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German Pages XXI, 473 [489] Year 2020
Schriften zu Wirtschaftsprüfung, Steuerlehre und Controlling
Jonas Mengis
Entwicklung eines MarktpreisPrüfungsstandards für öffentliche Aufträge
¨ fung, Schriften zu Wirtschaftspru Steuerlehre und Controlling Reihe herausgegeben von Carl-Christian Freidank, FB 3 Wirtschaftswissenschaften, Hamburg, Deutschland
In der Schriftenreihe erscheinen ausgewählte, herausragende Dissertationen und Habilitationen aus den Fachgebieten Wirtschaftsprüfung, Steuerlehre und Controlling, die aufgrund ihrer Aktualität, internationalen Ausrichtung, gewählten Untersuchungsmethode und den innovativen Forschungsergebnissen zu neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen und einer Bereicherung des einschlägigen Schrifttums führen. Für einen Veröffentlichung kommen sowohl Monographien als auch kumulative Schriftensammlungen in Betracht, die aus den Wissenschaftsdiziplinen der Betriebswirtschaftslehre, des Rechts, der Mathematik oder der Wirtschaftsinformatik stammen und in deutscher oder englischer Sprache abgefasst werden können. Besonders willkommen sind Arbeiten, die einen interdisziplinären Forschungsansatz gewählt haben. Die Entscheidung über eine Aufnahme in die Schriftenreihe wird vom Herausgeber in Kontakt mit dem Betreuer des Dissertations- bzw. Habilitationsprojekts getroffen.
Weitere Bände in der Reihe http://www.springer.com/series/12267
Jonas Mengis
Entwicklung eines MarktpreisPrüfungsstandards für öffentliche Aufträge
Jonas Mengis Essen, Deutschland Zugleich: Dissertation an der Fakultät Wirtschaftswissenschaften, Technische Universität Dortmund, 2020
ISSN 1433-7584 Schriften zu Wirtschaftsprüfung, Steuerlehre und Controlling ISBN 978-3-658-32043-0 ISBN 978-3-658-32044-7 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-658-32044-7 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Planung/Lektorat: Carina Reibold Springer Gabler ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham-Lincoln-Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany
Geleitwort
Die VO PR Nr. 30/53 wurde als wirtschaftspolitisches Instrument Mitte der 1950er Jahre nicht zuletzt deshalb in Deutschland eingeführt, damit in der öffentlichen Verwaltung ein Umdenken in Bezug auf die sachgerechte Bepreisung in staatlichen Beschaffungsprozessen Einzug hält. Die lange Zeit offenbar übliche Denkweise, dass Kostenpreise die überlegene Art der Vergütung öffentlicher Aufträge darstellen, sollte einem marktwirtschaftlicheren Ansatz weichen. Es sollte sich grundsätzlich der Wettbewerbsdruck zwischen den Unternehmen zunutze gemacht werden, um qualitativ hochwertige Leistungen zu günstigen Preisen beschaffen zu können. So verlangte es das als „Wettbewerbswirtschaft“ interpretierbare marktwirtschaftliche System der Nachkriegszeit geradezu zwingend, den im Anbieterwettbewerb gebildeten Marktpreis zur Sollgröße – und somit zum neu definierten Optimalfall – zu erheben. Preise auf Kostenbasis sollten aufgrund der Gefahr des „Kostenmachens“ nur noch ausnahmsweise – und zwar bei Marktversagen aufgrund unangemessen hoher Marktmacht des Anbieters – zugelassen werden. Gleichwohl wurden diese Grundsätze in der VO PR Nr. 30/53 (aus heutiger Sicht) relativ abstrakt umrissen, sodass die praktische Umsetzung des preisrechtlichen Marktpreisvorrangs den öffentlichen Auftraggebern, Auftragnehmern und auch Preisüberwachungsstellen bis heute nicht selten schwerfällt. Unsicherheitsempfinden, heterogene Vorgehensweisen der Akteure in der Praxis und eine allgemein festzustellende Brisanz der Thematik sind die Auswüchse dessen. Insofern war es höchste Zeit, dass diesbezüglich ein Gegensteuern eingeleitet wird. Zum einen geschah dies vor einigen Jahren im Rahmen eines vom Bundeswirtschaftsministerium initiierten Modernisierungsprojektes, das über einen Austausch mit diversen Anspruchsgruppen des Preisrechts eine zielorientierte Modernisierung der PreisVO zum Ziel hat. Mit den Ergebnissen dieses Konsultationsprozesses ist zeitnah zu rechnen. Zum anderen sind es aber auch verschiedene
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Geleitwort
Forschungsarbeiten, die – wie auch die Untersuchung von Herrn Mengis – wissenschaftlich abgesicherte Lösungsvorschläge für praktische preisrechtliche Probleme herleiten. Herr Mengis wählt hierbei einen für das preisrechtliche Schrifttum bislang neuen Weg. Der Tatsache Rechnung tragend, dass das Preisprüfungswesen eine Teildisziplin des wirtschaftlichen Prüfungswesens darstellt, und die Prüfungslehre traditionell grundlegende Aussagen für alle betriebswirtschaftlichen Prüfungstypen (nicht nur die Jahresabschlussprüfung!) herleiten will, hat Herr Mengis erstmals einen prüfungstheoretisch fundierten Marktpreis-Prüfungsstandard für die Überwachung öffentlicher Aufträge konzipiert. Herausgekommen ist dabei ein in sich geschlossener, kompakter Leitfaden, der theoretisch auch ohne Kenntnis des kompletten Werkes gut anwendbar ist. Den Vertragsparteien dient das Modell zur Kontrolle der getroffenen Preisvereinbarung. Die prozessunabhängigen Preisprüfer können bzw. vielmehr sollten es zur Prüfung der Vertragspreise – also zur Erleichterung ihrer eigentlichen Kernaufgabe im Tagesgeschäft – einsetzen. Obschon Herr Mengis das geflügelte Wort „Wer alles prüfen will, prüft nichts!“ (Zünd) beherzigt und sich somit auf das Wesentliche beschränkt hat, berücksichtigt sein Prüfungsstandard eine Fülle problembehafteter Gesichtspunkte, die zur Störung der marktwirtschaftlichen Preisbildung im öffentlichen Auftragswesen führen können. Hierzu hat auch der fachliche Austausch von Herrn Mengis mit zahlreichen Experten „im Feld“ wesentlich beigetragen, aus dem sich wertvolle praxisrelevante Anhaltspunkte für das spätere Konzept ergaben. In formaler Hinsicht ist insbesondere die Vorgabe handlicher Checklisten als sehr vielversprechend zu bezeichnen, da diese eine hohe Anwenderfreundlichkeit versprechen und geeignet sind, zu einheitlicheren Vorgehensweisen innerhalb der Preisprüferschaft beizutragen. Vor diesem Hintergrund bin ich sicher, dass die Arbeit von Herrn Mengis die interessierte Leserschaft finden wird, die ihr zusteht. Eine interne Prüfung der verbindlichen Implementierung des gelungenen Marktpreis-Prüfungsstandards im Hause des Verordnungsgebers halte ich ebenso für wünschenswert. Dies nicht zuletzt auch deshalb, weil das entwickelte Konzept mit Sicherheit auch nach der in Kürze zu erwartenden, eine weitere Stärkung der marktwirtschaftlichen Preisbildung anstrebenden und daher wahrscheinlich auch den § 4 betreffenden Novellierung der VO PR Nr. 30/53 sinnvoll in der Praxis einsetzbar sein wird. Dortmund im August 2020
Prof. Dr. Andreas Hoffjan
Vorwort
Die vorliegende Dissertation entstand während meiner Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl Unternehmensrechnung und Controlling der Technischen Universität Dortmund. Wenn die Arbeit zu einem tieferen Verständnis der Preisbildung und -prüfung bei öffentlichen Aufträgen und des wirtschaftspolitischen Ziels des Marktpreisvorrangs verhilft sowie zu einem gerechten Interessensausgleich zwischen Beschaffungsbehörden und den anbietenden Unternehmen führt, hätte sie ihren Zweck erfüllt. Mein akademischer Lehrer, Herr Prof. Dr. Andreas Hoffjan, hat als Doktorvater und Erstgutachter den Entstehungsprozess der Dissertation konstruktiv-kritisch und anregend begleitet. Seine wertvollen Hinweise zu meinen Entwürfen, seine Bereitschaft zum regelmäßigen Austausch und seine Unterstützung beim Zugang zu den Experten aus der Praxis haben zu zahlreichen Verbesserungen und Aufwertungen der Arbeit geführt. Hierfür danke ich ihm sehr. Herr Prof. Dr. Bernhard Kreße übernahm dankenswerterweise das Korreferat. Zudem sei Herrn Prof. Dr. Hermann J. Richter für die Mitwirkung in der Prüfungskommission gedankt. Auch möchte ich den hilfsbereiten Fokusgruppenteilnehmern und den auskunftsfreudigen Tagungsteilnehmern aus der unternehmerischen und behördlichen Praxis ausdrücklich „Danke“ sagen. Ihre Erfahrungsberichte aus dem Tagesgeschäft des öffentlichen Auftrags- und Preisprüfungswesens haben wesentlich dazu beigetragen, ein möglichst praxisgerechtes Prüfungsprogramm zu entwickeln. Dass ich die Promotionszeit stets in bester Erinnerung behalten werde, liegt nicht zuletzt auch an den vielen tollen Wegbegleitern, mit denen ich zahllose anregende fachliche Diskussionen sowie unterhaltsame Privatgespräche in den Kaffeepausen und nach Feierabend führen durfte. Ohne an dieser Stelle alle aufführen zu können, gilt mein Dank insbesondere Dr. Jürgen Schmelting, Dr. Bastian Droese, Dr. Adrian Richter, Dr. Philipp Regelmann, Dr. Julia Sartor, Dr.
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Vorwort
Tobias Pieper, Sara Kranemann, M.Sc., Lasse Jochheim, M.Sc., Lars Hemling, M.Sc. und Tim Hinz, M.Sc. Ferner bin ich den diversen studentischen Hilfskräften am Lehrstuhl sehr verbunden, welche die kleineren – gleichwohl nicht minder wichtigen – Aufgaben stets gewissenhaft für mich und andere erledigt haben. Darüber hinaus danke ich dem Herausgeber, Herrn Prof. Dr. Carl-Christian Freidank von der Universität Hamburg, sehr herzlich für die Aufnahme meiner Schrift in diese Reihe. „Last but not least“ danke ich meinen Eltern Dr. Wolfgang und Gerti Mengis, meinem Bruder Lukas sowie meiner langjährigen Partnerin Nadine für ihre überaus große Unterstützung und die vielen motivierenden Worte während all der Jahre meiner Studien- und Promotionszeit. Ihnen sei diese Arbeit gewidmet. Essen im Juli 2020
Jonas Mengis
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Problemstellung und wirtschaftspolitische Hintergründe . . . . . . . . 1.2 Zielsetzung der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 1 18 20
2 Nutzen des Instruments „Prüfungsstandard“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Nutzen aus der Sicht von Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Nutzen aus der Sicht der Prüfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3 Prüfungstheoretischer Bezugsrahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Definitorische Aspekte von Prüfungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.1 Rollen- und personenbezogene Merkmale . . . . . . . . . . . . . . 3.1.2 Prüfungstypologische Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Typische Teilprozesse von Prüfungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Allgemeine Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2 Sicherstellung der Prüfungsbereitschaft . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.3 Ist-Objekt-Ermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.4 Soll-Objekt-Ermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.5 Soll-Ist-Vergleich, Abweichungsmessung und Urteilsbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Aufteilung des Prüfungsprogramms in Prüffelder . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Wahl einer zweckmäßigen Prüfungsrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5 Beachtung des Wesentlichkeitsgrundsatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.6 Konsultation von sachverständigen Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7 Prüfungsdokumentation und Arbeitspapiere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7.1 Flowcharts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7.2 Checklisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.8 Prüfungsberichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
43 43 43 58 62 62 65 69 76 79 83 85 93 102 107 107 113 121 IX
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Inhaltsverzeichnis
4 Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Grundzüge des öffentlichen Preisrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.1 Wirtschaftspolitische Zielsetzung der VO PR 30/53 . . . . . 4.1.2 Prüfung des Vorliegens einer Nicht-Bauleistung . . . . . . . . 4.2 Marktpreisbildung auf dem Börsenmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“ . . . . . . . . . . . 4.3.1 Nachweisführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.2 Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.3 Marktpreis-relevante Aspekte des Vergaberechts . . . . . . . . 4.3.3.1 Vergaberechtliche Grundlagen und Verfahrensarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.3.2 Bedeutung der Leistungsbeschreibung . . . . . . . . 4.3.3.3 Grundsatz des Geheimwettbewerbs . . . . . . . . . . 4.3.3.4 Horizontale Submissionsabsprachen . . . . . . . . . 4.3.3.5 Vertikale Submissionsabsprachen . . . . . . . . . . . . 4.3.3.6 Bietergemeinschaften und Mehrfachangebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.3.7 Angebote (konzern)verbundener Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.3.8 Ausschluss von Angeboten aus dem Vergabeverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.3.9 Ausschluss von Bietern aus dem Vergabeverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.3.10 Unternehmensumstrukturierungen während Vergabeverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.3.11 Angebotswertung und vergaberechtliche Preisbeurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.3.12 Besonderheiten bei Ausschreibungen im IT-Bereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.3.12.1 Grundlagen der IT-Vergabe . . . . . . 4.3.3.12.2 Projektantenproblematik . . . . . . . . . 4.3.3.12.3 Zulässigkeit von „Open Source Software“ . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.3.12.4 Zulässigkeit von „Second Hand Software“ . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.3.12.5 Zulässigkeit von „Cloud“-Diensten . . . . . . . . . . . . . . .
129 129 129 138 143 147 147 163 166 166 192 199 201 213 222 227 232 239 247 250 262 262 265 269 271 273
Inhaltsverzeichnis
4.4 Marktpreisbildung auf dem allgemeinen Markt . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.1 Abgrenzung des relevanten Marktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.1.1 Sachliche Marktabgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.1.2 Räumliche Marktabgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.1.3 Zeitliche Marktabgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.1.4 Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.2 Belegprüfung zur Feststellung des verkehrsüblichen Preises . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.2.1 Umsatzakte als Objekte der Prüfung . . . . . . . . . 4.4.2.2 Beurteilung von Umsatzakten durch Ist-Ist-Vergleiche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.2.3 Kritische Verprobung vorgelegter Umsatzakte im Einzelfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.2.4 Zum mangelnden Beweiswert von Preislisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.3 Abgeleitete Marktpreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.4 Modifizierte Marktpreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.5 Marktpreise als Output von Angebotskonfigurator-Systemen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.6 Marktpreisbildung bei spezifischen Preisen pro Ressourceneinheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.7 Übergang vom Selbstkosten- zum Marktpreis und umgekehrt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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274 274 274 286 288 289 292 292 299 301 310 314 320 322 335 339
5 Evaluation des Marktpreis-Prüfungsstandards . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1 Strategien zur Implementierung neuartiger Programme . . . . . . . . . 5.2 Evaluation als Hauptzweck der „Fokusgruppe Marktpreis“ . . . . . 5.3 Zusammensetzung und Ablauf der „Fokusgruppe Marktpreis“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.4 Vorträge auf Konferenzen als zusätzliche Maßnahmen . . . . . . . . . 5.5 Ergebnisse des Evaluationsprozesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5.1 Zur Grundidee der Entwicklung eines MP-PS . . . . . . . . . . 5.5.2 Zum Marktpreis auf dem „Ausschreibungsmarkt“ . . . . . . . 5.5.3 Zum Marktpreis auf dem allgemeinen Markt . . . . . . . . . . . 5.5.4 Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
341 341 351 357 369 370 370 375 380 385
6 Evaluiertes Konzept des Marktpreis-Prüfungsstandards . . . . . . . . . . 6.1 Der MP-PS im Überblick (Hauptprogramm) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Unterprogramm A . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.3 Unterprogramm B . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
387 388 395 398
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Inhaltsverzeichnis
6.4 Unterprogramm C . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.5 Unterprogramm D . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
405 408
7 Schlussbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.1 Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7.2 Ausblick und weitere strategische Überlegungen . . . . . . . . . . . . . .
411 411 416
Anhang (Text der VO PR 30/53) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
425
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Abkürzungsverzeichnis
a. A. Abb. Abs. Abt. Anm. d. Verf. Aufl. BAAINBw BAFO BauR BayObLG BayVGH BB BFH BFuP BGB BGH BHO BMP BMWi BRD bspw. BVerwG BWL bzw.
anderer Ansicht Abbildung Absatz Abschnitt Anmerkung des Verfassers Auflage Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr Best and Final Offer Zeitschrift für das gesamte öffentliche und private Baurecht Bayerisches Oberstes Landesgericht Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Betriebs-Berater Bundesfinanzhof Betriebswirtschaftliche Forschung und Praxis Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgerichtshof Bundeshaushaltsordnung Betriebssubjektiver Marktpreis Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Bundesrepublik Deutschland beispielsweise Bundesverwaltungsgericht Betriebswirtschaftslehre beziehungsweise
XIII
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CB CCZ CR DB DBW dgl. d. h. DIN DKP DÖV DStR DVBl e&i EDPACS EDV ERP etc. EuGH EuZW F&E f. FAZ ff. Fn. GewO ggf. GoB GRUR GRUR Int GuV GWB GWR HdJ HGB HK HOAI Hrsg. HWB
Abkürzungsverzeichnis
Compliance-Berater Corporate Compliance Zeitschrift Computer und Recht Der Betrieb Die Betriebswirtschaft dergleichen das heißt Deutsches Institut für Normung Der Kartell- und Preisdienst Die Öffentliche Verwaltung Deutsches Steuerrecht Deutsches Verwaltungsblatt elektrotechnik & informationstechnik EDP Audit, Control, and Security Newsletter Elektronische Datenverarbeitung Enterprise-Resource-Planning et cetera Europäischer Gerichtshof Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Forschung und Entwicklung folgende Frankfurter Allgemeine Zeitung fortfolgende Fußnote Gewerbeordnung gegebenenfalls Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Internationaler Teil Gewinn- und Verlustrechnung Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht Handbuch des Jahresabschlusses Handelsgesetzbuch Herstellkosten Honorarordnung für Architekten und Ingenieure Herausgeber Handwörterbuch der Betriebswirtschaft
Abkürzungsverzeichnis
HWO HWPlan HWProd HWR HWRev HWRP HWU IDW IDW PS IKS IRZ IT ITRB JM JoA JURA JuS Kfz K&R KG KMU KommJur Lfd. Nr. LG LHO LKV LSP m. w. N. MMR MP-PS MPR NATO NB NDA NJW Nr. NStZ
XV
Handwörterbuch der Organisation Handwörterbuch der Planung Handwörterbuch der Produktionswirtschaft Handwörterbuch des Rechnungswesens Handwörterbuch der Revision Handwörterbuch der Rechnungslegung und Prüfung Handwörterbuch Unternehmensrechnung und Controlling Institut der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e. V. IDW Prüfungsstandard Internes Kontrollsystem Zeitschrift für Internationale Rechnungslegung Informationstechnologie IT-Rechtsberater Journal of Marketing Journal of Accountancy Juristische Ausbildung Juristische Schulung Kraftfahrzeug(e) Kommunikation & Recht Kammergericht Kleine und mittlere Unternehmen Kommunaljurist Laufende Nummer Landgericht Landeshaushaltsordnung Landes- und Kommunalverwaltung Leitsätze für die Preisermittlung auf Grund von Selbstkosten mit weiteren Nachweisen Multimedia und Recht Marktpreis-Prüfungsstandard Medizin Produkte Recht North Atlantic Treaty Organization Neue Betriebswirtschaft Non-disclosure agreement Neue Juristische Wochenschrift Nummer Neue Zeitschrift für Strafrecht
XVI
NVwZ NZBau NZKart NZWiSt o. ä. OECD o. Jg. o. O. OLG OWiG PS PÜ RIW Rn. RPA S. sog. Sp. StuW TOP u. a. u. ä. u. E. UStG usw. UVgO v. a. VergabeR VG Vgl. VgV VK VO PR 1/72
VO PR 30/53 / VPöA
Abkürzungsverzeichnis
Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Neue Zeitschrift für Baurecht und Vergaberecht Neue Zeitschrift für Kartellrecht Neue Zeitschrift für Wirtschafts-, Steuer- und Unternehmensstrafrecht oder ähnliche(s) Organization for Economic Cooperation and Development ohne Jahrgang ohne Ort Oberlandesgericht Ordnungswidrigkeitengesetz Prüfungsstandard Preisüberwachungsstelle Recht der internationalen Wirtschaft Randnummer(n) Recht & Praxis der öffentlichen Auftragsvergabe Seite(n) so genannt(e) Spalte(n) Steuer und Wirtschaft Tagesordnungspunkt unter anderem und ähnliche(s) unseres Erachtens Umsatzsteuergesetz und so weiter Unterschwellenvergabeordnung vor allem Zeitschrift für das gesamte Vergaberecht Verwaltungsgericht Vergleiche Vergabeverordnung Vergabekammer Verordnung PR Nr. 1/72 über die Preise für Bauleistungen bei öffentlichen oder mit öffentlichen Mitteln finanzierten Aufträgen Verordnung PR Nr. 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen
Abkürzungsverzeichnis
VOB VOF VOL vs. WiSt wistra WISU WM WPg wrp WT WuW ZfB ZfbF ZfBR ZfCM ZfEv ZfhF ZfPW ZHR ZIP ZIR ZKF ZögU ZP ZVB ZWF
XVII
Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Vergabeordnung für freiberufliche Leistungen Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen versus Wirtschaftswissenschaftliches Studium Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht Das Wirtschaftsstudium Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht Die Wirtschaftsprüfung Wettbewerb in Recht und Praxis Wehrtechnik Wirtschaft und Wettbewerb Zeitschrift für Betriebswirtschaft Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung Zeitschrift für deutsches und internationales Bau- und Vergaberecht Zeitschrift für Controlling und Management Zeitschrift für Evaluation Zeitschrift für handelswissenschaftliche Forschung Zeitschrift für die gesamte Privatrechtswissenschaft Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zeitschrift Interne Revision Zeitschrift für Kommunalfinanzen Zeitschrift für öffentliche und gemeinwirtschaftliche Unternehmen Zeitschrift für Planung und Unternehmenssteuerung Zeitschrift für Vergaberecht und Bauvertragsrecht Zeitschrift für wirtschaftlichen Fabrikbetrieb
Abbildungsverzeichnis
Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb.
1.1 1.2 1.3 3.1 3.2 3.3 3.4
Abb. Abb. Abb. Abb. Abb.
3.5 3.6 3.7 3.8 3.9
Abb. 3.10 Abb. 3.11 Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb.
4.1 4.2 4.3 4.4 4.5 4.6 4.7
Netz aus Preisprüfungsbehörden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Öffentliche Auftraggeber gemäß Vergabe- und Preisrecht . . . Aufgabengebiet sowie „Kunden“ der PÜ München . . . . . . . . Die Preisprüfung als Regelkreis-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . Typisches Phasenmodell einer Prüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . Systematik des betrieblichen Belegwesens . . . . . . . . . . . . . . . Sukzessives Ansteigen des prüferischen Informationsbedarfs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Norm als zentrale Größe bei Soll-Ist-Vergleichen . . . . . . Progressive vs. retrograde Prüfungskette . . . . . . . . . . . . . . . . . Progressive Prüfungskette bei der Preisprüfung . . . . . . . . . . . Prüfen unter Beachtung des Wesentlichkeitsgrundsatzes . . . . Portfolio möglicher sachverständiger Dritter (Beispiel IT-Aufträge) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Normierte Symbole für Flowcharts nach DIN 66001 (Auswahl) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mögliche Rechtsfolgen der Preisprüfungsberichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die „Preistreppe“ im öffentlichen Preisrecht . . . . . . . . . . . . . . Kontinuum von Auftragstypen in der Praxis . . . . . . . . . . . . . . Verfahrensstandsabhängige Rollen im Vergabeverfahren . . . . Wirkung und Bausteine von Chinese Walls . . . . . . . . . . . . . . . Vergaberechtliche Eignungskriterien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die vier vergaberechtlichen Wertungsstufen . . . . . . . . . . . . . . Kontinuum von Marktformen und Preistyp-Zusammenhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7 14 16 50 63 67 74 79 87 93 98 107 112 122 137 155 175 230 244 259 277
XIX
XX
Abbildungsverzeichnis
Abb. 4.8 Abb. 4.9 Abb. 4.10 Abb. Abb. Abb. Abb. Abb.
4.11 4.12 4.13 4.14 4.15
Abb. 4.16 Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb.
4.17 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5
Abb. 5.6 Abb. 5.7 Abb. 5.8 Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb.
5.9 6.1 6.2 6.3 6.4 6.5 7.1
Marktgängige Artikel aus Bundeswehr-Eigenproduktion . . . . Selbstpräsentation eines Unternehmens als „weltweit der einzige Anbieter“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Umsatzakt/Umsatzrealisierung als Teil des Absatzprozesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . System möglicher Marktpreistypen im Überblick . . . . . . . . . . Aufbau eines Angebotskonfigurator-Systems . . . . . . . . . . . . . Eingabemaske eines Angebotskonfigurators (Beispiel 1) . . . . Eingabemaske eines Angebotskonfigurators (Beispiel 2) . . . . Im Wettbewerb stehende, modular aufgebaute Spezialgüter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nach Teilleistungen aufgeschlüsselte, automatische Angebotskalkulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Funktions- und Bausteinarten im Baukastensystem . . . . . . . . Abgrenzung von Akzeptanz, Toleranz und Reaktanz . . . . . . . Charakteristische Merkmale von Evaluationsvorhaben . . . . . . Mögliche Ergebnis-Dimensionen einer Fokusgruppe . . . . . . . Kontinuum möglicher Fokusgruppenstrukturen . . . . . . . . . . . . Personelle Zusammensetzung der „Fokusgruppe Marktpreis“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Agenda der „Fokusgruppe Marktpreis“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . Focusgroup Illustration Map zum MP-PS im Allgemeinen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Focusgroup Illustration Map zum „Ausschreibungsmarkt“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Focusgroup Illustration Map zum allgemeinen Markt . . . . . . Hauptprogramm der (Markt-)Preisprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . Unterprogramm A . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unterprogramm B . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unterprogramm C . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unterprogramm D . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zentrales Informationssystem mit Preisprüfungsberichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
284 291 296 322 324 325 326 327 329 333 344 353 356 359 360 367 375 380 384 389 396 399 407 409 421
Tabellenverzeichnis
Tab. Tab. Tab. Tab. Tab.
4.1 6.1 6.2 6.3 6.4
Tab. 6.5 Tab. 6.6
Vergabeverfahren ober- und unterhalb der Schwellenwerte . . . . Checkliste „Strukturierte Vergabedokumentation“ . . . . . . . . . . . Checkliste A.1 „Bauleistungen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Checkliste B.1 „Identifikation der verwertbaren Angebote“ . . . Checkliste B.2 „Prüfung der Kartellanfälligkeit des Marktes“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Checkliste B.3 „Prüfung auf horizontale Submissionsabsprachen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Checkliste B.4 „Prüfung auf vertikale Submissionsabsprachen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
192 392 397 400 402 403 404
XXI
1
Einleitung
Inhaltsverzeichnis 1.1 1.2 1.3
Problemstellung und wirtschaftspolitische Hintergründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 Zielsetzung der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20
1.1
Problemstellung und wirtschaftspolitische Hintergründe
„Wir wissen schon lange, daß der ‚Marktpreis‘ nur etwas klar Definiertes in den Lehrbüchern der Mikroökonomie ist. Dort wird er mit dem Buchstaben ‚p‘ bezeichnet, was mathematische Präzision zum Ausdruck bringen soll. Bei der Untersuchung dynamischer Märkte stellt man allerdings fest, daß es Listenpreise, Bruttopreise, Vertragspreise, Nettopreise und Nettissimopreise gibt, Preise, die durch Rabatte, Skonti, Treueprämien, Jahresboni, Einführungsabschläge, Kulanzgewährleistungen, Verkaufshilfen, Lagerbeihilfen und Fangprämien (für den Kundenfang) modifiziert werden.“1
Diese von Albach für das Gebiet der allgemeinen Betriebswirtschaftslehre (BWL) getroffene Feststellung lässt bereits erahnen, wie schwierig es mitunter sein kann, den „Marktpreis“ in seinem Zustandekommen und seiner Höhe eindeutig und objektiv zu bestimmen. Doch genau hierin liegt der Kernaspekt der Preisbildung bei öffentlichen Aufträgen in der Bundesrepublik Deutschland (BRD), welche den Marktpreis zur zentralen Größe erhoben und über den preisrechtlich 1 Albach
(1991), S. VII.
© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 J. Mengis, Entwicklung eines Marktpreis-Prüfungsstandards für öffentliche Aufträge, Schriften zu Wirtschaftsprüfung, Steuerlehre und Controlling, https://doi.org/10.1007/978-3-658-32044-7_1
1
2
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Einleitung
fixierten Marktpreisvorrang zur bedeutendsten Nebenbedingung der vertraglichen Preisabrede zwischen öffentlichen Auftraggebern und Auftragnehmern gemacht hat. „Um zu verhindern, daß die Vorschriften zur Preisbildung bei öffentlichen Aufträgen nur Leerformeln sind“2 und somit auch nicht zuletzt zur hoheitlichen Überwachung der Einhaltung des Marktpreisvorrangs im öffentlichen Auftragswesen, sind bei den Wirtschaftsministerien der Länder oder den Bezirksregierungen spezielle Preisüberwachungsstellen (PÜs) installiert, die zwangsläufig auch mit der Suche nach dem jeweils zugrunde liegenden Marktpreis betraut sind. Mit dem Entstehen eben dieses Marktpreises bei öffentlichen Aufträgen und dessen rechtssicherer Überprüfung befasst sich die vorliegende Arbeit. Ein „öffentlicher Auftrag“ lässt sich typischerweise als ein „der Bedarfsdeckung dienendes, durch zweiseitiges Rechtsgeschäft begründetes Schuldverhältnis i.S.d. BGB umschreiben, durch das sich eine Privatperson (Auftragnehmer) gegenüber einem Träger öffentlicher Verwaltung (Auftraggeber) zur entgeltlichen Lieferung oder Herstellung einer Sache oder Erbringung einer Leistung verpflichtet“3 . Um die Preisbildung im öffentlichen Auftragswesen der BRD in besonderer Weise zu reglementieren, wurde in den 1950er Jahren die VO PR 30/534 in Kraft gesetzt und seither keinen größeren Änderungen unterworfen, was in Teilen der Literatur durchaus kritisch beäugt wird.5 Diese hoheitliche preisrechtliche Norm, die daher – ohne dass dies wertend gemeint sei – als „in die Jahre gekommenes Kind der Nachkriegszeit“6 bezeichnet werden kann, fordert mit Blick auf die marktwirtschaftliche Grundordnung in der BRD, dass in Situationen, in denen ein Marktversagen zu Lasten der öffentlichen Hand droht, es nicht zur Marktpreisvereinbarung kommen, sondern die Preisermittlung auf Basis der Selbstkosten des Auftragnehmers vollzogen werden soll, um ein unverhältnismäßig hohes Preisniveau im Keim zu ersticken und die öffentlichen Haushalte nicht über Gebühr zu belasten. Die Beschaffungsaktivitäten der öffentlichen Hand werden gleichwohl von verschiedenen eng benachbarten Rechtsgebieten maßgeblich beeinflusst. Während das Wettbewerbsrecht „die Sicherung von Wettbewerbsfreiheit als einer 2 So
Berndt (1983), S. 16. (1979), S. 11. 4 Verordnung PR Nr. 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen vom 21.11.1953 (Text siehe Anhang). Vgl. für Abrisse der preisrechtlichen (Entstehungs-)Geschichte etwa Michaelis (1953), S. 85; Grochla (1954), S. 11 f.; Diederich (1961), S. 14 ff.; Däumler/Grabe (1984), S. 15 f.; Hertel/Pietraszek (1988), S. 95; Hertel (1998), S. 79 f. 5 Siehe hierzu Hoffjan (2012), S. 11; Greiffenhagen (2013), S. 25 f.; Greiffenhagen (2014), S. 5. 6 Roth (2015), S. 209. 3 Walthelm
1.1 Problemstellung und wirtschaftspolitische Hintergründe
3
zentralen Voraussetzung für Wettbewerb“7 im Auge hat und das Vergaberecht Vorgaben dahingehend macht, welcher Anbieter den Zuschlag für die Erbringung einer Leistung an den öffentlichen Auftraggeber erhalten soll,8 kommt das öffentliche Preisrecht speziell bei der Frage nach der ordnungsgemäßen Preisgestaltung im Rahmen von öffentlichen Auftragsvergaben zum Tragen.9 Den zuletzt genannten Aspekt vermag das vergaberechtliche Reglement nicht hinreichend sicherzustellen, sodass dem Preisrecht insofern eine exklusive Rolle bei der öffentlichen Auftragsabwicklung zukommt, als es quasi im Sinne einer Ergänzung des Vergaberechts die zulässige Vergütung desjenigen Auftragnehmers bestimmt, der zuvor über das vergaberechtliche Verfahren ausgewählt wurde.10 Als übergeordnete Rechtsmaterie ist zudem das Haushaltsrecht zu nennen, welches den staatlichen Institutionen nicht zuletzt die sparsame Verwendung von Haushaltsmitteln abverlangt und ferner die Pflicht zur Ausschreibung öffentlicher Aufträge in sich verankert.11 Konkrete prozessuale Richtlinien finden sich im Haushaltsrecht jedoch nicht, wodurch sich dessen vorgelagerte, eher latent wirkende Systematik ergibt.12 Unabhängig von den besonderen rechtlichen Regelungen des öffentlichen Auftragswesens ist in Deutschland beim Vertragsschluss das Zivilrecht maßgeblich; öffentliche Auftragsvergaben deutscher Behörden stellen, anders als bspw. in Frankreich, somit keinen hoheitlichen Verwaltungsakt dar.13 Das Preisrecht hat als zwingendes öffentliches Recht grundsätzlichen Vorrang vor privatrechtlichen Abreden in Verträgen und führt somit zu einer teilweisen Einengung der Vertragsfreiheit der Kontrahierungspartner.14 Nach Giersch versteht man unter Wirtschaftspolitik „die Gesamtheit aller Bestrebungen, Handlungen und Maßnahmen, die darauf abzielen, den Ablauf des Wirtschaftsgeschehens … zu ordnen, zu beeinflussen oder unmittelbar festzulegen“15 . Die VO PR 30/53 ist demnach – wie die anderen oben genannten 7 So
Herdzina (1999), S. 125. Dörr/Hoffjan (2015), S. 88. 9 Vgl. Birgel (1994), S. 99; Dörr/Hoffjan (2015), S. 7 und 71; Dörr (2016), S. 59. 10 So auch Pietzcker (1978), S. 280; Berstermann/Petersen (2007), S. 767; Brüning (2012), S. 644; Hoffjan/Hövelborn/Strickmann (2013), S. 6 bzw. 14; Müller (2018), S. 555. 11 Vgl. Gläser (1979), S. 10; Berndt (1983), S. 11; Sackerer (1988), S. 9 und 28; Busse von Colbe/Hammann/Laßmann (1992), S. 51; Schabel (1993), S. 110; Birgel (1994), S. 17 und 33; Paß (1998), S. 601 f.; Hattenhauer/Butzert (2018), S. 233. 12 Vgl. Müller (1993), S. 15; Georgi (2015), S. 9. 13 Vgl. Busse von Colbe/Hammann/Laßmann (1992), S. 51; Quilisch (2003), S. 250. 14 Vgl. Gottschalk (1959), S. 28; Paß (1998), S. 607. 15 Giersch (1960), S. 17. 8 Vgl.
4
1
Einleitung
Rechtsregime auch – ein durch den Gesetz-/Verordnungsgeber eingesetztes Instrument der Wirtschaftspolitik und dient aus historischer Sicht dem Primärziel, den allgemeinen, marktübergreifenden Preisstand zu wahren. Mit anderen Worten soll mittels einer öffentlichen Beschaffung zu marktüblichen Konditionen einem übermäßigen Anstieg des Preisniveaus in der BRD entgegengewirkt werden.16 Um dieses wirtschaftspolitische Ziel zu erreichen, wurde seinerzeit vom Verordnungsgeber als Mittel zum Zweck – und sozusagen als weitere Zielsetzung auf prozessualer Ebene – eine marktwirtschaftliche Preisbildung auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens vorgegeben.17 Wenn eine marktwirtschaftliche Preisbildung als gegeben angesehen werden kann, soll folglich stets ein Marktpreis gemäß § 4 VO PR 30/53 zum Ansatz gebracht werden. Nur wenn eine solche nicht erkennbar ist, sollen gemäß den LSP (Leitsätze für die Preisermittlung auf Grund von Selbstkosten) kalkulierte Kostenpreise im Sinne der §§ 5 ff. VO PR 30/53 gestattet sein. In Anbetracht dieser – vermeintlich – recht klaren und eindeutigen Vorgabe für die Anwendung der VO PR 30/53 könnte die Vermutung naheliegen, dass die öffentlichen Beschaffungsprozesse klar vom preisrechtlichen Marktpreis(vorrang) dominiert werden und der Preistyp „Marktpreis“ den Regelfall bei der Preisgestaltung in den Liefer- und Leistungsbeziehungen zwischen der öffentlichen Hand 16 Das
Ziel der Preisniveaustabilität wirkt insoweit teilweise verfehlt, als es wesentlich von anderen ökonomischen Faktoren wie bspw. Geldmenge, Zinsniveau, Lohnhöhe und Lohnstruktur abhängt und primär in den Arbeitsbereich der Stabilisierungspolitik fällt. Vgl. Herdzina (1999), S. 20. Es entfaltet daher auch gerade heutzutage kaum noch Praxisrelevanz, da die Annahme, dass Preissteigerungen bei öffentlichen Aufträgen einen signifikanten Einfluss auf den allgemeinen Preisstand haben, aufgrund der Unabhängigkeit der Zentralbanken und der im Gesetz festgelegten Schuldenbremse nur noch bei erheblich steigenden Steuereinnahmen oder erheblicher Ausweitung kreditfinanzierter Staatsausgaben zutreffend wäre. Des Weiteren existieren nebenher weitere gesetzliche Instrumente wie das GWB oder das Stabilitätsgesetz, die in ähnlicher Form bereits preisniveaustabilisierende Wirkungen entfalten (sollen). Gleichwohl ist das Preisrecht imstande, in Grenzfällen mit deutlich überwiegender Marktmacht auf der Anbieterseite die öffentliche Hand und somit den Steuerzahler vor unverhältnismäßig hohen Ausgaben zu schützen. Vgl. zu dieser Diskussion m.w.N. Dörr/Hoffjan (2015), S. 14 f. Gleichwohl können öffentliche Aufträge noch immer als nicht unwesentliches Instrument der Konjunkturpolitik angesehen werden. So kommt es in Zeiten des konjunkturellen Abschwungs nicht selten zu einem Anstieg öffentlicher Aufträge, während bei drohender Überhitzung der Volkswirtschaft öffentliche Beschaffungen gedrosselt werden. Da aber der kommunale Sektor tendenziell prozyklisch zur wirtschaftlichen Entwicklung beschafft und eher unkoordiniert zu konjunkturpolitischen Programmen agiert, darf auch diesem Effekt letztlich keine allzu hohe Bedeutung beigemessen werden. Vgl. hierfür Robl (1995), Sp. 75. 17 Vgl. Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller (2020), Einleitung, Rn. 4.
1.1 Problemstellung und wirtschaftspolitische Hintergründe
5
und den Unternehmen darstellt. Die tatsächliche Sachlage im Tagesgeschäft des öffentlichen Einkaufswesens gestaltet sich gleichwohl mitnichten derart eindeutig. Schon seit Langem wird im Schrifttum konstatiert, dass es an einem einheitlichen Verständnis hinsichtlich des Vorliegens von preisrechtlichen Marktpreisen sowie allgemeingültigen Definitionen der notwendigen Voraussetzungen für die Anerkennung des Preistyps „Marktpreis“ mangelt: – Schon früh konstatiert Gottschalk 18 , dass sich „der Marktpreis als eine äußerst vielgestaltige Erscheinung“ darstellt, die „nicht selten zu Meinungsverschiedenheiten zwischen den Beteiligten führt“. – Im Weiteren führen Altmann19 wie auch Kailing20 aus, die Meinungen über den Begriff des Marktpreises gingen üblicherweise weit auseinander. – Broschwitz21 merkt eine weit verbreitete Unsicherheit bei der Entscheidung zwischen Markt- und Selbstkostenpreis an. – Nach Machenheimer 22 wiederum führen unklare Begriffsabgrenzungen gar zu Spielräumen für eine „weite Auslegung der Tatbestandsmerkmale für die Anwendung der Kostenpreisbildung“ bis hin „zu mißbräuchlicher falscher Handhabung der Bestimmungen“. – Sodann bemerkt Pietzcker 23 , die Regelungen zur Marktpreisbildung seien „wenig übersichtlich“, was teilweise auch „an mangelhafter Textfassung“ liege. – Etwas später sagt Fischer 24 dem Marktpreis infolgedessen eine „umstrittene Bestimmbarkeit“ und somit eine fortwährende „Brisanz“ nach. – Brüning25 wiederum bemängelt in der Folge zudem eine fehlende Anpassung des Preistyps „Marktpreis“ an hybride Leistungsbündel und die Ergebnisse von Vergabeverfahren. – Und jüngst stellt letztlich Müller 26 fest, dass die preisrechtlichen Vorschriften „einen heute kaum noch anzutreffenden Abstraktionsgrad haben“.
18 Gottschalk
(1959), S. 21. Altmann (1959), S. 932; Altmann (1968), S. 1525. 20 Vgl. Kailing (1970), S. 280 f. 21 Vgl. Broschwitz (1969), S. 977. 22 Machenheimer (1972), S. 197. 23 Pietzcker (1978), S. 286. 24 Vgl. Fischer (2005), S. 106 und 109. 25 Vgl. Brüning (2016), S. 1353. 26 Siehe Müller (2018), S. 560. 19 Vgl.
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Einleitung
Dieses im Schrifttum gezeichnete Bild steht im Einklang mit verschiedenen empirischen Forschungsergebnissen aus der jüngeren Zeit, die im Rahmen von Befragungen der betroffenen Akteure zum Teil beträchtliche Anwendungsprobleme zutage gebracht haben. So konnte bestätigt werden, dass es in Ermangelung einer einheitlichen Definition zum Vorliegen eines Marktpreises immer wieder zu Erschwernissen bei der Abwicklung öffentlicher Aufträge im Einklang mit der VO PR 30/53 kommt. Eine besonders wichtige Rolle spielen hierbei – wie auch im Rahmen der vorliegenden Arbeit – die mit der Prüfung der ordnungsgemäßen Anwendung der Preisverordnung betrauten Preisüberwachungsstellen. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass innerhalb der dezentral organisierten Preisprüferschaft unterschiedliche Vorgehensweisen bei der Überprüfung von Marktpreisen durchaus verbreitet sind.27 Stand heute sind „Art und Umfang der Prüfung“ nicht im Detail vorgegeben, sondern „liegen im pflichtgemäßen Ermessen der Preisbehörde“28 . Diese zuweilen mehr, zuweilen weniger restriktiven Herangehensweisen haben nicht zu unterschätzende Unsicherheiten vor allem bei den Auftragnehmern zur Folge. Das Netz aus Preisüberwachungsstellen ist in nachfolgender Abbildung 1.1 dargestellt. In Ermangelung einer klaren Marktpreisdefinition, die im Hinblick auf eine angemessene Planungssicherheit wünschenswert wäre, ergibt sich nach Einschätzung von Dörr/Hoffjan „ein schwerwiegendes Anwendungsproblem des Preisrechts“29 . Genau dieses Problem ist offenbar bereits fast 80 Jahre alt, wie die Ausführungen bei von der Schmitt, seines Zeichens damals selber Preisprüfer, von 1941 belegen: „Die Preisprüfung tritt an den Unternehmer als eine von vielen Betriebsprüfungen heran. Sie wird dazu von verschiedenen Stellen durchgeführt, die häufig unabhängig voneinander prüfen und dabei in verschiedenartiger Weise vorgehen. Dieser Umstand vergrößert nicht nur die Belastung der Betriebe in personeller und organisatorischer Hinsicht, er ist darüber hinaus geeignet, einen Zustand der Rechtsunsicherheit bei den Betroffenen herbeizuführen. Zur Vermeidung von Überschneidungen wäre es zweckmäßig, die Prüfung eines preisrechtlichen Tatbestandes jeweils einer einzigen Stelle zu überlassen oder, wenn die Beteiligung mehrerer 27 Vgl. Georgi (2015), S. 158 f. Bereits nach Felderbauer (1976), S. 67, besteht zwar unter den „behördlichen Preis- und Kostenrechnungsprüfern“ ein Interesse am fortwährenden Austausch untereinander „in dem Bestreben, das Preisrecht bei der Prüfung von Rüstungsaufträgen und anderen Aufträgen der öffentlichen Hand einheitlich anzuwenden.“ Im Lichte der empirischen Befunde scheint es in Bezug auf Marktpreise allerdings weitestgehend bei einem Bestreben geblieben zu sein. 28 So Beißel (1992a), Sp. 1417 bzw. Ruske/Paß (2002), Sp. 1694. 29 Dörr/Hoffjan (2015), S. 46.
1.1 Problemstellung und wirtschaftspolitische Hintergründe
7
Abb. 1.1 Netz aus Preisprüfungsbehörden. (Entnommen aus Attrot (o.Jg.), S. 2. Neben den operativ tätigen Preisüberwachungsstellen enthält das Schaubild ferner die sog. Preisbildungsstellen (jeweils durch eine Raute gekennzeichnet), die bei den Wirtschaftsministern bzw. -senatoren der Länder ansässig sind und auch die Fachaufsicht über die Preisüberwachungsstellen besitzen. Bei einem Dissens über das Prüfungsergebnis kann die Preisbildungsstelle als übergeordnete Schiedsstelle eingeschaltet werden. Dies ist jedoch nicht in allen Bundesländern umsetzbar, da Preisüberwachung und -bildung mancherorts von ein und derselben Behörde verantwortet werden. Eine Vielzahl von Preisprüfungen wird überdies auch vom Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) mit Sitz in Koblenz – hier also in Personalunion durch den öffentlichen Auftraggeber – durchgeführt, allerdings werden von diesem Bundeswehr-Beschaffungsamt gemäß Ressortvereinbarung zwischen Bundesverteidigungsund Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) lediglich Selbstkostenpreise überprüft. Die Ressortvereinbarung ist bspw. abgedruckt bei Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller (2020) oder auch Michaelis/Rhösa/Pauka (1954 ff.). Als die oberste aller Preisbehörden ist im Übrigen das BMWi anzusehen, so Westensee (1975), S. 41.)
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Einleitung
Stellen unvermeidlich ist, Vorsorge zu treffen, daß Prüfung und Beurteilung nach einheitlichen Gesichtspunkten erfolgen.“30
Im Übrigen identifizieren auch Weiss/Hennemann/Hoffjan in einer weiteren empirischen Studie mit Schwerpunkt auf dem Mittelstand „häufige Unklarheiten in Bezug auf das Vorliegen …“ sowie eine geringe Sensibilisierung „für die preisrechtliche Definition von Marktpreisen“31 . Ein „gravierendes Problem“ in Bezug auf den „Nachweis der Marktpreiskriterien“ sieht im Lichte seiner explorativen Fallstudie gleichsam Georgi.32 Es drängt sich der Verdacht auf, dass die Marktpreisprüfung in der Praxis demselben Missstand zum Opfer gefallen ist, wie man ihn bereits in vielen anderen – auch privatwirtschaftlichen – Kontexten beobachten konnte: Die realen Abläufe fußen nicht auf einer fundierten Planung, sie sind primär historisch gewachsen und keinem laufenden Controlling unterworfen.33 Es ist allgemein davon auszugehen, dass in relativ engen Märkten mit nur einer überschaubaren Zahl von Mitbewerbern agierende Unternehmen den Marktpreis tendenziell favorisieren, weil er ihnen im Vergleich zum Selbstkostenpreis einen höheren Gewinn verspricht, während in sehr kompetitiven Marktumgebungen einem Selbstkostenpreis aufgrund dessen wettbewerbsinduzierter Nähe zum Marktpreis (der Höhe nach) eher zugestimmt werden dürfte.34 Und tatsächlich bestätigt die Empirie, dass es in der Praxis der öffentlichen Auftragsvergabe zwar durchaus häufig zwischen den Vertragsparteien zu einer Marktpreisvereinbarung kommt, dieser eigentlich im Einklang mit der Intention des Verordnungsgebers stehenden Absicht jedoch im Nachgang im Rahmen von Preisprüfungen dergestalt widersprochen wird, dass anstatt des Marktpreises nach § 4 allein ein Selbstkostenpreis im Sinne der §§ 5 ff. VO PR 30/53 für statthaft erklärt wird. Der umgekehrte Fall – ex-post-Umwandlung eines vereinbarten Selbstkostenpreises in einen Marktpreis – tritt hingegen wesentlich seltener ein.35 Es ist also zumindest nicht auszuschließen, dass die Preisprüfer zum Teil eine gewisse Präferenz
30 Siehe
Schmitt (1941), S. 13 f. (2014), S. 1443. Grundsätzlich besteht insbesondere in kleineren Unternehmungen nach Raiborn/Guy/Zulinski (1983), S. 51, ein besonderes (Prüfungs-)Risiko, weil häufig ein ungeordnetes Rechnungswesen und lückenhafte interne Kontrollen vorliegen, die zu einer falschen Darstellung von Geschäftsvorfällen führen können. 32 Georgi (2015), S. 158. 33 Vgl. zu diesem Problem allgemein-betriebswirtschaftlich Gerboth (2000), S. 537. 34 So auch bereits Diederich (1961), S. 66 f. 35 Vgl. Strickmann (2012), S. 248; Hoffjan/Hövelborn/Strickmann (2013), S. 11 f. 31 Weiss/Hennemann/Hoffjan
1.1 Problemstellung und wirtschaftspolitische Hintergründe
9
für Selbstkostenpreise hegen. Es läge hier ein erstaunlicher und nicht unproblematischer Befund vor, denn es wird in den vorgenannten Fällen eben nicht dem offiziellen Marktpreisvorrang der Preisverordnung entsprochen und somit ein der Verordnungszielsetzung diametral entgegengesetztes Procedere offenbart.36 Ein ebensolches liegt zum Teil auch dann vor, wenn die Vertragsparteien (vor allem auf Wunsch der Auftraggeber) zuweilen auf Marktpreise verzichten und direkt zu einem Selbstkostenpreis überschwenken, weil dieser objektiver sei und somit verhandlungsvereinfachend wirke.37 Folgerichtig gilt nämlich, dass es für jeden öffentlichen Auftrag „nur einen zulässigen Preistyp geben“38 kann und „daß eine bestehende Selbstkostenvereinbarung rechtsunwirksam ist, wenn ein Marktpreis festgestellt werden kann“39 . Die erste Prüfungsfrage stellt somit immer die Feststellung des ordnungsmäßigen Preistyps dar; dieser „gibt dann den weiteren Verlauf der Prüfung vor“40 . Somit zeigt sich: „Neben der Selbstkostenpreisprüfung kann“ nicht bloß „auch die Prüfung eines Marktpreises notwendig sein“41 , sondern jede Preisprüfung muss zunächst eine Marktpreisprüfung sein! In diesem Zusammenhang kommt jedoch erschwerend hinzu, dass die Chancen auf eine Marktpreis-Anerkennung zunehmend kleiner zu werden scheinen. So äußerte sich bspw. ein befragter Praktiker aus dem Kreise der Preisprüfer42 gegenüber Georgi sogar dergestalt, dass er mittlerweile „so gut wie keine Marktpreise mehr feststelle“43 . Die skizzierten Tendenzen sind insofern unbefriedigend, als den (irrigerweise festgelegten) Selbstkostenpreisen des öffentlichen Preisrechts 36 Vgl.
Hoffjan/Hövelborn/Strickmann (2013), S. 12. bereits Michaelis (1953), S. 85, der zudem bemerkt, es sei bei der Einführung der VO PR 30/53 „eine der Hauptaufgaben“ gewesen, genau dieses Verhalten zu verhindern; siehe auch Machenheimer (1972), S. 197. 38 So Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller (2020), § 1, Rn. 120. 39 So bereits Gottschalk (1959), S. 21; gleichsam Bundesverband der Wirtschaftsberater e. V. (1965), S. 34; Broschwitz (1969), S. 977; Müller (1970), S. 40; Engel (1983), S. 54; Franz (1991), S. 833; Müller (1993), S. 23; Dierkes/Hamann (2009), S. 196 sowie Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller (2020), § 1, Rn. 118; siehe zu dieser Prämisse ferner OLG Koblenz, 07.01.1988 – 5 U 1090/87, welches anhand des dort zur Rede stehenden Preisprüfungsberichts nicht habe erkennen können, dass überhaupt eine tiefergehende Marktpreisprüfung durchgeführt worden wäre, sondern es vielmehr nicht auszuschließen sei, „der Preisprüfer habe eine Marktpreisprüfung nicht für erforderlich gehalten“. 40 Weiss/Hennemann/Hoffjan (2014), S. 1442. 41 So offenbar zu Unrecht, zumindest aber unpräzise Möllhoff (1985), S. 269. 42 Nachrichtlich: Wegen des besseren Leseflusses wird in dieser Arbeit auf eine geschlechtsneutrale Sprache verzichtet. Stattdessen wird sich im Zweifel auf die maskuline Form beschränkt. 43 Siehe hierzu Georgi (2015), S. 157. 37 So
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Einleitung
gegenüber Marktpreisen gewichtige Nachteile anhaften. Aus ökonomischer Sicht wirken sich vor allem die bei Selbstkostenpreisverträgen ausbleibenden Leistungssteigerungsanreize des Marktes – die eigentlich zu erhöhter Kosteneffizienz zwecks Bestehens im Wettbewerb Anlass geben würden – negativ aus.44 Eine Gefahr des „Kostenmachens“ ist folglich, nicht zuletzt weil sich der kalkulatorische Gewinnzuschlag zumeist proportional zu der abgerechneten Höhe der Selbstkosten verhält, trotz des Gebots der wirtschaftlichen Betriebsführung nach LSP Nr. 4, stets latent vorhanden.45 Dieses Anreizproblem war dem Verordnungsgeber bei Erlass der VO PR 30/53 ursprünglich auch offenbar bekannt.46 Gleichwohl scheint dies nicht zu einem hinreichenden und nachhaltigen Risikobewusstsein beigetragen zu haben. Vielmehr ist, so jedenfalls Machenheimer, innerhalb der öffentlichen Auftraggeberschaft eher die Haltung anzutreffen, dass die Risiken der Kostenaufblähung bei Selbstkostenpreisen allenfalls recht gering seien.47 Dem kann nicht ohne weiteres gefolgt werden: Vorgenanntes Kostenmachen kann sich zum einen aus einem gewissermaßen fahrlässigen kaufmännischen Kostenmanagement ergeben, d. h. in einer trägen Leistungserstellung, die zudem wenig sorgfältig mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen umgeht und womöglich noch überteuerte Einsatzstoffe und Teile in das in Auftrag gegebene 44 So
bereits Preiser (1942), S. 107, 114; Zeiger (1957), S. 410 f.; Diederich (1961), S. 39 ff.; Fettel (1962), S. 81 ff.; Reichelstein/Reichelstein (1987), S. 44; Noelle/Rogmans (2002), S. 127; Dierkes/Hamann (2009), S. 235. 45 Vgl. Preiser (1942), S. 113; Rath (1964), S. 274; Kailing (1970), S. 360; Rodax (1982), S. 215; Wachendorff (1985), S. 10; Noelle/Rogmans (2002), S. 126; Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller (2020), LSP Nr. 4, Rn. 15. 46 So schrieb im Jahre 1955 der damalige Bundeswirtschaftsminister an den Bundesrechnungshof: „Es gibt nach meiner Meinung in diesem Bereich (öffentliches Auftragswesen; Anm. d. Verf.) ein besonders vordringliches Ziel, nämlich hinwegzukommen von der offensichtlich noch immer verbreiteten Auffassung, daß die Beschaffungen umso wirtschaftlicher seien, je mehr sie zu Kostenpreisen erfolgen oder mit Kostenprüfungen verbunden werden können. Die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung will den Leistungswettbewerb in allen Bereichen der Wirtschaft durchsetzen, um so eine fortschreitende Verbilligung der Bedarfsdeckung – auch der Deckung des staatlichen Bedarfs – zu erreichen. Die Beschaffungsstellen und auch der Bundesrechnungshof haben hierbei eine wichtige Aufgabe, denn die öffentliche Hand wird insgesamt umso preiswürdiger einkaufen, je mehr sie ihrerseits zur Förderung der Funktionsfähigkeit des Wettbewerbs beiträgt. Dem dienen aber nicht Vereinbarungen, die ihrem Charakter nach eine Rückkehr zu Kostenpreisen bezwecken oder erleichtern.“ (Schreiben zitiert nach Daub/Bormann (1967), S. 70 f.) 47 Vgl. Machenheimer (1972), S. 199. Siehe auch dort den Hinweis auf die gegenteilige Meinung aus der Unternehmenspraxis, wonach bei Selbstkostenpreisen „an den Kosten, nicht am Gewinn verdient wird“.
