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German Pages 226 Year 2015
Hannah Rosenberg Erwachsenenbildung als Diskurs
Pädagogik
Hannah Rosenberg (Dr. phil.), geb. 1982, hat Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Erwachsenenbildung an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster sowie an der Università degli Studi di Udine (Italien) studiert. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Sozialpädagogik und Erwachsenenbildung an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Ihre Forschungsschwerpunkte und -interessen sind die Theorie der Erwachsenenbildung, Diskurs- und Gouvernementalitätsforschung, Wissenschaftsforschung sowie Praxistheorie.
Hannah Rosenberg
Erwachsenenbildung als Diskurs Eine wissenssoziologische Rekonstruktion
D. 30 Diese Arbeit wurde 2014 unter dem Titel »Auf der Suche nach den Wissensstrukturen der Erwachsenenbildungswissenschaft – eine diskursanalytische Rekonstruktion« an der Goethe-Universität Frankfurt, Fachbereich Erziehungswissenschaften, als Dissertation eingereicht. Gutachterinnen: Prof. Dr. Christiane Hof, Prof. Dr. Sabine Andresen Der Druck dieser Arbeit wurde gefördert durch den Deutschen Akademikerinnenbund e.V.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2015 transcript Verlag, Bielefeld
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Inhalt
Danksagung | 7 Einleitung | 9
1. Entwicklung der Fragestellung | 9 2. Forschungsperspektive und Vorgehensweise | 13 3. Struktur und Aufbau der Arbeit | 16 Teil I: Wissenschaftsforschung als Diskursforschung | 17
Teil A – Wissenschaftsforschung | 19 1. Von der Wissenschaftssoziologie zur Wissenschaftsforschung | 20 2. Das Feld der Wissenschaft | 26 3. Empirische Wissenschaftsforschung und eigene Perspektive | 31 Teil B – Diskurs(-Forschung) | 33 1. Zum Diskursbegriff | 33 2. Zum Diskursverständnis der vorliegenden Arbeit | 39 3. Empirische Diskursforschung | 48 4. Erziehungswissenschaftliche Diskursforschung und eigene Perspektive | 52 Teil II: Forschungsperspektive und methodisches Vorgehen | 55
1. Das Forschungsprogramm der Wissenssoziologischen Diskursanalyse | 56 2. Das forschungspraktische Vorgehen | 60
Teil III: Die Ergebnisse der empirischen Untersuchung | 89
1. Kontextualisierung und Art des Fokus | 90 2. Die Phänomenstruktur des Diskurses | 102 3. Deutungsmuster | 131 4. Narrative Struktur | 156 5. Das diskursspezifische Interpretationsrepertoire | 159 Teil IV: Rückblick, Diskussion und Ausblick | 163
1. Rückblick: Zum Vorgehen der Untersuchung | 163 2. Diskussion der Ergebnisse | 166 3. Zum Beitrag der Untersuchung | 179 4. Ausblick | 182 Literatur | 187 Anhang | 211
Danksagung
Dieses Buch ist eine leicht überarbeitete Fassung meiner Dissertation »Auf der Suche nach den Wissensstrukturen der Erwachsenenbildungswissenschaft – eine diskursanalytische Rekonstruktion«, die im Oktober 2014 am Fachbereich Erziehungswissenschaften der Goethe-Universität Frankfurt am Main angenommen wurde. An dieser Stelle möchte ich mich bei verschiedenen Personen bedanken, die auf unterschiedliche Weise zum Gelingen dieses Unterfangens beigetragen haben: Christiane Hof, die meine Arbeit betreut hat, danke ich dafür, dass sie mir bei der Themenwahl und der Bearbeitung der Dissertation freie Hand und ausreichend Zeit gelassen hat. Außerdem danke ich ihr für wertvolle Anregungen und kritisch-konstruktive Rückmeldungen. Sabine Andresen danke ich für hilfreiche Rückfragen und die Übernahme der Zweitbegutachtung meiner Arbeit. Karin Orth und Ulle Jäger sowie den TeilnehmerInnen der Forschungssupervision für Promovierende möchte ich für Ihre wertvolle Unterstützung rund um das Projekt »Dissertation« danken. Für die finanzielle Zuwendung in Form eines Druckkostenzuschusses danke ich außerdem dem Deutschen Akademikerinnenbund e.V. Herzlich danken möchte ich auch den Kolleginnen und Kollegen, die mich und meine Arbeit über die letzten Jahre hinweg begleitet haben. Erwähnt werden sollen hier insbesondere Nina Carstensen, Brigitte Eller, Alrun Schleiff, Sascha Benedetti und Janek Förster. Einen besonderen Dank möchte ich außerdem Laura Digoh, meiner Mitstreiterin der »Rödelheimer Schule«, für ihre Unterstützung dieses Projektes aussprechen.
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Schließlich danke ich meinen Geschwistern und Freunden für offene Ohren, Anteilnahme und Ablenkung. Lars Malügge, der den gesamten Prozess mit allen Höhen und Tiefen hautnah miterlebt hat, gebührt ein spezieller Dank. Zu guter Letzt gilt mein herzlichster Dank meinen Eltern für ihre bedingungslose Unterstützung und Förderung in allen Lebensphasen.
Frankfurt am Main im August 2015 Hannah Rosenberg
Einleitung »Man sollte immer versuchen, alle Sachen, auch die gewöhnlichsten, die ganz selbstverständlich dazusein scheinen, mit neuen, erstaunten Augen, wie zum erstenmal, zu sehen. Dadurch gewinnen sie ihre Erstaunlichkeit zurück, die im Selbstverständlichen eingeschlafen war, und die Welt bleibt frisch; sonst aber schläft alles ein, Leben, Freude und Staunen.« THOMAS MANN1
1. E NTWICKLUNG
DER
F RAGESTELLUNG
Wissenschaftliche Disziplinen – und damit auch die Wissenschaft von der Erwachsenenbildung2 – zeichnen sich durch gemeinsame Problemstellungen und Forschungsmethoden sowie effektive Mechanismen disziplinärer Kommunikation aus (vgl. Stichweh 1993: 241) bzw. sind – mit Bourdieu
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Mann 1954: 400 f.
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Die Begriffe »Disziplin Erwachsenenbildung«, »Erwachsenenbildungswissenschaft« sowie »Wissenschaft (von) der Erwachsenenbildung« werden im Rahmen der vorliegenden Arbeit synonym verwendet. Weiterhin werden auch die Begriffe »Erwachsenenbildung« und »Weiterbildung« äquivalent verwendet, gleichwohl wissend, dass sich die Begrifflichkeiten inhaltlich graduell voneinander unterscheiden.
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formuliert – als relativ autonome soziale Felder mit einem spezifischen Objektinteresse und eigenen Gesetzlichkeiten zu kennzeichnen (vgl. Bourdieu 1998: 16 ff.). Zu ihrem Dasein gehört darüber hinaus »essentiell das in ihnen realisierte Selbstverständnis davon, was die betreffende Disziplin darstellt und worin sie sich von anderen unterscheidet. Dieses Selbstverständnis oder Selbstbild einer Disziplin wirkt nach innen identitätsstiftend, nach außen legitimatorisch.« (Laitko 1999: 23) Dieses disziplinäre Selbstverständnis der Erwachsenenbildungswissenschaft, verstanden als eine Teildisziplin der Erziehungswissenschaft, scheint jedoch auf besondere Weise fragil zu sein. Seit der Konstituierung der Erwachsenenbildungswissenschaft Ende der 1960er, Anfang der 1970er Jahre3 im Rahmen des Diplom-Studiengangs Pädagogik an deutschen Hochschulen wurden »Ort und Struktur der Disziplin und damit auch ihr Status als ›Normalwissenschaft‹ (Thomas S. Kuhn) […] immer wieder problematisiert« (Friedenthal-Haase 1991: 1). Die Etablierung der wissenschaftlichen Disziplin Erwachsenenbildung im Kontext der bundesdeutschen Bildungsreform der 1960er und 1970er Jahre war dabei »weniger das Ergebnis einer wissenschaftsinternen Differenzierung und Spezialisierung, wie es für andere neuere Teildisziplinen der Erziehungswissenschaft, z.B. Geschichte der Pädagogik, Bildungsforschung, vergleichende Erziehungswissenschaft der Fall ist. Die Wissenschaft der Erwachsenenbildung ist vielmehr auf Drängen und Initiative der Erwachsenenbildungspraxis, insbesondere der Erwachsenenbildungsverbände, in den Wissenschaftskanon der Hochschulen aufgenommen worden.« (Siebert 1976: 10)
Daraus resultierte, dass die Erwachsenenbildungswissenschaft ihre Daseinsberechtigung und ihr Selbstbewusstsein weniger über eine wissenschaftsinterne (theoretische) Profilierung bezog als vielmehr über die gesellschaftliche Bedeutung ihres Objektbereichs, der Erwachsenenbildung als Bildungs- und Handlungspraxis (vgl. Kade 1994: 150), was wiederum zur Folge hatte, dass – insbesondere in der ersten Zeit der »Disziplinie-
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Im Jahr 1971 wurde darüber hinaus als weiterer relevanter Bestandteil der disziplinären Kommunikation eine Sektion Erwachsenenbildung in der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft (DGfE) gegründet.
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rung« der Erwachsenenbildung als Wissenschaft – die Frage nach ihrer disziplinären Autonomie sowie ihres disziplinären Selbstverständnisses beständig zum Thema gemacht wurde. So liegen zahlreiche Ansätze vor, sich in Form von Bestandsaufnahmen des wissenschaftlichen Gegenstandsbereiches, des breiten Spektrums und des Entwicklungsstandes von Theorie und Forschung der Erwachsenenbildung (vgl. Kade 2011: 11) zu vergewissern – zu nennen sind etwa »Handbücher[…], Gesamtdarstellungen, Sammelbände[…], Einführungen, Lexika sowie Berichte[…] über Theorieentwicklung und Forschungsstand« (ebd.). Knapp 40 Jahre nach der wissenschaftsinstitutionellen Verankerung der Erwachsenenbildung konstatieren Arnold/Nolda/Nuissl im Vorwort zur zweiten Auflage des Wörterbuchs Erwachsenenbildung Folgendes: »Ihr Status [der Erwachsenenbildung, H.R.] als eigenständige Wissenschaftsdisziplin wird längst nicht mehr angezweifelt.« (Arnold/Nolda/Nuissl 2001: 7) Die Wissenschaft von der Erwachsenenbildung hat im Verlauf ihrer Disziplingenese anscheinend einen Prozess disziplinärer »Normalisierung« (Kade 2011: 26) durchlaufen und sich des Etiketts der »undisziplinierten Disziplin« (vgl. Friedenthal-Haase 1990: 24)4 entledigt. Die These, dass ein solcher Normalisierungsprozess stattgefunden hat, sagt aber noch nichts darüber aus, wie die Wissenschaft von der Erwachsenenbildung – im Zeitverlauf möglicherweise unterschiedlich – ihren Gegenstands- und Objektbereich konstituiert und damit ihr disziplinäres Selbstverständnis fasst. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit sollen daher die Wissensinhalte und Strukturen der disziplinären Kommunikation empirisch rekonstruiert und damit die Frage in den Blick genommen werden, welche Mechanismen bzw. Schemata die Konstitution des Gegenstandes und des disziplinären Selbstverständnisses jeweils bestimmen. Ziel ist es zum einen, eine Rekonstruktion der Gegenstandsbestimmung der Erwachsenenbildungswissenschaft zu erarbeiten, also die Ebene der Wissensinhalte, des Was, zu beleuchten, und zum anderen, Einsichten in die Strukturen des disziplinären Diskurses, also die Ebene der Regeln und Muster bzw. Praktiken des wissenschaftlichen Diskurses um Erwachsenenbildung, des Wie, zu gewinnen. Die Orte des Sprechens und Schreibens über Erwachsenenbildung sind vielfältig: Erwachsenenbildung ist ein »gesellschaftliches Feld, über das
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Friedenthal-Haase 1990: 24 mit Verweis auf Plecas/Sork 1986.
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man öffentlich spricht, in dem man arbeitet, worüber man forscht und worin man ausbildet« (Weisser 2002: 11) und steht damit im Spannungsfeld unterschiedlicher Logiken, Interessen und Relevanzkriterien. Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung steht die wissenschaftliche Disziplin Erwachsenenbildung im Fokus – damit rücken zugleich öffentliche, politische, professionsbezogene und Alltagsdiskurse über Erwachsenenbildung in den Hintergrund; sie sind allerdings nicht vollkommen ausgeschlossen, weil sie in der einen oder anderen Weise in den wissenschaftlichen Diskurs eindringen und diesen somit beeinflussen. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit geht es weniger darum, die Entwicklung der Erwachsenenbildungswissenschaft nachzuzeichnen, m.a.W. Disziplingenese zu betreiben und nach den Wurzeln und Entstehungsbedingungen der Wissenschaft von der Erwachsenenbildung zu fragen, sondern der Fokus richtet sich vielmehr auf die Art und Weise des Sprechens bzw. Schreibens über Erwachsenenbildung und auf die historisch ggf. jeweils unterschiedliche Gegenstandsbestimmung von Erwachsenenbildung. Zwei Fragen stehen mithin im Zentrum des Erkenntnisinteresses: • •
Wie wird Erwachsenenbildung im Sprechen bzw. Schreiben konstituiert? Welcher Gegenstand des Wissens wird dabei hervorgebracht?
In anderen Worten geht es darum, zu fragen, wie Erwachsenenbildung im binnendisziplinären Diskurs thematisiert und gerahmt wird, wie sich die Art und Weise des Sprechens in den letzten vier Dekaden seit der Konstituierung der wissenschaftlichen Disziplin Erwachsenenbildung verändert hat und ob disziplinkonstituierende Muster und Regelmäßigkeiten in den Äußerungen zu erkennen sind. Also: wie wird der Diskurs um Erwachsenenbildung konstituiert und welcher Gegenstand des Wissens wird dabei hergestellt? In das der empirischen Analyse zugrundeliegende Datenkorpus wurden solche Dokumente – verstanden als »Selbstverständigungstexte« und Mittel der Außenpräsentation zugleich – aufgenommen, die, so die Erwartung, Auskunft geben über grundlegende disziplinäre Verständigungsprozesse und damit wissenschaftliche Bestandsaufnahmeversuche darstellen. Die der Analyse zugrundeliegenden Textdokumente werden als Produzenten von Wissen über den Gegenstand Erwachsenenbildung aus der Perspektive der
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Erwachsenenbildungswissenschaft betrachtet, die diesen erst (be-)greifbar machen. Ausgewählt wurden drei verschiedene Textgattungen: Einführungsbücher in die Erwachsenenbildung/Weiterbildung 5, Nachschlagewerke wie Lexika, Wörterbücher und Handbücher zum Lemma Erwachsenenbildung/ Weiterbildung und schließlich die schriftlichen Dokumentationen der Jahrestagungen der Sektion Erwachsenenbildung der DGfE. Die Wissenschaft von der Erwachsenenbildung wird somit »anhand schriftlicher Dokumente bzw. als sprachvermittelte Konstruktion der Wirklichkeit analysiert« (Großkopf 2012: 212). Der Untersuchungszeitraum setzt im Jahr 1971 mit der zunehmenden Institutionalisierung der Erwachsenenbildung und ihrer Wissenschaft an und endet 40 Jahre später, im Jahr 2011. Mit der Rekonstruktion des Diskurses über die Spanne von vier Dekaden ist die Erwartung verbunden, im Zeitverlauf möglicherweise divergierende, gleichbleibende oder wiederkehrende Muster der Disziplinkonstitution ausmachen und miteinander vergleichen zu können.
2. F ORSCHUNGSPERSPEKTIVE UND V ORGEHENSWEISE Leitend für die Anlage der Arbeit ist die Annahme der sprachförmigen Konstitution von Welt – also auch von Wissenschaft bzw. disziplinärem Wissen –, d.h. Wissen über Erwachsenenbildung existiert nicht an sich, sondern wird in sozialen Prozessen erst diskursiv erzeugt. Wissensbestände und Erkenntnisse sind also stets sozial produziert und determiniert – und damit immer auch mit Kommunikation verbunden (vgl. Schnettler 2007: 167). Bei der Setzung von Wirklichkeit sind »Muster und Regelmäßigkeiten der Interaktion und ihrer Deutung« (ebd.: 164) zu beobachten, die im Rahmen der empirischen Analyse rekonstruiert werden sollen. Im Anschluss an die Foucault’sche Diskurstheorie und in Anlehnung an das Forschungsprogramm der Wissenssoziologischen Diskursanalyse nach Reiner Keller (2007a; 2011a; 2011b) sollen Muster und Regelmäßigkeiten des binnendisziplinären Diskurses der Erwachsenenbildung herausgearbei-
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An dieser Stelle werden – kongruent zu den Bezeichnungen der Einführungsbücher und Nachschlagewerke – die Bezeichnungen Erwachsenenbildung und Weiterbildung aufgeführt.
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tet werden. Bei der Analyse von Diskursen steht die Rekonstruktion gesellschaftlich – im vorliegenden Fall: disziplinär – durchgesetzter Deutungen und Wissensangebote sowie deren Wandel im Laufe der Zeit im Mittelpunkt – oder mit Foucault formuliert: das Problem der Bedingungen für Aussagemöglichkeiten und -unmöglichkeiten (vgl. Foucault 2003: 36). Das Ziel einer solchen Diskursanalyse besteht darin, ein diskursives Phänomen – im vorliegenden Fall das diskursive Phänomen Erwachsenenbildung – hinsichtlich seiner Wahrheitspolitiken und seiner Ordnungsmuster zu analysieren (vgl. Truschkat 2008: 89). Im Rahmen der empirischen Analyse des durch das Datenmaterial begrenzten Bestandteils des Diskurses der Erwachsenenbildungswissenschaft geht es dann darum, die allgemeinen Regeln, welche die Wirklichkeit ordnen, zu rekonstruieren (vgl. Keller 2006: 133). Von Bedeutung ist dies deshalb, weil Diskurse nach Foucault die Gegenstände, von denen sie sprechen, erst hervorbringen (vgl. Foucault 1981: 74). Insofern ist davon auszugehen, dass die Art und Weise, wie innerhalb der Erwachsenenbildungswissenschaft über Erwachsenenbildung gesprochen wird, Auswirkungen hat – nicht nur auf mögliche Forschungsthemen, sondern auch auf die Bildungspraxis, die öffentlichen Erwartungen etc. Das Erkenntnisinteresse der vorliegenden Forschungsarbeit besteht zunächst einmal darin, typische Muster der diskursiven Ordnung von Erwachsenenbildung aus der Perspektive der Erwachsenenbildungswissenschaft zu entdecken bzw. zu identifizieren mit dem Ziel zu zeigen, »wie sich eine Wissenschaft ins Element des Wissens einreiht und funktioniert« (Foucault 1981: 263), welche Ein- und Ausschlüsse vorgenommen werden und wie somit Wissen und Macht miteinander verkoppelt sind. Analog zum Beharren Foucaults auf einer kritischen Haltung spricht Bublitz in Bezug auf das Verfahren einer an Foucault orientierten Diskursanalyse von einer Haltung der Dekonstruktion (vgl. Bublitz 2011: 248), die sich gegen scheinbare Evidenzen richtet. So ist auch die Verwendung des berühmten Foucault’schen Werkzeugkastens zu verstehen als Haltung der Kritik bzw. Skepsis gegen das allzu natürlich Erscheinende (vgl. Foucault 1982: 34). Die »Haltung der Kritik« (Foucault 1992: 8) beschreibt Foucault als »die Bewegung, in welcher sich das Subjekt herausnimmt, die Wahrheit auf ihre Machteffekte hin zu befragen und die Macht auf ihre Wahrheitsdiskurse hin« (ebd.: 15). Das Ziel der Analyse ist in diesem Sinne eine distanzierte Betrachtung des scheinbar Evidenten.
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»Es geht also nicht darum, zu beschreiben, was Wissen ist und was Macht ist und wie das eine das andere unterdrückt oder mißbraucht, sondern es geht darum, einen Nexus von Macht-Wissen zu charakterisieren, mit dem sich die Akzeptabilität eines Systems – sei es das System der Geisteskrankheit, der Strafjustiz, der Delinquenz, der Sexualität [oder der Erwachsenenbildung, H.R.] usw. – erfassen läßt« (Foucault 1992: 33) »[…] und zu begreifen, wie diese Geschichte nicht absolut äußerer Zufall, nicht Notwendigkeit der ihre eigene Dialektik entfaltenden Form, sondern spezifische Regelmäßigkeit sein kann« (Foucault 1981: 186).
Durch die Rekonstruktion des Diskurses um Erwachsenenbildung sollen somit Einsichten in die Funktionsweisen, Strukturen und Mechanismen dieses Diskurses gewonnen werden, die nicht als natürlich und evident, sondern vielmehr als konstruiert und kontingent und damit auch als veränderbar zu verstehen sind. Diese Perspektive ist insofern relevant, als die »Binnenperspektive einer Disziplin nicht nur Schlüssel zu ihrer Geschichte, sondern auch deren Blockaden sein kann« (Laitko 1999: 46). Allerdings besteht die Hoffnung an dieser Stelle darin, nicht nur Identitätsprobleme und Blockaden zu diagnostizieren, sondern auch Potentiale herauszustellen und dadurch Perspektiven für die weitere Reflexion und Entwicklung der Erwachsenenbildungswissenschaft zu erhalten. Denn die Rekonstruktion der Auseinandersetzung der Disziplin mit ihrem Gegenstand ist auch eine Rekonstruktion der Auseinandersetzung der Disziplin mit sich selber (vgl. Zeuner 2005: 467). Somit leistet die empirische Selbstbeobachtung der wissenschaftlichen Disziplin Erwachsenenbildung einen Beitrag zum »kritischen Sinnverstehen« (ebd.: 476) der Funktionsweisen und Entwicklung der wissenschaftlichen Disziplin. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Arbeit nicht nur zur »Vergewisserung des eigenen Selbstverständnisses« (Olbrich 1991: 70) der Erwachsenenbildung dient, sondern darüber hinaus auch einen Beitrag zur erziehungswissenschaftlichen Wissenschaftsforschung leistet, die im Feld der Erwachsenenbildung bislang eine eher marginale Rolle spielt (vgl. Müller 2007: 14).
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3. S TRUKTUR UND AUFBAU
DER
ARBEIT
Die vorliegende Arbeit gliedert sich in insgesamt vier Teile. Im ersten Teil – der theoretisch-methodologischen Rahmung – wird der Ansatz einer diskursanalytischen Wissenschaftsforschung entwickelt, der die Grundlage für die empirische Rekonstruktion bildet. Die wissenschaftliche Disziplin Erwachsenenbildung wird im Kontext der vorliegenden Arbeit und im Anschluss an Bourdieu (1998) verstanden als Feld bzw. relativ autonomes Sozialsystem, auf dem Kämpfe um Deutungshoheit stattfinden. Die im Rahmen der disziplinären Auseinandersetzung entwickelten Inhalte sind dabei als in kommunikativen Aushandlungsprozessen diskursiv erzeugte Konstrukte zu begreifen. Im ersten Abschnitt dieses Teils der Arbeit wird ein Zugang zur Wissenschaftsforschung gelegt, im zweiten findet eine Annäherung an den Diskursbegriff statt, wie er im Rahmen der Arbeit gefasst wird. Schließlich wird das eigene Vorgehen begründet und expliziert. Der zweite Teil beschreibt detailliert die der Arbeit zugrundeliegende Forschungsperspektive sowie das methodische Vorgehen der empirischen Analyse. In diesem Teil der Arbeit werden die Grundzüge des Forschungsprogramms der Wissenssoziologischen Diskursanalyse nach Keller dargestellt und das methodische Vorgehen am Untersuchungsgegenstand erläutert. Im dritten Teil werden die Ergebnisse der empirischen Analyse vorgestellt. Dazu werden die drei untersuchten Textgattungen mit ihren jeweiligen Besonderheiten und Spezifika zunächst einzeln in den Blick genommen. In einem weiteren Schritt wird der Diskurs als Ganzes fokussiert – dabei werden zunächst die Phänomenstruktur des Diskurses, die Thematisierungsdimensionen und ihre jeweilige inhaltliche Ausgestaltung, in ihrer chronologischen Gewordenheit beschrieben und daraufhin fünf den Diskurs strukturierende Deutungsmuster dargestellt. Schließlich werden der rote Faden des untersuchten Diskurses nachgezeichnet und die Ergebnisse in Form eines für den Diskurs spezifischen Interpretationsrepertoires thesenartig zusammengefasst. Abschließend werden in einem vierten Teil das Vorgehen der Arbeit rekapituliert, die Ergebnisse der Analyse noch einmal zusammengefasst und theoretisch an den wissenschaftlichen Diskurs rückgebunden. Zum Schluss wird ein Ausblick gegeben auf mögliche Forschungsperspektiven und Anschlüsse an die durchgeführte Untersuchung.
Teil I: Wissenschaftsforschung als Diskursforschung
Die vorliegende Arbeit lässt sich zweifach im erziehungswissenschaftlichen Diskurs verorten: zum einen – dem Untersuchungsgegenstand folgend – im Feld der erziehungswissenschaftlichen bzw. erwachsenenpädagogischen Wissenschaftsforschung, zum anderen – dem gewählten erkenntnistheoretischen und methodologischen Zugang folgend – im Feld der Diskursforschung. Diskurs- und Wissenschaftsforschung sind im vorliegenden Kontext nicht als zwei voneinander unabhängige Zugänge zu denken, vielmehr werden sie konstruktiv miteinander in Beziehung gesetzt. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit soll die wissenschaftliche Disziplin Erwachsenenbildung unter dem Fokus von Diskursforschung, die sich – grob gesagt – auf die Erforschung der sprachförmigen Konstitution von Welt im weitesten Sinne bezieht, untersucht werden. Wissenschaftliche Disziplinen werden im Rahmen der vorliegenden Arbeit als Felder bzw. relativ autonome Sozialsysteme verstanden, innerhalb derer Kämpfe um Deutungshoheit über den Gegenstand bzw. die Fragen, über die eine Disziplin sich definiert, stattfinden. Die im Rahmen der disziplinären Auseinandersetzungen entwickelten Inhalte sollen dabei verstanden werden als diskursiv erzeugte Konstrukte.1
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Damit werden zwei theoretische Positionen miteinander in Verbindung gebracht, die – insbesondere in Bezug auf die jeweilige Subjekt- bzw. AkteurInnenkonstitution – auf den ersten Blick kaum miteinander vereinbar erscheinen, nämlich die Feldtheorie Pierre Bourdieus und die Diskurstheorie Michel Foucaults. Nach Bourdieu handeln soziale AkteurInnen Wahrheit bzw. symboli-
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sche Ordnung in interaktiven Prozessen kollektiv aus. Dabei betont Bourdieu die aktiven und interpretativen Leistungen dieser sozialen AkteurInnen – gleichwohl sind diese von den Zwängen der Struktur eines Feldes beeinflusst (vgl. Bourdieu 1998). Wie ist diese Vorstellung autonomer und aktiver AkteurInnen bzw. Subjekte mit dem Subjektbegriff bei Foucault zusammenzubringen? Weist Foucault nicht explizit die Vorstellung autonom handelnder Subjekte bzw. deren sinnstiftende Bedeutung zurück? Foucault bemerkt dazu lakonisch: »Es wäre sicherlich absurd, die Existenz des schreibenden und erfindenden Individuums zu leugnen« (Foucault 2003: 21) – allerdings geht es ihm weniger um die/den AutorIn als Individuum als vielmehr um die AutorInnen-Funktion. Keller unternimmt mit der Konzeption der Wissenssoziologischen Diskursanalyse den Versuch eines Brückenschlags zwischen der Diskurstheorie Foucaults und kulturalistischen Ansätzen der Diskursforschung, z.B. bei Bourdieu (vgl. Keller 2011a: 35 ff.) und baut die Diskursperspektive in den Ansatz der Hermeneutischen Wissenssoziologie ein (vgl. auch Teill II). Keller geht von der Annahme aus, dass die Bestimmung von Diskursen als Praktiken eines AkteurInnenbegriffs bedarf. Er verweist auf eine Unterscheidung Foucaults zwischen a) SprecherInnenpositionen/-rollen und b) Subjektpositionen. Ad a) Subjekte äußern sich als »RollenspielerInnen« und befolgen bestimmte Regeln (institutionelle Regulierung der Zugänge von AkteurInnen zum legitimen Vollzug diskursiver Praktiken, zu den gesellschaftlichen Orten, von denen aus ernsthaft gesprochen werden darf). Dabei spielen Subjektivität und Autonomie aber eine eher untergeordnete Rolle. Ad b) Subjektpositionen sind als sprachlich-symbolisch vermittelte Verlagerung von Gesellschaft in das je individuelle Bewusstsein zu verstehen; diese erzeugen typisierte Interpretationsschemata (vgl. Keller 2011b: 216 ff.). Es ist zwar von einer gesellschaftlichen Formung und Voraussetzung der Sinnkonstitution auszugehen – dennoch handeln Individuen als mehr oder weniger eigenwillige AkteurInnen. Auch im Rahmen der Wissenssoziologischen Diskursanalyse geht es nicht primär um die Individualität singulärer Subjekte, sondern um soziale AkteurInnen: »Die WDA hält daran fest, dass soziale Akteure fähig sind, sich im Rahmen der ihnen soziohistorisch verfügbaren Mittel nach Maßgabe eigener Sinnsetzung und auch kreativ auf die situativen Erfahrungen und diskursiv-institutionellen Erwartungen zu beziehen, in die sie eintauchen. Durch ihre reflexiven und praktischen Interpretationen der strukturellen Bedingungen können sie auch deren Transformation herbeiführen. Das alles ist keineswegs – auch nicht in der Hermeneutischen Wissenssoziologie! – mit bewuss-
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Zunächst werden für den Zuschnitt der vorliegenden Arbeit relevante Aspekte von Wissenschaftsforschung in den Blick genommen und Fragen der erziehungswissenschaftlichen Wissenschaftsforschung dargestellt. In einem zweiten Teil dieses Kapitels wird dann der Diskursbegriff beleuchtet und das Verständnis von Diskurs expliziert, welches konstitutiv ist für die vorliegende Arbeit. Das Ziel dieses Kapitels ist es, einen theoretischheuristischen Entwurf für einen diskursanalytischen Ansatz von Wissenschaftsforschung zu entwickeln, der dann im Folgenden als Grundlage für die empirische Untersuchung dient. Anhand der Darstellung des Forschungsstandes der erziehungswissenschaftlichen Wissenschafts- und Diskursforschung wird schließlich das eigene Vorhaben begründet und expliziert.
T EIL A – W ISSENSCHAFTSFORSCHUNG Im Folgenden wird der Blick auf das Feld der Wissenschaftsforschung gerichtet. Der Fokus liegt dabei auf einem wissenssoziologisch orientierten Verständnis von Wissenschaftsforschung, welches Wissenschaft als eine Form sozialer Praxis versteht und die Produktion wissenschaftlicher Erkenntnis als einen gemeinsamen sozialen (Aushandlungs-)Prozess begreift. Für die Anlage der Arbeit spielt insbesondere die Kategorie der Disziplin eine besondere Rolle – denn die wesentlichen Kommunikations- und Aushandlungsprozesse über Gegenstände, Inhalte und Methoden finden innerhalb der sogenannten Scientific Communities, also der disziplinär organisierten WissenschaftlerInnengemeinden, statt. In diesem Sinne kann Wissenschaft – bzw. können wissenschaftliche Disziplinen – als eine spezifische Diskursarena begriffen werden.
tem, strategischem Aushandeln oder Kontrolle der Handlungsfolgen durch die Akteure und ihre Intentionen zu verwechseln.« (Keller 2012: 97 f.)
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1.
Von der Wissenschaftssoziologie zur Wissenschaftsforschung
Wissenschaftsforschung als interdisziplinäres Forschungsfeld ging in den 1970er Jahren aus der Wissenschaftssoziologie hervor, dennoch unterscheiden sich die beiden Zugänge in einigen Aspekten wesentlich voneinander. Während die Wissenschaftssoziologie eher die Institution Wissenschaft als sozialen Ort betrachtet, interessiert sich die Wissenschaftsforschung – darüber hinausgehend und anders fokussiert – mehr für die epistemische als für die soziale Dimension von Wissenschaft und fragt nach der Produktion wissenschaftlichen Wissens (vgl. Engler 2001: 137). Beide Ansätze sollen im Folgenden vorgestellt und voneinander abgegrenzt werden. Als Begründer der Wissenschaftssoziologie gilt der Soziologe Robert K. Merton, der bereits in den 1930er Jahren den gesellschaftlichen Ursachen der Entstehung und Institutionalisierung der Wissenschaft im Wechselspiel von Gesellschaft und Kultur nachging und sich dabei insbesondere für die Entwicklung und den Wandel von Forschungsinteressen2 interessierte. Merton konstatiert: »Das Feld der Wissenschaftssoziologie lag damals brach« (Merton 1985: 33), »die Verhaltensmuster von Wissenschaftlern oder die Wissenschaft als sich entwickelnde gesellschaftliche Institution« (ebd.) wurden im Rahmen soziologischer Forschungen weitgehend übergangen. Merton beschreibt Wissenschaft als ein Sozialsystem mit gewissen normativen Strukturen3, denen die Mitglieder dieses Sozialsystems unterliegen und nach denen sie ihr Handeln ausrichten.
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Mertons Werk Entwicklung und Wandel von Forschungsinteressen (erstmals erschienen 1938) ist eine Sammlung von Aufsätzen zur Wissenschaftssoziologie, die unterschiedliche Bereiche von Wissenschaft fokussieren, etwa die Struktur der Wissenschaft, das Verhalten der einzelnen WissenschaftlerInnen oder Bewertungsstrukturen in der Wissenschaft.
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Merton stellt die normative Struktur der Wissenschaft anhand von vier Normen dar, die das wissenschaftliche Ethos beschreiben und an denen WissenschaftlerInnen sich orientieren. Im Einzelnen sind dies der Universalismus, der Kommun(al)ismus, die Uneigennützigkeit sowie schließlich der organisierte Skeptizismus. Universalismus bezeichnet nach Merton eine Norm, die regelt, dass Wahrheitsansprüche nicht von persönlichen Eigenschaften einer Wissenschaftlerin bzw. eines Wissenschaftlers abhängig sind (etwa Geschlecht, Religionszuge-
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Man unterscheidet zwischen einer früheren, eher auf die »soziologische Analyse kognitiver Probleme der Wissenschaft« (Stehr 1985: 19) und einer neueren, eher auf die »soziologische Analyse der öffentlichen Bewertung von Geltungsansprüchen der modernen Wissenschaft« (ebd., Herv. im Orig., H.R.) abzielenden Wissenschaftskonzeption Mertons. Keine der beiden Konzeptionen blieb von Kritik verschont – »die soziologische Kritik des Forschungsprogramms Mertons leitet sich [allerdings, H.R.] nicht unmittelbar aus soziologisch begründeten Anregungen ab, sondern läßt sich auf den Erfolg und die Rezeption von Thomas Kuhns Struktur wissenschaftlicher Revolutionen sowie verwandter wissenschaftstheoretischer Konzeptionen (Toulmin, Lakatos, Feyerabend) in der Soziologie zurückführen« (Stehr 1985: 22, Herv. im Orig., H.R.).4
In den 1960er Jahren – bedingt durch die als »kognitiv« bzw. »konstruktivistisch« bezeichnete Wende – veränderte sich die Wissenschaftssoziologie. Welcher Natur diese Veränderungen waren, soll mit einem Blick auf Thomas S. Kuhns Monographie Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen (erstmals erschienen 1962) herausgearbeitet werden. Kuhn steht dabei exemplarisch auch für die anderen Autoren wissenschaftstheoretischer Konzepte, die das wissenschaftssoziologische Denken um 1960 verändert haben.
hörigkeit usw.), sondern ausschließlich unpersönlichen, neutralen Maßstäben unterworfen werden müssen. Kommunismus oder Kommunalismus beschreibt den Fakt, dass wissenschaftliche Erkenntnisse immer ein Produkt gesellschaftlicher Zusammenarbeit darstellen und somit der Gemeinschaft zu überantworten sind. Mit dieser Norm verbunden ist die Forderung nach Transparenz, nach öffentlicher Verbreitung von Forschungsergebnissen. WissenschaftlerInnen handeln i.d.R. nicht aus Eigennutz, sondern aus leidenschaftlichem Interesse an einem Gegenstand oder zum Wohl der Menschheit – Merton zufolge kennzeichnet dies die Norm der Uneigennützigkeit. Mit dem organisierten Skeptizismus schließlich beschreibt Merton die Aufgabe der unvoreingenommenen Überprüfung von Glaubenssätzen nach empirischen und logischen Maßstäben durch die/den WissenschaftlerIn (vgl. Merton 1985: 86-99). 4
Einen ausführlichen Überblick über die unterschiedlichen wissenschaftstheoretischen Richtungen bietet z.B. Chalmers (2007).
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Kuhn, der sich in vielen Aspekten auf Ludwik Flecks Monographie Entstehung und Entwicklung einer wissenschaftlichen Tatsache bezieht5, untersucht die inhaltliche Entwicklungsgeschichte von Disziplinen und prägt darin die Termini Paradigma und Paradigmenwechsel und setzt sich dabei »kritisch mit induktivistischen und falsifikationistischen Beiträgen zur Wissenschaft auseinander« (Chalmers 2007: 89). Laut Kuhn vollzieht sich wissenschaftlicher Fortschritt nicht in Form kontinuierlicher Veränderung bzw. der steten Akkumulation von immer besserer Erkenntnis, sondern in Form revolutionärer Prozesse – als Abfolge von Phasen der VorWissenschaft oder auch vor-paradigmatischer Wissenschaft, »normaler« Wissenschaft, deren Krise, einer Revolution, in der ein älteres Paradigma durch ein neueres ersetzt wird, und einer neuen »normalen« Wissenschaft. Wissenschaftlicher Fortschritt vollzieht sich nach Kuhn also in Form einer Ablösung einer »Normalwissenschaft« zu einer neuen »Normalwissenschaft«, wobei sich die Wahrnehmung der WissenschaftlerInnen radikal verändert. Unter »normaler« Wissenschaft versteht Kuhn »eine Forschung, die fest auf einer oder mehreren wissenschaftlichen Leistungen der Vergangenheit beruht, Leistungen, die von einer bestimmten wissenschaftlichen Gemeinschaft eine Zeitlang als Grundlagen für ihre weitere Arbeit anerkannt werden« (Kuhn 1976: 25), die also auf einem bestimmten Paradigma fußt. Mit dem Begriff des Paradigmas bezeichnet Kuhn »das, was den Mitgliedern einer wissenschaftlichen Gemeinschaft gemeinsam ist, und umgekehrt besteht eine wissenschaftliche Gemeinschaft aus Menschen, die ein Paradigma teilen« (ebd.: 187). »In Folge dieser wissenschaftstheoretischen Wende, die den logischen Empirismus ablöste, rückt die Produktion von wissenschaftlicher Erkenntnis als sozialer Prozess ins Zentrum der Aufmerksamkeit.« (Engler 2001: 143) In diesem Zuge bildete sich in Deutschland in den 1970er Jahren das interdisziplinäre Feld der Wissenschaftsforschung heraus, das den Schwerpunkt primär auf den epistemischen Aspekt von Wissenschaft legt und der
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Im Vorwort zu seiner Monographie Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen beschreibt Kuhn, wie er zufällig auf Flecks Werk Entstehung und Entwicklung einer wissenschaftlichen Tatsache stieß – »eine Arbeit, die viele meiner eigenen Gedanken vorwegnimmt« (Kuhn 1976: 8) – und wie sehr diese Arbeit sein eigenes Schaffen beeinflusste. So geht etwa die wissenssoziologische Wendung seiner Studien auf Fleck zurück (vgl. Schäfer/Schnelle 1980: IX).
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Frage nachgeht, wie wissenschaftliches Wissen hergestellt wird – ohne dabei aber die soziale Dimension von Wissenschaft komplett auszublenden. Das interdisziplinäre Forschungsfeld der Wissenschaftsforschung lässt sich als Metawissenschaft, als sog. »›Wissenschaftswissenschaft‹« (Felt u.a. 1995: 24) beschreiben. Grob formuliert fragt Wissenschaftsforschung nach der Produktion, Repräsentation und Rezeption von Wissenschaft im Kontext ihrer sozialen Einbettung, nach dem Zusammenhang von Wissenschaft, Technologie und Gesellschaft. »Wissenschaft wird als soziales System betrachtet, das ein integrierter Teil des gesamtgesellschaftlichen Reproduktionsprozesses ist und sich in enger Wechselwirkung zu den materiellen Bedürfnissen der Gesellschaft entwickelt.« (ebd.: 25) Über die Fragen der Wissenschaftsgeschichte, der Wissenschaftstheorie bzw. Wissenschaftsphilosophie sowie der Wissenschaftssoziologie geht die Wissenschaftsforschung insofern hinaus, als sie den Anspruch erhebt, auch »praktisch« zu werden, indem sie etwa »zur Selbstreflexion einzelner Fachgebiete animiert« (ebd.: 20, Herv. im Orig., H.R.). Theoretisch und methodologisch sowie methodisch ist die Wissenschaftsforschung sehr divers;6 sie ist als heterogen und transdisziplinär sowie aufgrund ihrer Vielfalt – insbesondere in Bezug auf mögliche Forschungsinteressen sowie auf ihre methodische Ausrichtung – als »hochgradig anschlußfähig« (ebd.: 282) zu bezeichnen. Stehen im Kontext wissenssoziologischer Forschung Fragen nach den gesellschaftlichen Ursachen und der Institutionalisierung von Wissenschaft im Allgemeinen im Fokus, verschiebt sich dieser im Rahmen der Wissenschaftsforschung auf »Science in the making«, also die Untersuchung der Produktion wissenschaftlichen Wissens, etwa in Form mikrosoziologischer (Labor-)Studien unter Verwendung ethnographischer Methoden (Latour 1987; Latour/Woolgar 1986; Knorr-Cetina 1984), womit das alltägliche Handeln im Wissenschaftsbetrieb in den Mittelpunkt gerückt wird. Damit
6
Es gibt verschiedene Stränge bzw. Richtungen der Wissenschaftsforschung (bisweilen – und eher unreflektiert – auch als Wissenschafts- und Technikforschung in eins gesetzt). Strübing unterscheidet bspw. zwischen konstruktivistischen (diesem Ansatz der Wissenschaftsforschung fühlt sich auch die vorliegende Arbeit verpflichtet) und neoinstitutionalistischen Ansätzen der Wissenschaftsforschung, die sich nicht ohne weiteres vereinbaren lassen (vgl. Strübing 2005: 22 ff.).
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gerät der Aspekt der sozialen Determiniertheit wissenschaftlicher Erkenntnis zunehmend in den Blick. Wissenschaftliche Erkenntnisse sind damit nicht (länger) als logisches Ergebnis von Forschung zu verstehen, sondern erhalten den Charakter von Aushandlungsprozessen: »Soziale Phänomene sind nicht nur Dinge im Sinne von Durkheims ›sozialen Tatsachen‹, sondern sie sind vor allem ›gemachte Tatsachen‹« (Felt u.a. 1995: 162) – und die Produktion von Erkenntnis ist damit stets eingebunden in ihren jeweiligen historischen und sozialen Kontext (vgl. Stehr 1985: 21). Eine wichtige Prämisse für die Analyse der Produktion, Repräsentation und Rezeption wissenschaftlichen Wissens ist, dass es bei der Etablierung bzw. Veränderung von Wissensbeständen vor allem um Durchsetzungsvermögen, um Machtstrukturen, aber auch um die Passung neuer Ideen mit existierenden Vorstellungen geht (vgl. Felt 2001: 15), d.h. die epistemische und die soziale Dimension von Wissenschaft stehen in einem engen Zusammenhang. Die Durchsetzung wissenschaftlichen Wissens ist also nicht ohne weiteres von (sozialen) Machtaspekten zu trennen (vgl. Taschwer 1996: 80).
Exkurs: Entstehung und Entwicklung einer wissenschaftlichen Tatsache. Einführung in die Lehre vom Denkstil und Denkkollektiv (Fleck 1980) Disziplinen sind als kollektive Gebilde von einzelnen WissenschaftlerInnen zu begreifen, deren Mitglieder daran arbeiten, Wissen zu einem bestimmten Gegenstand bzw. Fachgebiet zu erarbeiten und Fragen zu beantworten. Diesen Prozess der Entwicklung wissenschaftlichen Wissens sowie seines Wandels beschreibt Fleck bereits 1935 in seiner Monographie Entstehung und Entwicklung einer wissenschaftlichen Tatsache. Einführung in die Lehre vom Denkstil und Denkkollektiv, deren Grundideen im Folgenden dargestellt werden. Die Monographie Flecks stellt dabei, so meine These, ein Bindeglied zwischen Wissenschafts- und Diskursforschung dar. In seinem Werk stellt Fleck den Tatsachenbegriff in Frage und setzt sich damit auseinander, wie wissenschaftliche Erkenntnisse entstehen, wie diese als sog. Tatsachen fortbestehen und wie Veränderung von Wissen möglich ist. Dabei entwirft Fleck ein Modell von Wissenschaft als sozialer Tätigkeit und arbeitet heraus, inwiefern die Produktion wissenschaftlichen Wissens als kollektive Tätigkeit zu verstehen ist und welche
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Bedeutung wissenschaftsexternen Faktoren dabei zukommt. Anhand der Darstellung der Entstehung des Syphilisbegriffs – einer »Denkstilanalyse« oder, wenn man so möchte, einer Art Diskursanalyse – arbeitet der Autor exemplarisch die Besonderheiten des ärztlichen Blicks bzw. des ärztlichen Denkens heraus und veranschaulicht daran seine Theorie wissenschaftlicher Erkenntnis. Zwei Begriffe – neben dem der Tatsache – spielen bei Fleck eine bedeutsame Rolle: zum einen ist das der Begriff des Denkkollektivs, zum anderen der des Denkstils. Unter einem Denkkollektiv versteht Fleck die »soziale Einheit der Gemeinschaft der Wissenschaftler eines Faches« (Schäfer/Schnelle 1980: XXV), mit anderen Worten eine Disziplin bzw. deren Scientific Community. Der Denkstil hingegen bezeichnet »die denkmäßigen Voraussetzungen, auf denen das Kollektiv sein Wissensgebäude aufbaut« (ebd.). Fleck zeigt, dass Erkenntnis bzw. Wissen nicht »an sich« möglich sind, sondern immer an gewisse Vorannahmen gebunden sind. So beschreibt er den Syphilisbegriff als ein »denkhistorisches Ereignis« (Fleck 1980: 34), als das Ergebnis des Zusammentreffens kollektiver Denklinien (vgl. ebd.). In den Denkkollektiven, diesen überindividuellen Denkgemeinschaften, herrschen bestimmte Regeln vor, die das Erkennen in eine bestimmte Richtung lenken. Die NovizInnen eines Denkkollektivs, also der wissenschaftliche Nachwuchs, werden so sozialisiert, dass ihnen im Verlaufe dieses Sozialisationsprozesses die denkkollektiven Regeln und Muster als selbstverständlich in Fleisch und Blut übergehen – sie durchlaufen gewissermaßen einen Initiations- bzw. Sozialisationsprozess: »Für jedes Gewerbe, für jedes Kunstgebiet, für jede Religionsgemeinde und jedes Wissensgebiet besteht eine Lehrlingszeit, während welcher rein autoritäre Gedankensuggestion sattfindet, die nicht etwa durch ›allgemein rationellen‹ Gedankenaufbau ersetzt werden kann.« (ebd.: 136) Ideen bzw. Wissen sind, folgt man Flecks Ausführungen, nicht als das Produkt einzelner ForscherInnen zu betrachten, sondern Ergebnis überindividueller Anstrengungen im Rahmen bestimmter Denkzwänge und -traditionen – wissenschaftliche Erkenntnis ist in diesem Sinne also immer als kollektiv zu verstehen. So bilden bestimmte Ur- oder auch Prä-Ideen die Basis für aktuelle Theorien, wobei ihr Wert nicht in ihrer logischen Richtigkeit liegt – vielmehr spielt dabei eine Rolle, ob eine Idee zu einer bestimmten Zeit in einem bestimmten Kontext als system-
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adäquat gilt –, sondern in ihrer »heuristischen Bedeutung als Entwicklungsanlage« (ebd.: 38). Zudem kann nicht gesagt werden, neuzeitige Theorien oder Denkstile seien »wahrer«, »besser« oder »hochwertiger« als frühere; vielmehr verhält es sich so: »Was in ihrer Wirklichkeit mehr Wert besitzt, davon haben sie auch mehr zu berichten.« (ebd.: 183) Neues Wissen bzw. neue Erkenntnisse entstehen durch gemeinsames Verstehen und Missverstehen (vgl. ebd.: 60). Durch gegenseitige Bestärkung innerhalb eines Denkkollektivs verdichten sich Annahmen zu relativ stabilen Meinungssystemen und damit zu Gemeingut mit einer gewissen Beharrungstendenz – auch Widersprechendem gegenüber. Erkenntnisse auf ihre Ur-Idee nachzuverfolgen, führt zu Schwierigkeiten dergestalt, dass sich neue Erkenntnisse von ihrer Ur-Idee bis zur Unkenntlichkeit verändert haben können; außerdem stellt das Auftauchen von Tatsachen eine »geschichtliche einmalig mögliche Verknotung von Ideengängen« (ebd.: 105) dar. Wahrheit wird in den Denkgemeinschaften »zur objektiv existierenden Qualität gemacht« (ebd.: 153), eben zu wissenschaftlichen Tatsachen.
2.
Das Feld der Wissenschaft
Anschließend an Engler soll mit Bezug auf Bourdieus Feldtheorie ein analytischer Rahmen für diesen Teil der Arbeit vorgestellt werden, der neben der epistemischen auch die soziale Dimension von Wissenschaft in den Blick rückt (vgl. Engler 2001: 146 f.) – denn diese spielt, das wurde bereits deutlich, bei der Untersuchung der wissenschaftlichen Disziplin sowie der Kommunikation innerhalb der Scientific Community ebenfalls eine bedeutsame Rolle. 2.1 Wissenschaft als soziales Feld Felder sind soziale Welten mit eigenen Gesetzen, relativ autonome Mikrokosmen (vgl. Bourdieu 1998: 16), welche sich erst über ihre AkteurInnen konstituieren (und verändern), die wiederum unter den einem Feld inhärenten Zwängen und Strukturen handeln. Bourdieu bezeichnet Felder als Kräftefelder mit je eigener, feldspezifischer Logik und eigenen Spielregeln; in Abgrenzung zu anderen Feldern sind diese Regeln zu verteidigen und die eigene Logik beizubehalten bzw. gegen andere Regeln durchzusetzen. Dies
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fällt umso leichter, je autonomer ein soziales Feld ist – umgekehrt können feldfremde Logiken umso leichter eindringen, je heterogener ein Feld ist (vgl. ebd.: 28). »Ein soziales Feld ist also ein nach einer eigenen Logik funktionierendes ›Spiel‹, bei dem es, und dies wiederum ist eine für Bourdieu charakteristische Sichtweise, Gewinner und Verlierer gibt, bei dem es den ›Spielern‹, den sozialen Akteuren, um die Vorrangstellung geht« (Krais 2000: 37) – Felder sind damit intern als heterogen zu begreifen. Dass die AkteurInnen eines Feldes tatsächlich diesen Spielregeln folgen, das Feld und seine spezifische Struktur also anerkennen, liegt darin begründet, was Bourdieu mit dem Begriff der »illusio« fasst: nämlich dem Glauben der AkteurInnen an die Sinnhaftigkeit und Relevanz dieses Spiels (vgl. Bourdieu 1998: 26 ff.). Wie aber lässt sich dies auf die Wissenschaft und die Produktion wissenschaftlichen Wissens übertragen? Wissenschaft stellt einen sozialen Bereich neben anderen gesellschaftlichen Bereichen dar, der »als gesellschaftliches Teilsystem ins Ensemble aller anderen Teilsysteme eingebunden [ist, H.R.]. Bei diesen IntersystemBeziehungen sind vor allem wechselseitige Leistungsbezüge bedeutsam« (Schimank 2012: 118, Herv. im Orig., H.R.), d.h. Wissenschaft steht immer in Wechselbeziehung zu anderen gesellschaftlichen Feldern. So sind bspw. Wissenschaft und Politik zwar als zwei unterschiedliche Felder zu betrachten, aber dennoch nicht vollkommen unabhängig voneinander zu denken. Je autonomer wissenschaftliche Felder, desto eher entwinden sie sich externen sozialen Gesetzen (vgl. Bourdieu 1998: 26), desto schwieriger wird es bspw. für die Politik, dort Einfluss auszuüben bzw. die Spielregeln zu bestimmen. Wissenschaft ist also zunächst ein Feld neben anderen Feldern – ein Feld zwar mit einigen Besonderheiten, aber ohne Sonderstellung in Bezug auf eine Hierarchisierung verschiedener Felder (vgl. Barlösius 2012: 125). Die Besonderheit des wissenschaftlichen Feldes zeichnet sich aus durch »jene Einigkeit der Konkurrenten über die Grundsätze der Bewahrheitung von ›Realität‹, über gemeinsame Methoden der Bestätigung von Thesen und Hypothesen, kurz: über den stillschweigenden, untrennbar politischen und kognitiven Vertrag, der die Arbeit der Objektivierung begründet und beherrscht« (Bourdieu 1998: 29, Herv. im Orig., H.R.). Zwar gibt es ein verbindendes Gemeinsames, was nicht bedeutet, dass das Wissenschaftssystem als machtfreier Raum misszuverstehen ist. Vielmehr geht es auch im wissenschaftlichen Feld – neben einer Auseinandersetzung auf epistemi-
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scher Ebene – um Auseinandersetzungen um Macht und Ansehen der beteiligten AkteurInnen, also der WissenschaftlerInnen. Die epistemische und die soziale Ebene von Wissenschaft müssen demzufolge immer in einem Wechselverhältnis gesehen werden. Macht und Ansehen sind im Feld der Wissenschaft ungleich verteilt und stets umkämpft. Bourdieu unterscheidet zwei Arten von Macht, denen zwei Sorten wissenschaftlichen Kapitals entsprechen: Zum einen handelt es sich dabei um eine institutionalisierte Macht, die verbunden ist mit bestimmten Positionen im Wissenschaftssystem (z.B. der Vorstand von Kommissionen und Beiräten), zum anderen eine Macht, die auch als »reines« wissenschaftliches Kapital bezeichnet werden kann und durch Beiträge, Entdeckungen und Erfindungen »erworben« wird (vgl. ebd.: 31 ff.). Das Feld Wissenschaft lässt sich wiederum in Unterfelder wie Disziplinen und wissenschaftliche Einrichtungen gliedern: »Das wissenschaftliche Feld gliedert sich in Unterfelder wie Disziplinen und wissenschaftliche Einrichtungen. Verbunden sind diese durch gemeinsame Interessen, etwa den Kampf um Autonomisierung oder um Anerkennung des wissenschaftlichen Nomos auch außerhalb der Wissenschaft.« (Barlösius 2012: 132) Dabei sind Disziplinen wiederum als relativ autonome wissenschaftliche Felder mit spezifischem Objektinteresse und eigenen Regeln zu begreifen. 2.2 Disziplinen als Gegenstand der Wissenschaftsforschung »›Disziplin‹ […] ist kein politischer oder wissenschaftslogischer, sondern ein sozialwissenschaftlicher, im engeren Sinne wissensgeschichtlicher Terminus, zwar anschlußfähig an eine historische Epistemologie und an die Sozialgeschichte, aber in ihnen nicht allein definiert. Definiert wird der Disziplinbegriff durch die Dimension des Wissens, der Kommunikation und des sozialen Systems der Wissenschaften.« (Helm u.a. 1990: 30)
Laitko verweist auf die Doppelbedeutung des Disziplinbegriffs: »Es [das Wort »Disziplin«, H.R.] steht nicht nur für einen Sektor der Wissenschaft, der es mit einem wohlbestimmten Teil aller Erkenntnisgegenstände zu tun hat, sondern auch für die unreflektierte Macht des Gewohnten, die nicht hinterfragte Nor-
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mierung des Verhaltens, der die in einem solchen Sektor Tätigen unterliegen.« (Laitko 1999: 46)
Wissenschaftliche Disziplinen sind historisch gewachsene Konstrukte mit eigener Logik und eigenen (Re-)Produktionsprozessen, die Wissen über einen bestimmten Gegenstandsbereich aus einer spezifischen Perspektive akkumulieren. Sie lassen sich durch diesen spezifischen Blick auf einen Gegenstand von anderen Wissensgebieten bzw. Disziplinen unterscheiden und zeichnen sich durch gemeinsame Problemstellungen, gemeinsame Forschungsmethoden sowie effektive Mechanismen disziplinärer Kommunikation aus (vgl. Stichweh 1993: 241). Die disziplinäre Kommunikation findet vornehmlich in den Scientific Communities, den disziplinären WissenschaftlerInnengemeinden, statt, welche die soziale Grundeinheit des Wissenschaftssystems darstellen und sowohl die soziale als auch die kognitive Ebene einbeziehen (vgl. Felt u.a. 1995: 57). Das bedeutet, Wissenschaft bzw. ihre Untereinheiten werden »nicht mehr als ein isoliertes und elitäres, sondern als ein sozial integriertes Phänomen aufgefaßt« (Laitko 1999: 38) – wissenschaftliche Gemeinschaft und wissenschaftlicher Gegenstand konstituieren sich damit wechselseitig. Die Entstehung von Disziplinen ist kein punktuelles Ereignis, vielmehr ist die Disziplinbildung als ein Prozess zu verstehen, der sich durch eine Verdichtung der internen Kommunikationsstrukturen, eine Steigerung der sozialen Reproduktionsfähigkeit, eine Vereindeutigung der Zurechenbarkeit und einen sukzessiven Aufbau und den Erwerb von ExpertInnenrollen auszeichnet (vgl. Keiner 2011: 201). Anders formuliert ist die Herausbildung wissenschaftlicher Disziplinen gekennzeichnet durch einen gesicherten Rahmen und professionelle Strukturen. Disziplinen sind weiterhin »angewiesen auf wissenschaftliche Institutionen, die als organisatorische Infrastruktur der disziplinär restrukturierten Wissenschaft fungieren können« (vgl. Stichweh 1984: 62, Herv. im Orig., H.R.). So ist ihre Permanenz nur durch ihre Institutionalisierung zu gewährleisten (vgl. ebd.: 63). Disziplinen sind allerdings nicht nur auf die Universitäten als Orte der disziplinären Kommunikation beschränkt, sondern gehen darüber hinaus: »Die Universität ist nun […] nicht der zentrale oder gar alleinige Ort disziplinärer Kommunikation oder der Bewertung von Forschungsergebnissen. Diese ›Kernprozesse der Wissenschaft‹ werden auch in den disziplinären Gesellschaf-
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ten (und den zentralen Publikationsorganen) organisiert […].« (Rothland 2008: 51) Disziplinen definieren sich demgemäß nicht in erster Linie über (ihre) Institutionen (z.B. Universitäten), sondern über ihre Kommunikation. Kommunikation findet »in einem allgemein disziplinären Umfeld, also in den Hochschulen und in den Organisationen der Erziehungswissenschaft wie beispielsweise der DGfE« (ebd.: 69) statt. Der unmittelbare Zweck der disziplinären Tätigkeit ist vornehmlich die Gewinnung »objektiv wahren Wissens über einen bestimmten Gegenstand« (Guntau/Laitko 1987: 22). Auch wenn Disziplinen sich einmal etabliert haben, entwickeln sie sich beständig fort; es handelt sich also nicht um feststehende Konstrukte, sondern vielmehr zeichnen sie sich durch ihren prozessualen und wandelbaren Charakter aus (vgl. Hofstetter/Schneuwly 2002: 39). So ist das spezifische Merkmal einer wissenschaftlichen Disziplin ihre allmähliche Ausdifferenzierung sowie ihre theoretische und paradigmatische Vielfalt: »Ein wichtiger Indikator der Disziplinentwicklung ist die allmähliche Ausdifferenzierung verschiedener Theorien und Begriffe des relevanten Gegenstandes« (Lüders 2012: 117) – was nicht heißt, dass Beliebigkeit herrscht. So verweist Rothland auf die »fundamentalen Gemeinsamkeiten einer Disziplin« (Rothland 2008: 43, Herv. im Orig., H.R.). Laitko betont darüber hinaus, dass »zum Dasein disziplinärer Wissenschaftlergemeinschaften […] essentiell das in ihnen realisierte Selbstverständnis davon [gehört, H.R.], was die betreffende Disziplin darstellt und worin sie sich von anderen unterscheidet. Dieses Selbstverständnis oder Selbstbild einer Disziplin wirkt nach innen identitätsstiftend, nach außen legitimatorisch.« (Laitko 1999: 23)
Disziplinen reproduzieren sich selbst: das verleiht ihnen eine gewisse Stabilität und Permanenz (vgl. ebd.: 33); der Nachwuchs wird im System einer Disziplin auf ganz bestimmte Art und Weise sozialisiert, mit den Themen, Methoden und Inhalten, den einer Disziplin eigenen Denk- und Analyseweisen, vertraut gemacht. Das Disziplinkonzept ist sehr stark von der deutschen Denktradition geprägt (vgl. Keiner 2011: 205) und ist zu unterscheiden vom Konzept der Profession. Es handelt sich um zwei verschiedene Bezugssysteme, die zwar miteinander in Zusammenhang stehen bzw. einander bedingen und sich so
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wechselseitig entwickeln.7 Allerdings sind Disziplinen als relativ autonom vom Handlungsfeld zu denken (vgl. Forneck/Wrana 2009: 180). Lüders formuliert mit Verweis auf Stichweh (1994: 368 ff.): »Während Disziplinen […] auf Theoriebildung und damit auf die Vermehrung wissenschaftlicher Erkenntnisse aus sind, geht es den Professionen um die Anwendung von Wissen unter durch Problemdruck erzeugten Handlungszwängen.« (Lüders 2012: 111) Ludwig/Nuissl formulieren den Unterschied wie folgt: »Im Unterschied zur Profession, die einen Handlungsbezug zu ihren ›Klient/inn/en‹ aufweist, befasst sich die Disziplin primär mit internen Handlungsbezügen zu ihren Wissenssystemen, was im Zuge der Untersuchung ihrer Forschungsgegenstände erforderlich wird. Die Profession nutzt demgegenüber in praktischer Absicht für ihre Klient/inn/en das Wissen der Disziplin für die Bearbeitung spezieller Probleme der gesellschaftlichen Praxis (medizinische, rechtliche, pädagogische usw. Probleme). Demgegenüber hat die Disziplin abstrakte Problemstellungen und ihre Theoriesystembildungsprozesse im Blick, die durch heterogene Differenzierungsprozesse innerhalb der Disziplin herausgefordert werden.« (2012: 273)
3.
