von Olmütz vier Meilen ins Städtchen Wischau (Vyskov), Besitz des Bistums Olmütz, Bewirtung durch den Signore Torquato di Conti, Herr eines Landgutes, ein reiches Mahl in einem verödeten und hungrigen Land, wie einer der Tagebuchschreiber bemerkt.132 Der Gastgeber kommandierte vier Kürassierregimenter und war Stellvertreter Wallensteins. Die vier Regimenter waren zum Schutz des Kronprinzen und des Erzherzogs abgeordnet worden und begleiteten jetzt die Reisegesellschaft.133 19. Juni, Mittwoch. Von Wischau drei große Meilen 134 nach Brünn, dort bewirtet vom Obersten Merodi, dem Generalvertreter des Fürsten von Liechtenstein.135 Ein Johann II. Graf von Mérode-Waroux, 1584 oder 1589 – 1633, geboren in Nienburg, aus einem wallonischen Geschlecht, war ein berüchtigter Heerführer, er diente unter Wallenstein, seine Truppen verursachten viel Verwüstung in Mittel- und Norddeutschland. 129 S chweinitz : Die Reise des Kronprinzen Władysław Wasa, S. 39. Kosaken des Lisowsky hielten sich zur Zeit der Abreise des Erzherzogs in Teschen auf, unter den Obersten Kalinowsky und Stanislaus Stroinowsky; Acta Publica 6, S. 281 Anm. 1. 130 K astner : Actenmässige Beiträge 1599 – 1649, S. 39. 131 S chweinitz : Die Reise des Kronprinzen Władysław Wasa, S. 39 – 41. 132 Torquato Conti (1591 – 1636) hatte ein militärisches Kommando unter Ferdinand II., auch unter Papst Urban VIII. im Veltlin um die Zeit, als Karl dort durchzog. Erwarb sich ­später einen üblen Ruf wegen der Verwüstungen in Pommern im Krieg gegen Gustav Adolf. 133 S chweinitz : Die Reise des Kronprinzen Władysław Wasa, S. 41. 134 Die Entfernung Wischau–Brünn ist 30 km. Eine große Meile war 10.000 Meter, ­dieses Längenmaß bestand tatsächlich, z. B. in Westfalen. 135 S chweinitz : Die Reise des Kronprinzen Władysław Wasa, S. 42; B ahlcke u. a.: Böhmen und Mähren, S. 177 f., dort die Wolkenstein-Trostburg als Besitzer von Židlichovice erst im 19. Jahrhundert.

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20. Juni, Donnerstag. Messe bei den Jesuiten in Brünn, Besichtigung des Jesuiten-Kollegiums, dann zwei Meilen nach Salevica (Židlichovice, Groß-Seelowitz), einstiger Besitz des Karel Žerotin (1564 – 1636), eines der Führer der mährischen Protestanten, aber auf gutem Fuß mit den Habsburgern, jetzt Besitz des erzherzoglichen Kammerherrn Wolkenstein, dieser bestimmt nicht Odalrico/Ulrich von Wolkenstein, den wir im September in der Reisegesellschaft des Erzherzogs finden, Frühstück beim Herrn von Wolkenstein, zur Übernachtung zwei Meilen weiter nach Nikolsburg zu Kardinal Franz von Dietrichstein,136 Nikolsburg (Mikulov) die größte Stadt in Südmähren, Sitz des Olmützer Bischofs Kardinal Franz Dietrichstein (1599 – 1636); den Dietrichstein gehörte die Schlossherrschaft Nikolsburg 1575 – 1945.

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Erzherzog Karls Reise von Neisse nach Madrid

Neisse-Innsbruck, 13. Juni – 5. September 1624

Karte 5: Erzherzog Karls Reise von Neisse nach Madrid. Neisse – Innsbruck, 13. Juni bis 5. September 1624.

21. Juni, Freitag, Herzog und Prinz in Gesellschaft von je nur einem Begleiter eilten jetzt voraus, auf Stafettenpferden des Kardinals, um den ­Kaiser zu überraschen. Er kam ihnen schon entgegen, sie trafen ihn in einem Schloss, das Mittagessen in Wienersdorf im Palast des Fürsten von Liechtenstein, drei Meilen von Nikolsburg. Ein Wienersdorf existiert südlich von Wien, einen Ort ­dieses Namens zwanzig Kilometer südlich von Nikolsburg gibt es nicht. Die Diaristen des polnischen Kronprinzen bringen hier 136 S chweinitz : Die Reise des Kronprinzen Władysław Wasa, S. 42 – 44.

Von Neisse nach Wien, von Wien nach Innsbruck, 14. Juni bis 5. September 1624

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die Dinge durcheinander. Es ging wohl eher um einen Aufenthalt auf dem Besitz der Liechtenstein in der Gegend von Mistelbach/Wilberdorf. Zur Übernachtung dann ins weitere drei Meilen entfernte Wolkersdorf, ungefähr fünfzehn Kilometer nördlich von Wien, im Weinviertel, an der alten Straße Brünn–Wien. Prinz und Erzherzog erreichten aber Wien noch am Abend des 21. Juni. Damit bestätigt sich das traditionelle Datum der Ankunft des Erzherzogs in Wien. Prinz Wladyslaw blieb in Wien bis zum 15. Juli.137 Karls Treiben in Wien über zwei Monate im Sommer 1624 – 21. Juni bis 21. August – lässt sich nur lückenhaft belegen. Zwei der Autoren von Tagebüchern in der Entourage des polnischen Kronprinzen erzählen von Festlichkeiten in den drei Wochen, in denen sich Wladysław in Wien aufhielt, und erwähnen dabei die Erzherzöge, also Leopold und Karl, als anwesend: Begrüßung des Erzherzogs Leopold (22. Juni), Besuch der kaiserlichen Gemächer und Besichtigen der dortigen Kostbarkeiten (23. Juni), Messe mit dem ­Kaiser bei den Barmherzigen Brüdern (24. Juni), auf der Jagd mit dem ­Kaiser und den anderen Gästen (25. und 26. Juni), ein Hofball der Kaiserin (27. Juni), Besuch einer Komödie mit Gesang, ­welche die kaiserlichen Musikanten aufführen (30. Juni). Am 1. Juli erkrankte der polnische Kronprinz an einem hohen Fieber. Stefan Pac, einer der Tagebuchschreiber in Władysławs Gefolge, führte das auf mysteriöse Schlafmittel zurück, zu denen ihm Erzherzog Karl geraten hatte. Am 4. Juli brachten Karl und ­Kaiser und Kaiserin dem polnischen Prinzen Geschenke beim Aderlass, wie es bei solchen Gelegenheiten die Mode war. Am 15. begleitete der Erzherzog den Kronprinzen mit dem ­Kaiser eine halbe Meile bei Władysławs Aufbruch von Wien nach Salzburg.138 Karl hatte sicherlich Gelegenheit, in jenen Tagen den spanischen Gesandten, Íñigo Vélez de Guevara, Conde de Oñate (1566 – 1644), kennenzulernen, der den ­Kaiser am 25. oder 26. Juni besuchte, wie auch den päpstlichen Nuntius Carlo Caraffa, in Wien 1621 – 1628, und den Gesandten des Erzherzogs von Toskana.139 Während seiner Wochen in Wien beschäftigte ihn die bevorstehende Spanienfahrt Tag und Nacht, schrieb er seiner Warschauer Korrespondentin, oft in Gesellschaft des Kaisers.140 Sein restlicher Neisser Hofstaat kam erst am 12. Juli in Wien an, gemeint sind wohl jene Personen vom Neisser Hof, die er für die Spanienfahrt ausgewählt hatte. Viel Zeit dürfte Karl 1 37 S chweinitz : Die Reise des Kronprinzen Władysław Wasa, S. 54. 138 S chweinitz : Die Reise des Kronprinzen Władysław Wasa, S. 47 (Jan Hagenaw), 48 (Stefan Pac), S. 52 (Stefan Pac fügt hinzu, „was er dann selbst in Spanien mit dem Leben bezahlte“), S. 50 und 53 (Stefan Pac), 55 (Jan Hagenaw). 139 S chweinitz : Die Reise des Kronprinzen Władysław Wasa, S. 50 (Jan Hagenaw). Zu Carlo Carafa zusammenfassend J aitner : Die Hauptinstruktionen Gregors XV , S. 257 – 260, dort Anm. 188 – 193 zu Carafas Schriften über die Zustände seiner Zeit; sein Bericht über den kaiser­lichen Hof und die „Entscheidungsträger“ dort ist datiert 23. Oktober 1621; BAV, Codices Barberini latini 6929, fol. 77 – 96. 140 Karl an Ursula Meyer, Wien, 06. 07. 1624, Stockholm, Swedish National Archives, Riksarkivet Extranea 111/2.

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der Zusammensetzung seiner Reisebegleitschaft und überhaupt den Vorbereitungen für die Reise gewidmet haben. Die Spanienfahrt, ein außerordentlich kostspieliges Unternehmen, musste ja geplant werden, und wohl von jemandem, der mit der Route durch Italien und vielleicht auch mit Spanien einigermaßen vertraut war.141 Am 13. Juli wusste der Erzherzog, dass der ­Kaiser den Grafen Schwarzenberg zu seinem Oberhofmeister bestimmt hatte, was schon ein paar Wochen früher geschehen war, denn der ­Kaiser hatte am 23. Juni die Zustimmung des Grafen zu einer wichtigen Mission gesucht und meinte sicherlich die Spanienreise.142 Mit der Wahl erklärte Karl sich „wohl zufrieden“.143 Gerhard von Questenberg, der einflussreiche kaiserliche Hofkriegsrat, schrieb an Khevenhüller am 10. Juli von einer Verzögerung der Abreise aus Geldmangel, auch wollte sich Schwarzenberg erst noch verheiraten.144 Schwarzenberg hatte sich bereits als Diplomat einen Namen gemacht.145 In seiner Korrespondenz um diese Zeit an Ursula Meyer – fünf Briefe in drei Wochen – zeigte sich der Erzherzog sehr besorgt um zwei polnische Reitpferde, die ihm der König versprochen hatte und die ihm auf dem Wege durch die Salzburger und Tiroler Gebirge besonders nützlich sein würden.146 Zu den Reisevorbereitungen gehörte die Bestellung von sieben schweren Bauernwagen, jeder bespannt mit sechs Pferden, für den Transport von Wien nach Genua. Sie waren von den Premstetter Untertanen, d. h. Bauern auf habsburgischem Landbesitz in der Nähe von Graz, gegen Vergütung requiriert worden.147 Sein Bruder Leopold sollte inzwischen die an der Route gelegenen Seen für den Fischfang herrichten, Graswuchs entfernen lassen und Seile verfügbar machen.148 Am 29. Juni war sich Karl noch nicht sicher, auf 141 Über Vorbereitungen für eine ­solche Reise s. B ok und K ubíková : Bericht über die Reise Johann Christians und Johann Seyfrieds von Eggenberg, S. 30 f. Der Hofmeister Schwarzenberg war ungefähr zwei Jahrzehnte vorher nach Spanien gereist. 142 Ferdinand II. an Georg Ludwig von Schwarzenberg, 23. 06. 1624, Třeboň, Tschechische Republik, Staatliches Gebietsarchiv, Familienarchiv Schwarzenberg, Sign. F. P. b. – Georg Ludwig, Fasz. 285, Brief Nr. 68. 143 Karl an Ursula Meyer, Wien, 13. 07. 1624, Stockholm, Swedish Archives, Riksarkivet Extranea 111/2. K rones : Georg Ludwig Graf von Schwarzenberg (ADB 33). Als er ­später unter ­Wallenstein diente, erwies er sich nicht als kompetent, so Golo M ann : Wallenstein. Sein Leben erzählt von, Fischer Taschenbuch 8. Aufl., Frankfurt am Main 2016, S. 482 f. Olivier C haline : Les Schwarzenberg: une famille dans l’histoire de l’Europe XVIe–XXIe siècles, Panazol 2012, behandelt Georg Ludwig nicht. 144 Gerhard von Questenberg 1586 – 1646, NDB 21 (2003), S. 43 – 44, ADB 27 (1888), S. 41 – 44. Schwarzenbergs 88-jährige Gemahlin war Ende 1623 gestorben. 145 G oetz : Die Politik Maximilians I., Januar 1623–Dezember 1624, S. 557, Nr. 198, Questenberg an Khevenhüller, Wien, 10. 07. 1624. 146 Karl an Ursula Meyer, Wien, 06., 13., 21., 24., 26. 07. 1624, Stockholm, Swedish National Archives, Riksarkivet Extranea 111/2. 147 Acta Publica 5, S. 269 Anm. 2 (die Anm. auf S. 270 weitergeführt). B resciani : Erzherzog Karl, bezieht sich nirgendwo auf so ein Schreiben. 148 Karl an Leopold, Wien, 12. 07. 1624, Innsbruck TLA , Alphabetisches Leopoldinum I 202, 12. 07. 1624.

Von Neisse nach Wien, von Wien nach Innsbruck, 14. Juni bis 5. September 1624

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welcher Route er nach Mailand gelangen würde,149 aber drei Wochen ­später hatte er sich schon entschlossen, von Mailand aus mit ein paar wenigen Leuten einen Umweg über Florenz zu wählen, um seine Schwester, die Großherzogin von Toskana, zu besuchen.150 Karls Korrespondenten – Ursula Meyer, Erzherzog Leopold, Don Luys Bravo de Acuña – hörten vom Bischof während dieser Wochen die verschiedensten Daten für die Abreise, die ursprünglich für den 15. Juli festgelegt war, aber immer wieder verschoben werden musste, aus erheblichen Gründen, wie der Erzherzog wiederholt versicherte, im Ganzen dann um fünfeinhalb Wochen, bis zum 22. August.151 Von Wien aus versuchte Karl auch, seinen Pflichten als Bischof nachzukommen. In seinen letzten Tagen in Schlesien hatte er noch die Ernennung seines polnischen Neffen Karl Ferdinand zum Koadjutor und Nachfolger zu Wege gebracht und die Schenkung an die Jesuiten von 600 Klaftern Holz,152 solange die bischöflichen Wälder sie liefern konnten, und eine jährliche Subvention von 8000 Talern, vom Kapitel reduziert auf 6000, angeordnet. Nach seiner Abreise beschäftigten beide Entscheidungen noch eine Weile die Kapitelherren, die die Gelegenheit benützten, den Bischof zu bewegen, dem Kapitel das Gut Bischkowitz zu überlassen. Entsprechende Korrespondenz wurde ausgetauscht.153 Zwei Tage nach seiner Ankunft in Wien (23. Juni) schrieb Karl an den Grottkauer Magistrat, er werde im Interesse des Kaisers und des Hauses Habsburg eine Zeit lang in Spanien abwesend sein, die Bewahrung der katholischen Religion in seinem Bistum während dieser Zeit sei ihm ein vordringliches Anliegen, er untersagte daher ausdrücklich die Verleihung des Bürgerrechts an Evangelische und deren Eheschließung (unter Mitwirkung katholischer Geistlicher).154 Ein Dekret wortwörtlich ­dieses Inhalts, das sich auf das vom 23. Juni bezieht, gerichtet jetzt an alle Geistlichen der Diözese, erhielt der Archidiakon des Kapitels vom Bischof aus Wien, er informierte die Domherren am 16. September, es wurde am 24. Oktober veröffentlicht und war, wie Kastner schrieb, „der Schlussstein der die Einheit des Glaubens bezweckenden Verordnungen des Erzherzogs“.155 Der Bischof forderte gleichzeitig, man sollte ­deshalb 149 Karl in einem lateinischen Schreiben an Don Luys Bravo de Acuña, er werde am 15. Juli seine Reise über Bayern und Tirol beginnen und den Empfänger wissen lassen, in wie vielen Tagen und auf welcher Route er nach Mailand zu reisen gedenke; Wien HHStA, Spanien 3, Hofkorrespondenz 6, 1612 – 1620 (tatsächlich bis 1624), S. 115; auch Innsbruck TLA, Hofrat, Selekt Ferdinandea, Pos. 255, 29. 06. 1624. 150 Ursula Meyer, 24. 07. 1624, Stockholm, Swedish National Archives, Riksarkivet Extranea 111/2. 151 Fünf oder sechs verschiedene Daten werden Karls Korrespondenten mitgeteilt. 152 Orgya = Klafter, 6 Fuß. Als Hohlmaß: ein Holzstoß 6 Fuß lang, 6 Fuß hoch, gewöhnlich 3 Fuß tief. 153 K astner : Actenmässige Beiträge 1599 – 1649, Kapitelprotokolle, 23.05., 29.05., 31.05., 16.06. und 21. 06. 1624, S. 36 – 41. 154 F uchs : Versuch einer Reformationsgeschichte des Fürstenthums Neisse, S. 354 f. 155 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 309; ders .: Actenmässige Beiträge 1599 – 1649, Kapitelprotokolle, 16. 09. 1624, S. 42 (bezieht sich auf den Inhalt, gibt aber nicht den Text).

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und um das Wachstum der katholischen ­Kirche zu fördern, den Rat der Jesuiten heranziehen, worüber das Kapitel eine Entscheidung vertagte.156 Über Ursula Meyer bat er den König von Polen, obwohl er zur Faste nicht zu Hause sein werde, an Fastenspeise und Salz seinen Statthaltern zukommen zu lassen, was die Bischöfe bisher vom König erhalten hatten.157 Am 21. Juli schrieb er Papst Urban VIII., der Heilige Vater wisse aus früherer Korrespondenz, er müsse auf Befehl des Kaisers und um des Reiches willen eine Mission zum König von Spanien unternehmen. Er suchte jetzt die Erlaubnis, abwesend zu sein – „in großer Ferne und auf lange Zeit“ – von der christlichen Herde seiner Diözese, in der Grafschaft Glatz, den Herzogtümern Oppeln und Ratibor und seinen anderen Herrschaften, und bat um ein apostolisches Breve, das seinen Administratoren die Gewalt übertragen würde zur Absolution von der Häresie, Erteilung der Lizenz zum Lesen verbotener Bücher und zur Dispensation bei verbotenen Verwandtschaftsgraden und bei Arbeiten zu verbotenen Zeiten. Es ginge ihm nur darum, seine Schafe auf den rechten Weg zu führen und sie dem Rachen der Wölfe zu entreißen.158 Um diese Zeit empfahl er seinen Stellvertreter beim Deutschen Orden für ein Kanonikat in Halberstadt (22. Juli) und begann, ohne den Namen anzuführen, den Prozess zur Ernennung eines Breslauer Weihbischofs (24. Juli).159 Noch im August und September las man im Kapitel Schreiben des Bischofs, die sich mit Bistumsangelegenheiten befassten.160 Besonders war es ihm um die Jesuiten und deren Kolleg zu tun, und hier nahm er sich noch im August die Zeit, ganz spezifische Instruktionen nach Neisse zu ­schicken. Sie betrafen die Versorgung der Jesuiten aus der bischöflichen Küche und des Hofpredigers Andreas Quetsch mit der notwendigen Kleidung, die Übergabe der Fronleichnamskapelle und der den Jesuiten übertragenen Häuser, die Zurichtung von Baumaterialien und sogar die Hinderung der Ziegenhälser am Forellenfang in der Biele.161 Die täglichen Probleme der Reise machten ­solche Verwicklung in die Angelegenheiten des Fürstentums bald unmöglich.

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Kopie bei Pedewitz, aus einer anscheinend nicht mehr existierende Sammlung von Dokumenten, die Pedewitz benützte und der er wohl das Datum 24. Oktober entnahm; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. vii. K astner : Actenmässige Beiträge 1599 – 1649, Kapitelprotokolle, 16. 09. 1624, S. 42. Karl an Ursula Meyer, Wien, 24. 07. 1624, Stockholm, Swedish National Archives, Riksarkivet, Extranea 111/2. BAV , Codices Barbarini Latini, 6898, fol. 41r–v. BAV , Codices Barbarini Latini, 6898, fol. 42r–v, 43r. Der Weihbischof war Johann Balthasar Liesch von Hornau. K astner : Actenmässige Beiträge 1599 – 1649, Kapitelprotokolle, S. 41 f., 16.08. (Karl ­Ferdinands Koadjutur), 13.09. (Bestätigung des neuen Weihbischofs), 16. 09. 1624 (der Erlass vom 23. Juni bzw. 24. Oktober über das Verbot der Eheschließung und des Laienkelches, die Annahme der Jesuiten als Ratgeber). Die Schreiben des Erzherzogs existieren nicht mehr, wurden aber von Kastner im Neisser Archiv eingesehen; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 384.

Von Neisse nach Wien, von Wien nach Innsbruck, 14. Juni bis 5. September 1624

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Inzwischen sorgte sich Khevenhüller in Madrid um die Ankunft des Erzherzogs in Spanien, die noch drei Monate auf sich warten ließ. Er schrieb dem ­Kaiser (19. August), man erwarte den Erzherzog mit großem Verlangen und werde ihn drängen, die Regierung von Portugal zu übernehmen. Man erhoffe vom Erzherzog Heil und Rettung für das Land. Er sollte sich aber vorläufig auf nichts einlassen, Khevenhüller werde dem Erzherzog einige Tage entgegenreisen und ihn eingehender über die portugiesischen Verhältnisse unterrichten. Zehn Tage ­später gab Khevenhüller bereits in einem Schreiben (29. August) an Karl aus Madrid seinen Bedenken über den Umfang der Entourage des Erzherzogs Ausdruck.162 Am 22. August, einem Donnerstag, machte sich Karl endlich von Wien aus auf den Weg.163 Die Zusammensetzung seiner Begleitung bis nach Innsbruck und die Route werden nirgendwo überliefert. Der Weg von Wien führte sicherlich über Melk, St. Pölten, Enns, Linz, Wels, Neumarkt, Salzburg, das war die normale Route, der nur fünf Wochen vorher der polnische Kronprinz gefolgt war, und schloss wohl Örtlichkeiten ein, in denen der Erzherzog mit seiner Begleitschaft ein willkommener Gast war, den man bewirtete und beherbergte. Eine Reise zu Pferd von Linz nach Innsbruck einundvierzig Jahre vor dem Erzherzog beschreibt das Reisetagebuch des Hans Georg von Ernstinger, er legte diese Strecke in sieben Tagen zurück. Die Stationen der Strecke Salzburg–Innsbruck nach dem Tagebuch des ­Ernstinger waren: Piding, Reichenhall, Schneizlreuth, Unken, Lofer, bis dahin im Saalachtal, dann in westlicher Richtung über Waidring, St. Johann, Söll, Wörgl, von da im Inntal über Schwaz, Hall nach Innsbruck, die Route weitgehend identisch mit dem Jakobsweg.164 Ferdinand II. reiste zur Verehelichung im späten Januar 1622 von Wien nach Innsbruck. Die Stationen der Reise erwähnt Christian II., Fürst von Anhalt, in seinem Tagebuch. Zwischen Salzburg und Innsbruck nennt er Reichenhall, Lofer, St. Daniel in Röhrebühel, Rothenburg, Schwaz, Hall.165 Im Juli erklärt Karl einmal, dass er über München zu reisen gedenke, ein paar Tage ­später aber, dass er den kürzesten Weg – durchs Salzburgische – nehmen werde.166 Genau zwei Wochen nach seiner Abreise von Wien, am 5. September, einem Donnerstag, finden wir den Erzherzog in Innsbruck.167 Der erste Eintrag seines Reisejournals ist erst vom Samstag, 7. September. 162 Khevenhüller an Ferdinand II., 19. 08. 1624, an Erzherzog Karl, 29. 08. 1624 und 15. 08. 1624, Wien HHSTA, Spanien, Diplomatische Korrespondenz 18, 2 (1624), S. 214, 215 f., 207 f. 163 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 316. Am 17. August schrieb Karl noch an Don Luys Bravo, er werde seine Reise am kommenden Dienstag oder Mittwoch, 20. oder 21. August, beginnen; HHStA, Spanien 3, Hofkorrespondenz 6, S. 145r–v. 164 Hans Georg Ernstingers Raisbuch, hg. von Ph. A. F. W alther , Stuttgart 1877, S. 27 – 32. 165 G ottlieb K rause Hg.: Das Tagebuch Christians des Jüngeren, Fürsten zu Anhalt, Leipzig 1855, S. 19 – 23; er reiste mit Ferdinand II. von Wien nach Innsbruck, 19.01. – 01. 02. 1622. 166 Karl an Leopold, 09.07., 12.07., 29. 07. 1624, Innsbruck TLA, Alphabetisches Leopoldinum I 202, 09.07., 12.07., 29. 07. 1624; Karl an Ursula Meyerin, 13.07., Stockholm, Swedish National Archives, Riksarkivet Extranea 111/2. 167 Karl an Leopold, Innsbruck TLA, Alphabetisches Leopoldinum I 202, 05. 09. 1624.

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Für die Wegstrecke Wien–Innsbruck, ungefähr 500 Kilometer 168, brauchte er also vierzehn oder fünfzehn Tage, er legte durchschnittlich am Tag fünfunddreißig Kilometer zurück. Nachrichten über die Reise aus ­diesem Zeitraum werden sich vielleicht noch finden lassen.169 Am 5. September 1624 schrieb er von Innsbruck aus an Leopold und erledigte dabei einige Geschäfte als Bischof von Brixen.170 Seine Brixener Räte waren anwesend. Schon in Schwaz, dreißig Kilometer unterhalb von Innsbruck am Inn gelegen, soll er mit dem Bistumsadministrator Veit von Wolkenstein zusammengetroffen sein, vielleicht ein oder zwei Tage vorher, der ihm mehrere Gesuche vorlegte.171 In Innsbruck versammelte sich wohl zum ersten Mal die Mehrzahl der Mitreisenden.172 Karl schrieb am 6. September noch einmal an seinen Bruder und erwähnte die Teilung der Reisegesellschaft und seine eigene Route mit nur wenigen Begleitern durch das Veltlin.173 Sein Plan sei, am folgenden Tage aufzubrechen „vndt meinen weg mit wenig personen vber den Perg durch Veltlin zu nehmen, meine andere hofstatt aber den andern weg gegen Botzen fortzueschicken“.

7. Stationen der Reise Innsbruck – Madrid auf Grund des Reisetagebuchs Innsbruck – Mailand, 7. September bis 18. September Den ersten Abschnitt der Reise, über den der Erzherzog selbst berichtet, bildete die Strecke von Innsbruck nach Mailand, die beide Reisegruppen innerhalb von zwölf Tagen vom 7. bis 18. September zurücklegten. Die Route, der Karl mit einer kleinen 168 388 km Luftlinie. 169 Schreiben, die ­solche enthalten könnten, gibt es angeblich: ­Kaiser Ferdinand II. an ­Khevenhüller (24.08.), Khevenhüller an Ferdinand (29.08), Ferdinand an Isabella (31.08.), Khevenhüller an einen Unbekannten (05.09.), Ferdinand an Olivares (05.09.), Ferdinand an Isabella (05.09.), Ferdinand an Khevenhüller (05.09.), Ferdinand an König Philipp IV. (05.09.). V oltes : Documentos de tema Español 1, S. 250 f. 170 Antwort auf drei Schreiben des Bruders aus Petersburg vom 7., 20. und 29. August, Innsbruck TLA, Alphabetisches Leopoldinum I 202, 05. 09. 1624. 171 Die Anwesenheit seiner Brixener Räte belegt ein Brief an Leopold vom 5. September 1624, Innsbruck TLA, Alphabetisches Leopoldinum I 202, 05. 09. 1624. Zur Begegnung in Schwaz und zu den Gesuchen des Bistumsadministrators Veit von Wolkenstein B resciani : Erzherzog Karl, S. 91 – 93, Information zum Treffen in Schwaz dort aus Sinnacher und Wolfsgruber, keine zeitgenössischen Quellen genannt. 172 Als die schlesischen Fürsten und Stände im Januar 1627 eine Delegation mit dem Domherrn ­Kaspar Karras als Leiter zum ­Kaiser in Wien schickten, um die Verheerungen der Wallenstein’schen Truppen in Schlesien zu beklagen und abzustellen, bestand diese aus vierundvierzig Personen und sechsunddreißig Pferden; J ungnitz : Breslauer Germaniker, S. 131 f. 173 Karl an Leopold, Innsbruck, 06. 09. 1624, Innsbruck TLA, Alphabetisches Leopoldinum I 202, 06. 09. 1624; B resciani : Erzherzog Karl, S. 177 f.

Stationen der Reise Innsbruck – Madrid auf Grund des Reisetagebuchs

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Anzahl von Reisegefährten folgte, war die alte Verbindung von Innsbruck über das Veltlin nach Mailand, Luftlinie 263, Straße 420 Kilometer. Es ging zunächst in westlicher Richtung, innaufwärts. Der größere Teil seiner Entourage unter dem Herzog von Sachsen und dem Grafen Georg von Schwarzenberg nahm die Route über den Brenner, Brixen, Bozen und Brescia, ebenfalls mit dem Ziel Mailand. Beträchtliche Kosten für das größere Kontingent – zehn Mahlzeiten vom 8. bis 13. September, von Sterzing fünfzehn Kilometer südlich des Brenners bis Torbole am Gardasee – trug die oberösterreichische Regierung.174 Es ist vielleicht verständlich, dass sich der Erzherzog wiederholt von seinem Hofstaat loslösen wollte, einem schwerfälligen Tross von achtzig oder neunzig Personen mit zahlreichen Wagen und Pferden. Dennoch überrascht, dass er die bequemere Route über den Brenner vermied, sie führte allerdings durch venezianisches Gebiet, überdies kann man sich ein nur auf Stunden begrenztes Auftreten in seiner Bischofsstadt Brixen nicht vorstellen. Er erreichte Mailand nicht früher als der Rest des Hofstaates. Die Stationen der von ihm gewählten Route waren zunächst die kleinen Städte im oberen Inntal, Stams, Landeck, Pfunds, dann ging es über Graun nach Glurns, in Glurns hielt er sich drei Tage auf, Nachtquartier fand er im Hause des Oberstallmeisters Hendl. Unterwegs fand er Zeit zum Jagen und Fischen. Am 13. September brach man wieder auf, von Glurns waren es zwei Meilen nach Santa Maria Val Müstair, er kehrte im Kloster ein und sah das Wunder Unser Frauen Blut.175 Von da ritt die Gesellschaft auf schlechtem Weg übers Wormser Joch, den 2501 Meter hohen Umbrailpass, wo tiefer Schnee lag, sechs Stunden war sie unterwegs, das Nachtlager zu Bormio im Veltlin.176 Auf dieser Strecke kam ihm der Kavalier Giacomo Robustelli entgegen, zeigte ihm die Thermen in Bormio und arrangierte die Bewirtung auf Kosten Seiner Heiligkeit, Papst Urbans VIII. ­Robustelli, ein reicher Grundbesitzer, entstammte einer alten Veltliner Amtsadelsfamilie. Er hielt jetzt die Position des Landeshauptmanns im von päpstlichen und spanischen Truppen besetzten Veltlin. Robustelli hatte für den Abfall des Veltlins von Graubünden gekämpft. 1620 führte er die Aufständischen an, die in der Nacht vom 18. zum 19. Juli im berüchtigten Veltliner Mord an die 600 Protestanten umbrachten.177 Nach der Messe 174 B resciani : Erzherzog Karl, S. 178, aus Innsbruck TLA, Kopialbücher der Kammer: Gemeine Missiven, 1613 – 1624, 1624 II a, S. 1396, 1394. 175 Das Val Müstair oder Münstertal, Graubünden, ein Gebirgstal in den Schweizer Alpen. Santa Maria Val Müstair (1375 m), eine von mehreren winzigen Siedlungen, die heute in einer Gemeinde zusammengefasst sind, Kanton Graubünden. Das Kloster war die aus der Zeit Karls des Großen stammende Benediktinerabtei St. Johannes. 176 Übers Wormser Joch gelangte man vom Münstertal ins Veltlin, Valtellina, ins Tal der Adda, die den Comer See durchfließt, alle Stationen der Reise des Erzherzogs bis zum Comer See liegen an der Adda. Bormio Höhe 1225 m, heute 4000 Einwohner, der Hauptort des oberen Veltlin. Die Thermen von Bormio waren schon in der Antike berühmt. 177 Robustelli (ca. 1583 – ca. 1646) hatte an italienischen Universitäten Recht und Literatur studiert, stand im Dienst des Herzogs von Savoyen, der ihn zum Ritter machte. G. P occettino :

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in Bormio am nächsten Tag empfing der Rat der Stadt den Bischof mit einer Ansprache. Die Reise das Attatal hinab führte dann nach Grosetto, nur dreiundzwanzig Kilometer von Bormio entfernt, am folgenden Tag nach Tirano, die Messe hörte er bei Unser Wunderwirkenden Lieben Frau;178 dann weiter bis nach Sondrio (Sünders), dort über Nacht, das Frühmal auf Kosten des Marquis di Baigno im Namen des Papstes; dann weiter nach Colico gleich unterhalb der Atta-Mündung in den Comer See, wo der Marquis Valtisfuentes den Erzherzog im Namen des Gouverneurs von Mailand willkommen hieß.179 Die Reise setzte sich über den See nach Gravedona fort, dort übernachtete der Bischof im schönen Palast der Visonti, vom Vertreter der Familie freigehalten. Während der Messe in Gravedona am nächsten Morgen, 17. September, kam Don Luys Bravo de Acuña zu ihm, der spezielle Gesandte des spanischen Königs, der dem Erzherzog die Reise nach Spanien erleichtern sollte. Von da reisten sie per Schiff drei Stunden erst nach Cadenabbia am Westufer des Comer See zum Frühmal, Don Luys Bravo der Gastgeber, dann noch einmal drei Stunden auf dem Schiff nach Como am Südende des Comer Sees, dort das Nachtlager, unterwegs sah er den Brunnen des Plinius und den Palast der Visconti mit seinen schönen Wasserspielen. Die Kommunen stellten einen Begleitzug und begrüßten die Ankommenden mit Kanonaden. Von Como nach Garboa ging es weiter zu Pferde, viereinhalb Stunden, in Garboa das Frühmal, dann kam der Gouverneur von Mailand, der Duca di Feria – Herzog von Feria – mit drei Granden und empfing den Erzherzog.180 Am 18. September vereinigten sich die beiden Teile der Reisegesellschaft vor den Toren Mailands, um halb fünf zogen sie in die Stadt ein. Karl fuhr in der Kutsche des Gouverneurs zusammen mit Don Luys Bravo, in des Erzherzogs eigener Karosse der Herzog von Sachsen und dann in einiger Unordnung die anderen Wagen.

Giacomo Robustelli, in: Archivio Storico della Svizera Italiana 7 (1932), S. 3 – 53; Das Historische Lexikon der Schweiz (2002) 10, S. 371. Von 1620 bis 1639 war das Veltlin unter spanischer Kontrolle. Zum Veltlinproblem in diesen Jahren s. J aitner : Die Hauptinstruktionen Gregors XV. 1, S. 13 – 30. 178 Bei Tirano liegt die ­Kirche der Madonna di Tirano, auf die sich der Erzherzog hier offensichtlich bezieht, ein populärer Wallfahrtsort heute, Platz einer wunderbaren Erscheinung der Jungfrau Maria am 29. September 1504, die angeblich der Pest ein Ende setzte. 1 79 Giovanni Francesco Guidi di Bagno (1578 – 1641), 1627 Kardinal, diente Papst Urban als Nuntius und in anderen Rollen, der Vater Fabrizio Guidi di Bagno, Marquis de Montebello. Zum Gouverneur von Mailand s. den Eintrag vom 19. September. Der Marquis Valtisfuentes war ein Beamter des Gouverneurs von Mailand. 180 Gómez Suárez de Figeroa, Duque de Feria, der spanische Gouverneur von Mailand, 1618 – 1625. Der Erzherzog befand sich jetzt auf dem Gebiet des Herzogtums Mailand, das nach einer wechselvollen Geschichte von fast zwei Jahrhunderten durch den Erbvertrag von 1556 an die spanische Krone gekommen war.

Stationen der Reise Innsbruck – Madrid auf Grund des Reisetagebuchs

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Mailand, 19. bis 24. September Nach zwölf Tagen im Sattel legte der Erzherzog jetzt eine Rast ein und blieb eine Woche in Mailand.181 Mit ungefähr 130.000 Einwohnern, ehe die Pest in den Jahren 1629 – 1631 ihre Zahl um die Hälfte reduzierte, war Mailand die volkreichste Stadt, die Karl je gesehen hatte, viermal so groß wie Wien oder Breslau. Zu den besonderen Mailänder Erlebnissen, die er im Tagebuch notierte, gehörten ein feierlicher Besuch der Kathedrale in Gesellschaft des Gouverneurs, wo er mit Musik empfangen wurde und sich das Grab des erst vierzehn Jahre vorher heiliggesprochenen Bischofs Karl ­Borromaeus ansah; die Besichtigung der Burg, deren Pulvermühle und eigene Wasser­zufuhr ihn beeindruckten; musikalische Darbietungen, Tänze, Komödien auf Italienisch, eine private Messe im Dom, wobei er die Kapelle besichtigen konnte, in der Ambrosius den Kirchenvater Augustinus taufte, und die erzene Schlange, die auf eine Episode im Alten Testament zurückging. Der Erzherzog zeigte ein besonderes Interesse an den Mailänder Werkstätten, die Gold und Silber verarbeiteten. Unter den Kuriositäten, die seine Gastgeber dem Erzherzog nicht vorenthalten wollten, waren der Besuch einer Anstalt für Geisteskranke – deren Gebaren den Besucher erheiterte – und das Auftreten eines „Galeeren“-Mannes in seiner Wohnung, der sich von Schlangen beißen ließ und nach Einnahme eines Gegenmittels das Wagnis überlebte. In Mailand begegnete Karl zum ersten Mal dem spanischen Hofzeremoniell, mit dessen Eigentümlichkeiten er sich schnell abfand und dem er gewissenhaft zu folgen suchte. Fragen wie etwa jene, wann einer den Hut abnehmen musste oder aufsetzen durfte, beschäftigten ihn von jetzt an des Öfteren. Sie dürften ihm als einem deutschen Reichsfürsten gar nicht so sonderbar vorgekommen sein, denn in Deutschland gab es ja ähnliche Regeln. Als ­Kaiser Ferdinand Wallenstein anwies, seinen Hut aufzusetzen, wussten die anwesenden Reichsfürsten, dass der General jetzt den gleichen Rang wie sie hatte. Der spanische Sonderbotschafter, der dem Bischof auf seiner Reise doch behilflich sein sollte, entdeckte stattdessen immer wieder Probleme und verursachte dem Erzherzog viel Kopfzerbrechen, was diesen aber auch veranlasste, sich mit dem Zweck seiner Reise und seinen persönlichen Beweggründen auseinanderzusetzen und seine Gedanken dem Tagebuch anzuvertrauen. Eine sofortige Beschwerde des Gouverneurs über Verletzungen einiger Grundregeln des spanischen Hofzeremoniells bei der ersten Begegnung mit dem Erzherzog ließ Karl durch den Grafen Schwarzenberg beantworten. Don Luys Bravo de Acuña überbrachte dann die Empfehlung des Königs, vermittelt durch den Gesandten Khevenhüller, Karl sollte seine Begleitschaft auf ein Minimum reduzieren und sich auf zwölf Gefährten beschränken. Der spanische Gesandte gab ihm sogar eine Liste akzeptabler Begleiter. Karl sah das als einen Versuch, ihn von seinen „nächsten und liebsten Dienern“ zu trennen, ja ihm die Zusammensetzung 181 Vom Erzherzog benützte Karossen oder Landkutschen erscheinen im Tagebuch nicht vor dem Aufenthalt in Mailand.

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s­ eines Hofstaats vorzuschreiben, diesen und ihn selbst zu „reformieren“. Durch seinen Oberhofmeister ließ er Khevenhüller sagen, er wolle mit jenen kommen, die er sich ausgesucht hatte. Er wüsste nicht, was für Bedienstete er in Spanien finden würde, und er werde sein Vorgehen vor dem König rechtfertigen, dem man anscheinend „den Magen umgedreht“ hatte.182 Im Falle des Herzogs von Sachsen unter Karls Begleitern, argumentierte der spanische Gesandte, würden die spanischen Granden nicht wissen, wie mit ihm umzugehen sei, am besten wäre es, wenn er nicht käme. Karl wies dann auf die Dienste des Herzogs hin, die Blutsverwandtschaft mit dem Hause Habsburg und seinen Status als Reichsfürst. Don Luys Bravo de Acuña zog daraufhin seine Einwendungen zurück, er habe das alles nicht gewusst. Der spanische König stellte den Herzog von Sachsen ­später ausdrücklich den spanischen Granden gleich.183 Der Spanier brachte jetzt ein neues Problem auf, nämlich dass der Erzherzog die spanischen Granden mit „Euer Exzellenz“ anreden sollte. Karl wies das zurück, von so etwas habe man noch nie gehört, er habe auch bereits in dieser Sache an den kaiserlichen Hof geschrieben. Um den Spaniern nicht unrecht zu tun, sei erwähnt, dass ähnliche Fragen auch die Spitzen der Gesellschaft im deutschen Habsburgerland beängstigten, wo Leopold 182 Schwarzenberg (keine Unterschrift, aber ein anderer Schreiber kommt nicht in Frage) schreibt, Karl habe am Vortage die Briefe des Königs und Khevenhüllers erhalten. Der Erzherzog empfindet große Zufriedenheit über die königliche Zuneigung, will auch des Königs erstes Verlangen erfüllen. Er habe sich vom Beginn mit so wenigen Kavalieren auf die Reise begeben, dass er die Zahl von 12 criados nicht einmal erreichte, sondern sich auf acht beschränkte, dazu kämen fünf Kammerdiener, die übrigen ­seien Beamte in seiner Verwaltung, ihre Namen erscheinen auf dem beigelegten Zettel. „Weil kein einziger fremder Zungenschlag und unter uns gar kein Prätendent ist“ (gemeint wohl, kein nicht autorisierter Fremder sei in Karls Gefolge), so hoffe der Erzherzog, der König werde die obgenannte Zahl entschuldigen. In keinem der von Khevenhüller geschickten Schreiben, die diese Reise betreffen, habe er etwas über das Inkognito-Reisen gefunden, deshalb könne der Erzherzog auch nicht verstehen, wie er auf halber Reise seine Begleitschaft neu organisieren und seine vertrauten Diener und Beamten zurücklassen sollte, zum Teil könne man ihrer schon wegen der Korrespondenz mit den jetzt verwaisten Ländern, Bistümern und dem Deutschen Orden nicht entbehren. Auch sollte der Bischof nicht in die Lage versetzt werden, ihm unbekannten Personen vertrauen zu müssen. Die hochfürstliche Person – ein Bezug wohl auf den Fürsten von Sachsen – sei beim heiligen Reich der Christenheit und besonders beim hochlöblichen Haus Österreich hoch verdient. In einem Postskriptum erklärt Schwarzenberg, er selbst diene dem Erzherzog auf des Kaisers Befehl. Er verstehe sehr wohl, worum es Don Luys gehe. Er selbst diene nicht in seinem eigenen Interesse, verdiene keinen Heller, habe keine Hoffnung, auch nur einen Pfennig zu bekommen; Wien HHSTA , Spanien, Diplomatische Korrespondenz 18, 2 (1624), S. 258 – 261, die Bemerkung über keine Entlohnung S. 259 f., zwei Schreiben von ­Schwarzenberg an Khevenhüller, datiert 18. bzw. 20. September 1624, das erstere identisch mit dem hier beschriebenen. 183 S. den Eintrag vom 19. November.

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dem gerade kreierten Fürsten Wallenstein zunächst das „Euer Liebden“ verweigerte.184 Diese Protokollfrage beschäftigte den Erzherzog und die spanische Regierung während der nächsten acht Wochen, bis Karl vor den Mauern Madrids eintraf und sich dem Wunsch der spanischen Regierung nicht länger widersetzte. Während Probleme der Etikette in der hohen Gesellschaft des 17. Jahrhunderts von Bedeutung sein mochten, berührte die Frage des Umfangs der Reisegesellschaft den Kern der erzherzoglichen Expedition. Noch am 25. September in Mailand war man sich nicht sicher, ob Karls vollzählige Entourage in Genua die Seereise nach Barcelona antreten würde. Schwarzenberg informierte an ­diesem Tag einen hohen Herren, wohl den Obersthofmeister Eggenberg, der Bischof würde am nächsten Tag mit zwölf Gefährten, dabei auch Schwarzenberg, nach Florenz aufbrechen, der Hofstaat am folgenden Tage, dem 27. September, nach Genua. In Florenz sollte die Entscheidung fallen, wer den Bischof nach Spanien begleiten würde. Zu ­diesem Thema hat aber das Tagebuch nach dem Mailander Aufenthalt nichts mehr zu sagen. Zusammensetzung und Umfang der Begleitschaft Karls, die in Genua Galeeren nach Barcelona bestieg, bleiben ungewiss, aber man möchte annehmen, der Erzherzog setzte seinen Willen durch und die im Mailander Verzeichnis Angeführten reisten mit ihm weiter nach Madrid.185 Im Zusammenhang mit diesen Auseinandersetzungen bediente sich der Bischof jetzt seines Reisejournals, um die Ursachen und Ziele seiner Spanienfahrt darzulegen. Am 23. September suchte der spanische Gesandte den Erzherzog auf. Seine Bitte, ihm in Spanien bei Khevenhüller ein gutes Zeugnis für seine treuen dem Erzherzog geleisteten Dienste auszustellen, veranlasste Karl, auf den Versuch, die Zahl seiner Begleiter zu verringern, zurückzukommen. Dem König habe man fälschlich berichtet, er hätte schon vor Jahren, als er sich um eine Pension von ­diesem bewarb, die aber niemals gezahlt worden sei, die Absicht gehabt, in Spanien zu residieren und einen Regierungsposten zu übernehmen, Pater Hyacinth und Khevenhüller hätten ihm schon lange geraten, sich nach Spanien zu begeben. Er habe diese Reise aber erst auf Befehl des Kaisers angetreten. Auch Olivares und der König selbst hätten ihn zum Kommen aufgefordert. Seine Intention sei jetzt nur, den König und dessen Persönlichkeit kennenzulernen und dem Hause Habsburg darüber zu berichten. Er wolle sich aber nicht vorschreiben lassen, wer seine Bediensteten sein sollten, selbst wenn er in Spanien bleiben würde, wozu er sich noch nicht entschließen könnte. Dass auch Pater Hyacinth die Spanienreise des Habsburgers unterstützte, sollte nicht 184 M ann : Wallenstein, Sein Leben erzählt, S. 215. Wallenstein: Er „tractiert mich wie einen Hundsbuben“. 185 Schwarzenberg (vermutlich) an den Obersthofmeister Eggenberg, 25. 09. 1624, Třeboň, Tschechische Republik, Staatliches Gebietsarchiv, Familienarchiv Schwarzenberg, Sign. F. P. b. – Georg Ludwig, Fasz. 285, Brief No. 69, S. a–l. Schwarzenbergs Bericht, 12 Seiten in der Handschrift, informiert über die von Karl bemerkten Zusammenstöße mit den Spaniern in Mailand. Er streicht die Rolle des Don Luys de Acuña heraus, dieser hätte gehofft, statt Schwarzenberg die Führung der spanischen Mission des Breslauer Bischofs zu übernehmen.

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überraschen. Karl mag ihn im Zusammenhang mit der Übertragung der Kurwürde an Bayern kennengelernt haben, ein Vorhaben, für das sich dieser mit viel Energie einsetzte. Er verbrachte 1621/22 mehrere Monate am spanischen Hof, um die spanische Regierung für d­ ieses Projekt zu gewinnen.186 Mailand – Florenz, 25. bis 30. September Im Reisejournal behauptete der Erzherzog, er hätte sich erst in Mailand auf den Rat des spanischen Gesandten Don Luys Bravo hin entschieden, einen Abstecher nach Florenz zu machen, tatsächlich sprach er schon Monate vorher davon.187 Der Ausflug weit nach Süden vom 25. September bis 20. Oktober verlängerte die Dauer der Reise um ungefähr zweiundzwanzig Tage. Von Mailand wäre er innerhalb von drei oder vier Tagen in Genua gewesen,188 nach Florenz allein brauchte er sechs Tage. Karl machte den Umweg über Florenz, um seine Schwester Maria Magdalena, verwitwete Großherzogin von Toskana, zu besuchen.189 Falls er noch andere Beweggründe hatte, verschweigt er sie. Am 19. Oktober 1608 heiratete Maria Magdalena, Karls jüngste Schwester, nur ein Jahr älter als er, Großherzog Cosimo II. de’ Medici (1590 – 1621), Sohn des Großherzogs Ferdinand I. von Toskana und der Prinzessin Christine von Lothringen. Das Amt des Großherzogs hielt jetzt unter der Vormundschaft seiner ­Mutter und Großmutter der Sohn des zweiten Cosimo, der vierzehnjährige Ferdinand II. Schwarzenberg, Hendl, Löbl und der Breslauer Kanoniker Karras begleiteten den Erzherzog nach Florenz.190 350 Kilometer galt es zurückzulegen, über Piazenza, Parma, Reggio Emilia, Modena, Bologna, gelegentlich auf vorzüglicher Straße, dann wieder auf steinigen, schwer befahrbaren Wegen, wo es andauernd auf und ab ging. Manchmal gab sich der 186 Zuerst machte Pater Hyacinth sich als Prediger einen Namen, dann als Berater von Fürsten. Er war ein glühender Vorkämpfer für die katholische Sache, s. oben S. 154; G oetz : Pater Hyacinth. 187 Reisetagebuch 30.09. Schon am 29. Juni erwähnte Karl den Umweg über Florenz; Innsbruck TLA, Hofrat, Selekt Ferdinandea, Pos. 255, 29. 06. 1624. Karl schrieb Ursula Meyer am 21. Juli aus Wien, er beabsichtige, von Mailand aus in Begleitung nur weniger Personen und inkognito reisend die Großherzogin von Toskana zu besuchen und dann die Reise nach Spanien von ­Florenz aus fortzusetzen. Am 23. September teilte er Ursula Meyer mit, seine Florenzer Schwester habe ihn durch ihren Gesandten nach Florenz einladen lassen. Karl an Ursula Meyer, Wien, 21. 07. 1624, und Mailand, 23. 09. 1624, Stockholm, Swedish National Archives, Riksarkivet Extranea 111/2. 188 Luftlinie 119 km, Wegstrecke an die 150 km. 189 Auf den Aufenthalt Karls in Florenz beziehen sich mehrere Briefe der Maria Magdalena an ihren Bruder Leopold: 17.09., 01.10., 08.10. (3), 21. 10. 1624, Innsbruck TLA , Alphabetisches Leopoldinum I 1134, eine Sammlung der Briefe der Maria Magdalena an Leopold, 1609 – 1631. 190 Schwarzenberg, 25. 09. 1624, Schwarzenberg-Archiv Nr. 69 l, gibt die Zahl von zwölf Begleitern, als Datum des Aufbruchs den 26. September früh am Morgen.

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Erzherzog nicht zu erkennen, einmal übernachtete er in einem Wirtshaus. An mehreren Orten kamen ihm Vertreter des toskanischen Herzogshauses entgegen und übernahmen die Bewirtung. Er unterließ es nicht, die in aller Christenheit berühmten Heiligtümer zu besuchen. In Reggio Emilia hörte er am 28. September im Augustinerkloster die Messe bei Unser Lieben Frau Miraculosa und sah das wunderwirkende Bild der Jungfrau. In Bologna besuchte er die Messe in der barocken ­Kirche Zum Corpus Christi und bewunderte in einer Seitenkapelle den unversehrten Leichnam der hl. Katharina von Vigri, der berühmten Lokalheiligen, Mystikerin und Malerin. In derselben Stadt erreichte ihn am Abend der Breslauer Dompropst Rudolf, der in seiner langen Amtszeit nur einmal Breslau besuchte und gewöhnlich im Auftrag des Papstes arbeitete, so vielleicht auch bei ­diesem Zusammentreffen. Die letzte Übernachtung, ehe Karl Florenz erreichte, war in Firenzuola, vierzig Kilometer nordöstlich von Florenz. Am Morgen gewährte er eine Audienz und nach dem Frühmahl machte er sich zu Pferde nach Florenz auf. Unterwegs traf ihn Herzog Lorenzo, Bruder des verstorbenen Großherzogs, im Auftrage der Schwester, dann kam ihm auch der Großherzog mit seinen zwei Brüdern entgegen und begleitete ihn in seinem Wagen nach Pratolino, nahe dem nördlichen Stadtrande. Nach ansehnlicher Bewirtung besichtigte der Erzherzog mit seinem Gastgeber die Wasserspiele, er fand sie sehr schön, aber mit denen von Salzburg waren sie nicht zu vergleichen. Dann fuhren sie miteinander in die Stadt, wo sie am Abend eintrafen. Die Großherzogin erkannte ihn nicht, sie verwechselte ihn mit dem Oberstallmeister Reinprecht Hendl. Als sich Karl zu erkennen gab, war sie „von Herzen erschrocken“ und empfing ihn mit Freuden. Allein miteinander nahmen die beiden das Nachtmahl ein. Florenz, 1. bis 8. Oktober Den achttägigen Aufenthalt in Florenz widmete Erzherzog Karl seiner Schwester und ihrer Familie und den Sehenswürdigkeiten der Stadt. Seine Tage füllten Musik- und Theateraufführungen der großherzoglichen Kinder, wechselseitige Besuche, eine Inspektion der Reitpferde, ein paar Stunden beim Pferderennen, eine Vorführung zweier italienischer Sängerinnen, begleitet von Harfen und anderen Instrumenten, eine ärztliche Untersuchung an einem Tage, das Zur-Ader-Lassen an einem anderen, Beichte und Kommunion am nächsten, eine Inspektion der Rüstkammer an einem Nachmittag, Primeraspiel am Abend, Gottesdienste bei den Dominikanern, in der ­Kirche Maria Animota und im Dom, Besichtigung der Grabstätten der Medici in der Basilica di San Lorenzo im Stadtzentrum, wo alle bedeutenden Medici begraben sind. Er sah das Grabmal des drei Jahre vorher verstorbenen Cosimo II ., an dem man noch arbeitete, einmal vollendet, sollte es ein Werk ohnegleichen in Europa sein.191 Anschließend 191 Man zeigte ihm auch die Grabstätten für die jetzigen fürstlichen Personen, aus Marmor und von Michelangelo geschaffen, Michelangelo starb 1564!