1.1 Problemstellung und wirtschaftspolitische Hintergründe
11
Produkt einfließen lässt. Zum anderen ist jedoch auch ein absichtliches Kostenmachen, das sodann als rechtswidriger Deliktfall zu klassifizieren ist, nicht auszuschließen. Ohne in diese Problematik tiefer eintauchen zu wollen, sei beispielhaft nur der fingierte Ansatz angeblich geleisteter Stunden und verbrauchter Mengen sowie Manipulationen in den Zuschlagssätzen oder das fehlende Weiterreichen von bei der Beschaffung von Vorprodukten erzielten Rabatten erwähnt.48 Auch aus taktischen Erwägungen heraus wird zuweilen eine bewusste Kostenüberhöhung bei einzelnen Positionen vorgenommen, um den Preisprüfer zu Kürzungen zu verleiten in der Hoffnung, die Prüfung würde hiernach beendet oder es könne so von anderen ebenso strittigen Kostenansätzen abgelenkt werden (sog. „Preisprüferrabatt“).49 Des Weiteren ist aus gesamtwirtschaftlicher Sicht zu konstatieren, dass Selbstkostenpreisverträge eine ökonomische Fehlallokation von Produktionsfaktoren zur Folge haben können. Zum einen entfallen bei gesicherter Erstattung der Vollkosten aus Sicht der Unternehmung die Zwänge, Rationalisierungen in der Leistungserstellung anzustreben oder mit den vorhandenen Produktionsmitteln einen größtmöglichen Output zu erzeugen. Aus volkwirtschaftlicher Sicht führt dies zu Wohlfahrtseinbußen, weil die Kapazitäten (zumindest partiell) eigentlich einer besseren alternativen Verwendung zugeführt werden könnten. Es werden in Grenzfällen sogar Produktionsverfahren vergütet, die im Wettbewerbsfall durch den Unternehmer bereits eingestellt worden wären.50 Im „Selbstkostenerstattungsvertrag“ kommt es nach Flottmann demnach zu dem volkswirtschaftlichen Missstand, dass „gute Betriebe für die gleiche Leistung einen niedrigeren, schlechte einen hohen Preis erhalten. … Die schlechten Betriebe werden zu Lasten der guten erhalten“51 . Eine gestörte Faktorallokation ergibt sich streng genommen aber auch dann, wenn die Anbieter im Selbstkostenpreisvertrag auf ein unnötiges Kostenmachen verzichten und sich so – verglichen mit hypothetischen Marktpreisen – billigere Endpreise ergeben. Der Preis hat dann nicht wie bei Marktpreisen die Signalwirkung gegenüber anderen Unternehmen, dass auch deren Ressourcen in dem betreffenden Marktsegment eine profitable Verwendung
48 Für Beispiele der Manipulation im Selbstkostenpreisbereich vgl. Rath (1964), S. 274 ff.; Zybon (1968), S. 896; Hoffmann (1970), S. 30; Kohl (1991), S. 172 ff. Unterschlagungsrisiken im Bereich der Selbstkostenpreise werden, ohne jedoch näher auf die Problematik einzugehen, zudem erwähnt bei Machenheimer (1972), S. 197. 49 So Welter (1960), S. 243, Fn. 2. 50 Vgl. Diederich (1961), S. 38; Machenheimer (1972), S. 90 f. 51 Flottmann (1943), S. 173 f.
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Einleitung
finden könnten, sodass ein Marktzutritt weiterer Konkurrenten, der ein Absinken des Preisniveaus auf ein vertretbares Niveau mit sich brächte, weitestgehend ausbleibt.52 Ferner fallen die schwierigen und aufwendigen Preisprüfungen auf Selbstkostenbasis negativ ins Gewicht.53 Sie stellen sowohl für die öffentliche Hand als auch die Auftragnehmer „eine erhebliche Belastung“54 dar. Oftmals ist in kleinen und mittleren Unternehmen gar keine professionelle Vollkostenrechnung vorhanden, was die Preisprüfung zusätzlich erschwert.55 Zudem wirkt es bei der kritischen Würdigung von Detailfragen zuweilen „besonders hemmend …, daß die Vorschriften des Wettbewerbs-, Steuer-, Handels- und Preisrechts nicht koordiniert sind“56 . Preisprüfungen sind sicherlich auch deshalb in der Praxis zum Teil „sehr gefürchtet“ und „können in der Tat für die geprüfte Unternehmung sehr gefährlich sein“57 , obgleich – so viel sei vorweggenommen – „jeder, der nicht übertreibt und sich an die Grundsätze einer vernünftigen Betriebsführung hält, keine Sorgen vor einer Preisprüfung durch die Preisbehörde zu haben braucht“58 . Eine nachträgliche Änderung des Preistyps durch den Preisprüfer geht stets zu Lasten des Auftragnehmers und stellt somit ein hohes Risiko für die Unternehmen dar.59 Sofern bspw. ein vereinbarter Preis der Höhe nach über dem von der Preisprüfung für korrekt erachteten Preis liegt, ist der zulässige Preis auf den festgestellten Preis nach oben hin begrenzt, wodurch sich eine Rückzahlungsverpflichtung in Höhe des identifizierten Überhangs ergibt. Wurde hingegen vertraglich ein Preis festgelegt, der unter dem preisrechtlich höchstzulässigen Preis
52 Vgl.
Diederich (1961), S. 38. sei hier lediglich exemplarisch auf die zum Teil bedeutsamen Vereinbarungsspielräume bei den Selbstkostenpreisen, etwa hinsichtlich Preisvorbehalten und -gleitklauseln, etwaigen Sonderabschreibungen, abweichender Bewertung von Stoffen, Wagniskosten oder der Gewinnbemessung. Vgl. hierzu Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller (2020), LSP Nr. 4, Rn. 4 und LSP Nr. 6, Rn. 1 f. Auch nach Kailing (1970), S. 385 verursachen Preisprüfungen in hohem Maße „Arbeit, Unruhe und … Kosten“. Als „relativ aufwendig“ bezeichnet sie gleichsam Sackerer (1988), S. 86; ähnlich auch Diederich (1961), S. 41 ff.; Noelle/Rogmans (2002), S. 127. 54 Vgl. Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller (2020), § 1, Rn. 48; ähnlich schon Schmitt (1941), S. 13. 55 Vgl. Diederich (1961), S. 42; Machenheimer (1972), S. 198. 56 Kresse (1970), S. 201. 57 Kailing (1970), S. 383. 58 Westensee (1975), S. 41. 59 Vgl. Dörr/Hoffjan (2015), S. 46. 53 Verwiesen
1.1 Problemstellung und wirtschaftspolitische Hintergründe
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liegt, bleibt eine Nachzahlung an den Auftragnehmer infolge des Höchstpreisprinzips der VO PR 30/53 aus.60 Wurde der Vertragspreis nicht in Übereinstimmung mit geltendem Preisrecht gebildet, so ist nicht gleich das gesamte Rechtsgeschäft nichtig, sondern der vom Preisprüfer festgestellte preisrechtlich ordnungsmäßige Preis rückt an die Stelle des vertraglich vereinbarten Preises.61 Als Konsequenz kann bzw. wird sich in aller Regel jedoch ergeben, dass der öffentliche Auftraggeber Rückforderungen auf Basis einer vorliegenden „ungerechtfertigten Bereicherung“ nach § 812 BGB artikulieren und notfalls den Rechtsweg bestreiten wird. Dieser Effekt verdeutlicht, dass den öffentlichen Auftraggebern mit der Preisprüfung ein bedeutsames Machtinstrument in die Hände gelegt wurde, das privatwirtschaftlich organisierten Nachfragern am Markt verwehrt ist und somit gewissermaßen als „Fremdkörper in der Sozialen Marktwirtschaft“ bezeichnet werden kann.62 Das bisher Gesagte bildet ein Problemspektrum ab, dem nach wie vor eine hohe Aktualität63 und allgemein eine nicht zu unterschätzende Rolle für die Praxis attestiert wird.64 Zunächst ist festzuhalten, dass grundsätzlich sämtliche Aufträge – ausgenommen Bauleistungen65 – von Bund, Ländern, Kommunen sowie allen übrigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts in den Geltungsbereich des Preisrechts fallen,66 solange sich Leistung und Gegenleistung in einem Synallagma (= Tausch, Handel) gegenüberstehen.67 Die Geltungsbereiche von Vergabe- und Preisrecht sowie deren gemeinsame Schnittmenge sind in nachfolgender Abbildung 1.2 überblicksartig dargestellt, wobei der mittelgraue Bereich in der Mitte die Schnittmenge der beiden Rechtsregime symbolisieren soll.
60 Vgl.
Engel (1983), S. 81; Hertel/Ludwig (1992), S. 85; Müller (1993), S. 24 f.; Ruske/Paß (2002), Sp. 1698; Birgel (2010a), S. 15. Das Höchstpreisprinzip nach § 1 (3) VO PR 30/53 besagt, dass höhere als nach der Verordnung zulässige Preise nicht gefordert, versprochen, vereinbart, angenommen oder gewährt werden dürfen. 61 Vgl. Birgel (2010b), S. 19. 62 So sicherlich nicht ganz zu Unrecht Möllhoff (1985), S. 272. 63 Vgl. Berstermann/Petersen (2007), S. 767. 64 Pauka/Chrobot (2011), S. 405. 65 Siehe hierzu § 2 (5) VO PR 30/53. 66 Vgl. § 2 (1) VO PR 30/53. 67 „Nicht erfasst werden daher einseitige oder unvollkommen zweiseitig verpflichtende Verträge“, so Scholz/Otting (2008), S. 13.
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Einleitung
Abb. 1.2 Öffentliche Auftraggeber gemäß Vergabe- und Preisrecht. (Entnommen aus Dierkes/Hamann (2009), S. 116.)
Unter das Preisrecht fallen also auch die Beschaffungsvorgänge von Institutionen wie etwa Regie- und Eigenbetrieben, Industrie- und Handelskammern,
1.1 Problemstellung und wirtschaftspolitische Hintergründe
15
Sozialversicherungsträgern, Berufsgenossenschaften, der Bundesversicherungsanstalt, den öffentlich-rechtlichen Medien, Kirchen und Universitäten.68 Die Summe der jährlich in Auftrag gegebenen öffentlichen Lieferungen und Leistungen wird güterklassenübergreifend auf insgesamt etwa 350 Milliarden Euro geschätzt.69 Hiervon fallen etwa 64 Milliarden Euro in den Geltungsbereich der VO PR 30/53 und sind somit theoretisch preislich überprüfbar.70 Typische von staatlicher Seite zu beschaffende Leistungen und somit klassische Anwendungsbereiche der Preisverordnung sind bspw. auf Bundes- und Landesebene dem wehr- und sicherheitstechnischen Sektor sowie auf kommunaler Ebene dem Bereich der Ver- und Entsorgung zuzuordnen. Bei Unternehmen, die vornehmlich staatliche Stellen zu ihren Kunden zählen, spielt das öffentliche Preisrecht in den internen Planungs- und Steuerungsprozessen zum Teil eine große Rolle,71 weshalb sie für preisrechtliche Belange sogar „häufig eigene Abteilungen“72 unterhalten. Die Preisüberwachungsstellen haben hierbei die anspruchsvolle Aufgabe zu meistern, branchenübergreifend als kompetenter Sachverständiger zu agieren und auch als solcher wahrgenommen zu werden, denn die dort tätigen Preisprüfer „müssen Marmeladenpreise ebenso überprüfen wie die von Panzerfäusten“73 . Der branchenübergreifende Charakter, der sich durch die verschiedenartigen Auftragnehmer und auch -geber ergibt, soll noch einmal durch den als typisches Beispiel in Abbildung 1.3 wiedergegebenen Ausschnitt aus dem Internetauftritt der PÜ München verdeutlicht werden, wobei ersichtlich wird, dass auf der Auftragnehmerseite vom börsennotierten Großkonzern über den inhabergeführten Mittelständler bis hin zum einzelnen Existenzgründer prinzipiell ein jeder für eine Preisprüfung in Frage kommt (www.regierung.oberbayern.bayern.de, 01.12.2019). Überdies sei in Bezug auf vorgenannte Abbildung bereits hier der Hinweis platziert, dass die dortige unter „Notwendigkeit“ aufgeführte Erklärung von der Öffentlichkeit dergestalt verstanden werden könnte, dass das Preisrecht 68 Vgl. hierzu auch Zeiger (1957), S. 401; Coenenberg (2003), S. 114; Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller (2020), § 2, Rn. 5 ff. 69 Vgl. Weglage (2016), S. 289. 70 Vgl. Dörr/Hoffjan (2015), S. 14. 71 Vgl. hierzu exemplarisch die Schilderungen zum Controlling im Hause ATLAS ELEKTRONIK bei Schnautz/Hoffjan (2011), S. 323 f. Insbesondere im Mittelstand scheinen jedoch die internen Prozesse an der Schnittstelle zwischen Controlling- und Vertriebsabteilung häufig noch nicht angemessen auf die preisrechtlichen Erfordernisse ausgerichtet zu sein, so Weiss/Hennemann/Hoffjan (2014), S. 1445; ähnlich auch Greiffenhagen (2014), S. 10. 72 So Rittner (1988), S. 142. 73 Hoffmann (1970), S. 30.
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Einleitung
Abb. 1.3 Aufgabengebiet sowie „Kunden“ der PÜ München
bei öffentlichen Ausschreibungen grundsätzlich nicht zur Geltung gelange oder zumindest keine wichtige Rolle spiele. Diese Sicht ist jedoch unzutreffend, was im Laufe der vorliegenden Schrift noch näher ergründet wird.
1.1 Problemstellung und wirtschaftspolitische Hintergründe
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Überdies gilt die öffentliche Verwaltung gemeinhin als einer der größten Nachfrager im Markt für informationstechnische Produkte.74 In jüngerer Vergangenheit ins Leben gerufene IT-Großvorhaben wie etwa das „Herkules“Projekt der Bundeswehr zur Implementierung einer harmonisierten und über alle Bundeswehr-Standorte ausgerollten IT-Systemlandschaft, das Projekt „E-Bilanz“ zur internetbasierten Übertragung von Jahresabschlüssen an die Finanzämter oder auch die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte („eGK“) zur verbesserten Informationsversorgung im Gesundheitssystem zeugen davon.75 Gerade auch der wehrtechnische Bereich verdient an dieser Stelle Erwähnung, da dessen Nachfrage nach IT-Leistungen in den vergangenen Jahren ebenfalls stark angezogen hat, was sich auch dort in einer steigenden Anzahl an IT-bezogenen Preisprüfungen niederschlägt.76 Hinzukommt, dass – wie abermals die Studie von Georgi hervorgebracht hat – insbesondere keine klare Haltung zur Marktpreisbildung in der IT-Branche gegeben zu sein scheint. Der zuweilen hohe Spezifitätsgrad der Leistungen, die Vielzahl der im jeweiligen Vertrag festgelegten Leistungskomponenten sowie divergierende Auffassungen zum Stellenwert des Faktors „Mitarbeiterstundensätze“ resultieren in der weit verbreiteten Überzeugung, ein Marktpreis für die Gesamtleistung könne nicht im Einklang mit der VO PR 30/53 stehen. Allenfalls können gemäß diesem Ansatz Marktpreise für einzelne Bestandteile der Gesamtleistung attestiert werden.77 Georgi stellt in diesem Kontext berechtigter Weise die Häufigkeit infrage, mit der es bei Prüfungen von Aufträgen über IT-Leistungen zu Selbstkostenpreisfeststellungen kommt. Von einem ausnahms- bzw. fallweisen Rückgriff auf diese Preistypen könne mittlerweile nicht mehr die Rede sein, obwohl dies eigentlich im Einklang mit der Intention der VO PR 30/53 stünde.78
74 Vgl. 75 Vgl.
Peters (1992), S. 746. für eine Darstellung verschiedener öffentlicher IT-Großprojekte Mertens (2012),
S. 3 ff. 76 Vgl. Georgi (2015), S. 122. 77 Vgl. zu den divergierenden Ansätzen Georgi (2015), S. 163 f. 78 Vgl. Georgi (2015), S. 171.
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1.2
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Einleitung
Zielsetzung der Untersuchung
Der Verordnungsgeber hatte seinerzeit die Absicht, mit der VO PR 30/53 ein Instrument zu implementieren, das möglichst im Einklang mit dem Wirtschaftssystem der Marktwirtschaft stehen soll. Die Frage, wie man dem – sich unmittelbar aus der marktwirtschaftlichen Systematik ergebenden – Marktpreisvorrang (wieder) hinreichend gerecht werden kann, ist für die vorliegende Ausarbeitung von besonderer Wichtigkeit. Die einleitenden Passagen haben nämlich bereits offengelegt, dass dies in der Anwenderpraxis womöglich nicht in ausreichendem Maße erfolgt. Zu klären ist folglich, welche Stellschrauben bei Preisprüfungen im Sinne des § 9 VO PR 30/53 gegebenenfalls zu justieren sind, um dem Marktpreisvorrang nach § 1 (1) und somit dem Preistyp „Marktpreis“ nach § 4 ihre ordnungsgemäße Geltung zu verschaffen. Übergeordnet wird in der vorliegenden Untersuchung also auch das klassische Wissenschaftsziel berücksichtigt: Der anwendungsorientierte Charakter wirtschaftswissenschaftlicher Forschungsarbeiten führt regelmäßig zu dem Anspruch, auf Basis der gewonnenen theoretischen Erkenntnisse operationale Implikationen für die Wirtschaftspraxis abzuleiten, um zu Fortschritten in real vorzufindenden Problemsituationen beizutragen.79 Nach Bamberg/Coenenberg ist das Lösen praktischer Entscheidungsprobleme sogar als das „Endziel der Betriebswirtschaftslehre“80 zu bezeichnen. Ein praktisches Entscheidungsproblem liegt gemeinhin immer dann vor, wenn eine Person eine Abweichung zwischen einem tatsächlichen und einem erwünschten Zustand feststellt und ein Hindernis existiert, das eine Transformation des tatsächlichen in den erwünschten Zustand nicht ohne Weiteres zulässt.81 Die beiden Begriffe „Problemlösungsprozess“ und „Entscheidungsprozess“ können im Übrigen bedenkenlos gleichgesetzt werden.82 Als ein solcher Entscheidungsprozess kann auch das – wenn es von einem hohen Überzeugungs- und Akzeptanzniveau bei den von ihm betroffenen
79 Vgl.
Kühn (1978), S. 34 ff. sowie Ulrich (1984), S. 200, der den passenden Begriff der „wissenschaftsgeleiteten Praxis“ gebraucht. Auch Albach (1992), S. 24, konstatiert, dass Theorie grundsätzlich gestaltend auf die Praxis wirkt bzw. wirken sollte. 80 Bamberg/Coenenberg (1991), S. 10. Bereits Eugen Schmalenbach soll in den Akteuren der Wirtschaftspraxis die Kunden der BWL gesehen haben, so Sieben (1998), S. 59. 81 Vgl. zum Problembegriff grundlegend Dörner (1976), S. 10 f. 82 Dies wird nachgewiesen bei Kirsch (1970), S. 70 ff.; siehe auch Imboden/Leibundgut/Siegenthaler (1978), S. 298.
1.2 Zielsetzung der Untersuchung
19
Akteuren gekennzeichnet sein soll – Urteil eines Preisprüfers über den preisrechtlich ordnungsgemäßen Preistyp bzw. dessen maximalzulässige Höhe verstanden werden.83 Aus diesem Grund fokussiert die vorliegende Arbeit die Prozesse bei Marktpreisprüfungen und die hier vorzufindenden Möglichkeiten und Grenzen im Zusammenspiel von Preisprüfern und geprüften Stellen. Wünschenswert erscheint ein Instrumentarium, das Unsicherheiten und etwaige Ansätze von subjektiv empfundener Willkür abbaut, im Vorfeld der Prüfung klarstellt, welche Aspekte besonders in den Fokus zu rücken sind, und den Prüfungsprozess – vor allem im Hinblick auf das Erbringen geeigneter Nachweise von Marktpreisprämissen – zweckmäßig restrukturiert. Dieser Aspekt ist insofern von gesteigertem Interesse für die nachfolgende Ausarbeitung, als zu selbigem in der Literatur bereits der Lösungsvorschlag artikuliert wurde, einen allgemeinverbindlichen Prüfungsstandard für Marktpreise in gewisser gedanklicher Anlehnung an die Prüfungsstandards des Instituts der Wirtschaftsprüfer e. V. (IDW) zu konzipieren. „Ein Prüfungsstandard für das Vorliegen von Marktpreisen würde bei dieser in Einzelfällen schwierig zu beantwortenden Fragestellung zu mehr Verbindlichkeit und Planungssicherheit für alle Beteiligten beitragen.“84 Dörr/Hoffjan sehen in ihrem Vorschlag ferner einen Weg, um eine „konsistente Anwendung des öffentlichen Preisrechts über einzelne Dienststellen hinweg“ und letztlich eine noch „stärkere Professionalisierung der Preisprüfung“ herbeizuführen.85 In anderen behördlichen Prüfungseinrichtungen wie etwa dem Bundesrechnungshof hat offenbar bereits eine Adaption an etablierte Methodiken und Verfahren stattgefunden und Prüfungsstandards kommen hier vermehrt zum Einsatz.86 Gleiches gilt für den amerikanischen „Bundesrechnungshof“, das Government Accountability Office, wo verwaltungsbereichsübergreifend „Generally Accepted Government Auditing Standards“ („GAGAS“) entwickelt wurden, um eine „wide range of auditors“ – hierbei handelt es sich neben den Rechnungsprüfern auf Bundesebene explizit auch um amerikanische Finanzprüfer auf bundesstaatlicher oder kommunaler Ebene – in den Stand zu versetzen, im Hinblick auf Unabhängigkeit, Transparenz, Rechenschaftspflicht und Qualität mit gutem Beispiel vorangehen zu können.87 83 So
bezeichnet Schuppert (1985), S. 36, das von Prüfern oder Kontrolleuren gebildete Urteil über betriebliche Sachverhalte allgemein als „eine reine Entscheidungsoperation“. 84 Dörr/Hoffjan (2015), S. 120. 85 Siehe Dörr/Hoffjan (2015), S. 120 f. 86 Vgl. Deutscher Bundestag (2017), S. 16. 87 Siehe United States Government Accountability Office (2018), S. 1 und 6.
20
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Einleitung
Aus Sicht der Preisüberwachung sind mit dieser Thematik allerdings zahlreiche Detailfragen verknüpft, zu denen bisher noch nicht gesondert Stellung bezogen wurde. Die vorliegende Arbeit möchte diesen Gedanken dezidiert aufgreifen und einen Marktpreis-Prüfungsstandard (MP-PS) für öffentliche Aufträge entwickeln, der als Orientierungshilfe für Prüfer und Geprüfte dienen und für jeden öffentlichen Auftrag das Entscheidungsproblem zum Vorliegen eines Marktpreises unterstützen kann. Überspitzten Aussagen, wie der schon früh von Welter getätigten, Preisprüfungen seien im Grunde „nicht viel mehr als ein zeitraubendes Stochern im Nebel“88 , soll somit – zumindest in Bezug auf den preisrechtlichen Marktpreisvorrang – weitestgehend die Grundlage entzogen werden. Allgemeine Vorgaben, die einen Prüfungsprozess wie den der Marktpreisprüfung gemäß VO PR 30/53 grundsätzlich ordnen und regeln sollen, müssen „immer von demjenigen erlassen werden …, der am Urteil interessiert ist. Im Einzelnen können dies z. B. der Staat (etwa bei öffentlichen Prüfungen …) usw. sein“89 . Der MP-PS müsste also letztlich vom Verordnungsgeber in top-down-Richtung in den Preisüberwachungsstellen implementiert werden.90 Durch Vorgabe von Methoden und Standards kann die zentrale Koordinierungsstelle zweckorientierte Rahmenbedingungen schaffen, um Insellösungen in den dezentralen Einheiten (Preisüberwachungsstellen) entgegenzuwirken.91 Aus Qualitätsmanagement-Sicht bestünde hierin das zwingend notwendige Vorgeben einer „neuen Qualitätsphilosophie“.92 Anspruch der vorliegenden Ausarbeitung soll es letztlich also auch sein, dass der Verordnungsgeber das Lösungskonzept intern diskutiert und eine Implementierung des MP-PS zumindest kritisch prüft.
1.3
Gang der Untersuchung
Die vorliegende Untersuchung erfolgt in sieben Schritten. Nachdem in diesem einleitenden Kapitel die wirtschaftspolitische Relevanz der Probleme beim Nachweisen von Marktpreisen ausführlich dargelegt wurde, soll zunächst in Kapitel 2 88 Welter
(1960), S. 243. (1953), S. 24. 90 Auch Scharrer (1988), S. 711; Hoffjan (1994), S. 8; Franz (2002), Sp. 1658, stellen fest, dass neue Qualitätsansprüche durch die oberste Ebene vorgelebt und top-down bzw. von oben nach unten in die Organisation hineingetragen werden müssen. 91 Dies würde dem bewährten Vorgehen in Organisationen mit Überwachungsaufgaben, die eine gewisse Größe überschreiten, entsprechen. Vgl. hierzu allgemein Picot (1990), S. 297 bzw. 303 f. 92 So Wicher (1988), S. 38; Scharrer (1991), S. 711. 89 Loitlsberger
1.3 Gang der Untersuchung
21
der bereits erwähnte Vorschlag eines Marktpreis-Prüfungsstandards (MP-PS) dezidiert aufgegriffen und die Vorteilhaftigkeit eines solchen Instrumentariums aus ökonomischer Sicht genauer beleuchtet werden. Hierdurch wird aufgezeigt, dass der Vorschlag tatsächlich ein zweckmäßiger ist und er nicht einfach ungeprüft vom Verfasser übernommen wurde. Sodann soll in Kapitel 3 das eigentliche theoretische Fundament der Arbeit gegossen werden, indem auf die Theorie des wirtschaftlichen Prüfungswesens zurückgegriffen wird, um das Aufgabenfeld der betriebswirtschaftlichen Prüfung in der Tiefe zu verstehen und mittels theoretisch fundierter Gestaltungsmaßnahmen dem MP-PS eine möglichst hohe Qualität zu verleihen. Wenngleich betriebswirtschaftliche Prüfungen wie bspw. Preisprüfungen mit dem Prüfungsurteil als Folge diverser Prüfungshandlungen letztlich immer auch ein bedeutsames Entscheidungsproblem zum Gegenstand haben, eignet sich etwa die klassische Entscheidungstheorie nur sehr bedingt als Rahmenkonzept für Prüfungsfragen. Die Entscheidungstheorie abstrahiert nämlich typischerweise von der Organisation des Prozesses der Entscheidungsfindung, sodass einleitende informatorische, kommunikative und planerische Arbeitsschritte in der Regel nicht untersucht werden können.93 Gerade diese Einflussfaktoren sind es jedoch, welche den Rationalisierungserfolg des Prüfungsvorgangs maßgeblich mitbestimmen; nicht nur in inhaltlichen Erwartungs- und Handlungsparametern liegt eine fundierte Entscheidungs- bzw. Urteilsfindung begründet, sondern gerade auch in „der formalen Ordnung, in der sich der Problemlöseprozeß vollzieht“94 . Die Prüfungslehre rechnet diese formalen Aspekte explizit zu ihren Untersuchungsobjekten, sodass sie für eine substanziierte Betrachtung preisprüferischer Prozess- und Entscheidungsverläufe prädestiniert erscheint. Die prüfungstheoretischen Ansätze determinieren somit in wesentlichem Umfang, gemäß welchen Prinzipien die anvisierte Standardisierung der Marktpreisprüfung letztlich konkret vollzogen werden sollte. Die Tatsache, dass die prüfungstheoretischen Ansätze das Prüfungsgeschehen in betriebswirtschaftlichen Kontexten vornehmlich aus der Sicht des Prüfenden beleuchten, führt hierbei keineswegs etwa dazu, dass lediglich Preisprüfer gesteigerten Nutzen aus der vorliegenden Arbeit ziehen können. Wenn nämlich ein Prüfungsstandard dergestalt aufgebaut ist, dass er über sachlogisch verknüpfte Wenn-Dann-Regeln – wobei die Wenn-Komponenten die realen Sachverhalte und
93 Vgl. 94 Witte
Witte (1968), S. 583. (1968), S. 583.
22
1
Einleitung
die Dann-Komponenten die resultierenden Verhaltensweisen des Prüfers bezeichnen – für die möglichen finalen Merkmalsausprägungen der Untersuchungsobjekte „Preistyp“ und „Preishöhe“ die Urteilsbildung skizziert, so können genauso gut die Geprüften den MP-PS pro-aktiv zu Rate ziehen, um zu antizipieren, welche Anforderungen die Preisprüfung an sie voraussichtlich stellen wird und wie die Preisvereinbarung vor der individuellen Auftragsausführung mit hoher Wahrscheinlichkeit regelkonform vollzogen werden kann.95 Hierzu wird von dem Leitgedanken ausgegangen, dass Preisprüfungen in signifikantem Umfang Gemeinsamkeiten mit den „herkömmlichen“ betriebswirtschaftlichen Prüfungstypen – also insbesondere den Disziplinen Wirtschaftsprüfung, Interne Revision und steuerliche Betriebsprüfung – aufweisen und somit zweifelsohne dem Gebiet des wirtschaftlichen Prüfungswesens zuzurechnen sind.96 Die Verfahren der Prüfungstheorie werden meist am Beispiel einer Jahresabschlussprüfung dargestellt, jedoch stiften die hier getroffenen Aussagen auch für alle anderen betriebswirtschaftlichen Prüfungen einen hohen Nutzen, denn die Jahresabschlussprüfung „besitzt wegen der hohen Anforderungen, die sowohl Gesetzgeber als auch der Berufsstand der Wirtschaftsprüfer an sie stellt, auch für andere Prüfungen einen gewissen Modellcharakter“97 . Zur Erreichung des vorgenannten Zielsystems bedarf es sodann in Kapitel 4 zwingend einer dezidierten Auseinandersetzung mit dem öffentlichen Auftragswesen auf Basis des einschlägigen Schrifttums. Der Marktpreis wird, soweit möglich, je nach Marktform in seinen unterschiedlichen Subtypen behandelt. Über die Literatur zum öffentlichen Preisrecht hinaus ist daher auch eine tiefergehende Betrachtung des Vergaberechts erforderlich, da bei öffentlichen Aufträgen infolge der zu veranstaltenden Vergabewettbewerbe in aller Regel besondere Marktformen erzeugt werden, ohne deren Kenntnis fundierte Aussagen zu den Marktpreisen auf diesen Märkten nur schwer möglich scheinen. Um die Darstellungen zum Recht und zur Praxis der öffentlichen Auftragsvergabe zu vervollständigen, wird 95 Zur ablauforganisatorischen Vorgabe eindeutiger Wenn-Dann-Sätze vgl. bereits Witte (1968), S. 583; Küpper (1982), S. 78; Gaitanides (1983), S. 183; Kupsch (1985), S. 1149. 96 Wem diese Grundannahme nicht ad hoc einleuchten mag, der sei darauf aufmerksam gemacht, dass mit Beißel (1992a), Beißel (1992b) und Ruske/Paß (2002) auch wiederholt Beiträge zu Preisprüfungen im „Handwörterbuch der Revision“, der führenden Enzyklopädie zum Prüfungswesen, zu finden waren. Ferner kann hier Erwähnung finden, dass vor geraumer Zeit ernsthaft erwogen wurde, ausstehende Preisprüfungen von privaten Wirtschaftsprüfern durchführen zu lassen, jedoch wurde diese Idee aufrund der Sorge über mögliche Interessenskollisionen nicht in die Tat umgesetzt, so Michaelis/Rhösa/Pauka (1954 ff.), § 9, S. 10. 97 So Sperl (1978), S. 24. Vgl. ähnlich auch Meyer zu Lösebeck (1990), S. 18.
1.3 Gang der Untersuchung
23
auch dem stark gestiegenen Stellenwert der IT-Beschaffungen Rechnung getragen, indem die in diesem Bereich evident gewordenen Besonderheiten, die zudem auch bei anderen Leistungskategorien relevant werden können, ergänzend dargestellt werden. Die Ausführungen widmen sich stets dem Primat des Marktpreisvorrangs, dessen Abgleich mit den konkreten Marktpreis-Prämissen der VO PR 30/53 und den sich hieraus ergebenden Implikationen für die Marktpreisprüfung. Im Übrigen wird bereits hier unter Zuhilfenahme etablierter Konzepte aus dem Wettbewerbsrecht (GWB) der intentionskonforme Umgang mit der VO PR 30/53 punktuell in bisher nicht dagewesener Form weiterentwickelt. Als sehr bedeutend wird es ferner erachtet, über die Sichtung des Schrifttums hinaus auch die einschlägige Rechtsprechung zu Preis- und Vergaberecht zu berücksichtigen. Das Element der Rechtsprechungsanalyse entfaltet im vorliegenden Kontext eine besondere Bedeutung, da es sich beim öffentlichen Preisrecht faktisch um sog. Richterrecht handelt. Die allseits gültige Rechtsauffassung bildet sich folglich in wesentlichem Umfang auf Basis der preisrechtlichen Rechtsprechung heraus, die versucht, die lückenhafte und zuweilen zweideutige Rechtslage über ihre Urteile sukzessiv zu konkretisieren. Wenngleich auch Richterrecht stets lediglich als das Ergebnis einer (subjektiv gefärbten) Auslegung von Gesetzen oder Verordnungen zu betrachten ist, kommt selbigem jedoch eine besondere Praxisrelevanz zu, da sich rechtliche Instanzen in der Regel in Zweifelsfällen an vorheriger Rechtsprechung orientieren.98 Die vorliegende Arbeit erkennt somit das ineinandergreifende Verhältnis von Rechts- und Wirtschaftswissenschaft an, indem die zu lösende Problematik unter Rückgriff auf beide Disziplinen angegangen wird. Mithin gilt grundsätzlich, dass die rechtlichen Aspekte, die die Beschaffenheit der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zum Gegenstand haben, und die ökonomische Analyse, welche vor allem die Prozesse, die sich innerhalb dieser Rahmenbedingungen abspielen, nicht isoliert betrachtet werden sollten, wenn letztlich vertrauenswürdige Ergebnisse geliefert werden sollen.99 Infolge der vielschichtigen Zusammenhänge im modernen Wirtschaftsleben bedarf es mithin für eine fundierte Beurteilung juristischer Einzelfragen in der Regel auch vertiefter ökonomischer Kenntnisse.100 Der Ansatz, an Stellen, die von der einen Disziplin nur unzureichend beleuchtet werden, bedarfsgerechte Ergänzungen aus der anderen hinzuzuziehen, wird auch hier als zielführend erachtet, da er zu einer umfassenden und vor allem praxisgerechten Bewertung der Gesamtproblematik 98 So
auch bereits Bundesverband der Wirtschaftsberater e. V. (1965), S. 15; ferner hierzu Larenz/Canaris (1995), S. 252 f. 99 Vgl. Siegel/Kirchner/Elschen/Küpper/Rückle (2000), S. 257. 100 So auch schon Coing (1964), S. 3.
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1
Einleitung
beiträgt.101 Es gilt also nicht bloß, „die Wirtschaftswissenschaft als Hilfswissenschaft“ im preisrechtlichen Kontext zu bemühen, sondern es sei im Sinne von Mestmäcker explizit der Ansatz verfolgt, über die gleichberechtigte, d. h. „die parallele Anwendung der Erkenntnismethoden beider Wissenschaften zur Lösung einheitlicher Sachfragen“ zu gelangen.102 Das nachfolgende Kapitel 5 ist empirisch ausgerichtet und befasst sich vornehmlich mit der Diskussion und Evaluation eines vorläufigen Konzeptes des MP-PS im Rahmen eines eigens einberufenen Expertengremiums („Fokusgruppe Marktpreis“) sowie im Rahmen von Vorträgen vor Betroffenen, um den Grundstein für eine erfolgreiche Implementierung zu legen. Das Kapitel dient zunächst der Erläuterung der Zusammensetzung, der Zielsetzung und des zeitlichen Ablaufs des Evaluationsprozesses. Ferner werden die wesentlichen Ergebnisse dieser qualitativ-empirischen Erhebungskomponente dargestellt. Die Fokusgruppe soll nicht nur den MP-PS selbst umfassend auf den Prüfstand stellen und Ergebnisse dahingehend liefern, wie das Lösungskonzept weiter optimiert werden kann, sondern auch pro-aktiv zu einer besseren Akzeptanz des Prüfungsstandards bei den Preisrechtsanwendern beitragen. Auf Grundlage dieses empirischen Teilschritts wird sodann angestrebt, „via Strukturierung der vorhandenen Ergebnisse den Blick auf für ein Verstehen des Gesamtzusammenhanges bedeutsame Fragestellungen zu lenken (Gestaltungsfunktion)“103 . Der gewählte Evaluationsprozess trägt dem Umstand Rechnung, dass die professionelle Planung und Gestaltung organisatorischer Regelungen stets sowohl die Berücksichtigung abstrakter theoretischer Modelle als auch die empirisch vorzufindenden Besonderheiten des untersuchten Feldes berücksichtigen muss. Während unter Rückgriff auf betriebswirtschaftliche Erkenntnisse Idealvorstellungen umrissen werden, kommt es mittels paralleler oder anschließender Erfassung von Ist-Erhebungen zur Aufdeckung eventueller Schwachstellen in den modellorientierten Ansätzen. Beide Stränge bilden hierdurch ein ineinandergreifendes System, wobei sie sich laufend gegenseitig beeinflussen und Verbesserungsoptionen offenlegen. Im Zuge der fortschreitenden Konkretisierung des Lösungsansatzes – von
101 Ähnlich
auch Siegel/Kirchner/Elschen/Küpper/Rückle (2000), S. 260. Mestmäcker (1964), S. 105; dies klingt auch an bei Sulk (2015), S. 22. 103 So explizit in Bezug auf das Aufgabengebiet „empirische Forschung im Prüfungswesen“ Ruhnke (1997), S. 319. 102 So
1.3 Gang der Untersuchung
25
Problemdefinition und Zielformulierung über das Grobkonzept bis hin zum Feinmodell – sollen Theorie und Praxis bestmöglich in Einklang gebracht werden, um schlussendlich ein möglichst wirkungsvolles Konzept präsentieren zu können.104 In Kapitel 6 wird dann der neu konzipierte und im Feld evaluierte MP-PS in seiner vorläufig gültigen Form vorgestellt. Er stellt gewissermaßen die Synthese aus Theorie und Empirie dar. Als bereits recht gut ausgereiftes Lösungskonzept soll er grundsätzlich in der Praxis zum Einsatz kommen können. Zum Ende bietet Kapitel 7 eine Schlussbetrachtung der vorliegenden Arbeit, wobei der MP-PS bzw. dessen Erstellungsprozess als Quintessenz der Untersuchung einer kritischen Würdigung unterzogen werden soll. Auch wird hier ein Blick in die Zukunft gerichtet, um Akzeptanz und Qualität des Instrumentariums auch mittel- bis langfristig zu sichern und die Problemlösung somit gewissermaßen zu verstetigen.
104 Vgl.
S. 74 ff.
hierzu bereits Szyperski (1971), S. 280 f. sowie Siemens AG (Hrsg.) (1979),
2
Nutzen des Instruments „Prüfungsstandard“
Inhaltsverzeichnis 2.1 2.2
2.1
Nutzen aus der Sicht von Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Nutzen aus der Sicht der Prüfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
Nutzen aus der Sicht von Dritten
Die Sinnhaftigkeit standardisierter Regelungen und Verfahren wie bspw. Prüfungsstandards lässt sich mit Blick auf deren verhaltenssteuernde Implikationen ökonomisch plausibel begründen. Hierzu sei zunächst konstatiert, dass aufbauend auf dem aktuellen Stand der Marktpreisprüfung durch den zu entwickelnden MP-PS eine Rationalisierung der Marktpreisprüfung in Gang gebracht werden soll. Rationalisierung bedeutet im Allgemeinen die Wahl einer Handlungsoption, die eine bestimmte ökonomische Aufgabe im Vergleich zur bisherigen Vorgehensweise besser löst.1 Nach Baetge2 wie auch Knoblauch/Stangner 3 können explizit auch betriebswirtschaftliche Prüfungen Gegenstand von Rationalisierungsbestrebungen sein. Die Verbesserung richtet sich bei der Rationalisierung zumeist auf die Rahmenbedingungen betriebswirtschaftlicher Abläufe wie bspw. die organisatorischen Ablaufstrukturen (Ablauforganisation) oder auch die Wahl
1 Vgl.
Schweitzer/Küpper (1975), Sp. 3304; Lück (1984), S. 161. Baetge (1985), S. 277 ff. 3 Vgl. Knoblauch/Stangner (1985), S. 291 ff. 2 Vgl.
© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 J. Mengis, Entwicklung eines Marktpreis-Prüfungsstandards für öffentliche Aufträge, Schriften zu Wirtschaftsprüfung, Steuerlehre und Controlling, https://doi.org/10.1007/978-3-658-32044-7_2
27
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Nutzen des Instruments „Prüfungsstandard“
geeigneter(er) Arbeits- und Hilfsmittel.4 Voraussetzung für Rationalisierungseffekte ist gleichwohl stets das Vorhandensein einer operationalen Zielvorschrift als Maßstab zur Messung der Verbesserung bzw. einer bewusst gewählten Sollvorstellung, die es zu erreichen gilt.5 In dieser Arbeit soll die Zielvorschrift in einer effektiven und effizienten Marktpreisprüfung bestehen, die zu transparenten, konsistenten und somit nachvollziehbaren Ergebnissen führt. Rationalisierung zielt nämlich keineswegs nur auf eine Effizienzverbesserung im Sinne schlankerer und schnellerer Prozesse ab, sondern muss stets auch die Effektivität in Form von hohen Qualitätsansprüchen berücksichtigen.6 Es muss also der Versuch unternommen werden, die Effektivität, verstanden als „die richtigen Dinge tun“, und die Effizienz im Sinne eines „die Dinge richtig tun“7 von Preisprüfungen zu erhöhen, indem (1) der Übereinstimmung mit der Intention des öffentlichen Preisrechts sowie (2) der Klarheit und Wirtschaftlichkeit des Prüfungsprozesses verstärkt Rechnung getragen wird.8 Effektivität bezeichnet die grundsätzliche Eignung eines Mittels oder einer Maßnahme, ein bestimmtes Ziel zu erreichen.9 Die Effektivität einer Preisprüfung bemisst sich folglich an der Auswahl der richtigen Prüfungshandlungen sowie an ihrem Handlungsergebnis, d. h. in der Frage, ob ein vorliegender Marktpreis tatsächlich als solcher erkannt und die rechtlich zulässige Preishöhe korrekt ermittelt wird. Effizienz hingegen stellt auf die Wirtschaftlichkeit von Prozessen ab. Wie Leffson zu Recht feststellt, ist „Wirtschaftlichkeit … die grundsätzliche ‚Nebenbedingung‘ jeglicher wirtschaftlichen Tätigkeit und folgt aus der Knappheit der Mittel dieser Welt (Knappheit der Ressourcen). Sie ist damit eine zwingende Nebenbedingung jeder wirtschaftlichen Veranstaltung und damit auch des Wirtschaftlichen Prüfungswesens“10 . Ein Prüfer sollte sich demnach zwar stets so 4 Vgl.
Picot (1979), S. 1145. Schweitzer/Küpper (1975), Sp. 3304 ff.; Küpper (1975), S. 95; Küpper (1982), S. 5; Baetge (1985), S. 277. 6 Vgl. zur Berücksichtigung von Effizienz und Effektivität im Rahmen von Rationalisierungsbestrebungen bereits Szyperski (1973), S. 12. 7 Vgl. zu diesen Definitionen grundlegend Drucker (1963), S. 54, bzw. Kanter/Brinkerhoff (1981), S. 322, sowie aus der neueren Literatur Müller-Strewens/Schnupp (2017), S. 74 ff. 8 Vgl. hierzu auch Gronewold (2006), S. 9, Fn. 32, der ebenfalls Effektivität und Effizienz als zentrale Beurteilungskriterien für die Qualität betriebswirtschaftlicher Prüfungen heranzieht; ähnlich auch Schuppert (1985), S. 1, der stets sowohl Zuverlässigkeit als auch Wirtschaftlichkeit bei Überwachungsvorgängen sichergestellt sehen will. 9 Vgl. Welge/Fessmann (1980), Sp. 577. 10 Leffson (1988), S. 120; ähnlich zuvor bereits Härle (1966), S. 706 bzw. 716; vgl. auch Simon (1981), S. 195 ff.; zum Wirtschaftlichkeitsprinzip allgemein vgl. bereits 5 Vgl.
2.1 Nutzen aus der Sicht von Dritten
29
viele Prüfungshandlungen wie nötig, aber zugleich so wenige wie möglich vornehmen, um zu einem vertrauenswürdigen Prüfungsurteil zu gelangen.11 Es ist im Zuge dessen sicherzustellen, dass alle relevanten Prüfungsschritte tatsächlich einmal, aber möglichst nicht mehrfach durchgeführt werden.12 Zwischen Effektivität und Effizienz als Eckpfeiler der Rationalisierung lässt sich grundsätzlich ein gewisses Spannungsfeld ausmachen, da weder die Maximierung des einen noch des anderen zu optimalen Ergebnissen führt. In der Gesamtschau muss allerdings die Effektivität grundsätzlich als das höherrangige Ziel betrachtet werden, welches sodann auf effiziente Weise erreicht werden sollte. Mithin gilt nämlich, dass die effiziente Erreichung von etwas Nutzlosem auch eine Form der Ressourcenverschwendung darstellt.13 Wie bereits angedeutet, ist es zur Erreichung dieses Ziels angezeigt, die Ablauforganisation der Preisprüfung als Gegenstand der Rationalisierungsbemühungen in den Fokus zu rücken. Während „Organisation“ allgemein als das Strukturieren und Regeln von Sachverhalten aufgefasst werden kann,14 wird speziell unter der Ablauforganisation der Hergang eines Geschehens als Arbeitsprozess einschließlich des Einsatzes von Organisations- und Hilfsmitteln verstanden.15 Als zu beachtende Nebenbedingung gilt hierbei, dass Prozessabläufe in aller Regel sequenziell angelegt sind und vorgelagerte Aktivitäten die Prämissen für nachfolgende Entscheidungs- oder Handlungsalternativen bilden.16 Die Aufgabe der Ablauforganisation ist es, die verschiedenen – in einem gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis befindlichen – Elemente des Prozesses (Arbeitsschritte, Prozeduren) dergestalt zu verknüpfen, dass eine möglichst zielorientierte und ergiebige Prozessstruktur entsteht.17 Die Güte der ablauforganisatorischen Modellierung einer Prüfung dürfte grundsätzlich stark mit dem Anspruch korrelieren, konstant gute Prüfungsurteile zu
Koch (1951), S. 161 ff.; die Tatsache, dass sich Wirtschaftlichkeitsbeurteilungen in aller Regel auf einen ökonomischen Prozess (wie etwa eine Prüfung) beziehen, wird ferner betont bei Müller-Merbach (1982), S. 633; weiterführend zur Wirtschaftlichkeit explizit als Prüfungsmaßstab Rückle (2008), S. 43 ff. 11 Vgl. hierzu Wysocki (1983b), Sp. 1707 ff. bzw. Power (1997), S. 28 f. 12 Vgl. Thiergard (2007a), S. 7. 13 Vgl. hierzu Drucker (1963), S. 54; Ordelheide (1977), S. 26; Müller-Strewens/Schnupp (2017), S. 75; zur zentralen Bedeutung der Effektivität im Sinne einer Outputorientierung bei Prozessen siehe auch Männel (2002), S. 598. 14 So Grochla (1962), S. 703. 15 Vgl. hierzu Witte (1969), Sp. 20; dies klingt auch an bei Loitlsberger (1963), S. 120 f. 16 Vgl. Grochla (1962), S. 711; Gaitanides (1983), S. 186. 17 Vgl. Schweitzer (1974), Sp. 1.
30
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Nutzen des Instruments „Prüfungsstandard“
fällen.18 Eine Beschäftigung mit dem Untersuchungsgegenstand „Marktpreisprüfung“ erscheint aus einer anderen als der Prozessmanagement-Perspektive demnach kaum möglich.19 Es existiert nämlich in der Regel kein punktueller Entscheidungsakt, sondern es obliegt dem Entscheidungsträger, mehrere kumulative Entscheidungshandlungen als systematischen Prozess zu durchlaufen, ehe schließlich am Endpunkt des Prozesses der notwendige Entschluss mit ausreichend scharfen Konturen erkennbar ist.20 Unter einem Prozess versteht man allgemein einen mit einem klaren Anfang und einem klaren Ende versehenen „Satz von in Wechselbeziehungen stehenden Mitteln und Tätigkeiten, die Eingaben in Ergebnisse umgestalten“21 . Prozessmanagement wiederum hat Planungscharakter und kann mit Festlegung der Prozessziele, Auswahl und richtige Anordnung der notwendigen (Teil-)Prozesse sowie Benennung der prozessverantwortlichen Personen umschrieben werden.22 Zentrales Wesensmerkmal der zielorientierten Ablauforganisation kann neben Fragen nach dem Ort, der Zeit und den verwendeten Arbeitsmitteln auch und vor allem die Reihenfolge sein, in der die einzelnen Arbeitsschritte erledigt werden sollen.23 Anzustreben ist diesbezüglich eine generelle, allgemeinverbindliche Lösung anstelle von verschiedenen, subjektiv geprägten Insellösungen. „Jeder Mensch, der sich über den Einzelfall hinaus Gedanken macht, wie Aufgaben zweckmäßig erledigt werden können, organisiert.“24 Organisation stellt demgemäß per Definition ein System von Regeln zur Erfüllung von Daueraufgaben dar.25 Der nachfolgend zu entwickelnde Prüfungsstandard ist das Ergebnis der hiesigen 18 So
konstatiert auch Wiedmann (1993), S. 14: „Der Prüfungsansatz … hat entscheidenden Einfluß auf die Effektivität und Effizienz der Prüfung.“ Vgl. ähnlich auch Witte (1980), Sp. 638. 19 Vgl. auch Gutenberg (1966), S. 13, welcher das „Revidieren im Sinne wertender Stellungnahme“ als „Prozeß gedanklicher Aktivität“ auffasst, sowie Schandl (1978), S. 4, der die betriebswirtschaftliche Prüfung als „a human evaluation process to establish the adherence to certain norms, resulting in an opinion (or judgment)” verstanden wissen will. Vgl. ferner die Ausführungen zur Prozessbetrachtung bei Drexl (1990), S. 17 ff. und Loitlsberger (1997), S. 677 f. 20 Vgl. Wacker (1971), S. 124. 21 DIN EN ISO 8402 (1995), S. 6; ähnlich auch Götze (2007a), S. 1066; Götze (2007b), S. 326. 22 Vgl. Gerboth (2000), S. 536 f. 23 Vgl. Blohm (1977), S. 52. 24 Blohm (1977), S. 46. 25 So auch Grochla (1978), S. 14.
2.1 Nutzen aus der Sicht von Dritten
31
Organisations- bzw. Standardisierungsbemühungen sowie formalisiertes Instrument zur späteren Standardisierung des praktischen Geschehens bei der Daueraufgabe „Marktpreisprüfung“ zugleich. Diesbezüglich gilt gemeinhin, dass ein organisierter Arbeitsablauf besser funktioniert als ein unorganisierter.26 Dieser Grundsatz gilt lediglich dann nicht, wenn Prozesse erst ad hoc festgelegt werden können oder wenn wegen schöpferischer und geistig gestalterischer Arbeitsinhalte die Freiheit zur Selbstorganisation von dem Betroffenen zwingend eingefordert werden muss.27 Beide Ausnahmefälle finden sich im Kontext der Marktpreisprüfung nicht wieder, da es sich bei dieser (aus Prüfersicht) weder um ein überraschend eintretendes Ereignis noch um eine Aufgabe mit künstlerischem oder Forschungsund Entwicklungscharakter handelt. Sie stellt vielmehr eine in großer Zahl und in gleich(artig)er Form immer wieder auftretende Prozedur mit einem – wie noch zu zeigen sein wird – zudem planbaren und in weiten Teilen vorhersehbaren Informationsbedarf, mithin eine „Routinetätigkeit“, dar.28 Routinetätigkeiten sind aus organisationstheoretischer Sicht stets „in vorgelagerten Entscheidungsprozessen genau zu definieren“29 . Routineaufgaben bergen also in der Regel nicht bloß ein erhebliches Standardisierungspotential, sondern zweckmäßigerweise vielmehr ein Standardisierungserfordernis.30 Hintergrund dieser Maxime ist, dass fallweise Regelungen im Vergleich zu generellen Regelungen wegen erhöhten Kommunikationsschwierigkeiten und mangelnder Übung deutlich anfälliger für Fehler sind.31 Folgerichtig lässt sich in Bezug auf betriebswirtschaftliche Prüfungen wie etwa Marktpreisprüfungen festhalten, dass die Gleichartigkeit vieler wiederkehrender Prüfungen es sinnvoll erscheinen lässt, die Prüfungshandlungen zu standardisieren.32 Durch die Standardisierung von Abläufen, „die sich in gleicher oder
26 So
Witte (1969), Sp. 20. Witte (1969), Sp. 21 f. 28 Zum Charakter von Routinetätigkeiten vgl. auch bereits Albach (1961), S. 381 f.; Böhnisch (1979), S. 23; Schuppert (1985), S. 1 ff. bzw. S. 20; Baetge/Sanders/Schuppert (1985), S. 451. 29 Erfle (1985), S. 1; ähnlich bereits Grochla (1962), S. 703 f.; Bierfelder (1980), Sp. 230; Witte (1980), Sp. 636. 30 Vgl. hierzu auch die entsprechenden Hinweise bei Becker/Petersen (1964), S. 408; Seifert (1969), S. 140; Picot/Reichwald (1984), S. 65 und 69 ff.; Götze (2007a), S. 1067. 31 Vgl. Göbel (1990), S. 7. 32 Vgl. Sauer/Bohnert (2002), Sp. 850; vgl. ähnlich auch Mayer (1978b), S. 705 und Mochty (2002), Sp. 1769. Nur sehr eingeschränkt gefolgt werden kann vor diesem Hintergrund Chazen/Solomon (1975, S. 69), wenn diese behaupten: „No audit is routine – each 27 Vgl.
32
2
Nutzen des Instruments „Prüfungsstandard“
ähnlicher Weise wiederholen“, lassen sich sodann vorgenannte Kommunikationserfordernisse und „persönliche Weisungen ersetzen oder zumindest reduzieren“33 . Dementsprechend arbeiten privatwirtschaftliche Prüfungsorganisationen in der Praxis vielfach mit standardisierten Prüfungsabläufen, die nicht für einen einzelnen Prüfungsauftrag als Maßgabe gelten, sondern vielmehr das prüferische Vorgehen fallübergreifend vorgeben.34 Dieses Vorgehen fußt auf der Annahme, dass das bei der Planung der Prüfung unterstellte Prozessmodell als repräsentativ für eine Vielzahl von realen Prüfungen gelten kann und demnach unabhängig davon tauglich ist, welches Unternehmen oder auch welcher Auftrag geprüft sowie von welcher Person die Prüfung durchgeführt wird.35 Standardisierung lässt sich gemeinhin als zweckmäßige Vereinheitlichung von Objekten oder Verfahren definieren.36 Ein Standard ist das Ergebnis eines solchen Vereinheitlichungsprozesses in Gestalt einer schriftlich fixierten Regelung.37 Ein Prüfungsstandard stellt somit „eine im wesentlichen einheitlichen Vorstellungen folgende Prüfungsdurchführung“ mit dem Ziel der „einheitlichen Behandlung gleichartiger Sachverhalte und Probleme“ dar.38 In der Wirtschaftsprüfung gehören Angleichungsbestrebungen verschiedener Prüfungsmaßstäbe und hiermit einhergehend die „Entwicklung einheitlicher Prüfungsstandards“ seit Jahrzehnten zu den „vordringlichsten Fragen des Berufsstandes“39 . Diese Tendenzen wurden von den dortigen Berufsvertretern bereits relativ früh mit Blick auf deren qualitätsverbessernde Potentiale weitestgehend positiv aufgenommen.40 Standardisierungsbemühungen bei Abläufen haben in aller Regel die grundsätzliche Festlegung der zu verarbeitenden Informationen sowohl in Bezug auf eine bestimmte Form als auch einen bestimmten Inhalt zum Gegenstand.41 Standardisierung ist somit ein typisches Merkmal einer auf Qualitätssicherung is tailored to match the engagement, and, equally important, each is modified, as needed, as the audit progresses to reflect conditions encountered.“ 33 So Hering/Toll/Gerbaulet (2019), S. 579. 34 Vgl. Sperl (1978), S. 34 f.; Richter (2004), S. 225. 35 Vgl. Arens (1970), S. 1 f.; Grochla (1978), S. 42; Gaitanides (1983), S. 177. 36 Vgl. Reese (1993), Sp. 3941. 37 Vgl. Reese (1993), Sp. 3941. 38 Steskal (1992), Sp. 1528; dies klingt auch bereits an bei Moyer (1952), S. 687, der folgende Definition vorschlägt: „Audit standards are criteria or measures of performance which are established by authority or general consent as general guides to action. They imply a degree of uniformity in quality of performance.” 39 Holzer/Lück (1975), S. 541. 40 Vgl. Marks (1982), S. 26. 41 Vgl. in ähnlicher Form auch Picot/Reichwald (1984), S. 38.