Empirische Wissenschaftsforschung und eigene Perspektive
Müller konstatiert, dass empirische Wissenschaftsforschung in der Erziehungswissenschaft bis heute nur marginal betrieben wird (vgl. Müller 2007: 12).
7
Stichweh beschreibt die Differenz zwischen Disziplin und Profession sowie deren gleichzeitig vorhandene wechselseitige Beziehung wie folgt: »Im Resultat dieser Prozesse [der Differenzierungsgeschichte der Wissenschaft im 19. Jahrhundert, H.R.] entstehen Disziplinen und Professionen als zwei verschiedene Typen von Sozialsystemen. Prozesse der Ausdifferenzierung in diesen beiden Bereichen befördern einander wechselseitig. So löst die Entstehung spezialisierter professioneller Ausbildung im Wissenschaftssystem einen Druck in Richtung auf Disziplinendifferenzierung aus. Der speziell ausgebildete Professionelle verliert den Kontakt zu und das Interesse an einem breiten gelehrten Wissen und fragt eher disziplinär erarbeitetes Forschungswissen nach.« (Stichweh 1984: 36 f.)
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»Gibt es in der Erziehungswissenschaft im Vergleich etwa zu den Naturwissenschaften schon wenige Arbeiten, die dem Gebiet der Wissenschaftsforschung zuzurechnen sind, so spielt Forschung auf diesem Gebiet – erst recht mit einem empirischen Zugang – im Feld der Erwachsenenbildung so gut wie keine Rolle.« (ebd.: 14)
1978 gründete sich eine »Arbeitsgemeinschaft für Wissenschaftsforschung« (AfW) der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft im Rahmen des DGfE-Kongresses in Tübingen. 1985 wurde aus dieser Arbeitsgemeinschaft die der Sektion »Allgemeine Erziehungswissenschaft« angegliederte »Kommission Wissenschaftsforschung«, die sich während des Frühjahrskolloquiums der DGfE in Trier konstituierte. Im Rahmen dieser Kommissionsarbeit wurden bis heute etliche Symposien und Tagungen durchgeführt, außerdem sind zahlreiche Publikationen erschienen, die das Feld der Erziehungswissenschaft unter dem Fokus der Wissenschaftsforschung bearbeiten – Themen der Erwachsenenbildung lassen sich indes kaum finden. Arbeiten zur erziehungswissenschaftlichen Wissenschaftsforschung lassen sich unterscheiden einerseits anhand der gewählten Datengrundlage, die den Zugang zum Feld erschließt, andererseits anhand der methodischen Ausrichtung der Untersuchungen. Was die Datengrundlage anbelangt, ist zu konstatieren, dass diverse Studien den Zugang zum Feld über die Analyse von Fachzeitschriften wählen und dieser Textgattung damit einen hohen Stellenwert bzw. eine starke Aussagekraft in Bezug auf die Entwicklung der Fachdiskussion einer wissenschaftlichen Disziplin zusprechen (Keiner 1999; Nafzger-Glöser 1994; Möller 2004; Müller 2007). Andere Studien greifen dagegen auf Nachschlagewerke zurück und betonen deren herausragende Bedeutung für die Rekonstruktion disziplinärer Identität (Knoll/ Künzel 1980; Lüders 2012). Methodisch sind die betrachteten Studien i.d.R. inhalts- bzw. dokumentenanalytisch ausgerichtet. Die vorliegende Untersuchung schließt – was einen Teil der Datengrundlage betrifft – an die Studien von Knoll/Künzel und Lüders an. Während Fachzeitschriften als eine Form der Auseinandersetzung mit aktuellen Trends und Konjunkturen betrachtet werden, welche spezifische inhaltliche (Teil-)Aspekte eines disziplinären Diskurses in den Blick nehmen, verweisen Nachschlagewerke (Handbücher, Wörterbücher, Lehrbücher und Lexika) eher auf allgemeine Aussagen über einen Gegenstand und können so zur Reflexion der disziplinären Identität sowie zur Vergewisserung des Selbst- und Aufgabenverständnisses einer wissenschaftlichen Disziplin bei-
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tragen. Nachschlagewerken kommt eine herausragende Bedeutung für die intra- und interdisziplinäre Diskussion zu (vgl. Lüders 2012: 124 mit Verweis auf Brachmann 2006), »weil sie als ›Gatekeeper‹ für etabliertes Wissen stehen und insofern Aufschluss darüber geben, was in einer Disziplin als wahr anerkannt wird und wie diese Wahrheit kontextualisiert werden muss, damit sie akzeptabel wird« (Kossack 2012: 41). Unter Zuhilfenahme inhalts- bzw. dokumentenanalytischer Untersuchungen können zwar Aussagen über etablierte Wissensbestände einer Disziplin herausgearbeitet werden, um aber Aussagen darüber zu erhalten, wie disziplinär akzeptierte Wahrheit kontextualisiert wird, welche Strukturen und Regeln dieser zugrundeliegt, sind solche Ansätze nur bedingt brauchbar. Erfolg versprechender erscheint sich dafür ein diskursanalytischer Ansatz von Wissenschaftsforschung zu erweisen.
T EIL B – D ISKURS (- F ORSCHUNG ) Ziel des folgenden Kapitels ist es, das Verständnis von Diskurs, wie es bestimmend ist für die vorliegende Arbeit, näher zu beleuchten. Der Diskursbegriff, an dem sich diese Arbeit orientiert, lehnt sich wesentlich an die Arbeiten Michel Foucaults an. Daher soll zunächst der Begriff Diskurs im Werk Foucaults verortet werden, bevor das sozialwissenschaftliche Verständnis von Diskurs, wie es für die Anlage der Arbeit leitend ist, herausgearbeitet wird. Schließlich wird ein Überblick über das empirische Feld der Diskursforschung gegeben und erziehungswissenschaftliche Studien aus diesem Kontext vorgestellt. 1.
Zum Diskursbegriff
Der Begriff Diskurs stammt aus dem Lateinischen (»discurrere«: hin- und herlaufen) und bedeutet im allgemeinsten Sinn Rede, Gespräch, Erörterung (vgl. Wimmer 2006: 331). Der Diskursbegriff ist nicht eindeutig zu bestimmen, vielmehr wird er in teilweise sehr unterschiedlichen Bedeutungen und Kontexten verwendet. Im Deutschen ist der Diskursbegriff eng mit der Habermas’schen Theorie kommunikativen Handelns verbunden; Habermas verwendet den Begriff als zentrale Kategorie innerhalb dieser Theorie als eine spezielle Form der Kommunikation und fokussiert damit den »Sach-
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verhalt des dominant rationalen Austauschs von Argumenten bei Ausblendung aller empirischen Bedingungsfaktoren« (Parr 2008: 234).8 Von diesem Diskursverständnis bei Habermas ist ein Verständnis des Begriffs Diskurs, welches seine Besonderheit über die Entwicklungen im Strukturalismus und Poststrukturalismus erfährt, zu unterscheiden. Eine wesentliche Rolle spielen in diesem Zusammenhang die Arbeiten des Linguisten und Sprachwissenschaftlers Ferdinand de Saussure, der als (Mit-) Begründer des Strukturalismus sowie der modernen Linguistik gilt. »Saussure entwarf einen wissenschaftlichen Begriff von der Sprache, der diese als System von Zeichen – die ›langue‹ – begreift, das dem konkreten Sprechen und Schreiben, d.h. dem praktischen Sprachgebrauch, der Individuen zugrunde liegt. Dieses Sprachsystem wird als eine historisch entstandene soziale Institution – vergleichbar dem politischen System oder dem Recht – verstanden, deren Genese auf die sprachlichen Interaktionen innerhalb einer Sprachgemeinschaft zurückgeführt werden kann.« (Keller 2011a: 15)
Saussure versteht Sprache damit als ein kodiertes und geregeltes System von Zeichen, dessen Struktur Sinn produziert. »In den 50er und 60er Jahren wurde diese Theorie der Sprache insbesondere in Frankreich weiterentwickelt und nach und nach sowohl auf satzübergreifende Texteinheiten als auch auf die Vorstellungen von der Organisation der Gesellschaft übertragen.« (Keller 1997: 311) Hier sind vor allem die Rezeption Saussures durch Lévi-Strauss in den französischen Sozialund Geisteswissenschaften, die marxistische Diskurskonzeption bei Louis Althusser, die Arbeiten des Psychiaters und Psychoanalytikers Jacques Lacan sowie schließlich – und dies ist für den Kontext der vorliegenden Arbeit der wichtigste Bezug – Michel Foucaults Arbeiten zu nennen. Die Auseinandersetzung der Poststrukturalisten – als solche werden die oben genannten Vertreter allenthalben bezeichnet – mit dem Strukturalismus ist dadurch gekennzeichnet, dass diese zwar dessen sprachtheoretische Grundannahmen beibehalten, sich aber darüber hinaus kritisch mit den Grundannahmen des Strukturalismus auseinandersetzen (vgl. Moebius 2009: 425).
8
Zu Habermas’ Diskursethik bzw. seiner Theorie rationaler Kommunikation vgl. Habermas 1981a und 1981b.
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Das Diskursverständnis in den Geistes- und Sozialwissenschaften wird heute i.d.R. mit dem Namen Michel Foucault verbunden. Dabei wird gemeinhin davon ausgegangen, dass »the broad usage [of the term discourse, H.R.] originated with Foucault« (Sawyer 2002: 435). Allerdings kann diese Annahme nicht ohne weiteres aufrecht erhalten werden, vielmehr verhält es sich so, dass der Foucault’sche Diskursbegriff nicht ohne Rückgriff auf die strukturalistische Theorie verstanden werden kann: »One cannot understand Foucault’s technical definition of ›discourse‹ apart from what Paul Veyne referred to as the ›height of the structuralist and linguistic frenzy‹ […] that characterized the French intellectual climate of the late 1960s.« (ebd.: 439) Auch wenn Foucault selbst eine Nähe zu den strukturalistischen Ideen und vor allem zu deren Vertretern strikt zurückwies – er entwirft seinem eigenen Verständnis zufolge ein anti-strukturalistisches und anti-linguistisches Diskurskonzept (vgl. Sarasin 2006: 115) und »took great pains to distance himself from all three schools [Althusser, Saussure, Lacan, H.R.]« (Sawyer 2002: 447) –, zeigen sich doch inhaltliche Parallelen zu den strukturalistischen Theorien. Weiterhin ist es ein Irrtum, zu unterstellen, man habe es »mit einem von Beginn an einheitlichen, axiomatisch entwickelten Denkgebäude ›Diskurstheorie‹ aus wohldefinierten Termini zu tun. Foucault hat den Diskursbegriff jedoch keineswegs konstant verwendet, sondern im Laufe der Jahre immer wieder neu und anders akzentuiert.« (Parr 2008: 233) Im Folgenden soll ein knapper Überblick auf die Verwendung der Kategorie Diskurs im Foucault’schen Werk geworfen werden, um die uneindeutige Nutzung dieses Terminus innerhalb des Foucault’schen Denkgebäudes zu verdeutlichen. Grob kann man Diskurse als das sprachlich produzierte Wissen über die Wirklichkeit beschreiben. Eine einheitliche Definition des Begriffs Diskurs entwirft Foucault jedoch nicht, sondern verändert den Diskursbegriff in den unterschiedlichen Phasen seines Werkes und passt ihn jeweils neu an. Daher ist die Behauptung, Foucault hätte eine einheitliche Diskurstheorie generiert, auch nur schwer aufrechtzuerhalten. Man kann vielmehr davon sprechen, dass sich Foucaults Werk nicht nur durch die Vielzahl der von ihm produzierten Texte, sondern vor allem durch gedankliche Sprünge innerhalb derselben auszeichnet. Aufgrund dieser teilweise recht abrupten Brüche und der sich daraus ergebenden inhalt-
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lichen Widersprüche steht Foucault seit jeher im Kreuzfeuer der Kritik. Sein Werk hält »für den Leser Hürden bereit, die sich nicht zuletzt aus den Umorientierungen eines Denkens erklären, dass [sic, H.R.] sich im Schaffensprozess mehrfach selbst korrigiert. […] Die Begriffe im Gesamtwerk erfahren so eine Verschiebung in ihrer Gewichtung und Bedeutung, die sich erst durch Berücksichtigung der einzelnen Stadien erschließen lässt.« (Ruoff 2007: 13)
Foucault selbst nannte sein als sprunghaft und wenig konsistent kritisiertes Denken ein Denken der Transformation. Die Transformation, die Veränderung des Immergleichen, hatte er zur Wesensbestimmung der Philosophie erhoben: »Aber wer einmal in seinem Leben einen neuen Ton gefunden, eine neue Sichtweise, einen neuen Weg, etwas zu tun, der wird, glaube ich, niemals mehr das Bedürfnis verspüren, darüber zu lamentieren, dass die Welt ein Irrtum und die Geschichte voller inexistenter Dinge sei.« (Fouault 2005a: 137) Zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen äußert er sich in den posthum veröffentlichten Dits et Ecrits 9 wie folgt: »Glauben Sie, dass ich während all dieser Jahre so viel gearbeitet habe, um dasselbe zu sagen und nicht verwandelt zu werden?« (ebd.: 654) Ihm ging es nicht um die stumpfe Konservierung seiner Analysen und Theorien, sondern um eine Weiterentwicklung seines Denkens im Wandel der Geschichte, der »die Wahrheiten, die Denksysteme und die betroffenen Subjekte unterliegen« (Ruoff 2007: 15). Das Foucault’sche Werk lässt sich grob in drei Stadien bzw. Phasen unterteilen: »Mit der Entwicklung der Diskurstheorie10, der Machttheorie11
9
Die von Daniel Defert und François Ewald herausgegebenen Dits et Ecrits (Schriften) umfassen alle kleineren Beiträge Foucaults. In Frankreich erschienen diese 1994, in Deutschland wurden sie erstmals zwischen 2001 und 2005 bei Suhrkamp verlegt.
10 Zu den Werken, die sich mit diesem Themenschwerpunkt auseinandersetzen, gehören Wahnsinn und Gesellschaft (1993 [1961]), Die Geburt der Klinik (1973 [1963]), Die Ordnung der Dinge (1974 [1966]), Archäologie des Wissens (1981 [1969]) sowie Die Ordnung des Diskurses (2003 [1972]). 11 Die Werke, in denen sich Foucault hauptsächlich mit dem Thema Macht befasst, sind Die Macht der Psychiatrie (2005b [2003]), Die Anormalen (2007 [1999]),
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und der Ethik des Selbst12 verbinden sich die drei großen Entwicklungsabschnitte des foucaultschen Werkes.« (ebd.) Foucault versuchte also, »drei große Problemtypen auszumachen: das Problem der Wahrheit, das Problem der Macht und das Problem der individuellen Verhaltensführung« (Foucault 2005a: 860). Innerhalb dieser Phasen lässt sich darüber hinaus ein Wandel von einer archäologischen bzw. kritischen zu einer genealogischen Periode nachzeichnen. In seinen archäologischen oder auch kritischen Werken untersucht Foucault die fundamentalen Codes einer Kultur, indem er ein sog. Archiv, eine Systematik, in welche sich Aussagen einordnen lassen und die es ermöglicht, dass gerade diese – und keine andere – Aussage getätigt wurde, freizulegen sucht. Im Gegensatz zur Archäologie begnügt sich die Genealogie nicht damit, zu zeigen, wie Aussagemöglichkeiten in bestimmten Kontexten und Zeiten eingeschränkt und dadurch gesteuert werden, sondern mit diesem Ansatz untersucht Foucault, wie neue diskursive Serien entstehen bzw. plötzlich auftauchen – damit kann die Genealogie auch als eine Form historiographischer Analyse verstanden werden (vgl. Foucault 2003: 38 f.). Häufig wird dieser Wandel als ein Wandel seines Fokus von Theorie zu Praxis, von einer diskursanalytischen Phase zu einer Gesellschaftsanalyse bezeichnet, der einen krassen Bruch in seinem Werk markiert; dieser Schnitt im Werk Foucaults wird i.d.R. um das Jahr 1971 gesetzt. Allerdings ist eine strikte Gegenüberstellung einer archäologischen bzw. kritischen und einer genealogischen Phase nicht ohne weiteres aufrechtzuerhalten. Vielmehr sind Archäologie und Genealogie »nie ganz zu trennen« (ebd.: 41), es »müssen sich also die kritischen Beschreibungen und die genealogischen Beschreibungen abwechseln, stützen und ergänzen« (ebd.: 43). Ähnlich verhält es sich mit der Unterteilung des Foucault’schen Werkes in verschiedene Phasen: so halten Raffnsøe u.a. fest, dass eine solche Einteilung zwar eine orientierende Funktion habe, aber »dass die in der etab-
Überwachen und Strafen (1977 [1975]), In Verteidigung der Gesellschaft (1999 [1996]), Sexualität und Wahrheit I: Der Wille zum Wissen (1979 [1976]) und Geschichte der Gouvernementalität I und II (2006a, 2006b [beide 2004]). 12 Diesen Themenkomplex bearbeitet Foucault u.a. in folgenden Werken: Die Hermeneutik des Subjekts (2009 [2001]), Sexualität und Wahrheit II: Der Gebrauch der Lüste (1986 [1984]) und Sexualität und Wahrheit III: Die Sorge um sich (1989 [1984]).
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lierten Rezeption postulierten Grenzen und Einteilungen […] nicht angemessen sind, sondern dass man eher von gleitenden Übergängen und kontinuierlichen Entwicklungen ausgehen muss« (Raffnsøe u.a. 2011: 53). Von solchen Übergängen und gleitenden Entwicklungen muss man auch ausgehen, wenn man sich dem Begriff »Diskurs« im Foucault’schen Œuvre nähert: So ist der Diskursbegriff in der Archäologie des Wissens nicht gleichzusetzen mit dem Diskursverständnis in Die Ordnung des Diskurses oder an anderen Stellen seines Werkes – Foucault selbst räumt »die wilde Benutzung der Termini Aussage, Ereignis, Diskurs durch mich« (Foucault 1981: 48) ein.13 An dieser Stelle soll allerdings kein Überblick über die »mäandrierenden Verwendungsweisen« (Parr 2008: 233) des Foucault’schen Diskursbegriffs erstellt,14 sondern zentrale Aspekte bzw. Grundzüge eines sich an den genannten Werken orientierenden Diskursverständnisses herausgearbeitet werden. Nicht ausschließlich, aber insbesondere in der Archäologie des Wissens – »innerhalb des Foucault’schen Œuvres nimmt die 1969 erschienene Archäologie des Wissens eine Sonderstellung ein. Sie ist als einziges seiner größeren Bücher keine historische Abhandlung, sondern der Versuch einer umfassenden methodologischen Standortbestimmung in Hinblick auf seine früheren Arbeiten« (Kammler 2008: 51) – sowie in Die Ordnung des Diskurses – der Antrittsrede Foucaults aus dem Jahr 1970 anlässlich seiner Berufung an das Collège de France, in der der Autor eine »theoretische Ortsbestimmung des Diskurses im Beziehungsgeflecht der Gesellschaft« (Sellhoff 2008: 63) erarbeitet – nimmt der Diskursbegriff bei Foucault eine »absolut zentrale Stellung ein« (Ruoff 2007: 92).
13 Diese Einschätzung soll ein Zitat illustrieren. Foucault beschreibt Diskurs wie folgt: »[…] einmal allgemeines Gebiet aller Aussagen, dann individualisierbare Gruppe von Aussagen, schließlich regulierte Praxis, die von einer bestimmten Zahl von Aussagen berichtet; und habe ich nicht das gleiche Wort Diskurs, das als Grenze und als Hülle für den Terminus Aussage hätte dienen sollen, variieren lassen, je nachdem ich meine Analyse oder ihren Anwendungspunkt verlagerte und die Aussage selbst aus dem Blick verlor?« (Foucault 1981: 116) 14 Parr verzichtet an dieser Stelle ebenfalls auf einen solchen Überblick und verweist auf eine Übersicht bei Ruoff (vgl. Ruoff 2007: 100 f.).
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2.
Zum Diskursverständnis der vorliegenden Arbeit
Anschließend an die Arbeiten Foucaults – insbesondere an die Archäologie des Wissens (1981) sowie Die Ordnung des Diskurses (2003) – hat sich insbesondere im Rahmen der Sozialwissenschaften, der Politikwissenschaft, der Cultural und Gender Studies sowie in den Sprachwissenschaften und der Linguistik eine zunehmende Beschäftigung mit dem Diskursbegriff und einer daran orientierten – wie im Einzelnen auch immer gearteten – Diskursanalyse entwickelt. Selbst innerhalb der Sozialwissenschaften gibt es etliche unterschiedliche Auslegungen des Diskursbegriffs. Eine Bestimmung des Diskursbegriffs, wie er konstitutiv für diese Arbeit ist, soll daher im Folgenden – sowohl unter Bezugnahme auf die beiden oben beschriebenen Werke Foucaults als auch auf die sozialwissenschaftliche Sekundärliteratur – grob nachgezeichnet werden. Der Diskursbegriff ersetzt bei Foucault den von ihm zuvor gebrauchten Begriff der Episteme. Dieser Begriff stammt vom Griechischen ἐπιστήμη und bedeutet soviel wie Wissen oder auch Wissenschaft. Unter Epistemen versteht Foucault die Bedingungen der Möglichkeit von Wissen bzw. »Wahrheit« innerhalb einer bestimmten Epoche. Oder anders formuliert: Episteme sind so etwas wie Wissens- oder Denkweisen, die zu einer bestimmten Zeit in einer bestimmten Kultur gültig sind – und die sich auf sprachlicher Ebene zeigen (vgl. Raffnsøe u.a. 2011: 192). Foucault untersucht damit die Bedingungen, unter denen etwas zu einer bestimmten Zeit gedacht und gesagt werden kann. Insofern können Episteme als das historische Apriori von Diskursen und sich darin begründendem Wissen oder als Positvität, als »Realitätsbedingungen für Aussagen« (Foucault 1981: 184), bezeichnet werden. Der Begriff Diskurs ist zunächst einmal als ein sozialwissenschaftliches Konstrukt zu verstehen. Diskurse sind soziale Praktiken, die sich der Sprache als symbolischer Form im Ringen um gesellschaftliche Deutungshoheit bedienen, dabei aus einem gesellschaftlichen Vorrat an Möglichkeiten schöpfen und als soziale Normen angesehen werden können (vgl. Frings/Marx 2005: 93). Jäger definiert Diskurs als »›Fluss von ›sozialen Wissensvorräten‹ durch die Zeit‹, der aus der Vergangenheit kommt, die Gegenwart bestimmt und in der Zukunft in wie auch immer modifizierter Form weiterfließt« (Jäger 1999: 136, Herv. im Orig., H.R.). Keller beschreibt Diskurse als »institutionalisierte, nach verschiedenen Kriterien ab-
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grenzbare Bedeutungsarrangements, die in spezifischen Sets von Praktiken (re)produziert und transformiert werden« (Keller 2008: 205). Wie aber sind Diskurse bei Foucault im Einzelnen zu bestimmen? Was sind ihre Besonderheiten? Foucaults Fokus richtet sich bei der Betrachtung von Diskursen auf das Feld der Wissenschaft15 – auf die Psychologie, die Medizin, die Geisteswissenschaften – als Orte, an denen Diskurse entstehen, verankert sind und sich fortspinnen (vgl. Keller 2011a: 44): »Und gibt es ein anderes Gebiet, in dem die diskursiven Ereignisse besser und nach besser entzifferbaren Relationen miteinander verbunden scheinen als in jenem, das man im allgemeinen mit dem Terminus Wissenschaft bezeichnet?« (Foucault 1981: 46) Dabei geht er insbesondere der Frage nach, was eine wissenschaftliche Disziplin in der Zeit ermöglicht hat (vgl. ebd.: 255) oder mit anderen Worten: Wie wird etwas, das zunächst fraglos akzeptiert bzw. nicht weiter beachtet wurde, zu einem Problem? Es geht dabei um die Frage nach der Organisation eines wissenschaftlichen Feldes. Ziel ist es zu zeigen, »wie sich eine Wissenschaft ins Element des Wissens einreiht und funktioniert« (ebd.: 263). Es gilt dabei jedoch zu betonen, dass es weniger um Wissenschaft an sich geht als um Wissen bzw. die Strukturen des Wissens, die einem bestimmten Feld zugrundeliegen, es funktionieren lassen (vgl. ebd.: 278). Darüber hinaus handelt es sich immer auch um die Frage »nach den Entwürfen von Normalität in wissenschaftlichen Diskursen« (Verdicchio 2012: 107). Diskurse entfalten Wirksamkeit, »die weit über den wissenschaftlichen Kontext hinausgeht und das Verhältnis von Individuum und gesellschaftlichen Institutionen verändert« (ebd.: 108).16 Die Foucault’sche Diskurstheorie steht der traditionellen Ideengeschichte damit geradezu diametral entgegen: Während die Ideengeschichte von einem cogito ausgeht, argumentiert Foucault auf der Ebene des »man sagt« (Foucault 1981: 178). Aus dieser Perspektive geht es nicht um das,
15 Dass der Foucault’sche Fokus auf Diskurse sich auf die Wissenschaften richtet, heißt im Gegenzug nicht, dass sich Diskurse nur innerhalb dieser etablieren würden (vgl. Foucault 1981: 255). 16 Problematisch an dem weiten Diskursbegriff, den Foucault propagiert, ist: »Wenn man unter Diskurs neben verschiedenen Formen der Äußerung auch Praktiken und Materialitäten versteht, bleibt nicht mehr viel, was der Begriff nicht bezeichnet.« (Verdicchio 2012: 109)
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was gesagt wird, sondern darum, welchen Regeln oder Strukturen das Gesagte unterliegt. Von diesem Standpunkt aus verwehrt Foucault sich gegen die Vorstellung eines schöpferischen, souveränen Subjekts (vgl. ebd.: 198 f.). Er verweist auf eine »sehr alte Eliminierung der Realität des Diskurses« (Foucault 2003: 31), auf eine Angst des Abendlandes vor dem Diskurs (vgl. ebd.: 33), die einem Unbehagen in Bezug auf die Idee eines wirkmächtigen Diskurses entspringt, welche der traditionellen Ideengeschichte mit ihrer Vorstellung von einem begründenden, schöpferischen Subjekt entgegensteht:17 »Nun ist aber die archäologische Beschreibung gerade die Preisgabe der Ideengeschichte, die systematische Zurückweisung ihrer Postulate und Prozeduren, der Versuch, eine ganz andere Geschichte dessen zu schreiben, was die Menschen gesagt haben.« (Foucault 1981: 197) »Die Beschreibung der diskursiven Ereignisse stellt eine völlig andere Frage: wie kommt es, daß eine bestimmte Aussage erschienen ist und keine andere an ihrer Stelle?« (ebd.: 42) Foucault geht es also nicht um das Verstehen, das Nachvollziehen subjektiv gemeinten Sinns einer Aussage, sondern um die Rekonstruktion der dieser Aussage zugrundeliegenden, gleichsam vorgängigen Strukturen, die eine Aussage zu einer bestimmten Zeit in einem bestimmten Kontext funktionieren und als »wahr« erscheinen lassen: »Gegen diesen Köder der Tradition, gegen dieses verlockende ›Verstehen‹ setzt Foucault die Annahme, dass das, was einen Text im historischen Zeitpunkt X hat funktionieren lassen, das heißt, ihn fähig machte, Aussagen zu generieren, die als ›wahr‹ empfunden wurden, auf einer Reihe von Regeln, von Kategorien und Ordnungsmustern basierten, die ihn als Teil einer Serie ähnlicher Texte auszeichnen und strukturieren.« (Sarasin 2008: 15)
Foucault bezeichnet »Diskurse als geregelte und diskrete Serien von Ereignissen« (Foucault 2003: 38) bzw. eine »Menge von Aussagen, die einem gleichen Formationssystem zugehören« (ebd.), also durch dieselben Strukturen und Regeln definiert werden. Dabei sind Ereignisse als Aussageereignisse bzw. »Ensembles diskursiver Ereignisse« (ebd.: 37) zu verstehen,
17 Das Subjekt ist bei Foucault nicht vollkommen determiniert. Die Unabgeschlossenheit von Diskursen verweist auf Möglichkeiten des performativen Handelns bzw. Eingreifens von Subjekten (vgl. Bublitz 2011: 276).
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welche i.d.R. sprachlicher Natur sind.18 Sprache bzw. sprachliches Handeln wird in diesem Zusammenhang verstanden als soziale Praxis. Insofern sind Diskurse »nicht als Gesamtheiten von Zeichen (von bedeutungstragenden Elementen, die auf Inhalte oder Repräsentationen verweisen), sondern als Praktiken zu behandeln, die systematisch die Gegenstände bilden, von denen sie sprechen« (Foucault 1981: 74). Unsere Welt ist überwiegend sprachlich organisiert, also diskursiv begründet (vgl. Keller 1997: 315): »Mit Sprache bringen wir die Welt ›auf den Begriff‹; mit ihr regeln wir weitgehend die sozialen Beziehungen« (Klein 2010: 7) – Wissen bzw. »Wahrheit« werden durch Sprache erst verfügbar. Insofern geht aus Diskursen Wissen hervor (vgl. Bormann 2011: 224), sie »können […] als Orte der Erzeugung, Nutzung und Legitimation von Wissen betrachtet werden« (ebd.). Sie sind damit als kollektiv verbindliche und institutionalisierte Wissensordnungen bzw. Sinnsysteme zu verstehen, deren (Re-)Produktion gewissen Regeln folgt und bestimmten Ressourcen unterliegt. Diskurse sind damit Prozesse der Sinnzuschreibung und -stabilisierung oder »Prozesse der Erzeugung, Stabilisierung und auch Transformation gesellschaftlicher Wissensordnungen« (Keller 2011a: 10) und damit »konstitutiv für ›das Soziale‹ und ›die Gesellschaft‹« (Bublitz 2003: 81). Dies verweist auf ein weiteres Merkmal von Diskursen: es handelt sich um öffentliche Güter, welche dementsprechend auch nur in öffentlichen Auseinandersetzungen produziert werden können (vgl. Schwab-Trapp 2006: 265 f.). Diese diskursiven Auseinandersetzungen – dieser Aspekt verweist wiederum auf die Tatsache, dass Diskurse umkämpfte Territorien darstellen – »finden in mehr oder weniger öffentlichen Arenen statt, die als diskursive Felder den Akteuren dieser Auseinandersetzungen spezifische Rollen zuweisen, ihre Zugangschancen zum Diskurs begrenzen und ihre
18 Aussagen werden als die elementare Einheit des Diskurses bezeichnet. Foucault tut sich allerdings schwer damit, diese näher zu bestimmen (vgl. Foucault 1981: 126). Während im Rahmen der vorliegenden Arbeit Aussagen lediglich als sprachliche Aussagen, die sich in Texten manifestieren, betrachtet werden, hat Foucault das Verständnis von Aussagen selbst auch auf nicht-sprachliche Ereignisse ausgeweitet, so dass auch bildliche oder symbolische Aussagen (Kleidung, Architektur etc.) als diskursive Aussagen betrachtet und analysiert werden können.
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diskursiven Möglichkeiten vorstrukturieren« (Schwab-Trapp 2011: 37, Herv. im Orig., H.R.). Die TrägerInnen solcher Auseinandersetzungen sind in der Regel sog. diskursive Eliten: »Sie verfügen über Zugang zur Öffentlichkeit, können öffentliche Aufmerksamkeit binden, Unterstützung mobilisieren und Zustimmung abrufen.« (ebd.: 36) Erst durch DiskursakteurInnen werden Diskurse lebendig. Diese sprechen allerdings weniger als Individuen, sondern als Mitglieder bestimmter Gruppen, z.B. einer Scientific Community, im Rahmen derer Konventionen vorherrschen, die Verstehen und Verständigung untereinander erst ermöglichen.19 So orientieren sich Diskursgemeinschaften aneinander, häufig gibt es mehr oder weniger lose strukturierte Kollektive, die jeweils für bestimmte Diskurspositionen stehen (vgl. ebd.: 37). In einem Diskurs gibt es unterschiedliche Diskurspositionen, etwa hegemoniale, gegenhegemoniale und randständige, die unterschiedlich wirkmächtig sind. Link bezeichnet dieses Phänomen als »Paradox entgegengesetzter Diskurspositionen im gleichen Diskurs« (Link 2006: 426). Um Eingang in einen Diskurs zu finden, müssen diskursive Beiträge bestimmten Regeln und Konventionen entsprechen. Diese Regeln und Konventionen differieren je nach Art des diskursiven Feldes: Die Regeln für die Produktion von Diskursbeiträgen für den Alltagsdiskurs unterschei-
19 Im Rahmen der Diskurstheorie geht es weniger um die subjektive Bedeutung einer Aussage, die ein/e individuelle/r SprecherIn tätigt, sondern um den Status einer Sprecherin/eines Sprechers bzw. um die Beschreibung des institutionellen Platzes, von dem aus gesprochen wird. Damit wird Bezug genommen auf Foucaults ablehnende Haltung einem konstitutiven Subjekt gegenüber. Zwar räumt er ein: »Es wäre sicherlich absurd, die Existenz des schreibenden und erfindenden Individuums zu leugnen« (Foucault 2003: 21), aber die Foucault’sche Diskurstheorie fokussiert die/den VerfasserIn einer Aussage nicht so sehr als StifterIn von Sinn, sondern als diskursiven Regeln und Formationen unterworfenes, nichtsdestotrotz aktives Subjekt: »In western societies, of course, we are usually keen to think in terms of individual authors as the makers of documents. And individual authors are, indeed, important figures, but as I will illustrate with the following examples, the author as subject is only one side of a many-sided phenomenon. Indeed, following Foucault (1979 [Foucault: What is an author?]), we are far better off thinking in terms of an ›author-function‹, rather than an author as subject.« (Prior 2006: 11)
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den sich von denen für Spezialdiskurse, z.B. wissenschaftliche Diskurse20, dadurch, dass die Kommunikation in öffentlichen Diskursen – und dazu gehören auch wissenschaftliche Spezialdiskurse – im Gegensatz zur Alltagskommunikation als »gereinigt« bezeichnet werden kann (vgl. Wrana 2006: 148). Durch Wiederholungen werden Diskurse stabilisiert und damit nach und nach zu »Wahrheit« bzw. »Wissen« (vgl. Wrana/Langer 2007: 23): Sprachliches Wissen wird verbreitet, wiederholt und verfestigt sich dadurch. Mit der Zeit entstehen dann kognitive »Trampelpfade« (vgl. Keller/Kirschbaum 2003: 130 ff.): Verfestigungen von Deutungen bzw. Konventionalisierungen im Diskurs. »Jede diskursive Praxis wird als eine sichtbar, die andere diskursive Praktiken gebraucht, sie zitiert, wieder aufgreift und transformiert. Es gibt keinen Nullpunkt der Determinationslinie, von dem her sich eine kausale Explanation der sozialen Welt entfalten lässt, weder ›dem Diskurs‹ noch ›den Praktiken‹. Weder ›dem Handeln‹ noch ›dem Wissen‹ kommt das Privileg einer primären Wirklichkeitskonstitution zu.« (Wrana 2012: 192)21
Damit verweist jeder Begriff »unausgesetzt auf andere; er verdankt sich einem dichten, sich fortwährend verändernden Gewebe von Bezügen und erhält seine spezifischen Konturen erst über die Differenz zu anderen Begriffen« (Rieger-Ladich 2012: 57).
20 Diskursfelder haben fließende Grenzen, d.h. sie sind nicht ohne weiteres strikt voneinander zu trennen, vielmehr verhält es sich so, dass z.B. politische Diskurse und Alltagsdiskurse ihren Niederschlag finden in wissenschaftlichen Diskursen und dass wissenschaftliche Diskurse auch in Alltagsdiskursen oder politischen Diskursen aufgegriffen werden. Das liegt in dem begründet, was Michel Pêcheux als »Interdiskurs« bezeichnet: ein Diskurs beschränkt sich meist nicht auf einen homogenen Bereich, sondern er ist vielmehr verstreut und findet auf verschiedenen Diskursebenen statt (vgl. Keller 2005b: 66). Damit wird deutlich, dass man immer nur Bruchstücke von Diskursen bzw. Diskursfragmente betrachtet, die – Stein an Stein – wie ein Mosaik zusammengesetzt werden können und einen Eindruck von einem größeren Bild geben. 21 Wrana nimmt an dieser Stelle Bezug auf den Begriff der Iterabilität aus der Diskurstheorie Judith Butlers und Jacques Derridas (vgl. Wrana 2012: 192).
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Allerdings müssen Diskurse nicht dauerhaft gültig bleiben, sondern können sich auch verändern. Wissensbestände sind nicht für immer wahr und gültig, sondern umkämpft und damit zerbrechlich und kontingent (vgl. Hof 2009: 26). Insofern müssen Sinngebungen immer wieder aufs Neue erfolgen; sie können niemals als verbindlicher Geltungsbestand vorausgesetzt werden (vgl. Schäfer 2011: 92). Zwar haben Diskurse kein »Verfallsdatum«, zu dem die Inhalte neu festgelegt werden müssen, dennoch verändern sie sich von Zeit zu Zeit bzw. bleiben unverändert bestehen (vgl. Haslinger 2005: 51). Diskurse stellen also keine stabilen Konstrukte dar, sondern sind variabel. Die dynamische Natur von Diskursen zeichnet sich dadurch aus, dass sie ständigen Veränderungen unterworfen sind; sie sind als offen, instabil und veränderbar zu bezeichnen (vgl. Bublitz 2003: 50). Damit wird zugleich die Historizität von Wissen und »Wahrheit« deutlich: das so bestimmte Diskurskonzept untergräbt die Vorstellung letzter, fragloser Werte und betont hingegen die Offenheit und Unabgeschlossenheit von Geschichte (vgl. ebd.: 25). Somit lassen Diskurse aufgrund ihrer Instabilität auch Räume des Anderen, Widerständigen und damit die Möglichkeit für Veränderung und Wandel zu. Dabei spielen insbesondere die Randzonen eines Diskurses eine wichtige Rolle, etwa Unregelmäßigkeiten oder Widersprüche (vgl. Foucault 1981: 205). Wie und in welche Richtung Diskurse sich entwickeln, ist nicht vorherzusagen, sondern kann lediglich im Nachgang empirisch nachvollzogen und analysiert werden. Diskurse existieren nicht an sich, sondern werden im Sprechen erst hergestellt – damit verweist Foucault auf den Konstruktionscharakter von Diskursen: Sie sind sprachliche »Werkzeuge«, mit denen auf geregelte Art und Weise soziale Gegenstände gebildet werden. Damit sind zwei wesentliche Aspekte des Foucault’schen Diskursverständnisses benannt: Diskurse werden erstens sprachlich bzw. semiotisch hergestellt und entfalten zweitens ihre Wirkmächtigkeit durch eine gewisse Regel- bzw. Musterhaftigkeit. Die Wirkmächtigkeit von Diskursen verweist darauf, dass »Diskurs« bei Foucault ein gefährliches Gut ist, das mit bestimmten Kräften begabt ist und in Verbindung mit Macht und Begehren steht (vgl. Koller/Lüders 2004: 63): Der Diskurs »ist dasjenige, worum und womit man kämpft; er ist die Macht, derer man sich zu bemächtigen sucht« (Foucault 2003: 11). Diskurse sind wirkmächtig, weil sie Wissen und damit Macht produzieren, Objekte und Subjekte des Wissens gleichermaßen hervorbringen: »Die Macht des
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Diskurses besteht also in seiner Regelhaftigkeit, in seiner Verknappung und dabei im besonderen Maße in seiner Produktion von Wahrheit.« (Truschkat 2008: 41) Ausschließung, Reglementierung und Regulierung – kurz: die Kontrolle des Diskurses – sind dabei die wichtigsten Diskurseffekte. Foucault formuliert: »Ich setzte voraus, dass in jeder Gesellschaft die Produktion des Diskurses zugleich kontrolliert, selektiert, organisiert und kanalisiert wird – und zwar durch gewisse Prozeduren, deren Aufgabe es ist, die Kräfte und die Gefahren des Diskurses zu bändigen, sein unberechenbar Ereignishaftes zu bannen, seine schwere und bedrohliche Materialität zu umgehen« (Foucault 2003: 10 f.),
gleichsam das unkontrollierte Wuchern des Diskurses zu bannen. Foucault beschreibt unterschiedliche Prozeduren der Diskurskontrolle, darunter Verbote, Einschränkungen, Ausgrenzungen und Ausschließungen.22 Das Beispiel der Verknappung der sprechenden Subjekte – als Prozedur der Kontrolle des Diskurses – soll dies exemplarisch illustrieren: »Niemand kann in die Ordnung des Diskurses eintreten, wenn er nicht gewissen Erfordernissen genügt, wenn er nicht von vornherein dazu qualifiziert ist.« (ebd.: 26) Rituale, etwa die Verleihung akademischer Titel, bestimmen etwa die Qualifikation, die notwendig ist, um in einem Diskurs zu Wort zu kommen. Insofern geschieht die Produktion von Diskursen i.d.R. im Rahmen von einschränkenden »Diskursgesellschaften« (ebd.: 28), denen nicht jeder »einfach so« beitreten kann. »Es ist [zwar, H.R.] immer möglich, daß man im Raum eines wilden Außen die Wahrheit sagt; aber im Wahren ist man nur, wenn man den Regeln einer diskursiven ›Polizei‹ gehorcht, die man in jedem seiner Diskurse reaktivieren muß« (ebd.: 25) – heißt: jemand, der den Regeln des Diskurses nicht gehorcht, z.B. aus einer nicht-legitimen Position spricht, weil er nicht zur Diskursgesellschaft gehört, muss schlicht und einfach damit rechnen, kein Gehör zu finden, befindet sich also im »wilden Außen«. Und sich außerhalb herrschender Diskurslogiken zu bewegen –
22 Foucault unterscheidet zwischen solchen Ausschließungsprozeduren, die von außen wirken (Verbote, Einschränkungen, Ausgrenzungen und Ausschließungen) und internen Ausschließungsprozeduren (Klassifikations-, Anordnungsund Verteilungsprinzipien) (vgl. Foucault 2003: 17 ff.).
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und dabei auch gehört zu werden! –, ist ausgesprochen schwierig (vgl. Bruns 2005: 114). Das Problem besteht an dieser Stelle darin, dass man in einem spezifischen Kontext anderen seine Wahrheit auch »wahrmachen« können muss. Dieser Prozess des »Wahrmachens« ist mit Macht verbunden – so sind nicht alle diskursiven Praktiken bzw. Aussagen in gleicher Weise wirkmächtig – bspw. gibt es Unterschiede in Bezug auf die SprecherInnenpositionen in Diskursen: Nicht jeder ist berechtigt, sich zu äußern bzw. sich Gehör zu verschaffen. Es gibt also Grenzen des Sagbaren in Diskursen: nicht alles, was gesagt werden kann, wird auch gesagt bzw. als »wahr« anerkannt. Und nicht jeder, der spricht, wird im Diskurs auch erhört. Die oben beschriebenen Ausschließungsprozeduren stützen sich zudem »auf eine institutionelle Basis und werden dadurch in institutionalisierter Weise reproduziert: er [der Wille zur Wahrheit, H.R.] wird zugleich verstärkt und ständig erneuert von einem ganzen Geflecht von Praktiken wie vor allem natürlich der Pädagogik, dem System der Bücher, der Verlage und der Bibliotheken, den gelehrten Gesellschaften einstmals und den Laboratorien heute. Gründlicher noch abgesichert wird er zweifellos durch die Art und Weise, in der das Wissen in einer Gesellschaft eingesetzt wird, in der es gewertet und sortiert, verteilt und zugewiesen wird.« (Foucault 2003: 15)
Somit stellt auch jedes Erziehungssystem eine »politische Methode [dar, H.R.], die Aneignung der Diskurse mitsamt ihrem Wissen und ihrer Macht aufrechtzuerhalten oder zu verändern« (ebd.: 30). Ähnlich wie bei Bourdieu, der den Sprachgebrauch in seiner Theorie der Felder als symbolischen Kampf um Deutungsmacht bezeichnet (vgl. Keller 2011a: 36 f.), zeigt sich auch im Anschluss an Foucault die Funktion von Diskursen als herrschaftslegitimierende und -sichernde Technik. Damit wird deutlich, inwiefern Sprache als »Medium einer Machtordnung« (Bublitz 2003: 31) zu verstehen ist, denn Wissen und Macht verschränken sich im Diskurs miteinander.
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3.
Empirische Diskursforschung23
Zwar arbeitet Foucault in der Archäologie des Wissens und Die Ordnung des Diskurses explizit diskurstheoretisch, ein konkretes methodisches Vorgehen hat er jedoch nie beschrieben – und es ist aus seinen Ausführungen auch nicht ohne weiteres ersichtlich. Vielmehr ist die Entstehung der Foucault’schen Diskursanalyse »ein einigermaßen rätselhafter Vorgang« (Sarasin 2006: 115). Die Diskurstheorie Foucaults zeigt allenfalls eine vage Richtung auf, wie Diskursanalysen vorzunehmen sind, sie entbehrt aber einer systematischen Vorgehensweise im Sinne eines Leitfadens (vgl. Kajetzke 2008: 97). »Dennoch lassen sich aus den von ihm durchgeführten materialen Analysen einige typische Arbeitsschritte abstrahieren.« (Parr 2008: 236) Ausgangspunkt für Diskursforschung und die Analyse von Diskursen ist die Frage, wie innerhalb der Vielfalt an möglichen Aussagen bzw. Aussageereignissen Ordnung entsteht. Die Aufgabe von DiskursforscherInnen bzw. -analytikerInnen besteht darin, diese Ordnung bzw. die dieser Ordnung zugrundeliegenden Strukturen sowie deren Regelmäßigkeiten nachzuzeichnen. Man kann also sagen, dass es im Rahmen von Diskursforschung darum geht, die »Wahrheitsregeln«, die einen bestimmten Diskurs strukturieren – seine diskursive Formation oder auch sein Formationssystem – freizulegen. »Unter Formationssystem muß man also ein komplexes Bündel von Beziehungen verstehen, die als Regel funktionieren: Es schreibt vor, was in einer diskursiven Praxis in Beziehung gesetzt werden mußte, damit diese sich auf dieses oder jenes Objekt bezieht, damit sie diese oder jene Äußerung zum Zuge bringt, damit sie diesen [o, H.R.]der jenen Begriff benutzt, damit sie diese oder jene Strategie organisiert.« (Foucault 1981: 108)
23 Neben einer empirisch ausgerichteten Diskursforschung – diese steht im Rahmen der vorliegenden Arbeit im Fokus – begann bereits Ende der 1980er Jahre in der Erziehungswissenschaft eine theoretisch-begriffliche Auseinandersetzung mit der Diskurs- und Machttheorie Foucaults (vgl. Truschkat/Bormann 2013: 88).
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In den Vordergrund rückt damit die »Frage nach den strategischen Kalkülen hinter der glatten Oberfläche der Diskurse« (Sarasin 2006: 128). Wie wird Sprache genutzt, was wird als »›sagbar‹ auf Dauer gestellt« (Keller 2005a: 20)? »Es geht Foucault um eine Untersuchung dessen, was ›da‹ ist, was dem Analytiker als Struktur vor Augen liegt – allerdings auf der Ebene der Signifikate, der ›bedeutenden‹ Dinge selbst, der ›Aussagen‹, wie er in der Archäologie des Wissens dann sagen wird, und nicht der Signifikanten, der Sprachzeigen, der Grapheme, des ›Buchstabens‹, wie Lacan sagt.« (Sarasin 2006: 122)
Das heißt, linguistische Mittel helfen bei der Analyse dieser spezifisch historischen Strukturen nur bedingt weiter (vgl. ebd.: 124) Bei sozialwissenschaftlichen Diskursanalysen handelt es sich um Formen der empirischen Untersuchung von Diskursen. Dabei geht es um die Analyse gesellschaftlich durchgesetzter Deutungen und Wissensangebote und deren Wandel im Laufe der Zeit. Als Leitfrage steht das Problem der Bedingungen für Aussagemöglichkeiten und -unmöglichkeiten im Zentrum des Interesses.24 Folgende Aspekte stehen dabei nach Foucault im Vordergrund: »Erstens welcher Gegenstand bzw. Erkenntnisbereich diskursiv hervorgebracht wird, zweitens nach welcher Logik die Begrifflichkeiten konstruiert werden, drittens wer autorisiert ist, über den Gegenstand zu reden, und schließlich viertens welche strategischen Ziele in einem Diskurs verfolgt werden.« (Bührmann 2005a: 24) Das heißt, die Konstitutionsbedingungen und Machteffekte stehen im Vordergrund des Interesses. So messen Diskursanalysen dem Aspekt der Macht eine wesentliche Rolle bei, fragen bspw. danach, wer autorisiert ist, über einen Gegenstand zu sprechen, von welcher Position aus dies geschieht, wie auf diese Weise Tatsachen produziert werden und welche Effekte diese wiederum zeitigen (vgl. Bührmann 2005b: 244 f.). Untersuchungsgegenstand ist jeweils ein bestimmter Diskurs. Allerdings können Diskurse nicht einfach »beschrieben« werden, sondern werden in bzw. mit der analytischen Arbeit erst konstruiert (vgl. Bublitz u.a.
24 Dadurch unterscheidet sich die sozialwissenschaftliche Diskursanalyse wesentlich etwa von der Inhaltsanalyse oder der dokumentarischen Methode, die den Fokus stärker auf die Analyse subjektiv oder kollektiv gemeinten Sinns legen.
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1999: 15). Insofern ist die Analyse von Diskursen eine Art der Verknappung widerspenstigen Sinns (vgl. Angermüller 2010). Dabei gilt es anzumerken, dass Diskurse sich – anders als im Rahmen der vorliegenden Arbeit – nicht nur in sprachlichen Äußerungen erschöpfen müssen, sondern sich auch auf andersgeartete, nicht-sprachliche Praktiken erstrecken können (dazu zählen bspw. die Praktiken des Betens, des Demonstrierens usw.).25 Es gibt nicht eine spezifische sozialwissenschaftliche Methode der Datenauswertung, sondern Diskursforschung ist eher als ein Oberbegriff für diverse Diskurstheorien und Diskursanalyse-»Methoden« zu sehen. Diskursforschung hat »weder einen geschlossenen Theorieansatz noch ein kanonisiertes methodisches Verfahren« (Wrana 2011: 218). Gekennzeichnet ist dieses Forschungsfeld demnach durch die theoretische und methodische Vielfalt der Ansätze. Unverzichtbar ist jedoch der Rückgriff auf bewährte Methoden qualitativer Sozialforschung. »Die Diskursforschung zeichnet sich dadurch aus, dass sie bestehende forschungspraktische Vorgehensweisen mit anderen methodologischen und theoretischen Bestimmungen kombiniert. Umgekehrt kann sie für etablierte Forschungspraxen wie die objektive Hermeneutik, die Inhaltsanalyse oder die Grounded Theory eine produktive Irritation bilden, da sie zu einer verstärkten Reflexion über das eigene methodologische und theoretische Besteck anhält.« (Wrana 2006: 111)
In den Sozial- und Geisteswissenschaften wurden im Anschluss an Foucaults Arbeiten in den letzten Jahren etliche Zugänge entwickelt, Diskurse methodisch handhabbar zu machen. Insbesondere in den letzten Jahren lässt sich eine gewisse Konjunktur beobachten – es haben sich zahllose »Schulen«26 und Forschungsprogramme ausgebildet, die je unterschiedliche Schwerpunkte in der theoretischen Rahmung und der Analyse diskursiver Felder setzen, die im Einzelnen im Rahmen dieser Arbeit aber nicht im Detail diskutiert werden sollen. Zwar beziehen sich die meisten Vertreter dieser Ansätze auf Foucault – die Vagheit seines Vorgehens hat jedoch zu ei-
25 Vgl. dazu bspw. Keller 2011a: 66. 26 Die Begründer bzw. Vertreter dieser »Schulen« sind neben anderen Keller (2011b), Jäger (2001), Link (1999). Eine Übersicht über diese verschiedenen »Schulen« bietet bspw. Keller 2011a: 20 ff.
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ner extremen Vielgestaltigkeit der Praxis der Diskursforschung geführt: »Auch insgesamt hat sich über Disziplingrenzen hinweg die Diskussion zu theoretischen Grundlegungen und methodischen Vorgehensweisen der Diskursforschung in den letzten Jahren erheblich verbreitert.« (Keller u.a. 2008: 7) Zudem lässt sich konstatieren, dass die Zugänge nicht nur nach disziplinärem Kontext, sondern vor allem auch nach der je konkreten Fragestellung sowie dem Erkenntnisinteresse sehr differieren können. Die Herausforderung der Diskursforschung besteht – das kann generell festgehalten werden – darin, Theorie und Methode kompatibel und konsistent zusammenzubringen, ein adäquates Passungsverhältnis zwischen theoretischen Grundprämissen und Methodik zu erarbeiten (vgl. Wrana 2011). So weisen auch Klemm/Glasze darauf hin, »dass jede von FOUCAULT inspirierte Diskursanalyse immer wieder neu vor der Problematik steht, einen methodischen Apparat für die Analyse entwerfen zu müssen« (Klemm/ Glasze 2004: 8, Herv. im Orig., H.R.), dass das »Instrumentarium für die Analyse direkt am Gegenstand der Untersuchung zu entwickeln [sei, H.R.]« (ebd.).27
27 Ähnlich wie bei Dokumentenanalysen werden bei Diskursanalysen die zu untersuchenden Texte als Träger von Informationen betrachtet. Es geht bei der Analyse also um die Erschließung von Material, das i.d.R. von der/dem Forschenden selbst nicht geschaffen werden muss – Ausnahmen bilden Analysen, welche bspw. selbst erhobene Interviews oder Beobachtungsskizzen auswerten. Diese Dokumente werden als Zeugnisse sozialer Praktiken, die innerhalb eines spezifischen kulturhistorischen und historischen Kontextes entstanden sind und unter Berücksichtigung dessen auch interpretiert werden müssen, betrachtet (vgl. Hoffmann 2012: 396 f.). Aus diesem Grund müssen sie kontextualisiert bzw. gerahmt werden und dadurch von der/dem Forschenden aktiviert, zum Sprechen gebracht werden (vgl. ebd.: 403). Es gilt dabei zu beachten, dass Dokumente nicht einfach verschriftlichte »Tatsachen« darstellen, sondern vielmehr als »eigenständige methodische und situativ eingebettete Leistungen ihrer Verfasser (bei der Rezeption, auch ihrer Leser) anzuerkennen und als solche zum Gegenstand der Untersuchung zu machen« (Wolff 2007: 504, Herv. im Orig., H.R.) sind.
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4.
Erziehungswissenschaftliche Diskursforschung und eigene Perspektive
In der Erziehungswissenschaft spielt die Rezeption der Arbeiten Michel Foucaults schon seit längerer Zeit eine wichtige Rolle. Nicht nur seine Analysen zur Gouvernementalität (2006a; 2006b), sondern auch seine Arbeiten zu Die Ordnung des Diskurses (2003) oder zur Archäologie des Wissens (1981) bieten zahlreiche Anknüpfungspunkte für Analysen aus dem Bereich der Erziehung und Bildung und werden für Untersuchungen im Feld der Erziehungswissenschaft, z.B. zur Analyse selbstgesteuerter Lernprozesse (Forneck 2005; Wrana 2006), fruchtbar gemacht.28 Die Zahl diskursorientierter Arbeiten im Rahmen der Erziehungswissenschaft ist in den letzten Jahren wesentlich in die Höhe geschnellt: Neben etlichen methodologisch-methodischen Einführungen zu unterschiedlich ausgestalteten Diskursanalysen sind auch viele Untersuchungen erschienen, die konkrete Fragestellungen unter Zuhilfenahme des diskursanalytischen Methodenrepertoires betrachten bzw. umgekehrt das diskursanalytische Methodenrepertoire auf zum Teil sehr unterschiedliche pädagogische Gegenstände anwenden. Im Folgenden sollen einige dieser – exemplarisch ausgewählten – Arbeiten knapp vorgestellt werden, um die Bandbreite und Vielfalt erziehungswissenschaftlicher Diskursforschung – in Bezug auf den thematischen Zuschnitt wie auf die empirisch-methodische Umsetzung – zu illustrieren. Im pädagogischen Diskurs finden sich diskursanalytische Arbeiten neben der allgemeinen Erziehungswissenschaft u.a. auch in der Sozialpädagogik und der Pädagogik der frühen Kindheit, der Schulforschung sowie der Erwachsenenbildung (vgl. Truschkat/Bormann 2013: 92 ff.). Viele der Studien nehmen Gegenstände in den Blick, die nicht nur erziehungswissenschaftlich relevant sind, sondern zudem über eine aktuelle öffentlichgesellschaftliche und vor allen Dingen (bildungs-)politische Brisanz verfügen. Exemplarisch dafür steht die Arbeit von Fegter (2012), die die öffentlich-mediale Aufmerksamkeit für Jungen im Kontext von Bildung und Erziehung fokussiert. Zu nennen ist an dieser Stelle auch die Arbeit von Bor-
28 Einen sehr detailreichen Überblick über verschiedene erziehungswissenschaftliche – empirische wie theoretische – Zugänge zur Diskursforschung aus der Perspektive verschiedener Teildisziplinen legen Truschkat/Bormann (2013) vor.