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besichtigte er die Bibliothek. Er lernte den alten Palast, Palazzo Vecchio oder Palazzo della Signoria, bei einer Vorführung der Kinder kennen und zählte die Schritte vom alten zum neuen auf dem Rückwege. Der Medici-Haushalt zog 1550 in den Palazzo della Signoria. Nur zehn Jahre ­später überredete Elenore von Toledo ihren Gemahl, den Großherzog Cosimo I., unter dem diese Umzüge stattfanden, den Medici-Haushalt in den Palazzo Pitti auf der linken Arnoseite zu überführen, wo Karl wohl während seines Besuchs Unterkunft fand. Im Jahre 1565 baute Giorgio Vasari einen langen Korridor, der den Palazzo Pitti mit dem Palazzo Vecchio auf der rechten Seite des Arno verbindet (über die ­Kirche Santa Felicità, den Ponte Vecchio und die Uffizien). Wir dürfen annehmen, Karl meint diesen Verbindungsweg, als er die Schritte vom alten zum neuen Palast zählte. Einmal fuhr er mit der Schwester in der Kutsche zur Villa Imperiale, die die Großherzogin zwei Jahre vorher gekauft hatte, ausgestattet mit vielen Bildern und Wandteppichen. Sie blieben bis in die Nacht. Unter Lichtern führten Bauern einen lustigen Tanz vor. Sollten sie nach Deutschland kommen, könnten sie sich da viel Geld verdienen, so glaubte der Herzog. Die Herzogin zeigte ihm ihre persönlichen Kleinodien und Schätze sowie die des Hauses. Bei mehreren Gelegenheiten erhielt der Erzherzog kostbare Geschenke, von der Großherzogin, dem Großherzog, anderen Verwandten (der arme schlesische Bischof gab anscheinend nichts). Am Tage vor der Abreise besuchte er allein mit seiner Schwester die Galleria degli Uffizi und bewunderte die Artefakte und Kunstwerke. An ­diesem letzten Nachmittag suchte ihn „der berühmte Gallieor Mathomaticus“ auf, kein anderer als Galileo Galilei, und verehrte ihm ein Fernrohr – perspektivglass –, eine sehr schöne Arbeit wie alle seine Werke, mit dem man von der Florenzer Burg aus die Leute in Pratolino, eine gute deutsche Meile entfernt, erkennen konnte. Der Bischof nahm es mit nach Madrid. Florenz, damals mit ungefähr 70.000 Einwohnern, hatte einem kunstsinnigen Besucher viel zu bieten, und der Erzherzog, Resident von Kleinstädten wie Graz, Brixen und Neisse, nutzte diese Woche in der Stadt, seinen Horizont ein wenig zu erweitern. Nur einmal befasste er sich mit Geschäftssachen, wohl seinen Finanzen, bei einem ganz privaten Treffen in einem Palast, sein Schatzmeister Löbl und der Oberstallmeister Hendl anwesend, mit dem Kardinal (Carlo di) Medici und dem spanischen Botschafter beim Papst.

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Florenz – Genua, 9. bis 20. Oktober Inn

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Erzherzog Karls Reise von Neisse nach Madrid Innsbruck-Genua, 7. September – 21. Oktober 1624 Kartographie von Daniel Huffman

Karte 6: Erzherzog Karls Reise von Neisse nach Madrid. Innsbruck–Genua, 7. September bis 21. Oktober 1624.

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Die Reise nach Spanien und der Tod in Madrid 1624

In Genua wartete inzwischen der bischöfliche Hofstaat an die drei Wochen auf die Rückkehr des Erzherzogs aus Florenz.192 Die Strecke Florenz–Genua, ungefähr 250 Kilometer, legte der Erzherzog in zwei Etappen zurück. Auf dem ersten Drittel, von Florenz nach Livorno, begleitete ihn der Großherzog auf eine Meile in Richtung auf Lamborzan, einen Palast seiner Gemahlin. Am nächsten Tag ging es bis Pisa, eine hübsche Stadt, urteilte der Erzherzog, wo man ihn mit Kanonenfeuer willkommen hieß. Am dritten Tage, den 11. Oktober, erreichte die kleine Reisetruppe früh am Morgen Livorno. Karl ließ sich im Hafen spazieren fahren und besuchte am Abend eine Komödie. Die auf den 13. geplante Abreise per Schiff nach Genua verhinderte ein Sturm auf dem Meer, der den Erzherzog eine ganze Woche lang in Livorno festhielt. Ein Jagdausflug, das Primeraspiel oder die Messe bei „unseren lieben Franziskanerbrüdern“ konnten die Eintönigkeit kaum unterbrechen, dreimal ist der Tagebucheintrag nur „das Gleiche“. Erst am Morgen des 19. segelte die Galeere los, mit dem Ziel Genua, 175 Kilometer entfernt. Zwischen elf und zwölf Uhr nachts erreichte sie den Hafen Portovenere, den Rest der Nacht verbrachte der Erzherzog auf dem Schiff. Das Essen schmeckte ihm, aber sechs seiner Begleiter wurden seekrank. Leider hat das Tagebuch nichts über ­dieses Transportmittel zu sagen, obwohl sein Verfasser doch ein Interesse an mechanischen Dingen gezeigt hatte und eine Reise auf einer Galeere ohne Zweifel eine ganz neue Erfahrung für ihn war.193 Die Aussicht auf die Seereise von Genua nach Barcelona erfüllte Karls ­Mutter sechsundzwanzig Jahre vorher mit 192 Schwarzenberg, 25. 09. 1624, Třeboň, Tschechische Republik, Staatliches Gebietsarchiv, Familienarchiv Schwarzenberg, Sign. F. P. b. 69 l. 193 Galeeren waren eigentlich geruderte Kriegsschiffe, aber Karl erklärt mehrmals, dass man „ab-“ oder „fortgesegelt“ sei (Tagebucheinträge vom 19. und 20. Oktober), die Reise fand also auf einem auch mit Segeln ausgerüsteten Schiff statt, was bei den Galeeren um 1600 wohl in der Regel der Fall war. Hier und in den folgenden Tagen verbrachte der Erzherzog die Nacht auf dem Schiff, das offensichtlich entsprechende Räumlichkeiten besaß. In der Mitte des 16. Jahrhunderts hatte die durchschnittliche Galeere eine Besatzung von 250 bis 300 Mann, 150 – 170 davon Ruderer, eine Länge von 41,4 m, ein Gewicht von 140 – 170 Tonnen; die spanische Mittelmeerflotte in den 1570er Jahren unterhielt 146 Galeeren; Unterhaltskosten 1574 über 13.000 Dukaten im Jahr; Thomas Allison K i r k : Genoa and the Sea. Policy and Power in an Early Modern Maritime Republic, 1559 – 1684, Baltimore, London 2005, S. 213 Anm. 37, 39, 42, S. 214 Anm. 50. Damals waren die Ruderer weitgehend Sträflinge oder Sklaven, um die Kosten niedrig zu halten. Schon um 1600 hatte sich die Zahl der von der spanischen Regierung unmittelbar unterhaltenen Galeeren stark verringert, man benützte vertraglich bestellte genuesische Schiffe in privaten Händen; s. das Kapitel „The Administration of the Galleys“ in: I. A. A. T h o m p s o n : War and Government in Habsburg Spain 1560 – 1620, London 1976, S. 163 – 184; Lawrence V. M o t t : Iberian Naval Power 1000 – 1650, in: John B. H at t e n d o r f and Richard W. U n g e r Hgg.: War at Sea in the Middle Ages and the Renaissance (= Warfare in History), Woodbridge, Suffern 2003, S. 105 – 118, hier S. 111; John Francis G u i l m a rt i n J r .: Gunpowder and Galleys. Changing Technology & Mediterranean Warfare at Sea in the 16th Century, London 2003 (Erstausgabe 1974), das Kapitel „The Galley“, S. 209 – 223.

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Bangen: „Mir kombt für, es werde mir ein jedlicher Augenblickh auf dem Mer zu lang sein“.194 Das Schiff des Bischofs fuhr am 20. Oktober ­zwischen vier und fünf Uhr früh weiter und traf auf eine von den Herren von Genua abgesandte Galeere. Der „Fürst von Genua“ stellte Bedingungen für einen Empfang,195 die Karl abwies, stattdessen begab er sich zum Palast des Prinzen von Doria in Pegli, gleich westlich der Stadt, wo er abends um acht Uhr ankam.196 Am 21. Oktober hörte er früh am Morgen die Messe, nachmittags fuhr er heimlich nach Genua und traf sich dort auf seinem Schiff mit dem spanischen Botschafter. Nachher besuchte er die Jesuitenkirche und sah ihren reichen Schatz an Silber und Reliquien. Von Pegli aus berichtete er seinen Administratoren in Brixen von Geldschwierigkeiten, ein Thema, auf das der Verfasser des Tagebuchs jedoch nicht eingeht. Er lieh sich 7000 Kronen von dem Kaufmann Christoph Furtenbach und gab ihm für die Rückzahlung einen Schuldschein auf das Stift Brixen. Da die bischöfliche Kreditwürdigkeit auf dem Spiel stand, blieb dem Stift wohl keine andere Wahl, als diese Summe zu bezahlen. Von hier aus benachrichtigte er angeblich auch seine Brixener Vertreter, er würde Edelknaben und Hofgesinde nach Brixen zurückschicken, wo sie den Winter über bleiben und seine Rückkehr erwarten sollten.197 Diese letztere Bemerkung überrascht, denn sie zeigt, wie der oben erwähnte Tagebucheintrag vom 30. September, dass Karl sich anscheinend noch nicht für einen längeren oder gar permanenten Aufenthalt in Spanien entschieden hatte. Ein Schreiben des Erzherzogs aus Genua ist an den Vorsitzenden der Neisser Administratoren, ­Petrus Gebauer, gerichtet.198 Genua, wie erwähnt, wird als Zielort von sieben schweren Wagen mit je sechs Pferden genannt, die von Wien aussetzten, sicherlich mit Karls

194 Maria an Ferdinand, 05. 12. 1598, H urter : Ferdinand II. 4, S. 436. 195 Die Republik Genua wurde damals von einem Klüngel von Kaufmannsfamilien durch den Gran Consiglio regiert. Der Doge, aus und von diesen Familien erwählt, diente jetzt immer nur zwei Jahre und ihm oblag die Verteidigung der Stadt und ihres Territoriums, er war nicht der Herrscher der Stadt. Federico de Franchi hielt das Amt des Dogen vom 25. Juni 1623 bis 16. Juni 1625. Der berühmteste Doria war Andrea Doria (1466 – 1560), ein Condottiere, der sich 1528 der kaiserlichen Seite anschloss und die internen Zwistigkeiten und Kämpfe der Parteien in der Stadt auf ein halbes Jahrhundert zu Ende bringen konnte. Sein Neffe und Erbe Gianettino wurde 1567 ermordet. Dessen Sohn Giovanni (oder Gian) Andrea Doria († 1606) diente viele Jahre als Admiral. Sein Sohn war Andrea II. Doria (1570 – 1629), auf den sich der Tagebucheintrag des Erzherzogs offensichtlich bezieht. Wenn Karl hier „die Herren von Genua“ erwähnt, so entspricht das den wirklichen Verhältnissen, einen „Fürsten von Genua“ gab es nicht. Die Doria führten in ihrer Familie den Titel Prinz von Melfi. 196 Pegli ist heute ein Stadtteil im westlichen Genua, ein Wohngebiet mit öffentlichen Parks und Villen. An ­diesem Tage empfängt er Johann von Grischen, den Boten seines Bruders Leopold. 197 S innacher : Beyträge Säben und Brixen 8, S. 237. Ein Schreiben Karls aus Pegli, das anscheinend nicht erhalten ist, wird von Sinnacher irrtümlich auf den 18. Oktober datiert (wohl statt 21.), es traf in Brixen am 7. November ein. 198 Acta Publica 5, S. 269 Anm. 2 (die Anm. auf S. 270 weitergeführt).

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Gepäck.199 Nach Spanien nahm Karl eine Reihe von Gegenständen mit, als „Kirchenzier“ bezeichnet.200 Wie viele Galeeren von Genua mit Karl und seiner Reisegesellschaft die Fahrt nach Barcelona machten, wird nirgends angedeutet. Zehn Galeeren hatten sechsundfünfzig Jahre vorher seinen Vater und dessen Gefolge von zwei- oder dreiundfünfzig Personen nach Barcelona transportiert. Im Februar 1599 beförderte eine Flotte von vierzig Galeeren unter dem Kommando des Giovanni Andrea Doria Königin Margarethe und die Erzherzogin Maria und ihre mehrere hundert Begleiter von Genua nach Spanien.201 Genua – Barcelona, 22. bis 27. Oktober Pegli

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Erzherzog ErzherzogKarls KarlsReise Reisevon vonNeisse Neissenach nachMadrid Madrid Genua-Barcelona Genua-Barcelona22. 22.Oktober Oktober––28. 27.Oktober Oktober 1624 1624 Kartographie von Daniel Huffman 50km

Karte 7: Erzherzog Karls Reise von Neisse nach Madrid. Genua–Barcelona, 22. Oktober bis 27. Oktober 1624.

Eine Schiffsreise von ca. 815 Kilometern (heute 643) stand dem Erzherzog jetzt bevor. An seinem dritten und letzten Tag in Genua, Dienstag, den 22. Oktober 1624, beriet sich der Bischof über einen nicht näher beschriebenen Plan Leopolds, besuchte die Messe 199 Acta Publica 5, S. 269 Anm. 2. 200 B odenstein : Urkunden und Regesten, Teil 2, Quellen (1916), S. LXVIII. Melchior Tauber berichtete dem ­Kaiser am 12. Juli 1626, der Erzherzog habe „die besten und vornehmsten Sachen“ in seinem Besitz mit nach Spanien genommen; ebd., Artikel 20.444, S. ii. 201 K hevenhüller : Annales Ferdinandei 5, S. 2125; K eller : Erzherzogin Maria, S. 206, 211.

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und gab mehrere Audienzen. Das Mittagsmahl nahm er im Palast des Doria ein, am Nachmittag sah er sich die Uhr an, die einmal in Augsburg gestanden und die ein Kaufmann für 8000 Taler gekauft hatte. Zum Nachtmahl kehrte er in sein Quartier zurück, um acht Uhr abends brach man auf. Die Seereise von Genua nach Barcelona dauerte sechs Tage, dabei war das Schiff am ersten Tage nur vier Stunden unterwegs und kam am letzten Tage schon um vier Uhr nachmittags in Barcelona an. Insgesamt brauchte man nur hundertsechzehn Stunden, was ungewöhnlich kurz war. Als Gian Andrea Doria die Strecke von Genua nach Palamós an der katalonischen Küste im Dezember 1570 in fünf Tagen zurücklegte, galt das als ein Rekord.202 Die Kürze der Reise hatte sicherlich damit zu tun, dass man einen hohen Würdenträger, den Bruder des Kaisers, auf dem Wege zum König von Spanien an Bord hatte. Das Schiff erreichte Monaco nach siebzehn Stunden am 23. um ein Uhr nachmittags, eine Entfernung von ca. 200 Kilometer. Barcelona liegt weiter südlich als Genua, Monaco, südwestlich von Genua, war deshalb wohl ein normales Ziel auf dem ersten Abschnitt der Reise Genua–Barcelona. Honore II. aus dem Hause Grimaldi, der erst 1612 begonnen hatte, sich Fürst von Monaco zu nennen, empfing den Erzherzog im Hafen mit einem Begrüßungsschießen. Karls Galeere verließ Monaco nach dreizehnstündigem Aufenthalt am 24. um zwei Uhr nachts und erreichte Sète, hier Zetta, fünfunddreißig Kilometer südwestlich von Montpellier, nach dreißig Stunden am Morgen des 25., eine Entfernung von ungefähr 350 Kilometern. Man brach von Sète anscheinend am Abend des 25. auf, fuhr die ganze Nacht hindurch und kam in Palamós am 26. nach vielleicht zwanzig oder vierundzwanzig Stunden um acht Uhr abends an, die Entfernung 180 Kilometer. Palamós an der Küste von Katalonien, ungefähr 85 Kilometer nordöstlich von Barcelona, war wohl eine normale Station auf dem Seeweg Genua–Barcelona. Von Palamós setzte der Erzherzog die Reise spätestens sehr früh am Morgen des 27. fort, einem Sonntag, und erreichte schon um zehn Uhr morgens St. Hieronymo, ein Städtchen an der katalonischen Küste, vielleicht Badalona, wo das Kloster Sant Jeroni (St. Hieronymus) de la Murta lag, die Sommerresidenz der Könige. Noch am gleichen Nachmittage traf er bei herrlichem Wetter um vier Uhr in Barcelona ein. Erzbischof Juan Sentís (1620 – 1632), der auch das Amt de Vizekönigs von Katalonien innehatte, empfing den Bischof und bot ihm Unterkunft an seinem Hof.203 Am Abend gab es nur ein bescheidenes Mahl, da man anscheinend noch nicht mit der Ankunft des Erzherzogs gerechnet hatte. Leider fiel dem Erzherzog auf der Seefahrt nichts auf, was er seinem Reisetagebuch anvertrauen wollte. Einmal glaubte man in der Ferne eine türkische Barke zu sehen, es war aber ein französisches Schiff.

202 B raudel : The Mediterranean and the Mediterranean world in the age of Philip II 1, S. 358. 203 Katalonien war damals schon lange Teil des Königreichs Aragonien, Vizekönige von Katalonien gab es von 1479 bis 1713.

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Barcelona und Montserrat, 27. Oktober bis 5. November Den achttägigen Aufenthalt in Barcelona – man wartete vielleicht auf die übrige Reise­ gesellschaft – füllte der Erzherzog mit Besuchen der ­Kirchen und Klöster – Dom, Dominikaner, Jesuiten, Karmeliter, Hofkapelle – und des Rathauses (nur Musketen und Büchsen konnte man da sehen), Audienzen für die Räte des Königs, die Stände oder ihre Vertreter und auf besonderes Gesuch die Mitglieder der Inquisition, Spazierfahrten auf Wällen und im Hafen, Anwesenheit bei Tänzen und Turnieren, die man für den Gast manchmal bis spät in die Nacht veranstaltete, und dem Primeraspiel. Im Dom besichtigte er die Gräber der hl. Eulalia, Patronin der Kathedrale, und des hl. Raimund von Peñafort,204 und hier beeindruckten ihn auch die anderen Reliquien: ein Schleier Unserer Lieben Frau, der Leib eines der Unschuldigen Kinder, ein heiliger Bischof. Eine Audienz für den Herzog von Palamós kam nicht zustande, weil dieser erst seine Gemahlin mitbringen wollte und dann den Erzherzog zwei Stunden warten ließ, so dass Karl auf Rat des Vizekönigs das Treffen absagte. Am 28. Oktober schrieb der Erzherzog dem habsburgischen Gesandten Khevenhüller, er werde den Freiherrn Hans Bernhard Löbl nach Madrid vorausschicken.205 Am gleichen Tag setzte er ein Memoriale auf, das dem Kämmerer Instruktionen für seinen Besuch in der Hauptstadt gab: sich erst bei Olivares vorstellen und des Erzherzogs Gruß überbringen, dem König versichern, er habe auf „vertrauliches Begehren“ des Kaisers die Reise nach Spanien unternommen, dann ein Verzeichnis des Hofstaates vorlegen und um „bequeme“ Beherbergung am Hof oder nicht weit vom Hof für sich und seine Diener und Beamten ersuchen, da er seine Leute „allzeit um sich haben misse“.206 Ferner sollte sich der Gesandte bei der Erzherzogin Doña Margarete anmelden und ihr sein Kredentiale überreichen.207 Khevenhüller kannte auch einen ganz unterwürfigen Brief des Erzherzogs an Olivares, der die Versicherung enthielt, der Erzherzog wolle dem König gehorsam sein, dessen Minister ehren, den conde-duque besonders respektieren und nichts unternehmen, was ­diesem nicht gefallen würde.208 204 Der im Dom bestattete hl. Raimund war Raimund von Peñafort, ursprünglich ein Dominikaner. Er gründete mit dem heiligen Petrus Nolascus den Orden der „Seligen Jungfrau Maria vom Loskauf der Gefangenen“ (Ordo beatae Mariae de mercede redemptionis captivorum), den sog. Mercedarier-Orden; dieser Raimund starb 1275 und wurde 1601 heiliggesprochen. Man darf ihn nicht verwechseln mit einem zweiten katalonischen hl. Raimund, San Ramón Nonato, geboren um 1202 in Portello bei Lleida, gestorben am 31. August 1240 in Cardona bei Barcelona, seliggesprochen 1628, heiliggesprochen 1657, begraben im Oratorium S. Ramón de Postell. 205 Hier falsch 18., wohl statt 28. Oktober, Wien HHSTA, Spanien, Diplomatische Korrespondenz 18, 2 (1624), S. 268. 206 Innsbruck TLA, Hofrat, Selekt Ferdinandea, Pos. 255, 28. 10. 1624. 207 Karl an Margarete und ihre Antwort, Innsbruck TLA, Hofrat, Selekt Ferdinandea, Pos. 255, 28.10. und 12.11. 1624. 208 K hevenhüller : Annales Ferdinandei 10, Sp. 481.

Stationen der Reise Innsbruck – Madrid auf Grund des Reisetagebuchs

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Nach der Messe am 4. November begann der Erzherzog die Weiterreise nach Madrid, aber zunächst nahm er einen Umweg über Martorell, nordwestlich von Barcelona, ungefähr in Richtung Manresa (Madrid liegt in südwestlicher Richtung), wodurch er die Reise um zwei Tage verlängerte. Der Vizekönig begleitete ihn die vier Meilen und sechs Stunden bis Martorell mit sechs königlichen Mauleseln. Der Zweck war der Besuch der berühmten Benediktinerabtei Montserrat bei Manresa am folgenden Tage. Früh am Morgen bestiegen der Bischof und seine vornehmsten Begleiter auf steinigem Pfad, das Te deum laudamus anstimmend, den hohen Berg, ein feierliches Hochamt folgte, am Nachmittag besichtigte er Sakristei und Kloster. Sein Vater hatte fast sechs Jahrzehnte vorher auf dem Wege von Barcelona nach Madrid die ­gleiche Route über Montserrat genommen.209 Am Tage des Abschieds sang um fünf Uhr morgens ein Knabenchor das Amt. Vor dem Kloster empfing den Erzherzog im Namen des Königs der königliche Kämmerer und Hauptmann der Deutschen Garde Philipp Carl de Croy, Marques de Renti, hier nur Marques Renten.210 Nach fünf Monaten unterwegs trennte Karl immer noch eine Wegstrecke von über sechshundert Kilometern von Madrid.211 Montserrat – Saragossa, 6. bis 14. November Den langen und beschwerlichen Weg von Montserrat nach Saragossa, an die 300 Kilometer, legte die Reisegruppe in sieben Tagen zurück, am 12. November traf sie in Saragossa ein. Der Erzherzog fand sich jetzt auf wirklich fremdem Boden, in einer ganz neuen Umgebung, überdies zunächst in einem dünn besiedelten und oft unwirtlichen Landstrich. Das Klima war für die Reisenden ungewohnt, es regnete selten, und ehe sie die Hauptstadt erreichten, erlebten sie einen Sandsturm. Die Straßen waren oft unwegsam, Karl musste wiederholt von der Kutsche aufs Pferd wechseln. Die Haltestationen waren kleine Städte, einmal ein Schloss, manchmal gottverlassene Nester, heute auf keiner Landkarte zu finden. Einige seiner Leute wurden krank, der ihm nötigste Begleiter, Schwarzenberg, musste in einer Sänfte transportiert werden.212 Dennoch bewältigte Karl am ersten Reisetage (6. November) sechzig Kilometer, saß also zwölf Stunden in der Kutsche oder im Sattel. Auf dem Wege empfingen ihn die Magistrate zweier kleiner Städte, Letuara und Tarrega. Nur eine größere Stadt – Lleida oder Lérida, mit der drittältesten Universität Spaniens – lag an der Route. Zwischen Lleida und Fraga, am 9. November, begrüßten ihn die 209 L oserth : Die Reise Erzherzog Karls II. nach Spanien, S. 156. 210 K hevenhüller : Annales Ferdinandei 10, S. 481, verlegt diesen Empfang nach Barcelona; Khevenhüller an Ferdinand, 30. 10. 1624, Wien HHSTA, Spanien, Diplomatische Korrespondenz 18, 2 (1624), S. 271. 211 Luftlinie 505 km, Straße heute 619 km. 212 G räf und P röve : Wege ins Ungewisse, S. 132 – 134.

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Kommissare des Königreichs Aragon. Am 12. November kam ihm der Vizekönig zwei Meilen vor Saragossa entgegen.213 Beim Einzug in Saragossa begann es zu regnen, zum ersten Mal nach zwei trockenen Monaten, ein gutes Omen. Logis fand der Bischof im Palast des Vizekönigs, dieser ein aufrechter, „lieber deutscher Spanier“. Die Gastgeber organisierten gleich einen Stierkampf. Am 13. fuhr Karl zur ­Kirche Unser lieben Frau al Gilart, er nennt sie die älteste ­Kirche in der Christenheit. Am Morgen des 14. hörte er die Messe bei den Jesuiten, sie unterrichteten hier die Geisteswissenschaften – humaniora – und Theologie, er bewunderte ihre Einrichtungen. Dann besuchte er die ­Kirche der zahllosen Märtyrer der Stadt und das Kloster des Ordens des hl. Hieronymus. Hier fand er Baulichkeiten, denen nichts in Deutschland zu vergleichen war; als besonders kunstvoll beeindruckten ihn die beiden Kreuzgänge und das Gewölbe. Als ein Wunder betrachteten die Leute am Ort, dass der Rauch der Ampeln bei der Gruft der Märtyrer diese niemals zu schwärzen vermochte. Nach dem Frühmahl veranstaltete der Rat für ihn einen Stierkampf, der sehr lustig vor sich ging, doch zwei Teilnehmer erlitten lebensgefährliche Verletzungen. Das „Ochsenfest“ unterbrach eine feierliche Präsentation von Konfekt durch vornehme Vertreter der Stadt. Anschließend führte ihn der Vizekönig ins Gemach seiner Gemahlin, wo viele andere Frauen anwesend waren „vnnd wir durch einander ein tantz gehalten“. Nach der Messe im Klarissenkloster am nächsten Morgen reiste der Erzherzog ab, der Vizekönig begleitete ihn auf zwei Meilen.

213 Saragossa ist die alte Hauptstadt des Königreichs Aragonien. Aragon wurde von 1485 bis 1699 im Namen der spanischen Könige von Vizekönigen verwaltet: Ferran de Borja y d’Aragón, Graf von Mayalde, Principe di Squillace (Don Ferdinando da Boriga), war der Vizekönig 1621 – 1632. Am nördlichen Rande der Altstadt liegt das Wahrzeichen der Stadt, die Basílica del Pilar, das größte barocke Bauwerk Spaniens, erbaut zu Ehren der Jungfrau Maria. In ihr steht eine Säule (span. el pilar), auf der die Jungfrau Maria erschienen sein soll. Vor dem Bauwerk liegt ein eindrucksvoller Platz, die „Plaza del Pilar“. Daneben steht die fünfschiffige spätgotische Catedral de la Seo, die älteste ­Kirche Saragossas. Khevenhüller berichtet an ­diesem Datum an den ­Kaiser von der glücklichen Ankunft des Erzherzogs in Spanien und den Vorbereitungen für seinen Empfang.

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Saragossa – Guadalajara, 15. bis 23. November

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25km Erzherzog Karls Reise von Neisse nach Madrid Barcelona-Madrid, 4. November – 25. November 1624 Kartographie von Daniel Huffman

Karte 8: Erzherzog Karls Reise von Neisse nach Madrid. Barcelona–Madrid, 4. November bis 25. November 1624.

Eine Entfernung von 223 Kilometern, es ging durch mehrere kleine Ortschaften, in Carinena und Daroca erhielten der Erzherzog und seine Entourage viele Geschenke, die vor allem aus Esswaren bestanden und die Karl im Tagebuch sorgfältig aufzählt; sie waren angesichts des Umfangs seiner Entourage wahrscheinlich höchst willkommen. Mit Jagd, Tanz und Stierkämpfen unterhielten die Spanier die Reisegesellschaft. In Daroca zeigte der Erzbischof von Saragossa dem Erzherzog die wunderbaren Sechs Hostien. Im kleinen Dorf Tortuera erwartete ihn der österreichische Gesandte in Madrid, Khevenhüller. Er war dem Bischof drei oder vier Reisetage entgegengekommen. Der Erzherzog war noch 172 Kilometer von der Hauptstadt entfernt. Jetzt beschäftigte ihn und ebenso wohl seine Gastgeber in Madrid das Empfangszeremoniell. Den Gesandten Khevenhüller mit einem Memorandum in der Hand, der Text dem Tagebuch einverleibt, beorderte der Erzherzog am 19. November an den königlichen Hof zurück. Es ging vor allem um die Anrede Excellencia, die der König für seine Granden verlangte und die der Erzherzog jetzt akzeptierte.214 In Torremocha empfing ihn 214 Karls Instruktion für den Gesandten lässt sich so zusammenfassen: Eigentlich haben ­Ferdinand und Leopold erst am 29. September befohlen, dass gegenüber den spanischen Granden ein Erzherzog nicht die Anrede Excellencia, sondern Signoria gebrauchen sollte, um

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am 20. des Königs Kämmerer, Don Camión de Cardines. Am 22. November erreichte der Bischof Guadalajara, sechzig Kilometer nordwestlich von Madrid, er kehrte im Palast des Herzogs von Infantado ein und besuchte die ­Kirche Unser Lieben Frau, sicherlich gemeint die Concatedral de Santa María de Guadalajara. Die eigentliche Bischofskirche stand in Sigüenza, der Bischof war damals Pedro González de Mendoza, O. F. M. (1623 – 1639). Der Palacio del Infantado aus dem 15. Jahrhundert ist noch heute eine der Sehenswürdigkeiten der Stadt. Khevenhüller traf am 23. November ­zwischen zwei und drei Uhr nachmittags in Guadalajara ein, berichtete dem Bischof mündlich, legte aber auch einen schriftlichen Bericht vor, den Karl (oder ein Revisor ­später) seinem Reisebericht einfügte.215 Was er mitteilte, hat im Wesentlichen das in den kommenden Begegnungen ­zwischen dem Erzherzog und den Mitgliedern des königlichen Hauses zu beachtende Zeremoniell zum Gegenstand, wie zwei Tage vorher ­zwischen Khevenhüller und Olivares vereinbart und von dem habsburgischen Gesandten und dem königlichen Kanzler schriftlich niedergelegt. Der Bericht war die Antwort auf das Memorandum des Erzherzogs vom 19. November. Die Spanier entnahmen die Regeln dem Protokoll, das sie beim Besuch von Karls Vater im Jahre 1568 befolgt hatten. Der Bericht besagt, dass Khevenhüller dem König und Olivares Karls Beglaubigungsschreiben übergab. Der König erkundigte sich dann nach der Gesundheit des Erzherzogs und drückte auf Spanisch die Hoffnung aus, der Erzherzog werde in einer ihn ganz zufriedenstellenden Weise behandelt. Ebenfalls auf Spanisch fügte ­Olivares hinzu, der Erzherzog, auf den er sich als sua alteza bezieht, solle ihm gegenüber das vos = Ihr, Euch verwenden und sein Wunsch sei allein, dem Erzherzog zu dienen und auszuführen, was er befehle. Was die Titel betrifft, so Olivares, werde der König nicht kapitulieren (gemeint ist, die Granden sollen mit Exzellenz angeredet werden, was der Erzherzog früher gegenüber dem spanischen Gesandten abgelehnt hatte), da aber der Erzherzog in dieser Beziehung sich dem Willen des Königs beugen wollte, so würde er dem Beispiel seines Vaters und des Erzherzogs Albrecht in der Zeit König ­Philipps II . folgen; der König und die Granden würden ihm den Gebrauch ­dieses Titels hoch anrechnen. Gegen Abend traf der Amirante, der Admiral von Kastilien,216 mit anderen hohen Persönlichkeiten ein, dem Erzherzog vom König ein Präjudiz gegenüber den deutschen und italienischen Fürsten zu vermeiden. Allein dem spanischen König zu Gefallen erlaubt jedoch der ­Kaiser dem Erzherzog, sich im Umgang mit den spanischen Granden des Titels Excellencia zu bedienen, Ferdinand tue das aber unter Protest, den Khevenhüller überbringt. Auf keine Weise soll hiermit ein Präzedenzfall geschaffen werden. 215 Dieses Schreiben auch in Wien HHSTA, Spanien, Diplomatische Korrespondenz 18, 2 (1624), S. 291 – 293 mit dem Datum 23. 11. 1624. Der Bericht auch, aber ohne den einleitenden Paragraphen, bei K hevenhüller : Annales Ferdinandei 10, S. 481 f. 2 16 Titel und Position des Amirante (aus emir) oder Admirals von Kastilien gehen bis ins 13. Jahrhundert zurück. 1624 war der Inhaber Juan Alfonso Enríquez de Cabrera, Herzog von Medina de Ríoseco († 1647), vor seinem Fall ein Jahr ­später einer der mächtigsten Männer Spaniens. Die

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entgegengeschickt, Karl ließ ihn durch Don Luys Bravo zu sich bringen, er ging ihm bis zur Außentür des Vorzimmers entgegen, begleitete ihn in seine Gemach, gab ihm sitzend Audienz und ging beim Abschied mit ihm bis ins mittlere Zimmer zurück. Olivares hatte inzwischen der Universität Alcalá Befehl gegeben, den Erzherzog so gut wie den König (mit einigen Vorbehalten) zu behandeln. Guadalajara – Madrid, 24. bis 26. November Am 24. November, einem Sonntag, besuchte der Erzherzog um sieben Uhr früh in Guadalajara die Messe im Palast des Duque del Infantado, wo er sein Quartier hatte, und brach dann in das fünfundzwanzig Kilometer entfernte Alcalá de Henares, fünfunddreißig Kilometer nordöstlich von Madrid, auf.217 In der alten Universitätsstadt empfing ihn das Volk mit dem Ruf Vivat victor archidux, mit dem Amirante fuhr der Erzherzog dann zur Tafel. In Alcalá besuchte er am nächsten Tag (25. November) die Messe in der den Heiligen Justus und Pastor geweihten Kathedrale,218 nahm dann das Frühmahl allein ein und begann anschließend den letzten Abschnitt seiner Reise von Alcalá nach Madrid. Auf dem Wege traf er bei einem Wirtshaus die Infanten Carlo und Ferdinando Carolo, die ihn im Namen des Königs willkommen hießen. Der Erzherzog beschreibt sie als schöne, cortesische Herren, er nahm sie in seinen Wagen und unterhielt sich mit den beiden Brüdern des Königs, damals siebzehn und fünfzehn Jahre alt. Der Infant Don Carlos de Austria (1607 – 1632) war der Thronfolger. Ferdinando (1609 – 1641), der Kardinal-Infante, war Erzbischof von Toledo, ­später Statthalter der Niederlande. Ihre Schwester, die Infantin María Ana, heiratete 1631 den späteren ­Kaiser, Ferdinand III . Als die Reisenden sich Madrid näherten, mussten sie wegen des Gedränges der Wagen langsam fahren. Der König kam dem Bischof bis vor die Stadt entgegen. Der genaue Platz, an dem er den Erzherzog begrüßte, war das Steinkreuz am Alcalá-Tor an der östlichen Stadtmauer, dort hatte sein Großvater Philipp II. Noticias de Madrid 1621 – 1627 (allerdings erst drei Jahrzehnte ­später) geben den Tag vorher, 22. November, als den Tag, an dem der Admiral von Kastilien im Auftrag des Königs mit dem Erzherzog in Guadalajara zusammentraf; Ángel G onzález P alencia Hg.: Noticias de Madrid 1621 – 1627 (= Ayuntamiento de Madrid. Publicaciones de la Sectión de cultrura e información), Madrid 1942, S. 105, 108, 109, 110, 111, 113, hier S. 108. Siehe zu dieser Quelle E lliott : Olivares, S. 45 Anm. 139, der auf eine zweite Handschrift verweist, die einige Abweichungen enthält. Diese Version hat den Titel „Madrid Relación diaria“ und wurde 1703 von Fray Pedro de la Hoz kopiert. 217 Die ganz alte Universidad Complutense wurde 1293 von Sancho IV. von Kastilien als Studium Generale in Alcalá de Henares gegründet (1836 nach Madrid übertragen). 2 18 Die „Santa e Insigne Catedral-Magistral de los Santos Justo y Pastor“ oder „Catedral de los Santos Niños“. Sie wurde ­zwischen 1497 und 1514 erbaut, in der Kathedrale die Reliquien der frühchristlichen Schulbuben Justus und Pastor, die in der Zeit der Christenverfolgung unter ­Kaiser Diokletian am Anfang des vierten Jahrhunderts in der Nähe der Stadt das Martyrium erlitten.

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e­ inmal den Gesandten des ­Kaisers empfangen.219 Der König nahm dann den Erzherzog in seine Karosse, zusammen mit den beiden Infanten, Olivares, dem Fürsten von Neuburg 220, Khevenhüller und dem Amirante. Sie fuhren zum Palast, den sie über einen „Schnecken“, eine unauffällige, von Dienern benutzte Schneckenstege oder Wendeltreppe, betraten. Der König führte den Erzherzog zu seiner Gemahlin und der Infantin María Ana, sie saßen dann zusammen und konversierten miteinander. Beim Abschied begleitete der König seinen Besucher bis ins Vorzimmer, aber dieser bestand darauf, mit dem König wieder ein paar Schritte zurückzugehen; Karl wollte offensichtlich das spanische Protokoll genau beobachten. Khevenhüllers Annales Ferdinandei geben die gleichen Einzelheiten über die Ankunft in Madrid mit dem Zusatz: „Selbe Nacht, das ist den 25. November hat Ihre Maj. dem Ertz-Hertzoge einen stattlichen Nacht-Rock mit Gold und Ambar gestückt auf einer grossen silbernen Schale präsentirt“.221 Mit 219 Der Vater des Erzherzogs, der am 10. Dezember 1568 in Madrid eintraf, wurde dagegen von Philipp II. „im inneren Hofraum des königlichen Palastes“ empfangen; L oserth : Die Reise Erzherzog Karls II. nach Spanien, S. 157. Das Zeremoniell, das man beim Besuch des englischen Kronprinzen ein paar Monate vor Karls Eintreffen beobachtete, beschreibt Xavier ­S ellés -F errando : Spanisches Österreich, Wien, Köln, Weimar 2004, S. 169 – 172, s. Teil 5 „Das spanische Hofzeremoniell“, S. 135 – 192. 220 Wolfgang Wilhelm von Pfalz-Neuburg (1578 – 1653), ein deutscher Reichsfürst, konvertierte 1613 zum Katholizismus und wechselte damit das politische Lager von der Protestantischen Union zur Katholischen Liga, er wollte damit die pfalz-neuburgischen Erbansprüche im jülischklevischen Erbfolgestreit absichern. Er unternahm viele Reisen, sie fallen in die Jahre 1596 und 1600/01, und berichtete darüber in Tagebüchern. 1624 reiste er an den spanischen Hof, ­Philipp IV. ernannte ihn zum Granden, den Orden zum Goldenen Vlies hatte Wolfgang ­Wilhelm schon 1615 erhalten. Eine langjährige Beziehung bestand mit Erzherzog Leopold; Innsbruck TLA, Alphabetisches Leopoldinum I 759, Briefe des Wolfgang Wilhelm an Erzherzog Leopold und Claudia 1620 – 1633. 221 K hevenhüller : Annales Ferdinandei 10, S. 484. Hier gibt Khevenhüller überhaupt seine Version, in seinem ein Dutzend Jahre nach den Ereignissen veröffentlichten Werk, von Karls Einzug in Madrid: „Und weil der Graf von Schwartzenberg, und Händel, Obrister Stallmeister, übel aufgewest, und Ihrer Durchl. nicht aufwarten können, hat Graf Khevenhiller, so viel es seine Ambassada zugelassen, Ihre Durchl. bedienet. Und als man biß auf zwey Meilen nahe gegen Madrit kommen, sind die zwey Infantes Don Carlos und Don Fernando dem Ertz-­ Hertzoge entgegen gefahren, und ist der Erz-Hertzog dem Infanten Don Carlos auf der rechten Hand, der Infante Don Fernando aber gegen über, und der Graf Khevenhiller in einem, und der Almirante im andern Schlage gesessen; nicht weit vor dem Tore de Alcala hat der König mit dem Hertzoge von Neuburg und Grafen Olivares im Wagen gehalten, und wie sich der Ertz-Hertzog und Infantes genahet, sind sie zu beyden Theilen abgestanden, und haben mit grosser Liebe einander empfangen. Der König hat Ihrer Durchl. die Oberhand anerboten. Als sie es aber nicht annehmen wollten, hat er sie auf die Lincke zu sich genommen, die zwey Infantes gegen über, Graf Khevenhiller und den Almirante in einem, und den von Neuburg und ­Olivares in dem anderen Schlage sitzen heissen, und also biß in den Pallast gefahren, da sie bey einer Porta falsa abgestanden, durch die der König den Ertz-Hertzog zu der Königin geführet, ­welche sammet der Infantin Dona Maria Ihre Durchl. bey dem vorigen Zimmer

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der Ankunft des Erzherzogs in Madrid, 1561 eine Stadt von 30.000 Einwohnern, und seinem feierlichen Einzug in den Palast befassen sich zwei zeitgenössische Berichte, die vermutlich schon vor der Erkrankung, auf jeden Fall vor dem Tode des Erzherzogs entstanden. Beide Autoren interessieren sich in erster Linie für den Admiral von Kastilien, erwähnen aber beiläufig den Einzug des Erzherzogs in die Stadt und den Palast.222 Der letzte Eintrag im Reisejournal ist vom 26. November, dem ersten vollen Tag, den Karl in Madrid verbrachte. Der Erzherzog notiert hier, der König, die Königin, Doña Margarete, die beiden Infanten, die Infantin María Ana und der Fürst von Neuburg besuchten ihn am Morgen in seinem Quartier. Er hörte dann eine Messe und nach dem Frühmahl besichtigte er, was er als „meine Sachen“ bezeichnete, wohl die ihm wertvollen Dinge, die er aus dem fernen Schlesien mitgebracht oder als Geschenke auf der Reise erworben hatte. Um vier Uhr nachmittags gewährte er dem Granden Conde Monde de re Audienz. Der König hatte den spanischen Aristokraten beauftragt, dem Erzherzog zu Diensten zu stehen. Unangemeldet kam danach Graf Olivares in sein Gemach, „mit welchem ich ein guotte halbe stund von allerhand sachen conuersiert habe“, so die letzten Worte des Tagebuchs. Dass Karls Reisebericht mit dem Gespräch des Erzherzogs mit dem leitenden Mann in der spanischen Regierung endete, der die künftige Rolle des Erzherzogs in Spanien weitgehend beeinflusst hätte, ist eine der Merkwürdigkeiten dieser Reise.223 erwartet, darnach sind sie sammtlich unter den Königl. Thron zu sitzen gegangen, da Ihre Durchl. der Königin und der Infantin zugesprochen, und darauf wieder aufgestanden, und der König Ihre Durchl. biß zu der Porten begleitet, auch solches biß in dero Zimmer zu thun sich anerboten, darfür aber Ihre Durchl. gar hoch gebeten; derohalben Ihre Maj. bey der Königin verblieben und beide Infantes Ihre Durchl. in Ihr Zimmer accompagnirt“; K hevenhuller : Annales Ferdinandei 10, Sp. 483 f. 222 Juan Anton de la P eña : Relación de la entrada que hizo en esta Corte a los 25 de Nouiembre deste ano de 1624 el senor Don Carlos Archiduque de Austria …, Madrid 1624, und Juan P érez : Relación de la grandesza con que salió desta Corte para recibir al senor Don Carlos, Archiduque de Austria, el Almirante de Castilla …, in: Relaciones breves de actos públicos celebrados en Madrid de 1541 a 1650, hg. von José Simón Díaz, Madrid 1982, S. 307 – 309, 306 – 307. Juan Antonio de la Peña berichtet den Einzug so: In der königlichen Kutsche, zur Linken des Königs der Erzherzog, auf dem Vordersitz (proa) die Infanten, an den Steigbügeln der Herzog von Neuburg und Olivares auf der einen Seite, der Almirante und Khevenhüller auf der anderen; de la P eña : Relación de la entrada, S. 308 f. Die Noticias de Madrid (S. 109) sagen, wohl fälschlich, dass es Nacht war, die Straßen verlassen, als man im königlichen Palast eintraf. 2 23 Ein früher Bezug auf den Erzherzog in Madrid findet sich im ersten Teil einer 1631 veröffentlichten Geschichte Philipps IV.: Gonzalo C éspedes y M eneses : Historia de Don Felipe IV, Rey de las Españas, Barcelona 1634, fol. 214v. Mir nur zugänglich: ders ., Primera parte de la historia de D. Felippe el IIII., rey de las Espanas, Lissabon 1631, über Karl dort Liber VI, Cap. 1, S. 458: Der König wollte einen Teil seines Reiches auf Karls Schultern legen, mit den Infanten empfing der König den Erzherzog an der puerta de Alcalá, er starb 20 Tage nach der Ankunft (die Zahl unrichtig).

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8. Tod im königlichen Palast und Bestattung im Escorial Erzherzog Karl verbrachte die letzten fünf Wochen seines Lebens in Madrid, von seiner Ankunft am 25. November bis zum Tode am 28. Dezember. Krankheit, Tod und Bestattung des Erzherzogs fallen in die letzten 32 Tage und werden von Zeitgenossen und Augenzeugen kommentiert. Augenzeuge und Mithandelnder bei Karls Madrider Aufenthalt war der kaiserliche Gesandte Franz Christoph Graf von Khevenhüller-­Frankenburg. In Band X der 1636 fertiggestellten Annales Ferdinandei behandelt ­Khevenhüller in ein paar Zeilen Krankheit und Tod des Erzherzogs, ohne auf Einzelheiten einzugehen.224 Neben Khevenhüller enthalten die „Noticias de Madrid 1621 – 1627“, tagebuchartige Einträge eines Unbekannten, in der erhaltenen Version allerdings erst aus den Jahren 1650 – 1653 stammend, Nachrichten über das Ereignis.225 Aus ­Khevenhüllers Annalen und den anonymen Noticias muss man den letzten Monat des Erzherzogs, 28. November bis 28. Dezember, rekonstruieren, sie sind die wichtigsten, aber nicht ganz zeitgenössischen Zeugnisse für die Krankheit, die seinem Leben ein Ende setzte. Wie der Breslauer Bischof starb, brachten jedoch zwei Augenzeugen sofort zu Papier, sein Beichtvater und ein Breslauer Domherr, innerhalb von Tagen, höchstens zwei Wochen nach Karls Tode. Khevenhüller schrieb in den „Annales Ferdinandei“, vielleicht auf der Grundlage von gleich nach den Ereignissen niedergelegten Aufzeichnungen, der König habe dem Erzherzog erlaubt, sich am Tage nach seiner Ankunft auszuruhen. Das war der 26. November. Am 27. besuchte ihn der Infant Don Fernando auf eineinhalb Stunden, Don Carlos hütete mit Fieber das Bett. Am 28. hatte der Erzherzog eine Audienz beim König, dieser begleitete ihn dann zu einer Komödie. Schon vor der Audienz, gegen vier Uhr nachmittags, fühlte Karl eine große Kälte und nach Rückkehr in sein Gemach hatte er hohes Fieber.226 Am 8. Dezember empfing er das Sterbesakra­ ment und machte er sein Testament, darin gedachte er seiner Neisser Stiftung, des Kollegiums Carolinum, und bestimmte, er wolle in seiner schlesischen Residenzstadt begraben werden.227 Am 12. Dezember schrieb er an seine Statthalter im Bistum Breslau; was man dem Oberst Kaspar von Neuhaus schuldete, sollte bezahlt werden. Am gleichen Tage schrieb er auch an seinen Bruder Ferdinand. Wieder ging es um Schulden, der Erzherzog bemerkte aber auch, dass der ­Kaiser wahrscheinlich „von seiner 224 225 226 227

K hevenhüller : Annales Ferdinandei 10, Sp. 484 f. Noticias de Madrid 1621 – 1627, S. 105, 108, 109, 110, 111, 113. K hevenhüller : Annales Ferdinandei 10, S. 484. K hevenhüller : Annales Ferdinandei 10, S. 485, nennt einige der testamentarischen Verordnungen, aber bezieht sich nicht auf ein Testament vom 8. Dezember. In Neisse gab man als Datum des Testaments den 24. Dezember; K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 384. Ein Text des Testaments hat sich anscheinend nicht erhalten. Das in Wien DOZA, Meistertum, fol. 25r–v enthaltene „Testament“ ist die Abschrift einer am 5. Dezember 1621 ausgestellten Urkunde und bezieht sich nur auf die Schenkung von Freudenthal an den Deutschen Orden, die Urkunde selbst nicht erhalten.

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üblen Leibesdisposition“ gehört habe, sie hätte sich inzwischen etwas gebessert: „Der Allerhöchste wolle es seinem göttlichen Willen nach disponieren, dem ich mich ganz ergebe.“ 228 Am 14. Dezember besserte sich sein Zustand und er begann aufzustehen. Am 19. Dezember erlitt er einen Rückfall, angeblich nachdem er fetten Reis gemischt mit Geflügel gegessen hatte. Die anonymen Noticias berichten ­später, die Spanier hätten den Kranken im Verlaufe der nächsten neun Tage von Nuestra Señora de Atocha, einer Basilika der Dominikaner, nach Santa Maria, gemeint wohl die Iglesia de Santa María de la Almudena, und dann in den königlichen Palast überführt.229 Die anderen Zeugen wissen nichts von einem Umzug aus dem königlichen Palast und dann wieder dorthin zurück, wahrscheinlicher ist, der Erzherzog verließ niemals das ihm einmal angewiesene Quartier im Palast. In seinem Gemach wurde die Messe gelesen, unter Tränen gab der Erzherzog seiner innigen Frömmigkeit Ausdruck. Der König und die Infanten kamen ihn besuchen. Die Ärzte nahmen ihm durch die Nase Blut ab, sie diagnostizierten sein Leiden als tabardillo – Sonnenstich, vermutlich handelte es sich aber um eine Infektion, denn Schwarzenberg und der Oberststallmeister Hendl kamen krank in Spanien an, einer der Infanten erkrankte ebenfalls. Khevenhüller schrieb dem ­Kaiser Ferdinand noch am 19. Dezember, der Erzherzog sei zwar schwer krank, aber auf dem Wege der Besserung, in einem Brief nur einen Tag ­später jedoch, dass er eine schlimme Nacht hinter sich habe, am Tage wieder zur Ader gelassen wurde und sein Zustand etwas besser sei, aber noch mehr ­solche Nächte könnte der Erzherzog kaum durchstehen. Die Ärzte hätten noch die besten Hoffnungen, aber der König und ganz Madrid ­seien tief besorgt. Auch Schwarzenberg und Hendl hätten Rückfälle erlitten, und an ­diesem Fieber ­seien überhaupt zwanzig aus der Reisegesellschaft des Erzherzogs schwer erkrankt, aber keiner sei bisher gestorben.230 Die letzten Stunden und das Sterben des Bischofs beschrieben als Augenzeugen in einem gemeinsamen Bericht von 716 Worten der Kaplan des Erzherzogs und Breslauer Domherr Kaspar Karras und Karls Beichtvater, der Jesuitenpater Johannes Mercurian. Khevenhüller fügte ihrem Bericht seinen eigenen vom 10. Januar 1625 hinzu, der aber nur von der Bestattung handelt und den er vor der Trauerfeier im Kloster der Unbeschuhten Karmelitinnen am 14. Januar verfasste.231 Diese Augenzeugen legten also 228 Beide Schreiben erwähnen nur die Acta Publica 5, S. 269 Anm. 2 (S. 270), mit der Bemerkung, diese Briefe befänden sich im Breslauer Staatsarchiv. 229 Der heutige Palast stammt aus den Jahren 1734 – 1764, der Vorgänger ein „maurischer Burgpalast“, die moderne Kathedrale steht an der Stelle der alten Almudena. 230 Khevenhüller an Ferdinand, 19. und 20. 12. 1624, Wien HHSTA, Spanien, Diplomatische Korrespondenz 18, 2 (1624), S. 328, 330 f. Karls Bruder Maximilian Ernst starb 1616 (18. Februar) im Alter von zweiunddreißig Jahren angeblich an chronischem Fieber; N oflatscher : ­Maximilian der Deutschmeister, S. 290. 231 Relation des Gottseligen Endes vnnd Bergräbnus Ihrer Fürstl. Durchl. Carls/Ertzhertzogen zu Oesterreich, Bischoffen zu Brixen vnd Breslaw / u. von Wort zu Wort genohmen / aus Herrn

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innerhalb von zwei Wochen nach dem Tode des Erzherzogs ihre Eindrücke nieder. Karl hatte seinen eigenen Arzt nach Madrid mitgenommen, Kaspar Jäschke. Dieser würde einen Bericht über die Krankheit verfassen, so Khevenhüller an Ferdinand, der sich aber anscheinend nicht finden lässt. Die Reise von Wien nach Madrid, schrieben die beiden Kleriker, ging außerordentlich glücklich vonstatten, nur auf der letzten Etappe, den vier Stunden von Alcalá nach Madrid, erhob sich ein gewaltiger Sandsturm, in dem man ein böses Omen sehen konnte. Am dritten Tag nach der Ankunft, während der Hof freudige Feste vorbereitete, befiel den Erzherzog ein Fieber, und trotz aller ärztlichen Bemühungen führte ein apostema, also Abszess oder Geschwür, im Kopf zum Tode. Bischof Karl fand sich gefasst mit der Krankheit als einer Heimsuchung Gottes ab, reinigte sein Gewissen durch eine Generalbeichte, empfing das Sakrament aus den Händen des Patriarchen beider Indien und teilte Almosen an die Armen und religiöse Stätten aus. An jedem Tag ordnete er Messen in seinem Zimmer an und er betete mit großer Inbrunst den Rosenkranz und die kanonischen Horen, die er auswendig kannte, selbst in Stunden größter Schwäche, und wenn ihm die Kraft fehlte, das ganze officium horarum zu lesen, wurde ihm vorgelesen. Vor den heiligen Bildern zeigte er tiefste Andacht, besonders vor dem wunderwirkenden Bild Unser Lieben Frau de la Tocha, das man in sein Zimmer gebracht hatte, wie es sonst nur bei Königen geschah, und vor den Reliquien des hl. Karl Borromäus, zu denen man ihm sicherlich in Mailand verholfen hatte und deren Behälter er jetzt mit Tränen in Händen hielt. Ohne ein Wort der Ungeduld ertrug er die widerwärtigen Medikamente, die rohen ärztlichen Behandlungen und die Unterbrechungen im Essen, Trinken und Schlafen. Ganz gehorsam folgte er den Anordnungen der Ӓrzte und entschuldigte sich, wenn er aus großem Durst beim Trinken einen Tropfen verschüttete. Beim Empfang der Letzten Ölung wies er den Priester an, mit lauter Stimme zu beten, so dass man keinen Fehler machte, war er doch selbst nur einmal Zeuge bei der Spendung ­dieses Sakraments gewesen, als seine ­Mutter starb. Zweimal wandte er sich noch an Pater Mercurian, erinnerte ihn, dass er seine Angelegenheiten geordnet hatte und jetzt wollte, der Jesuit gehe hin und lese seine Messe, denn er, Karl, würde noch heute in der „Freude meiner Seelen“ sein. Er bat den Beichtvater dann noch einmal, ihn zu ermahnen, damit er Reue und Leid erwecke. Allmählich verlor er Gehör und Sprache, schlug sich aber immer noch auf die Brust, sprach den Namen Jesu aus und die Worte Sanctissime und Ne me deseras in hora mortis. Der Erzherzog endete sein Graven Christophen Kevenhiller /Kayserlichen Ambasciatorn in Hispanien an Ihr Röm: Kay: Mayest: den 10. Januarii 1625 datierten Schreiben, Wien 1625, Wien, Österreichische Nationalbibliothek, 147 242 B. +Z168520602, S. 3 – 6 (Khevenhüller), 6 – 8 (Karras und Mercurian); der Bezug auf den Bericht des Arztes S. 3. Der Bericht von Karras und Mercurian hat seine eigene Überschrift: Relation des Gottseligen Abschids der Hochfl: Durchl: Hertzogen Carls / von Herrn Caspar Carras Thumbherrn zu Preßlaw / vnnd P. Ioan: Mercuriano, der Societet Iesu, Ihrer Durchl. Beichtvattern / beschriben. [Im Folgenden: Relation der Herren Karras und Mercurian].