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ausgerichteten Ablauf- und Prüfungsorganisation,42 wobei „Qualität“ im Allgemeinen zu verstehen ist als „Gesamtheit von Merkmalen einer Einheit bezüglich ihrer Eignung, festgelegte und vorausgesetzte Erfordernisse zu erfüllen“43 und somit fast gleichbedeutend mit dem oben bereits definierten Effektivitätsbegriff zu werten ist. Zur Sicherstellung einer ordnungsgemäßen Ablauforganisation „bedarf es … präzise formulierter Richtlinien und Arbeitsanweisungen“44 . Zumeist sind die Arbeitsanweisungen in einem Standard also sehr spezifisch und detailliert beschrieben.45 Nach Gaitanides führt die Einführung von Standards letztlich zu folgenden Effekten: „Sie geben an, wie und in welcher Reihenfolge eine bestimmte Verhaltenserwartung (Prozeß) zu erfüllen ist. Sie sind mithin generalisierte Instruktionen zur Bearbeitung, die der unpersönlichen technokratischen Koordination dienen. Verhaltensspezifizierende Strukturierung von Aktivitätsfolgen soll also die durch Prozeßstrukturen noch zulässige Varietät des Verhaltens reduzieren helfen.“46
Varietät bezeichnet in diesem Zusammenhang die Anzahl frei wählbarer Handlungsschritte, welche dem Individuum (bspw. einem Prüfer) im Rahmen einer Ablauforganisation noch zugebilligt wird.47 Durch die Verfügbarkeit eines Standards wird der handelnde Akteur dabei unterstützt, beim Abarbeiten des Prozesses sowohl bezüglich administrativer bzw. handwerklicher Prozeduren als auch bei eher intellektuell geprägten Schritten wie Interpretationen und Beurteilungen die situativ geeignetsten Verhaltensweisen zu wählen.48 Bolsenkötter/Poullie bringen diese Vorzüge der Standardisierung im Prüfungskontext wie folgt auf den Punkt: „Es ist erforderlich, … die Maßstäbe für die Arbeit im Prüferberuf weitestgehend zu vereinheitlichen, damit Mandanten und Öffentlichkeit eine hinreichende Gewähr dafür haben, daß die Prüfungsbefunde – insbesondere die formelhaft zusammengefaßten und publizierten Prüfungsergebnisse (Bestätigungsvermerke/-berichte) – nach im wesentlichen einheitlichen Kriterien zustande gekommen sind. Das erfordert die Erarbeitung von Standards (Maßstäben, Beurteilungskriterien) auf zwei
42 Vgl.
Scharrer (1991), S. 702 ff.; Gaitanides (1992), Sp. 1 f. EN ISO 8402 (1995), S. 3. 44 Thiergard (2007a), S. 6. 45 Vgl. Hill/Fehlbaum/Ulrich (1981), S. 266. 46 Gaitanides (1983), S. 177. 47 Vgl. Mirow (1969), S. 70 ff.; Hill/Fehlbaum/Ulrich (1981), S. 266. 48 Ähnlich auch Hill/Fehlbaum/Ulrich (1981), S. 268. 43 DIN
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Ebenen, nämlich Standards für die Prüfungsobjekte (Hilfen zur Bestimmung des Soll-Objektes) und Standards für die Prüfung selbst.“49
Die Standardisierung als Leitgedanke strahlt im Prüfungswesen im Grunde auf sämtliche Phasen des Prüfungsverlaufs ab und manifestiert sich somit fast in einem allumfassenden Grundsatz, wie nachfolgende Aussage verdeutlichen mag: „Ohne Regelung zum Verfahren der Auftragsabwicklung, zum Prüfungsinhalt und -umfang, zur Vorgehensweise bei der Prüfung wie auch zu deren Dokumentation und zur Art der Vorlage der Prüfungsergebnisse (Berichterstattung) ist praktisch eine ordnungsgemäße Durchführung der Prüfungen nicht erreichbar.“50
Für die Geprüften sowie die Öffentlichkeit hat die Implementierung eines Standards den Vorteil, dass die „Kontrollierbarkeit der Leistungsoutputs“51 verbessert wird. Durch Definition und Dokumentation geeigneter Teil- und Subprozesse entstehen abgrenzbare und besser überschaubare Arbeitspakete.52 Es kann somit besser beurteilt werden, ob der Entscheider (Prüfer) rationale Kriterien zugrunde
49 Bolsenkötter/Poullie
(2003), Abt. VI/4, Rn. 279; ähnlich zuvor auch Sieben/Bretzke/Raulwing (1976), S. 184 f.; Loitlsberger (1992), Sp. 1515. Stachuletz/Kühnberger (1987), S. 409, gehen sogar noch weiter und vergleichen den kompletten Verzicht auf in Prüfungsstandards kodifizierten Regeln für die Prüfung sogar mit reiner „Kaffeesatz-Leserei“. 50 Bolsenkötter/Poullie (2003), Abt. VI/4, Rn. 261. Der Vollständigekit halber ist jedoch zu erwähnen, dass sich im Schrifttum auch Opponenten des Instrumentariums „Prüfungsstandard“ finden. So wird bei Finley (1994), S. 255 ff. auf spieltheoretische Weise aufgezeigt, dass detaillierte Handlungsanweisungen zu unerwünschten Konsequenzen führen. Ausgehend von der Prämisse, dass ein Prüfungsstandard aufgrund der vermeintlich gründlicheren Prüfung bei den Beteiligten zu einer abschreckenden Wirkung führe, reduziert der Prüfer die Sorgfalt seiner Prüfungshandlungen, weil er davon ausgeht, durch die Abschreckungswirkung wären von vornherein weniger Fehler durch die Beteiligten begangen worden. Diese Haltung des Prüfers wird wiederum von den Beteiligten antizipiert, sodass diese nun Grund zu der Annahme haben, Fehler im Prüfungsstoff würden infolge der verminderten Sorgfalt mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit aufgedeckt als vor der Prüfungsstandard-Einführung. Unter anderem um diesem Risiko zu begegnen und damit auf eine hinreichend sorgfältige und gewissenhafte Prüfungsdurchführung vertraut werden kann, sind alle bedeutsamen Prüfungshandlungen – wie noch näher darzustellen ist – nachvollziehbar zu dokumentieren. 51 Gaitanides (1983), S. 183. 52 So auch Hoffjan (1994), S. 8 f. in Bezug auf das Qualitätsmanagement in der öffentlichen Verwaltung im Allgemeinen; ähnlich zuvor auch Baetge (1984), S. 164, der diesbezüglich von einer „Sicherheitswirkung“ der Überwachung spricht.
2.2 Nutzen aus der Sicht der Prüfer
35
gelegt hat oder ob er „einfach nach Gutdünken willkürlich entschieden hat“53 . Rational ist ein Entscheidungsverhalten immer dann, wenn ihm keine ungeprüften Annahmen oder irrationale Dogmen zugrunde liegen.54 Letzteres wird jedoch infolge der eintretenden Disziplinierungswirkung weitaus seltener der Fall sein, da sich der Prüfungsstandard-Verwender bereits bei der Entscheidungsfindung über die nachträgliche Durchschaubarkeit seines Handelns im Klaren ist und er somit nicht umhin kommt, seine später gegenüber Dritten zu verantwortende Entscheidung von vornherein so objektiv wie möglich zu gestalten.55 Wie hier anklingt, lassen sich die Qualitätseigenschaften von Prüfungen wie bspw. Preisprüfungen aus Sicht eines Außenstehenden ohne Vorliegen allgemeinverbindlicher Richtlinien kaum verlässlich beurteilen. Prüfungen weisen somit deutliche Wesenszüge von Vertrauensgütern auf.56 In diesen Fällen kann eine professionelle Qualitätssicherung Abhilfe schaffen, die den Qualitätsmanagement-Gedanken der Betriebswirtschaftslehre explizit in den Bereich des Prüfungswesens übertragen und die allgemeine Qualität von Prüfungen erhöhen will.57 Gute Qualitätssicherungssysteme sind hierbei imstande, unzweckmäßige Prüfung(shandlung)en mit hoher Gewissheit von vornherein auszuschließen.58 Neben aufbau- sind insbesondere auch ablauforganisatorische Vorkehrungen unter dem Stichwort „Prozessqualität“ integrale Bestandteile derartiger Qualitätsmanagement-Ansätze.59 Konkret ist hierbei auf „Organisationsstrukturen, Verantwortlichkeiten, Verfahren, Prozesse und Mittel“ als Stellschrauben zur Erreichung der Qualitätsziele zu verweisen.60
2.2
Nutzen aus der Sicht der Prüfer
Aber auch den Prüfern selbst kann die alltägliche Arbeit mit einem Prüfungsstandard wesentliche Vorteile eröffnen. Durch die verbesserte Überwachbarkeit 53 Riehm
(2006), S. 181; ähnlich zuvor auch Sieben/Bretzke/Raulwing (1976), S. 185. Kirsch/Esser/Gabele (1979), S. 286. 55 Vgl. Riehm (2006), S. 252; ähnlich zuvor auch Meyer zu Lösebeck (1990), S. 186 f. 56 Vgl. Richter (2000), S. 663 ff.: Ballwieser (2002), Sp. 1828; Richter (2004), S. 222 ff.; ähnlich auch bereits Moxter (1981), S. 581. Unter einem „Vertrauensgut“ wird gemeinhin eine Lieferung oder Leistung verstanden, deren exakte Qualität der Abnehmer „weder vor noch nach dem Kauf überprüfen“ kann, so Meffert (2000), S. 25. 57 Siehe hierzu Ludewig (1981), S. 1045 ff.; Richter (2004), S. 225; Schmidt/Pfitzer/Lindgens (2005), S. 321 ff.; Götze (2007a), S. 1068. 58 Vgl. Richter (2004), S. 225. 59 Vgl. Wicher (1988), S. 35 ff.; Franz (2002), Sp. 1651 ff. 60 So Zink (1995), S. 884; ähnlich zuvor auch Wicher (1988), S. 37. 54 Vgl.
36
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Nutzen des Instruments „Prüfungsstandard“
ergibt sich für denjenigen, dessen Arbeit überwacht wird, zunächst einmal die Chance, glaubwürdig eine hohe persönliche Prüfungs- bzw. Arbeitsqualität zu signalisieren und somit vor hierarchisch höheren Instanzen zu reüssieren.61 Ferner kann es zu einer merklichen Arbeitserleichterung für die Betroffenen kommen. In Anlehnung an Simon kommt dies wie folgt zum Ausdruck: „Die Organisation führt Standardverfahren ein. Indem sie ein für allemal (oder zumindest für einen bestimmten Zeitabschnitt) entscheidet, daß eine bestimmte Aufgabe auf eine bestimmte Art und Weise erfüllt werden soll, befreit sie das Individuum, das die Aufgabe tatsächlich erfüllt, von der Notwendigkeit, jedesmal zu bestimmen, wie sie abgewickelt werden soll.“62
Die intendierte Arbeitserleichterung materialisiert sich insbesondere dann, wenn – wie dies bei Gans der Fall ist – betriebswirtschaftliche Prüfungen bewusst als „heuristische Suchprozesse“ aufgefasst werden. Gans zufolge liegt das Charakteristische einer Heuristik in „Anweisung(en) der Informationshandhabung zur Vereinfachung und Steuerung von Problemlösungsprozessen“63 . Für das Prüfungswesen sei ein solcher Ansatz geeignet, da Prüfungsverläufe zu Beginn weitgehend einen ungewissen Verlauf annähmen und aus Prüfersicht regelmäßig mit Hemmnissen zu rechnen sei, mithin der konkrete „Ast des Problemlösungsbaumes erst im Verlauf des Prozesses festgelegt wird“64 . Die heuristisch geprägten Anweisungen „wirken dann als Steuerungsprinzipien der Lösungssuche“65 . Weitere passende Übersetzungen für Heuristik sind insofern auch etwa „Verfahren zur Lösungsfindung“ oder kurz „Findeverfahren“66 . Die Hauptursache für das Bestehen eines Problems ist in aller Regel in einem hohen Maß an Komplexität zu verorten. Komplexität lässt sich gemeinhin als „Gesamtheit aller Merkmale eines Zustands oder Objekts im Sinne von Vielschichtigkeit“67 definieren. Ab einem bestimmten Komplexitätsgrad stößt der Akteur auf ein Problem, weil er den vor ihm liegenden und zu bearbeitenden Sachverhalt als Ganzes nicht mehr überblicken kann.68 Bei betriebswirtschaftlichen Sachverhalten sind die mit ihm in Verbindung stehenden Elemente zwar 61 Vgl.
Baetge (1984), S. 164. (1981), S. 134. 63 Gans (1986), S. 321. 64 Gans (1986), S. 502 f. 65 Gans (1986), S. 342. 66 So Dörner (1976), S. 27 bzw. S. 38. 67 Adam/ Johannwille (1998), S. 6. 68 Vgl. Dörner (1976), S. 18. 62 Simon
2.2 Nutzen aus der Sicht der Prüfer
37
mitunter grundsätzlich bekannt, es bestehen jedoch dahingehend Unklarheiten, wie diese kombinatorisch effizient, bspw. hinsichtlich ablauforganisatorischer oder entscheidungsorientierter Aspekte, im Rahmen eines Lösungsverfahrens anzuordnen sind (sog. „schlechtstrukturiertes Problem“).69 Im Prüfungskontext bringt dies auch den Missstand mit sich, dass besondere Auffälligkeiten vielfach nicht eindeutig als Fehler deklariert werden können, weil der Beurteilungsmaßstab nicht hinreichend klar ist.70 Heuristiken schaffen in solchen Fällen Abhilfe in Gestalt systemstrukturierender Modelle, die aufgrund der zwingend abstrakten, Unwesentliches bewusst ausklammernden Darstellungsform eine näherungsweise Lösung als ausreichend erachten, ohne aber systemkonstituierende Elementbeziehungen von zentraler Bedeutung zu ignorieren.71 Ziel ist somit eine strategisch-taktische Komplexitätsreduktion.72 Hierunter kann die „Exklusion irrelevanter Beziehungen, Schaffung von klar abgegrenzten und relativ independenten Subsystemen sowie Bildung eines möglichst hohen Anteils direkter Beziehungen bzw. die Vermeidung indirekter Beziehungen“73 verstanden werden. Mit der heuristischen Komplexitätsreduktion wird nicht zuletzt das Ziel verfolgt, in vertretbarem Zeitrahmen zu sachgerechten Ergebnissen zu gelangen.74 Zudem zählen Zusatzinformationen, die nur auf ungewöhnlich kostspielige Weise beschafft werden könnten, zu den Wissenstatbeständen, von denen im Rahmen heuristischer Verfahren in aller Regel ganz bewusst abstrahiert wird.75 Auf der anderen Seite zählt es sicherlich auch bei den heuristischen Verfahren zur „allgemein geübten Praxis, kostenlose relevante Informationen abzuwarten, sofern man es sich leisten kann, noch zu warten“76 . Diese unter dem Effizienzaspekt zu subsumierenden Grundsätze stehen aufgrund des betriebswirtschaftlichen Effektivitätsvorranges zwar nicht im Zentrum der Zielsetzung, doch kommt ihnen insofern dennoch ein besonderes Gewicht zu, als
69 Vgl. Simon (1980), S. 337; Adam (1983), S. 486; Adam (1989), Sp. 1416; Witte (1995), S. 285. 70 Vgl. Richter (2000), S. 664. 71 Vgl. Albach (1961), S. 363; Kruschwitz/Fischer (1981), S. 449 f.; Adam (1983), S. 488; Richter (2000), S. 664; A.T. Kearney (2004), S. 5; Götze (2007a), S. 1067. 72 Vgl. Kühn (1978), S. 150; ähnlich auch Grochla (1974), S. 17 bzw. A.T. Kearney (2004), S. 3 ff. 73 Bünting (1995), S. 72. 74 Vgl. Klein (1971), S. 36; Kirsch (1971), S. 156; Lechner/Egger/Schauer (2016), S. 475 und 962. 75 Vgl. Albach (1961), S. 364. 76 Spohn (1978), S. 148.
38
2
Nutzen des Instruments „Prüfungsstandard“
die Preisüberwachungsstellen personell eher dünn besetzt sind.77 Um dennoch eine hohe Zahl von Preisprüfungen durchführen zu können, ist man also auf ein relativ zügiges Erlangen von Prüfungsergebnissen angewiesen. Die Reduktion des Problemlösungsaufwandes erfolgt mittels Heuristik keineswegs willkürlich oder zufällig. Vielmehr ist notwendige Bedingung, dass zweckorientiert und systematisch vorgegangen wird und die Problemlösung in Form einer plausiblen und belastbar begründbaren Abfolge herleitbar ist.78 Somit stellen auch konzeptionslose Probiermethoden ausdrücklich keine Heuristiken dar, da sie „den Theoretiker nicht befriedigen“79 . Neben plausiblen Vermutungen sind Erfahrungswissen oder Analogien aus benachbarten Bereichen zulässige Wegweiser für operationale heuristische Verfahren.80 Häufig sind heuristische Entscheidungshilfen etwa durch problemstrukturierende Elemente wie dem Setzen von Prioritäten oder vorformulierten Abbruchkriterien gekennzeichnet.81 Sehr ähnlich hierzu ist die Heuristik des „generate and test“, bei der zunächst eine Lösung eines (Teil-)Problems erarbeitet, diese anhand vorformulierter Kriterien, ähnlich einer Checkliste, auf Tauglichkeit überprüft und nach dem Testlauf – falls nötig – mindestens einmal zwecks Überarbeitung an den Ersteller zurückgegeben wird.82 Ein weiteres besonders typisches Merkmal heuristischer Verfahren ist die Problemaufspaltung in mehrere mehr oder minder eigenständig abgrenzbare Teilbzw. Unterprobleme, die isoliert zu lösen sind, um dem mit strukturellen Mängeln behafteten Gesamtproblem besser Herr werden zu können.83 Die Lösung von untergeordneten und unabhängigen Problemen im Wege einer Stufung bzw. sukzessiven Verfeinerung dient hierbei einzig der Lösung des jeweils hierarchisch
77 Vgl.
bereits Diederich (1961), S. 204. An dieser Situation hat sich aber bis heute nicht viel geändert, wie der Verfasser bei Tagungsbesuchen oder in Gesprächen mit Praktikern immer wieder vernommen hat. 78 Vgl. Kirsch (1970), S. 94; Streim (1975), S. 148; Dörner (1976), S. 43; Kruschwitz/Fischer (1981), S. 449 f.; Adam (1989), Sp. 1415. 79 Baetge (1974), S. 143. 80 Vgl. Streim (1975), S. 148; Dörner (1976), S. 81 ff.; Witte (1995), S. 286. 81 Vgl. Müller-Merbach (1976), S. 73 ff.; Lechner/Egger/Schauer (2016), S. 475. 82 Vgl. Newell (1969), S. 377 ff.; Kühn (1985), S. 539 ff.; ähnlich auch Müller-Merbach (1976), S. 74. 83 Vgl. Klein (1971), S. 107; Kirsch (1971), S. 184 f.; Koch (1972), S. 226 f.; Grochla (1974), S. 17; Hauschildt (1976), S. 332; Müller-Merbach (1976), S. 75 f.; Imboden/Leibundgut/Siegenthaler (1978), S. 313 f.; Simon (1980), S. 338 f.; Adam (1983), S. 486 ff.; Adam (1989), Sp. 1415 f.; Witte (1995), S. 287; Lechner/Egger/Schauer (2016), S. 475.
2.2 Nutzen aus der Sicht der Prüfer
39
höhergelegenen Problems.84 Diese untergeordneten Probleme sind hierbei „quasi selbstständige Teilräume“ in nebengeordneter Form und können gewissermaßen „additiv“ kombiniert werden, um das zuvor zerlegte Überproblem zu lösen.85 Ferner besteht die Möglichkeit, von vornherein nicht nur die Informationsverarbeitung, sondern auch bereits die Informationsbeschaffung als Bestandteil in eine Heuristik mit aufzunehmen.86 Die Informationsbeschaffung stellt, wie noch zu zeigen ist, einen sehr bedeutsamen Aspekt betriebswirtschaftlicher Prüfungen dar. Heuristische Verfahren sind prozessual eindeutig und abschließend beschreibbar und demnach auch der Programmierung zugänglich.87 Unter einem Programm wird grundsätzlich „die Festlegung einer zweckorientierten, geordneten Folge von zukünftigen Ereignissen oder Abläufen“88 verstanden. Die Programmierung stellt die Tätigkeit der Programmerstellung dar.89 Programme können keineswegs nur in Form eines Computerprogramms, sondern auch in Form von an den Menschen gerichteten, ablauforganisatorischen Instrumenten mit explizit formulierten Entscheidungsregeln vorliegen.90 Heuristische Programme werden gemeinhin dergestalt entwickelt, dass eine personell unabhängige Anwendbarkeit möglich ist.91 Die große Nähe zum Instrument des „Standards“ wird spätestens hier sehr deutlich.92 Die Absicht heuristischer Programme ist es jedoch gemeinhin nicht, den Entscheidungsprozess bis ins kleinste Detail vorzugeben, sondern dem Programmverwender sollen punktuelle Freiheitsgrade und Steuerungsoptionen offen 84 Vgl. Imboden/Leibundgut/Siegenthaler (1978), S. 314; Lechner/Egger/Schauer (2016), S. 475. 85 So Kühn (1978), S. 187; siehe auch Dörner (1976), S. 18; Müller-Merbach (1976), S. 71. 86 Vgl. Imboden/Leibundgut/Siegenthaler (1978), S. 300. 87 Vgl. Kruschwitz/Fischer (1981), S. 450. 88 Schmitz (1969), Sp. 1358; ähnlich auch DIN 44300 (1972), S. 5 sowie Simon (1977), S. 46. 89 Vgl. Schmitz (1969), Sp. 1359. 90 Siehe hierzu auch Zumwinkel (1973), S. 24; Grochla (1978), S. 42 ff.; Simon (1981), S. 282 f.; Hill/Fehlbaum/Ulrich (1981), S. 267 f. 91 So Streim (1975), S. 150. 92 Vgl. hierzu auch Grochla (1978), S. 44, der die Termini „Programmierungsgrad“ und „Standardisierungsgrad“ mehr oder weniger gleichsetzt. Auch Simon (1977), S. 45 f. sowie 31, merkt an, dass es programmierte und nicht-programmierte Entscheidungsprozesse gibt und es insbesondere die bereits angesprochenen betriebswirtschaftlichen Routinetätigkeiten sind, die der Gruppe der programmierten Entscheidungsprozesse zugerechnet werden sollten.
40
2
Nutzen des Instruments „Prüfungsstandard“
gelassen werden, mit Hilfe derer verbleibende subjektive Einflüsse auf den Ablauf einwirken können und sollen.93 Es werden umso mehr subjektive Einflüsse auf die Entscheidung zuzulassen sein, je komplexer das Ausgangsproblem ist; hier sind dann ungeachtet dem Vorhandensein einer Heuristik vor allem Erfahrung, Intuition und Kreativität gefragt.94 Die strukturierende und vereinfachende Darstellungsweise von Heuristiken bringt es mit sich, dass bewusst einzelne theoretisch durchaus denkbare Lösungsmöglichkeiten ausgeklammert werden, der Lösungsraum also a priori auf die vermeintlich wichtigsten bzw. wesentlichsten Alternativen verengt wird.95 Es kommt somit zu einer Abkürzung des Lösungsweges.96 Dies führt automatisch dazu, dass ein heuristisches Verfahren seinem Verwender (wie bspw. einem Akteur im Preisrecht) nicht in jedem Einzelfall die optimale Lösung des Entscheidungsproblems garantieren kann.97 Das jeweilige Ergebnis „kann eine,optimale‘ oder auch nur eine,zulässige‘ Lösung sein“, wobei dieser theoretische Unterschied für den praktischen Einzelfall sodann allerdings „keine wesentliche Rolle“ spielt.98 Die Optimallösung anhand eines vollkommenen Informationsprogramms nachzuweisen, wäre ohnehin in aller Regel utopisch, weil es an gesicherten Erwartungen über die möglicherweise eintretenden Umweltzustände und Handlungsalternativen mangelt.99 Dieses vermeintliche Dilemma stellt jedoch für die vorliegende Arbeit keine allzu große Problematik dar, denn im Prüfungswesen gilt in den meisten Fällen, dass die Prüfungsergebnisse aufgrund der Schwierigkeit der Prüfungsaufgabe lediglich mit hinreichender Sicherheit herausgearbeitet werden sollen. Hinreichende Sicherheit bedeutet aber nicht absolute Sicherheit, sondern „bloß“ einen hohen Grad an Sicherheit.100 Unter hinreichend bzw. hochgradig sollen Ergebnisse verstanden werden, die ein im Vorfeld festgelegtes Anspruchs- bzw. Sicherheitsniveau zufriedenstellend erfüllen.101
93 Vgl.
Streim (1975), S. 150. Streim (1975), S. 160. 95 Vgl. Streim (1975), S. 147 ff.; Dörner (1976), S. 18. 96 Vgl. Kühn (1978), S. 157. 97 Vgl. Klein (1971), S. 36; Baetge (1974), S. 171 f.; Kühn (1978), S. 152 f.; Simon (1980), S. 342 f.; Adam (1989), Sp. 1414 f.; Witte (1995), S. 286. 98 So Müller-Merbach (1976), S. 71. 99 Vgl. zu diesem Problem bereits Albach (1961), S. 367 ff. und 373 f.; ferner Baetge (1974), S. 173, wie auch Hövermann (1979), S. 62. 100 Vgl. IDW PS 200 (2000), S. 709. 101 Vgl. Kirsch (1970), S. 102. 94 Vgl.
2.2 Nutzen aus der Sicht der Prüfer
41
Ergänzend ist anzumerken, dass die Abgrenzung zwischen einer Heuristik und einem Algorithmus nicht immer einfach zu vollziehen ist.102 Ein Algorithmus ist eine Entscheidungsmethode, die Regeln intersubjektiv eindeutig und tatsächlich ausführbar formuliert, nach endlich vielen Schritten abbricht, sich zur Lösung einer ganzen Klasse von klar umrissenen Aufgaben eignet, und nach Verfahrensanwendung entweder die gesuchte Lösung angibt oder die Nichtexistenz einer Lösung eindeutig nachweist.103 Der Algorithmus stellt somit das tendenziell größere und langsamere, aber auch das genauere Werkzeug zur Lösung komplexer Probleme wie bspw. Prüfungen dar. Während eine Heuristik als effiziente Daumenregel ohne Lösungsgarantie bezeichnet werden kann, erfolgt mittels Algorithmus ein systematisches Überprüfen aller Alternativen, was mühsamer erscheinen mag, aber sicher zu einem (sodann unstrittigen, optimalen) Ergebnis führt. Ein solches Verfahren wäre nach Meinung des Verfassers an sich dem Ziel der vorliegenden Untersuchung angemessen und somit eigentlich anzustreben. So soll es auch Ziel des MP-PS sein, in jedem Falle zu einem klar umrissenen Ende der Marktpreisprüfung mit entsprechend klar formulierter Aussage zu gelangen, doch soll nicht unterstellt werden, dass der Weg zu dieser Aussage über alle sukzessiven Teilaussagen hinweg stets den intersubjektiv eindeutigen Optimalfall darstelle. Das hier angestrebte Anspruchs- bzw. Sicherheitsniveau soll im Einklang mit der Prüfungslehre ein leistbares, d. h. ein punktuell von subjektiven Freiheitsgraden geprägtes, sein. Im Weiteren soll somit bewusst nicht von einem Algorithmus gesprochen, sondern vielmehr Gans gefolgt und die Erstellung des MP-PS als heuristische Programmierung der preisrechtlichen Marktpreisprüfung begriffen werden. Hierbei wird dem Umstand Rechnung getragen, dass bei der heuristischen Programmgestaltung stets der fachspezifische Fokus im Blick zu halten ist: In aller Regel misslingt es, eine in einem bestimmten fachlichen Kontext hilfreiche Heuristik unbesehen in eine andere betriebswirtschaftliche Disziplin zu übertragen.104 Es ist daher auch aus diesem Grunde angezeigt, im nun folgenden Kapitel auf das prüfungstheoretische Schrifttum zurückzugreifen, um herauszuarbeiten, welchen Ablauf der MP-PS als heuristisches Programm in formaler und inhaltlicher Hinsicht konkret vorsehen sollte. Für die vorliegende Ausarbeitung ist hierbei von Vorteil, dass sich in den prüfungstheoretisch hergeleiteten Grundsätzen ordnungsmäßiger Prüfung die heuristischen Prinzipien an vielen Stellen wiedererkennen lassen. 102 Vgl.
hierzu Kirsch (1971), S. 153 ff.; Gans (1986), S. 318 ff. m.w.N. hierzu Klein (1971), S. 33. 104 Vgl. Streim (1975), S. 153. 103 Siehe
3
Prüfungstheoretischer Bezugsrahmen
Inhaltsverzeichnis 3.1
3.2
3.3 3.4 3.5 3.6 3.7
3.8
Definitorische Aspekte von Prüfungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.1 Rollen- und personenbezogene Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1.2 Prüfungstypologische Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Typische Teilprozesse von Prüfungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.1 Allgemeine Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.2 Sicherstellung der Prüfungsbereitschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.3 Ist-Objekt-Ermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.4 Soll-Objekt-Ermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2.5 Soll-Ist-Vergleich, Abweichungsmessung und Urteilsbildung . . . . . . . . . Aufteilung des Prüfungsprogramms in Prüffelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wahl einer zweckmäßigen Prüfungsrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Beachtung des Wesentlichkeitsgrundsatzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konsultation von sachverständigen Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prüfungsdokumentation und Arbeitspapiere . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7.1 Flowcharts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.7.2 Checklisten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prüfungsberichterstattung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.1
Definitorische Aspekte von Prüfungen
3.1.1
Rollen- und personenbezogene Merkmale
43 43 58 62 62 65 69 76 79 83 85 93 102 107 107 113 121
Wie bereits angedeutet, misst die vorliegende Arbeit dem Umstand, dass Preisprüfungen im Hinblick auf deren Tätigkeits- und Aufgabenprofil in hohem Maße
© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 J. Mengis, Entwicklung eines Marktpreis-Prüfungsstandards für öffentliche Aufträge, Schriften zu Wirtschaftsprüfung, Steuerlehre und Controlling, https://doi.org/10.1007/978-3-658-32044-7_3
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3
Prüfungstheoretischer Bezugsrahmen
Ähnlichkeiten zu den verschiedenen herkömmlichen betriebswirtschaftlichen Prüfungsformen aufweisen und somit zweifelsohne der übergeordneten Disziplin des wirtschaftlichen Prüfungswesens zuzuordnen sind, eine hohe Bedeutung bei. Um die charakteristischen Merkmale des theoretischen Erkenntnisobjektes „(Preis-)Prüfung“ in ein helleres Licht zu rücken und sodann konkrete, zweckmäßige Empfehlungen für die Standardisierung der Marktpreisprüfung abzuleiten, wird im Folgenden der allgemeine Charakter betriebswirtschaftlicher Prüfungen aus theoretischer Sicht beleuchtet. Ohne diese theoretische Fundierung kann der Zielsetzung der Arbeit, Entwicklung eines praxistauglichen MP-PS, nicht Genüge getan werden. Ganz im Sinne des geflügelten Wortes „Es gibt nichts Praktischeres als eine gute Theorie“1 wird daher im Folgenden die Theorie des wirtschaftlichen Prüfungswesens als theoretische Fundierung systematisch dargestellt. Diese zielt allgemein darauf ab, grundlegende theoretische Erklärungen sowie Empfehlungen für die Berufspraxis betriebswirtschaftlicher Prüfer zu formulieren und Ansätze zu liefern, wie in anspruchsvollen Prüfungssituationen zu sachgerechten Entscheidungen und abschließenden Beurteilungen gelangt werden kann.2 Konzeptionelle Bezugsrahmen sind gemeinhin als systematisierte und strukturierte Abbildungen realer Gegebenheiten zu begreifen, die Orientierung im Problemlösungsprozess geben, da sie die Relationen zwischen den Untersuchungsobjekten in dem relevanten Themengebiet in einem vereinfachten Gesamtzusammenhang wiedergeben, wodurch ein praktischer Mehrwert gestiftet wird. Mithilfe eines problemorientierten, passenden Bezugsrahmens gelingt es, sowohl die zentralen (Forschungs-)Fragen und die bedeutsamen Teilobjekte des interessierenden Themenfeldes als auch Annahmen und Analyseindikatoren bezüglich der Beziehungen zwischen diesen Elementen abzubilden. Konzeptionelle Bezugsrahmen sind insofern hilfreich, um Ansätze für die Entwicklung operationaler Entscheidungsinstrumente (wie bspw. dem MP-PS) zu liefern.3 Bislang hat sich kein spezifischer Ansatz der betriebswirtschaftlichen Prüfungstheorie klar gegen die übrigen durchsetzen können, was von den Fachvertretern auch unumwunden eingeräumt wird.4 Vielmehr wurden seit den 1960er und
1 Lewin
(1951), S. 169. Drexl (1990), S. 11; Ludewig (1993), Sp. 3790; Richter (1999b), S. 1505. 3 Vgl. zu den Eigenschaften und dem Sinn von konzeptionellen Bezugsrahmen Grochla (1978), S. 62 ff.; Richter (1997), S. 30 f.; Richter (1999a), S. 265 f.; Gronewold (2006), S. 191. 4 Vgl. hierzu bspw. Wysocki (1973), S. 606 f.; Ruhnke (1997), S. 311; Sieben/Mostowfi (1998), S. 644; Richter (1999b), S. 1505. 2 Vgl.
3.1 Definitorische Aspekte von Prüfungen
45
-70er Jahren verschiedene benachbarte prüfungstheoretische Denkschulen entwickelt, die in der Literatur seither gewissermaßen nebeneinander existieren.5 Im Hinblick auf die alternativen prüfungstheoretischen Ansätze verharrt die Prüfungslehre – so zumindest einige zurückhaltende Stimmen – noch immer in dem Stadium einer „Berufskunde“ bzw. einer „(handwerklichen) Kunstlehre“6 . Das betriebswirtschaftliche Phänomen „Prüfung“ wird hierbei in aller Regel aus der Sicht des Prüfers als zentrale Figur des Prüfungsgeschehens dargestellt.7 Als von ihr angesprochene Kreise können neben der Prüferschaft gleichwohl ebenso „… Geprüfte, Adressaten des Prüfungsergebnisses und der Staat“ aufgeführt werden.8 Die Ausführungen in der vorliegenden Arbeit dürften in weiten Teilen dem „messtheoretischen Ansatz“ des wirtschaftlichen Prüfungswesens entsprechen.9 Dieser auf von Wysocki basierende Ansatz fasst das Untersuchungsobjekt „Prüfung“ als eine besondere Art des Vergleichs von tatsächlicher und ordnungsgemäßer Merkmalsausprägung in Gestalt eines Messvorgangs auf (Soll-Ist-Vergleich).10 Der messtheoretische Ansatz ist von Wissenschaft und (mit kleinen Abstrichen) auch Praxis vergleichsweise gut aufgenommen worden.11 Es bestehen in dieser Arbeit jedoch deutliche Durchlässigkeiten zum „regelungstechnischen Ansatz“ des wirtschaftlichen Prüfungswesens (mitunter auch „kybernetischer Ansatz“ genannt), der vor allem von Baetge entwickelt wurde.12 Die konsistente Verbindung der Gesamtheit aller Bestandteile eines Prozesses lässt sich immer dann als Regelkreis bezeichnen, wenn sie einen in sich geschlossenen Wirkungspfad mit eindeutiger Wirkungsrichtung abbilden.13 Auf die Teilprozesse von Prüfungen trifft dieses zu, wodurch sie regelungstechnisch darstellbar sind.14 Beide vorgenannten Ansätze vermitteln im Zuge dessen vor allem analytische Grundlagen, verdeutlichen Rationalitätskalküle und sind auf 5 Vgl. für einen Überblick bspw. Loitlsberger (1997), S. 669 ff.; Ewert (2007), S. 1119 ff.; Freidank (2012), S. 127 ff. oder Brösel/Freichel/Toll/Buchner (2015), S. 12 ff. 6 So Richter (1999b), S. 1505. 7 Vgl. Richter (1999a), S. 269. 8 So Ballwieser (2002), Sp. 1826. 9 Vgl. zu diesem Ansatz grundlegend Wysocki (1978); Schmid/Uecker (1985); Wysocki (1988); Wysocki (2007); aber auch Otte (1996). 10 Vgl. Wysocki (1983a), Sp. 1402 ff.; Sieben/Mostowfi (1998), S. 644. 11 Siehe hierzu Kupsch (1985), S, 1163; Richter (2002), S. 37 ff. 12 Vgl. für einen Überblick Baetge (1983); Baetge (1984); Baetge/Thiele (2002); Baetge/Oberdörster (2007). 13 Vgl. DIN 19226 (1954), S. 2. 14 Lück (1998b), S. 640.
46
3
Prüfungstheoretischer Bezugsrahmen
logische Richtigkeit hin überprüfbar.15 Der regelungstechnische Ansatz fußt auf dem Systemgedanken, bei dem zunächst eine Grundgesamtheit von zueinander in Beziehung stehenden Elementen, mithin das System, zu erfassen ist.16 Dieses ist sodann problemadäquat zu zerlegen, um die interessierenden Elemente von den weniger interessierenden zu separieren und letztlich betriebswirtschaftliche Überwachungsprozesse in Form eines handlichen, meist auf mehreren Disaggregationsstufen abbildbaren (grafischen) Modells entschlüsseln zu können.17 Ausgerichtet auf die finale Entscheidung als Zielgröße, die als gedanklicher Prozess interpretiert wird, soll mittels zielorientierter Gestaltung, Anordnung und Verknüpfung der Systemelemente eine geeignete Prozessstruktur entwickelt werden, wobei die Teilprozesse das Ergebnis eines durch Regelung und Steuerung gekennzeichneten Systemverhaltens sind.18 Der Prüfungsprozess wird somit im Rahmen eines abstrakten Systems gesteuert und geregelt, indem eine „in sich widerspruchsfreie Sammlung von allgemeinen Aussagen über ein reales dynamisches System“19 (bspw. die Preisprüfung) erstellt wird. Der Fokus liegt hierbei nicht zuletzt auch auf der Analyse, welche Auswirkungen gewisse Veränderungen einzelner Systemelemente auf die mit ihm verbundenen Elemente sowie letztlich auf die finale Entscheidung haben.20 Weil die entwickelten kybernetischen Aussagen generalisierbar auf eine Vielzahl von Abläufen mit gleichförmiger Problematik anwendbar sind, entfalten sie eine fallübergreifende Wirkung als geregelter „Suchprozeß zur Realisation von Zielen“21 und somit explizit auch eine „heuristische Funktion“22 . Zudem erlauben es regelungstechnische Konzepte, die für den Entscheidungsprozess notwendigen Informationen sowie auch deren Quellen explizit in das Systemmodell zu integrieren.23 In der vorliegenden Arbeit wird somit der verbreiteten Auffassung des prüfungstheoretischen Schrifttums gefolgt, die besagt, dass in aller Regel einzelne prüfungsbezogene Fachfragen unter Zuhilfenahme verschiedener, sich gegenseitig ergänzender betriebswirtschaftlicher Prüfungstheorieansätze beantwortet werden 15 So
die Einschätzung von Ballwieser (2002), Sp. 1826. grundlegend Baetge (1974), S, 11 ff. 17 Vgl. Baetge/Fischer (1989), Sp. 1943 ff. 18 Vgl. Baetge/Fischer (1989), Sp. 1944. 19 So Baetge (1974), S. 14. 20 Vgl. Grochla (1970), S. 15 f.; Grochla (1974), S. 15. 21 Vgl. Grochla (1974), S. 14. 22 So Grochla (1970), S. 11. 23 Vgl. Götze (2007b), S. 328. 16 Vgl.
3.1 Definitorische Aspekte von Prüfungen
47
müssen.24 Ohnehin ist die in der Literatur vorzufindende Trennung zwischen dem messtheoretischen und dem regelungstechnischen Ansatz des wirtschaftlichen Prüfungswesens nach Ansicht des Verfassers nur bedingt nachvollziehbar bzw. notwendig. Schon früh wurde nämlich völlig richtig erkannt, dass für die Verwendung von Regelungsmechanismen zur Steuerung von (betriebswirtschaftlichen) Prozessen zunächst die Messfähigkeit der entscheidenden Größen des Regelkreislaufs gewährleistet sein muss.25 Eine Regelung zeichnet sich mithin durch wiederholtes Reproduzieren von Abläufen aus, wobei „Wiederholungs- und Nichtwiederholungsfälle … jeweils nur durch Messen bestimmt werden“26 können. Dementsprechend hat es sich auch ergeben, dass der regelungstheoretische Ansatz insbesondere das Operieren mit Soll-Ist-Vergleichen vom messtheoretischen Ansatz übernommen hat.27 Es spricht somit vieles dafür, die beiden vorgenannten Theorieansätze bewusst symbiotisch zu betrachten.28 Dieses theoretische Grundgerüst ist im Kern an die traditionelle aufgabenorientierte Organisationstheorie der BWL angelehnt, welche es sich zum Ziel setzt, organisatorische Regelungen (bspw. den Ablauf betreffend) dergestalt zu formen, dass betriebliche oder verwaltende Leistungen möglichst zielgerecht erfolgen.29 In Bezug auf grundlegende Probleme des Prüfungswesens wie bspw. die Rationalisierung und die personenübergreifende Standardisierung des Prozesses der Marktpreisprüfung lassen sich für die Wahl der traditionellen Organisationssichtweise gute Gründe anführen. So ist die traditionelle Organisationslehre „leicht fasslich und viel greifbarer als die diffuse verhaltensbezogene Theorie, die von Fachausdrücken 24 Vgl.
bspw. Lechner (1981), S. 60 oder Richter (1999a), S. 269. Adam (1959), S. 14 f. 26 Adam (1959), S. 15. 27 Dies wird auch festgestellt bei Richter (2002), S. 19. 28 Es wird sich hiermit im Übrigen eng an den Ingenieurswissenschaften, insbesondere der Elektrotechnik, angelehnt, die den Zusammenhang zwischen Messungen und Regelungen seit Langem kennen und im Rahmen der „Mess- und Regelungstechnik“ untersuchen. Ziel ist es hierbei nicht zuletzt, in einem zu regelnden Prozess für eine gesicherte Prozesssteuerung zu sorgen, die weitestgehend unabhängig von Störgrößen ist. Mithilfe von Rückkopplungen der Regelgröße (des Ist-Wertes) wird eine Regelung in Gestalt eines in sich geschlossenen Kreislaufs erzeugt. Im Wege der Messung der Regelgröße wird der IstWert generiert, um ihn mit einem vordefinierten Soll-Wert zu vergleichen, woraufhin durch den Regler die beeinflussbare Größe dergestalt variiert wird, dass die Abweichung zwischen Soll- und Ist-Wert – trotz der Existenz gewisser Störfaktoren – möglichst gering ausfällt. Vgl. hierzu grundlegend DIN 19226 (1954); darüber hinaus Baetge/Steenken (1971), S. 597 ff.; Baetge (1974), S. 27 ff.; Blohm (1977), S. 33 sowie Fischer (1988), S. 134. 29 Vgl. Zünd (1982b), S. 10. 25 Vgl.
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Prüfungstheoretischer Bezugsrahmen
der Psychologie und Soziologie durchsetzt ist“30 . Zudem ist das Organisieren betriebswirtschaftlicher Sachverhalte zunächst einmal auf das Erstellen eines geeigneten Rahmenwerkes für eine größere Gruppe von gleichzeitig Betroffenen ausgerichtet und somit „verhaltensneutral“31 . Unter Bezug auf verhaltenstheoretische Aussagen lassen sich demzufolge meist nur schwer allgemeingültige, normative Maßstäbe ableiten.32 Der Sinn und Zweck aller Prüfungen liegt darin, Urteile über tatsächliche Sachverhalte im Hinblick auf deren Übereinstimmung mit einem für sie spezifisch zugrunde gelegten Sollzustand herzuleiten.33 Der Begriff „Prüfung“ wird im deutschsprachigen Schrifttum in aller Regel mit dem lateinisch-stämmigen Begriff „Revision“ gleichgesetzt, welcher so viel wie „Wieder-Anschauen“34 oder „rückschauende Betrachtung“35 bedeutet. Die Durchführung von Prüfungen ist immer dann geboten, wenn von einem Vorgang betroffene Akteure dem Zustand eines Objektes nicht indifferent gegenüberstehen und sie zugleich nicht imstande sind, die Entwicklung des Objektzustandes ihrem persönlichen Einfluss zu unterwerfen. Die Hauptfunktion einer Prüfung besteht mithin darin, die beteiligten Personen über die Auswirkungen der von ihnen nicht kontrollierten Einflüsse auf den Zustand des Prüfungsobjektes zu informieren und sie so in die Lage zu versetzen, etwaige Korrekturmaßnahmen in angemessener Form einzuleiten.36 Prüfungen sind insofern als systematische Informationsverarbeitungsprozesse interpretierbar.37 Es ist hierbei nicht vermessen, zu behaupten, dass Prüfer den Großteil ihrer Zeit damit zubringen, sich mit den nötigen Informationen zu versorgen und diese zu verarbeiten.38 30 Zünd (1982b), S. 11. Der Fairness halber soll nicht unerwähnt bleiben, dass Zünd neumodischere Ansätze im Prüfungswesen keineswegs kategorisch ablehnt, sondern diese vielmehr einzelfallbezogen für sehr sinnvolle Ergänzungen hält. Dem soll hier gar nicht widersprochen werden. Gleicher Ansicht ist im Übrigen Lenz (2011), S. 638. 31 Zünd (1982b), S. 11; ähnlich auch Schuppert (1985), S. 254. 32 Vgl. Schuppert (1985), S. 254. 33 Vgl. Meyer (1983), Sp. 279; ähnlich auch Leffson (1988), S. 13, bzw. Bolsenkötter/Poullie (2003), Abt. VI/4, Rn. 23. 34 Coenenberg/Hille (1989), Sp. 1731; Baetge (1990), S. 3. 35 Czempirek (1969), S. 144. 36 Vgl. Bretzke (1972), S. 265; Sieben/Bretzke (1973), S. 625. 37 Ebenso Lück (2001a), S. 238; ähnlich bereits Kicherer (1969), S. 587 f. 38 Vgl. Baetge/Krumbholz/Roß (1992), S. 40. Diese These wird auch von dem Befund untermauert, dass grundsätzlich etwa zwei Drittel der Büroarbeitszeit auf informationsbezogene Kommunikations-, Abstimmungs- und intersubjektive Koordinationstätigkeiten verwandt wird, so Picot/Reichwald (1984), S. 30.
3.1 Definitorische Aspekte von Prüfungen
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In diesem Zusammenhang bietet sich der in der Betriebswirtschaftslehre etablierte Informationsbegriff nach Wittmann, welcher Informationen als zweckorientiertes Wissen auffasst, ebenfalls an.39 Die Zweckorientierung besteht insbesondere in einer Entscheidungsnützlichkeit aus Sicht des Entscheiders bzw. Prüfers.40 Ziel ist also nicht bloß die stete Ansammlung und Interpretation von Wissenstatbeständen, sondern vor allem ihre nutzenstiftenden Verwendung in der Praxis.41 Demnach sind Prüfungsinformationen für eine bevorstehende Entscheidungssituation zweckdienliche Nachrichten über die Prüfungsobjekte und deren Zustand. Einteilen lassen sich diese wiederum in Vorinformationen, d.h. dem Prüfer zu Beginn des Prüfungsprozesses bereits verfügbare, und in Neuinformationen, d. h. im Zuge der analytischen Arbeit erst generierte Informationen.42 Der Prüfungsprozess erfolgt mithin nicht als Selbstzweck, sondern soll – falls nötig – als Basis für nachfolgend einzuleitende Maßnahmen zur Herstellung eines gewünschten Zustandes dienen.43 Typisch für das Prüfungswesen ist jedoch, dies gilt auch die Preisprüfer, dass der Prüfende selbst über keine direkte Korrekturberechtigung verfügt; Voraussetzung für Veränderungen ist somit die Übernahme der aus der Prüfung erwachsenden Beurteilungen durch die Revidierten.44 In Anlehnung an den grundlegenden theoretischen Ansatz von Sieben/Bretzke kann das Analyseobjekt „(Preis-)Prüfung“ wie in Abbildung 3.1 als regelkreisartiges Schaubild dargestellt werden. Hintergrund ist hierbei das Kalkül, dass wenn der Zustand eines Prüfungsobjektes im Interesse von Akteuren liegt, die bezogen auf den Einzelfall nicht wie die Entscheidungsinstanz die Möglichkeit der unmittelbaren Einflussnahme auf das Prüfobjekt besitzen, es angezeigt ist, die Prüfungsbefugnis auf eine Instanz zu übertragen, die sich dem Einflussbereich der operativ handelnden Personen entzieht. Denn es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Entscheidungsinstanz bei ihrer Entscheidungsfindung
39 Vgl. Wittmann (1959), S. 14; ähnlich auch Grochla (1962), S. 707. Die Grenze zwichen den Begriffen „Informationen“ und „Daten“ kann im Übrigen nicht immer klar gezogen werden. Als Daumenregel kann jedoch angeführt werden, dass umso eher von „Informationen“ gesprochen werden sollte, je enger der Bezug der Wissenstatbestände zur eigentlichen Entscheidung ist, so Wacker (1971), S. 39, Fn. 104. 40 Vgl. Loitlsberger (1963), S. 120. 41 So auch Picot/Neuburger (2005), S. 76. 42 Vgl. Hagest (1975), S. 134. 43 Siehe zur Schulungs- und zur prophylaktischen Funktion der Prüfung Richter (2000), S. 660. 44 Vgl. Richter (2000), S. 665.
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Prüfungstheoretischer Bezugsrahmen
Abb. 3.1 Die Preisprüfung als Regelkreis-Modell. (Auf das Fallbeispiel der Preisprüfung übertragene allgemeine Darstellung von Sieben/Bretzke (1973), S. 629.)
stets die Ziele der übrigen, von der Beschaffenheit des Prüfungsgegenstandes mitbetroffenen Anspruchsgruppen berücksichtigt.45 Charakteristisches Merkmal des unten dargestellten externen Prüfungsmodells ist nämlich ferner, dass die Prüfung anhand von Normen vollzogen wird, die nicht oder zumindest nicht nur aus den Zielen und Interessen der Entscheidungsinstanzen, also dem verantwortlich handelnden Personal, abgeleitet sind. Vielmehr sind diese Normen also meist übergeordneter Natur, indem sie – wie etwa die VO PR 30/53 – wirtschaftspolitische und somit gemeinwohlorientierte Interessen abbilden sollen. Die Tatsache, dass nur unvollkommene Informationen verfügbar sind und stets gewisse Störgrößen auf betriebswirtschaftliche Sachverhalte einwirken können, lässt im Übrigen erst die Möglichkeit von Soll-Ist-Abweichungen und somit die Notwendigkeit für Prüfungen entstehen.46 Als Störgrößen bzw. nicht kontrollierte Einflüsse im Sinne von regelkreisartig dargestellten Prüfungen können interne organisatorische Veränderungen und Veränderungen in den externen Rahmenbedingungen angeführt werden.47 Bezogen auf das Fallbeispiel der öffentlichen Aufträge wären bspw. der möglicherweise als sehr komplex aufgefasste Rechtsrahmen in Gestalt von öffentlichem Vergabe- und Preisrecht, Auslegungsspielräume im Text der VO PR 30/53, geringe Erfahrung im Umgang mit öffentlichen Aufträgen, eine geringe allgemeine Markttransparenz oder auch eine 45 Vgl.
Sieben/Bretzke (1973), S. 628 f. Peemöller (1978), S. 18; Demmel (1989), S. 76; Lück (1998b), S. 642. 47 Vgl. Siemens AG (Hrsg.) (1979), S. 16. 46 Vgl.
3.1 Definitorische Aspekte von Prüfungen
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besonders komplex beschaffene Lieferung bzw. Leistung als Auftragsgegenstand zu nennen. Abweichungen vom Sollzustand (Soll-Ist-Abweichungen) implizieren das Vorhandensein eines oder mehrerer Fehler im Prüfungsobjekt. Das Identifizieren eben dieser Unregelmäßigkeiten stellt das Primärziel von Prüfungshandlungen dar. Im Zuge des Fehlerfeststellungsprozesses können Fehler stets nur unter Anwendung eines Vergleichs herausgearbeitet werden. Jeder Prüfungsprozess benötigt somit zwei Vergleichsobjekte: Erstens ein Ist-Objekt, d. h. ein konkreter Tatbestand oder Vorgang, und ein Soll-Objekt als Vergleichsmaßstab im Sinne einer Normalvorstellung, mit dem das Ist-Objekt im besten Falle übereinstimmt.48 Die Ergebnisse aus Soll-Ist-Vergleichen stellen stets die Grundlage der Beurteilung seitens des Prüfers dar.49 Von den herkömmlichen Vergleichsmaßnahmen des täglichen Lebens unterscheiden sich die von Prüfern durchgeführten Vergleiche dadurch, dass die beiden Vergleichsobjekte in ein Rangverhältnis gesetzt werden, eines der Objekte also zur Norm erhoben wird, anhand derer das andere Objekt zu beurteilen ist.50 Als „Prüfungen“ werden im klassischen Sinne gleichwohl nur solche Soll-Ist-Vergleiche bezeichnet, die von prozessunbeteiligten Personen durchgeführt werden, während alle anderen, ansonsten gleich gelagerten Analyseprozesse als „Kontrollen“ zu bezeichnen sind.51 Der Unterschied besteht also im Kern darin, dass bei Kontrollen – ganz im Gegensatz zu Prüfungen – die durchzuführenden Soll-Ist-Vergleiche mehr oder weniger fest in die betrieblichen Abläufe eingebunden sind oder gar von einer Person wahrgenommen werden, die zuvor an der Erstellung des Ist-Objekts selbst maßgeblich beteiligt war.52 Die „Zielgruppe“ des späteren MP-PS ist vorrangig sicherlich in den Preisprüfern der diversen Preisüberwachungsstellen zu sehen, deren Kernaufgabe ganz eindeutig preisrechtliche Preisprüfungen nach Vertragsschluss bzw. Auftragsausführung darstellen. Zudem kann die PÜ theoretisch bereits während eines 48 Vgl.
Wysocki (1963), S. 211; Korndörfer/Peez (1989), S. 94. hierzu bspw. Lachnit (1983), Sp. 519 f.; Wysocki (2007), S. 1116 bzw. Lenz (2011), S. 634. 50 Vgl. Wysocki (1963), S. 211; Peemöller (1978), S. 228; Peemöller (2004), S. 25. 51 Vgl. Zimmermann (1954), S. 19 ff.; Egner (1970), S. 772; Post/Post (1971), S. 73; Lenz (2002), Sp. 977; Freidank (2012), S. 16; Brösel/Freichel/Toll/Buchner (2015), S. 248. „Prüfung“ und „Kontrolle“ lassen sich im Übrigen unter dem Oberbegriff der „Überwachung“ subsumieren, siehe hierzu Peemöller (1978), S. 14; Baetge (1988), S. 388; Baetge (1990), S. 3; Lück (2001a), S. 237 f. 52 Vgl. Zimmermann (1963), S. 308 ff.; Leffson (1969), S. 396; Baetge (1983), Sp. 1558; Baetge (1984), S. 161; Baetge (1988), S. 388; Wysocki (1993), S. 909; Freidank (2012), S. 16. 49 Siehe
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Prüfungstheoretischer Bezugsrahmen
laufenden Ausschreibungsverfahrens eine unabhängige Preisprüfung vornehmen, sofern schon ein konkreter Angebotspreis vorliegt.53 Aber auch private Wirtschaftsprüfer könnten in dem MP-PS ein mehrwertstiftendes Werkzeug sehen, denn der „Abschlußprüfer von Unternehmen, die öffentliche Aufträge ausführen, wird bei der Beurteilung der unfertigen Erzeugnisse und Leistungen sowie der Forderungen aus Lieferungen und Leistungen auch die besonderen Regelungen des öffentlichen Preisrechts heranziehen und ggf. eine Vorsorge für Preisprüfungsrisiken verlangen müssen“54 . Den öffentlichen Auftraggebern sowie deren Auftragnehmern als prozessbeteiligte Vertragsparteien hingegen dient der MPPS zur Kontrolle, ob der richtige Preis(typ) vereinbart wurde.55 Hierbei kann ihnen wiederum die PÜ auf Wunsch behilflich sein, da es nicht nur deren Aufgabe ist, Preisverstöße ex post aufzudecken, sondern selbigen auch beratend vorzubeugen.56 Die Unabhängigkeit der Überwachungshandlung ist das zentrale Merkmal, das eine Prüfung von einer Kontrolle unterscheidet. Bei einer Kontrolle existieren zwischen der kontrollierenden Person und dem Überwachungsobjekt direkte oder indirekte Bindungen, woraus stets ein gewisser Grad an Befangenheit resultiert.57 Zu Preisprüfungen passt der Begriff der Kontrolle offenkundig nicht, da diese von unternehmensexterner, behördlicher Seite durchgeführt sowie oft überraschend angekündigt werden und aus Unternehmenssicht somit als relativ außergewöhnliche Ereignisse angesehen werden müssen. Als bedeutendstes Ist-Objekt der Marktpreisprüfung sei im Weiteren der von den Vertragsparteien vereinbarte Preis(typ) und als Soll-Objekt der unter Würdigung des jeweiligen Einzelfalls für preisrechtlich korrekt erachtete Preis(typ) verstanden. Das Ist-Objekt ist immer der real vorgefundene Sachverhalt, der dem Soll-Objekt als Vergleichsmaßstab gegenüber gestellt werden muss. Haben die Akteure keinen bestimmten Preistyp gemäß VO PR 30/53 explizit vereinbart, so ist dies mit einem Vertragsschluss zum Marktpreis als Ist-Objekt gleichzusetzen, welcher sodann auf Ordnungsmäßigkeit zu untersuchen ist.58 53 Vgl.