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mann (2011), die das Thema Innovation und Innovationstransfer im Feld von Bildung und Erziehung diskursanalytisch bearbeitet, und nicht zuletzt ist in diesem Zusammenhang auch auf die Arbeit Rothes zum Lebenslangen Lernen hinzuweisen (2011). Bezüglich der methodischen Orientierung bzw. Ausrichtung herrscht auch im Feld der erziehungswissenschaftlichen Diskursforschung eine immense Vielfalt vor: Neben dem Forschungsprogramm der Wissenssoziologischen Diskursanalyse nach Keller, an dem die hier vorliegende Analyse ebenfalls ausgerichtet ist, bietet bspw. der Ansatz der thematischen Diskursanalyse Orientierung bei der empirischen Rekonstruktion von Diskursen (Höhne/Kunz/Radtke 2005). Kossack (2006) unternimmt eine dekonstruktive Analyse des Diskurses zum Lernen und zur Lernberatung in der Erwachsenenbildung. Einige Studien kombinieren das diskursanalytische Vorgehen mit anderen Zugängen der empirischen Sozialforschung, etwa der Ethnographie (Langer 2008) oder der Biographieforschung (Freitag 2005) bzw. erweitern Diskursanalysen zu Dispositivanalysen (Truschkat 2008). Diese und weitere Studien bieten – trotz ihrer methodischen Vielfalt – für die vorliegende Untersuchung etliche wertvolle Orientierungen und Anregungen nicht nur theoretischer, sondern insbesondere methodologischer wie methodischer Ausrichtung. Dennoch ist darauf zu verweisen, dass das methodische Vorgehen an die jeweilige Fragestellung und das Datenmaterial jeder Untersuchung anzupassen ist – keine der genannten Studien arbeitet etwa mit einem Datenkorpus, dessen Untersuchungszeitraum sich – wie das der vorliegenden Untersuchung – über vier Dekaden hinweg erstreckt. Ideen für den schlüssigen Umgang mit einem solch umfassenden Untersuchungszeitraum können sich daher nur sehr grob an bereits existierenden Arbeiten orientieren. Was die thematische Ausrichtung anbelangt, kann an eine Studie von Moll u.a. (2014) angeschlossen werden, die das Feld der Wissenschaftsforschung ebenfalls mit einem diskursanalytischen Vorgehen verknüpft und darüber hinaus das methodische Vorgehen an der Wissenssoziologischen Diskursanalyse nach Keller orientiert. Allerdings setzt diese Studie – im Unterschied zur vorliegenden Untersuchung – bei der Frage nach dem Verhältnis von wissenschaftlicher und öffentlicher Wissensproduktion an und verfolgt damit einen anderen Ansatz der Wissenschaftsforschung.
Teil II: Forschungsperspektive und methodisches Vorgehen
»Um sich zu vergewissern, ob mit der Methode auch das herausgearbeitet werden kann, was die Ausgangsfragestellung gegenstands- und grundlagentheoretisch impliziert, bedarf es […] einer Methodologie, d.h. einer zumeist wissenschaftstheoretisch abgesicherten ›Logik‹ der Methode.« (Dörner/ Schäffer 2012: 18, Herv. im Orig., H.R.) Nachdem im vorigen Teil der Arbeit die erkenntnistheoretischen Grundlagen für eine diskursanalytisch orientierte Wissenschaftsforschung gelegt wurden, soll in diesem Teil der methodologische und methodische Fokus der Untersuchung vorgestellt werden. Diese orientieren sich am Forschungsprogramm der Wissenssoziologischen Diskursanalyse nach Reiner Keller (Keller 2007a; 2011a; 2011b). Die Entscheidung für eine Vorgehensweise im Anschluss an die Wissenssoziologische Diskursanalyse liegt zum einen in der theoretisch-konzeptionellen Passung dieses Forschungsprogramms mit der wissenssoziologischen bzw. wissenschaftssoziologischen Ausrichtung der vorliegenden Arbeit begründet; zum anderen entwirft Keller mit der Wissenssoziologischen Diskursanalyse einen vielfältig anschlussfähigen Ansatz der methodologischen und methodischen Systematisierung von sozialwissenschaftlichen Diskursanalysen, der auch für die Anlage der vorliegenden Untersuchung geeignet erscheint. Im Folgenden wird das Forschungsprogramm der Wissenssoziologischen Diskursanalyse nach Reiner Keller in seinen Grundzügen dargestellt sowie der dort dargestellte Vorgehensvorschlag zur Analyse von Diskursen – bezogen auf das eigene Vorhaben – expliziert. Im Rahmen dessen wird zum einen das der vorliegenden Arbeit zugrundeliegende Datensample vor-
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gestellt und der Untersuchungszeitraum sowie die Datenauswahl begründet; zum anderen wird das methodische Vorgehen der empirischen Analyse beschrieben.
1. D AS F ORSCHUNGSPROGRAMM DER W ISSENSSOZIOLOGISCHEN D ISKURSANALYSE Die Wissenssoziologische Diskursanalyse ist – dies ist vorweg zu betonen – keine Forschungsmethode, sondern ein Forschungsprogramm bzw. eine Forschungsperspektive, die analytische Konzepte bereitstellt und damit den Blick in bestimmter Weise richtet, nicht aber eine Anleitung oder gar eine Rezeptologie zur »korrekten« Durchführung von Diskursanalysen bereitstellt. Neben der forschungsprogrammatischen bzw. methodologischen Rahmung, die Keller mit dem Programm der Wissenssoziologischen Diskursanalyse offeriert, unterbreitet er lediglich Vorschläge zu einer Analyse von Diskursen. Insofern sind die analytischen Konzepte der Wissenssoziologischen Diskursanalyse – in Analogie zu Foucaults Werkzeugkoffer – als Hilfsmittel zu verstehen und nicht als sklavisch zu befolgende Regeln und müssen je nach Forschungsfrage, Erkenntnisinteresse und Untersuchungsgegenstand angepasst werden. Dazu gehört – neben der Auswahl von Daten und der Art ihrer Analyse – insbesondere eine Klärung dessen, was unter Diskurs theoretisch zu fassen ist. Jedes an der Wissenssoziologischen Diskursanalyse orientierte Forschungsvorhaben bedarf also einer grundlegenden diskurstheoretischen Reflexion. »Von anderen Formen der Diskursanalyse unterscheidet sich die Wissenssoziologische Diskursanalyse in theoretisch-pragmatischer und in methodischer Hinsicht. Auf der Ebene der theoretischen Grundlegung zielt diese Perspektive auf eine Zusammenführung von Annahmen der handlungstheoretischen Wissenssoziologie1 von Pe-
1
Die Wissenssoziologie fragt nach der Entstehung, Verbreitung und Transformation von Wissen in seinen verschiedenen sozialen Formen. Diskurse stellen eine Vergegenständlichung von Wissen als in einer bestimmten Gesellschaft zu einer bestimmten Zeit »wahrheitsfähige« Aussagen dar. »Die Wissenssoziologie ist diejenige soziologische Disziplin, die sich mit dem wechselseitigen Verhältnis von ›Sozialem‹ und ›Wissen‹ befasst.« (Schützeichel 2012: 17) Als Begründer
FORSCHUNGSPERSPEKTIVE UND METHODISCHES VORGEHEN | 57
ter L. Berger und Thomas Luckmann sowie des Symbolischen Interaktionismus mit der eher strukturtheoretisch angelegten Wissenssoziologie respektive Diskurstheorie von Michel Foucault. In methodischer Hinsicht verknüpft er [der Ansatz, H.R.] die Diskursanalyse mit der Methodenentwicklung innerhalb des interpretativen Paradigmas der Soziologie, d.h. mit der neueren qualitativen Sozialforschung, wie sie bspw. unter dem Dach einer Sozialwissenschaftlichen Hermeneutik versammelt ist.« (Keller 2008: 197 f.)
Exkurs: Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit. Eine Theorie der Wissenssoziologie (Berger/Luckmann 1969) Berger/Luckmann begründen mit ihrem 1969 in Deutschland erschienenen Werk, einer theoretischen Abhandlung, eine »neue« Wissenssoziologie (vgl. Schnettler 2007: 161) bzw. einen neuen Zweig der Wissenssoziologie, der sich wesentlich von dem traditionellen Zweig, der maßgeblich auf Max Scheler und dessen Nachfolger zurückgeht, unterscheidet. Die Autoren gehen der Frage nach, wie ein Vorrat an Wissen gesellschaftlich etablierte Wirklichkeit (vgl. Berger/Luckmann 1969: 3) bzw. wie subjektiv gemeinter Sinn zu objektiver Faktizität werden kann (vgl. ebd.: 18). Dabei steht im Fokus der Autoren Alltagswissen – kein (wissenschaftliches) Spezialwissen. Ausgehend von der anthropologischen Unbestimmtheit des Menschen beschreiben Berger/Luckmann die kultivierte, institutionalisierte Welt als eine von Menschen gemachte, konstruierte Objektivität (vgl. ebd.: 64). Bedeutungs- und Sinnstrukturen sind demnach nicht einfach »da« oder entstehen auf »natürliche« Art und Weise, sondern werden in einer bestimmten Gesellschaft zu einer bestimmten Zeit auf ganz spezifische Art und Weise von den in ihr lebenden Menschen im Handeln konstruiert und hergestellt. Dabei spielen Sprache und Schrift als Medien zur Herstellung sozialer Wirklichkeit eine exponierte Rolle (vgl. ebd.: 39). Sie bilden als das wichtigste Zeichen-
einer klassischen deutschen Wissenssoziologie gelten Karl Mannheim und Max Scheler. Während bei diesen klassischen Ansätzen die Faktoren Wissen und Gesellschaft aufeinander bezogen werden, stehen bei den neueren Ansätzen der Wissenssoziologie »Fragen nach dem Verhältnis von Wissen und Handeln, die interaktive Dimension des Wissens sowie das Verhältnis von reflexiven und vorreflexiven Wissensformen im Vordergrund« (ebd.: 22, Herv. im Orig., H.R.).
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system in menschlichen Gesellschaften sowohl das Fundament als auch das Instrument eines kollektiven Wissensbestandes und damit der Wirklichkeit (vgl. ebd.: 73). Geltende Wissensbestände und verobjektivierte Wirklichkeiten sind allerdings nicht unveränderbar, sondern sie können sich wandeln und durch andere, neue Sinnangebote verdrängt, ergänzt oder ersetzt werden. Gleichwohl sind diese Wissensordnungen nicht beliebig veränderbar; es gibt bestimmte »SprecherInnen«, die legitimiert sind zu sprechen und sich damit in einer Position befinden, sich zu einem Thema zu äußern und dieses damit zu bekräftigen oder zu verändern. So gibt es bestimmte Personen bzw. Personengruppen, die über die Macht verfügen, Wirklichkeit und damit »Wahrheit« setzen zu können (vgl. ebd.: 124). I.d.R. handelt es sich dabei um ExpertInnen auf bestimmten Gebieten, die ihre Weltdeutung gegenüber anderen ExpertInnen bzw. ExpertInnencliquen mit Argumenten oder gar Waffen zu verteidigen haben – man muss in der Welt andauernd um »Wahrheit« verhandeln und sich mit anderen verständigen, denn der Zusammenstoß alternativer symbolischer Sinnwelten wirft automatisch die Machtfrage auf (vgl. ebd.: 117).
Keller verbindet die Bezüge der sozialkonstruktivistischen Wissenssoziologie Berger/Luckmanns mit der Foucault’schen Diskurstheorie und versucht so, deren Leerstellen durch den je anderen Bezug zu füllen: Berger/Luckmann beschreiben, wie Sinn kollektiv hergestellt bzw. ausgehandelt wird und betonen dabei die aktive Rolle der handelnden AkteurInnen im Rahmen des Prozesses der Wissenskonstruktion. In der Foucault’schen Diskurstheorie bleibt indes unklar, wie solche Aushandlungsprozesse ablaufen, wie Wissen also generiert wird, weil er die AkteurInnen nicht in den Blick nimmt. In der sozialkonstruktivistischen Wissenssoziologie Berger/Luckmanns bleibt hingegen die Frage ausgeblendet, wie Sonderwissen, etwa wissenschaftliches Wissen, hergestellt wird – richten die Autoren ihr Augenmerk doch in erster Linie auf Alltagswissen. Auf diese Frage bietet wiederum die Foucault’sche Diskurstheorie eine Antwort und nimmt zusätzlich insbesondere Fragen der Macht in den Blick, die im Konzept Berger/Luckmanns eine weniger prominente Rolle spielen. Keller geht – in Anschluss an Berger/Luckmann – davon aus, dass Welt und Wissen über Welt nicht »natürlich« vorhanden sind, sondern von Men-
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schen konstruiert werden. Diese Annahme kann auf kleinere Bestandteile von Welt, also auch auf Diskurse, übertragen werden. Mit dem Forschungsprogramm der Wissenssoziologischen Diskursanalyse können mithin beliebige Diskurse auf ihre gesellschaftliche Konstruktion hin untersucht werden, etwa wissenschaftliche Spezialdiskurse. Im Blickfeld stehen damit gesellschaftliche Wirklichkeitsordnungen bzw. Wissensverhältnisse sowie deren Entstehung, Wandel und Bedeutung. Die an Berger/Luckmann anschließende Wissenssoziologie, an der sich die Wissenssoziologische Diskursanalyse orientiert, geht der Frage nach der Auseinandersetzung um »Wirklichkeit« nach, untersucht also diskursive Auseinandersetzungen um Deutungshoheit. Sowohl Berger/Luckmann als auch DiskurstheoretikerInnen bzw. -analytikerInnen fragen nach gesellschaftlichen Wirklichkeitsordnungen bzw. Wissensverhältnissen sowie deren Entstehung, Wandel und Bedeutung.2 Es geht also um die Analyse von Wissensstrukturen und die Rekonstruktion typischer Muster und Regelmäßigkeiten innerhalb derselben. Der Wettbewerb um Macht besteht im Kampf um die Durchsetzung des eigenen Deutungsrahmens, der eigenen Handlungskonzepte und daher der eigenen Begriffe in den Köpfen der Menschen. Im Fokus des analytischen Programms der Wissenssoziologischen Diskursanalyse steht mithin die diskursive Konstruktion von Wirklichkeit; sie richtet ihren Blick nicht auf individuelles oder biographisches Wissen, sondern auf die Rekonstruktion gesellschaftlichen Wissens. Dabei sind Diskurse zu verstehen als strukturierende Praktiken gesellschaftlicher Wissensverhältnisse. Im Vordergrund solcher Analysen stehen neben Diskontinuitäten und Brüchen in einem Diskurs vor allem auch Ermächtigungs- und Ausschlusskriterien, die darüber bestimmen, was in einen Diskurs aufgenommen wird
2
Reichertz zeichnet nach, dass »die Foucaultsche Diskursanalyse […] sich keinesfalls bruchlos mit einer wissenssoziologischen Hermeneutik vereinigen lässt. Richtig ist: sie stellt eine Herausforderung ersten Ranges dar.« (Reichertz 2005: 174) So geht es der Diskursanalyse nicht in erster Linie darum, Sinn nachzuzeichnen, sondern die »konkrete Gestalt des Gewordenen« (ebd.: 175) zu rekonstruieren. Diesen Aspekt gilt es in diesem Zusammenhang zumindest zu bedenken.
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und wer sich legitimerweise in einem bestimmten diskursiven Feld äußern darf bzw. wer erhört wird. Das Erkenntnisinteresse ist kein primär auf linguistische Phänomene gerichtetes, sondern richtet den Fokus »auf die Konstitution und Konstruktion von Welt im konkreten Zeichengebrauch und auf zugrunde liegende Strukturmuster oder Regeln der Bedeutungs(re-)produktion« (Keller 2011a: 8): »Der Methodenreichtum der Soziologie [der Sozialwissenschaften überhaupt, H.R.] erlaubt eine weitergehende empirische Fundierung der Diskursforschung, als dies den sprachwissenschaftlich und diskurstheoretisch verankerten Zugängen möglich ist.« (ebd.: 61) Nach Keller eignet sich die Wissenssoziologische Diskursanalyse deshalb »in besonderem Maße zur Analyse derjenigen Phänomene und Fragen des sozialen Wandels, die unter den Begriffen der Wissensgesellschaft, der Informationsgesellschaft, der Risikogesellschaft etc. diskutiert werden« (Keller 2011b: 15, Herv. im Orig., H.R.): »Der Wissenssoziologischen Diskursanalyse geht es um die Erforschung der Prozesse der sozialen Konstruktion von Deutungs- und Handlungsstrukturen (WissensRegimen, Wissenspolitiken) auf der Ebene von Institutionen, Organisationen bzw. kollektiven Akteuren und um die Untersuchung der gesellschaftlichen Wirkungen dieser Prozesse.« (Keller 2005b: 49)
2. D AS
FORSCHUNGSPRAKTISCHE
V ORGEHEN
»Diskurse können nicht unmittelbar ›verstanden‹ werden, sondern sie müssen durch ein methodisches Instrument(arium) zugänglich und ›sichtbar‹ gemacht werden.« (Diaz-Bone 1999: 126) Keller unterbreitet, um Diskurse methodisch handhab- und damit analysierbar zu machen, mit seinem Programm der Wissenssoziologischen Diskursanalyse folgenden Vorgehensvorschlag: Zunächst wird das zu analysierende Untersuchungsfeld sondiert, der empirische Gegenstand erfasst. Daraufhin erfolgt die Datenauswahl bzw. Korpusbildung, also die Auswahl von (Text-)Dokumenten zur Erschließung der Untersuchungsfrage. Schließlich werden ausgewählte
FORSCHUNGSPERSPEKTIVE UND METHODISCHES VORGEHEN | 61
Schlüsseltexte bzw. -dokumente3 einer detaillierten Feinanalyse unterzogen. Zuletzt werden die empirischen Befunde zusammengefasst und an den untersuchten Diskurs rückgebunden. Das forschungspraktische Vorgehen nach Keller lässt sich – zusammengefasst – in folgende vier Schritte zusammenfassen: • • • •
Bestimmung des Gegenstandsbereichs/Sondierung des Gegenstandsfeldes, Datenauswahl, Auswertung, Theorieentwicklung/Re-Theoretisierung.
Dabei sind die Arbeitsschritte der Bestimmung des Gegenstandsbereichs, der Datenauswahl und der Auswertung – mittelbar auch der Schritt der Theorieentwicklung bzw. die Re-Theoretisierung der ermittelten Analyseergebnisse in den Untersuchungskontext – nicht unabhängig voneinander zu denken, sondern – im Verständnis der Grounded Theory – als zirkuläre Prozesse aufzufassen, die einander bedingen. Diskursanalytische Forschung zeichnet sich – nicht anders als andere qualitativ ausgerichtete sozialwissenschaftliche Forschungszugänge – dadurch aus, dass sie sich prozessual vollzieht: Somit wechseln sich Schritte der Hypothesenbildung, Korpuserstellung und Auswertung ab und stehen in keiner strengen Reihenfolge – Erhebung und Auswertung sind damit nicht streng voneinander zu trennen (vgl. Rosenthal 2008: 48 f.). Die Auswahl der zu analysierenden Daten hängt ab vom Untersuchungsgegenstand und der Forschungsfrage. Ebenso verhält es sich mit der Art der Auswertung, die abhängig ist von der Anlage der Forschungsarbeit. Insgesamt ist der Forschungsprozess der Wissenssoziologischen Diskursanalyse – wie qualitative Forschung überhaupt – als offener Prozess zu verstehen. Das methodische Instrumentarium ist also am konkreten Gegen-
3
Keller unterscheidet zwischen Daten, die der reinen Informationsgewinnung dienen und lediglich einer Grobanalyse unterzogen werden, und solchen, die der Rekonstruktion der Diskursstruktur zugrundeliegen und im Rahmen einer Feinanalyse detaillierter untersucht werden (vgl. Keller 2007a: 82 ff.). Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden alle in das Datenkorpus aufgenommenen Dokumente einer Feinanalyse unterzogen.
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stand zu entfalten (vgl. Klemm/Glasze 2004: 8) – insofern zeigen die folgenden Abschnitte auf, wie das Forschungsprogramm der Wissenssoziologischen Diskursanalyse auf das vorliegende Vorhaben hin angewandt und modifiziert wurde. 2.1 Bestimmung des Untersuchungsfeldes Die Bestimmung des Gegenstandsbereiches bzw. die Sondierung des Untersuchungsfeldes ist kein einfacher Akt der Festsetzung von Diskursen und ihren Grenzen, denn »wenn Gegenstände durch Diskurse erst in ihrer spezifischen, erkennbaren Gestalt geschaffen werden, kann nicht einfach vom Gegenstand ausgehend ein Diskurs erschlossen werden« (Keller 2011b: 265). Gegenstand der Analyse sind damit immer nur konkrete Aussagenereignisse (vgl. Foucault 1981: 41) – der Diskurs an sich existiert empirisch nicht (vgl. Fegter 2012: 72). Das bedeutet, die Einheit eines Diskurses lässt sich nicht im Vorfeld bestimmen bzw. festlegen, sondern zeigt sich erst in den ihn bestimmenden Regeln (vgl. Foucault 1981: 50), muss also im Zuge der Analyse überprüft werden.4 Insofern ist die Abgrenzung eines im vorliegenden Fall als wissenschaftlich bzw. disziplinär bezeichneten Diskurses um Erwachsenenbildung zunächst als vorläufig anzusehen. Das Problem der Einheit eines Diskurses stellt sich – daran anschließend – auch auf einer anderen Ebene: Diskurse sind potentiell heterogen und unendlich (vgl. Schäfer 2011: 106). Aus forschungspragmatischen Gründen ist es jedoch notwendig, wenn auch nicht ganz unproblematisch, von einer diskursiven Einheit des Untersuchungsfeldes auszugehen. Keller bezeichnet die Setzung eines Diskurses daher als einen »zu Forschungszwecken hypothetisch unterstellten Strukturierungszusammenhang, der verstreuten diskursiven Ereignissen zugrunde liegt« (Keller 2005b: 63, Herv. im Orig., H.R.). Dabei gilt es überdies zu berücksichtigen, dass diese Setzung eines Diskurses und seiner Grenzen ein bis zu einem gewissen Grad willkürlicher Akt ist, der – neben dem Untersuchungsgegenstand und dem
4
So betont Keller, dass »[…] – im Unterschied etwa zu den Grundannahmen der Objektiven Hermeneutik – nicht davon ausgegangen [wird, H.R.], daß in einem solchen Dokument nur ein einziger Diskurs, und dieser noch dazu vollständig repräsentiert ist« (Keller 2006: 138).
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jeweiligen Erkenntnisinteresse – immer auch auf die subjektive Perspektive der Forscherin zurückzuführen ist. Die Frage nach der Sondierung des Untersuchungsfeldes hängt also im Wesentlichen von der Perspektive des Forschungsprojekts und dem verfolgten Erkenntnisinteresse zusammen. Insgesamt lassen sich vier Analyseebenen der Wissenssoziologischen Diskursanalyse unterscheiden, deren Gewichtung Einfluss auf die Bestimmung des Gegenstandsbereiches hat: • • • •
Die Ebene des Subjekts des Diskurses (Wer?) Die Ebene der Praktiken (Wie?) Die Ebene der Aussagedimension (Was?) Die Ebene des Dispositivs (Wozu?)
Ad 1: Die Ebene des Wer bezieht sich auf die Subjekte eines Diskurses. Zum einen sind damit die SprecherInnenrollen im Diskurs gemeint, also Rollen, von denen aus eine legitime Beteiligung am Diskurs möglich ist (das können z.B. ExpertInnen für ein bestimmtes Gebiet sein, HochschullehrerInnen im Fachdiskurs, von einem bestimmten Problem Betroffene etc.). Also: von welcher Position aus kann jemand am Diskurs teilnehmen? Darüber hinaus verweist diese erste Analyseebene aber auch auf die Frage nach (potentiellen) Adressierungen, die im bzw. durch den Diskurs vorgenommen werden: wer wird also im Diskurs als was adressiert (bspw. Jungen als Bildungsverlierer, der Erwachsene als hilfsbedürftig oder als Unternehmer seiner selbst)? Ad 2: Die Ebene des Wie bezieht sich auf die Frage, wie ein bestimmter Diskurs formiert wird. Im Mittelpunkt stehen dabei die diskursiven Praktiken als Praktiken der (Re-)Produktion eines spezifischen Diskurses, welche bestimmten Formationsregeln unterliegen. An dieser Stelle soll rekonstruiert werden, welchen Formationsregeln der zu untersuchende Diskurs unterliegt, welchen Mustern und Regelmäßigkeiten er also folgt. Hierbei geht es dann auch um Kämpfe bzw. Machtverhältnisse, denn mit Wissensbildungen gehen grundsätzlich Ein- und Ausschlüsse einher. Ad 3: Die Ebene des Was bezieht sich auf die Aussagedimension(en) eines Diskurses, also schlicht auf die Inhalte und Themen: was ist also der Kerngehalt einer Aussage? Welcher Gegenstand des Wissens wird in einem Diskurs generiert?
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Ad 4: Die Ebene des Wozu bezieht sich schließlich auf die Wirkungen eines Diskurses »außerhalb« des Diskurses, die Macht-/Wissen-Relation steht hierbei im Blickpunkt: welche Wirkungen und Folgen hat ein Diskurs? Dabei gilt: Es müssen (und können – je nach Zuschnitt eines Projekts und vorhandenen Zeit- und Forschungsressourcen) nicht alle Dimensionen berücksichtigt werden, sondern die Aufgabe der Forscherin besteht an dieser Stelle darin, Schwerpunkte zu setzen, die sich an der Ausrichtung des jeweiligen Forschungsprojektes und des dort verfolgten Erkenntnisinteresses orientieren. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit stehen die Ebenen des Wie und des Was, also die Ebenen der Diskursformation und der Aussagedimension, im Fokus des Interesses, sollen doch Aussagen über die Diskurs- bzw. Wissensdimension sowie deren inhaltliche Füllung sowie die Struktur dieser Dimensionen getroffen werden. Dabei gerät auch die Ebene des Wer in den Blick, allerdings spielt diese Analyseebene für die vorliegende Arbeit eine eher untergeordnete Rolle. Die Dispositiv-Ebene, also die Ebene des Wozu, wird weitgehend ausgeklammert, denn die Frage nach den (Macht-)Wirkungen des zu untersuchenden Diskurses steht nicht im Vordergrund und kann mit den gewählten Dokumenten auch nicht beantwortet werden. 2.2 Datenauswahl und Korpusbildung Die Datenauswahl sowie die Erstellung eines Datenkorpus – unter einem Korpus sind exemplarische, meist schriftliche Daten5 eines Diskurses bzw. diskursiven Feldes zu verstehen – folgt gewissen Unterstellungen an das Feld. Ein Datenkorpus ist, darauf wurde oben bereits verwiesen, in den seltensten Fällen »vollständig«. Vielmehr gilt es, kapazitätsbedingt gewisse Schwerpunkte zu bilden: »Zu entsprechenden Entscheidungen über die
5
Es gibt unterschiedliche Datenformate, die zur Analyse herangezogen werden können. Keller unterscheidet zwischen textförmigen Daten (Bücher, Artikel, Zeitschriften, Briefe, Flugblätter usw.), audiovisuellen Daten (Filme, Videos, Musik, Bilder usw.), Vergegenständlichungen in Objekten (Kirchengebäude, Uniformen usw.) und Praktiken (Demonstrationen, Gebete usw.) (vgl. Keller 2011a: 86 f.). Zur Unterscheidung von diskursiven (z.B. schreiben) und nichtdiskursiven (z.B. beten, spezifische Kleidung tragen) Praktiken vgl. ebd.: 66.
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Auswahl von Daten zur qualitativen Detailanalyse sind DiskursforscherInnen aufgrund endlicher Ressourcen immer wieder gezwungen.« (Keller 2008: 218) Die Auswahl der Daten erfolgt auf der Grundlage der dem Forschungsvorhaben zugrundeliegenden Fragen und Vorannahmen, welche die Analyse vorstrukturieren und die Auswahl von »passenden« Daten begrenzen und die »Vielfalt der Orte« einschränken (Klemm/Glasze 2004: 34) – das gilt sowohl für die Festlegung des Untersuchungszeitraums als auch für die Auswahl des konkreten Datenmaterials. 2.2.1 Der Untersuchungszeitraum Der Untersuchungszeitraum für das vorliegende Forschungsprojekt erstreckt sich über einen Zeitraum von 40 Jahren, beginnend mit dem Jahr 1971 und endet 2011. Diese Setzung ist nicht beliebig, sondern orientiert sich an der Entwicklung der Erwachsenenbildungswissenschaft im (bundes-)deutschen Raum, wie im Folgenden skizziert werden soll. Erwachsenenbildung ist kein Phänomen der Moderne: Die Entstehung der Erwachsenenbildung, geht man von einem weiten Begriffsverständnis aus, lässt sich ideengeschichtlich bereits in der Antike festmachen. In einem engeren Sinne ist Erwachsenenbildung mit der Verbreitung des aufklärerischen Gedankenguts am Ende des 18., zu Beginn des 19. Jahrhunderts zu verorten (vgl. Schiersmann 2010: 288). Als praktischer Handlungskontext existiert Erwachsenenbildung zwar schon seit einigen Jahrhunderten, auch gibt es seit der Weimarer Zeit Ansätze einer wissenschaftlichen Beschäftigung mit dem Phänomen Erwachsenenbildung, allerdings konstituierte sich erst Ende der 1960er, Anfang der 1970er Jahre Erwachsenenbildung als wissenschaftliche Disziplin an (bundes-)deutschen Hochschulen. So unterscheidet Friedenthal-Haase zwischen einer »genetisch« bedingten Akademisierung der Erwachsenenbildung in der Weimarer Zeit und der »konstruktiven« Etablierung des Faches Erwachsenenbildung in den 1960er/ 1970er Jahren (vgl. Friedenthal-Haase 1990: 24). Diese Etablierung des Faches stellt den Ausgangspunkt für die Untersuchung dar: Erwachsenenbildung wird dadurch zu einem Erkenntnis- und Handlungsproblem (vgl. Hof 2009: 12). »Das Aufkommen neuer Problematisierungen stellt einen zentralen Ausgangspunkt der Forschungen Michel Foucaults dar« (Fegter 2012: 33) – ein solches Aufkommen neuer Problematisierungen wird auch im vorliegenden Fall fokussiert.
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Im Zuge dieser »konstruktiven« Etablierung gründete sich eine Wissenschaft von der Erwachsenenbildung mit disziplinären Strukturen an deutschen Hochschulen. Es wurden Lehrstühle für Erwachsenenbildung eingerichtet, der Diplomstudiengang Pädagogik mit dem Schwerpunkt Erwachsenenbildung begründet und damit das reflexive Nachdenken über das Phänomen Erwachsenenbildung verstärkt in Gang gesetzt. Weiterhin wurde 1971 eine Fachgesellschaft in Form der Sektion6 Erwachsenenbildung der DGfE gegründet. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung scheint es sinnvoll, den Zeitraum der Analyse im Jahr 1971 beginnen zu lassen. Beginnend mit diesem Zeitpunkt soll der disziplinäre Diskurs über vier Dekaden hinweg verfolgt werden. Damit ist – wie in der Einleitung bereits erwähnt –, die Erwartung verbunden, im Zeitverlauf möglicherweise divergierende, gleichbleibende oder wiederkehrende Muster der Disziplin- und Gegenstandskonstitution ausmachen und miteinander vergleichen zu können. Damit schließe ich an die zum 40. Geburtstag der DGfE erschienene Studie Kleine Geschichte der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft. Eine Fachgesellschaft zwischen Wissenschaft und Politik (Berg u.a. 2004) an – eine Rekonstruktion der Entwicklung der Fachgesellschaft und zugleich eine historische Selbstvergewisserung der Disziplin. Einen weiteren Anstoß für eine historische Rekonstruktion der Disziplin und ihres Gegenstandes gab das 40-jährige Bestehen der Sektion Erwachsenenbildung im Jahr 2011 – als günstiger Anlass zur Bilanzierung der Entwicklung
6
Die Erwachsenenbildung wurde 1971 als Sektion gegründet, obwohl die DGfE zu dieser Zeit eine Dachorganisation mit Kommissionen war. 1972 führt sie den Status Kommission, bis 1980 wieder den der Sektion. Von 1981 bis 1998 existiert die Sektion Erwachsenenbildung wieder als Kommission fort, bis sie 1999 ihren endgültigen Status als Sektion erhält. Die DGfE legte 1996 eine Satzungsänderung vor, die Sektionen und Kommissionen wie folgt unterscheidet: »Wissenschaftliche Sektionen repräsentieren an den Universitäten ausgebaute Schwerpunkte der Erziehungswissenschaft; Wissenschaftliche Kommissionen werden für jüngere oder spezialisierte Fächer oder Fachrichtungen eingesetzt. Beide dienen der wissenschaftlichen Arbeit und Weiterentwicklung der Erziehungswissenschaft.« (Schiersmann 1996: 10 f.) Der Einfachheit halber wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit durchgängig der Begriff Sektion verwendet. Vgl. dazu auch Schmidt-Lauff 2014.
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der wissenschaftlichen Erwachsenenbildung und damit der disziplinären Selbstvergewisserung. 2.2.2 Datenauswahl Es ist kaum vorstellbar, einen Diskurs in seiner Gänze darzustellen und zu analysieren7 – das wurde in den vorhergehenden Abschnitten bereits deutlich. Diskurse reichen »von alltäglichen Interaktionssituationen über organisational angegrenzte Handlungsfelder bis hin zu öffentlichen Kommunikationsräumen […]« (Angermüller 2010: 97 f.) – Diskurse sind also als sehr verstreut zu bezeichnen, weshalb es unumgänglich ist, die Suche nach »passendem« Analysematerial nicht nur zeitlich, sondern auch räumlich zu begrenzen. Unter einer räumlichen Eingrenzung des Analysematerials soll die theoretisch begründete Auswahl von Daten – Daten können sowohl schriftliche, bildliche, vergegenständlichte oder audiovisuelle Daten sein – verstanden werden, die die Grundlage für die Analyse bilden. Keller versteht die Grounded Theory an dieser Stelle auch als Leitfaden zur methodisch kontrollierten Selektion und Gruppierung der Daten – so etwa bei der Auswahl und der Begrenzung der Stichprobe bzw. bei der Strukturierung der Daten, welche das Textkorpus bilden. Die ausgewählten Daten stellen dabei immer nur einen Ausschnitt eines größeren Diskurses dar, das Datenkorpus ist immer nur die Teilmenge eines oder mehrerer Diskurse. Mit der Fokussierung auf den Wissenschaftsdiskurs geraten öffentliche, politische und Alltagsdiskurse um Erwachsenenbildung – zumindest weitgehend – aus dem Blick. Der spezifische Fokus der vorliegenden Arbeit nimmt die Situation der Erwachsenenbildungswissenschaft in Deutschland8 in den Blick und vernachlässigt dadurch die Situation in anderen Ländern – insofern bilden die ausgewählten Dokumente jeweils nur einen Teil der diskursiven Realität ab und schließen andere Perspektiven aus.9
7
»Weder das gesamte Werk einzelner AutorInnen noch ein einzelner sprachlicher Text oder ein Bild gehören damit notwendig in Gänze zum jeweiligen Diskurs, ebenso wenig wie notwendig alle Regelhaftigkeiten eines Diskurses am einzelnen Dokument zu rekonstruieren sind.« (Fegter 2012: 74, Herv. im Orig., H.R.)
8
Die Auswahl der Daten lässt etwa die spezifische Situation der Erwachsenenbil-
9
Jede/r ForscherIn bringt ein Arsenal an Vorannahmen und Vorwissen mit, das
dungswissenschaft in der DDR weitgehend außer Acht. nicht einfach »auszuschalten« ist. So können durch die Erstellung eines Text-
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Die Datenauswahl nimmt ihren Anfang in der Frage, wo im Wissenschaftsdiskurs grundlegende Aussagen über den Gegenstands- und Objektbereich Erwachsenenbildung zu finden sein können. »Wissenschaftliche Spezialdiskurse zirkulieren [etwa, H.R.] in entsprechenden Fachmagazinen, -publikationen und -tagungen.« (Keller 2011a: 71) Folgende Erwartungen an das Datenmaterial sollen dabei erfüllt werden: • • •
Es soll einen Zugang zum Problembereich und Kenntnisstand der Erwachsenenbildung als wissenschaftlicher Disziplin liefern, es soll als Bestands- bzw. Momentaufnahme des Verständnisses von Erwachsenenbildung dienen, es soll widerspiegeln, welche Bereiche für die wissenschaftliche Disziplin Erwachsenenbildung als zentral angesehen werden und so Aufschluss über ihren Gegenstandsbereich geben (vgl. Eickhorst/Steinforth 1991: 68).
Auf der Grundlage der oben genannten Prämissen werden folgende Dokumenttypen als relevant eingestuft: zum einen Einführungsbücher in die Erwachsenenbildung, zum anderen die schriftlichen Dokumentationen der Jahrestagungen der Sektion Erwachsenenbildung der DGfE sowie schließlich Artikel zu den Lemmata Erwachsenenbildung/Weiterbildung aus wissenschaftlichen Lexika, Enzyklopädien, Hand- und Wörterbüchern der Erziehungswissenschaft und der Erwachsenenbildung. Anschließend an die Ausführungen Truschkats (2008: 95) werden die Artikel aus den Nachschlagewerken in ihrer Gesamtheit gesichtet werden, während sich die Analyse der Dokumentationen und Einführungsbücher jeweils auf die Einleitungen bzw. Vorworte bezieht, die als »Orte der Relevanz-Inszenierung« (Knorr-Cetina 1984: 207) betrachtet werden. An dieser Stelle sei angemerkt, dass die ausgewählten Dokumente, insbesondere die
korpus Ergebnisse schon vorweggenommen bzw. der Fokus in eine bestimmte Richtung gelenkt werden (vgl. Haslinger 2005: 36; vgl. auch Langer/Wrana 2010: 346). Die Ergebnisse sind in einem wissenschaftlichen Arbeitsprozess erzeugt und damit »abhängig von dahinter stehenden Erkenntnisinteressen, entsprechenden Gegenstandskonstitutionen und Methodenansätzen« (Faulstich 2007: 8). Das kann nicht vermieden werden, sollte aber bedacht sein.
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Nachschlagewerke, – im Gegensatz zu wissenschaftlichen Zeitschriften etwa – tendenziell als eher veränderungsresistent zu bezeichnen sind und sich neue Diskursphänomene dort eher langsam etablieren. Allerdings richtet sich der Blick der vorliegenden Untersuchung auch weniger auf die Diskussion je aktueller Theoriemoden bzw. -konjunkturen, sondern auf die Beschreibung des Gegenstandes selbst. Insofern sind die gewählten Dokumente als »Selbstverständigungstexte«, als Beiträge der disziplinären Selbstverständigung über die eigene Wissenschaft und den eigenen Objekt- und Gegenstandsbereich, zu begreifen. 2.3 Beschreibung des Datenkorpus Im Folgenden werden die Textgattungen näher betrachtet, die Eingang in das Datenkorpus gefunden haben. Der Wissenschaftsdiskurs, der untersucht werden soll, wird aus verschiedenen Perspektiven und mit unterschiedlichen Zielsetzungen in den Blick genommen. Ziel des folgenden Abschnittes ist es, die Auswahl zu begründen und weiterhin, die Spezifika der drei untersuchten Textgattungen auf einer allgemeinen Ebene zu beschreiben und so ihren Stellenwert im Wissenschaftsdiskurs zu verdeutlichen. 2.3.1 Tagungsdokumentationen Für die Entwicklung von Disziplinen und damit die Rekonstruktion des disziplinären Selbstverständnisses spielt – »neben den Forschungs- und Lehrinstituten als Ausbildungs- und Rekrutierungsfeldern und den Medien der Kommunikation (Bücher und Zeitschriften)« (Berg u.a. 2004: 9) – insbesondere ihre Fachgesellschaft eine erhebliche Rolle. Fachgesellschaften sind Kommunikationsgemeinschaften, Foren des (primär) wissenschaftlichen Austausches von Informationen und Erfahrungen – insofern Bestandteil von Disziplinen –, in deren Mittelpunkt »das Interesse an der gemeinsamen Sache, an einem wissenschaftlich zu erforschenden Gegenstandsfeld« (Heckhausen 1988: 68), steht. Dementsprechend bedingen sich die Kommunikation einer wissenschaftlichen Gemeinschaft und ihr Gegenstand wechselseitig. Gerade in diesem Teil der Scientific Community finden wesentliche Aushandlungs- und Kommunikationsprozesse statt. Rothland betont, dass »der Blick auf die Genese der DGfE […] für die Geschichtsschreibung der deutschen Erziehungswissenschaft nach 1945 unumgänglich [ist, H.R.], bietet sich hier doch die Möglichkeit, einzelne
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Entwicklungen verdichtet anzutreffen und erfassen zu können« (Rothland 2005: 89). Insofern können auch die Sektion Erwachsenenbildung der DGfE als relevanter Ort der disziplinären Kommunikation und die schriftlichen Tagungsdokumentationen als bedeutsame Vergegenständlichung der Scientific Community über ihren Objekt- und Gegenstandsbereich betrachtet werden, denn »eine der wichtigsten Aufgaben der Sektion Erwachsenenbildung ist neben der professionspolitischen Vertretung der Disziplin die Förderung von Forschung und ihre Verbreitung. Die Jahrestagungen der Sektion und die Veröffentlichung ihrer Ergebnisse [an dieser Stelle: in Form der schriftlichen Dokumentationen der Jahrestagungen, H.R.] spielt dabei eine besondere Rolle.« (Zeuner/Faulstich 2009: 41)
In das Datenkorpus der vorliegenden Analyse wurden alle im Untersuchungszeitraum erschienenen Vorworte bzw. Einführungen der schriftlichen Dokumentationen der Jahrestagungen der Sektion Erwachsenenbildung aufgenommen. Abbildung 1 verdeutlicht die quantitative Verteilung der Tagungsdokumentationen auf den Untersuchungszeitraum. Während in den 1970er Jahren lediglich zwei schriftliche Tagungsdokumentationen erschienen sind (1977 und 1979), liegen die Vorworte bzw. Einführungen der Tagungen der 1980er und 1990er Jahre komplett vor. Die Tagung aus dem Jahr 2001 entbehrt eines Vorwortes, insofern wurde diese Dokumentation auch nicht in das Datenkorpus aufgenommen. Die Vorworte der Tagungen der 2010er Jahre für den gewählten Untersuchungszeitraum liegen wieder vollständig vor (2010 und 2011). Insgesamt fließen damit 33 Dokumente dieser Textgattung in das Datenkorpus ein.10
10 Einige Tagungsdokumentationen verfügen sowohl über ein Vorwort als auch über eine Einleitung. Beide wurden in die Analyse einbezogen, werden an dieser Stelle aber nicht doppelt berechnet.
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Abbildung 1: Verteilung der Tagungsdokumentationen auf den Untersuchungszeitraum
Tagungsdokumentationen 10 8 6 4 2 0 1970er 1980er 1990er 2000er 2010er Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre Quelle: Eigene Darstellung
2.3.2 Einführungsbücher (Wissenschaftliche) Einführungen sind – so eine landläufige Meinung – Formen der relativ einfach zugänglichen Heranführung von NovizInnen bzw. Interessierten an einen bestimmten Gegenstand oder ein bestimmtes Feld, die überblicksartig die (objektiv) wichtigsten Fakten über dieses Gegenstandsfeld, in das sie einführen, vermitteln und so einen leichten Einstieg ermöglichen. So sollen Einführungen »mit grundlegenden Fragen und Ergebnissen eines Problems oder einer Disziplin bekannt machen, oft nur aus der Sicht eines Autors oder einer Autorin« (Andresen u.a. 2009: 9). Betrachtet man diese Literaturgattung jedoch näher, erweist sich diese Vorstellung als irrig, weil auch diese Literaturform – wie jede andere (wissenschaftliche) Darstellungsform – selektiert, verkürzt, Akzente setzt, kurz: einen Gegenstand auf eine ganz bestimmte Art und Weise konstruiert (vgl. Seitter 2005: 114).
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Seitter beschreibt wissenschaftliche Einführungen als »Ausdruck eines Sättigungsgrades von Disziplinen, die einen forschungsbezogenen Reifestand erreicht haben und nun nach Vergewisserungs-, Ordnungs- und Systematisierungsleistungen verlangen. Und sie sind schließlich Ausdruck von wissenschaftsinternen Positionskämpfen, bei denen um disziplinäre Meinungsführerschaft bzw. um die Durchsetzung kanonisierten und standardisierten Wissens gerungen wird.« (ebd.)
Weiterhin verweist Seitter auf unterschiedliche Möglichkeiten, den Gegenstand Erwachsenenbildung überblicksartig darzustellen; er unterscheidet zwischen epochenorientierten Überblicksdarstellungen und problemorientierten, multiperspektivischen Darstellungen. Erstere sind charakterisiert durch »Einheit, Geschlossenheit, Sicherheit und Ordnung« (Seitter 2007: 11 f.): »Mit solchen Vereindeutigungen und Ausblendungen produzieren sie Sicherheiten nicht nur für die Wissenschaft, sondern gerade auch für die Bildungspraxis. Denn in bildungspraktischer Hinsicht entsprechen sicherheitsstiftende Einführungsbücher den permanenten Legitimationsbedürfnissen organisierter Erwachsenenbildung.« (ebd.: 12, Herv. im Orig., H.R.)
Im Gegensatz zu diesem Typus von Überblicksdarstellungen fokussieren problemorientierte Einführungen zentrale Problemstellungen und setzen damit auf »Pluralität, Offenheit, Unsicherheit und Chaos« (ebd.). Sie verdeutlichen, dass es nicht einen fest umrissenen und klar abgrenzbaren Gegenstand Erwachsenenbildung gibt, sondern zeigen, »dass Wissenschaft ein konstruierendes, perspektivierendes Verfahren darstellt, das seinen Gegenstand unter je spezifischen Optiken beleuchtet und ihn dadurch erst bearbeitbar macht« (ebd.: 13). Auf dem Büchermarkt sind etliche Einführungen in die Erwachsenenbildung/Weiterbildung erhältlich, die mit je unterschiedlichem Blick und spezifischer Schwerpunktsetzung den Gegenstand Erwachsenenbildung beschreiben und damit »herstellen«: Einführungen dokumentieren nicht oder folgen enzyklopädischen oder lexikalischen Zielen, vielmehr setzen sie unterschiedliche Schwerpunkte und rekonstruieren einen Gegenstand aus einer bestimmten Perspektive (vgl. Weisser 2002: 12). Durch diese Selekti-
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onsleistungen entstehen unterschiedliche – teils opponierende – Perspektiven auf den Gegenstand. Die Einführungen sind Ergebnis der wissenschaftlichen (und auch praktischen) Auseinandersetzung mit dem Gegenstand und die Auswahl und Art der Darstellung dementsprechend subjektiv. Einführungen haben somit keinen primär analytischen – wie »ist« Erwachsenenbildung –, sondern eher programmatischen – wie »soll« Erwachsenenbildung sein – Charakter. Seitter resümiert: »Einführungen sind eine prekäre Literaturgattung. Entgegen einer weit verbreiteten Erwartung (insbesondere auch bei Studierenden), dass Einführungen einen wohlgeordneten, strukturierten, leicht verständlichen Einstieg und Überblick in ein Wissensgebiet oder Handlungsfeld geben, zeichnet sich auch diese Literaturform durch je spezifische Selektionsleistungen aus, durch die ihr Gegenstand als Gegenstand wissenschaftlicher Betrachtung und Analyse erst konstituiert wird. Entscheidender als diese – möglicherweise ja triviale – Feststellung, dass Einführungen selegieren und konstruieren, ist die Frage wie sie dies tun und welche Folgen dieses Wie für die Charakterisierung und Umfangsbestimmung ihres Gegenstandes hat.« (Seitter 2005: 114, Herv. im Orig., H.R.)
In das Datenkorpus werden die Vorworte bzw. Einleitungen aller im Untersuchungszeitraum explizit als Einführung in die Erwachsenenbildung/Weiterbildung deklarierten bzw. erwachsenenpädagogischen Werke mit einführendem Charakter aufgenommen. Anschließend an einen Hinweis von Lüders wurde dabei jeweils die Erst- bzw. im Untersuchungszeitraum erstmals erschienene Neuauflage (dies ist der Fall bei Pöggelers Einführung in die Andragogik [Erscheinungsjahr der Erstauflage 1957, vollkommen überarbeitete Neuauflage erschienen 1974]) ausgewählt, denn diese zeigen, wann neue Denkweisen entstehen und Eingang in den wissenschaftlichen Diskurs finden (vgl. Lüders 2012: 115). Viele der Einführungen wurden im Laufe der Jahre überarbeitet, erweitert und neu aufgelegt. Die Vorworte der über die Erstauflage hinaus erschienenen Auflagen wurden ebenfalls gesichtet, um mögliche Unterschiede und Entwicklungen nachzuzeichnen. Allerdings zeigte sich, dass die Vorworte sich dadurch strukturell nicht nennenswert verändern. Abbildung 2 verdeutlicht die quantitative Verteilung der Einführungsbücher auf den Untersuchungszeitraum. Sehr offensichtlich ist dabei, wie ungleich diese verteilt sind: Mit der zunehmenden Einrichtung von Lehr-
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stühlen für Erwachsenenbildung an deutschen Hochschulen Ende der 1960er, Anfang der 1970er Jahre erfährt diese Textgattung eine regelrechte Konjunktur – allein in den 1970er Jahren erscheinen vier verschiedene Einführungen in die Erwachsenenbildung/Weiterbildung. Während in den 1980er Jahren lediglich zwei neue Einführungsbücher erscheinen – der Bedarf an weiteren Bestandsaufnahmen scheint vorerst gestillt zu sein –, steigt die Publikationstätigkeit Ende der 1990er und in den 2000er Jahren wieder rapide an: in diesem Zeitraum drängen acht neue Einführungsbücher auf den Markt. Mit der Einführung der neuen Bachelor-/Masterstudiengänge erscheint im Jahr 2010 eine im Untersuchungszeitraum letzte Einführung in die Erwachsenenbildung/Weiterbildung. Insgesamt fließen damit 15 Dokumente dieser Textgattung in das Datenkorpus ein. Abbildung 2: Verteilung der Einführungsbücher auf den Untersuchungszeitraum
Einführungsbücher 6 4 2 0 1970er Jahre
1980er Jahre
Quelle: Eigene Darstellung
1990er Jahre
2000er 2010er Jahre Jahre
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2.3.3 Nachschlagewerke »In kognitiver wie in sozialer Hinsicht sind Enzyklopädien, Lexika, Handund Wörterbücher als die am höchsten aggregierten szientifischen Kommunikationsformate anzusehen« (Brachmann 2006: 277), ihre Inhalte repräsentieren so etwas wie das kanonisierte Wissen einer Disziplin. Insbesondere dem Lexikon haftet allerdings der Ruf an, ein träges Medium zu sein: Das, was einmal Eingang gefunden hat in ein Lexikon, hat eine gewisse Beharrungstendenz; andererseits dauert es entsprechend lange, bis neuere Entwicklungen in diesen Kanon aufgenommen werden. In Nachschlagewerken ist abzulesen, welche Aussagen über einen bestimmten Inhalt getroffen werden und wie die Autorität der gemachten Aussagen verbürgt wird (vgl. Spree 2000: 19). Bei Lexika, Enzyklopädien, Wörterbüchern und Handbüchern handelt es sich um verschiedene, voneinander abgrenzbare Formate, auch wenn diese häufig in Mischform vorliegen und daher so leicht nicht voneinander zu trennen sind. Während Lexika und Enzyklopädien i.d.R. alle Begriffe bspw. eines Fachgebiets umfassen und diese in möglichst kurzer Form bestimmen (vgl. Andresen u.a. 2009: 9), erheben Handwörterbücher den »Anspruch, zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht alle, aber zumindest alle wichtigen Stichwörter zu erfassen« (ebd.) mit dem Ziel, einen (relativ) objektiven Überblick z.B. über eine wissenschaftliche Disziplin zu bieten. Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung wird nicht zwischen Lexika, Enzyklopädien, Wörterbüchern und Handbüchern unterschieden, sondern sie werden allesamt der Kategorie »Nachschlagewerk« zugeordnet. »In den pädagogischen Handbüchern und Lexika11 wird in der Regel der jeweilige Autor benannt und solchermaßen wohl auch kenntlich gemacht, daß hier eine Einzelansicht zur Sprache kommt« (Knoll/Künzel 1980: 17 f.) – dennoch gilt, was Spree in einer Untersuchung über allgemeine Nachschlagewerke des 19. Jahrhunderts erarbeitet, zumindest in eingeschränkter Form auch für aktuelle Nachschlagewerke: Sie können »als Leitgattung für die Durchsetzung bestimmter Bildungsvorstellungen gelten« (Spree 2000: 8). Nachschlagewerke bieten aus historischer Perspektive
11 »Werke mit enzyklopädischem Anspruch und fachlicher Zentrierung gibt es für die Pädagogik – wie für alle modernen Wissenschaften – im Wesentlichen erst seit dem frühen 19. Jahrhundert.« (Tenorth/Tippelt 2007: V)
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einen unschätzbaren Wert und Vorrat an Quellenmaterial und können als Quellen der Wissenschaftsgeschichte verstanden werden (vgl. ebd.: 16). Herzog fasst für das Wörterbuch zusammen, was für die anderen Formate, also Handbücher, Lexika etc., in ähnlicher Weise gilt: »Zweifellos können Wörterbücher nicht beanspruchen, eine Disziplin vollständig zu repräsentieren. Als Textsorte sind Wörterbücher auch eher konservativ; sie bringen den mainstream einer Wissenschaft zur Darstellung, aber kaum deren Avantgarde. Aber genau darin liegt ihr methodischer Vorzug: In Wörterbüchern finden die konsolidierten Gebiete einer Disziplin Eingang. Insofern eignen sie sich eher als Fachzeitschriften und Qualifikationsarbeiten, um die kognitive Gestalt einer Disziplin zu erfassen.« (Herzog 2005: 676, Herv. im Orig., H.R.)
In der Erziehungswissenschaft und ihren Teildisziplinen sind bis heute ca. 200 Fachlexika, Handbücher, historische Wörterbücher, Enzyklopädien etc. erschienen (vgl. Brachmann 2006: 278) – eine Auswahl war allein aus forschungsökonomischen Gründen unumgänglich. So blieben bei der Analyse etwa Universallexika sowie Nachschlagewerke anderer Fachrichtungen sowie weiterer Teildisziplinen der Erziehungswissenschaft unberücksichtigt – obgleich das Stichwort Erwachsenenbildung/Weiterbildung bspw. auch in Lexika der Psychologie, der Bioethik, der Sonderpädagogik usw. geführt wird. In das Datenkorpus wurde eine Reihe von Artikeln zu den Lemmata Erwachsenenbildung und/oder Weiterbildung aus (erwachsenen-)pädagogischen Nachschlagewerken aufgenommen – die Auswahl der Nachschlagewerke erfolgte in diesem Fall exemplarisch und ist als eine die beiden anderen Textgattungen ergänzende Perspektive zu kennzeichnen. Die Entscheidung für die begrenzte Auswahl lässt sich außerdem stützen durch die Fokussierung der Analyse auf die Binnenperspektive der wissenschaftlichen Disziplin Erwachsenenbildung, verstanden als Teildisziplin der Erziehungswissenschaft. Der exemplarische Charakter der Datengrundlage bezieht sich nicht nur auf die Auswahl der einzelnen Nachschlagewerke – anders als bei den Einführungsbüchern wurde auch nicht systematisch die Erstauflage, sondern eine – je nach Verfügbarkeit – beliebige im Untersuchungszeitraum erschienene Auflage gewählt. Lag ein Nachschlagewerk in mehreren Auflagen vor, wurden auch die vor- und zurückliegenden Aufla-
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gen im Untersuchungszeitraum gesichtet. Dabei zeigte sich jedoch, dass sich die Artikel strukturell entweder gar nicht oder nur marginal änderten. Abbildung 3 verdeutlicht die quantitative Verteilung der Nachschlagewerke auf den Untersuchungszeitraum. Obgleich, wie zuvor beschrieben, die Auswahl der gewählten Dokumente als exemplarisch zu bezeichnen ist, zeigt sich auch hier eine ungleichmäßige Verteilung der Dokumente auf den Untersuchungszeitraum: Während für die 1970er und 1980er Jahre relativ viele Bestandsaufnahmen zu konstatieren sind, zeigt sich in den 1990er Jahren ein Einbruch, bevor in den 2000er Jahren wieder ein reger Anstieg zu verzeichnen ist. Für die 2010er Jahre wurde lediglich ein Dokument in das Datenkorpus aufgenommen. Insgesamt fließen damit 12 Dokumente dieser Textgattung in das Datenkorpus ein. Abbildung 3: Verteilung der Nachschlagewerke auf den Untersuchungszeitraum
Nachschlagewerke 10 8 6 4 2 0 1970er 1980er 1990er 2000er 2010er Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre Quelle: Eigene Darstellung
2.3.4 Das Gesamtdatenkorpus Das gesamte Datenkorpus der vorliegenden Studie setzt sich somit aus Dokumenten unterschiedlicher Textgattungen zusammen. Es beinhaltet 33 Dokumente der Textgattung Tagungsdokumentation, 15 Dokumente der
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Textgattung Einführungsbuch und 22 Dokumente der Textgattung Nachschlagewerk. Insgesamt besteht das Datenkorpus damit aus 70 unterschiedlich ausgerichteten und unterschiedlich umfangreichen Dokumenten. 2.4 Auswertungsstrategien Die oben beschriebenen Dokumente »bilden die materielle Basis der Rekonstruktion diskursiver Regelhaftigkeiten« (Fegter 2012: 79) der Erwachsenenbildungswissenschaft. Wie aber können diese Regelhaftigkeiten analysiert bzw. rekonstruiert werden, wie kann die Auswertung des Datenmaterials unter Maßgabe der Wissenssoziologischen Diskursanalyse konkret aussehen? Welche Schritte der Auswertung sind zu absolvieren? Keller bietet, auch das wurde oben schon angemerkt, im Rahmen der Wissenssoziologischen Diskursanalyse keine eindeutige Anleitung zur Analyse von Diskursen an. Vielmehr sind seine Hinweise als Vorschläge zu verstehen, die auf das je konkrete Forschungsprojekt abgestimmt werden müssen. Auch bei der Auswertung dienen Konzepte der Grounded Theory im Rahmen der Wissenssoziologischen Diskursanalyse als orientierender Rahmen: »Im Anschluss an ein Verständnis von Foucaults Analysen als interpretative Analytik haben sich methodische Vorgehensweisen bewährt, die Ähnlichkeiten mit der Grounded Theory aufweisen und deren Konzepte nutzen.« (ebd.: 15) Exkurs: Grounded Theory als methodischer Rahmen der Wissenssoziologischen Diskursanalyse Die Analyse von Textdokumenten verknüpft Keller im Rahmen der Wissenssoziologischen Diskursanalyse mit den Methoden der qualitativinterpretativen Sozialforschung, i.e. der offenen Forschungslogik der Grounded Theory, welche in diesem Kontext als eine Art Werkzeug zur Handhabbarmachung der Analyse von Diskursen zu begreifen ist. Es geht dabei nicht darum, die Vorgaben der Grounded Theory eins zu eins zu übernehmen, sondern kreativ in den eigenen Forschungsprozess einzubinden: »Damit es hier nicht zu Irritationen kommt: Die Adaption einiger Vorgehensvorschläge der grounded theory für die Zwecke der Diskursforschung bedarf man-
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cher begrifflicher und konzeptioneller ›Übersetzungen‹; dies ergibt sich aus den unterschiedlichen Forschungsinteressen: Die Autoren der grounded theory interessieren sich primär für die Untersuchung sozialer Handlungs- und Praxiszusammenhänge (wie bspw. Interaktionsprozesse und Mensch-Maschine-Interaktionen in Krankenhäusern); entsprechend sind ihre Fragen und Beispiele formuliert. Der Diskursforschung geht es um die Analyse der sozialen Produktion und Strukturierung von Diskursen auf der Grundlage von primär textförmigen Daten; entsprechend sind die Vorschläge der grounded theory anzupassen.« (Keller 2011a: 105)
Für den Fortgang der Darstellung bedeutet dies eine Fokussierung lediglich auf die wichtigsten Konzepte der Grounded Theory, keine detaillierte Explikation. Die Grounded Theory12, auch als Methode der kategorienbasierten Textanalyse in Form des thematischen Kodierens (vgl. Flick 1998) bezeichnet, ist eines der gängigsten Verfahren der qualitativ-interpretativen Sozialforschung. Es lässt sich allerdings weniger von einem konkreten methodischen Vorgehen sprechen als vielmehr von einer »konzeptuell verdichtete[n, H.R.], methodologisch begründete[n, H.R.] und in sich konsistente[n, H.R.] Sammlung von Vorschlägen, die sich für die Erzeugung gehaltvoller Theorien über sozialwissenschaftliche Gegenstandsbereiche als nützlich erwiesen haben« (Strübing 2008: 7). Grounded Theory lässt sich als wissenschaftstheoretisch begründeter Forschungsstil beschreiben, als ein Arsenal von Einzeltechniken (vgl. Strauss/Corbin 1996: VII) mit dem Ziel einer gegenstandsbezogenen Theoriebildung durch die Möglichkeit des »konzeptionellen Ordnens« (ebd.: 17). Mit der Grounded Theory wird angenommen, dass einzelne Argumente, die sich in Texten finden, typisiert werden können. Das Textmaterial kann damit sowohl reduziert als auch reorganisiert werden. Das Vorgehen nach den Maßgaben der Grounded Theory stellt kein star-
12 Spätestens seit 1978 gibt es zwei Varianten des Verfahrens der Grounded Theory. Hier soll an die pragmatistisch orientierte Tradition der Grounded Theory nach Strauss und Strauss/Corbin angeschlossen werden, die abzugrenzen ist von einer empiristischen Variante der Grounded Theory nach Glaser. Den Bruch zwischen Strauss und Glaser sowie die daraus resultierenden Unterschiede der beiden Varianten schildert Strübing eingehend (Strübing 2008).