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Leben so sanft und gottselig, dass die spanischen Herren und anderen Umstehenden zu Tränen gerührt wurden.232 Der Tod trat am 28. Dezember um halb drei Uhr morgens ein,233 dem Fest der Unschuldigen Kinder, der Erzherzog starb „con gran sentimiento de los Reyes“. Überall läuteten sogleich die Glocken, wurden hunderte von Messen gelesen.234 In den Stunden von sechs bis ein Uhr stellte man im Vorgemach auf einer Bühne ein stattliches Bett unter einem mit Gold gestickten Baldachin und vier Altäre auf. Hier lasen sie jetzt Messen für den Verstorbenen und feierten mit Gesang begleitete Hochämter. Um vier Uhr nachmittags öffneten die Ӓrzte die Leiche, entnahmen ihr das Herz, wie im Testament angeordnet, das sogleich einbalsamiert und in einer dicken silbernen Kapsel für die Übertragung in des Verstorbenen Neisser Stiftung aufbewahrt wurde. Herz, Leber und Lunge erwiesen sich als ganz gesund, Kopf und Brust dagegen zeigten die fatalen Folgen seines Leidens. Nach dem Urteil der Ӓrzte wäre er eines jähen Todes gestorben, hätte sich das apostema im Kopf, das sie diagnostizierten, bei längerem Dahinsiechen geöffnet. Ein Geschwür im Kopf würde eher auf einen Gehirntumor deuten, das wäre eine ganz andere Todesursache als die Infektion durch einen Bazillus, die man auf Grund der ansonsten überlieferten Symptome annehmen möchte. Auch die Tatsache, dass andere aus seinem Gefolge oder aus der Hofgesellschaft gleichzeitig erkrankten, weist wohl auf eine ansteckende Krankheit. In Schlesien glaubte man, die spanischen Ärzte hätten den Erzherzog falsch behandelt, ihm zu viel Blut abgenommen.235 Um sieben Uhr abends legten sie den Leichnam nach spanischer Sitte und wie man es auch bei dem erst drei Jahre vorher verstorbenen König Philipp III . getan hatte, zunächst in einen bleiernen Sarg und diesen dann auf eine 232 Relation der Herren Karras und Mercurian, S. 6 – 8. Der Bericht beginnt mit ein paar Worten über die glückliche Reise und endet mit dem letzten Atemzuge des Erzherzogs. Er enthält auch die Nachricht vom Kopfgeschwür als Todesursache. Was nach dem Tode geschah, müssen wir Khevenhüllers Darstellung in der gleichen Wiener Veröffentlichung aus dem Jahre 1625 entnehmen. Die beiden Berichte sind nicht ungewöhnlich. Viel mehr ins Einzelne geht der Bericht der Hofdame Ursula Meier(in) an Karls ­Mutter Maria über den Tod der Schwester des Erzherzogs, Anna, Königin von Polen, am 10. Februar 1598, H urter : Ferdinand II . 4, S. 523 – 534. 233 Khevenhüllers Mitteilung von Karls Tode an Maximilian von Bayern gibt die Todesstunde als ein halb drei Uhr früh. München Bayerisches Hauptstaatsarchiv, Kasten Schwarz 6733, G oetz : Die Politik Maximilians I., Januar 1623–Dezember 1624, S. 557 Anm. 2. Halb drei sagt auch das Schreiben des Barons Löbel vom 28. Dezember 1624, Wien HHStA, Spanien, Diplomatische Korrespondenz 18 – 12, S. 20. 234 Alle Details hier über Behandlung der Leiche und Bestattung nach K hevenhüller : Relation 10. Januar 1625, S. 3 – 6. 235 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 317 Anm. 6; Nikolaus H enel von H ­ ennenfeld : Silesiographiae henelianae renovatae pars altera, Breslau und Leipzig 1704, caput VIII , S. 157 – 161, hier S. 159.

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mit rotem Samt und dem darauf gestickten Kreuz des Deutschen Ordens überzogene Bahre. Wie es der Brauch erforderte, stellte ein königlicher Kanzler nach dem Zeugnis der Anwesenden eine Todesurkunde aus und übergab die Leiche einem Bischof und dem königlichen Hofmeister zur Überführung in den – fünfundvierzig Kilometer entfernten – Escorial. Diese entrega wäre eigentlich die Aufgabe des erzherzoglichen Obersthofmeisters Graf von Schwarzenberg gewesen. Er war aber noch krank und bettlägerig – er musste zu Hofe getragen und von zwei Männern zur Bahre geführt werden – und der habsburgische Gesandte und Schreiber dieser Aufzeichnungen, Khevenhüller, handelte an seiner Stelle. Er überantwortete die Leiche dem genannten Bischof und dem königlichen Hofmeister Conde de Montalbán, was der Kanzler schriftlich bezeugte. Um neun Uhr betrat der König das Zimmer des Erzherzogs, die spanischen Granden trugen jetzt die Bahre bis zu den Pforten, begleitet vom König. Von da brachten sie der erzherzogliche Kämmerer und königliche Truchsessen zu einer Sänfte. Der Graf von Olivares, die Granden und alle anwesenden Grafen und Herren begleiteten zu Pferde die Sänfte auf eine Viertelmeile. Dann übernahmen die Überführung zum Escorial der Bischof, der Hofmeister, die Truchsessen und fünfzig Reiter der königlichen Garde, ein größerer Aufwand als bei der Bestattung eines Königs. Khevenhüller und Don Luys Bravo fuhren voraus, um niemandem seinen besonderen Platz zu nehmen. Der Zug wurde im Kloster, wie es der Brauch war, mit viel Aufwand empfangen. Ein königlicher Sekretär übergab die Leiche feierlich dem Abt. Der Sarg des Erzherzogs wurde neben der Königin, d. h. der 1611 verstorbenen Margarete von Habsburg, Gemahlin Philipps III . und Schwester des Erzherzogs, beigesetzt. Am nächsten Tag feierte man, wie es bei Königen die Sitte war, ein Hochamt und viele Messen.236 Anschließend kehrten alle nach Madrid zurück. Khevenhüller ergeht sich dann in einer Beschreibung der hohen Achtung, der sich der Erzherzog erfreute, der Liebe, die man ihm zeigte, des tiefen Leids, das man über seine Krankheit empfand. Man erinnerte sich des Todes seiner Schwester Margarete. Die zahlreichen Spenden für den Kranken konnten seinen Tod nicht abwenden, trugen aber gewiss zu seinem frommen Sterben bei. Der König als Vollstrecker des Testaments ließ ­dieses öffnen und übertrug dem Grafen Schwarzenberg und dem Gesandten ­Khevenhüller die Verteilung der Hinterlassenschaft, wie dort angeordnet und die sie, als der Gesandte seinen Bericht schrieb, zum Teil schon vorgenommen hatten und über die sie beide dem ­Kaiser schriftlich zu berichten planten.237 Die Totenmesse feierte der König am 14. Januar 1625 im Kloster de las Descalzas Reales, dem Ordenshaus der Erzherzogin 236 Es ist schwer, sich vorzustellen, dass mit dem „nächsten Tag“ Sonntag der 29. Dezember 1624 gemeint sein könnte, der Escorial lag ja eine gute Tagereise vom Hof entfernt. Eine Bestattung am Sonntag wäre auch ungewöhnlich. Khevenhüller, der manchmal enttäuscht, wenn man Exaktheit erwartet, gibt den Eindruck, dass die Überführung in den Escorial während der Nacht vom 28. zum 29. stattfand. 237 K hevenhüller : Relation 10. Januar 1625, Wien, Österreichische Nationalbibliothek, 147 242 B. +Z168520602 S. 3 – 6; Khevenhüller an Eggeberg, 07. 02. 1625, Wien HHSTA, Spanien,

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Margarete und ehemaligen Palast ­Kaiser Karls V. Anwesend bei den Exequien waren der König mit seiner Familie „und alles was in Madrit vornehm war“ (Khevenhüller), die Leichenpredigt hielt der Bischof von León, Pater Gregorio de Pedrosa vom Orden des hl. Hieronymus, das Totenamt zelebrierten der Nuntius, der Patriarch von Indien und der Bischof von „Bolbastre“.238 Karls Mausoleum errichtete man im Panteón de Infantes unter der Basilika des Escorials, zunächst – und über die nächsten zweieinhalb Jahrhunderte – ein lichtloser, schwer zugänglicher Platz, den er mit mehr als fünfzig Königinnen, Prinzessinnen und Prinzen teilte.239

Diplomatische Korrespondenz 18, 3 (1625) S. 46; in seinem Testament berührte Karl auch die geplante Ehe der Infantin mit dem Kronprinzen. 238 K hevenhüller : Annales Ferdinandei 10, Sp. 1068, Noticias de Madrid 1621 – 1627, S. 111, hat 13. Januar. Sein Mausoleum im Escorial gut abgebildet bei A rnold : Die Hochmeister des Deutschen Ordens, S. 201. Die Teilnahme des Nuntius, hier ohne Namen, beruht auf einem Irrtum Khevenhüllers, denn der Madrider Posten des päpstlichen Nuntius war nach der Resignation des Francesco Cennini de’ Salamandri im April 1621 von da an bis 1626 nicht besetzt. Inhaber des Patriarchatus Indiarum Occidentalium war damals Diego Guzmán de Haros (1616 – 1631). 1602 hatte Philip III. den patriarchatus jeder jurisdiktionellen Funktion entkleidet, er war jetzt nur noch ein Ehrentitel für hohe Geistliche aus dem Adel. Bolbastre ist richtig Barbastro, eine Stadt in Katalonien, in der Provinz Huesca, heute heißt der Bischofssitz Roda-Barbastro. Bischof war Pedro Apaolaza Ramírez, O. S. B. (1622 – 1625). 2 39 Unter der königlichen Kapelle der Basilika des Escorials, die auch den Hochaltar enthält, liegt el panteón de los reyes. Das panteón de infantes lag noch tiefer und war der einzige Platz im Escorial, der nicht der Magnifizenz des Ganzen entsprach, kein Licht, keine Ventilation; José Q uevedo : Historia del real monasterio de San Lorenzo llamado comunmente del Escorial, Madrid 1849, S. 300 (die Örtlichkeit armselig), 367 (Karl bestattet dort, einer von 56), 365 – 371 (wer sonst dort begraben ist). Von 1862 bis 1888, mit einer langen Unterbrechung 1868 – 1877, wurde ein neues panteón de infantes geschaffen, bestehend aus neun Grabkammern verschiedener Größe, gelegen unter der Sakristei, der Zelle des Priors und einem Teil der Kapitelsäle; in den letzten drei Kammern sind alle Mitglieder des Hauses Österreich begraben; Juan M artínez C uesta : Guía del monasterio de San Lorenzo el real, Madrid 1992, S. 108 – 114.

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Die Reise nach Spanien und der Tod in Madrid 1624

9. Reaktionen in Wien, Madrid, Breslau, Brixen, Neisse, Januar bis März 1625 Abb. 11: Titelblatt des Berichts von Franz Christoph Khevenhüller über Tod und Bestattung des Erzherzogs, Wien 1625. Wien, Österreichische Nationalbibliothek, 147 242 B. +Z168520602

Noch am 28. Dezember, dem Todestage des Breslauer Bischofs, gingen mehrere Briefe von Madrid aus mit der Nachricht von dem traurigen Ereignis: der erzherzogliche Kämmerer Baron Löbl an einen Unbekannten,240 Olivares an den ­Kaiser und eine Mitteilung an die Öffentlichkeit,241 der Obersthofmeister Graf von Schwarzenberg an Ferdinand, worin er nach ganz kurzem Hinweis auf den „Todesfall“ und ohne auch 240 Loebl schreibt auf Anweisung einer Frau Marquese, der Adressat ist ein nicht mit Namen genannter Herr; er schreibt spanisch, gibt die Todesstunde als halb drei und weiß schon von der Überführung und den Ehrungen im Escorial; den Tod beschreibt er als ein Unglück, das Sterben war exemplarisch, das eines heiligen Mannes; Wien HHStA, Spanien, Diplomatische Korrespondenz 12, S. 20. 241 Ein längeres, auf Italienisch verfasstes Kondolenzschreiben ohne Namen des Senders, das sich auf Schwarzenberg und Khevenhüller bezieht, aber nichts Weiteres zum Sterben Karls beiträgt, stammt sicherlich von Olivares: HHStA, Spanien 3, Hofkorrespondenz 6, 1612 – 1620 (tatsächlich bis 1624), S. 166r–v.

Reaktionen in Wien, Madrid, Breslau, Brixen, Neisse, Januar bis März 1625

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nur das geringste Wort des Beileids den ­Kaiser um Kompensation für seine Rolle bei der Spanienfahrt angeht,242 der habsburgische Gesandte Khevenhüller ebenfalls an den ­Kaiser.243 Niemand war besser vertraut mit den spanischen Verhältnissen und sicherlich mit den Möglichkeiten einer schnellen Benachrichtigung des kaiserlichen Hofes in Wien als der habsburgische Botschafter in Madrid, Graf Khevenhüller. Er und die führenden Männer in der Begleitschaft des Erzherzogs übernahmen offensichtlich die Verantwortung für die schnelle Überbringung der Todesnachricht. Sie traf in Wien mehr als zwei Wochen vor der offiziellen Benachrichtigung durch die spanische Regierung ein. Die Regierenden in Wien und Madrid und den anderen Stätten seines Wirkens reagierten auf den unerwarteten Tod des Bischofs von Breslau zunächst, indem sie Trauerfeierlichkeiten anberaumten. Neue Männer übernahmen die vakanten Positionen in Breslau und Brixen und im Deutschen Orden, die Kandidaten waren erfahrene Beamte, die ihre Karrieren wenigstens zum Teil dem Erzherzog verdankten; im Falle des Breslauer Bischofs hatte er schon vor seinem Abschied einen Koadjutor und Nachfolger durchgesetzt. Ferdinand erlitt einen schmerzlichen persönlichen Verlust, aber eine nicht zu entbehrende Stütze seiner Herrschaft ging ihm mit Karls Tode kaum verloren. Was der ­Kaiser aber verlor, war jetzt die Chance, auf längere Zeit einen ihm so nahestehenden Verbindungsmann im Reiche der spanischen Habsburger zu postieren. Karls Tod machte sofort einige besondere Schritte notwendig: in Wien die einem Mitglied der Herrscherfamilie entsprechende Trauerfeier, in Neisse die Inventarisierung und Disposition des erzherzoglichen Nachlasses und die Maßnahmen zur Etablierung der Jesuiten in der Stadt, in Breslau die Verhandlungen über die Nachfolge im Bischofsamt des erzherzoglichen Neffen, des zehnjährigen polnischen Prinzen Karl Ferdinand, in Brixen die Abzahlung der karolinischen Schulden, in Madrid außer der schon erwähnten Trauerfeier die Öffnung des Testaments, die Registrierung der Hinterlassenschaft und die Repatriierung der Entourage des Verstorbenen. Den Reiseweg von Madrid nach Wien von mehr als zweitausend Kilometern 244 musste ein Sendbote zurücklegen, um eine Nachricht zu überbringen. Schon am 25. Januar, nur neunundzwanzig Tage nach dem Todestag, wusste der ­Kaiser vom Tode seines Bruders. In Wien bereitete man sofort die geziemenden Trauerfeierlichkeiten für den 242 Georg Ludwig von Schwarzenberg an Ferdinand II., 28. 12. 1624, Třeboň, Tschechische Republik, Staatliches Gebietsarchiv, Familienarchiv Schwarzenberg, Sign. F. P. b. – Georg Ludwig, Fasz. 285, Brief Nr. 72. 243 28. Dezember (fälschlich Oktober) 1624. Khevenhüller berichtet erst von diplomatischen Entwicklungen, ehe er auf den Tod des Erzherzogs eingeht, erwähnt dann auch seine eigene Rolle bei der Bestattung; Wien HHSTA, Spanien, Diplomatische Korrespondenz 18, 2 (1624), S. 332 f.; Khevenhüller an Ferdinand II.. 28. 12. 1624, Wien HHStA, Spanien 3, Hofkorrespondenz 6, 1612 – 1620 (richtig 1612 – 1624), S. 166r–v. 244 Luftlinie 1811 km.

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Erzherzog vor.245 An ­diesem 25. Januar verbot Ferdinand für Wien und Umgebung alle frivolen Unterhaltungen, wie „Freuden- und Saitenspiele, Tänze und Maskeraden“,246 am gleichen Tage ordnete er zwanzig Seelenämter in den Wiener ­Kirchen und Klöstern an.247 Am 28. forderte er zur Feier der Exequien am Freitag den 31. Januar auf, die wahrscheinlich in der ­Kirche St. Augustin neben der Hofburg stattfanden.248 Tischler, Schlosser und Maler errichteten das obligatorische Trauergerüst, ein castrum doloris.249 Am 8. Februar schickte der ­Kaiser an seinen Geheimrat und Kämmerer Johann Kaspar von Stadion Instruktionen für die „Kondolierung“, ­welche er dem Bruder Leopold zu überbringen hatte.250 Als Oberstkämmerer Maximilians des Deutschmeisters war Stadion 1618 der Leiter bei dessen Begräbnisfeierlichkeiten gewesen.251 Am gleichen Tage wies der ­Kaiser den Hofkammerrat Hieronymus Bonacina und den Kammerdiener Nikolaus Nusser an, sich zur „Verlassenschaftsabhandlung“ nach Neisse zu begeben, das Hofgesinde, genannt werden Musiker und Künstler, zu entlassen und „Mobilien und liegende Güter“ des Erzherzogs zu inventarisieren.252 Die offizielle Nachricht vom 245 Achtzehn Seiten in den habsburgischen Familienakten beziehen sich auf die Trauerfeierlichkeiten im Januar/Februar 1625, deutlich nicht eine einigermaßen vollständige Zusammenstellung der im Zusammenhang mit Karls Exequien entstandenen Dokumente; Wien HHStA 5, Hausarchiv, Familienakten, Karton 65, mehrere Bündel, eines „Konv. 4, 1618 – 1626“, darin „1625 15 Jan. bis 18. Februar“. Das enthält gegen Ende eine dünne Mappe unter der zuletzt genannten Überschrift und nennt die drei Stücke, die sich darin befinden sollen: (1) Bestimmung zum geistlichen Stande 1597 [ich sehe ­dieses Stück nicht], (2) die zu Wien gehaltenen Exequien, S. 189r–192v, S. 189v leer, (3) Instruktion fur Johann Caspar von Stadion wegen der Condolenz zu Erzherzog Karls Tod, S. 193r–197r, 2 leere Seiten. 246 Bekanntmachung ­Kaiser Ferdinands II., 25. 01. 1625, Wien HHStA, Hausarchiv, Familienakten, Karton 65, 4, S. 189r. 247 Ferdinand II., 25. 01. 1626, Wien HHStA, Hausarchiv, Familienakten, Karton 65, 4, S. 190r. 248 Ferdinand II. an den Propst von Klosterneuburg, 28. 01. 1625, Wien HHStA, Hausarchiv, Familienakten, Karton 65, 4 S. 191r–v. Auf die Exequien oder genauer das in ­diesem Zusammenhang errichtete Trauergerüst bezieht sich eine Rechnungsnotiz im Hofzahlamtsbuch 1629, fol. 661 – 662; Michael B rix : Trauergerüste für die Habsburger in Wien, in: Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte 26 (1973), S. 208 – 265, hier S. 255. Die Vermutung dort, dass die Exequien in der Hofpfarrkirche (erst 1634) St. Augustin, Josefsplatz, neben der Hofburg, stattfanden. 249 B rix : Trauergerüste für die Habsburger in Wien, S. 255. B resciani : Erzherzog Karl, S. 182 – 183, handelt von den Wiener Trauerfeierlichkeiten in fünfundvierzig Worten. Drei solchen Handwerkern zahlte man erst 1629 die in ­diesem Zusammenhang geschuldeten siebzig Gulden; JbkS 29 (1910/11), Teil 2, S. XXIX, Artikel 19.851. 250 Wien HHStA, Hausarchiv, Familienakten, Karton 65, 4, 1618 – 1626, Auftrag Ferdinands an Johann Kaspar von Stadion, S. 192r–v, Instruktion, S. 194r–196r, „Credential“ für Leopold, S. 197r. 251 N oflatscher : Maximilian der Deutschmeister, S. 295 f. Johann Kaspar von Stadion war 1619 bis 1624 Hofkriegsratpräsident, 1626 bis 1641 Hochmeister des Deutschen Ordens; A rnold : Die Hochmeister des Deutschen Ordens (Bernhard Demel), S. 208 – 214. 252 B odenstein : Urkunden und Regesten, Teil 2, Quellen (1913/14), S. XXXI, Artikel 20.381, s. auch S. XXXIV, Artikel 20.389, 18. 04. 1625, Anweisung von Geld für die Zehrungskosten.

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spanischen Königshof kam ­später. Olivares informierte in einem Briefe vom 6. Dezember den spanischen Gesandten am Kaiserhof in Wien, Don Francisco de Moncada, Graf von Osona, von der Krankheit des Erzherzog und in einem Schreiben vom 28. Dezember von dessen Tode, das letztere Schreiben traf einen Tag vor dem ersteren ein.253 Am 10. Februar 1625 hatte der ­Kaiser die offizielle Mitteilung vom Tode seines Bruders in Händen, er empfing das Schreiben des spanischen Königs mit Tränen. Don Franciso de Moncada ließ an ­diesem Tage Olivares wissen, der ­Kaiser vermute, der Tod sei die Folge eines desorden de beber en Barcelona gewesen. Ferdinand hatte seinen Bruder vor dem Wein von Barcelona gewarnt, dieser aber ein Gelage dort angekündigt, denn die Weine der Gegend sagten ihm sehr zu.254 Der Gesandte fragte sich auch, ob die Luft Spaniens dem Erzherzog tatsächlich bekommen wäre, er sich dem Lebensstil des Landes hätte anpassen können. „Aber in Deutschland war der Erzherzog eine bedeutende Persönlichkeit, denn er gehorchte seinem Bruder, ohne sich in andere Sachen einzumischen oder seine Interessen von denen des Kaisers zu trennen.“ 255 ­Kaiser Ferdinand richtete um den 15. Februar eigenhändige Schreiben über den Tod des Erzherzogs an Philipp IV. und Olivares und hatte damit „bei beiden die alten Wunden des leides wiederumb eröffnet“.256 Am 28. Februar gab der ­Kaiser einer Delegation des Breslauer Rats eine Audienz. Sie fand den ­Kaiser in Trauerkleidung und tief betrübt, er bemerkte gegenüber den Breslauern: „insonderheit nehme ich die Condolenz wegen meines Bruders tödlichen Abgangs zu Gnaden an und ist mir derselbe herzlich leid, weil ich einen treuen Bruder an ihm gehabt, der nach meinem Willen gethan hat. Weil es aber Gott also gefallen und wir alle den Weg der Welt gehen müssen, habe ich solches Gott anheim gestellt“.257 Wohl schon in diesen Wochen veröffentlichte Khevenhüller in Wien seine Relation und die des Karras und des Mercurian über Ende und Bestattung des Erzherzogs. Mit den drei Gesandten der schlesischen Fürsten und Stände – der Leiter 253 Das ganz allgemein gehaltene, keine besonderen Einzelheiten und den Namen des Schreibers nicht enthaltende Schreiben des Olivares vom 28. Dezember 1624 an den ­Kaiser existiert in italienischer und spanischer Fassung: HHS tA, Spanien 3, Hofkorrespondenz 6, fol. 166r–v, 167r–v. 254 Diese Bemerkung hat vielleicht mit dazugeführt, dass man auch heute noch den Tod seiner Trunksucht zuschreibt, August M osbach : Die Wahl des 11jährigen polnischen Prinzen Karl Ferdinand zum Bischof von Breslau 1625, Breslau 1871, S. 8, 49, die Quelle ein handschriftlicher Brief des Fürsten St. Alb. Radziwiłł, V oigt : Geschichte des deutschen Ritter-Ordens 2, S. 311, S chweinitz : Die Reise des Kronprinzen Władysław Wasa, S. 247. 255 Francisco de Moncada an Olivares, 10. 02. 1625, der Brief bei G utiérrez : Don Franciso de Moncada, el hombre y el embajador, S. 23. Olivares schrieb noch am 28. Dezember 1624 an den ­Kaiser: Wien HHS tA, Spanien 3, Hofkorrespondenz 6, 1612 – 1620 (richtig bis 1624), fol. 167r–v, Olivares an Ferdinand II., 28. 12. 1624. 256 Khevenhüller an Ferdinand, 03. 03. 1625, Wien HHSTA, Spanien, Diplomatische Korrespondenz 18, 3 (1625), S. 82; diese Schreiben waren einem Brief des Kaisers vom 15. Februar 1625 an den Madrider Botschafter (die drei Schreiben existieren anscheinend nicht) beigelegt. 257 Acta Publica 5, S. 269 Anm. 2. Die Urkunde befand sich im Breslauer Ratsarchiv.

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Die Reise nach Spanien und der Tod in Madrid 1624

der Delegation war Karl Hannibal von Dohna –, die am 12. März um vier Uhr nachmittags beim ­Kaiser Audienz hatten und ihm das Beileid zum Tode des Erzherzogs aussprachen, kam auch Martin Opitz vor den ­Kaiser, was er einem anderen Mitglied der Gesandtschaft, seinem Vetter Kaspar Kirchner, Bibliothekar des Herzogs Georg Rudolf von Liegnitz, zu verdanken hatte.258 Opitz trug ein Trauer- und Trostgedicht (Epicedium) von 66 Distichen „Vber den Abschied Ihrer Hochfürstlichen Durchlauchtigkeit Ertzherzogen Carlens von Osterreich“ vor; es beginnt: Allhier in dieser Gruft ligt Carolus gesencket Der werthe thewre Heldt / den Gott der Welt geschencket.

Jemand am Hofe riet dem Dichter, das Gedicht ins Lateinische zu übersetzen, was Opitz tat, er brauchte dazu nur eine Stunde, wie er behauptete. Es beginnt „Hoc Carolus tumulo, patriae spes magna recumbit“. Der ­Kaiser krönte Opitz eigenhändig zum poeta Caesare laureatus und erhob den Poeten in den Adelsstand als Opitz von Boberfeld.259 In Madrid stellte man am Donnerstag, den 2. Januar 1625, in den Gemächern des Verstorbenen ein Verzeichnis seines Madrider Nachlasses zusammen. Anwesend waren Khevenhüller, Schwarzenberg, Don Luys Bravo de Acuña, ein Notar namens ­Spagnolo und einer der Sekretäre des Erzherzogs, Francesco Buonamico. Das Verzeichnis, italienisch geschrieben, umfasst fünfzehn eng beschriebene Seiten mit 336 Einträgen, von denen sich viele auf mehrere Objekte, manchmal auf Dutzende beziehen.260 Die 258 Acta Publica 5, S. 307 Anm. 1; Relation der Gesandten vom 23. April 1625 im Auszug dort S. 307 – 310. 259 O pitz : Gesammelte Werke, 2, Teil 2, S. 564 – 568, kritische Ausgabe des „Allhier in dieser Gruft ligt Carolus gesencket/Der werthe thewre Heldt den Gott der Welt geschencket“, der Titel eigentlich „Vber den Abschied Ihrer Hochfürstlichen Durchlauchtigkeit Ertzherzogen Carlens von Osterreich“. Kritische Ausgabe der lateinischen Fassung: O pitz : Lateinische Werke, 2, S. 56 – 62 lateinischer Text und moderne Prosaübersetzung des „Hoc Carolus tumulo“, 308 – 313 Kommentar. S. a. Walter L udwig : Des Martin Opitz Epicedium auf Erzherzog Karl von Österreich, in: Daphnis 29 (2000), S. 177 – 196. Über die Reise nach Wien 1625 auch Martin O pitz : Briefwechsel und Lebenszeugnisse 1 – 3. Kritische Edition mit Übersetzung, hg. von Klaus C onermann unter Mitarbeit von Harald B ollbuck , Berlin, New York 2009, S. 385 K 3, 389 K 1, 421 K 6. Vergessen waren jetzt wohl die Reden an König Friedrich von Böhmen, die Opitz im September 1619 und Februar 1620 verfasste; Opitz: Lateinische Werke, 1, S. 200 – 219 (Text), 417 – 425 (Kommentar). Die Verleihung des Dichterlorbeers, einmal mit vielen Symbolen und der Ernennung zum Pfalzgrafen verbunden, war jetzt nur noch eine „äußerliche Zeremonie“. 260 Wien HHS tA, Familienurkunden 1601, Nachlassinventar des Erzherzogs Karl von Österreich, Madrid, 02. 01. 1625. Die Überschrift: Inuentario delle robe del ser[enissi]mo Arciduca Carolo, che sia in gloria, fatto Giouedi due di Gennaro 1625 nel quarto doue habitaua sua Alt[ezz]a, presenti gli illustri … signore Conte di Frankenburg, Amb. Cesareo, signore Conte di ­Schwarzenberg, Maiordomo maggiore, che fu della pred[itt]a Alt[ezza] et s[igno]r Don Luis Braua de Acuña del con[sigli]o di Guerra di S[anta] M[aest]a Catt[olic]a: scriueua un

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verwaiste Gefolgschaft des verstorbenen Erzherzogs hatte als Leiter den immer noch erkrankten Obersthofmeister Georg Ludwig Graf von Schwarzenberg. Erst sechs Wochen ­später war er anscheinend in der Verfassung, die Führung der Entourage zu übernehmen. Schwarzenberg hatte „sich ziemlich seiner ausgestandenen Krankheit halber wieder erholt“, so Khevenhüller am 7. Februar an den ­Kaiser. Schon um den 7./8. Februar wollte Schwarzenberg die Rückreise antreten. Was ihn zurückhielt, war, dass der Kämmerer Schwierigkeiten hatte, die vom König versprochene „Zehrung“, die Reisekosten, aufzubringen. Der König fühlte sich hierzu verpflichtet, weil Erzherzog Karl auf seine Einladung nach Spanien gekommen war.261 Am 2. März 1625 berichtete der Habsburger Botschafter in Madrid über die Verabschiedung und Rückführung der erzherzoglichen Begleiter.262 „Allhier [am 2. März] ist das Leid beim König und seinen Geschwistern wegen Erzhz. Carl hslg. Ged. Tod noch immerzu neu, und I.Mt. seit derselber Anstoss weder zu rechter Gesundheit noch gutter Farb kommen.“ Der Graf von Schwarzenberg verließ am 18. Februar 263 Madrid mit dem Gefolge des Erzherzogs, die geplante Route führte durch Frankreich mit dem kaiserlichen Hof als Ziel. Nur der Oberstallmeister Hendl, dessen Vetter von Neuhaus und der Herr von Wolkenstein entschieden sich für den Rückweg über Italien, sicherlich wegen ihrer Beziehungen zu Südtirol. Der König stellte Schwarzenberg für die Rückreise zweitausend spanische Dukaten zur Verfügung, der Wechsel des spanischen Kupferpfennigs in andere Münze und überhaupt die Verwirrung im spanischen Münzwesen führten aber dazu, dass dem Schwarzenberg von dieser Summe so gut wie nichts blieb. Entsprechend dem heißen Wunsch des Erzherzogs versprach der König dem Grafen Schwarzenberg den „Tusón“, d. h. den Orden des Goldenen Vlieses. Er schenkte ihm auch zwei Pferde und an die Begleitschaft, vom Kammerherrn bis auf den letzten Offizier, ließ er Goldketten verteilen. Der König vertraute Schwarzenberg einige Angelegenheiten für den ­Kaiser an, dabei zwei sehr wichtige, von denen Khevenhüller an Eggenberg in Chiffre berichtet. Im späten Frühjahr erlaubte Frankreich trotz des Handelsverbots mit Spanien die Passage des Schiffs mit den Effekten des verstorbenen Erzherzogs.264 Die Erzherzogin Margarete, die betagte Nonne im Kloster der Unbeschuhten Karmelitinnen, sprach dem ­Kaiser am 23. Februar ihr Beileid aus und empfahl ihm den seg[retari]o o Notaro Spag[no]lo, col quale s’incontraua Giofranco Buonamici segretario che fu della me[…]ma Alt[ezz]a. Der Sekretär Francesco Buonamico begegnet im Mailänder Verzeichnis der Reisegesellschaft. 261 Khevenhüller an Ferdinand, 07. bzw. 08. 02. 1625, Wien HHSTA, Spanien, Diplomatische Korrespondenz 18, 3 (1625), S. 47, 49. 262 Khevenhüller an Ferdinand II., 02. 03. 1625, Wien HHSTA, Spanien, Diplomatische Korrespondenz 18, 3 (1625), S. 75 – 76, S. 77 über die Gesundheit des Königs, über die Goldketten auch S. 47. 263 Khevenhüller sagt, „dieses Monats“, kann aber nur Februar meinen. 264 Wien HHStA, Spanien, Diplomatische Korrespondenz 18, 4, 1625 – 1641; V oltes : Documentos de tema Español, 1, S. 255.

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Grafen von Schwarzenberg, nicht nur wegen der von ihm geleisteten Dienste, sondern auch wegen seines geziemenden Auftretens.265 Die übrigen, die dem Erzherzog nach Spanien gefolgt waren, sollte der ­Kaiser ebenfalls fördern, insbesondere aber für ihre Dienste aus dem Nachlass des Erzherzogs bezahlen, nach der von ihrem Finanzmann Niklas Goblet, der einmal in Habsburger Diensten gestanden, zusammengestellten Rechnung.266 Mit dem Domherrn Kaspar Karras hatte das Domkapitel in Breslau einen Repräsentanten in der Entourage, die den Bischof nach Madrid begleitete. Auf der Hinreise nützte er seine Zeit in Wien zur Bestätigung der Kapitelprivilegien und anderer Anliegen des Kapitels.267 Erst am 23. Januar 1625 hörten die Breslauer Domherren endlich von Karls glücklicher, aber jetzt drei Monate zurückliegender (27. Oktober) Ankunft in Spanien. Die Nachricht kam in einem Brief des Archidiakons und Bistumsadministrators in Neisse, Peter Gebauer. Auf Empfehlung des Archidiakons setzte man eine Dankfeier mit Gesang und Instrumentalmusik für den kommenden Sonntag an, zu der man auch das Volk einlud. Den Dankgottesdienst sollte Johann Balthasar Liesch von Hornau halten, jetzt Breslauer Kanonikus und vom Verstorbenen bereits zum Weihbischof designiert.268 Genau an ­diesem Tage, dem 30. Januar, überbrachte der Dekan Nikolaus von Toilo dem Kapitel die Nachricht vom Tode des Bischofs, am nächsten Tage nach dem Frühstück die Einzelheiten über Todestag und -stunde, Testament und Erbe.269 Erst am 13. Februar berichtete ein Schreiben des Domherrn Kaspar Karras dem Kapitel über den frommen Tod des Bischofs.270 Auf die Todesnachricht hin bestimmte das Kapitel sofort Administratoren für die Vakanz in Breslau und Neisse und machte Anstalten für den von den Landständen zu leistenden Homagialeid; jeder Domherr erhielt hundert Reichstaler für Trauerkleidung.271 Der Dekan schlug vor, die feierlichen Exequien mit einer Trauerpredigt für das Volk am kommenden Mittwoch zu feiern und sofort mit einem Glockengeläut zu beginnen und es in jeder ­Kirche bis zum Mittwoch fortzusetzen. Das Kapitel legte genau die Art und Weise der Feierlichkeiten fest.272 Aber wie 265 Schwarzenberg stand auch nach Karls Tode als Diplomat im Dienste der Habsburger. Er arbeitete weiter an der Schaffung eines Bündnisses ­zwischen spanischen und österreichischen Habsburgern; s. den schon erwähnten Artikel in ADB 33 (1891), S. 303 – 305. 266 Margaretha an Ferdinand II., 21. 02. 1625, Wien HHStA, Spanien, Diplomatische Korrespondenz, Hofkorrespondenz 4, S. 391r–v. 267 K astner : Actenmässige Beiträge 1599 – 1649, Kapitelprotokolle, 16.06. und 29. 11. 1624, S. 40, 44; J ungnitz : Breslauer Germaniker, S. 128. 268 J ungnitz : Breslauer Weihbischöfe, S. 126. 269 K astner : Actenmässige Beiträge 1599 – 1649, S. 45 f. 270 K astner : Actenmässige Beiträge 1599 – 1649, Kapitelprotokolle, 13. 02. 1615, S. 50, nur Hinweis. 271 K astner : Actenmässige Beiträge 1599 – 1649, Kapitelprotokolle, 31. 01. 1625, S. 46; s. auch S. 52 zum Homagium. 272 K astner : Actenmässige Beiträge 1599 – 1649, Kapitelprotokolle, 01. 02. 1625, S. 47.

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dann die Exequien anscheinend am Mittwoch, den 2. Februar oder einem folgenden Mittwoch gefeiert wurden, beschreibt anscheinend keine Quelle. Wir wissen nur, dass Liesch beim Trauergottesdienst präsidierte.273 Die noch von Karl eingesetzten Administratoren – Gebauer und Lohr – beauftragte das Kapitel, den Treueid der Landstände abzunehmen.274 Am 20. Februar las man im Kapitel die Antwort des Kaisers auf das Kondolenzschreiben der Domherren.275 Kaspar Karras, der Einzige aus dem Kapitel, der in den letzten Tagen und Stunden in der Gesellschaft des Bischofs gewesen war, kehrte erst im April über Wien nach Breslau zurück. Nach der Wahl Karl Ferdinands ging er als Gesandter des Kapitels nach Warschau, wo Konstanze, des Bischofs Schwester, nicht genug über das Ableben des Erzherzogs hören konnte.276 Ähnliche Maßnahmen wie in Breslau traf man auch in Brixen.277 Der Bischof war dort zum letzten Mal nahezu vier Jahre vorher gewesen. Die Nachricht von Karls Tode erreichte Innsbruck eine Woche vor Wien; schon am 18. Januar 1625 verordnete die bischöfliche Regierung in Brixen und Erzherzog Leopold in Innsbruck das Verbot aller eitlen Unterhaltungen wie Saitenspiele und Maskeraden. Leopold befahl den Obrigkeiten, von den Kanzeln den Tod des Erzherzogs bekanntzugeben, und ordnete ein einstündiges Glockengeläute an. Über 5000 Floren wurden in Brixen für Trauerfeierlichkeiten ausgegeben, ohne dass wir wissen, ­welche Form genau diese annahmen.278 Trotz seiner langen Abwesenheiten von Neisse und der vielen Zusammenstöße mit den evangelischen Einwohnern hing der Bischof an seiner schlesischen Residenzstadt. Seinem Wunsch, in Neisse bestattet zu werden, standen offensichtlich zu viele Hindernisse entgegen. Nur sein Herz gelangte von Madrid nach Neisse und wurde in Zukunft alljährlich am Stiftungstag, dem 4. November, beim Hochamt in der ­Kirche des Carolinums ausgesetzt.279 Am 30. Januar 1625 informierten sechs bischöfliche Beamte und Räte den Magistrat vom Tode des Landesfürsten: Landeshauptmann Nikolaus Kochtitzky, Kanzler Johann Christoph Metziger von Kaltenstein, die schon lange dienenden Räte Franz Rathaupt und Johannes Scharf, der dem Bischof besonders nahestehende Hans 273 J ungnitz : Breslauer Weihbischöfe, S. 127. Die Kapitelprotokolle vom 13. Februar sagen nur, dass der Brief des Karras vor dem Kapitel gelesen wurde; K astner : Actenmässige Beiträge 1599 – 1649, S. 50. 274 K astner : Actenmässige Beiträge 1599 – 1649, Kapitelprotokolle, 19. 02. 1625, S. 52. 275 K astner : Actenmässige Beiträge 1599 – 1649, S. 52. 276 J ungnitz : Breslauer Germaniker, S. 130. 277 B resciani : Erzherzog Karl, S. 183. 278 Die Quellen bei B resciani : Erzherzog Karl, S. 183 Anm. 2 – 5; S innacher : Beyträge Säben und Brixen 8, S. 277, nach Sinnacher kam die Nachricht vom Tode am 20. Januar privat, am 25. offiziell an. 279 H arendza : Das Gymnasium Carolinum zu Neisse, S. 12; D inter : Baugeschichte und Ausstattung der Gymnasialkirche, S. 51 (Beschreibung und Abbildung der silbernen Kapsel mit dem Herzen des Stifters); ders .: Die Geschichte der Jesuitenkirche in Neisse, in: HBlNG 8 (1933), Nr. 12 (Dezember), S. 35 – 38; G ottschalk : Buckisch 2, S. 311.

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Christoph von Proskowski und Georg Wilhelm von Elkershausen genannt Klüppell, Landkomtur von Franken und Statthalter in Freudenthal.280 Die Stadtregierung ordnete dann an, alle Vergnügungen innerhalb und außerhalb der Stadt abzusagen, verordnete auch, wie es beim Tode hoher Persönlichkeiten die Gewohnheit war, ein tägliches Glockengeläute, um dem Verstorbenen damit die letzte Ehre und ihre Trauer zu erzeigen und „dadurch jederman zu herzlicher Beklagung und Beweinung des schmerzlichen, leidigen und herzbrechenden Hintritts des lieben Erzherzogs, Bischofs und Vaters ermahnt und angereizt würde“. Auf die Todesnachricht hin dachte man in Wien sofort an den Nachlass des Bischofs in Neisse, und Ferdinand delegierte, wie schon erwähnt, zwei seiner Beamten nach Neisse mit dem Auftrag, ein Inventar des Nachlasses anzulegen. Der ­Kaiser war der Alleinerbe. Als „Verlassenschaftskommissar“ amtierte dann ein mit den Neisser Verhältnissen Vertrauter, Karls Günstling und Intimus, der Geheimrat Melchior Tauber von Taubenfurt. Ihm zur Seite standen ein Vertreter der Hofkammer und neun Beamte. Tausende von Objekten fanden sich in Neisse beim Tode des Bischofs, einige wenige Sachen, bezeichnet als Kirchenzier, hatte er nach Spanien mitgenommen.281 Die Erledigung des Nachlasses ging durch mehrere Stadien und zog sich über vier Jahre hin. Die Kommissare schlossen in ihr Verzeichnis auch die Gegenstände ein, die Karl der Jesuitenkirche gestiftet hatte, die Jesuiten baten um Rückgabe.282 Eine Zusammenstellung der dem Deutschen Orden gehörenden Gegenstände wurde sogleich angefertigt. Der Orden konnte nur die Abschrift eines Verzeichnisses der beanspruchten Dinge vorlegen. Die Vertreter des Ordens versprachen aber, ihnen irrtümlich zurückgekehrte Objekte wieder herauszugeben.283 Die dem Cornelius de Man geschuldeten 29.000 Gulden zahlte man ab, wie erwähnt, mit Gegenständen aus der Sammlung.284 Das Hofpersonal bat um die Kleidungsstücke des Verstorbenen, die beim Tode eines Erzherzogs, so argumentierte man, gewöhnlich dem Hofstaat überlassen wurden.285 Mit Abzug der ersten beiden Kategorien erstellte Tauber dann ein Verzeichnis des Nachlasses mit dem Datum 17. Juli 1626.286 Am 3. August 1626 teilte er mit, er 280 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 317 gibt die Anordnungen, die dem Rate vorgeschrieben wurden, er kannte die Namen der Anordnenden aus einem Dokument, datiert 07.02., im Stadtarchiv, S. 317 Anm. 8. Zu Elkershausen s. die Kurzbiographie bei I rgang : ­Freudenthal, S. 228. 281 B odenstein : Urkunden und Regesten, Teil 2, Quellen (1916), Artikel 919 – 932, S. LXVIII; es handelt sich ausschließlich um religiöse Gegenstände, wie Kelch, Kruzifix, Leuchter, Messgewänder. S. a. Inventar des Nachlasses, Madrid, 02. 01. 1625, Wien HHStA, Familienurkunden 1601. 282 26. 05. 1625, B odenstein : Urkunden und Regesten, Teil 2, Quellen (1913/14), Artikel 20.397, S. XXXVII – XL. 283 B odenstein : Urkunden und Regesten, Teil 2, Quellen (1916), Artikel 20.444, S. III  – X III, 20. 06. 1626. 284 B odenstein : Urkunden und Regesten, Teil 2, Quellen (1916), Artikel 20.444, S. XIII – XVII. 285 B odenstein : Urkunden und Regesten, Teil 2, Quellen (1916), Artikel 20.444, S. II, III. 286 B odenstein : Urkunden und Regesten, Teil 2, Quellen (1916), Artikel 20.451, S. XIX – XXXVI.

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brauche von den neun den Nachlass verwaltenden Beamten nur noch einen, die anderen könnten entlassen werden, da das meiste schon aus Neisse entfernt worden sei.287 Am 13. November 1626 wies ihn der ­Kaiser an, gewisse Gegenstände aus dem Brixener Kirchenschatz an die dortige ­Kirche zurückzusenden, nämlich mehrere Reliquien, die alte Pergamentbibel und eine Reihe wertvoller Bücher.288 Das endgültige Verzeichnis von 1627 enthielt dann nicht mehr die an den Deutschen Orden und Cornelius de Man abgetretenen Gegenstände. Wir müssen annehmen, dass das Wertvollste – „kostbarliche clenodien, rauche futter, mahlerei, kunstuckh und dergleichen rariteten“ – schon im Sommer 1626 an die Hofkammer abgeführt worden war, Ferdinand befahl das nämlich am 13. Juli 1626.289 Vom Bildnis einer Nonne heißt es ausdrücklich, „ist mit nacher Wien genommen worden“.290 Am 22. August 1627 übersandte Tauber dem ­Kaiser dann das endgültige Verzeichnis des Nachlasses, im Druck heute dreißig Seiten.291 Alles wurde dann nach Möglichkeit verkauft und zwei oder drei Jahre nach dem Tode des Bischofs war das meiste aus Neisse verschwunden, aber noch im Januar 1629 schrieb Ferdinand an Tauber, er wolle die hinterlassenen Kirchenornamente selbst sehen und dann werde er über ihre Verteilung entscheiden.292 Eine Totenfeier für den Erzherzog, von der Jesuitengemeinde in Neisse organisiert, fand am 25. August 1625 statt. Sie wird in einem Lobgedicht, elogium, in lateinischer Prosa, beschrieben, das sicherlich ein in Neisse wirkender Jesuit verfasste, vielleicht im Zusammenhang mit ­diesem Ereignis oder nicht viel ­später, auf jeden Fall noch ganz unter dem Eindruck des Geschehens in Madrid. Es bringt Einzelheiten über die letzten Tage und Stunden des Bischofs, die eine Kenntnis der Berichte von dessen Tode aus der Feder Khevenhüllers und des Domherrn Karras voraussetzen. Nur eine Handschrift hat sich erhalten, die sich heute in der Österreichischen Nationalbibliothek befindet.293 Die Feier fand offensichtlich in der alten ­Kirche der Kreuzherren statt – die neue Jesuitenkirche Zur Himmelfahrt Mariens entstand erst gegen Ende des Jahrhunderts. Der Trauergottesdienst bestand aus einem feierlichen Hochamt, einer lateinischen Rede und einer deutschen Predigt, die Wände der ­Kirche waren geschmückt mit Inschriften, Gedichten, ehrenden Nachrufen, „geschmackvollen gemalten Emblemen“. In der Mitte der ­Kirche stand ein prächtiger Katafalk, geschmückt mit einer großen Zahl von Kerzen, den goldenen und edelsteinbesetzten Abzeichen der bischöflichen und herzoglichen Würden, das Kostbarste, aufgehängt an der Spitze des Katafalks, war die Kapsel mit 2 87 288 289 290 291 292 293

B odenstein : Urkunden und Regesten, Teil 2, Quellen (1916), Artikel 20.451, S. XIX. B odenstein : Urkunden und Regesten, Teil 2, Quellen (1916), Artikel 20.461, S. XXXIX. B odenstein : Urkunden und Regesten, Teil 2, Quellen (1916), Artikel 20.445, S. XVII. B odenstein : Urkunden und Regesten, Teil 2, Quellen (1916), Artikel 20.503, Nr. 677, S. LXIII. B odenstein : Urkunden und Regesten, Teil 2, Quellen (1916), Artikel 20.505, S. LII–LXXXI. B odenstein : Urkunden und Regesten, Teil 2, Quellen (1916), Artikel 20.565, S. CIV. Österreichische Nationalbibliothek Wien, Codex 14.214, fol. 109r–114r.

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dem Herzen des Erzherzogs.294 Obwohl man dem Erzherzog in Neisse kein Denkmal setzte, endet der Verfasser des Elogiums mit einer abschließenden Würdigung, wie sie, meinte er, eigentlich auf Marmor erscheinen sollte: Hier liegt Karl, Erzherzog zu Österreich, der Brixener und Breslauer ­Kirche Bischof, durch den Glanz der Tugend ebenso wie der Geburt der Durchlauchtigste Heros österreichischer Frömmigkeit, der wackere Vorkämpfer des angestammten Glaubens, der ausgezeichnete Eiferer für die Ehre Gottes, zu deren weiterer Ausbreitung er Blut, Leben, Kräfte und Vermögen samt und sonders sowie sich selbst ganz verschrieben und geweiht hat; der echte Sohn der rechtgläubigen ­Kirche, vor die er gegen die in Schlesien einbrechende Irrlehre sich und die von ihm in Neisse gegründete Gesellschaft Jesu wie eine schützende Mauer aufstellte; ein guter Hirt der ihm anvertrauten Herde, der mit wachsamer Sorge die Wölfe vom Schafstalle des Herrn fernhielt und, in die Verbannung getrieben, selbst sein Leben für seine Schafe zu lassen bereit war, wenn er ihnen durch seinen Tod mehr als durch sein Leben hätte nützen können. Die unharmonische Harmonie der Tugenden stellte er in sich selbst wie in einem ­Theater der Welt zur Schau, da er der ihm angeborenen Milde die Gerechtigkeit, der Schönheit die Keuschheit, eine seltene Bescheidenheit mit hervorragenden Anlagen, nie ermüdende Geschicklichkeit mit größtem Geiste, Tapferkeit mit Verzicht auf Rache, mit Eifer Klugheit, Liebe und allen Stolzes bare Leutseligkeit mit Hoheit, die Lauterkeit eines wahren Herzens mit der Anmut höfischer Feinheit in wunderbarer Verschlingung vermählte. Als er zu seinen Vätern ging, verschrieb er dem Himmel seine unsterbliche Seele, die Hülle seines sterblichen Leibes der Erde, sein Herz der von ihm herzlich geliebten Gesellschaft Jesu, sein Vermögen den Armen, die Eucharistische Frömmigkeit den Österreichern, sorgfältige Wachsamkeit seinen Nachfolgern im bischöflichen Amte, die reiche Erbschaft seiner übrigen Tugenden mit seinem letzten Willen allen, um ihnen ein Beispiel zu geben. Gestorben ist er am 26. Dezember 1624, aber er lebt noch und wird leben, solange jene leben, die er durch seine Freigebigkeit ins Leben gerufen hat und zur größeren Ehre Gottes leben lässt als ihr wohltätiger Stifter.295

294 S eidel : Festschrift 1624 – 1924, das Elogium lateinisch, S. 29 – 36, deutsch, S. 36 – 45. 295 Das richtige Todesdatum ist 28. Dezember 1624.