Kailing (1970), S. 65; Müller (2011), S. 721; Michaelis/Rhösa/Pauka (1954 ff.), § 9, S. 6. 54 So Paß (1998), S. 601. 55 Gemäß einem Rundschreiben des BMWi vom 20. März 1957 sollte im jeweiligen Vertrag der Preistyp benannt werden, siehe Hertel/Ludwig (1992), S. 71. Hierzu sollten sich also die Vertragspartner abstimmen und eine konsensuale Lösung anstreben. 56 Vgl. Hertel/Pietraszek (1988), S. 25; Birgel (1994), S. 109; Hertel (1998), S. 20; Birgel (2010a), S. 14. 57 Vgl. Wysocki (1969), Sp. 1458. 58 So auch Tschierswitz (1956), S. 516.
3.1 Definitorische Aspekte von Prüfungen
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Hieraus ergibt sich unmittelbar das Erfordernis, dass sich der Prüfende notwendigerweise durch ein Bündel kumulativ zu erfüllender Persönlichkeitseigenschaften auszeichnet, da nur so ein vertrauenswürdiges Prüfungsurteil erarbeitet werden kann.59 Im Konkreten handelt es sich hierbei um die folgenden: Gewissenhaftigkeit: Das Gewissen bezeichnet, je nach Weltanschauung, die „natur-/gottgegebene oder aus Erfahrung gewonnene innerliche … Urteilsbasis des Menschen, auf dessen [sic!] Grundlage er seine Ziele und Handlungen als recht oder unrecht beurteilt. Gewissenhaftes Handeln bedeutet, seiner ‚inneren Stimme‘ zu folgen. Die Subjektivität dieses Maßstabs ist offenkundig“60 . Im Prüfungskontext kann diese für sich genommen zunächst wenig operationale Definition insofern geschärft werden, als sich der Prüfer nicht nur an relevanten Rechtsnormen, sondern auch nach bestem Wissen und Gewissen an den fachlichen Regeln ordnungsmäßiger Prüfungstätigkeit orientiert.61 Unabhängigkeit und Unbefangenheit: Das Prüfungsurteil wird einzig und allein anhand sachlicher Kriterien hergeleitet und die Urteilsfreiheit des Prüfers als neutraler Fachmann wird, mit Ausnahme der einschlägigen Prüfungsnormen, nicht von irgendwelchen exogenen Einflüssen beschränkt.62 Es bestehen keine persönlichen oder finanziellen Beziehungen zu Mitarbeitern der geprüften Stelle und auch keine Kapitalbeteiligung an dem zu prüfenden Unternehmen.63
59 So
zu Recht das Formulieren als notwendige Bedingungen bei Meyer (1983), Sp. 279. (1983), Sp. 515. 61 Vgl. Blohm/Brenneis (1968), S. 43; Sigloch (1983), Sp. 515 f.; Egner (1984), S. 462 f.; Ewert (1999), S. 518. 62 Vgl. Sieben/Ossadnik/Russ (1983), Sp. 1587; Ewert (1999), S. 515 f.; Ewert (2002), Sp. 2386 f. 63 Vgl. Egner (1984), S. 461 f.; Ewert (1999), S. 516; Schmidt/Pfitzer/Lindgens (2005), S. 329; auch eine Kreditgewährung durch das geprüfte Unternehmen an den Preisprüfer, zudem noch „zu besonders günstigen Konditionen“, schadet demzufolge natürlich auch der Unabhängigkeit und Unbefangenheit. Vgl. zu einem solchen Fall NDR Online (2019) („‚Gorch-Fock‘-Preisprüfer muss Kredit zurückzahlen“). 60 Sigloch
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Prüfungstheoretischer Bezugsrahmen
Unparteilichkeit: Die Arbeitsweise und die Urteilsbildung des Prüfers erfolgen „alleine aus der Sache heraus“ und ohne Rücksicht auf die persönlichen Interessen Dritter.64 Bei Preisprüfungen etwa darf der Preisprüfer also den öffentlichen Auftraggeber oder dessen Auftragnehmer nicht einseitig bevorzugt behandeln. Objektivität: Dieser Berufsgrundsatz zeichnet sich neben der Abwesenheit von emotionalen und willkürlichen Einflüssen vornehmlich durch die intersubjektive Nachprüfbarkeit von Ergebnissen aus.65 Neben den Ergebnissen selbst muss ein Bericht über eine vertrauenswürdige betriebswirtschaftliche Prüfung also „alle Angaben enthalten, die zu einer Nachprüfung seines Zustandekommens durch Dritte erforderlich sind“66 . Der Urteilsbildungsprozess bei hinreichender Objektivität der Prüfung würde bei einem sachkundigen und objektiven Dritten weitestgehend gleich ausfallen, da dieser dieselben Maßstäbe ansetzen würde.67 Eigenverantwortlichkeit: Von höchster Wichtigkeit ist ferner, dass der Prüfer als „verantwortlichUrteilender“68 seine Prüfungshandlungen selbst bestimmt und seine Prüfungsurteile in Eigenregie fällt.69 Er hat für die zielorientierte Durchführung der Prüfung persönlich einzutreten und darf die Verantwortung für selbige nicht auf andere abwälzen.70 Als Folgen der prüferischen Eigenverantwortung ergeben sich sowohl die Entlastung bei Aufgabenerfüllung als auch das zur Verantwortung gezogen werden bei Nichterfüllung.71 Hieraus ergibt sich zunächst, dass Auskünfte von Mitarbeitern der geprüften Institution, wenn die Information für das Prüfungsurteil bedeutsam ist, nicht ohne weiteres übernehmbar sind, da die Vertrauenswürdigkeit dieser Aussagen zweifelhaft ist. Mögliche Gründe hierfür sind:
64 Vgl.
Ewert (1999), S. 519 sowie ausführlich Klein (1983), Sp. 1611. Laux (1980), S. 319. 66 Grünefeld (1972), S. 30. 67 Vgl. Leffson (1988), S. 290; ähnlich auch schon Bacsik/Rizzo (1983), S. 18 („…with each reviewer coming to the same conclusion“). 68 Dieser nicht unpassende Begriff geht zurück auf die Arbeit von Neitemeier (1979). 69 Vgl. Meyer (1983), Sp. 281; Egner (1984), S. 464; Ewert (1999), S. 518 f. 70 Vgl. Wysocki (1988), S. 95. 71 Vgl. Peemöller (2002), Sp. 611. 65 Vgl.
3.1 Definitorische Aspekte von Prüfungen
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– Die Auskunft gebende Person steht zwar in keiner erkennbaren Verbindung zu dem geprüften Bereich, sie richtet ihr Handeln jedoch an unternehmensinternen und somit indirekt an persönlichen Interessen aus (Loyalität zum Arbeitgeber, Aufstiegsabsichten); – die Auskunft gebende Person ist selbst an der Erstellung des Prüfungsobjektes beteiligt gewesen und ist somit voreingenommen; – zwischen der Auskunft gebenden Person und den Prüfungsobjekt erstellenden Personen bestehen formelle (hierarchische Unterstellung) oder informelle (Freundschafts- oder Verwandtschaftsverhältnis) Beziehungen, die die Urteilsfreiheit einschränken.72 Bedeutsame Vorarbeiten Dritter sind also kritisch nachzuprüfen, zumindest aber zu plausibilisieren.73 Dies gilt sogar auch für weiterzuverarbeitende Arbeitsergebnisse anderer externer Prüfer, was die von der Prüfungslehre angesetzten strengen Maßstäbe unterstreicht.74 In aller Regel lautet also die Maxime: „Der Revisor darf sich nie allein auf das verlassen, was ihm gesagt wird, er muß sich selbst davon überzeugen.“75
Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kann sich ggf. in Bezug auf die Verwendung der Prüfungsergebnisse der Internen Revision der geprüften Organisation ergeben. Bei der Internen Revision handelt es sich um organisationsangehörige Mitarbeiter, die im Auftrag des Top-Managements die Ordnungs- und Zweckmäßigkeit organisationsinterner Sachverhalte und Prozesse inklusive der innerbetrieblichen Kontrollmechanismen überprüfen und laufend Verbesserungsvorschläge unterbreiten.76 Interne Revisionen finden sich im privatwirtschaftlichen und im öffentlich-rechtlichen Sektor gleichermaßen.77 Mit externen Prüfern haben die internen Revisoren das Merkmal gemeinsam, prozessunbeteiligt zu 72 Vgl.
hierzu Neitemeier (1979), S. 34 ff. Neitemeier (1979), S. 38; Meyer zu Lösebeck (1990), S. 213 f.; Rusch (1985), S. 257 ff.; Klein (1992), Sp. 470 ff. 74 Vgl. hierzu Neitemeier (1979), S. 130 ff. 75 Seifert (1969), S. 137. 76 Zur Internen Revision vgl. etwa Blohm/Brenneis (1968), S. 25 ff.; Müller von Blumencron (1956), S. 121 ff.; Lindemann (1957), S. 242 ff.; Czempirek (1969), S. 144 ff.; Wicher (2007), S. 58 ff.; Peemöller (1978), S. 170 ff.; Wysocki (1988), S. 93 ff.; Leffson (1988), S. 54 ff.; Korndörfer/Peez (1989), S. 109 ff. und 118 ff. 77 Vgl. speziell zur Internen Revision in der öffentlichen Verwaltung bspw. Spiekermann (1977) oder auch Sorgatz (2010). Nach Czempirek (1969), S. 144, fanden sich Interne 73 Vgl.
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sein.78 Interne Revisoren sind in der Regel „Spezialisten für Prüfung, Analyse und u.U. auch Regelung wichtiger betrieblicher Sachverhalte und keineswegs ‚billige‘ und leicht für andere Aufgaben abzuziehende Mitarbeiter der Unternehmung“79 . Wenn eine gute fachliche Eignung der internen Revisoren und eine allgemein professionelle (d. h. unabhängige und objektive) Arbeitsweise der Revisionsabteilung anzunehmen sind, besteht für einen externen Prüfer folglich „kein Anlaß, sich nicht in gleicher Weise wie die Geschäftsführung auf die Tätigkeiten der Innenrevision und ihre Prüfungsergebnisse zu stützen“80 . Grundsätzlich darf sich der Prüfer aber nur dann auf andere Personen berufen, wenn er mit seinen eigenen Prüfungsmöglichkeiten an Grenzen stößt, d. h. wenn andere Arten der Informationsbeschaffung als die Anhörung Dritter nicht in Aussicht stehen.81 In Bezug auf komplexe Prozesse innerhalb der geprüften Organisation sowie informelle, die Unternehmenskultur oder das Betriebsklima berührende Sachverhalte sind einem externen Prüfer ebendiese klaren Grenzen gesetzt. Die Interne Revision aber – dies ergibt sich bereits aus der Natur der Sache – verfügt über den permanenten Blick in die Organisation hinein und kann daher mitunter ein wertvoller Informationslieferant sein.82 Angemerkt sei, dass sich die Einrichtung einer internen Revisionsabteilung grundsätzlich erst ab einer gewissen Unternehmensgröße bezahlt macht.83 In kleinen Organisationen mit geringer Mitarbeiterzahl kann das Top-Management die wichtigsten Abläufe und Geschäftsvorfälle meist noch selbst angemessen überwachen. Bei Fehlen einer Internen Revision sollte somit im Bedarfsfall die oberste Führungsebene zu internen Regelungen und Sachverhalten befragt werden. Revisionen bzw. mit diesen vergleichbare Einrichtungen sogar zuerst auf staatlicher Seite, ehe dieser Funktionsbereich auch in der privaten Wirtschaft Einzug hielt. 78 Vgl. Wysocki (1988), S. 93. 79 So Leffson (1988), S. 306. 80 Siehe Leffson (1988), S. 306. Ähnlich auch Lindemann (1957), S. 248. Etwas anderer Ansicht ist offenbar Hamann (2003), S. 157 und 279, der den Einwand geltend macht, die Interne Revision sei häufig mitnichten unabhängig, da sie als Stabsstelle unmittelbar für das – eventuell in Probleme involvierte – Top-Management tätig ist, und zudem organisatorische Schwachstellen wegen Befangenheit unerwähnt lassen könnte, um sich nicht dem Vorwurf auszusetzen, sie hätte diese eigentlich schon längst beseitigt haben müssen. Ganz von der Hand zu weisen sind diese Einwendungen sicherlich nicht, gleichwohl sollen sie hier nicht zum Regelfall erhoben werden. 81 Vgl. Leffson (1988), S. 271. 82 Siehe hierzu bereits Lindemann (1957), S. 247; vgl. zur korrekten Weiterverwendung der Arbeitsergebnisse interner Revisionsabteilungen ferner auch IDW PS 321 (2002), S. 687. 83 Vgl. Müller von Blumencron (1956), S. 121; Kohl (1991), S. 230; Ludewig (1995), S. 404.
3.1 Definitorische Aspekte von Prüfungen
57
Im Falle von behördlichen Prüfungsorganen wie etwa den Preisprüfern ergibt sich noch eine weitere Ausnahme: Mitunter kann nämlich die Situation eintreten, dass sich unterschiedliche mit Überwachungsbefugnissen ausgestattete Behörden demselben Sachverhalt bzw. denselben Marktteilnehmern aus jeweils eigener Perspektive nähern und eine Vor- oder Nachrangigkeit der Prüfungshandlungen der einen oder anderen Behörde klärungsbedürftig ist. Die Preisüberwachungsstellen sind hierbei grundsätzlich befugt, die Arbeitsergebnisse anderer Überwachungsbehörden weiterzuverwenden.84 Im Sinne einer möglichst breiten Ausnutzung von Erfahrungs- und Spezialwissen und einer möglichst wirtschaftlichen Prüfungsdurchführung sollte nach Ansicht des Verfassers auf eine eindeutige Abgrenzung von Zuständigkeitsbereichen größter Wert gelegt werden. Der spätere MP-PS soll dergestalt konzipiert werden, dass er die bestehenden Zuständigkeitsbereiche für Überwachungsmaßnahmen, sofern sie direkt oder indirekt mit öffentlichen Aufträgen in Berührung stehen, soweit wie möglich respektiert und (womöglich auch unbewusste) Doppelüberwachungen zu vermeiden sucht. Kritische Grundhaltung („professional scepticism“): Flankiert werden die vorgenannten Grundprinzipien ferner davon, dass der Prüfer die berufsübliche Skepsis an den Tag zu legen hat, wobei dies im Sinne eines stets vorhandenen, jedoch nicht eines überzogenen Misstrauens gegenüber den Geprüften oder sogar Schnüffelei aufgefasst werden soll.85 Der (nicht nur) im amerikanischen Bereich gebräuchliche Begriff des „professional scepticism“86 lässt diesen moderaten Pessimismus nach Ansicht des Verfassers recht anschaulich durchblicken. Als Prüfer darf insoweit nicht von der Fehlerfreiheit des zu prüfenden Sachverhaltes ausgegangen werden, sondern es müssen gewissermaßen solange Unregelmäßigkeiten unterstellt werden, bis hinreichend viele Nachweise darüber gesammelt wurden, dass diese Annahme falsch ist.87 Es geht also im Prüfungswesen permanent auch um das Stellen der kritischen Frage „warum so und nicht anders?“88 durch den Prüfer.
84 Vgl.
Dierkes/Hamann (2009), S. 200. Moxter (1981), S. 580; Ludewig (1995), S. 400; Loitlsberger (1997), S. 674 ff.; Langenbucher/Blaum (1997), S. 441; IDW PS 200 (2000), S. 708; IDW PS 210 (2006), S. 1425. 86 Vgl. Baetge/Melcher (2008), S. 402. 87 Vgl. Baetge/Melcher (2008), S. 402; zur Skepsis ähnlich auch Odenthal (1997a), S. 244. 88 So Seifert (1969), S. 138. 85 Vgl.
58
3.1.2
3
Prüfungstheoretischer Bezugsrahmen
Prüfungstypologische Merkmale
Typologisch gesehen handelt es sich bei Preisprüfungen im Übrigen um sog. gesetzliche Eventualprüfungen, eine Sonderform der externen betriebswirtschaftlichen Prüfung. Ihnen liegt der Umstand zugrunde, dass Gesetze oder Verordnungen (bspw. das öffentliche Preisrecht) einem Prüfungsberechtigten (bspw. dem Preisprüfer) Prüfungsrechte einräumen, von denen er Gebrauch machen kann.89 In inhaltlicher Hinsicht liegen bei Preisprüfungen sog. aussagebezogene Prüfungen vor, in deren Fokus vornehmlich die Beurteilung einzelner Aussagen, Entscheidungen oder Vereinbarungen stehen. Aussagebezogene Prüfungen konstituieren sich zum einen aus einzelfallorientierten Prüfungshandlungen, die die Prüfung einzelner Transaktionen oder Geschäftsvorfälle zum Gegenstand haben. Hierbei werden vor allem Unterlagen und Belege in Augenschein genommen sowie bei Bedarf auf zusätzliche Prüfungshandlungen wie bspw. die Einholung von Bestätigungen durch Dritte, der rechnerische Nachvollzug, eigene Beobachtungen oder auch Befragungen inner- und außerhalb des Unternehmens zurückgegriffen.90 Auch die prüferische Durchsicht von Protokollen über die Sitzungen von Organen oder Ausschüssen kann zuweilen zu einem tieferen Verständnis der betrieblichen Prozesse beitragen.91 Zudem ist auch im Prüfungswesen mittlerweile das Internet eine wichtige Informationsquelle, weil hier schnell und kostengünstig eine Fülle von Unternehmens- oder auch Personendaten abgerufen werden kann, die das Gesamtbild sinnvoll ergänzen können.92 Im Prüfungsverlauf treten ergänzend analytische Prüfungshandlungen hinzu, in deren Fokus nicht zuletzt Plausibilitätsüberprüfungen (auch Verprobungen genannt) stehen. Durch Abgleich von Unternehmensdaten mit zusätzlichem Datenmaterial und dem sich bietenden Gesamteindruck über die inhaltlichen Zusammenhänge können eventuell Auffälligkeiten festgestellt werden. Ihre Anwendung stützt sich maßgeblich auf die Existenz sachlogischer Verknüpfungen innerhalb des verfügbaren Prüfungsmaterials und generiert indirekte Prüfungsnachweise, da ihre Beurteilung vornehmlich 89 Vgl.
Bussmann (1972), S. 37 f., 41 f. sowie 183 ff. Kicherer (1969), S. 586 f.; Egner (1984), S. 487; Bönkhoff (1992), Sp. 1522. 91 Vgl. Bolsenkötter/Poullie (2003), Abt. VI/4, Rn. 119. 92 Vgl. hierzu noch verhalten optimistisch Pomeranz (1995), S. 7 f.; uneingeschränkt befürwortend sodann jedoch Odenthal (2009), S. 165. Ganz generell gilt, dass bei Prüfungen Informationstechnologie in geeigneter Form genutzt werden soll. Diese Forderung scheint umso berechtigter, als bereits vor längerer Zeit der Vorwurf in den Raum gestellt wurde, „daß Prüfer stets etwa eine Entwicklungsgeneration hinter den tatsächlichen Einsatzmöglichkeiten der Computertechnologie zurückliegen“ würden, so Peemöller (1987), S. 95. 90 Vgl.
3.1 Definitorische Aspekte von Prüfungen
59
auf Ersatztatbeständen und dem prüferischen Ermessenskalkül fußt.93 Die hier erlangten Erkenntnisse können mitunter die Intensität, mit der nachfolgende IstObjekte durchleuchtet werden, beeinflussen, weil sich womöglich ein besonders hohes Maß an genereller Fehleranfälligkeit abgezeichnet haben mag.94 Verprobungen können in jeder Phase einer Prüfung durchgeführt werden. Dienen sie zu Beginn noch eher der angesprochenen Identifikation von besonders risikoreichen Prüffeldern, sind sie im weiteren Verlauf gleichsam für Einzelfall-Beurteilungen zu gebrauchen.95 Die Marktpreisprüfung ist prüfungstheoretisch ferner als sog. direkte Prüfung einzustufen. Direkte Prüfungen zeichnen sich dadurch aus, dass der Sollzustand direkt für die Einschätzung des vorgefundenen Istzustandes zur Verfügung steht und für jeden Einzelvorgang (sofern mehrere notwendig sein sollten) unmittelbar angewandt werden kann. Bei jedem Teilobjekt der Prüfung kann sodann ein spezifischer Sollzustand herangezogen werden, um systematisch die Regelkonformität der einzelnen Merkmale des Untersuchungsobjektes zu beurteilen, was mit einer vergleichsweise hohen Beweiskraft der Prüfungshandlungen einhergeht.96 Ziel der direkten Prüfung ist die Feststellung einer Gesamtabweichung auf Basis der ermittelten Einzelabweichungen, sodass die direkte Prüfung im Kern der vorgenannten Einzelfallprüfung entspricht.97 Eine abschließende, absolute und somit eindeutige Würdigung des Prüfungssachverhalts ist bei der direkten Prüfung durch die unter Umständen mit ihr verbundene Vollerhebung theoretisch möglich.98 Den direkten Prüfungen stehen grundsätzlich indirekte Prüfungen gegenüber, welche vorliegen, wenn der Prüfer keine unmittelbar einschlägige Prüfungsnorm für den Soll-Ist-Vergleich zu Rate zieht, sondern Hilfs-, Vergleichs- oder Schätzgrößen, die mit dem zu untersuchenden Sachverhalt in kausalem oder funktionalem Zusammenhang stehen und lediglich ein pauschales Urteil erlauben, ohne zur Richtigkeit einzelner konkreter Sachverhalte eine Aussage treffen zu können.99 Ein typisches Beispiel für die indirekte Prüfung ist die Systemprüfung,
93 Vgl.
Lachnit (1983), Sp. 521 f. bzw. 540; Quick (2002), Sp. 1686 f.; Schönwald (2007), S. 41. 94 Vgl. Baetge (1986), S. 48 ff. und 52 ff.; Siebert (1998), S. 596; Ewert (1999), S. 525; Biggs/Mock/Quick (2000), S. 171; Quick (2002), Sp. 1687; Schönwald (2007), S. 42. 95 Vgl. Siebert (1998), S. 596 f.; Schönwald (2007), S. 42. 96 Vgl. Peemöller (1992), Sp. 344. 97 Vgl. Peemöller (1992), Sp. 345. 98 Vgl. Baetge (1980b), S. 454; Peemöller (1992), Sp. 346. 99 Vgl. Lachnit (1983), Sp. 520; Egner (1984), S. 498 f.; Peemöller (1992), Sp. 344 ff.
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3
Prüfungstheoretischer Bezugsrahmen
bei der durch die Analyse der grundlegenden Verfahrensschritte und Verarbeitungsregeln innerhalb des interessierenden Arbeitsbereichs – ganz im Gegensatz zur klassischen Marktpreisprüfung – für den jeweiligen Betrachtungszeitraum ein „Generalnachweis für alle logisch gleichgelagerten Fälle gegeben“100 werden soll. Zum Ableiten von prüferischen Aussagen bei Systemprüfungen kann entweder eine Stichprobenauswahl stellvertretend für alle logisch gleichgelagerten Fälle herangezogen werden oder aber der Prüfer entscheidet sich für eine Vollerhebung. Letztere ist aber in den allermeisten Fällen deutlich zu aufwendig, sodass zumeist allein eine Stichprobenprüfung wirtschaftlich gerechtfertigt werden kann.101 Gegenstände einer Systemprüfung können bspw. das Interne Kontrollsystem (IKS) einer Organisation, die betrieblichen IT-Systeme, das Lagerund Inventurwesen oder die betriebliche Kostenrechnung als solche sein.102 In prozessualer Hinsicht lassen sich sämtliche Prüfungen ferner in eine der beiden Grobkategorien „einfache Prüfungen“ und „komplexe Prüfungen“ einordnen. Von einer einfachen Prüfung ist immer dann die Rede, wenn als Prüfungsgegenstand lediglich eine einzige Merkmalsausprägung des Ist-Objekts zu erfassen ist, um sie dann mit der korrespondierenden Soll-Merkmalsausprägung abzugleichen. Wenn eine Mehrzahl aufeinanderfolgender einfacher Prüfungen (Soll-IstVergleiche) vorliegt, so handelt es sich hingegen um eine komplexe Prüfung.103 Sie äußert sich nicht zuletzt darin, dass in verschiedener Hinsicht Merkmale 100 Peemöller
(1987), S. 95; ähnlich auch Wysocki (1993), S. 910, der bezüglich indirekter Prüfungen von Schlüssen „auf die Struktur auch der nicht untersuchten Prüfungsgegenstände“ spricht. Zur Systemprüfung vgl. ferner Peemöller (1978), S. 171 f; Wittmann (1981), S. 60 ff.; Meyer zu Lösebeck (1990), S. 246 ff.; Egner (1984), S. 487; Leffson (1988), S. 229 ff.; Leffson (1992), Sp. 1925 ff.; Bölsenkötter/Poullie (2003), Abt. VI/4, Rn. 188 ff.; Fabritius (2007), S. 1323 ff. 101 Vgl. zur Stichprobenprüfung Schmalenbach (1911/12), S. 337 f.; Klein-Cöln (1911/12), S. 580 ff.; Wittmann (1981), S. 140 ff.; Coenenberg/Hanisch (1983), Sp. 1474 ff.; Egner (1984), S. 490 ff.; Wysocki (1988), S. 170 ff.; Leffson (1988), S. 168 ff.; Korndörfer/Peez (1989), S. 205 ff.; Buchner (1992), Sp. 1895 ff.; Mochty (1997), S. 746 ff.; Hinz (2007), S. 1305 ff.; Krehl (2015), S. 113 ff.; Brösel/Freichel/Toll/Buchner (2015), S. 310 ff. m.w.N. sowie Bünis/Gossens (2017), S. 6 ff. 102 Vgl. Leffson (1992), Sp. 1926. Im Rahmen der öffentlichen Preisüberwachung liegt eine Systemprüfung bspw. bei der sog. „Grundsatzprüfung“ vor, denn sie hat die Kostenrechnung des Auftragnehmers als solche zum Gegenstand, um zu beurteilen, ob Selbstkostenpreisen grundsätzlich ein LSP-konformes Kostenrechnungssystem zugrunde liegt, wobei der Fokus auf den Gemeinkostenzuschlagssätzen und der Stundensatzkalkulation liegt. Speziell zur „Grundsatzprüfung“ vgl. ausführlich die Schrift von Christoph (1990). 103 Vgl. Wysocki (1978), S. 105 ff.; Wysocki (1983a), Sp. 1403; Schmid/Uecker (1985), S. 981 ff.; Wysocki (1988), S. 119 f.; Knoth (1983), Sp. 1132; Otte (1996), S. 79.
3.1 Definitorische Aspekte von Prüfungen
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und Eigenschaften desselben Gegenstandes zu beurteilen sind und auf Basis dieser Summe an Teilprüfungen die Ordnungsmäßigkeit des gesamten Prüfungsgegenstandes festzustellen ist. Um eine typische komplexe, da mehrdimensionale Prüfung handelt es sich bspw. bei der Prüfung eines Jahresabschlusses, da hier die diversen Jahresabschlussbestandteile, die einzelnen GuV- und Bilanzpositionen und anderes mehr dem Grunde, der Höhe und der Stelle nach korrekt – im Sinne von den einschlägigen Rechnungslegungsvorschriften entsprechend – ausgewiesen sein müssen.104 Intuitiv dürfte einleuchten, dass der Prüfungsprozess bei einem mehrere Prüfungsgegenstände umfassenden Fall insgesamt einen höheren Schwierigkeitsgrad aufweist als wenn lediglich ein Soll-Ist-Vergleich durchzuführen ist.105 Hiermit geht auch einher, dass die Prüfung „mit steigender Anzahl gleichartiger Prüfungsobjekte … zeit- und kostenmäßig aufwendiger“ wird.106 Dieser Befund muss jedoch eine gewisse Relativierung erfahren: Selbst „einfache Prüfungen“ setzen sich aus mehreren Schritten zusammen, die zum Teil nicht zu dem gewünschten Erkenntnisgewinn führen und somit in prinzipiell gleicher oder zumindest gleichartiger Art und Weise anhand von anderen Objekten wiederholt werden müssen. Bei fortlaufend negativen Ergebnissen sind sie ab einem bestimmten Punkt abzubrechen oder bei einer begrenzten Anzahl möglicher Schritte bis zu Ende durchzuführen.107 Hierdurch wird deutlich, dass auch der Prüfungsprozess von einfachen Prüfungen als „Suchprozess“ interpretiert werden kann. Dieser Suchprozess stellt einen Weg dar, der mit verschiedenen „Gabelungen“ versehen ist, von denen manche in Sackgassen führen und den Prüfer so gewissermaßen zum Umkehren und Einschlagen eines anderen Wegstückes zwingen.108 Ein Blick auf das Fallbeispiel der Preisprüfung könnte unter Umständen den Eindruck erwecken, man habe es mit einer der zuvor beschriebenen prüfungstheoretisch „einfachen Prüfungen“ zu tun. Das Prüfungsobjekt „Preis“ wird klar adressiert und ist leicht gedanklich aus dem übergeordneten Sachverhalt „öffentlicher Auftrag“ herauszulösen. Bei genauer Betrachtung wird jedoch deutlich, dass Preisprüfungen zweifelsohne das notwendige Kriterium für prüfungstheoretisch „komplexe Prüfungen“, also das Vorhandensein mehrerer Soll-Ist-Vergleiche (n ≥ 2), erfüllen. Hierzu gilt es zunächst anzuführen, dass bereits der erwähnte 104 Vgl.
Sperl (1978), S. 28. Selchert (1978), S. 139. 106 Peemöller (1992), Sp. 344. 107 Vgl. Selchert (1978), S. 137. 108 So die bildhaften Umschreibungen bei Selchert (1978), S. 137 f. und Lück (1998b), S. 642. 105 Vgl.
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3
Prüfungstheoretischer Bezugsrahmen
Parameter „Preis“ nicht bloß Gegenstand eines Soll-Ist-Vergleiches ist. Vielmehr ergeben sich hieraus zwei zu klärende Fragen, nämlich zum einen die nach der Ordnungsmäßigkeit des vorgefundenen Preistyps und zum anderen die nach der eventuellen Überschreitung der maximal zulässigen Preishöhe. Allein durch diese Dopplung der Merkmale des Objektes „Preis“ ergäbe sich eine Ungültigkeit der Klassifikation als einfache Prüfung. Hinzu kommen jedoch noch weitere zu betrachtende Aspekte, die den Aufgabenbereich des Prüfers noch weiter ausdehnen. Nicht zu ignorieren sind nämlich auch die Umstände, dass der Geltungsund somit Anwendungsbereich der VO PR 30/53 an bestimmte restriktive Kriterien geknüpft ist, deren Erfüllungsgrad die Bedeutung sowie die Durchführbarkeit eventueller Preisprüfungen in besonderem Maße prägen. Zu nennen sind hier etwa das eigene preisrechtliche Verständnis des Terminus „öffentlicher Auftrag“, die Nichtigkeit der VO PR 30/53 bei Bauleistungen und die Probleme bei einem eventuellen Auftragnehmer-Sitz im Ausland. Da diese Gesichtspunkte jeweils eigenständige Soll-Ist-Vergleiche darstellen, müssen die Voraussetzungen für das Vorliegen einer prüfungstheoretisch „komplexen Prüfung“ für das Fallbeispiel der Preisprüfung klar als gegeben erachtet werden. Nähere Informationen zur konkreten Prüfungsreihenfolge liefern die nun folgenden Abschnitte.
3.2
Typische Teilprozesse von Prüfungen
3.2.1
Allgemeine Vorbemerkungen
„Wie für jedes wirtschaftliche Handeln gilt auch für Prüfungsaufgaben, daß planvoll vorzugehen ist.“109 Planen bedeutet in diesem Sinne, die variablen Stellschrauben eines problematischen Sachverhaltes aus der Gesamtheit der Merkmale zu identifizieren und diese dergestalt zu justieren, dass das Problem gelöst wird.110 Bezogen auf die Prüfungsplanung impliziert dies nach Sperl: „Der Ablauf eines Prüfungsprozesses wird als Prüfungsprogramm geplant. Prüfungsprogrammplanung bedeutet somit die Zusammenstellung einer geordneten Menge von Prüfungshandlungen und Entscheidungsregeln.“111
109 Leffson/Bönkhoff (1983b), Sp. 1187; ähnlich auch Spieth (1970), S. 414; Drexl (1990), S. 38 und Reisner (1990), S. 2. 110 Vgl. Adam (1980), S. 382. 111 Sperl (1978), S. 28.
3.2 Typische Teilprozesse von Prüfungen
63
„Bestimmungsfaktor der Planungstiefe ist die Zweckmäßigkeit im Einzelfall und die Größe der Prüfung“, wobei durchaus mitunter „bis ins einzelne gehende Arbeitspläne für die ganze Prüfung oder für Teilgebiete der Prüfung zweckmäßig sein“ können.112 Eine zielorientierte Prüfungsplanung bewahrt den Prüfer davor, im Zuge der Prüfungsdurchführung in Ermangelung eines klaren Fahrplans für schwierige Einzelentscheidungen „ins Schwimmen“ zu geraten.113 Eingedenk dieser berechtigten Forderung, vollzieht sich der allgemeine Ablauf betriebswirtschaftlicher Prüfungen stets im Rahmen eines aus relativ klar abgrenzbaren Teilprozessen bestehenden Stufenmodells.114 Diesem kann auch im Hinblick auf Preisprüfungen uneingeschränkte Gültigkeit attestiert werden. Der hier zu entwickelnde MP-PS nimmt dem Preisprüfer in weiten Teilen die Aufgabe der verfahrensmäßigen Prüfungsplanung bei der Marktpreisprüfung ab. Lediglich die Personal- und die Zeitplanung, die im Übrigen ohnehin als eher subsidiäre Prüfungsplanungselemente gewertet werden können,115 werden als Freiheitsgrade offen gelassen. Grafisch sind die einzelnen allgemeinen Prozessschritte, die sukzessiv vom Prüfer zu durchlaufen sind, in nachfolgender Abbildung 3.2 veranschaulicht.
Abb. 3.2 Typisches Phasenmodell einer Prüfung
112 Siehe
hierzu Spieth (1970), S. 415. bereits Denck (1941), S. 96. 114 Vgl. Wysocki (1978), S. 105; Wysocki (1988), S. 1 f.; ähnlich auch Loitlsberger (1966), S. 68 f.; Selchert (1972), S. 104; Leffson/Meyer zu Lösebeck (1992), Sp. 1647; Wiedmann (1993), S. 14 bzw. Bolsenkötter/Poullie (2003), Abt. VI/4, Rn. 23 f. 115 Vgl. Bönkhoff (1992), Sp. 1520. 113 So
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3
Prüfungstheoretischer Bezugsrahmen
Der ablauforganisatorischen Abwicklung des eigentlichen Prüfvorgangs gehen zunächst jedoch wichtige vorbereitende Prozeduren voraus. Anfänglich liegt streng genommen nämlich in aller Regel die Situation vor, dass eine Entscheidung über die Annahme oder Ablehnung des Prüfungsauftrages getroffen werden muss.116 Für eine etwaige Ablehnung können verschiedenartige Argumente sprechen. So muss sich der Prüfende bspw. stets in der Lage sehen, der zu bewältigenden Prüfungsaufgabe fachlich in ausreichendem Maße gewachsen zu sein. Des Weiteren darf ebenso wenig der Eindruck entstehen, dass an der Prüfung beteiligte Dritte womöglich unfähig oder unwillig sind, den Prüfenden mit sachdienlichen Hinweisen und Unterlagen zu versorgen. Über diese eher personell bedingten Störgrößen hinaus sind allerdings auch Ablehnungsargumente denkbar, welche in den relevanten Prüfungsnormen und -regularien begründet liegen. So wäre mithin ein Prüfungsauftrag auch dann abzulehnen, wenn eine Unvereinbarkeit von konkretem Prüfungswunsch und Prüfungsgegenstand mit dem Anwendungsbereich der vermeintlich einschlägigen Norm erkennbar ist. Wie bereits angeklungen ist, wird der Anwendungsbereich der VO PR 30/53 an einige, im Weiteren noch eingehender zu thematisierende Voraussetzungen geknüpft. In Anbetracht dieser Tatsache erscheint es im Hinblick auf die Sorgfalt und die Gewissenhaftigkeit der Preisprüfung angezeigt, diese Voraussetzungen im Wege einer formalen Vorprüfung mit der sich konkret darstellenden Situation abzugleichen, um nicht in die missliche Lage zu geraten, letztlich nahezu gegenstandslose Prüfungsergebnisse zu generieren, die überdies von verschwindend geringem juristischen Wert wären. Auch bei Preisprüfungen gemäß § 9 VO PR 30/53 gilt grundsätzlich, dass es in ihrem pflichtgemäßen Ermessen liegt, ob die Preisaufsichtsbehörde tätig wird oder nicht. Meist wird die Preisüberwachungsstelle allerdings vom öffentlichen Auftraggeber um Prüfung gebeten. Dieser „Prüfungsauftrag“ stellt jedoch lediglich eine Anregung dar. Eine verpflichtende Vereinbarung zur Initiierung einer Preisprüfung entsteht hieraus nicht.117
116 Vgl.
Martens (1972), S. 88; Brösel/Freichel/Toll/Buchner (2015), S. 277 ff. Beißel (1992a), Sp. 1417; siehe auch Engel (1983), S. 81; Sackerer (1988), S. 15 f.; Paß (1998), S. 609; Dierkes/Hamann (2009), S. 199; Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller (2020), § 9, Rn. 2 ff. Es ist den Preisüberwachungsstellen zudem unbenommen, aus eigener Initiative prüferisch tätig zu werden.
117 So
3.2 Typische Teilprozesse von Prüfungen
3.2.2
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Sicherstellung der Prüfungsbereitschaft
Im Hinblick auf die oben angesprochene „Vorprüfung“ ist zudem anzuführen, dass mit ihr auch die Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Prüfungsbereitschaft zu verknüpfen ist, denn nur „wenn die durchzuführende Prüfung von Anfang an organisatorisch und zeitlich eingeplant ist, ist die Gewähr dafür gegeben, daß die spätere Durchführung der Prüfung sich reibungslos abwickelt“118 . Eine zu prüfende Organisationseinheit kann als prüfungsbereit bezeichnet werden, wenn im Zuge eines Zusammenspiels zwischen Prüfer und Geprüften sämtliche Vorbereitungen für eine Prüfung in einem überschaubaren Zeitrahmen getroffen werden konnten.119 Zu Beginn also „hat der Mandant entsprechende Arbeiten abzuschließen, ehe sinnvoll geprüft werden kann“120 . Zur Herstellung der Prüfungsbereitschaft ist es am Prüfer gelegen, die Initiative zu ergreifen. Er ist „Herr des Verfahrens“121 und artikuliert seine Ansprüche an die Unterstützung der Geprüften sowie die entsprechenden Erfüllungszeitpunkte.122 Die Zusammenstellung der Dokumente hat weitestgehend durch die geprüften Stellen zu erfolgen; dem Prüfer obliegt es lediglich, zu Beginn eine eindeutige Auflistung der benötigten Dokumente zu übermitteln, um eine vollständige und termingerechte Vorlage – und ggf. auch Wiedervorlage – der interessierenden Nachweise sicherzustellen.123 Ehe jedoch Prüfungsunterlagen angefordert und aufbereitet werden, muss zweifelsfrei geklärt sein, welcher Informationsbedarf im jeweiligen Falle besteht, denn mangelnde Kenntnis des Informationsbedarfs führt automatisch zu mangelhafter Informationsbeschaffung.124 Insbesondere das Vorhandensein der für die bevorstehenden Prüfungshandlungen erforderlichen Unterlagen „in einer für die Prüfung zweckdienlichen Form“ spielt hier eine bedeutende Rolle.125 Um welche Dokumente es sich hierbei konkret handelt, ergibt sich bspw. aufgrund „eines Merkblatts, das dem zu prüfenden Unternehmen mit der Auftragsbestätigung zugesandt wird und das einen Katalog
118 Merkle
(1960), S. 57. Richter (1983), Sp. 1163; Riecken (2007), S. 1079. 120 Bolsenkötter/Poullie (2003), Abt. VI/4, Rn. 106; ähnlich auch Boeing (1991), S. 410. 121 So auch – explizit in Bezug auf den Preisprüfer – Greiffenhagen (2016), S. 11. 122 Vgl. Richter (1983), Sp. 1165; Riecken (2007), S. 1079. 123 Vgl. Riecken (2007), S. 1079. 124 Vgl. Löw (1982), S. 196. 125 So Richter (1983), S. 1163; vgl. auch Denck (1941), S. 97; Härle (1966), S. 712; Riecken (2007), S. 1079. 119 Vgl.
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Prüfungstheoretischer Bezugsrahmen
all derjenigen Unterlagen enthält, die für eine reibungslose Durchführung“ der Prüfung benötigt werden.126 Unter Dokumenten werden grundsätzlich körperliche Objekte zur Aufzeichnung und Speicherung von Informationen mit längerfristiger Bedeutung verstanden.127 Hierbei kann es sich sowohl um Rechnungen, Belege und Schriftwechsel als auch um Bilder, Tonträger, Filme, Modelle und anderes mehr handeln.128 Für die vorliegende Arbeit dürften jedoch vor allem schriftliche Unterlagen in Papier- oder in digitaler Form relevant sein, wobei heutzutage die digitale Form aus Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten zu bevorzugen ist. Bei diesen schriftlichen Unterlagen handelt es sich im Prüfungswesen um die Arbeitspapiere des Prüfers. Arbeitspapiere sind „alle diejenigen Aufzeichnungen, die von einem oder mehreren Prüfern im Zusammenhang mit der Durchführung einer Prüfung angelegt werden, sowie alle diejenigen Schriftstücke und Unterlagen, die der Prüfer von dem geprüften Unternehmen oder von Dritten zur Ergänzung seiner eigenen Aufzeichnungen erhält“129 . Arbeitspapiere, die der Prüfer unmittelbar von der geprüften Stelle erhält und diese – da sie Daten über Geschäftsvorfalle enthalten – für die Prüfung essentiell sind, entstammen stets dem betrieblichen Belegwesen.130 Man unterscheidet hierbei grob zwischen internen Belegen und externen Belegen. Über interne Belege werden innerbetriebliche Sachverhalte, insbesondere mit Bezug zum Rechnungswesen, festgehalten. Externe Belege dienen der Dokumentation von Vorgängen, die zwischen dem geprüften Betrieb und anderen Wirtschaftssubjekten stattgefunden haben. Es kann sich zum einen um Eingangsbelege handeln. Dies sind von Dritten angefertigte und übermittelte Belege. Zum anderen können Ausgangsbelege vorliegen. Deren Ausfertigung findet im geprüften Betrieb statt und sie werden an Dritte verschickt. Nachfolgende Abbildung 3.3 stellt das Belegwesen systematisch dar, wobei u. a. auf die nicht unwichtige Unterscheidung zwischen Originalbeleg und Belegkopie Bezug genommen wird.
126 So
Merkle (1960), S. 58. Kloidt/Beensen (1969), Sp. 451. 128 Vgl. Kloidt/Beensen (1969), Sp. 451; Grünefeld (1972), S. 96. 129 So Rätsch (1960), S. 119; ähnlich auch Mayer (1978a), S. 693; Leffson/Bönkhoff (1983a), Sp. 176; Leffson/Bönkhoff (1983b), Sp. 1189 f.; Leffson (1988), S. 291. 130 Vgl. hierzu und im Folgenden Mayer jr. (1974), Sp. 463 f.; zum Belegwesen vgl. ferner Leffson (1987), S. 164 f. 127 Vgl.
3.2 Typische Teilprozesse von Prüfungen
67
Abb. 3.3 Systematik des betrieblichen Belegwesens
Unterlagen und Belege, die in einer anderen als der vom Prüfer gewünschten Form vorgelegt werden, stehen grundsätzlich unter dem Verdacht einer mangelhaften Verwertbarkeit für die Prüfung.131 Eine mangelhafte Prüfungsbereitschaft induziert wiederum eine mangelhafte Prüfungsdurchführung, da Prüfungshandlungen eventuell nicht in der eigentlich geplanten Reihenfolge durchlaufen werden können, Soll-Ist-Vergleiche mitunter unterbrochen und andere Schritte vorgezogen werden müssen oder der Prüfer viel Zeit darauf verwenden muss, notwendige Unterlagen selbst zu beschaffen. Ferner wird der Fortgang des üblichen Tagesgeschäftes in den geprüften Institutionen länger als nötig behindert und es kann aufgrund des angespannten Prüfungsklimas leichter zu Konflikten kommen. All 131 Vgl.
Richter (1983), Sp. 1163.
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Prüfungstheoretischer Bezugsrahmen
dies würde in aller Regel in deutlich erhöhten Prüfungskosten und verschlechterter Prüfungsqualität inklusive einer zum Teil falschen Sachverhaltsbeurteilung münden.132 Ist anhand der übermittelten Dokumente und Belege nicht gewährleistet, dass der Prüfer die eigentlich intendierten Prüfungshandlungen wird ordnungsgemäß durchführen können, so ist dieser zunächst angehalten, die bestehenden Prüfungshemmnisse dergestalt zu umgehen, dass er nach alternativen Prüfungshandlungen sucht, die eine vergleichbare Urteilssicherheit versprechen.133 Gelingt dieses nicht, sollte der Prüfer nicht mit der Prüfung fortfahren. Sind die Auswirkungen von Prüfungshemmnissen so bedeutsam, d.h. wirken sie sich nicht nur auf einzelne Teilaspekte, sondern vielmehr auf den Gesamtzusammenhang der Prüfung aus, so ist die Prüfungsbereitschaft zu versagen. Demgegenüber können kleinere Prüfungshemmnisse von untergeordneter Bedeutung für den Gesamtkontext tolerabel sein.134 Ergänzend sei hierzu angemerkt, dass betriebswirtschaftlicher Informationstransfer seit geraumer Zeit zunehmend über IT-Anwendungen im Wege des „automatisierten Daten- und Dokumentenaustausches zwischen den Unternehmungen“ abgewickelt wird.135 Dies hat zur Folge, dass betriebswirtschaftliche Prüfungen heutzutage häufig nicht mehr bei der geprüften Stelle vor Ort durchgeführt werden müssen, sondern aus der Ferne erledigt werden können.136 Das Sichten, Selektieren und informatorische Verdichten des übermittelten Materials ist aufgrund der flächendeckend gegebenen Datenformat-Kompatibilität ebenso gut aus dem Büro des Prüfers möglich wie das bedarfsweise persönliche Nachfragen per Telefon.137 Die großen Vorteile hierbei sind zum einen eine gesteigerte Prüfungseffizienz durch den Wegfall von Reisekosten und Einarbeitungsaufwand beim Geprüften vor Ort und zum anderen eine verbesserte Prüfungseffektivität, weil die gesparte Zeit für tiefergehende Analysen verwendet werden kann.138 132 Vgl. hierzu Mölders (1950), S. 90; Löw (1982), S. 194; Richter (1983), Sp. 1164 f.; Otte (1996), S. 210; Riecken (2007), S. 1080. 133 Vgl. Hofmeister (2007), S. 1084; ähnlich zuvor auch Gans (1986), S. 454. 134 Vgl. Hofmeister (2007), S. 1085. 135 So Falk (1993), S. 285. 136 Vgl. Drexl (1990), S. 20; Sieben (1992), S. 568 ff.; Lück (1998a), S. 262. 137 Vgl. Sieben (1992), S. 571. 138 Vgl. hierzu Boeing (1991), S. 409; Sieben (1992), S. 582 f.; Falk (1993), S. 278 f. Die örtliche Zuständigkeit der Preisüberwachungsstellen ist in Ansehung des Textes der VO PR 30/53 nicht klar festgelegt, gleichwohl ergibt sich für die Prüfpraxis auf Basis der Landesverwaltungsverfahrensgesetze eine Zuständigkeit anhand des Sitzes des Rechnungswesens des jeweiligen Auftragnehmers, so Rittner (1988), S. 141. Somit wäre in aller Regel für
3.2 Typische Teilprozesse von Prüfungen
69
Lediglich wenn eine Prüfung die Inaugenscheinnahme des Prüfungsumfeldes oder körperliche Bestandsaufnahmen bestimmter Gegenstände erfordert, muss in aller Regel eine Vor-Ort-Prüfung vorgenommen werden.139 Dies trifft auf die preisrechtliche Marktpreisprüfung jedoch nicht zu. Bei ihr handelt es sich also prüfungstheoretisch um eine typische Fernprüfung.140
3.2.3
Ist-Objekt-Ermittlung
Nachdem etwaige Gründe für eine Prüfungsauftragsablehnung ausgeräumt und die notwendige Prüfungsbereitschaft sichergestellt wurde, kann mit dem eigentlichen Prüfungsprozess begonnen werden, an dessen erster Stelle typischerweise die Ermittlung des Ist-Objektes steht. Die Ist-Objekte stellen gewissermaßen „Behauptungen“ über betriebliche Vorgänge dar, wobei durch Prüfung herausgearbeitet werden soll, ob diese „Behauptungen“ zutreffend sind.141 Es entspricht dem Normalfall, dass der Prüfer die Ordnungsmäßigkeit des vor ihm liegenden Sachverhaltes beurteilen muss, ohne den realen Ausgangstatbestand zuvor selbst detailliert beobachtet zu haben. Er ist somit darauf angewiesen, dass er anhand geeigneter Nachweise und Indizien von angemessener Vertrauenswürdigkeit die notwendigen Informationen über das Ist-Objekt ausloten kann.142 Neben seinem Fach- und Erfahrungswissen ist der Prüfer hierbei mitunter auch auf „eine Spur von detektivischem Spürsinn“143 angewiesen. Problematisch ist jedoch, dass prüfungsrelevante Informationen zumeist von den geprüften Stellen selbst kommen, sodass deren Wahrheitsgehalt häufig nicht
den Preisprüfer nicht von einem extrem hohen Reiseaufwand zum und vom Auftragnehmer auszugehen. Die vorgenannten Argumente für eine Fernprüfung gelten nach Ansicht des Verfassers aber ungeachtet dessen fort. 139 Vgl. Boeing (1991), S. 410; Sieben (1992), S. 571. 140 So offenbar auch Michaelis/Rhösa/Pauka (1954 ff.), § 9, S. 26. Nur in besonders kritischen Fällen kann es zwingend notwendig werden, im Rahmen persönlicher Befragungen Informationen einzuholen, weil hier zusätzlich non-verbale Informationen wie Mimik, Körperhaltung und Gestik des Befragten aufgenommen werden können; im Zeitalter von Bildtelefonie usw. verfängt aber auch dieses Argument immer weniger; vgl. hierzu bereits Sieben (1992), S. 571. 141 Vgl. Ewert (1999), S. 523. 142 Vgl. Lenz (2002), Sp. 982; Gronewold (2011), S. 198 ff. 143 Leffson (1988), S. 88; dies klingt ebenfalls an bei Sperl (1978), S. 32 f.; Baetge (1986), S. 48; Meyer zu Lösebeck (2002), Sp. 2454.
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als gesichert gelten kann.144 Bei dem vergeblichen Versuch, ein gesichertes Verständnis über das Ist-Objekt zu erzeugen, wird in den meisten Fällen ein qualitativ schlechtes Urteil oder lediglich ein Urteil unter Vorbehalt die Folge sein.145 Nur bei erfolgreicher Rekonstruktion der realen Tatbestände ist es dem Prüfer also möglich, belastbare Aussagen zu treffen. Diese den tatsächlichen Verhältnissen entsprechende Sachverhalts-Rekonstruktion hängt jedoch im Wesentlichen von der Qualität der angeforderten Belege und Dokumente und der Fähigkeit des Prüfers ab, die Dokumentenqualität richtig einzuschätzen. Hierin liegt ein latentes Risiko für jede betriebswirtschaftliche Prüfung.146 Der Grund hierfür ist, dass das Anfordern, Sammeln und Bewerten von Nachweisen als integraler Bestandteil der prüferischen Arbeit und letztlich als Fundament des prüferischen Urteils zu betrachten ist.147 Eindeutige schriftliche Informationen in Dokumenten sind eine Informationsquelle von prinzipiell sehr hohem Beweiswert.148 Grundsätzlich gilt hierbei wiederum, dass extern erstellten Belegen eine tendenziell höhere Verlässlichkeit zukommt als intern erstellten.149 Insbesondere bei selbsterstellten Bestätigungsschreiben und sonstigen Nachweisen besteht nämlich aufgrund des – sich in der Praxis immer wieder bestätigenden – Fälschungsrisikos Grund zu erhöhter Wachsamkeit.150 Bei Organisationseinheiten mit einem guten IKS und professionell geregelten internen Prozessen nimmt dieses Risiko jedoch weitaus geringere Ausmaße an als in geprüften Stellen, für die dieses nicht gilt.151 Qualität und Quantität von Prüfungsnachweisen gelten zu einem gewissen Grad als austauschbar, sodass der Malus einer geringen Verlässlichkeit mitunter auch durch Ausdehnung der Prüfungsintensität (bspw. das Einholen einer höheren Anzahl alternativer Dokumente zu demselben Sachverhalt) kompensiert werden kann.152 Die Vertrauenswürdigkeit von Informationen leidet in der Regel mit zunehmenden Alter und zunehmender Anzahl durchlaufener Zwischenglieder bzw. 144 Vgl.
auch Gronewold (2011), S. 200. Wysocki (2005), S. 362. 146 Vgl. Gronewold (2006), S. 6; Gronewold (2011), S. 200; ähnlich bereits Grünefeld (1972), S. 114 ff.; Leffson (1988), S. 161. 147 So bereits Mautz/Sharaf (1961), S. 105; dies klingt auch an bei Löw (1982), S. 6 ff. 148 Vgl. Meyer zu Lösebeck (1990), S. 214. 149 Vgl. Moyer (1952), S. 688; Rammert (2007), S. 1090; weniger eindeutig Meyer zu Lösebeck (1990), S. 215 sowie Meyer zu Lösebeck (2002), Sp. 2454 f., der betont, dass die Dokumentenzuverlässigkeit, egal ob intern oder extern generiert, maßgeblich von der Zuverlässigkeit des IKS der jeweils erstellenden Institution abhängt. 150 Vgl. Gronewold (2011), S. 215 f. und die dort angeführten Beispielfälle. 151 Vgl. Rammert (2007), S. 1090. 152 Vgl. Rammert (2007), S. 1090; ähnlich auch Meyer zu Lösebeck (1990), S. 278. 145 So
3.2 Typische Teilprozesse von Prüfungen
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Informationsträger infolge von Informationszurückhaltung, Vergessen, Verlust, Vernichtung, Verfälschung, Verzerrung oder auch weil ehemals verantwortliche Mitarbeiter bisweilen nicht mehr zugegen sind.153 Bei Zweifeln an der Glaubwürdigkeit eines Prüfungsnachweises sollten über zielgerichtete Rückkopplungen bei den Geprüften Zusatzinformationen eingeholt werden.154 Hier kommen insbesondere mündliche Befragungen von Mitarbeitern in Frage. „Mündliche Auskünfte haben dann den Charakter von Zusatzinformationen.“155 Zu betonen ist hierbei jedoch, dass der typische betriebswirtschaftliche Prüfer stets die Trennlinie zwischen Befragung und Verhör im Blick behalten muss. Bei Anwendung der Verhörmethode würde er seinen Kompetenzbereich verlassen, es sei denn, die Unternehmensleitung hat den Prüfer ausdrücklich hierum gebeten. Verhöre sind daher in aller Regel hoheitlichen Ermittlungsbehörden zu überlassen.156 Vielmehr ist es – wie es bereits Gutenberg beschreibt – erstrebenswert, „mit dem zu Prüfenden ein Gespräch zu führen, das sachlich ist und alle emotionalen Widerstände zu vermeiden trachtet“157 . Der Informationsbedarf und die sodann ergriffenen Informationsbeschaffungsmaßnahmen eines betriebswirtschaftlichen Entscheiders resultieren in aller Regel aus dem Streben nach einer Verbesserung der Entscheidungsqualität.158 Nach Zumwinkel ergibt sich der Wert zusätzlicher Informationen grundsätzlich vor dem Hintergrund der folgenden Kausalkette:159 (1) Es muss ein gewisser Überraschungseffekt vorhanden sein, d.h. durch den neuen Wissenstatbestand ergibt sich aus Sicht des Problemlösers eine (zumindest teilweise) neue Sicht der Dinge, (2) das neue Wissen ermöglicht das Durchführen einer Handlung, die ohne das vorherige Erlangen der Informationen nicht durchführbar gewesen wäre und 153 Vgl. Schandl (1978), S. 140 f., 207 f.; Neitemeier (1979), S. 39, 45; Gronewold (2011), S. 211. 154 Vgl. Gronewold (2011), S. 211. 155 Leffson (1988), S. 271. Vgl. auch Moyer (1952), S. 688; Fabritius (2007), S. 1323 f. 156 Vgl. hierzu allgemein Meyer zu Lösebeck (1990), S. 213; siehe auch Starck (1986), S. 180 („Sauber, ehrlich, menschlich. Zwar urteilend, aber nicht v e r u r t e i l e n d. Denn wer werfe den ersten Stein?“). Nach Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller (2020), § 9, Rn. 161 könnten die Preisüberwachungsstellen theoretisch auch „Zeugen hören, Polizei und Gericht für ihre Ermittlungen in Anspruch nehmen“, um an Informationen zu gelangen und das Preisprüfungsverfahren voranzutreiben. 157 Gutenberg (1966), S. 15. 158 Vgl. Zumwinkel (1973), S. 45. 159 Vgl. Zumwinkel (1973), S. 24.