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res Konzept dar, sondern eine relativ offene und explorative Vorgehensweise. Grounded Theory erleichtert durch das Bilden eines Kategoriensystems die Reduktion und Gruppierung der Daten, lässt gleichzeitig aber auch noch genügend Raum für Ergebnisse, die sich erst während des Forschungsprozesses ergeben. Sie gewährt also einen relativ offenen Zugang zum Datenmaterial, der mit standardisierten Verfahren nicht möglich ist. Der Verzicht auf ein vorab entwickeltes Erhebungsinstrument13 ist laut Strauss/Corbin deshalb sinnvoll, weil Forschungsfragen so erst aus dem Datenmaterial »emergieren«. Das Arbeiten anhand der Grounded Theory ist ein Dreischritt aus Datenerhebung, Kodierung und dem Schreiben von Memos und Notizen, die während des Forschungsprozesses zum Datenmaterial angefertigt werden. Auf diese Weise sollen die persönlichen Meinungen und Einstellungen der Forschenden kontrolliert werden (vgl. Strauss 2004: 440). Das konzeptionelle Ordnen dient dem Zweck, das Material »in methodisch kontrollierter Weise [zu, H.R.] verdichten mit dem Ziel, zu Aussagen über Regelmäßigkeiten zu gelangen« (Kuckartz 2010: 110). In einem Prozess reziproker Beeinflussung von Material und daraus induzierten Erkenntnissen soll so eine Theorie »von unten« bzw. eine Gegenstandsverankerung (»grounding«) entstehen, die in den sozialen Phänomenen selbst gründet. Zu den wichtigsten Konzepten bzw. Werkzeugen der Grounded Theory gehören neben dem Theoretical Sampling, einem Auswahlverfahren für Fälle und Daten, welches sich an den Strategien der minimalen bzw. maximalen Kontrastierung orientiert und auf eine theoretische Sättigung abzielt, das Erstellen von Kommentaren und Memos sowie die Datenanalysetechnik des permanenten Vergleichs. »Wichtig ist dabei durchgehend, auf die Vergleichbarkeit bzw. Relationierung der ausgewählten Dokumente oder Teildokumente zu achten; erst dadurch sind konsistente Interpretationen möglich.« (Keller 2005a: 27)
13 Eine der Grundannahmen der Grounded Theory besteht in der Annahme einer theoretischen Voraussetzungslosigkeit der Forscherin bzw. des Forschers. Hierbei handelt es sich allerdings um eine Fiktion, denn dabei wird vernachlässigt, dass kulturell gesteuerte Interpretationsgewohnheiten die Perspektive des Forschenden auf den zu untersuchenden Gegenstand und das Material maßgeblich beeinflussen (vgl. Rosenthal 2008: 20 f.).
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Strauss/Corbin (1996) unterscheiden drei Verfahren der Textbearbeitung, die zum Grundlagenarsenal der Grounded Theory gehören. Es handelt sich dabei um das offene Kodieren, das axiale Kodieren sowie das selektive Kodieren. »Kodiert wird, indem Textstellen Kodes zugewiesen werden, die vor dem Hintergrund der intensiven Lektüre des Materials und ebenso durch theoretisches Vorwissen vorläufig als sozial typisch gelten können.« (Bormann 2011: 237) Beim offenen Kodieren handelt es sich um einen »Prozess des Aufbrechens, Untersuchens, Vergleichens, Konzeptualisierens und Kategorisierens von Daten« (Strauss/Corbin 1996: 43). In einer Zeile-für-Zeile-Analyse des gesamten Textdokuments werden dabei vorläufige Kategorien ermittelt, die beim axialen Kodieren zueinander in Beziehung gesetzt werden. Das axiale Kodieren stellt damit eine differenziertere Ausarbeitung der vorläufigen Kategorien dar. Das selektive Kodieren schließlich ist der erste Versuch einer Schwerpunktbildung, indem sog. »Kernkategorien« gebildet werden, d.h. die Daten werden analytisch beschrieben. Wichtig zu betonen ist dabei, dass es sich nicht um aufeinander folgende Analyseschritte handelt, sondern dass sich diese im Analyseprozess gegenseitig durchdringen.
Die Textanalyse beschreibt Keller als einen mehrschrittigen Prozess. Dabei lassen sich zwei Arten unterscheiden: die Grob- und die Feinanalyse. Die Grobanalyse, die mit dem sorgfältigen Lesen und einem ersten Interpretieren der Daten in Form von Paraphrasen und Kurzbeschreibungen umschrieben werden kann, umfasst alle Daten im Korpus zur allgemeinen Informationsgewinnung. Der Datenbestand muss hierauf nach systematisch reflektierten – und transparent dargestellten – Kriterien soweit reduziert werden, dass die entsprechende Aufmerksamkeit für einzelne Texte gewährleistet werden kann (vgl. Keller 2008: 217). In diesem Prozess ermittelte Schlüsseltexte oder -passagen werden daraufhin einer Feinanalyse unterzogen. Dabei hat sich ein weiteres Werkzeug der Grounded Theory, das Stellen von sog. generativen Fragen,14 als sehr hilfreich erwiesen. Die Erschließung von Text und Kontext wurde durch folgende generative Fragen geleitet:15
14 Unter generativen Fragen versteht Strauss »Fragen, die bei der Forschungsarbeit sinnvolle Richtungen aufweisen; sie führen zu Hypothesen, nützlichen Verglei-
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• • • • • •
Welche Themen/Inhalte werden angesprochen? Wie werden Themen miteinander verknüpft? Was wird problematisiert? Welche zentrale(n) Argumentationsfigur(en) ist/sind erkennbar? Wer stellt den Text her? An wen richtet er sich? Wer hat zu ihm Zugang? Warum taucht ein Diskurs auf einmal auf? Auf welche Probleme antwortet er?
Im Rahmen der Feinanalyse werden die Dokumente gleichsam »zerlegt« und in einem mehrschrittigen Prozess analysiert. »Eine Feinanalyse wird meist in mehreren Schritten erfolgen, die sich in Pendelbewegungen hin zum Text und davon weg bewegen: Beginnend mit dem Lesen einzelner Dokumente schreitet man zu Paraphrasierungen, zur Kontextanalyse und analytischen Zergliederung, zur detailgenauen Interpretation und schließlich zur Zusammenfassung.« (Keller 2011a: 99)
Keller beschreibt drei Vorgehensweisen der Bearbeitung von Texten: die Situiertheit und Materialität einer Aussage (2.3.1), die formale und sprachlich-rhetorische Struktur (2.3.2) und schließlich die interpretative Analytik der Inhalte (2.3.3). Diese drei Vorgehensweisen hängen eng miteinander zusammen und müssen in der Analyse aufeinander bezogen werden. Dabei verstehe ich im vorliegenden Fall sowohl die Analyse der Situiertheit und Materialität einer Aussage als auch die Analyse der formalen und sprachlich-rhetorischen Struktur als rahmende (Kontext-)Analysen; das Herzstück der Analyse, die Rekonstruktion der Aussageinhalte, besteht in der interpretativen Analytik der Inhalte. Im Folgenden soll der Fokus der einzelnen Analyseschritte bzw. Vorgehensweisen verdeutlicht werden.
chen, zur Erhebung bestimmter Datentypen und sogar dazu, daß der Forscher auf möglicherweise wichtige Probleme aufmerksam wird« (Strauss 1991: 50). 15 Bei der Zusammenstellung der generativen, die Textanalyse leitenden Fragen, orientiere ich mich an Überlegungen Kellers (2011a: 97ff.), Rothes (2011: 210) und Allolio-Näckes (2010: 669 f.).
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2.4.1 Situiertheit und Materialität einer Aussage »Die sozialwissenschaftliche Diskursforschung ist […] keine reine Textforschung: sie interessiert sich für den sozialen Zusammenhang von Sprachund Zeichengebrauch und Bedeutungsproduktion als Grundlage der Objektivierung gesellschaftlicher Wissensvorräte.« (Keller 2011a: 99) Das bedeutet konkret, dass auch der Kontext eines Dokuments zur Analyse unabdingbar dazu gehört. Keller unterscheidet zwischen verschiedenen Kontextdimensionen: einer historisch-sozialen, einer zeitdiagnostischen, einer institutionell-organisatorischen und schließlich einer situativen Kontextdimension. Der Blick richtet sich dabei insgesamt auf die Frage, »wer wie wo und für wen eine Aussage produziert« (ebd.) – also in welchem (historischen) Kontext wird eine Aussage produziert, in welchem institutionellen oder organisatorischen Setting wird sie getroffen, welches Publikum wird angesprochen und aus welcher situativen Position heraus formuliert die/der VerfasserIn bzw. SprecherIn ihre/seine Aussage? In Bezug auf die materiale Gestalt einer Aussage gilt es herauszuarbeiten, in welcher Form diese erscheint, dazu gehören etwa Fragen nach der Textsorte, dem Verlag oder der Auflagengröße (vgl. ebd.: 100). 2.4.2 Formale und sprachlich-rhetorische Struktur In diesem Schritt der Analyse geht es etwa darum, die Merkmale eines Dokuments in Bezug auf seine spezifische Textgattung herauszuarbeiten, das heißt: was sind die spezifischen Merkmale von Einführungsbüchern, Tagungsdokumentationen, Nachschlagewerken? Wie lassen sich diese Gattungen strukturell charakterisieren, wie unterscheiden? Im Fokus stehen weiterhin die Analyse der verwendeten rhetorischen Stilmittel – welche im Rahmen der vorliegenden Untersuchung allerdings keine nennenswerte Rolle spielt – sowie der Art der Darstellung (fragend, problematisierend, polemisierend usw.) (vgl. ebd.: 100 f.). Weiterhin gehört zur Analyse der formalen Struktur auch die Suche nach semantischen Veränderungen, z.B. die Tilgung oder das erneute Auftauchen von Begriffen. 2.4.3 Die interpretative Analytik der Inhalte Die interpretative Analytik der Inhalte beschreibt Keller als »interpretativanalytische Erfassung und Rekonstruktion der Aussageinhalte« (ebd.: 101). Dazu bietet die Wissenssoziologische Diskursanalyse verschiedene Hilfsmittel bzw. Rekonstruktionsperspektiven an: die Analyse der Phänomen-
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struktur einer Aussage, die Analyse von Deutungsmustern sowie die Analyse der narrativen Struktur einer Aussage. 2.4.3.1 Phänomenstruktur »Der Begriff der Phänomenstruktur bezieht sich darauf, dass Diskurse in der Konstitution ihres referenziellen Bezuges (also ihres ›Themas‹) unterschiedliche Elemente benennen und zu einer spezifischen Gestalt der Phänomenkonstitution, einer Problemstruktur oder -konstellation verbinden.« (ebd.: 103) Keller unterscheidet zwei Dimensionen der Analyse der Phänomenstruktur: die dimensionale Erschließung des Phänomens auf der einen und die inhaltliche Ausführung der Dimensionen auf der anderen Seite. Die dimensionale Erschließung des Phänomens entspricht in etwa dem Vorgang des Kodierens der Grounded Theory, es geht hierbei also »um die Entwicklung von ›Kodes‹, d.h. um die Generierung abstrakter Kategorien zur Benennung einzelner Aussage- und damit Diskursbausteine« (ebd.: 105). Mit der inhaltlichen Ausführung der Dimensionen sollen im Anschluss daran Kodierfamilien gebildet werden, »d.h. Zuordnungen unterschiedlicher Merkmalsausprägungen zu den entsprechenden Kode-Kategorien wie Ursachen, Konsequenzen, Korrelationen, Randbedingungen, Prozesse, Typen, Identitäten u.a. […]« (ebd.). 2.4.3.2 Deutungsmuster »Der Begriff des Deutungsmusters visiert den sozial typischen Sinn einer Aussageeinheit an, also gesellschaftlich vorübergehend konventionalisierte Deutungsfiguren.« (ebd.: 108) Unter Deutungsmustern sind gesellschaftlich konventionalisierte Denk- und Deutungsfiguren bzw. allgemeine Muster zu verstehen, die ein konkretes Aussagengeflecht strukturieren, d.h. Deutungsmuster kombinieren verschiedene Wissens- bzw. Deutungselemente zu einem typischen Muster, welches im Rahmen dieses Untersuchungsschrittes herausgearbeitet wird. Insofern schließt die (Fein-)Analyse von Deutungsmustern an die kategoriale Analyse der Phänomenstruktur des untersuchten Diskurses an.
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2.4.3.3 Narrative Struktur Die Analyse der narrativen Struktur meint die Beschreibung der story line bzw. des roten Fadens, welcher einen Text bzw. eine Aussage auf spezifische Art und Weise konfiguriert oder rahmt. »Die Analyse dieser story lines zielt auf jeweils typische und typisierbare Muster, die letztlich in einer Vielzahl konkreter, unterschiedlicher Äußerungen und Aussagegestalten manifestiert werden.« (ebd.: 111) Grob gesagt geht es um die »Geschichte« des untersuchten Diskurses, die den Möglichkeitsrahmen des Sprechens bzw. Schreibens quasi umzäunt. 2.5 Von der (Fein-)Analyse zum Gesamtergebnis Wie kommt man nun von der Analyse einzelner Dokumente zu einer Aussage über den untersuchten Diskurs? Diskursanalyse ist immer Einzelfallanalyse, die theoretische Verallgemeinerung wird stets am Einzelfall bzw. am einzelnen Datum vorgenommen. Daher stellt sich – ähnlich wie bei anderen Verfahren der qualitativen Sozialforschung – die Frage nach der Verallgemeinerbarkeit der Einzelergebnisse zu Aussagen über einen bestimmten Diskurs – schließlich möchte die Forscherin zu Aussagen gelangen, die über den Einzelfall hinausgehen.16 »Diskursfragmente beinhalten kompatible Teilstücke von Diskursen. Um zu Aussagen über den oder die Diskurs(e) zu gelangen, müssen die Ergebnisse der einzelnen Feinanalysen im Forschungsprozess aggregiert werden.« (ebd.: 113) Zu Aussagen über den gesamten Kontext gelangt man
16 »Einerseits erfordern die Einzelfallorientierung, die Rekonstruktion von Bedeutungen und die konfliktuelle Dimension diskursiver Prozesse eine detaillierte Analyse diskursiver Auseinandersetzungen. Hierfür sind qualitative Analyseverfahren prädestiniert. Andererseits ist die Summe der Diskursbeiträge zu diskursiven Auseinandersetzungen meist Legion und übersteigt die Reichweite qualitativer Analyseverfahren. Hierdurch entsteht für den Diskursanalytiker geradezu zwangsläufig das Problem, auf der Grundlage einer eingeschränkten Datenbasis allgemeine Aussagen [z.B., H.R.] über den kulturellen Wandel formulieren zu müssen, den diskursive Auseinandersetzungen auf den Weg bringen. Diskursanalysen bewegen sich damit in einem Spannungsfeld zwischen Detaillierungszwang und Verallgemeinerungsgebot.« (Schwab-Trapp 2006: 277)
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dennoch, da jeder Fall Hinweise auf das Allgemeine, das Typische, liefert (vgl. Rosenthal 2008: 75). Die Forscherin folgt damit dem Verfahren der sozialwissenschaftlichen Typenbildung bzw. dem induktiven Schließen vom Einzelfall auf das Ganze. 17 Die Wissenssoziologische Diskursanalyse zielt, daran soll an dieser Stelle noch einmal erinnert werden, auf die Analyse von Prozessen der Erzeugung, Stabilisierung und Transformation gesellschaftlicher – im vorliegenden Fall disziplinärer – Wissensordnungen. Insofern besteht die Aufgabe der Forscherin an dieser Stelle darin, das den Dokumenten zugrundeliegende Regelsystem zu rekonstruieren (vgl. Keller 2011a: 46). »Das Ziel der WDA ist die Explikation dieser Regeln im Verbund mit den sozialen und historischen Kontextbedingungen, der Aussagenstruktur und den in sie eingelassenen Phänomenen und Deutungsmustern.« (Bormann 2011: 258) Diese Regeln sind das Ergebnis der Suche nach Problematisierungsweisen bzw. Bezugnahmen des untersuchten Diskurses (vgl. Bublitz 2011: 266). Regeln wiederum sind in diesem Zusammenhang zu kennzeichnen als die spezifischen Begriffs- und Gegenstandsformationen eines Diskurses (vgl. ebd.). Insofern müssen die im Rahmen der Feinanalyse einzelner Dokumente ermittelten Ergebnisse miteinander in Beziehung gesetzt werden. Diskursanalytisches Vorgehen kann erst mit dem Vergleich der ermittelten Analysekategorien und -ergebnisse zu greifbaren Ergebnissen kommen. Die Quellendokumente werden also nicht »isoliert voneinander wahrgenommen, sondern [im Sinne des steten Vergleichens, H.R.] in ihren Beziehungen, dem diskursiven Kontext und vor dem zeitgeschichtlichen Hintergrund« (Waldschmidt 2008: 159).
17 »Die Vermutung liegt nahe, dass die Dreifaltigkeit der Gütekriterien nomologisch-deduktiver Verfahren, also Reliabilität, Validität und Repräsentativität, hier zumindest nicht hinreichend spezifisch ist, ihre schematische Übertragung daher keine Lösung wäre.« (Strübing 2008: 11) Wichtiger ist vielmehr die intersubjektive Nachprüfbarkeit und Transparenz. Dazu ist auch ein möglichst vorurteilsfreies Herangehen an den Untersuchungsgegenstand notwendig. Die Logik des Verallgemeinerns am Einzelfall (vgl. Rosenthal 2008: 13 ff.) verfolgt keinen Anspruch auf Repräsentativität. Denn qualitative Untersuchungen sind »statistisch nicht repräsentativ« (ebd.: 25). Es handelt sich vielmehr um theoretische Verallgemeinerungen – nicht um numerische (vgl. ebd.: 75).
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In einem ersten Analyseschritt werden die Tagungsdokumentationen, die Einführungsbücher und die Nachschlagewerke separat in den Blick genommen, um ihre Spezifika an den untersuchten Dokumenten konkret festmachen zu können. Daraufhin werden die Dokumente der drei untersuchten Textgattungen in Anlehnung an die offene Forschungslogik der Grounded Theory und in der Logik der kategorienbasierten Textanalyse »aufgebrochen«18 sowie in Anlehnung an Kellers Vorgehensvorschläge der Analyse der interpretativen Analytik geordnet. Das bedeutet, die in diesem Analyseschritt gewonnenen Codes werden zu einer Phänomenstruktur verdichtet. Im Folgenden werden – auf der Basis dieser Phänomenstruktur – Deutungsmuster, die den Rahmen des untersuchten Diskurses bilden, herausgearbeitet. Daraufhin werden die Phänomenstruktur und die Deutungsmuster in einer story line zusammengebracht und schließlich in Form eines diskursspezifischen Interpretationsrepertoires zusammengefasst.
18 Dieser Teil der Textanalyse wurde unter Zuhilfenahme des Qualitative Data Analysis-Programms MaxQDA durchgeführt. Programme dieser Art dienen im Forschungsprozess eher als Hilfe beim Datenmanagement bzw. als Werkzeug zur Strukturierung und Organisation von Textdaten – die eigentliche Arbeit, also das »intellektuelle« Kodieren können sie nicht leisten (vgl. Kuckartz 2010: 57). Ein Vorteil dieser Programme liegt beispielsweise in der Möglichkeit einer lexikalischen Suche, d.h. der Suche nach Begriffen oder Begriffskombinationen; quantitative Auffälligkeiten können dann im Weiteren als Aufmerksamkeitsmarker gelten. »Nun ist die Suche nach Mustern in den Daten eine ganz besondere Stärke von Computern. Hat man eine solche klassifizierende Vorarbeit wie die Codierung von Textsegmenten bereits geleistet, so lassen sich diese Fähigkeiten gewinnbringend nutzen« (ebd.: 227 f.) – abschließend müssen diese Daten aber wieder interpretativ gefüllt werden. Insofern gilt es, den Einsatz solcher Instrumente gut abzuwägen.
Teil III: Die Ergebnisse der empirischen Untersuchung
Im folgenden Teil der Arbeit werden die Ergebnisse der empirischen Untersuchung präsentiert1. Die Analyseergebnisse werden – angelehnt an den Vorgehensvorschlag Kellers (s. Teil II) – wie folgt dargestellt: Zunächst werden die untersuchten Textgattungen in einer knappen Übersicht jeweils separat in den Blick genommen und kontextualisiert. Hierbei stehen vor allen Dingen die Frage nach der SprecherInnenposition, den AdressatInnen sowie die Frage nach der Art des Fokus der jeweiligen Textgattung auf den Gegenstand Erwachsenenbildung im Vordergrund. Deutlich werden sollen dadurch zum einen die konkreten Spezifika der untersuchten Textgattungen sowie zum anderen, inwiefern die Textgattung die Art und Weise des Sprechens über den Untersuchungsgegenstand beeinflusst (Kapitel 1). Im weiteren Verlauf werden die Dokumente im Ganzen untersucht, d.h. nicht nach ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Textgattung separiert, sondern als Bestandteile ein- und desselben Diskurses verstanden und behandelt. Die Darstellung der Analyseergebnisse erfolgt daraufhin in einem Dreischritt: Zunächst werden die ermittelten Thematisierungsdimensionen des Diskurses und ihre inhaltlichen Ausprägungen in Form der Phänomenstruktur des Diskurses präsentiert (Kapitel 2), danach diese Diskursdimensionen miteinander in Beziehung gebracht und ermittelt, wie sie im Verhältnis zueinander stehen. Das Ergebnis dieses Arbeitsschrittes wird in Form
1
An dieser Stelle sei darauf verwiesen, dass Textbelege der analysierten Dokumente mitunter in verschiedenen Kontexten und mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung bewusst mehrfach verwendet werden.
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von fünf im Diskurs dominanten Deutungsmustern dargestellt (Kapipitel 3). Weiterhin werden die Diskursdimensionen und die dominierenden Deutungsmuster miteinander verknüpft und zu einer sog. story line verbunden (Kapitel 4). Mit einer Übersicht über das diskursspezifische Interpretationsrepertoire schließt dieser Teil der Arbeit (Kapitel 5).
1. K ONTEXTUALISIERUNG
UND
ART
DES
F OKUS
Im Folgenden werden die einzelnen Textgattungen separat in den Blick genommen. Die Kontextualisierung der Textgattungen entspricht in etwa dem, was Keller als Situierheit und Materialität sowie als formale und sprachlich-rhetorische Struktur einer Aussage bezeichnet (vgl. Teil II). Den Schwerpunkt der nachfolgenden Kontextualisierung bilden neben der Beschreibung der Art des Fokus der jeweiligen Textgattung auf den zu untersuchenden Gegenstand insbesondere die Fragen nach den AdressatInnen sowie nach den SprecherInnen. 1.1 Tagungsdokumentationen 2 Die Tagungsdokumentationen sind unmittelbar im Kontext der Tagungen der Sektion Erwachsenenbildung der DGfE als deren übergeordneter Fachgesellschaft zu verorten. Insofern bedarf es zum besseren Verständnis einer kurzen Einordnung: Die konstituierende Sitzung der Sektion Erwachsenenbildung fand 1971 in Frankfurt am Main im Anschluss an die Jahrestagung des Arbeitskreises Universitäre Erwachsenenbildung (AUE) statt und ging aus einer Kommission des AUE (heute: Deutsche Gesellschaft für wissenschaftliche Weiterbildung und Fernstudium) hervor.3 Die ersten Zusammenkünfte der Sektion Erwachsenenbildung fanden ohne Fokussierung auf ein bestimmtes Thema bzw. eine konkrete Fragestellung statt – seit 1975 werden die Tagungen der Sektion Erwachsenenbildung, die an wechselnden Standorten in ganz Deutschland veranstaltet werden, regelmäßig und
2
Eine Übersicht über die untersuchten Vorworte der Tagungsdokumentationen
3
Zur Geschichte der Sektion Erwachsenenbildung vgl. Schmidt-Lauff 2014; vgl.
findet sich im Anhang. auch Rosenberg/Hof 2014.
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unter einem Leitthema bzw. einer Leitfrage abgehalten. Die Tagung aus dem Jahr 1977 ist die erste, die schriftlich dokumentiert vorliegt. Seit 1979 werden die Jahrestagungen regelmäßig dokumentiert und in unterschiedlicher Form veröffentlicht, bspw. durch die Institute der jeweiligen Gastgeberuniversitäten. Von 1991 bis 2004 erschienen die Dokumentationen der Jahrestagungen als Beiheft zur Zeitschrift Report, herausgegeben von der Pädagogischen Arbeitsstelle des Deutschen Volkshochschulverbandes (PAS), Mitte der 1990er Jahre umbenannt in Deutsches Institut für Erwachsenenbildung (DIE). Seit 2005 werden die Dokumentationen als Reihe im Schneider-Verlag Hohengehren herausgegeben mit dem Ziel, »dass mit den Jahren eine in der Disziplin sichtbare und rezipierte Publikationsreihe entstehen wird« (DOK_Tagung_2006: IX). I.d.R. erscheinen die Tagungsdokumentationen im Jahr nach der jeweiligen Tagung. Qua Definition steht im Fokus von wissenschaftlichen Fachgesellschaften – und damit auch im Fokus der schriftlichen Tagungsdokumentationen der Sektion Erwachsenenbildung – das Interesse an der gemeinsamen Sache, mithin die Auseinandersetzung über den gemeinsamen Objekt- und Gegenstandsbereich (vgl. Teil II). Wie lässt sich die Auseinandersetzung der Erwachsenenbildungswissenschaft auf der Ebene der Tagungsdokumentationen ihrer Sektion beschreiben? Welche Thematisierungsdimensionen sind dominierend, wodurch sind die jeweiligen SprecherInnenpositionen gekennzeichnet, wer wird adressiert – kurz: Was sind die Spezifika dieser Textgattung? Die ersten schriftlichen Tagungsdokumentationen der Sektion Erwachsenenbildung sind dezidiert als Berichte bzw. Zusammenfassungen des Tagungsgeschehens verfasst (vgl. DOK_Tagung_1977: I) und thematisieren nicht nur inhaltlich-thematische Auseinandersetzungen um Erwachsenenbildung, sondern auch Fragen der Tagungsdidaktik (vgl. DOK_Tagung_ 1979: 4) und des gemeinsamen Arbeitens, der gegenseitigen Verständigung (vgl. DOK_Tagung_1981: 5). Eine wichtige Rolle spielt – insbesondere in den Anfangsjahren der Auseinandersetzungen auf Sektionsebene – auch die soziale Dimension: So werden der Verlust von Sektionsmitgliedern betrauert (vgl. DOK_Tagung_1985: 6) oder Abschiede in den Ruhestand gemeinsam gefeiert (vgl. DOK_Tagung_1991: 8 f.). Insofern versteht sich die Sektion Erwachsenenbildung nicht nur als Scientific Community, sondern auch als Social Community.
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Auf inhaltlicher Ebene befasst sich die Sektion mit Fragen der Forschungsentwicklung, der Theoriebildung, der Ausbildungsleistung und der Weiterbildungspraxis – die zentralen Bezugspunkte der Sektionsarbeit: »Die wissenschaftsinstitutionelle Verankerung der Erwachsenenbildung an Hochschulen und die Ausweitung und Intensivierung der Ausbildungsleistungen für den Weiterbildungsbereich gingen einher mit der Notwendigkeit, kontinuierlich Zusammenhänge von Forschungsentwicklung, Theoriebildung, Ausbildungsleistung und Weiterbildungspraxis zu erörtern.« (DOK_Tagung_1979: 3)
Im Mittelpunkt der Auseinandersetzungen auf Sektionsebene steht somit die »sachbezogene […] Kooperation« (DOK_Tagung_1977: II), also eine gemeinsame Diskussion über den Gegenstand Erwachsenenbildung und über Aufgabe und Funktion einer Wissenschaft von der Erwachsenenbildung, bei der »möglichst vielfältige wissenschaftliche Positionen zu Worte kommen« (ebd.: I) sollen. Insofern bilden die Tagungen ein Forum des Austausches zwischen verschiedenen Positionen zum Zweck der Information und Reflexion über Erwachsenenbildung aus wissenschaftlicher Sicht. Angelegt sind diese Diskussionen als langfristige, sie sollen beständig und systematisch geführt werden (vgl. DOK_Tagung_1979: 3). Die wichtigsten Prämissen für die gemeinsame Arbeit am Gegenstand sind mithin »Zeit und Kontinuität« (DOK_Tagung_1979: 4). Die Sektion versteht sich als Forum des kollegialen Gedankenaustausches (vgl. DOK_Tagung_1989: 3) und als Ort interner Verständigungs- und Aushandlungsprozesse über den Gegenstandsbezug sowie über die Frage nach gemeinsamen Arbeitsprozessen und -strukturen. Adressiert werden mit den Tagungsdokumentationen zunächst vornehmlich die Mitglieder der Sektion Erwachsenenbildung – hauptsächlich WissenschaftlerInnnen, aber auch PraktikerInnen. Mit der Zeit – im Verlaufe der 1990er Jahre – verlieren die Tagungsdokumentationen zusehends ihren teilweise recht protokollartigen Charakter einer detaillierten Beschreibung des Tagungsgeschehens und entwickeln sich zu einer Art Sammelband, der das jeweilige Tagungsthema aus verschiedenen Perspektiven und Schwerpunktsetzungen betrachtet und diskutiert. Dabei tritt die soziale Dimension gegenüber der Konzentration auf den Sachbezug zunehmend in den Hintergrund. Damit geht auch eine Öffnung einer in erster Linie internen Kommunikation nach außen einher: Es
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geht jetzt nicht mehr nur um eine Kommunikation nach innen, sondern zunehmend um »unsere Außendarstellung und -wirkung« (DOK_Tagung_ 2004: 8). Damit erweitert sich auch der AdressatInnenkreis: Nicht mehr nur die Mitglieder der Sektion Erwachsenenbildung, sondern alle an der fachlichen Diskussion interessierten (Nachwuchs-)WissenschaftlerInnen (und PraktikerInnen) – im weitesten Sinne: die interessierte Öffentlichkeit4 – werden adressiert. Dabei wird der Fokus auch auf ein internationales Publikum ausgeweitet (vgl. DOK_Tagung_2003: 8). Die VerfasserInnen der untersuchten Vorworte sind i.d.R. auch die HerausgeberInnen der Dokumentationen und zugleich die Vorstände der Sektion.5 Diese sind gemeinhin ProfessorInnen, zumindest aber promovierte WissenschaftlerInnen und in der Überzahl Männer – die SprecherInnenposition ist verbunden mit dem Tragen eines akademischen Titels und der Zugehörigkeit zur Scientific Community. Zusammenfassend lässt sich festhalten: Über das Interesse an einem wissenschaftlich zu erforschenden Gegenstand – die Verständigung über den gemeinsamen Objekt- und Gegenstandsbezug und die Reflexion über Funktion und Aufgaben der Erwachsenenbildungswissenschaft stehen zwar im Mittelpunkt der Debatten – geht die Diskussion auf der Ebene der Tagungsdokumentationen insofern hinaus, als dass neben der sachbezogenen Auseinandersetzung über den Objekt- und Gegenstandsbereich auch der sozialen Komponente des gemeinsamen Zusammenarbeitens eine wichtige Rolle zuzukommen scheint. Im Vordergrund der Auseinandersetzungen steht der kollegiale Gedankenaustausch über Fragen der Forschungsentwicklung, Theoriebildung, Ausbildungsleistung und Weiterbildungspraxis, die Verständigung über den Gegenstand und die Konstitution der Wissenschaft von der Erwachsenenbildung. Entsprechend dieser Ausrichtung werden auch in erster Linie KollegInnen, also WissenschaftlerInnen aus dem Bereich Erwachsenenbildung, adressiert – weniger die PraktikerInnen des Feldes, Studierende oder andere (potentielle) AdressatInnen, auch wenn ei-
4
Dazu zählt u.a. auch die DGfE als Dachorganisation der Sektion Erwachsenenbildung.
5
Eine Übersicht über die Sektionsvorstände findet sich auf der Sektionshomepage: http://www.dgfe.de/sektionen-kommissionen/sektion-9-erwachsenenbildung/ ueber -die-sektion.html [Stand: Juli 2013].
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ne Ausweitung des AdressatInnenspektrums um den wissenschaftlichen Nachwuchs und ein internationales Fachpublikum konstatiert werden kann. 1.2 Einführungsbücher6 Einführungsbücher dokumentieren nicht, sondern rekonstruieren einen Gegenstand aus einer ganz spezifischen Perspektive. Diese Vergewisserungs-, Ordnungs- und Systematisierungsversuche lassen sich nicht nur anhand der von ihnen gesetzten Perspektiven bzw. Schwerpunktsetzungen unterscheiden, sondern auch danach, ob sie eher die Einheit des zu rekonstruierenden Feldes fokussieren oder dessen Multiperspektivität in den Blick nehmen (vgl. Teil II). Kongruent zur Darstellung auf der Ebene der Tagungsdokumentationen soll hier die Frage nach der Art und Weise der Auseinandersetzung der Erwachsenenbildungswissenschaft auf der Ebene der Einführungsbücher gestellt werden: Welche Thematisierungsdimensionen sind dominierend, wodurch sind die jeweiligen SprecherInnenpositionen gekennzeichnet, wer wird adressiert – kurz: Was sind die Spezifika dieser Textgattung? Die Einführungsbücher verstehen sich in aller Regel als ein »Überblick über das Problemfeld ›Erwachsenenbildung‹« (DOK_Einführung_1974: 11). Der Ausgangspunkt ist dabei für gewöhnlich die erwachsenenpädagogische Handlungspraxis: Die wissenschaftliche Bearbeitung des Gegenstandes Erwachsenenbildung stellt primär »eine detaillierte Analyse und Reflexion der Probleme und Aufgaben« (DOK_Einführung_1972: 7) der Erwachsenenbildungspraxis dar. Aus dieser Perspektive soll die wissenschaftliche Reflexion der Handlungspraxis die Wirklichkeit der Erwachsenenbildung systematisch durchdringen (vgl. DOK_Einführung_1979: 4). Insofern nimmt auch die Beschreibung des Tätigkeitsfeldes, der Institutionen sowie der rechtlichen, finanziellen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und historischen Vorläufer des (institutionalisierten und organisierten) Lehrens und Lernens Erwachsener in den meisten Einführungsbüchern eine prominente Position ein.
6
Eine Übersicht über die untersuchten Vorworte der Einführungsbücher findet sich im Anhang.
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In Bezug auf die konkreten Inhalte der Einführungsbücher ähneln sich die untersuchten Exemplare, allerdings setzen sie je unterschiedliche Akzente und bieten den LeserInnen damit verschiedene Interpretationsansätze an (vgl. DOK_Einführung_2000: 5). So ist die Auffassung darüber, was eine Einführung in die Erwachsenenbildung leisten kann und soll, zum Teil sehr unterschiedlich. Auf der Grundlage der untersuchten Einführungsbücher lässt sich eine grobe Unterscheidung zwischen solchen Einführungen treffen, die den Akzent eher auf Differenzen und Uneindeutigkeiten des Feldes legen, also Fragen stellen, Zusammenhänge aufdecken, aber auch Probleme und Schwierigkeiten benennen – diese Einführungen liefern kein kanonisiertes Wissen, sondern verstehen sich als Denkangebote aus spezifischen, aber austauschbaren Perspektiven – und solchen Einführungen, die eher die Einheit des Feldes fokussieren und ihre Aufgabe vornehmlich in der »Auflistung von phänomenalen Daten« (DOK_Einführung_2005a: 5) im Sinne kanonisierter Wissensbestände über das Feld der Erwachsenenbildung sehen – diese Einführungen sind aber in der Unterzahl. AdressatInnen der Einführungsbücher sind neben Studierenden der Erwachsenenbildung bzw. Erziehungswissenschaft – diese können als die Hauptzielgruppe angesehen werden – auch PraktikerInnen, in der Bildungspolitik Tätige sowie generell am Feld der Erwachsenenbildung Interessierte, für die der Bereich noch neu ist bzw. die sich einen Eindruck über die Struktur des Feldes verschaffen wollen. Das AdressatInnenfeld gestaltet sich damit – was die Vorkenntnisse und das Erkenntnisinteresse der AdressatInnen anbelangt – als einigermaßen heterogen. Die VerfasserInnen der Einführungsbücher sind zumeist UniversitätsprofessorInnen der Erwachsenenbildung bzw. der Erziehungswissenschaft und verfügen darüber hinaus mitunter über profunde Praxiserfahrungen (vgl. DOK_Einführung_2009: 9; vgl. DOK_Einführung_1974: 12). Promovierte, (noch) nicht habilitierte WissenschaftlerInnen sind lediglich als MitautorInnen an der Publikation der Einführungsbücher beteiligt – eine Ausnahme bildet dabei die Einführung aus dem Jahr 2002: Der Autor ist zum einen »lediglich« promoviert und entstammt zum anderen dem Bereich der Sonderpädagogik. Weiterhin sind die AutorInnen dieser Textgattung zum größten Teil männlichen Geschlechts. Die SprecherInnenposition ist – ähnlich wie bei den Tagungsdokumentationen – bestimmt durch das Tragen eines akademischen Titels und die Zugehörigkeit zur Scientific Community, vornehmlich zur Erwachsenenbildung, in Einzelfällen »genügt« aber auch
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die Zugehörigkeit zur Erziehungswissenschaft. Bei dieser Textgattung scheint – anders als bei den Tagungsdokumentationen – auch die eigene Praxiserfahrung eine gewisse Rolle bei der Frage nach der legitimen SprecherInnenposition zu spielen. Die Art des Fokus der Einführungsbücher lässt sich – zusammengefasst – als wissenschaftliche Reflexion des Tätigkeitsfeldes von (künftig) im Feld der Erwachsenenbildung Tätigen aus einer ganz spezifischen Perspektive beschreiben – unabhängig davon, ob dies eher über die Fokussierung der Einheit des Feldes geschieht oder ob eher Fragen und Probleme in den Mittelpunkt der Darstellung gerückt werden. Einführungen bieten so einen ersten Überblick über das Problemfeld der Erwachsenenbildungspraxis bzw. des erwachsenenpädagogischen Tätigkeitsfeldes – wenngleich aus einer wissenschaftlichen Perspektive. So steht zwar das Tätigkeitsfeld im Fokus dieser Textgattung, aber die SprecherInnen sind i.d.R. keine PraktikerInnen – die ExpertInnen für das Praxisfeld –, sondern WissenschaftlerInnen. Demgemäß werden auch vornehmlich Studierende der Erziehungswissenschaft bzw. der Erwachsenenbildung adressiert, NovizInnen des Feldes, die auf ihre künftige Tätigkeit im Praxisfeld wissenschaftlich vorbereitet werden sollen. 1.3 Nachschlagewerke7 Nachschlagewerke, so unterschiedlich sie im Einzelnen auch ausgestaltet sein können, bieten laut Definition einen relativ objektiven Überblick über das kanonisierte Wissen einer Disziplin (vgl. Teil II). Wie im Vorfeld bei den Tagungsdokumentationen und den Einführungsbüchern soll auch hier gefragt werden, welche Thematisierungsdimensionen auf der Ebene der Nachschlagewerke dominieren, wodurch die SprecherInnenpositionen gekennzeichnet sind und wer adressiert wird. Geklärt werden soll also auch hier die Frage nach dem spezifischen Fokus dieser Textgattung. Je nach Ausrichtung eines Nachschlagewerkes kann – ähnlich wie bei den Einführungsbüchern – eine Unterscheidung getroffen werden zwischen solchen Nachschlagewerken, die den LeserInnen kurz gefasste Informationen und als kanonisiert zu bezeichnendes Wissen an die Hand geben und
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Eine Übersicht über die untersuchten Artikel der Nachschlagewerke findet sich im Anhang.
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zugleich zum eigenen Studium anregen wollen (vgl. DOK_Lexikon_1978a: 7) und solchen, die weniger Antworten auf Fragen und Probleme liefern, sondern diese geradezu erst aufwerfen (vgl. Roth 1976: 5). Einige Nachschlagewerke verfolgen den Anspruch, »die Ergebnisse der Forschung und den Stand der wissenschaftlichen Diskussion« (Weißeno 1999: XIII) zu bilanzieren. Andere hingegen wollen »schnell und gründlich« (Schaub/Zenke 2000: 7) informieren, sind als »Arbeitsinstrument« (Tenorth/Tippelt 2007: XI) konzipiert. Vom Umfang her unterscheiden sich die untersuchten Artikel teilweise erheblich voneinander: Das Korpus enthält Artikel, die das Stichwort Erwachsenenbildung auf knapp 20 Zeilen beschreiben, aber auch Artikel, deren Umfang sich über ca. 20 Seiten erstreckt – dementsprechend oberflächlich bzw. detailliert fällt die Darstellung jeweils aus.8 Vom inhaltlichen Aufbau her folgen die Artikel in den Nachschlagewerken i.d.R. einem Schema,9 das folgende Aspekte in unterschiedlicher Ausführung umfasst: Zumeist wird einer Definition des Begriffs Erwachsenenbildung sowie der Darstellung ihrer Aufgaben, Ziele und Funktionen sowie einem historischen Abriss der meiste Platz eingeräumt – der Fokus liegt damit auf der Beschreibung des Systems der Erwachsenenbildung, seiner Einrichtungen und Institutionen, den rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen der Erwachsenenbildung als Quartärbereich des Gesamtbildungssystems. Wird die Erwachsenenbildungswissenschaft in den Blick genommen – und das ist bei dieser Textgattung nicht unbedingt üblich – geht es meist um (unterschiedliche) Theorien der Erwachsenenbildung (vgl. DOK_Lexikon_1991:
8
Der bisweilen beschränkte Umfang der Artikel in den Nachschlagewerken führt dazu, dass mitunter mit Abkürzungen gearbeitet wird. So wird etwa Erwachsenenbildung häufig als »E.« (DOK_Lexikon_1988: 134) abgekürzt, was möglicherweise irritierend wirken kann. Diese Abkürzungen werden nicht ausgeschrieben – ergibt sich der Sinn doch aus dem Kontext –, sondern in Belegzitaten originalgetreu beibehalten.
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Das Festhalten an diesem Schema führt mitunter dazu, dass sich Artikel formal wie inhaltlich sehr ähneln. Über diese formalen und inhaltlichen Ähnlichkeiten hinaus scheint es außerdem eine Art der »Wiederverwertung« von Bestandteilen bzw. ganzen Artikeln zu geben, was wiederum in teilweise etwas sperrigen, weil nicht aktuellen Formulierungen und überholten Inhalten resultiert (vgl. DOK_ Lexikon_2006b; vgl. DOK_Lexikon_2000b; vgl. DOK_Lexikon_2007a).
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635 ff.); Forschung und ihre Ergebnisse werden dagegen kaum (explizit) thematisiert. Der AdressatInnenkreis ist bei dieser Textgattung wesentlich breiter als bei den anderen untersuchten Textgattungen: Angesprochen werden sollen – je nach Zuschnitt eines Nachschlagewerks – eine ganze Reihe unterschiedlicher AdressatInnen: Genannt werden neben WissenschaftlerInnen und Studierenden der (Erwachsenen-)Pädagogik auch in der pädagogischen Praxis Tätige, etwa ErzieherInnen, LehrerInnen, DozentInnen und ReferendarInnen. Weiterhin sollen die Nachschlagewerke auch von SchülerInnen sowie Eltern verwendet und in Ministerien und Verbänden genutzt werden können sowie Laien einen ersten Ein- und Überblick liefern. Der AdressatInnenkreis ist damit als sehr weit und heterogen zu bezeichnen – die Artikel müssen demnach Informationen auf unterschiedlichen Niveaus und für vielfältige Bedürfnisse darbieten. Die meisten VerfasserInnen, sofern sie namentlich verzeichnet sind – die Artikel in DOK_Lexikon_1976a, DOK_Lexikon_1987 und DOK_Lexikon_1988 erscheinen ohne AutorInnenangabe –, sind ProfessorInnen der (Erwachsenen-)Pädagogik, aber auch promovierte und zum Teil habilitierte WissenschaftlerInnen der Erziehungswissenschaft bzw. der Erwachsenenbildung. Zwischen den Artikeln erziehungswissenschaftlicher und erwachsenenpädagogischer Schwerpunktsetzung lässt sich kein bedeutsamer Unterschied feststellen – zumal die SprecherInnen der erziehungswissenschaftlichen Nachschlagewerke häufig erwachsenenpädagogischer Provenienz sind. Ähnlich wie bei den anderen Textgattungen zeigt sich das Feld der SprecherInnen männlich dominiert. Wieder bilden akademische Titel und die Zugehörigkeit zur Fachdisziplin (Erwachsenen-)Pädagogik die Voraussetzung, um legitim sprechen zu dürfen. Der Fokus der Nachschlagewerke, so lässt sich zusammenfassend sagen, liegt auf der Darstellung kanonisierter Wissensbestände über das System der Erwachsenenbildung. Die Nachschlagewerke verfolgen i.d.R. keinen spezifischen Fokus, sondern beschreiben das Erwachsenenbildungssystem relativ schematisiert und allgemein. Dieses allgemeine Moment spiegelt sich auch in der vielfältigen AdressatInnenstruktur dieser Textgattung wider: Nicht nur im pädagogischen Feld Tätige oder mit dem pädagogischen Feld Befasste (PraktikerInnen, WissenschaftlerInnen, in der der Bildungspolitik Beschäftigte usw.) werden adressiert, sondern darüber hinaus auch Laien, die sich einen ersten Überblick über Erwachsenenbildung ver-
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schaffen möchten. Die Fokussierung auf das allgemeine »Faktenwissen« über den Gegenstand, über das System der Erwachsenenbildung, scheint zugleich die Bedeutung der SprecherInnenposition etwas in den Hintergrund treten zu lassen. Die SprecherInnen sind nicht notwendigerweise ProfessorInnen oder Mitglieder der erwachsenenpädagogischen Scientific Community – und mitunter werden die SprecherInnenpositionen auch überhaupt nicht markiert. 1.4 Zusammenfassung: Kontextualisierung und Art des Fokus Die in das Datenkorpus der vorliegenden Untersuchung eingegangenen Textgattungen Tagungsdokumentationen, Einführungsbücher und Nachschlagewerke setzen im Diskurs der Erwachsenenbildungswissenschaft je unterschiedliche Akzente in der Konstitution ihres Gegenstandes: Während der Fokus bei den Tagungsdokumentationen in der Formel der Verständigung über den Gegenstand und die Konstitution der Wissenschaft von der Erwachsenenbildung zum Ausdruck gebracht werden kann, kann der Fokus der Einführungsbücher als wissenschaftliche Reflexion des Tätigkeitsfeldes aus einer je spezifischen Perspektive bezeichnet werden. Der Fokus der Nachschlagewerke schließlich lässt sich mit Darstellung kanonisierter Wissensbestände über das System der Erwachsenenbildung zusammenfassen. Ausgehend von der Einteilung des Feldes der Erwachsenenbildung in die vier Ebenen Forschungsentwicklung, Theoriebildung, Ausbildungsleistung und Weiterbildungspraxis (vgl. DOK_Tagung_1979: 3) lassen sich die unterschiedlichen Foki der Textgattungen wie folgt beschreiben: Die Tagungsdokumentationen richten mit dem Fokus auf die Verständigung über den Gegenstand und die Konstitution der Wissenschaft von der Erwachsenenbildung den Blick vornehmlich auf die Theoriebildung und Forschungsentwicklung der Erwachsenenbildung. Die Fokussierung auf die Theorie und Forschung, auf die Wissenschaft der Erwachsenenbildung, spiegelt sich auch in der SprecherInnenposition (der »Durchschnittssprecher« ist ein Professor der Erwachsenenbildung10) sowie der AdressatIn-
10 Im Diskurs der Erwachsenenbildungswissenschaft – die SprecherInnenposition zeigt sich bei allen drei untersuchten Textgattungen ähnlich – wird das Phänomen der sog. vertikalen Segregation fortgeführt: »Von der Ebene der Studieren-
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nenstruktur (vornehmlich richten sich die Tagungsdokumentationen an WissenschaftlerInnen aus dem Bereich der Erwachsenenbildung) wider. Die Weiterbildungspraxis wird als Gegenstand der Verständigung ebenfalls thematisiert, rückt gegenüber der Theoriebildung und der Forschungsentwicklung aber etwas in den Hintergrund. Der Ausbildungsleistung kommt in den Tagungsdokumentationen keine explizite Bedeutung zu. Der Schwerpunkt der Einführungsbücher, die wissenschaftliche Reflexion des Tätigkeitsfeldes von (künftig) in der Erwachsenenbildung Tätigen aus einer jeweils spezifischen Perspektive, richtet den Fokus in erster Linie auf die Ausbildungsleistung von ErwachsenenpädagogInnen und damit auch auf das Praxisfeld der Erwachsenenbildung. Forschung und Theorie spielen dabei zwar auch eine Rolle, allerdings sind diese eher als untergeordnet zu bezeichnen. Diese Textgattung richtet sich nicht vornehmlich an WissenschaftlerInnen, sondern insbesondere an (künftig) im Feld der Erwachsenenbildung Tätige. Auch in der SprecherInnenposition zeigt sich die Bedeutung eigener Praxiserfahrungen. Die Nachschlagewerke schließlich, die kanonisierte Wissensbestände über das System der Erwachsenenbildung darstellen, beziehen sich vor allen Dingen auf die Praxis der Erwachsenenbildung, ihre Institutionen, ihre rechtlichen und finanziellen Richtlinien. Dieser sehr allgemeine Fokus auf den Gegenstand Erwachsenenbildung drückt sich einerseits in dem sehr weiten AdressatInnenkreis aus, andererseits in der SprecherInnenposition: So sind die SprecherInnen zum einen nicht (fast) ausschließlich ProfessorInnen, zum anderen sind sie nicht zwangsläufig der Erwachsenenbildung zuzuordnen, sondern auch der Erziehungswissenschaft im Allgemeinen zuzurechnen. Ähnlich wie bei den Tagungsdokumentationen spielt die Ausbildungsleistung bei den Nachschlagewerken keine große Rolle. Während Theorien mitunter thematisiert werden, bleibt die Forschung(-sentwicklung) bei dieser Textgattung weitestgehend unbeachtet. Festzuhalten ist, dass die verschiedenen Textgattungen das Phänomen Erwachsenenbildung aus zum Teil sehr unterschiedlichen Perspektiven in den Blick nehmen (Fokus auf die Wissenschaft, das Tätigkeitsfeld und das Erwachsenenbildungssystem). Dennoch sind die Tagungsdokumentationen,
den bis zur Professur sinkt der Anteil der Frauen eklatant. Je höher das Prestige und je größer die Verfügung über Ressourcen, desto weniger Frauen.« (Paulitz 2012: 167)
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die Einführungsbücher und die Nachschlagewerke als Bestandteile ein- und desselben Diskurses, nämlich des Diskurses der Erwachsenenbildungswissenschaft über ihren eigenen Gegenstands- und Objektbereich, zu begreifen. Die unterschiedliche Schwerpunktsetzung der Textgattungen stellt dabei kein Hindernis für die diskursanalytische Rekonstruktion dar, sondern kann vielmehr als eine Bereicherung des Diskurses durch sich ergänzende, möglicherweise widerstreitende, zumindest alternative, Perspektiven, eine Art »Arbeitsteilung« in Bezug auf die Beschreibung des Feldes Erwachsenenbildung, betrachtet werden. Abbildung 4 veranschaulicht die unterschiedlichen Perspektiven der Textgattungen nochmals schematisch und stellt die Textgattungen einander gegenüber. Dargestellt sind zum einen die drei untersuchten Textgattungen auf der y-Achse und der jeweils unterschiedlich schwach bzw. stark ausgeprägte Fokus auf die Forschung(-sentwicklung), Theorie(-bildung), Ausbildungsleistung sowie die Weiterbildungspraxis auf der x-Achse. Abbildung 4: Der Fokus der Textgattungen
Tagungsdokumentationen
Forschung(-sentwicklung) Einführungsbücher
Theorie(-bildung) Ausbildungsleistung Weiterbildungspraxis
Nachschlagewerke
Quelle: Eigene Darstellung
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2. D IE P HÄNOMENSTRUKTUR DES D ISKURSES Im Fokus des folgenden Kapitels steht die Frage nach den Thematisierungsdimensionen des untersuchten Diskurses. Beantwortet werden soll damit die Frage, aus welchen Bausteinen sich der analysierte Diskurs zusammensetzt und wie diese Dimensionen bzw. Bausteine inhaltlich jeweils gefüllt werden. Dabei werden die einzelnen Textgattungen nicht mehr separat voneinander in den Blick genommen, sondern es geht um diskursübergreifende Aussagen. Insofern, darauf wurde oben bereits verwiesen, sind die Dokumente der unterschiedlichen Textgattungen als Bestandteile einund desselben Diskurses zu behandeln. Für die Erschließung von Diskursen relevant ist neben der Analyse von zu einer bestimmten Zeit für ein bestimmtes Feld gültigen Aussagen auch ihr Entstehungskontext, ihre Gewordenheit: »Analytisch wird dabei sowohl eine synchrone als auch eine diachrone Perspektive eingenommen, d.h. sowohl die zu einem Zeitpunkt typischen Aussagengehalte und -praktiken (synchrone Analyse) als auch deren Veränderung im Laufe der Zeit sowie deren Ursachen und Implikationen beobachtet (diachrone Analyse; Jäger 2006: 99).« (Bormann 2011: 216)
Insofern erfolgt die Darstellung der Thematisierungsdimensionen anhand ihres zeitlichen Verlaufes, um der Forderung nach der Klärung der Gewordenheit des Diskurses gerecht zu werden und um Einsichten in mögliche Veränderungen im zeitlichen Wandel zu erhalten. Der zeitliche Verlauf wird in Dekaden dargestellt (1970er, 1980er, 1990er, 2000er und 2010er Jahre). Dies geschieht aus pragmatischen Gründen und soll keine thematischen oder strukturellen Einschnitte zwischen den Jahrzehnten implizieren. Weiterhin ist darauf zu verweisen, dass die Dekaden der 2010er Jahre und mit Abstrichen auch der 1970er Jahre – im Unterschied zu den anderen Jahrzehnten – durch die Setzung des Untersuchungszeitraumes (1971-2011) nicht vollständig repräsentiert sind.
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2.1 Thematisierungsdimensionen der 1970er Jahre Welche Thematisierungsdimensionen lassen sich im erwachsenenpädagogischen Diskurs der 1970er Jahre ausmachen und wie werden diese jeweils mit Inhalt gefüllt? 2.1.1 Erwachsenenbildung als vielschichtiges Phänomen Erwachsenenbildung wird in den Dokumenten als vielschichtiges Phänomen beschrieben (vgl. DOK_Lexikon_1976a: 57), das sich zum einen durch »Unübersichtlichkeit« (DOK_Einführung_1979: 1) und zum anderen durch Komplexität (DOK_Einführung_1972: 8) auszeichnet. Erwachsenenbildung bewege sich »zwischen Forschungsentwicklung, Theoriebildung, Ausbildungsleistung und Weiterbildungspraxis« (DOK_Tagung_1979: 3) – insofern könne eine Definition von Erwachsenenbildung nicht einheitlich sein (vgl. DOK_Lexikon_1987a: 99), sondern der Begriff müsse vielmehr als Sammelbezeichnung für das vielschichtige Phänomen des Erwachsenenlernens verstanden werden (vgl. DOK_Lexikon_1976a: 57). Eine konsensuelle Begriffsdefinition für Erwachsenenbildung zu finden, sei darüber hinaus deshalb schwierig, weil Erwachsenenbildung als Teilbereich der Sozialgeschichte abhängig von gesellschaftlichen Entwicklungsprozessen und damit in stetigem Wandel begriffen sei (vgl. DOK_Lexikon_1978b: 196). Anders als die anderen Bereiche des Bildungssystems sei auch die Praxis der Erwachsenenbildung »nicht eindeutig abgegrenzt« (DOK_Einführung_1979: 1). Das gelte nicht nur für ihre Inhalte: Erwachsenenbildung umfasse sowohl Qualifizierungsangebote wie auch soziokulturelle Angebote (vgl. DOK_Lexikon_1978a: 100 f.), beinhalte also viel mehr als »die herkömmliche Berufsbildung des Jugendlichen und des jungen Erwachsenen« (ebd.: 98). Auch die Organisationsformen zeichneten sich durch diffuse Strukturen aus: So sei Erwachsenenbildung – im Gegensatz zu anderen Bereichen des Bildungswesens – nicht staatlich organisiert, ihre Organisationsstrukturen zeichneten sich durch geringe Transparenz aus (vgl. DOK_Einführung_1979: 1). Schließlich wird auch der Bereich der im Feld Erwachsenenbildung Tätigen als unübersichtlich bezeichnet: »Im Zuge der Entwicklung der E zu einem Teil des öffentlichen Bildungssystems sind Struktur und Qualifikation des Weiterbildungspersonals besondere Übergangsprobleme.« (DOK_Lexikon_1976b: 127) Insgesamt scheine sich die Erwachsenenbildung einer präzisen Systematisierung zu entziehen (vgl.
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DOK_Einführung_1979: 1). So wird die »Gesamtsituation der E als eines noch weitgehend unstrukturierten, aber dennoch vielfältig etablierten Bereichs […], der in das öffentliche Interesse gelangt ist und eine einheitliche Struktur und Funktion in der Vielfalt erst bekommen muß« (DOK_Lexikon_1976b: 127), konstatiert. 2.1.2 Erwachsenenbildung als organisiertes Lernen Erwachsener Es werden – trotz der Feststellung der Vielfalt und Unübersichtlichkeit von Erwachsenenbildung – verschiedene Versuche unternommen, das Phänomen Erwachsenenbildung näher zu bestimmen. Eine Strategie besteht dabei darin, an die Definition des Gutachtens des Deutschen Ausschusses für das Erziehungs- und Bildungswesen Zur Situation und Aufgabe der deutschen Erwachsenenbildung von 1960 anzuknüpfen und Erwachsenenbildung als »die organisierte, zielgerichtete Fortsetzung des Lernprozesses neben oder nach einer Berufstätigkeit« (DOK_Einführung_1979: 3) zu bezeichnen. Damit gerät die institutionell-organisierte Gestaltung des Lernens Erwachsener in den Blick und somit auch das organisierte Lernen Erwachsener (vgl. DOK_Lexikon_1976a: 57). Zwar wird die Definition des Deutschen Ausschusses für das Erziehungs- und Bildungswesen bisweilen kritisiert – denn relevante Bereiche von Erwachsenenbildung würden ob der Fokussierung auf das organisierte, pädagogisch arrangierte Lehren und Lernen von vornherein ausgeschlossen (vgl. DOK_Einführung_1979: 3) –, dennoch wird sie immer wieder dazu bemüht, den Begriff Erwachsenenbildung – zumindest in Form einer Arbeitsdefinition – einzugrenzen. 2.1.3 Funktionen und Ziele von Erwachsenenbildung Die Unübersichtlichkeit des Feldes schlägt sich, so wird argumentiert, auch in Kontroversen nieder, »bei denen es um die Bestimmungsgründe von Erwachsenenbildung geht, um unterschiedliche Einschätzungen der Funktion und der Wirkungsmöglichkeiten von Erwachsenenbildung« (DOK_Einführung_1979: 1). Ein Wechsel des Denkens über Funktionen und Ziele von Erwachsenenbildung manifestiere sich bspw. im Wandel der Verwendung der Begriffe Volksbildung, Erwachsenenbildung und Weiterbildung (vgl. DOK_Lexikon_1976b: 123). So habe Erwachsenenbildung im Verlaufe ihrer Geschichte utilitaristische, politisch-emanzipatorische, konservatorische, bildungsmaterialistische sowie evolutionistische Tendenzen (vgl.