V. PERSÖNLICHKEIT UND HERRSCHAFTSSTIL EINES ÜBERFORDERTEN HABSBURGERS Am 7. Juli 1608 wählte das Breslauer Domkapitel Erzherzog Karl von Österreich zum Bischof der schlesischen Diözese. Damit wurde der junge Österreicher, damals noch nicht achtzehn Jahre alt, auch regierender Fürst im bischöflichen Hochstift, dem Fürstentum Neisse. Fünf Jahre ­später übernahm Karl überdies das Reichsbistum Brixen mit seinem kleinen Hochstift, und noch einmal fünf Jahre ­später stieg er zum Hochmeister des Deutschen Ordens auf. Er blieb ehelos, kleidete sich wie ein Geistlicher, trug die Monstranz bei der Fronleichnamsprozession, wusch die Füße von zwölf Männern am Gründonnerstag, erließ drohende Fastenordnungen, um das sittliche Verhalten seiner Diözesanen zu bessern. Aber die Weihen zum Priester oder Bischof empfing er niemals, er war deshalb auch nicht in der Lage, die kultischen Handlungen seiner geistlichen Ämter auszuüben, die Messe, der er so gut wie täglich beiwohnte, zu lesen, durch Beichte und Predigt die Gläubigen seelsorglich zu betreuen, Firmung und Priesterweihe zu spenden. Dennoch blieben selbst einem so behinderten Kirchenfürsten im Zeitalter der Gegenreformation andere Möglichkeiten einer produktiven Amtsführung: dem Priestermangel abhelfen, Synoden halten, die Pfarreien visitieren, ­Kirchen bauen, Pfarrmatrikeln und neue liturgische Texte einführen, Ordensniederlassungen errichten, Abgefallenen die Rückkehr in die alte ­Kirche erleichtern, dem Vormarsch der Andersgläubigen Einhalt gebieten. Von diesen möglichen Tätigkeiten war es nur die letzte, auf die sich Karl mit Energie konzentrierte. Neben seinen Ämtern als Bischof, Landesfürst und Hochmeister übernahm er andere bedeutende Aufgaben, als Diplomat, General und gelegentlich sogar als Vertreter des Königs oder Kaisers. Für keine dieser ihm übertragenen Funktionen schien er besonders befähigt, auf keinen Fall vorgebildet oder durch einige Lehrjahre in minderen Stellungen vorbereitet. Seine Schulbildung endete mit dem Grazer Jesuitengymnasium und ein paar Vorlesungen an der Grazer Universität. Heiter, liebenswürdig, lebenslustig, in der Jugend und auch noch als hoher Würdenträger oft zu Scherzen aufgelegt, bei Gelagen ausgelassen, geneigt, sich mit Jagen, Fischen, Festlichkeiten, Verwandtenbesuchen die Zeit zu vertreiben, sich mit schönen Dingen zu umgeben, Musik zu pflegen und selbst ein Instrument zu spielen. Eine geistliche Karriere wurde ihm von seiner Familie aufgedrungen, besonders der um die Versorgung ihrer zahlreichen Nachkommenschaft bekümmerten ­Mutter. Zu einem Leben als Geistlicher fühlte sich der junge Habsburger allerdings nicht berufen. Schon als Bischof installiert, behauptete er, er würde lieber als Stalljunge bei seinem Bruder dienen als sich den Vorschriften geistlicher Lebensführung unterwerfen. Er wollte durchaus regierender Fürst sein, ein princeps gubernans, was ihm bedeutete, ein Leben mit den Freiheiten und Ressourcen eines Fürsten führen, einem Fürsten angemessene Taten vollbringen, aber zum Herrscher fehlten ihm vor allem Selbstsicherheit, das Vertrauen in sein eigenes Urteil,

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wohl auch der Wille, sich einer Sache mit ganzer Kraft und auf die Dauer hinzugeben. Unglücklicherweise erwiesen sich die Probleme und Herausforderungen seiner schlesischen Herrschaft als überwältigend: der andauernder Streit mit den schlesischen Fürsten und Ständen, die manchmal an Aufruhr grenzende Widersetzlichkeit der Evangelischen in der Residenzstadt Neisse, sechs Jahre Krieg, zeitweilige Verdrängung aus seinem Amtsbezirk. Sein früher Tod in der Fremde, in der spanischen Hauptstadt, war tragisch. Trotz wenig Eignung und Neigung zum Regieren, trotz der misslichen Zeitumstände und des glücklosen Ausgangs versagte der Habsburger nicht völlig als Herrscher. Am Ende blickte er wohl mit einem Maß von Genugtuung, vielleicht mit einem Gefühl von Erfüllung auf seine wenigen Herrscherjahre zurück. Sie hinterließen einen bleibenden Eindruck im Neisser Fürstentum, im Deutschen Orden, in Schlesien besonders im Konflikt der Konfessionen, das Ergebnis dort allerdings von den Parteien ganz gegensätzlich beurteilt. Erzherzog Karl entstammte einer tief von der katholischen ­Kirche geprägten Umwelt. In Innerösterreich verfolgte Ferdinand, der Habsburgerregent, unbeirrt und „fest wie ein Marmor“ die Gegenreformation.1 Die Jesuiten von Graz und anderswo in der Steiermark lenkten die Ausbildung des Erzherzogs, von Kindesbeinen an atmete er die Luft des Kampfes gegen die Protestanten. Ganz bestimmt tat die zweieinhalbjährige Schule, als die wir die Aufsicht zweier steirischer Bischöfe, beide markante Streiter für die katholische Reform in ihrer Heimat, über den jungen Bischof von Breslau sehen müssen, ihre Wirkung. Die Bedenken des Johann Jakob von Lamberg, Erzherzog Karl könnte Spott und Schande auf das Haus Habsburg bringen, erfüllten sich nicht. Die Erfolge und Debakel in Schlesien der nur wenige Jahre dauernden Herrschaft des Österreichers lassen sich in ein paar Worten zusammenfassen. Das wesentliche Ziel, das Papst und ­Kaiser und der Herzog von Steiermark mit Karls Herrschaft in Breslau und Neisse im Sinn hatten, nämlich Bistum und Fürstentum der katholischen ­Kirche zu erhalten, wurde erreicht, die Einwohnerschaft des Bistums blieb jedoch zum größeren Teil protestantisch. Im Reich mochten ansonsten die benachbarten Fürsten Hoch- und Erzstifte ihren Herrschaftsbereichen einverleiben und der Westfälische Frieden insbesondere im Norden des Alten Reiches ihr Vorgehen für so manches Herrscherhaus legitimieren, aber in Schlesien ersparten die Habsburger der ­Kirche einen solchen Verlust. Erzherzog Karl diente hier als das Instrument. Im Bistum Brixen, auf dessen Angelegenheiten der Tiroler Landesherr in Innsbruck ein aufmerksames Auge richtete und das wie andere österreichische Bistümer fast die Stellung eines habsburgischen Hausbistums einnahm, hatte Karls Vetter Andreas bereits als Bischof gewaltet (1591 – 1600), ebenfalls ein niemals zum Priester oder Bischof geweihter Kirchen-

1 So ein zeitgenössischer Autor, zitiert bei R anke : Die römischen Päpste 2, S. 404 (5. Aufl., Leipzig 1867).

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fürst.2 In ­diesem damals von Religionskonflikten verschonten Bistum konnte unter dem Zepter des Erzherzogs ein besonders fähiger und engagierter Bistumsadministrator die katholische Erneuerung vertiefen und sichern. Kaum vier Monate Mitglied des Deutschen Ordens, avancierte Karl zum Hochmeister. Kein Wunder, dass er in seinen hohen Posten überfordert schien und immer einen gewissen Dilettantismus verriet, ein ewiger Anfänger blieb. Es war aber seine Initiative, wie Ferdinand ausdrücklich bestätigte, die dem Deutschen Orden zum Erwerb eines zusammenhängenden Herrschaftsgebietes in Mähren, den Herrschaften Freudenthal und Eulenberg, verhalf und damit dem Orden auf Jahrhunderte hin eine solide wirtschaftliche Basis bescherte. Einige Besonderheiten seiner Herrschaft verdienen Erwähnung. Das Haupt seines Zweiges der Habsburgerfamilie, Erzherzog Ferdinand von Steiermark, stellte dem achtzehnund neunzehnjährigen Kirchenfürsten auf zweieinhalb Jahre die erfahrenen Bischöfe von Gurk und Lavant zur Seite; die beiden, Johann Jakob von Lamberg und Georg Stobaeus, hinterließen in ihrer Korrespondenz ein intimes Porträt des jugendlichen Kirchenfürsten. Einen österreichischen Habsburger nach Spanien zu delegieren, zum Hof des anderen Zweigs der habsburgischen Dynastie, war nicht ungewöhnlich, eher schon, dass die Reise mit seinem Tod in Madrid endete. Bemerkenswert ist auch, dass der Erzherzog persönlich ein Tagebuch führte, um Eindrücke und Komplikationen seiner dreimonatigen Exkursion, die von Innsbruck nach Madrid über Mailand, Florenz, Genua und Barcelona führte, festzuhalten. Obwohl Karl niemals das Amt des Oberlandeshauptmanns innehatte, des Vorsitzenden der Fürsten und Stände und Vertreter des Königs, was neben dem Abfall so vieler Schlesier von der alten ­Kirche zur Minderung von Macht und Ansehen des Bischofs von Breslau beitrug, hielt er doch auf fast zweieinhalb Jahre den denkbar schwierigen und undankbaren Oberbefehl über das Aufgebot der schlesischen Fürsten und Stände, die flügellahme Streitmacht von einigen tausend Landbewohnern. Er war damit an zahlreichen Entscheidungen im verworrenen Kriegsgeschehen der Jahre 1622 bis 1624 beteiligt. Weder großer Erfolg noch völliges Versagen können ihm in dieser Rolle nachgewiesen werden. Als ­Kirchenwie als Landesfürst kennzeichnete seine Herrschaft eine gewisse Unstetigkeit oder Zerfahrenheit, in Schlesien schon bedingt durch die Duplizität der ­Regierungssitze. 2 Andreas von Österreich, Bischof von Konstanz und Brixen, 1589 bzw. 1591 – 1600, Vetter des Erzherzogs, ließ den katholischen Katechismus drucken und an Schuljugend und andere verteilen; R anke : Die römischen Päpste 2, S. 133. Andere Reformen: Durchsetzung bischöflicher Rechte gegenüber der weltlichen Regierung, Reform der Hochstifts- und Bistumsverwaltung, Verbesserung der Finanzverwaltung, Veröffentlichung überarbeiteter Fassungen von Rituale, Brevier und, nach seinem Tode, Missale. Eduard W idmoser : Kardinal Andreas von Österreich, Markgraf von Burgau (1558 – 1600), in: Lebensbilder aus dem Bayerischen Schwaben 4, München 1955, S. 249 – 259. Angeblich empfing er die Bischofsweihe 1590 (8. Januar) als Bischof von Konstanz, aber Salvador M iranda : The Cardinals of the Holy Roman Church (online, http://cardinals.fiu.edu/cardinals.htm) fand keinen Beleg für eine Weihe zu Priester oder Bischof.

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Dazu fand er sich dann immer wieder auf Reisen – von seinen sechzehn Regierungsjahren in Breslau verbrachte er fast fünf unterwegs oder anderswo – und steuerte er die Angelegenheiten der von ihm beherrschten Länder aus der Ferne; in kritischen Momenten des Konflikts mit den protestantischen Fürsten und Ständen blieb das Breslauer Domkapitel auf sich selbst angewiesen. Die Abwesenheiten, selbst in den Jahren, als ihm noch jede Erfahrung abging, untergruben eine wirksame Leitung der Regierung und führten in Breslau zu Protesten der Kapitelherren. In Neisse ignorierten die evangelischen Leinweber bischöfliche Anordnungen und randalierten in den Gassen, sobald der Bischof der Stadt auf einige Tage, gewöhnlich war es eher auf Wochen und Monate, den Rücken gekehrt hatte. Damit soll nicht gesagt sein, dass er seine Pflichten als ­Kirchen- oder Landesherr vernachlässigte, er schenkte ihnen aber nicht die geduldige, auf lange Sicht gerichtete Aufmerksamkeit, die zu grundsätzlichen Verbesserungen hätte führen können. Das dann ihm in Aussicht gestellte Amt eines Vizekönigs von Portugal und damit das voraussichtliche längere Verbleiben im iberischen Lissabon, dreitausend Reisekilometer entfernt von seinem schlesischen Bistum, hätte die Aufmerksamkeit, die er seinen Diözesanen und Untertanen widmen sollte, noch weiter vermindert. Es ist ja denkbar, dass Karl damals die Resignation seines Bischofsamtes nicht ausgeschlossen hatte und wie sein Bruder Leopold verfahren wollte, der den Bistümern Passau und Straßburg als Vierzigjähriger entsagte und bald als weltlicher Fürst mit Frau und Familie regierte. Im Dienste der Habsburger gab es den einen oder anderen, der so eine Wendung in seiner Laufbahn erwartete. In den Verlautbarungen des Bischofs zur Reise nach Spanien finden sich allerdings keine Anzeichen dafür, dass er jemals an einen solchen Schritt dachte. Eine umfassende und energische Amtsführung in seinen beiden schlesischen Positionen kann man dem Erzherzog nicht zuschreiben. In mancher Beziehung hatte seine Regierungstätigkeit aber durchaus positive Resultate. Bei der Auswahl seiner bischöflichen und landesherrlichen Beamten erwies er sich als kompetent oder wenigstens glücklich. Da er oft von Neisse und Breslau und so gut wie ständig von Brixen abwesend war, kam den Männern, die ihn in seinen Diözesen und Hochstiften vertraten oder ihm überhaupt bei den Regierungsgeschäften zur Hand gingen, besondere Bedeutung zu. Bei der Zusammensetzung seiner engsten persönlichen Umgebung, nachweisbar bei den Kammerherren, bewies er schon in seinem ersten Jahr, dass er hier ganz nach seinem eigenen Willen entscheiden wollte. Leute, die man ihm zugewiesen hatte, entließ er, weil sie ihm unsympathisch waren, an anderen hielt er fest und beförderte sie sogar, obwohl seine österreichischen Berater sie als fehl am Platze betrachteten, da sie den Erzherzog nicht auf die Bahn eines pflichtbewussten und verantwortlichen Herrschers zu leiten schienen. Nicht Eignung und Kompetenz der Ernannten, sondern Zuneigung des Fürsten und persönliche Anziehung schienen jedoch bestimmend zu sein. Dem einen oder anderen solcher ihn ansprechenden Menschen gab er wichtige Stellen in seiner Verwaltung und sie bewährten sich auch und dienten ihm auf viele Jahre. Nur

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selten brachte ihn die Wahl eines Mannes, den er in seinen Dienst gezogen hatte, in Verlegenheit, wie im Falle des Kanzlers Nikolas Boneth in Brixen. Ansonsten zeigte er sich in der Auswahl seiner Berater und höchsten Beamten eher vorsichtig und konservativ. Den Heinrich Buchta, Hofrichter schon seines Vorgängers, der sich eindeutig der Korruption schuldig gemacht hatte, jagte er sofort aus dem Amt und ersetzte ihn durch den Neffen eines früheren Bischofs, einen Gutsbesitzer, der das Amt bereits vorher innegehabt hatte. Er behielt in seinem Dienst auch sonst erprobte Männer, die sich unter seinen Vorgängern als tauglich und loyal erwiesen hatten, wie den Kanzler Willenberger. Ungern erlaubte er dem langjährigen Neisser Bürgermeister Kaspar Gebauer aus seinem Amt zu scheiden und überhäufte ihn dann mit Gunsterweisen. Für das Breslauer Bistum hatte Karl mehrmals Gelegenheit, einen Weihbischof vorzuschlagen, er entschied sich jedes Mal für hochverdiente und vortrefflich ausgebildete Mitglieder des Domkapitels oder, in einem Falle, für einen wohlvorbereiteten Kandidaten von anderswo. Der Weihbischof in Brixen während seiner Zeit als Bischof und der Administrator, auf dessen Ernennung er zweifellos Einfluss hatte, förderten die katholische Reform, erwiesen sich überhaupt als die richtigen Männer am Platz. Wenn es darum ging, als Bruder des Kaisers und hoher Beamter selbst besondere Missionen zu übernehmen, da zauderte der Erzherzog oft lange mit einer Entscheidung, manchmal lehnte er am Ende sogar ab. Für die Statthalterschaft in Böhmen nach dem Sieg am Weißen Berge war er nicht zu haben und schon gar nicht als Vorsitzender beim Strafgericht über die böhmischen Rebellen. Dass ihm in Schlesien das Amt des Oberlandeshauptmanns von ­Kaiser Rudolf vorenthalten wurde, sah er als eine Beleidigung, aber als ­später ­Kaiser Ferdinand daran dachte, ihm diese Stellung doch zu übertragen, hatte er Bedenken und nichts wurde aus solchen Plänen. Ferdinands Absicht, ihn auf ein paar Wochen als seinen Vertreter in Wien zu ernennen, verursachte ihm Herzklopfen, er befragte sich bei Leopold, und am Ende war es der Bruder, der an seiner Stelle die Rolle übernahm. Als ihn Ferdinand 1621 zweimal nach Dresden schickte, um den Kurfürsten von Sachsen mit der vom ­Kaiser bereits entschiedenen Übertragung der Kurwürde an Bayern zu besänftigen, hielt ihn einer der kaiserlichen Geheimräte für diese Aufgabe zu willensschwach und beeinflussbar, ein anderer trichterte ihm genau ein, wie er sich in Dresden verhalten sollte, und der Herzog von Bayern warnte ihn, sich nur nicht „überschnarren“, also übervorteilen zu lassen. Zunächst sah der Bischof sich anscheinend gern im Rang eines Generals, des Oberbefehlshabers der ständischen Truppen in Schlesien, aber nach zwei Jahren trat er das Amt erleichtert an einen anderen schlesischen Fürsten ab. Die Reise nach Spanien unternahm er nur auf ausdrückliches Gebot des Kaisers, und je näher der Tag des Aufbruchs kam, desto geringer war sein Enthusiasmus für das Unternehmen. Als Bischof von Breslau war seine dringendste Aufgabe – und das oberste Geheiß offensichtlich von ­Kaiser und Papst –, einer weiteren Ausbreitung des protestantischen Bekenntnisses Einhalt zu gebieten. In der Erfüllung ­dieses Auftrags verbrauchte er

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seine Energien und lag schließlich das Wesentliche, was er als Herrscher erreichte. Eine Rekatholisierung hatte man im Falle der ganzen Provinz schon längst als aussichtslos erkannt, sie gelang ihm kaum über das bischöfliche Fürstentum hinaus. Man muss sich auch fragen, was der Bischof als Anwalt und Vorkämpfer der Gegenreformation hätte in Schlesien erreichen können ohne den Sieg Ferdinands und der Katholischen über die Aufständischen in Böhmen, denen sich die protestantischen Fürsten und Stände Schlesiens blindlings angehängt hatten. Aber das beharrliche und für ihn ganz selbstverständliche Festhalten an den Glaubenssätzen und Gewohnheiten der alten Religion machte den jungen Habsburger zum geeigneten Instrument der Gegenreformation. Was auch immer ihn zeitweilig ablenken mochte, für den katholischen Glauben war er bereit, sein Leben einzusetzen, sein Blut zu vergießen, wie er den Kapitelherren und so manchem Korrespondenten, auch dem Papst, versicherte.3 In dieser Unerschütterlichkeit lag wohl auch der Grund für den hohen Respekt, den sein Bruder, ­Kaiser Ferdinand, der scharfe Kritiker des Bischofs in seinem wilden ersten Jahr, ihm ­später erwies. Auch die Domherren und die tonangebenden katholischen Adligen und bischöflichen Beamten, die alle die katholische Restauration ersehnten, lernten bald den Erzherzog als einen unbeugsamen Streiter für die katholische ­Kirche schätzen. Karls Schritte zur Eindämmung der Protestanten blieben auf sein Fürstentum, eigentlich so gut wie auf die Stadt Neisse beschränkt und die Mittel waren Nötigung zur Kommunion unter einer Gestalt, Hinderung der Zuwanderung von Evangelischen und ihres Zugangs zum Bürgerrecht und zu den Zünften, ­später die behördlich verordnete Teilnahme aller Einwohner an katholischen Ritualien. Nach der Eroberung von Glatz 1622 kamen wenigstens in der Grafschaft strengere Maßnahmen, aber diese ein Ausfluss der kaiserlichen Politik, die den Glatzern die g­ leiche brutale Behandlung angedeihen ließ wie den Böhmen: Konfiskation von Landgütern der Evangelischen, Ausweisung der Prädikanten und evangelischen Lehrer, Besetzung aller öffentlichen Ӓmter mit Katholiken. Im Fürstentum Neisse forderten erst die bischöflichen Administratoren in der Zeit seines Nachfolgers von den evangelischen Gutsherren die Herausgabe der Kirchenschlüssel und suchten durch Visitationen und Besetzungen der Pfarreien die Leute wieder in die alte ­Kirche zu zwingen. Niemals beauftragte der Bischof seinen Weihbischof oder Archidiakon, ein Dorf seiner Diözese nach dem anderen zu besuchen und die Leute durch Predigt oder mit Gewalt wieder katholisch zu machen, wie es Bischof Martin Brenner persönlich in der Steiermark und Kärnten getan hatte. Sein Stand gegen den Protestantismus in Schlesien und für die alte ­Kirche manifestierte sich am sichtbarsten in seiner Zurückweisung des Majestätsbriefes, speziell in seiner Weigerung, eine wesentliche Konzession, nämlich freie Religionsausübung für die Anhänger der Augsburgischen Konfession auch in geistlichen Territorien zu akzeptieren. Darin lag die Bedeutung der während seiner ganzen Regierungszeit ausbrechenden Scharmützel mit den Neisser Evangelischen über Errichtung von ­Kirche und Schule, Anwesenheit eines ­Prädikanten 3 K astner : Beiträge 1500 – 1655, Kapitelprotokolle, 05. 02. 1610, S. 142.

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oder Einführung des protestantischen Begräbnisritus. Die erbitterten evangelischen Untertanen seiner Residenzstadt taten dem Bischof eigentlich einen Gefallen mit ihrem wiederholten Appell an den Fürstentag, denn damit stand der katholische Widerstand immer wieder auf der Tagesordnung des höchsten schlesischen Regierungsorgans und konnte jeder den Bischof als unermüdlichen Streiter für den alten Glaubens erkennen. Die Position des Erzherzogs machte es dann auch leichter für die Regenten kleinerer Herrschaften, die am katholischen Bekenntnis festhielten und ihre Untertanen mit der katholischen K ­ irche versöhnen wollten. Wirkungsvolle Schritte zur katholischen Reform, zur inneren Stärkung der ­Kirche in dem, was vom Bistum katholisch geblieben war, oder auch nur in seinem Fürstentum können wir von einem, der weder die Kirchenlehren studiert noch jemals als Seelsorger gearbeitet hatte, kaum erwarten. Das Ungenügen letzten Endes des Mannes als Hirte, Lehrer und Lenker so vieler tausender Katholiken führte sich auf das System zurück, das auf Grund dynastischer oder politischer Überlegungen sich mit dem Regenten eines geistlichen Territoriums abfand, der trotz seines Titels nicht in den geistlichen Stand eintrat. Die vielen Abwesenheiten, wohl auch die beträchtlichen Ausgaben für Personal, Reisen und Sammlungen verhinderten dann auch andere Schritte, um die katholischen Überzeugungen zu festigen. Ein alternatives Regierungsprogramm statt seiner sporadischen und unschlüssigen Reformansätze kann man sich vorstellen. Man denkt hier an die vielen Dorfkirchen, die Julius Echter, noch fast ein Jahrzehnt lang Karls Amtsgenosse, in der Diözese Würzburg baute, erkennbar noch heute im Fränkischen an den charakteristischen Julius- oder Echtertürmen, oder die zahlreichen Verordnungen, durch ­welche Echter das religiöse Leben seiner Diözesanen zu regeln und zu stärken suchte. Dabei will man nicht vergessen, dass abgesehen von seiner befristeten Amtszeit dem Erzherzog im Bistum Breslau angesichts des Erstarkens der Protestanten in den vorhergehenden Jahrzehnten eine besonders schwierige Aufgabe zufiel. Ludwig Petry beurteilte Karl als energischen und erfolgreichen Führer der katholischen Partei in Schlesien.4 Aus der katholischen Perspektive war seine Herrschaft ein Erfolg, kein Triumph, aber ein bescheidener Sieg, der in den von ihm beherrschten Territorien – dem bischöflichen Fürstentum, der Grafschaft Glatz, den Fürstentümern Oppeln-Ratibor – das Fundament für ein Gelingen der katholischen Reformation legte. Die Hoffnungen, ­welche der Erzherzog von Steiermark und spätere ­Kaiser, der Papst, die Nuntien in Graz und Prag, Karls Betreuer und Erzieher wie Georg Stobaeus und Jakob Eberlein unterhielten, erfüllten sich mehr oder weniger. Die Kosten waren enorm: wirtschaftlicher Niedergang in Neisse, Krieg und Zerstörung in der Grafschaft Glatz, das unglückliche Leben der Schlesier, die sich in der katholischen ­Kirche fremd und unterdrückt fühlten. Dass ihm die Evangelischen in Neisse unterlagen, ist letzten Endes auf seine Stellung 4 P etry : Politische Geschichte unter den Habsburgern, in: P etry und M enzel : Geschichte Schlesiens 2, S. 48 – 57.

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als Habsburger zurückzuführen, hatte aber viel mit der Hartnäckigkeit zu tun, mit der er den Neissern das von ihnen gesuchte Leben nach Luthers Evangelium in der Stadt verwehrte. Was die Förderung des alten Glaubens betraf, so hoffte Karl, dies vor allem mit Hilfe der Jesuiten zu erreichen. Als Bischof dürfen wir den Erzherzog von Österreich nicht nach den Ideen des Konzils von Trient beurteilen, nach den Bischofsspiegeln des 16. Jahrhunderts oder dem Leben und Wirken der hervorragenden Vertreter ihres Standes im Zeitalter der katholischen Reform. Damals entstand ein ganz neues Bild eines Bischofs, ein Idealbild, das sich auf die Evangelien, die Schriften der Väter oder mittelalterlicher Autoren wie Bernhard von Clairvaux stützte. Das Hirtenamt des Bischofs betrachtete man jetzt als den Kern seiner amtlichen Tätigkeit und betonte deshalb die vom Bischof ganz persönlich betreute Seelsorge und damit die Predigt, die Anwesenheit an Ort und Stelle, die evangelische Einfachheit.5 Zu so einem Leben fühlte sich Karl nicht berufen. Selbst der Papst, in ­diesem Falle der Borghese Paul V., gewissenhaft und von tiefer persönlicher Frömmigkeit, bemühte sich nicht immer um ­solche Bischöfe und zog in ­diesem Falle einen dynastisch-verknüpften Laien im Bischofsamt vor. So ein Bischof konnte mit den rechten Beratern die damals als notwendig verstandenen Aufgaben ausführen – die Synoden, Visitationen, die Behebung des Priestermangels. Was fehlte, war das persönliche Engagement, das spirituelle Band mit seiner Herde als Erbe der Apostel, der die Sakramente spendete, die „apostolische Gesinnung“ besaß. Der Erzherzog stand in der Tradition der ins Weltliche verstrickten deutschen Fürstbischöfe, denen „die Verpflichtung zum regimen spirituale und zur conversatio episcopalis, der Vorrang ihrer geistlichen Mission […] immer wieder ins Gedächtnis gerufen werden“ musste (Jedin). Es ist aber bemerkenswert, dass der Erzherzog, so ganz ein Bischof traditionellen Stils, in seinen letzten Tagen eine besondere Zuneigung zu dem eben erst kanonisierten Bischof Karl Borromäus empfand, der doch das neue Bischofsideal verkörperte. Als Fürst und Landesherr regierte Karl das Fürstentum Neisse und die verstreuten Besitzungen des Hochstifts Brixen. Gleichgültig, wie winzig so ein Territorium sein mochte, es reihte den Bischof unter die regierenden Fürsten ein. Obwohl er in den wenigen ihm vergönnten Jahren oft woanders sein wollte, war der Erzherzog durchaus nicht untätig in den von ihm verwalteten Territorien. In seinen sechzehn Regierungsjahren lernte er wohl ein wenig, worin eine „gesunde Staatskunst“ in seiner Zeit bestand, sie zu üben versagte ihm der enge Tätigkeitsbereich, der ihm offenstand. Karl lebte wie ein absoluter Fürst seiner Zeit, hatte seinen Platz im Lehnsverband (er war Lehnsmann des Königs, die Adligen seine Lehnsleute), unterhielt einen teuren Hofstaat, kommandierte Soldaten (er legte sich eine enorme Sammlung von Waffen in seinen Rüstkammern an, lieh sich sogar ein paar Kanonen von der Stadt Breslau und vom 5 J edin : Das Bischofsideal der Katholischen Reformation, S. 75 – 117, besonders S. 78 – 81, 99, 100, 102, 107; der hl. Karl Borromäus verwirklicht das neue Ideal, ebd., S. 111 – 113, 116 f.

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Deutschen Orden), ließ Medaillen und Münzen mit seinem Bild schlagen, baute sich einen neuen Palast, sammelte Kostbarkeiten und Kuriositäten, engagierte Hofmaler, Goldschmiede, Münz- und Medaillenpräger und andere Künstler und Handwerker, selbst ein Orchester. Als Vierzehnjährigen malte ihn ein Hofmaler in der Soutane des Klerikers, ­später wollte er lieber in weltlicher Aufmachung dargestellt werden. Er schätzte eine ausgesuchte Garderobe, ein Garderobiere begleitete ihn nach Spanien und wurde ­später geadelt. Der Verwaltung seines schlesischen Fürstentums schenkte er kaum weniger Aufmerksamkeit als seine Vorgänger, die ja oft von ihren Pflichten als Oberlandeshauptmann abgelenkt wurden. Eingeengt, wie er als Herrscher eines Zwergstaates war innerhalb des immer tiefer eingreifenden und durchdringenden Beamtenapparates der Habsburger, blieben ihm wenig Möglichkeiten, einen tiefen Eindruck auf seinen kleinen Staat zu machen. Wiederholt reichte die Wirkung seiner landesherrlichen Direktiven kaum über die bischöfliche Residenzstadt hinaus. Die Grenzen des Bischofsstaates blieben in seiner Regierungszeit die gleichen. Karl bewirkte kleine Veränderungen, vielleicht sogar Verbesserungen, in der Art und Weise, wie man die Stadt Neisse regierte, überwachte die Verleihung des Bürgerrechts, sorgte sich um die Ausbildung der Stadtwachen, gab der Stadt Klausen in Tirol einen Stadtrat und erteilte im Bistum Brixen eingehende Vorschriften für die Führung des Hofrats, Hofgerichts und Administratorenamts. Er erließ Zoll- und Mühlordnungen in Neisse, in Brixen selbst in seiner Abwesenheit Bettler-, Metzger-, Schuhmacher- und andere Ordnungen. Eine Akte im Brixener Diözesanarchiv enthält 167 ­solche Erlasse aus Karls Regierungszeit.6 So ein wenig im Vorübergehen an den Routinen der Amtsleute oder den überkommenen Einrichtungen herumzubasteln, gefiel ihm anscheinend, auf viel Vertrautheit mit den Prozessen der Verwaltung oder ein besonderes Interesse an solchen kann man daraus kaum schließen. Aber das Wohl seiner Untertanen und die Beschwichtigung seiner unzufriedenen Landsassen lagen ihm am Herzen. Auf die noch vor seinem Amtsantritt vorgebrachten Gravamina der Landstände im Neisser Fürstentum, die das bischöfliche Regiment seines Vorgängers scharf kritisierten, antwortete er prompt und versöhnlich. Nicht alle Verwaltungsakte seiner Regierungszeit in Neisse hatten nur das Ziel, die katholische Stadt gegen das Überhandnehmen der Evangelischen zu sichern; er wollte das Los seiner Untertanen verbessern. Mit den Bauern in den bischöflichen Dörfern traf seine Regierung Abmachungen, die ihre Auflagen und Fronen genau bestimmten und damit willkürlicher Erweiterung der bäuerlichen Lasten Grenzen setzten. Das Gerichtsverfahren in seinem ersten Regierungsjahr gegen einen der höchsten Beamten der bischöflichen Verwaltung, den Hofrichter Heinrich Buchta von Buchtitz, und in ­diesem Zusammenhang die systematische Sammlung durch einen bischöflichen Beamten von Beschwerden über Buchtas Untaten in einundvierzig bischöflichen Dörfern hatten keine Vorbilder in Schlesien oder anderswo 6 DA Brixen, Hofarchiv, Hofakte 28.084, ein Sammelakte, sie enthält die 167 Ordnungen oder Verordnungen aus der Zeit z­ wischen dem 17. Juli 1613 und dem 27. Januar 1625.

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im Reich. Der vergleichbare Prozess in Wien gegen den Präsidenten der Wiener Hofkammer wegen Veruntreuung kam erst ein halbes Jahrhundert ­später.7 Die Anregung zu seinem drastischen Eingreifen gegen den bischöflichen Hofrichter gab aber wahrscheinlich sein damaliger Mentor und Hüter, der Bischof von Gurk, der im Auftrage des Salzburger Erzbischofs Klagen der Bischofsuntertanen untersucht hatte. Der Aufkauf mehrerer Gutsbetriebe vermehrte die Zahl der bischöflichen Güter und beweist, dass der Bischof die Ausbreitung der Gutswirtschaft zur Förderung der bischöflichen Einkünfte zu ­nutzen wusste. Der Erwerb eines Grundstücks vor dem Eingang zum Schloss und der Bau dort eines neuen bischöflichen Palasts führten zu einer Bautätigkeit in Neisse, wie sie ein Bischof in der Stadt ein Jahrhundert lang nicht mehr inspiriert hatte. Das Sankt-Annen-Seminar, das Jesuiten-Gymnasium Carolinum und die Kollegienkirche Zur Himmelfahrt Mariae, heute noch bestehende Baulichkeiten, deren Planung und Dotierung auf seine Initiative zurückgingen, wurden allerdings erst nach seinem Tode, teils Jahrzehnte ­später, errichtet. Ihm allein verdankte aber die Gesellschaft Jesu den Anstoß zu ihrer Niederlassung in Neisse und ihr Wirken dort bis zur Auflösung des Ordens anderthalb Jahrhunderte ­später.8 Er trug sich auch mit der festen Absicht, in Neisse eine Universität mit allen vier Fakultäten zu errichten, und bestimmte noch vor seinem Aufbruch nach Spanien genau, wo die Gehälter der juristischen und medizinischen Professoren herkommen sollten. Wie andere schlesische Fürsten suchte er dem Chaos einer Inflation durch Münzverschlechterung zu begegnen, seine Münzen galten dann bald als die schlechtesten im ganzen Lande. Mit hohen Militärausgaben verschonte er seine Untertanen, seine Leibkompanie, als er das Generalat innehatte, wurde aus schlesischen Steuergeldern bezahlt. Leider tat der Krieg im letzten Drittel seiner Herrschaft seinem kleinen schlesischen Fürstentum ungeheuren Schaden. Obwohl eine unmittelbare Teilnahme des Bischofs nirgendwo belegt ist, so saß doch sein Hofadvokat Gericht bei der ersten Massenverfolgung von Hexen im Bistumslande, im Jahre 1622; dass man damals mehrere Frauen nach einem sadistischen Prozess zu Tode brachte, konnte doch nicht ohne sein Wissen und seine Zustimmung geschehen. Im Gegensatz zu seinem Neffen und Breslauer Nachfolger Karl Ferdinand, der befahl, Urteile in Hexenprozessen zu überprüfen und Verdächtigte freizusetzen, ließ Karl dem obrigkeitlichen Foltern und Töten seiner Untertanen freien Lauf. Karls Milde und Menschenliebe werden von Zeitgenossen des Öfteren bemerkt, aber er ordnete die geheime Exekution eines besonders obstinaten Neisser Evangelischen an. Manchmal drohte er leichtfertig, er werde ein paar Opponenten unter dem gemeinen Volk köpfen lassen; seinem Bruder Leopold empfahl er, einen Wilddieb auf die Galeere zu ­schicken oder aufzuhängen, wenn er ihn fangen könnte. Als General in Schlesien ließ er einen Adligen wegen nicht identifizierter Vergehen auf dem Breslauer Neumarkt hinrichten. 7 K örbl : Die Hofkammer und ihr ungetreuer Präsident. 8 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 369 – 386.

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Abb. 12: Erzherzog Leopold von Habsburg 1586 – 1632; Bischof von Passau und Straßburg bis zur Resignation 1626, Landesfürst von Tirol seit 1619. Kupferstich von Wolfgang Kilian, in: Serenissimorum Austriae ducum, archiducum, regum, ­imperatorum genealogia, Augsburg 1623. Princeton University Library, Special Collections, Princeton, New Jersey.

Nächst der katholischen ­Kirche fühlte sich der Erzherzog dem Hause Habsburg ergeben und verpflichtet. Außer der Herrschaft Ferdinands war es wohl die seinige, die Paul V. glauben ließ, „[d]iese erhabene Familie sei schon immer eine Pflanzstätte der Frömmigkeit und ein Bollwerk der Katholischen gewesen“.9 Karl war ein Enkel Ferdinands I., wusste sich als Nachfahre von Kaisern und pflegte ihr Andenken. Auf der Reise nach Madrid befanden sich ihre selbstverfassten Lebensberichte in seinem Reisegepäck und er gab ein österreichisches „Ehrenwerk“, gemeint eine Geschichte des Hauses Habsburg, in Auftrag, das auch vollendet wurde, aber sich bisher nicht entdecken ließ. Die 9 An Pietro Antonio da Ponte, 24. 10. 1610, Silvano G iordano Hg.: Le istruzioni generali di Paolo V. ai diplomatici pontifici 1605 – 1621, a cura di S. Giordano OCD, Instructiones pontificum Romanorum 1 – 3, Tübingen 2003, hier 2, S. 691: Quella Ser.ma famiglia è stato sempre un seminario di pietà et un propugnaculo de’ cattolici. Der Papst stellte das gegenüber dem Grazer Nuntius fest, gleich nachdem er von Erzherzog Karl gesprochen hatte.

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andauernden Kontakte mit Mitgliedern seiner Familie, die vielen Reisen nach Wien und Graz und die langen Aufenthalte dort, die häufigen Loyalitätsbekenntnisse gegenüber seinem Bruder Ferdinand, überhaupt sein Einwilligen in die geistliche Karriere, für die ihn seine Familie bestimmt hatte, vielleicht unvermeidbar, aber doch nach anfänglichem Widerstand ganz bewusst auf sich genommen, sind die ­Zeichen dafür. Loyalität gegenüber den Mitgliedern seiner Familie galt dem jüngeren Bruder als selbstverständlich. Nichts konnte seine Anhänglichkeit an Ferdinand erschüttern. Der ältere Bruder, zwölf Jahre vor ihm geboren, hatte in seinem Herzen die Vaterstelle eingenommen (Karls Vater starb vor der Geburt des Bischofs) und kein Zeugnis beleuchtet das Verhältnis besser als der Brief des Achtzehnjährigen, in dem er sich in hundertzweiundvierzig Worten bei Ferdinand für sein Benehmen entschuldigt. Der ältere Bruder zeigte die ­gleiche Anhänglichkeit, er glaubte im Sommer 1621, die Abwesenheit des jüngeren würde ihn in Melancholie oder gar ein Siechtum versinken lassen.10 Karl verbrachte seine frühen Jahre, manche glauben, selbst noch sein öffentliches Leben, im Schatten Leopolds.11 Der vier Jahre ältere Bruder war selbstbewusst, martialisch, verschlagen, eine vitale Persönlichkeit, Herrschaft ausüben fiel ihm leicht, er war aber auch unvorsichtig, geneigt zu riskanten Unternehmen, ein Intrigant. Jahrelang schwebte ihm ein weltliches Leben vor mit einem erblichen Fürstentum, mit Heirat, Familie und als Stammvater seiner eigenen Linie, ehe er ­solche Ambitionen verwirklichte, obwohl ihm die Nachfolge im Amt seines Gönners, ­Kaiser Rudolfs II., oder der erstrebte Aufstieg zum Großfürsten von Moskau entgingen.12 Dagegen erscheint Karl, in seinen Kinderund Jugendjahren verspielt und zu Streichen aufgelegt, ­später, in der Ausübung seiner Amtspflichten, zurückhaltend, zaghaft, sich nach Rat und Zustimmung umsehend. Beide Brüder waren demonstrativ religiös und den Jesuiten zeit ihres Lebens ergeben, führten eine elegante Hofhaltung, förderten die Musik, unterhielten Maler und andere Künstler, interessierten sich für die wissenschaftlichen Erkenntnissen eines Scheiner. Beide luden ihren Territorien enorme Schulden auf. Die Brüder waren aber grundverschiedene Naturen und man darf sie nicht über einen Kamm scheren. Deutlich ging dem jüngeren Bruder Leopolds Einsicht in die politischen Zusammenhänge ab oder dessen Verständnis komplizierter rechtlicher und finanzieller Verhältnisse, wie ihn sein Bruder überhaupt in der Veranlagung zum Herrschen übertraf; dieser galt aber auch als einer der klügsten und listigsten unter den zeitgenössischen Fürsten im Reich. Leopold verfolgte eigensüchtige Ziele, die dem Hause Habsburg und dem Deutschen Reich schadeten. Die Rekrutierung von 13.000 Soldaten, der „Passauer“, stellte eine 10 So sagt Karl dem Bruder Leopold, Innsbruck TLA, Alphabetisches Leopoldinum II 29 [54, 55, 56], 28. 07. 1621. 11 „Die Korrespondenz mit seinem Bruder Leopold legt nahe, daß Karl keine wesentlichen Entscheidungen – auch und gerade in seinem Breslauer Bistum – ohne ihn getroffen hat“; K öhler : Revision eines Bischofsbildes, S. 109. Eine so sklavische Anlehnung an den Bruder, besonders in schlesischen Dingen, sehe ich nicht. 12 E gger : Geschichte Tirols 2, S. 360 – 362.

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außerordentliche Belastung seines Bistums dar, ihr Einfall und brutales Verhalten in Österreich und Böhmen 1611 im Interesse Rudolfs II. führten zu Verwüstungen und Massenverlusten. Seine ehrgeizigen Pläne standen offensichtlich in Konflikt mit denen seines ältesten Bruders, des Kaisers. Niemals wäre Karl wie Leopold in ernsten Gegensatz zu Ferdinand getreten, hätte er Zweifel an seiner Treue zum Bruder aufkommen lassen oder gar einen Kriegszug gegen einen habsburgischen Verwandten unternommen. Peinlichkeiten wie Leopolds Beziehung zu einem Hauptmann Galenberg, der ihm geschwätzige Briefe voll von Gerüchten und Unverschämtheiten schickte, kann man dem Breslauer Bischof nicht nachsagen.13 Karl war letzten Endes maßvoller, besonnener, vernünftiger in seinem Urteil. Zwar hatte er seine eigenen Ambitionen, sie waren aber konventionell: andere Bistümer, Kanonikate, Pensionen, was alles auf mehr Einkommen hinauslief. Zum Feldherrn fühlte sich der Bischof von Breslau bestimmt nicht berufen, trotz der Anhäufung von so viel Kriegszeug im neuen Neisser Palais und des Kommandos auf zwei Jahre über die Soldateska der schlesischen Fürsten und Stände. Leopold besaß, was man damals von einem Fürsten erwartete, nämlich die Lust, Krieg zu führen, trat gern mit militärischem Pomp auf, stellte sich an die Spitze von Truppen und musste bei Hagenau eine richtige Schlappe einstecken. Dem Breslauer Bischof ging diese Passion ab. Es war kein Wunder, dass die Staatsmänner in Madrid, die von Leopolds inquietum ingenium wussten, sich für ihn als Vizekönig in Portugal nicht begeistern konnten und eher vermuteten, der ­Kaiser wollte Leopold im Reiche loswerden. Bei der habsburgischen Politik, wie sie Ferdinand und seine Geheimräte in Karls Tagen aussannen, spielte der Breslauer Bischof kaum eine Rolle, auf keinen Fall als Urheber. Hier war er nur Jasager oder bestenfalls gelegentlich Handlanger, so, als ihn der ­Kaiser zur Ausführung des Spanienprojekts nach Madrid kommandierte. Die unheilvollen Entscheidungen in Wien, die den innerdeutschen Krieg um viele Jahre verlängerten und so viel Leid für die Einwohner des Reiches und Ruin des von ihnen und früheren Generationen Geschaffenen mit sich brachten, kamen erst, als er schon in seiner spanischen Gruft ruhte. Einen Einblick in die Persönlichkeit des Erzherzogs gibt uns, was er in seinen hohen Positionen tat oder zu tun unterließ, was andere über ihn sagten und wie er sich selbst in dem von ihm Geschriebenen enthüllt; eine Selbstdarstellung enthalten seine Briefe und sein Reisetagebuch. Am Anfang seines öffentlichen Lebens zeichneten die Bischöfe Lamberg und Stobaeus in fünf oder sechs Schreiben ein treffendes Bild des achtzehnbis zwanzigjährigen Erzherzogs. Selten werden wir so eingehend über eine Herrscherpersönlichkeit jener Tage informiert. Aber es ist das Porträt eines kaum der Kinderstube 13 Evermod H ager : Ein ‚hochfürstliches Geheimnis‘ aus dem Beginne des Dreissigjährigen Krieges: Das Verhalten des Erzherzogs Leopold gegen seinen Bruder Ferdinand II. am Vorabende der österreichischen Ständeerhebung, in: Forschungen und Mitteilungen zur Geschichte Tirols und Voralbergs 4 (1907) S. 373 – 386, über die Persönlichkeit besonders S. 386.

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entwachsenen jungen Mannes in einem Moment, als es ihm nicht leicht fiel, sich auf die Anforderungen seines Amtes einzustellen, und es ergänzt bestenfalls das Bild des auf sich selbst gestellten, seine eigenen Entscheidungen treffenden Kirchenfürsten und Landesherrn. Der Erzherzog gab zu, er sei zu träge, immer selbst zur Feder zu greifen, und diktierte lieber einem seiner Sekretäre. Was wir an schriftlichen Zeugnissen aus seiner Hand besitzen, geht nicht über ein paar Briefe und Patente und die zwanzig Seiten seines Tagebuchs hinaus, im Ganzen weniger als zwanzigtausend Worte. Viel von dem Erhaltenen entwarfen sicherlich andere, aber die ihm eigene umständliche Manier, sich auf Deutsch verständlich zu machen, kann man in den meisten der in seinem Namen erhaltenen Schreiben entdecken. Wenn er etwas zu sagen hatte, konnte er sich klar und unmissverständlich ausdrücken, obwohl er es selten auf die schlichteste Weise tat. Bei anderen Gelegenheiten, so den Neujahrswünschen an Verwandte, verfiel er in einen verschraubten, bis an Unverständlichkeit grenzenden Stil. Ganz selten schrieb er selbst einen lateinischen Brief, wie einmal aus Neisse an Ferdinand, als er gerade die Zügel im Bistumslande in die Hand genommen hatte, in einem Stil, der an das „Reuterlatein“ anderer Habsburger erinnert. Den belehrenden lateinischen Briefen des Georg Stobaeus konnte er bestimmt selbst folgen, die geschliffenen Schreiben in seinem Namen an den Papst verfassten offensichtlich andere. Er war aber durch jahrelange Praxis genügend in der alten Sprache versiert, dass er häufig einen lateinischen Begriff dem von ihm Diktierten oder Geschriebenen einfügte, vielleicht weil er den entsprechenden deutschen nicht kannte. Bei der Verwendung lateinischer Kasus machte er keine Fehler, im Gegensatz zum Gebrauch der deutschen. Selbst das Italienische beherrschte er nicht genügend; eine Obszönität auf Italienisch ließ er dem Tagebuch einfließen, aber zur Konversation mit dem venezianischen Gesandten brauchte er einen Dolmetscher. Aus dem von ihm Geschriebenen ergibt sich das Bild eines Mannes nicht von erstrangiger Intelligenz, aber doch von einer gewissen Gescheitheit, sehr auf Respekt für Person und Meinungen seines Adressaten bedacht, etwas unsicher, aber doch gewillt, seine eigenen Interessen gegenüber anderen zu behaupten; den Wünschen Leopolds konnte er widerstehen, obwohl er die Ablehnung in respektvolle Phrasen kleidete. Einen luxuriösen Lebensstil wollte und konnte sich der Erzherzog leisten, innerhalb der Grenzen, die ihm seine bescheidenen Mittel setzten. Die widerspenstigen Neisser sorgten dafür, dass er sich nicht ungestört eines Fürstenlebens erfreuen konnte, wie er gern getan hätte. Essen und Trinken schätzte er, als Jugendlicher neigte er dabei zum Exzess, und wie die Leute seines Standes in jenen Tagen pflegte er sicher ein Leben lang eine exquisite und kostspielige, aber nicht unbedingt gesundheitsfördernde Diät.14 In Brixen bestellte er sich ausgesuchte Meerestiere der Adria aus Venedig, er genoss den Wein der Habsburger Länder von Burgenland bis Barcelona und war einem 14 Sein Bruder Maximilian Ernst litt von Jugend auf an chronischem Fieber und war übermäßigem Essen und Trinken ergeben; N oflatscher : Maximilian der Deutschmeister, S. 289.

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Gelage mit ein paar trinkfreudigen Kumpanen, wie seinem polnischen Neffen, dem Obersten seiner Leibgarde oder einigen Kammerherren, nicht abgeneigt. Nach einem erfolgreichen Fang in einem seiner Teiche suchte er selbst die besten Forellen für die Küche aus. Die Reisekosten auf dem Wege nach Madrid versuchte er niedrig zu halten, indem er die Gastfreundschaft der Amtsleute oder Anhänger seines Hauses ausnützte. Die vornehmsten seiner Reisegefährten, wie der Fürst Schwarzenberg, mussten selbst für ihre Ausgaben aufkommen. Mit Geld wusste er nicht umzugehen, er gab es leichtsinnig rechts und links aus und vererbte den Brixenern die immensen „carolinischen Schulden“, die man erst Jahrzehnte nach seinem Tode abtragen konnte. Seine Geldnöte schufen Abhängigkeiten, die kaum der Würde seiner Ӓmter entsprachen. In fünf Briefen nach Polen ging es ihm um zwei „Klepper“, Reitpferde, die man ihm am Königshof versprochen hatte. Juweliere, Buchhändler, Handwerker warteten noch Jahre nach seinem Tode auf Bezahlung. Bargeld ging ihm wiederholt aus, in Genua musste er sich ein paar tausend Taler leihen, ehe er seine Spanienreise fortsetzen konnte, in Neisse zahlte er für das Grundstück, auf dem er seinen neuen Palast baute, mit einem Schmuckstück. Die angehäuften Kostbarkeiten in seinen Sammlungen stellten wohl auch eine Art von Versicherung dar, als der Krieg und die Manipulierung der Währung seine Einkünfte reduzierten. Ein geistlicher Fürst im Alten Reich diente selten als Vorbild für seine Untertanen in seinem persönlichen religiösen Leben, Erzherzog Karl hingegen war ein Mann von echter katholischer Frömmigkeit. Es gab vielleicht in seiner Vergangenheit nicht zu übersehende Verstöße gegen die katholischen Sittengebote, die verhinderten, dass seine Umgebung sich übertriebene Vorstellungen von seiner Gläubigkeit und Tugendhaftigkeit machte, wie im Falle ­Kaiser Ferdinands, in dessen Entourage einige nicht genug von seiner Frömmigkeit reden konnten und allen Ernstes den ­Kaiser als Kandidaten für die Kanonisation betrachteten.15 Offensichtlich sagte Karl dem schlesischen Fürstentag nicht die Wahrheit, als er von Warschau aus verneinte, dass er an Kriegsplänen gegen Schlesien arbeitete. Trotz seiner Opposition gegen die Protestanten dürfen wir in ihm keinen blinden Eiferer sehen. Er hegte „Gunst und Wohlwollen in hohem Grade“ für den evangelischen Johannes von Limburg, genannt Holzgraf, Gutsbesitzer im Neisser Land und weitgereister Bibliophile, und sicherlich gegenüber vielen Andersgläubigen.16 Sein Frommsein war von ganz traditioneller Art. Auf der dreimonatigen Reise von Innsbruck nach Madrid, notierte er seine fast tägliche Anwesenheit bei der heiligen Messe. Dabei liebte er es, wenn den Empfang des fremden Würdenträgers Chorgesang und Musik begleiteten. Er registrierte den Besuch von Stätten, wo man besondere Reliquien bewahrte oder die wunderwirkende Kraft eines Gnadenbildes verehrte: das „miraculum unser Frauen blutt“ in Santa Maria Val Müstair in Graubünden, „unsere 15 B ireley : Ferdinand II., S. 311 f. 16 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 587 f.

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liebe Frau miraculosa“ in Grosseto, das corpus sancti Borromei im Mailänder Dom, der unverweste Leib der Katharina von Bologna. Auf der Strecke von Barcelona nach dem weit südwestlich gelegenen Madrid nahm er einen umständlichen Umweg nach Norden, um die alte Benediktinerabtei Montserrat zu besichtigen. Seine brieflichen Kontakte mit Paul V. nützte er, den Papst um Reliquien anzuhalten. Im Statusbericht von 1618 bat er den Papst um Gebeine der Heiligen, sie würden die Frömmigkeit seiner Diözesanen festigen.17 Aus Brixen nahm er Reliquien mit nach Neisse und ließ dort kostbare Behälter anfertigen.18 Karls Religiosität war expressiv, dem Stil seiner Zeit entsprechend, seine religiöse Lebensweise, wie auch Leopolds, aber normal, konventionell. Keiner der beiden manifestierte die überspitzte Gottesfürchtigkeit oder „kriechende Andächtelei“, so Schiller, des älteren Bruders. Zwanzig Jahre lang war Karl damit zufrieden, die vier niedrigsten Weihen empfangen zu haben. Im Laufe der Jahre seiner Herrschaft als Bischof, so scheint es, wuchs seine Identifizierung mit dem geistlichen Beruf, während man von Leopolds Überdruss mit dem geistlichen Stand schon zehn Jahre wusste, ehe er sich vom Papst dispensieren ließ.19 Es gefiel ihm dann, dass ihn der Papst nach zehn Jahren als Bischof zum Diakon erhob. Karl war kein Zyniker, er nahm sein geistliches Amt ernst, wenn er auch dessen wesentliche kirchliche Handlungen nicht ausüben konnte. Es war kaum ein nur vom Religiösen bestimmtes Leben, das er führte, er gab aber auch keinen Anlass zu Skandalen, die dem Rufe der ­Kirche schaden konnten. Als er am Ende nach Spanien aufbrach, verabschiedeten den noch nicht Vierunddreißigjährigen die Breslauer Kapitelherren als ihren geliebten Vater, den man gar sehr vermissen würde. In seinem letzten Brief, von dem wir wissen, geschrieben auf dem Krankenlager an den Bruder Ferdinand am 12. Dezember 1624, sechzehn Tage vor seinem Tode, akzeptierte er sein Schicksal, gab er seinem Gottvertrauen Ausdruck. Die an seinem Krankenlager standen – unter ihnen der Breslauer Kanoniker Karras und Karls Beichtvater, der Jesuit Mercurian –, betrachteten das Sterben des Bischofs als vorbildhaft, seine Haltung bewegte die Spanier am Hof und seine Weggenossen aus Deutschland und entsprach ganz dem Motto aus den Psalmen auf seinen Münzen: Ad te, Deus, desiderat anima mea. Nur einer, der die kanonischen Horen täglich betete, konnte sie wohl, wie er auf dem Sterbebett, schließlich auswendig. In seinen persönlichen Beziehungen zeigte sich Erzherzog Karl umgänglich und leutselig, ein Verhalten, das ihm sein Lehrer Stobaeus als einen besonderen Vorzug der 17 ASV, Archivio della Sacra Congregazione del Concilio, Relat. Dioec. 884A, fol. 392r; S ­ chmidlin : Die kirchlichen Zustände, S. 195 Anm. 1. 18 B odenstein : Urkunden und Regesten, Teil 2, Quellen (1916), Artikel 20.461, Ferdinand II. an Melchior Tauber, 13. 11. 1626. 19 So der venezianische Gesandte in Wien 1614, J osef F iedler Hg.: Die Relationen der Botschafter Venedigs über Deutschland und Österreich im 17. Jahrhundert 1 (= Fontes rerum austriacarum. Diplomataria 26), Wien 1866, S. 23, dort auch über die Persönlichkeit des Erzherzogs, S. 113, 122.

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österreichischen Fürsten eingeschärft hatte, sogar liebenswürdig und charmant; er erwartete einen Gesandten nicht in seinem Gemach, sondern ging ihm den halben Gang entgegen.20 Gegenüber seinen Gegnern übte er Nachsicht und neigte er schnell zur Versöhnung. Er konnte sich in die Situation der Armen unter seinen Untertanen versetzen und hielt in Neisse einen reichen Bürger davon ab, arme katholische Handwerker aus ihren Häusern zu verdrängen.21 Es fiel ihm schwer, jemandem eine Bitte abzuschlagen, und er schenkte fürstlich, obwohl er doch wusste, dass ihm die notwendigen Mittel oft fehlten. Der Erzherzog führte ein gastliches Leben, liebte die Gesellschaft von Verwandten, Freunden und Gefolgsleuten beim Jagen, Fischen, Kartenspielen, bei ­Theater- und Musikvorführungen, Ess- und Trinkgelagen. Bei einem Mahl im Nikolsburger Palaste des Kardinals von Dietrichstein, bei dem eine ausgelassene Stimmung herrschte und einer den anderen mit Trinksprüchen zu übertreffen suchte, tat er sich als Rädelsführer hervor und ließ sich immer wieder etwas Neues einfallen.22 Er hatte Sinn für Humor, als Jugendlicher leistete er sich Streiche, die auf seine Lehrer zielten, er spaßte mit den Bediensteten im Neisser Schloss, amüsierte sich gelegentlich auf die Kosten anderer. Als ihn eine Breslauer Delegation an die zwei Kanonen erinnerte, die die Stadt ihm geliehen hatte, unterbrach er sie und sagte „mit lachendem Munde: Ich gieb sie doch ohnedies nicht wieder, kommt fein nach Glatz und holet sie“. Er versicherte sie seiner freundlichsten Gesinnung gegen die Stadt und rief ihnen nach, als sie in der Tür standen: „Kommt also alle Tage, ich will euch allhie gnädigste Audienz geben“. Am nächsten Tag lud er sie zur Kammerherrntafel, da wurde dann fest getrunken, „ibi potatum largiter“.23 Der Hofstaat, mit dem er sich umgab, war seine Familie. Wenn ihm einer bei der Zusammensetzung des Hofpersonals dreinreden wollte, stand er seinen Mann und ließ sich nicht umstimmen. Er hielt trotz Kritik fest an Leuten, denen er einmal sein Vertrauen geschenkt hatte. Einen italienischen Bischof und ehemaligen Nuntius in Graz, der sich mit Leopolds Hilfe seiner spanischen Reisegesellschaft aufdrängen wollte, wies er geschickt zurück, indem er die Mitgliedschaft seiner Entourage dem ­Kaiser zuschrieb. Ein Günstling bürgerlicher Herkunft wie Melchior Tauber avancierte im Dienst des Erzherzogs zum Gutsbesitzer und kaiserlichen Rat und in den Adelsstand. Als Habsburger und Bruder des Kaisers, aber wohl auch auf Grund dessen, was er für sie getan hatte, wie er mit ihnen umgegangen war, inspirierte er Loyalität unter seinen Bediensteten, wie sie sein Kanzler Hans von Scheliha bezeugte, als die Dinge besonders schlecht für den Breslauer Bischof standen. Von Frauen in seinem Leben hört 20 Die venezianischen Besucher 1620, F iedler : Die Relationen der Botschafter Venedigs, S. 122: „L’Archiduca Carlo di piu temperati pensieri del fratelo all’ imperatore piu accetto rimane.“ 21 K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 166. 22 S chweinitz : Die Reise des Kronprinzen Władysław Wasa, S. 43. 23 Acta Publica 6, S. 40 – 42.