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(3) aus der nunmehr durchführbaren Handlung ergibt sich für den Problemlöser ein höheres Nutzenniveau als noch zuvor. Der Prüfer als betriebswirtschaftlicher Entscheider sollte demnach bei der Informationsbeschaffung sequentiell vorgehen und zu lösende Entscheidungsprobleme schrittweise beseitigen, indem so lange zusätzliche Informationen beschafft werden, bis eine zufriedenstellende Urteilsreife über das vorgelegte Prüfungsobjekt oder eines seiner Teilobjekte erreicht ist. Es sollte folglich eine Grenznutzenbetrachtung zugrunde gelegt und nur so lange weitere Unterlagen angefordert werden, wie der in Aussicht gestellte Erkenntniszuwachs die Beschaffungskosten einer weiteren Einheit Informationsmaterial übersteigt.160 Eine weitergehende Informationsbeschaffung erübrigt sich insbesondere dann, „wenn nur wenige, geringfügige Fehler beim Prüfungsobjekt festgestellt wurden, oder wenn sehr viele oder schwerwiegende Normabweichungen erkannt wurden“161 , der tatsächliche Zustand des Prüfungsobjektes also bereits klar erkennbar ist. Jedoch wird in der Prüfungstheorie auch ganz generell davon ausgegangen, dass der Urteilsbildungsbeitrag pro beschaffter Information in Abhängigkeit der Anzahl bereits vorhandener Informationen mit einem abnehmenden Grenznutzen versehen ist, was dazu führt, dass die Wahrscheinlichkeit, nach dem Ausdehnen der zugrundeliegenden Informationen plötzlich ein anderes Urteil über den in Rede stehenden Sachverhalt fällen zu müssen, abnimmt.162 Dringend zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch, dass der finale Informationsbedarf einer Prüfung a priori nicht immer klar zu prognostizieren ist. Vielmehr ist für den weiteren Informationsbedarf maßgeblich, welche Erkenntnisse vorgelagerte Prüfungshandlungen zutage gebracht haben. Werden eingangs unvorhergesehene oder besonders komplexe Tatbestände offengelegt, so kann hieraus ein geändertes, wahrscheinlich meist breiter gefächertes Informationsziel resultieren, welches wiederum unmittelbar zu zusätzlichen Informationsbeschaffungserfordernissen führt. Falls der Prüfer zu einem bestimmten Zeitpunkt also noch nicht der Meinung ist, er könne mit dem aktuellen Informationsstand ein hinreichend vertrauenswürdiges Urteil abgeben, so muss der Informationssuchprozess fortgeführt werden.163 Der Prüfungsprozess kann folglich als ein stetiger Adaptionsprozess interpretiert werden, bei dem es 160 Vgl.
hierzu Loitlsberger (1963), S. 123; Hanssmann (1977), S. 457; Löw (1982), S. 205; Leffson (1988), S. 122; Fischer (1988), S. 140; Steele (1992), S. 33 ff.; Leffson/Meyer zu Lösebeck (1992), Sp. 1641 sowie Bünting (1995), S. 50. 161 So Löw (1982), S. 199. 162 Vgl. Leffson/Lippmann/Baetge (1969), S. 17 f.; Naegler (1976), S. 589 f. bzw. 595; Wysocki (1983b), Sp. 1709. 163 Vgl. Löw (1982), S. 198 ff.; Brösel/Freichel/Toll/Buchner (2015), S. 397.
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mit fortschreitender Prüfdauer „zu einer sukzessiven Poolung von Vorwissen und Neuinformation kommt“164 . Der dem Fall zugeordnete Prüfer „beginnt seine Prüfung mit einem Informationsstand …, der nahe beim ‚Nullpunkt‘ angesiedelt ist“, da er sich „zunächst lediglich in der Lage befindet, Vorinformationen auf einem relativ abstrakten Niveau zu erkennen“165 . Die Wechselwirkung zwischen Datenverwendung und Datengewinnung kann im Laufe der Prüfung, gemessen an dem Informationsbedarf des Prüfungsverantwortlichen, in der Folge zu einem deutlichen, treppenförmigen Anstieg des Informationsbedarfsniveaus infolge zwischenzeitlicher neuer Erkenntnisse führen, wie nachstehende Abbildung 3.4 schematisch wiedergibt.
164 So 165 So
Hagest (1975), S. 117. Demmel (1989), S. 17.
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Abb. 3.4 Sukzessives Ansteigen des prüferischen Informationsbedarfs. (In Anlehnung an Wacker (1971), S. 173; ein ähnliches Schaubild findet sich bei Demmel (1989), S. 30; zu den dargestellten Zusammenhängen vgl. auch Grünefeld (1972), S. 95.)
Je besser die Prüfungsvorbereitungen zum Sicherstellen der zuvor bereits erläuterten Prüfungsbereitschaft vollzogen wurden, desto weiter oben auf der Ordinate liegt der Startpunkt S(0; I0 ), der das zu Prüfungsbeginn vorherrschende
3.2 Typische Teilprozesse von Prüfungen
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Wissen des Prüfers wiedergibt und umso weniger „Schleifen“ zum Erreichen des finalen Informationsbedarfsniveaus werden während der laufenden Prüfung vonnöten sein, weil bereits im Vorfeld der Großteil der zur Urteilsbildung relevanten Informationen eingesammelt wurde.166 Zur Erlangung wertvoller Basisinformationen ergibt sich flankierend zu einem soliden juristischen Grundwissen die Notwendigkeit, auch ein betriebswirtschaftliches Verständnis über die allgemeine Geschäftstätigkeit, die betrieblichen Prozesse, die am Markt angebotenen Leistungen sowie das wirtschaftliche Umfeld des in Rede stehenden Unternehmens zu erlangen, um mögliche Fallstricke antizipieren und spätere Prüfungsnachweise besser einschätzen zu können.167 Hierzu rechnen nicht zuletzt auch die branchenspezifischen Gepflogenheiten inklusive der Veränderungen in der Produktionstechnologie einschließlich ihrer Veränderungsgeschwindigkeit, ihrer Phase im Produktlebenszyklus, ein Verständnis über etwaige Markteintrittsbarrieren oder auch besondere Aspekte die Branchenkonjunktur betreffend (Wachstums- oder Schrumpfungsbranche).168 Der bereits zitierte ehemalige Preisprüfer von der Schmitt begründet dies wie folgt: „Vor Beginn eigentlicher Prüfungshandlungen macht sich der Prüfer mit den Besonderheiten des Betriebes vertraut. Er verschafft sich einen Überblick über das Fabrikations- und Verkaufsprogramm, die Hauptartikel, deren Verkaufsweise und Preise, die Betriebsorganisation und sonstige Umstände. Der Prüfer muss versuchen, sich in das Wesen der Unternehmung einzufühlen und deren besondere Probleme in einem schnellen Überblick zu erkennen. Nur so wird es ihm möglich sein, die wirtschaftlichen Vorgänge und Handlungen des Betriebes zutreffend zu beurteilen.“169
In welchem Umfang im Rahmen der laufenden Prüfung Informationen zu beschaffen sind, bleibt in Zweifelsfällen jedoch stets abhängig vom pflichtgemäßen
166 Siehe
zu diesem Kalkül in ähnlicher Form auch bereits Zumwinkel (1973), S. 45. hierzu IDW PS 230 (2000), S. 843; IDW PS 240 (2000), S. 847; ähnlich zuvor bereits Denck (1941), S. 97; Zimmermann (1954), S. 58 f.; Gans (1986), S. 494 ff. 168 Vgl. IDW PS 230 (2000), S. 845. 169 Schmitt (1941), S. 27. 167 Vgl.
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Prüfungstheoretischer Bezugsrahmen
Ermessen des Prüfers.170 Regelungstechnisch ausgedrückt entscheidet somit häufig der Ermessensspielraum des Prüfers über die Notwendigkeit einer etwaigen Rückkopplung zur weiteren Informationsbeschaffung.171
3.2.4
Soll-Objekt-Ermittlung
In einem nächsten Schritt geht es bei der Soll-Objekt-Ermittlung darum, auf Basis der für einschlägig erachteten Norm sowie dem vorgefundenen Ist-Objekt ein hierzu passendes Vergleichsobjekt zu erstellen.172 „Unter einem Soll-Objekt versteht man die normgerechte Ausprägung des zu prüfenden Merkmals.“173 Das Soll-Objekt herzuleiten ist zwingend erforderlich, denn nichts kann geprüft oder kontrolliert werden, „für das es nicht eine Norm gibt, an der das Festgestellte zu messen ist“174 . Soll-Objekte werden im Grunde einzig und allein deshalb gebildet, damit eine Zielvorgabe als Orientierungsmaßstab überhaupt vorliegt.175 Das Konstruktionserfordernis rührt zudem daher, da das Soll-Objekt für einen Soll-Ist-Vergleich zum zuvor erfassten Ist-Objekt gleichförmig („isomorph“) bzw. vergleichbar sein muss, es dies jedoch in aller Regel nicht ist, sondern zunächst bloß in Gestalt von abstrakten Normen, Gesetzen oder Verordnungen vom Prüfer vorgefunden wird.176 Nach Baetge/Commandeur bedeutet „vergleichbar“ grundsätzlich, „daß die Vergleichsobjekte unter gleichen Bedingungen ermittelt werden“177 . Mindestvoraussetzung für die Vergleichbarkeit zweier Objekte ist das Vorliegen mindestens eines gemeinsamen Merkmals, welches in geeigneter Weise gegenübergestellt wird.178 Ferner ist für eine sinnvolle Vergleichbarkeit 170 Vgl. Löw (1982), S. 205; Wysocki (2005), S. 373; zu den stets nicht ganz vermeidbaren subjektiven Elementen von prüferischen Beurteilungen vgl. auch bereits Fettel (1949), S. 275 f. 171 Vgl. Grochla (1978), S. 212 f.; Gans (1986), S. 455. In Anlehnung an Baetge (1983), Sp. 1558 f. sowie Baetge (1984), S. 163 f. sei unter einer Rückkopplung die Rückgabe des Verarbeitungsobjektes zur erneuten Bearbeitung infolge einer festgestellten Abweichung verstanden. 172 Vgl. Leffson (1969), S. 394. 173 Wittmann (1981), S. 75; ähnlich bereits Selchert (1978), S. 133. 174 So bereits Danert (1952), S. 15; vgl. ebenso Wysocki (1963), S. 211. 175 Vgl. Schuppert (1985), S. 20. 176 Vgl. Egner (1970), S. 772; Selchert (1972), S. 105; Otte (1996), S. 75. 177 Baetge/Commandeur (1986), S. 326. 178 Vgl. Peemöller (1978), S. 14; Baetge/Commandeur (1986), S. 327; Peemöller (1992), Sp. 344, sowie Peemöller (2004), S. 25.
3.2 Typische Teilprozesse von Prüfungen
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neben dem gemeinsamen Merkmal auch ein gemeinsamer Maßstab zu definieren, „anhand dessen das Merkmal ‚meßbar‘ ist“179 . Zumeist erfordert es die relevante Norm (hierfür kann die VO PR 30/53 als Paradebeispiel herangezogen werden) wegen ihrer abstrakten Textfassung, dass die Besonderheiten des Einzelfalls und spezifische Merkmale des Prüfungsgegenstandes bei der Konstruktion des Soll-Objektes Berücksichtigung finden müssen.180 Zudem erfordert die sachgerechte Konstruktion des Soll-Objektes in aller Regel eine Auslegung der in der Norm enthaltenen unbestimmten Rechtsbegriffe, ehe sie auf den zu beurteilenden Prüfungsgegenstand angewendet wird.181 Bei dem Ausdruck „unbestimmter Rechtsbegriff“ handelt es sich um Begrifflichkeiten in Gesetzen, Verordnungen oder anderen Rechtsnormen, die sprachlich gesehen mehrdeutig interpretierbar sind und erst durch Auslegung an Klarheit gewinnen.182 Besonderes Gewicht erhalten Auslegungsspielräume in Anbetracht der Tatsache, dass sie – neben dem subjektiv geprägten Richterrecht – als Hauptgründe für Fehler in der praktischen Anwendung von Recht betrachtet werden.183 Dies ist insoweit umso bedeutsamer, als Gesetze oder Verordnungen gewissermaßen als hochrangigste Klasse von Normen zu bezeichnen sind.184 Sie besitzen absolute Verbindlichkeit, schränken die betriebliche Entscheidungsfreiheit somit vergleichsweise stark ein und sorgen dafür, dass Soll-Ist-Abweichungen – von Fehlerunschärfen aufgrund von Auslegungsspielräumen einmal abgesehen – nur sehr wenig Raum für Toleranzen lassen.185 Die Passgenauigkeit des Soll-Objektes ist von zentraler Bedeutung für die Qualität der Prüfung und somit deren Ergebnis. Je nachdem, wie (un)konkret das Soll-Objekt a priori vorliegt, steigt die Verantwortung des Prüfungssubjektes, dieses in konkreter Form herauszubilden.186 Insofern verdient der Anspruch, die Aufgabe der Normauslegung möglichst gut zu meistern, auch im Hinblick auf Fehlervermeidung besondere Aufmerksamkeit. In der Prüfungslehre bedient man sich zur Soll-Objekt-Ermittlung bzw.
179 Baetge/Commandeur
(1986), S. 327. Selchert (1972), S. 105; Peemöller (1978), S. 227. 181 Vgl. Wysocki (1963), S. 212 f.; Otte (1996), S. 206; Baetge/Melcher (2008), S. 404 f. 182 Vgl. Baetge/Melcher (2008), S. 404, Fn. 58. 183 Vgl. Hoffjan/Bramann/Kentrup (2008), S. 15; Hoffjan (2009), S. 279. 184 Weitere denkbare Normenklassen können bspw. freiwillig auferlegte betriebliche Regeln, Vergleichsmaßstäbe anderer Betriebe oder strategische Unternehmensziele sein. 185 Vgl. Wysocki (1963), S. 213. 186 Vgl. Baetge (1984), S. 169. 180 Vgl.
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Normauslegung vorzugsweise rechtswissenschaftlicher Methoden.187 Eine juristisch fundierte Normanwendung vollzieht sich in der heutigen Zeit zumeist unter Zugrundelegung der ratio legis, also dem Sinn und Zweck der jeweiligen Rechtsnorm.188 Diese Vorgehensweise ist häufig nicht trivial, denn „Fragen nach dem ‚Sinn‘ können weder durch Beobachtung im Experiment, noch durch Messung oder Zählung beantwortet werden“189 . Auch die Akteure in den geprüften Stellen benötigen die dem Sachverhalt zugrundeliegende Norm, um das Ist-Objekt möglichst normgerecht zustande zu bringen. Sodann muss der verantwortliche Prüfer zwingend dieses Ist-Objekt erfassen, denn aus der Norm allein, also unter Ausklammerung des realen Tatbestandes, kann kein adäquates Soll-Objekt konstruiert werden.190 Mit Soll und Ist müssen also zunächst einmal zwei gegenüberzustellende Objekte erzeugt werden.191 Die jeweils einschlägige Norm fungiert somit als Bindeglied zwischen der geprüften Stelle und dem Prüfer und somit gewissermaßen als das zentrale Element einer jeden betriebswirtschaftlichen Prüfung.192 Diese besondere Rolle der Norm ist in Abbildung 3.5 am Beispiel des Preisrechts nochmals grafisch dargestellt.
187 Vgl. Kupsch (1985), S. 1139 ff.; Wysocki (2005), S. 361. Demgegenüber gibt die Rechtswissenschaft kurioserweise an, sich für diesen Zweck gerne wirtschaftswissenschaftlicher Erkenntnisse zu bedienen; vgl. Coing (1964), S. 2 und 5, sowie Rittner (1987), S. 25. Der Anschein, dass hier unter Umständen ein Zirkelbezug vorliegt, dürfte die Schwierigkeit der Normauslegungsaufgabe nochmals unterstreichen. 188 Vgl. Altmann (1979), S. 432 ff.; Tipke (1986), S. 5 ff.; Larenz/Canaris (1995), S. 157 ff.; Honsell (2016), S. 119 ff. 189 Larenz/Canaris (1995), S. 19. 190 Vgl. Egner (1970), S. 776; Otte (1996), S. 76. 191 Vgl. Wysocki (1978), S. 105; Falkenberg/Egger (1978), S. 843. 192 Dadurch, dass Normen nicht beschreiben, was ist, sondern vielmehr was sein soll, beinhalten sie automatisch auch eine Art von Wertung und entfalten normativen Charakter sowohl für den zu prüfenden Ausgangssachverhalt als auch die spätere Prüfung; vgl. Ruhnke (2002), Sp. 1841 ff.
3.2 Typische Teilprozesse von Prüfungen
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Abb. 3.5 Die Norm als zentrale Größe bei Soll-Ist-Vergleichen. (Preisrechtliche Sichtweise in Anlehnung an die allgemeine Darstellung bei Egner (1970), S. 776 bzw. Bolsenkötter/Poullie (2003), Abt. VI/4, Rn. 35.)
3.2.5
Soll-Ist-Vergleich, Abweichungsmessung und Urteilsbildung
Wenn die Prüfungshandlungen an ihrem Ende angelangt sind, weil für eine fundierte Urteilsbildung in ausreichendem Maße sachdienliche Hinweise beschafft und Soll-Ist-Vergleiche durchgeführt wurden, so schließt sich in der Folge gemäß messtheoretischem Ansatz die Messung der Abweichungen zwischen den Merkmalsausprägungen von Soll- und Ist-Objekten an. Grundsätzlich wäre es zumeist wenig befriedigend, wenn das Ergebnis des Vergleichs zwischen Soll und Ist lediglich in der Feststellung bestünde, dass entweder eine Abweichung zwischen den vorgenannten Größen vorliegt oder dass eine solche Abweichung nicht vorliegt. Insbesondere hinsichtlich der prüferseitig zu vollziehenden Urteilsbildung auf Basis eventueller Unregelmäßigkeiten ist es wünschenswert, den Prozess des Vergleichens mit konkreten Aussagen über die Richtung und ggf. den Umfang der festgestellten Abweichungen zu unterfüttern. Es ist somit
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opportun, die Abweichungen zwischen Soll und Ist möglichst genau zu messen und diese Messergebnisse bei der Gesamtbeurteilung des Sachverhaltes zu berücksichtigen.193 Messungen vollziehen sich im wissenschaftlichen Sinne allgemein im Wege der Zuordnung von Zahlen oder Symbolen (Messwerten) zu Objekten oder Ereignissen (Messgrößen) auf Basis bestimmter Regeln.194 Um die Messwerte den Messgrößen zuordnen zu können, muss die Menge, der die zu messenden Größen angehören, geordnet und die Struktur der geordneten Menge durch Zuordnung von Zahlen oder Symbolen zu den einzelnen Elementen der Menge durch Messwerte auf einer Skala abbildbar sein. Folglich ist es von Bedeutung, dass die zu prüfende Merkmalsausprägung des Ist-Objekts als Maßgröße des Ist-Objekts auf derselben Skala durch einen Messwert ausgedrückt werden kann, wie die korrespondierende Merkmalsausprägung des Soll-Objekts. Mittels Bestimmung des Verhältnisses dieser beiden Messwerte lassen sich dann Aussagen über Art, Richtung und Ausmaß der Soll-Ist-Abweichung treffen.195 Die Abbildung auf Messskalen kann grundsätzlich auf verschiedene Weise erfolgen:196 1. Sofern generell Überprüfungsmöglichkeiten bestehen, werden Soll- und IstObjekt zunächst mittels Diversitätsskalen abbildungsfähig sein. Es ist folglich festzustellen, ob eine Abweichung vorliegt oder nicht bzw. ob der Ansatz einer bestimmten Größe „richtig“ oder „falsch“ ist. Die Messung der Abweichung erfolgt somit bloß nominal. Im betriebswirtschaftlichen Kontext ermöglichen bspw. Rechtmäßigkeitsprüfungen oftmals nur die Aussage, dass das Prüfungsobjekt der in Rede stehenden Rechtsnorm entspricht oder eben nicht. Über Richtung und Ausmaß des Fehlers kann keine sinnvolle Aussage getroffen werden, weil zur Beurteilung des Ist-Objekts lediglich die beiden Prädikate „rechtlich zulässig“ oder „rechtlich unzulässig“ herangezogen werden können. 2. Wenn Angaben über die Richtung der Abweichung von Belang sind, so verlangt dies über die bloße Klassifizierbarkeit der Merkmalsausprägungen hinaus die Fähigkeit, die zu prüfenden Objekte nach dem Rang der Merkmalsausprägung zu ordnen.
193 Vgl.
Wysocki (1978), S. 113. Committee on Measurement of the British Association for the Advancement of Science (1940), S. 340. 195 Vgl. Wysocki (1978), S. 113; Wysocki (1983a), Sp. 1404. 196 Vgl. Wysocki (1978), S. 118 f; Wysocki (1983a), Sp. 1407 f. 194 Vgl.
3.2 Typische Teilprozesse von Prüfungen
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3. Ist gegebenenfalls eine Aussage zum Umfang der Unregelmäßigkeiten beabsichtigt, so müssen hierzu die zu prüfenden Merkmale nicht nur rang-, sondern auch abstandsskalierbar sein. 4. Messungen sowohl in absoluter als auch in relativer Hinsicht sind demzufolge nur bei denjenigen Merkmalen im Bereich des Möglichen, bei denen die Bildung von Kardinalskalen zulässig ist. Wie von Wysocki betont, nimmt der mögliche Anwendungsbereich der vorgenannten Messmethoden mit zunehmender Verfeinerung der Messabsichten in der Praxis ab. Der betriebswirtschaftliche Prüfer sollte jedoch stets versuchen, die sich ihm bietenden Messmöglichkeiten voll auszureizen, um den seinem Urteil zugrunde liegenden Informationsumfang zu maximieren.197 Gleichwohl ist zu konstatieren, dass in vielen konkreten Fällen keineswegs alle vorgenannten Messmethoden zu realisieren sind.198 Dies demonstriert anschaulich auch das Fallbeispiel der Preisprüfung. Bei der Feststellung der Ordnungsmäßigkeit des vereinbarten Preistyps liegt eine typische Rechtmäßigkeitsprüfung vor, die lediglich die beiden Beurteilungen „preisrechtlich zulässig“ oder „preisrechtlich unzulässig“ anheimstellt. Bei der Frage nach der Rechtmäßigkeit der Preishöhe, bieten sich indessen tiefergehende Messmöglichkeiten. Man kann zum einen ebenso Aufschluss darüber erhalten, ob der Preis „über“ oder „unter dem preisrechtlich zulässigen Höchstpreis“ liegt (Rangskalierung); zum anderen ist es möglich, eine Aussage dahingehend zu treffen, dass der vorgefundene Preis womöglich „um … e zu hoch“ ausfällt (Kardinalskalierung).199 Im Hinterkopf zu behalten ist hierbei jedoch stets, dass bei derartigen Partialurteilen die mit ihnen verknüpften Anspruchskriterien der Sicherheit und Genauigkeit grundsätzlich in einem Spannungsverhältnis stehen. Die Sicherheit einer wertenden Aussage ist nämlich umso größer, je geringer ihre Genauigkeit ausfällt und vice versa.200 Im Prüfungskontext zeigen sich Aussagen mit sehr hohem Genauigkeitsanspruch häufig in der betragsmäßigen, teilweise sogar centgenauen Angabe von Abweichungen.201 Bei den kardinalskalierten Aussagen zu etwaigen in Euro ausgedrückten Höchstpreisüberschreitungen herrscht folglich ein höheres Risiko von 197 Vgl.
Wysocki (1983a), Sp. 1408. Wysocki (1978), S. 119. Siehe hierzu Grochla (1974), S. 17. 199 Aufgrund des zu Beginn bereits erwähnten Höchstpreisprinzips des öffentlichen Preisrechts ist die entgegengesetzte Aussage „Preis um … e zu niedrig“ praktisch irrelevant und würde so nicht getroffen werden. 200 Vgl. Baetge (1980b), S. 454 f. 201 Vgl. Baetge (1980b), S. 454. 198 Vgl.
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Prüfungstheoretischer Bezugsrahmen
Fehlurteilen vor als bei den Aussagen, die lediglich auf den Preistyp abzielen, da hier eher im Sinne einer Plausibilitätsbeurteilung mit gewissen Intervall- und Toleranzbreiten je Preistyp operiert wird. Nach Soll-Ist-Vergleichen und Abweichungsmessungen schließt sich die Urteilsbildung als zentrale Entscheidungsfindung an, wobei Entscheidung als „Wahl einer Handlungsmöglichkeit aus mehreren, nicht gleichzeitig zu verwirklichenden Alternativen verstanden“ sei.202 Entscheidungssituationen zeichnen sich stets dadurch aus, „daß aus den vorhandenen Alternativen diejenige auszuwählen ist, die eine vorgegebene Zielvorschrift am besten erfüllt“203 . Die vorgegebene Zielvorschrift besteht in der vorliegenden Arbeit in der Einhaltung des Normzwecks des Preisrechts. Im Prüfungskontext ist die zentrale Entscheidung bzw. der „Kernbereich des Prüfungsgeschehens“204 letztlich die Urteilsbildung. Somit lässt sich nach Loitlsberger überspitzt festhalten: „Wenn kein Urteil gefällt wird, ist auch nicht geprüft worden.“205 Bei der Urteilsbildung im Rahmen betriebswirtschaftlicher Prüfungen agiert der Prüfer nach Auffassung von Gutenberg durchaus ähnlich „wie ein Richter … wenn er entscheidet, was Recht und was Unrecht ist“206 . Unter einem Urteil muss stets eine Aussage verstanden werden, „die durch einen bestimmten Grad der Überzeugung des Urteilenden qualifiziert“ ist.207 Mitunter ist diese Überzeugung gleichwohl nur relativ schwer zu erreichen. Tritt dieser unerwünschte Fall ein, so müssen die sich offenbarenden Grenzen aufgrund des Objektivitätsgrundsatzes bei der Urteilsbildung zwingend berücksichtigt werden. Hierzu merkt bereits Fettel an: „Hier stoßen wir an die Kernfrage jeder Revision: Was kann überhaupt festgestellt werden und was kann nicht festgestellt werden? Daraus ergibt sich ohne weiteres, daß von einem Prüfer nur das bestätigt werden kann, was sich feststellen läßt. Und das ist verdammt wenig. Das Urteil sollte nur das Feststellbare enthalten. Alles, was darüber hinaus gesagt wird, ist Ansichtssache.“208
202 So
Witte (1980), Sp. 634. (1971), S. 593. 204 Wysocki (1993), S. 918. 205 So bereits Loitlsberger (1953), S. 24. 206 Gutenberg (1966), S. 13. 207 So Hagest (1975), S. 18. 208 So schon Fettel (1949), S. 276. 203 Baetge/Steenken
3.3 Aufteilung des Prüfungsprogramms in Prüffelder
83
Hiermit ist verbunden, dass eine unbedachte oder vorschnelle Beschlussfassung tunlichst zu vermeiden, eine „ill-advised or hasty decision“209 seitens des Prüfers also möglichst auszuschließen ist. Es muss stets die eingangs eingeforderte hinreichende Sicherheit der Prüfung im Blick behalten werden, wobei „ausreichende Urteilsqualität bedeutet, daß das Risiko eines Fehlurteils des Prüfers ein vertretbares Maß nicht übersteigt“210 . Die Gefahr eines falschen Gesamturteils kann sich mitunter ergeben, da der Prüfer entweder infolge schlecht gewählter Prüfungshandlungen den tatsächlichen Zustand des zu untersuchenden Objektes nicht hinreichend erfasst hat oder aber weil er ein unpassendes Beurteilungskriterium, etwa bei analytischen Plausibilitätsbeurteilungen, zugrunde gelegt hat.211 Normenbasierte Beurteilungskriterien sind falsch definiert, wenn sie wesentliche Unregelmäßigkeiten als unwesentlich klassifizieren und umgekehrt.212
3.3
Aufteilung des Prüfungsprogramms in Prüffelder
Wie die bisherigen Einlassungen gezeigt haben, können betriebswirtschaftliche Prüfungen mitunter von einer großen Zahl an Soll-Ist-Vergleichen und somit einer hohen Komplexität geprägt sein. Hierzu sei zunächst konstatiert, dass zuweilen die Einzelschritte von betriebswirtschaftlichen Prozessen nicht trennscharf abgegrenzt werden, sondern die jeweilige Aufgabe pauschal als Gesamtheit angesehen wird. Erst wenn mittels Analyse eine stufenweise Auflösung vollzogen wird, kann jedoch zu den Detailfragen problemorientiert Stellung genommen werden, um letztlich zu einer Prozessverbesserung zu gelangen.213 Für die Marktpreisprüfung gilt dies gleichermaßen. Um dem gesamten Prüfungsprogramm nunmehr eine übersichtlichere Struktur zu verleihen, ist folglich die Aufteilung der gesamten Prüfungsaufgabe in einzelne Teilaufgaben (= Prüffelder) unerlässlich.214 Der Definition von Buchner/Breith folgend können Prüffelder als „zeitlich, örtlich und sachlich exakt abgegrenzte Teilgesamtheiten der Grundgesamtheit aller prüfungspflichtigen Geschäftsfälle“ bezeichnet werden.215 Somit sind je Prüffeld 209 Siehe
Mautz/Sharaf (1961), S. 105. (1978), S. 43. 211 Vgl. Baetge/Krumbholz/Roß (1992), S. 44. 212 Vgl. Leffson/Bönkhoff (1983b), Sp. 1191. 213 Vgl. Baetge (1984), S. 183 f. 214 Vgl. hierzu Leffson/Bönkhoff (1983b), Sp. 1188; Leffson (1988), S. 162 ff.; Korndörfer/Peez (1989), S. 77 ff. 215 Buchner/Breith (1981), S. 14. 210 Sperl
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3
Prüfungstheoretischer Bezugsrahmen
meist mehrere einzelne Ist-Objekte zu überprüfen und zu einem Prüffeldurteil zusammenzufassen.216 Wenngleich systematisch geplante Prüfungsprogramme in der Regel in dem hier beschriebenen Sinne bereits detailliertere Vorgaben zu Art und Umfang der notwendigen Prüfungshandlungen machen und anzeigen, welche Entscheidungsregeln bei der Herleitung des Prüfungsurteils zur Anwendung kommen sollen, „ist noch eine weitere Spezifizierung der Prüfungsprogramme angebracht, wenn einzelne Prüfungsschritte zur Beurteilung der Prüfungsfelder einer speziellen Regelung bedürfen“217 . Vor diesem Hintergrund ist festzuhalten, dass an geeigneten Punkten im standardisierten Prüfungsprozess platzierte und separat dargestellte Unterprogramme sehr detaillierte Anweisungen zum Abarbeiten eines bestimmten Prüffeldes machen. Die – für Heuristiken wie eingangs angemerkt geradezu typische – Aufteilung des Entscheidungsproblems „Prüfung“ in einzelne Prüffelder und zum Teil Unterprogramme führt letztlich also zu einer fortschreitenden bzw. sukzessiven Konkretisierung des Prüfungsprozesses als integriertes System. Nur auf diese Weise lässt sich ein in seinen Teilbereichen sinnvoll aufeinander abgestimmter Prüfungsprozess konzipieren, der auch der Komplexität der Aufgabe und den hohen Ansprüchen an die Belastbarkeit des Gesamturteils angemessen gerecht wird.218 Ein Sonderproblem der hier beschriebenen Programm-Struktur ist allerdings die Abgrenzung der einzelnen Prüffelder auf der jeweiligen Hierarchieebene. Eine pauschale Handlungsempfehlung scheint hier nur schwer möglich, da anhand verschiedener Kriterien konsistente Programm-Strukturen generiert werden können. Grundsätzlich lässt sich eine sinnvolle Prüffeld-Aufteilung in Anlehnung an vorgefundene und hinreichend klar abgrenzbare Zielgruppen, Objekte oder Aktivitäten bewerkstelligen. Wenn etwa Rechtsnormen der Prüfung zugrunde liegen, ist zum einen die grobe Orientierung an den Vorgaben der zugrunde liegenden Norm wie etwa das vorgegebene Gliederungsschema eines Jahresabschlusses sinnvoll.219 Zum anderen wird empfohlen, solche Prüfungsobjekte demselben Prüffeld oder Unterprogramm zuzuordnen, die offensichtlich in enger sachlicher oder
216 Vgl.
Wysocki (1988), S. 250 f. bzw. 270 f. hierzu und im Folgenden vor allem Sperl (1978), S. 31; Leffson (1988), S. 155 ff. sowie Mochty (2002), Sp. 1765 ff. 218 Vgl. hierzu auch Mayer (1978b), S. 705; Coenenberg/Hille (1989), S. 1739; Bönkhoff (1992), Sp. 1521. 219 Vgl. Leffson (1988), S. 164; Hövermann (1979), S. 64. 217 Vgl.
3.4 Wahl einer zweckmäßigen Prüfungsrichtung
85
thematischer Verbindung zueinander stehen.220 Der Detaillierungsgrad der einzelnen Teilprogramme hängt maßgeblich von der Vorhersehbarkeit und Planbarkeit der zu programmierenden Prüfung ab. Wenn eine tiefergehende Strukturierung der Prüfung gelingt, werden die subjektiven Einflüsse auf das Prüfungsergebnis reduziert und selbigem wird ein Mehr an Objektivität und Transparenz verliehen.221
3.4
Wahl einer zweckmäßigen Prüfungsrichtung
Nach der Bildung sinnvoll abgegrenzter Prüffelder muss ferner eine Entscheidung darüber gefällt werden, in welcher Richtung die einzelnen Prüffelder vorteilhafterweise abgearbeitet werden sollen. Im Hinblick auf eine geeignete Reihenfolge der diversen zu überprüfenden Objekte lassen sich grundlegend zwei alternative Ansätze erkennen. Zum einen besteht vielfach die Möglichkeit, ausgehend von einem vergangenen Ereignis die Spuren dieses Ereignisses bis zu einem späteren bzw. finalen Ereignis nachzuverfolgen. Ausgehend von dem realen Geschäftsvorfall wird folglich geprüft, wie sich dieser sukzessiv in Belegen, Dokumenten und Verträgen niedergeschlagen hat. Bei solchen zeitlich vorwärts gerichteten Prüfungsverläufen spricht man von sog. progressiven Prüfungen. Die gegenteilige Option bilden Prüfungen, bei denen die Hintergründe eines zu irgendeinem Zeitpunkt eingetretenen Ereignisses bis zu einem zeitlich weiter zurückliegenden Zeitpunkt systematisch nachempfunden werden. Man schreitet also von dem vorgefundenen „Endprodukt“ – für den Wirtschaftsprüfer sei dies etwa der Jahresabschlussposten, für den Preisprüfer der vertraglich vereinbarte Preis – zurück bis zu dem zugrunde liegenden, von den operativ handelnden Personen in Gang gesetzten realen Tatbestand. Bei diesen zeitlich rückwärts gerichteten Prüfungsverläufen handelt es sich um sog. retrograde Prüfungen.222 Die Reihenfolge der Bearbeitung der einzelnen Prüfungsgegenstände durch den Prüfer sollte nicht beliebig ausgestaltet werden, denn zwischen den Teilschritten kann häufig eine sachlogische Beziehung konstruiert werden und es sprechen zudem oft Zweckmäßigkeitserwägungen für eine ganz bestimmte Reihenfolge, sodass mitunter 220 Vgl.
Sperl (1978), S. 104 f.; Mayer (1978b), S. 704. Sperl (1978), S. 32. 222 Vgl. zu den beiden gegenläufigen Grundtypen von Prüfungsrichtungen Loitlsberger (1953), S. 27 und 35 f.; Minz (1960), S. 91; Loitlsberger (1966), S. 92 f.; Knoth (1983), Sp. 1134 f.; Hofmann (1985), S. 221 f.; Wittkowski/Wittkowski (1987), S. 52; Wysocki (1988), S. 155 ff.; Korndörfer/Peez (1989), S. 201 f.; Ewert (1999), S. 527; Blohm/Brenneis (1968), S. 40 f. 221 Vgl.
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3
Prüfungstheoretischer Bezugsrahmen
Soll-Ist-Vergleiche nicht sinnvoll durchgeführt werden können, wenn zuvor nicht ein anderer Soll-Ist-Vergleich stattgefunden hat.223 Interdependente Prüfungsketten ergeben sich auch nicht zuletzt daraus, dass mitunter das Soll-Objekt des nachfolgenden Soll-Ist-Vergleichs nach bestimmten Regeln aus dem Ist-Objekt des vorherigen Soll-Ist-Vergleichs abgeleitet werden muss.224 Diese zwischen einzelnen Soll-Ist-Vergleichen häufig vorhandenen kommunizierenden Röhren betont auch Münstermann, wobei bei ihm auch der unerwünschte Effekt einer verlängerten Prüfdauer bei unzweckmäßigen Reihenfolgeplanungen anklingt: „Sobald nämlich die zur Urteilsbildung über ein Prüffeld benötigten Informationen nicht vollständig aus demselben Prüffeld gewonnen werden können, verzögert sich der Urteilsbildungsprozeß, wenn die noch benötigten Informationen nicht schon geprüft vorliegen.“225
Die hier beschriebene Frage der Prüfungsrichtung stellt sich aufgrund der Natur der Sache allerdings nur bei direkten, einzelfallbezogenen Prüfungen (wie bspw. der Marktpreisprüfung), da es bei einer auf Stichproben mit einem im Vorfeld festgelegten Umfang von n Elementen basierenden Systemprüfung irrelevant ist, in welcher Reihenfolge die n sowieso zu überprüfenden Elemente erfasst werden.226 Die nachfolgende Abbildung 3.6 illustriert die beiden vorgenannten grundlegenden Arten von Prüfungsketten zunächst einmal anhand des klassischen Beispiels der Jahresabschlussprüfung.
223 Vgl.
hierzu allgemein Egner (1980), S. 117 f.; Leffson/Bönkhoff (1983b), Sp. 1188 f.; Leffson (1988), S. 164 sowie Bönkhoff (1992), Sp. 1521. Im Preisrecht ist dies etwa bei der Prüfung der maximal zulässigen Preishöhe der Fall, die erst nach Feststellung des einschlägigen Preistyps sinnvoll durchgeführt werden kann. 224 Vgl. Wysocki (1978), S. 140; Knoth (1983), Sp. 1132. 225 Münstermann (1968), S. 137. 226 Siehe hierzu auch Gans (1986), S. 452.
3.4 Wahl einer zweckmäßigen Prüfungsrichtung
87
Abb. 3.6 Progressive vs. retrograde Prüfungskette. (Entnommen aus Wysocki (1978), S. 141; ähnlich auch Korndörfer/Peez (1989), S. 202.)
Zimmermann veranschaulicht die progressive Prüfmethode anhand des Beispiels eines Menschen (dem Prüfer), „der die Treppe eines ihm unbekannten baufälligen Hauses in der Dunkelheit ersteigt und vorsichtig erst jede Stufe auf Haltbarkeit und Zustand untersucht, ehe er zur nächsten weitertritt“227 . Demnach muss der Prüfer in Rechnung stellen, dass mitunter Beurteilungen von ihm verlangt werden, die ohne das vorherige Abarbeiten anderer Beurteilungen gar nicht erst möglich sind. Bei Nichtbeachtung dieser Kausalität können sich schwerwiegende Folgen für die gesamte Prüfung ergeben, weil sich bestimmte Partialurteile 227 Zimmermann
(1954), S. 40.
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3
Prüfungstheoretischer Bezugsrahmen
ex post als Fehlurteile herausstellen können und einzelne Prüfungshandlungen somit wiederholt werden müssten.228 Die Einzelurteile bei progressiven Prüfungen weichen von denen retrograder Prüfungen dergestalt ab, dass die in Kenntnis des realen Tatbestandes nacheinander getroffenen Entscheidungen endgültig sind und bei positivem Ergebnis das Teilurteil aus einem nachgelagerten Soll-Ist-Vergleich immer die Teilurteile der vorherigen Soll-Ist-Vergleiche mit einschließt. Im Falle von Unregelmäßigkeiten auf einer Prozessstufe werden die zuvor gefällten Urteile hiervon nicht tangiert. Hierbei muss sich der Prüfer darüber im Klaren sein, dass ein Teilurteil, welches auf einem anderen, bereits gebildeten Teilurteil aufsetzt, stets von höherer Bedeutung für die Gesamtbeurteilung ist als das vorherige, da es automatisch auch die Befunde zu den bereits durchlaufenen Soll-Ist-Vergleichen in sich vereint.229 Es ist somit darauf zu achten, dass das Ergebnis des finalen Soll-Ist-Vergleichs infolge des sog. Fehlerfortpflanzungseffektes stets die gesamte Beurteilung über die im Zuge der Prüfungskette erarbeiteten Teilurteile widerspiegelt.230 Wird jedoch retrograd geprüft, so stehen die jeweiligen Partialurteile stets unter dem Vorbehalt der Ordnungsmäßigkeit der noch ausstehenden SollIst-Vergleiche. Diese Annahmen werden sodann im Prüfungsverlauf durch die weiteren Urteile entweder bestätigt oder – ganz oder nur zum Teil – falsifiziert. Wenn bei retrograden Prüfungsvorgängen Fehler offenbart werden, so werden damit sämtliche bereits geprüften Einzeltatbestände infrage gestellt. Es müssen sodann die Auswirkungen der Unregelmäßigkeiten auf die nachgelagerten Stufen ermittelt werden und der Prüfer hat mittels Wiederholung der betreffenden Einzelvergleiche zu entscheiden, ob die bereits getroffenen (vorläufigen) Einzelurteile revidiert werden müssen. Der Grund hierfür liegt darin, dass bei der retrograden Prüfmethode der reale Tatbestand nicht a priori bekannt ist und die Richtung, in der die Prüfung verläuft, und die Richtung, in der sich etwaige Fehler fortpflanzen, gegenläufig sind.231 Der sich hieraus ergebende Prüfungsaufwand kann stark variieren, allerdings wird er mit Sicherheit größer ausfallen als bei einer progressiven Prüfung. Der Nachteil des tendenziellen Mehraufwandes bei retrograden Prüfungen wird umso gewichtiger, je weiter vorne232 die Stufe mit der Unregelmäßigkeitsfeststellung 228 Vgl.
Zimmermann (1954), S. 42; Hövermann (1979), S. 67 f. Sperl (1978), S. 104; Schmid/Uecker (1985), S. 989. 230 Vgl. Knoth (1983), Sp. 1138 f.; Freidank (2012), S. 130. 231 Vgl. Schmid/Uecker (1985), S. 989; Wysocki (1988), S. 159 f. 232 Bei retrograden Prüfungsketten wären dies die später zu durchlaufenden Prüfungshandlungen. 229 Vgl.
3.4 Wahl einer zweckmäßigen Prüfungsrichtung
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liegt. Bleibt man in dem Beispiel des baufälligen Hauses, so gilt für die retrograde Prüfung, dass der Prüfer die Treppe von oben betritt und der oberste Treppenabsatz sowie auch die Basis der Treppe noch ungeprüft sind. Steigt der Prüfer sodann eine Treppenstufe nach der anderen hinab, so wird er frühestens dann ein vertrauenswürdiges Urteil über die gesamte Treppe inklusive dem obersten Absatz abgeben können, wenn er wohlbehalten am Fuße der Treppe angelangt ist.233 Wenn die unterste Treppenstufe morsch ist, wäre bei einem progressiven (die Treppe hinaufsteigenden) Prüfungsverlauf die Prüfung jedoch bereits nach dem ersten Schritt beendet gewesen. Sofern Fehler auf einer weiter hinten liegenden Prüfungsstufe, die bei einer retrograden Prüfung wie beschrieben allerdings relativ früh durchlaufen wird, zu Tage treten, kann die retrograde Prüfung aber auch Vorteile haben, weil die Fehler früher aufgedeckt werden können. Wenn zunächst nennenswerte Korrekturarbeiten vonnöten sind, kann die Prüfung dennoch ohne Zeitverzögerung fortgesetzt werden. Bei Sachverhalten, in denen der Prüfer besonders schnell prüfen und zu Ergebnissen kommen muss, erscheint dies als eine interessante Option. Die ausstehenden Prüfungswiederholungen können im Nachgang wiederum progressiv und ausgehend von der auf niedrigster Stufe aufgedeckten Fehlerquelle nachgeholt werden. Gleichwohl ist hier bedauerlicherweise immer noch das Risiko vorhanden, dass bereits korrigierte Prüfungsobjekte durch später offengelegte, weitere Unregelmäßigkeiten abermals geändert werden müssen, wodurch der ohnehin beträchtliche Aufwand nochmals erhöht würde.234 Der progressive Prüfungsansatz ist im Falle der Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten aufgrund der Vermeidung von Prüfungshandlungswiederholungen im Vergleich zu der retrograden Methode als die tendenziell effizientere Handlungsoption zu werten.235 Es stellt sich nun gleichwohl die Frage, welche Prüfungsform im Kontext der Marktpreisprüfung als die sachgerechtere zu bezeichnen ist. Die automatische Forderung, ausschließlich progressiv zu prüfen, griffe nämlich zu weit. Für eine zutreffende Gesamtbeurteilung ist letztlich nicht entscheidend, dass die Partialurteile bei betriebswirtschaftlichen Prüfungen in einer bestimmten Reihenfolge abgegeben werden, sondern nur, dass keine Glieder der Prüfungskette am Ende ungeprüft geblieben sind. Stellt der verantwortliche Prüfer diese Vollständigkeit der Prüfung – wie auch immer – sicher, spielt die Reihenfolge der 233 Vgl.
für dieses analoge Beispiel Wysocki (1988), S. 159. zum Prüfungsaufwand und den potentiellen Komplikationen bei progressiven und retrograden Prüfungen Knoth (1983), Sp. 1137 f. 235 Vgl. Knoth (1983), Sp. 1139 f. 234 Vgl.
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Prüfungstheoretischer Bezugsrahmen
Prüfungshandlungen keine Rolle für die Vertrauenswürdigkeit des Gesamturteils. Lediglich kann, wie oben erläutert, der Prüfungsumfang durch die anfänglich eingeschlagene Reihenfolge (negativ) beeinflusst werden.236 Allgemein akzeptierte, klare Richtlinien für die Anwendung progressiver oder retrograder Prüfungen existieren in der prüfungstheoretischen Literatur nicht. Oftmals dürfte es allein dem Prüfer überlassen sein, ob er den progressiven oder den retrograden Ansatz wählt (es sei denn, es gibt ein Prüfungsprogramm, das eine der beiden Prüfungsrichtungen verbindlich vorgibt).237 Gleichwohl finden sich gewisse Daumenregeln, die im Einzelfall durchaus für die vorgenannte Entscheidung von Nutzen sein können. So wird die progressive Prüfung nicht zuletzt in solchen Fällen empfohlen, bei denen es von hoher Relevanz ist, dass alle wesentlichen Vorgänge eines übergeordneten Sachverhaltes auch tatsächlich als solche betrieblich vollständig erfasst und sachgerecht weiterverarbeitet wurden. Zudem bietet sich diese Methode an, wenn der Prüfer eine unvollständige Erfassung und Darstellung der realen Gemengelage befürchten muss und sich ihm generell eher undurchsichtige Verhältnisse offenbaren und der Istzustand erst gedanklich rekonstruiert werden muss. Beginnt der Prüfer nämlich seine Prüfungshandlungen beim eigentlichen Geschäftsvorfall als solchem, so wird er beim Aufspüren von Unregelmäßigkeiten nicht so leicht durch bereits bestehende Ergebnisse getäuscht, sondern macht sich selbst ein fundiertes Bild der Gesamtsituation. Progressive Prüfungen geben demzufolge Auskunft darüber, ob wirtschaftliche Tatbestände ausgehend von ihrem Ursprung ihren angemessenen Niederschlag in der nachfolgenden Dokumentation gefunden haben.238 Retrograde Prüfungen kommen demgegenüber vornehmlich dann zum Einsatz, wenn es von Interesse ist, ob allen Jahresabschlusszahlen entsprechende Buchungen und allen Buchungen entsprechende Belege zugrunde liegen. Ferner ist retrograd zu eruieren, ob einem Beleg überhaupt ein realer Geschäftsvorfall vorausging. Nicht zuletzt die Überprüfung etwaiger Schein- oder Lufterfassungen von fiktiven Sachverhalten kann also den retrograden Ansatz zweckdienlich erscheinen lassen.239 Das Fallbeispiel der Marktpreisprüfung muss vor diesem Hintergrund offenbar als prüfungstheoretischer Sonderfall bezeichnet werden, da sich hier eine Wahlmöglichkeit zwischen progressiver und retrograder Prüfungsrichtung nicht guten Gewissens vertreten lässt. Es kommt vielmehr für den 236 Vgl.
Knoth (1983), Sp. 1139. Selchert (1978), S. 144. 238 Vgl. Loitlsberger (1953), S. 27; Korndörfer/Peez (1989), S. 201 ff.; Ewert (1999), S. 527. 239 Vgl. Korndörfer/Peez (1989), S. 203. 237 Vgl.
3.4 Wahl einer zweckmäßigen Prüfungsrichtung
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späteren MP-PS – über die oben dargelegten Effizienzvorteile als erstes schlagendes Argument hinaus – sinnvollerweise allein die progressive Prüfungskette in Betracht, und zwar aus mehreren Gründen: Zum einen ist es, um einem vereinbarten Preis preisrechtliche Ordnungsmäßigkeit zu attestieren, elementar, dass im Vorfeld alle relevanten Sachverhaltsvorgänge von den öffentlichen Auftraggebern und deren Auftragnehmern auch tatsächlich angemessen berücksichtigt wurden. Es besteht die latente Gefahr, dass der Preisprüfer durch das bereits bestehende Ergebnis im Vertrag getäuscht bzw. zumindest von wesentlichen Dingen abgelenkt wird. Ein Prüfungsbeginn am eigentlichen wirtschaftlichen Tatbestand selbst (= der öffentlichen Auftragsvergabe) lässt es zu, dass sich der Preisprüfer ein persönliches Bild von den tatsächlichen Geschehnissen machen kann, um zu überprüfen, ob alle erfolgten Vorgänge und alle vorliegenden Umstände ihren ordnungsgemäßen Niederschlag in der Preisgestaltung gefunden haben. Dass vorgenannte öffentliche Auftragsvergabe als realer Geschäftsvorfall tatsächlich stattgefunden hat, dürfte bei einem Prüfungsersuchen über eine Preisprüfung überdies unstrittig sein, sodass eine diesbezügliche Überprüfung nicht notwendig erscheint. Das Ausschließen einer Lufterfassung ohne realen Sachverhalt als klassisches Argument für eine retrograde Prüfung fällt somit bei Preisprüfungen bereits in aller Regel weg. Zum anderen spielt die besondere Systematik des öffentlichen Preisrechts eine konstituierende Rolle. Dadurch, dass die VO PR 30/53 wie eingangs dargelegt eine im Vergleich zum Vergaberecht nicht komplett kongruente Definition des Begriffs „öffentlicher Auftrag“ zugrunde legt, erfährt der Wirkungsbereich der Preisüberwachung bereits hier eine zu überprüfende Begrenzung. Ob der jeweils zu prüfende Preis Gegenstand eines öffentlichen Auftrages gemäß preisrechtlichem Verständnis ist, stellt somit zwingend den initialen Prüfungsschritt dar (Soll-Ist-Vergleich 1). Im Kern geht es hier um den formellen Aspekt, dass der Auftraggeber laut Vertragsunterlagen eine juristische Person des öffentlichen Rechts ist oder aber zumindest erkennbar die Beschaffung im Namen einer öffentlich-rechtlichen juristischen Person durch einen Dritten erfolgt.240 Sodann sollte sichergestellt sein, dass der Auftragnehmer über einen Geschäftssitz im Inland verfügt. Grundsätzlich lassen sich Preisprüfrechte nicht ins Ausland ausweiten. Nur in seltenen Grenzfällen kann die Möglichkeit hierzu bspw. aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung gegeben sein. Die sich vor diesem Hintergrund im jeweiligen Einzelfall bietende Gemengelage sollte in
240 Vgl.
Rn. 9.
hierzu Zeiger (1957), S. 401; Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller (2020), § 2,
92
3
Prüfungstheoretischer Bezugsrahmen
einem sehr frühen Stadium der progressiven Preisprüfung ausgelotet werden (Soll-Ist-Vergleich 2). In Bezug auf das nächste Glied der Prüfungskette sei daran erinnert, dass die VO PR 30/53 bei öffentlichen Bauaufträgen nicht zur Geltung kommt. Demzufolge wäre eine Preisprüfung im Falle einer Bauleistung als gegenstandslos zu betrachten. Das Vorliegen einer Nicht-Bauleistung muss somit als Grundvoraussetzung für eine Preisprüfung bezeichnet werden. Prüfungstheoretisch ausgedrückt würde der Preisprüfung bei Vorliegen einer Bauleistung eine falsche Norm und somit zwingend ein falsches Soll-Objekt zugrunde gelegt und der Preisprüfungsbericht würde ein Dokument von sehr geringem Wert darstellen. Dadurch, dass die Feststellung des beschafften Leistungstyps – wie noch zu zeigen sein wird – mitunter sehr schwierig ist, ist es nicht vermessen, diesem formellen Prüfpunkt einen eigenen Soll-Ist-Vergleich in der Preisprüfung zuzuordnen (Soll-Ist-Vergleich 3). Als letzter vorgelagerter, weil eher formeller Prüfschritt im Rahmen der progressiven Preisprüfungskette sollte sichergestellt werden, dass nicht eventuell anderweitige offizielle Preisvorschriften für den betreffenden Auftragnehmer einschlägig sind. „Allgemeine und besondere Preisvorschriften“ haben gemäß § 3 VO PR 30/53 Vorrang vor vermeintlichen Markt- und demzufolge auch Selbstkostenpreisen, sodass sie relativ früh zwingend einer Überprüfung bedürfen (Soll-Ist-Vergleich 4). Erst wenn die vorgenannten formellen Aspekte abschließend geklärt sind und eventuelle Abbruchskriterien für die Prüfung ausgeschlossen werden konnten, erscheint es aus Gewissenhaftigkeits- und Sorgfaltsüberlegungen heraus sinnvoll, mit den eigentlichen materiellen Prüfungshandlungen der Marktpreisprüfung zu beginnen. Bei diesen handelt es sich – wie bereits angeklungen – zunächst um die Frage, ob der vereinbarte Preistyp vor dem Hintergrund des offiziellen Marktpreisvorrangs der preisrechtlich richtige ist (Soll-Ist-Vergleich 5). Das finale Partialurteil zielt sodann auf die Frage ab, ob sich der vorgefundene Preis unterhalb oder gerade noch auf der maximal zulässigen Höhe bewegt (Soll-Ist-Vergleich 6). Gemäß dem Ansatz der progressiven Prüfungskette würde ein Partialurteil zu Soll-Ist-Vergleich 6, welches nicht ausnahmsweise in relativierender Form auf ein vorgelagertes Prüfungskettenglied rekurriert, stillschweigend implizieren, dass bei den Soll-Ist-Vergleichen 1 bis 5 Soll- und Ist-Objekt jeweils im Wesentlichen übereingestimmt haben (weitestgehende Fehlerfreiheit). Somit ergibt sich für das Fallbeispiel der Preisprüfung in ablauforganisatorischer Hinsicht das in Abbildung 3.7 dargestellte progressive Prüfungsschema.
3.5 Beachtung des Wesentlichkeitsgrundsatzes
93
Abb. 3.7 Progressive Prüfungskette bei der Preisprüfung
Eine Aggregation der Einzelurteile zu einem Gesamturteil nach dem letzten Soll-Ist-Vergleich ist bei Verwendung der messtheoretischen Prüfungsphilosophie mitunter anspruchsvoll, da sich Einzelurteile auf verschieden skalierte Prüfungsmerkmale (bspw. „ordnungsgemäß“ vs. „nicht ordnungsgemäß“ in einem Einzelurteil und „Höhe der Abweichung“ in einem anderen Einzelurteil) beziehen können.241 Es gilt letztlich auch in diesen schwierigen Fällen die Regel, dass die Gesamturteilsbildung vom eigenverantwortlichen, pflichtgemäßen Ermessen des Prüfers abhängig ist.242
3.5
Beachtung des Wesentlichkeitsgrundsatzes
Wie bereits angeklungen ist, muss der Wunsch, Prüfungsinformationen in sehr hohem Umfang anzufordern und auszuwerten, insofern eine Begrenzung erfahren, als er zumeist mit Wirtschaftlichkeitsaspekten konfligieren wird. Eine übermäßige Ansammlung von Prüfungsinformationen würde regelmäßig dazu führen, dass die Prüfungskosten ein nicht vertretbares Maß annehmen.243 Problematisch ist bei dieser Abwägungsentscheidung stets, dass sich der genaue Wert von
241 Vgl.
Schmid/Uecker (1985), S. 983; Brösel/Freichel/Toll/Buchner (2015), S. 14. Wysocki (1988), S. 146 ff.; Otte (1996), S. 207, 210. 243 Vgl. Löw (1982), S. 197 f. 242 Vgl.