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DOK_Lexikon_1971: 294) gehabt. Funktionen und Ziele von Erwachsenenbildung lassen sich auf verschiedenen Ebenen nachzeichnen: auf einer individuell-subjektiven Ebene, einer gesellschaftspolitischen Ebene und schließlich auf der Ebene beruflich-ökonomischer Ziele. Einige Dokumente beschreiben die Aufgaben und Funktionen über alle drei Ebenen hinweg: In diesen Beschreibungen dient Erwachsenenbildung dann der Entfaltung der Person, der Bewältigung altersspezifischer Probleme, dem politischen Lernen über soziale und gesellschaftliche Zusammenhänge und dem beruflichen Lernen (vgl. DOK_Lexikon_1978a: 99). In anderen Beschreibungen lässt sich eine Konkurrenz zwischen den unterschiedlichen Funktionszusammenhängen aufzeigen. Hier heißt es dann bspw.: »Die Versuche, diese Gegensätze entweder zu behaupten oder aufzuheben, bestimmen die Geschichte institutionalisierter E.« (DOK_Lexikon_1976b: 123) Insgesamt wird konstatiert: »In wohl keinem anderen bildungspolitischen Bereich besteht eine derart auffällige Divergenz von Meinungen und Verfahrensweisen.« (DOK_Einführung_1973: 4) 2.1.4 Begründung der Notwendigkeit von Erwachsenenbildung Erwachsenenbildung sei weder eindeutig zu bestimmen noch selbstverständlich (vgl. DOK_Einführung_1979: 1), sondern bedürfe einer Legitimierung. Die Begründung für die Notwendigkeit von Erwachsenenbildung wird dabei i.d.R. in Verbindung gebracht mit den wechselnden und wachsenden Anforderungen einer modernen Industriegesellschaft: In einer »dynamischen industriellen Gesellschaft [ist, H.R.] eine leistungsfähige allg. E. als Teil des öffentlichen Bildungssystems nötig und möglich, wie im 18. Jh. eine allg. Schulbildung nötig und möglich wurde« (DOK_Lexikon_1971: 294 f.). Die Begründung der Notwendigkeit von Erwachsenenbildung erfolgt damit z.B. durch den Rekurs auf die (bildungspolitische) Diagnose von Bildungsdefiziten Erwachsener: Erwachsenenbildung sei »aus ihrer bisherigen Randlage befreit und in eine Reformen beabsichtigende Diskussion einbezogen worden« (DOK_Einführung_1973: 3), weil die »Bildungsdefizite gerade der erwachsenen Bevölkerung drastisch aufgedeckt wurden« (DOK_Einführung_1974: 11). Der Erwachsene, so wird weiterhin argumentiert, ist »überfordert« von den »Zwängen zur Umorientierung in der Arbeitswelt, zum damit verbundenen Wechsel des Lebensraums u. zur Beweglichkeit v. Zukunftserwartungen oder Gestaltungsformen des Alltags«
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(DOK_Lexikon_1976a: 57) und bedarf der Hilfe und Unterstützung – in Form von Erwachsenenbildung. Analog zu den unterschiedlichen Aufgaben- und Funktionsbestimmungen, die der Erwachsenenbildung zugeschrieben werden, können auch die Begründungen der Notwendigkeit für Erwachsenenbildung auf verschiedenen Ebenen festgestellt werden: zum einen auf einer pädagogisch-individuellen Ebene – aus dieser Perspektive wird die Notwendigkeit von Erwachsenenbildung damit begründet, dass sie einen wesentlichen Beitrag leistet zur »Entfaltung der Person« (DOK_Lexikon_1978a: 99, Herv. im Orig., H.R.) und dem Erwachsenen das nötige Rüstzeug für ein Leben voller Herausforderungen an die Hand gibt (vgl. DOK_Lexikon_1976a: 57 f.) –, auf einer gesellschaftspolitischen Ebene – Erwachsenenbildung wird in diesem Zusammenhang beschrieben als »mitgestaltender Faktor einer demokratischen Gesellsch.« (DOK_Lexikon_1971: 294) – und schließlich auf einer beruflich-volkswirtschaftlichen Ebene – so spielt Erwachsenenbildung außerdem eine wichtige Rolle in »beruflicher Hinsicht« (DOK_Lexikon_1978a: 99, Herv. im Orig., H.R.). 2.1.5 Auf dem Weg zur Systembildung Im Zuge der bildungspolitischen »Aufwertung« (DOK_Einführung_1972: 7) und Begründung der Notwendigkeit von Erwachsenenbildung vor dem Hintergrund sich verändernder gesellschaftlicher Entwicklungen wird Erwachsenenbildung als »gleichberechtigtes Glied in einem demokratischen Bildungssystem« (DOK_Einführung_1974: 11) etabliert. In diesem Zusammenhang werden nicht nur finanzielle und rechtliche Regelungen für diesen bildungspolitischen Bereich erlassen (vgl. DOK_Lexikon_1976b: 124), sondern auch der Studiengang Diplompädagogik mit dem Schwerpunkt Erwachsenenbildung und dem Ziel der wissenschaftlich fundierten Ausbildung der pädagogischen Profis für diesen Sektor eingeführt. 2.1.6 Die Bedeutung der Wissenschaft für die Bildungspraxis »Mit der Institutionalisierung der EB [in der Weimarer Zeit, H.R.] seien zwar bereits vereinzelt Ansätze zu ihrer Theorie« (DOK_Lexikon_1978b: 202) entstanden – eine theoretische Beschäftigung mit Erwachsenenbildung und ihrer Methode sei deswegen zunehmend als Notwendigkeit erkannt worden, um »dem mit dem Volksbildungsrummel gekoppelten planlosen Dilettantismus und der Experimentierfreudigkeit durch wissenschaftlich
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pädagogisch verantwortbare Arbeit ein Ende zu setzen« (ebd.: 204). Aber erst im Zusammenhang mit der Bildungsreform der 1970er Jahre sei das Bedürfnis nach einer Theorie der Erwachsenenbildung wieder laut geworden (vgl. DOK_Lexikon_1978b: 209) mit der Konsequenz, dass sich Erwachsenenbildung als Teildisziplin der Erziehungswissenschaft und als Schwerpunkt im Diplomstudiengang Pädagogik mit eigenständigen Lehrstühlen an (bundes-)deutschen Hochschulen etablierte. Der Aufschwung der Wissenschaft der Erwachsenenbildung wird damit als unmittelbar mit der bildungspolitischen Aufwertung der Erwachsenenbildung als Praxisfeld zusammenhängend dargestellt: Mit dieser sei »auch die Wertschätzung jener Wissenschaft gestiegen, die Erwachsenenbildung zum Objekt ihrer wissenschaftlichen Arbeit wählt« (DOK_Einführung_ 1973: 3), angestoßen werde die erwachsenenpädagogische Theoriebildung durch »bildungspolitische Aktivitäten und Impulse« (DOK_Einführung_1972: 7). Die Wissenschaft von der Erwachsenenbildung stehe weiterhin in einem engen Zusammenhang mit der Ausbildung künftig im Feld der Erwachsenenbildung Tätiger (vgl. DOK_Tagung_1979: 3). Sie setze sich mit der Realität der Erwachsenenbildung, der Erwachsenenbildungspraxis, auseinander und verstehe sich dementsprechend primär als Handlungswissenschaft (vgl. DOK_Lexikon_1978b: 210). Die Aufgaben der Erwachsenenbildungswissenschaft werden darin gesehen, »die Wirklichkeit der Erwachsenenbildung […] systematisch zu durchdringen« (DOK_Einführung_1979: 4) und »eine detaillierte Analyse und Reflexion der Probleme und Aufgaben« (DOK_Einführung_1972: 7) des Feldes zu erstellen. Wissenschaft sei »nicht nur als Hilfe zur Erklärung und Formulierung der Praxis, sondern auch als Instanz zu deren kritischer Revision und Innovation« (DOK_Einführung_1974: 12) zu verstehen. Insofern dienten theoretische Reflexionen den PraktikerInnen als »Maßstäbe zur Evaluation ihres Tuns« (ebd.). Dabei dürfe diese theoretische Reflexion nicht als Handlungsanleitung missverstanden werden: »Freilich Rezepte, wie eine moderne, wissenschaftliche Einsicht bedenkende Erwachsenenbildung in Gang zu setzen sei, wollten und konnten wir nicht mitteilen.« (DOK_Einführung_1973: 4) Der Erwachsenenbildungspraxis wird somit ein »Bedürfnis nach Verantwortung und wissenschaftlicher Legitimation« (DOK_Lexikon_1978b: 212) zugeschrieben. Wissenschaft und Praxis der Erwachsenenbildung bedingten sich gegenseitig (vgl. DOK_Einführung_1974: 12): Wissenschaftliche Theorien – ebenso wie die Praxis der
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Erwachsenenbildung – seien nicht statisch, sie »beanspruchen nicht Ewigkeitswert; schon wenige Jahre nach ihrem Erscheinen müssen sie revidiert werden« (ebd.). 2.1.7 Die Disziplin Erwachsenenbildung Die Wissenschaft von der Erwachsenenbildung sei »in der Bundesrepublik im Gegensatz zu anderen Ländern noch eine vergleichsweise junge Disziplin« (DOK_Einführung_1973: 3), die zudem als interdisziplinäre Integrationswissenschaft beschrieben werden könne, da sie eine Vielfalt an Bezugswissenschaften aufweise und an unterschiedliche Wissenstraditionen und Disziplinen anschließe, so zum Beispiel an die Erziehungswissenschaft, die Psychologie, die Soziologie, die Bildungsökonomie und die Politikwissenschaften (vgl. DOK_Lexikon_1978b: 210). Der Pluralismus der Theorien sei überhaupt die Bedingung für die Konstitution der Erwachsenenbildung als Wissenschaft (vgl. ebd.: 211). Während einerseits ein »Konsens« darüber festgestellt wird, »daß als Theorie der EB nicht ein in sich geschlossenes System von Aussagen erarbeitet werden kann, sondern daß jede Theorie die als Funktion der Gesellschaft verstandene EB nur zu einem jeweils hypothetischen Orientierungskonzept zu verarbeiten vermag, wobei die theoretischen Prämissen anthropologischer, soziopolitischer oder bildungsökonomischer Provenienz die Vielfalt der sich teils ergänzenden, teils einander ausschließenden Theorieansätze bedingen« (ebd.),
wird andernorts moniert, dass es »bestenfalls Ansätze zu einer Wissenschaft von der Erwachsenenbildung« (DOK_Einfühung_1979: 1) gebe, dass sie eine »wissenschaftstheoretische Fundierung« (DOK_Einführung_ 1973: 3) noch nicht gefunden habe. Die Disziplin Erwachsenenbildung verstehe sich aber nicht nur als theoretische, sondern auch als empirische Wissenschaft (vgl. DOK_Einführung_1974: 12). Sie arbeite sowohl mit philosophischen Methoden als auch mit den Methoden der empirischen Sozialforschung (vgl. DOK_Lexikon_ 1978: 210 f.) – so lasse sich eine Zunahme an empirischer Forschung der Erwachsenenbildung konstatieren (vgl. DOK_Einführung_1974: 12). Die Situation der Forschung wird – ähnlich wie die der Theorie – unterschiedlich bewertet: Auf der einen Seite wird eine Vielfalt von Forschungsaktivitäten und ein weites Forschungsspektrum der Erwachsenenbildung aner-
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kannt, auf der anderen Seite die Forschungssituation als unübersichtlich bezeichnet (vgl. DOK_Einführung_1979: 1), ihr Zustand als »vagabundierend« (DOK_Lexikon_1976b: 127) charakterisiert. Trotz der Feststellung der Vielfalt und Uneindeutigkeit des Bereichs Erwachsenenbildung wird, so lässt sich zusammenfassend sagen, der Begriff Erwachsenenbildung in den 1970er Jahren in erster Linie auf das institutionalisierte und pädagogisch arrangierte Lernen Erwachsener angewandt – als Versuch der Vereindeutigung dieses komplexen Bereiches – und dabei auf individuelle, berufliche und politische Bildungsaufgaben und -ziele von Erwachsenenbildung verwiesen. Erwachsenenbildung gründet damit auf gesellschaftlichen Anforderungen und zielt auf individuelle Entfaltung (heute würde man vielleicht sagen: Kompetenzentwicklung) und gesellschaftliche Entwicklung. Diese funktionale Perspektive auf Erwachsenenbildung stellt die Basis für die gesellschaftliche Systembildung dieses Bereiches dar: Erwachsenenbildung wird als Quartärbereich in das Gesamtbildungswesen eingebunden, erhält finanzielle und rechtliche Grundlagen, außerdem findet eine Verwissenschaftlichung der Erwachsenenbildung statt. Im Rahmen des Diplomstudiengangs Pädagogik werden künftig im Feld der Erwachsenenbildung Tätige wissenschaftlich fundiert ausgebildet, die Wissenschaft der Erwachsenenbildung sorgt mithin für die wissenschaftliche Qualifizierung des erwachsenenpädagogischen Fachpersonals – sie wird als Klärungs- und Reflexionsinstrument der Praxis betrachtet und unterstützt so wiederum die Verbesserung der Praxis. Das hier vorliegende Praxisverständnis impliziert, dass nicht primär das Lernen bzw. die Bildung Erwachsener im Mittelpunkt stehen, sondern die Gestaltung von organisierter Lernunterstützung, also das Lehrhandeln der im Handlungsfeld Tätigen. 2.2 Thematisierungsdimensionen der 1980er Jahre Welche Thematisierungsdimensionen lassen sich im erwachsenenpädagogischen Diskurs der 1980er Jahre ausmachen und wie werden diese jeweils mit Inhalt gefüllt?
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2.2.1 Rekurs auf den Bildungsgedanken Unter Rekurs auf die Historie bzw. auf Traditionen der Erwachsenenbildung wird insbesondere auf das Konzept der Bildung, verstanden als Idee der Selbstentwicklung des Einzelnen und der Menschheit (vgl. DOK_Tagung_1982: 4), auf die Aufklärung, den Qualifizierungsdruck sowie die sozialrevolutionären Folgen der Industrialisierung Bezug genommen (vgl. ebd.; vgl. DOK_Lexikon_1982: 18; vgl. DOK_Lexikon_1981: 135). Hervorgehoben wird dabei auch das kritische Potential bzw. die politische Stoßrichtung von Erwachsenenbildung: Sie sei nämlich »von ihrer aufklärerischen Bildungstradition her zur Verweigerung und zum Widerstand gegenüber den vorherrschenden Verdinglichungsprozessen bestimmt« (DOK_Tagung_1989: 2). 2.2.2 Erwachsenenbildung als Antwort auf gesellschaftliche Entwicklungen Ganz allgemein wird gesagt, dass Erwachsenenbildung sowohl die Bildungspraxis als auch die Wissenschaft umfasse, die sich mit dem Lernen Erwachsener beschäftigt (vgl. DOK_Tagung_1983: 5), im konkreten Diskurs aber thematisieren die Dokumente Erwachsenenbildung vornehmlich als Quartärbereich des deutschen Bildungssystems (vgl. DOK_Lexikon_ 1988: 134). Erwachsenenbildung sei als Antwort auf gesellschaftliche Notwendigkeiten begründet und insofern allein im Rahmen gesellschaftlicher Zusammenhänge zu verstehen. »Erwachsenenbildung ist demnach – um es prägnant zu formulieren – sowohl Bildungsgeschehen als auch Bestandteil unseres Bildungssystems und damit Ausdruck eines gesellschaftlichen Entwicklungsprozesses.« (DOK_Einführung_1988: 1) Sie habe einen »Prozeß der Differenzierung und Spezialisierung durchlaufen« (DOK_Lexikon_1981: 138, Herv. im Orig., H.R.), wobei dieser Prozess »eine Reaktion auf die Veränderungen im gesellschaftlichen Produktionsund Reproduktionsprozeß« (ebd.: 136) darstelle. So reagiere Erwachsenenbildung bspw. auf den »gesellschaftlichen Anspruch der Herausbildung instrumenteller Vernunft und der Mithilfe bei der Flexibilisierung von Arbeitskräften und Konsumenten unter dem Maßstab des funktionierenden Subjekts« (DOK_Tagung_1989: 2) und auf den »gesellschaftliche[n, H.R.] Bedarf an immer neuen und immer wieder erneuerten Qualifikationen Erwachsener« (ebd.: 3).
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Mit der Positionierung der Erwachsenenbildung als Antwort auf gesellschaftliche Erwartungen wird zugleich die Notwendigkeit von Erwachsenenbildung begründet: »Objektiv ist E. notwendig, damit die Werktätigen mit der raschen Entwicklung der Produktivkräfte und des wissenschaftlich-technischen Fortschritts Schritt halten, ihre Kenntnisse im Beruf, in der Gestaltung des Arbeitsprozesses und in der Einführung fortgeschrittener Technologien voll entfalten können.« (DOK_Lexikon_1987: 106)
Den Ausgangspunkt für die Feststellung der Notwendigkeit der Erwachsenenbildung bildeten damit gesellschaftliche und technische Veränderungen. Darüber hinaus habe Erwachsenenbildung aber auch die Aufgabe, Erwachsene »zu befähigen, ihre Verantwortung als Staatsbürger bei der aktiven Mitgestaltung der Gesellschaft immer umfassender, kenntnisreich und schöpferisch wahrzunehmen« (ebd.) und schließlich sei Erwachsenenbildung nicht nur objektiv notwendig, sondern auch subjektiv bedeutsam: »Wachsendes, weil zielstrebig gefördertes Interesse an Problemen der Produktion, an der Ausübung staatsbürgerlicher Rechte und am geistigkulturellen Leben der Gesellschaft weckt das Bedürfnis nach Erweiterung des eigenen Wissens.« (ebd.) Auch wenn diese Positionierung der Erwachsenenbildung als Antwort auf gesellschaftliche Bedarfe nicht unkritisiert bleibt, ist als Merkmal des Diskurses der 1980er Jahre doch die Bezugnahme auf gesellschaftliche Erwartungen und insofern eine funktionale Perspektive auf Erwachsenenbildung zu konstatieren. 2.2.3 Erwachsenenbildung als Lernen Erwachsener in Institutionen Unter Erwachsenenbildung werden in erster Linie institutionalisierte und organisierte Veranstaltungen für Erwachsene zur Befriedigung unterschiedlicher geistiger Bedürfnisse verstanden (vgl. DOK_Lexikon_1982: 17). Erwachsenenbildung »umfaßt sowohl allgemeiner, kultureller und politischer als auch fachlicher bzw. beruflicher Bildung dienende spezielle Veranstaltungen für Erwachsene« (DOK_Lexikon_1988: 134). Diese Veranstaltungen fänden hauptsächlich in unterschiedlich ausgerichteten Institutionen der Erwachsenenbildung statt. Als Einrichtungen der Erwachsenenbildung werden all diejenigen bezeichnet, die »weiterführende Bildung vermitteln« (DOK_Lexikon_1987: 106): Kirchen und Gewerkschaften,
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mitunter aber auch Universitäten, Bibliotheken und Museen. Als prototypische Erwachsenenbildungseinrichtung schlechthin jedoch gelte die Volkshochschule (vgl. DOK_Lexikon_1988: 134). Sie verstehe sich als »Zentrum eines öffentlichen Weiterbildungssystems« (DOK_Lexikon_1988: 134) und stehe für ein institutionalisiertes Lehren und Lernen, das prinzipiell allen Bevölkerungsgruppen zugänglich sei (vgl. ebd.). 2.2.4 Funktionen und Ziele von Erwachsenenbildung Entgegen ihrer aufklärerischen Bildungstradition scheint, so wird argumentiert, die aktuelle Entwicklung der Erwachsenenbildung bedingt »durch eine Weiterbildungspolitik, die der Qualifizierung und Privatisierung Priorität einräumt« (DOK_Tagung_1986: 6): Erwachsenenbildung lasse sich zunehmend in den Dienst nehmen für gesellschaftliche und (sozial-)politische Aufgaben- und Problemstellungen (vgl. DOK_Tagung_1982: 7 f.). Die ambivalente Positionierung von Erwachsenenbildung äußere sich in einem »programmatische[n, H.R.] Konflikt über ihre Ziele und Formen« (DOK_Lexikon_1981: 139). So wird ein »Problem der Funktion und Identität von Erwachsenenbildung« (DOK_Tagung_1982: 5) konstatiert, welches sich als Streitfall durch alle Bereiche der Erwachsenenbildung ziehe und besonders in der Frage über ihre Ziele und Formen aufbreche (vgl. DOK_Lexikon_1981: 139). Sie leiste nicht nur einen Beitrag zur »Befriedigung von elementarer Neugier […], vorangetrieben von der Lust an selbst gewollter Anstrengung, um sich die Wirklichkeit und sich selbst zu erschließen« (DOK_Tagung_1989: 3), sondern zu ihren Hauptaufgaben gehörten auch die »politische Bildung der Staatsbürger«, die »sinnvolle Nutzung der Freizeit« und die »Bewältigung der Anforderungen der modernen Gesellschaft« (DOK_Lexikon_1981: 139) – außerdem »nimmt die Qualifizierung im Arbeitsprozeß […] einen hervorragenden Platz ein« (DOK_Lexikon_1987: 106). Wieder zeigt sich ein sehr weites Spektrum der Aufgaben der Erwachsenenbildung, das zwischen individuell-subjektiven, gesellschaftspolitischen und beruflich-ökonomischen Funktionsbezügen changiert. 2.2.5 Vielfalt als Problem Kennzeichnend für den Bereich Erwachsenenbildung seien nach wie vor »Unüberschaubarkeit und Typenvielfalt« (DOK_Lexikon_1981: 138). Eine Folge der Vielfalt dieses Bereichs sei, dass die Expansion der Erwachse-
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nenbildung »nicht in den Bahnen anerkannter Institutionen (z.B. VHS), gesicherter Finanzierungsregeln (Staatshaushalt) und einer unstrittigen Personalkonzeption (Lehrer)« (ebd.: 138) erfolgt sei und »den erstrebten Anschluß an das Niveau des öffentlichen Bildungssystems nicht erbracht hat« (ebd.). So wird der Expansionsprozess der Erwachsenenbildung mitunter auch als Zerfaserungsprozess beschrieben (vgl. DOK_Tagung_1988: 1). In diesem Zusammenhang wird festgestellt, dass die Erwachsenenbildungswissenschaft – trotz ihres erst kurzen Bestehens – »schon vom Virus ›Atomismus‹ befallen oder noch gar nicht dem Fragmentarischen entwachsen« (DOK_Tagung_1988: 1) sei – insgesamt sei »wenig Zusammenhang erkennbar« (ebd.). So scheine es ungewiss zu sein, wie es »zu einer weiterführenden Zusammenarbeit im Rahmen unseres Faches kommen« könne (ebd.). Erwachsenenbildung wird als ein relativ junger Wissenschaftsbereich beschrieben, »in dem Verständigungsschwierigkeiten nicht nur aufgrund der verschiedenen Wissenschaftstraditionen zu erwarten sind, aus denen die Gesprächspartner kommen, sondern auch aufgrund der Vielfalt des zugehörigen Gegenstandsbereichs, die zu unterschiedlichen Wahrnehmungen und Realitätsbezügen führen kann« (DOK_Tagung_1981: 6 f.). Nicht nur die Frage nach dem Gegenstandsfeld der Disziplin sei ungeklärt (vgl. DOK_Tagung_1988: 1), sondern auch diejenige, was die Wissenschaft von der Erwachsenenbildung sein und leisten könne (vgl. DOK_Tagung_1981: 14). Rolle und Möglichkeiten der Erwachsenenbildungswissenschaft würden unterschiedlich, teils widersprüchlich beurteilt (vgl. DOK_Tagung_ 1982: 8). Lapidar wird konstatiert: Es gibt ein »Problem der Funktion und Identität von Erwachsenenbildung« (ebd.: 5). Dieses »Problem der Funktion und Identität« der Erwachsenenbildung schlage sich dann auch in einer als »ungenügend[…]« (DOK_Tagung_1981: 14) bezeichneten Theoriearbeit nieder: Die Erwachsenenbildung habe »im Hinblick auf die Abgrenzung des Gegenstandsbereichs (Mikro-, Makrotheorien) und seine wissenschaftstheoretische Begründung noch keinen allgemein anerkannten Theorietyp entwickelt« (DOK_Lexikon_1981: 140). Ziel von Wissenschaft sei »das Bemühen um eine Verbesserung und Weiterentwicklung der Erwachsenenbildung« (DOK_Einführung_1988: 1; vgl. DOK_Einführung_1989: 7), i.e. der Praxis der Erwachsenenbildung. Dabei habe Wissenschaft – anders als die Praxis oder die Bildungspolitik – eine »übergreifende Perspektive bewußt zu halten, ohne allerdings politische Einschätzungen und normative Wertungen auszuschließen« (DOK_
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Tagung_ 1982, 5). Mit dem gesellschaftlichen Wandel verändere sich aber nicht nur die Praxis der Erwachsenenbildung, sondern auch ihre Wissenschaft. Allerdings würden die gesellschaftlichen Veränderungen zunehmend »als Gefährdung der Identität einer Wissenschaft von der Erwachsenenbildung gesehen« (DOK_Tagung_1983: 6) – andererseits seien die »vielfältigen gesellschaftlichen Verwicklungen der Erwachsenenbildung« (DOK_Tagung_1982: 5) Teil ihrer Identität. Während in den 1970er Jahren Erwachsenenbildung vornehmlich als institutionalisiertes und organisiertes Lernen (und in weiten Teilen auch als Lehren) begriffen wurde, tritt in den 1980er Jahren – zusammengefasst – u.a. mit dem Rekurs auf den Bildungsbegriff, eine zunehmend subjektive Perspektive auf Erwachsenenbildung, auf das Lernen Erwachsener, in den Vordergrund. Dieses Lernen geschieht nach wie vor vornehmlich in Institutionen der Erwachsenenbildung und unter professioneller Anleitung – als »Prototyp« des erwachsenenpädagogischen Lehrens und Lernens wird die Volkshochschule genannt. Erwachsenenbildung wird somit weiterhin in erster Linie als Bereich des Gesamtbildungswesens betrachtet und in diesem Zusammenhang als Antwort auf gesellschaftliche Notwendigkeiten konstituiert, ist also allein im Rahmen gesellschaftlicher Zusammenhänge zu verstehen und damit wandelbar. Während auf der einen Seite der Fokus weitgehend auf das Lehren und Lernen Erwachsener in Institutionen eingegrenzt wird, wird auf der anderen Seite auf die Offenheit und Vielfalt der Erwachsenenbildung verwiesen, die einer Vereindeutigung und Systematisierung dieses Bereiches sowohl auf der Ebene der Handlungspraxis als auch auf der Ebene der Wissenschaft entgegensteht. 2.3 Thematisierungsdimensionen der 1990er Jahre Welche Thematisierungsdimensionen lassen sich im erwachsenenpädagogischen Diskurs der 1990er Jahre ausmachen und wie werden diese jeweils mit Inhalt gefüllt? 2.3.1 Vieldeutigkeit von Erwachsenenbildung Der Begriff Erwachsenenbildung wird weiterhin als vielfältig bzw. uneindeutig beschrieben: »Drei inhaltlich zum Teil sich überschneidende Verwendungen lassen sich unterscheiden« (DOK_Einführung_1999b: 9): die Wissenschaft, das universitäre Studium und schließlich die soziale Realität
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der Erwachsenenbildung (vgl. ebd.). »›Erwachsenenbildung/Weiterbildung‹ wäre insofern mehr eine auslegungsbedürftige Chiffre […] als (schon) ein klar definierter Begriff.« (DOK_Einführung_1999b: 10) Erwachsenenbildung sei »selbst Teil des Prozesses der Modernisierung« (DOK_Tagung_1996: 8) und unterliege damit stetigen Veränderungen – somit ergebe sich das Begriffsverständnis keineswegs »aus der Sache selbst, der Erwachsenenbildung/Weiterbildung« (DOK_Einführung_1999b: 12), sondern sei abhängig von der jeweiligen Betrachtungsperspektive. Erwachsenenbildung agiere im »Spannungsverhältnis der institutionell unterschiedlichen Realitätskonstruktionen, wie sie durch die Bezugssysteme Wissenschaft, Berufsfeld und Studium bestimmt sind« (ebd.: 11) und stehe damit im Spannungsfeld unterschiedlicher Funktionssysteme, etwa der Ökonomie, der (Bildungs-)Politik und der Kultur (vgl. DOK_Einführung_1999a: 7), was sich in einer »Wechselwirkung zwischen selbst definierten Zielsetzungen und Aufgaben sowie von außen an sie herangetragenen Erwartungen und Anforderungen« (ebd.: 9) äußere. Insgesamt lasse sich resümieren: »Möglicherweise kennzeichnet es – im Unterschied etwa zur Schule und Schulpädagogik – die Realität, auf die mit dem Begriff Erwachsenenbildung/Weiterbildung verwiesen wird, gerade, daß sie vielschichtig ist und verschiedene Sichten integriert.« (DOK_Einführung_ 1999b: 10) 2.3.2 Pluralisierung erwachsenenpädagogischer Praxen Nach wie vor wird die Volkshochschule als prototypisch für den Bildungsbereich der Erwachsenenbildung und als Zentrum der erwachsenenpädagogischen Tätigkeit (vgl. DOK_Tagung_1995: 7) bezeichnet – und damit die Erwachsenenbildung als organisiertes Lehren und Lernen Erwachsener betrachtet. Unter Bezugnahme auf die Definition des Deutschen Bildungsrates von 1970 wird Erwachsenenbildung in etlichen Dokumenten als die »Fortsetzung oder Wiederaufnahme des organisierten Lernens nach einer schulischen und beruflichen Erstausbildung« (DOK_Lexikon_1991: 629) verstanden. Diese Begriffsbestimmung zu verwenden, habe »sich mittlerweile – zum Beispiel in Abschlußarbeiten und Prüfungsgesprächen – eingebürgert« (DOK_Tagung_1996: 7 f.). Allerdings sei Erwachsenenbildung nicht (ausschließlich) mit dem institutionalisierten Lehren und Lernen in Volkshochschulen gleichzusetzen, denn diese Definition lasse alle anderen Formen des Erwachsenenlernens außer Acht und unterscheide auch nicht zwi-
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schen dem institutionell organisierten Lernen und dem gesellschaftlich insgesamt stattfindenden Lernen (vgl. DOK_Einführung_1999b: 11). Weiterhin wird festgestellt, dass sich die Rahmenbedingungen des durch »Unabgeschlossenheit und ›Grenzenlosigkeit‹« (DOK_Tagung_1995: 7) typisierten Bereichs Erwachsenenbildung zu entstabilisieren scheinen. Dadurch »entsteht eine deutliche Tendenz zur Deinstitutionalisierung und damit auch zur ›Entberuflichung‹« (ebd.: 8). 2.3.3 Funktionen und Ziele von Erwachsenenbildung Der Unabgeschlossenheit und Vielfalt der Erwachsenenbildung entsprechend werden unterschiedliche Funktionsanforderungen an Erwachsenenbildung formuliert: So leiste Erwachsenenbildung nicht nur einen Beitrag zur Bildung und zur Entfaltung der Individuen (vgl. DOK_Einführung_ 1999a: 12), sondern wirke im Sinne ihres »historischen Autrag[s, H.R.] zur Demokratisierung der Gesellschaft« (DOK_Lexikon_1991: 632). Darüber hinaus wird Erwachsenenbildung – bisweilen ironisch überzeichnet – als fungibles Instrument zur »Krisenbewältigung« (DOK_Lexikon_1999: 62) definiert: »›Erwachsenenbildung ist … mehr als ein Recht; sie ist ein Schlüssel zum 21. Jahrhundert. Sie ist sowohl eine Folge aktiver Bürgerbeteiligung als auch Voraussetzung für eine umfassende Teilhabe an der Gesellschaft. Sie ist ein wirkungsvolles Konzept zur Förderung einer ökologisch tragfähigen Entwicklung, zur Förderung von Demokratie, Gerechtigkeit und Gleichberechtigung sowie zur Förderung der wissenschaftlichen, sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung‹« (DOK_Tagung_1998: 7)
– kurz: »ein Allheilmittel für sämtliche Probleme unserer Welt« (ebd.). 2.3.4 Die Suche nach der Identität der Erwachsenenbildungswissenschaft »Die Erwachsenenbildung als Handlungsfeld erweist sich als ein zunehmend wichtiger und deshalb beachteter wissenschaftlicher Fokus.« (DOK_Tagung_1996: 7) So entwickele – im Anschluss an den Bedeutungszuwachs der Erwachsenenbildungspraxis – auch die Erwachsenenbildungswissenschaft »fortschreitend einen eigenen Diskurskontext« (ebd.: 7) und verfüge über ein großes »Diskussions- und Reflexionspotential […], in welchem sich unterschiedliche Positionen profilieren« (ebd.: 9). Diese Viel-
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falt von (zum Teil sehr unterschiedlichen) Positionen wird aber nicht nur positiv bewertet: Die Erscheinung, die zuvor als Atomismus der Erwachsenenbildungswissenschaft diskutiert wurde, wird wieder aufgegriffen und unter dem Stichwort der »Zerfaserung« bzw. »Entgrenzung« der Erwachsenenbildung und ihrer Wissenschaft weitergeführt (vgl. ebd.: 7 f.). Dabei wird auf die Offenheit und Grenzenlosigkeit der Erwachsenenbildung abgehoben: Die Tatsache, dass die Grenzen und Strukturen der Erwachsenenbildung nicht sachlich vorgegeben seien, führe dazu, dass die Disziplin nach wie vor mit der Konstitution ihres Gegenstandes und dessen theoretischer Beschreibung beschäftigt sei: »Der Unabgeschlossenheit und Offenheit des Feldes korrespondierte in gewisser Weise also auch eine Unabgeschlossenheit und Offenheit der Rede.« (DOK_Einführung_1999b: 10) Das Bemühen um die Konstitution des eigenen Gegenstandes, mithin einer stabilen Identität, zeige sich insbesondere auf der Ebene der Beschreibungen der Theorie der Erwachsenenbildung: »Für den Selbstverständigungsdiskurs spielt die Theoriediskussion eine wichtige Rolle.« (DOK_Tagung_1994: 7) Im Rahmen der Wissenschaft der Erwachsenenbildung konkurrierten verschiedene Theorieansätze miteinander, es herrsche ein Nebeneinander von Meinungen und Ansichten, eine Gleichzeitigkeit unterschiedlicher Perspektiven (vgl. DOK_Lexikon_1991: 635). Obgleich es von Anfang an in der Erwachsenenbildung unterschiedliche theoretische Ansätze und nicht eine einheitliche Theorie gegeben habe (vgl. DOK_Tagung_1994: 8), werde dieser Zustand immer wieder kritisiert. So wird etwa beklagt, dass die Erwachsenenbildungswissenschaft »einen inflationären Gebrauch und rapiden Verschleiß extern entwickelter Theoriesegmente und -konzepte [aufweist, H.R.], die ebenso schnell rezipiert wie wandelnden Moden geopfert werden. So zeigt die Disziplin wenig Kontinuität« (ebd.: 7). Problematisch sei dies außerdem, weil die Erwachsenenbildung Theoriekonzepte anderer Wissenschaften aufgreife und in ihr eigenes Theoriegerüst integriere, ohne diese allerdings »aus ihrer eigenen Perspektive [zu, H.R.] prüfen und [zu, H.R.] reinterpretieren« (DOK_Lexikon_1991: 638). Zudem wird festgestellt, dass die Erwachsenenbildung sich zwar reichlich anderer Wissenschaften bedient, ohne dass allerdings »auch ein Ausstrahlen von der Erwachsenenbildungswissenschaft in andere Disziplinen in breiterem Umfang stattfände« (DOK_Tagung_1996: 8 f.). Insgesamt wird der Theorie der Erwachsenenbildung eine gewisse »Identitätslosigkeit« (DOK_Lexikon_1991: 637) attestiert. Auch die »pauschale
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Defizitunterstellung und übertriebene Selbstkritik« (DOK_Tagung_1994: 7) der Erwachsenenbildung bleiben von Kritik nicht verschont. Sie werden als Folge einer inadäquaten Theoriediskussion betrachtet, die getragen ist »von einer Vollständigkeitsillusion, von Omnipotenzvorstellungen und Geschlossenheitsphantasien, welche sowieso keinen Sinn geben« (ebd.). Vielmehr müsse die Erwachsenenbildungswissenschaft ohne »Eindeutigkeitsansprüche« (DOK_Einführung_1999b: 19) auskommen. Als problematisch wird auch die Situation der Forschung der Erwachsenenbildung dargestellt: Bemängelt wird ein zu geringer Umfang der Forschung, welche zu eingeengt sei und weder Schwerpunkte noch Kontinuität zeige (vgl. DOK_Tagung_1991: 8). Es wird konstatiert: »Es entsteht der Gesamteindruck, daß sich die Forschungssituation in der Erwachsenenbildung seit der letzten Tagung von 1985 nicht verbessert hat und daß sowohl von den thematischen als auch von den methodologischen Blickwinkeln her das Zentrum der Erwachsenenbildungs-Forschung nur schwer auszumachen ist. Grundlagenforschung wird ganz offensichtlich seit mehr als 10 Jahren nicht mehr betrieben, die Forschungsarbeiten in einzelnen thematischen, institutionellen und organisatorischen Feldern sind wenig miteinander verbunden. Auf der anderen Seite zeigt die Lektüre der Beiträge der Kaiserslauterner Tagung, daß die Erwachsenenbildung eine lebendige Disziplin ist, die aktuelle Fragestellungen aufgreift, konstruktiv bearbeitet und ideenreich in Forschungsaktivitäten umsetzt. Es wäre zu wünschen, wenn sich dies künftig verbinden ließe mit einer größeren Kontinuität und Verdichtung empirischer Forschung.« (ebd.)
Das Nachdenken über die eigene Identität, über den Stand der Theorie und Forschung, könne – abseits des monierenden Duktus – aber auch als »Indikator für eine gewisse Größe und Bedeutung« (DOK_Tagung_1994: 9) der Erwachsenenbildungswissenschaft gelesen werden. »Insofern resultiert daraus sowohl die Chance, strukturelle Schwächen zu erkennen, als auch ein Anstoß, ein stärkeres Selbstbewußtsein zu entwickeln, weiter zu denken, und sich nicht, wie lange Zeit üblich, immer wieder in Legitimationszirkeln zu verfangen.« (ebd.)
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2.3.5 Qualifizierungsfunktion von Wissenschaft Die Aufgabe von Wissenschaft bestehe aber nicht nur in der theoretischen und empirischen Gegenstandsbestimmung von Erwachsenenbildung, sondern eine wesentliche Funktion von Wissenschaft liege darüber hinaus in der Qualifizierung des (künftigen) Personals in der Erwachsenenbildung (vgl. DOK_Tagung_1995) – wenngleich darauf verwiesen wird, dass eine Professionalisierung im Feld der Erwachsenenbildung bislang nur marginal stattgefunden habe (vgl. ebd.: 7). Das Studium der Erwachsenenbildung »ist der Versuch, eine Handlungskompetenz zu erwerben, welche eine erziehungswissenschaftliche Basiskompetenz mit der tätigkeitsfeldspezifischen Kompetenz des Erwachsenenbildners kombiniert« (ebd.: 9). Insofern solle Wissenschaft auch »Wissen im Überblick vermitteln, das sinnvoll und brauchbar ist, um sich die instrumentellen und reflexiven Kompetenzen anzueignen, die auf Tätigkeiten im Handlungsfeld vorbereiten und um dies wissenschaftlich zu begreifen« (DOK_Einführung_1999a: 7). Zusammenfassend lässt sich festhalten: Es wird weiterhin auf die Vieldeutigkeit des Begriffes Erwachsenenbildung verwiesen, der die Wissenschaft, das universitäre Studium und die soziale Realität von Erwachsenenbildung einschließt. Ist von Erwachsenenbildung die Rede, ist allerdings zumeist vornehmlich deren soziale Realität gemeint. Während in den 1970er und 1980er Jahren mit Erwachsenenbildung in erster Linie das institutionell-organisierte Lehren und Lernen Erwachsener in den Blick genommen wurde, treten in den 1990er Jahren zunehmend andere Formen in den Fokus. An die Stelle einer klaren Begriffsklärung, die etwa definiert, ob nur das institutionell-organisierte Lernen oder alle Formen des Lernens Erwachsener als Erwachsenenbildung verstanden werden, bezieht sich die Rede von der Erwachsenenbildung nun explizit als Sammelbegriff auf alle Formen des Lernens und die Bildung Erwachsener. Ungeachtet unterschiedlicher Begründungen für Erwachsenenbildung wird hier weiterhin herausgestellt, dass sie nur in ihren gesellschaftlichen Zusammenhängen zu verstehen ist, also auf gesellschaftliche Anforderungen und Erwartungen reagiert. Insofern wird der Begriff Erwachsenenbildung als Idee konzipiert, deren konkrete Ausgestaltung immer in der jeweiligen Situation beleuchtet werden muss. Über Erwachsenenbildung an sich aber kann daher keine allgemeine Aussage getroffen werden. Die Konzeption von Erwachsenenbildung als Idee wiederum zieht allerdings Probleme der Gegenstandkonstitu-
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tion, der theoretischen und empirischen Bestimmung der Erwachsenenbildungswissenschaft, nach sich. 2.4 Thematisierungsdimensionen der 2000er Jahre Welche Thematisierungsdimensionen lassen sich im erwachsenenpädagogischen Diskurs der 2000er Jahre ausmachen und wie werden diese jeweils mit Inhalt gefüllt? 2.4.1 Mehrdeutigkeit von Erwachsenenbildung »Erwachsenenbildungswissenschaft hat keinen abgeschlossenen, festen Gegenstandsbereich, in dem quasi wie in einer Schachtel verschiedenste Wirklichkeiten und Begrifflichkeiten sortiert werden können. Während man lange Zeit versuchte, sich auf die Definition des Deutschen Bildungsrates, Erwachsenenbildung sei die Wiederaufnahme organisierten Lernens nach einer ersten Bildungsphase, zu retten versuchte, ist dies spätestens seit der Diskussion über ›Zerfaserung‹ und ›Entgrenzung‹ auch wieder problematisch geworden.« (DOK_Tagung_2000: 11)
Erwachsenenbildung sei vielmehr geprägt von »begrifflicher und inhaltlicher ›Mehrdeutigkeit‹« (DOK_Lexikon_2006a: 409). Das zeige sich zum einen daran, dass unterschiedliche Bezeichnungen für das Phänomen des Lernens Erwachsener (parallel) verwendet würden, die je unterschiedliche Schwerpunkte setzten und in denen sich unterschiedliche Zielsetzungen von Erwachsenenbildung manifestierten (vgl. DOK_Lexikon_2008: 533): Volksbildung schließe die soziale Komponente der Bildungsaufgabe ein, während Weiterbildung sich vielmehr auf den Erwerb von Qualifikationen beziehe (vgl. DOK_Lexikon_2006b: 122). Weitere Begriffe, mit denen das Phänomen des Erwachsenenlernens in den Blick genommen würde, seien etwa Lebenslanges Lernen, Adult Education, Further Education, Cotinuing Education, Andragogik, Gerontagogik – allerdings hätten diese »nicht in gleichem Maße die bildungshistorischen Wurzeln wie die E.« (DOK_ Lexikon_2007b: 198). Zum anderen sei Erwachsenenbildung dadurch, dass sie eng »in politische, kulturelle und zeitgeschichtliche Veränderungen eingebunden« (DOK_Lexikon_2009: 233) sei, nicht statisch, sondern veränderbar und geprägt durch ständige »Um- und Neuorientierungen« (DOK_Einführung_
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2009: 9) – dies »zeigt sich [etwa, H.R.] in der Vielzahl der Einführungen, Bestandsaufnahmen oder Handbüchern« (ebd.). Damit seien die Schwerpunkte und Aufgaben der Erwachsenenbildung nicht nur perspektivabhängig, sondern auch bedingt durch politische und bildungspolitische Konstellationen (vgl. DOK_Lexikon_2008: 538). Die Mehrdeutigkeit von Erwachsenenbildung zeige sich schließlich auf einer weiteren Ebene: Der Begriff Erwachsenenbildung stehe sowohl für die Wissenschaft als auch für das Studium und für die Bildungspraxis – sie sei ein »Erkenntnis- und Handlungsproblem« (DOK_Einführung_2002: 11, Herv. im Orig., H.R.). Erwachsenenbildung sei ein Feld, »über das man öffentlich spricht, in dem man arbeitet, worüber man forscht und in dem man ausbildet« (DOK_Einführung_2002: 11), es habe theoretische, praktische und diskursive Erscheinungen (vgl. ebd.). Insofern stehe Erwachsenenbildung im Spannungsfeld von öffentlichen, analytischen, theorieorientierten, politikstrategischen, systemorientierten und professionellen Bezügen (vgl. ebd.: 16) und könne dementsprechend auch nicht ohne weiteres auf einen Nenner gebracht werden. Vielmehr entspreche es der vielfältigen Realität der Erwachsenenbildung, »die Gleichzeitigkeit von unterschiedlichen Perspektiven auszuhalten und festzuschreiben« (ebd.). 2.4.2 Notwendigkeit der Begründung von Erwachsenenbildung »Erwachsenenbildung hat sich im Laufe ihrer Geschichte immer wieder legitimieren müssen. Sie befindet sich in einem permanenten Widerspruch zwischen ihrer unbestrittenen Bedeutung für individuelle Entfaltung wie gesellschaftliche Entwicklung und ihrer Rolle und tatsächlichen Lage innerhalb des Gesamtbildungssystems.« (DOK_Lexikon_2008: 532)
Die Begründungen für die Notwendigkeit von Erwachsenenbildung seien »politisch, wirtschaftlich, ideologisch und pädagogisch gefärbt« (DOK_ Lexikon_2007a: 112) und variierten je nach Perspektive auf den Gegenstand – so oszilliere Erwachsenenbildung zwischen »gesellschaftlichen, (bildungs-)politischen und ökonomischen Ansprüchen auf der einen, Zielsetzungen der jeweiligen Akteure – Lernenden wie Lehrenden, RepräsentantInnen von öffentlichen und privaten Bildungsinstitutionen, von Bildungspolitik oder Wissenschaft – auf der anderen Seite« (DOK_Lexi-
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kon_2008: 532). Insofern lassen sich die Legitimationsversuche auf verschiedenen Ebenen einordnen: auf einer subjektiv-individuellen, einer gesellschaftspolitischen und schließlich einer volkswirtschaftlich-ökonomischen Ebene. Erwachsenenbildung diene der persönlichen und beruflichen Anpassung an die sich immer rascher vollziehenden gesellschaftlichen Veränderungen, sie habe eine wissenskompensatorische Funktion, sie solle die Grundlage schaffen für eine verantwortungsvolle Teilhabe am öffentlichen Leben (dazu gehöre auch die sinnvolle Nutzung der größer werdenden Freizeit) und schließlich helfe Erwachsenenbildung, sich neue Wissensgebiete zu erschließen (vgl. DOK_Lexikon_2007a: 112). Erwachsenenbildung wird »zum Motor gesellschaftlicher und individueller Entwicklungen definiert« (DOK_Tagung_2008: 2). Ähnlich wie in den Dekaden zuvor wird die Notwendigkeit von Erwachsenenbildung insbesondere an der »Dynamik aller Lebensbereiche« (DOK_Lexikon_2000b: 155), am demographischen und sozialen Wandel (vgl. DOK_Tagung_2009: 1) festgemacht. 2.4.3 Institutionenfixierung Erwachsenenbildung wird in erster Linie als Teil des Bildungssystems in den Blick genommen (vgl. DOK_Tagung_2006: 2; vgl. DOK_Tagung_ 2005b: 1), als »vierter Bereich des deutschen Bildungssystems«, der »in den letzten 40 Jahren einen erheblichen Bedeutungszuwachs verzeichnen« konnte (DOK_Lexikon_2008: 532). Zusätzlich wird Erwachsenenbildung mit Verweis auf die Definition des Deutschen Bildungsrates (vgl. DOK_Lexikon_2001: 86) vornehmlich als das institutionalisierte und pädagogisch arrangierte Lehren und Lernen fokussiert: Erwachsenenbildung sei »ein für Deutschland typisches vielschichtiges Phänomen, das mit seinen historisch verwurzelten aufklärerischen Zielen ebenso eng verbunden ist, wie mit eigenen Institutionen und dem Lernen nach Beendigung einer Erstausbildung« (DOK_Lexikon_2007b: 198). Eine für diese Institutionenfixierung »typische« Beschreibung von Erwachsenenbildung ist folgende: »Allgemein wird mit Erwachsenenbildung/Weiterbildung als institutionalisierte Form hilfreicher Kommunikation in modernen Gesellschaften das intentionale Lernen Erwachsener bezeichnet, welches im Rahmen fremd-, zunehmend aber auch selbstorganisierter Lernprozesse zumeist in Gruppen stattfindet.« (DOK_Lexikon_2006b: 121; vgl. auch DOK_Lexikon_2006a: 415 ff.; vgl. DOK_Lexikon_2000b: 155; vgl. DOK_2007a: 110) Damit
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werde insbesondere dem »in der Öffentlichkeit weit verbreitete[n, H.R.] Verständnis von Erwachsenenbildung« (DOK_Lexikon_2004: 212) Rechnung getragen. Gegen diese »traditionellen« Versuche, Erwachsenenbildung zu beschreiben, wird das Argument vorgebracht, Erwachsenenbildung habe sich – auf unterschiedlichen Ebenen – derart ausdifferenziert, dass es »einer neuen Begrifflichkeit, eines veränderten Koordinatensystems« (ebd.) bedürfe, um das Phänomen weiterhin angemessen beschreiben zu können. Der »extreme[n, H.R.] Pluralität von Bildungs- und Lernrealitäten« (ebd.: 211) könne eine solche institutionenfixierte Definition nicht gerecht werden, weil sie »die vielen Facetten der E. auf eine knappe Formel« (DOK_Lexikon_2007b: 198; vgl. DOK_Lexikon_2009: 239) reduziere. Plädiert wird stattdessen für eine Erweiterung der Perspektive auch auf nicht-institutionalisierte Formen der Erwachsenenbildung (vgl. DOK_Lexikon_2004: 211). So wird angemerkt: »Pädagogisches Handeln ist entgrenzt und findet überall unter den verschiedensten Rahmenbedingungen und Zielsetzungen statt« (DOK_Tagung_2008: 2), etwa in der Kneipe, dem Stadtfest, dem Schrebergarten, dem Gottesdienst, der Elternversammlung, der Messe etc. (vgl. DOK_Lexikon_2004: 220). 2.4.4 Funktionen und Ziele von Erwachsenenbildung Die Beschreibungen der Aufgaben bzw. Funktionen von Erwachsenenbildung zeigen sich nach wie vor als vielfältig und diffus: Erwachsenenbildung wird beschrieben als »Scharnier zwischen individueller und gesellschaftlicher Entwicklung« (DOK_Lexikon_2009: 234). Neben der Unterstützung von Erwachsenen in sich verändernden Lebensbedingungen durch Weiterbildungsangebote unterschiedlichster Art solle Erwachsenenbildung berufliche Qualifikationen vermitteln und Benachteiligungen abbauen. Darüber hinaus wird Erwachsenenbildung beschrieben als ein Bereich, der verspreche, »dringende Bildungs-, Beschäftigungs- und Integrationsprobleme zu lösen« (DOK_Einführung_2002: 11). Erwachsenenbildung solle sich »als Ressource regionaler Entwicklung etablieren und in ökonomischer, kultureller und politischer Hinsicht Innovationen anstoßen« (DOK_ Tagung_2007: 2). Der herausragende Stellenwert der Erwachsenenbildung wird dadurch untermauert, dass ihr attestiert wird, sie beschäftige sich »mit einer der zentralen Fragen des 21. Jahrhunderts« (DOK_Lexikon_2009:
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235), nämlich der Frage nach qualitativ hochwertigen Lernmöglichkeiten für möglichst alle BürgerInnen. 2.4.5 Das System der Erwachsenenbildung »Das EB- bzw. WBsystem in Deutschland ist zwar quantitativ und qualitativ als eigenständiger Bildungsbereich erkennbar und als solcher seit 1970 deklariert […], andererseits aber nicht systematisch gestaltet oder geordnet.« (DOK_Lexikon_2001: 85 f.) Insgesamt sei der Bereich der Erwachsenenbildung gekennzeichnet durch Pluralität, Subsidiarität und Föderalismus (vgl. ebd.: 86): »Die weitgehende Freiheit der E. von gesetzlichen Regelungen, die Unabhängigkeit bei der inhaltlichen und organisatorischen Gestaltung der Angebote, die freie Wahl ihrer Mitarbeiter sowie die umfassende Selbstverwaltung der Träger der E.« (DOK_Lexikon_2000a: 188) bestimmten diesen Bereich und unterschieden ihn von anderen bildungspolitischen Bereichen, etwa der Schule. In diesem Zusammenhang wird erneut angemerkt, »dass die Erwachsenenbildung eine ›höchstens ansatzweise Professionalisierung‹ auszeichne« (DOK_Lexikon_2008: 546), dass weder die Berufsabschlüsse und Qualifikationen der ErwachsenenbildnerInnen einheitlich seien noch das Tätigkeitsfeld klar abzustecken sei (vgl. DOK_Lexikon_2009: 549). Erwachsenenbildung werde zwar als »Teil des Bildungssystems« (DOK_Lexikon_2008: 532) deklariert, zugleich wird diese Aussage aber eingeschränkt, wenn konstatiert wird: Nach wie vor könne Erwachsenenbildung »noch nicht als gleichberechtigter und gleichwertiger Bereich des gesamten Bildungswesens gelten« (DOK_Lexikon_2000b: 155), wenngleich sie »in den letzten 40 Jahren einen erheblichen Bedeutungszuwachs verzeichnen« (DOK_Lexikon_2008: 532) konnte, was mitunter als »Erfolgsgeschichte« (DOK_Einführung_2002: 11) beschrieben wird. 2.4.6 Zum Selbstverständnis der Erwachsenenbildungswissenschaft Die Erwachsenenbildungswissenschaft befinde sich im Spannungsfeld unterschiedlicher Bezüge, in welchem sie sich »ständig neu verorten muss« (DOK_Tagung_2006: 2). Damit stehe sie zugleich vor der Herausforderung, ihr disziplinäres Eigeninteresse gegen das anderer Interessen zu verteidigen: »In diesem Spannungsfeld hat die Erwachsenenbildung die verschiedensten Interessen zu berücksichtigen und gleichzeitig das disziplinäre
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Eigeninteresse zu definieren und zu wahren.« (ebd.) So werde etwa der Praxis der Erwachsenenbildung ein größerer Stellenwert zugesprochen als je zuvor – allerdings »wird damit das Selbstverständnis der Erwachsenenbildung herausgefordert, wenn nicht in Frage gestellt« (DOK_Tagung_ 2005b: 1). Es bestehe nämlich einhellig der Anspruch, Theorieentwicklung und empirische Forschung an den Fragestellungen der Praxis zu orientieren und damit einen Beitrag zur Gestaltung von praxisrelevanten Kompetenzen zu liefern (vgl. DOK_Lexikon_2009: 244). Der hohe Stellenwert, der der Erwachsenenbildung als Bildungspraxis zukomme, lasse sich indes nicht ohne weiteres auf die Erwachsenenbildungswissenschaft übertragen: »Zwischen der wachsenden Bedeutung von Weiterbildung und ihrer wissenschaftlichen Erschließung besteht immer noch eine auffällige Diskrepanz.« (DOK_Tagung_2000: 13) So wird ein »Ungenügen an der eigenen Lage in der Wissenschaft« (ebd.: 7) festgestellt. Dieses Ungenügen äußere sich auf verschiedenen Ebenen: Auf der Ebene der Theorie werde nach wie vor bemängelt, dass die Erwachsenenbildungswissenschaft sich nicht auf einen internen theoretischen Konsens über sich selbst stützen könne (vgl. DOK_Tagung_2004: 9) – so würden »in der Erwachsenenbildungswissenschaft und -forschung systemtheoretische, konstruktivistische, kritisch-theoretische, subjekttheoretische und andere Ansätze unserer Bezugswissenschaften rezipiert und angewandt – allerdings ohne dass […] ihre Protagonisten tatsächlich in einen Diskurs eingetreten wären« (ebd.: 7 f.).
Der nicht vorhandene theoretische Konsens berge die Gefahr der Marginalisierung und Instrumentalisierung der Erwachsenenbildungswissenschaft (vgl. ebd.: 9), was sich mit Blick auf die Situation der Forschung zu bestätigen scheint: Auf der Ebene der Forschung der Erwachsenenbildung werde zwar einerseits der weite Horizont an Forschungsgegenständen, »welcher vom konkreten Lernen in spezifischen Konstellationen über Kurse und Programme, das Spektrum der Institutionen bis hin zu Systemstrukturen reicht« (DOK_Tagung_2000: 11), hervorgehoben, wobei das (lebenslange) Lernen sogar als »Mittelpunkt des Praxisfeldes der Weiterbildung und des Forschungsinteresses der Weiterbildungswissenschaft« (DOK_Lexikon_ 2009: 235) bezeichnet wird.