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man selten, seinen nur wenig älteren Schwestern in Warschau und Florenz – Konstanze und Maria Magdalena – stand er nahe, korrespondierte mit ihnen und besuchte sie an ihren Höfen. Brieflich entwickelte sich auch eine Beziehung zur mehr als zwei Jahrzehnte älteren Erzherzogin Margarete, Tochter ­Kaiser Maximilians II., die er in Madrid zum ersten Male kennenlernte. Im fünften Monat seines ersten Aufenthalts in Schlesien ordnete er einen feierlichen Gottesdienst für seine ­Mutter an, im Breslauer Dom am ersten Jahrestag ihres Todes. Ansonsten erscheinen Frauen fast gar nicht in den Zeugnissen zu seinem Leben. Eine Jungfrau flocht dem neuen Bischof wiederholt einen Blumenkranz, den er auf seinem Hut trug. Eine italienische Sängerin und eine schöne spanische Tänzerin in Männerkleidung in Mailand erwähnt er im Tagebuch, die Letztere sogar zweimal. In Saragossa nahm er mit vielen Frauen an einem Tanz in den Gemächern der Gemahlin des Vizekönigs teil. Regierungsgeschäfte gehörten bestimmt nicht zu den bevorzugten Interessen des Erzherzogs und er überließ ihre Erledigung gewöhnlich seinen Räten. Wenn das Wetter es zuließ, ging er fischen, jagen, reiten. Er kaufte in Neisse das städtische Stutenvorwerk vor dem Breslauer Tore, ­später Karlau genannt, und auf die Pferdezucht konzentrierten sich auch andere bischöfliche Gutswirtschaften. Im Konflikt mit dem sanften Charakter, möchte man meinen, stand eine Beschäftigung, die in der Korrespondenz oder in Berichten über den Erzherzog und in seinen eigenen Schreiben oft berührt wird, nämlich seine Versessenheit auf die Jägerei. Diese Leidenschaft teilte er mit Ferdinand und selbst seine ­Mutter Maria war eine passionierte Jägerin. Er widmete sich gern dem barbarischen Zeitvertreib wie die meisten der herrschenden Gesellschaftsschicht, stiefelte durch die Gewässer und rollte die Ӓrmel hoch, um die Fische mit der Hand zu fangen, aber wenn das Wetter wirklich schlecht war, durften die anderen gehen und blieb er lieber zu Hause. Karl rühmte sich oft seiner weidmännischen Triumphe und meldete dann genaue – und grotesk hohe – Zahlen, insbesondere in seinen Briefen an Leopold oder im Reisejournal. Es war dies aber eine Passion, der die meisten seiner Standesgenossen anhingen, man kann daraus kaum Schlüsse auf die Persönlichkeit des Bischofs ziehen. Eine verkehrte Ordnung seiner Prioritäten zeigt sich, wenn der erste Akt nach fünfjähriger Abwesenheit vom Bistum Brixen innerhalb von Tagen nach seiner Ankunft eine Anordnung war, dass niemand außer seinem Förster dem Wild in den Wäldern des Hochstifts nachgehen durfte.24 Seine musikalische Begabung hatte seine frühe Erziehung sicherlich weiter entwickelt. Er urteilte mit Verständnis über Gesang und Instrumentalmusik, die er in Italien hörte, spielte bestimmt selbst die Stehorgel in seinem Schlafgemach, zog Musiker aus Graz und Wien nach Neisse und förderte ihre Arbeit; sie widmeten ihm ihre Kompositionen. Seine Liebe zur Musik und ihre Pflege am Neisser Hof sind sympathische Züge seiner Persönlichkeit und 24 S innacher : Beyträge Säben und Brixen 8, S. 217; zur Jägerei B resciani : Erzherzog Karl, S. 185 f.

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verdienen Anerkennung, sie lassen uns manche Unzulänglichkeit seiner Herrschaft vergessen. Und Kirchenlied, Chorgesang und Konzert im hohen Schiff der Neisser Jakobuskirche trugen zweifellos zur Vertiefung des religiösen Erlebens mancher und zur Stärkung der kommunalen Glaubenserfahrung bei, versöhnten vielleicht hier und da einen Zaudernden oder Abtrünnigen mit der alten ­Kirche. Der Bischof wusste auch andere Künste zu würdigen – Bauten, Bilder, handgeschriebene Bücher – und war interessiert, etwas von den astronomischen Erkenntnissen seiner Zeit zu erfahren. In Florenz traf er Galileo Galilei, in Innsbruck überredete er Christoph Scheiner, nach Neisse umzusiedeln; aber es war sein Bruder Leopold, der sich die Zeit nahm, eine längere Korrespondenz mit dem Astronomen zu führen. Es waren wohl weniger die wissenschaftlichen Neuerungen dieser fortgeschrittenen Geister als die von ihnen gebauten Instrumente, die den Erzherzog faszinierten; Galileo schenkte ihm ein Fernrohr, Instrumente Scheiners fanden sich im Neisser Nachlass. Karl zeigte überhaupt eine Neigung zum Praktischen, Handwerklichen, vielleicht gefördert, als er ein Handwerk lernte, wie viele junge Habsburger angewiesen wurden. Eine Straßenbegradigung im Eisacktal gleich unterhalb von Brixen, wobei man auch ein paar Felsen sprengte, zog seine Aufmerksamkeit an und wurde von ihm finanziert. In Neisse besuchte er bei schlechtem Wetter die Werkstätten von Bogenmachern, Goldschmieden und Malern, in Mailand sah er sich die Manufaktur von Silberstangen an und war er von den Mörsern, der Wasserzufuhr und der Pulvermühle auf der Festung beeindruckt, er dachte daran, in seiner Residenzstadt Kanonen zu produzieren, wollte etwas vom Münzschlagen wissen, unter den drei oder vier Dutzend Büchern, die er mit nach Madrid nahm, enthielt eines Beschreibungen aller mechanischen Werkzeuge.25 Das pedantische Zählen und Aufzählen im Tagebuch verrät wohl eine aufs Faktische und Buchstabengetreue orientierte Mentalität. Die martialischen Künste zogen ihn weniger an, er arrangierte aber das aufwendige Neisser Wettschießen, ein Zweck unter anderen war sicherlich, seine Untertanen angesichts der Türkengefahr an Waffendienst zu gewöhnen. Er nahm offensichtlich daran teil; hätte er sich dabei ausgezeichnet, wäre uns das kaum verschwiegen worden. Übrigens teilte er den Geschmack seiner Zeitgenossen an den rohen Scherzen, die damals die Leute erheiterten: das Wettrennen „alter Weiber“ beim Neisser Schützenfest, der „Galeerenmann“, der in Mailand auf sein Zimmer kam und sich von Schlangen beißen ließ, der Besuch eines Asyls für Geisteskranke, der Hofzwerg, der zum Spaß des Erzherzogs und seines Gastes lebendige Fische verschluckte. An der Persönlichkeit des jugendlichen Erzherzogs bemerkte der Bischof von Lavant insbesondere das Weiche oder Weichliche, was Milde und Zartheit, aber auch Schwäche oder Schlaffheit bedeuten konnte. „Das Spielerische, Unreife, Kindische des habsburgischen Familiencharakters“, das Ricarda Huch an Ferdinand II. beobachtete, 25 Wien HHSTA, Familienurkunden 1601, S. 12: „Libretto di tutti gli Instrumenti meccanici“.

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k­ ennzeichnete wohl in noch höherem Grade den jüngsten Bruder des Kaisers.26 Der erst kurz vor der Spanienreise von ihm ernannte Brixener Kanzler Johann Werndle hieß den Erzherzog tapfer in seiner letzten Krankheit, aber auch demütig, sanftmütig, mildreich, ein Mann, der glaubte, niemandem etwas abschlagen zu dürfen.27 Der Erzherzog griff nicht immer gleich zu den härtesten Mitteln, man kritisierte eine gewisse Langmut und ein Zögern, wo andere – das Domkapitel oder die hohen Beamten in Prag – rasches und energisches Handeln für die bessere Strategie hielten. Die Hinrichtung des evangelischen Züchners aus Neisse, zugegeben nach besonders unverfrorenen Herausforderungen, entsprach nicht seinem Charakter. Biegsamkeit und Nachgiebigkeit ließen ihn seine Meinung wechseln, wenn sein Gegenüber energisch auf einer Position bestand. Machte er einen Fehler bei der Befolgung des strengen spanischen Hofzeremoniells, so akzeptierte er willig eine Zurechtweisung Er suchte Wohlwollen und Freundschaft des Markgrafen Johann Georg von Brandenburg, bis er endlich einsah, dass er in ihm einen unversöhnlichen Gegner hatte. In seinen Schreiben an den alten Oberlandeshauptmann in Schlesien zeigte er sich respektvoll, fast unterwürfig. Den Erzherzog oder die habsburgische Geburt kehrte er nur selten heraus. Damit soll nicht gesagt sein, dass der Erzherzog ein willenloses Werkzeug in den Händen anderer war. Er wusste durchaus, was er wollte, obwohl er eine feste eigene Position besonders dort einnahm, wo er ihm vorgeschlagenen Wegen lieber nicht folgte. Als ihn Leopold drängte, einen Schuldschein über 30.000 Floren zu unterschreiben, sagte er weder Ja noch Nein und zog sich aus der Schlinge, indem er es erst nach dem ­Kaiser zu tun versprach. Wenn es um Grundsätzliches ging, wich er nicht von seinem Standpunkt, so bei der öffentlichen Praxis der evangelischen Religion unter seinen Augen in der Residenzstadt oder bei der Entscheidung, ­welche unter seinen Leuten ihn nach Spanien begleiten würden. Karl war ein passives Temperament, beeinflussbar, beifallbedürfend, ein ästhetischer Typus, interessiert an seinen Sammlungen und prächtigen Münzen, empfindsam für Kunst und Musik, dem Freundschaft und Familie, auch sein geistliches Amt viel bedeuteten, aber wenig tatkräftig, energisch, entschlossen. Selbst eine gewisse Ziellosigkeit und Lethargie verrät sich in seinem Tagebuch, mit wiederholten Einträgen wie „Nichts“ oder „Dasselbe“ oder den vielen vertrödelten Nachmittagen oder allein auf seinem Zimmer verbrachten Abenden. Mehrmals lehnte er ab, wenn man ihm eine Rolle auftragen wollte, die einmal heroischen Einsatz verlangen konnte oder eine arge Schinderei zu sein versprach. 26 Ricarda H uch : Wallenstein. Eine Charakterstudie, Leipzig 1914, S. 11. Der Verfasserin erschien „die Familie der Habsburger in ihrer seelischen Zerrüttung ein erschütterndes Symbol des dem Untergange geweihten heiligen Reiches“, S. 7. 27 S innacher : Beyträge Säben und Brixen 8, S. 240 f., aus dessen handschriftlicher Brixener Chronik. Werndle gab als Beispiel seiner Großherzigkeit Karls Versprechen, auf drei Jahre die Brixener Einkünfte nur auf das Bistum selbst zu verwenden und nichts anderswohin zu senden. Werndle übernahm das Amt des Hofkanzlers, nachdem der Erzherzog den bayerischen Hofrat Dr. Johann Nikolaus Boneth entlassen musste; ebd., S. 198, 233.

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Dem Bischof und Fürsten aus dem Hause Habsburg fehlte es nicht an Kritikern unter seinen streit- und tadellustigen Zeitgenossen. Viele hatten etwas an seinen Entscheidungen als Bischof und Fürst auszusetzen, einige an seiner Lebensart. Die Kritik, die man in Schlesien an Erzherzog Karl übte, richtete sich gegen seine Amtshandlungen, seine Kritiker dort saßen im Fürstentag oder fanden sich unter den evangelischen Neissern, und im Kern ging es darum, dass er die den Evangelischen durch kaiserliches Mandat, also gesetzlich, verbriefte Ausübung ihrer Religion in seinem Fürstentum nicht erlauben wollte. Eine allgemeinere Kritik des Betragens und der Persönlichkeit des Breslauer Bischofs kam von Vertretern seiner eigenen Partei und findet sich ausschließlich in der Korrespondenz der Nuntien in Graz, Wien und Warschau. Dass Erzherzog Karl ein Alkoholiker war oder gar an übermäßigem Genuss von Wein starb, waren Gerüchte, das Erstere fragwürdig, das Letztere ganz bestimmt falsch. Als der Nuntius in Prag Antonio Caetano 1610 seinen letzten Bericht an den Papst abfasste und auf das Bistum Breslau zu sprechen kam, glaubte er, es sei überflüssig, etwas über den Bischof zu sagen, da der Papst selbst ihn besser kenne als der Nuntius.28 In einem chiffrierten Schreiben vom 24. Oktober 1615 an den Nuntius in Graz spricht der Schreiber, wahrscheinlich der päpstliche Staatssekretär Scipione Borghese, „über das fortdauernde schlechte Leben und die schlechten ­Sitten des Erzherzogs Karl“ – della continuazione della mala vita et costumi dell’ archiduca Carlo. Der Grazer Nuntius von 1613 bis 1622 war Erasmo Paravicini, Bischof von Allessandria, der ein ebenfalls chiffriertes Schreiben, das offensichtlich eine Beschwerde über den Erzherzog enthielt und den Brief des Staatssekretärs veranlasste, am 29. September nach Rom geschickt hatte.29 Das letztere behauptete, der Erzherzog habe Ӓrgernis gegeben und sowohl Ferdinand als auch Ferdinands Obersthofmeister Eggenberg hätten eine Zeit lang den Umgang mit 28 G iordano : Le istruzioni generali di Paolo V 2, S. 729. 29 An den Nuntius in Graz, 24. 10. 1615, ASV, Fondo Borghese II 335, fol. 40, die Chiffre hier aufgelöst. Erasmo Paravicini, Bischof von Allessandria (Piedmont), war Nuntius in Graz von Oktober 1613 bis April 1622, er starb 1640; J aitner : Die Hauptinstruktionen Gregors XV. 2, S. 984 Anm. 1; G iordano : Le istruzioni generali di Paolo V. 1, S. 213. Viel ausführlicher über Paravicini s. Alois L ang : Beiträge zur Kirchengeschichte der Steiermark und ihrer Nachbarländer aus römischen Archiven, in: Beiträge zur Erforschung steirischer Geschichte 33 (1903), S. 96 – 249, hier S. 153 – 174 („Charakteristik des Nuntius Erasmus Paravicini“); auch Filippo B rancucci : Le istruzioni date ai Nunzi a Graz, alla Corte Imperiale ed in Polonia durante il pontificato di Paolo V, Rom 1978, S. 74 – 81, 25. Eine Instruktion des Papstes für den Grazer Nuntius vom 7. Dezember 1613 bei G iordano : Le istruzioni generali di Paolo V. 2, S. 953 – 961, Nr. 72. L eitsch : Das Leben am Hof König Sigismunds III. 3, S. 1616. Eine eigene Nuntiatur in Graz bestand 1580 – 1622, sechs Nuntien hielten die Position während dieser Zeit. Über die wachsende Bedeutungslosigkeit der Grazer Nuntiatur (wegen Ferdinands Aufstiegs) und Paravicinis letzte Jahre s. Elisabeth Z ingerle : Dynastie und Reform. Zur Schließung der Grazer Nuntiatur, in: Alexander K oller Hg.: Die Außenbeziehungen der römischen Kurie unter Paul V. Borghese (1605 – 1621), Tübingen 2008, S. 391 – 407. K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 374, Regest 260 (Kredentiale für den Nuntius).

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ihm gemieden. Die Beschwerde kam zum Nuntius über einen Jesuiten und ein bekannter Franziskaner habe dazu Anlass gegeben.30 Paravicini hatte eine Neigung zum Lästern und Klatschen, kümmerte sich um Sachen, die ihn nichts angingen, wie ­Ferdinands Finanzpolitik, wollte die Pfarreien an Stelle der Bischöfe persönlich visitieren, was selbst den gelassenen Georg Stobaeus verärgerte.31 Sein römischer Korrespondent in ­diesem Falle schien seine Warnungen auch nicht übermäßig ernst zu nehmen, es ging bei den bemängelten Fehltritten des Erzherzogs wahrscheinlich um Bagatellen, auf jeden Fall kaum um etwas, das man nicht schon gehört hatte. An der Kurie schätzte man aber, dass im umstrittenen und bedrängten Schlesien ein Habsburger den Bischofssitz innehatte, besaß man Verständnis für die nahezu unmögliche Position des jungen Bischofs, wusste man von seiner absoluten Treue zur katholischen ­Kirche und seiner tiefen persönlichen Frömmigkeit. Das Richtige traf eher die Beobachtung des Nuntius in Wien 1617 – 1621, Ascanio Gesualdo, Erzbischof von Bari und Titular-Patriarch von Konstantinopel, die er Scipione Borghese zukommen ließ: „Karl hat nicht den Ruf eines Mannes, der große Dinge unternehmen will oder zu unternehmen weiß“.32 Gesualdo hatte damals, im Januar 1620, schon drei Jahre am Kaiserhof verbracht und seinem Urteil über den Bruder des Kaisers möchte man Gewicht geben. Ferdinand und seine Berater am Kaiserhof übertrugen Karl niemals die Exekutive in einer riskanten Stellung oder Situation, was bestätigt, wie wenig Vertrauen sie in seine Eignung zum Regieren hatten. Der Nuntius in Warschau Diotallevi drückte einen Monat ­später seine Frustration über die Unfähigkeit des Erzherzogs aus, sich in so kritischen Zeiten statt auf Jagd und Kurzweil auf die Regierungsgeschäfte zu konzentrieren: „Non posso ben capire, come in queste congiunture habbi gusto di caccie e passatempi e no stia tutto tutto sul negotio“.33 Schon im Juni 1619, als Karl noch in Schlesien war und es um das Haus Habsburg besonders schlecht stand, kommentierte Diotallevi, ohne den Namen des Erzherzogs zu nennen, aber mit Bezug auf Neisse, dass man sich dort um ernste Dinge nicht kümmern wollte, den Tag auf der Jagd, den Abend mit Trinkgelagen verbrachte.34 Die hohen Kirchenmänner nahmen dann besonders Anstoß daran, dass der 30 Das Schreiben vom 29. September in BAV, Chigiani, M III 74, fol. 173; s. L ang : Beiträge zur Kirchengeschichte der Steiermark, S. 115 Anm. 2. 31 L ang : Beiträge zur Kirchengeschichte der Steiermark, S. 133 Anm. 2. Paravicinis zwei Vorgänger zerstörten beinahe in Rom den Ruf des Georg Stobaeus; ebd., S. 168 f., besonders S. 169 Anm. 1. 32 „Carlo non e riputato per huomo, che voglia o sappia applicarsi a cose grandi di modo che sente mancamento l’imperatore di non haver piu gente del suo sangue“, ASV, Fondo Borghese II 143, fol. 145; zu Gesualdo s. G iordano : Le istruzioni generali di Paolo V 1, S. 193 f. 33 Diotallevi an S. Borghese, 07. 02. 1620, ASV , Fondo Borghese II 231, fol. 133 – 134, 136; L eitsch : Das Leben am Hof König Sigismunds III. 3, S. 1512 und 1515 Anm. 462. 34 Diotallevi an S. Borghese, 21. 06. 1619, ASV, Fondo Borghese II 235, fol. 202r: „che il giorno si vada a caccia, la sera si beva e non si tratti cosa seria“. L eitsch : Das Leben am Hof König Sigismunds III. 3, S. 1516.

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Erzherzog in weltlicher Kleidung auftrat, nach seiner Wahl zum Hoch- und Deutschmeister im modischen Staat eines spanischen Granden, mit dem Kreuz des Deutschen Ordens am Hals und einem Degen an der Seite, wofür Karl eine päpstliche Dispens zu haben behauptete.35 Dem italienischen Bischof in Soutane und Saturno verschlug eine ­solche Aufmachung wahrscheinlich die Sprache und verletzte sein Anstandsgefühl. Die Hälfte der negativen Kommentare über Karl stammen aus seiner Zeit in Polen und die meisten aus der Feder des Nuntius in Warschau von 1614 bis 1621, des besagten Francesco Diotallevi (1580 – 1622), Bischof von S. Angelo dei Lombardi, ein besonders aktiver, aber auch eifernder Vertreter der Kurie, wie seine Korrespondenz mit Scipione Borghese auch in anderen Zusammenhängen belegt.36 So gut wie jedes Tadels an dem Breslauer Bischof enthielt sich jedoch der Papst. Von einer gegen den Bischof gerichteten päpstlichen Kritik hören wir nur ein einziges Mal. Angeblich bemerkte Paul V. 1617 gegenüber einem unbekannten Adressaten, dass der Erzherzog nicht den Vorschriften folgte.37 Selbst eine so milde Missbilligung von Seiten des Papstes war aber ungewöhnlich. Wiederholt erklärte Paul V. seine Zufriedenheit mit der Amtsführung des Breslauer Bischofs. Er gewährte fast immer seine Gesuche, versicherte ihn seiner Zuneigung, sprach seine Anerkennung aus für Karls Bemühungen um die katholische ­Kirche.38 Paul lobte nicht nur das Werk des Erzherzogs im Interesse der katholischen Restauration, sondern auch Karls Frömmigkeit, Tugendhaftigkeit, Eifer und Standhaftigkeit.39 Bei anderen Gelegenheiten sprach er dem Bischof seine Anerkennung aus, so „für die pastorale Wachsamkeit“ angesichts der Bestellung des Domherrn Martin 35 Diotallevi an S. Borghese, 21. 10. 1619, Fondo Borghese II 233, fol. 97: „non porta segno alcuno esteriore di Vescouo“; 06. 03. 1620, Fondo Borghese II 231, fol. 152v: „habbi impetrato da S. S. ta dispensa di portar habito secolari e spade“; 01. 05. 1620, Fondo Borghese II 231, fol. 218, er hat sich vergeblich um Änderung der Kleidung des Erzherzogs vor dessen Abreise bemüht. L eitsch : Das Leben am Hof König Sigismunds III. 3, S. 1517, 1515, 1515 Anm. 479. 36 Arthur L evinson : Polnisch-Preussisches aus der Bibliotheca Borghese im Vatikanischen Archive, in: Zeitschrift des westpreussischen Geschichtsvereins 42 (1900), S. 90 – 115, hier besonders S. 93, 110 – 115. Er hatte auch 1614 eine scharfe, an den König gerichtete Instruktion erhalten, deren Inhalt Ranke wie folgt zusammenfasste: „Allgemeine Anweisung, die katholische Religion, die Einführung des tridentinischen Conciliums, die Anstellung gut katholischer Personen zu befördern, niemals etwas zu dulden, was zum Vorteil der Protestanten sei“; Leopold von R anke : Die römischen Päpste 3, S. 372. Der Text bei G iordano : Le istruzioni generali di Paolo V 2, S. 980 – 990, 03. 09. 1614, dort auch über den Nuntius: 1, S. 180. 37 23. 01. 1617, Empfänger unbekannt, eine Handschrift existiert anscheinend nicht. Auf das Schreiben verweist L eitsch : Das Leben am Hof König Sigismunds III. 3, S. 1616 Anm. 486 (aus TekNar 110, 11 – 12), nicht gesehen. 38 K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, Regest 266 (an Karl), 267 (an Ferdinand), auch Regest 275, 297, 300. 39 Paul V. an Karl, 24. 01. 1614, ASV Armarium 45, 9, fol. 81v–82r; K öhler : Ringen um die triden­tinische Erneuerung, S. 377 Regest 275.

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Kohlsdorf zum Weihbischof oder als sich der wieder einmal außerhalb seines Amtsbezirks weilende Bischof zu baldiger Rückkehr in seine Diözese entschloss. Von Karls Anwesenheit in Prag versprach sich Paul Fortschritt bei den Verhandlungen ­zwischen den Vertretern von Papst und ­Kaiser.40 Als besonderes päpstliches Geschenk brachte Paravicini, als er die Grazer Nuntiatur im Dezember 1613 übernahm, dem Breslauer Bischof das Haupt des frühchristlichen Märtyrers Bonifatius.41 Der Papst kannte die Passionen des Bischofs. Aus den dreizehn Jahren 1608 bis 1621, als sowohl Papst Paul als auch der Erzherzog ihr Amt innehatten, existiert immerhin fast ein halbes hundert päpstlicher Briefe an den Breslauer Bischof. Für ein erstarktes Papsttum, das sich von seiner Abhängigkeit von Spanien befreit hatte, die Rekatholisierung im europäischen Zentrum und gerade im Königreich Böhmen verfolgte und dem Habsburger Ferdinand eine providentielle Rolle zuschrieb, war dessen Bruder in seinen verschiedenen hohen Positionen und besonders als verlässlicher Verteidiger der katholischen ­Kirche im nördlichen Randgebiet des Königreichs Böhmen eine politische Figur, die man sich zu kritisieren hütete. In Böhmen fasste der Katholizismus erneut Fuß und kam sogar zu einer gewissen Blüte; das erreichte Karl nicht in seinem Bistum, immerhin aber blieb der Status quo der ­Kirche bewahrt und der Papst wusste wohl diesen Beitrag des Habsburgers in Schlesien zu schätzen.42 Unter den Vorbehalten gegen den Breslauer Bischof kann man nicht umhin, der Klage über das Desinteresse an seinen herrscherlichen Pflichten besondere Beachtung zu schenken. Als Habsburger war Karl zum Herrschen auserlesen, erwies sich aber dazu wenig gesonnen oder geschaffen. Die Nuntien befanden zu Recht, dass es ihm an Interesse und Talent fehlte, den Ansprüchen seiner hohen Positionen zu genügen; ihre anderen Bemängelungen – er trinkt zu viel, verschwendet seine Zeit auf der Jagd, kleidet sich wie ein Laie – richteten sich dagegen auf Züge oder Verhalten des Bischofs, die man als harmlos abtun, auf jeden Fall bei einer Einschätzung seiner Persönlichkeit und seines Wirkens nicht hoch einstufen möchte. Auf Grund allein dieser acht Schreiben, fünf von der gleichen Person, alle verknüpft mit dem Kardinalnepoten Scipione Borghese, kaum ein Vorbild geistlicher Lebensweise, möchte man Leben und Werk des Erzherzogs kaum bewerten.43 40 Paul V. an Karl, 02. 07. 1616, ASV Armarium 45, 11, fol. 127v; s. a. 27. 02. 1616, ASV Armarium 11 fol. 75v–76r; K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 382, Regest 300 bzw. S. 381 Regest 297. 41 L ang : Beiträge zur Kirchengeschichte der Steiermark, S. 114. Der Bezug kann nur auf den frühchristlichen Märtyrer Bonifatius von Tarsus sein, der den Tod um 306 in Tarsus (Türkei) fand, aber dessen Gebeine angeblich nach Rom überführt und an der Via Latina begraben ­wurden. Paravicini brachte dem Bischof auch drei Breven in bianco. 42 Joachim K öhler : Der Beitrag der Prager Nuntiatur zur Festigung des Katholizismus in Ostmitteleuropa, in: Historisches Jahrbuch 93 (1973), S. 336 – 346, erwähnt Karl nicht, betont aber die zentrale Rolle Ferdinands im Denken des Papstes und in der Propaganda der Jesuiten, S. 340. 43 Wenn man vor allem diesen kurialen Kritikern folgt, ergibt sich ein Bild wie bei L eitsch : Das Leben am Hof König Sigismunds III . 3, S. 1512, 1515 – 1517: Karl „ein Sorgenkind“,

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Abb. 13: Erzherzog Karl 1621, silberne, vergoldete, ovale Medaille. Brustbild nach rechts im geistlichen Gewand, Umschrift: CAROLUS. D. G.ARCHIDVX.AUSTRI. Eingefasst in Zierbügel. Revers: Hirsch an der Quelle, darüber Sonne und Krone. Umschrift D esiderat anima mea ad te deus , Der Medailleur war anscheinend Alessandro Abondio der Jüngere, der in Neisse arbeitete, Friedensburg und Seger 2626. (die Medaille geführt als Karls „Gnadenpfenning“). Wien, Schatzkammer und Museum des Deutschen Ordens

Die äußere Erscheinung des Erzherzogs bezeugen mehrere, voneinander unabhängige Abbildungen auf Gemälden, Stichen und Münzen. Keiner der vielen Beobachter, die ihm in seinem öffentlichen Leben begegneten, fühlte sich, soviel wir wissen, zu einer Beschreibung bewogen, die mehr über seine Erscheinung, den Eindruck, den er auf seine Umgebung machte, verraten würde, wie wir sie z. B. von seinem Zeitgenossen Maximilian von Bayern besitzen. Auf Münzen und Medaillen sehen wir die Gesichtszüge, den ausgeprägten habsburgischen Kiefer, die wechselnde Barttracht, den vollen Haarwuchs, gewöhnlich ist das Bild ein Profil, ­dieses scharf, klassisch, sogar edel. Über die Statur des Mannes lassen uns diese Quellen im Dunklen; die Körperfülle, die wir annehmen können nach allem, was wir von anderen Habsburgern seiner Zeit und seinem persönlichen Lebensstil wissen, verhüllten die kirchlichen und modischen Gewänder oder die Diskretion der Künstler. In so gut wie in jedem Falle stellen die zeigt „ungehöriges Benehmen“, „vertrug … diese Orgien [in Gesellschaft des Władysław in Neisse] nicht mehr“. „Es fehlte [ihm und anderen männlichen Habsburgern] das rechte Maß“, er und seine Brüder „verhielten sich wie schlimme Buben“. Die männlichen Habsburger aus der Familie von Karl und Maria „stürzten … sich in peinliche Unternehmungen.“ Die „Orgien“ in Neisse lassen sich aus den Quellen, die ich gelesen habe, nicht belegen. Zudem ignorieren diese Beobachtungen die Verschiedenheit der Persönlichkeiten.

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Porträts auf Münzen und Medaillen des Zwanzigjährigen, das Gemälde und die Medaillen des kaum Dreißigjährigen einen viel älteren Mann dar. Das schonungslos realistische Bild von der Hand des talentierten Breslauers Bartholomäus Strobel d. J. aus den späteren Jahren des Erzherzogs zeigt ein aufgeschwemmtes Gesicht mit Stirnrunzeln und Hängebacken, eine ältliche, verlebte Erscheinung; auf den letzten Münzbildern und Medaillen – der Erzherzog immer noch keine vierunddreißig Jahre alt – ist er ein alter Mann, das Gesicht greisenhaft. Es gab Anzeichen einer fragilen Konstitution. Als Achtjähriger war er krank, als seine ­Mutter sich auf der Reise nach Spanien befand, als Achtzehnjähriger in Neisse konnte er den Sonntagsgottesdienst nicht besuchen, weil er sich nicht wohlfühlte, bei einem so wichtigen Ereignis wie der Übernahme des Bistums Brixen und der Huldigung seiner neuen Lehnsmannen musste er sich von Neisser Beamten vertreten lassen, er lag krank in Graz, die Umstände deuten darauf hin, dass es sich um ein Leiden von einiger Dauer handelte. Eine Audienz mit dem venezianischen Botschafter 1620 wurde um Tage verschoben, weil er sich gerade einer purga unterzogen hatte.44 Bei wichtigen Ereignissen war er aus unbekannten Gründen abwesend, so bei der Huldigung in der ihm gerade überlassenen Grafschaft Glatz, bei Fürstentagen in Breslau, auf denen das Schicksal der katholischen Sache in seinem Bistum auf dem Spiel stand, oder bei der Hochzeit des Kaisers in Innsbruck 1622. Im Winter konnte er einmal einen Brief nicht selbst schreiben, da die Kälte auf dem Wege von Innsbruck nach Wien seinen Arm unbrauchbar machte. Er experimentierte mit Schlafmitteln, wurde zur Ader gelassen – zweimal in den letzten drei Monaten seines Lebens –, hatte gewöhnlich seinen Leibarzt zur Seite, den treuen Dr. Kaspar Jäschke, der ihm nach Spanien folgte. In Florenz beriet er sich auch mit anderen Ӓrzten. Der Autor des Tagebuchs erscheint oft energielos, müde, es ist kein munterer, unternehmungsfreudiger Schreiber hier, der einer einmaligen Mission und einem neuen Kapitel seines Lebens mit Enthusiasmus entgegensah. An der Infektion, die seinem Leben in Madrid ein Ende setzte, litten auch zwanzig seiner Reisegenossen und anscheinend einer der spanischen Prinzen, aber er war, soviel wir wissen, der einzige, der daran starb. Selbst im 17. Jahrhundert und im Hause der Habsburger, denen damals in so vielen Fällen nur eine kurze Lebensspanne zugemessen war, möchte man den Tod eines im besten Alter Stehenden, nach ein paar Wochen Unwohlsein und nicht etwa als Resultat einer Epidemie oder eines Unfalls, als Nachweis einer schon lange gefährdeten Gesundheit betrachten. Der frühe Tod mag erklären, dass Karl sich niemals ein eigenes Denkmal oder Grabmal schuf.45 Für ein Porträt saß er oft und auf Münzen sah er sein Konterfei gern, aber ein Standbild hoch 44 F iedler : Die Relationen der Botschafter Venedigs, S. 122. 45 Der Karl wohlbekannte Dekan des Breslauer Kapitels Nikolaus von Troilo ließ 1610 – er war damals 28 Jahre alt – eine Steinplatte anfertigen, über einer Tür in der Stiftskirche zum Heiligen Kreuz angebracht, die neben einigen frommen Betrachtungen eine Zeile für das Sterbedatum und eine Liste der von ihm gehaltenen Positionen enthielt; C onrads : Der Aufstieg der Familie Troilo, S. 293 f.

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zu Ross, im Stile eines Condottiere, wie es sein Bruder Leopold noch zu Lebzeiten in Auftrag gab, heute auf dem Leopoldsbrunnen in Innsbruck, kann man sich im Falle Erzherzog Karls nicht vorstellen. Sich auf ­solche Weise vor aller Welt zu produzieren, lag dem Breslauer Bischof nicht. Etwas wie das Grabdenkmal Maximilians des Deutschmeisters im Innsbrucker Dom – auf den Knien in betender Haltung –, gleichfalls von Kaspar Gras und noch zu Lebzeiten des Dargestellten begonnen, wäre eher in seinem Sinne gewesen.46 Karl kannte doch im Breslauer Dom oder in der Neisser Jakobuskirche die hervorragenden Grabmonumente seiner Vorgänger: das erzene Grabmal im Dom des 1506 verstorbenen Bischofs Johann IV. Roth von Peter Vischer oder das von Erben und Verwandten gestiftete Grabmal in der Neisser Pfarrkirche seines Vorgängers Johannes Sitsch, das unter seinen Augen errichtet wurde. An den eindrucksvollen Grabmälern seiner Vorgänger Jerin, Gerstmann und Logau in der Jakobuskirche dürfte er hunderte Mal vorbeigegangen sein.47 Man kann verstehen, dass dem noch jungen Fürstbischof der Gedanke an ein Grabmal fernlag, weniger, dass ihm niemand in Neisse, Breslau oder Brixen jemals auch nur die schlichteste Gedenktafel setzte. Nur ein Dichter griff zur Feder, Martin Opitz aus dem schlesischen Bunzlau, damals noch Protestant, und betrauerte in Versen sein tragisches Ende.

46 S. auch das Grabmal von Karls Nachfolger Johann Eustach von Westernach in der Schlosskirchengruft Bad Mergentheim, Abb. bei A rnold : Die Hochmeister des Deutschen Ordens, S. 207. 47 Josef J ungnitz : Die Grabstätten der Breslauer Bischöfe, Breslau 1895, Tafel 7, 14, 13, 12, 11.

AUSBLICK Erzherzog Karl herrschte als Bischof und Landesherr in Schlesien auf dem Höhepunkt der Gegenreformation. Trotz mancher persönlicher Unzulänglichkeit konnte er das wesentliche Ziel der habsburgischen Regierung erreichen, das Weiterbestehen eines katholischen Bistums in Schlesien. Den Habsburgern ging es sicherlich nicht nur um ein katholisches Schlesien, sondern vor allem darum, die Bindung der reichen Provinz an der Nordgrenze, in Nachbarschaft zu Brandenburg-Preußen, an das Habsburgerreich zu sichern. Diese Notwendigkeit bestand auch weiterhin nach Karls Tode. Die Wahl des kaiserlichen Kandidaten an Stelle des vom Kapitel bevorzugten blieb deshalb der gewohnte Modus bei der Nachfolge im Breslauer Bischofsamt bis zum Ende der österreichischen Herrschaft in Schlesien 1742. Vierzig Jahre lang nach dem Tode Erzherzog Karls waren die Inhaber des Amtes österreichische Prinzen oder im Falle seines unmittelbaren Nachfolgers aufs engste mit dem Hause Habsburg verwandt. Keiner der drei ihm nachfolgenden Bischöfe erhielt jemals die Priesterweihe, sie hielten sich selten oder überhaupt nicht im Bistum auf. Der Sohn Ferdinands II., Erzherzog Leopold Wilhelm (1656 – 1662), und der dreizehnjährige Erzherzog Karl Josef (1663 – 1664), Sohn Ferdinands III., vereinigten in ihrer Hand mehrere Bistümer, Leopold Wilhelm auch noch andere geistliche Positionen. Beide stiegen zum Hochmeister des Deutschen Ordens auf, ein Amt, das von da an meist an einen Habsburger ging. Selbst der pflichtbewusste und arbeitsame Franz Ludwig von der Pfalz-Neuburg (1683 – 1732) regierte das Breslauer Bistum unter denselben Bedingungen: Er war verwandt mit dem Kaiserhaus, erhielt niemals die höheren Weihen, regierte eine beträchtliche Zahl anderer Bistümer und übernahm die Hochmeisterschaft des Deutschen Ordens. Auch noch der letzte unter österreichischer Herrschaft in Schlesien ernannte Breslauer Bischof, Philipp Ludwig von Sinzendorf (1732 – 1747), ein Pluralist – er diente auch als Bischof von Raab in Ungarn –, war des Kaisers Kandidat; als Sohn des Obersthofkanzlers kam er aus dem engsten Kreise Karls VI., bestieg den Bischofsthron in Breslau, vom Kapitel gewählt, aber erst, als dessen zäher Widerstand sich als fruchtlos erwiesen hatte. Erzherzog Karl stand am Anfang einer Entwicklung, die sich mehr als ein Jahrhundert bis zum Ende der österreichischen Herrschaft in Schlesien fortsetzte. Die Teilung der Provinz in ein protestantisches Niederschlesien und ein katholisches Oberschlesien, die Karl in Schlesien bei seinem Regierungsantritt vorfand, blieb bestehen. Nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges machte die katholische ­Kirche manchen Schritt zur inneren Reform und Erneuerung.1 Mit dem Beginn des Zeitalters der Aufklärung suchte sie auch die Gegensätze zum Protestantismus zu mildern. Der Anteil der Katholiken vergrößerte sich auf die Hälfte der schlesischen Bevölkerung, aber im Verlauf des Spanischen Erbfolgekriegs blieb ­Kaiser Leopold I. keine andere Wahl, als 1707 die Aktranstädter Konvention anzunehmen, die 1 M arschall : Geschichte des Bistums Breslau, S. 91 – 100.

Ausblick

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hundertzwanzig einst evangelische ­Kirchen an die Protestanten zurückgab und ihnen den Bau von sechs „Gnadenkirchen“ gestattete. Die preußische Annexion Schlesiens sicherte schließlich dem Protestantismus in Schlesien eine bevorzugte Stellung, die bis ans Ende des deutschen Schlesiens andauerte. Die Verbindung der hohen Würden, die Erzherzog Karl von Habsburg in Schlesien in seiner Hand vereinigte, als Bischof und Landesherr, bestand nach seinem Tode in Schlesien noch zwei Jahrhunderte weiter. Das weltliche Fürstentum des Breslauer Bischofs war fest in das habsburgische Verwaltungssystem eingeordnet, deshalb im Vergleich mit den geistlichen Fürstentümern im Alten Reich Handlungsfreiheit und Regierungstätigkeit des Breslauer Bischofs als Landesherr weitgehend eingeschränkt.2 Die im 18. Jahrhundert von Protestanten und Katholiken an den geistlichen Staaten geäußerte Kritik – Rückständigkeit, Orientierung an längst überholten Prinzipien, Vielzahl der Regierungsorgane, geringe Leistung der Wirtschaft, Duldung eines chaotischen Armen- und Bettlerwesens – traf auf das Fürstentum Neisse kaum zu. Es war zu lange österreichischer und dann zwei oder drei Generationen lang preußischer Aufsicht und Ordnungssucht ausgesetzt gewesen.3 Unter den Preußen war das Neisser Fürstentum schließlich nur noch Schein, eine Fassade, sein Fall mit der Säkularisation in Preußen 1810 sang- und klanglos hingenommen, von keiner namhaften katholischen Stimme betrauert.4 Josef Freiherr von Eichendorff, der seine letzten Jahre im Neisser Vorort Friedrichstadt verbrachte und dort auf dem Jerusalemer Friedhof begraben liegt, erinnerte noch einmal in einer Schrift aus dem Jahre 1813 an die Mängel der geistlichen Staaten, wie man sie ein halbes Jahrhundert lang angeprangert hatte, er fand sich damit ab, dass die großen deutschen Staaten sich die geistlichen Fürstentümer angeeignet hatten. Als preußischer Staatsbeamter wusste er selbstverständlich nur zu gut, dass Brandenburg-Preußen sein enormes Wachstum vom 16. bis ins 19. Jahrhundert zum großen Teil durch die Einverleibung geistlicher Fürstentümer zu Wege brachte.5 Er bedauerte aber ihr Dahingehen, den Verfall der Residenzstädte, die leeren Paläste, das Ende ihrer Triumphe in Kunst und Kultur, den Verlust der bunten Vielheit, die sie dem Alten Reich einmal verliehen hatten. 2 Die Reichsunmittelbarkeit von Brixen und Trient unterlag bereits gewissen Beschränkungen; Wolfgang W üst : Macht, Ökonomie und das Phänomen stiftischer „Vielregiererei“. Typen geistlicher Hof- und Regierungsprogramme, in: Gerhard H ammerer u. a.: Höfe und Residenzen geistlicher Fürsten (= Residenzenforschung 24), Ostfildern 2010, S. 109 – 133, hier S. 131. 3 Johann Adam von I ckstatt , Pseudonym Christ. Friedr. Menschenfreund: Untersuchung der Frage: Warum ist der Wohlstand der protestantischen Länder so gar viel größer als der katholischen? Salzburg, Freisingen 1772; Friedrich Carl Freiherr von M oser : Ueber die Regierung der geistlichen Staaten in Deutschland, Frankfurt, Leipzig 1787. 4 Josef Joachim M enzel : Die Säkularisation in Schlesien 1810, in: Joachim K öhler Hg.: Säkularisationen in Ostmitteleuropa (= Quellen und Forschungen zur ­Kirchen- und Kulturgeschichte Ostdeutschlands 19), Köln, Wien 1984, S. 85 – 102, besonders S. 100, die Abschaffung des Fürstentums dort nicht erwähnt. 5 E ichendorff : Über die Folgen der Aufhebung der Landeshoheit (oben S. 21 Anm. 37).

QUELLEN UND LITERATUR 1. Übersicht der Quellen zu Erzherzog Karl von Ö ­ sterreich im Druck und in den Archiven Die bisherigen Untersuchungen zur Herrschaft des Breslauer Bischofs Erzherzog Karl von Österreich und die Darstellungen seines Lebens oder der wesentlichen Abschnitte seiner Karriere wurden in der Einleitung zu ­diesem Buch angeführt. Im Folgenden sollen die wesentlichen Quellen zu diesen ­Themen zusammenfassend genannt werden. Unter den gedruckten Quellen beschreiben den jugendlichen Erzherzog in etwa einige schon 1749 zum ersten Mal gedruckte Briefe des Georg Stobaeus von Palmburg.1 Seine Aktivitäten als Bischof von Breslau und Landesherr des Fürstentums Neisse, soweit sie in Erlassen und der Korrespondenz belegt sind und sich auf den Religionsstreit beziehen, erscheinen bei Gottfried Ferdinand von B u c ki s c h u n d L öwenfels : Schlesische Religions-Akten 1 – 7, 1517 – 1675, aus den 1680er Jahren. Das sich auf Erzherzog Karl beziehende Material in Teil 1 – 5 bleibt ungedruckt, aber eine handschriftliche Kopie von 1809 ist jetzt zugänglich über die Silesian Digital ­Library. Die von Buckisch gesammelten Texte werden resümiert in Gottfried ­Ferdinand B uckisch : Schlesische Religions-Akten 1517 – 1675, Teil 2: Regesten der ReligionsAkten, bearbeitet von Joseph Gottschalk, Johannes Grünewald und Georg Steller (= Forschungen und Quellen zur ­Kirchen- und Kulturgeschichte Ostdeutschlands 17/ II ), die sich auf Erzherzog Karl beziehenden Texte S. 128 – 310. Ausführliche Zusammenfassungen aus Buckisch auch bei August K astner : Geschichte der Stadt Neisse 2, S. 1 – 389. Resümees der Korrespondenz mit Erzherzog Albert und einiger anderer Schriftstücke aus der Belgischen Korrespondenz des Haus-, Hof- und Staatsarchivs in Wien finden sich bei Joachim K öhler : Revision eines Bischofsbildes? Erzherzog Karl von Österreich, Bischof von Breslau (1608 – 1624) und Brixen (1613 – 1624), als Exponent der habsburgischen Hausmachtspolitik, in: Archiv für schlesische Kirchengeschichte 32 (1974), S. 111 – 126. Protokolle des Breslauer Domkapitels aus Karls Breslauer Bischofsjahren veröffentlichte August K astner : Actenmässige Beiträge zur Geschichte des Bisthums Breslau von 1599 bis 1649 (= Archiv für die Geschichte des Bisthums Breslau 3), Neisse 1863. Hier geht es um einen Extrakt aus den Kapitelakten 1621 – 1649, dabei ließ Kastner aus, was ihm unwichtig erschien. Zudem in ders .: Beiträge zur Geschichte des Bisthums Breslau von 1500 – 1655 (= Archiv für die Geschichte des Bisthums Breslau 1), Neisse 1858, ein Extrakt aus den Kapitelakten besonders Religionssachen betreffend 1518 – 1637, S. 1 – 227. Im Lichte der großen Verluste, die das Breslauer Staatsarchiv 1945 erlitt, sind wichtig, besonders für Karls 1 Volle Daten zu den in (1) angeführten Drucken und Archivalien erscheinen in (2) und (3) ­dieses Abschnitts.

Übersicht der Quellen zu Erzherzog Karl von Österreich im Druck und in den Archiven 419

Herrschaft im bischöflichen Fürstentum in den ersten sechs Jahren des Dreißigjährigen Krieges, die ersten fünf Bände, 1618 – 1625, der Acta Publica: Verhandlungen und Correspondenzen der schlesischen Fürsten und Stände, 1 – 5 hg. von Hermann P alm , 6 – 8 hg. von Julius K rebs , Breslau 1865 – 1906, mit vielen Zusammenfassungen von Schreiben von oder an Erzherzog Karl. Hinweise auf Erzherzog Karl in zahlreichen Briefen während der ersten Kriegsjahre oder ganze Zusammenfassungen seiner Korrespondenz erscheinen in den zwei Reihen der Briefe und Akten, hg. von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, besonders in den von Felix Stieve, Walter Goetz und Arno Duch bearbeiteten Bänden, die in früheren Arbeiten zu Erzherzog Karl nicht benutzt wurden. Die Quellen zu Erzherzog Karl als Hochmeister des Deutschen Ordens werden angeführt bei Bernhard D emel , in: Die Hochmeister des Deutschen Ordens, 1190 – 1994, hg. von Udo A rnold , S. 202 – 203, und vor allem in den Anmerkungen der Werke von Heinz N oflatscher : Glaube, Reich und Dynastie. Maximilian der Deutschmeister, 1558 – 1618 (= Quellen und Studien zur Geschichte des Deutschen Ordens 11), Marburg 1987, über die Nachfolge im Hochmeisteramt, S. 289 – 293, und Winfried I rgang : Freudenthal als Herrschaft des Deutschen Ordens 1621 – 1725, über den Erwerb von Freudenthal, S. 31 – 46. Material aus dem Breslauer Staatsarchiv und Erzdiözesanarchiv, das sich auf den Prozess gegen den bischöflichen Hofrichter bezieht, veröffentlichte Bernhard W. S cholz : Der Prozeß gegen den bischöflichen Hofrichter, in: Archiv für schlesische Kirchengeschichte 71 (2013), S. 154 – 168; Material zu den Gravamina der Landstände und Karls Antwort ebenfalls aus dem Breslauer Staatsarchiv bzw. Diözesanarchiv ders .: Die Gravamina der Landstände, in: Archiv für schlesische Kirchengeschichte 70 (2012), S. 141 – 155. Drei gedruckte spanische Berichte, von Juan Anton de la P eña , Juan P érez und die anonymen Noticias de Madrid 1621 – 1627, hg. von G onzález P alencia , handeln vom Aufenthalt des Erzherzogs in Madrid. Nur die Noticias gehen auf Krankheit und Tod des Bischofs ein, allerdings wurden sie erst drei Jahrzehnte nach den Ereignissen niedergeschrieben. In der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien befindet sich das einzige mir bekannte Exemplar der beiden ­kurzen, als Pamphlet zusammen noch 1625 gedruckten Berichte über den Tod des Erzherzogs, der eine von Franz Christoph Khevenhüller, dem Habsburger Gesandten in Madrid, der andere gemeinsam vom Breslauer Domherren Kaspar Karras und dem bischöflichen Beichtvater, dem Jesuiten Johannes Mercurian, beide innerhalb von Tagen oder höchstens Wochen nach dem Tode verfasst. Die Österreichische Nationalbibliothek in Wien hat auch die Handschrift des lateinischen Elogiums eines anonymen Jesuiten auf den Erzherzog aus dem Jahre 1625, veröffentlicht 1924 mit einer deutschen Übersetzung in der Festschrift zum 300-jährigen Jubiläum des Neisser Carolinums. Dort erscheint auch im Druck der älteste Jahresbericht der Neisser Jesuitengemeinde, die Litterae Annuae von 1624, die Einblick geben in die Aktivitäten der von Erzherzog Karl in Neisse errichteten Jesuitenniederlassung (S. 45 – 55). Khevenhüllers vielbändige Annales Ferdinandei (1 – 14 in 12, Leipzig 1721 – 1726) behandeln wichtige Ereignisse aus der Regierung

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Quellen und Literatur

des Erzherzogs, einschließlich seiner Ankunft in Madrid im November 1624; der seine Zeit betreffende Band 10 wurde um die Mitte der 1630er Jahre verfasst, beruht aber auf Aufzeichnungen, die unter dem unmittelbaren Eindruck der Ereignisse entstanden. Zu den Abbildungen auf Münzen s. Walter B aum : Die Münzen und Medaillen der Bischöfe von Breslau. Teil 1: Bis Karl von Österreich († 1624), in: ASKG 30 (1972), S. 1 – 32, Abb. 34 – 51, Bild des Erzherzogs Abb. 34 – 36, 39 – 49, und Beda D udík : Des hohen Deutschen Ritterordens Münz-Sammlung in Wien (= Quellen und Studien zur Geschichte des Deutschen Ordens 6), Bonn Godesberg 1966, Nachdruck der Auflage von 1858, S. 192 – 198. Das ­zwischen 1625 und 1627 angelegte Verzeichnis seiner Hinterlassenschaft in Neisse gibt eine Vorstellung von seiner Sammlertätigkeit, ­Gustav B odenstein : Quellen zur Geschichte der kaiserlichen Haussammlungen und der Kunstbestrebungen des Allerdurchlauchtigsten Erzhauses, in: Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses 31 (1913 – 14), 2. Teil, S. I–LVII , auf Erzherzog Karl beziehen sich Artikel 20.381, 20.389, 20.397, 20.407, 20.436; 33 (1916), 2. Teil, S. I–CXVIII , auf Erzherzog Karl beziehen sich Artikel 20 444, 20.445, 20.451, 20.461, 20.493, 20.505. Bei 20.505 handelt es sich um das vollständige Inventar der Hinterlassenschaft. Deren letzte Version, S. LII  – L XXXI , Artikel 20 528, stammt vom 22. August 1627, unterzeichnet von Melchior Tauber von Taubenfurth, Verlassenschaftskommissar, adressiert an Ferdinand II . In einer Anzahl von Archiven gibt es Quellen zur Biographie des Erzherzogs, die niemals veröffentlicht wurden. Das umfangreichste Quellenmaterial dieser Art, in erster Linie 73 Schreiben von ihm selbst, findet sich im Tiroler Landesarchiv.2 Es existieren dort drei aus Korrespondenz bestehende Akten, eigentlich Aktensammlungen, die neben Briefen an Karl ­solche des Erzherzogs enthalten, sie beziehen sich aber weniger oder überhaupt nicht auf seine Rolle als Bischof von Brixen oder Breslau. Ein Bestand von 256 Akten, genannt Ferdinandea, hat als (221) Pos. 255 [= Karton 221, Position 255] eine Sammlung von 68 Texten, 19 Briefen vom und 49 an den Erzherzog, aus der Zeit 12. September 1623 bis 12. November 1624.3 Pos. 255 ist betitelt „Reise des Ehz. Karl, Sohns des Ehz. Karl von Steiermark, nach Spanien 1624“, keine Seitennummerierung, erstes Schreiben ist Khevenhüller an Erzherzog Karl, 12. September 1623, letztes ­Margarete an den Erzherzog, 12. November 1624. Ein Bestand von hunderten von Sammelakten, genannt Alphabetisches Leopoldinum (Serie I und II), der auf Karls Bruder 2 Wilfried B eimrohr : Das Tiroler Landesarchiv und seine Bestände (= Tiroler Geschichtsquellen 47). Innsbruck 2002, S. 100 f. kurze Beschreibung der hier genannten Aktensammlungen. 3 Innsbruck TLA, Ferdinandea, eine interne Beschreibung der 256 Einheiten in ­diesem Aktenbestand von Wilfried B eimrohr 1996 unter dem Titel „Inventar des Bestandes ‚Ferdinandea‘, eines Selekts des Hofrates und der landesfürstlichen Kanzleien Ferdinand und Maximilian“, 1996. Die sich auf Karl beziehende Akte ist Pos. 255. Die korrekte Signatur ist Innsbruck TLA, Hofrat, Selekt Ferdinandea, Pos. 255.