94
3
Prüfungstheoretischer Bezugsrahmen
Informationen oder Informationselementen wegen ihres zum Teil unklaren semantischen Gehalts nicht exakt bemessen lässt.244 Die Zielvorschrift von Prüfungen muss vielmehr dergestalt formuliert werden, dass ein angenommener Prüfungsauftrag stets zu einer vertrauenswürdigen Gesamtbeurteilung führt, dies jedoch zu den geringstmöglichen Kosten geschieht (= Minimalprinzip).245 Diese Relevanz von Effizienzaspekten zeigt sich bei betriebswirtschaftlichen Prüfungen ungeachtet der Tatsache, dass die Arbeitsaufgabe von Prüfern nicht im Erwerbs- und Gewinnstreben zu verorten ist, sondern primär in der Befähigung, aufgrund von besonderem Sachverstand vertrauenswürdige Prüfungsurteile zu generieren.246 Hiervon abgesehen gilt stets, dass es faktisch unmöglich ist, sämtliche ungeklärten Detailaspekte im Rahmen einer Prüfung auszuwerten. Hinsichtlich ihrer relativen Bedeutung als nachrangig zu bezeichnende Aspekte müssen regelmäßig unangetastet bleiben, da typischerweise bereits die Kernaspekte des jeweiligen Sachverhaltes die prüferischen Ressourcen in sehr hohem Maße für sich beanspruchen.247 Der Verzicht auf die Fokussierung bestimmter Kernaspekte ginge somit nicht nur zu Lasten der Wirtschaftlichkeit, sondern auch zu Lasten der Übersichtlichkeit und Nachvollziehbarkeit und demzufolge des Erkenntnisgewinns.248 Eine lückenlose Prüfung ist also nicht nur nicht erforderlich, sondern sie ist in aller Regel auch nicht vertretbar, denn es muss davon ausgegangen werden, dass aufgrund des zwangsläufig begrenzten Zeitrahmens im Falle einer Vollprüfung wichtige Teilaspekte zum Teil nur stiefmütterlich behandelt werden könnten.249 Dadurch, dass bei einer Prüfung mit Vorauswahl von Elementen Einzelheiten gewissenhafter beleuchtet werden können, kann diese „mitunter sogar zu besseren
244 Vgl.
Küpper (1982), S. 29. auch Schmitt (1941), S. 14 und 29; Loitlsberger (1953), S. 28; Härle (1967), S. 464; Leffson/Lippmann/Baetge (1969), S. 22; Mayer (1978b), S. 701; Baetge/Meyer zu Lösebeck (1981), S. 124; Schuppert (1985), S. 255; Knoblauch/Stangner (1985), S. 291; Fischer (1988), S. 140; Wiedmann (1993), S. 16; Mochty (1997), S. 736 f. und Ewert (1999), S. 524. 246 Vgl. Selchert (1972), S. 104. 247 Vgl. Ballmann (1966), S. 45; Bönkhoff (1992), Sp. 1523; Ballwieser (2002), Sp. 1829. 248 Vgl. Bernstein (1967), S. 88. 249 Vgl. bereits Minz (1960), S. 90; Bernstein (1967), S. 88; Leffson/Lippmann/Baetge (1969), S. 25; Schuppert (1985), S. 20. 245 So
3.5 Beachtung des Wesentlichkeitsgrundsatzes
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Ergebnissen führen als eine Vollprüfung“250 . In den Worten von Zünd lässt sich also als Warnung festhalten: „Wer alles prüfen will, prüft nichts!“251 In den hier dargestellten Zusammenhängen kommt nicht zuletzt der wichtige prüfungstheoretische Grundsatz der Wesentlichkeit („materiality“) zum Ausdruck.252 Der Wesentlichkeitsgrundsatz spielt sowohl bei der Auswahl der zu analysierenden Sachverhaltsmerkmale (Prüffelder) als auch bei der Beurteilung von einzelnen Soll-Ist-Abweichungen für den Gesamtkontext eine Rolle.253 Der unbestimmte Rechtsbegriff „wesentlich“ bezeichnet einen beträchtlichen Grad einer Merkmalsausprägung und kann frei mit wichtig, bedeutsam, entscheidend, nennenswert oder erheblich übersetzt werden.254 Die Eigenschaft eines Prüfungsobjekts ist wesentlich, wenn die Adressaten des Prüfungsberichtes ein Interesse dafür hegen, dass diese Eigenschaft oder eine bestimmte Ausprägung dieser Eigenschaft gegeben ist.255 Hierbei muss in aller Regel von dem mutmaßlichen Informationsbedarf eines typischen, durchschnittlichen Informationsempfängers ausgegangen werden.256 Hiervon abweichende Informationsinteressen müssen nur berücksichtigt werden, wenn sie dem Prüfer explizit mitgeteilt wurden.257 Wie bereits aufgezeigt, muss die Erlangung von Prüfungsnachweisen und der damit verbundene Aufwand stets vor dem Hintergrund der Bedeutungsschwere des in Rede stehenden Merkmals für die gesamte Prüfung bewertet werden. Wenn ein in Aussicht stehender Erkenntniszuwachs vergleichsweise geringe Relevanz für den Gesamtkontext aufweist, zu dessen Erlangung jedoch sehr aufwendige Ermittlungen nötig wären, so ist es geboten, von dieser Prüfungshandlung Abstand zu nehmen. Gleichsam kann es in Grenzfällen auch vertretbar sein, Prüfungshandlungen mit weniger analytischem Tiefgang – und somit schneller durchführbare Prüfungshandlungen – zu wählen, wenn die dahinterstehende Information in der Gesamtschau nachrangiger Natur ist. Betriebswirtschaftliche Prüfungen sind
250 So überzeugend bereits Leffson/Lippmann/Baetge (1969), S. 25; a.A. ist offenbar Gans (1986), S. 483, der wohl die Meinung vertritt, jegliches Auslassen einzelner Prüfungsobjekte führe zu einer Schwächung des Gesamturteils. 251 Zünd (1982a), S. 414; ähnlich auch Sieben/Bretzke/Raulwing (1976), S. 185 f. sowie Wittkowski/Wittkowski (1987), S. 26. 252 Vgl. hierzu grundlegend Bolsenkötter/Poullie (2003), Abt. VI/4, Rn. 89 ff. 253 Vgl. Thiergard (2007b), S. 1529. 254 Vgl. mit Verweis auf das Deutsche Wörterbuch der Brüder Grimm Leffson (1986), S. 435. 255 Vgl. Leffson (1986), S. 435. 256 Vgl. Leffson (1986), S. 437. 257 Vgl. Leffson (1986), S. 443.
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jedenfalls von vornherein gar nicht darauf ausgelegt, unwesentliche Soll-IstAbweichungen festzustellen.258 Aber auch bei der Festlegung, ab wann offiziell von einer Soll-Ist-Abweichung gesprochen werden muss, spielt der Wesentlichkeitsgrundsatz eine entscheidende Rolle. Nicht jede Abweichung von Soll- und Ist-Objekt muss zwingend als Fehler gewertet werden. Muss der Prüfer mit Normen operieren, die gewisse Mehrdeutigkeiten enthalten, so kann das Ist-Objekt erst dann als fehlerhaft bezeichnet werden, wenn es jenseits einer zu gewährenden Toleranzgrenze liegt.259 Regelungstechnisch formuliert gilt, dass wenn ein im Fließgleichgewicht befindliches System (bspw. die Marktpreisprüfung) durch Störgrößen dergestalt manipuliert wird, dass die Störeffekte in einer noch akzeptablen Bandbreite verbleiben, das Fließgleichgewicht weiter als gegeben angesehen werden kann. Wenn allerdings der vorgenannte Akzeptanzbereich überschritten wird, gerät der Organisationsund Informationsfluss zwingend aus dem Gleichgewicht und es muss sich erst mittels Verlagerung – bspw. durch Rückkopplung oder Parallelkopplung – ein neues Fließgleichgewicht auf einer anderen Systemebene einstellen.260 Wie breit die vorgenannte Bandbreite konkret gezogen wird, ist eine Frage der Wesentlichkeit. Zu ihrer Beantwortung existieren grundsätzlich zwei gegensätzliche Philosophien:261 Einerseits bestünde die Möglichkeit, starre Wertgrenzen vorzugeben. Dieser Ansatz steht im Einklang mit dem Standardisierungsgedanken, da der Prüfer von der subjektiv als schwierig empfundenen Aufgabe der angemessenen Ziehung von Wertgrenzen befreit und somit die Heterogenität zwischen den Prüfungsabläufen verschiedener Prüfer weitestgehend eliminiert wird. Aus Prüfersicht sind a priori vorgegebene, standardisierte Wesentlichkeitsgrenzen die „bequemere“ Variante.262 Die andere Möglichkeit besteht in der Akzeptanz der Komplexität des Wirtschaftslebens und der Auffassung, dass gewisse Partialurteile nur in der Gesamtschau des konkreten Einzelfalls angemessen abgeleitet werden können, was „atmende“ bzw. flexible Wesentlichkeitsgrenzen mit sich bringt.263 In der vorliegenden Arbeit soll – trotz eines gewissen Bruchs mit dem Leitgedanken der Standardisierung – der zweiten Variante, Akzeptanz der 258 Vgl.
IDW PS 200 (2000), S. 709. Leffson/Bönkhoff (1983a), Sp. 177; Wysocki (1983a), Sp. 1409; Schuppert (1985), S. 19; Schmid/Uecker (1985), S. 982. 260 So die Terminologie bei Grochla (1978), S. 209. 261 Vgl. hierzu grundlegend Wiedmann (1993), S. 25. 262 Siehe Leffson (1986), S. 444, Fn. 10. 263 Vgl. hierzu Macharzina (1983), Sp. 1817; Gans (1986), S. 122 f.; Ossadnik (1993), S. 618. 259 Vgl.
3.5 Beachtung des Wesentlichkeitsgrundsatzes
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Situativität der Wesentlichkeit, breiter Raum gegeben werden. Diese geht naturgemäß sodann auch mit einer qualitativen Begründung der im Einzelfall gewählten Wesentlichkeitsgrenzen einher.264 Wenngleich die Vorgabe konkreter Schwellenwerte die allgemeine Transparenz und Vergleichbarkeit der Prüfungen erhöhen würde, sind sie in letzter Konsequenz häufig nur schlecht begründbar und in gewisser Form willkürlich bzw. bergen die latente Gefahr, widersinnige Prüfungsurteile zu provozieren.265 So würde etwa die absolute Vorgabe einer wesentlichen Abweichungsgrenze von x Geldeinheiten bei besonders großen Prüfungsaufträgen zur Beanstandung von „zu vielen“ Abweichungen führen, während dieselbe Wertgrenze bei einem Kleinauftrag womöglich fälschlicherweise zu keinerlei Soll-Ist-Abweichungen führen würde. Aber auch der Vorgabe von relativen Wertgrenzen kann nicht gefolgt werden. Es ist nicht überzeugend begründbar, weshalb eine 11 %ige Abweichung von einem Sollwert „wesentlich“ sein soll, eine der Wesentlichkeitsgrenze genau entsprechende Abweichung von 10 % jedoch (noch) nicht. Zumal bei größeren Prüfungsaufträgen auch diese 10 %ige Abweichung in Geldeinheiten ausgedrückt offenbar einen sehr „wesentlichen“ Betrag darstellen kann. Bei der Frage nach geeigneten Wesentlichkeitsgrenzen stößt das Konzept der Standardisierung also mitunter an seine Grenzen und stellt den Entwickler eines Prüfungsprogramms vor ein Dilemma.266 Insofern kann die Festlegung transparenter Wesentlichkeitsgrenzen auch als die „Achillesferse“ der primär auf Objektivität ausgerichteten Disziplin „Prüfungswesen“ betrachtet werden.267 Ein Prüfungsstandard soll zwar die Komplexität der zu lösenden Aufgabe reduzieren, jedoch „ist allein Komplexitätsreduktion kein unter allen Umständen anzustrebender Selbstzweck (sonst entspräche der Zustand völliger Reizarmut der höchsten Seinsstufe). Vielmehr geht es bekanntlich darum, Umweltkomplexität in einer den zu lösenden Problemen angemessenen Weise zu reduzieren“268 . Aus diesem Grunde muss in Teilen damit vorliebgenommen werden, Wesentlichkeitsbewertungen typische Anwendungsfälle des prüferischen Ermessens sein zu lassen.269 264 Vgl.
Dorenkamp (2003), S. 1119. Stachuletz/Kühnberger (1987), S. 406; dies klingt zuvor ebenfalls an bei Sieben/Bretzke/Raulwing (1976), S. 187. 266 Vgl. hierzu Sperl (1978), S. 66 f.; Leffson (1986), S. 442 ff.; Ossadnik (1993), S. 618; Quick (1998), S. 246. 267 So Bernstein (1967), S. 90. 268 Stachuletz/Kühnberger (1987), S. 406; Bernstein (1967), S. 92, spricht diesbezüglich von dem prüfungsübergreifenden Streben nach einem „reasonable degree of uniformity“. 269 Vgl. Stachuletz/Kühnberger (1987), S. 408. 265 Vgl.
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Prüfungstheoretischer Bezugsrahmen
Infolge der betriebswirtschaftlichen „Nichtkonkretisierbarkeit“ und somit „Nichtstandardisierbarkeit“ des Wesentlichkeitsgrundsatzes kann sodann jedoch „die Gleichbehandlung gleicher Sachverhalte … nicht gesichert“270 werden. Zuweilen muss folglich mit der Bezugsgröße „π x Daumen“ vorliebgenommen werden.271 Dieser Umstand ist bedauerlich, jedoch punktuell unvermeidbar. Gleichwohl kann eine gewisse Vergleichbarkeit wenigstens insoweit hergestellt werden, als die Prüfenden gemäß Prüfungsstandard dazu angehalten werden, die Kriterien ihrer Wesentlichkeitsentscheidungen zu dokumentieren bzw. offenzulegen.272 Ein Sonderfall ist gegeben, wenn bei mehreren Soll-Ist-Vergleichen isoliert betrachtet nur unwesentliche Abweichungen festgestellt werden. Hier kann die Aggregation dieser für sich betrachtet unwesentlichen Einzelabweichungen zu einer wesentlichen Gesamtabweichung führen.273 „Die Gesamtheit der Fehler darf die Materiality-Grenze nicht überschreiten.“274 Abbildung 3.8 stellt das hier beschriebene Prüfen unter Beachtung des Wesentlichkeitsgrundsatzes noch einmal grafisch dar.
Abb. 3.8 Prüfen unter Beachtung des Wesentlichkeitsgrundsatzes
270 So
Ossadnik (1993), S. 618 bzw. 628. hierzu auch Wiedmann (1993), S. 20. 272 Vgl. hierzu auch Ossadnik (1993), S. 629; Quick (1998), S. 247. 273 Vgl. Leffson/Bönkhoff (1983a), Sp. 177 f. 274 Leffson (1986), S. 447; ähnlich bereits Zuber/Elliott/Kinney/Leisenring (1983), S. 43 f. und 48. 271 Vgl.
3.5 Beachtung des Wesentlichkeitsgrundsatzes
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Eine besondere Fallgruppe stellen ferner bewusst herbeigeführte Unregelmäßigkeiten, also Deliktfälle, dar. Sie sind stets wesentlich und somit berichtspflichtig.275 Deliktfälle hat es unabhängig von Branchenzugehörigkeit und konjunkturellen Entwicklungen stets gegeben und es wird sie, in mehr oder minder starkem Ausmaß voraussichtlich auch immer geben.276 Zudem gilt einem Gedanken von Meyer zu Lösebeck folgend, dass Deliktfälle nur selten einmalige Ereignisse bleiben, denn „nur der sehr überlegt handelnde Defraudant gibt sich mit einer einmaligen Unterschlagung, die keine erkennbaren Unterschlagungssymptome hinterläßt und deren Wert Element einer sehr großen Grundgesamtheit ist, zufrieden“277 . Komplett auszuschließen wären dolose Handlungen nur, wenn die Überwachung in einer Organisation lückenlos wäre, d. h. wenn sämtliche Mitarbeiter pausenlos kontrolliert würden. Dies wäre jedoch weder zweckmäßig, noch wirtschaftlich vertretbar.278 Insofern ist ein gewisser Vertrauensvorschuss dem operativ tätigen Personal gegenüber immer geboten und somit auch ein gewisses Restrisiko stets latent vorhanden. Gleichwohl ist ein gesundes Maß an internen Kontrollen unabdingbar, wenn man sich vor Augen führt, dass „die Wahrscheinlichkeit der Unterschlagung mit den Gelegenheiten steigen“279 wird. Problematisch ist hierbei jedoch, dass ein Prüfer mitunter nicht genau beurteilen kann, ob es sich tatsächlich um absichtliche oder lediglich um versehentliche Soll-Ist-Abweichungen handelt.280 So können Vergehen von den Delinquenten lediglich als das Ergebnis von im Tagesgeschäft unterlaufenen Fehlentscheidungen oder Missgeschicken ohne unredliche Absichten dargestellt werden.281 Der externe Prüfer ist einem Delinquenten gegenüber hier stets im Nachteil, weil der Prüfungsumfang, wie bereits diskutiert, aus wirtschaftlichen Gründen stets nicht unendlich sein kann, der täterschaftlich Handelnde hingegen über große Freiheiten verfügt und seine Tat meist auch gut verschleiert.282 Die Jahresabschlussprüfung bspw. stellt per se keine forensische Sonderprüfung (= Deliktprüfung) dar, welche es explizit zum Ziel hätte, rechtswidrige 275 Vgl.
Leffson/Bönkhoff (1983a), Sp. 179; Leffson (1986), S. 446; Neebes/Guy/Whittington (1991), S. 82 f. 276 So auch Starck (1986), S. 174. 277 Meyer zu Lösebeck (1990), S. 290. 278 Vgl. Odenthal (1997b), S. 309; zum Wechselspiel zwischen Vertrauen und Kontrolle in der Mitarbeiterführung vgl. vertiefend Kieser (1997), S. 597 ff. 279 So bereits Isaac (1933), S. 50. 280 Vgl. Hofmann (1988), S. 46; Meyer zu Lösebeck (1990), S. 23. 281 Vgl. Lohse (1996), S. 196; Wicher (2007), S. 58. 282 Vgl. Meyer zu Lösebeck (1990), S. 332 ff.; Lohse (1996), S. 196 f.
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Täuschungsversuche in zum Teil detektivischer Weise aufzudecken.283 Nichtsdestotrotz können auch in Prüfungen außerhalb des forensischen Bereiches Verdachtsmomente in Bezug auf vorsätzliche Soll-Ist-Abweichungen aufkommen, die dann nicht einfach ignoriert werden dürfen, sodass „die forensische Prüfung von anderen Prüfungen nicht gänzlich isoliert zu sehen ist“284 . Bei nichtforensischen betriebswirtschaftlichen Prüfungen gilt die Maßgabe, dass sich der Prüfer nur für solche unentdeckten dolosen Handlungen zu verantworten hat, die bei gewissenhafter Prüfungsdurchführung hätten erkannt werden müssen.285 Jedoch erst bei begründetem aufkommendem Verdacht sind tiefergehende Prüfungshandlungen geboten, denn „ohne wenigstens eine Vermutung findet sie (die Deliktprüfung; Anm. d. Verf.), schon aus Kostengründen, nicht (oder kaum) statt“286 . Wenn sie allerdings stattfindet, ist es sinnvoll, sie weitestgehend als Überraschungsprüfung – also als unvermutete und unangekündigte Prüfung – durchzuführen, weil zumeist nur auf diese Weise ein frühzeitiges Wegschaffen von belastendem Beweismaterial durch den Geprüften unterbunden werden kann und der Prüfer nur so ein repräsentatives Bild von den Geschehnissen in dem untersuchten Bereich erhält. Zudem können zuweilen getarnte oder unter einem falschen Vorwand erfolgende Prüfungshandlungen hier zu den zweckmäßigen Techniken zu zählen sein.287 Eine strikte Trennung von forensischen und nicht-forensischen Prüfungshandlungen wäre auch deshalb wenig zielführend, weil sonst bestimmte zur Nicht-Ordnungsmäßigkeit des Prüfungsobjektes führende Aspekte a priori aus dem Zuständigkeitsbereich des Prüfers ausgeklammert würden und somit ein Fehlurteil über das Prüfungsobjekt letztlich nie vollends auszuschließen wäre.288 Aus dem Grundsatz des „professional scepticism“ lässt sich vielmehr indirekt folgern, dass der Prüfer durchaus von vornherein mit Deliktfällen zu rechnen 283 Baetge/Melcher
(2008), S. 393; zu forensischen Prüfungshandlungen vgl. Odenthal (1997a), S. 244. 284 So Ebeling/Böhme (2000), S. 477; bereits Lehmann (1959), S. 174, merkt an, dass „die Grenzen, wann der Prüfer unter Beobachtung seiner beruflichen Sorgfaltspflicht im Betrieb begangene Unredlichkeiten aufdecken muß, flüssig und von den Umständen des Einzelfalls abhängig“ sind; ähnlich auch Meyer zu Lösebeck (1990), S. 14; Meyer zu Lösebeck (2002), Sp. 2447. 285 Vgl. Zünd (1982a), S. 316 ff. 286 Zybon (1983), Sp. 1616; zum Verdacht als auslösendem Moment vgl. auch Post/Post (1971), S. 81 und Hofmann (1988), S. 61. 287 Vgl. Post/Post (1971), S. 81 f.; Zünd (1982a), S. 681; Hofmann (1988), S. 54 f.; Meyer zu Lösebeck (1990), S. 188 f.; Meyer zu Lösebeck (2002), Sp. 2454. 288 So Schildbach (1985), S. 243; siehe auch Meyer zu Lösebeck (1990), S. 16 ff.
3.5 Beachtung des Wesentlichkeitsgrundsatzes
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hat. Kommt ein entsprechender Verdacht auf, so muss diesem in angemessener Form nachgegangen werden, was automatisch eine Ausdehnung des Prüfungsumfanges zur Folge haben wird.289 Aus Prüfersicht darf hierbei ebenso wenig ausgeschlossen werden, dass möglicherweise das Management einer Institution nicht integer und in mögliche Delikte verwickelt ist.290 Demnach kann der in die Prüfung einzubeziehende Personenkreis zwecks Erlangung notwendiger Urteilsbildungsbeiträge mitunter wie folgt auszuweiten sein: „Es wäre daher u.E. zu erwägen, die Beurteilung der Integrität und Kompetenz grundsätzlich auf alle Führungskräfte bzw. Verantwortlichen im Rechnungswesen/Controlling zu beziehen und, soweit möglich, auch andere Führungskräfte, z.B. im Vertrieb oder Einkauf, mit einzubeziehen.“291
Erst wenn der Prüfer den Verdacht mit ausreichender Garantie ausgeräumt oder aber hinreichende Belege für das Delikt gesammelt bzw. zumindest das Ausmaß des Vergehens verlässlich abgeschätzt hat, kann er die Prüfungshandlungen einstellen.292 Vor diesem Hintergrund muss betont werden, dass die Preisprüfung gewissermaßen als hybrider Prüfungstyp bzw. Mischform interpretierbar ist. Wenngleich sie in aller Regel ebenfalls nicht den Charakter einer forensischen Prüfung aufweist, sondern primär auf versehentliche Preisbildungsfehler oder irrtümliche Normauslegungen abzielt, kann sie unter Umständen durchaus in eine solche münden. Die Preisbehörde gehört zur Gruppe der Verwaltungsbehörden, wird mitunter sogar als eine Art von „Preispolizei“293 bezeichnet und „hat – soweit das OWiG nichts anderes bestimmt – als Verfolgungsbehörde die gleichen Rechte und Pflichten wie die Staatsanwaltschaft bei der Verfolgung von Straftaten“294 . Der Moment des Übergangs von einer reinen Preisprüfung hinein in ein Ermittlungsverfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) ist den Beteiligten anzuzeigen, weil sich sodann deren Rechte und 289 Vgl.
Bettauer (1975), S. 69; Schildbach (1985), S. 243; Meyer zu Lösebeck (1990), S. 17 f. und 198; Neebes/Guy/Whittington (1991), S. 83 f.; Langenbucher/Blaum (1997), S. 442; Leffson (1988), S. 387 f. 290 Vgl. Hofmann (1988), S. 46 ff.; Meyer zu Lösebeck (2002), Sp. 2452; IDW PS 210 (2006), S. 1428. 291 Langenbucher/Blaum (1997), S. 441. 292 Vgl. Schildbach (1985), S. 249. 293 So etwa bei Rittner (1988), S. 141; Dierkes/Hamann (2009), S. 199; Ebisch/Gott schalk/Hof-fjan/Müller (2020), § 9, Rn. 1; Greiffenhagen (2014), S. 10. 294 Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller (2020), § 11, Rn. 59; vgl. zudem Pietzcker (1978), S. 295.
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Prüfungstheoretischer Bezugsrahmen
Pflichten ändern (bspw. weitere Auskunft verweigern, Rechtsbeistand einholen usw.).295 Die Prüfung erfordert dann in jedem Falle besonderes Fingerspitzengefühl, denn „jede Überwachungs- und Prüfungstätigkeit mit einem gewissen Maß von ‚Polizeicharakter‘ ist geeignet, Spannungen zwischen Prüfer und örtlicher Betriebsleitung einerseits sowie den überprüften Angestellten andererseits hervorzurufen. Es hängt deshalb besonders von der Persönlichkeit des Revisors ab, ob er als lästiger ‚Schnüffler‘ oder als anerkannter neutraler Bewerter und Berater angesehen wird“296 .
3.6
Konsultation von sachverständigen Dritten
Im Hinblick auf die dynamischen ökonomischen und technologischen Rahmenbedingungen und die Zielsetzung einer laufenden Qualitätssicherung in der Prüfungsarbeit sind Prüfer in betriebswirtschaftlichen Kontexten angehalten, sich kontinuierlich weiterzubilden.297 Programme zur Aus- und Fortbildung im Zuge von Personalentwicklungsmaßnahmen sind mithin typische Elemente in umfassenden Qualitätsmanagement-Systemen.298 Aber selbst wenn dieser Forderung entsprochen wird, kann im Rahmen von betrieblichen Prüfungen stets der Fall eintreten (und tritt auch immer wieder ein), dass sich komplexe Einzelprobleme ergeben, zu deren Beurteilung der Prüfer selbst infolge mangelnden Spezialwissens nicht hinreichend in der Lage ist. Hierbei kann es sich bspw. um maschinelle, verfahrenstechnische oder informationstechnologische Fragestellungen von besonderer Prüfungsrelevanz handeln. Anders als bei wohlstrukturierten Prüfungsaufgaben, bei denen aufgrund der Überschaubarkeit der Entscheidungsalternativen lediglich eine vergleichsweise geringe Urteilskraft benötigt wird, ergibt sich bei diesen schlechtstrukturierten, von unüberschaubaren Entscheidungsalternativen gekennzeichneten Prüfungsaufgaben ein ungleich höherer Stellenwert in Bezug auf Erfahrungswissen.299 Um dem Anspruch gerecht zu werden, die Prüfung möglichst gewissenhaft durchzuführen, ist es aus prüfungstheoretischer Sicht folglich angezeigt, in diesen besonderen Fällen auf Fremdexpertise in
295 Vgl.
Beißel (1992a), Sp. 1417. von Blumencron (1956), S. 123. 297 Vgl. Ruhnke (2002), Sp. 1845. 298 Vgl. Wicher (1988), S. 39; Scharrer (1991), S. 706. 299 Vgl. Abdolmohammadi/Wright (1987), S. 5. 296 Müller
3.6 Konsultation von sachverständigen Dritten
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Form einer zweiten Meinung zur Überbrückung der Wissenslücken zurückzugreifen.300 Oftmals ist es hierbei so, dass der verantwortlich-Urteilende den fraglichen Sachverhalt bereits eingehend studiert und sich ein mögliches Alternativenset in Bezug auf die finale Beurteilung zurechtgelegt hat. Für eine hinreichende Verdichtung der angesammelten Informationen sieht sich der Prüfer allerdings nicht in der Lage, sodass diese Aufgabe dem Zweitmeinungsgeber übertragen wird, auf dessen Beurteilung hin eine Gesamtbeurteilung des in Rede stehenden Prüfungssachverhalts sodann vorgenommen werden kann.301 Legt man die Definition nach Leffson zugrunde, die besagt, „Beratung ist die Abgabe und Erörterung von Empfehlungen durch sachverständige Personen im Hinblick auf künftige Entscheidungen des Ratsuchenden“302 , so zeigt sich, dass der jeweilige Prüfer in den vorgenannten Fällen im weitesten Sinne als Empfänger von Beratungsleistungen in Erscheinung tritt. Auch – und gerade im Prüfungskontext – sehr anschaulich ist die Definition nach Jonasch, nach der Beratung die „Mitwirkung bei der Erstellung und Beurteilung des der Entscheidung dienenden Unterlagenmaterials“303 ist, und die im Grunde denselben Analogieschluss wie die Leffson‘sche Definition nahelegt. Auch wenn die Aufgabe der Beratung durch deren stärkere Fokussierung auf die subjektiven Ziele des Beratenen tendenziell weiter reicht als die der Begutachtung, müssen die Grenzen zwischen diesen beiden Disziplinen oftmals als fließend betrachtet werden. Häufig haben nämlich auch Begutachtungen zukunftsweisenden Charakter und dienen der Entscheidungsfindung desjenigen, der die gutachterliche Stellungnahme in Auftrag gegeben hat.304 Im vorliegenden Kontext sollen demnach die Rollenbilder des Beraters und des Gutachters als Quelle der zweiten Meinung synonym verstanden und unter dem allgemeineren Begriff „externe Spezialisten“ subsumiert werden.305 In Anlehnung an das IDW möge auch hier gelten, dass der Sachverständigenbegriff über den des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen im Sinne des § 36 GewO hinausgeht.306 Alltagssprachlich ausgedrückt könnte 300 Vgl. bereits Grünefeld
(1972), S. 13; ferner Neitemeier (1979), S. 144 ff.; Bleutge (1985), S. 1185; Abdolmohammadi (1987), S. 180; Ruhnke (1990), S. 126; Schmidt/Pfitzer/Lindgens (2005), S. 323 f. 301 Vgl. hierzu auch allgemein Pohl (2008), S. 389 f. 302 Leffson (1969), S. 396; ähnlich auch Sieben/Russ (1982), S. 309. 303 Jonasch (1965), S. 71. 304 Vgl. Ludewig (1993), Sp. 3791. 305 Zur möglichen Abgrenzung von Beratungs- und Gutachtertätigkeiten siehe gleichwohl Grünefeld (1972), S. 39 f. und Bleutge (1985), S. 1185 f. 306 Vgl. IDW PS 322 (2002), S. 689, Fn. 2.
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vielmehr festgehalten werden, als sachverständiger Dritter komme jede Person in Betracht, „die von einer bestimmten Sache etwas versteht“307 . Von Bedeutung für eine Hinzuziehung durch den Prüfer ist also weniger die konkrete berufliche Funktion des sachkundigen Dritten, sondern vor allem dessen nachweisliche Expertise in dem betreffenden Fachgebiet. Zudem sei erwähnt, dass auch der IDW PS 230 die Möglichkeit erwähnt, zur Erlangung von prüfungsrelevanten Kenntnissen auf „Gespräche mit anderen Prüfern oder sonstigen Fachleuten, die für das Unternehmen oder in der Branche tätig waren oder sind“ bzw. „Gespräche mit und Informationen von sonstigen sachkundigen Personen außerhalb des Unternehmens“ zurückzugreifen.308 Der hier behandelte Ansatz der Hinzuziehung externer Spezialisten hat somit im Prüfungswesen bereits vor längerer Zeit in berufspraktisch orientierten Anleitungen seinen Niederschlag gefunden. Anzumerken ist, dass Expertenwissen im vorliegenden Kontext nicht zuletzt auf ein ausgeprägtes Erfahrungswissen abstellt und zwar dergestalt, dass die in Rede stehende externe Person über einen längeren Zeitraum mit vergleichbaren Sachverhalten befasst war, sich im Zuge dessen eine praktische Problemlösungskompetenz angeeignet hat und sich imstande sieht, diese auf vergleichbare Fallkonstellationen anzuwenden.309 Ferner müssen auch bei einem externen Spezialisten Unabhängigkeit und Unparteilichkeit in zumindest ähnlicher Weise gegeben sein wie bei dem verantwortlichen Prüfer selbst.310 Je schwieriger und bedeutsamer der vom externen Spezialisten begutachtete Sachverhalt ist, desto höher sind die Ansprüche an dessen Berufsgrundsätze zu stellen.311 Hoppen/Streitz kommentieren eine derartige Arbeitsweise, die nicht nur auf Lösung von bereits laufenden Rechtsstreitigkeiten, sondern auch auf präventive und qualitätssichernde Vorarbeiten ausgelegt ist, in Bezug auf bestellte Sachverständige wie folgt: „Die wesentliche Pflicht des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen ist die unabhängige, weisungsfreie, gewissenhafte und unparteiische Aufgabenerfüllung. Dazu gehören eine sorgfältige Ermittlung der tatsächlichen Grundlagen seiner fachlichen Beurteilungen und eine nachvollziehbare Begründung der Ergebnisse. Bei der Vorbereitung und Erarbeitung seines Gutachtens hat er strikte Neutralität zu wahren und muss die gestellten Fragen objektiv und unvoreingenommen beantworten. Ferner hat der Sachverständige die von ihm angeforderten Leistungen unter 307 Bleutge
(1985), S. 1187. PS 230 (2000), S. 844. 309 Vgl. Szyperski/Klaile (1982), S. 25 f.; Struß (1986), S. 51. 310 Vgl. Neitemeier (1979), S. 146 f.; Egner (1984), S. 464; Rusch (1985), S. 263. 311 Vgl. Rusch (1985), S. 266. 308 IDW
3.6 Konsultation von sachverständigen Dritten
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Anwendung der ihm zuerkannten Sachkunde in eigener Person zu erbringen und darf Hilfskräfte nur insoweit beschäftigen, als er ihre Mitarbeit ordnungsgemäß überwachen kann. Es besteht grundsätzlich eine Pflicht zur Erstattung von Gutachten gegenüber Gerichten, Verwaltungsbehörden [bspw. Preisüberwachungsstellen; Anm. d. Verf.] und anderen Auftraggebern.“312
Von Fachleuten mit Sachverstand professionell erstellte Gutachten sind demnach allgemeingültige und verkehrsfähige Beurteilungen, die theoretisch auch in späteren Fällen noch informatorischen Nutzen stiften können und „damit fast die Eigenschaft einer Urkunde“ besitzen.313 Sie dürfen somit prüfungstheoretisch zweifelsohne als Arbeitspapiere von sehr hoher Beweiskraft bezeichnet werden und versprechen einen sehr hohen Urteilsbildungsbeitrag. Stellungnahmen von externen Spezialisten stiften gemeinhin jedoch erst dann einen nennenswerten Mehrwert für die Prüfung, wenn deren Inhalte vom Prüfer nicht bloß zur Kenntnis genommen, sondern darüber hinaus auch angemessen studiert, kritisch gewürdigt und schließlich zielorientiert in die Überlegungen einbezogen werden.314 Solange die Arbeitsergebnisse des Spezialisten vom Prüfer nicht zumindest in den Grundzügen auf Sachgerechtigkeit hin überprüft werden können, kommt eine Verwertung nicht in Betracht. Die Inanspruchnahme von externen Spezialisten steht mithin nicht im Widerspruch zu der Obliegenheit des ratsuchenden Prüfers, sich ein eigenverantwortliches Prüfungsurteil zu bilden.315 Daher sollte sich der Prüfer so weit wie möglich zu Beginn von den Fähigkeiten des Dritten überzeugen und mit ihm während dessen Arbeit regelmäßig kommunizieren.316 Etwaige Forderungen, der externe Spezialist möge die Mitarbeiter durch seine Tätigkeiten nur in so geringem Maße wie möglich zusätzlich in deren alltäglicher Arbeit belasten, sind daher kritisch zu sehen, weil sie einen Wissenstransfer von der ratgebenden auf die ratsuchende Person erschweren und eine fortlaufende Abhängigkeit von externem Sachverstand befördern.317 Auch im öffentlichen Preisrecht bietet sich den Vertretern der Preisüberwachungsstellen schon lange die Gelegenheit, bspw. technische Sachverständige aus dem eigenen Hause hinzuzuziehen oder Spezialisten von außerhalb mit gutachterlichen Aufgaben zu betrauen, wenn dies in Bezug auf die fundierte prüferische 312 Hoppen/Streitz
(2007), S. 271. Bleutge (1985), S. 1186. 314 Vgl. Martens (1972), S. 85 f. 315 Vgl. Neitemeier (1979), S. 145 f.; Szyperski/Klaile (1982), S. 31; Egner (1984), S. 464; Rusch (1985), S. 257 f. und 263; IDW PS 322 (2002), S. 689 f. 316 Vgl. Szyperski/Klaile (1982), S. 31; Rusch (1985), S. 262. 317 Vgl. Bundesrechnungshof (2006), S. 40. 313 So
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Prüfungstheoretischer Bezugsrahmen
Einschätzung von Sachverhalten notwendig erscheint. Eine solche Lösung bietet sich vor allem dann an, wenn die Erweiterung der eigenen Kenntnisse und Fähigkeiten – die selbstverständlich theoretisch eine ebenso legitime Maßnahme darstellt – nicht in einem vertretbaren Zeitrahmen leistbar erscheint. Gemäß preisrechtlicher Kommentierung kann die behelfsweise Konsultation Dritter „bspw. auf technischem oder EDV-Gebiet“ stattfinden.318 Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit sollte jedoch stets kontrolliert werden, ob nicht sogar im eigenen Hause oder in benachbarten Dienststellen der öffentlichen Verwaltung Personenkreise zu finden sind, die über das vorgenannte Spezialwissen verfügen, bevor externe Spezialisten am Markt kontaktiert werden.319 Naheliegend ist, zunächst andere Preisprüfer, notfalls aus einer anderen Dienststelle, zu konsultieren, da hier womöglich aus früheren Preisprüfungen vergleichbarer Art nützliches Erfahrungswissen vorliegt. Aber auch wenn dies nicht zum Erfolg führt, sollten je nach Einzelfall kreative Sonderlösungen nicht außer Acht gelassen werden. Nachfolgende Abbildung 3.9 setzt – dargestellt am Fallbeispiel zu prüfender Auftragsvergaben im IT-Sektor – ein Portfolio möglicher Anlaufstellen mit externen Spezialisten zur Einholung von sachdienlichen Hinweisen mittels einer Kosten-Nutzen-Betrachtung ins Verhältnis. Es wird hierbei u. a. auch auf die in nicht unerheblicher Zahl vorhandenen und mit informationstechnischen Unterstützungsfunktionen ausgestatteten Spezialeinrichtungen im Bereich der öffentlichen Verwaltung rekurriert.320
318 So
Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller (2020), § 9, Rn. 54 ff. und 110 ; siehe auch Noelle/Rogmans (2002), S. 168; bezogen auf den Bereich der Abschlussprüfung gleichsam IDW PS 322 (2002), S. 690. 319 Vgl. hierzu auch Bundesrechnungshof (2006), S. 23 ff. und 27 f. 320 Vgl. zur grundlegenden Organisation der hier angedeuteten öffentlichen ITVerwaltungsstrukturen auf verschiedenen gebietskörperschaftlichen Ebenen vor allem das Buch von Heuermann/Tomenendal/Bressem (2018). Für das konkrete Tätigkeitsspektrum von einstweilen zu konsultierenden Sachverständigen auf dem Gebiet der IT vgl. etwa Weidhaas (1986), S. 597 ff. sowie Hoppen/Streitz (2007), S. 270 f.
3.7 Prüfungsdokumentation und Arbeitspapiere
107
Abb. 3.9 Portfolio möglicher sachverständiger Dritter (Beispiel IT-Aufträge)
3.7
Prüfungsdokumentation und Arbeitspapiere
3.7.1
Flowcharts
Effektive und effiziente Überwachungsorganisation wie große Wirtschaftsprüfungsgesellschaften oder Konzernrevisionen – erst recht bei Vorhandensein mehrerer Niederlassungen – stützen sich auf elementare Organisationsprinzipien zur Lenkung ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ressourcen. Hierzu nutzen sie nicht zuletzt auch übersichtlichkeitsfördernde Diagramme, um die geltenden generellen Regelungen zu veranschaulichen.321 Ein vergleichbarer Ansatz wird in der vorliegenden Arbeit auch für das Netz aus Preisüberwachungsstellen in der BRD angestrebt. An vielen Stellen im Schrifttum wird es als zweckmäßig erachtet, einen systematisch geplanten Prüfungsprozess für die Überwachungsorganisationsmitglieder über sog. Flowcharts darzustellen. Unter einem Flowchart (auch Flussdiagramm oder Programmablaufplan genannt) wird gemeinhin eine Abbildung verstanden, die die einzelnen Schritte eines Prozesses in einem System wiedergibt, wobei 321 Vgl. Baetge (1983), Sp. 1560 ff.; Baetge (1984), S. 173; Baetge (1988), S. 400 f.; Baetge (1990), S. 24.
108
3
Prüfungstheoretischer Bezugsrahmen
diese in Form von genormten und somit mit klaren Bedeutungen versehenen Formen und Symbolen in Erscheinung treten, welche mit Pfeilen verbunden sind, um die korrekte Abfolge der Prozessschritte anzuzeigen.322 Die Anfertigung von Flowcharts ist vor allem bei routinemäßigen Prüfungstypen mit einem typischen Verlauf (wie bspw. der Marktpreisprüfung) sinnvoll, weil sie sodann mehreren Beteiligten dienlich und über einen längeren Zeitraum zu gebrauchen sein können.323 Überall dort, wo eine abstrakte und komplexe Ablauforganisation verdeutlicht werden soll, ist die Erstellung entsprechender Flowcharts ein sinnvoller Ansatz, denn sie erleichtern die Kommunikation zwischen den verschiedenen prozessbeteiligten Parteien und tragen aufgrund einer klaren Wiedergabe des Informationsflusses zu einem tiefergehenden Verständnis der wesentlichen Zusammenhänge bei. Den Gedanken von Meyer zu Lösebeck folgend, kann diesbezüglich von einer visuellen Prüfspur gesprochen werden, die auch externe Dritte im Nachgang zur Prüfung nachverfolgen können: „Die Prüfspur ist eine visuell sichtbare Beweiskette, die einen Sachkundigen in die Lage versetzt, vom Output eines Systems … auf die Verarbeitung (bspw. verwendete Programme) und von dort auf den Input (die betriebliche Realität und deren Belege) und umgekehrt eindeutig rückschließen zu können.“324
Flowcharts bilden eine Prozessstruktur in logischer Form ab und erlauben es, Elemente von geringer Relevanz für das Prüfungsprogramm oder geringer Klärungsbedürftigkeit aus Sicht des Prüfenden von vornherein auszusparen.325 Sie sind daher auch ein probates Mittel, um heuristische Programmabläufe grafisch zu veranschaulichen.326 Aus heuristischer Sicht bietet ein Flowchart dem Problemlöser einen Überblick über die zur Verfügung stehenden Operatoren, mithilfe derer er von einem Ausgangs- zu einem Endpunkt gelangen kann, ohne den genauen
322 Vgl.
Billeter (1969), Sp. 319 f.; Westermeyer (1971), S. 20 f.; Wente (1981), S. 95 ff.; Leffson (1988), S. 232 f.; Dworatschek (1989), S. 334 ff. und 372 ff.; Guy/Alderman/Winters (1999), S. 215; Treuberg (2002), Sp. 812; KPMG (2014), S. 4. 323 Vgl. Treuberg (2002), Sp. 817; Mochty (2002), Sp. 1769. 324 Meyer zu Lösebeck (1990), S. 139. 325 Vgl. hierzu Skinner/Anderson (1966), S. 106; Gaitanides (1983), S. 81. 326 Für zwei typische Beispiele vgl. bereits Kühn (1985), S. 540 sowie Corsten (1986), S. 15 f. Auch Hauschildt (1976), S. 332, merkt an, es sei bei der Konzeptionierung der Abfolge eines heuristischen Problemlösungsverfahrens ratsam, sich an der logischen Struktur „komplexer, verzweigter Flußdiagramme“ zu orientieren.
3.7 Prüfungsdokumentation und Arbeitspapiere
109
Weg vorher zu kennen. Es wird also das benötigte Abbild des Realitätsbereiches zur Verfügung gestellt, das die grundsätzlich möglichen Bewegungspfade aufzeigt.327 Darstellbar sind mittels Flowcharts sowohl die Übermittlung von Informationen zwischen Personen sowie zwischen Personen und Anlagen, insbesondere informationstechnischen Anlagen, sowie situationsabhängig auszuführende Tätigkeiten inklusive deren Inputs und Outputs.328 Eine derartige bildliche Darstellung von vorgegebenen Reihenfolgen kann im Regelfall schneller erfasst werden und bleibt besser im Gedächtnis haften als verbale Erklärungen desselben Problems.329 Insbesondere die allgemeinverständliche Schilderung besonders komplexer Prüfungssachverhalte gestaltet sich im Falle von verbalen Ausführungen als unverhältnismäßig aufwendig, da zumeist ein unerwünscht großes Textvolumen die automatische Folge wäre.330 Rein verbale Vorgaben den Prüfungsprozess betreffend haben zwar den Vorteil, sich einfach und flexibel erarbeiten zu lassen, doch kranken sie zumeist auch an mangelnder Eingängigkeit und Übersichtlichkeit. Die formale Struktur der Darstellung mittels Diagrammen hingegen bringt den gewichtigen Vorteil mit sich, die Vollständigkeit in der Darstellung prüfungshandlungsauslösender Momente, die Benennung der einzelnen Arbeitsschritte inklusive ihrer Reihenfolge und ähnliches mehr in abstrahierter Form bereitzustellen. Bei rein verbalen Hilfestellungen besteht stets die latente Gefahr, dass nicht alle relevanten Teilaspekte und Teilschritte angemessen in der Prüfung Berücksichtigung finden und es hier zudem ungleich schwieriger wird, etwaige konzeptionelle Schwachstellen wie bspw. unnötig komplexe oder gar redundante Arbeitsschritte im Vorfeld auszumachen.331 So wird durch die regelkreisartigen Flowcharts bei einer misslungenen Programmplanung auch die Feststellung möglich, „daß einige der Teilfunktionen innerhalb des Systems verkümmert sind, weshalb der gesamte zu untersuchende Arbeitsablauf labil ist und sich in starkem Maße auf Improvisationen stützt“332 . Im Hinblick auf Praktikabilitätsaspekte ist es ausdrücklich angeraten, bei Flowcharts die bereits angesprochene standardisierte Symbolik zu verwenden, 327 Vgl. 328 Vgl.
Dörner (1976), S. 26 f. Küpper (1982), S. 32; Guy/Alderman/Winters (1999), S. 215; Gerboth (2000),
S. 538. 329 Vgl. Bohl (1977), S. 1 ff. bzw. S. 47; Martienß (1980), S. 118; Katzan/Bues (1980), S. 83 ff.; Küpper (1982), S. 31; Stratmann (1983), Sp. 378; Leffson (1988), S. 233; Gerboth (2000), S. 538; Stuers (2001), S. 64; Treuberg (2002), Sp. 817; KPMG (2014), S. 2 f. 330 Vgl. Skinner/Anderson (1966), S. 12. 331 Vgl. Dörner (1976), S. 43; Martienß (1980), S. 118 ff.; KPMG (2014), S. 3. 332 So Baetge/Krumbholz/Roß (1992), S. 46; ähnlich zuvor auch Gaitanides (1983), S. 86.
110
3
Prüfungstheoretischer Bezugsrahmen
da diese für jeden sachkundigen Anwender universell verständlich ist.333 Hierbei ist es übliche Praxis, den Informationsfluss nach Möglichkeit gemäß der gewohnten Text- bzw. Lesestruktur, also von oben nach unten oder aber von links nach rechts abzubilden.334 Ein besonders charakteristisches Merkmal von Flowcharts ist generell das mittels einer Raute dargestellte Verzweigungs- bzw. Entscheidungssysmbol, welches den Eintritt oder Nicht-Eintritt (Ja, Nein) einer Wenn-Dann-Bedingung, die für den Prüfungsprozess zumeist sehr wesentlich ist, wiedergibt.335 Dies ist insbesondere deshalb der Fall, weil für eine Ja-oderNein-Entscheidung zunächst sachdienliche Hinweise zu dem in Rede stehenden Prüfungsgegenstand eingeholt und bewertet worden sein müssen, wie es Fiedler als klaren Grundsatz formuliert: „Um das Prinzip: Wenn X, dann Y anwenden zu können, müssen Informationen über X bekannt sein.“336
Ferner ist stets großes Augenmerk auf ein zweckmäßiges Aggregationsniveau zu legen, damit die in Rede stehende Ablauforganisation einerseits nicht zu stark vereinfachend beschrieben wird und sie sich andererseits nicht aufgrund zu detaillierter Verschachtelung oder Verzweigung der Beherrschbarkeit entzieht.337 Das Erkennen des optimalen Aggregationsgrades ist nicht trivial. Notwendigerweise sind Flowcharts von einem hohen Abstraktionsniveau gekennzeichnet, wodurch ihre Erstellung stets in besonderem Maße logisches und abstraktes Denken gepaart mit einer detaillierten vorgelagerten Problemanalyse erfordert.338 Meist sind daher mehrere Anläufe vonnöten, um den abzubildenden Prozess einer idealen grafischen Aufbereitung zuzuführen.339 Grundsätzlich stößt das Aufspalten des Prozesses dann an seine theoretische Grenze, wenn sich bestimmte Handlungsanweisungen nicht mehr sinnvoll verallgemeinern lassen, sondern zwingend objektspezifisch benannt werden müssen, um weiterhin als inhaltlich richtig zu
333 Vgl.
Bird (1971), S. 30 ff.; Egner (1980), S. 150 f.; Stratmann (1983), Sp. 379; Leffson (1988), S. 233; Stuers (2001), S. 64; Treuberg (2002), Sp. 813. 334 Vgl. Fischer (1986), S. 110; Scheele/Groeben (1988), S. 2; KPMG (2014), S. 4. 335 Vgl. Joschke (1980), Sp. 460. 336 Fiedler (1980), S. 3. 337 Vgl. Grochla (1978), S. 214; Martienß (1980), S. 129; Stuers (2001), S. 64. 338 Vgl. Koeder/Carls (1982), S. 76; Fischer (1986), S. 109. 339 Vgl. Westermeyer (1971), S. 21 f.; Bohl (1977), S. 48.
3.7 Prüfungsdokumentation und Arbeitspapiere
111
gelten.340 Es können jedoch nur insoweit konkretisierte und standardisierte Erläuterungen vorgegeben werden, als sich der Preisprüfungsprozess als klar und eindeutig strukturierter Informationsprozess darstellen lässt. Bei hochkomplexen Detailschritten zum Zweck der Informationsverarbeitung und -auswertung hingegen sind nach Küpper vielfach „Einfallsreichtum, Phantasie und präzises Nachdenken“ erforderlich, sodass sich diese Arbeiten „einer genauen Regelung entziehen … und lediglich in weiten Grenzen geordnet werden“ können.341 Auch Joschke merkt mit Recht an, dass bei dem Bestreben, sehr komplexe Zustände oder Abläufe bildlich wiederzugeben, „der Wunsch zur Perfektion durch die Unüberschaubarkeit des Dargestellten in seine Schranken verwiesen“ wird.342 Auch der im Weiteren zu entwickelnde MP-PS arbeitet mit grafischen Darstellungen in Form von Flowcharts und bedient sich hierzu der mittlerweile in diversen Disziplinen etablierten Symbolik gemäß DIN 66001.343 Wenngleich die dortigen Darstellungstechniken seinerzeit in erster Linie für die automatisierte Datenverarbeitung geschaffen wurden, lassen sich die Symbole wegen ihrer Klarheit und Einfachheit genauso gut auch für Arbeitsabläufe aus anderen Disziplinen verwenden.344 Für eine allgemeine Erläuterung der Symbolbedeutungen vergleiche die nachstehende Abbildung 3.10.
340 Vgl.
Gaitanides (1983), S. 81. Küpper (1982), S. 31; vgl. zum geeigneten „Auflösungsgrad“ von Prozessbeschreibungen auch bereits Dörner (1976), S. 18 f. 342 Joschke (1980), Sp. 461. 343 Vgl. DIN 66001 (1983), S. 2. Der Inhalt dieser Norm entspricht im Übrigen dem Inhalt der ISO-Empfehlung ISO/R 1028-1969 „Flow-chart symbols for information processing“. 344 Vgl. Billeter (1969), Sp. 319; Joschke (1980), Sp. 459; Gaitanides (1983), S. 84; Jordan/Sahlmann/Urban (1984), S. 55 ff.; Hartmann (1985), S. 131; Scheele/Groeben (1988), S. 1; Hilbersmeier (2001), S. 99. 341 So
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Prüfungstheoretischer Bezugsrahmen
Abb. 3.10 Normierte Symbole für Flowcharts nach DIN 66001 (Auswahl). (Eigene Darstellung unter Rückgriff auf DIN 66001 (1983), S. 3 ff.; vgl. aber auch Billeter (1969), Sp. 322; Bohl (1977), S. 72 ff.; Gaitanides (1983), S. 87; Stratmann (1983), Sp. 381 f.; Hartmann (1985), S. 131 f.; Fischer (1986), S. 109; Guy/Alderman/Winters (1999), S. 218 sowie KPMG (2014), S. 5 f.)
Um den Flowchart-Verwender nicht zu verwirren sowie aus Platzgründen, wird es im MP-PS vermieden, übermäßig viele Informationen und Symbole in einem Diagramm zu platzieren. Stattdessen werden auch mehrere Unterprogramme mithilfe des für selbige eigens vorgesehenen Symbols abgebildet und auf diese Weise ein integrierter Diagramm-Katalog konzipiert.345 Als Unterprogramme bezeichnet man aus regelungstechnischer Sicht Programmabschnitte, die ihren Input von einem höhergelagerten Programmabschnitt erhalten und ihren Output an diesen zur weiteren Verwendung zurückgeben („RETURN“).346 Bei aller wünschenswerten Übersichtlichkeit darf es jedoch keinesfalls zu einer überzogenen Vereinfachung im Sinne einer „oversimplification“347 kommen, die der Komplexität der zugrundeliegenden Sachverhalte nicht mehr angemessen Rechnung trägt. Ferner muss konstatiert werden, dass Flowcharts nicht immer sämtliche entscheidungsrelevanten Detailinformationen unmittelbar präsentieren können. Vielmehr beinhalten sie die elementaren Hauptkomponenten des zugrundeliegenden Programmablaufs (bspw. einer betriebswirtschaftlichen Prüfung) und verweisen für tiefergehende Analysen an geeigneten Stellen auf ergänzendes Beiwerk.348 Hierzu im Folgenden Näheres.
345 So
auch die Empfehlung von Bird (1971), S. 32 bzw. KPMG (2014), S. 4. Bohl (1977), S. 42. 347 Skinner/Anderson (1966), S. 108. 348 Vgl. Egner (1980), S. 151. 346 Vgl.