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»Die Wissenschaft von der Erwachsenenbildung hat ein vielseitiges und vielschichtiges Forschungsprogramm hervorgebracht, das sich an die sozialwissenschaftlichen Bezugsdisziplinen und -theorien anschließt, das Verhältnis von Theorie und Empirie produktiv gestaltet und das es weiter zu diskutieren und zu bearbeiten gilt.« (DOK_Tagung_2006: 5)
Allerdings manifestiere sich im Bereich der Forschung das wissenschaftliche Ungenügen in besonderer Weise: Die Erwachsenenbildungsforschung werde gekennzeichnet durch »Unübersichtlichkeit, Vielzahl und Vielfalt« (DOK_Tagung_2000: 7). Häufig werde Erwachsenenbildung zum Forschungsthema im Funktionszusammenhang anderer gesellschaftlicher Teilsysteme (vgl. ebd.), wodurch das Problem verstärkt werde, dass sich Grundlagenforschung gegenüber interessengebundener Forschung immer weniger durchsetzen könne (vgl. DOK_Tagung_2006: 3). Der erwachsenenpädagogischen Forschung wird eine »Verführbarkeit durch hohe Nachfrage« (DOK_Tagung_2000: 7) von außen bescheinigt, so dass die Frage der gesellschaftlichen Relevanz eines Forschungsunternehmens bisweilen schwerer gewichtet werde als die wissenschaftliche Autonomie. Die Erkenntnis des Ungenügens der eigenen Lage in der Wissenschaft und die Debatte um die Entgrenzung der Erwachsenenbildung führten schließlich dazu, dass die Disziplin zunehmend in eine Legitimationsdebatte über ihr eigenes Dasein eintrete (vgl. DOK_Tagung_2004: 9). Diese reflexive Vergewisserung über Rolle, Aufgabe und Funktionen der Wissenschaft von der Erwachsenenbildung resultiere zum einen in einem kontinuierlichen Selbstvergewisserungsprozess nach innen und zum anderen in einer Legitimierung und Positionierung nach außen (vgl. DOK_Tagung_ 2006: 2). Dabei gehe es nicht nur darum, sich intern über Gegenstandskonstitution, Aufgaben und Funktionen zu verständigen, sondern die Erwachsenenbildungswissenschaft müsse auch nach außen deutlich Position beziehen, um in der Wissenschaftswelt, der Politik und der Öffentlichkeit wahrund ernstgenommen zu werden (vgl. ebd.: 1). In den 2000er Jahren lässt sich, so kann zusammenfassend festgestellt werden, eine zunehmende Abkehr von der traditionellen Definition von Erwachsenenbildung als institutionell-organisiertem Lehren und Lernen ausmachen. Damit aber verstärkt sich auch die Diffusität der Begriffsverwendung – Erwachsenenbildung ist ein Handlungs- und ein Erkenntnisproblem, das nach wie vor als Antwort auf gesellschaftliche Probleme und
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Anforderungen konstituiert wird. Diese Positionierung der Erwachsenenbildung als Antwort darauf führt zu einer zunehmenden Verunsicherung der Erwachsenenbildungswissenschaft, welche sich noch immer auf der Suche nach ihrem Gegenstand und einer klaren Identität befindet. Trotz ihrer unbestrittenen Bedeutung für die Gesellschaft wird nunmehr resümiert, dass Erwachsenenbildung – allen vorangegangenen Äußerungen und Definitionsbestimmungen zum Trotz – nicht als gleichberechtigter Teil des Bildungssystems bezeichnet werden kann. Der Fokus liegt damit nun nicht mehr auf den Institutionen der Erwachsenenbildung – das Lernen Erwachsener kann nicht auf das Lernen in erwachsenenpädagogischen Einrichtungen beschränkt werden, sondern findet vielmehr an verschiedenen Orten und unter unterschiedlichen Rahmenbedingungen statt – oder dem Erwachsenenbildungssystem (hierzu gehört zum Beispiel ein klares Berufsfeld und dessen Professionalisierung), sondern wird zunehmend auf das pädagogische Handeln, die Professionalisierung des pädagogischen Personals, gerichtet. 2.5 Thematisierungsdimensionen der 2010er Jahre Welche Thematisierungsdimensionen lassen sich im erwachsenenpädagogischen Diskurs der 2010er Jahre ausmachen und wie werden diese jeweils mit Inhalt gefüllt? 2.5.1 Entgrenzung der Erwachsenenbildung Erwachsenenbildung wird als unübersichtlich und vielfältig beschrieben. In der Diagnose einer Entgrenzung des Feldes verschärfe sich diese Vielfalt von Erwachsenenbildung. Es sei eine »›Entgrenzung‹ in dem Sinne zu beobachten, dass Erwachsenen-/Weiterbildung nicht mehr als ein auf Kurse und Seminare begrenztes Konzept gesehen wird, sondern informellen Formen des Lernens stärkere Bedeutung zugemessen wird« (DOK_Lexikon_ 2010: 302). Die Entgrenzung wird auch in Bezug auf die Forschungssituation der Wissenschaft von der Erwachsenenbildung deutlich: Trotz der »Vielfalt und Heterogenität der gegenwärtigen Forschungen zur Erwachsenen- und Weiterbildung« (DOK_Tagung_2010: 3) lasse sich das Thema Lernen als Fokus der Wissenschaft von der Erwachsenenbildung identifizieren – es bilde das »›Herzstück einer Erwachsenenbildungs- und Weiterbildungsfor-
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schung‹« (DOK_Tagung_2011b: 5). Mit der Fokussierung auf das Thema (lebenslanges) Lernen werde Erwachsenenbildung – anders als durch den Rekurs auf das Bildungskonzept – anschlussfähig an weitere internationale und nationale Diskurse zum Lernen (vgl. DOK_Tagung_2011a: IX). Die Erwachsenenbildungswissenschaft gehe aus dieser Perspektive der Frage nach, »wie Lernen über die Lebenszeit konzeptionalisiert und wie Lernen als ein Prozess der Aneignung von Wissen und Können theoretisch und empirisch analysiert werden kann« (ebd.). Damit weitet sich der Blick aus von institutionalisierten und pädagogisch organisierten und arrangierten Lehr- und Lernsettings auch auf alltägliche Lernprozesse im Lebensverlauf der Individuen. 2.5.2 Funktionen und Ziele von Erwachsenenbildung Über den Begriff Erwachsenenbildung lassen sich – insbesondere vor dem Hintergrund der diagnostizierten Entgrenzung der Erwachsenenbildung – (weiterhin) keine eindeutigen Aussagen finden, wohl aber über die ihr zugeschriebenen Aufgaben und Funktionen. Diese zeigen sich sehr vielfältig: »Ihr [der Erwachsenenbildung, H.R.] wird eine wichtige Rolle im Prozess der gesellschaftlichen Demokratisierung zugewiesen. Diese oszilliert zwischen den Polen der Förderung von Chancengleichheit und einer sozialintegrativen Funktion – oder zwischen Widerstand und Anpassung. Daneben hat sie immer eine pragmatische Funktion im Sinne der Bereitstellung von Qualifikationen für das ökonomische System übernommen. Schließlich hat sie eine soziokulturelle Bedeutung in dem Sinne, das [sic, H.R.] sie dazu befähigt, sich im Sinne der Persönlichkeitsbildung, in umfassender Weise mit der eigenen Kultur und Geschichte und den kulturellen Leistungen anderer Völker auseinanderzusetzen.« (DOK_Lexikon_2010: 288 f.)
Neben diesem »traditionellen« Auftrag an die Erwachsenenbildung zur gesellschaftlichen Demokratisierung werde sie »als ein Erfordernis der wirtschaftlichen Entwicklung angesehen und somit unmittelbar zweckrational an den Arbeitsmarkterfordernissen orientiert« (ebd.: 301) sowie »als ein wichtiger Faktor gesellschaftlicher Transformation […] und im ökonomischen und politischen Alltag als ›Innovation‹ gehandelt« (DOK_Tagung_ 2010: 1).
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2.5.3 Selbstvergewisserung der Erwachsenenbildungswissenschaft Die Erwachsenenbildungswissenschaft hat sich, so wird festgestellt, im Laufe der Zeit »von einer hermeneutischen Verfahren verpflichteten Pädagogik zu einer erfahrungswissenschaftlich ausgerichteten und auch mit empirischen Methoden arbeitenden Disziplin« (DOK_Lexikon_2010: 302) entwickelt, die mitunter unmittelbar auf ökonomische und (bildungs-)politische Anstöße reagiert (vgl. DOK_Tagung_2010: 3; vgl. DOK_Tagung_ 2011b: 4). Es zeige sich eine »Wechselwirkung zwischen selbst definierten Zielsetzungen und Aufgaben sowie von außen an die Wissenschaft von der Erwachsenenbildung herangetragenen Erwartungen und Anforderungen« (DOK_Einführung_2010: 9) sowie eine »Spannung zwischen instrumentellen und reflexiven Aspekten« (ebd.: 9 f.). Insofern bestehe für die Erwachsenenbildungswissenschaft die Notwendigkeit, sich selbst zu fragen, wie sie ihren Gegenstand fasse (vgl. DOK_Tagung_2010: 2). Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass weiterhin auf die Entgrenzung des Bereiches Erwachsenenbildung fokussiert wird. Diese führt dazu, dass – darauf wurde bereits verwiesen – der Blick sich vom Lehren und Lernen in Kursen und Seminaren zunehmend auf informelle Lernprozesse richtet. Das Lernen Erwachsener rückt immer mehr in den Fokus der Erwachsenenbildung: So erfährt das Lernen über die Lebensspanne – und damit höchst unterschiedliche Lernformen mit verschiedenen Anlässen und Zielen – auch durch die Wissenschaft von der Erwachsenenbildung vermehrt Aufmerksamkeit. Nach wie vor positioniert Erwachsenenbildung sich als Antwort auf gesellschaftliche Probleme, wird sogar als Innovation gehandelt, und reagiert auf Anforderungen von außen. Die ambivalente Lage der Erwachsenenbildung zwischen eigenen und fremden Ansprüchen führt nach wie vor zu Unsicherheiten in der wissenschaftlichen Debatte. 2.6 Zusammenfassung: Die Phänomenstruktur des Diskurses Mit Blick auf die Thematisierungsdimensionen und deren jeweilige inhaltliche Füllung lässt sich Folgendes resümieren: Über den gesamten Untersuchungszeitraum hinweg wird Erwachsenenbildung als vielschichtiges und komplexes Phänomen beschrieben, als Erkenntnis- und Handlungsproblem.
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Das, was jeweils unter Erwachsenenbildung verstanden wird, ist zum einen von zeitlichen Faktoren, zum anderen von der jeweiligen Perspektive abhängig, womit keine allgemeinen Aussagen möglich sind. Damit wird Erwachsenenbildung als Sammelbegriff für unterschiedliche Phänomene konstituiert, eher als Idee denn als feststehende Begriffsdefinition. Ungeachtet der Feststellung der Vielfalt und Komplexität des Begriffes Erwachsenenbildung wird der Blick i.d.R. auf die erwachsenenpädagogische Bildungspraxis, ihre soziale Realität, gerichtet. Erwachsenenbildung wird also vornehmlich als Bildung Erwachsener innerhalb und außerhalb pädagogischer Einrichtungen fokussiert. Sie wird zunächst zumeist auf das pädagogisch arrangierte Lehren und Lernen in Institutionen der Erwachsenenbildung reduziert und der Blick damit auf die Systembildung des Quartärbereichs des Gesamtbildungswesens gerichtet – für die Systembildung spielt die Begründung der Notwendigkeit von Erwachsenenbildung, der Ausweis ihrer Berechtigung als gleichberechtigter Teil des Gesamtbildungswesens, u.a. für ihre Finanzierung und damit für ihre Bestandssicherung eine wichtige Rolle (hier gibt es verschiedene Argumentationsstränge, die die Notwendigkeit von Erwachsenenbildung pädagogisch, gesellschaftspolitisch oder ökonomisch begründen). Spätestens seit den 1990er Jahren wird jedoch eine Ausweitung und Entgrenzung der möglichen Orte und Formen des Erwachsenenlernens konstatiert, die eine Reduktion auf das institutionalisierte Lehren und Lernen verstärkt schwierig erscheinen lässt und den Fokus auf unterschiedliche Lern- und Bildungspraxen und damit auf das pädagogische Handeln verschiebt. Erwachsenenbildung – ob als institutionell-organisiertes Lehren und Lernen in Bildungseinrichtungen oder als informelles Lernen über den Lebenslauf verstanden – ist damit eine Aufgabe sowohl für die lernenden Individuen als auch für die im Bereich der Erwachsenenbildung Tätigen. Sie ist somit zum einen Hilfe zur Lebensbewältigung, ein Lern- und Bildungsprozess zur besseren Bewältigung von Anforderungen unterschiedlicher Art (persönlicher, politischer, beruflicher Anforderungen), und zum anderen ein Handlungsfeld zur Unterstützung von individuellen Lernprozessen. Erwachsenenbildung ist aber nicht nur ein Handlungsproblem, sondern auch ein Erkenntnisproblem. Es bedarf also der Reflexion von Lern- und Bildungsprozessen Erwachsener in ihren gesellschaftlichen Kontexten – dies ist die Aufgabe der Erwachsenenbildungswissenschaft. Neben der Frage nach der wissenschaftlich fundierten Ausbildung der künftig im Feld der
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Erwachsenenbildung Tätigen, die diese Reflexionskompetenz im Rahmen ihrer Ausbildung erwerben (sollen), wird in diesem Zusammenhang eine weitere Frage deutlich, nämlich die um die Konstitution und Legitimation der Erwachsenenbildungswissenschaft. Denn die unklare Definition des Begriffsverständnisses und das Selbstverständnis der Erwachsenenbildungswissenschaft als Handlungswissenschaft manifestieren sich in einer ebenso unklaren Bestimmung der Zuständigkeit und Ausrichtung der Wissenschaft von der Erwachsenenbildung. Zwar lassen sich in der inhaltlichen Füllung der Diskursbausteine Veränderungen aufzeigen, so z.B. eine Ausweitung des Verständnisses von Erwachsenenbildung von in erster Linie institutionell-organisierten Formen des Lehrens und Lernens hin zu einem sehr weiten Begriffsverständnis, das auch das gesellschaftlich insgesamt stattfindende Lernen an unterschiedlichen Orten und in verschiedensten Settings umfasst – wobei paradoxerweise zugleich an der Institutionenfixierung festgehalten wird – oder auch eine stärkere Herausstellung des volkswirtschaftlichen Nutzens der Erwachsenenbildung als »Innovation« oder »Allheilmittel« für Probleme unterschiedlichster Couleur. Insgesamt lässt sich jedoch festhalten, dass die Thematisierungsdimensionen – entgegen der anfänglichen Vermutung einer mehr oder minder großen Veränderung der Wissenselemente – über den gesamten Untersuchungszeitraum relativ konstant bleiben, dieselben Themen immer wieder und auch in ähnlicher Weise über den untersuchten Zeitraum von 40 Jahren aufgegriffen und diskutiert werden und der Diskurs damit als zirkulär charakterisiert werden kann.
3. D EUTUNGSMUSTER Deutungsmuster oder Interpretationsschemata bringen die Elemente der Phänomenstruktur in Verbindung zueinander. Sie sind Sinnschemata, die die Wahrnehmung vorprägen und aus dem sozialen Wissensvorrat schöpfen. Mithin sind sie Wahrnehmungsschemata, die Wissen vorstrukturieren oder – anders formuliert – die Möglichkeitsbedingungen für (zumeist implizit in Aussagen vorliegendes) Wissen bzw. Bedeutung darstellen.
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Das Konzept des Deutungsmusters geht auf Alfred Schütz zurück11 und wurde in den 1970er Jahren durch Ulrich Oevermann12 in den Kontext der empirischen Sozialforschung aufgenommen. Er definiert Deutungsmuster wie folgt: »Unter Deutungsmuster verstehe ich in erster Annäherung das ›ensemble‹ von Wissensbeständen, Normen, Wertorientierungen und Interpretationsmustern, das in einem inneren Zusammenhang stehend einen epochenähnlichen Zeitabschnitt in der Entwicklung einer Gesellschaft oder eines für die Formation einer Gesellschaft wesentlichen Segments prägt. In zweiter Annäherung soll von einem Deutungsmuster nur dann gesprochen werden, wenn dieses ›ensemble‹ durch eine Struktur gekennzeichnet ist, die als ›innere Logik‹ eines Deutungsmusters nach impliziten Regeln der Konsistenz von Urteilen, Argumenten und Interpretationen rekonstruiert werden kann.« (Oevermann 2001: 9)
Oevermann bindet das Konzept des Deutungsmusters in die Frage nach der Konstitution von Sinnzusammenhängen, insbesondere sinn- bzw. regelgeleiteten Handelns, ein (vgl. ebd.: 4). Er geht davon aus, dass Handelnde »ein implizites Regelwissen, ein praktisches, aber nicht diskursiv verfügbares Bewußtsein von den handlungsleitenden Regeln« (Meuser/Sackmann 1992: 16) besitzen, welches das Handeln – im vorliegenden Fall das Sprechen bzw. Schreiben über Erwachsenenbildung – vorprägt und die Komplexität des Handelns damit reduziert. Diese Interpretationsschemata sind keine individuell geltenden Wissensformen, sondern sie »stellen eine kulturelle, kollektiv bzw. überindividuell (re-) produzierte Antwort auf objektive, Handlungsprobleme aufgebende gesellschaftliche Bedingungen dar« (ebd.: 15). Dieses implizite Regelwissen strukturiert »direkt oder indirekt das Denken und die Argumentation aller Mitglieder einer Gesellschaft oder eines Gesellschaftssegments« (Oevermann 2001: 10). Das Deutungsmusterkonzept lässt sich damit auch auf Teile der Gesellschaft, bspw. auf das Feld der Wissenschaft bzw. auf wissenschaftliche Disziplinen, übertragen
11 Vgl. dazu Schütz 1993 [1932]. 12 Vgl. dazu Oevermann, Ulrich (1973): Zur Analyse der Struktur von sozialen Deutungsmustern. Unveröffentlichtes Manuskript. Frankfurt/Main. 2001 erschien die aktualisierte Version dieses Manuskripts mit leicht verändertem Titel: Oevermann, Ulrich (2001): Zur Analyse der Struktur sozialer Deutungsmuster.
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und fragt dann nach den das Sprechen leitenden impliziten Regeln, die unter den Mitgliedern einer wissenschaftlichen Gemeinschaft geteilt werden. Deutungsmuster können in etwa als das, was Foucault als Episteme versteht, begriffen werden, als eine Art historisches Apriori, das Wissen vorstrukturiert bzw. ordnet: »Wenn Du so willst, könnte ich die Episteme, indem ich zu ihr zurückkehre, als strategisches Dispositiv definieren, das es erlaubt, unter allen möglichen Aussagen diejenige herauszufiltern, die innerhalb, ich sage nicht: einer wissenschaftlichen Theorie, aber eines Feldes von Wissenschaftlichkeit akzeptabel sein können und von denen man wird sagen können: diese hier ist wahr oder falsch. Die Episteme ist das Dispositiv, das es erlaubt, nicht schon das Wahre vom Falschen, sondern vielmehr das wissenschaftlich Qualifizierbare vom Nicht-Qualifizierbaren zu scheiden.« (Foucault 1978: 124)
Insofern steht im Fokus dieses Kapitels die Frage nach den Interpretationsschemata, die das diskursive Wissen über Erwachsenenbildung rahmen. Im Folgenden werden fünf solcher Muster präsentiert, die sich wie Grundmotive durch den gesamten Diskurs ziehen und nicht nur für bestimmte zeitliche Abschnitte Gültigkeit beanspruchen. Ausgehend von den im vorangegangenen Kapitel herausgearbeiteten Thematisierungsdimensionen lässt sich feststellen, dass sich die Thematisierung der Funktionen und Ziele von Erwachsenenbildung wie ein roter Faden durch den gesamten Diskurs zieht. Dabei zeigt sich zum einen, dass die Funktionen und Ziele von Erwachsenenbildung sehr vielfältig sind und sich auf unterschiedlichen Ebenen manifestieren (subjektiv-individuelle Ziele, gesellschaftlich-politische Ziele und ökonomische Ziele). Zum anderen wird evident, dass diese vielfältigen Funktionen und Ziele von Erwachsenenbildung durchgängig an den Anforderungen und Bedarfen einer sich wandelnden Gesellschaft orientiert werden, womit zugleich die Notwendigkeit von Erwachsenenbildung als permanentes und allgemeines Phänomen begründet wird. Damit zeigt sich ein erstes diskursspezifisches Muster: Erwachsenenbildung wird als Antwort auf individuelle und gesellschaftliche Anforderungen und Bedarfe konstituiert. Dieses erste Deutungsmuster wird im Folgenden beschrieben.
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3.1 Erwachsenenbildung als Antwort auf individuelle und gesellschaftliche Anforderungen und Bedarfe Es lässt sich eine diskursspezifische Verknüpfung von Aufgaben und Funktionen der Erwachsenenbildung mit individuellen und gesellschaftlichen Anforderungen und Bedarfen nachzeichnen. Begründet wird die Notwendigkeit von Erwachsenenbildung dabei – unabhängig von ihrer jeweils konkreten Ausrichtung – mit dem gesellschaftlichen und sozialen Wandel und den damit einhergehenden sich stetig verändernden Anforderungen an Individuum und Gesellschaft. Eine allgemeine und permanente Erwachsenenbildung wird durch den gesellschaftlichen und sozialen Wandel einer »dynamischen industriellen Gesellsch.« (DOK_Lexikon_1971: 294) – ein Argumentationsmuster, das sich durch den gesamten Untersuchungszeitraum zieht – sogar erst »nötig und möglich« (ebd.: 295). Argumentiert wird dabei mit einer generellen Überforderung des erwachsenen Menschen: »Das Verhalten des Erwachsenen – v. stabilisierenden Horizonten geprägt – sieht sich v. den Zwängen zur Umorientierung in der Arbeitswelt, zum damit verbundenen Wechsel des Lebensraums u. zur Beweglichkeit v. Zukunftserwartungen oder Gestaltungsformen des Alltags überfordert.« (DOK_Lexikon_1976a: 57) Die in Kindheit und Jugend erworbene Bildung reiche vor dem Hintergrund der ständigen Veränderungen nicht mehr aus: »Die Verhaltenssicherheit jedes einzelnen Erwachsenen, welche allenfalls im Hinblick auf bestimmbare stabile Lebensformen grundgelegt wurde, bedarf der Neubegründung unter sich wandelnden Bedingungen.« (ebd.) »Die grundlegenden Mechanismen des Verhaltenslernens in Kindheit und Jugend haben die Fähigkeit zur Umorientierung weder grundgelegt noch trainiert« (ebd.), so dass weiterführende Unterstützung der Erwachsenen in Form von Erwachsenenbildung nötig werde. Eine zentrale Funktion von Erwachsenenbildung wird – daran anschließend – wie folgt formuliert: »Antwort und Hilfe auf vielfältige Herausforderungen in den sich verändernden Lebensbedingungen zu geben, war und ist einer der zentralen Grundsätze von Erwachsenenbildung.« (DOK_Lexikon_2006a: 407) Diese in Anspruch zu nehmen, stelle aber nicht bloß eine im Bedarfsfall zu ergreifende oder auch nicht zu ergreifende Option dar, sondern wird zu »einer berufs- und lebensbegleitenden Notwendigkeit« (DOK_Einführung_1972: 7) stilisiert. So erkennten immer mehr Erwachsene, »daß sie auf Weiterbildung angewiesen sind, wenn ihr sozialer Status
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gesichert oder gehoben, ihre beruflich-gesellschaftliche Leistungsfähigkeit erhalten oder gesteigert werden soll« (DOK_Einführung_1974: 11). Subjektives Bedürfnis nach und objektive Notwendigkeit von Erwachsenenbildung fallen, so lässt sich festhalten, damit zusammen: »Erwachsenenbildung/Weiterbildung wirkt […] wie ein Scharnier zwischen individueller und gesellschaftlicher Entwicklung – sie vermittelt Wissen und schafft zugleich die Voraussetzungen für neue Innovationen.« (DOK_Lexikon_2009: 234) Auch verschwimmen zunehmend die Grenzen zwischen Leben und Lernen, Erwachsenenbildung wird verstärkt zu einem Teil des alltäglichen Lebens und nicht mehr nur eine spezifische »Ausnahmesituation«, die mit dem Lehren und Lernen in Institutionen und pädagogisch arrangierten Settings zusammenhängt. Vielmehr werden Erwachsenenbildung und Leben konstitutiv miteinander verbunden: man konzentriert sich darüber hinaus zunehmend »auf Bildungsprozesse […], die außerhalb pädagogischer Organisationen, Ämter, Berufe und Arrangements, gleichsam im Leben, im profanen Alltag stattfinden, an unterschiedlichen Treff- und Begegnungsorten, wobei die Erwachsenenbildung selber zu einem Treffpunkt, zu einem Kommunikationsforum wird« (DOK_Lexikon_2004: 212 f.). Erwachsenenbildung wird damit zunehmend »normal« und alltäglich. Die Alltäglichkeit und Normalität des Lernens kommt dabei insbesondere im Konzept des lebenslangen Lernens zum Tragen (vgl. DOK_Einführung_1974: 11; vgl. DOK_Lexikon_1978a: 99; vgl. DOK_Tagung_2007), das von Politik, Wirtschaft und Pädagogik gleichermaßen gefordert wird (vgl. DOK_Tagung_2003: 9). Die Erwachsenenbildungswissenschaft greift mit der Wandelmetapher eine bildungspolitische Argumentation auf und integriert diese in den eigenen Diskurs. Die Bedeutung der Bildungspolitik zeigt sich im untersuchten Diskurs u.a. auch im regelmäßig wiederkehrenden Verweis auf bildungspolitische Gutachten und Stellungnahmen, namentlich auf das Gutachten des Deutschen Ausschusses für das Erziehungs- und Bildungswesen von 1960 und auf den Strukturplan des Deutschen Bildungsrates für das Bildungswesen von 1970 (vgl. DOK_Lexikon_2007b: 198; vgl. DOK_Lexikon_1999: 60 f.). Diese Regierungspapiere spielen für den untersuchten Diskurs anscheinend eine gravierende Rolle und können damit als diskursive »Meilensteine« verstanden werden. Die Bildungspolitik habe Erwachsenenbildung als »Notwendigkeit« (DOK_Einführung_1972: 7) erkannt und in den
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öffentlichen, vermehrt auch in den wissenschaftlichen Fokus gerückt: »Diese bildungspolitischen Aktivitäten und Impulse sind zu begrüßen, es ist zu hoffen, daß sie wissenschaftliche Erforschung und Theoriebildung der Erwachsenenbildung anregen und beschleunigen.« (ebd.). Die Bildungspolitik wird damit zum Akteur, der für die »Entdeckung« der Erwachsenenbildung und ihrer Wissenschaft verantwortlich ist und auf dessen Erwartungen und Anforderungen die Erwachsenenbildung bereitwillig eingeht (vgl. DOK_ Einführung_2010: 9). Dadurch sei Erwachsenenbildung ein öffentlich sichtbarer Bereich geworden und habe »sich als soziales Projekt empfohlen, das dringende Bildungs-, Beschäftigungs- und Integrationsprobleme zu lösen verspricht« (DOK_Einführung_2002: 11). Welcher Art aber sind die »Chancen des ›life-long-learning‹« (DOK_ Lexikon_1978a: 99) und zu welchen Problemen kann Erwachsenenbildung Erklärungen, Linderung oder gar Lösungen beitragen (vgl. DOK_ Tagung_1992: 7)? Erwachsenenbildung wird, darauf wurde zuvor bereits verwiesen, in einen umfassenden Funktionszusammenhang gestellt: Sie unterstütze nicht nur die »Entfaltung der Person« (DOK_Lexikon_1978a: 99, Herv. im Orig., H.R.; vgl. DOK_Einführung_1999a: 8) und helfe dem erwachsenen Menschen bei der Bewältigung alltäglicher Probleme (vgl. DOK_Tagung_1995: 9), sondern sie solle auch die Grundlagen schaffen für eine verantwortungsvolle Teilhabe am öffentlichen Leben (vgl. DOK_Lexikon_2007a: 110). Weiterhin reagiere Erwachsenenbildung auf den »gesellschaftlichen Anspruch der Herausbildung instrumenteller Vernunft und der Mithilfe bei der Flexibilisierung von Arbeitskräften und Konsumenten unter dem Maßstab des funktionierenden Subjekts« (DOK_Tagung_1989: 2) sowie auf den »gesellschaftliche[n, H.R.] Bedarf an immer neuen und immer wieder erneuerten Qualifikationen Erwachsener« (ebd.: 3). Erwachsenenbildung solle »soziale Benachteiligungen verringern« (DOK_Lexikon_1991: 638), allen BürgerInnen »Chancen zur sozialen Teilhabe [ermöglichen, H.R.] und hat damit eine wichtige Funktion beim Abbau bzw. der Reproduktion von sozialer Ungleichheit« (DOK_Lexikon_ 2009: 233). Darüber hinaus biete Erwachsenenbildung auch »große volkswirtschaftliche Vorteile« (DOK_Lexikon_1978a: 99.). Auf den Punkt bringen lässt sich die Liste der Vorzüge der Erwachsenenbildung – etwas überspitzt – wie folgt:
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»›Erwachsenenbildung ist … mehr als ein Recht; sie ist ein Schlüssel zum 21. Jahrhundert. Sie ist sowohl eine Folge aktiver Bürgerbeteiligung als auch Voraussetzung für eine umfassende Teilhabe an der Gesellschaft. Sie ist ein wirkungsvolles Konzept zur Förderung einer ökologisch tragfähigen Entwicklung, zur Förderung von Demokratie, Gerechtigkeit und Gleichberechtigung sowie zur Förderung der wissenschaftlichen, sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung‹.« (DOK_Tagung_1998: 7)
Damit wird Erwachsenenbildung zu einem »Allheilmittel für sämtliche Probleme unserer Welt« (ebd.) stilisiert. Erwachsenenbildung, so lässt sich zusammenfassen, wird im Diskurs als Antwort sowohl auf individuelle als auch auf gesellschaftliche Anforderungen und Bedarfe konstituiert. Der Erwachsene wird dabei als orientierungslos und überfordert von den gesellschaftlichen Umbrüchen dargestellt, er bedürfe der Hilfe und Unterstützung durch eine orientierende Instanz, die Erwachsenenbildung. Damit wird der Blick vornehmlich auf die soziale Realität der Erwachsenenbildung, die Erwachsenenbildungspraxis, gerichtet und ein bildungspolitisches Argumentationsmuster in den wissenschaftlichen Diskurs aufgenommen – ohne, dass dieses allerdings in nennenswerter Weise hinterfragt wird. Denn es waren bildungspolitische Initiativen, die in den 1970er Jahren das Lernen Erwachsener als Antwort auf unterschiedliche Probleme und Herausforderungen des gesellschaftlichen und sozialen Wandels deklarierten, damit ihre Notwendigkeit rhetorisch untermauerten und als vierten Sektor des Bildungswesens etablierten. Subjektives Bedürfnis nach und objektive Notwendigkeit von Erwachsenenbildung fallen somit zusammen, Leben und Lernen verschwimmen miteinander und Erwachsenenbildung wird als »normal« und alltäglich, mitunter sogar als unverzichtbar attribuiert. Die fortdauernden Verweise auf bildungspolitische Gutachten und Stellungnahmen lassen sich vor diesem Hintergrund als Relevanzausweis für Erwachsenenbildung – sowohl für ihre Bildungspraxis als auch mittelbar für ihre Wissenschaft – lesen. Erwachsenenbildung wird damit als wichtig und zugleich begründungsbedürftig dargestellt. An den Verweis auf die Begründung der Notwendigkeit von Erwachsenenbildung unmittelbar anknüpfend zeigt sich ein weiteres Muster des Diskurses: Erwachsenenbildung wird als vielschichtiges und sich zunehmend entgrenzendes Phänomen beschrieben, welches auch sehr unterschiedlich begründet und legitimiert werden kann. Ein zweites diskursives Muster, die Offenheit für Vielfalt, wird im Folgenden beschrieben.
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3.2 Offenheit für Vielfalt Der Begründung der Notwendigkeit von Erwachsenenbildung und damit ihrer Daseinsberechtigung durch die Darstellung ihrer Aufgaben, Funktionen und Ziele kommt im untersuchten Diskurs, das wurde bereits deutlich, durchgängig eine bedeutsame Rolle zu. Die enge Verwobenheit der Erwachsenenbildung mit individuellen und gesellschaftlichen Entwicklungsprozessen scheint eine immer wieder neu auszuhandelnde Positionierung der Erwachsenenbildung durch Wissenschaft – und damit eine Neupositionierung auch der Erwachsenenbildungswissenschaft – zu bedingen. Dabei werden unterschiedliche Begründungsmuster zur Legitimation von Erwachsenenbildung – und mittelbar auch zur Legitimierung der Wissenschaft von der Erwachsenenbildung – herangezogen. So zeigt sich eine fortwährende Thematisierung und Diskussion der Frage nach den Aufgaben, Zielen und Funktionen von Erwachsenenbildung, nach der »richtigen« Ausrichtung von Erwachsenenbildung, die sich u.a. auch in der Verwendung unterschiedlicher Begriffe für das Phänomen des Erwachsenenlernens manifestiert. »Die Begriffe E, Volksbildung und Weiterbildung charakterisieren in ihrer Verwendung und sich zeitweise überlappenden Aufeinanderfolge den Wechsel des Denkens über Funktionen und Ziele institutionalisierten und organisierten Lernens von Erwachsenen entsprechend dem jeweiligen gesellschaftlichen Entwicklungs- und Bewußtseinsstand.« (DOK_Lexikon_1976b: 123)
Ganz grob lässt sich dabei eine »Konkurrenz« zwischen eher emanzipatorisch ausgerichteten Begründungsmustern von Erwachsenenbildung auf der einen und eher funktionalistisch ausgerichteten Begründungsmustern für Erwachsenenbildung der anderen Seite ausmachen. Mit dem Verweis auf die Geschichte der Erwachsenenbildung wird die emanzipatorische Funktion von Erwachsenenbildung als deren Ursprung bzw. Grundpfeiler immer wieder aufs Neue herausgestellt und relevant gemacht: Erwachsenenbildung sei kein neuzeitliches Phänomen, sondern historisch gewachsen. Ihre Ursprünge, so wird argumentiert, liegen in den Emanzipations- und Volksbildungsbewegungen des 19. und 20. Jahrhunderts. Sie sei entstanden als »kompensatorische Bildung für Unterprivilegierte« (DOK_Lexikon_1971: 294, Herv. im Orig., H.R.), »war eng ver-
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knüpft mit der Aufklärung und wies eine politische Stoßrichtung auf« (DOK_Lexikon_1981: 135). Weiterhin sei das Konzept der Bildung, verstanden als Idee der Selbstentwicklung des Menschen (vgl. DOK_Tagung_ 1982: 4), für eine emanzipatorisch gedachte Erwachsenenbildung maßgeblich (vgl. DOK_Einführung_2009: 10; vgl. DOK_Lexikon_1999: 61). Demgegenüber – und bisweilen scharf davon getrennt (vgl. DOK_Lexikon_1999: 61) – steht ein Verständnis von Erwachsenenbildung, das sich eher am funktionalen Weiterlernen des Erwachsenen orientiert und die Qualifizierungs- und Anpassungsfunktion von Erwachsenenbildung in den Vordergrund rückt, worin sich auch eine Abkehr vom Bildungs- hin zum Lernbegriff manifestiere (vgl. DOK_Lexikon_2009: 235; vgl. DOK_Tagung_2011b: 4 f.). So wird konstatiert, dass Erwachsenenbildung bis in die 1960er Jahre hinein als »vorrangig demokratisch« (DOK_Lexikon_1988: 134) gedacht worden sei und sich mit der »realistischen Wende« eine Veränderung des Verständnisses von Erwachsenenbildung, ihre Aufgaben und Funktionen betreffend, abgezeichnet habe: »Die Programme sollten sich nicht mehr an einem idealistischen, ›zweckfreien‹ Bildungsbegriff, sondern an dem gesellschaftlichen, vor allem ökonomischen Qualifikationsbedarf und an den manifesten Qualifizierungsinteressen der Bevölkerung orientieren und durch abschlußbezogene Lehrgänge des Zweiten Bildungsweges soziale Benachteiligungen verringern.« (DOK_Lexikon_1991: 631)
Aber lässt sich die These einer solchen (gedanklichen) Trennung zwischen der Ausrichtung der Erwachsenenbildung an einem zweckfreien Bildungsbegriff und an ihren emanzipatorischen Ursprüngen auf der einen und der opportunen Orientierung am ökonomischen Qualifikationsbedarf und Lernerfordernissen auf der anderen Seite so überhaupt aufrechterhalten? Kann tatsächlich von einem Wandel oder gar von einem Paradigmenwechsel von einer emanzipatorischen – »guten« – Erwachsenenbildung hin zu einer strategisch ausgerichteten – »schlechten« – Weiterbildung gesprochen werden? Es lässt sich zwar durchgängig eine Notwendigkeit der Darstellung der Orientierungs- und Begründungsmuster von Erwachsenenbildung aufzeigen, allerdings kann dabei vielmehr eine Gleichzeitigkeit verschiedener Muster bzw. Funktionskontexte konstatiert werden – eine Dichotomisierung dieser beiden Pole von Erwachsenenbildung verfehlt insofern sicherlich die Diskussion. Erwachsenenbildung wird dabei entweder in einen »traditionellen«
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emanzipatorischen Funktionskontext eingeordnet, als zweckfreie Bildung und Persönlichkeitsentwicklung, als politisches Instrument zur Demokratieentwicklung betrachtet, als funktionalistisches bzw. instrumentelles Weiterlernen, als Garant für volkswirtschaftliches Wachstum oder mit einer Kombination aus diesen Richtungen als notwendig deklariert. Welcher dieser Richtungen Erwachsenenbildung zu folgen habe, könne aber nicht endgültig entschieden werden bzw. darüber gebe es sehr unterschiedliche Ansichten. Erwachsenenbildung changiere seit jeher zwischen Anpassung und Widerstand, zwischen ihrem »historischen Auftrag zur Demokratisierung der Gesellschaft« (DOK_Lexikon_1991: 632) und einem Verständnis von Erwachsenenbildung als bloßem Instrument zur Qualifizierung (vgl. ebd.: 634). In ihrer wechselvollen Geschichte habe sich Erwachsenenbildung immer wieder neu zwischen Emanzipation und Instrumentalisierung verortet. Insofern kann weniger von einem Paradigmenwechsel bzw. einer linearen Entwicklung gesprochen werden als vielmehr von einer gewissen Unentschiedenheit bzw. Offenheit für Vielfalt. Dieses diskursive Muster der Vielfalt für Offenheit lässt sich wie folgt zusammenfassen: Es gibt unterschiedliche Begründungsmuster für die Notwendigkeit von Erwachsenenbildung, die sich in einer Vielzahl von Funktionen und Aufgaben von Erwachsenenbildung ablesen lässt: Erwachsenenbildung wird als Vehikel für emanzipatorische Bildungsprozesse charakterisiert, als Mittel zur Demokratisierung der Gesellschaft, aber auch als Instrument der beruflichen Qualifizierung und als volkswirtschaftliche Innovation. In welchem Sinne Erwachsenenbildung als volkswirtschaftliche Innovation zu betrachten ist, wird nicht weiter expliziert – ebenso wenig wie die Frage, was das für ihre Bildungspraxis bedeutet. Es lässt sich kein für bestimmte zeitliche Phasen dominierendes Begründungsmuster für Erwachsenenbildung als Bildungspraxis ausmachen, vielmehr kann von einer Gleichzeitigkeit unterschiedlicher, teils sich ausschließender Perspektiven gesprochen werden. Neben der Darstellung der Relevanz und dem Nutzen von Erwachsenenbildung lässt sich in diesem Muster der Bezugnahme eine gewisse Uneindeutigkeit von Erwachsenenbildung identifizieren. Diese Positionierung von Erwachsenenbildung als nicht eindeutig bestimmbares bzw. festlegbares Phänomen gewährt ihr einen größeren Reaktionsspielraum und bietet mehr Fläche für Anschlüsse nach außen – wenngleich mit der Konsequenz, ohne deutliches Proprium auskommen zu müssen. Er-
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wachsenenbildung wird damit als in vielfacher Hinsicht notwendig und unentschieden beschrieben. Der Blick auf die Phänomenstruktur des Diskurses offenbart schließlich ein weiteres Muster, in welchem Erwachsenenbildung zum einen über den Vergleich mit und zum anderen über die Abgrenzung von anderen Bildungsbereichen und Wissenschaftsdisziplinen hergestellt wird. Dieses Bezugsmuster wird im folgenden Abschnitt beschrieben. 3.3 Zwischen Annäherung und Abgrenzung, zwischen Normalisierung und Verbesonderung Als auffällig erweist sich, dass die Erwachsenenbildungswissenschaft ihre Gegenstandsbestimmung anhand von Vergleichen mit bzw. Abgrenzungen von benachbarten Disziplinen und Bildungsbereichen vornimmt. Erwachsenenbildung wird als »Bestandteil unseres Bildungssystems« (DOK_Einführung_1988: 1), als dessen Quartärbereich, deklariert und damit in die Diskussion um das Gesamtbildungssystem eingebunden: »Die geistige Topographie der Erwachsenenbildung hat sich seit Mitte der sechziger Jahre, als resoluter als früher an Bildungsreformen herangegangen und die Bildungsdefizite gerade der erwachsenen Bevölkerung drastisch aufgedeckt wurden, weitgehend verändert. Das muß für Theorie und Praxis der Erwachsenenbildung Anlaß zur Revision sein. Dabei ist eine zu interne, vom übrigen Bildungswesen getrennte Problemsicht nicht mehr angebracht.« (DOK_Einführung_1974: 11)
»Wie die Kleinkind- und Vorschulerziehung, ist die Weiterbildung neben Schule, Hochschule und Berufsausbildung gleichberechtigtes Glied in einem demokratischen Bildungssystem geworden.« (ebd.) In einer »dynamischen industriellen Gesellsch. [ist, H.R.] eine leistungsfähige allg. E. als Teil des öffentlichen Bildungswesens nötig und möglich, wie im 18. Jh. eine all. Schulbildung nötig und möglich wurde« (DOK_Lexikon_1971: 294 f.). Der Vergleich mit anderen Bildungsbereichen hat »normalisierenden« Charakter: Erwachsenenbildung wird dadurch zu einem gleichwertigen Bereich neben anderen, bereits etablierten Segmenten des Bildungssystems (vgl. DOK_Einführung_2010: 9). Insbesondere der Bereich der Schule wird immer wieder als Legitimation schaffende Vergleichsfolie herangezogen (vgl. DOK_Tagung_1989: 3).
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Neben dieser Form der »Normalisierung« von Erwachsenenbildung lässt sich zugleich auch ein Muster der »Verbesonderung« erkennen. Dieses zeichnet sich dadurch aus, dass die Sonderstellung von Erwachsenenbildung und ihrer Wissenschaft – geradezu in diametraler Abgrenzung zu den anderen Bildungsbereichen oder wissenschaftlichen Disziplinen (auch hier wird die Schule zu Vergleichszwecken herangezogen, vgl. DOK_Einführung_1999b: 10) – betont und ihre besondere Situation sowohl auf der Ebene der Praxis wie auch auf der der Wissenschaft herausgestellt wird. Diese Sonderstellung kann sowohl positiv als auch negativ ausgelegt werden – offenbar je nachdem, wie es gerade opportun erscheint: ob als Alleinstellungsmerkmal oder zu Legitimierungszwecken aufgrund der schwierigen Rahmenbedingungen, mit denen Erwachsenenbildung zurechtkommen muss. Das System der Erwachsenenbildung kann einmal eher positiv beschrieben werden: So zeichne sich dieser Bildungsbereich aus durch »die weitgehende Freiheit der E. von gesetzlichen Regelungen, die Unabhängigkeit bei der inhaltlichen und organisatorischen Gestaltung der Angebote, die freie Wahl der Mitarbeiter sowie die umfassende Selbstverwaltung der meisten Träger der E.« (DOK_Lexikon_2000a: 188). Weniger positiv gewendet kann derselbe Umstand aber auch wie folgt dargestellt werden: »Die Erwachsenenbildung als Teil des Bildungssystems zeichnet sich in Deutschland im Vergleich zum Schul-, Ausbildungs- und Hochschulsystem durch Diffusität ihrer Strukturen, eine uneinheitliche rechtliche Absicherung, unsichere Finanzierung sowie unbestimmte professionelle Zugänge und Karrierewege des in der Weiterbildung tätigen Personals aus.« (DOK_Lexikon_2008: 537)
In diesen Mustern der »Normalisierung« auf der einen und der »Verbesonderung« auf der anderen Seite manifestiert sich zum einen das Bedürfnis der Erwachsenenbildung nach Systematisierung und Strukturierung in anerkannten Bahnen, was sich u.a. in öffentlicher Anerkennung und finanzieller Zuweisung niederschlagen soll; zum anderen besteht daneben das Anliegen, diesen Bereich – seine Praxis und seine Wissenschaft – als »besonders« (vgl. DOK_Einführung_2000: 7) darzustellen und so auch wahrgenommen zu werden. Der Vergleich bzw. die Herstellung von Nähe zu anderen Bildungsbereichen oder Wissenschaftsdisziplinen, aber auch die Abgrenzung von anderen Bereichen kann als strategisches Moment des untersuchten Diskurses betrachtet werden.
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Dieses Changieren zwischen Annäherung und Normalisierung einerseits und Abgrenzung und Verbesonderung andererseits resultiert dann auch in einer ambivalenten Positionierung der Erwachsenenbildung im Bildungssystem: »Der Fächerkanon der E. ist […] viel weiter gespannt, differenzierter, offener und flexibler als es der von der Schule und Universität sein kann. Obwohl heute an Volkshochschulen und ähnlichen Institutionen Zertifikate erworben werden können, ist die E. im Unterschied zur Schul- und Universitätsbildung mehr auf Eigeninitiative und persönliches Engagement der Teilnehmer angewiesen; auch ist der staatliche Einfluß gering, was allerdings auch zu geringerer finanzieller Unterstützung und Förderung führt. Obwohl die meisten Bundesländer in den letzten Jahren E.sGesetze beschlossen haben, kann die E. noch nicht als gleichberechtigter und gleichwertiger Bereich des Bildungswesens gelten« (DOK_Lexikon_2000b: 155)
– worin sich ein Widerspruch zwischen Anspruch und Wirklichkeit der Erwachsenenbildung offenbare. In diesem Muster der Bezugnahme zeigt sich, so lässt sich zusammenfassend feststellen, erneut die Ambivalenz der Erwachsenenbildung: Auf der einen Seite steht das Bedürfnis nach Systematisierung und Strukturierung dieses Bildungsbereiches bzw. der wissenschaftlichen Disziplin Erwachsenenbildung und damit der Wunsch nach öffentlicher und finanzieller Anerkennung sowie Normalität. Auf der anderen Seite wird Erwachsenenbildung jedoch als »besonders« dargestellt und diese Sonderstellung im Diskurs stets perpetuiert und herausgestellt – offenbar fällt es leichter, sich dem Phänomen Erwachsenenbildung über den Vergleich mit anderen, etablierten Sektoren des Bildungswesens zu nähern als über eigene Merkmale und Zuständigkeiten. Erwachsenenbildung wird somit konstituiert als unentschieden zwischen dem Wunsch »dazuzugehören« und dem Bedürfnis nach Abstand: danach, anders bzw. besonders zu sein. Erwachsenenbildung wird damit als besonders normal konstruiert. Ein weiteres diskursives Muster, das in der Phänomenstruktur zum Ausdruck kommt, ist eine Problemfokussierung des Diskurses, welche im Folgenden dargestellt wird.
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3.4 Problemfokussierung Es lässt sich eine starke Defizitorientierung bzw. Problemfokussierung in den untersuchten Dokumenten feststellen. Diese Fokussierung auf Probleme findet im Sprechen über den Gegenstand fast durchgängig und auf verschiedenen Ebenen statt. So werden unterschiedliche Aspekte der Wissenschaft und der Praxis der Erwachsenenbildung sowie ihr Verhältnisses zueinander als problematisch in den Vordergrund gerückt. Programmatisch für das Feld der Erwachsenenbildung scheinen unterschiedliche »Konfliktzonen« (DOK_Lexikon_1981: 139) zu sein, die sich auch im Sprechen über den Gegenstand widerspiegeln. Diese nehmen ihren Ausgangspunkt in der Feststellung der Uneindeutigkeit und Unabgeschlossenheit der Erwachsenenbildung: »Das EB- bzw. WBsystem in Deutschland ist zwar quantitativ und qualitativ als eigenständiger Bildungsbereich erkennbar und als solcher seit 1970 deklariert, andererseits aber nicht systematisch gestaltet oder geordnet.« (DOK_Lexikon_2001: 85 f.) Das Feld Erwachsenenbildung sei »nicht eindeutig abgegrenzt« (DOK_Einführung_1979: 1) – das gelte »sowohl für seine Inhalte und Organisationsformen als auch für seine Funktionen und Adressaten« (ebd.) – dies manifestiere sich auch in der uneinheitlichen Begriffsverwendung: »Unübersichtlich ist aber auch die Begrifflichkeit. Erwachsenenbildung, Weiterbildung, Fortbildung und Umschulung sind Begriffe, die gegenwärtig in Gebrauch sind.« (DOK_1989: 10) Die Ausdifferenzierung und Entgrenzung der Erwachsenenbildung führe dazu, dass sie sich einer präzisen Systematisierung zunehmend entziehe (vgl. DOK_Lexikon_2009: 239). Erwachsenenbildung sei in den 1970er Jahren als Quartärbereich in das Bildungssystem integriert worden, allerdings zeichne sie sich »im Vergleich zum Schul-, Ausbildungs- und Hochschulsystem durch Diffusität ihrer Strukturen, eine uneinheitliche rechtliche Absicherung, unischere Finanzierung sowie unbestimmte professionelle Zugänge und Karrierewege des in der Weiterbildung tätigen Personals aus« (DOK_Lexikon_2008: 537), so dass insgesamt davon gesprochen werden könne, dass der Anschluss an das Niveau des öffentlichen Bildungssystems (noch) nicht erfolgt sei (vgl. DOK_Lexikon_1981: 138). Erwachsenenbildung befinde »sich in einem permanenten Widerspruch zwischen ihrer unbestrittenen Bedeutung für individuelle Entfaltung wie gesellschaftliche Entwicklung und ihrer Rolle
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und tatsächlichen Lage innerhalb des Gesamtbildungssystems« (DOK_Lexikon_2008: 532). Insbesondere der Bereich der Professionalisierung des (künftig) in der Erwachsenenbildung tätigen Personals ist dabei ein Thema, das immer wieder angesprochen wird. Dabei wird konstatiert, dass die Erwachsenenbildung eine »›höchstens ansatzweise Professionalisierung‹ auszeichne« (ebd.: 546). Das Tätigkeitsfeld der Erwachsenenbildung habe sich seit der bildungspolitischen Aufwertung der Erwachsenenbildung in den 1970er Jahren erheblich ausgeweitet, was aber die Hauptberuflichkeit nicht entscheidend vorangebracht habe (vgl. DOK_Tagung_1995: 8); vielmehr zeige sich eine Deinstitutionalisierung und Entberuflichung (vgl. ebd.) dieses Bereichs. Lernen finde damit nicht mehr ausschließlich in der Domäne professioneller ErwachsenenbildnerInnen statt, sondern an den unterschiedlichsten Orten und in den verschiedensten Settings (vgl. DOK_Lexikon_2004: 220): »Die Erweiterung des Bildungsbegriffs durch die bloße Deskription des schier grenzenlosen Spektrums an natürlichen Lern- und Bildungsräumen […] hat den gleichen Effekt wie die Einführung eines erweiterten Politik- und Kulturbegriffs: Wenn Politik und Kultur universalisiert werden, entsteht der paradoxe Effekt ihres Verschwindens.« (ebd.)
Zur Unübersichtlichkeit dieses Feldes trage außerdem bei, dass Erwachsenenbildung im Spannungsfeld von öffentlichen, analytischen, theorieorientierten, politikstrategischen, systemorientierten und professionellen Bezügen und deren jeweiligen Vorstellungen, Anforderungen und Interessen von und an Erwachsenenbildung stehe (vgl. DOK_Einführung_2002: 16). Es gebe also »unterschiedliche Arten, sich auf die Erwachsenenbildung zu beziehen und es gibt unterschiedliche Formen der Bildung Erwachsener« (DOK_Einführung_2003: 9). Mit dem Begriff Erwachsenenbildung werde mithin auf unterschiedliche Bezugssysteme rekurriert, die sich teilweise untereinander »nicht ›vertragen‹« (ebd.: 10) und zum Teil auch nicht klar gerahmt würden. Die unterschiedlichen Sichtweisen auf das Phänomen Erwachsenenbildung führten also zu unterschiedlichen Wahrnehmungen. »›Erwachsenenbildung/Weiterbildung‹ wäre insofern mehr eine auslegungsbedürftige Chiffre für diese Realität als (schon) ein klar definierter Begriff.« (DOK_Einführung_1999b: 10)
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Die Unübersichtlichkeit des Handlungsfeldes hat, dies wird deutlich, auch Auswirkungen auf die wissenschaftliche Bearbeitung von Erwachsenenbildung: Die Erwachsenenbildung sei ein relativ junger Wissenschaftsbereich, »in dem Verständigungsschwierigkeiten nicht nur aufgrund der verschiedenen Wissenschaftstraditionen zu erwarten sind, aus denen die Gesprächspartner kommen, sondern auch aufgrund der Vielfalt des zugehörigen Gegenstandsbereichs, die zu unterschiedlichen Wahrnehmungen und Realitätsbezügen führen kann« (DOK_Tagung_1981: 6 f.). Selbst die Zuordnung der Erwachsenenbildung zur Erziehungswissenschaft bzw. Pädagogik sei »nicht unumstritten« (DOK_Lexikon_2006b: 126). Die Unübersichtlichkeit von Erwachsenenbildung führe immer wieder zu Kontroversen, »bei denen es um die Bestimmungsgründe von Erwachsenenbildung gehe, um unterschiedliche Einschätzungen der Funktion und der Wirkungsmöglichkeiten von Erwachsenenbildung« (DOK_Einführung_ 1979: 1). Die Auseinandersetzungen um Ziele und Formen der Erwachsenenbildung werden für diesen Bereich als »programmatisch[…]« (DOK_ Lexikon_1971: 296) beschrieben, der Streit über das Grundprinzip der Erwachsenenbildung scheint immer wieder aufzubrechen und der Diskussion zu bedürfen (vgl. ebd.). »Dieser Streit ist im Bereich der Erwachsenenbildung alltäglich und er lässt sich nicht ohne weiteres ›entscheiden‹; zwar kann man für verschiedene Ausrichtungen mehr oder weniger gute Argumente finden, aber die ›letzten‹, allen anderen überlegenen wohl kaum, zumindest nicht in der Art, dass sie durchweg Anerkennung fänden.« (DOK_Einführung_2003: 11)
Insofern sei die Erwachsenenbildungswissenschaft immer wieder aufs Neue mit der Konstitution ihres Gegenstandes beschäftigt (vgl. DOK_Tagung_ 1996: 7). Das weite Aufgabenverständnis von Erwachsenenbildung führte in der Vergangenheit und auch heute immer wieder zu Verunsicherungen und der Notwendigkeit, Erwachsenenbildung (wissenschaftlich) zu legitimieren: »Es scheint, dass die Frage der Legitimation unserer Wissenschaft in regelmäßigen Abständen thematisiert werden muss. Ob dies zur Selbstvergewisserung nach innen oder zur Legitimation nach außen geschieht, ist abhängig von Zeitgeist, gesellschaft-
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lichen, bildungs- und forschungspolitischen Konstellationen sowie der aktuellen Befindlichkeit der Erwachsenenbildungswissenschaft.« (DOK_Tagung_2004: 7)
Dabei habe Erwachsenenbildung sich »immer von neuem […] genötigt [gesehen, H.R.], jeweils aktuelle Tendenzen zu ihrer Legitimation heranzuziehen« (DOK_Lexikon_2006a: 407 f.). Diese Tendenzen seien politisch, wirtschaftlich, ideologisch und pädagogisch geprägt gewesen (vgl. DOK_ Lexikon_2007a: 112), was dazu führe, dass der Erwachsenenbildung mitunter eine gewisse »Identitätslosigkeit« (DOK_Lexikon_1991: 637) unterstellt werde. Diese Identitätslosigkeit zeige sich bspw. in der theoretischen Verortung der Erwachsenenbildung. So wird festgestellt, dass die Erwachsenenbildungswissenschaft sich reichlich extern entwickelter Theorien bediene, ohne dass allerdings »auch ein Ausstrahlen von der Erwachsenenbildungswissenschaft in andere Disziplinen in breiterem Umfang stattfände« (DOK_ Tagung_1996: 8 f.). Insgesamt zeige die Disziplin bei ihrer theoretischen Erschließung »wenig Kontinuität« (DOK_Tagung_1994: 7). So seien »in der Erwachsenenbildungswissenschaft und -forschung systemtheoretische, konstruktivistische, kritisch-theoretische, subjekttheoretische und andere Ansätze unserer Bezugswissenschaften rezipiert und angewandt worden – allerdings ohne dass […] ihre Protagonisten tatsächlich in einen Diskurs eingetreten wären« (DOK_ Tagung_2004: 7 f.).