Übersicht der Quellen zu Erzherzog Karl von Österreich im Druck und in den Archiven 421

Leopold zurückgeht,4 enthält unter der Signatur I 202 auf 78 nicht nummerierten Seiten 21 Briefe Karls an Leopold und zwei Bittbriefe an Karl, der Zeitrahmen ist 9. Juni 1620 bis 1. Oktober 1624, nur 4 Briefe von 1621, die restlichen von 1624, auf der Titelseite in späterer Handschrift „Erzherzog Carl an Erzherzog ­Leopold 1620 – 1624“; unter der Signatur II 29 49 Schreiben, dabei 33 Briefe des Erzherzogs, vor allem aus den Jahren 1620 bis 1621, aber einige auch auf frühere Jahre, bis 1616, zurückgehend. Kopialbücher der Innsbrucker Regierung – wie „An die fürstliche Durchlaucht“ – geben gelegentliche Informationen über Karl, aber die massiven 10 Bände der genannten Sammlung für die Jahre 1613 – 1624, einige mit bis zu 985 Doppelseiten, tragen so gut wie nichts zu einer Biographie Karls bei.5 Im Bayerischen Staatsarchiv München befinden sich das einzige Exemplar des hier veröffentlichten erzherzoglichen Tagebuchs ­(Walter G ötz : Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges, Bd. 2, Teil 1: Die ­Politik Maximilians I. von Bayern, 1623 – 1624, S. 557 Anm. 2, meines Wissens die einzige Erwähnung ­dieses Textes in der Literatur) und einige wenige Schreiben des Erzherzogs. Kastner und Hurter-Amman verweisen ohne nähere Angaben auf Briefe im Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchiv. Wien HHStA, HausA, Familienkorrespondenz A 8 – 11 4, fol. 91r–98v sind die vier Original-Exemplare der Briefe des Johann von Lamberg aus Neisse, drei an Erzherzog Ferdinand von Steiermark, ein vierter an Jakob Eberlein. Die Abteilung Familienkorrespondenz im Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien, deren Register 1500 Einheiten, meist individuelle Schreiben, anführt, enthält keines, das sich speziell auf Erzherzog Karl bezieht. Wien HHStA, Familienurkunden 1601 ist das sofort nach dem Tode des Erzherzogs in Madrid angefertigte Nachlassverzeichnis. 18 Seiten in den habsburgischen Familienakten beziehen sich auf die Trauerfeierlichkeiten im Januar/Februar 1625, erkennbar keine einigermaßen vollständige Zusammenstellung der im Zusammenhang mit Karls Exequien entstandenen Dokumente. Die sich auf Karls Spanienreise beziehende Korrespondenz des Franz Christoph Khevenhüller ist unter Hofkorrespondenz oder Diplomatische Korrespondenz-Spanien zugänglich. Sechs Briefe des Erzherzogs vom Juli bzw. September 1624 an Ursula Meyer, die einflussreiche Beraterin am polnischen Königshofe, auf der Reise nach Spanien geschrieben, befinden sich in der Sammlung Ursula Meyer in den Swedish National Archives 4 Innsbruck TLA, eine interne Zusammenstellung: Repertorium B 19a. Alphabetisches Leopoldinum (Serie I und II), Innsbruck 1992, 1 – 2. Die zwei Bände beruhen auf einem Zettelkatalog, jede Seite hat ca. 4 Abdrucke dieser Zettel. 5 Eine Durchsicht wird erleichtert durch die alphabetischen Register am Anfang jedes Bandes, die sich in zwei Spalten auf Personennamen bzw. Ortsnamen (oder sogar Sachbegriffe) beziehen, angelegt schon vor vielen Jahrzehnten, vielleicht Jahrhunderten, von den unermüdlichen Verwaltern der Überlieferung in Österreich. Die älteren Kopialbücher (Kopialbücher hier = „eine Sammlung von Akten, vornehmlich von Konzepten zu auslaufenden Schreiben“) wurden von Bresciani eingesehen, enthalten aber nur hier und da ein Stück, das sich auf Karl bezieht, „An die fürstliche Durchlaucht“, „Von der fürstlichen Durchlaucht,“ „Causa Domini“; B eimrohr : Das Tiroler Landesarchiv und seine Bestände, S. 71 – 74.

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Quellen und Literatur

in Stockholm, Riksarkivet Extranea 111/2. Die kaiserliche Einladung zur Leitung der spanischen Expedition, gerichtet an Georg Ulrich Graf von Schwarzenberg, wie auch ein Bericht des Letzteren an einen hohen Hofbeamten aus Mailand und seine Nachricht an den ­Kaiser von Karls Tode aus Madrid befinden sich in der Zweigstelle des tschechischen Staatsarchivs in Třeboň, Tschechische Republik. Als Bischof von Breslau war Erzherzog Karl eigentlich eine Kreatur der römischen Kurie, eine umfangreiche Korrespondenz entstand im Zusammenhang mit seiner Wahl, als Bischof wandte sich Karl oft an den Papst, besonders Paul V. hatte Interesse an seiner Amtsführung. Die Korrespondenz ist weitgehend unveröffentlicht, Originale oder Abschriften existieren vornehmlich im Archivio Segreto Vaticano und der Bibliotheca Apostolica Vaticana, ein Verzeichnis der Karl betreffenden Schreiben für die Jahre 1608 bis 1620 bei K öhler : Ringen um die tridentinische Erneuerung, S. 368 – 391, Regesten 230 – 345. Köhler (S. 391) fand 25 weitere Briefe Karls aus den Jahren 1621 – 1624 in der Bibliotheca Apostolica Vaticana in den Codices Barbarini Latini 2165 und 6898, weitgehend Empfehlungsschreiben für Mitarbeiter, die in seinem Auftrag nach Rom reisten. In der älteren Literatur erscheinen wiederholt Hinweise auf den Erzherzog betreffende Schreiben im Sächsischen Staatsarchiv in Dresden, besonders ­solche an oder von General Graf Wolf zu Mansfeld, aber trotz Korrespondenz und freundlicher Beratung ließ sich ein dort aufbewahrtes Schreiben des Erzherzogs nicht eruieren.6 Vereinzelte Schreiben sind nachweisbar im Geheimen Staatsarchiv Berlin und im Staatsarchiv Nürnberg, es existieren zweifellos noch manche bisher nicht entdeckte in anderen Archiven. Im Breslauer Diözesanarchiv (Archiwum Archidiecezjalne we Wrocławiu), dessen Bestände bei der massiven Zerstörung von Breslau 1945 so gut wie unversehrt erhalten blieben, finden sich nur zwei von Karl als Bischof ausgestellte Originalurkunden.7 Im Katalog der Gesamtbestände von Wincenty Urban erscheint der Name des Erzherzogs selten.8 Kapitelakten und Konzeptbücher aus seiner Regierungszeit bestehen. 6 So enthält Akte 10024 Geheimer Rat Loc. 9237/05, ca. 63 Blätter, zum Teil beidseitig beschrieben, Schreiben und Kopien an und von Graf Wolf zu Mansfeld, keine Briefe des Erzherzogs, Mitteilung von Gunther Biele, 4. 09. 2014. Die folgenden 10 Briefe des Erzherzogs sollen sich im Sächsischen Staatsarchiv Dresden befinden oder dort einmal existiert haben: an Wolf von Mansfeld 12. März 1622, 23. März 1622, 9. April 1622, 10. April 1622, 15. Mai 1622; an Kurfürst Johann Georg 3. Dezember 1621, 12. März 1622, 12. November 1622; an Karl Hannibal von Dohna, 11. Januar 1622, 20. Januar 1622. 7 Wincenty U rban : Wykaz regestów dokumentów Archiwum Archidiecezjalne we Wrocławiu, Warszawa 1970 [ein chronologisches Verzeichnis der Urkunden des Diözesanarchivs 979 – 1959, mit 2134 polnischen Inhaltsangaben], S. 265 – 270, Nr. 1705, 1724. 8 Wincenty U rban : Katalog dokumentów archiwum archidiecezjalnego we Wrocławiu. ­Rekopisy, in: Archiwa, Bibliotheki I Muzea Kościelne 10 (1965), Heft 1, S. 5 – 32, 11 (1965), Heft 2,

Übersicht der Quellen zu Erzherzog Karl von Österreich im Druck und in den Archiven 423

Das Archiv hat Kapitelakten, die zum Teil unveröffentlicht bleiben, aus den folgenden Jahren: 1510 – 1588, 1599 – 1621, 1650 – 1658, und die (niemals veröffentlichten) Konzeptbücher für die folgenden Jahre: 1593 – 1597, 1606 – 1609, 1610 – 1612, 1613 – 1617, 1641 – 1646. Die Gravamina der Landstände, mit denen sich Karl gleich in den ersten Monaten befassen musste, sind enthalten in Handschriften des Breslauer Diözesanarchivs und des Breslauer Staatsarchivs (Archiwum Państwowe we Wroclawiu), das Material zum Prozess gegen den Neisser Hofrichter nur im letzteren, dessen Bestände aus dem bischöflichen Fürstentum bei der Belagerung Breslaus in den ersten Monaten 1945 weitgehend verlorengingen. Viel Quellenmaterial aus den Tagen des Erzherzogs als Bischof von Breslau befand sich bis 1945 im Neisser Stadtarchiv, dessen Inhalt am Ende des Zweiten Weltkrieges verschwand. In seinen mehreren Publikationen, besonders in Band 2 seiner Geschichte der Stadt Neisse, berief sich August Kastner in den 1850er und 1860er Jahren immer wieder auf Originalurkunden und -briefe, die in den Räumlichkeiten des Stadtarchivs (im alten Rathaus, dem Ratsturm und im Kämmereigebäude; während des Zweiten Weltkrieges wurde das Material verschiedentlich an andere Örtlichkeiten verlagert) aufbewahrt wurden. Friedensburg benutzte das Archiv für sein Kapitel über die Münzgeschichte des Fürstentums Neisse unter Karl.9 Zuletzt unterstand das Archiv dem hauptamtlichen Archivrat Georg Weisser, vorher Lehrer an der Berufsschule, bis zu seiner Einberufung, er fiel im Krieg. Seine resolute Mitarbeiterin Grete Hoffmann überwachte bei der Annäherung der Front im Januar und Februar 1945 die Verpackung der ehrwürdigsten Archivalien in zehn Kisten, die vom Stadtschlosser vernagelt und am 28. Februar nach Ober-Thomasdorf im Kreise Freiwaldau abgeschickt wurden, von dort soll ­dieses Material nach Kriegsende in Prager Archive gelangt sein, ist aber, soweit mir bekannt, verschollen. Die besorgte Neisserin führte ein Tagebuch und veröffentlichte Kapitel aus ihrem Leben im Neisser Heimatblatt, die dann unter den Auspizien des Neisser Kultur- und Heimatbundes in Hildesheim als Buch erschienen.10 Darin beschreibt sie, wohl aus dem Gedächtnis, den Inhalt des Archivgutes, das man auf diese Weise zu retten suchte. Dieses bezog S. 5 – 108, 12 (1966), Heft 1, 5 – 74, 13 (1966), Heft 2, S. 5 – 90, 14 (1967), Heft 1, S. 5 – 132, 15 (1967), Heft 2, S. 91 – 248, 16 (1968), Heft 1, S. 19 – 424. Der gedruckte Katalog des Diözesanarchivs umfasst 798 Seiten und die genannten Bände der Zeitschrift enthalten die folgenden Seiten des Katalogs: 10 = S. 1 – 28, 11 = S. 29 – 132, 12 = S. 133 – 202, 13 = S. 203 – 288, 14 = S. 289 – 416, 15 = S. 417 – 574, 16 = S. 575 – 798. Helmut R ichter : Register der Personennamen zum „Katalog des Erzbischöflichen Diözesan-Archivs Breslau. Handschriftliche Bestände“. Ganderkesee 1973, hat den Namen des Erzherzogs überhaupt nicht, Urbans Katalog bezieht sich aber auf einige Akten des Bischofs. und erwähnt seinen Namen. Alfred S abisch : Das erzbischöfliche Diözesanarchiv in Breslau und seine Bestände. Zu drei neuen Katalogen, in: Schlesien 16 (1971), Heft 3, S. 166 – 169. 9 F riedensburg : Schlesiens Neuere Münzgeschichte, S. 178 Anm. 3. 10 Grete H offmann : Die Straße meiner Kindheit, hg. von Franz-Christian Jarczyk, Hildesheim 1992, über das Archiv S. 73 – 80.

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Quellen und Literatur

sich im Wesentlichen auf die Stadt, nicht das Fürstentum. Regesten der 602 Urkunden (die älteste von 1256) im Neisser Stadtarchiv und eine Beschreibung des übrigen Inhalts des Archivs wurden noch ein paar Jahre vor ihrem Abkommen zusammengestellt und 1936 veröffentlicht.11 Die reichen Bestände des Brixener Diözesanarchivs im alten Bischofspalast (Brixen ist heute Teil der Diözese Bozen) enthalten das Quellenmaterial zu Karls Herrschaft im Bistum und Hochstift Brixen, im Wesentlichen in zwei Abteilungen, dem Hofarchiv und dem Domkapitelarchiv.12 Das Hofarchiv bewahrt die Hofakten, jede Akte gewöhnlich eine Entscheidung des Bischofs oder seines Staathalters auf ein paar Seiten (die Hofrats­ ordnung für das Bistum Brixen vom 31. März 1615 ist Hofakte 20.259). Eine Hofakte gibt gewöhnlich den vollen Text eines Dokuments. Ungewöhnlich ist die Hofakte 28.084, eine Sammelakte, ein gebundenes Buch von 399 Doppelseiten. Das Regestum des … Herrn Carls Erzherzogen zu Österreich auf S. 196a–319a (a = Rückseite), also auf 246 Seiten, enthält Verordnungen vom 17. Juli 1613 bis 27. Januar 1625, im Ganzen für diese Zeit 167 Stücke (1613 = 5, 1614 = 13, 1615 = 17, 1616 = 4, 1617 = 6, 1618 = 17, 1619 = 13, 1620 = 21, 1621 = 23, 1622 = 17, 1623 = 16, 1624 = 15), das erste nicht an eine Einzelperson gerichtete Dokument ist ein Fuhrmann-Patent vom 18. Oktober 1618. Der in Karls Tagen aus vier bis fünfzehn Mitgliedern bestehende Hofrat war bei den langen Abwesenheiten des Erzherzogs das eigentliche Regierungsgremium. Die Hofratsprotokolle fassen die Inhalte der Beratungen und Entscheidungen zusammen. Hofratsprotokolle 21, ein Buch von 762 Doppelseiten, beginnt mit Karl und betrifft die Jahre 1613 – 1617.13 Hofratsprotokolle 22 1618 – 1622 (660 Doppelseiten), Hofratsprotokolle 23, 1623 – 1627 (567 Seiten, gleiches Format wie 21), Nachricht vom Tode S. 216. Die Hofregistratur enthält Volltexte von eingehenden und ausgehenden Schreiben, dabei z. B. im Band für die Jahre 1611 – 1613 von 539 Doppelseiten (der Teil für 1613 allein S. 219 – 539) päpstliche Briefe und Schreiben des Erzherzogs. Unter dem Titel Hofdekrete enthält das Hofarchiv zahlreiche Bände, z. B. einen Band von 700 Seiten (nicht nummeriert) für die Jahre 1612 – 1621, mit Abschriften von Instruktionen, manchmal in ganz kurzer Form, die sich an Einzelpersonen oder Gemeinden richten und sich mit ganz spezifischen Problemen befassen. Sie beginnen in der Regel mit einer Formel wie „Aus befehl der herrn fürstl Statthalter und Räth“ oder „ich 11 G raber : Inventare Stadt Neisse, S.  1 – 120 (Urkunden), 121 – 138 (anderes Material im Stadtarchiv). 12 Die großen Kategorien von Quellen zu seiner Amtszeit als Bischof von Brixen 1613 – 1624 im Brixener Diözesanarchiv und im Tiroler Landesarchiv, Abteilung Hofarchiv, werden genannt von B resciani : Erzherzog Karl, S. vii–viii: Hofakten, Hofdekrete, Hofmandate, Hofratsprotokolle, Hofregistratur, Kammergutsrechnungen. 13 Die Zählung beginnt immer auf der Rückseite eines Blattes, die nächste Seite mit der gleichen Zahl, also wenn man das Buch aufschlägt, hat man immer zwei Seiten mit der gleichen Zahl vor sich, die eigentliche Zahl der Seiten hier dann 1524, 12 × 8 inches, ungefähr 10 cm dick.

Übersicht der Quellen zu Erzherzog Karl von Österreich im Druck und in den Archiven 425

befehle“. Anordnungen allgemeiner Natur erscheinen in den Bänden der Hofmandate. Eine Duplizierung beim Abschreiben und Überliefern von Dokumenten wurde in den habsburgischen Verwaltungen oft nicht vermieden. Die Abteilung Domkapitelarchiv des Brixener Diözesanarchivs enthält für die Zeit des Erzherzogs die Domkapitelprotokolle VIIb 1607 – 1615, (277 folios), VIII 1615 – 1625 (487 folios), IX 1625 – 1630 (361 folios). Die Brixener Kapitelprotokolle sind in nahezu ununterbrochener Folge von 1481 bis 1821 erhalten, für die Zeit Karls allerdings oft in nicht leicht lesbarer Form.14 Ein kurzer Paragraph auf der letzten Seite des Bandes 1615 – 1625 vermerkt, dass man die Nachricht vom Tode des Bischofs erhalten habe. Domkapitelarchiv, L[ade] 100, enthält 40 Dokumente, darunter die Wahlkapitulationen vom 7. Mai 1613, auch frühere Versionen der Wahlkapitulationen, ferner Schreiben Maximilians, Ferdinands, zwei Papstbriefe und vor allem Briefe des Erzherzogs vom Frühjahr 1613, die sich auf die Brixener Position beziehen. Adelinde Bresciani benutzte in ihrer Innsbrucker Dissertation über Erzherzog Karl die oben angeführten Aktenbände, aber nicht diese letztgenannte Akte.15 Eine neue Durchsicht der voluminösen Brixener Bestände auf Informationen, die zur Herrschaftsgeschichte Karls in Diözese und Hochstift beitragen, verspricht ein mühevolles und langwieriges Unternehmen zu sein und erfordert einen geduldigen und selbstlosen Bearbeiter an Ort und Stelle, jemanden mit Kenntnissen der lokalen Gegebenheiten und einer Passion für die wechselvolle Geschichte Südtirols, alles Bedingungen, die im Falle eines auf einem anderen Kontinent Lebenden nicht erfüllt werden. Im Zentralarchiv des Deutschen Ordens (DOZA ) in Wien befindet sich ein großer Teil der Quellen zu Erzherzog Karls sechs Jahren als Hochmeister des Deutschen Ordens. Die umfangreichen Aktenbestände sind in 24 Abteilungen organisiert. Abschriften von Briefen des Erzherzogs oder von ihn betreffenden Dokumenten finden sich vor allem in den Abteilungen Großkapitel, Meistertum, Ritter und Varia. Die besonders umfangreiche Abteilung Ritter besteht aus 300 Foliobänden.16 Die Urkunden im DOZA werden jetzt abgebildet in der digitalen Sammlung www.monasterium.net unter „Sammlung des Deutschen Ordens“. Nur eine Handvoll von Karl ausgestellte finden sich dort, die erste vom 19. Januar 1619, gleich nach seiner Installierung als Administrator des Hochmeistertums und Meister des Deutschen Ordens in Mergentheim am 14. Januar. Im Lesesaal des DOZA in Wien wird der an Erzherzog Karl Interessierte auf Kasten 486 verwiesen. Dort findet sich Material, das sich auf den Erzherzog als ­Hochmeister 14 Ein Verzeichnis der Kapitelprotokolle bei Karl W olfsgruber : Das Brixener Domkapitel, S. 9 f. 15 Herr Archivdirektor Eduard Scheiber, Diözesanarchiv Brixen, machte mich auf diese Akte aufmerksam (09. 06. 2015). 16 Eine kurze Übersicht des Materials im Wien DOZA gibt W ieser : Das Zentralarchiv des Deutschen Ordens in Wien: Urkunden S. 137 f., Aktenbestände S. 139 – 152, Großkapitel S. 141, Meistertum S. 146 f., Ritter S. 150 f., Varia S. 152.

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Quellen und Literatur

bezieht. Es handelt sich um ungefähr 10 cm Dokumente in drei Gruppen und ein gebundenes Heft ohne Seitenzählung: 1. Gedruckte Artikel und Handschreiben aus neuer Zeit. 2. Todesfall 1625, 23 Schriftstücke, meistens mehrseitig, in alten Mappen. 3. Karl, Erzherzog und Hochmeister, in mehreren Mappen, 50 Stücke, dabei Korrespon­denz 1618 – 1624, ca. 30 Stücke. 4. Heft ca. 50 Seiten, das Inventar des erzherzoglichen Nachlasses.17

2. Archivalien Breslau (Wrocław) 1. Erzdiözesanarchiv Breslau, Archiwum Archidiecezjalne we Wrocławiu

I A 4 a-z, a1-r1 (42 Akten – jede in Form von 50 oder mehr Regesten für jedes Jahr, 1608 – 1624)18 II b 25, 11 (Erlass als Bischof) III b 1a, 1b, 2, 3, 4, 4a, 5, 5a, 5b, 6, 7, 7a, 8 bis 13 (Kapitelakten 1510 – 1588, 1599 – 1621, 1650 – 1658), III b 11 = Dezember 1599 bis Dezember 1610, III b 12, 1611 bis Juli 1621 III b 39, 40, 41, 42, 43 (Konzeptbücher 1593 – 1597, 1606 – 1609, 1610 – 1612, 1613 – 1617, 1641 – 1646) II b 150 II e 6 – 9 (Instruktionen für bestimmte bischöfliche Beamte) II e 11 (Zollordnung 1623) II e 13 (Inventar der Vorwerke 1625) II f 5 und 6 (Konsistorialprotokolle) II C. 18 z (Klage der Witwe des Friedrich von Nimptsch gegen ihre Gläubiger) III A 3 o und p (Testament des Christof von Gelhorn und Christof von Strachwitz 1624, 1637) VI a 13, 14, 15 (Fürstentagebücher 1606 – 1608, 1609 – 1612, 1613 – 1616) Urkunden 19 2. Staatsarchiv Breslau, Archiwum Państwowe we Wrocławiu Księstwo Nyskie 381, S. 1 – 81 (Verhöre von Hexen 1622)

17 I rgang : Freudenthal, S. 242. 18 U rban : Katalog Archiwum Archidiecezjalnego we Wrocławiu. Rekopisy, S. 292 f., in: Archiwa, Bibliotheki I Muzea Kościelne 14 (1967), Heft 1, S. 5 – 132, hier S. 8 – 9. 19 U rban : Wykaz regestów, Nr. 1580 – 1588, S. 265 – 269.

Archivalien

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Brixen, Diözesanarchiv 1. Hofarchiv (die folgenden für die Jahre 1613 – 1624) Hofakten Hofratsprotokolle Hofregistraturen Hofdekrete Hofmandate 2. Domkapitelarchiv L(ade) 100 (40 Dokumente) Domkapitelprotokolle VIIb 1607 – 1615, VIII 1615 – 1625, IX 1625 – 1630

Città del Vaticano 1. Archivio Segreto Vaticano Segreteria dei Brevi 435, 479 (an und von Paul V.) Lettere di Principi e Titolati, 27, 56I, 56II, 57 (Briefe des Erzherzogs) Lettere di Vescovi e prelati, 2, 19, 20, 22 (Briefe des Erzherzogs) Fondo Borghese serie II, 79, 143, 148, 189, 190, 231, 233, 235, 335 (Korrespondenz der Nuntien, die sich auf den Erzherzog bezieht) Armarium XLV, 3, 4, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 15 (Briefe des Papstes Paul V. an den Erzherzog) Archivio della S. Congregazione del Concilio (Relationes Status Wratislaviensis 1603 – 1620), eigentlich eine selbständige Sammlung, aber die Relationes im ­Archivio Segreto Vaticano 2. Bibliotheca Apostolica Vaticana Codices Barbarini Latini, 6898 (Briefe des Erzherzogs, einschließlich aus den Jahren 1621 – 1624) Chigiani, M III 74 (enthält den Erzherzog betreffendes Schreiben)

Innsbruck, Tiroler Landesarchiv Alphabetisches Leopoldinum I 202 (Korrespondenz des Erzherzogs oder an ihn) Alphabetisches Leopoldinum II 29 (Korrespondenz des Erzherzogs oder an ihn) Hofrat, Selekt Ferdinandea (221), Pos. 255 (Korrespondenz des Erzherzogs oder an ihn) München, Bayerisches Hauptstaatsarchiv Kasten Schwarz 6762 (Tagebuch des Erzherzogs Karl) Kasten Schwarz 292/4, fol. 363 (Khevenhüller an Maximilian von Bayern) Kasten Schwarz 716, fol. 16 – 17 (Karl an Maximilian)

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Quellen und Literatur

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Archivalien

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deren Schicksal unbekannt ist, den Bericht für 1624 druckte Seidel in der Festschrift 1624 bis 1924, S. 45 – 55. 3. Deutscher Orden Zentralarchiv (DOZA) Varia 1299, 07. 03. 1616, Karls Gesuch um die Koadjutur Generalkapitel 721/1, Frankfurt 07. 02. 1618, Schluss; 06. 02. 1618, Protokoll, Bedingungen für Karls Aufnahme Generalkapitel 721/1, päpstliche Dispens, 21. 04. 1618 Ritter 486, 20. 03. 1618, Ersuchen um päpstliche Dispens Ritter 486, 24. 10. 1618, Aufschwörungsurkunde Ritter 486, 14. 01. 1619, Einkleidung und Inthronisation Ritter 169/699, Oberstallmeister Hendl Ritter 485, 27. 04. 1620, Nachlass des Maximilian Meistertum 323/13, fol. 14 – 15, Johann Eustach von Westernach, 21. 07. 1621, Wien, Übergabe von Freudenthal an den Deutschen Orden = Urkunde 1621 VIIa und b 21 Meistertum 323/13, fol. 25rv, Testament des Erzherzogs, 05. 09. 1621 (bezieht sich nur auf Freudenthal) Meistertum 323/13, fol. 44 – 45, Karl an bischöfliche Kommissare in Freudenthal, 22. 09. 1622 Meistertum 323/13, fol. 56rv, Hendl an Karl Meistertum 323/13, fol. 76r–77v, Memoriale Karls an ­Kaiser Ferdinand, kein Datum, 1619 – 1621, bittet um Überlassung der Herrschaft Freudenthal an den Deutschen Orden Meistertum 323/8/2, Karl an Georg von Oppersdorf und Christoph von Nostitz, 12. 02. 1622, Neisse Meistertum 253/5/5, Karl an Obristleutnant Hundtbiß, 15. 02. 1622 Meistertum 323/8/12, Karl an nach Freudenthal entsandte Kommission bestehend aus Hendl und Christoph von Kochtitzky, 22. 02. 1622 Urkunden 1618 IV 21, päpstliche Dispens, 21. 04. 1618 (Abbildung dieser und der folgenden: monasterium.net unter Deutscher Orden, Urkunden) Urkunden 1619 I 19, Mergentheim, Karl für Johann Rudolf von Gemmingen, 19. 01. 1619 Urkunden 1621 VII 17a und 17b, Ferdinand übergibt Freudenthal dem Deutschen Orden Urkunden 1622 V 6b, Ulrich von Wolkenstein, Erbstallmeister und Vorschneider der fürstlichen Grafschaft Tirol, Deutschordensritter und Landkomtur an der Etsch und im Gebirge, des Erzherzogs Karl Rat und Kämmerer, Aussteller Urkunden 1623 I 01, Georg Wencks, Forstmeister in Freudenthal, 01. 01. 1623, Neisse, Schenkung von Alt-Vogelsseifen (Stará Rudná), Herrschaft Freudenthal Urkunden 1623 VIII 10a, Johann Rudolf von Gemmingen, Statthalter der Komturei Österreich, 10. 08. 1623, Neisse Urkunden 1624 VIII 7, Ferdinand bestätigt Karls Erwerb von Eulenberg und bestätigt Eulenberg als Kommende des Deutschen Ordens, 07. 08. 1624

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Quellen und Literatur

Urkunden 1625 II 9, Ferdinand ernennt Johann Eustach von Westernach zum Direktor des Ordens während der Vakanz nach Karls Tode Silesian Digital Library B uckisch und L öwenfels , Gottfried Ferdinand von: Schlesischer Religions-Acten Erster – Sechster Teil 1517 bis 1675, eine Kopie von 1803

3. Gedruckte Quellen, Quellensammlungen, Wegweiser zu den Quellen A belinus , Johann Philipp: Theatrum Europaeum, Oder Außführliche und Wahrhaftige Beschreibung aller und jeder denckwürdiger Geschichten, so sich hin und wider in der Welt, fürnämlich aber in Europa und Teutschen Landen so wohl im Religionals Prophan-Wesen vom Jahr Christi 1617 biß auff das Jahr 1629 Bey Regierung deren … Keysern Matthiae … und Ferdinandi deß Andern … sich begeben und zugetragen haben …, Frankfurt a. M. 1635 [ein sonst nicht bekanntes Porträt des Erzherzogs S. 266]. Acta Nuntiaturae Polonae XXII, bearbeitet von Henricus Damianus Wojtyska (= Institutum Historicum Polonicum Romae 22), Rom 1990. Berichte des Johannes Baptista Lancellotti aus Warschau 1622 – 1627.20 Acta Publica, s. P alm , Hermann und K rebs , Julius Hgg. A ltmann , Hugo: Briefe und Akten zur Geschichte des Dreißigjährigen Krieges in den Zeiten des vorwaltenden Einflusses der Wittelsbacher, Bd. 12: Die Reichspolitik Maximilians I. von Bayern 1613 – 1618, HKBAW BA 12, München 1978. A ndritsch , Johann: Die Matrikeln der Universität Graz 1 (1586 – 1630), Graz 1977. A nonym : Schlesische gravamina in puncto religionis summarischer weis extrahirt und zusammen gefasset, kein Ort 1619.

20 Die in Frage kommenden Nuntiaturberichte aus der Zeit 1608 – 1625 sind die aus Graz, Prag, Wien, Warschau, Köln. Die Nuntiaturberichte aus Deutschland sind ein langjähriges Projekt des Deutschen Historischen Instituts in Rom, dessen Archiv eine Übersicht bietet: W2 Nuntiaturberichte aus Deutschland nebst ergänzenden Aktenstücken, für die hier behandelten Jahre vor allem V:1 – 11 (mit Textabschriften). Dazu Georg L utz : Die Nuntiaturberichte und ihre Edition, in: Reinhard E lze und Arnold E sch Hgg.: Das Deutsche Historische Institut in Rom 1888 – 1988, Tübingen 1990, S. 87 – 121. Gedruckt existieren für die Jahre des Erzherzogs nur die Berichte des Antonio Caetano aus Prag 1608 – 1611 (L inhartová : Antonii Caetani nuntii apostolici 3, 1 – 2), Johannes Baptista Lancellotti aus Warschau 1622 – 1623 (Acta Nuntiaturae Polonae XXII, 1) und der vier Nuntien während dieser Jahre in Köln (Die Kölner Nuntiatur [1583 – 1648], hg. von Erwin G atz , Erwin I serloh † und Konrad R epgen , 5:1 bis 7:1). Die Grazer Nuntiatur dauerte nur von 1580 bis 1621.

Gedruckte Quellen, Quellensammlungen, Wegweiser zu den Quellen

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A nonym : Klag unnd Trostschrifft uber den Gottseligen Abschied auß disem Jammerthal deß Durchleuchtigen … Herrn Caroli, Ertzhertzogen zu Oesterreich, München 1590 [bezieht sich auf den Vater des Breslauer Bischofs]. A nonym : Aus den Handkalendern Bischof Jakob Eberleins von Seckau, 1617 – 1632, in: Steiermärkische Geschichtsblätter 1 (1880), S. 193 – 233. B aum , Walter: Die Münzen und Medaillen der Bischöfe von Breslau, Teil 1 bis Karl von Österreich († 1624), in: ASKG 30 (1972), S. 1 – 52. B ecker , C. F.: Die Tonwerke des 16. und 17. Jahrhunderts, 2. Aufl., Leipzig 1855 [Zusammenstellung der gedruckten Werke]. B eimrohr , Wilfried: Das Tiroler Landesarchiv und seine Bestände (= Tiroler Geschichtsquellen 47), Innsbruck 2002. B ellarmine , Robert: Opera Omnia 1 – 12, Paris 1870 – 1874, Neudruck Frankfurt a. M. 1965. B enrath , Gustav Adolf u. a. Hg.: Quellenbuch zur Geschichte der evangelischen ­Kirche in Schlesien (= Schriften des Bundesinstituts für ostdeutsche Kultur und Geschichte 1), München 1992. B ernardi , Steffano: Concerti sacri scielti, et trasportati dal secondo, et terzo libro de madrigali Venedig 1621 [Widmung an Karl; nicht bei C. F. Becker]. B odenstein , Gustav: Urkunden und Regesten aus dem k. und k. Reichsfinanz-Archiv in Wien, in: Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses 31 (1913/14), 2. Teil: Quellen zur Geschichte der kaiserlichen Haussammlungen und der Kunstbestrebungen des Allerdurchlauchtigsten Erzhauses, S. I–LVII, Artikel 20.381, 20.389, 20.397, 20.407, 20.436. B odenstein , Gustav: Urkunden und Regesten aus dem k. und k. Reichsfinanz-Archiv in Wien, in: Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses 33 (1916), 2. Teil: Quellen zur Geschichte der kaiserlichen Haussammlungen und der Kunstbestrebungen des Allerdurchlauchtigsten Erzhauses, S. I–CXVIII , Artikel 20.444, 20.445, 20.451, 20.461, 20.493, 20.505 [bei 20.505 handelt es sich um das vollständige Inventar der Neisser Sammlungen des Erzherzogs], 20.528. B ok , Václav und K ubíková , Anna Hgg.: Bericht über die Reise Johann Christians und Johann Seyfrieds von Eggenberg durch die Länder Mittel-, West- und Südeuropas in den Jahren 1660 – 1663, České Budějovice 2012. B rancucci , Filippo: La nunciatura di Graz di Giovanni Battista Salvago dal 4. 10. 1606 al 30. 6. 1608 negli scritti inediti dell’Archivio Segreto Vaticano 1 – 2 (Tesi di Laurea), Rom, 1967 – 1968. B rancucci , Filippo: Le istruzioni date ai Nunzi a Graz, alla Corte Imperiale ed in Polonia durante il pontificato di Paolo V, Rom 1978. B uckisch , Gottfried Ferdinand: Schlesische Religions-Akten 1517 – 1675, Teil 2: Regesten der Religions-Akten, bearbeitet von Joseph G ottschalk , Johannes ­G rünewald und Georg S teller (= Forschungen und Quellen zur ­Kirchen- und Kulturgeschichte Ostdeutschlands 17/II), Köln, Weimar, Wien 1998.

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Quellen und Literatur

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4. Literatur Das Literaturverzeichnis hier ist in die folgenden Themenkreise unterteilt: (1) Karl von Habsburg, Erzherzog von Österreich, (2) Schlesien, Bistum Breslau, Fürstentum Neisse, (3) Österreich, Haus Habsburg, Bistum Brixen, der Deutsche Orden, (4)

Literatur

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Spanien und Portugal zur Zeit der Spanienreise des Breslauer Bischofs, (5) Tagebuch, Reisebericht, Selbstzeugnis, (6) Gesellschaft, Kultur, Politik am Anfang des 17. Jahrhunderts. 1. Karl von Habsburg, Erzherzog von Österreich B imler , Kurt: Hans Schneider von Lindau, ein Breslauer Stadtbaumeister († 1606), in: ZVGS 68 (1934), S. 118 – 132. B resciani , Adelinde: Erzherzog Karl von Österreich als Bischof von Brixen 1613 – 1624, phil. Diss. masch., Innsbruck 1974. B rix , Michael: Trauergerüste für die Habsburger in Wien, in: Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte 26 (1973), S. 208 – 265. D em el , Bernhard: Karl, Erzherzog von Österreich, in: Die Hochmeister des Deutschen Ordens, 1190 – 1994, hg. von Udo A r n o l d (= Quellen und Studien zur Geschichte des Deutschen Ordens 40 = Veröffentlichungen der Internationalen Historischen Kommission zur Erforschung des Deutschen Ordens 6), Marburg 1998, S. 197 – 203. D ittrich , Hermann: Carl, Erzherzog von Oesterreich, Bischof von Breslau 1608 – 1624, in: 23. Jahresbericht des Neisser Kunst- und Altertums-Vereins (1919), S. 12 – 23. E ngelbert , Kurt: Das Bistum Breslau im Dreißigjährigen Kriege 1 – 3, in: ASKG 23 (1965), S. 85 – 148; 24 (1966), S. 127 – 181; 25 (1967), S. 201 – 251 [über Karl nur bis 208]. E ngelbert , Kurt: Erzherzog Karl von Österreich, in: Schlesische Lebensbilder 5, hg.von Helmut Neubach und Ludwig Petry, Würzburg 1968, S. 41 – 50. F ederhofer , Helmut: Antonio Cifra (1584 – 1629) und die Hofkapelle von Erzherzog Karl Joseph (1590 – 1624) in Neisse/Schlesien, in: Die Musikforschung 43 (1990), Heft 4 (Oktober–Dezember), S. 352 – 356. F eldmann , Fritz: Neue Einblicke in alte Neisser Musikkultur, in: Der Oberschlesier 19 (1937), Heft 8, S. 437 – 439. G atz , Erwin Hg.: Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches 1448 – 1648, Berlin 1996, S. 352 – 354. G rotemeyer , Paul: Alessandro Abondio, in: NDB 1 (1953), S. 20 – 21. H errmann -S chneider , Hildegard: Italien in Tirol? Zur musica sacra an den Höfen in Innsbruck und Brixen in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, in: Der Schlern. Monatszeitschrift für Südtiroler Landeskunde 88 (2014), Heft 1, S. 52 – 73. K astner , August: Geschichte der Neisser Schützengilde, Neisse 1850. K elter , Adolf: Die Wahl des Prinzen Karl Ferdinand von Polen zum Bischof von Breslau. Seine Regierungszeit und der österreichische Anteil des Fürstentums Neisse, in: Zeitschrift des deutschen Vereins für die Geschichte Mährens und Schlesiens 12 (1917), S. 300 – 309.

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Literatur

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Literatur

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BILDNISSE DES ERZHERZOGS KARL VON ÖSTERREICH Die erhaltenen zeitgenössischen Darstellungen des Breslauer Bischofs Karl von Habsburg, an die zwei Duzend, erscheinen auf Gemälden, Kupferstichen, Münzen und Medaillen und wenigstens einmal in Bronze. Joseph Heintz d. Ӓ., 1564 – 1609, der begabte Schweizer, den ­Kaiser Rudolf II . 1591 zum Hofmaler ernannte, malte ungefähr 1604 neben einigen seiner Geschwister auch den vierzehnjährigen Erzherzog, diesen im geistlichen Gewand. Karls Porträt, so wird uns gesagt, ist aber nicht von der Qualität der anderen Bilder. Von Josef Heintz d. Ä. schrieb Jürgen Zimmer, „seine Arbeiten gehören zum Geist- und Qualitätsvollsten, was die rudolfinische Kunst speziell und die mitteleuropäische im allgemeinen zu der Zeit zu bieten haben“.1 Während wir hier eine Ähnlichkeit mit dem Subjekt des Künstlers annehmen dürfen, sind die Gestalten und Gesichtszüge des Erzherzogs, seiner Eltern und neun ihrer Kinder auf „La communion de la Virgen o la familia del archiduque Carlo de Estiria“ des Spaniers Juan Pantoja de la Cruz (1553 – 1608) von ungefähr 1600 wohl der Fantasie entsprungen. Das Bild wurde vielleicht im Auftrage der Königin Margarete (1584 – 1611), Karls Schwester und Gemahlin Philipps III ., oder der Erzherzogin Margarete, der in Madrid lebenden Nichte des älteren Karl und Tochter ­Kaiser Maximilians, geschaffen; ­Margarete war Nonne im Madrider Kloster der Descalzas Reales, und das Bild befindet sich dort noch heute.2 Maria erscheint hier als die Jungfrau Maria, der ältere Karl als Johannes der Evangelist. Es zeigt links fünf der Töchter und rechts die vier Söhne, Karl als ersten der Stehenden, Leopold auf den Knien vor ihm. Im August 1620, während seines zweiten und längsten Aufenthalts in Brixen, besuchte der Erzherzog einmal das im Besitz eines Fortunat von Wolkenstein befindliche Schloss Rodenegg in der Gemeinde Rodeneck in Südtirol. Sein Erscheinen dort kommemoriert eine Bronzeplatte, bestehend aus zwei Tafeln, die obere mit der Porträtbüste des Bischofs, ein Werk des Caspar Gras (1585 – 1674) aus Innsbruck. Tafel und Skulptur befinden sich heute wieder wie ursprünglich über dem Burgtor.3 Der in Breslau geborene jüngere Bartholomäus Strobel (1591 bis um 1650), der einige Zeit in Karls Diensten stand, produzierte ­zwischen 1620 und 1624 ein markiges, aussagereiches Porträt des Erzherzogs, von dem heute nur eine 1 Kunsthistorisches Museum Wien, Gemäldegalerie 3086, die Abbildung hier nach W eiss : Zur Herrschaft geboren, S. 211, Abb. 245. Jürgen Z immer : Josef Heintz der Ältere als Maler, Weissenhorn 1971, S. 123 A 40, Abb. 85, schon zur Zeit der Veröffentlichung ­dieses Buches befand sich das Porträt in „ruinösem“ Zustand, nach einer Mitteilung vom Kunsthistorischen Museum Wien ist es immer noch restaurationsbedürftig, ein Abbildung daher vom KHM nicht erhältlich. 2 210 × 144 cm, Öl auf Leinwand. Auf der Rückwand werden die Personen identifiziert. 3 Erich E gg : Caspar Gras und der Tiroler Bronzeguß des 17. Jahrhunderts, in: ­Veröffentlichungen des Museum Ferdinandeum 40 (1960), S. 5 – 57, hier S. 38 f., Abb. 13.

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Bildnisse des Erzherzogs Karl von Österreich

„­ vergrößernde Kopie“ aus dem 18. Jahrhundert ­existiert.4 Es zeigt Karl als Ritter vom Goldenen Vlies mit dem Orden an der Halskette, hier fehlt jede Insignie des Bischofs. Auffallend ist, außer dem scharf gezeichneten Gesicht, der kurze, golddurchwirkte Umhang, die hohe spanische Halskrause, von der die Männermode damals schon abzuweichen begann, der bis an die Knie reichende goldbestickte Rock, der einem Geistlichen so gar nicht geziemende Degen, es ist die Ausstattung eines vornehmen Laien. Ein ebenfalls ganzfigürliches, aber schwächeres, konventionelles Bild des schon verstorbenen Erzherzogs, auch mit einem Hund, und hier in voller Amtstracht eines Bischofs, stammt von der Hand eines unbekannten Meisters des 17. Jahrhunderts.5 Der Kupferstich von Wolfgang Kilian, reproduziert am Anfang ­dieses Buches, der wohl der tatsächlichen Erscheinung des Erzherzogs am nächsten kommt, entstand nicht ­später als 1623; der Künstler kannte den Erzherzog. ­Wolfgangs ganz wenig älterer Bruder Lukas (1579 – 1637) schuf angeblich ebenfalls ein Bildnis des Erzherzogs.6 Ein Kupferstich eines Unbekannten heute in der Breslauer Universitätsbibliothek, der nach 1619 entstand, könnte noch aus der Lebenszeit des Bischofs stammen, er erreicht aber nicht die Qualität der Arbeit Wolfgang Kilians.7 Andere Stiche gehören der Zeit nach dem Tode des Erzherzogs an. Andreas Spängler (1589 – ca. 1669), Kupferstecher in Schwaz bei Innsbruck, erhielt 1626 zehn Gulden für die in Kupfer gestochenen Bildnisse des Erzherzogs Leopold und des verstorbenen Erzherzogs Karl.8 Ein Stich des Letzteren ist mir nicht bekannt. Ein nicht ganz gelungener Stich von Georg Keller (1576 – 1640) aus Frankfurt, auch Radierer, Zeichner und Maler, bekannt wegen seiner Darstellung der Krönung Ferdinands als König von Böhmen im Kloster Strahov, erschien in einem 1627 bei Kempfer veröffentlichten Werk mit 44 Abbildungen meist zeitgenössischer Persönlichkeiten, dabei mehrere Bilder 4 S. oben S. 216 und Anm. 300 (vor allem zum Werk von T ylicki ). O szczanowski und ­G romadzki : Theatrum vitae et mortis, S. 117. Eine sehr gute Reproduktion bei P ater : ­Poczet biskupów wrocławskich, S. 82. Ganz ähnliche Darstellungen als Ritter vom Golden Vies aus dieser Zeit existieren z. B. von Erzherzog Albrecht, Statthalter der Niederlande, gestorben 1621, einschließlich einer aus dem Umkreis von Rubens. 5 Abbildung bei Karl K astner : Breslauer Bischöfe, Breslau 1929. Ein ganz ähnliches ganzfigürliches Bild in einem Goldrahmen findet sich im Neisser Museum, Mitteilung von K. Pawlik, 12. 12. 2020. 6 Tilman F alk (Hg.): Hollstein’s German engravings, etchings and woodcuts 1400 – 1700, 17: Philipp Kilian – Wolfgang Kilian, Amsterdam 1976, kein Eintrag für Karl unter Lucas Kilian; S. 120 (Eintrag Porträt des Erzherzogs Karl). Anette M ichels : Kilian Lucas fecit. Gezeichnete und gestochene Bilder des Augsburger Kupferstechers Lucas Kilian (1579 – 1637), Augsburg 2001; Lucas K ilian : Porträts von 1. Deutschen und nichtdeutschen Fürsten, 2. Von Adeligen und Gelehrten, 3. Von Bischöfen und Erzbischöfen, Augsburg 1601. 7 O szczanowski und G romadzki : Theatrum vitae et mortis, Abbildung Nr. 199, S. 68. 8 16. März 1626. David von S chönherr : Urkunden und Regesten aus dem k. k. Statthalterei-Archiv zu Innsbruck, in: Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiser­hauses 17 (1896), Teil 2, S. CIV, Artikel 15.093.

Bildnisse des Erzherzogs Karl von Österreich

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­Kaiser Ferdinands II .9 Johann Alexander Böner (1647 – 1720), tätig vor allem in Nürnberg, und der Würzburger Hof- und Universitätskupferstecher Johann Salver (um 1670 – 1738) schufen Kupferstiche des Breslauer Bischofs, bei denen sie sich offensichtlich auf frühere Werke stützen mussten. Nicht mit jedem späteren Porträt im Refektorium oder in der Bibliothek des Neisser Jesuitenkollegiums lässt sich der Name eines Künstlers verbinden.10 In viereckigem Rahmen erscheint eine Abbildung des ganzfigürlichen Erzherzogs in einem Oval, auf einem Wappenschild in der linken oberen Ecke erscheint die Jahreszahl 1617, in der rechten oberen Ecke reicht eine Hand ein Gefäß bis an den ovalen Rahmen, lesbar auf dem Gefäß „COR Ser Car.“ Der Erzherzog sieht hier gut aus, groß und schlank, mit Schnauz- und Spitzbart, vollem Haar; die Inschrift: carol:arch:austr:ep:wra:brix:ord:teu:magn:mag:fundator:colleg:niss:societ:ies . Es ist offensichtlich nach dem Tode entstanden.11 Karl hatte ein Interesse an seinen Bildnissen. In Wien wartete er im Februar 1621 mit Ungeduld auf sein „Konterfei“, das ihm über Innsbruck nachgeschickt wurde.12 Dem Erzherzog, der fast bis zum Ende seiner Regierung in Neisse Münzen prägen ließ, gefielen schöne Münzen und Medaillen und er gab, möchte man glauben, seine Zustimmung zu der Art, wie er auf diesen dargestellt wurde. Karl veranlasste mehr Prägungen als alle anderen Bischöfe, insgesamt 64 verschiedene Münzen und Medaillen aus Gold, Silber oder Kupfer, die meisten mit Brustbild, gelegentlich einem Kopfbild des Erzherzogs. Ausgezeichnete Medaillen stammen insbesondere von dem Medailleur Allessandro Abondio dem Jüngeren. Porträts von einiger Verschiedenheit erscheinen auf diesen Prägungen, sechs von ihnen werden hier reproduziert. Eine Zusammenstellung der Münzen der Breslauer Bischöfe einschließlich der unseres Bischofs veröffentlichte Walter Baum.13

9 Kupferstich: 12 × 15 cm, Frankfurt a. M., Kempfer 1627, Universitäts- und Landesbibliothek, Düsseldorf, Philipp Friedrich G winner : Kunst und Künstler in Frankfurt am Main vom dreizehnten Jahrhundert bis zur Eröffnung des Städel’schen Kunstinstituts, Frankfurt a. M. 1862, Neudruck 1975, S. 115 – 118. 10 O szczanowski und G romadzki : Theatrum vitae et mortis, S. 67. 11 S eidel : Festschrift 1624 – 1924, Abbildung nach der Titelseite; B ein und S chmilewski : Neisse. Das Schlesische Rom im Wandel der Jahrhunderte, S. 215. Eine kurze Liste von Bildern in Neisse bei D ittrich : Erzherzog Karl von Oesterreich, Bischof von Breslau, S. 20, ein Porträt nach einem Kupferstich in Privatbesitz dort S. 12. 12 Innsbruck TLA, Alphabetisches Leopoldinum I 202, 19. 02. 1621. 13 B aum : Die Münzen und Medaillen der Bischöfe von Breslau, Abbildungen dort im Anschluss an S. 32.

VERZEICHNIS DER ABBILDUNGEN UND KARTEN Abbildungen Cover Erzherzog Karl 1611, auf einer goldenen Porträtmedaille 1. Karl um 1623, Kupferstich von Wolfgang Kilian S. 8 2. Gemälde des Erzherzogs 1604 von Joseph Heintz d. Ӓ. S. 41 3. Johann Jakob von Lamberg, Bischof von Gurk S. 83 4. Karls Porträt vor 1613, auf einer Silbermedaille S. 106 5. Karls Porträt 1614, auf einem goldenen zweifachen Dukaten S. 150 6. Karls Porträt 1618, auf einem goldenen dreifachen Dukaten S. 182 7. Karl, Gemälde von Bartholomäus Strobel d. J., 1619 – 1624 S. 238 8. Halbfigur des Erzherzogs auf einer Bronzeplatte von Caspar Gras über dem Tor der Burg Rodenegg, um 1620 S. 265 9. Karls Reisetagebuch Innsbruck–Madrid, Einträge, erste Seite S. 306 10. Prinz Wladyslaus Vasa im Jahre seiner Europareise 1624, Kupferstich von Paulus Pontius S. 341 11. Titelseite, Franz Christoph von Khevenhüller: Relation des Gottseligen Endes vnnd Begräbnus, Wien 1625 S. 378 12. Erzherzog Leopold von Habsburg, Kupferstich von Wolfgang Kilian 1623 S. 399 13. Karls Porträt 1621, auf einer silbernen, vergoldeten Medaille mit Zierbügel S. 413

Karten 1. Von der Oder bis zur Adria. Territorien der deutschen Habsburger in der Zeit Erzherzog Karls S. 24 2. Herzogtümer Steiermark und Kärnten in der Zeit Erzherzog Karls S. 67 3. Schlesien in der Zeit Erzherzog Karls als Bischof von Breslau S. 118 4. Tirol und das Bistum Brixen S. 288 5. Erzherzog Karls Reise von Neisse nach Madrid. Neisse – Innsbruck, 14. 06. – 06. 09. S. 344 6. Erzherzog Karls Reise von Neisse nach Madrid. Innsbruck – Genua, 07. 09. – 21. 10. S. 359 7. Erzherzog Karls Reise von Neisse nach Madrid. Genua – Barcelona, 22. 10. – 27. 10. S. 362 8. Erzherzog Karls Reise von Neisse nach Madrid. Barcelona – Madrid, 04. 11. – 24. 11. S. 367 Alle Karten von Daniel Huffman, Madison, Wisconsin USA.

ABKÜRZUNGEN AAW Archiwum Archidiecezjalne we Wrocławiu APW Archiwum Państwowe we Wroclawiu ASKG Archiv für schlesische Kirchengeschichte ASV Archivio Segreto Vaticano BA Briefe und Akten BAV Bibliotheca Apostolica Vaticana CDS Codex Diplomaticus Silesiae DA Diözesanarchiv DOZA Zentralarchiv des Deutschen Ordens, Wien FNHD frühneuhochdeutsch FT Fürstentum HB lNG Heimatblätter des Neissegaus HHS tA Haus-, Hof- und Staatsarchiv, Wien HKBAW Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der

JbkS TLA ZVGS

Wissenschaften Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses Tiroler Landesarchiv, Innsbruck Zeitschrift des Vereins für Geschichte Schlesiens

QUELLENTEXTE UND REGISTER ZU ERZHERZOG KARL VON ÖSTERREICH Die Quellen zu Leben und Herrschaft des Breslauer Bischofs Erzherzog Karl von Österreich, wie überhaupt die Quellen zur Geschichte des Bistums Breslau und des Landes Schlesien, wurden schon weitgehend im 19. Jahrhundert gedruckt. Man denkt hier z.B. an die acht Bände der Acta Publica, der Verhandlungen und Correspondenzen der schlesischen Fürsten und Stände (1618 – 1629). Auf den Habsburger Bischof bezieht sich dann eine ganze Reihe von Briefen, die schon um die Mitte des 18. Jahrhundert gedruckt wurden und nun durch die digitale Revolution leichter zugänglich sind. Daneben bestehen seit den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts ausführliche Zusammenfassungen vor allem von Korrespondenz, die gerade im Falle des Erzherzogs und anderer Breslauer Bischöfe dem Augenmerk schlesischer Forscher, selbst Hubert Jedin und Kurt Engelbert, entgingen. Ich denke hier an die in den Anmerkungen dieses Buches oft zitierten Bände der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Es bestehen aber erstaunliche Lücken in der Summe der veröffentlichten Werke, die uns Leben und Werk des ersten Habsburger auf dem Breslauer Bischofsthron erfassen lassen. So bleiben die Schlesischen Religions-Acten 1517 – 1675 des Gottfried Ferdinand von Buckisch und Löwenfels uneveröffentlicht, obwohl eine ausgezeichnete Bearbeitung aus den 90er Jahren existiert, in zwei Bänden der Reihe, in welcher das vorliegende Buch erscheint, aus der Feder von drei ausgezeichneten Kennern der schlesischen Geschichte. Ganz speziell Erzherzog Karl betreffend blieben vier Briefe im Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchiv des Johann Jakob von Lamberg, Bischof von Gurk, aus dem Jahre 1609 bislang ungedruckt, die uns unübertrefflich Einblick in die Mentalität eines jugendlichen Habsburger geben, der plötzlich den Herausforderungen eines hohen Herrscheramtes gegenüberstand. Aus der umfangreichen Korrespondenz des Erzherzogs, die zum großen Teil in Handschriften des Tiroler Landesarchivs bewahrt wird, hat sich niemals ein Schreiben in ein Buch oder einen wissenschaftlichen Aufsatz verirrt. Der nicht besonders kunstvolle, aber doch an Informationen reiche Bericht des Erzherzogs von seiner Reise von Innsbruck nach Madrid, vollendet genau einen Monat vor seinem Tode, das einzige Exemplar heute im Münchener Staatsarchiv, wurde in der Forschung nur einmal berührt and blieb selbst Autoren, die sich speziell mt Karl von Habsburg befassten, unbekannt. Die vier Briefe des Bischofs Lamberg, 75 unveröffentlichte Briefe des Erzherzogs und Karls Reisejounrnal bilden den Kern des digitalen Anhangs zu diesem Buch. Übersetzungen oder Resümees der 42 Briefe des Georg Stobaeus, die sich auf Schlesien in Karls Tagen beziehen und seine Tätigkeiten dort beleuchten, wurden dem Anhang zugefügt, sowie ein ausführlich kommentiertes Register der 250 erzherzoglichen Schreiben, denen der Herausgeber in zehnjähriger Beschäftigung mit dem Habsburger begegnet ist.