3.7 Prüfungsdokumentation und Arbeitspapiere
3.7.2
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Checklisten
Als ergänzende Hilfsinstrumente haben sich im Kontext des Prüfungswesens vielfach standardisierte Fragebögen bzw. Checklisten erwiesen.349 So wurde im angelsächsischen Raum bereits früh durch Stickler das synergetische Potenzial von Checklisten zur Ergänzung von Flowcharts betont, um der Vielzahl potentiell auftretender Prüfungssituationen angemessen begegnen zu können: „Probably one of the most serious drawbacks of flow chart is that, unlike check lists, they cannot stand on their own as an audit technique, but have to supplement or be supplemented by some form of questionnaire. Thus it is not possible for them to replace questionnaires or check lists as a single audit technique.”350
In der Praxis des Prüfungswesens hatten sich Checklisten und Fragebögen zunächst in den USA bereits recht früh weitestgehend durchgesetzt und seit geraumer Zeit kommen sie auch hierzulande unter Verweis auf ihr qualitäts- und effizienzsteigerndes Potenzial verbreitet zur Anwendung.351 „Der Fragebogen besitzt für den Prüfer die Funktion eines Leitfadens, annähernd vergleichbar mit der Check-Liste, die ein Pilot vor dem Start seines Flugzeugs zur Überprüfung der wichtigsten technischen Aggregate durchgehen muß.“352
Er enthält standardisierte Fragen, gibt prüferseitig abzuarbeitende Punkte vor und determiniert so in wesentlichem Umfang das Prüfungsgeschehen.353 „Fragebogen [sic!] bestehen aus einer Reihe detaillierter Instruktionen für ein bestimmtes Prüfungsgebiet. Sie enthalten Hinweise auf die allgemeinen Revisionsgrundsätze und die im Verlauf einer Prüfung vorzunehmenden Handlungen. Meist haben sie die Form einer Checkliste, die jeden wichtigen Einzelschritt enthält.“354
349 Vgl.
hierzu bereits Rätsch (1960), S. 117. (1968), S. 413; auch Lorenzen (2007), S. 1083, merkt an, dass in der Praxis zwischen standardisierten Prüfungschecklisten und standardisierten Prüfungsprogrammen „die Grenzen teilweise fließend sind“. 351 Vgl. Leffson (1988), S. 291; Lück (2001b), S. 242; Lorenzen (2007), S. 1083. Dies gilt jedoch, soweit ersichtlich, bis heute nicht für das hier interessierende Feld der Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen. 352 Leffson (1988), S. 232. 353 Vgl. Martens (1972), S. 82 f. 354 Vgl. Hofmann (1977), S. 150. 350 Stickler
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Prüfungstheoretischer Bezugsrahmen
Ergänzend zu den vorgenannten Überlegungen gilt es als geübte Praxis professioneller betriebswirtschaftlicher Prüfungen, die durchgeführten Prüfungshandlungen und die wesentlichen Erkenntnisse in den Arbeitspapieren des Prüfers zu dokumentieren. Die Prüfungsdokumentation soll letztlich auch bei der Urteilsbildung herangezogen werden, um die Berücksichtigung aller wesentlichen Zwischenergebnisse zu garantieren und somit ein möglichst rationales Urteil zu gewährleisten. Aus diesem Grund wird des Weiteren empfohlen, die Arbeitspapiere möglichst funktionell und einheitlich aufzubereiten.355 Aufgrund der so erzwungenen Klarheit und Übersichtlichkeit kann eine bequeme Auswertung der Arbeitspapiere ermöglicht werden, denn „erst ein einheitliches Formularwesen ermöglicht es, Gleichartiges mit Gleichartigem zusammenzufügen und die Zusammenfügung von Gleichartigem und Ungleichartigem zu verhindern“356 . Zudem kann auf diese Weise „dem gesamten Belegfluß eine organisatorische Zwangsläufigkeit gegeben“ werden.357 Zweckmäßig erscheint vor diesem Hintergrund der Vorschlag, zwei Arten von Arbeitspapieren standardmäßig zu trennen und zwar:358 (1) Dokumentation von Prüfungsplanung und –ablauf und (2) Strukturierte Dokumentation der Prüfungsfeststellungen und –urteile. Ersteres wäre bei der vorliegend ins Auge gefassten Marktpreisprüfung im öffentlichen Preisrecht der eigentliche, standardisiert anzuwendende MP-PS und bei Zweiterem handelte es sich primär um die wesentlichen, während der Prüfung vom Prüfer eingesammelten und angeforderten Belege (gewissermaßen als Anhänge zum eigentlichen Bericht). Die hierdurch unter anderem angestrebte Vollständigkeit der Dokumentation hat allerdings zur Folge, dass nicht sämtliche in Augenschein genommenen Unterlagen als Arbeitspapier bzw. Anhang abgelegt werden brauchen. Auch an dieser Stelle ist insofern der Wesentlichkeitsgrundsatz beachtlich, wie Leffson unterstreicht: „Damit die Arbeitspapiere überblickbar bleiben, gilt nicht, ‚möglichst viel‘ in die Arbeitspapiere aufzunehmen. Der Prüfer benötigt z. B. keine Kopie eines
355 Vgl. hierzu Falkenberg/Egger (1978), S. 843; Egner (1980), S. 194; Bacsik/Rizzo (1983), S. 12; ähnlich auch Brösel/Freichel/Toll/Buchner (2015), S. 407 ff.; Otte (1996), S. 211; Seelis/Wiegratz (2005), S. 2; Westhausen/Hahn (2007), S. 72. 356 Rätsch (1961), S. 632; ähnlich auch Holzer/Lück (1975), S. 543; Gaitanides (1992), Sp. 3. 357 So Adler/Düring/Schmaltz (1987 ff.), Vorbemerkungen zu §§ 290–315 HGB, Rn. 41. 358 Vgl. Leffson (1988), S. 292.
3.7 Prüfungsdokumentation und Arbeitspapiere
115
Grundbuchauszuges, es langt vielmehr, wenn er notiert, daß er einen bestimmten Grundbuchauszug eingesehen hat, welche Belastungen eingetragen sind, sowie das Datum des Auszuges.“359
Zwangsläufig in den Checklisten vorgesehen sind die Antwortmöglichkeiten „Ja“ und „Nein“. Ggf. sind diese um die Antwortmöglichkeit „N/A“ zu ergänzen, die für „not applicable“ bzw. „nicht anwendbar“ steht und für all jene Fälle vorgesehen ist, in denen eine Frage aufgrund von nicht auszuräumenden Unklarheiten nicht ordnungsgemäß beantwortet werden kann.360 Die Kennzeichnung bereits beantworteter Fragen kann mittels Setzen des sog. Prüferhakens ( ) erfolgen.361 Zu einer leichteren Auswertbarkeit trägt ferner bei, dass als grundsätzliche Regel die Bejahung einer Frage jeweils eine Übereinstimmung mit der Soll-Vorstellung bzw. dem ordnungsmäßigen Zustand anzeigt und Verneinungen auf Unregelmäßigkeiten schließen lassen.362 Zweckmäßig ist es zudem, dass dem Prüfer auf der rechten Seite eine Spalte für eigene Bemerkungen und Kommentierungen (vor allem bei N/A-Antworten ist dies als Erläuterung sinnvoll) und für Verweise auf bestimmte Anhänge zur Verfügung gestellt wird.363 Sehr sinnvoll ist es nicht zuletzt auch, den Checklisten jeweils übergeordnete „Leitfragen“ zuzuordnen, die dem Prüfer „das Hauptziel vor Augen führen und nach der Befragung eine Zusammenfassung des Prüfungsergebnisses in diesem Teilbereich abfordern“364 . All diesen Empfehlung soll im MP-PS soweit wie möglich entsprochen werden. Checklisten und ähnliche Musterfragebögen sollen nicht als Eigeninitiative und eigene gedankliche Bemühungen hemmendes Gängelband des Prüfers verstanden werden, sondern als operationale Arbeitshilfen, die zu einem effektiven und effizienten Prüfungsprozess beitragen.365 Es ist keineswegs der Fall, dass Checklisten kreative Denkprozesse ersetzen sollen, geschweige denn können.366 Denn
359 Leffson
(1988), S. 292. Guy/Alderman/Winters (1999), S. 215. 361 Vgl. Leffson (1988), S. 293. 362 So einhellig Stickler (1968), S. 413; Seifert (1969), S. 140; Sperl (1978), S. 107; Wittmann (1981), S. 75 f.; Borchert (1983), Sp. 1530; Guy/Alderman/Winters (1999), S. 215; Sauer/Bohnert (2002), Sp. 854. 363 So bereits Denck (1941), S. 98; zu eigenen Prüfvermerken während der laufenden Prüfung vgl. ferner Leffson (1988), S. 291. 364 So Schuppenhauer (1983a), S. 90. 365 Vgl. Lindemann (1957), S. 251; Ballmann (1966), S. 46; Sauer (1983), Sp. 442; Korndörfer/Peez (1989), S. 171. 366 Vgl. Baetge/Krumbholz/Roß (1992), S. 42 f. 360 Vgl.
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Prüfungstheoretischer Bezugsrahmen
mit Blick auf die Literatur zu heuristischen Verfahren ist festzuhalten, dass Checklisten „naturgemäß keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Allgemeingültigkeit“ erheben, „… jedoch zumindest auf generell wichtige Bewertungsgesichtspunkte hinweisen und dadurch mithelfen zu verhindern, daß der Aktor wesentliche Konsequenzarten übersieht“367 . Gemeinsam mit den vorgenannten Flowcharts bilden Checklisten (lediglich) einen richtig anzuwendenden „Katalog prüferischer Instrumente“ und „gleichsam einen Werkzeugkasten für jeden Prüfungspraktiker“368 . Als weitere typische Vorteile von Fragebögen bzw. Checklisten können mithin die folgenden Punkte genannt werden, die zugleich als zentrale Elemente einer laufenden Dokumentations- und Qualitätssicherung des Prüfungsprozesses fungieren:369 – Checklisten sind eine klare Leitlinie und eine merkliche Entlastung für den Prüfer. Sie stellen alle entscheidungsrelevanten Punkte konzentriert in einem Dokument dar. – Zeitliche Einsparpotenziale können gehoben werden. – Stetigkeit und Kontinuität von gleichgelagerten Prüfungshandlungen wird verbessert. – Wichtige Fragen werden nicht vergessen, der erforderliche MindestPrüfungsumfang wird stets eingehalten und es ist stets eine Vollständigkeitskontrolle möglich. – Neue Prüfer arbeiten sich gut und rasch ein und der Umfang mündlicher Instruktionen wird gemindert. – Manuelle Schreibarbeit wird reduziert. Der Prüfer kann sich auf die eigentlichen Prüfungsaufgaben konzentrieren. – Genormte Unterlagen lassen sich zügiger auswerten und der aktuelle Stand der Prüfung lässt sich leichter nachvollziehen, da sie transparenter wird. – Lückenlosigkeit, Zielbezogenheit und Präzision von Fragen und Antworten werden verbessert. – Der Aussagegehalt von Prüfungsberichten wird durch Checklisten begünstigt, da die Prüfungsberichte unmittelbar auf selbigen aufsetzen.
367 Kühn
(1985), S. 540 f., hinsichtlich der bei der Heuristik des „generate and test“ verwendeten Kriterienlisten. 368 Moog (1985), S. 371. 369 Vgl. zu den Vorteilen Denck (1941), S. 98 f.; Rätsch (1960), S. 117; Ballmann (1966), S. 43 ff.; Seifert (1969), S. 140 f.; Reiß (1981), S. 1786 ff.; Zünd (1982a), S. 415 f.; Bacsik/Rizzo (1983), S. 18; Korndörfer/Peez (1989), S. 171; Baetge/Krumbholz/Roß (1992), S. XI, XV und 42.
3.7 Prüfungsdokumentation und Arbeitspapiere
117
– Die Kontrolle der Prüfungshandlungen und die Auswertbarkeit der Prüfungsergebnisse werden infolge der verbesserten Dokumentation erleichtert. Reklamationen können leichter nachgeprüft werden. Vorgegebene Checklisten tragen mithin – ebenso wie die zuvor besprochenen Flowcharts zur Prozessvisualisierung – wesentlich dazu bei, dem in der Praxis festgestellten Problem der uneinheitlichen Vorgehensweisen innerhalb der Berufsgruppe der Preisprüfer entgegenzuwirken.370 Einen limitierenden Faktor bildet allerdings der Umstand, dass die Erstellung detaillierter und fundierter Prüfungsfragebögen als sehr zeitaufwendiges Vorhaben bezeichnet wird.371 Dies gilt allerdings lediglich für das erstmalige Zusammenstellen von Fragebogenkatalogen. Im Falle von deren laufender Pflege, ihrer gelegentlichen Überarbeitung und fortlaufender Nutzung bei Verfügbarkeit vorhandener Basis-Fragebögen wird der vorgenannte Nachteil somit aufgehoben.372 Dieser Aspekt ist von besonderer Wichtigkeit, da ausgereifte Checklisten das Ergebnis systematischer Auswertungen und Erkenntnisse früherer Prüfungen im Sinne eines zielgerichteten Wissensmanagements sein sollten.373 Das Abarbeiten der Checklisten sollte im Übrigen bereits während der Durchführung der Prüfungshandlungen erfolgen, um Unvollständigkeiten zu vermeiden und der Notwendigkeit der erneuten Analyse besonders komplexer Teilobjekte zum Ende entgegenzuwirken.374 Es gilt als zweckmäßig, für einzelne Prüffelder separate Fragebögen einzusetzen, da hierdurch die Übersichtlichkeit der Prüfungsdokumentation gewahrt wird und das Nachschlagen konkreter Einzelbefunde schneller 370 Vgl.
zur „einheitlichen Berufsausübung“ infolge der Einführung normierter Richtlinien und Checklisten auch Langenbucher (2002), Sp. 1873 ff. 371 Vgl. Ballmann (1966), S. 43 und 46; Egner (1980), S. 46; Sauer (1983), Sp. 442. Es existieren jedoch Befunde, die besagen, dass das Erstellen von Flowcharts bzw. Programmablaufplänen noch zeitintensiver sei als das Ausarbeiten umfänglicher Checklisten. Vgl. hierzu Stickler (1968), S. 414, bzw. KPMG (2014), S. 3 („Converting narratives to flowcharts may take some initial investment.“); a.A. offenbar Skinner/Anderson (1966), S. 21 („Drawing flow charts is not difficult“). Gleichwohl wird ebenda unmittelbar angefügt, dass diese These erst dann gilt, wenn ein gewisses Erfahrungsniveau Flowchart-Darstellungen betreffend erreicht ist („… this ability too can be quickly acquired with experience“). Heutzutage existieren allerdings diverse Computerprogramme zum Zeichnen von Flowcharts, welche eine erhebliche Erleichterung gegenüber früheren Zeiten darstellen, als noch händisch mit Zeichenschablonen und Symbollinealen gerarbeitet werden musste, so Treuberg (2002), Sp. 813 f. 372 Vgl. Loitlsberger (1966), S. 96 f. 373 So Hofmann (1985), S. 204. 374 Vgl. Rätsch (1960), S. 117 f.; Seelis/Wiegratz (2005), S. 2
118
3
Prüfungstheoretischer Bezugsrahmen
vonstatten geht.375 Hierzu muss offenkundig ohne Probleme erkennbar sein, auf welches Prüffeld sich ein Arbeitspapier jeweils bezieht.376 Damit dies gelingt, sollte Folgendes beherzigt werden: „Als Symbole zur Kennzeichnung der unterschiedlichen Prüfungsfelder, denen die einzelnen Arbeitspapiere zuzuordnen sind, wählt man in der Regel eine standardisierte, alphanumerische Kombination von Buchstaben und Zahlen. Dadurch werden einem dritten, der diese Systematik kennt, die Arbeitspapiere leicht überblickbar und verständlich.“377
In den Gesamtkontext der globalen „Prüfungsprogrammausführung“ werden die Prüfungsunterlagen „unter Verwendung eines standardisierten Referenz- und Verweissystems zwischen dem Prüfungsprogramm und den zu erstellenden Arbeitspapieren“ integriert und machen so Interdependenzen zwischen den verschiedenen Elementen deutlich.378 Inzwischen wird im Prüfungswesen zudem häufig das Prinzip des „write it once“ angestrebt, bei dem eine Dokumentation stets nur einmal vorgenommen und für mehrere Zwecke gleichzeitig verwendet wird. Die Checklisten – durchaus auch als „elektronische Arbeitspapiere“ verwendbar – dokumentieren die erfolgten Prüfungshandlungen demnach sowohl in Form eines Arbeitspapiers für die laufende Prüfung wie auch später als Berichtsteil.379 Nach dem Ausfüllen erfolgt stets die prüferische Beurteilung des jeweiligen Prüffeldes, wobei allerdings die finale Entscheidung über die relative Bedeutung der einzelnen Fragen und Antworten grundsätzlich dem Prüfer überlassen bleiben soll, der die Checklisten-Ergebnisse in Anbetracht des Einzelfalls würdigen sollte.380 Wie bereits angedeutet gilt jedoch, dass Fragebögen zwar grundsätzlich ein nützliches Hilfsmittel darstellen, es hierzu allerdings aufgrund der allgemeinen Dynamik381 des Wirtschaftslebens und des immer größer werdenden Erfahrungsschatzes aus dem prüferischen Tagesgeschäft einer regelmäßigen Ergänzung und 375 Vgl.
bereits Denck (1941), S. 99; ähnlich auch Mayer (1978a), S. 695. Leffson (1988), S. 292. 377 Schultzke (1992), Sp. 73; ähnlich auch Bacsik/Rizzo (1983), S. 19; Sauer/Bohnert (2002), Sp. 852; Westhausen/Hahn (2007), S. 72. Auf diese Weise erlangt der Katalog an Checklisten gewissermaßen den Charakter eines „Logbuches“, das alles Wissenswerte zum Prüfungshergang festhält, so Zumwinkel (1973), S. 167. 378 So Knoblauch/Stangner (1985), S. 300. 379 Vgl. Schwager/Kerner/Röttger/Stauß (2005), S. 8 und 11; ähnlich bereits Mayer (1978a), S. 693 f.; Bolsenkötter/Poullie (2003), Abt. VI/4, Rn. 203 f. 380 So auch Borchert (1983), Sp. 1530. 381 Eine Situation ist dynamisch, wenn sie von Veränderungen geprägt ist, ohne dass die Akteure hierauf einen Einfluss haben; vgl. Dörner (1976), S. 19 f. 376 Vgl.
3.7 Prüfungsdokumentation und Arbeitspapiere
119
Aktualisierung der Checklisten bedarf.382 Die Checklisten sind somit gewissermaßen „lebende Gebilde“, die niemals komplett fertig sind, sondern vielmehr stichtagsbezogen einen möglichst hohen Grad der Ausgereiftheit aufweisen sollten. Eine laufende Überwachung jedweder Entscheidungshilfen und -modelle ist zwingend erforderlich, weil sich die entscheidungsrelevanten Umweltfaktoren der vermeintlich richtig geordneten organisatorischen Abläufe laufend ändern, was dazu führt, dass die Hilfsmittel „nicht (ohne fortlaufende Überprüfung) auf Dauer anzuwenden“ sind.383 Im Hinblick auf eine ständige Verbesserung der Organisation wird im Qualitätsmanagement unter anderem empfohlen, dass die Mitglieder einer Organisation dazu aufgerufen werden sollten, selbst regelmäßig und in kleinen Schritten Vorschläge zur Verbesserung der Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit der Organisationsleistung einzubringen, um zu besseren Ergebnissen zu gelangen.384 Die Qualitätsverbesserung fußt hierbei des Weiteren auf Lerneffekten bei den verantwortlichen Akteuren.385 Unter betrieblichem bzw. organisationalem Lernen wird ein zielgerichteter Prozess verstanden, „der aufgrund von Erfahrungen zu Verhaltensänderungen führt“386 . Hierbei werden Informationen aufgenommen, verarbeitet und dergestalt gespeichert, dass auf sie in der Folge bei vergleichbaren Ereignissen erneut zurückgegriffen werden kann, um ein zielorientiertes Regelungsverhalten zu gewährleisten.387 Wichtig ist hierbei, dass davon ausgegangen werden kann, dass die Umwelteinflüsse, die als Anlass zu einer Anpassung gesehen werden, so oder so ähnlich erneut relevant werden, es sich mithin nicht um singuläre Phänomene gehandelt hat.388 Anpassungen können ferner Gegenstand von kurzfristigem oder langfristigem Lernen sein. Kurzfristiges Lernen bezieht sich aus regelungstheoretischer Sicht lediglich auf die Anpassung einzelner Parameter, Steuerglieder oder Regler eines Systems, während beim langfristigen Lernen auch die Steuer- und Regelstrecken in ihren Parametern und 382 Vgl.
Rückle (1978), S. 803; gleichsam Martens (1972), S. 83; Lück (2001b), S. 242; Lorenzen (2007), S. 1083. 383 So Schweitzer (1974), Sp. 6; ähnlich bereits Baetge/Steenken (1971), S. 595; Baetge (1974), S. 17; Grochla (1974), S. 18 f. 384 Vgl. DIN EN ISO 9004 (2000), S. 79 f.; ferner Picot/Liebert (2011), S. 95, die diesbezüglich auch von „kollektiver Autorenschaft“ im Rahmen einer internen „Wiki-basierten Dokumentation“ sprechen. 385 Vgl. Baetge/Steenken (1971), S. 595; Lechner/Egger/Schauer (2016), S. 422. 386 Baetge (1975), Sp. 2496; gleichsam Coenenberg/Möller (1976), Sp. 959; Göbel (1990), S. 4. 387 Vgl. Baetge (1980a), Sp. 1099. 388 Vgl. Mirow (1969), S. 113.
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Prüfungstheoretischer Bezugsrahmen
Strukturen modifiziert werden.389 Bezogen auf den zu entwickelnden MP-PS vollzieht sich das kurzfristige Lernen etwa beim Überarbeiten einzelner Checklisten, während sich langfristig ausgerichtete Lernprozesse bspw. in einer möglichen Umgestaltung der darüber liegenden Flowcharts äußern würden. Die Personen in der Organisation gelten gemeinhin als die beste Ideenquelle für solche sukzessiven Prozessverbesserungen. Im Rahmen von Arbeitsgruppen oder ähnlichen Gremien können die Optimierungsprozesse kanalisiert werden. Mit dem Ziel der permanenten Verbesserung als Qualitätskonzept wird die Organisation als anpassungsfähiges, sich ständig weiterentwickelndes und somit lernfähiges System verstanden.390 Während also, wie eingangs bereits dargestellt, die Implementierung des MP-PS Aufgabe des Verordnungsgebers im Wege einer top-down-Maßnahme wäre, sollte die Pflege des MP-PS wie in einem Gegenstromverfahren über einen bottom-up-Ansatz sichergestellt werden, bei dem „die Anforderungen und Wünsche der diversen Anwender gesammelt und in einem Aushandlungsprozeß in eine Rangreihe gebracht“391 werden. Ferner wird eine zentrale Koordination der übergeordneten Maßnahmen zur Qualitätssicherung dringend angeraten, um deren Wirkungsweise zu verstehen und zu kontrollieren.392 Hiermit einher geht unmittelbar, dass klare Verantwortlichkeiten zugeteilt werden müssen und eine übergeordnet agierende Leitungsstelle die Anregungen für den Verbesserungsprozess im Sinne einer GovernanceFunktion bei sich zu bündeln und zielorientiert weiterzuverarbeiten hat, um zu vermeiden, dass die Bemühungen der Organisationsmitglieder ins Leere laufen.393 Es gilt nämlich zu betonen, dass sich die grundlegenden Gesetzmäßigkeiten in Bezug auf ein zielorientiertes Qualitätsmanagement bei betriebswirtschaftlichen Prüfungen nicht grundsätzlich von denen anderer betriebswirtschaftlicher Leistungserstellungsprozesse unterscheiden.394 Ziel eines umfassenden Qualitätsmanagement-Ansatzes ist es letztlich immer, nicht nur die Qualität der einzelnen Arbeitsergebnisse (bspw. Ergebnisse von Preisprüfungen) zu verlangen, sondern bereits präventiv dafür zu sorgen, dass die Organisation aufgrund entsprechender Rahmenbedingungen dauerhaft in den Stand versetzt wird, das gewünschte Qualitätsniveau überhaupt zu erreichen.395 389 So
Baetge (1980a), Sp. 1099. Hoffjan (1994), S. 9; ähnlich auch Franz (2002), Sp. 1651. 391 Siehe zu diesem Vorgehen allgemein Picot (1990), S. 297. 392 Vgl. DIN EN ISO 9004 (2000), S. 92. 393 Vgl. DIN EN ISO 9004 (2000), S. 48 f.; Picot/Liebert (2011), S. 95. 394 Vgl. Bolsenkötter/Poullie (2003), Abt. VI/4, Rn. 19. 395 Vgl. Müller-Böling (1993), Sp. 3625 f. 390 Vgl.
3.8 Prüfungsberichterstattung
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Ungenügende Arbeitsergebnisse sollten also nicht ex post korrigiert, sondern bereits bei der Tätigkeitsausführung vermieden werden.396 Das Erreichen der vordefinierten Qualitätsstandards gilt also als feste Zielgröße. Welche qualitätssichernden Umsetzungsschritte hierfür in den einzelnen Organisationseinheiten auf den untersten Hierarchiestufen konkret in Gang gesetzt werden, darf allerdings – um ein Zuviel an genereller Regelung zu vermeiden – zum Teil den dortigen Stellen selbst überlassen bleiben.397
3.8
Prüfungsberichterstattung
Zum Abschluss dieses Kapitels bedarf auch die Prüfungsberichterstattung im Nachgang zu einer erfolgten Prüfung zwingend einer Erläuterung. Die ordnungsmäßige Berichterstattung über die aufgetretenen Befunde ist mithin als weiterer integraler Bestandteil professionell durchgeführter betriebswirtschaftlicher Prüfungen aufzufassen.398 Dörr/Hoffjan sehen nicht zuletzt auch in den Prüfungsberichten der Preisprüfer einen weiteren Baustein von Verbesserungspotenzialen. Aus Gründen der besseren Nachvollziehbarkeit der Prüfungsergebnisse sollten den vorgenannten Gutachtern folgend demnach nicht nur Prüfungs-, sondern auch „Berichtsstandards“ (also nach einheitlichen formalen und inhaltlichen Regeln aufgebaute Prüfungsberichte) im öffentlichen Preisrecht angestrebt werden.399 Ein Rechtsanspruch der öffentlichen Auftraggeber sowie deren Auftragnehmer auf die Aushändigung von Preisprüfungsberichten lässt sich aus der VO PR 30/53 oder einem ihrer zusätzlich erlassenen Rundschreiben nicht herleiten.400 Gleichwohl sollte immer eine schriftliche Preisprüfungsberichterstattung erfolgen. In der Praxis ist dies zumindest auch „weitgehend zur Regel geworden“401 . Die möglichen Rechtsfolgen, die sich aus der Übermittlung eines Preisprüfungsberichtes 396 So
auch Hoffjan (1994), S. 8; Franz (2002), Sp. 1653. bereits Holzer/Lück (1975), S. 542. 398 So auch Martens (1972), S. 13, 71. 399 Vgl. Dörr/Hoffjan (2015), S. 121. 400 Vgl. Noelle/Rogmans (2002), S. 168; Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller (2020), § 9, Rn. 118. 401 So Birgel (2010b), S. 20 bzw. Radl (2012), S. 52. Anzumerken ist jedoch, dass der Preisprüfungsbericht nicht Gegenstand eines Verwaltungsaktes ist; vielmehr hat er „lediglich den Charakter einer innerbehördlichen und nach außen unverbindlichen Stellungnahme der zuständigen Preisüberwachungsstelle zur Frage, welchen Preis sie im geprüften Einzelfall für den preisrechtlich höchstzulässigen hält“, so VG München, 19.06.2012 – M 397 So
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Prüfungstheoretischer Bezugsrahmen
an die Vertragsparteien ergeben können, sind in nachfolgender Abbildung 3.11 als grobes Schema dargestellt.
Abb. 3.11 Mögliche Rechtsfolgen der Preisprüfungsberichterstattung
„Beim Prüfungsbericht handelt es sich um eine an einen internen Kreis … gerichtete schriftliche Berichterstattung über den Verlauf und das Ergebnis der Prüfung.“402 Auf aussagekräftige Informationen zu den erfolgten Prüfungshandlungen und den generierten Befunden haben die geprüften Stellen bei betriebswirtschaftlichen Prüfungen in aller Regel einen Anspruch. Ferner schützt eine ordnungsgemäße Dokumentation und Präsentation des Prüfungsprozesses in Berichtsform den Prüfer vor haltlosen Einwendungen, unergiebigen Diskussionen und einer langwierigen nachträglichen Korrespondenz. Der schriftlichen Prüfungsberichterstattung kommt somit eine sehr hohe praktische Bedeutung zu.403 Der Bericht lässt sich gewissermaßen als die „Visitenkarte“404 des Prüfers auffassen und er „ist das augenscheinliche Ergebnis der Arbeit, … geht durch viele Hände und er muss inhaltlich, sprachlich und formell höchsten Ansprüchen 16 K 11.3887; ähnlich auch Paß (1998), S. 609. Eine verwaltungsgerichtliche Überprüfung von Preisprüfungsberichten scheidet daher aus. Der Rechtsweg zwecks Abführung einer festgestellten Überzahlung wird – nachdem eine etwaige einvernehmliche Lösung zuvor gescheitert ist – in der Praxis auf zivilrechtlichem Wege bestritten. Da der Preisprüfungsbericht (lediglich) ein betriebswirtschaftliches Gutachten darstellt, brauchen die öffentlichen Auftraggeber theoretisch auch nicht bis zu dessen Vorlage abzuwarten, um Rückforderungen einzutreiben. Vgl. Paß (1998), S. 609; Roth (2015), S. 213 ff. 402 Brösel/Freichel/Toll/Buchner (2015), S. 406. 403 Vgl. Hofmann (1977), S. 149. 404 So Seifert (1969), S. 138; Hofmann (1977), S. 156; Westhausen/Hahn (2007), S. 72.
3.8 Prüfungsberichterstattung
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genügen“405 . Für den Bereich der Abschlussprüfung haben sich gewisse Grundsätze einer ordnungsgemäßen Prüfungsberichterstattung etabliert. Diese können jedoch auch für alle übrigen Prüfungstypen in vergleichbarer Form bzw. sinngemäß zugrunde gelegt werden.406 Essenziell für den Prüfungsbericht ist zunächst einmal eine aussagekräftige Kenntlichmachung, d. h. die Angabe formaler Daten wie Auftragsnummer, Firma der geprüften Stelle, Name des Prüfers, Name des Ansprechpartners in der geprüften Stelle (ggf. mit Stellvertreter), Datum usw.407 Soweit möglich sollte auch bei der Berichtsabfassung zur Optimierung inhaltlicher und gestalterischer Aspekte auf informationstechnische Hilfsmittel zurückgegriffen werden.408 Prüfungsberichte sollten ferner zweckmäßig strukturiert sowie vollständig sein und dementsprechend neben dem prüferischen Gesamturteil die verschiedenen Einzelurteile enthalten, da diese die entsprechende Grundlage hierfür bilden. Auch sollten zum Zwecke der allgemeinen Nachvollziehbarkeit ebenso überzeugungskräftige Erläuterungen zu den Zusammenhängen zwischen Einzel-, Zwischen- und Gesamturteil vorgenommen werden.409 Generell sind in der Regel Begründungen zu einzelnen Aspekten der Beurteilung abzugeben sowie Argumente anzuführen, warum in komplexen Fragen wie entschieden wurde.410 Wenn während der Prüfung von eventuellen Prüfungsgrundsätzen ausnahmsweise abgewichen wurde, so ist dies im Prüfungsbericht zu vermerken.411 Auch die etwaige Verwendung der Untersuchungen externer Spezialisten wäre als solche im Bericht zu deklarieren.412 Oberster Grundsatz ist es jedoch, trotz des umfangreichen zu bewältigenden Stoffes stets Kürze, Klarheit, Einfachheit und eine Fokussierung auf das Wesentliche den Vorzug vor weitschweifigen Ausführungen zu geben.413 Diese Maxime wurde auch schon früh von Schmalenbach folgendermaßen adressiert: 405 Schwager/Kerner/Röttger/Stauß
(2005), S. 10. Bussmann (1972), S. 252. 407 Vgl. Hofbauer (1961), S. 451; Ludewig (1996), S. 338. 408 Vgl. Ludewig (1996), S. 337. 409 Vgl. Mayer (1978a), S. 693; Wysocki (1988), S. 305; Selchert (1972), S. 106; Hofmann (1995), S. 234; Wysocki (2002), Sp. 269 ff.; zum „Grundsatz der Vollständigkeit“ bei der Prüfungsberichterstattung auch Freidank/Velte (2009), S. 1461. 410 Vgl. Selchert (1972), S. 106; Löw (1982), S. 314; Pohlentz (1992), Sp. 1502. 411 Vgl. Freidank/Velte (2009), S. 1462. 412 Vgl. Neitemeier (1979), S. 148; Rusch (1985), S. 264; Plendl (2002), Sp. 1780. 413 Vgl. Mayer (1978a), S. 695; Hofmann (1995), S. 233; Plendl (2002), Sp. 1781; Gross/Möller (2004), S. 324. 406 Vgl.
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Prüfungstheoretischer Bezugsrahmen
„Daß es neben guten auch schlechte und besonders viele mittelmäßige Berichte gibt, weiß jeder Fachmann. Es handelt sich bei vielen dieser Berichte nicht allein um das, was sie nicht sagen, sondern auch um das, was sie zuviel sagen. Ein Prüfungsbericht, der zu viele Worte braucht oder zu viele Zahlen wiedergibt, versündigt sich an der Zeit des Lesers … und das Ärgerlichste ist, daß sich unter vielem Unwichtigen leicht das Wichtige verbirgt.“414
Von Interesse ist nicht zuletzt auch die Berichterstattung darüber, ob der Prüfer Zugang zu allen von ihm als wesentlich erachteten Auskünften und Nachweisen erhalten hat. Sollte es im Zuge der Prüfung also zu Problemen in Bezug auf die Bereitschaft der geprüften Institutionen zur Mitwirkung gekommen sein, so wäre auch dies im Prüfungsbericht festzuhalten. Besonders wichtige prüferische Erkenntnisse sind näher zu erläutern, da die geprüften Stellen eine klare und eindeutige Situationsdarstellung übermittelt bekommen sollen. Zu beachten ist hierbei, dass sich die schriftlichen Auslassungen weitestgehend auf Negativaspekte beschränken dürfen. Unbemängelte Tatbestandsmerkmale sollten also lediglich als solche benannt werden und bedürfen keiner weiteren Erläuterung. Verstöße und Unregelmäßigkeiten hingegen müssen in dem gebotenen Maße und unter Bezugnahme auf etwaige Berufungen und Darstellungen der sie verursachenden Personen bzw. Umstände dergestalt adressiert werden, dass eine Begründung für ein eventuelles Versagen des Vertragspreises durch den Preisprüfer plausibel erscheint. Sofern dies zweckmäßig ist, sind an dieser Stelle vergleichsweise ausführliche Darstellungen angezeigt. Beachtenswert ist hierbei, dass zuweilen relevante Aspekte aus der erfolgten Prüfung ausgewählte Interna der geprüften Stellen oder Informationen über andere Unternehmen betreffen und demzufolge nicht für sämtliche potentiellen Adressaten bestimmt sind. Abhilfe schaffen können in solchen Fällen entweder allgemeine und pauschalierende Formulierungen ohne Nennung diskreter Details oder aber variierende, auf den jeweiligen Berichtsempfänger ausgerichtete Versionen des in Rede stehenden Ausgangs-Prüfungsberichtes. Von Wysocki spricht in diesem Zusammenhang von einer „gestaffelten Publizität“415 der Prüfungsberichte. Der Prüfungsbericht sollte in jedem Falle belegen, dass der Preisprüfer die ihm obliegenden Aufgaben pflichtgemäß und gewissenhaft erfüllt hat. Im Falle eines Dissenses zwischen Prüfer und Geprüften ist der Preisprüfungsbericht von besonderer Relevanz, da der Preisprüfer im Zweifel anhand seines Berichtes darlegen
414 Schmalenbach
(1948), S. 4. Wysocki (1988), S. 297 f.; siehe auch Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller (2020), § 9, Rn. 121 ff. in Bezug auf Vertraulichkeitsapekte bei der Preisprüfungsberichterstattung.
415 Vgl.
3.8 Prüfungsberichterstattung
125
muss, dass er sich keiner Verletzung seiner Pflichten schuldig gemacht hat.416 Im Übrigen bieten standardisierte Preisprüfungsberichte über früher durchgeführte Prüfungen im Weiteren allen anderen Preisprüfern und auch dem ursprünglichen Prüfer selbst eine hilfreiche Nachschlagemöglichkeit und somit wesentliche Informationsquelle, die erneutes Rückfragen weitgehend vermeidet.417 Die beiden Tätigkeitsschritte „Prüfungsdurchführung“ und „Prüfungsberichterstattung“ sind folglich durch ein ineinandergreifendes Verhältnis gekennzeichnet und somit als prüfungstheoretisch zusammengehörig zu betrachten. Es sei ferner angemerkt, dass eine gewisse Einheitlichkeit und ein gewisser Wiedererkennungswert in Bezug auf Form und inhaltliche Struktur bei allen Preisprüfungsberichten angestrebt werden sollte. Sofern bei betriebswirtschaftlichen Prüfungen mit Flowcharts und Fragebögen gearbeitet wird, sollten diese „eins zu eins“ in die Prüfungsberichterstattung einfließen. Trotz alledem ist zu konstatieren, dass im betriebswirtschaftlichen Bereich agierenden Prüfern teilweise auch bedeutende Freiheitsgrade bei der Prüfungsberichterstattung anheimgestellt werden.418 Dem Prüfer steht es bspw. frei, in seinem Prüfungsbericht spezifische Merkmale einer jeweiligen Prüfung ausgiebiger zu thematisieren und Randaspekte, die in vorangegangenen Preisprüfungen womöglich noch von besonderer Bedeutung waren, nur zu streifen oder gar ganz auszusparen, wenn sich diese für eine zielgerichtete Übermittlung der prüferischen Befunde nicht als zweckdienlich erwiesen haben sollten. So sind auch – anders als bei den formalen und arbeitspapierbezogenen Aspekten – standardisierte Bausteine im Bereich der sprachlichen Formulierung der Berichte mit Zurückhaltung zu betrachten, da vorformulierte Aussagen mitunter den individuellen Gegebenheiten des Einzelfalls nicht angemessen gerecht werden können.419 Erst wenn der Prüfungsbericht den Adressaten vorgelegt worden ist, kann die Prüfung als beendet gelten. Fehlt der Prüfungsbericht (noch), so impliziert dies, dass eine abschließende Prüfung der Sachverhalte noch nicht stattgefunden hat und somit die Beurteilung über die Ordnungsmäßigkeit des Untersuchungsgegenstandes noch nicht erfolgen kann. Einzig und allein der vorgelegte Prüfungsbericht kennzeichnet das Prüfungsende.420 Insofern sollte sich der Prüfer bei noch nicht 416 Vgl.
Mayer (1978a), S. 693; Pohlentz (1992), Sp. 1501; Plendl (2002), Sp. 1780; Richter (2004), S. 225; Seelis/Wiegratz (2005), S. 2 f. 417 Vgl. Mayer (1978a), S. 694. 418 Vgl. Selchert (1972), S. 106. 419 Vgl. Gross/Möller (2004), S. 324. 420 Vgl. hierzu Altmann (1960b), S. 528; Pohlentz (1992), Sp. 1502; Plendl (2002), Sp. 1779; Freidank/Velte (2009), S. 1460; ebenso Peemöller (2004), S. 27, der konstatiert,
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Prüfungstheoretischer Bezugsrahmen
komplett abgeschlossener Prüfung hinsichtlich der Bekanntgabe erster Ergebnisse gegenüber den Beteiligten in Zurückhaltung üben.421 Prüfungsberichte aus früheren Fällen entfalten zudem bereits bei der Prüfungsvorbereitung eine wichtige Rolle. So sind vor Beginn einer neuen Prüfung zunächst relevante Unterlagen zur Einarbeitung in den Sachverhalt zu beschaffen. Integraler Bestandteil dieser Arbeitsunterlagen sind nicht zuletzt unter Umständen bereits vorhandene Berichte über Vorprüfungen in der zu prüfenden Institution, um ein Gespür für eventuelle Schwerpunkte oder Schwachstellen zu bekommen.422 Diese Verbindung zwischen benachbarten Sachverhalten rührt vor allem daher, dass es prüfungstheoretisch durchaus legitim ist, unter gewissen Umständen auf Basis der Beschaffenheit vorangegangener auf die Fehleranfälligkeit neuer Prüfungsobjekte zu schließen. Voraussetzung hierfür ist aber, dass es sich tatsächlich um analoge Fälle handelt, d. h. sich die Sachverhalte in inhaltlicher und prozessualer Hinsicht deutlich ähneln und bei der geprüften Stelle von denselben operativ tätigen Personen bearbeitet, zumindest aber von denselben Vorgesetzten verantwortet wurden.423 Der Vollständigkeit halber muss zudem angemerkt werden, dass im Vorlauf zur hier skizzierten schriftlichen Berichterstattung in aller Regel bei Prüfungen im betriebswirtschaftlichen Bereich eine mündliche Verständigung zwischengeschaltet wird. Bei diesem traditionell eher als Ergänzung zur Abfassung des Berichts ausgelegten Schritt handelt es sich um die sog. Schlussbesprechung.424 Auf die Tatsache, dass eine Schlussbesprechung stattgefunden hat, ist im Prüfungsbericht explizit hinzuweisen.425 Die Schlussbesprechung soll – neben einer Wiedergabe der wichtigsten Prüfungsergebnisse – im Wesentlichen den geprüften Stellen die Möglichkeit bieten, zu den einzelnen Feststellungen und Beanstandungen Stellung zu beziehen. Auch ist es zumeist der Fall, dass sich der Prüfer sodann – im Lichte der Rückmeldung der Geprüften – erneut vergewissert, ob seine Befunde tatsächlich als stichhaltig gelten können oder ob diese womöglich einer letzten Korrektur bedürfen. Primärziel einer jeden Schlussbesprechung ist die bestmögliche Übereinkunft zwischen allen an der betriebswirtschaftlichen Prüfung direkt Beteiligten dass das Ziel der Prüfung erst dann erreicht ist, „wenn die Stellen über die Ergebnisse der Prüfung unterrichtet werden, die aus der Prüfung einen Nutzen ziehen können oder als Adressat des Prüfungsberichts bestimmt sind.“ 421 Vgl. Leffson (1988), S. 317. 422 Vgl. Sperl (1978), S. 21; Hofmann (1985), S. 207 f. 423 Vgl. Gans (1986), S. 493. 424 Vgl. Kürschner (1961), S. 632 ff.; Vohburger/Thoma (1983), Sp. 1381 ff.; Wysocki (1988), S. 312 ff. 425 Vgl. Ludewig (1996), S. 338.
3.8 Prüfungsberichterstattung
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darüber, dass die Prüfungsergebnisse zutreffend sind bzw. diese die Realität korrekt abbilden. Mithin soll im Falle eines grundsätzlichen Dissenses oder kleinerer divergierender Einschätzungen – auch wenn dies nicht immer gelingen möge – nach Möglichkeit eine Einigung erzielt werden. Bei Bedarf sollten hierzu prüfungsrelevante Unterlagen und Belege erneut vorgelegt und eingesehen werden. Als sinnvoll gelten zudem gemeinsame Abstimmungen darüber, welche Maßnahmen in Zukunft dazu geeignet sein könnten, die aufgedeckten Regelverstöße zu unterbinden.426 Eine nur sehr oberflächliche oder gar ein gänzliches Ausfallenlassen einer lösungsorientierten Schlussbesprechung können gravierende Folgen haben, da sich die Geprüften während der Prüfung zuweilen indifferent gegenüber den prüferischen Feststellungen zeigen und oftmals erst nach Beendigung aller Prüfungshandlungen – wie der Erfahrungsbericht des damals Leitenden Regierungsdirektors der Regierung von Mittelfranken (PÜ Ansbach) Gerst verdeutlicht – weitere Eskalationsstufen erklommen werden: „Die bei der Prüfung entstandenen Kontroversen werden nicht offen ausgetragen, sondern nach der Prüfung und meist mit wachsender Schärfe. „Fallenstellen“ und die nicht angekündigte Einschaltung anderer Stellen verärgern und fördern das Prüfungsklima nicht.“427
Im Hinblick auf die anschließende schriftliche Berichterstattung im Prüfungswesen bietet sich im Übrigen die Beachtung des folgenden Appells von Hofmann an: „Die wichtigste Faustregel für die Schlußbesprechung lautet: ‚Nicht alles, was besprochen wird, braucht im schriftlichen Bericht zu erscheinen – aber nichts sollte in den Bericht aufgenommen werden, was nicht besprochen ist.‘“428
Im Rahmen der staatlichen Preis- und Kostenprüfung war das Instrument der Schlussbesprechung, an der neben dem Preisprüfer und dem Auftragnehmer auch der öffentliche Auftraggeber teilnehmen kann, obwohl in der VO PR 30/53 426 Vgl.
Bussmann (1972), S. 240; Hofmann (1977), S. 154 ff.; Ellinger (1978), S. 436 f.; Korndörfer/Peez (1989), S. 174 f.; Brösel/Freichel/Toll/Buchner (2015), S. 402 f. 427 Gerst (1981), S. 26. 428 Hofmann (1977), S. 155. Nach Ansicht des Verfassers dürfte im Hinblick auf Wirtschaftlichkeitsaspekte oftmals eine telefonische Schlussbesprechung ausreichend sein. Dies gilt insbesondere für Prüfungen, bei denen keine gravierenden Soll-Ist-Abweichungen festgestellt wurden.
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Prüfungstheoretischer Bezugsrahmen
nicht explizit vorgesehen, bereits sehr früh bekannt.429 Aus heutiger Sicht ist erfreulicherweise zu konstatieren, dass die Schlussbesprechung „zwischenzeitlich zur guten Übung“ geworden ist.430 In einem früheren Beitrag stellt dies auch bereits Altmann fest, allerdings merkt dieser überdies an, es sei bei Preisprüfungen die Regel, dass die finale Version des Preisprüfungsberichts sodann lediglich dem öffentlichen Auftraggeber aufgrund dessen behördlicher Sonderstellung übermittelt werde; der Auftragnehmer habe sich regelmäßig mit dem Berichtsentwurf, der als Grundlage der Schlussbesprechung diente, zu begnügen.431 Sollte dies heutzutage vereinzelt noch immer so gehandhabt werden, wäre dies ausdrücklich abzulehnen. Da wie bereits erwähnt erst die Übermittlung des finalen Preisprüfungsberichts das offizielle Ende der Prüfung indiziert und Klarheit bei den beteiligten Personen schafft, sieht der spätere MP-PS neben einer Schlussbesprechung eine Übermittlung des finalen Preisprüfungsberichtes an beide Vertragspartner vor. Im sich nun anschließenden Kapitel geht es darum, aufbauend auf den obigen prüfungstheoretischen Darstellungen zunächst mit der VO PR 30/53 die zentrale Prüfungsnorm für Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen näher zu beleuchten. Die Verordnung geht – wie weiter oben bereits hergeleitet – in den Prüfungsprozess vor allem dergestalt ein, dass sie für die Ermittlung von Ist- und Soll-Objekten wie auch bei der Generierung der prüferischen Beurteilung von entscheidender Bedeutung ist. Im Weiteren wird das Themenfeld des öffentlichen Auftragswesens weiter aufgespannt, indem wichtige vergabe- und preisbildungsbezogene Aspekte behandelt werden, die gleichermaßen für die Konkretisierung der vorgenannten Entscheidungsparameter (zunächst Ist-, dann Soll-Objekt, später Prüfungsurteil) als kritisches Hintergrundwissen sehr wesentlich sind. Gute Grundkenntnisse in diesem Bereich sind wichtig, um einen umfassenden und sachgerechten Eindruck über die sich tatsächlich bietenden Geschäftsvorfälle und Probleme gewinnen zu können.
429 Siehe
schon Ebisch/Gottschalk (1962), § 9, Rn. 9. Birgel (2010b), S. 20; siehe ferner Noelle/Rogmans (2002), S. 168; Michaelis/Rhösa/Pauka (1954 ff.), § 9, S. 17. 431 Vgl. Altmann (1960b), S. 528. Ähnliches klingt noch immer an bei Dierkes/Hamann (2009), S. 199. 430 So
4
Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
Inhaltsverzeichnis 4.1
4.2 4.3
4.4
Grundzüge des öffentlichen Preisrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.1 Wirtschaftspolitische Zielsetzung der VO PR 30/53 . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.2 Prüfung des Vorliegens einer Nicht-Bauleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marktpreisbildung auf dem Börsenmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.1 Nachweisführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.2 Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.3 Marktpreis-relevante Aspekte des Vergaberechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Marktpreisbildung auf dem allgemeinen Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.1 Abgrenzung des relevanten Marktes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.2 Belegprüfung zur Feststellung des verkehrsüblichen Preises . . . . . . . . . 4.4.3 Abgeleitete Marktpreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.4 Modifizierte Marktpreise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.5 Marktpreise als Output von Angebotskonfigurator-Systemen . . . . . . . . . 4.4.6 Marktpreisbildung bei spezifischen Preisen pro Ressourceneinheit . . . 4.4.7 Übergang vom Selbstkosten- zum Marktpreis und umgekehrt . . . . . . . .
4.1
Grundzüge des öffentlichen Preisrechts
4.1.1
Wirtschaftspolitische Zielsetzung der VO PR 30/53
129 129 138 143 147 147 163 166 274 274 292 314 320 322 335 339
„Die VO PR 30/53 beginnt mit einer Präambel, einem zeitweilig sehr beliebten, gelegentlich diskreditierten Mittel, den Normzweck zu beschreiben und damit
© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 J. Mengis, Entwicklung eines Marktpreis-Prüfungsstandards für öffentliche Aufträge, Schriften zu Wirtschaftsprüfung, Steuerlehre und Controlling, https://doi.org/10.1007/978-3-658-32044-7_4
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
eine Auslegungshilfe zu geben.“1 Die Präambel formuliert das Ziel, „marktwirtschaftliche Grundsätze auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens verstärkt durchzusetzen“. Ihren praktischen Niederschlag sollen diese „marktwirtschaftlichen Grundsätze“ wiederum, sofern die notwendigen Voraussetzungen erfüllt sind, unmittelbar in der Vereinbarung von Marktpreisen finden. Was aber ist konkret unter dem Begriff „marktwirtschaftlich“ zu verstehen? Hierauf liefert das öffentliche Preisrecht keine explizite Antwort. Abhilfe kann hier gleichwohl Basiswissen aus der allgemeinen Wirtschaftstheorie schaffen. Der Terminus „marktwirtschaftlich“ muss zunächst – ein anderslautendes Begriffsverständnis erschiene wenig plausibel – mit „dem Wirtschaftssystem der Marktwirtschaft entsprechend“ gleichgesetzt werden. Eine „Marktwirtschaft“ typischer Prägung zeichnet sich durch eine Reihe konstituierender Merkmale aus. Es handelt sich hierbei konkret um die folgenden:2 1. Die Wirtschaftssubjekte koordinieren ihre individuellen Strategien über Märkte, auf denen Wettbewerb herrscht. 2. Die Wirtschaftssubjekte verfügen über Privateigentum an den Produktionsmitteln. 3. Die Wirtschaftssubjekte treffen freie Entscheidungen hinsichtlich Investition, Konsum, Ersparnis, Arbeitsplatz usw. 4. Die individuellen Einkommen sind von der persönlichen Leistungsfähigkeit der einzelnen Akteure abhängig. 5. Der Staat beschränkt sein Handeln im Wesentlichen darauf, Kollektivbedürfnisse zu befriedigen. Nach Wilhelm Röpke – seines Zeichens einer der geistigen Väter der Marktwirtschaft – ist zum Einfluss des Staates konkretisierend anzuführen, dass es „einer umfassenden Politik bedarf, die das Feld der wirtschaftlichen Freiheit wie ein Spielfeld streng absteckt, ihre Bedingungen – sozusagen die Spielregeln – sorgfältig bestimmt und mit unparteiischer Strenge für die Respektierung dieses Rahmens der Marktwirtschaft (des Spielfeldes wie der Spielregeln) sorgt. … Der Staat soll sich auf die Rolle des Spielleiters und Schiedsrichters beschränken und hier volle Autorität genießen, aber er soll nicht gleichzeitig Fußball spielen“3 .
1 Henrichs (1968), S. 923; ähnlich zur Bedeutung der Präambel Anspach/Walitschek (1984), S. 68. 2 Vgl. Schüller (1993), S. 1414 f.; May (2008), S. 380. 3 Röpke (1950), S. 142.
4.1 Grundzüge des öffentlichen Preisrechts
131
In einem marktwirtschaftlichen Rahmen gelingt es weitestgehend, dass der einzelne Wirtschaftsteilnehmer bei dem Versuch, seinen persönlichen Gewinn bzw. Wohlstand zu maximieren wie durch eine „unsichtbare Hand“ gesteuert gleichzeitig dem Wohlergehen der Allgemeinheit dient; denn nur wenn es dem einzelnen Anbieter gelingt, die Bedürfnisse der anderen Marktteilnehmer zu befriedigen, sind diese bereit, hohe Marktpreise zu bezahlen, sodass es für ihn möglich wird, einen entsprechend hohen Gewinn zu erzielen.4 Die Güterproduktion richtet sich nach der Nachfrage, der Erfolg der Hersteller ist somit vom Wohlwollen der Konsumenten abhängig („Konsumentensouveränität“). Gelingt die Bedürfnisbefriedigung der Nachfrager besonders gut, fallen hierdurch besonders hohe Gewinne ab. Es profitiert zudem die Arbeitnehmerschaft, da in den am Markt erfolgreichen Unternehmen höhere Löhne und Gehälter möglich sind als in den erfolglosen und hier zudem sogar neue Stellen geschaffen werden können.5 In der auf Konkurrenz ausgelegten Ordnung entfaltet sich ein funktionsfähiges Preissystem, in dem die relative Verknappung der vorhandenen Güter der gegenüberliegenden Marktseite unverzerrt angezeigt wird, wodurch in der Regel eine leistungsgerechte Ressourcenallokation sowie Einkommensverteilung zustande kommt. Ein Preis stellt in diesem Zusammenhang nichts anderes als den in Geldeinheiten ausgedrückten Tauschwert für Güter und Dienstleistungen dar.6 Er ist – neben der Leistungsqualität, der Kundenfreundlichkeit oder auch der Werbung – die zentrale Determinante für das Bestehen im Wettbewerb.7 Der Wettbewerb ist das zentrale Merkmal der marktwirtschaftlichen Grundordnung; ohne ihn wäre die Marktwirtschaft als Leitbild nicht umsetzbar.8 Der zuvor schon zitierte Röpke konstatiert vor diesem Hintergrund: „Die Marktwirtschaft kann ohne den Wettbewerb nicht gedacht werden. … Der Wettbewerb – der in einer freien Wirtschaft überall gilt, wo einzelne unabhängig voneinander ihre Entschlüsse fassen und durchführen, der aber in der Regel allein als Wettbewerb der Anbietenden verstanden wird – ist in der Tat die Achse unserer Wirtschaftsordnung, um die sie sich dreht. … Der freie und echte Wettbewerb ist
4 Vgl.
grundlegend Smith (1776), hier insbesondere S. 399; zur „unsichtbaren Hand“ vgl. ferner Diller (1982), S. 64 sowie Albach (1983), S. 871. 5 Vgl. Gotthold (1975), S. 11. 6 Vgl. Röper (1960), Sp. 3914 f.; Schenk (2003), S. 794; Diller (2008), S. 30. 7 Vgl. Dörinkel (1960), S. 7. 8 Vgl. hierzu auch Fettel (1962), S. 16 ff.; Otto (1999), S. 42; Schenk (2003), S. 794 f.; Schaller (2011b), S. 301; Roth (2015), S. 210.
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
der Marktwirtschaft so wesentlich, daß wir sie eine Wettbewerbswirtschaft nennen können.“9
Den „marktwirtschaftlichen Grundsätzen“ mit ihrer „marktwirtschaftlichen Preisbildung“ muss also (nicht nur) im Kontext des öffentlichen Auftragswesens zwangsläufig „ein Leistungswettbewerb der anbietenden Industrie zugrunde liegen“10 . Werden Wettbewerb und freie Preisbildung jedoch – aus welchen Gründen auch immer – ausgeschaltet, „verliert das System somit zugleich sein zentrales Steuerungselement wie seine ideologische Rechtfertigung“11 . Infolgedessen wird klar, dass der Untersuchungsgegenstand des fairen und freien Wettbewerbs von zentraler Bedeutung für die vorliegende Arbeit ist. Wettbewerb bezeichnet „nach allgemeiner Auffassung das Streben von Unternehmen, bei Entscheidungen von Nachfragern über den Kauf von Gütern den Vorzug zu bekommen“12 . Der Wettbewerb ist für die Unternehmen zugleich „ein strenger Zuchtmeister“13 , denn er setzt bei den Unternehmen Anreize, ja zwingt diese geradezu zu einer kostengünstigen und schnellen Erstellung qualitativ hochwertiger Leistungen. Die leistungsstärksten und produktivsten Anbieter erwirtschaften in einer Marktwirtschaft demnach tendenziell die höheren Gewinne, während unproduktiv arbeitende Unternehmen ab einem gewissen Preisdruck davon bedroht werden, in die Verlustzone zu geraten und aus dem Markt auszuscheiden. Dies ist ein völlig normaler Vorgang, denn „Kommen und Gehen gehören zu den Lebenselementen des Wettbewerbs“14 , der daher von nicht wenigen Anbietern auch „als unangenehm und einschneidend empfunden wird“15 . An dieser dynamischen, zu Gewinn oder auch Verlust führenden Gemengelage will das Preisrecht auch gar nichts ändern, wie die Äußerungen bei Zeiger verdeutlichen mögen: „Es ist nicht Aufgabe des Preisrechts, Gewinne zu beeinflussen oder zu verhindern, sondern angemessene Preise zu gewährleisten. Wenn ein im ordnungsmäßigen
9 Röpke
(1965), S. 33. (1976), S. 64; ebenso Dierkes/Hamann (2009), S. 207. 11 So Gotthold (1975), S. 7 bzw. 121. 12 Bauer (1989), S. 37. 13 So Albach (1993), S. 47. 14 Vgl. Diller (1982), S. 64 f. 15 So Zeiger (1957), S. 402. 10 Felderbauer
4.1 Grundzüge des öffentlichen Preisrechts
133
Wettbewerbsverfahren zustande gekommener Preis seine marktwirtschaftliche Ausgleichsfunktion erfüllt, so ist es unerheblich, welcher Betriebserfolg sich für den Auftragnehmer ergibt.“16
In Anbetracht der Drucksituation im Markt ist die Sorge über eine unangemessene und verschwenderische Kostenaufblähung durch die Anbieter beim Vorliegen von Marktpreisen unbegründet, da die Präsenz weiterer Marktteilnehmer einen wechselseitigen Anpassungs- und Kostensenkungsanreiz bewirkt.17 In einer Marktwirtschaft geht der Absatz zurück, wenn das Unternehmen seinen Preis erhöhen oder die Qualität seiner Leistung senken würde, weil die Nachfrage beweglich ist und zu Konkurrenzanbietern umschwenken würde.18 Nach Herdzina ist der Wettbewerb deshalb auch als „Voraussetzung für das Funktionieren des Preismechanismus in der Marktwirtschaft“19 zu sehen. Diesen Effekt will der Verordnungsgeber im Preisrecht augenscheinlich nutzbar machen, indem der angemessene Marktpreis als Soll-Preis zugrunde gelegt wird und in Fällen einer Funktionsunfähigkeit des Marktes „eine willkürliche Preisbestimmung“ über die sodann verpflichtenden Preisbildungsregeln der LSP umschifft werden soll.20 Die Notwendigkeit, diese Zielvorschrift im Wege einer hoheitlichen Rechtsverordnung und somit einem – dem marktwirtschaftlichen Leitbild eigentlich zuwiderlaufenden21 – Eingriff in die freie Preisbildung zu verfolgen, liegt in der beschränkten Rationalität der öffentlichen Hand bei ihrem Auftritt am Beschaffungsmarkt begründet, welche sich regelmäßig aufgrund der nachfolgend beschriebenen Phänomene in einer schwachen Preiselastizität der Nachfrage22 manifestiert: – Der öffentliche Auftraggeber unterliegt bei seinen geschäftlichen Tätigkeiten keinen existenziellen finanziellen Risiken, da selbst bei grober Misswirtschaft und Überschuldung eine formalrechtliche Insolvenz in der BRD nicht möglich ist. Das Bewusstsein, dass auch bei grober haushälterischer Schieflage weitere 16 Zeiger
(1957), S. 410. Dierkes/Hamann (2009), S. 235; Brüning (2016), S. 1352. 18 Vgl. Knöpfle (1990), S. 1385. 19 Herdzina (1999), S. 18. 20 So Hohmann (1953), S. 193; ähnlich auch Mitzlaff (1976), S. 51. 21 So auch Dörr/Hoffjan (2015), S. 10. 22 Bei Gütern mit einer geringen Preiselastizität der Nachfrage bewirkt eine große Preisveränderung nur eine kleine Nachfrageveränderung, wodurch auf die Dringlichkeit der Güter geschlossen werden kann, welche daher auch als Güter des Zwangsbedarfs bezeichnet werden. Vgl. Lachmann (1997), S. 78. 17 Vgl.