Die diffuse theoretische Positionierung der Erwachsenenbildungswissenschaft ziehe einerseits die Gefahr ihrer Instrumentalisierung und Funktionalisierung nach sich (vgl. DOK_Tagung_2000: 9) und führe andererseits dazu, dass die Wissenschaft von der Erwachsenenbildung sich in einem fortdauernden Prozess der Vergewisserung nach innen und Positionierung nach außen befinde (vgl. DOK_Tagung_2006: 1). Dieser Vergewisserungsprozess findet zum einen über theoretische Reflexionen statt, zum anderen über die Annäherung an die empirische Forschung. Wie die Theorieentwicklung wird auch der Bereich der Forschung als problematisch markiert: Die Lage der Erwachsenenbildungsforschung sei »noch als problematisch zu kennzeichnen« (DOK_Tagung_2000: 9). Es wird eine »Verführbarkeit durch hohe Nachfrage« (ebd.: 7) und damit einhergehend eine Vernachlässigung von Grundlagenforschung zugunsten von kurzfristiger Auftragsfor-
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schung identifiziert (vgl. ebd.). Auch wenn konstatiert werden könne, »daß die Erwachsenenbildung eine lebendige Disziplin sei, die aktuelle Fragestellungen aufgreift, konstruktiv bearbeitet und ideenreich in Forschungsaktivitäten umsetzt« (DOK_Tagung_1991: 8) – insgesamt sei die Forschungssituation der Erwachsenenbildung gekennzeichnet durch »Unübersichtlichkeit, Vielzahl und Vielfalt« (ebd.). Zudem »verstärkt sich der auch für andere Bildungsbereiche geltende Eindruck, dass Modellversuche und Projektansätze anstehende grundlegende Veränderungen ersetzen und lediglich einen Innovationsnebel entfalten« (DOK_Tagung_2000: 9). Dieses Muster, das Verweisen auf Uneindeutigkeiten, Probleme und Schwierigkeiten, denen die Erwachsenenbildung und ihre Wissenschaft gegenüber stehen, zieht sich – zusammengefasst – wie ein roter Faden durch den untersuchten Diskurs und lässt sich auf den unterschiedlichen Ebenen des Sprechens über Erwachsenenbildung nachweisen. »Pauschale Defizitunterstellung und übertriebene Selbstkritik« (DOK_Tagung_1994: 7) scheinen typisch für den untersuchten Diskurs und damit ein konstitutives Merkmal bei der Beschreibung des Gegenstandes zu sein, was zur Folge hat, dass inhaltliche Diskussionen mitunter in den Hintergrund treten. Probleme und Schwierigkeiten, die in den 1970er Jahren noch als Anfangsschwierigkeiten gedeutet wurden, so etwa die Frage nach der Verständigung über die theoretischen Grundlagen der Wissenschaft der Erwachsenenbildung oder die Professionalisierung von im Bereich der Erwachsenenbildung tätigem Personal, entpuppen sich offenbar als dauerhaft problematisch bzw. werden als problematisch auf Dauer gestellt. Die Defizitorientierung konstituiert Erwachsenenbildung als beeinträchtigt und eingeschränkt handlungsfähig gegenüber der Unmenge an Schwierigkeiten, der sie sich gegenübergestellt sieht. Diese vier oben beschriebenen diskursiven Muster lassen sich schließlich einem den Diskurs grundlegenden Deutungsmuster unterordnen, das sich als Primat der (institutionalisierten) Praxis umschreiben lässt. 3.5 Das Primat der (institutionalisierten) Praxis Die Bedeutung der Praxis für den erwachsenenpädagogischen Diskurs zeigt sich nicht nur darin, dass die Wissenschaft die Praxis theoretisch und empirisch untersucht und Empfehlungen zur Verbesserung etwa der Didaktik beitragen will, sondern sie bildet zugleich ihre existentielle Ausgangsbe-
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dingung: Ohne die Praxis der Erwachsenenbildung gäbe es auch keine Wissenschaft von der Erwachsenenbildung. Die Bildungspraxis – und hier insbesondere der Verweis auf die zunehmende Expansion dieses Bildungsbereichs und die Etablierung der Erwachsenenbildung als Quartärbereich des Gesamtbildungswesens – bildet dahingehend den Ausgangspunkt der Diskussion um Erwachsenenbildung, dass ihre individuelle und gesellschaftliche Bedeutung die Basis für das wissenschaftliche Nachdenken über Erwachsenenbildung darstellt. Die Erwachsenenbildung gründet damit auf einer gesellschaftlichen Situation, die das Bedürfnis nach wissenschaftlicher Reflexion und empirischer Erhellung dieses Bereichs nach sich gezogen hat. Mit der bildungspolitischen Aufwertung der Erwachsenenbildung als Handlungspraxis in den 1970er Jahren »ist auch die Wertschätzung jener Wissenschaft gestiegen, die die Erwachsenenbildung zum Objekt ihrer wissenschaftlichen Arbeit wählt« (DOK_Einführung_1973: 3). Durch die bildungspolitische Aufwertung von Erwachsenenbildung als Handlungspraxis werde also auch die Wissenschaft von der Erwachsenenbildung begründet; die Praxis diene der Wissenschaft von der Erwachsenenbildung quasi als Legitimationsinstanz. Die Orientierung an der Bildungspraxis zeigt sich auch in der Konzeption der Erwachsenenbildung als Theorie und Praxis. So wird der Begriff Erwachsenenbildung sowohl für die Praxis als auch für die Wissenschaft der Erwachsenenbildung verwendet: Erwachsenenbildung sei ein Erkenntnis- und ein Handlungsproblem (vgl. DOK_Einführung_2002: 11), »EB/ WB wird im Folgenden sowohl als moderne erziehungswissenschaftliche Teildisziplin als auch als gesellschaftlich institutionalisierte, zunehmend professionalisierte Lern- und Bildungspraxis rekonstruiert.« (DOK_Lexikon_2006b: 123) Eine genauere Analyse des Diskurses zeigt allerdings, dass Erwachsenenbildung empirisch meist als Bildungspraxis, häufig als institutionell-organisiertes Lernen Erwachsener, begriffen wird. »Allgemein wird mit Erwachsenenbildung/Weiterbildung als institutionalisierte Form hilfreicher Kommunikation in modernen Gesellschaften das intentionale Lernen Erwachsener bezeichnet, welches im Rahmen fremd-, zunehmend aber auch selbstorganisierter Lernprozesse zumeist in Gruppen stattfindet.« (ebd.: 121) Der Fokus liegt dabei i.d.R. auf der institutionalisierten und pädagogisch arrangierten Bildungspraxis der Erwachsenenbildung. Dieses vor allen Dingen in der Öffentlichkeit weit verbreitete – aber auch im wissenschaftlichen Diskurs immer wieder aufgegriffene und aktua-
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lisierte – traditionelle Verständnis von Erwachsenenbildung »verdankt sich einem für die deutsche Kultur typischen […] institutionenfixierten Blick« (DOK_Lexikon_2004: 212). So wird die Volkshochschule auch aktuell immer noch häufig als »Prototyp« der Erwachsenenbildung gehandelt und damit die Institutionenfixierung aufrechterhalten, auch wenn dies der Realität vor dem Hintergrund einer Entgrenzung und Deinstitutionalisierung der Erwachsenenbildung längst nicht mehr entspricht. Es wird deutlich, dass sich die Erwachsenenbildungswissenschaft explizit als »Handlungswissenschaft« (DOK_Lexikon_1978b: 210) versteht. Der Status als Handlungswissenschaft verleiht der Erwachsenenbildung einen Berechtigungsausweis, eine Legitimation, die immer mehr notwendig zu sein scheint: »Die zunehmende Sanktionierung der EB durch wesentliche Teile der Öffentlichkeit verlangt zugleich den wissenschaftlichen Ausweis ihrer Berechtigung, der vornehmlich durch didaktische Reflexion ihrer Praxis geleistet werden kann.« (ebd.) In diesem Sinne diene Wissenschaft in erster Linie der systematischen Durchdringung der Erwachsenenbildungspraxis (vgl. DOK_Einführung_1979: 4), ihrer Reflexion auf theoretischer und empirischer Ebene mit dem Ziel der Klärung bzw. Verbesserung der Praxis: »Wir verstehen Theorie nicht nur als Hilfe zur Erklärung und Formulierung der Praxis, sondern auch als Instanz zu deren kritischer Revision und Innovation.« (DOK_Einführung_1974: 12) Wissenschaft könne – neben ihrer reflexiven Funktion – aber auch als Lieferant für Professionswissen verstanden werden: »Eine Einführung kann sich der Aufgabe stellen, das Wissen im Überblick zu vermitteln, das sinnvoll und brauchbar ist, um sich die instrumentellen und reflexiven Kompetenzen anzueignen, die auf Tätigkeiten im Handlungsfeld vorbereiten und um dies wissenschaftlich zu begreifen.« (DOK_Einführung_1999a: 7; vgl. auch DOK_Einführung_1999b: 12) Damit komme Wissenschaft eine relevante Rolle für die Entwicklung und Verbreitung praxisrelevanten Wissens zu. Auffällig erweist sich in diesem Zusammenhang allerdings, dass kaum Aussagen über die (künftig) in der Erwachsenenbildung Tätigen in den untersuchten Dokumenten zu finden sind. Die Wissenschaft von der Erwachsenenbildung folgt der erwachsenenpädagogischen Bildungs- und Handlungspraxis gleichsam nach bzw. begleitet die bildungspraktischen Bewegungen (vgl. DOK_Tagung_2008: 1). So bestehe »weitgehend einhellig der Anspruch, Theorieentwicklung und empirische Forschung an den Fragestellungen der Praxis zu orientieren und
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damit einen Beitrag zur Gestaltung von praxisrelevanten Konzepten zu liefern« (DOK_Lexikon_2009: 244). In der Einrichtung des wissenschaftlichen Studiengangs Erwachsenenbildung im Rahmen des Diplomstudiengangs Erziehungswissenschaft spiegele sich darüber hinaus das Bedürfnis nach einer Verbesserung der Bildungspraxis durch theoretische Reflexion wider. So sei der Studiengang Diplompädagogik mit dem Schwerpunkt Erwachsenenbildung der Versuch, eine erziehungswissenschaftliche Basiskompetenz mit erwachsenenpädagogischer Handlungskompetenz zu verbinden (vgl. DOK_Tagung_1995: 9). Das Verständnis von Erwachsenenbildung als Handlungswissenschaft impliziere allerdings, dass wissenschaftliche Theorien kein geschlossenes System darstellen sollten, sondern Zusammenhänge aufweisen und auch für PratikerInnen relevant sein müssten (vgl. DOK_Einführung_1974: 11 f.). Entsprechend verwoben zeigen sich demnach auch die Wissenschaft und die Praxis der Erwachsenenbildung im wissenschaftlichen Diskurs, so dass diese beiden Ebenen des Phänomens in den Darstellungen kaum auseinandergehalten werden können: die Wissenschaft richtet den Blick von der Praxis über theoretische und empirische Reflexionen zurück in die Praxis und nimmt Argumentationen aus der Praxis bzw. der (Bildungs-)Politik sowie dem öffentlichen Diskurs um Erwachsenenbildung relativ ungefiltert in ihre eigenen Argumentationen auf. Die Grenzen zwischen disziplinärer und professioneller, öffentlicher und bildungspolitischer Perspektive verschwimmen damit zunehmend. Insgesamt wird die – auch durch die Wissenschaft wiederholte und gefestigte – Vorrangstellung der Praxis gegenüber der Wissenschaft erhärtet und resultiert in einer »Paradoxie des Entschwindens von Erwachsenenbildungswissenschaft bei Bedeutungszuwachs der Erwachsenenbildung selbst« (DOK_Tagung_1995: 8). Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Bildungspraxis den Ausgangspunkt für die wissenschaftliche Reflexion über Erwachsenenbildung darstellt – ohne sie wäre eine Wissenschaft von der Erwachsenenbildung gar nicht denkbar. Der wissenschaftliche Diskurs folgt dem Tätigkeitsfeld nach und ist an den Bedarfen und Notwendigkeiten der Praxis orientiert. Dabei wird i.d.R. ein Bild von Erwachsenenbildung als Praxis entworfen und tradiert, das der öffentlichen und bildungspolitisch propagierten Idee von Erwachsenenbildung als institutionalisiert stattfindendem und pädagogisch arrangiertem Lehren und Lernen Erwachsener entspricht – prototypisch stehen dafür Veranstaltungen in der Volkshochschule. Dem Primat
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der (institutionalisierten) Erwachsenenbildungspraxis folgend versteht sich die Erwachsenenbildungswissenschaft demnach als Handlungswissenschaft. Sie klärt und reflektiert die Erwachsenenbildungspraxis mit dem Ziel ihrer Verbesserung und stellt, insbesondere im Rahmen der Ausbildung (künftig) im Feld der Erwachsenenbildung Tätiger, praxisrelevantes Wissen im Sinne von Reflexionswissen, nicht im Sinne von Handlungsanleitungen oder gar Technologien, für das Feld (institutionalisierter) Bildungsangebote für Erwachsene bereit. Dabei zeigt sich das Primat der Praxis auch darin, dass das Feld in seiner Vielfältigkeit präsentiert wird und die Ausbildung der zukünftigen PädagogInnen nicht auf ein konkretes Berufsfeld hin ausgerichtet, sondern die erwachsenenpädagogische Handlungsfähigkeit als Reflexionsfähigkeit ausgelegt wird. 3.6 Zusammenfassung: Deutungsmuster Zunächst lässt sich festhalten, dass die fünf rekonstruierten und in diesem Kapitel beschriebenen Interpretationsschemata über den gesamten Diskurszeitraum Gültigkeit beanspruchen und damit als Konstanten in der Art und Weise, wie der Gegenstand Erwachsenenbildung konstituiert wird, bezeichnet werden können. Die Interpretationsschemata sind aber nicht nur Konstanten des Diskurses, sondern bilden auch eine Art strategisches Diskursrepertoire, auf das – bewusst oder unbewusst – zurückgegriffen wird, um den Gegenstand auf spezifische Weise zu positionieren. Dass Erwachsenenbildung als Antwort auf individuelle und gesellschaftliche Bedarfe konstituiert wird, kann zum einen gelesen werden als Beleg für ihre Relevanz für das einzelne Individuum wie auch für die gesamte Gesellschaft, zum anderen verweist die beständige Darstellung der Wichtigkeit von Erwachsenenbildung auch auf ihre grundlegende Begründungsbedürftigkeit. Die Begründung der Relevanz und Notwendigkeit der Erwachsenenbildung findet i.d.R. unter Bezugnahme auf den gesellschaftlichen und sozialen Wandel statt – ein vornehmlich im bildungspolitischen Kontext verwendetes Begründungsmuster –, der die zentrale Funktion der Erwachsenenbildung, nämlich dem überforderten und orientierungslosen Erwachsenen Antwort und Hilfe auf die vielfältigen Veränderungen und sich ständig wandelnden Herausforderungen des Lebens zu bieten (vgl. DOK_Lexikon_2006a: 407), stützt. Mit der Orientierung an bildungspolitischen Argumentationen bzw. an der Bildungspolitik hat die Erwachsenen-
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bildung einen starken und anerkannten Partner auf ihrer Seite, auf den sie sich berufen kann und der ihr eine Daseinsberechtigung verleiht. Diese zeichnet Erwachsenenbildung nicht nur als relevant, sondern auch als für Individuum und Gesellschaft gleichermaßen notwendig – und damit auch als förderungswürdig – aus. Dies geht so weit, dass die Erwachsenenbildungswissenschaft die bildungspolitischen Rhetoriken aufgreift und Erwachsenenbildung als »›Schlüssel zum 21. Jahrhundert‹« (DOK_Tagung_ 1998: 7) oder als »Allheilmittel für sämtliche Probleme unserer Welt« (ebd.) beschreibt – ohne allerdings zu hinterfragen, was das für die Erwachsenenbildungspraxis und ihre Wissenschaft eigentlich bedeutet. Das Interpretationsschema der Offenheit für Vielfalt stützt die Relevanz von Erwachsenenbildung, indem auf die vielfältigen Funktionen und Aufgaben von Erwachsenenbildung verwiesen wird. Demnach kann Erwachsenenbildung emanzipatorische Bildungsprozesse unterstützen, einen Beitrag zur Demokratisierung der Gesellschaft leisten, als Instrument der beruflichen Qualifizierung dienen und Motor für volkswirtschaftliche Entwicklungsprozesse sein. Dabei lässt sich keine dominierende Funktion der Erwachsenenbildung ausmachen, vielmehr existieren diese unterschiedlichen Funktionsbestimmungen und Aufgabengewichtungen im Diskurs mehr oder minder friedlich nebeneinander – zwar lässt sich ein Streit über die »richtige« Ausrichtung der Erwachsenenbildung, ihrer Ziele, Aufgaben und Funktionen, aufzeigen, allerdings bleibt dieser unentschieden. Diese Unentschiedenheit bzw. Offenheit für Vielfalt verweist auf ein gewisses Unbehagen der Erwachsenenbildung, sich festzulegen. Mehr noch: sie erscheint als ein strategisches diskursives Moment, um – je nach Anlass – eine passende Argumentation zur Hand zu haben, um auf unterschiedlichste Anstöße von außen reagieren und um möglichst viel Anknüpfungsfläche bieten zu können. Eine weitere Ambivalenz, die im Diskurs deutlich wird, lässt sich in dem Deutungsmuster Zwischen Normalisierung und Verbesonderung ablesen: Erwachsenenbildung wird – zumindest rhetorisch – einerseits als gleichberechtigter Teil des Bildungswesens hergestellt, als ein »normaler« Bildungsbereich neben anderen mit bestimmten Aufgaben und Zuständigkeiten, Rechten und Pflichten – insbesondere der Bereich der Schule wird als Vergleichsfolie herangezogen und als orientierende Norm erklärt. Hierin manifestiert sich der Wunsch bzw. das Bedürfnis von Erwachsenenbildung nach Strukturierung und Systematisierung und vor allem nach öffent-
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licher Anerkennung und finanzieller Unterstützung. Andererseits wird die Sonderstellung dieses Bereiches immer wieder hervorgehoben, seine Besonderheiten gegenüber anderen Bildungsbereichen herausgestellt, z.B. die Freiwilligkeit der Teilnahme, ihr weites Spektrum an Themen und Inhalten, die Vielfalt ihrer Zielgruppen usw. Die Sonderstellung der Erwachsenenbildung zeigt sich aber nicht nur in dem, was sie – mitunter sogar mehr als andere Bildungsbereiche – leistet, sondern manifestiert sich darüber hinaus auch in Klagen über tatsächliche Benachteiligungen im Bildungsbereich, z.B. finanzieller Art. Insofern kann der Verweis auf die Sonderstellung der Erwachsenenbildung nicht nur als Betonung der Vorzüge von Erwachsenenbildung gegenüber anderen Bildungsbereichen mit dem Ziel der öffentlichen Anerkennung und finanziellen Zuwendung verstanden, sondern auch als Rechtfertigung für die diffusen Strukturen und die uneindeutigen Zuständigkeiten, als Entlastung von Verantwortung der Erwachsenenbildung, gelesen werden. Die Problemfokussierung und damit die Betonung der Probleme und Schwierigkeiten der Erwachsenenbildungspraxis und der Erwachsenenbildungswissenschaft lassen sich im untersuchten Diskurs auf verschiedenen Ebenen nachzeichnen: Ausgehend von der Unübersichtlichkeit und Unabgeschlossenheit des Phänomens Erwachsenenbildung werden Schwierigkeiten u.a. auf der Ebene des Systems der Erwachsenenbildung (diffuse Strukturen, uneinheitliche rechtliche und finanzielle Absicherung, ungewisse professionelle Zugänge), auf der Ebene des Handlungsfeldes (Deinstitutionalisierung und Entberuflichung), auf der Ebene der theoretischen Bearbeitung (diffuse theoretische Positionierung, wenig Kontinuität) sowie auf der Ebene der Forschungssituation (Vernachlässigung von Grundlagenforschung, Verführbarkeit durch hohe Nachfrage) festgestellt. Zum einen verweist der beständige Hinweis auf Mängel und Probleme auf ein nicht gefestigtes Selbstbewusstsein der Erwachsenenbildungswissenschaft; zum anderen wird Erwachsenenbildung dadurch zu einem Teil aus der Verantwortung genommen, lässt sich ihre defizitäre Situation doch auf die schwierigen Rahmenbedingungen der Erwachsenenbildung bzw. auf die Unbestimmtheit ihres Gegenstandes zurückführen und ist somit nicht »selbstverschuldet«. Das Primat der (institutionalisierten) Praxis schließlich, das den Diskurs grundlegende Interpretationsschema, macht die Vorrangstellung der Praxis der Erwachsenenbildung gegenüber ihrer Wissenschaft deutlich.
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Ohne die erwachsenenpädagogische Bildungspraxis – im Diskurs in erster Linie als institutionalisiertes und pädagogisch arrangiertes Lehren und Lernen Erwachsener in den Blick genommen (prototypisch hierfür steht die Volkshochschule) – wäre eine Erwachsenenbildungswissenschaft gar nicht denkbar. Sie bildet insofern den Ausgangspunkt des wissenschaftlichen Nachdenkens und Sprechens über Erwachsenenbildung, was die Selbstcharakterisierung der Erwachsenenbildung als Handlungswissenschaft noch unterstreicht. Diesem Verständnis folgend dient die Erwachsenenbildungswissenschaft in erster Linie der Klärung und Reflexion ihrer Praxis und liefert auch Professionswissen – insofern stellt die wissenschaftliche Ausbildung der künftigen ErwachsenenbildnerInnen das Bindeglied zwischen der Praxis und der Wissenschaft der Erwachsenenbildung dar. Die Erwachsenenbildungswissenschaft wird als abhängig von ihrer Bildungspraxis konstituiert und nimmt damit auch deren Vielfalt und Uneindeutigkeit in den eigenen Diskurs auf. Entsprechend verwoben zeigt sich das Sprechen über die Praxis bzw. die Wissenschaft von der Erwachsenenbildung, so dass es kaum möglich ist, den disziplinären vom professionellen Diskurs zu unterscheiden. Insgesamt lässt sich resümieren: die Praxis der Erwachsenenbildung legitimiert die Erwachsenenbildungswissenschaft, indem sie ihr eine Daseinsberechtigung verleiht – ebenso legitimiert die Erwachsenenbildungswissenschaft die Bildungspraxis, indem sie sie reflektiert und klärt. Ausgehend von dem den Diskurs grundlegenden Interpretationsschema des Primats der (institutionalisierten) Praxis, welches die Vorrangstellung der (vielfältigen) Bildungspraxis gegenüber der Wissenschaft festigt, wird Erwachsenenbildung im untersuchten Diskurs zusammenfassend als •
• • •
wichtig und zugleich begründungsbedürftig (Interpretationsschema: Erwachsenenbildung als Antwort auf individuelle und gesellschaftliche Anforderungen und Bedarfe), in vielfacher Hinsicht notwendig und unentschieden (Interpretationsschema: Offenheit für Vielfalt), besonders normal (Interpretationsschema: Zwischen Annäherung und Abgrenzung, zwischen Normalisierung und Verbesonderung) sowie als beeinträchtigt und eingeschränkt handlungsfähig (Interpretationsschema: Problemfokussierung) hergestellt.
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Erwachsenenbildung wird als ambivalent konstituiert, wobei sich verschiedene »Zwischenpositionen« aufzeigen lassen: sie wird hergestellt zwischen Relevanz/Notwendigkeit und Begründungsbedürftigkeit/Beeinträchtigung und zwischen Normalisierung und Verbesonderung. Erwachsenenbildung wird zwar vor dem Hintergrund des sozialen und gesellschaftlichen Wandels als wichtig und sogar notwendig für individuelle und gesellschaftliche Entwicklung dargestellt, allerdings scheint ihre Relevanz durch die beständige rhetorische Aktualisierung derselben nicht selbstverständlich, sondern begründungsbedürftig zu sein. Weiterhin steht Erwachsenenbildung zwischen dem Bedürfnis nach struktureller und finanzieller Normalität und dem Wunsch, als besonderer Bildungsbereich betrachtet zu werden. Damit lässt sich eine Unentschiedenheit in der Art und Weise der Konstitution von Erwachsenenbildung resümieren. Das Changieren zwischen unterschiedlichen Positionen, die starke Problemfokussierung und die Orientierung an der Bildungspraxis sowie an bildungspolitischen Argumentationsweisen lässt darüber hinaus darauf schließen, dass die Erwachsenenbildungswissenschaft nicht die Rolle der handelnden Akteurin einnimmt, sondern vielmehr auf von außen kommende »Reize«, etwa bildungspolitischer Art, reagiert und eigene Argumentationen jeweils anpasst.
4. N ARRATIVE S TRUKTUR Die narrative Struktur oder story line verdichtet die Phänomenstruktur und die Deutungsmuster zu einer Narration, einer Geschichte mit einem roten Faden. Durch den roten Faden eines Diskurses bzw. dessen story line werden »die einzelnen Bestandteile einer Aussage zu einer kleineren oder größeren Erzählung bzw. Geschichte verbunden« (Keller 2011a: 110). Diese Geschichte kann grundsätzlich in Form mehrerer story lines erzählt werden (vgl. Moll u.a. 2014: 381). Entgegen der Ausgangsvermutung einer (mehr oder minder deutlichen) Veränderung des Diskurses hat die Analyse jedoch gezeigt, dass der Diskurs relativ konstant bleibt und die grundlegende Geschichte damit in Form einer einzigen story line zu beschreiben ist. Die Darstellung erfolgt in Anlehnung an Truschkat »als eine Art Pseudo-Zitat« (2008: 97), eine verdichtete Zusammenfassung des roten Fadens des Diskurses.
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Ausgangspunkt des Diskurses in den 1970er Jahren ist die bildungspolitische Aufwertung der Erwachsenenbildung vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Transformationsprozesse, welche auch mit den Termini der Industrialisierung oder Modernisierung beschrieben werden. Diese gesellschaftlichen Entwicklungsprozesse verändern das individuelle (private wie berufliche) wie auch das gesellschaftliche und politische (Zusammen-)Leben von Grund auf und erfordern beständige Anpassungs- und Integrationsleistungen. Diese Anpassungs- und Integrationsleistungen werden als von allen Individuen notwendigerweise zu erbringende Lernleistungen verstanden, denn das, was in Kindheit und Jugend gelernt wurde, reicht unter den sich ständig wechselnden und wachsenden Anforderungen nicht mehr aus – vielmehr sind Erwachsene gefordert, sich beständig weiterzuentwickeln, wollen sie ihren Status wahren oder verbessern. An dieser Stelle kommt die Erwachsenenbildung als vielfältige Bildungspraxis ins Spiel: Sie soll den Individuen – hier kommen die LernerInnen als Individuen mit unterschiedlichen Vorerfahrungen, Kenntnissen und Bedarfen in den Blick – Hilfestellung leisten bei der Bewältigung der vielfältigen, an sie gestellten Anforderungen. Erwachsenenbildung als Bildungspraxis unterstützt den erwachsenen Menschen u.a. bei der Entwicklung der eigenen Persönlichkeit, der sinnvollen Nutzung der zunehmenden Freizeit und vermittelt berufliche Qualifikationen. Damit wird der Erwachsenenbildung auch eine relevante gesamtgesellschaftliche Funktion zugeschrieben: Neben ihrer bildungskompensatorischen Funktion bietet Erwachsenenbildung auch volkswirtschaftliche Vorteile – Erwachsenenbildung wird als »Allheilmittel« für sämtliche individuelle, bildungs- bzw. sozialpolitische und wirtschaftliche Probleme betrachtet und zeigt sich entsprechend vielfältig – das betrifft nicht nur die Institutionen der Erwachsenenbildung, sondern auch ihre Formen, Aufgaben und Funktionen. Erwachsenenbildung stellt sich damit als Antwort auf den sozialen Wandel und als Lösung der damit einhergehenden individuellen und gesellschaftlichen Probleme dar.13
13 Dieses Muster der Bezugnahme auf gesellschaftliche Umbruchsituationen bzw. Veränderungsprozesse und die daraus abgeleitete Notwendigkeit von Lern- und Bildungsprozessen Erwachsener ist zwar nicht neu, so wurde die Notwendigkeit von Erwachsenenbildung in der Weimarer Zeit bspw. mit der gesellschaftlichen Situation nach dem Ersten Weltkrieg und den Anpassungsleistungen der Indivi-
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Die bildungspolitische Aufwertung der Erwachsenenbildung rückt den Quartärbereich des Bildungssystems in den Vordergrund. Die Wissenschaft von der Erwachsenenbildung übernimmt dabei die Aufgabe der Ausbildung für diesen Sektor. In diesem Zusammenhang werden Lehrstühle für Erwachsenenbildung an deutschen Hochschulen eingerichtet und der DiplomStudiengang Pädagogik mit dem Schwerpunkt Erwachsenenbildung mit dem Ziel der wissenschaftlich fundierten Ausbildung der pädagogischen Profis etabliert. Die Wissenschaft von der Erwachsenenbildung versteht sich in erster Linie als Reflexionsinstrument ihrer Praxis und folgt dieser gleichsam nach. Sie soll die zunehmend wichtiger werdende erwachsenenpädagogische Praxis und das unübersichtliche Tätigkeitsfeld von ErwachsenenpädagogInnen klären, reflektieren und verbessern. Die Wissenschaft der Erwachsenenbildung übernimmt damit in weiten Teilen die Perspektive der Bildungspolitik und definiert sich in Abhängigkeit von ihrer Praxis. Die erwachsenenpädagogische Praxis differenziert sich im Laufe der Zeit derart aus, dass von einer Zerfaserung bzw. einer Entgrenzung der Erwachsenenbildung die Rede ist. Mit der Ausdifferenzierung der Erwachsenenbildungspraxis vervielfältigen sich auch die Themen der Wissenschaft von der Erwachsenenbildung. Diese Ausdifferenzierung und Spezialisierung hat wiederum eine Verunsicherung der Erwachsenenbildungswissenschaft zur Folge, die in der Frage nach der eigenen Identität, nach dem inneren Kern, der alles zusammenhält, kumuliert. Die Antwort auf die Frage nach der Identität der erwachsenenpädagogischen Wissenschaft wird schließlich wieder mit Rekurs auf die Praxis der Erwachsenenbildung zu beantworten gesucht, was in einem Zirkelschluss resultiert.
duen an die veränderten Gegebenheiten begründet. Neu hingegen ist, dass die moderne Erwachsenenbildung durch Permanenz und Allgemeinheit gekennzeichnet (vgl. DOK_Lexikon_1971: 293), also nicht bloß als transitorisch zu verstehen ist. Neu ist darüber hinaus auch die Anerkennung der Notwendigkeit vielfältiger Angebote für Erwachsene, die unterschiedliche Zielgruppen ansprechen und damit verschiedene Lebens- und Lernerfahrungen der lernenden Individuen berücksichtigen.
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5. D AS DISKURSSPEZIFISCHE I NTERPRETATIONSREPERTOIRE »Um zu Aussagen über den oder die Diskurs(e) in einem diskursiven Feld zu gelangen, müssen die Ergebnisse der einzelnen Feinanalysen im Forschungsprozess aggregiert werden. Dabei handelt es sich um eine Konstruktionsleistung der ForscherInnen, die analog zur sozialwissenschaftlichen Typenbildung als abstrahierende Verallgemeinerung von den Besonderheiten des Einzelfalls begriffen werden kann.« (Keller 2011a: 113)
In diesem Sinne werden in diesem Abschnitt die wichtigsten Ergebnisse der vorangegangenen Analyseschritte – der Analyse der Phänomenstruktur und der Deutungsmuster – in Form von Thesen (und in all ihren Ambivalenzen und Widersprüchlichkeiten) – aufgegriffen und verdichtet. Dieser Schritt kann – angelehnt an Potter und Wetherell, auf die Keller Bezug nimmt – als Darstellung des »diskursspezifischen Interpretationsrepertoires« (ebd.: 114, Hervorh. im Orig., H.R.) bezeichnet werden. Dieses Interpretationsrepertoire wird wie folgt beschrieben: »Es handelt sich […] um kollektiv verfügbare Ressourcen, mit deren Hilfe Bewertungen vorgenommen, geltende Auffassungen konstruiert und Handlungen ausgeführt werden. Sie existieren durch ihre Wirkung und nicht als bloße abstrakte Werkzeuge des Verstehens. Der Begriff des Interpretationsrepertoires bezieht sich somit auf den Inhalt des Diskurses und auf die Organisation dieses Inhalts.« (Potter/Wetherell 1995: 188 f., Hervorh. im Orig., H.R.)
Anders formuliert, bildet das diskursspezifische Interpretationsrepertoire den Rahmen für im untersuchten Kontext als »wahr« oder akzeptabel geltende Aussagen: • • •
Erwachsenenbildung ist ein vielfältiges und komplexes Phänomen. Erwachsenenbildung ist ein Erkenntnis- und ein Handlungsproblem. Der Begriff Erwachsenenbildung kann nicht eindeutig definiert werden, vielmehr ist er als Sammelbegriff für unterschiedliche Phänomene zu begreifen.
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Die Praxis der Erwachsenenbildung bildet den Ausgangs- und den Zielpunkt für das (wissenschaftliche) Sprechen bzw. Schreiben über Erwachsenenbildung. Erwachsenenbildung beschäftigt sich mit dem Lehren und Lernen Erwachsener innerhalb und außerhalb von Institutionen. Erwachsenenbildung ist wichtig. Erwachsenenbildung ist in vielfacher Hinsicht notwendig für individuelle, gesellschaftliche und volkswirtschaftliche Entwicklungen. Erwachsenenbildung ist ein für die allgemeine Öffentlichkeit relevantes Thema und damit förderungswürdig. Erwachsenenbildung wird von der Öffentlichkeit und im Feld der Wissenschaft nicht ausreichend anerkannt. Erwachsenenbildung ist besonders. Erwachsenenbildung ist ein Bildungsbereich bzw. eine wissenschaftliche Disziplin neben anderen. Die Wissenschaft von der Erwachsenenbildung dient der Klärung und Reflexion ihrer Bildungspraxis. Erwachsenenbildung gründet in gesellschaftlichen Anforderungen und zielt auf individuelle und gesellschaftliche Entfaltung. Erwachsenenbildung hat es schwerer als andere Disziplinen bzw. Bildungsbereiche. Erwachsenenbildung reagiert auf von außen kommende Anforderungen und Bedarfe. Erwachsenenbildung ist legitimierungsbedürftig. Die Bildungspolitik dient der Erwachsenenbildung als Legitimationsinstanz – deshalb werden ihre Argumentationen auch nicht hinterfragt.
Diese auf siebzehn Thesen verdichteten Ergebnisse der Analyse der Phänomenstruktur und der Analyse der Deutungsmuster bilden das Interpretationsrepertoire des untersuchten Diskurses. Das diskursspezifische Interpretationsrepertoire, welches auch als eine Art sozialer Repräsentation zu begreifen ist,14 ist den Mitgliedern einer bestimmten Gesellschaft oder Grup-
14 »This concept [interpretative repertoires, H.R.] does some of the same sort of explanatory work as social representations. That is, it attempts to look systematically at the organization of phenomena which social psychologists have traditionally understood in terms of attitudes, beliefs and attributions. However, this
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pierung, z.B. einer wissenschaftlichen Disziplin, gemeinsam und strukturiert Aussagen auf gewisse Weise vor. Es erhebt damit innerhalb einer solchen Gesellschaft oder Gruppierung Anspruch auf kollektive Gültigkeit, was die Aussagen eines Diskurses unabhängig von singulären Auffassungen, Positionen und Meinungen einzelner SprecherInnen macht. Es sind damit weniger die sprechenden Individuen, die in diesem Repertoire zur Geltung kommen, als bestimmte, den Individuen vorgängige Strukturen und Regeln. Potter und Wetherell fassen dies wie folgt zusammen: »Sie [die Diskursanalyse als Theorie der Konstruktionen, H.R.] befaßt sich mit der Frage, wie die Menschen gemeinsam Weltauffassungen im Verlauf ihrer sozialen Tätigkeiten konstruieren, sowie mit der weiteren Frage, wie diese Weltauffassungen verfestigt, als wirklichkeitsgetreu gesetzt und als von den Sprechenden unabhängig geltend etabliert werden. Zudem befaßt sich diese Theorie mit der Frage, welche Hilfsmittel zur Konstruktion von Weltauffassungen oder Repräsentationen verwendet werden.« (Potter/Wetherell 1995: 184)
Das Interpretationsrepertoire wird im Rahmen einer Gesellschaft oder Gruppe im gemeinsamen Diskurs entwickelt, verändert oder festgeschrieben und an die nachwachsende Generation weitergegeben. Neben ihrer Funktion der Orientierung in einem bestimmten Feld ermöglicht ein gemeinsames Interpretationsrepertoire erst die Kommunikation zwischen den Mitgliedern einer Gesellschaft oder Gruppe und ist damit für das Aushandeln von Sinn unabdingbar. Somit bilden diese 17 Thesen die Grundlage der Orientierung der Erwachsenenbildungswissenschaft im Sprechen und Schreiben über den eigenen Gegenstand und sich selbst; sie stellen den Rahmen der Bedingungen für Aussagemöglichkeiten bzw. -unmöglichkeiten (vgl. Foucault 2003: 36) im Diskurs der Erwachsenenbildungswissenschaft – ihr Sagbarkeitsfeld – dar.
notion has the advantage of having been developed in analytic practice. It is not handicapped by presupposing a one-to-one concordance with group boundaries, and it does not deploy the type of speculative cognitive psychology which underlies social representations theory.« (Potter/Wetherell 1992: 146)
Teil IV: Rückblick, Diskussion und Ausblick
Im Rahmen dieses letzten Teils der Arbeit werden das Vorgehen der vorliegenden Untersuchung noch einmal rekapituliert, die erzielten Ergebnisse der Arbeit zusammengefasst und wieder in den wissenschaftlichen Diskurs eingeschrieben. Weiterhin werden die erzielten Resultate einer kritischen Reflexion hinsichtlich ihrer Reichweite und Gültigkeit unterzogen und der Beitrag der Studie für die sozialwissenschaftliche Erkenntnis und Diskussion über den betrachteten Gegenstandsbereich herausgestellt und schließlich mögliche Forschungsperspektiven und Anschlüsse diskutiert.
1. R ÜCKBLICK : Z UM V ORGEHEN DER U NTERSUCHUNG Im Fokus der vorliegenden Untersuchung stand die Analyse disziplinärer Wissensverhältnisse und Wissenspolitiken der Erwachsenenbildungswissenschaft. Gefragt wurde zum einen danach, welche Wissenselemente im Sprechen bzw. Schreiben über Erwachsenenbildung im binnendisziplinären Diskurs hergestellt werden und wie diese sich im Zeitverlauf verändern, zum anderen, wie der Gegenstand Erwachsenenbildung dabei konstituiert wird. Das Ziel der Arbeit bestand darin, Einblicke in das Funktionieren der wissenschaftlichen Disziplin Erwachsenenbildung – anhand von ausgewählten Dokumenten, die als »Selbstverständigungstexte« begriffen werden – zu erhalten. Zu diesem Zweck wurden die Forschungsperspektiven
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der sozialwissenschaftlichen Diskursanalyse und der empirischen Wissenschaftsforschung miteinander verknüpft. Die an Foucault orientierte Diskursanalyse hat in den letzten Jahren, wie oben beschrieben, erheblich an Bedeutung gewonnen »und sich dabei als ein innovativer Ansatz erwiesen, der die Perspektive auf Wissenschaft und wissenschaftliches Wissen entschieden erweitert« (Verdicchio 2012: 110). Forschung über Wissenschaft stellt in diesem Sinne keine »Vermessung« der Erwachsenenbildungswissenschaft dar. Quantitative Zugänge können, darauf verweist Tenorth, zwar durchaus aufschlussreich sein, wenn es darum geht, mehr über eine Disziplin zu erfahren, »andererseits wissen die Wissenschaftsforscher selbst, daß allein ein Zitationsindex die Strukturen einer Disziplin, Reputationshierarchien und Bedeutsamkeiten nicht vollständig abbilden kann« (1990: 22). Und weiter: »In ihrer Wirklichkeit ist jede wissenschaftliche Disziplin nämlich nicht die zeitlose Manifestation einer gültigen Idee, sondern das Ergebnis einer gesellschaftlichen Anstrengung; und auch die wissenschaftliche Pädagogik ist letztlich nur Produkt einer historisch gegebenen und sich verändernden erziehungswissenschaftlich-pädagogischen Kommunikation.« (ebd.: 24)
Insofern ist das disziplinäre Wissen über Erwachsenenbildung als diskursiv hervorgebracht und kommunikativ umkämpft zu betrachten. Die Vorstellung von der Entwicklung disziplinären Wissens als Akkumulation von als allgemein gültig anerkannten Wissensbeständen ist irrig, auch folgt die disziplinäre Kommunikation keiner logisch-linearen Abfolge – vielmehr ist »Wirklichkeit« immer nur interpretierte Wirklichkeit und kann sich aus unterschiedlichen Perspektiven zum Teil auch sehr unterschiedlich darstellen. So werden beispielsweise in ein- und demselben disziplinären Diskurs zum Teil sehr unterschiedliche Theorien bzw. Theoriefacetten tradiert und damit wichtig gemacht. Dabei ist die Erwachsenenbildungswissenschaft als relativ autonomes Feld mit eigenem Objektinteresse und spezifischen Regeln und Strukturen zu kennzeichnen und »bildet somit ein Kommunikationsnetz, das eine Diskurskonstellation hervorbringt, die durch Publikationsmöglichkeiten, wissenschaftliche Veranstaltungen und verbandsmässige [sic, H.R.] Zusammenschlüsse gewährleistet sind« (Hofstetter/Schneuwly 2002: 39). Eine Disziplin »definiert sich durch einen Bereich von Gegenständen, ein Bün-
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del von Methoden, ein Korpus von als wahr angesehenen Sätzen, ein Spiel von Regeln und Definitionen, von Techniken und Instrumenten« (ebd.). »Ein Satz muß also komplexen und schwierigen Erfordernissen entsprechen, um der Gesamtheit einer Disziplin angehören zu können. Bevor er als wahr oder falsch bezeichnet werden kann, muß er, wie Georges Canguilhem sagen würde, ›im Wahren sein‹.« (Foucault 2003: 24) Auf dieses Faktum verweist auch Fleck, wenn er beschreibt, dass es – um in einer wissenschaftlichen Community Gehör zu finden – nicht ausreicht, die »Wahrheit« zu sagen – vielmehr muss diese Wahrheit zusätzlich wahr gemacht werden können, also anschließen an die in einer diskursiven Gemeinschaft zu einer bestimmten Zeit vorherrschenden Regeln und Strukturen – anders formuliert: systemangemessen sein (vgl. Fleck 1980: XXXII). Das Ziel der vorliegenden Studie bestand – mit Fleck gesprochen – darin, den »Denkstil« der wissenschaftlichen Disziplin Erwachsenenbildung empirisch zu rekonstruieren, die Besonderheiten und Regeln des wissenschaftlichen Diskurses zu untersuchen. Das disziplinär erzeugte Wissen1 (und dessen Veränderungen) über Erwachsenenbildung wurde dabei nicht als in einer chronologischen Entwicklungslogik fortschreitend betrachtet, sondern im Fokus der Analyse stand vielmehr, das vermeintlich Evidente zu hinterfragen, es »Zum-Ereignis-Machen« (Foucault 2005a: 29): »Das Zum-Ereignis-Machen besteht […] darin, die Zusammenhänge, Unterstützungen, Blockaden, Kraftspiele, Strategien usw. wiederzufinden, die zu einem bestimmten Zeitpunkt dasjenige formierten, das anschließend als Evidenz, Universalität oder Notwendigkeit fungieren sollte. Nimmt man die Dinge in dieser Weise, dann gelangt man zu einer Art kausaler Demultiplikation.« (ebd.: 30)
1
Der Begriff »Wissen« wird in diesem Zusammenhang – anschließend an Foucault – wie folgt verstanden: »Das Wort Wissen wird also gebraucht, um alle Erkenntnisverfahren und -wirkungen zu bezeichnen, die in einem bestimmten Moment und in einem bestimmten Gebiet akzeptabel sind.« (Foucault 1992: 32, Herv. im Orig., H.R.)
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2. D ISKUSSION
DER
E RGEBNISSE
Im Folgenden werden die wichtigsten Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung in Bezug auf die Frage nach den »Zusammenhänge[n, H.R.], Unterstützungen, Blockaden, Kraftspiele[n, H.R.] und Strategien« (ebd.) des disziplinären Diskurses der Erwachsenenbildung aufgegriffen und theoretisch rekontextualisiert. 2.1 Problematische Gegenstandskonstitution und Selbstpositionierung Insgesamt lässt sich – mit Blick auf die eingangs gestellten Fragen und das Forschungsinteresse der Untersuchung – resümieren: Der Gegenstand Erwachsenenbildung bleibt im untersuchten Diskurs eigentümlich unbestimmt. Erwachsenenbildung wird weniger als eindeutig bestimmbares Phänomen konstituiert, als vielmehr als Idee. Das lavierende Verständnis von Erwachsenenbildung resultiert nicht allein aus der Tatsache, dass das Phänomen Erwachsenenbildung vielfältig und komplex ist – der Begriff Erwachsenenbildung umfasst sowohl die Bildungspraxis als auch ihr Studium und ihre Wissenschaft –, sondern auch aus einer gewissen Unfähigbzw. Unwilligkeit der Erwachsenenbildungswissenschaft, sich eindeutig festzulegen. Die Vielfalt der theoretischen und empirischen Bezüge, ihre Uneindeutigkeiten und Ambivalenzen sind so als programmatisch für die Erwachsenenbildungswissenschaft zu bezeichnen, ihre Unschärfe und Unbestimmtheit geraten ihr geradezu zur präzisen Definition. Aufgrund der Unbestimmtheit des Gegenstandes der Erwachsenenbildung bleiben die verschiedenen Systematisierungsversuche unbefriedigend und es erscheinen immer wieder neue Ansätze, den Begriff zu bestimmen. In diesen Bestimmungsversuchen – diese sind zugleich notwendig für die disziplinäre Kommunikation und andererseits problematisch, weil sie zwar unter dem Label der »Verobjektivierung« pädagogischer Wissensbestände firmieren, aber dennoch Ausschlüsse produzieren und separieren – scheinen unterschiedliche Deutungen des Phänomens Erwachsenenbildung auf. Aus der Unbestimmtheit des Phänomens ergeben sich Brüchigkeiten und Widersprüche. Erwachsenenbildung bleibt somit ein leerer Signifikant. Seine Leere generiert in ihrer produktiven Macht immer wieder neue Bestim-
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mungs-, Strukturierungs- und Ordnungsversuche (vgl. Schäfer 2011: 202) und verweist zugleich auf das Bedürfnis nach Ordnung in der Vielfalt. Deutlich wird, dass die Gegenstandskonstitution der Erwachsenenbildung nicht natürlich gegeben, sondern ein unabgeschlossener, fortdauernder Prozess ist, was u.a. in der vielfältigen Praxis der Erwachsenenbildung begründet liegt (vgl. Zeuner/Faulstich 2009: 13). Wie die Erziehungswissenschaft im Allgemeinen hat auch die Erwachsenenbildung im Besonderen Probleme damit, ihren Gegenstand zu bestimmen und damit zugleich ihren disziplinären Standort festzulegen. »Gerade für die Erziehungswissenschaft [und auch für ihre Teildisziplin Erwachsenenbildung, H.R.] gilt, dass sie in ihren programmatischen Selbstbeschreibungen das Verhältnis von Theorie und Praxis, von Forschung und Anwendung, von Wissenschaft und Beruf zu einem konstitutiven Element ihres disziplinären Selbstentwurfs gemacht hat« (Keiner 2011: 203)
– mit Folgen. Als problematisch kann damit das Selbstverständnis der Erwachsenenbildung als praktische Wissenschaft angesehen werden (vgl. Lüders 2012: 110): Ist im untersuchten Diskurs von Erwachsenenbildung die Rede, wird in erster Linie das Tätigkeitsfeld, die soziale Realität des Lehrens und Lernens Erwachsener als Quartärbereich des Bildungssystems, in den Blick genommen und die wissenschaftliche Reflexion daran ausgerichtet. Die Koppelung der Ebenen »von System – der nach wie vor expandierenden Gesamtheit der Lernmöglichkeiten nach Schule und Hochschule –, Profession – den auf Expertise gestützten Erwerbstätigkeiten –, und Disziplin – als wissenschaftliche Lehre und Forschung« (Faulstich u.a. 2012: 37) kann mithin als konstitutiv für die Erwachsenenbildungswissenschaft bezeichnet werden. In der Selbstbeschreibung der Erwachsenenbildung als Handlungswissenschaft kommt zum Ausdruck, dass diese Disziplin nicht als relativ autonom von ihrem Handlungsfeld zu denken ist. Nach Stichweh sind Disziplin und Profession zwei verschiedene Typen von Sozialsystemen (vgl. Stichweh 1987: 210), wobei die Universitäten den Überschneidungsbereich beider Sozialsysteme darstellen. »Professionen sind typischerweise befaßt mit der Bewältigung kritischer Schwellen und Gefährdungen menschlicher Lebensführung.« (ebd.: 227) »Disziplinen [hingegen, H.R] sind relativ selbst-
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genügsame Sozialsysteme, die primär mit internen Operationen befaßt sind und im übrigen ihre innerwissenschaftliche Umwelt beobachten.« (ebd.: 241) Die Erwachsenenbildungswissenschaft ist ohne den Bezug auf ihr Berufsfeld nicht denkbar. »Pädagogische Theorie und pädagogische Praxis sind daher zu unterscheiden, aber zugleich in ein konstruktives Verhältnis zu setzen.« (Herzog 2002: 277) Eine solche Unterscheidung findet im untersuchten Diskurs jedoch weitgehend nicht statt, die Disziplin kann vielmehr als reaktiv bezeichnet werden – ihre Autonomie wird durch den starken Praxisbezug durchkreuzt. Das Außen der Disziplin – ihre Profession – wird als disziplinkonstitutiv in das Innen aufgenommen.2 2.2 Identitätsprobleme und Selbstvergewisserung Was die Erziehungswissenschaft im Allgemeinen betrifft, trifft im Speziellen, das wurde in der Analyse deutlich und im vorangegangenen Kapitel nochmals dargelegt, auch auf die Erwachsenenbildung zu: »Die Identität der Disziplin erscheint prekär, es gelingt ihr nicht, eine stabile Identität zu bilden; die Bildung der Disziplin, falls man sie als Kollektivsubjekt denken kann, misslingt.« (Keiner/Tenorth 2007: 155) »Für die wissenschaftsinstitutionelle Berücksichtigung erwies sich als erschwerend, daß die Wissenschaft von der Erwachsenenbildung zwar ihr Aufgabenfeld bestimmen konnte, nicht aber ein wissenschaftstheoretisches Konzept vorweisen konnte.« (Knoll 1974: 305) Die uneindeutige Gegenstandskonstitution und ihr Selbstverständnis als Handlungswissenschaft führen dazu, dass die Erwachsenenbildungswissenschaft Probleme damit hat, ihre eigene Identität zu bestimmen und ein klares Profil zu entwickeln: Insgesamt scheint sie in Bezug auf ihre eigene Positionierung und damit auf die Frage, was ihr Gegen-
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An dieser Stelle wird der Bezug zur Tradition der Geisteswissenschaftlichen Pädagogik offenkundig: Diese pädagogische Strömung, die sich in den 1920er Jahren anschließend an die Philosophie Wilhelm Diltheys entwickelte und deren bedeutendste Vertreter Hermann Nohl, Theodor Litt, Eduard Spranger und Wilhelm Flitner sowie Erich Weniger sind, geht von der Grundannahme des Primats der Praxis aus. Ausgangspunkt für pädagogische Theoriebildung ist damit immer die Erziehungswirklichkeit, Theorie entwickelt sich aus der Praxis für die Praxis (vgl. Krüger 2012: 17 ff.).
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stand, ihre genuinen Aufgaben und Themenbereiche, kurz: ihr Proprium ist, in den letzten vier Jahrzehnten nicht wesentlich weitergekommen zu sein. Im Diskurs der Wissenschaft der Erwachsenenbildung gibt es von Anfang an eine reflexive Debatte über das eigene Aufgaben- und Selbstverständnis – eine Selbstvergewisserung nach innen und eine Legitimation nach außen. Das Problem disziplinärer Identität war und ist für die Erziehungswissenschaft – und auch für die Wissenschaft der Erwachsenenbildung – ein kontinuierendes Thema (vgl. Keiner 1999: 31 ff.), denn eine klare wissenschaftliche Identität bewahrt vor dem Zerbrechen einer Disziplin (vgl. Lisop 2009: 2). Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Sektion Erwachsenenbildung – als ein wesentlicher Teil der Disziplin – »in ihrer Selbstbeschreibung, abweichend von allen anderen Kommissionen, sich einem Bereich des Erziehungs- und Bildungssystems und nicht einer erziehungswissenschaftlichen Teildisziplin zuordnete« (Doerry 2014: 139), stellt sich die Frage nach der disziplinären Identität der Erwachsenenbildungswissenschaft in besonderer Weise. Solche »Anstrengungen der ›Selbstdisziplinierung‹« (Friedenthal-Haase 1990: 24) durchziehen die Geschichte der Erwachsenenbildungswissenschaft wie ein roter Faden (Siebert 1976; Olbrich 1980; Tietgens 1986; Gruber 2009). Die Identitätsprobleme der Erwachsenenbildungswissenschaft werden durchgängig explizit zum Thema gemacht, was sich in der starken Problemfokussierung der untersuchten Dokumente manifestiert. Dabei lassen sich strukturelle Ähnlichkeiten zwischen der Problemfokussierung der Erwachsenenbildungswissenschaft und dem Krisenlamento einer anderen Bindestrichdisziplin der Pädagogik, der Berufs- und Wirtschaftspädagogik, ausmachen: Diese beklagt – in ähnlicher Weise wie die Erwachsenenbildung – ihre »Konturlosigkeit« (Büchter/Klusmeyer/Kipp 2009: 1) und stellt die Suche nach einer eigenständigen disziplinären Sinnstiftung in den Vordergrund ihrer Selbstbeschreibungen (vgl. Bank 2009: 4). Zwar gehört es zur Aufgabe von Wissenschaften, sich ihrer selbst stets zu vergewissern: »Diese […] kontinuierlichen Bemühungen um die Vergewisserung der eigenen Grundlagen, also ›Selbstverständnisdebatten‹ in dem hier verstandenen Sinne, sind notwendiger Teil der wissenschaftlichen Arbeit im disziplinären Kontext« (Reinisch 2009: 14), allerdings sollte dies nicht dazu führen, dass die disziplinäre Weiterentwicklung darüber ins Stocken gerät, wie es im Fall der Wissenschaft von der Erwachsenenbildung
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bisweilen der Fall zu sein scheint. So wird der Disziplin Erwachsenenbildung eine »strukturelle[…] Selbstmarginalisierung« (Stifter 2010: 43) oder -geißelung attestiert, sie ist als überaus selbstkritisch zu bezeichnen (vgl. Schmidt-Lauff 2014: 47) und entbehrt weitgehend einer »Kompetenzdarstellungskompetenz« (Reinisch 2009: 11) – was für eine produktive Weiterarbeit eher hinderlich ist. Die Problemfokussierung, das Hadern mit sich selbst sowie ein Gefühl bleibender Verunsicherung sind, auch das hat die Untersuchung gezeigt, konstitutive Bestandteile der Erwachsenenbildungswissenschaft. 2.3 Außenorientierung und geringe Autonomie der Disziplin »Jene Subsysteme der Gesellschaft haben einen besonderen Bedarf an Legitimation, deren allgemeine Anerkennung wenig gesichert ist. Daraus ist erklärlich, daß die Fragen von internen und externen Begründungen der Erwachsenenbildung als eines Bereiches, der wesentliche Inkongruenzen zu den anderen Bereichen des Bildungssystems aufweist, immer eine besondere Rolle gespielt haben.« (Olbrich 1980: 7)
Insbesondere durch externe Begründungen erhoffte und erhofft sich die Erwachsenenbildungswissenschaft Legitimation und (finanzielle) Anerkennung. Der Blick nach außen zeigt sich – neben der Orientierung am Praxisfeld der Erwachsenenbildung – speziell in der Ausrichtung des erwachsenenpädagogischen Diskurses an bildungspolitisch gestützten, gesellschaftlichen und ökonomischen Bedarfen und Anforderungen. Die Analyse hat gezeigt, dass die Diskursproduktion in wesentlichem Maße von der Bildungspolitik beeinflusst wird. Das Feld der Erwachsenenbildungswissenschaft wird damit vornehmlich bestimmt durch externe, meist politische Auftraggeber, die ein spezifisches Verwertungsinteresse an Erwachsenenbildung haben und sie zum Handlanger für unterschiedlichste Interessen machen (wollen). Es sind also weniger die AkteurInnen der Erwachsenenbildungswissenschaft, die ihre Deutungsmacht im Diskurs durchsetzen, als vielmehr externe AkteurInnen, die den Diskurs bestimmen. Stroß/Thiel arbeiten für die Erziehungswissenschaft heraus, dass zwei Instanzen wichtig sind für thematische Innovationen: zum einen gesellschaftlich-politische Diskussionen, zum anderen die Nachbardisziplinen (vgl. Stroß/Thiel 1998: 9). In ähnlicher Weise gilt das auch für die Disziplin
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der Erwachsenenbildung. Insofern kann die Erwachsenenbildungswissenschaft als sehr resonanzfähig für Themen und Argumentationsweisen ihrer Umwelt bezeichnet werden. Wie auch die Erziehungswissenschaft zeigt sich die Erwachsenenbildungswissenschaft als modeanfällig und von außen bestimmt (vgl. Herzog 2002: 274). Am Beispiel der Situation der Erwachsenenbildungsforschung soll dies verdeutlicht werden: »Charakteristisch für die EB und WB-Forschung ist, dass sie sich dort okkasionell formiert, wo Geld fließt und zwar bei den hochschulexternen Finanzierern […], entsprechend wird im Kampf um Mittel über Perspektiven des Forschungsfeldes entschieden. Vorangetrieben wird die EB und WB-Forschung somit einerseits nicht durch ein genuines, gegenstandsspezifisches Forschungsinteresse und eine darin begründete Forschungspraxis, die in der Autonomie der Wissenschaft verankert wären, sondern durch außerpädagogische Disziplinen, welche das Feld sekundär und exemplarisch in ihre disziplinäre Logik integrieren.« (Weber 2005: 140)
So liefert (politische) Auftragsforschung auch einen Großteil der Befunde über die Erwachsenenbildung. Im untersuchten Diskurs wurde deutlich, dass die Erwachsenenbildungswissenschaft weniger eigene wissenschaftliche Fragestellungen und Forschungsinteressen verfolgt – es geht weniger um die Gewinnung objektiv wahren Wissens über den Gegenstandesbereich –, als vielmehr darum, ihre gesellschaftliche Relevanz und Förderungswürdigkeit rhetorisch zu inszenieren und unter Beweis zu stellen. Die wissenschaftliche Autonomie der Erwachsenenbildung rückt dabei zugunsten der Aussicht auf gesellschaftliche Relevanz und finanzielle Förderung häufig in den Hintergrund, statt auf Theoriesuche begibt sie sich auf die Suche nach Lösungen für ihre allgegenwärtigen Finanzierungsprobleme (vgl. Wittpoth 2007: 46). Dabei geht die Orientierung an der Bildungspolitik (und anderen externen Geldgebern) mitunter so weit, dass die Erwachsenenbildungswissenschaft deren Argumentationen ungefiltert in das eigene Diskursrepertoire aufnimmt – ohne diese in nennenswerter Weise zu hinterfragen oder zu prüfen. Ein Wesensmerkmal der Erwachsenenbildung – ähnlich der Berufsund Wirtschaftspädagogik – scheint die »Übernahme politisch konsensbildender Terminologien« (Lisop 2009: Abstract) zu sein. Die Erwachsenenbildungswissenschaft rekrutiert Themen von hoher gesellschaftlicher sowie
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politischer Aktualität und Brisanz und macht diese zu ihren Themen, so dass eine Unterscheidung zwischen wissenschaftlichem Vokabular und solchem aus öffentlichen und/oder bildungspolitischen Debatten kaum noch auszumachen ist (vgl. dazu auch Zeuner 2014: 120). Wissenschaft entwickelt sich in enger Wechselwirkung zu den Bedürfnissen und Anforderungen der Gesellschaft und »ist spätestens seit dem 2. Weltkrieg im Westen gesellschaftlich so eingebettet, dass Politik, Bildung und Wirtschaft als ihre wichtigsten Interaktionsbereiche gelten können. Wissenschaft liefert für diese Bereiche Wissen in Form von Innovation, Bildung oder Beratung und erhält im Gegenzug Legitimität und materielle Ressourcen.« (Reinhart 2012: 365; vgl. auch Bora 2012)
Die enge Verbindung von Wissenschaft und Politik ist also kein Spezifikum der Erwachsenenbildung, sondern ein allgemeines Wesensmerkmal moderner Wissenschaft. Wissenschaften stehen auch generell im Spannungsfeld unterschiedlicher Interessen und Handlungsrationale. Spezifisch für die Erwachsenenbildungswissenschaft aber ist, dass sie feldexternen Interessen, Logiken und Relevanzkriterien weitgehend mehr Priorität einzuräumen scheint als ihrem disziplinären Eigeninteresse. Die ungeklärte Identität der Erwachsenenbildungswissenschaft macht sie anfällig für Eingriffe von außen. Auf diese Weise können feldfremde Logiken relativ ungefiltert in das Feld der Erwachsenenbildung eindringen und damit ihr ohnehin schon fragiles Selbstverständnis zusätzlich in Frage stellen. »Als wesentliches Moment der relativen Autonomie eines Feldes hat Bourdieu dessen Fähigkeit verstanden, feldexterne Zwänge und Anforderungen zu brechen und sie in die eigene Feldlogik zu übersetzen.« (Forneck/Wrana 2009: 176) Dies gelingt der Erwachsenenbildungswissenschaft jedoch nicht. Vielmehr lässt sich feststellen, dass sie feldexterne Logiken – die ihres Tätigkeitsfeldes oder die der Bildungspolitik z.B. – ungebrochen in das eigene Feldrepertoire aufnimmt. Die Politisierung eines wissenschaftlichen Feldes lässt aber nicht gerade auf große Autonomie desselben schließen (vgl. Bourdieu 1998: 19). Insofern kann die Erwachsenenbildungswissenschaft als Feld mit schwacher Autonomie bezeichnet werden (vgl. Forneck/Wrana 2009: 175), welches es externen AkteurInnen relativ leicht macht, dort einzudringen und Einfluss zu gewinnen.
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2.4 Geringe Heterogenität und Zirkularität des Diskurses Der untersuchte Diskurs der Erwachsenenbildungswissenschaft über ihren Gegenstands- und Objektbereich ist als relativ homogen zu kennzeichnen. Diese Homogenität lässt sich nicht nur für die über den Untersuchungszeitraum von 40 Jahren weitgehend stabil bleibenden Thematisierungsdimensionen und deren inhaltliche Ausgestaltung sowie die den Diskurs bestimmenden Deutungsmuster feststellen, sondern sie zeigt sich darüber hinaus auch in der SprecherInnenposition, die – sowohl über den Untersuchungszeitraum als auch über die untersuchten Textgattungen hinweg – ebenfalls als wenig heterogen zu kennzeichnen ist. Die diskursive Elite, die ExpertInnen des Diskurses also, die über die Macht verfügt, »Wirklichkeit« bzw. »Wahrheit« zu setzen und Zugang zur Öffentlichkeit hat, besteht vornehmlich aus männlichen Professoren der (Erwachsenen-)Pädagogik – PraktikerInnen kommen trotz der Vorrangstellung der Praxis der Erwachsenenbildung vor der Wissenschaft so gut wie nicht zu Wort. Die legitime SprecherInnenposition zeigt sich in institutionalisierten Machtstrukturen, die wiederum mit bestimmten Positionen verbunden sind (z.B. Vorsitzende der Sektion Erwachsenenbildung). Das Spiel um Vorrangstellung im Diskurs der Erwachsenenbildungswissenschaft wird also in erster Linie zwischen Gleichen unter Gleichen ausgetragen. Damit wird nicht nur die »strukturelle[…] Unterrepräsentanz« (Paulitz 2012: 166) von Frauen in der Wissenschaft fortgeführt, sondern es besteht auch die Gefahr zirkulärer Kommunikationsprozesse. Der untersuchte Diskurs verdeutlicht, wie beharrlich sich Vorstellungen und Argumentationsweisen halten können. Einmal stabilisierte Wissensstrukturen oder disziplinäre Denkstile werden im Diskurs beständig wiederholt, an den wissenschaftlichen Nachwuchs weitergegeben, selten hinterfragt und so immer weiter verfestigt. Diese einmal erhärteten Ordnungen zu durchbrechen oder gar zu verändern, ist äußerst schwierig. Der wissenschaftliche Diskurs der Erwachsenenbildung erweist sich in seinen Grundzügen als ausgesprochen veränderungsresistent. Darüber hinaus kann er als relativ konform oder auch wenig konfrontativ bezeichnet werden: wissenschaftsinterne Positionskämpfe oder Gegendiskurse sind kaum auszumachen, die wissenschaftliche Betrachtungsweise der Erwachsenenbildung ist weitgehend homogen – eine Perspektivvielfalt kommt kaum zustande
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(vgl. Forneck/Wrana 2005: 5). Insgesamt ist also eine hohe Persistenz der Gegenstandskonstitution zu verzeichnen. Wiederholungen stabilisieren zwar den Diskurs, aber sich wiederholende Diskurse sind nicht sonderlich fruchtbar. 2.5 Wie weiter mit der Erwachsenenbildungswissenschaft? Auf der Grundlage der diskursanalytischen Rekonstruktion der Wissensstrukturen der Disziplin Erwachsenenbildung und deren Verknüpfung mit dem wissenschaftlichen Diskurs lässt sich zugespitzt sagen: Die Erwachsenenbildungswissenschaft konstituiert ihren Gegenstand so, dass sie sich selbst im Weg steht. Im Folgenden sollen die wesentlichen Merkmale des untersuchten Diskurses, die in dieser Bilanz münden, nochmals knapp dargelegt werden. Abschließend erfolgt eine Einschätzung der Frage, was notwendig wäre, damit sich der wissenschaftliche Diskurs der Erwachsenenbildungswissenschaft produktiv weiterentwickeln könnte. •
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Die Ebenen von Disziplin, Profession und System werden im Diskurs der Erwachsenenbildungswissenschaft konstitutiv miteinander gekoppelt und verschmelzen miteinander. Die Disziplin kann nicht unabhängig von ihrem Handlungsfeld gedacht werden: Die Erwachsenenbildung versteht sich als praktische Wissenschaft, die sich an den Anforderungen und Bedarfen ihres Praxisfeldes orientiert. Die Erwachsenenbildungswissenschaft hat aufgrund ihrer Offenheit für Vielfalt Probleme damit, eine stabile Identität zu entwickeln. Daher befindet sie sich in einem beständigen Prozess der Selbstvergewisserung und auf der Suche nach Legitimation. Es mangelt der Erwachsenenbildungswissenschaft an Selbstbewusstsein. Auf der Suche nach Anerkennung und Legitimation orientiert sich die Wissenschaft von der Erwachsenenbildung an externen Institutionen, etwa an der Bildungspolitik oder der Wirtschaft. Die Autonomie der Erwachsenenbildungswissenschaft kann als relativ gering bezeichnet werden, feldfremde Logiken fließen ungefiltert in den wissenschaftlichen Diskurs der Erwachsenenbildung ein.