Karten

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Der Anhang ist digital an folgender Stelle aufzufinden: Passwort: EhK15Ö24 https://www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com/erzherzog-karl-vonoesterreich Inhalt des Anhangs Anhang 1: Texte A. Vier Briefe des Johann Jakob von Lamberg, Bischof von Gurk, aus Neisse, 1609 (Wien HHStA, Familienkorrespondenz A 8 11 4, fol. 91r – 98v) B. Briefe des Georg Stobaeus von Palmburg, Bischof von Lavant, mit Bezug auf das Bistum Breslau 1608 – 1611 C. Tagebuch der Reise des Erzherzogs Karl von Innsbruck nach Madrid, 7. September bis 26. November 1624 (Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Kasten Schwarz 6762) D. Zeugen beim Tode des Bischofs. Domherr Kaspar Karras und P. Johannes Mercurian SJ. Vor 10. Januar 1625 E. Unveröffentlichte Briefe des Erzherzogs Karl von Österreich Anhang 2: Register der Briefe, Kommuniqués, Patente und Urkunden des Erzherzogs Karl von Österreich Register der Personennamen im Anhang Register der Orte im Anhang

REGISTER 1. Erzherzog Karl von Österreich Ausbildung frühe Erziehung am Hof  42 f. Studiengefährte Georg von Hof- und Lehrmeister Oppersdorf  49 f., 255 – Jakob von Lamberg  43, 83 – 91 Universitätsstudium Ferdinands  49 – Georg Stobaeus  43 f., 93 – 100 Promotion Leopolds  50 – Jakob Eberlein  44 f. kein Interesse an Studien  51, 101, 268 im Grazer Jesuitenkolleg  47 – 49 Deutsch, Latein und andere Sprachen  268 Programm der Jesuitengymnasien  unternimmt niemals die übliche 47 – 49 an der Universität Graz  49 f. Bildungsreise  268 Bautätigkeiten Franziskanerkloster und -kirche, Altstadt Neue Residenz in Neisse  273 f. Gebäude des Jesuitenkollegs Carolinum, Neisse  239 Neisse  274 f. Wallfahrtskirche Mariens, Wartha  235 Konvikt (Schülerheim) St. Anna, Neisse  Umwallung der Neisser Innenstadt 1618  275 227 Kirche Mariae Himmelfahrt, Neisse  Erweiterung des Hofpalasts, Brixen  275 275 Straßenbau im Eisacktal  275 Priesterseminar  243 f. Bildnisse Übersicht 366 – 368  473 – 475 Bronzeporträt auf Schloss Rodenegg  265 mehrere Porträts gemalt in Neisse  Kein Denkmal in Breslau, Brixen oder 276 f. sein Bild auf Münzen/Medaillen  278 f. Neisse  388, 415 Kupferstiche des Bischofs von Strobel d.J. Porträt de Erzherzogs  bekannten Künstlern  213 f. 276 f. Bischof von Breslau Interesse der Habsburger am Bistum Kaiser Rudolfs Einstellung zur Wahl  Breslau  54 – 56 58 f. Wahl 1608  60 – 62 Gegengewicht zu Brandenburg  61 Argumente des Kapitels für Karls Wahl Inthronisation 15. Dezember 1608  62 – 64 zum Bischof  60 Interesse des Papstes  56 – 58

Erzherzog Karl von Österreich

das Bistum vor Karl von Habsburg  29 – 34 Karls Herrschaftsantritt  64 – 70 das Amt des Bischofs gemindert  67, 70 f., 142, 133, 204 Einkünfte als Kirchen- u. Landesherr bleiben hoch  71, 79 f., 82 unternimmt niemals die Reise ad limina, zum Papst  244, 322 unterhält regen Briefverkehr mit dem Papst  412 Rom versteht seine schwierige Situation  411 f. kompetente Ernennungen zu kirchlichen Positionen  232 f. Bischofsstadt Breslau, Beziehung zur  208 f. verbringt wenig Zeit auf der Dominsel  209 f. akzeptiert Erzbischof von Gnesen als Metropolitan  169 f. ohne Weihen, deshalb beschränkt in Ausübung geistlicher Funktionen (Firmung, Priester-, Kirchweihe)  232 f. wie er einmal seinen kirchlichen Amtsbezirk definiert  348

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erlässt zweimal scharfe Fastenmandate  97 f., 236 ordnet Visitationen von Pfarreien an  236 f. verordnet Inventar kirchlicher Einkünfte  235 f. hält niemals eine Synode  237 besorgt um kirchliche Finanzen  235 f. lässt Priesterseminar verfallen  241 – 244 blühendes katholisches Schriftum in Neisse in Karls Tagen  245 f. Kirchengesangbuch  245 f. inspiziert selbst keine einzige Pfarrei  236 verschenkt Kirchenbesitz an Günstling Tauber  77, 167 f., 176 f., 217 f. wählt kompetente Weihbischöfe  232 f. übt Einfluss aus auf Auswahl seines Nachfolgers  260 f. bemüht sich um Erwerb von Kanoni­ katen und zusätzlichen Bistümern  38, 303 – 305 neue Gründung in Neisse eines Haus für Franziskaner-Observanten  239 gründet ein zehntes Neisser Hospital  241 Schulden  283 f.

Bischof des Reichsbistums Brixen Wahl zum Bischof  286 – 288 Konflikte mit dem Kapitel  292 Herrschaft in Brixen  286 – 294 erlässt Richtlinien für AdministratorenBesitznahme, Inauguration 1613  289 amt, Hofrat und Hofgericht  294 erster Aufenthalt (12. 11. 1614 bis 167 Ordnungen erlassen im Laufe seiner 21. 04. 1615)  289 Regierung  294 zweiter Aufenthalt (Mitte Mai 1620 bis kirchliche Neuerungen  291 Ende Feb. 1621)  289 führt teure Hofhaltung in Brixen  293 nimmt an keinem Reichstag teil 13:35  häuft in Brixen hohe Schulden an  290 283 f., 294 Religionsfrieden in Tirol  291 f. auf Spanienreise vermeidet die Route hervorragende führende Beamte  291 Brenner-Brixen  289, 351

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Register

Bücher spielen eine beschränkte Rolle in seinem hohe Schulden bei Breslauer BuchLeben  268 – 272 händler  270 bringt 40 Bücher mit nach Madrid  271 Buchdruckerei, Buchbinderei am Hof  270 liest Cicero als 17-Jähriger  268 nicht geneigt, deutsche Bücher zu lesen  beeindruckt von Handschriften in 268 Laurenziana  270 Karls Neisser Büchersammlung  270 bringt Innsbrucker Pergamentbibel nach besucht Bibliothek des Domkapitels  Neisse  270, Ferdinand schickt sie 123 zurück  387 gibt Statutensammlung in Auftrag  123 Beziehung zu Werken Scheiners und Herrschaftslehren in seiner Umgebung  Galileos 269 31 f. keine Bücher im Neisser Nachlassverkatholische Schriften gedruckt in Neisse  zeichnis  270 245 f. nachgelassene Bücher vielleicht ins besitzt Geschichtswerke früherer oder Jesuitenkolleg  270 über Habsburger  271 f. Keine Spur von Gelesenem in seinen gibt Habsburger Ehrenwerk in Auftrag  Schriften  270 272 Keine Dichter am Hof  268 f. Deutscher Orden Erzherzog Karl und der Deutsche Wahl zum Hoch- und Deutschmeister  Orden  294 – 301 296 f. der Deutsche Orden vor und zu Karls schenkt dem Dt. Orden die Herrschaft Zeit  294 f. Freudenthal  297 f. Bischofsamt und Hochmeistertum in Einkommensquellen in Freudenthal  einer Person  296 298 f. Aufnahme in den Orden  296 Funktionen des Hochmeisters  299 – 301 Diplomat als Dipomat bei der spanischen Mission am polnischen Königshof 1619/20  168 – 170, 177 1624  311 f. pfälzische Kurwürde an Bayern 1621  Eignung zum Diplomaten  178 f. 178 – 181 Domkapitel, s. Ortsregister, Breslau, Kapitel Erbe, bleibendes Vermächtnis seiner Herrschaft Rekatholisierung im Fürstentum Weiterbestehen des katholischen Bistums Breslau  284 Neisse  284

Erzherzog Karl von Österreich

Gründung des noch bestehenden Karolinums, des einstigen Jesuitenkollegs  251 – 254

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Bauten in Neisse und Brixen  273 – 275 Freudenthal/Eulenberg an den Deutschen Orden  297 – 299

Frauen im Leben des Erzherzogs trägt am Hut den von einem Mädchen bemerkt in Mailand eine schöne spanische Tänzerin in Männergeflochtenen Blumenkranz  406 Gedenkgottesdienst im Dom für seine kleidung  406 Mutter  209, 406 Wettrennen der „alten Weiber“ beim enge Beziehung zu seinen Schwestern Schützenfest  263.243 und Erzherzogin Margarete, seiner Madrider Tante  405 f. Frömmigkeit traditionell  260 Beichtväter (Ebel, Jordan, Einfluss der Mutter  150 Weinberger,Scheiner Mercurian u. a) lässt Behälter für Brixener Reliquien in haben eine ktitische Rolle, kannten sicherlich die Schrift des Aquaviva Neisse herstellen  277 über die Rolle des Beichtvaters bei auf dem Sterbebett hält in Handen die Reliquien des hl.Borromäus  374 einem Herrscher  249 besucht Kultstätten der Heiligen auf speist die Armen und wäscht die Füße Spanienreise  351 – 353, 357, 361, von 12 Männern am Neisser Rathaus  364, 366 f., 369 103 f. erzählt von Wundern, von denen er der 18-Jährige präsidiert bei Fronleichunterwegs hörte  366 namsprozession  103 f. Gegenreformation, Vorkämpfer der Gegenreformatische Maßnahmen Karl akzeptiert nicht die gesetzlich vermöglich nur in seinem weltlichen briefte Religionsfreiheit in geistlichen Herrschaftsbereich  195 Territorien  151 – 153 Führungsrolle konnte er nicht vermeiden  ignoriert wirtschaftl./polit. Ansprüche 18 – 20, 19:30 143 f. der Neisser  109 f. regiert in Übereinstimmung mit päpstKarls Position weniger tolerant als die lichen Reformprogram  27 f. einiger Autoren/Herrscher  151 – 154 die Neisser Evangelischen ringen beruft sich auf sein Gewissen  155 f. um die öffentliche Ausübung ihrer sucht Hilfe bei Oberamtmann und Kaiser  Religion  145 – 148 157 f. Unterstützung der Fürsten und Stände  Recht zur Bestellung  153 f. 149 Erlasse im Sinne der Gegenreformation in Neisse (Vererbung von Büchern, Zulassung in die Stadt, Erwerb des

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Register

Bürgerrechts, Inhalt des Bürgereids, Teilnahme aller an katholischen Ritualien)  158 f. lässt die von Evangelischen erbaute Kirche im Halt Kant niederreißen  196 polizeiliche Überwachung evangelischer Wortführer, Verhaftungen  158 f. vertreibt einzelne evangelische Wortführer aus der Stadt, droht allgemeine Ausweisungen an, versucht Prädi­ kanten zu entfernen  159 f., 159, 160:213 Alternative von Rückkehr zur katholisch Kirche oder auswandern nicht belegt  197 f versucht einen evangelischen Anführer zu enteignen  158 lässt Johannes Buches, einen führenden Evangelischen, hinrichten  160 f.

begüterte Evangelische, so Pedewitz, verlassen die Stadt  197 erzwingt Abschaffung des Laienkelches  197 Ende des Protestantismus in Stadt Neisse  198 Landsassen im Bistumsland nicht enteignet, bleiben evangelisch  198 Gegenreformation Grafschaft – katholische Beamte ersetzen evangelische, Prädikanten und Lehrer ausgetrieben, evangelische Kirchen übernommen, Gutsbesitzer konvertieren oder werden enteignet  199 f. strenge Maßnahmen gegen die Evangelischen in Herrschaft Freudenthal  200 Karls Konfessionspolitik entfremdet die Schlesier den Habsburgern  201

Handwerkliche, praktische Orientierung Neigung zum Praktischen, Handwerkmöchte Breslauer Münzofen inspizieren  279 lichen  407 bittet um Breslauer Experten für Gießen besucht als 18-Jähriger die Werkstätten Neisser Maler, Goldschmiede, von Kanonen  191 Bogenmacher  102, leiht sich Artillerie von der Stadt Breslau besichtigt in Mailand Bearbeitung von und dem Deutschen Orden  191 Lotgold und Fabrikation von Silberinteressiert an Scheiners und Galileis stangen  353 Instrumenten  269 f. beeindruckt von Wasserzufuhr, Unterhält zahlreiche Werkstätten Pulvermühle, Munitionsvorräten in im Schloss, mit Anhäufung von Materialien und chemischen Mailänder Festung  353 lässt schöne Münzen und Medaillen Substanzen  282 prägen  278 bringt ein Buch mit nach Spanien „über alle mechanischen Werkzeuge“  271 Hexenverfolgung in Karls Fürstentum Ausmaß, 600 Exekutionen, Hinrichten keine Stellungnahme des Bischofs  231 von Kindern  227 f. humane Intervention seines Nachfolgers  230 Teilnahme bischöflicher Beamter  229,

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Jagd und anderer Zeitvertreib verbringt Freizeit mit Reiten, Jagen, nimmt selbst an einem Tanz teil  366 Fischen 102 Spanier organisieren für ihn Turniere, als 19-Jähriger nicht interessiert an Stierkämpfe, Masken  367 Karten- und Würfelspiel  103 das Tagebuch notiert Gaukler und auf der Spanienreise spielt er Primera Possenreißer  353 (ähnlich dem Poker)  360, 364 ihn erheitert der Besuch einer Mailänder Anstalt für Geisteskranke (Narrenorganisiert Schützenfest, wie Bischöfe vor ihm  205 – 207 haus)  353 besucht fast täglich Komödien in als junger Mensch sadistisch in Behand­ Italien  357 f., lung seiner Hunde  104 in Italien und Spanien wird er mit Tänzen und Muik unterhalten  353, 358, 364 f Jesuiten, Karls Beziehungen zu Jesuiten und Gegenreformation  247 f. andere Rollen der Jesuiten  197, 199, Anwesenheit der Jesuiten in Schlesien  255 248 Jesuitenkolleg u. Pfarrgymnasium  198, erste Jesuiten in Neisse  248 f. 254 f. will mit der Gesellschaft Jesu leben und litterae annuae 1624 der Neisser sterben  250 Jesuiten  256:225 dauernde Jesuitenniederlassung  249 f. Erfolge der Jesuiten in Neisse von ihnen Beginn des Jesuitenkollegiums  251 f. selbst behauptet  256 – 258 Gründungsurkunden  250 – 254 Jesuitendramen aufgeführt in plant Universität in Neisse mit vier Neisse  258 f. Fakultäten  251 Katholische Reform bescheidene Schritte zur katholischen Jesuiten vergrößern Zahl der Teilnehmer Erneuerung  233 f. an der Fronleichnamsprozession  259 auf sein Fürstentum beschränkt  260 katholische Reform anderswo – Julius behindert als Reformer, da ohne die Echter  233 f. Weihen  234 bringt die Franziskaner zurück nach macht den Empfang des Laienkelchs Neisse  239 unmöglich  197 gründet eine Marien-Bruderschaft  hebt besondere katholische Glaubens240 f. elemente hervor  234 blühendes katholischen Schrifttums in baut Wallfahrtskirche in Wartha  235 Neisse  245 f. erhöht das Fronleichnamsfest, dekretiert ein hervorragendes Kirchenliederbuch 1624 Teilnahme aller  234 f. entsteht in seiner Zeit  245 f.

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empfiehlt Studium der Kirchenlehren  163 empfiehlt Einführung sittenreiner Weltund Ordensgeistlicher  163

Karls Beitrag zur Katholischen Reform in Schlesien  260 Fortsetzung religiöser Reformen in Brixen  185

Kriegsherr besorgt um seine persönliche Sicherheit  fällt Todesurteile als General  191 173:280 Karl kommandiert  191 f. übernimmt das Generalat Januar 1622  Leibkompanie des Bischofs  193 183 wie die Schlesier Krieg führten  nimmt in Polen teil an Kriegsplanungen 183 – 185 verwickelt in, profitiert von Währungsgegen Schlesien  168 f. Kriegszustand in Schlesien 1622, 1623  krise 1622 – 1624  186 f. 183 f. belagert und erobert Glatz  187 f. von Karl ausgeübte Funktionen des nützt polnische Eindringlinge für seine Generals  184 f. Zwecke  145 f., 189 – 191 Kritik an Karls Herrschaft und Persönlichkeit seiner österr. Betreuer, vor allem wahrscheinlich seinem Haus Spott Lamberg und Schande aufladen  101 – 103 – studiert nichts Rechtes, weiß der schlesischen Fürsten/Stände nichts von Rhetorikund Dialektuk, – ignoriert Garantien der Majestätsuninteressiert am deutschen Lesen briefe  109 f., 112 f. und Schreiben  101 der Nuntien, vor allem in Warschau  409 – 411 hat nichts übrig für Regierungsgeschäfte, keine Lust zum geistlichen Beruf  – folgt nicht den Kleidungsvor102 schriften  410 f. – umgibt sich mit jungen Leuten, d. h. – Verwendet zu viel Zeit auf Jagd  410 falschen Räten  104 – isst und trinkt zu viel, sein Magen – angeblich dem Trunk ergeben  409 ist immer voll  102, 402 – vernachlässigt Herrscherpflichten, – andauernd zu Scherzen und zum Herrscher ungeeignet  409 Streichen aufgelegt, wird keine Kritik seitens des Papstes  411 f fördert Maler in Neisse  215 f. engagiert Künstler, Handwerker in Brixen  211 – 213 schätzt schöne Architektur  284 sammelt wertvolle und ungewöhnliche Objekte  218 f.

Kunst kein von ihm in Auftrag gegebenes Kunstwerk in Neisse, Breslau, Brixen oder anderswo bekannt  215

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Landesherr Existenz des Fürstentums steht auf dem sorgt sich um Wohlfahrt der Kaufleute Spiel  70, 75 und Handwerker  231 Landeshoheit der schlesischen Fürsten zeigt sich besorgt um arme Untertanen  223 – 225 reduziert  66, will Webern im Gebirge nicht die Arbeit beschränkter Tätigkeitsbereich der Fürsten  66 nehmen 226 Beziehung Karls zu Breslau  207 – 209 verbietet einem reichen Bürger arme Neisser aus ihren Häusern zu verHof und Regierung des Fürstentums Neisse  213 – 219 drängen  227 engagiert persönlich kompetente Beamte  sucht Meinung der Untertanen 213, 221 über Erpressungen seines hohen landesherrliche Beamte  213 – 221 Beamten  224, 308 kompensiert Beamte mit von erlässt Mühlen-, Zoll- und andere Evangelischen konfiszierteen LandOrdnungen  226 f. gütern  221 kommentiert hohe Preise ist verantwortlich für ein Gerichtsver– in Neisse  226 fahren gegen korrupten Hofrichter  – in Wien  227 223 – 225 in Schlesien und Brixen häuft er hohe Funktion d. Landstände, Gravamina, Schulden an  283 f. Konfession  222 f. Fazit seiner Landesherrschaft  222, 231 kauft mehrere Gutswirtschaften  225 s. auch Musikleben, Hexenverfolgung, Münzwesen, Jesuitenniederlassung sorgt sich um Handel und Gewerbe  226 Münzwesen prägt mehr Münzen als andere Breslauer mitverantwortlich für Münzverschlech­ Bischöfe  278 terung  187 liebt schöne Münzen, besonders mit verliert die Neisser Münzprägung  279 seinem Bild  278 Musikleben am Neisser Hof  266 – 268 Musiker in Brixen  267 f. Karls Hoforchester  266 Standorgel im Schlafgemach  267 f. Komponisten – Cifra, Poss  266 fördert Musik in Brixen  266 f. Komponisten widmen ihm Werke  266 Oberlandeshauptmannschaft (Oberamt) Oberamt vor Karl  138 f. Inhaber des Amtes in Karls Zeit  134, Ausschluss des Bischofs im Majestäts137 brief  135

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Position zum Oberamt der Fürsten u. Stände  101 f. Karls Einstellung zum Verlust  136 f. spätere Pläne, dem Erzherzog das Amt zu übertragen  138

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Bedeutung d. Oberamts aus Sicht des Papstes  100, 109 f., 133 Funktionen des Oberlandeshauptmanns  138 – 142 Schwächung der Position des Bischofs ohne das Oberamt  100, 108, 142

Österreichische Bischöfe als Karls Betreuer Johann Jakob von Lamberg, Bischof von Jakob Eberlein, später Bischof von Gurk  83 – 92 Seckau  44 f. Georg Stobaeus von Palmburg, Bischof von Lavant  93 – 100 Persönliche Eigenschaften als junger Mensch unernst, verspielt, Hund, will er seinem Hund den Kopf zu Scherzen aufgelegt, ein Spaßabschlagen 104 macher  101 – 103 betrachtet den Hofstaat als seine Familie  zunächst kein Interesse am Regieren  353 f., 405 f. 102 liebt den Wein, notiert, wo es keinen gibt  Familienangelegenheiten sind ihm 381 arrangiert Trinkgelage in Neisse und besonders wichtig  102 ein weiches Gemüt  104, 407 f anderswo  410 als Mensch bestimmen Gefühle sein Ferdinand vermutet fälschlich ein desorden de beber als Todesursache  Benehmen  102 f. 381 als Herrscher nicht willens oder fähig, schwierige Aufgaben zu übernahmen  falsche Gerüchte, dass Trunksucht zum 135 – 137, 410 Tode führte  381.254, 409 zögert, Entscheidungen zu treffen  119, sein Katholizismus tief verwurzelt, fast 408 starrsnnig  393 nachgiebig, leicht überredbar, beifallignoriert de klerikalen Kleidungsvorbedürfend  393, 408 schriften  410 f. milde, versöhnlich, gnädig gegenüber traf Entscheidungen, die Menschen das Untertanen  103 Leben kosteten  398 willensschwach und beeinflussbar  393 der regierende Fürst weniger begabt als unfähig, jemandem etwas abzuschlagen  Leopold, aber maßvoller  401 408 wusste nicht mit Geld umzugehen  403 dem Bruder, Kaiser Ferdinand, geäußere Erscheinung  413 – 415 horsam wie ein Sohn  26:44, 400 als 18-Jähriger, und schon Bischof, erhängt er mit eigener Hand einen

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Reisen Aufenthalte in Breslau  209 – 211 besucht niemals Rom oder den abwesend vom Bistum Breslau  205:6 Papst  244 meidet die Brennerroute  351 Sammlertätigkeit Inhalt seiner Sammlung  279 – 282 Nachlassverzeichnis Madrid  280 Nachlassverzeichnisse Neisse  280 f., 386 f. Spanienprojekt Objektive d. Regierenden in Wien/ Deutsche Habsburger Madrid  310 – 312 – reisen nach Spanien  308 f., 314 die Habsburgerliga  311 – in spanischen Diensten  309 das portugiesische Vizekönigtum  312 f. Spanienreise des Erzherzogs Zweck und Ziel  313 – 315 Reisegesellschaft, Mitglieder  325 – 332 Karls eigene Erklärung seiner zweimonatige Pause in Wien  345 – 349 Mission  361, Abchied vom Reiseroute, Wegstationen Innsbruck Kapitel  318 f. nach Madrid  350 – 371 von Neisse nach Wien mit Prinz Probleme einer Reise um 1600  320 – 325 Wladyslaus  320, 341 – 345 Finanzierung der Spanienexpedition  323 f. Tagebuch der Spanienreise Eigenart  333 – 337 Karls Reisetagebuch als Selbstzeugnis  Arbeitsmethode  337 339 f. Reisetagebücher der Zeit  334, 338 Zusammenfassung des Inhalts  350 – 371 Reisetagebücher seiner Familie  334 f. Tod in Madrid Erkrankung im königlichen Palast  Bestattung im Eskorial  375, 376:236, 372 f. 377:239 Zeugen am Sterbebett: Karras u. Exequien im Kloster des las Descalzas  Mercurian  373 f. 376 f. stirbt einen tapferen Tod  373 – 375 Totenfeiern in Benachrichtigungen  378 f. – Madrid  376 f., 382 – 384 Öffnung des Testaments  376 – Wien  379 – 382 – Brixen  385

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– Breslau  384 f. – Neisse  385 f. – Neisser Requiem August  1625 387 f.

– Karls Madrider Hinterlassenschaft  382 – Karls Neisser Hinterlassenschaft  279 – 282, 386 f. Trauergedicht des Martin Opitz  382

2. Personen Jahreszahlen in Klammern stehen für die Lebensjahre der Personen. A Abbondio, Allessandro d.J., Medailleur und Wachsbossierer  278 f. Adam Wenzel, Herzog von Teschen (1579 – 1617)  97, 115 f., 120, 137, 263 Aegidius Romanus, Autor De Regimine Principum  51 Agricola, Otto, Generalvikar, Bistum Brixen  291 Albert, Albrecht, Erzherzog von Österreich (1559 – 1621), Sohn Kaiser Maximilians II., Statthalter der Niederlande  23, 62, 162, 236, 277, 303 f., 309, 368 Albert, Paul, gewählt zum Bischof von Breslau 1599 – 1600, starb vor der Weihe  134.98 Albrecht II. von Habsburg (1397 – 1439), König von Ungarn 1437 gewählt zum deutschen König  31, 37 Albrecht V., Herzog von Bayern (1550 – 1579)  42 Albuin, Bistumspatron Brixen  277 Alvarez, Manuel, Autor einer latein. Grammatik  48 Ambrosius, Bischof von Mailand  374 – 397, Hl.  48, 353 Andreas von Österreich (1558 – 1600), Markgraf von Burgau, Bischof von

Brixen u. Konstanz, Kardinal  23, 57, 286 f., Anhalt, Christian Fürst zu  349 Anna, Gemahlin Ferdinands I., Schwester König Ludwigs, (1503 – 1547)  37 Anther, Nikolaus, aus der Kitzinger Gegend, einst Professor des Hebräischen am Brieger Gymnasium  201 Aquaviva, Claudio, Jesuitenoberer 1581 – 1615, Autor Instructio pro confessario principis  249 Arbogast, Hans, Freiherr von und zu Annenberg und Dornsberg, Karls Kämmerer 221 Arnold, Udo  14 Augsten, Stefan, Anführer der Neisser Evangelischen  158 Augustinus von Hippo, Tractatus adversus Judaeos  271 Aust, Melchior SJ, Sohn e. Neisser Weinkaufmanns  256.224 B Bacher, Stefan, Anführer der Neisser Evangelischen  158 Baigno, Bagno, Marquese di, Delegierter des Papstes in Sondrio  352:179

Personen

Bart, Martin, Bildschnitzer in Karls Diensten  277 Batawill, Barone, Begleiter Karls in Genua  454 Battioli (Battawil) Alexander, Karls Mundschenk  326 Bayern, s. Ferdinand, Herzog von Bayern, s. Maximilian, Herzog von Bayern, s. Wilhelm V., Herzog von Beck, Becanus, Martin SJ, Beichtvater Ferdinands II.  153, 250 Bellarmine, Robert SJ, Kardinal und Theologe (1542 – 1621)  52, 152, 271 Berg, Friedrich, Breslauer Kanoniker, Verfasser Kataloge der Dombibliothek und des Domarchivs  277 Berg, Graf Heinrich von  123 Bernardi, Steffano, aus Verona, Komponist am Neisser Hof  266 Bernitz, Gregor, Breslauer Kanoniker, Weihbischof  63, 98, 125, 232 Besse, Joseph, Autor Sufferings of the Quakers 1753  161:220 Birely, Robert, Autor  16 Böhm, Petrus, Prädikant in Neisse  147 Bonacina, Hieronymus, Hofkammerrat Ferdinands II.  380 Boneth, Hans Nikolaus, bayerischer Hofkanzler, dann Rat und Kanzler des Hochstifts Brixen  293, 393, Bonifatius, von Tarsus, Märtyrer, gest. ca. 306  412:41 Borghese, Scipione (1577 – 1633), Kardinalnepote, Haupt der päpstlichen Verwaltung  56, 135, 409 f., 412 Born, Elias, Pfarrer in Ziegenhals, Dichter  246 Botero, Giovanni, Autor Della ragione di stato 1589  51

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Brandenburg, s. Georg Wilhelm, Kurfürst von Brandenburg, s. Johann Georg, Markgraf von Braunschweig-Wolfenbüttel, Philipp Sigismund von, Administrator des Bistums Osnabrück  305 Braunschweig-Wolfenbüttel, Christian Herzog von (1599 – 1626), der „tolle“ Halberstädter  305 Bravo de Acuña, Don Luys, span. Sonderbotschafter bei Karl  316 f., 319, 326, 340, 347, 352 – 354, 369, 376, 382 Breiner, Johann Friedrich Freiherr von, Olmützer Domdechant, Bistumsadministrator Ft. Neisse  261 Brenner, Martin, Fürstbischof v. Seckau 1585 – 1615  44, 94, 96, 394 Bresciani, Adelinde, Autor Dissertation  14 f. Brieg, s. Johann Christian, Herzog von Buches, Johannes, evangelischer Wortführer in Neisse, 1616 auf Karls Anordnung hingerichtet  160 f., 228 Buchta, Heinrich von Buchta und Buchtitz, Hofrichter im Ft. Neisse  15, 81, 86, 269, 393 Buckisch, Gottfried Ferdinand von Buckisch und Löwenfels, Autor  12:5, 13, 16 Buonamico, Francesco, Sekretär auf Spanienreise  332, 382 Buonuicini, Giovanni Baptista, Kaplan Spanienreise  332 Burghaus, Sigmund von Burghaus auf Stolz und Giersdorf, (ca. 1574 – 1611), führender schles. Evangelischer  130.78 Burghausen, Nikolaus von, führender schles. Evangelischer  132

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C Cabrera, Juan Alfonso Enriquez de Herzog von Medina de Ríoseco, Admiral von Kastilien, der Amirante  368:216, 369, 370.221, 371:222 Caetani, Antonio, Nuntius am Kaiserhof 1606 – 1610  57 f., 135, 409 Capistrano, Johann von, FranziskanerPrediger  239 Carafa, Carlo, Nuntius in Wien 1621 – 1628  178, 261, 345 Cardines, Don Camion de, des Königs Kämmerer  368 Carlo di Medici (1595 – 1666), Sohn Ferdinands I. von Toskana und der Christina von Lothringen, Kardinal  358 Carlos, Don Carlos, Prinz von Asturien, Sohn Philipps II. (1545 – 1568)  308 Caroli, Philipp, Hofhistoriograph Ferdinands II.  272.275 Carolo, Don, der Infante, (1607 – 1632), Bruder König Philipps IV.  369, 370:221, 371:222, 372 Casal, Peter, Autor eines Tagebuchs auf Ferdinands II. Italienreise  334 Castellini, Johann Baptista, Musiker in Brixen  267 Castilion, Camillo, Karls Agent in Genua  272.76 Catarina von Dulcina, Ehefrau des Herzogs Rudolf-Maximilian von Sachsen-Lauenburg  327 Cattaneo, Camillo, Karls Agent in Rom 210 Cennini de’ Salamandri, Francesco, Nuntius in Madrid 1618 – 1621  377.238 Charles, English prince, later Charles I  311

Christian von Anhalt  97 Christian II., Fürst von Anhalt, Reisetagebuch Wien–Innsbruck  349 Christina, Erzherzogin von Österreich, Karls Schwester, Stiftsdame in Hall  277 Christina von Lothringen, Ehefrau Fernandos I. von Toskana  356 Chrysostomos, Johannes (ca. 349 – 407), Autor von acht Predigten gegen die Juden  271 Cicero  268 Cifra, Antonio, (1584?–1629), römischer Komponist von Sakralmusik, an Karls Hof in Neisse  15, 266 Conti, Signore Torquato di, Herr eines Landgutes in Mähren  343 Cosimo I., Groß-Herzog von Toskana (1519 – 1574)  330, 358 Cosimo II. de Medici, Großherzog von Toskana (1590 – 1621)  356 f. Costede, Dr. Angelo, Karls Gesandter in Brixen  45.51, 287 Croy, Philipp Carl de Croy, Hauptmann der deutschen Garde  365 Cyprian, Bischof von Breslau 1201 – 1207  30 Czepko von Reigersfeld, Daniel (1605 – 1661), Liegnitzer Rat und Dichter  112.18 D Dankersweil, Michael von, Nürnberger Hauskomthur  300.404 Valencia, Gregor von SJ (1549 – 1603), Professor in Ingolstadt  49 Debiz, Martin, Karls Sekretär  125 Demel, Bernhard, Autor  14 Dietrichstein, Franz von (1570 – 1636), Bischof von Olmütz, Kardinal  54,

Personen

59, 82, 162, 187, 195, 200, 303, 344, 405 Diotallevi, Francesco, Bischof von S. Angelo de’Lombardi, Nuntius in Warschau 1614 – 1621  219, 410 f. Dittrich, Hermann, Autor  12 Dohn, Johannes, Breslauer Kanoniker, Bistumsadministrator  125 Dohna, Eva Benigna, Burggräfin von Dohna  287.343 Dohna, Abraham II., Burggraf von Dohna 121 Dohna, Karl Hannibal von, (1588 – 1633), Standesherr Wartenberg, Vogt Oberlausitz, Kammerpräsident  121, 162, 170, 173, 190, 191, 382 Dompnigk, Heinz, Landeshauptmann Ft. Breslau, hingerichtet 1490  207 Don Carlos  308 Doria, Andrea I. (1466 – 1560)  362 f. Doria, Andrea II. (1570 – 1629), Karls Gastgeber in Genua  361 Dulcina, Caterina von  327 Dürer, Albrecht  276, 322, 338 E Ebel, Georg SJ, Mitglied der ersten Neisser Jesuitengemeinde, Karls Beichtvater  84, 249 Eberlein, Jakob (1576 – 1633), Karls Erzieher, 1615 Bischof von Seckau  43, 44:48, 45, 50, 62, 103, 287 f., 395 Echter, Julius Echter von Mespelbrunn, Fürstbischof von Würzburg und Herzog in Franken 1573 – 1617  233 f., 395 Eder, Bernhard, Breslauer Kanoniker  61, 125, 210 Eggenberg und Ehrenhausen, Hans Ulrich von (1568 – 1634), Geheimer

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Rat, Kämmerer Ferdinands II.  314, 328, 409 Eichendorff, Josef Freiherr von, Autor Über die Folgen der Aufhebung der Landeshoheit der Bischöfe  21.37, 417 Eleonora, Erzherzogin von Österreich (1582 – 1620), Karls Schwester, Stiftsdame in Hall  277 Elenore von Toledo  358 Elisabeth I., Königin von England  41 Elkershausen, Georg Wilhelm von, genannt Klüppel, Landkomtur Franken, Statthalter Freudenthal  386 Engelbert, Kurt, Autor  13, 14, 15, 16, 20 Erasmus von Rotterdam, Autor Institutio principis Christiani 51 Ernstinger, Georg von, Autor, Tagebuch einer Reise Linz-Innsbruck  338, 249 Ertal, Franz Ludwig von, Bischof von Würzburg und Bamberg  22 Eulalia, St., Patronin der Kathedrale Barcelona  364 F Falkenstain, Dietrich von, auf Karls Befehl hingerichtet  191 Federhofer, Helmut, Autor  15, 266 Ferdinand (1452 – 1516), König von Aragon 1479 – 1516, von Kastilien 1474 – 1504  308 Ferdinand I., Erzherzog von Österreich (1503 – 1564), deutscher König 1531, Kaiser 1556  32, 37, 38, 39, 70, 78, 248, 399 21, 128 Ferdinand II., Erzherzog von Kärnten und Steiermark (1578 – 1637), König von Böhmen 1617, Kaiser 1619  16, 18, 19, 20, 26, 27, 32, 36, 42, 46, 49, 51, 55 f., 58 f., 67, 84 f., 88, 90, 91, 92, 93, 95, 98, 104, 105, 128, 131 f., 137 f., 144, 161 f., 164 f., 167, 169,

494

Register

177 – 179, 180 f., 186, 193, 210, 247, 252, 266, 270 – 272, 277, 284, 286, 296 f., 299, 302, 304, 311, 313, 314, 315, 317, 327, 334, 337, 349, 372 f., 374, 378, 380 f., 386 f., 391, 393 f., 399, 401 – 403, 407, 409 f. Ferdinand II., Erzherzog von Österreich, Fürst von Tirol, Sohn Ferdinands I. (1529 – 1595)  279, 287, 290, 314 Ferdinand III., Erzherzog von Österreich, Kaiser 1637 – 1657  52, 266, 310 f., 369 Ferdinand, Herzog von Bayern, Bruder Maximilians I., Erzbischof von Köln 1612 – 1650  285 Ferdinando Carolo, Don, der Infante (1609 – 1641), Bruder König Philipps IV.  369, 370:221, 371:222, 372, 373 Ferdinando I., Großherzog von Toscana (1587 – 1609)  356 Ferdinando II., Großherzog von Toscana (1621 – 1670)  356 – 358, 360 Ferdinando de Boriga, Ferran de Borja y dʼAragón, Graf von Mayalde, Vizekönig von Aragón 1621 – 1632  366:213 Feria, Gómez Suárez de Figueroa y Córdoba, Duca di, Herzog von Mailand 1618 – 1627, 1631 – 1634  352:180 Feuerstein, Simon, Weihbischof von Brixen  291 Fortiguerro, Sebastian, Hofhistoriograph Ferdinands II.  272.275 Fox, John, Autor Book of Martyrs 1563  162.220 Franz-Ludwig, Kurfürst von Pfalz-Neuburg, Bischof von Breslau 1683 – 1732  273, 416

Freund, Pankratius, von PolnischWeistritz, Breslauer Arzt  218 Friedeck, Frau von, Frýdek-Místek, Tschechien  185 Friedrich III., Kaiser  340 Friedrich II., Herzog von Liegnitz (1480 – 1547), von Brieg 1521, Wohlau 1523  75 f. Friedrich V., Kurfürst von der Pfalz (1596 – 1632), König von Böhmen, der Winterkönig 1619 – 1620  114, 131 f., 166 f., 171, 178 Friedrich von Hessen-Darmstadt, Kardinal, Bischof von Breslau  255 Fuchs, Gottlieb, Autor Religionsgeschichten mehrerer schlesischer Regionen  12.7, 197 Fugger, Johann Jakob (1516 – 1575)  272:277 Furtenbach, Christoph, Karls Gläubiger in Genua  361 G Gábor Bethlen, Fürst von Transsylvanien (1580 – 1629), Calvinist  188, 190, 192, 302, Galenberg 401 Galilei Galileo, Karls Begegnung mit, Florenz 1624  269 f., 358, 407 Gebauer, Kaspar, Neisser Bürgermeister  218 f., 393 Gebauer, Witwe Anna, geb. Molhardt  256:224 Gebauer, Petrus, Breslauer Kanoniker, Archidiakon, Administrator Ft. Neisse  123, 126, 196, 198, 237, 244, 261, 318, 361, 384 f. Geissler, Andreas, Fürstlicher Rat, Kanzler in Liegnitz und Brieg, protestantischer Wortführer  130 f.

Personen

Gelhorn, Christoph von, Breslauer Kanoniker, Scholasticus, Dechant des Kreuzstifts  114, 125, 158 Gembicki, Wawrzyniec (Laurentius), Erzbischof von Gnesen 1616 – 1624  170:259, 170:260 Georg Rudolf, Herzog von Liegnitz (1595 – 1653), Liegnitz 1602, Wohlau 1615, Oberlandeshauptmann 1621 – 1629  15, 115, 130, 137, 184, 263, 266, 268, 382 Georg Wilhelm, Kurfürst von Brandenburg 1619 – 1640  181 Georg, der Fromme, Markgraf von Brandenburg, Herzog von Jägerndorf  75, 82 Gerstmann, Martin von, Bischof von Breslau 1574 – 1585  15, 33 f., 39, 69, 78, 220, 226, 234, 242, 262, 415 Gesualdo, Ascanio, Erzbischof von Bari und Titular-Patriarch von Konstantinopel, Nuntius in Wien 1617 – 1621  410 Goblet, Niklas, Finanzmann der Erzherzogin Margarete  384 Gonzaga, Anna Katharina Herzogin von (1566 – 1621), zweite Gemahlin Ferdinands II., Erzherzog von Tirol 449.256 Gonzaga, Francesco IV., Herzogs von Mantua und Montferrat, Ehemann der Margarete von Savoyen  313 Gras, Kaspar, Bildhauer, Bronzegießer (1585 – 1674)  276 Gregor XIII., Ugo Boncompagni, Papst 1572 – 1585  287 Gregor XV., Alessandro Ludovisi, Papst 1621 – 1623  180, 286, 297 Gregor de Valencia SJ, Professor, Ingolstadt  49

495

Grischen, Johann von, Gesandter Leopolds zu Karl in Genua  361.196 Grisonius, Hannibal, Kanoniker am Neisser Kollegiatsstift  91, 104, 129, 209, 245 Gross, Johann, fürstbischöflicher Hofadvokat, Richter im Hexenprozess  229 Grünhagen, Colmar, Autor  71 Guzmán de Haros, Diego, Patriarch von Westindien 1616 – 1631  377:238 H Hadrian IV., Papst 1154 – 1159  30 Hagenaw, Jan, Verfasser eines Reisetagebuchs auf der Reise des Kronprinzen Władysław Wasa  334, 342 Hahn, Bonaventura, Breslauer Bischof 1597 – 1599, zum Rücktritt gezwungen  70:167, 134.98 Haniwald, Simon, bischöflicher Kanzler, evangelisch  33 Hannewaldt, Andreas (1560 – nach 1622), Reichshofrat  59, 43, 45.107 Harrach, Karl Leonhard von, Reichsgraf (1570 – 1628), Rat Ferdinands II.  316 Hartmann, Sebastian, Propst des Neisser Kollegiatstifts, Breslauer Kanoniker und Archidiakon, Kanzler des Fts. Neisse  126, 152, 213 Haunold, Achatius, Ratsältester in Breslau und Landeshauptmann  78.197 Haunold, Hans, Breslauer Ratsherr  131.89 Heinrich, Prinz von Münsterberg-Oels  79.203 Heinrich von Würben, Bischof von Breslau 1302 – 1319  30 Heinrich Wenzel, Herzog von Oels-Bernstadt (1592 – 1639),

496

Register

Oberlandeshauptmann 1629 – 1639  168, 189 Heinrich IV., Herzog von Breslau (1266 – 1290)  30 Heinsius, Daniel, Dichter  130.83 Hendl, Oswald, Mitglied der Reisegesellschaft  329 Hendl, Reinprecht, Deutschordensritter, Karls Oberstallmeister, Begleiter nach Spanien  301, 323, 328, 351, 356 – 358, 373, 383 Hennott, Dr. Hartgerus, Propst von St. Severin und Dekan von St. Andreas in Köln 296 Henscher, Dr. Christoph (1568 – 1620), Breslauer Syndikus und Oberlandschreiber des Fts. Breslau  131 Herberstein, Siegmund von, österreichischer Gesandter in Moskau  284.120 Hilpert, Michael, Breslauer Kanoniker  125 Hoditz, Georg Graf von, Neisser Landeshauptmann  229 f. Hohenzollern-Hechingen, Johann Georg, Graf von (1577 – 1623), Reichshofratspräsident, Reichsfürst  178 Hohenzollern-Sigmaringen (1582 – 1625), Eitel Friedrich, Graf von, Kardinal, Bischof von Osnabrück  305 Holzgraf, Heinrich, evangel. Gutsbesitzer in Neisse  146 Honoré II. von Monaco (1597 – 1662), erst Herr, dann Fürst, aus dem Hause Grimaldi  363 Homminy, Graf von, polnischer Militär  396 Hörnig, Hanns, Landeshauptmann Ft. Breslau  74

Huerta, Pedro, Sekretär der Erzherzogin Margarete  517 Huch, Ricarda, Autorin  407 Hurter-Amman, Friedrich von, Autor  11, 42 Hyacinth da Casale (1575 – 1627), Kapuziner, Ratgeber vieler katholischer Herrscher  154, 355 129, 299, 300, 409 I Iacomo, balbiero=Balbier  332 Ickstadt, Johann Adam von  417.3 Infantado, Herzog von  368 Ingenuin, Brixener Bistumspatron  277 Irgang, Winfried  14 Isabella, Königin von Kastilien (1474 – 1504)  308 Isabella von Bourbon (1602 – 1644), Gemahlin Philips IV.  370:221 Isabella, Infanta (1566 – 1633), Tochter Philipps II., Regentin der Niederlande  277, 309 J Jakob von Salza, Bischof von Breslau 1520 – 1539  32, 68, 78 Jaroslaw, Herzog von Oppeln, Bischof von Breslau 1198 – 1201  30 Jäschke, Kaspar, Karls Leibarzt, Begleiter nach Spanien, geadelt nach Karls Tode  221, 253, 331 f., 374, 414 Jedin, Hubert, Autor  14, 68, 134, 396 Jerin, Andreas von, Bischof von Breslau 1585 – 1596  33, 68, 69, 218, 220, 227, 242, 415 Jerin, Andreas von, Neffe des Bischofs, Hofrichter Ft. Neisse  223 Jerin, Bartholomäus von, Neffe des Bischofs, Breslauer Kanoniker,

Personen

Kanzler des Kapitels  87, 125, 129.77, 152 Joachim III. von Maltzahn, Standesherr von Militisch (1559 – 1625)  121 Johann II., Herzog (1460 – 1532) von Oppeln 1476 – 1532, von Ratibor 1521 – 1532  302 Johann II., Graf von Mérode-Waroux, Heerführer unter Wallenstein  343 Johann III. Romka, Bischof von Breslau 1292 – 1301  30 Johann Christian, Herzog von Brieg, Ohlau, Liegnitz und Wohlau (1591 – 1639), Oberlandeshauptmann 1617 – 1621  115, 131, 137, 163, 168, 187, 249, 263 Johann Georg, Markgraf von Brandenburg, Herzog von Jägerndorf (1577 – 1624)  97, 113, 116 f., 119 f., 172, 187 f., 191, 199, 217, 227, 263 f., 268, 301, 316, 408 Johann IV. Roth, Bischof von Breslau 1482 – 1506  31, 37 Johann V., Thurzo Bischof von Breslau 1506 – 1520  31 Johannes, ältester Name eines Breslauer Bischofs  29 Johannes VI., von Sitsch, Bischof von Breslau 1600 – 1608, s. unter Sitsch John, Jahn, Peter von, Autor Österreichisches Ehrenwerk  271 Johnston, Wilhelm SJ, Theologe und Kirchenrechtler, Erzieher Karls in Neisse  63, 84, 102, 249 Jordan, Johann Angelus SJ, Mitglied der ersten Neisser Jesuitengemeinde, Karls Beichtvater  249 Josef I., (1678 – 1711), Kaiser 1705 – 1711  266

497

Julius-Heinrich, Herzog von Sachsen-Lauenburg, Kämmerer Ferdinands  327 Jungnitz, Josef, Autor  220, 15 K Kantor, Kantorff, Architekt einer Jesuitenkirche  462.342 Justus und Pastor, Kinder-Märtyrer in Alcalá de Henares  369:218 Kapler, Johannes SJ, Mitglied der ersten Neisser Jesuitengemeinde  249 Karl Borromäus, Bischof von Mailand (1538 – 1584), Heiliger  254, 274, 396 Karl Ferdinand, Prinz von Polen, Bischof von Breslau 1625 – 1655  53, 170, 198, 230, 254 f., 260 f., 274 f., 342, 347, 379, 385 Karl II., Herzog von Münsterberg-Oels, Oberlandeshauptmann 1608 – 1617  39, 115 f., 117, 134 f., 137, 157, 263 Karl Josef, Erzherzog von Österreich (1649 – 1664), Bischof von Breslau 1663 – 1664  23, 53, 415 Karl V. (1500 – 1558), Kaiser 1519 – 1556  228, 271, 377 Karl VI. (1685 – 1740)  416 Karl, Erzherzog von Österreich (1540 – 1590), Vater des Bischofs, Herrschaften Steiermark, Kärnten  18, 41, 247, 266, 280, 308, 317, 323, 334, 365 Karl, Erzherzog von Österreich (1590 – 1624), Bischof von Breslau und Brixen, s. Register 1. Karl, Markgraf von Burgau, Sohn Ferdinands II. von Tirol  314 Karras, Kaspar, Breslauer Kanoniker, Karls Begleiter nach Spanien  126 f.,

498

Register

243, 331, 356, 373, 381, 384 f., 387, 404 Kastner, August, Lehrer am Neisser Carolinum, Autor  12 f., 42, 198, 237, 253, 262, 418 Katharina Vigri, Lokalheilige in Bologna  357, 404 Keck, Dekan der Grafschaft Glatz  221.78 Keseler, Daniel, Breslauer Ratsherr  131.89 Khlesl, Melchior (1552 – 1630), Bischof von Wien 1598, Kardinal, Kanzler Ferdinands II.  38, 137, 159 f., 162, 163.225, 165, 220, 304 Khevenhüller, Franz Christoph von (1588 – 1650), habsburgischer Gesandter in Madrid, Autor Annales Ferdinandei  17, 308 – 311, 314 – 317, 325 f., 329, 335 f., 349, 354 f., 367 f., 370, 372, 374, 376, 379, 381 – 383, 387 Kiechel, Samuel, Autor eines Reiseberichts  342:126 Kilian, Wolfgang, (1581 – 1663) Kupferstecher aus Augsburg  276 Kirchner, Kaspar, Liegnitzer Rat und Bibliothekar  382 Kirwizer, Cyriacus SJ, Prokurator der Neisser Jesuiten  253 Kittlitz, Alexander von, Landsasse im Neisser Fürstentum  227 Klemens VIII., Ippolito Aldobrandini, Papst 1592 – 1605  27, 56 f. Klim, Propst, Heilig-Geist-Stift, Breslau  73 Kliman, Andreas, Breslauer Kanoniker, Bistumsoffizial, Generalvikar  125, 237

Kobenzl von Prosegg, Hans, Berichte über Spanienreise Erzherzog Karls von Steiermark  334, 337 Kobylka von Kobylí, Johann der Ӓltere, Besitzer der Herrschaft Freudenthal  298 Kochtitzky von Kochtitz, Johann, Kammerrat  216.54 Kochtitzky Anna Maria, Tochter des Landeshauptmanns Christoph von Maltitz und Dippoldiswalde, Ehefrau des Nikolaus  216 Kochtitzky, Anna Maria, Freiin Kochticky von Kochtitz (1600 – 1664), Tochter des Nikolaus  216.56 Kochtitzky, Nikolaus, Freiherr von Kochtitz und Lublinitz, Ujest, Landeshauptmann des Fts. Neisse  104, 213, 216, 221, 385 Köhler, Joachim, Autor  13 f., 26 Kohlsdorf, Martin, Breslauer Kanoniker, Weihbischof  125, 232 f Konrad, Herzog von Oels, Bischof von Breslau 1417 – 1447  31, 113, 139 Konstanze, Erzherzogin von Österreich (1588 – 1631), Schwester Karls, Königin von Polen (1605)  59, 88, 91, 140, 167, 191, 260, 304, 337, 385, 406 Konzgi, Baron Michael, in der Reisegesellschaft des Kronprinzen Władysław Wasa, mit Karl nach Spanien  330 Korbl, Hansdieter  16.25 Krahl von Trzeban, Daniel  218 Krafftzober, Hans, evangel. Breslauer Goldschmied 69 Krautwald, Valentin, Breslauer Kanoniker  124 Kreckwitz, evangelischer Adliger  75, 76:187

Personen

Krosini, Anton, Weihbischof des Bistums Brixen  293 Kumor, J., Autor  15 Lachnit, Simon Wenzeslaus, Pfarrer in Neisse 240 L Ladislaus Postumus (1440 – 1457), nachgeborener Sohn Albrechts II., König von Ungarn 1440, von Böhmen 1453  37 Ladislaus IV. von Polen  277 Lagus, Martin, Propst des Kreuzherrenstifts St. Peter und Paul der Chorherren vom Heiligen Grab, Neisse 1615 – 1622  237, 126.64 Lamberg, Johann Jakob von (1561 – 1630), Bischof von Gurk, Karls Betreuer 1608 – 1609  17, 43, 50, 62 f., 84 – 92, 85:223, 94, 95, 101, 102, 104, 124, 129, 217, 225, 390 f. Lamberg, Albert von, Karl wünscht ihn als Kammerherrn  91 Lamormaini, Wilhelm SJ, Beichtvater Ferdinands II. 1624 – 1637  187, 220 Lancellotti, Giambattista, Bischof von Nola, Nuntius in Warschau 1623 – 1630  190 Landis, Hans, Wiedertäufer, hingerichtet in Zürich 1614  161:220 Lange, Caspar, Evangelischer aus Neisse ausgewiesen  158 Laubenberg, Johann Konrad von, Komtur, Prior der Wilhelmiten  300 Laubich, Pater, Lehrer Leopolds und Karls 45 Leitsch, Walter, Autor  14 Leo X, Papst  297 Leopold I. (1640 – 1705), Kaiser 1658 – 1705  266, 416

499

Leopold, Erzherzog von Österreich (1586 – 1632), Karls Bruder  26, 27, 42, 46, 48, 57, 62, 67, 85, 90, 95, 105, 171, 180 f., 183, 203, 247, 250, 269, 283 f., 286, 300, 302, 305, 309, 318 f., 325, 331, 334, 336, 345 – 347, 350, 354, 380, 385, 392, 398, 400 f., 404, 406 – 408, 415 Leopold Wilhelm, Erzherzog von Österreich, Bischof von Breslau 1656 – 1662  23, 280, 305, 416 Leuchtenburg, Landgraf von  109 Lhotsky, Alphons, Autor  272 Liechtenstein, Karl von (1569 – 1627), mährischer Adliger, Fürst 1608, Herzog von Troppau 1613, von Jägerndorf 1622, Statthalter von Böhmen 1622, Konvertit  120, 161, 170, 181, 298, 344 Liechtenstain, Philipp Rudolf, Graf von, Glatzer Landeshauptmann  199, 33 Liesch von Hornau, Johann Balthasar, Breslauer Kanoniker, Weihbischof 1625 – 1661  125, 230, 233, 261, 384 Lindanus, Theodor, Breslauer Kanoniker, Visitator 1579  33:11 Lipski, Adam, polnischer Militär  396 Löbel, Lewel, Hans Bernhard, Karls Kämmerer, Schatzmeister auf der Spanienreise  329, 356, 358, 364, 378:240 Lobkowitz, Wilhelm von, böhmischer Adliger 109 Loeb, Klemens, Trompeter, mit Karl nach Spanien  266 Loen, Heinrich, Direktor, Deutschordens-Seminar Mergentheim  296 Logau, David Freiherr von Logau und Olbersdorf, Landsasse im Neisser Fürstentum  223, 262

500

Register

Logau, Kaspar von, Bischof von Breslau 1562 – 1574  15, 32, 39, 150, 415 Lohr, Johannes, Breslauer Kanoniker, Hofkaplan, Propst des Kollegiatstifts, Pfarrer in Neisse  126, 176, 235, 237, 251, 267, 385 Lorenz, Bischof von Breslau 1201 – 1232  30 Lorenz, Martin Dr., Kammeradvokat, bischöflicher Kammerfiskal, anwesend bei Anlegung des Neisser Hexenofens  229, 230.114 Lorenzo, Bruder des Großherzogs von Toskana  357 Loyola, Ignatius von  271 Ludwig II., König von Ungarn und Böhmen (1506 – 1526)  78 Luther, Martin  21, 32, 70, 77, 155, 246, 396 M Magni, Valeriano  220 Maltzahn s. Joachim III. von Maltzahn  121, 131, 134.97 Maltitz und Dippoldiswalde, Anna von  216 Maltitz und Dippoldiswalde, Christoph von, Neisser Landeshauptmann  216 Man, Cornelius de, Karls Gläubiger  386 f. Mansfeld, Ernst von, Heerführer  191 Mansfeld, Graf Wolf von, Kommandant sächsischer Truppen in Schlesien 1621 – 1622  184, 188, 192, 194 Margarete, Erzherzogin von Österreich (1480 – 1530), Schwester Karls V. und Ferdinands I., Statthalterin der Niederlande  279 Margarete, Erzherzogin von Österreich (1567 – 1633), Tochter Maximilians II ., Unbeschuhte Karmeliterin,

Kloster de Las Descalzas Reales, Madrid  315, 317:47, 48, 328, 364, 371, 383, 406 Margarete, Erzherzogin von Österreich (1584 – 1611), Königin von Spanien, Gemahlin Philipps III.  308, 310, 362, 376 Margarete von Savoyen, Witwe des Herzogs von Mantua und Montferrat, Francesco IV. Gonzaga, Vizekönigin von Portugal  313 María Ana, Infantin (1606 – 1646), Tochter Philipps III. und der Margarete von Österreich, Ehefrau Kaiser Ferdinands III.  310 f., 369, 370:221, 371 Maria Anna, oft nur Maria, Tochter Herzog Albrechts V. von Bayern, Gemahlin Erzherzog Karls von Steiermark, Karls Mutter (1551 – 1608)  41 f., 55 f., 141:127, 286, 308 f., 337, 362, 406 Maria von Burgund  308 Maria Christina, Erzherzogin von Österreich (1574 – 1621), Karls Schwester, Stiftsdame in Hall  257.1 Maria Magdalena, Erzherzogin von Österreich (1589 – 1631), Karls Schwester, Großherzogin von Toskana  347, 356 f., 406 Maria, Erzherzogin von Österreich, Schwester Ferdinands I. und Karls V. Gemahlin Ludwigs II  37 Maria Stuart (1542 – 1587), Königin von Schottland (1542 – 1567)  41 Matthias Corvinus (1443 – 1490), König von Ungarn 1458, von Böhmen 1469  66, 139 Matthias, Bernhard, Professor, Priesterseminar, Neisse  483

Personen

Matthias, Erzherzog von Österreich, Kaiser 1611 – 1619  28, 36, 39 f., 110, 120, 131 f., 133, 137, 157, 159, 163, 166, 207, 209 f., 277 f., 287, 296 Maximilian Ernst, Erzherzog von Österreich (1583 – 1616), Karls Bruder  268, 295, 309 Maximilian I, Erzherzog von Österreich (1459 – 1519), König 1486, Kaiser 1508  33, 39, 51, 271, 308, 340 Maximilian II., Erzherzog von Österreich (1527 – 1576), Kaiser 1564  33, 308, 336, 340 Maximilian, Erzherzog von Österreich, der Deutschmeister (1558 – 1618), Sohn Kaiser Maximilians II., Hochmeister des Deutschen Ordens (1590)  55 f., 268, 270 – 272, 275, 280, 287, 290, 295 f., 299, 302, 380, 415 Maximilian I., Herzog von Bayern (1573 – 1651), Kurfürst (1623)  177 – 179, 219, 315 f., 413 Mendoza, Pedro González de, O.F.M., Bischof von Siguenza 1623 – 1639  368 Mercator, Gerard, Autor Kosmographia  324 Mercurian, Johannes SJ, Karls letzter Beichtvater, mit Karl nach Spanien  331, 373, 374, 381, 404 Mérode-Waroux s. Johann II., Graf von Mérode-Waroux  343 Messelius, Ludwig SJ, Mitglied der ersten Neisser Jesuitengemeinde  249 Metzinger von Kaltenstein, Johann Christoph, Kanzler des Fts. Neisse  215, 221, 385 Meyer(in), Ursula, Hofdame am Hofe Sigismunds III.  337, 347 f.

501

Michelangelo Buonarotti  357.191 Mickusch, Johann, Karls Kammerdiener  221 Moibanus, Andreas, Pfarrer von St. Elisabeth, Breslau  72 Molhardt, Anna Gebauer geb., Gönnerin der Neisser Jesuiten  212:214 Moncada, Don Francisco de, Graf von Osona (1586 – 1635), spanischer Botschafter am Kaiserhof  26.44, 381 Montaigne, Michel de, Autor Reise nach Italien 1580/81  338 Montalban, Conte de, königlicher Hofmeister, Madrid  376 Monte de Re, Conte, Karls Betreuer in Madrid  371 Morone, Giovanni (1509 – 1580), Nuntius in Deutschland  69 Moschen, enteigneter Gutsbesitzer, Grafschaft Glatz  221 Moser, Friedrich Carl Freiherr von, Autor Ueber die Regierung der geistlichen Staaten in Deutschland  417.3 Moura, Christoph de, marquis de Castelo Rodrigo, Vizekönig von Portugal  312 N Nanker, Bischof von Breslau 1326 – 1341  31 Naymb oder Nemi, Daniel, auf der Spanienreise vendor et controloro  332 Neander, Balthasar, Breslauer Kanoniker, Archidiakon, Humanist  33:11, 123 Neuburg, Wolfgang Wilhelm, Pfalzgraf, Pfalz-Neuburg (1578 – 1653)  338, 370:220, 370:221, 371:222

502

Register

Neuhaus, Freiherr Kaspar von, Oberst  272, 330, 372 Neuhaus, Nayhaus, Cäsar, mit Karl nach Spanien  330, 383 Nickisch, Johann, Karls Finanzrat  221 Niemitz von Wilckau, Nikolaus, auf Jungferndorf und Gesess, Gutsbesitzer im Ft. Neisse  215 Niemitz, Helene, Tochter des Nikolaus Niemitz, Ehefrau des Kanzlers Johannes Scheliha  181 Noflatscher, Heinz, Autor  14 Nostitz, Otto von, Reichshofrat (1574 – 1630), einmal Vizekanzler der Kanzlei Schlesien-Lausitz  128, 138, 179, 195 Nowag, S. Peter Nowag Nucius, Johannes, Abt von Himmelwitz 1591 – 1620, Komponist und Autor einer Musiklehre  267 Nusser, Nikolaus, Kammerdiener Ferdinands II.  380 O Oberg, Karl Heinrich, Breslauer Kanoniker  256.224 Olivares, Gaspar de Guzmán, Graf von, führender Staatsmann in Madrid 1623 – 1643  310 f., 315, 317, 355, 364, 368 f., 370.221, 371:222, 376, 378, 381 Oñate, Íñigo Vélez de Guevara, Conde de, spanischer Botschafter in Wien 1617 – 1618  345 Opitz, Martin (1597 – 1639), Dichter  130, 268, 382, 415 Oppeln, s. Johann II., Herzog von Oppeln Oppersdorf, Georg III. von, Freiherr von Aich und Friedstein (1588 – 1651),

Herr auf Oberglogau  49 f., 162, 255, 338 Opstal, Anton von, Karls niederländ. Hofmaler  276 Orlik, Bonaventura, Franziskanerguardian in Neisse, Karls Beichtvater  189.371 Osona, Graf von, s. Moncada Otter von Otterau, Wenzel, böhmischer Adliger, Ratsherr und Bürgermeister in Schweidnitz  130.78 Otto III. (980 – 1002), deutscher Kaiser 996 – 1002  29 P Pac, Stefan, Verfasser eines Reisetagebuchs auf der Reise des Kronprinzen Władysław Wasa  334, 342, 345 Palamos, Herzog von  364 Palm, Hermann, Lehrer und Historiker, aus Schweidnitz  112 Pantoja de la Cruz, Juan (1553 – 1608), Maler  266, 473 Paravicini, Erasmo, Bischof von Alessandria, Nuntius in Graz 1613 – 1622  325, 409 f., 412 Pastorius, Michael, erzherzoglicher Hoffiskal  253 Patzenhofer, Georg, Apotheker in Neisse 212 Paul V., Camillo Borghese, Papst 1605 – 1621  27, 28, 55, 57 f., 232, 287, 296, 304, 396, 399, 411 f. Paur, Theodor, Autor  13 Pavodius, Matthias, Bote des Adam Wenzel zu Karl  381 Pedewitz, Johann Felix (1654 – 1705), Autor Geschichte der Neisser Pfarrei St. Jakob  12, 197, 228, 240, 242, 255 Pedrosa, Pater Gregorio de, Bischof von León, Orden des Hl. Hieronymus,

Personen

Leichenprediger bei Karls Totenamt  377 Pelikan, Leonhard, Brixener Hoftrompeter  267 Perfert, Johannes, Breslauer Buchhändler  270 Peñafort, Raimund von, Grab in der Kathedrale von Barcelona  364:204 Peter Nowag, Bischof von Breslau 1447 – 1456  35 Peter Bohemus, Prädikant in Neisse  147 Petry, Ludwig, Autor  395 Petz, Pess, Adliger an Karls Hof  84, 91, 103, 213 Philibert, Emanuele Filiberto, Prinz von Savoyen  315, 315.39 Philipp II., König von Spanien 1556 – 1598  51, 308, 314, 368 f. Philipp III., König von Spanien 1598 – 1621  116, 303, 314 f., 375 f. Philipp IV., König von Spanien 1621 – 1665, von Portugal als Philipp III. 1621 – 1640  310, 316, 318, 364 f., 367:214, 368 – 373, 376, 381, 383 Philipp Sigismund, Administrators des Bistums Osnabrück  304 f. Philipp Wilhelm, Herzog von Bayern, Bruder Maximilians, Bischof von Regensburg 1579 – 1597  23 Philippi, Heinrich SJ, Philosophieprofessor in Graz  49 Philippine Welser, Ehefrau Ferdinands II von Tirol  287 Pichelmair, Püchelmayr, Georg, Musiker am Grazer und Neisser Hof, später Tenor Ferdinands III.  221, 266 Pico, Alfonso, Karls Agent  212.40 Platzgummer, Johann, Brixener Domherr, Kanzler  293

503

Pocino, Paulo, Hofhistoriograph Ferdinands II.  272.275 Pol, Nikolaus, Autor Jahrbücher der Stadt Breslau  63, 189 Ponzon, Ponzin, Dr. Fabius Maximus, Karls Agent  212.40 Popel z Lobkovic, Zdeněk Vojtěch, Oberster Kanzler in Böhmen (1568 – 1628)  160:218, 375:86, 502 Poss, Georg, Kapellmeister, Komponist, Neisse  221, 266 Praetorius, Bartholomäus, aus Prenzlau, Uckermark, bischöflicher Staatsanwalt  221, 224 Pranner, Johann, Kammerdiener der Mutter Karls, Autor eines Reisetagebuchs  337 Praßneckh, Andreas, Karls Tapezierer und Hüter der Kammertür  221 Preczlaus von Pogarell, Bischof von Breslau 1341 – 1376  31 Preuner, Hans, österreichischer Diplomat  316 Promnitz, Abraham von, schlesischer Adliger, Herrschaft Pless, 121.44 Promnitz, Balthasar von, Bischof von Breslau 1539 – 1562  32, 150, 242, 246 Promnitz, Heinrich Anselm Freiherr von, auf Sorau  70 Promnitz, Weikhard, Wighard Freiherr von (1570 – 1618), kaiserlicher Kämmerer, Kriegsrat und Oberst  130 f. Proskowsky, Hans Christoph, Freiherr von Proskau, Rat und Kämmerer des Bischofs, Landeshauptmann OppelnRatibor  162, 189, 273, 386 Putz, Andreas, Orgelbauer, arbeitet in Brixen  267

504

Register

Q Questenberg, Gerhard von (ca. 1586 – 1646), Geheimer Rat in Wien, Vizepräsident des Hofkriegsrates  346 Quetsch, Andreas, Hofprediger in Neisse  348 Quork, Kaspar, Breslauer Kanoniker  61 R Rabanus Maurus, Autor In honorem sanctae crucis  271 Radziwil, Fürst, Leiter der Reisegesellschaft des Prinzen Wladyslaus  322, 334, 268:60, 269 Raimund, s. Peñafort Ramírez, Pedro Apaolaza OSB., Bischof von Barbastro 1622 – 1625  377.238 Raschdorf, reicher Neisser Bürger  227 Rathaupt, Franz, Freiherr, Deutschordensritter, Karls Oberstallmeister  274.386, 385 Rathaupt, Hans Georg, bischöflicher Rat  173, 178 Ratschin, Heinrich von, Gutsbesitzer in Mittel-Steine, Kreis Jauer  221 Raueck, Wenzel von, Gutsbesitzer im Glatzer Land  332 Reichle, Hans, Hofbaumeister in Brixen  274 Reiman, Johann, Kanoniker, Propst am Neisser Kollegiatstift  498, 512 Renti, Philipp Carl de Croy, Marques de, Kämmerer und Hauptmann der Deutschen Garde  365 Rericht, Melchior SJ, erster Rektor des Neisser Jesuitengymnasiums  252 f. Reutter, Georg, Autor Bericht von einem angestellten Schüssen  263

Richter von Hartenberg, Ignatz Ferdinand, Generalvikar  256.224 Ridolfi, Ottavio, Bischof von Ariano 1612 – 1623  254.400, 303:418 Ridolfi, Ludovico, von Karl genannt Rudolf, Dompropst in Breslau  137, 357 Rieder oder Riederer, Georg Achatius, Karls Kammerherr  84, 104 Robustelli, Giacomo, Landeshauptmann des Veltlin  351 Rohr, Albrecht von, führender evangelische Adeliger  131 Rosenberg, Kaspar von, Karls Kammerdiener 292 Rostock, Sebastian von, Bischof von Breslau 1665 – 1671  53, 138, 243 Rotarius, Johann, Mitglied der ersten Neisser Jesuitengemeinde  249 Roth s. Johann IV., Bischof von Breslau  113, 139, 415 Rudolf, Erzherzog von Österreich, Kaiser 1576 – 1612  26, 28, 36, 39 f., 55, 58 f., 78, 107, 110, 119, 121, 132 f., 137, 148, 157, 162, 207, 267, 278 f., 286, 309, 314, 393, 400 f. Rudolf von Rüdesheim, Bischof von Breslau 1468 – 1482  31, 37 Rudolf, Martin, Verfasser einer katholischen Schrift  246.182 Rumpfer, Jeremias, Maler, Brixen  276 Ruy Gomez de Silva, Mendoza y la Cerda III. (1596 – 1626), spanischer Botschafter an der Kurie 1623 – 1626  358 Rybisch, Heinrich, Breslauer Kanoniker, wird evangelisch  124 S Sachsen-Lauenburg, Julius Heinrich, Herzog von  327

Personen

Sachsen-Lauenburg, Rudolf Maximilian, Herzog von, Reichsfürst, mit Karl nach Spanien  327, 351, 354 Sagmeister, Christoph, Zahlmeister pagatore auf der Spanienreise  332 Salvago, Giovanni Battista, Bischof von Luni-Sarzana, Nuntius in Graz 1606 – 1610  56 f. San Clemente, Guillén de (1550 – 1608), spanischer Botschafter am Hofe Rudolfs  59:118 Sätzl, Christoph, Kapellmeister Brixen 1615 – 1632  267 Saul, Thomas, Karls Leibbarbier  221 Savelli, Fürst  326 Schad, Otto Heinrich, deutscher Adliger, soll Bravo begleiten  317 Schafgotsch, Adam von, nachgewiesen 2. Juni 1600  134.97 Schafgotsch, Ulrich von, Standesherr von Trachenberg (1595 – 1635)  121.44 Scharff von Werth, Johann, Karls Sekretär und Rat  125, 129, 214, 217, 287 f., 385 Scharff von Werth, Sigismund, Sekretär am polnischen Königshof  214 Scharffenberg, Crispin d.J., Neisser Drucker  246 Scheiner, Christoph SJ (1573 – 1650), Gelehrter, Karls Beichtvater  248, 252, 255, 269 f., 326, 331, 407 Scheliha Rzuchow-Zubrziczki, Johannes von, Kanzler des Fts. Neisse  114, 214, 219, 405 Schiller, Friedrich von  404 Schiller, Petrus, Olmützer Baumeister  274 Schleupner, Dominikus, Breslauer Kanoniker, später evangelisch  124

505

Schleupner, Sebastian, Breslauer Kanoniker, Stadtpfarrer von Neisse  242 Schlick, Joachim Andreas, Graf von (1569 – 1621), als Aufständischer hingerichtet, 21. Juni 1621  109, 181 Schmied, Barbara, aus Freiwaldau, Opfer des Hexenwahns im Ft. Neisse  229 Schmitzel, Kaspar, Freiwaldauer Gerichtsschöffe, Richter im Hexenprozess  229 Schneider von Lindau, Johannes, Breslauer Stadtbaumeister  227 Schoenaich, Georg (1557 – 1619), Kanzler, Schlesien-Lausitz, Standesherrschaft Carolath, Beuthen, Milkau  150 Scholtz, Franziskus, Präzeptor Leopolds und Karls  45 f. Scholz, Bernhard, Autor  15 f. Scholz, Hans, evangelischer Gutsbesitzer in Neisse  146 Scholz, Daniel, Hausbesitzer und Hofdiener in Neisse  253 Schubart, Johann, Neisser Drucker  246:183 Schultes, Scultetus,Georg, Breslauer Kanoniker, Weihbischof 1603 – 1613  54, 232 Schultes, Scultetus, Peter SJ, einer der ersten Neisser Jesuiten, Karls Hofprediger  63, 84, 249 Schütz(e), Adam, aktiver evangelischer Bürger in Neisse  158, 216 Schwarzenberg, Georg Ludwig Graf von, Leiter der erzherzoglichen Reisegesellschaft  313, 327 – 329, 340, 346, 351, 353, 354:182, 355:185, 356, 365, 373, 376, 378, 382 – 384, 403

506

Register

Schwindt, Heinrich, Breslauer Ratsherr  131.89 Scultetus, Peter  249 Sega, Philipp von, Nuntius am Kaiserhof 1586 – 1587  142 Sentis, Juan, Erzbischof von Barcelona 1620 – 1632, der auch das Amt des Vizekönigs von Katalonien innehatte  363 Siena, Bernhard von  239 Sigismund III. Wasa, König von Polen 1587 – 1632  59, 99, 167 – 169, 191, 260, 304, 342 Sigismund (1368 – 1437), aus dem Hause Luxemburg, deutscher König 1411, Kaiser 1433  31 Sigismund Franz (1630 – 1665), Sohn Erzherzog Leopolds, Bischof von Trient  23 Silva y Mendoza, Diego de, comte de Salinas und marquis d’Alenquer, Vizekönig von Portugal  312 Sinzendorf, Philipp Ludwig von, Bischof von Breslau (1732 – 1747)  416 Sitsch, Johannes VI. von, Bischof von Breslau 1600 – 1608  15, 34, 54, 56, 58, 86, 121, 134, 140 f., 145, 220, 234, 415 Spagnolo, Notar bei Zusammenstellung des bischöflichen Nachlasses  382 Spängler, Andreas (1589 – 1669), Kupferstecher, Schwaz  276 Spauer, Ulrich von, Brixener Bistumsadministrator  293 Spaur, Christoph IV. Andreas von, Bischof von Brixen 1601 – 1613  222, 266, 287, 291 Stadion, Graf Johann Kaspar von, Geheimrat, Kämmerer Ferdinands II.  380

Stainbock, Georg, Trompeter, mit Karl nach Spanien  266 Stegmann, Balthasar, vormals Pfarrer in Österreich  246.183 Stehr, Bartholomäus. Steinmetz, in Karls Diensten  277 Sternberg, Graf  168 Stobaeus von Palmburg, Georg, Bischof von Lavant (1532 – 1618), Statthalter von Inner-Österreich, Karls Betreuer (1609 – 1611)  17, 18, 43 f., 50 f., 55 f., 61, 92 – 100, 101, 102, 103, 104, 105, 108, 126, 129, 144, 217, 391, 395, 402 Strachwitz, Christoph von, Breslauer Kanoniker, Kantor, Administrator Ft. Neisse  54, 244 Strasoldo, Strasoldi, kein Vorname, Karl? Karls Kammerherr am Anfang seiner Regierung  84, 103 f. Strigner, Jakob, Augustiner-Chorherr, Propst in Zopten, später Abt des Sandstifts in Breslau  87 Strobel, Bartholmäus d.J. (1591 – ca. 1650), Maler  123, 276, 414 Stroinowsky, Stanislaus, Oberst, Kommandant der Kosaken  190 Sylvanus, Paul, Pfarrer bei Neustadt, Oberschlesien 256.224 Szyszkowski, Marcini, Bischof von Krakau 1616 – 1630  169.255 T Tapfen, Othmar, Bildhauer in Brixen  275 Tauber, Melchior, Hauptmann im Ft. Neisse, Kammerpräsident, kaiserlicher Geheimrat, Nachlasskommissar  104, 173, 213, 217 f., 221, 277, 287, 386 f., 405 Thamm, Josef, Autor  15

Personen

Thomas I., Bischof von Breslau 1232 – 1268  30 Thomas II., Bischof von Breslau 1270 – 1292  30 Thurn, Franz Bernhard von, Sohn des Heinrich Matthias Graf Thurn  188 Thurn, Heinrich Matthias, Graf, Führer der böhmischen Aufständischen (1567 – 1640)  109, 165 f. Thurzo s. Johann V.  113 Tiefenbach, Friedrich von, mährischer Oberst  181 Tintzmann, Nikolaus, Breslauer Kanoniker, Administrator, Ft. Neisse  54 Tresanne, Pompeius, Karls Hofkaplan, bischöflicher Rat  221 Troilo, Nikolaus von, Breslauer Kanoniker, Dekan des Domkapitels  63, 114, 123, 125, 128, 384 Tschernembl, Georg Erasmus ­Freiherr von, oberösterreichischer Adliger  112, 117 Tschetschau und Mettich, Nikolaus von, Karls Geheimrat und Kämmerer  236, 287 f. U Urban VIII., Maffeo Barberini, Papst 1623 – 1644  305, 323, 348, 351 Ursinus, Franz, Breslauer Kanoniker, Weihbischof  87, 125, 152, 232 V Valentini, Giovanni, Kammerorganist Ferdinands von Steiermark  266 Vales, Dominikus SJ, Mitglied der ersten Neisser Jesuitengemeinde  249 Valtisfuentes, Marquis, hoher Beamter des Gouverneurs von Mailand  352:179

507

Van Braght, Thieleman J., Autor Märtyrer-Spiegel oder Blutiges Theater 1660  161:220 Vasari, Giorgio  358 Vasconcelos e Brito, Miguel de, Staatsekretär in Portugal unter Margarete von Savoyen  313 Venediger und Bunkay, Daniel von, Vizekanzler des Fts. Neisse  318 Vessino, Giovanni, Sekretär auf Karls Spanienreise  332 Vielhauer, Urban Karls Kammerorganist in Neisse  267 f. Vintler von Platsch, Georg Niklas, Hauptmann der erzherzoglichen Leibgarde, Tiroler Landkomthur  212.39 Vinzenti, Adam, bischöflicher Rentmeister  241 Vladislaus II., König von Böhmen 1471 – 1516, von Ungarn 1490 – 1516  136, 139 Vogel, Johann, „Erbangesessener“ aus Minden  305 W Wacker von Wackenfels, Julius Caesar, Breslauer Kanoniker, Dichter  123, 125 Waibel, Konrad, Breslauer Kanoniker, Vikar, Offizial, Weihbischof  54, 125 Waldburg, Gebhard Truchsess von, Erzbischof von Köln 1577 – 1583  286 Wallenstein, Albrecht von, in Karls Regierungszeit Oberst, Gubernator von Böhmen  191, 251, 343, 353, 355 Wallstein, Hans Christoph von, Besitzer von Olbersdorf  252, 299 Walter, Bischof von Breslau 1149 – 1169  29

508

Register

Waltenhofer, Karls Kammerherr  102, 103, 213 Weinberger, Karl, Guardian der Neisser Franziskaner, Hofprediger in Neisse, Karls Beichtvater  218 f., 220, 303, Weiss, Sabine, Autorin  15 Wenzel, Wenceslaus IV., aus dem Hause Luxemburg, König von Böhmen (1361 – 1419), deutscher König 1376 – 1400  207 Wenzel, Herzog von Liegnitz, Bischof von Breslau 1382 – 1417  31, 113, 227 Werndle, Johann, Kanzler, Bistum Brixen  408 Westernach, Johann Eustach von, Landkomtur der Deutschordensballei Franken, Karls Geheimer Rat, Statt­halter Mergentheim, Nachfolger  297, 300.404, 305 Wiedeman, Heinrich, Kanoniker am Neisser Kollegiatstift, Hofkaplan, Karls erster Kapellmeister  266, Wietke, Wolff, Evangelischer, aus Neisse ausgewiesen  158 Wilde, Melcher, Freiwaldauer Gerichtsschöffe, Richter im Hexenprozess  229:113 Wilhelm V., Herzog von Bayern  51, 247 Willenberger, Joachim, Kanzler des Fts. Neisse  129, 152, 213, 215, 269, 393 Willenberger, Joachim (1542 – 1606), Vater des Kanzlers  213 Władysławs Wasa (1595 – 1648), Kronprinz von Polen, König als Władysław IV. Wasa 1632  52, 167, 319 f., 322, 334, 338, 340 f., 345 Wok von Rosenberg, Peter (1539 – 1611), böhmischer Adliger  117

Wolkenstein, Gaudentz Freiherr von, Deutschordensritter, Komtur von Schlanders in Tirol  330 Wolkenstein, ohne Vorname, Gutsbesitzer in Židlichovice bei Brünn, anwesend Juni 1624  329 f., 344 Wolkenstein, Karl Freiherr von, Herr zu Trostburg, Landkomtur der Ballei Franken  274, 343.135 Wolkenstein, Oswald von (1376 – 1445), Tiroler Dichter und Sänger  329 Wolkenstein-Rodenegg, Ulrich von (1550er Jahre – 1626), Deutschordensritter, Landkomtur an der Etsch und im Gebirge, Karls Rat und Kämmerer  329 Wolkenstein-Rodenegg, Ulrich von (ca. 1590 – 1639), Deutschordensritter, Karls Kämmerer, Begleiter nach Spanien  329, 383 Wolkenstein-Rodenegg, Veit von, Kanoniker in Salzburg und Brixen, Bistumsadministrator  329, 350, Würben, Heinrich von, Bischof von Breslau 1302 – 1319  30 Würben, Johann von, Besitzer der Herrschaften Freudenthal und Eulenberg  297 Wyman, Nikolaus, Professor in Ingolstadt  242:162 Z Zápolya, Stephan, Graf von der Zips, Landeshauptmann des Matthias Corvinus  139 Zedlitz, Hans Georg von, auf Stoppen (1579 – 1620), Rat in Oels, führender schles. Evangelischer  130.78 Zeidler, Johann, Agent in Wien des Kurfürsten von Sachsen, genannt Hoffmann  175.306, 176.314

Ortsregister

Zeissberg, Heinrich Ritter von (1839 – 1899) Autor  11:2 Žerotín, Karl von, mährischer Landeshauptmann 1608 – 1615, Führer der Stände  117, 289 Zollern, Hans Georg von  175.306, 179.331

509

Zúñiga, Baltasar de, spanischer Gesandter in Wien 1608 – 1617  62.136, 63.138, 310, 314 Zwirner, Balthasar, Münzpächter in Mähren  187:361

3. Ortsregister A Adria 402 Alcalá de Henares, Spanien  258, 369:218, 374 Alessandria 409 Altvater-Gebirge  342 Ambras, Schloss, Innsbruck  163:225, 279 Amsterdam  312 Antwerpen  162, 206, 279 Aragon  318, 338 Ariano Irpino, Kampanien  303 Arnßdorff, Grafschaft Glatz  221 Atta, Fluss n. Italien  352 Augsburg  276, 300, 363

Boguslawitz, bei Groß-Wartenberg, Niederschlesien  76.189 Böhmen  19, 20, 25, 27, 31, 36 – 39, 40, 56, 65 f., 70, 105 f., 110, 112 – 115, 117 f., 121, 132, 153, 164, 172, 177, 181, 186, 191 f., 199, 202, 277, 295, 302, 322, 333, 393 f., 401, 412 Bologna  33, 38, 356 f. Bormio, Worms, Südtirol  351 f., Bozen  295, 350 f., Brabant  236, 279 Brandeis an der Elbe, Brandýs nad Labem, Tschechien  62, 175 Brandenburg, Mark  116, 119 Brandenburg-Preußen  416 f. Braunsberg, Braniewo, Ostpreußen, B Polen 94 Badalona Sp. (St. Hieronymus)  363 Braunseifen, Stadt in Mähren  296 Bamberg 22 Brenner-Pass  289, 351 Barcelona  17, 253, 308, 316 – 318, Brescia  351 328 f., 340, 355, 360 – 365, 381, 391, Bremen  247 402, 404 Breslau Bari 410 – Archidiakonat  48, 199, 237 Bayern  42, 62, 177, 179, 295 – Bischof von  16 f., 19, 20, 22, Bernstadt, an der Weide, Niederschlesien  24 – 32, 35, 40, 55, 59, 70, 80, 82, 116.130 88 f., 95, 99, 101 f., 105 f., 108 – 110, Beuthen an der Oder, Niederschlesien  113 f., 121 f., 125, 127, 133 f., 118 137 – 139, 141 – 145, 147 – 149, Beuthen, Oberschlesien  118 f. 151, 153, 161, 164, 168, 173, 181, Bischofswalde, Ft Neisse  274 183, 202 f., 212, 241, 244, 246,

510

Register

260 – 262, 272, 274, 282, 285 f., 306, 319, 323, 348, 358, 378 f., 389, 391, 393, 395, 401, 405, 409, 411 f., 416 f., 61:194, 112:105, 114:121, 167.422, – Bistum  14, 15, 20, 27, 29, 31, 47, 56 – 58, 65, 69 f., 81 f., 86, 88, 91, 93, 96, 100, 106 f., 125 f., 145, 150, 169 f., 173, 183 193, 195, 19 f., 202, 232, 234, 236 – 238, 241 f., 250, 261, 267, 278, 283, 285, 306, 315, 318 f., 384, 388 – 390, 394 f., 412, 416 f., 17.32, 52:146, 77:232, 142.259347.6, 352 – Dominsel  63 f., 106, 125 f., 205, 207, 209, 273, 406, – Fürstentum  74, 111, 118, 121, 131, 191, 197, 207 – 209 – Halt  93, 103, 181 – Hochstift s. Neisse, Fürstentum – Kaiserburg  90, 114, 137, 148, 173 f. – Kapitel  35 f., 65, 69, 73, 74 f., 79 f., 88, 93, 99, 106, 113, 122 – 129, 169, 176, 206, 209, 212, 222, 236, 243, 251, 261, 318 f., 331, 343, 347, 372, 384 f., 389, 392, 394, 404, 411, 101:47, 102:54, 103 f., 224:266 – Stadt  11,13, 30, 32, 33, 38, 62, 64 f., 69, 72 – 74, 78, 87, 107, 111, 114, 121, 125, 129, 131,161, 164 f., 173, 176 f., 189, 191, 193, 204 f., 206 – 211, 213 f., 218, 220, 237, 248, 262 f., 269 f., 276, 285, 353, 357, 372, 379, 381, 385, 398, 405, 414 f., 57:175, 100:45, 172:5 – Breslauer Halt  119 Brieg  31, 67, 74, 115, 118, 130, 201, 264 Brixen, Tirol

– Bischof von  23,55, 248, 283 f., 286 f., 291 f., 294, 393, 411 – Bistum  14, 15, 26, 28, 45, 53, 57, 105 f., 107, 150, 168, 171, 177, 195, 205, 218, 227, 236, 238, 241, 248 f., 270, 275, 278, 283, 287, 289 – 293, 313, 330, 385, 387 f., 389 f., 406, 414 243:342, 351:19 – Hochstift  21, 203, 205, 214, 226, 289 f., 292 f., 325, 361, 389, 396 f. – Kapitel  292, 330, 408 – Stadt  55, 107, 174, 178, 244, 266 f., 270, 275, 277, 279, 289, 299, 301, 316, 351, 361, 379, 385, 402 f., 404, 407, 415 Brixenei, Herrschaft, Grafschaft Görz  299.398 Bruck an der Mur  44 Brünn  205, 330, 343 f. Brüssel  277, 303, 309, 322 Budweis, České Budějovice  165 Bunzlau, Niederschlesien  33 Burgau, Schwaben  302, 304 Burgenland  38, 402 Burgund  25 C Cadenabbia, am Comosee  352 Carinena, Spanien  367 China  312 Coimbra, n. von Lissabon, Portugal  266.48 Colico, am Comosee  352 Como, Stadt am Südende des Comosees  352 Comosee, Comer See  352 Częstochowa, Tschenstochau, Polen  167 D Daroca, Spanien  367

Ortsregister

Deutschland  31, 77, 353, 358, Dietenheim, Bezirk Alb-Donau, BadenWürttemberg  40 Dillingen  33 Dresden  167, 173 f., 178, 185, 187, 279, 322, 393 E Eckersdorf, Grafschaft Glatz, mit den Gütern Steinhof und Lindenhof  332 Eger  163 Einenfasel im Pustertal, nicht identifiziert Einsiedel, Ft Neisse  342 Eisack  407 Eisenerz, n. Steiermark  62 Ellingen, Franken  164, 171, 300 England  311 f. Ensisheim, Elsass  300 Enns, Fluss Oberösterreich  349 Eskorial  376 f. Estland  295 Etsch  329 Eulenberg, Herrschaft, Mähren  14, 200, 298, 300, 330, 391 F Falkenberg, Ft Oppeln  121, 215 Fassa, Fassatal in den Dolomiten, Provinz Trient  243 Ferrara  57 Firenzuola nö. von Florenz  357 Florenz  17, 244, 269 f., 304, 316, 323, 323, 331, 336, 340, 347, 355 – 360, 391, 406 f., 300:184 Fraga Sp  365 Franken  295, 297, 329 Frankenstein, Niederschlesien  188, 192, 263 Frankfurt  166, 296 Frankreich  264, 311 f., 383

511

Freiwaldau, Ft. Neisse  205, 211, 228 f. Freudenthal, Bruntál, Tschechien  14, 200, 205, 227, 265, 297 – 300, 302, 328, 330, 342 f., 386, 391 Friedeberg Ft Neisse  205 Friedeck, Ft Teschen, Frýdek-Místek, Tschechien  119, 185 Friedewalde, Ft Neisse  234 Friedland Ft Oppeln  189 Friedland, Markt, Mähren  298 G Garboa, n. von Mailand, nicht auffindbar  352 Genua  17, 316 f., 319, 324, 346, 355 f., 360 – 363, 361:195, 391, 403 Georgenberg, Tirol  163:225, 220 Gesess, Ft Neisse  215 Giczin, Böhmen  251 Glatz  19, 28, 63, 86, 106, 141, 165, 186 – 188, 191 – 194, 199 f., 204, 217 f., 221, 243, 249, 253, 272, 301 f., 316, 332, 348, 394 f., 414 Glogau, Niederschlesien  32, 34, 111, 118, 126, 145, 162, 237, 248 Glumpenau  77.194 Głurns im Etschtal, Vinschgau, Südtirol  328, 351 Gnesen  29, 65, 127, 167, 169 f., 237, 261 Göding an der March, Hodonín, Südmähren, Tschechien  192 Goess, südlich Leoben, Steiermark  45 Goldberg, Niederschlesien  115 Gorizia, Görz, am Isonzo, Italien  25 Görlitz  176, 179, 204 Görz, Grafschaft  25, 41, 324.73 Gradisca, sw. von Gorizia  25, 41 Grado, an der Adria, bei Aquileia  324.73 Graun, Vinschgau, Südtirol  35

512

Register

Gravedona, jetzt Teil von Gravedona ed Uniti n. It.  352 Graubünden  351, 403 Graz  39, 41, 44 – 47, 49, 51, 55 f., 58, 61 f., 82, 86, 88, 95, 97, 102 f., 105, 133, 136, 205, 216, 219, 249, 256, 263, 266, 268, 287 f., 307, 321 f., 325 f., 346, 390, 406, 409, 412, 414 Greisau, Ft Neisse  217.64 Gröditzburg, Niederschlesien  115 Grosetto  352, 404 Groß-Briesen  234 Groß-Glogau  191 Groß-Krosse  77.194 Grottkau, Ft. Neisse  31, 64, 74, 86, 171, 210 f., 222, 263, 347 Grunau  223 Guadalajara Spanien  368 f. Gurk, Kärnten  84 f., 129, 203, 290 H Habelschwerdt, bei Glatz  188, 194 Hagenau  401 Halberstadt  23, 305 Hall, bei Innsbruck  128, 277, 289, 349 Hamburg  206, 317 Heinrichau  87, 204 Hermannstadt, Ft Neisse  205, 228, 341 f. (Herbenstadt), 342:127 Herrnstadt  115 Hersfeld  305 Hildesheim  285 Himmelwitz  267 Holland  312 Hotzenplotz, Osoblaha, Bezirk Freudenthal, Tschechien  119 Hoyerswerde  130 I Indonesien  312 Ingolstadt  42, 49 f., 84, 242

Inner-Österreich  43, 55 f., 39 Innsbruck  18, 33, 40, 128, 171, 181, 247, 250, 269, 277, 289, 296, 300, 307 f., 321, 325 f., 328, 331 – 333, 349, 350 f., 385, 390 f., 414 f. Italien  125, 268, 271, 301, 322 f., 325 f., 330, 333, 338 – 340, 383, 406 J Jägerndorf, Krnov Tsch.  82, 97, 118 – 120, 163, 173, 181, 188, 191 f., 252 Jauernig, Javorník u Jeseníku, Tschechien  160:214 Johannesberg Jánský Vrch, Tschechien  160, 205, 215 Johannesthal, Janov, 6 km ö. Zuckmantel  119 Judenburg, Steiermark  46, 247 Jungferndorf, Ft Neisse  215 K Kamenz, Niederschlesien  235 Kanizsa, Nagykanizsa, Ungarn  25 Kanth, Niederschlesien  87, 196, 204, 209 Kanth (Ft. Breslau) Halt  119 Karlau, Karlshof, bischöflicher Gutshof bei Neisse, Stutenvorwerk  252, 262, 273 Kärnten  25, 36, 41, 90, 93 f.,150, 309, 322 Kaschau, Košice, Slowakei  116.32 Kastilien  310, 368 Katalonien  338, 363 Kirchberg an der Drau, Kärnten  225 Kitzingen  201 Klagenfurt  44, 84, 263 Klausen  397 Kloster de las Descalzas Reales, Madrid  317, 373, 377, 383, 473

Ortsregister

Klostergrab, Hrob, Südrand des Erzgebirges, Tschechien  151.168 Kolberg, Westpommern, Polen  29 Kolin, Tschechien  161 Köln  16, 28, 162, 285 f., 296, 322 Königsberg 126 Konstantinopel  410 Konstanz  23, 57, 287 Koppitz, Ft. Neisse  253:211 Korneuburg bei Wien  175 Krain dazu gehörend die gefürstete Grafschaft Görz, das ihr benachbarte Gradisca und die Stadt Triest  25, 41 Krakau  29, 31, 141, 206, 322 Kremsmünster  174 Kreuzburg, Oberschlesien  115, 189 Kroatien  25 Krumau, Český Krumlov, Tschechien  165 L Laibach, Lubljana, Slowenien  301, 328 Lamborzan, Palast bei Florenz  360 Landeck, Tirol  351 Lausitz  36 f., 39, 114, 188, 202 Lavant, Fluss und Diözese, Kärnten  37, 17, 93 f., 100, 129, 203, 290 Lleida, Lerida, Spanien  365 Leoben, an der Mur, Steiermark  44 f. Leobschütz, Oberschlesien  37 Lettland  295 Letuara, Spanien, genaue Lage nicht identifiziert  365 Leutschau, Levoča, Slowakei  120 Lichtensteinsche Lehen  214 Lieben, Libeň, Stadtteil von Prag  40 Liebental, Lubomierz, Niederschlesien, ehem. Kreis Löwenberg  76:187 Liegnitz  15, 65, 68, 74, 113, 115, 118, 130, 183 f., 204, 211, 239, 258, 264, 266, 268

513

Liegnitzer Halt (Ft. Liegnitz)  119 Linz  125, 224, 263, 349 Lissabon  286, 309, 312 f., 317 f. Livorno  17, 307, 321, 324, 328, 331, 333, 336, 340, 360 Lleida, Lerida, Spanien  365 Lofer, Bezirk Zell am See, Salzburg  349 Loslau, Wodzisław Śląski, Oberschlesien  118 Löwen  33 Lüben, Niederschlesien  115 Lüttich  285 M Madrid  17, 27, 36, 51, 105, 107, 123, 127, 178, 195, 253 f., 271, 289, 307 f., 310 – 314, 316 f., 321, 323, 325 – 330, 333, 336, 338, 340, 349, 355, 358, 364 f., 367 – 372, 374, 376 f., 379, 382 f., 391, 399, 401, 403 f., 406, 414 Magdeburg  23 Mähren  25, 36 f., 40, 65, 106, 110, 113 f., 117, 186, 188, 192, 197, 199, 202, 226, 295, 297, 322, 333, 391 Mailand  17, 254, 266, 289, 307, 323, 326, 328, 332, 347, 350 – 353, 355 f., 391, 404, 406 f. Malser See  336 Manresa, Spanien  365 Mantua  25 Maranchón, Spanien  367 Marburg, Maribor, Slowenien  25 March, Fluss  343 Mariazell im Gerichtsbezirk Bruck an der Mur  45, 175 Martorell, Spanien  365 Melk, Niederösterreich  349 Mellowitz, ehemaliger Landkreis Breslau  76.189 Melzheim, Tirol  331 Mergentheim  276, 295 – 297, 300

514

Register

Metz  247, 295 Militsch, Niederschlesien  118, 120 Millstadt am See, Kärnten  46 Minden  304 f. Mistelbach, n. Wien, Niederösterreich  345 Mitteleuropa  36 Mittelschlesien  53, 70, 188 Mittel-Steine, ehemaliger Kreis Jauer  221 Modena  356 Mogwitz, Ft Neisse  225 Mohács, Ungarn  21 Monaco  335, 363 Montpellier  306 Montserrat, Benediktinerabtei bei Manresa, Spanien  365, 404 Mora, Nebenfluss der Oppa  342 Moskau  121, 309, 400 Moskowiter, Land der  322 Möttling  301, 328 München  116, 263, 279 Münster  285 Münsterberg  118, 131, 192 Münsterberg-Oels  115 N Nachod, Tschechien  302, 253 Namslau, Niederschlesien  168, 207 Namur  30 Narwa, Fluss, heute Grenze EstlandRussland  295 Naumburg am Queis, Niederschlesien  70 Nazianz, Kappadokien, Türkei  220 Neisse – Altstadt-Neisse  129, 148, 172, 234, 241 – Fürstentum  15, 16, 20, 21, 22, 64 f., 67, 70, 80 – 82, 86, 88, 91, 96, 99 f., 106, 108, 110 f., 119, 126,

132, 142, 144 f., 155, 171, 173, 186, 188, 195, 197, 200 – 204, 213 – 215, 222, 228, 230, 232 235 f., 238, 259, 261, 263, 267, 282, 301 f., 318, 325, 331, 348, 384 f., 390, 394 – 398, 402 f., 417 – Stadt  11, 12, 13, 20, 30, 41, 45, 50, 62 – 65, 69, 74, 81, 84 – 86, 88 – 91, 93, 95 – 97, 100, 103 f., 107, 115, 125 f., 129, 141, 145 – 152, 155 – 163, 165, 167, 170 – 173, 176, 186, 193, 196 – 198, 201, 204 f., 210 – 213, 216, 218 f., 221, 223, 225 – 227, 231, 235, 239 – 256, 259, 262 – 264, 266 – 271, 273 – 280, 282 f., 288, 301, 307, 318 – 322, 325, 327 – 331, 333, 342, 372, 376, 380, 384 – 388, 390, 392, 394, 401 f., 404 – 408, 410, 414 f. Neudeck, Gut, Grafschaft Glatz  218 Neuhaus, Burg bei Brixen  330 Neukirch  76:187 Neumarkt, Niederschlesien  207 Neumarkt im Mühlkreis, Oberösterreich  349 Neustadt, Oberschlesien  121 Neuginea  312 Niederlande  23, 62, 162, 309 – 311, 313 f., 316 f., 322 Niederösterreich  25, 36, 186, 226, 322 Niederschlesien  53, 70, 187, 234, 416 Nienburg  343 Niklasdorf, Ft Neisse  228 Nikolsburg, Tschechien  344, 405 Nimptsch, Niederschlesien  115 Nürnberg  322 O Oberglogau, Oberschlesien  50:76, 162, 239, Oberlausitz  25, 121

Ortsregister

Oberösterreich  25, 36, 112, 322 Oberried bei Freiburg  300 Oberschlesien  70, 162, 168, 187 f., 331, 416 Ober-Steiermark  46 Oderberg, Bohumín, Tschechien, an der Grenze zu Polen  118 f. Oels, Niederschlesien  113, 115, 118, 204, 210 Österreich  27, 40, 92, 97, 103, 105, 108, 110, 112, 117, 119, 128, 165, 193, 272, 295, 301, 309, 401 Ostpreußen  295 Ohlau, Niederschlesien  115 Olbersdorf, Město Albrechtice, Tschechien  252 – 254, 299 Olmütz  23, 82, 120, 127, 162, 195, 205, 249, 263, 303, 343 Oppa, erster Nebenfluss der Oder In Schlesien  342 Oppeln  69, 204, 237, 239, 302 Oppeln-Ratibor Ft  28, 106, 118, 121, 193, 200, 214 f., 273, 301 f., 348, 395 Oppeln-Ratibor Minderherrschaft  119 Ordensland 295 Osmanen, Land der  322 Osnabrück  28, 303 – 305 Ostafrika  312 Ostpreußen  295 Ottmachau, Ft Neisse  30, 86, 93, 97, 126, 131, 205, 211, 216, 223, 226, 263 P Paderborn  285 f., 303 Padua  38 Palamós, Spanien  335, 363 Palazzo Pitti, Florenz  358 Palazzo Vecchio, Florenz  303 Parchwitz  115 Parma  356

515

Passau  23, 55, 57, 67, 85, 90 f., 95, 203, 247, 263 f., 286, 305, 392 Pedena, Pićan, Kroatien  220 Pegli, Stadtteil von Genua hier Peggio  313, 323, 361:196 Pfunds, Bezirk Landeck, Tirol  351 Piazenza  356 Piding, bei Bad Reichenhall, Bayern  349 Pisa  360 Pisenberg  302 Pitschen, Byczyna, Oberschlesien  115, 189 Pless, Pszczyna, Oberschlesien  118, 121.44 Płock, Bischofssitz in Polen  30, 261 Pogul, Niederschlesien, Halt (Ft. Wohlau)  119 Polen  31, 33, 60, 88, 140, 163, 168, 188 – 191, 201, 260 f., 269, 277, 301, 337, 411 Polnisch-Weistritz  218 Portovenere, Italien  336, 360 Portugal  14, 27, 306, 308, 309 – 315, 317, 392 Prag  38 f., 40, 57 f., 62, 86, 99, 109, 118, 125, 132, 133, 135, 157, 160 f., 165, 167, 181, 187, 202, 205 f., 212, 215, 219 f., 232 f., 249, 267, 278 f., 304, 322, 395, 408, 412 Pratulina, wohl Pratolino  357 Preichau, Niederschlesien, bischöflicher Halt (Ft. Wohlau)  119, Preiland, Ft Neisse  147 Premstett, bei Graz  346 Prenzlau, Landkreis Uckermark, Brandenburg  224 Preußen  201 Preußen  201, 417 Proskau, Ft Oppeln  162, 204

516

Register

Puerto des las Alfaques, an der EbroMündung  337 R Ratibor  50, 162, 298, 302 Raudten, Rudna, Niederschlesien  115 Regensburg  23, 56 Reggio Emilia  356 f. Reichenhall  349 Reinschdorf, Ft Neisse  225 Reppline, ehem. Landkreis Breslau  76.189 Retz, Bezirk Hollabrunn, Niederösterreich 220 Riemertsheide Ft. Neisse  141.127 Rodeneck, Südtirol  265, 330 Rodenegg, Burg, Südtirol  265, 330 Rogau, Ft Neisse  215 Röhrebühel  349 Rom  33,35, 44, 57, 62, 69, 82, 125 f., 129, 212, 220, 244 f., 331, 409 Rosshalden, Schwarzwald  267 Rothenburg  349 Rothfest, Ft. Neisse  252 Rotwasser, Ft. Neisse  253, 323 Rützen  115 S Sachsen  146, 178 f., 327 Sagan  118, 121 Salach, Fluss  349 Salevica, Židlichovice, Groß-Seelowitz, Mähren  344 Salzburg  44, 55, 286, 304, 330, 345 f., 349, 398 Sambowitz  74 Sankt Andrä, Kärnten  94.239 Santa Maria Val Müstair, Schweiz  351, 403 Saragossa, Spanien  365 – 367, 406, 310:210

Saubsdorf  217 Schlanders, Südtirol  328, 330 Schlesien  16,18, 19, 20, 25, 27, 29, 30, 32, 34, 36 – 40, 45, 56, 61 f., 64 – 68, 70, 77, 79, 85 – 88, 90 f., 93, 97, 100, 105 f., 108 – 110, 112 – 115, 118 – 121, 130, 132, 134 f., 137 f., 140, 144 f., 151, 153, 161, 165 – 169, 172, 176 f., 183 – 185, 188 – 192, 194 f., 199 – 202, 206, 222, 224, 226, 228, 231, 236, 239 f., 249, 255, 258, 260, 279, 290, 301, 315 f., 322, 347, 375, 390 f., 393 – 395, 397 f., 408 – 410, 412, 416 f. Schneizlreuth, Berchtesgadener Land  349 Schönwalde, bei Silberberg (Budzów Stoszowice)  332 Schwäbisch-Hall  117 Schwarzwasser, Ft. Neisse  332 Schwaz, am Inn, bei Innsbruck  349, 350:171 Schweden  201 Schweidnitz  34, 65, 188 Schweidnitz-Jauer Ft  111, 118, 121 Schweikers, Niederösterreich  166.237 Schweiz  181, 295 Seckau, Steiermark  44, 94, 203, 290 Sengwitz Ft. Neisse  147 Sète, Frankreich  335, 363 Siena  215, 220 Sigüenza, Spanien  368 Silberberg, Niederschlesien, w. von Frankenstein  192, 332 Sizilien  303 Skorischau, bischöflicher Halt, Ft. Oppeln-Ratibor  119 Slowakien  25 Söll, bei Kufstein, Tirol  349 Sondrio, Sonders, Sünders, n. Italien  352 Sorau  70

Ortsregister

Spanien  17, 27, 28, 60, 107, 116, 127, 193, 195, 218, 221, 233, 238, 253, 266, 269, 271, 276, 303, 305, 307 – 316, 318, 321?, 322, 326, 329, 331, 333, 339 f., 341, 349, 352, 354 f., 362, 371, 381, 383 f., 386, 391 – 393, 404, 408, 414 Spittal an der Drau, Kärnten  46.56 St. Adebert, Breslauer Kirche  75:186 St. Daniel in Röhrebühel, bei Kitzbühel, Tirol  349 St. Georgenberg, Tirol  135.226 St. Hieronymo, Spanien  363 St. Johann im Pongau, Land Salzburg  349 St. Petersberg, Burg in Silz, im Inntal Stams, Tirol  351 Steiermark  16,18, 25, 36, 41, 95 f., 100, 150, 268, 322, 333, 390 Sternberg, Šternberk, Mähren  343 Sterzing, Südtirol  351 Steyergersten, Österreich unauffindbar  264 Steyrtal  38 Stockholm  10, 19 Straßburg, Elsass  23, 304, 392 Strehlen, Strezelin, Niederschlesien  115 Stuhlweißenburg, Székesfehérvár, Ungarn 25 Sudetengebirge  90 Südamerika  312 T Tannenberg 295 Tarnowitz, Tarnowskie Góry, Oberschlesien  168 Tarrega Spanien  365 Telfs, Tirol  351 terra sancti Joannis  30

517

Teschen, Cieszyn, Polen, Český Těšín, Tschechien  20, 97, 115, 118, 162 Thauer, Turów, bei Lüben, Niederschlesien  76 Tirol  25, 27, 36, 62, 128, 162, 171, 195, 269, 288 – 290, 302, 304, 321, 326, 329, 333, 346, 390 Tirano, Provinz Sondrio, Italien  352:178 Toledo, Spanien  23, 309 Torbole, am Gardasee  351 Torremocha del Campo, Prov. Guadalahara Spanien  367 Tortuera, Spanien  367 Toskana, Großherzogtum  321, 330 Toulon  337 Trachenberg, Niederschlesien, Żmigród, Polen  118, 121.44 Trient  14, 25, 32, 55, 69, 203, 244, 241, 287, 290 Triest  41 Troppau, Opava, Tschechien  34, 111, 118, 120, 145, 161, 188, 191, 295, 298 Tscheschen, bischöflicher Halt (Standesherrschaft Wartenberg)  119 U Ujest, Ujazd, an der Klodnitz, Oberschlesien, bischöflicher Halt, Ft. Oppeln-Ratibor  119, 127, 216 f., 331 Ullersdorf, Mähren, westlich Freudenthal  299, 302 251.381 Umbrailpass, Schweiz  323, 331 Ungarn  25, 36 f., 40 Unken, bei Sankt Johann, Tirol  349 Untersteiermark  25 V Valencia, Spanien  308 Veitsburg, Steiermark  45

518

Register

Veltlin  350 f., 296:173 Venedig  312, 316, 402 Verona 266 Vintschgau, Südtirol  328 Vorderösterreich  269 Vorlande, die  36, 302 W Waidring, bei Kitzbühel, Tirol  349 Wansen, Ft. Neisse  64, 211, 217, 226 Warschau  14, 37, 91, 168 f., 177, 188, 190, 215, 219, 245, 260, 303, 322 f., 336 f., 385, 403, 406, 409 – 411 Wartenberg  118, 120, 162 Wartha  192, 235, 258 Warfusée, Grafschaft bei Lüttich  303 Weidenau, Ft. Neisse  228, 253, 263 Weißer Berg, bei Prag  137 f., 167, 171, 195, 199, 223 Wels, Oberösterreich  349 Westfalen  30 Westafrika  261 Wien  11, 17, 18, 27, 36 – 39, 105, 107, 117, 131, 154, 163, 166, 174 – 177, 179 f., 183 f., 192, 197, 202, 205 f., 210 f., 218 – 220, 227, 233, 237, 254, 263, 266, 268, 278, 283, 286, 296, 304, 310, 314, 316, 318 – 320, 322 f., 325, 327, 330, 337, 341, 345, 347, 349f., 353, 361, 374, 379 – 381, 385 – 387, 393, 404, 409f.

Wiener-Neustadt  219f., 286, 304 Wienersdorf  344 Wiesenberg 299 Wildschütz, Ft. Neisse  263 Winzig (Wińsko), Herzogtum Wohlau  115 Wischau, Vyskov, Tschechien  343 Wittenberg  130 Wohlau, Niederschlesien  115, 118, 213 Wolkersdorf, Niederösterreich  345 Wörgl, Tirol  349 Würbenthal, Vrbno pod Pradědem, Tschechien  342 Württemberg  25 Würzburg  22, 233, 395 Z Židlichovice, Groß-Seelowitz, s. von Brünn, Tschechien  275, 289 Ziegenhals  196, 205, 228, 252 Zips  139 Zirkwitz, Ft. Oels Niederschlesien, bischöflicher Halt  119 Zopten, Berg  87 Zopten, Stadt, Niederschlesien  65, 204 Zuckmantel Ft. Neisse  205, 228, 243, 342 Zürich  161.220 Zwettl, Waldviertel, Niederösterreich  166.237