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Der Diskurs der Wissenschaft von der Erwachsenenbildung ist modeanfällig und in weiten Teilen von externen Interessen bestimmt. Die Aussicht auf gesellschaftliche Relevanz und Anerkennung spielt im untersuchten Diskurs fast durchgängig eine größere Rolle als die Frage nach wissenschaftlicher Autonomie. Der Diskurs der Erwachsenenbildungswissenschaft ist als weitgehend konform zu charakterisieren. Wissenschaftsinterne Positionskämpfe lassen sich so gut wie nicht verzeichnen, der Diskurs ist kaum umkämpft. Der Diskurs der Erwachsenenbildungswissenschaft ist – auf verschiedenen Ebenen – als redundant und zirkulär zu bezeichnen.
Abbildung 5: Das Formationssystem der Erwachsenenbildungswissenschaft
Quelle: Eigene Darstellung
Abbildung 5 verdeutlicht die problematische Formation der Erwachsenenbildungswissenschaft nochmals bildlich und soll im Folgenden zusammen-
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fassend erläutert werden. Die Analyse hat gezeigt, dass die Ebenen von Disziplin, System und Profession im Diskurs der Erwachsenenbildungswissenschaft konstitutiv miteinander gekoppelt sind und keine – zumindest relativ – autonomen Felder oder Sozialsysteme darstellen. Die Disziplin Erwachsenenbildung ist damit nicht unabhängig von ihrem Praxis- bzw. Tätigkeitsfeld und dessen Systematisierung zu denken. Das »Außen« von System und Profession wird somit konstitutiv in das »Innen« des wissenschaftlichen Feldes der Erwachsenenbildung eingelagert – dargestellt durch die drei sich überschneidenden Kreise im Zentrum der Graphik. Der gestrichelte Kreis schließt das wissenschaftliche Feld der Erwachsenenbildung symbolisch gegenüber anderen Bereichen ab, etwa gegenüber anderen Wissenschaftsfeldern, der Politik oder der Wirtschaft, und verweist auf die relative Autonomie der Erwachsenenbildungswissenschaft diesen gegenüber. Die Pfeile (exemplarisch wurden hier andere Disziplinen, die Bildungspolitik und die Wirtschaft gewählt), verdeutlichen, dass externe Sozialsysteme und deren Logiken dennoch relativ ungehindert in das innere Feld der Erwachsenenbildungswissenschaft eindringen und diese entscheidend beeinflussen können. Zusammenfassend lässt sich damit sagen, dass nicht nur das »innere Außen« von System und Profession die Erwachsenenbildungswissenschaft prägen, sondern dass auch das »äußere Außen« von Gesellschaft, anderen Disziplinen, Bildungspolitik und Wirtschaft Einfluss nimmt auf die Erwachsenenbildungswissenschaft und ihren Diskurs wesentlich bestimmt. Vor diesem Hintergrund stellt sich aus meiner Sicht die Frage, wie die Wissenschaft von der Erwachsenenbildung sich künftig im Spannungsfeld von Wissenschaft, Praxis und Politik verorten, welchem Verständnis von Erwachsenenbildung sie folgen will und wie sie ihre Eigenständigkeit formuliert und – auch gegenüber Erwartungen und Anforderungen von außen – behauptet und damit wissenschaftlich unabhängig bleibt. Überlegungen dieser Art – das hat auch die Analyse gezeigt – durchziehen den Diskurs wie ein roter Faden und werden immer wieder neu aufgerollt. So ergeht von Zeit zu Zeit aus den eigenen Reihen der Appell an die Wissenschaft von der Erwachsenenbildung, sich selbst ernst zu nehmen (vgl. Tietgens 1990: 9) oder die künftige Positionierung der Erwachsenenbildung und ihrer Wissenschaft zu überdenken:
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»Zwar sind die Autoren nicht völlig einig darin, welches die Aufgaben einer künftigen Erwachsenenbildung sein sollen, sie sind sich jedoch darin einig, daß die Erwachsenenbildung sich überhaupt an inhaltlichen Aufgaben orientieren sollte, daß sie sich also nicht als Vollzugsorgan übergeordneter ›Mächte‹ oder nur als Agentur des Bildungsmarktes verstehen sollte. Das Problem, daß Erwachsenenbildung für vieles verfügbar wird, wenn sie ihre Angebots- und Handlungsmöglichkeiten nicht überdenkt und der Öffentlichkeit verdeutlicht, sehen viele Autoren. Dies schließt eine mehrdeutige Nutzung der Erwachsenenbildung durch die Adressaten nicht aus.« (Schlutz 1983: 23)
Bislang sind diese Aufforderungen und Desiderate jedoch weitgehend folgenlos geblieben. Auch in aktuellen Debatten wird die Frage nach dem Selbstverständnis der Wissenschaft von der Erwachsenenbildung (mitunter kontrovers) diskutiert. In diesem Zusammenhang spielen insbesondere die Auseinandersetzungen auf der Ebene der Sektion Erwachsenenbildung eine besondere Rolle, kommt wissenschaftlichen Fachgesellschaften doch die Aufgabe zu, das disziplinäre Selbstverständnis auch über die Fachgrenzen hinaus, z.B. in politischen Entscheidungsprozessen, nach außen zu vertreten. Innerhalb der letzten Jahre scheint die Frage nach der künftigen Positionierung und dem Selbstverständnis der Disziplin Erwachsenenbildung in diesem Rahmen wieder eine besondere Brisanz und Aktualität erhalten zu haben. In der Folge rufen FachvertreterInnen dazu auf, die Erwachsenenbildungswissenschaft ernst zu nehmen und ihre Autonomie zu stärken: »Weder ist die Erwachsenenbildungspraxis in ihren Möglichkeiten ausgeschöpft, noch ist die wissenschaftliche Erwachsenenbildung am Ende. Aber die Erwachsenenbildungswissenschaft muss ihre Autonomie in der Gegenstandsdefinition stärken und ihre wissenschaftlichen Möglichkeiten strikter überdenken.« (Zeuner 2014: 123) Für notwendig befunden wird diese Selbstvergewisserung, weil die Erwachsenenbildung von der Bildungspolitik nach wie vor nachgeordnet behandelt werde und die Wissenschaft von der Erwachsenenbildung Probleme damit habe, sich in der Öffentlichkeit zu präsentieren (vgl. Gieseke 2013: 3 f.), gesprochen wird sogar von einer »zunehmend geringeren Beachtung der Weiterbildung« (ebd.: 5). Notwendig sei deshalb eine Neupositionierung der Disziplin. Nach Gieseke geht es um die Frage nach der Sichtbarkeit und Wirksamkeit der Erwachsenenbildung und ihrer Wissenschaft, die einer Bearbeitung dringend bedürfe. Vor allem die starke
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Orientierung an bildungspolitischen Interessen, »unsere zu große Angepasstheit an die Bildungspolitik und deren Vorstellungen, die wir zu unseren gemacht haben« (ebd.: 8), wird als problematisch für die Sichtbarkeit und Wirksamkeit der Erwachsenenbildung eingeschätzt. Erwachsenenbildung dürfe nicht länger »Erfüllungsgehilfe von Ideen Dritter werden« (ebd.: 12), sondern müsse beginnen, eigene Theorien zu entwickeln, »um im Zusammenspiel neuer relationaler Ansätze den eigenen Platz zu finden. Erst dann ist unsere Teildisziplin auch für andere interessant. Doch dafür ist sie bisher zu wenig auf das Feld bezogen, bedient sich zu sehr geliehener Theorien, die nicht ausreichend passen und stellt zu wenige Fragen mit erkenntnisleitenden Interessen.« (ebd.)
Eine grundsätzliche Reflexion über das eigene Selbstverständnis, darüber, was die Erwachsenenbildungswissenschaft sein und leisten kann, aber auch darüber, was sie nicht sein und leisten kann, erscheint mir vor dem Hintergrund der Ergebnisse der Untersuchung unerlässlich. Dafür wäre es meines Erachtens notwendig, dass die Wissenschaft von der Erwachsenenbildung sich – jenseits aller Selbstkritik – mehr auf die inhaltliche Bearbeitung ihres Gegenstandes als auf die Zurschaustellung ihrer Relevanz und Förderungswürdigkeit konzentriert, ohne finanziell unterzugehen. Es wäre weiterhin wünschenswert, wenn die Disziplin ihre übertriebene Selbstkritik ablegen, ein stabileres Selbstbewusstsein entwickeln und ihre Relevanz mehr aus sich selbst heraus entfalten – also eine machtvollere Position im eigenen Diskurs einnehmen würde. Das soll nicht bedeuten – und wäre sicherlich auch weder möglich noch sinnvoll –, dass sie sich als Wissenschaft von gesellschaftlichen, bildungspolitischen oder wirtschaftlichen Einflüssen und Anforderungen freispricht. Allerdings müssten solche externen Einflüsse und Anfragen zunächst einmal überprüft und in die eigene Feldlogik übersetzt, gegebenenfalls aber auch abgewiesen werden. Denn Macht zu haben, bedeutet auch, nein zu sagen, nicht alle Anforderungen von außen willfährig zu erfüllen. Allerdings müsste die Disziplin, die – auch das hat die Untersuchung gezeigt – sehr auf äußeren Zuspruch angewiesen ist, dann mit der Konsequenz leben, nicht mehr als universell einsetzbarer Handlanger für unterschiedlichste Interessen zu gelten. Sich nicht für alle Probleme und Fragen der Welt gleichermaßen zuständig zu erklären, sondern wissenschaftliche Reflexionen für einen bestimmten Bereich zur Verfügung zu
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stellen, würde der Sichtbarkeit und Wirksamkeit der Erwachsenenbildungswissenschaft keinen Abbruch tun, sondern käme ihrer wissenschaftlichen Glaubwürdigkeit – im Gegenteil – vielmehr zugute.
3. Z UM B EITRAG
DER
U NTERSUCHUNG
Grundsätzlich gilt es zu bedenken, dass die Ergebnisse, die im Rahmen einer solchen Untersuchung »produziert« werden – ebenso wie das Untersuchte selbst – Teil des Diskurses sind. Damit stellt sich die Frage nach der Generalisierbarkeit bzw. Limitierung der erzielten Ergebnisse. Inwiefern können die Befunde generelle Gültigkeit beanspruchen? Zunächst einmal kann festgehalten werden: »Diskursanalyse ist immer und notwendig ein hermeneutischer Prozess der Textauslegung.« (Keller 2011b: 273) Sie orientiert sich am interpretativen Paradigma, an der Logik der Entdeckung von Hypothesen und gegenstandsbezogenen Theorien. Zwar werden theoretische Verallgemeinerungen am Einzelfall (am einzelnen Datum bzw. am Vergleich der Daten untereinander) vorgenommen, zu Aussagen über den gesamten Untersuchungskontext gelangt man aber dennoch, da jeder »Fall« Hinweise auf das Allgemeine, das Typische, liefert (vgl. Rosenthal 2008: 75) – insofern bedient sich die vorliegende Studie am im Kontext qualitativer Sozialforschung gebräuchlichen Verfahren des induktiven Schließens vom Einzelfall auf das Ganze. Da es keinen Standpunkt »außerhalb« von Diskursen gibt, so kann weiterhin festgehalten werden, ist die Forscherin selbst in den Diskurs, den sie untersucht, eingebunden. »Das Bewusstsein davon, dass die Erkenntnisse der Wissenschaftssoziologie nicht privilegiert sind und damit der selben Konstruiertheit unterliegen wie die untersuchten Wissenschaften, sollten in den Texten der Wissenschaftssoziologie ausgezeichnet werden.« (Verdicchio 2012: 109) Insofern sind die Ergebnisse der vorliegenden Studie nicht als endgültige »Wahrheiten« zu betrachten, sondern als ein Beitrag zu einem Diskurs, in dem bestimmte Wahrheitspolitiken gelten: »Diskursforschung produziert nicht ›Wahrheit‹, sondern Aussageereignisse, die selbst Teil eines […] Diskurses sind.« (Keller 2007b: 216) Diese »Wahrheiten« sind nicht dauerhaft haltbar, sondern angreifbar und vorläufig – wie grundsätzlich alle Sinnfixierungen (vgl. Hirseland/Schneider 2006: 394). Weiterhin sind die ermittelten Ergebnisse nicht
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als Erkenntnisse zu verstehen, die direkt in die Praxis umzusetzen wären, sondern in erster Linie als Interpretationen zu begreifen (vgl. Felt u.a. 1995: 165). Insbesondere das Problem der Produktivität und Heterogenität von Diskursen (vgl. Schäfer 2011: 115) ist eines, das im Zusammenhang mit der Limitierung von Ergebnissen diskursanalytischer Studien immer wieder angesprochen wird. Die Produktivität und Heterogenität von Diskursen macht sie zwar besonders interessant, aber auch schwierig zu untersuchen. So stehen ForscherInnen – nicht nur im Rahmen von Diskursanalysen – häufig vor dem Problem, mit widersprüchlichen und einander entgegengesetzten Positionen innerhalb des Untersuchungsgegenstandes umgehen zu müssen. Der untersuchte Diskurs kann zwar weitgehend als homogen bezeichnet werden, dennoch zeigen sich auch hier Widersprüchlichkeiten bzw. Ambivalenzen in der Art und Weise des Sprechens bzw. Schreibens über Erwachsenenbildung. Diese Vieldeutigkeiten werden im vorliegenden Fall als spezifische Charakteristika des untersuchten Diskurses betrachtet – und als Möglichkeit der Veränderung des Diskurses. Anders als diskursive Einheit oder Homogenität (falls diese sich in Reinform überhaupt denken lässt) sind Widersprüche nämlich diskurskonstitutiv: Innerhalb einer Disziplin gibt es zwar so etwas wie vorherrschende (Lehr-)Meinungen und spezifische Weisen, sich auf einen Gegenstand zu beziehen, aber »an den Rändern dieser dominanten bzw. hegemonialen Positionen [zeichnen sich, H.R.] immer Gegenbewegungen« (Forneck/Wrana 2005: 8) ab. Zwar zeigt ein Feld immer nur das auf, was sag- und denkbar ist, allerdings wird darin zugleich auch das Nicht-Sagbare, ein konstitutives Außen, markiert, an das sich produktiv anknüpfen lässt. Insofern bietet die vorliegende Studie nicht nur Einsichten in die Ordnung des Diskurses der Erwachsenenbildungswissenschaft, in seine Inhalte und Funktionsweisen, sondern zeigt über dieses diskursspezifische Sagbarkeitsfeld hinaus auch Ansatzmöglichkeiten für die produktive Weiterentwicklung des Diskurses auf. Die Stärke der Arbeit liegt darin, dass sie genau hinsieht und das vermeintlich Selbstverständliche, eingefahrene Denkund Argumentationsmuster, in Frage stellt und empirisch überprüft. Die Perspektive der Diskursforschung fungiert gewissermaßen als »Disziplinierung« in dem Sinne, sich von den mächtigen Gewohnheiten zu distanzieren (vgl. Laitko 1999: 19).
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Die diskurstheoretisch begründete Einsicht, dass Wissen bzw. Wahrheit (sprachlich) konstruiert und nicht »natürlich« gegeben sind, ist dabei eine sehr ermächtigende Idee: Daraus folgt, dass Wissen bzw. Wahrheit erst im Prozess der Wahrheitsfindung entstehen, potentiell also unabgeschlossen sind. Und wenn Wissen bzw. Wahrheit konstruiert sind, können sie immer auch anders sein. Das Wissen um diskursive Regularitäten lässt sich demnach immer auch gegenhegemonial wenden, d.h. gegen vorhandene Machtstrukturen (vgl. Parr 2008: 236). Insofern kann Diskursanalyse als ein Mittel der Kritik gesellschaftlicher Verhältnisse bzw. disziplinärer Grammatiken verstanden werden (vgl. Wrana 2006: 146). Dass ihr Gegenstand nicht festgelegt ist, sondern wandelbar, eröffnet für die Erwachsenenbildung so auch die Möglichkeit des Streitens im positiven Sinne. Denn dadurch, dass etwas problematisiert wird, wird es auch gestaltbar. Einen Beitrag leistet die vorliegende Studie aber nicht nur in Bezug auf die Frage nach den Wissensstrukturen der Erwachsenenbildungswissenschaft, zu deren Blockaden und Potentialen sowie zu möglichen Anschlüssen und Weiterentwicklungen, sondern die Arbeit kann überdies auch als ein Beitrag zur erziehungswissenschaftlichen Wissenschaftsforschung sowie als ein Beitrag zur sozialwissenschaftlichen Diskursforschung betrachtet werden, genauer: als ein theoretisch begründetes und empirisch fundiertes Beispiel für die konstitutive Verbindung von empirischer Wissenschafts- und Diskursforschung. Die vorliegende Untersuchung illustriert die Bedeutsamkeit diskursanalytischer Perspektiven für die (nicht nur) erziehungswissenschaftliche Wissenschaftsforschung – das Feld der Wissenschaft ist geradezu prädestiniert für diskursanalytische Studien: »It might seem odd that discourse analysts have taken scientific language as one their central topic areas […]. You might think that science is an abstract, technical and precise realm, and as such can tell us little of value about the social and psychological processes operating in language. Yet it is exactly these features which make scientists’ discourse such an attractive research topic. If interesting discourse processes can be found even in this rarefied environment it is extremely likely that they will also be found, probably in more exaggerated forms, in everyday conversation, newspaper stories and in all the other kinds of talk we will encounter. Science is a useful hard case where discourse analysis can hone its claims.« (Potter/Wetherell 1992: 64)
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Über den Anspruch »traditioneller« Ansätze der Wissenschaftsforschung, zur Selbstreflexion bzw. -vergewisserung einer Disziplin oder eines Fachgebietes beizutragen, entfalten diskursanalytisch orientierte Formen der Wissenschaftsforschung Relevanz auch über das Feld der Wissenschaft hinaus: »Zu den Stärken dieser Variante der Diskursanalyse gehört ihre sozialtheoretische Fundierung. Diese führt dazu, dass ihre Ergebnisse eine Relevanz entfalten, die über das wissenschaftliche Feld hinausgehen und an weiterführende Analysen, Beobachtungen und theoretische Überlegungen anschlussfähig sind. Die enge konzeptuelle Kopplung von Wissen und Macht trägt darüber hinaus der zunehmenden gesellschaftlichen Bedeutung von (wissenschaftlichem) Wissen Rechnung und ermöglicht eine kritische Bezugnahme auf aktuelle gesellschaftliche und gesellschaftsdiagnostische Problemlagen, wie beispielsweise die der Wissensgesellschaft […] oder der Kontrollgesellschaft […].« (Verdicchio 2012: 110)
Inwiefern die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung (auch) praktische Relevanz entfalten (können), soll im abschließenden Kapitel exemplarisch skizziert werden.
4. AUSBLICK Grundsätzlich sind Anschlüsse unterschiedlicher Art an die vorliegende Arbeit denkbar. Analysen über andere wissenschaftliche Disziplinen und deren diskursspezifisches Interpretationsrepertoire etwa könnten im Vergleich mit den Ergebnissen der vorliegenden Untersuchung sehr interessant sein und weitere Hinweise in Bezug auf die Einordnung der erzielten Resultate in einen größeren sozialwissenschaftlichen Kontext liefern. Anbieten würden sich solche Disziplinen, deren Gegenstand – wie der der Erwachsenenbildungswissenschaft auch – als unspezifisch bezeichnet werden kann, etwa die Soziologie, die Erziehungswissenschaft oder deren Teildisziplinen. Damit ließe sich der Frage nachgehen, ob die als problematisch zu bezeichnende Art und Weise des Sprechens der Erwachsenenbildungswissenschaft über ihren Gegenstand und über sich selbst als »typisch« sozialbzw. erziehungswissenschaftlich bezeichnet werden kann oder lediglich ein Spezifikum der Disziplin Erwachsenenbildung darstellt.
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Anknüpfen lässt sich diesbezüglich etwa an die bereits erwähnte Studie Kleine Geschichte der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft. Eine Fachgesellschaft zwischen Wissenschaft und Politik (Berg u.a. 2004). Diese Studie ist zwar von ihrer Anlage her – sowohl was das Erkenntnisinteresse als auch die Vielfalt und Menge der untersuchten Daten sowie das methodologische und methodische Vorgehen betrifft – anders gelagert als die vorliegende Studie; aber sie liefert erste Hinweise auf die Frage nach der Konstitution der Erziehungswissenschaft im Rahmen ihrer historischen Selbstvergewisserung. So arbeiten die AutorInnen unter Zuhilfenahme unterschiedlicher – mehr oder weniger vollständig und übersichtlich vorliegender – Quellen (Briefwechsel, Protokolle, Beschlüsse etc.) als ein Leitmotiv in der Geschichte der DGfE »das beständige Ringen des Faches um den eigenen Ort und um Anerkennung im Konzert der wissenschaftlichen Disziplinen, die wiederkehrende Auseinandersetzung über das eigene Selbstverständnis und die nach wie vor unabgeschlossene Aushandlung der Aufgaben, die einer wissenschaftlichen Fachgesellschaft zukommen: kann, darf, soll, muss sie sich zuweilen politisch – in unserem Falle: bildungspolitisch – zu Wort melden; wo sind die Grenzen ihres Mandats?« (ebd.: 7),
heraus. Dieses Leitmotiv – geprägt von mangelnder Anerkennung, der Diskussion um das eigene Selbstverständnis und die Nähe zur Bildungspolitik – lässt auf strukturelle Ähnlichkeiten des diskursspezifischen Repertoires der Erziehungswissenschaft und ihrer Teilsdisziplin Erwachsenenbildung schließen und damit auf eine gewisse erziehungswissenschaftliche Typik in der Art und Weise des Sprechens über den eigenen Gegenstand und sich selbst. Weitere Hinweise auf eine solche Typik lassen sich darüber hinaus auch im zweiten Kapitel dieses Teils der Arbeit aufzeigen. Um allerdings zu konkreteren Aussagen darüber zu gelangen, wären intensivere Studien nötig. Interessant erscheint mir darüber hinaus auch eine andere Frage zu sein, nämlich die nach den Wirkungsweisen des untersuchten Diskurses auf professionelle und/oder institutionelle Praktiken. Insbesondere vor dem Hintergrund des Selbstverständnisses der Erwachsenenbildung als Handlungswissenschaft könnte die Bearbeitung dieser Frage der Wissenschaft von der Erwachsenenbildung wertvolle Impulse für ihre weitere Entwicklung liefern. Damit würden die Rollen von Wissenschaft und Praxis, die im Dis-
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kurs rekonstruiert wurden, gleichsam umgekehrt – die Praxisperspektive würde der Wissenschaft damit als Reflexionsinstrument dienen. Die Möglichkeit der Analyse der Wirkungen von Diskursen, z.B. auf professionelle, institutionelle oder subjektive Praktiken oder die Analyse der Möglichkeiten, Diskurse zu verändern, ist mit der Perspektive von Diskursanalysen allerdings nicht vereinbar. Hierin zeigt sich auch die Grenze der Diskursforschung: was (potentielle) AdressatInnen mit einem Diskurs bzw. mit in einem Diskurs generierten Adressierungen und Aussagen anstellen, kann diskursanalytisch nicht rekonstruiert werden (vgl. Keller 2012: 102). Es gibt eine Lücke zwischen einem Diskurs und den realen Effekten, die er zeitigt, eine Lücke zwischen diskursiver »Wahrheit« und tatsächlicher Wirkmächtigkeit eines Diskurses, zwischen Talk und Action. Um diese Lücke aufzudecken, bieten sich zur Analyse tatsächlicher Auswirkungen von Diskursen Dispositivanalysen3 an. Dispositivanalysen interessieren sich für die Erforschung von Macht-/ Wissen-Relationen in ihren sozialen Auswirkungen und gehen damit einen Schritt über Diskursanalysen hinaus. »Discourse matters«, Diskurse entfalten Wirkmächtigkeit: sie sind das Ergebnis von Machtbeziehungen und bewirken ihrerseits Machteffekte. So ist Handeln etwa gekoppelt an (theoretisch hervorgebrachte) Wissensbestände. Diese Machteffekte wollen Dispositivanalysen empirisch nachvollziehen, also die realen Folgen eines i.d.R. vornehmlich schriftlich geführten Diskurses aufzeigen. »Was demnach analytisch mit dem Dispositivkonzept in den Blick genommen werden soll, ist nicht per se das ›Nicht-Diskursive‹, das Gegenständliche, das Tun als solches. Vielmehr geht es gleichsam als dispositivanalytische Leitfrage darum, was aus diskursiv vermittelten Wissensordnungen ›wirk-liche‹ (und insofern ›machtvolle‹!) Effekte zeitigt, insofern es in seiner kollektiven wie individuellen Vermittlung im Selbst- wie Weltbezug handlungswirksam wird und dadurch (erst) auf jene Wissensordnungen rückwirken kann.« (Bührmann/Schneider 2007: 38, Herv. im Orig., H.R.)
3
An dieser Stelle geht es nicht darum, das Konzept einer sozialwissenschaftlichen Dispositivanalyse in all seinen theoretischen, methodologischen und methodischen Einzelheiten darzulegen (für einen Überblick vgl. Bührmann/Schneider 2007 oder Bührmann/Schneider 2008), sondern deren grundlegende Prinzipien und Fragestellung knapp zu verdeutlichen.
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Anschließend an die in der vorliegenden Arbeit durchgeführte Analyse könnten folgende Fragen im Mittelpunkt einer dispositivanalytischen Folgeuntersuchung stehen: • •
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Wie wird der Diskurs in der »Realität« aufgenommen? Welche (praktischen) Auswirkungen und beabsichtigten, aber auch nicht beabsichtigten Folgen und Nebenwirkungen hat ein Diskurs für wen und in welchem Ausmaß? Ist der untersuchte Diskurs für die erwachsenenpädagogische Praxis und ihre Institutionen überhaupt relevant?
Ein aktuelles Beispiel aufgreifend, wäre es bspw. spannend, die Auswirkungen und Folgen des untersuchten Diskurses auf die künftige Situation der Volkshochschulen in Deutschland vor dem Hintergrund des geplanten Freihandelsabkommens TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) zu untersuchen. Dieses in Form eines völkerrechtlichen Vertrags zwischen der Europäischen Union, den USA sowie weiteren Staaten beabsichtigte Handelsabkommen soll wechselseitige Handelshemmnisse beseitigen und den Kauf und Verkauf von Waren und Dienstleistungen erleichtern.4 Kritisiert wird dieses Abkommen insbesondere aufgrund der mangelnden Transparenz der Verhandlungen – es wird etwa ein zu starker Einfluss von Wirtschaft und Industrie auf die Gespräche befürchtet. Aber auch die deutsche Kultur sei durch das geplante Freihandelsabkommen gefährdet, warnen Kritiker. So legt Riesbeck in der Frankfurter Rundschau dar, dass die Volkshochschulen durch das Abkommen in Frage gestellt würden, weil die finanzielle Unterstützung durch die Kommunen aus Sicht der USA als unerlaubte Beihilfe gewertet werden könne:
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Über die Errichtung einer solchen Freihandelszone wird etwa seit Anfang der 1990er Jahre diskutiert. Als Vorläufer von TTIP gelten das Ende der 1990er Jahre am Widerstand Frankreichs gescheiterte Multilaterale Abkommen über Investitionen (MAI) und das im August 2014 zur Prüfung vorgelegte kanadischeuropäische Abkommen CETA (Comprehensive Economic and Trade Agreement). Die genauen Vertragsbedingungen des geplanten Freihandelsabkommens TTIP werden seit Mitte 2013 verhandelt, seit 2014 steht das Thema zunehmend im Fokus der öffentlichen Berichterstattung, in der sich kritische Stimmen gegenüber dem Freihandelsabkommen und den Verhandlungen mehren.
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»In der jüngsten Vertragsrunde, so wird gemunkelt, habe die US-Delegation vor allem über den Bereich der Erwachsenenbildung reden wollen – in der Gesellschaft lebenslangen Lernens geht es um den lukrativen Markt der Weiterbildung. Die Unterstützung der Kommunen für die Volkshochschulen könnten [sic, H.R.] von der US-Konkurrenz als unerlaubte Beihilfe gewertet werden.« (Riesbeck 2014, o. S.)
Geht man davon aus, dass die Disziplin bzw. insbesondere die Sektion Erwachsenenbildung eine Art wissenschaftliche Lobby für ihre Praxis – und damit auch für die Volkshochschulen – darstellt, und betrachtet man die empirischen Befunde der vorliegenden Arbeit, scheint die Befürchtung einer Infragestellung der Volkshochschulen so abwegig nicht zu sein. Insbesondere die geringe Autonomie des Feldes der Erwachsenenbildungswissenschaft und ihre starke Orientierung an bildungspolitischen Impulsen führen dazu, dass sie ihren Fokus von der Bildung Erwachsener verstärkt auf Fragen der effektiven und finanziell attraktiven Organisation von Lernprozessen im Erwachsenenalter richtet und damit der politischen Verhandlungslogik quasi »wissenschaftlich fundiert« Nachdruck verleiht, der wirtschaftlich-politischen Argumentation gleichsam zuarbeitet. Im schlimmsten Fall würde die Erwachsenenbildungswissenschaft – eine nicht intendierte, aber sehr wirksame Folge ihres Diskurses – an der Abschaffung der Volkshochschulen selbst mitwirken. Diese Entwicklung nicht nur passiv zu begleiten und im Nachgang zu kommentieren, sondern kritisch zu beobachten und auch (rechtzeitig) aktiv Stellung zu beziehen und für die eigenen Interessen – möglicherweise gegen diejenigen potentieller Geldgeber und Legitimationsinstanzen – einzutreten, ist nicht nur möglich, sondern notwendig. Nicht nur für den Fortbestand der Volkshochschulen, sondern auch für den Fortbestand der Erwachsenenbildungswissenschaft selbst.
Literatur
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der DGfE. Opladen u.a.: Budrich (Schriftenreihe der Sektion Erwachsenenbildung der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft), S. 114-126. Zeuner, Christine/Faulstich, Peter (2009): Erwachsenenbildung – Resultate der Forschung. Entwicklung, Situation und Perspektiven. Weinheim u.a.: Beltz.
Anhang
A. Ü BERSICHT ÜBER DAS D ATENKORPUS : T AGUNGSDOKUMENTATIONEN DOK_Tagung_1977 Dikau, Joachim/Holzapfel, Günther (1978): Vorwort. In: Dies.: Didaktik als Ansatzpunkt erwachsenenpädagogischer Theoriebildung. Bericht über eine Tagung der Sektion vom 16. bis 18. November 1977 in Berlin. Berlin: DGfE, S. I-II. DOK_Tagung_1979 Mader, Wilhelm (1980): Einleitung. In: Ders. (Hrsg.): Forschungen zur Erwachsenenbildung. Beiträge zum Prinzip der Teilnehmerorientierung und zum Berufsfeld des Diplompädagogen. Herbsttagung der Sektion Erwachsenenbildung der DGfE vom 20.-22. November 1979 in Bremen. Bremen: Univ. (Universität Bremen, Tagungsberichte Nr. 1), S. 1-5. DOK_Tagung_1980 Mader, Wilhelm (1981): Vorwort zum Inhalt. In: Ders. (Hrsg.): Theorien zur Erwachsenenbildung. Beiträge zum Prinzip der Teilnehmerorientierung. Bremen: Univ. (Universität Bremen, Tagungsberichte Nr. 2), S. I-II. DOK_Tagung_1981 Schlutz, Erhard (1982): Zur Verständigung im Wissenschaftsbereich Weiterbildung. In: Ders. (Hrsg.): Die Hinwendung zum Teilnehmer – Signal einer »reflexiven Wende« der Erwachsenenbildung? Beiträge zur Orientierung an der Subjektivität, an der Erfahrung und an Lernproblemen. Bremen: Univ. (Universität Bremen, Tagungsberichte Nr. 6), S. 5-15.
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DOK_Tagung_1982 Schlutz, Erhard (1983): Fragestellung und Perspektiven. In: Schlutz, Erhard/Siebert, Horst (Hrsg.): Erwachsenenbildung zwischen Sozialpolitik und sozialen Bewegungen. Bericht der Jahrestagung 1982 der Kommission Erwachsenenbildung der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft in der Universität Hannover. Hannover: Univ. (Schriftenreihe des Lehrgebietes Erwachsenenbildung/Außerschulische Jugendbildung der Universität Hannover, Band 7), S. 3-9. DOK_Tagung_1983 Schlutz, Erhard/Siebert, Horst (1984): Vorbemerkungen. In: Schlutz, Erhard/Siebert, Horst (Hrsg.): Zur Identität der Wissenschaft der Erwachsenenbildung. Jahrestagung der Kommission Erwachsenenbildung der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft. Bremen: Univ. (Universität Bremen, Tagungsberichte Nr. 10), S. 5-6. DOK_Tagung_1984 Schlutz, Erhard (1985): Vorbemerkungen. In: Schlutz, Erhard/Siebert, Horst (Hrsg.): Historische Zugänge zur Erwachsenenbildung. Jahrestagung 1984 der Kommission Erwachsenenbildung der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft. Bremen: Univ. (Universität Bremen, Tagungsberichte Nr. 13), S. 5. DOK_Tagung_1985 Schlutz, Erhard (1986): Vorbemerkungen. In: Schlutz, Erhard/Siebert, Horst (Hrsg.): Stand und Aufgaben der empirischen Forschung zur Erwachsenenbildung. Jahrestagung 1985 der Kommission Erwachsenenbildung der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft. Bremen: Univ. (Universität Bremen, Tagungsberichte Nr. 14), S. 5-6. DOK_Tagung_1986 Schlutz, Erhard (1987): Vorbemerkungen. In: Schlutz, Erhard/Siebert, Horst (Hrsg.): Zur Entwicklung der Erwachsenenbildung aus wissenschaftlicher Sicht. Allgemeinbildung, Weiterbildungspolitik, Qualifizierungsoffensive, politische Bildung. Aus der Arbeit der Kommission Erwachsenenbildung der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft 1986. Bremen: Univ. (Universität Bremen, Tagungsberichte Nr. 16), S. 5-7.
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DOK_Tagung_1987 Schlutz, Erhard (1988): Zur Fragestellung. Wissenschaft ohne Adressaten? Einleitende Überlegungen zum Zusammenhang von Professionalisierung und Wissensproduktion. In: Schlutz, Erhard/Siebert, Horst (Hrsg.): Ende der Professionalisierung? Die Arbeitssituation in der Erwachsenenbildung als Herausforderung für Studium, Fortbildung und Forschung. Jahrestagung 1987 der Kommission Erwachsenenbildung der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft. Bremen: Univ. (Universität Bremen, Tagungsberichte Nr. 17), S. 7-24. DOK_Tagung_1988 Gieseke, Wiltrud/Meueler, Erhard/Nuissl, Ekkehard (1989): Vorbemerkungen. In: Dies. (Hrsg.): Zentrifugale und zentripetale Kräfte in der Disziplin Erwachsenenbildung. Ein Diskurs über die Gründe der Zerfaserungsprozesse in der Erwachsenenpädagogik. Jahrestagung 1988 der Kommission Erwachsenenbildung der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft. Mainz: Arbeitsgruppe für empirische Bildungsforschung, S. 1-3. DOK_Tagung_1989 Gieseke, Wiltrud/Meueler, Erhard/Nuissl, Ekkehard (1990): Vorbemerkung. In: Dies. (Hrsg.): Nur gelegentlich Subjekt? Beiträge der Erwachsenenbildung zur Subjektkonstitution. Jahrestagung 1989 der Kommission Erwachsenenbildung der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft. Heidelberg: Arbeitsgruppe für empirische Bildungsforschung, S. 2-4. DOK_Tagung_1990 Gieseke, Wiltrud/Meueler, Erhard/Nuissl, Ekkehard (1991): Vorbemerkung. In: Dies. (Hrsg.): Ethische Prinzipien der Erwachsenenbildung. Verantwortlich für was und vor wem? Aus der Arbeit der Kommission Erwachsenenbildung der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft 1990. Kassel: Aus der Arbeit der Kommission Erwachsenenbildung der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft, S. 2-4. DOK_Tagung_1991 Gieseke, Wiltrud/Meueler, Erhard/Nuissl, Ekkehard (1992): Vorwort. In: Dies. (Hrsg.): Empirische Forschung zur Bildung Erwachsener. Dokumentation der Jahrestagung 1991 der Kommission Erwachsenenbildung der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft. Frankfurt/
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Main: Pädagogische Arbeitsstelle des DVV (Beiheft zum Report), S. 79. DOK_Tagung_1992 Derichs-Kunstmann, Karin/Schiersmann, Christiane/Tippelt, Rudolf (1993): Vorwort. In: Dies. (Hrsg.): Die Fremde – Das Fremde – Der Fremde. Dokumentation der Jahrestagung 1992 der Kommission Erwachsenenbildung der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft. Frankfurt/Main: Pädagogische Arbeitsstelle des DVV (Beiheft zum Report), S. 7-9. DOK_Tagung_1993 Derichs-Kunstmann, Karin/Schiersmann, Christiane/Tippelt, Rudolf (1994): Vorwort. In: Dies. (Hrsg.): Perspektiven und Probleme der Erwachsenenbildung in den Neuen Bundesländern. Dokumentation der Jahrestagung 1993 der Kommission Erwachsenenbildung der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft. Frankfurt/Main: Pädagogische Arbeitsstelle des DVV (Beiheft zum Report), S. 7-10. DOK_Tagung_1994 Faulstich, Peter (1995): Theorieprobleme der Erwachsenenbildung. In: Derichs-Kunstmann, Karin/Schiersmann, Christiane/Tippelt, Rudolf (Hrsg.): Theorien und forschungsleitende Konzepte der Erwachsenenbildung. Dokumentation der Jahrestagung 1994 der Kommission Erwachsenenbildung der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft. Frankfurt/Main: DIE (Beiheft zum Report), S. 7-10. DOK_Tagung_1995 Faulstich, Peter (1996): Qualifizierung des Personals in der Erwachsenenbildung. In: Derichs-Kunstmann, Karin/Schiersmann, Christiane/Tippelt, Rudolf (Hrsg.): Qualifizierung des Personals in der Erwachsenenbildung. Dokumentation der Jahrestagung 1995 der Kommission Erwachsenenbildung der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft. Frankfurt/Main: DIE (Beiheft zum Report), S. 7-13. DOK_Tagung_1996 Faulstich, Peter (1997): Enttraditionalisierung der Erwachsenenbildung. In: Derichs-Kunstmann, Karin/Faulstich, Peter/Tippelt, Rudolf (Hrsg.): Enttraditionalisierung der Erwachsenenbildung. Dokumentation der Jahrestagung 1996 der Kommission Erwachsenenbildung der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft. Frankfurt/Main: DIE (Beiheft zum Report), S. 7-10.
ANHANG | 215
DOK_Tagung_1997a Kade, Jochen (1998): Tagung »Selbstorganisiertes Lernen als Problem der Erwachsenenbildung«, Frankfurt/M., 3.-5. Oktober 1997. Begrüßung. In: Derichs-Kunstmann, Karin/Faulstich, Peter/Wittpoth, Jürgen/Tippelt, Rudolf (Hrsg.): Selbstorganisiertes Lernen als Problem der Erwachsenenbildung. Dokumentation der Jahrestagung 1997 der Kommission Erwachsenenbildung der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft. Frankfurt/Main: DIE (Beiheft zum Report), S. 7-9. DOK_Tagung_1997b Faulstich, Peter (1998): »Selbstorganisiertes Lernen« als Impuls für die Erwachsenenbildung. In: Derichs-Kunstmann, Karin/Faulstich, Peter/Wittpoth, Jürgen/Tippelt, Rudolf (Hrsg.): Selbstorganisiertes Lernen als Problem der Erwachsenenbildung. Dokumentation der Jahrestagung 1997 der Kommission Erwachsenenbildung der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft. Frankfurt/Main: DIE (Beiheft zum Report), S. 10-13. DOK_Tagung_1998 Faulstich, Peter (1999): Politik, Disziplin und Profession in der Erwachsenenbildung. In: Derichs-Kunstmann, Karin/Faulstich, Peter/Wittpoth, Jürgen (Hrsg.): Politik, Disziplin und Profession in der Erwachsenenbildung. Dokumentation der Jahrestagung 1998 der Kommission Erwachsenenbildung der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft. Frankfurt/Main: DIE (Beiheft zum Report), S. 7-8. DOK_Tagung_1999 Wittpoth, Jürgen (2000): Internationalität der Erwachsenenbildung. In: Faulstich, Peter/Wiesner, Gisela/Wittpoth, Jürgen (Hrsg.): Internationalität der Erwachsenenbildung. Dokumentation der Jahrestagung 1999 der Sektion Erwachsenenbildung der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft. Bielefeld: Bertelsmann (Beiheft zum Report), S. 5-6. DOK_Tagung_2000 Faulstich, Peter (2001): »Forschungsmemorandum« – Wissenschaftstradition und Entwicklungsperspektiven. In: Faulstich, Peter/Wiesner, Gisela/Wittpoth, Jürgen (Hrsg.): Wissen und Lernen, didaktisches Handeln und Institutionalisierung. Dokumentation der Jahrestagung 2000 der Sektion Erwachsenenbildung der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft. Bielefeld: Bertelsmann (Beiheft zum Report), S- 7-14.
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DOK_Tagung_2002 Nuissl, Ekkehard/Schiersmann, Christiane/Siebert, Horst (2003): Editorial. In: Dewe, Bernd/Wiesner, Gisela/Wittpoth, Jürgen (Hrsg.): Erwachsenenbildung und Demokratie. Dokumentation der Jahrestagung 2002 der Sektion Erwachsenenbildung der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft. Bielefeld: Bertelsmann (Literatur- und Forschungsreport Weiterbildung, 26. Jahrgang, Heft 1/2003), S. 7-8. DOK_Tagung_2003 Zeuner, Christine (2004): Einleitung. In: Dewe, Bernd/Wiesner, Gisela/Zeuner, Christine (Hrsg.): Milieus, Arbeit, Wissen: Realität in der Erwachsenenbildung. Dokumentation der Jahrestagung 2003 der Sektion Erwachsenenbildung der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft. Bielefeld: Bertelsmann (Literatur- und Forschungsreport Weiterbildung, 27. Jahrgang, Heft 1/2004), S. 9-12. DOK_Tagung_2004 Zeuner, Christine (2005): Einführung in die Tagung. In: Dewe, Bernd/Wiesner, Gisela/Zeuner, Christine (Hrsg.): Theoretische Grundlagen und Perspektiven der Erwachsenenbildung. Dokumentation der Jahrestagung 2004 der Sektion Erwachsenenbildung der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft. Bielefeld: Bertelsmann (Literatur- und Forschungsreport Weiterbildung, 28. Jahrgang, Heft 1/2005), S. 7-10. DOK_Tagung_2005a Wiesner, Gisela/Zeuner, Christine/Forneck, Hermann J. (2006): Vorwort. In: Dies. (Hrsg.): Teilhabe an der Erwachsenenbildung und gesellschaftliche Modernisierung. Dokumentation der Jahrestagung 2005 der Sektion Erwachsenenbildung der DGfE. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren, S. IX. DOK_Tagung_2005b Zeuner, Christine (2006): Einführung in das Tagungsthema. In: Wiesner, Gisela/Zeuner, Christine/Forneck, Hermann J. (Hrsg.): Teilhabe an der Erwachsenenbildung und gesellschaftliche Modernisierung. Dokumentation der Jahrestagung 2005 der Sektion Erwachsenenbildung der DGfE. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren, S. 1-4.
ANHANG | 217
DOK_Tagung_2006 Zeuner, Christine (2007): Einführung in Thema und Konzeption der Tagung. In: Wiesner, Gisela/Zeuner, Christine/Forneck, Hermann J. (Hrsg.): Empirische Forschung und Theoriebildung in der Erwachsenenbildung. Dokumentation der Jahrestagung der Sektion Erwachsenenbildung der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft vom 21. bis 23. September 2006 an der Justus-Liebig-Universität in Gießen. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohegehren, S. 1-5. DOK_Tagung_2007 Ludwig, Joachim (2009): »Strukturen Lebenslangen Lernens« – eine Einführung. In: Hof, Christiane/Ludwig, Joachim/Zeuner, Christine (Hrsg.): Strukturen Lebenslangen Lernens. Dokumentation der Jahrestagung der Sektion Erwachsenenbildung der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft vom 27. – 29. September 2007 an der Universität Bremen. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren, S. 1-3. DOK_Tagung_2008 Ludwig, Joachim (2010): »Professionalität zwischen Praxis, Politik und Disziplin«. In: Hof, Christiane/Ludwig, Joachim/Schäffer, Burkhard (Hrsg.): Professionalität zwischen Praxis, Politik und Disziplin. Dokumentation der Jahrestagung der Sektion Erwachsenenbildung der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft vom 25.-27. September 2008 an der Freien Universität Berlin. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren, S. 1-3. DOK_Tagung_2009 Schäffer, Burkhard (2010): Erwachsenenbildung im demographischen und sozialen Wandel. Eine Einführung. In: Hof, Christiane/Ludwig, Joachim/Schäffer, Burkhard (Hrsg.): Erwachsenenbildung im demographischen und sozialen Wandel. Dokumentation der Jahrestagung der Sektion Erwachsenenbildung der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft vom 24. bis 26. September 2009 an der Hochschule für Philosophie München, der Ludwig-Maximilians-Universität München und der Universität der Bundeswehr München. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren, S. 1-5. DOK_Tagung_2010 Hof, Christiane/Ludwig, Joachim/Schäffer, Burkhard (2011): Einleitung. Steuerung – Regulation – Gestaltung: ein Problemaufriss. In: Dies. (Hrsg.): Steuerung – Regulation – Gestaltung. Governance-Prozesse in
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der Erwachsenenbildung zwischen Struktur und Handlung. Dokumentation der Jahrestagung der Sektion Erwachsenenbildung der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft vom 23.-25. September 2010 an der TU Chemnitz. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren, S. 1-3. DOK_Tagung_2011a Felden, Heide von/Hof, Christiane/Schmidt-Lauff, Sabine (2012): Vorwort. In: Dies. (Hrsg.): Erwachsenenbildung und Lernen. Dokumentation der Jahrestagung der Sektion Erwachsenenbildung der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft vom 22.-24.09.2011 an der Universität Hamburg. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren, S. IXX. DOK_Tagung_2011b Faulstich, Peter/Schmidt-Lauff, Sabine (2012): Erwachsenenbildung und Lernen – Einführung in Thema und Konzeption der Tagung. In: Felden, Heide von/Hof, Christiane/Schmidt-Lauff, Sabine (Hrsg.): Erwachsenenbildung und Lernen. Dokumentation der Jahrestagung der Sektion Erwachsenenbildung der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft vom 22.-24.09.2011 an der Universität Hamburg. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren, S. 3-6.
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B. Ü BERSICHT ÜBER DAS D ATENKORPUS : E INFÜHRUNGSBÜCHER DOK_Einführung_1972 Siebert, Horst (1972): Vorwort. In: Ders.: Erwachsenenbildung. Aspekte einer Theorie. Düsseldorf: Bertelsmann Universitätsverlag (Konzepte Sozialwissenschaft, Band 6), S. 7-8. DOK_Einführung_1973 Knoll, Joachim H. (1973): Vorwort. In: Ders.: Einführung in die Erwachsenenbildung. Berlin u.a.: de Gruyter, S. 3-5. DOK_Einführung_1974 Pöggeler, Franz (1974): Vorwort. In: Ders.: Erwachsenenbildung. Einführung in die Andragogik. Stuttgart: Kohlhammer (Handbuch der Erwachsenenbildung, Band 1), S. 11-12. DOK_Einführung_1979 Tietgens, Hans (1979): Vorbemerkungen. In: Ders.: Einleitung in die Erwachsenenbildung. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft (Die Erziehungswissenschaft. Einführungen in Gegenstand, Methoden und Ergebnisse ihrer Teildisziplinen und Hilfswissenschaften), S. 1-4. DOK_Einführung_1988 Arnold, Rolf (1988): Einleitung. In: Ders.: Erwachsenenbildung. Eine Einführung in Grundlagen, Probleme und Perspektiven. Baltmannsweiler: Pädagogischer Verlag Burgbücherei Schneider, S. 1-4. DOK_Einführung_1989 Weinberg, Johannes (1989): Einleitung in den Gebrauch des Buches. In: Ders.: Einführung in das Studium der Erwachsenenbildung. Bad Heilbrunn: Klinkhardt (Theorie und Praxis der Erwachsenenbildung), S. 713. DOK_Einführung_1999a Faulstich, Peter/Zeuner, Christine (1999): Einführung, Ansatz und Überblick. In: Dies.: Erwachsenenbildung. Eine handlungsorientierte Einführung. Weinheim u.a.: Juventa (Basistexte Erziehungswissenschaft), S. 712. DOK_Einführung 1999b Kade, Jochen/Nittel, Dieter/Seitter, Wolfgang (1999): Eine Einführung in die Einführung – oder: Was erfährt man in diesem Buch? In: Dies. (unter Mitarbeit von Birte Egloff): Einführung in die Erwachsenenbildung/
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Weiterbildung. Stuttgart u.a.: Kohlhammer (Grundriß der Pädagogik, Band 11), S. 9-14. DOK_Einführung_2000 Nuissl, Ekkehard (2000): Einführung in die Weiterbildung. In: Ders.: Einführung in die Weiterbildung. Zugänge, Probleme und Handlungsfelder. Neuwied: Luchterhand (Grundlagen der Weiterbildung), S. 5-7. DOK_Einführung_2002 Weisser, Jan (2002): Einleitung. In: Ders.: Einführung in die Weiterbildung. Eine problemorientierte, erziehungswissenschaftliche Perspektive. Weinheim u.a.: Beltz (Beltz Studium), S. 11-18. DOK_Einführung_2003 Wittpoth, Jürgen (2003): Perspektiven auf die Erwachsenenbildung und die Bildung Erwachsener. In: Ders.: Einführung in die Erwachsenenbildung. Opladen: Leske+Budrich (Einführungstexte Erziehungswissenschaft, Band 4), S. 9-14. DOK_Einführung_2005a Forneck, Hermann J./Wrana, Daniel (2005): Vorwort. In: Dies.: Ein parzelliertes Feld. Eine Einführung in die Erwachsenenbildung. Bielefeld: Bertelsmann, S. 5-6. DOK_Einführung_2005b Forneck, Hermann J./Wrana, Daniel (2005): Einleitung. In: Dies.: Ein parzelliertes Feld. Eine Einführung in die Erwachsenenbildung. Bielefeld: Bertelsmann, S. 7-11. DOK_Einführung_2008 Nolda, Sigrid (2008): Vorbemerkung. In: Dies.: Einführung in die Theorie der Erwachsenenbildung. Darmstadt: WBG, S. 9. DOK_Einführung_2009 Hufer, Klaus-Peter (2009): Vorbemerkung. In: Ders.: Erwachsenenbildung. Eine Einführung. Schwalbach: Wochenschau Verlag (Wochenschau Studium: Grundlagen der Erwachsenenbildung), S. 9-11. DOK_Einführung_2010 Faulstich, Peter/Zeuner, Christine (2010): Zur Einführung. In: Dies.: Erwachsenenbildung. Weinheim u.a.: Beltz (Bachelor Ɩ Master), S. 9-11.
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C. Ü BERSICHT ÜBER DAS D ATENKORPUS : N ACHSCHLAGEWERKE DOK_Lexikon_1971 Schulenberg, Wolfgang (1971): Erwachsenenbildung. In: Groothoff, HansHermann/Stallmann, Martin (Hrsg.): Neues Pädagogisches Lexikon. 5., vollständig neu bearbeitete Auflage. Stuttgart u.a.: Kreuz-Verlag, Sp. 293-197. DOK_Lexikon_1976a Ohne Autorenangabe (1976): Erwachsenenbildung. In: Herder Lexikon Pädagogik mit rund 1500 Stichwörtern sowie über 220 Abbildungen und Tabellen. Freiburg u.a.: Herder, S. 57-58. DOK_Lexikon_1976b Mader, Wilhelm (1976): Erwachsenenbildung. In: Roth, Leo (Hrsg.): Handlexikon zur Erziehungswissenschaft. München: Ehrenwirth, S. 123-128. DOK_Lexikon_1978a Maier, Karl Ernst (1978): Erwachsenenbildung. In: Ders. (Hrsg.): Pädagogisches Taschenlexikon. Regensburg: Wolf Verlag, S. 98-103. DOK_Lexikon_1978b Wirth, Ingeborg (1978): Erwachsenenbildung, Erwachsenenpädagogik. In: Dies. (Hrsg.): Handwörterbuch der Erwachsenenbildung. Unter Mitarbeit von Hans-Hermann Groothoff. Paderborn: Schöningh, S. 195-218. DOK_Lexikon_1981 Axmacher, Dirk (1981): Erwachsenenbildung. In: Petzold, HansJoachim/Speichert, Horst (Hrsg.): Handbuch pädagogischer und sozialpädagogischer Praxisbegriffe. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, S. 135140. DOK_Lexikon_1982 Lenz, Werner (1982): Erwachsenenbildung. In: Ders.: Grundbegriffe der Weiterbildung. Stuttgart u.a.: Kohlhammer, S. 17-19. DOK_Lexikon_1987 Ohne Autorenangabe (1987): Erwachsenenbildung. In: Laabs, HansJoachim/Dietrich, Gerhard/Drefenstedt, Edgar/Günther, Karl-Heinz/ Heidrich, Theodor/Herrmann, Albrecht/Kienitz, Werner/Kühn, Horst/ Naumann, Werner/Pruß, Wolfgang/Sonnenschein-Werner, Claus/Uhlig, Gottfried (Hrsg.): Pädagogisches Wörterbuch. Berlin: Volk und Wissen, S. 106.
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DOK_Lexikon_1988 Ohne Autorenangabe (1988): Erwachsenenbildung. In: Meyers Kleines Lexikon Pädagogik. Herausgegeben und bearbeitet von Meyers Lexikonredaktion in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Gerhard Eberle, Dipl.-Psych., und Axel Hillig, Dipl.-Psych. Mit einer Einleitung von Prof. Dr. Hermann Röhrs. Mannheim u.a.: Meyers Lexikonverlag, S. 134. DOK_Lexikon_1991 Siebert, Horst (1991): Erwachsenenbildung und Weiterbildung. In: Roth, Leo (Hrsg.): Pädagogik. Handbuch für Studium und Praxis. München: Ehrenwirth, S. 629-639. DOK_Lexikon_1999 Tietgens, Hans (1999): Erwachsenenbildung. In: Hufer, Klaus-Peter (Hrsg.): Außerschulische Jugend- und Erwachsenenbildung. Schwalbach: Wochenschau Verlag (Weißeno, Georg (Hrsg.): Lexikon der politischen Bildung, Band 2), S. 60-63. DOK_Lexikon_2000a Schaub, Horst/Zenke, Karl G. (2000): Erwachsenenbildung. In: Dies.: Wörterbuch Pädagogik. 4., grundlegend überarbeitete und erweiterte Auflage. München: DTV, S. 188. DOK_Lexikon_2000b Böhm, Winfried (2000): Erwachsenenbildung. In: Ders.: Wörterbuch der Pädagogik. Begründet von Wilhelm Hehlmann. 15., überarbeitete Auflage. Stuttgart: Alfred Kröner Verlag (Kröners Taschenbuchausgabe, Band 94), S. 155-156. DOK_Lexikon_2001 Nuissl, Ekkehard (2001): Erwachsenenbildung – Weiterbildung. In: Arnold, Rolf/Nolda, Sigrid/Nuissl, Ekkehard (Hrsg.): Wörterbuch Erwachsenenpädagogik. Bad Heilbrunn: Klinkhardt, S. 85-89. DOK_Lexikon_2004 Kade, Jochen/Nittel, Dieter (2004): Erwachsenenbildung/Weiterbildung. In: Krüger, Heinz-Hermann/Helsper, Werner (Hrsg.): Einführung in Grundbegriffe und Grundfragen der Erziehungswissenschaft. 6., überarbeitete und aktualisierte Auflage. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften (Einführungskurs Erziehungswissenschaft, Band I), S. 211-222.
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DOK_Lexikon_2006a Dewe, Bernd (2006): Erwachsenenbildung/Weiterbildung. In: Krüger, Heinz-Hermann/Grunert, Cathleen (Hrsg.): Wörterbuch Erziehungswissenschaft. 2., durchgesehene Auflage. Opladen u.a.: Budrich, S. 121-128. DOK_Lexikon_2006b Heger, Rolf-Joachim (2006): Erwachsenenbildung. In: Lenzen, Dieter (Hrsg.): Pädagogische Grundbegriffe. Band 1: Aggression – Interdisziplinarität. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, S. 407-424. DOK_Lexikon_2007a Keller, Josef A./Novak, Felix (2007): Erwachsenenbildung. In: Dies.: Herders pädagogisches Wörterbuch. Erftstadt: Herder, S. 110-112. DOK_Lexikon_2007b Schmidt, Bernhard (2007): Erwachsenenbildung. In: Tenorth, Heinz-Elmar/Tippelt, Rudolf (Hrsg.): BELTZ Lexikon Pädagogik. Weinheim u.a.: Beltz, S. 198-201. DOK_Lexikon_2008 Zeuner, Christine (2008): Erwachsenenbildung. In: Faulstich-Wieland, Hannelore/Faulstich, Peter (Hrsg.): Erziehungswissenschaft. Ein Grundkurs. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, S. 532-555. DOK_Lexikon_2009 Iller, Carola (2009): Erwachsenenbildung und Weiterbildung. In: Andresen, Sabine/Casale, Rita/Gabriel, Thomas/Horlacher, Rebekka/Larcher Klee, Sabina/Oelkers, Jürgen (Hrsg.): Handwörterbuch Erziehungswissenschaft. Weinheim u.a.: Beltz, S. 233-247. DOK_Lexikon_2010 Schiersmann, Christiane (2010): Erwachsenenbildung. In: Benner, Dietrich/Oelkers, Jürgen (Hrsg.): Historisches Wörterbuch der Pädagogik. Inhaltsgleiche Studienausgabe 2010 der Originalausgabe. Weinheim u.a.: Beltz, S. 288-302.
Pädagogik Gregor Schwering, Elisabeth Kampmann Teaching Media Medientheorie für die Schulpraxis – Grundlagen, Beispiele, Perspektiven Dezember 2016, ca. 200 Seiten, kart., zahlr. Abb., ca. 24,99 €, ISBN 978-3-8376-3053-4
Monika Jäckle, Bettina Wuttig, Christian Fuchs (Hg.) Handbuch TraumaPädagogik und Schule April 2016, ca. 400 Seiten, kart., ca. 29,99 €, ISBN 978-3-8376-2594-3
Sarah Huch, Martin Lücke (Hg.) Sexuelle Vielfalt im Handlungsfeld Schule Konzepte aus Erziehungswissenschaft und Fachdidaktik November 2015, ca. 280 Seiten, kart., ca. 29,99 €, ISBN 978-3-8376-2961-3
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Christine Baur Schule, Stadtteil, Bildungschancen Wie ethnische und soziale Segregation Schüler/-innen mit Migrationshintergrund benachteiligt 2012, 244 Seiten, kart., zahlr. Abb., 31,80 €, ISBN 978-3-8376-2237-9
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