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
Bankkredite vergeben werden oder eine hierarchisch höhere Gebietskörperschaft finanzielle Hilfe in Aussicht stellen wird, um die Liquidität zu sichern, hemmt zuweilen die nötige Disziplin bei der Verausgabung von Finanzmitteln für Lieferungen und Dienstleistungen.23 Dies äußert sich mitunter auch darin, dass die drohenden Auswirkungen eines nicht voll aufgebrauchten Etats auf die künftige Mittelgewährung bei der öffentlichen Hand zu der Beschaffung eigentlich nicht mehr zwingend benötigter Leistungen gegen Ende des Haushaltsjahres führt, um das Folgebudget der Höhe nach nicht zu gefährden.24 In diesen Situationen dürften überhöhte Preisforderungen der Anbieter bereitwilliger akzeptiert werden als unterjährig. – Ferner agieren öffentliche Auftraggeber anders als private Nachfrager nicht getrieben von ökonomischem Eigeninteresse und Erfolgsstreben, sondern vielmehr als Sachverwalter der allgemeinen Daseinsvorsorge, wodurch zumindest gewisse Fehlanreize mit der Folge von Ineffizienzen in der Mittelverwendung nicht auszuschließen sind.25 Unter Daseinsvorsorge können mannigfache Dienste zugunsten der Allgemeinheit wie bspw. „Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, öffentliche Fürsorge, vorsorgende, lenkende und fördernde Maßnahmen gegenüber der Privatwirtschaft, kulturelle Vorsorge durch Schulen usf., Versorgung der Angehörigen des öffentlichen Dienstes und der Kriegsopfer“ verstanden werden.26 – Fließend geht vorgenannter Aspekt zudem in den Umstand über, dass die ökonomischen Freiheitsgrade im Management der staatlichen Verwaltungsstellen grundsätzlich limitiert sind, weil strukturpolitische und gesellschaftliche Ziele zu Lasten einer vorwiegend kostengünstigen Beschaffung in der Vordergrund rücken und sich hierbei oftmals ein Zwangsbedarf , also eine von hohen Abhängigkeitsverhältnissen geprägte Situation einstellt, in der eine bestimmte Leistung in einer bestimmten Form zu einem fest vorgegebenen Zeitpunkt
23 Vgl.
Walthelm (1979), S. 30; Blankart (2006), S. 42; Blankart/Fasten/Klaiber (2006), S. 570 f. Somit ergibt sich auch die Situation, dass aus Sicht der Auftragnehmer bei öffentlichen Aufträgen „das Risiko eines Forderungsausfalls im Prinzip gleich null“ ist, so Birgel (1994), S. 23. 24 So bereits Bös (1968), S. 209 f. 25 So erstmalig Flottmann (1943), S. 167; sodann auch Daub/Tomasczewski (1959), S. 505; Gandenberger (1961), S. 58 f.; Kailing (1970), S. 38; Spiekermann (1977), S. 31; Walthelm (1979), S. 28 ff.; Hochbaum (1991), S. 150; Robl (1995), Sp. 76; Michaelis/Rhösa/Pauka (1954 ff.), Einführung, S. 2 und Basedow (2008), S. 62. 26 Badura (1966), S. 629.
4.1 Grundzüge des öffentlichen Preisrechts
135
zwingend angeschafft werden „muss“.27 Die öffentliche Wirtschaft ist im Vergleich zu privatwirtschaftlichen Akteuren in einer geschwächten Position, da sie im Zweifel einzelne Beschaffungsvorhaben nicht aufschieben oder auf andersartige Lösungen ausweichen kann.28 Faktisch existiert somit zum Teil – im wahrsten Sinne des Wortes – ein Kontrahierungszwang „um jeden Preis“29 . Die öffentlich-rechtliche Sphäre der Volkswirtschaft lässt sich daher nach Ordelheide tendenziell auch als „Nicht-Marktwirtschaft“ bezeichnen.30 Die vorgenannten Effekte sind als Auslöser für Fälle von Marktversagen interpretierbar, also „Fälle, in denen der Markt nicht zur optimalen Allokation führt, d. h. der Preismechanismus versagt. Wird Marktversagen erkannt, dann ist der Staat gefordert.“31 Der Rückgriff auf Selbstkostenpreise als hoheitlicher Eingriff in die freie Preisbildung ist also wirtschaftspolitisch gerechtfertigt, jedoch soll er – nicht zuletzt aufgrund der zu Anfang dieser Arbeit bereits umrissenen Nachteile dieser Art der Preisbildung – explizit mit Bedacht und lediglich als Ausnahmelösung erfolgen. Der Vorrang marktwirtschaftlicher Preisbildung bringt es mit sich, dass soweit wie immer möglich Preise herangezogen werden müssem, die im funktionierenden Wettbewerb frei zustande gekommen sind.32 Welter prägt vor diesem Hintergrund für den Selbstkostenpreis den abwertenden Begriff der „Preisprothese“33 . Sich eines solchen – um ein anderes Bild zu verwenden – „Behelfspreises“34 zu bedienen, ist mitunter gleichwohl vertretbar, weil dies im Vergleich zum dann verzerrten, vermeintlichen Marktpreis als das geringere Übel angesehen 27 Vgl.
Daub/Tomasczewski (1959), S. 504 f.; Welter (1960), S. 25; Kailing (1970), S. 41 ff.; Müller (1970), S. 19 ff.; Machenheimer (1972), S. 79 f.; Walthelm (1979), S. 31 ff.; Michaelis/Rhösa/Pauka (1954 ff.), Einführung, S. 2; Möllhoff (1985), S. 174; Busse von Colbe/Hammann/Laßmann (1992), S. 54; Basedow (2008), S. 62; ein unzureichendes Kostenbewusstsein der öffentlichen Hand konstatiert ebenso Laux (1998), S. 75 ff., jedoch sieht dieser strittigerweise gerade im „Einkauf von Waren“ ein Feld, bei dem eigentlich keine nennenswerten Unterschiede zu privatwirtschaftlichen Organisationen bestünden („systemneutraler Funktionsbereich“). Dieser Sichtweise kann aus den angeführten Gründen nicht gefolgt werden. 28 Vgl. Daub/Tomasczewski (1959), S. 505; Gläser (1979), S. 6 bzw. 40. 29 Hohmann (1953), S. 194. 30 Siehe hierzu das Geleitwort von Ordelheide zu Wachendorff (1985). 31 Teichmann (1993), S. 1414. 32 So Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller (2020), § 4, Rn. 4. 33 Vgl. Welter (1960), S. 239. 34 Dieser Begriff wird verwendet bei Birgel (1994), S. 108 und Birgel (2010a), S. 13.
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
werden kann.35 Der Kostenpreis ist nämlich dann der Preis, der dem hypothetischen unverzerrten Marktpreis noch am nächsten kommt.36 In einem solchen Falle stellen mithin die Kosten den einzigen verbleibenden Beurteilungsmaßstab zur angemessenen Bewertung der nachgefragten Leistung dar.37 Dass Selbstkostenpreise im öffentlichen Auftragswesen ihren Platz haben, lässt sich zudem damit begründen, dass die BRD keine urtypische, sondern eine soziale Marktwirtschaft ist. Das Leitbild der sozialen Marktwirtschaft besteht in einem zwar wettbewerblich geprägten, jedoch um gesellschafts- und sozialpolitische Korrekturen ergänzten Wirtschaftssystem, das in eine ganzheitliche gemeinsame Lebensweise eingebettet ist. Nach Müller-Armack gilt nämlich, dass eine reine Wettbewerbswirtschaft nicht garantieren könne, „… die Gesellschaft als Ganzes zu integrieren, gemeinsame Haltungen und Gesinnungen, gemeinsame Wertnormen zu setzen, ohne die eine Gesellschaft nicht zu existieren vermag“38 . Einem Gedanken von Grochla folgend, lässt sich für das Preisrecht sodann festhalten, dass es sich durchaus um eine „soziale Maßnahme“ handelt, „wenn die Bundesregierung, als Vertretung des öffentlichen Interesses, darum besorgt ist, die Mittel des Steuerzahlers wirtschaftlich einzusetzen“39 . Mit einem marktwirtschaftlichen System in Reinform wäre eine streng an den Selbstkosten ausgerichtete Preisbildung indessen nicht überein zu bringen, wie Riebel klarstellt: „Nach dem Schema ‚Selbstkosten plus angemessener Gewinnzuschlag‘ ermittelte Preise – und was heißt schon in diesem Falle ‚angemessen‘? – sind nur in einer dirigistischen Wirtschaft und bei Anwendung von Zwangsmaßnahmen gegenüber Anbietern und Nachfragern durchsetzbar. Mit dem Prinzip der Marktwirtschaft sind sie nicht zu vereinen. Denn in einer Marktwirtschaft werden die Preise grundsätzlich nicht von den Kosten bestimmt, vielmehr bilden sich die Preise im Markt auf Grund des Verhältnisses von Angebot und Nachfrage.“40
Die verpflichtende Rangfolge der Preistypen hat in der aufgrund ihrer Einprägsamkeit inzwischen vielzitierten und in Abbildung 4.1 nochmals dargestellten „Preistreppe“ ihren Niederschlag gefunden. 35 Vgl.
Machenheimer (1972), S. 68. Diederich (1961), S. 44. 37 Vgl. Brüning (2016), S. 1351; Michaelis/Rhösa/Pauka (1954 ff.), § 5, S. 4. 38 Müller-Armack (1966), S. 235. 39 So Grochla (1954), S. 14 zur Rechtfertigung von ausnahmsweise nach den LSP gebildeten Preisen. 40 Riebel (1964), S. 550; ähnlich auch Grochla (1954), S. 13; Fettel (1962), S. 15; Woitschach (1963), S. 1; Gotthold (1975), S. 9; Hübner (1990), S. 589. 36 Vgl.
4.1 Grundzüge des öffentlichen Preisrechts
137
Abb. 4.1 Die „Preistreppe“ im öffentlichen Preisrecht. (Eigene Darstellung in Anlehnung an Berndt (1983), S. 13; Däumler/Grabe (1984), S. 18; Berndt (1988), S. 35; Franz (1991), S. 832; Müller (1993), S. 23; Birgel (1994), S. 111; Coenenberg (2003), S. 118; Dierkes/Hamann (2009), S. 202; Birgel (2010a), S. 14; Michaelis/Rhösa/Pauka (1954 ff.), Einführung, S. 12.)
Die Preistreppe fungiert als geschlossenes Preissystem und induziert, dass vor jeder einzelnen Auftragsvergabe die Frage nach dem jeweils richtigen Preistyp zu stellen ist.41 Die Grundregel lautet, dass ein in der Preistreppe tiefer liegender Preistyp nur dann vereinbart werden darf, wenn die vorhergehenden Typen nicht 41 Vgl.
Brüning (2012), S. 643.
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
nachgewiesen werden können.42 Bevor eine dezidierte Analyse des Marktpreises nach § 4 VO PR 30/53 und seiner verschiedenen möglichen Ausprägungen erfolgt, muss zuvor allerdings der Umstand, dass das Preisrecht, wie bereits angemerkt, laut § 2 (5) VO PR 30/53 im Bereich der Bauleistungen keine Gültigkeit besitzt, angemessen aufgearbeitet werden. Diese Einschränkung des Geltungsbereiches stellt einen notwendigen Basistatbestand eines jeden öffentlichen Auftrags und einer jeden Preisprüfung dar. Eine Nichtbeachtung oder eine Fehldeutung hätte stets gravierende Folgen in Gestalt von nicht justiziablen Preisvereinbarungen bzw. Preisprüfungsverfahren.
4.1.2
Prüfung des Vorliegens einer Nicht-Bauleistung
Die Klärung der Frage, ob womöglich eine Bauleistung den Gegenstand eines öffentlichen Auftrags darstellt, kann sich „im Einzelfall schwierig“ darstellen.43 Zum Einstieg sollte hierfür auch heute noch der wichtige § 3 der inzwischen aufgehobenen Baupreisverordnung 1/72 in den Blick genommen werden, da durch „diese Regelung eine Abgrenzung zwischen den Anwendungsbereichen der Verordnung PR Nr. 30/53 und der Verordnung PR Nr. 1/72 geschaffen worden“44 war. Dort hieß bzw. heißt es: „§ 3 Bauleistungen, sachlicher Anwendungsbereich (1) Bauleistungen im Sinne dieser Verordnung sind alle Bauarbeiten, soweit sie mit oder ohne Lieferung von Stoffen und Bauteilen der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung baulicher Anlagen dienen. (2) Diese Verordnung ist auf die Montagearbeiten einschließlich der Installationsarbeiten der Elektroindustrie und des Maschinenbaues nicht anzuwenden.“
„Bauleistungen sind sämtliche bauhandwerkliche Arbeiten, die unmittelbar auf eine bauliche Anlage bezogen sind.“45 Bauliche Anlagen wiederum – als explizit genannter Bezugspunkt der in Frage kommenden Arbeiten – stellen gemeinhin fest mit dem Erdreich verbundene, aus Baustoffen oder Bauteilen errichtete 42 Vgl.
Altmann (1960c), S. 30. Birgel (1994), S. 27; ähnlich bereits Strub (1958), S. 85. 44 So Michaelis/Rhösa/Pauka (1954 ff.), § 2, S. 1 f.; siehe hierzu gleichsam die Einlassungen bei Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller (2020), § 2, Rn. 84. 45 Michaelis/Rhösa/Pauka (1954 ff.), § 2, S. 2. 43 So
4.1 Grundzüge des öffentlichen Preisrechts
139
Gebilde dar. Die feste Verbindung mit dem Boden gilt dann als gegeben, wenn „die Anlage durch eigene Schwere auf dem Boden ruht oder auf ortsfesten Bahnen begrenzt beweglich ist, oder wenn die Anlage nach ihrem Verwendungszweck dazu bestimmt ist, überwiegend ortsfest benutzt zu werden“46 . Sie müssen ferner „zumindest auf eine gewisse Dauer hin geschaffen“47 worden sein. Es muss sich hierbei keineswegs immer um ein Gebäude handeln.48 Eisolt liefert – wenn auch in anderem rechtlichen Kontext – eine Liste mit typischen Beispielen für Bau- und Nicht-Bauleistungen, welche zur Erlangung eines ersten Gespürs für die nötige Unterscheidung hilfreich sein kann: „Bauleistungen sind zum Beispiel: Herstellung einer festen Verbindung von EDVoder Telefonanlagen mit einem Bauwerk; Anschluss von Beleuchtungssystemen (…); Aufbau großer Maschinenanlagen; Aufbringen von so genannten Weißmarkierungen, Aufstellen von Verkehrszeichen und -einrichtungen, die im öffentlichen Verkehrsraum verbleiben. Keine Bauleistung liegt vor, wenn ein gelieferter Gegenstand ohne größeren Aufwand mit dem Bauwerk verbunden oder von ihm getrennt werden kann. Keine Bauleistungen sind ferner: Zur-Verfügung-Stellung von Betonpumpen ohne Personal; Anlieferung von Beton ohne eigene Weiterverarbeitung; Vermietung von Kranen auch mit Personal, wenn diese nach fremder Weisung arbeiten; Anlage von Gärten und Wegen; Anschütten von Hügeln und Böschungen, Ausheben von Gräben und Mulden zur Landschaftsgestaltung; Arbeitnehmerüberlassungen; Reparatur- und Wartungsarbeiten an Bauwerken bis zu einer Bagatellgrenze von netto 500 Euro; Lieferung und Befestigung einer Maschine auf bestehendem Fundament; Lieferung von EDV/Telefonanlagen-Endgeräten; Aufhängen und Anschluss von Beleuchtungen und Elektrogeräten; Verkehrssicherungsleistungen; Luftdurchlässigkeitsmessungen an Gebäuden.“49
Bauleistungen müssen nicht zwingend bis zur Fertigstellung des Bauwerks erbracht werden; auch Teilleistungen wie etwa die Herstellung einzelner Bauteile ist eine Bauleistung, wenn die Teile wesentlich sind für die Funktionstüchtigkeit der baulichen Anlage als Ganzes. Demnach sind auch Heizungsanlagen, Aufzüge und sonstige Förderanlagen sowie Stromerzeugungsanlagen und -installationen zu den Bauleistungen zu rechnen.50 Letztere allerdings nur dann, wenn es sich 46 Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller
(2020), Anhang 16, Rn. 19. (1954 ff.), § 2, S. 2. 48 So Eisolt (2005), S. 321 wie auch Meincke (2014) unter www.vergabeblog.de vom 29.06.2014, Nr. 19442. 49 Eisolt (2005), S. 321. 50 Michaelis/Rhösa/Pauka (1954 ff.), § 2, S. 3. 47 Michaelis/Rhösa/Pauka
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
bspw. nicht um vorgefertigte Photovoltaikanlagen auf Gebäudedächern handelt, die lediglich montiert werden müssen und nicht eigens an das Dach angepasst wurden.51 Ferner kann auch eine EDV-Anlage zu den Bauleistungen zu zählen sein, wenn sie zur Vollständigkeit und ordnungsgemäßen Nutzbarkeit einer baulichen Anlage benötigt wird und „nicht ohne Beeinträchtigung dieser Funktion abgetrennt werden kann“52 . Die zentrale Faustregel zur Abgrenzung von Bau- und Nicht-Bauleistungen besteht darin, dass „alles, was mit dem Bauwerk so fest verbunden wird, dass es für sich allein nicht mehr weiterverwendet werden kann, als Bauleistung anzusehen“53 ist. Es liegt hiermit eine durchaus weite Auslegung vor, die mitunter zu kontraintuitiven Ergebnissen führen kann. So betrachtet die Vergabekammer des Bundes auch die Lieferung und Montage der für eine neue bauliche Anlage notwendigen maschinellen und elektrotechnischen Anlagen(teile), wie auch den ergänzenden Einbau dieser Geräte in bereits bestehende Gebäude als Bauleistungen.54 Erst dann, wenn das Gebäude auch ohne die vorgenannten Aggregate zweckgerecht genutzt werden kann – die technischen Aggregate also bloß in dem Gebäude lose untergebracht sind – kann nicht mehr von Bauleistungen die Rede sein.55 Auch aufgrund der Tatsache, dass § 3 (1) VO PR 1/72 nicht etwa nur von Herstellung, Instandsetzung, Änderung oder Beseitigung, sondern auch von der bloßen Instandhaltung eines Bauwerkes spricht, muss der Nicht-Anwendungsbereich der VO PR 30/53 offenbar auch auf lediglich wartende oder inspizierende Dienstleistungen – also Leistungen, die nur von einer eher geringen Intensität des Substanzeingriffes gekennzeichnet sind – ausgeweitet werden. Wenngleich ein solch weites Verständnis des Bauleistungsbegriffs der herrschenden Meinung entspricht, darf der Aspekt des stationären Charakters der Vertragsleistung hinsichtlich der Immobilie (Gebäude, Grundstück) gleichwohl nicht überstrapaziert werden. So wurden mitunter sogar „laufende Unterhaltungsmaßnahmen wie Rasenschneidearbeiten in einer Sportanlage als Arbeit an einem Grundstück und damit als Bauleistung deklariert. Wäre das richtig, so müsste auch jede Gebäudereinigung, die Jahre nach Fertigstellung des Gebäudes vergeben wird, als Bauleistung ausgeschrieben werden, weil sie dessen Erhaltung dient“56 . 51 Vgl.
hierzu BFH, 02.07.2014 – XI S 8/14. (1999), S. 479. 53 Noch (2008), S. 332. 54 Vgl. VK Bund, 02.05.2003 – VK 1-25/03. 55 So auch Noch (2008), S. 333. 56 Siehe hierzu Noch (2008), S. 332, Fn. 1423. 52 Schabel
4.1 Grundzüge des öffentlichen Preisrechts
141
Ebenso wenig rechnen etwa „reine Lieferaufträge über Baustoffe oder Bauteile“ zum hier diskutierten Kreis der Bauleistungen, weil „sie keine Bauarbeiten im Sinne von Abs. 1“57 der Baupreisverordnung darstellen. Bezogen auf das sehr praxisrelevante Beispiel von Aufträgen über ContainerWohnanlagen für Asylbewerber wäre analog festzustellen, dass es sich ebenfalls um eine unter die VO PR 30/53 fallende Nicht-Bauleistung handelte, wenn die Container lediglich angeliefert würden. Sofern aber neben der Lieferung auch die feste Verankerung im oder am Boden und der Anschluss an das (Ab-)Wasser- und Stromnetz erfolgt, sollte von einer Bauleistung gesprochen werden. Wenn Bauleistungen und Nicht-Bauleistungen in einem Leistungsverzeichnis sowie hinsichtlich des Endpreises separat behandelt werden, ist eine differenzierte Betrachtung geboten und nur bei den nachweislich vorliegenden Nicht-Bauleistungen darf die VO PR 30/53 herangezogen werden. Falls aber Bauleistungen und Nicht-Bauleistungen nicht als getrennte und mit separaten Angebotsendpreisen ausgezeichnete Positionen vorliegen, so muss die sog. Kernbzw. Schwerpunkttheorie zugrunde gelegt und der Frage nachgegangen werden, ob die Gesamtleistung im Kern bzw. schwerpunktmäßig eher eine Bau- oder aber eine Nicht-Bauleistung darstellt. Hierbei fungiert nicht etwa der Wert der einzelnen Teilleistungen als wesentliches Beurteilungskriterium, sondern vielmehr die geschuldete Leistung als solche.58 Bei der kommunalen Abfallbeseitigung etwa kann die Errichtung eines Bauwerks (neue Müllverbrennungsanlage) Teil des Auftrags sein, die sich hieran anschließende Dienstleistung (jahre- oder gar jahrzehntelange Verbrennung der angedienten Abfallmengen) jedoch das Hauptmerkmal der Vertragsleistung darstellen, sodass es sich insgesamt um eine Nicht-Bauleistung handelt.59 Gleiches gülte bspw. auch für die Neuerrichtung eines Raumfahrttestzentrums auf „der grünen Wiese“, wenn in selbigem laut Vertrag über viele Jahre hinweg als charakteristisches Dienstleistungselement industrielle Werkstoffe und Komponenten auf ihre Weltraum-Tauglichkeit untersucht werden sollen. Mit Blick auf die Preisprüfung muss letztlich also – je nach Einzelfall – der prüfungstheoretische Wesentlichkeitsgrundsatz herangezogen werden und der Nachweis gelingen, dass der Bauleistungsanteil unterhalb der auf Basis des 57 So
Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller (2020), Anhang 16, Rn. 10; ähnlich auch Birgel (1994), S. 27. 58 Vgl. hierzu Kulartz/Niebuhr (2000), S. 9; Noch (2008), S. 330 f.; Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller (2020), Anhang 16, Rn. 23 ff.; a.A. sind scheinbar Michaelis/Rhösa/Pauka (1954 ff.), § 2, S. 5. 59 Vgl. m.w.N. Dierkes/Hamann (2009), S. 158.
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
pflichtgemäßen Ermessens des Prüfers gezogenen Wesentlichkeitsgrenze zu verorten ist. Anderenfalls wäre die Preisprüfung mangels Einschlägigkeit der VO PR 30/53 als zentraler Norm an dieser Stelle abzubrechen. In diesem Zusammenhang ist gleichwohl auch stets der zweite Absatz des oben wiedergegebenen § 3 VO PR 1/72 zu berücksichtigen. Mit ihm „wurden die an sich unter die Bauleistungen fallenden Montagearbeiten der Elektroindustrie und des Maschinenbaus aus dem Anwendungsbereich der VO PR Nr. 1/72 herausgenommen. Auf sie findet infolgedessen die VO PR Nr. 30/53 Anwendung.“60 Hintergrund dieser Ausnahmeregelung ist, dass der Schwerpunkt des Arbeitsbereichs der industriellen Elektro- und sämtlicher Maschinenbauarbeiten vom Verordnungsgeber eher im Bereich des Werkstättenbetriebs gesehen wird als im Bereich von Baustellen.61 Unter Montagearbeiten ist in diesem Zusammenhang der Zusammenbau eines Gerätes auf einer Baustelle durch ein Unternehmen der Elektroindustrie oder des Maschinenbaus zu verstehen, sofern der Zusammenbau – mit Ausnahme der Befestigung am dafür vorgesehenen Ort – auch andernorts durchgeführt werden könnte.62 Ferner fallen die im Zusammenhang mit der Montage anfallenden Installationsarbeiten unter die Ausnahme des § 3 (2) VO PR 1/72. Hierunter fallen das Verlegen von Ver- und Entsorgungsleitungen und der Anschluss eines Aggregats zur Funktionsfähigkeit.63 Wie schwierig sich vor dem Hintergrund des § 3 (2) faktisch eine objektive Abgrenzung darstellt, möge folgendes Zitat von Ebisch/ Gottschalk/Hoffjan/Müller deutlich machen: „Beispielsweise sind das Verlegen der elektrischen Leitungen für einen Aufzug und der Anschluß des Aufzugs durch eine Aufzugsbaufirma als mit der Montage zusammenhängende Installationsarbeiten des Maschinenbaues anzusehen und deshalb unter die Ausnahme des Abs. 2 fallend. Anders ist es beim Verlegen von Lichtleitungen durch die Installationsabteilung eines Unternehmens der Elektroindustrie; da diese Installationsarbeiten nicht mit Montagearbeiten zusammenhängen, sind sie, obwohl von der Elektroindustrie ausgeführt, von der Ausnahme des Abs. 2 nicht erfaßt.“64
Zu allem Überfluss tritt noch die Nebenbedingung hinzu, dass die Sonderregelung des § 3 (2) nur dann einschlägig ist, wenn die Arbeiten von Unternehmen 60 Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller
(2020), Anhang 16, Rn. 29.
61 Vgl. Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller (2020), Anhang 16, Rn. 29; Michaelis/Rhösa/Pauka
(1954ff.),§2,S.5. Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller (2020), Anhang 16, Rn. 30. 63 Vgl. Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller (2020), Anhang 16, Rn. 32. 64 Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller (2020), Anhang 16, Rn. 34. 62 Vgl.
4.2 Marktpreisbildung auf dem Börsenmarkt
143
der Elektroindustrie und des Maschinenbaus ausgeführt werden, wobei für die Elektroindustrie gelten soll, dass nur die Tätigkeiten industrieller Betriebe erfasst werden, während für den Maschinenbau die Tätigkeiten industrieller sowie handwerklicher Betriebe dazuzählen sollen. In Zweifelsfällen sei der Vorgang „danach zu beurteilen, ob das Rechnungswesen industriell oder bauhandwerklich ausgerichtet ist“65 . Nach Ansicht des Verfassers hätte das Bestreben, die ohnehin schwierige – aber in vielen Fällen sicherlich mittels plausibler Argumentation leistbare – Abgrenzung der nicht unter die VO PR 30/53 fallenden Leistungen auch noch unter angemessener Berücksichtigung der vorgenannten Ausnahmen mit einem zufriedenstellenden Maß an Sicherheit und Genauigkeit eigenständig zu vollziehen, in aller Regel keinen Zweck. Für den Preisprüfer ergibt sich daher in Grenzfällen das Problem, dass er sich – wenn er sich für das Aufgreifen des Prüfungsersuchens entschieden hat – nicht sicher sein kann, dass sein Prüfungsbericht später (bspw. vor Gericht, nachdem der Auftraggeber auf Rückzahlung eines festgestellten Mehrerlöses geklagt hat) infolge einer abweichenden Leistungstypisierung für gegenstandslos erklärt wird. Ohne die Einholung einer zweiten Meinung zu dem jeweiligen Vorgang bei einem sachverständigen Dritten wird sich in diesen Fällen regelmäßig kein vertrauenswürdiges Urteil über die Einschlägigkeit der VO PR 30/53 fällen lassen. Insofern ist erst dann mit der Prüfung beginnen, wenn alle Zweifel belastbar ausgeräumt werden konnten.
4.2
Marktpreisbildung auf dem Börsenmarkt
Gleich zu Beginn stellt § 1 (1) VO PR 30/53 klar, dass „Marktpreise“ in § 4 derselben Verordnung adressiert und näher umrissen werden. In § 4 (1) heißt es sodann jedoch (lediglich): „Für marktgängige Leistungen dürfen die im Verkehr üblichen preisrechtlich zulässigen Preise nicht überschritten werden.“
Dieser kurze Passus ist offenkundig abstrakt gehalten und bietet Spielraum für Interpretationen, da er mit marktgängigen Leistungen und verkehrsüblichen Preisen gleich zwei unbestimmte Rechtsbegriffe gleichzeitig anführt.66 Einen Beitrag zu einem geschärften Verständnis des preisrechtlichen Marktpreis-Begriffs kann allerdings ein Blick in andere offizielle Verlautbarungen des Verordnungsgebers 65 Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller 66 Dies
(2020), Anhang 16, Rn. 36. wird gleichsam betont bei Dierkes/Hamann (2009), S. 206.
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
liefern, namentlich die ergänzend erlassenen „Durchführungsbestimmungen zur VO PR Nr. 30/53“67 . Diese stellen, da direkt aus der Feder des Verordnungsgebers stammend, neben der Verordnung selbst eine Informationsquelle von besonderer Wichtigkeit dar.68 Was mit „Marktgängigkeit der Leistung“ gemeint ist, kann aus den offiziellen „Richtlinien für öffentliche Auftraggeber zur Anwendung der VO PR Nr. 30/53“ bezüglich § 4 abgeleitet werden: „Marktgängige Leistungen sind Leistungen, die allgemein im wirtschaftlichen Verkehr hergestellt und gehandelt werden. Hierbei ist Voraussetzung, daß ein Markt mit wettbewerblicher Preisbildung besteht, d. h. die Leistungen von mehreren unabhängig im Wettbewerb stehenden Unternehmen angeboten werden.“
Diese Passage unterstreicht das oben bereits skizzierte Wettbewerbsmerkmal. Die nachgefragte Leistung soll offenbar in einer gewissen Breite verfügbar sein. Leistungen sind also dann „marktgängig“, wenn für sie ein Markt mit wettbewerblicher Preisbildung existiert.69 Der Wettbewerb zwischen den Anbietern und somit „das tatsächliche Vorliegen von Angebotsalternativen für den öffentlichen Auftraggeber“70 stellt folglich eine notwendige Bedingung für einen jeden Marktpreis nach § 4 VO PR 30/53 dar. Dass eine Sach- oder Dienstleistung von mehreren Unternehmen unabhängig angeboten werden muss, bedeutet natürlich nicht, dass exakt die gleiche Leistung 67 Vollständig
abgedruckt bspw. bei Müller (1993); Noelle/Rogmans (2002); Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller (2020) und Michaelis/Rhösa/Pauka (1954 ff.). 68 Die ergänzend erlassenen Durchführungsbestimmungen sind „offizielle Verlautbarungen zweier Bundesminister“, so Greiffenhagen (2016), S. 4; sie sind zwar nicht geltendes Recht, sondern lediglich als singuläre Rechtsauffassung des Regulators zu verstehen, gleichwohl handelt es sich um wichtige Anhaltspunkte für die Akteure, woraus sich ihre Bedeutung ergibt, vgl. Machenheimer (1972), S. 16, Fn. 8; sie sind „an alle Beteiligten des öffentlichen Auftrags gerichtet – und somit auch an die Preisbehörden“, so Altmann (1968), S. 1526. Eine nicht allzu hohe Bedeutung soll den offiziellen Durchführungsbestimmungen indessen nach Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller (2020), Einleitung, Rn. 21 beigemessen werden, weil sie die historische Ansicht des Verordnungsgebers widerspiegeln und „deshalb … nicht unbesehen für die Auslegung übernommen werden“ können. 69 So auch Ebisch/Gottschalk (1962), § 4, Rn. 2; Franz (1991), S. 832; Dierkes/Hamann (2009), S. 196; Michaelis/Rhösa/Pauka (1954 ff.), § 4, S. 5. 70 So Dörr (2016), S. 61. Auch bereits in der Erstauflage der führenden preisrechtlichen Kommentierung heißt es hierzu, „die Einwirkung des Wettbewerbs“ sei eine „unerlässliche Vorbedingung“ für den Marktpreis, so Ebisch/Gottschalk (1962), § 1, Rn. 1; gleichsam auch Gottschalk (1959), S. 32; Müller (1993), S. 31 f.; Horstkotte/Hünemörder (2016), S. 16; auch Brüning (2012), S. 642, konstatiert, dass „der Vorrang der Marktpreise gebietet, dass sich Preise möglichst im funktionierenden Wettbewerb bilden sollen“.
4.2 Marktpreisbildung auf dem Börsenmarkt
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von mehreren Anbietern gleichzeitig angeboten wird. Eine solche Konstellation existiert in der Praxis nicht oder zumindest nur in sehr seltenen Grenzfällen. Es geht vielmehr darum, dass „auch ähnliche Leistungen, die für den Nachfrager innerhalb bestimmter Grenzen als Substitution in Frage kommen, einen Wettbewerb auf der Anbieterseite herbeiführen können“71 . Es müssen also bloß vergleichbare und mehr oder minder gleichwertige Leistungen mehrerer Anbieter am Markt existieren, damit von einer marktgängigen Leistung im Sinne des Preisrechts gesprochen werden kann. Wie viele Anbieter konkret mit „mehrere“ gemeint sind (das ist der nächste klärungsbedürftige Punkt), bleibt an dieser Stelle allerdings offen. Ein Blick ins ökonomische Schrifttum schafft hier jedoch erneut Abhilfe. Von Wettbewerb ist hier immer dann die Rede, wenn mindestens zwei Anbieter mit ihrem Gut oder ihrer Dienstleistung um die Gunst der Abnehmer konkurrieren.72 Eine abweichende Position – mit inzwischen durchaus langer Tradition – geht indessen davon aus, dass erst dann echter Wettbewerb vorliegt, wenn Angebote „von mindestens 3 voneinander unabhängigen Bietern“73 eingeholt worden sind. Da jedoch für eine Klärung dieser ökonomisch gefärbten Rechtsfrage nach der hier vertretenen Auffassung eher die wirtschaftswissenschaftliche als die juristische Perspektive entscheidend ist und zudem der Anwendungsbereich des Marktpreises laut Intention des Preisrechts möglichst breit abgesteckt werden sollte, wird im Weiteren der zuvor genannten, schon bei zwei ernstzunehmenden Konkurrenzangeboten von echtem Wettbewerb sprechenden Lehrmeinung ausdrücklich gefolgt. Im Ersten Runderlass (5. Zu § 4 Abs. 1) heißt es im Übrigen unter a): „Auch eine Leistung, die nur der Deckung des öffentlichen Bedarfs oder gar der Deckung des Bedarfs nur eines öffentlichen Auftraggebers dient, kann eine marktgängige Leistung sein.“
Dieser Passus macht deutlich, dass sich der Wettbewerb zwingend nur auf der Anbieterseite abzuspielen hat. Einer Wettbewerbssituation auf der Seite der Nachfrager bzw. der öffentlichen Auftraggeber bedarf es offenkundig nicht. Auch ein 71 Michaelis/Rhösa/Pauka
(1954 ff.), § 4, S. 6. aus dem englischsprachigen Schrifttum bspw. Stigler (1987), S. 531; aus dem deutschsprachigen Raum Bauer (1989), S. 25. 73 So bereits Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen (1959), S. 7, Fn. **, wie auch die heutige vergaberechtliche Soll-Vorgabe in § 51 VgV, wonach die Auftraggeber die Anzahl der Bieter in einem wettbewerblichen Verfahren zwar limitieren, aber nicht auf weniger als drei Bieter reduzieren sollen. 72 Vgl.
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
Nachfragemonopol eines bestimmten öffentlichen Auftraggebers ist demzufolge unschädlich, wolle man den Nachweis eines Marktpreises nach § 4 VO PR 30/53 führen.74 Die Marktgängigkeit der Leistung und die Verkehrsüblichkeit des Preises sind separate Prüfungsobjekte, wobei stets zuerst die hier diskutierte Marktgängigkeit zu behandeln ist. Wird nämlich eine marktgängige Leistung festgestellt, scheidet eine Selbstkostenpreisbildung automatisch aus. Allein die maximal zulässige bzw. verkehrsübliche Höhe des Preises für die marktgängige Leistung kann dann Gegenstand der weiteren Prüfungshandlungen im Einzelfall sein, um sie als Soll-Objekt heranzuziehen.75 Unstrittig ist die hier diskutierte wettbewerbliche Preisbildung, und damit Marktgängigkeit der Leistung, bei an Börsen und ähnlichen Sondermärkten – auch solche jenseits des Börsengesetzes – gehandelten Gütern.76 Diese Marktform kommt der perfekten mikroökonomischen Modellwelt mit vollkommener Konkurrenz und Transparenz sowie dem Gesetz der Unterschiedslosigkeit der Preise aus praktischer Sicht noch am nächsten.77 Es tritt hier eine hohe Zahl ähnlich organisierter Anbieter auf, der Preis ist das entscheidende Kriterium aus Sicht der Nachfrager und es herrscht allenthalben eine sehr hohe Markttransparenz. Zentraler Grund hierfür ist der stattfindende Handel mit genormten Gütern („Commodities“), deren Beschaffenheit allgemein bekannt ist, die jederzeit problemlos austauschbar sind und für die sich daher eine nähere Inaugenscheinnahme zwecks Qualitätsprüfung erübrigt.78 Die Güterkategorie der „Commodities“ umfasst prinzipiell eine Vielzahl von – zum Teil auch für staatliche Stellen relevanten – Waren.79 Ein Herantreten als Nachfrager an eine Waren- oder Produktenbörse durch eine behördliche Einrichtung kann also für die vorliegende Arbeit nicht ausgeschlossen werden. So ist auch gemäß europäischen Vergaberegularien eine Direktbeschaffung ohne formalisierte weitere Prozessschritte für öffentliche Auftraggeber unkritisch, 74 Vgl. BVerwG, 13.04.2016 – 8 C 2/15; ferner Altmann (1959), S. 933 f.; Fischer (2005), S. 107; Hoffjan/Mengis (2017), S. 443 ff. 75 Vgl. Hertel/Pietraszek (1988), S. 18 f.; Hertel (1998), S. 23 ff. 76 Zu Beschaffungen an Warenbörsen vgl. die Einlassungen bei Kriebel (1960); Mattmüller (1995); Meyer-Hofmann/Tönnemann (2009); Donhauser (2013) sowie Otting/Ziegler (2017). 77 Vgl. Fettel (1962), S. 20; Ott (1997), S. 33. 78 Vgl. Kriebel (1960), S. 1 ff.; Mattmüller (1995), Sp. 2643 ff.; MeyerHofmann/Tönnemann (2009), S. 557. 79 Strom, Gas, Heizöl, Kohle, Holz, Sand, Getreide, Kaffee, Zucker, Kakao, Tabak, Kartoffeln, Mais, Mehl, Schlachtvieh, Fleisch, Salz, Pfeffer, Speiseöl, Soja, Baumwolle, Stroh, Heu, Futtermittel, Düngemittel, Metalle usw.
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
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„wenn Waren direkt an einer Warenbörse gekauft werden, einschließlich Handelsplattformen für Bedarfsgüter wie landwirtschaftliche Güter und Rohstoffe und Energiebörsen, wo naturgemäß aufgrund der regulierten und überwachten multilateralen Handelsstruktur Marktpreise garantiert sind“80 . Im preisrechtlichen Schrifttum hat sich für einen solch eindeutigen, nicht weiter zu überprüfungsbedürftigen Börsenpreis auch der Begriff des objektiven Marktpreises etabliert.81
4.3
Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
4.3.1
Nachweisführung
Unter Ziffer 5b) des oben genannten Ersten Runderlasses von 1953 heißt es dann weiter: „Preise, die durch öffentliche oder beschränkte Ausschreibungen ermittelt worden sind, sind Preise nach § 4, wenn der Wettbewerb der Anbieter alle ausreichenden Garantien für ein ordnungsgemäßes Zustandekommen der Preise geboten hat. Freihändige Vergabe besagt nicht, daß Selbstkostenpreise anzuwenden sind.“
Bereits relativ kurz nach Veröffentlichung dieser Klarstellung von offizieller Seite hat Zeiger wie folgt erkannt, dass vorgenannter Passus in Anbetracht der prioritären Behandlung von Ausschreibungsverfahren bei öffentlichen Aufträgen als einer der wesentlichsten Grundsätze im Preisrecht bezeichnet werden kann: „Da das Ausschreibungswesen innerhalb des öffentlichen Auftragswesens vorherrschend ist, kommt diesem Hinweis im Ersten Runderlaß vom 22.12.1953 besondere Bedeutung zu. Man kann schlechthin unterstellen, daß das ordnungsmäßige Ausschreibungsverfahren eine sichere Gewähr für die Ermittlung gerechtfertigter Marktpreise bietet.“82
Mit dem obigen Passus wird folglich explizit die Brücke zu den bürokratischen Vergabeverfahren des Vergaberechts geschlagen. Aus ökonomischer Sicht gilt 80 Europäisches Parlament (2014), hier: Erwägungsgrund 50; gleichsam MeyerHofmann/Tönnemann (2009), S. 558, die diesbezüglich von einem „echten Marktpreis“ sprechen. 81 Vgl. Hertel/Pietraszek (1988), S. 29; Hertel (1998), S. 34; Dierkes/Hamann (2009), S. 208; Ebisch/ Gottschalk/Hoffjan/Müller (2020), § 4, Rn. 21 f.; Hoffjan/Mengis (2017), S. 440. 82 Zeiger (1957), S. 413 f.
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
generell, dass „das Vergabeverfahren … für die Preisbildung bei öffentlichen Aufträgen erhebliche Konsequenzen“ hat.83 Es zeigt sich, dass ein Vergabeverfahren, welches offenkundig von einem wirksamen Bieterwettbewerb gekennzeichnet war, zum Marktpreis nach § 4 führt. Im Preisrecht spricht man hierbei oft vom besonderen Markt mit einem besonderen Marktpreis.84 In der vorliegenden Arbeit soll dieser Begriff indessen nicht weiter gepflegt werden, weil „Ausschreibungsverfahren“ im öffentlichen Auftragswesen den verfahrenstechnischen Normalfall darstellen (sollten) und nicht etwa einen „besonderen“ bzw. „aus dem Rahmen fallenden“ Vorgang, der zu einem „besonderen“ Preis führt. Ein solcher Ausschreibungsmarkt kann „unabhängig von dem Modus der Auftragsvergabe (öffentliche oder beschränkte Ausschreibung bzw. freihändige Vergabe)“ entstehen, solange nachweislich echter Wettbewerb um den Zuschlag erkennbar ist.85 Hierzu muss laut dem Bundesverwaltungsgericht die benötigte Leistung „auch von anderen als dem ausgewählten Anbieter tatsächlich zu einem bestimmten Preis angeboten worden sein. Bei einem besonderen Markt kann dies durch konkurrierende Angebote im Rahmen der Ausschreibung oder des Einholens von Vergleichsangeboten geschehen.“86 Da das Einholen von echten Vergleichsangeboten als Grundvoraussetzung offenkundig genügend ist, bedarf es für einen Marktpreis auf dem Ausschreibungsmarkt demnach auch nicht etwa der Veranstaltung eines vorgeschalteten Teilnahmewettbewerbs, wie sie ihn manche öffentliche Vergabeart formalisiert vorsieht.87 Allerdings wird durch die Betonung auf alle ausreichenden Garantien eine durchaus hohe Gewissheit, dass wirksamer Wettbewerb vorgelegen hat, eingefordert. Für die Marktpreisprüfung bedeutet dies, dass gewissenhaft zu ermitteln ist, ob sich der Auftragnehmer tatsächlich im Wettbewerb befunden hat und dass bei eindeutigen Hinweisen auf Wettbewerbsverzerrungen oder anderen Störungen der freien, wettbewerblichen Preisbildung ein Marktpreis nicht attestiert werden darf. Als notwendige Bedingung – wie im weiteren Verlauf aber noch zu zeigen sein wird, nicht unbedingt hinreichende – ergibt sich hieraus, dass mindestens zwei Angebote beim öffentlichen Auftraggeber eingegangen sind.88 Die 83 So
Däumler/Grabe (1984), S. 14. Müller (1993), S. 42 f.; Greiffenhagen (2014), S. 16 f. 85 So Stenneken (2004), S. 1455; vgl. ebenso OLG Koblenz, 07.01.1988 – 5 U 1090/87; Tschierswitz (1955), S. 524 f.; Sackerer (1988), S. 30; Franz (1991), S. 835. 86 BVerwG, 13.04.2016 – 8 C 2/15. 87 Diesen Standpunkt vertreten offenbar Michaelis/Rhösa/Pauka (1954 ff.), § 4, S. 10b und 10c, die u. a. explizit auf den Teilnahmewettbewerb bei nachrangigen Vergabearten hinweisen. 88 So auch Müller (1993), S. 45; VK Arnsberg, 21.06.2006 – VK 29/05. 84 Vgl.
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
149
Klarstellung bezüglich mindestens zweier vorliegender Offerten ist wichtig, da zuweilen proklamiert wird, auch nur ein einziges eingegangenes Angebot würde bei einer Auftragsvergabe für einen Marktpreis genügen, da der Anbieter mithin nicht wissen könne, dass er der einzige Bewerber um den Auftrag sein würde und sich dieser daher im Wettbewerb mit anderen „gefühlt“ habe, was im Grunde den gleichen Preisdruck auf dessen Angebot ausüben würde wie tatsächlich vorherrschende Konkurrenz.89 Man spricht bei diesem Phänomen vom „potentiellen Wettbewerb“ oder auch „gefühlten Wettbewerb“. Gottschalk hingegen lehnt einen automatischen Marktpreis bei lediglich potentiellem Wettbewerb, also nur einem eingegangenen oder eingeholten Angebot, auf dem Ausschreibungsmarkt aus den folgenden Gründen ab:90 – Es ist bei lebensnaher Betrachtung oft nur schwer möglich, bei hochkomplexen Leistungen Unternehmen zu identifizieren, die den in Rede stehenden Auftrag auch ausführen könnten. – Unklar ist auch, ob diese anderen Unternehmen zum Zeitpunkt der Vergabe willens und kapazitätsmäßig fähig gewesen wären, den Auftrag auszuführen. – Ebenso lässt sich nicht feststellen, ob das potentiell abgegebene Angebot tatsächlich den Anforderungen des konkreten Vergabeverfahrens entsprochen hätte. – Ferner ist es nicht auszuschließen, dass der Alleinanbieter aufgrund von Indiskretionen in der Branche Kenntnis davon hatte (oder zumindest mit hoher Wahrscheinlichkeit hiervon ausgehen konnte), dass er der einzige Bieter sein würde. Diese Argumentationslinie ist durchaus überzeugend. Im Weiteren soll daher Gottschalk gefolgt und ein Marktpreis im potentiellen Wettbewerb aufgrund nicht ausreichender Garantien für ein ordnungsgemäßes Zustandekommen der Preise abgelehnt werden. Sofern bei einer „durchgeführten Angebotsaufforderung 89 Vgl. OLG Hamm, 20.07.1961 – 2U 4/61; vgl. auch dieser Haltung im Wesentlichen beipflichtend Tschierswitz (1955), S. 525; Altmann (1964), S. 980 f.; Hertel (1983), S. 1315 ff.; Hertel/Pietraszek (1988), S. 36 ff.; Hertel/Ludwig (1992), S. 85 f.; Hertel (1998), S. 42; auch Noelle/Rogmans (2002), S. 139 scheinen dem Marktpreis bei potentiellem Wettbewerb zumindest nicht abgeneigt; die spürbaren Wettbewerbseffekte nicht bloß auf den Ausschreibungsmarkt zu beschränken, wird offensichtlich zudem befürwortet von Opitz (2003a), S. 41 ff. 90 Vgl. Gottschalk (1964), S. 183; ihm im Wesentlichen folgend Müller (1970), S. 44 ff.; Möllhoff (1985), S. 172 ff.; Müller (1993), S. 45 f.; Greiffenhagen (2015), S. 2 ff.; Greiffenhagen (2016), S. 11; Hoffjan/Mengis (2017), S. 440.
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
lediglich ein einziges Angebot einging, das den nachgefragten Leistungsumfang abdeckte, ist durch die Aufforderung zur Angebotsabgabe gerade kein ‚besonderer Markt‘ (= „Ausschreibungsmarkt“; Anm. d. Verf.) entstanden“91 . Liegen jedoch wenigstens zwei verwertbare bzw. echte Konkurrenzangebote im vergaberechtlichen Wettbewerb vor, so ist nicht nur das gemäß § 4 (1) VO PR 30/53 zum Marktpreis führende Kriterium der Marktgängigkeit der Leistung erfüllt, sondern auch die dort ebenso genannte Bedingung der Verkehrsüblichkeit des Preises, sodass sich eine tiefergehende Überprüfung des im echten Vergabewettbewerb zustande gekommenen Preises erübrigt. Diese Sichtweise ist auch ökonomisch plausibel, wie nachfolgendes Zitat unterstreicht: „Der ‚angemessene‘ Preis im Sinne des Vergaberechts ist … zunächst einmal ein prozedural bestimmter Begriff: Es ist jener Preis, der sich bildet, wenn in einem den rechtlichen Regelungen entsprechend durchgeführten Vergabeverfahren der Zuschlag dem Bestbieter erteilt wird. Der ‚angemessene Preis‘ ist also der Wettbewerbspreis, der sich als Ergebnis des Vergabewettbewerbs im Vergabeverfahren gebildet hat. Konsequent verzichtet daher das Vergaberecht auf Regelungen, wie ein solcher ‚angemessener Preis‘ nach materiellen, also inhaltlichen Kriterien zu bestimmen wäre. Den Preis bestimmen die Bieter, der angemessene Preis ermittelt sich im organisierten Parallelwettbewerb des Vergabeverfahrens. Daher gibt es auch keine Pflicht der Bieter, zu ‚angemessenen‘ Preisen anzubieten. Das Vergabeverfahren ist nur darauf ausgelegt, dass Bieter, die nicht zu angemessenen Preisen anbieten, wegen des organisierten Parallelwettbewerbs bei der Vergabe nicht zum Zug kommen.“92
Einem solchen, sich bei einem spezifischen Vergabewettbewerb herausbildenden Preis automatisch auch Verkehrsüblichkeit zu attestieren, ist bislang im Preisrecht gleichwohl umstritten. Vielmehr wird nicht selten die Position vertreten, es müsse bei jeder Marktpreis-Beurteilung eine Mehrzahl an Umsatzakten betrachtet und tiefergehend hinterfragt werden, ob der Anbieter in dem jeweiligen Vergabewettbewerb keinen höheren Preis verlangt als er ihn für die in Rede stehende Leistung üblicherweise gegenüber Dritten in kontinuierlicher Weise erzielt hat. Wenn es sich um eine Leistung handelt, die nur von staatlicher Seite nachgefragt wird, müsse dementsprechend zwingend auch auf die Ergebnisse vergangener Vergabewettbewerbe über die in Rede stehende Leistung zurückgegriffen und überprüft
91 So
Stenneken (2004), S. 1455.
92 Holoubek/Klinke/Oberndorfer/Otruba/Pfanner
(2004b), S. 198. Dass Vergabewettbewerbe bei positivem Verlauf zu verkehrsüblichen Preisen führen können, sieht auch bereits Gottschalk (1964), S. 179; zum „besonderen Marktpreis“ vgl. ferner Franz (1991), S. 835.
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
151
werden, dass der in der aktuellen „Ausschreibung“ verlangte Preis den historisch belegten Angebotspreis nicht übersteige.93 Wie allerdings Michaelis/Rhösa/Pauka mit Recht feststellen, sprechen die ökonomisch überzeugenderen und lebensnäheren Argumente gegen diese Position. Zunächst gilt, dass der Wettbewerbsdruck im Vergabeverfahren, wie oben schon dargelegt, im Normalfall zu angemessenen Preisen führt und demnach faktisch „verkehrsunübliche Renditen nicht erzielt werden können“94 . Ferner gilt aber auch, dass Branchen und Märkte einem permanenten Wandel und einer Vielzahl von äußeren Einflussfaktoren ausgesetzt sind, welche dazu führen, dass die Marktpreise der einzelnen Anbieter regelmäßig schwanken. So wird auf den Marktpreis eines Anbieters durch die Nachfrage, die Konkurrenzpreise, die Markttransparenz, die eigene Auftragslage, die jeweilige Auftragsgröße, die Beschaffungskosten bei Kapital, Rohstoffen und Vorprodukten und andere erklärende Variablen zugleich eingewirkt.95 Die Forderung nach einem im Zeitablauf konstanten bzw. stetigen Preisniveau ginge somit in vielen Fällen an der heutigen Realität auf den Märkten vorbei.96 Dieser Grundsatz stellt jedoch kein wirklich neues Phänomen dar. So wird bereits im Jahr 1941 durch von der Schmitt treffend bemerkt: „Wenn beispielsweise ein Unternehmen eine Ware anscheinend willkürlich zu stark unterschiedlichen Preisen verkauft, so ist dieser Umstand geeignet, die Prüfung zu erschweren; es hat dies aber mit der Zuverlässigkeit des Unternehmers zunächst garnichts zu tun.“97
In den Frühphasen des Preisrechts mag das Marktpreis-Verständnis gleichwohl noch restriktiver gewesen sein, da es ursprünglich „in der wettbewerbsfernen Vorkriegs-, Kriegs- und Nachkriegswirtschaft“ den Güteraustausch hoheitlich regulieren sollte.98 Eine graduelle Entfernung von der historisch üblichen Auslegungsweise, wie dies hier angedeutet wird, ist rechtswissenschaftlich im Übrigen einem Gedanken von Husserl folgend durchaus zulässig:
93 Vgl.
zu dieser Haltung etwa Beißel (1992b), Sp. 1421; Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller (2020), § 4; Rn. 83 ff.; Müller (2011), S. 723, Müller (2013), S. 455 f.; BVerwG, 13.04.2016 – 8 C 2/15; Müller (2018), S. 559. 94 Vgl. Michaelis/Rhösa/Pauka (1954 ff.), § 4, S. 10b. 95 Vgl. Rodax (1982), S. 214. 96 Vgl. Dierkes/Hamann (2009), S. 207. 97 Schmitt (1941), S. 15. 98 So Brüning (2012), S. 644.
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
„Wenn eine Rechtsnorm heute anders ausgelegt wird als im Zeitpunkt ihres Inkrafttretens vor dreißig Jahren, so ist das durch ihre geschichtliche Zeitstruktur gerechtfertigt. Normen des Rechts entfalten die ihrem Sinne gemäße Wirkung, indem und insoweit sie … ‚mit der Zeit mitgehen‘.“99
Die Verkehrsüblichkeit in jedem Einzelfall anhand von Umsatzakten aus der Zeit vor dem Ausschreibungswettbewerb als normbasiertes Soll-Objekt überprüfen zu wollen, wäre demnach prüfungstheoretisch nicht zweckmäßig, weil ein feststellbarer echter Anbieterwettbewerb als Nachweis für die Verkehrsüblichkeit bereits hinreichend ist und zudem Preisabweichungen zu vorangegangenen Aufträgen keineswegs immer als Indiz für überhöhte Preisforderungen oder Wettbewerbsverzerrungen gewertet werden müssen. Eine andere Problematik besteht an dieser Stelle darin, ob sich passende Vergleichsumsätze überhaupt finden lassen. Diese Unsicherheit anerkennend findet sich im Schrifttum teilweise der Vorschlag, Marktpreise auf dem „Ausschreibungsmarkt“ auf Basis wettbewerblicher Vergaben von sog. „Individualleistungen“ aufgrund der Einmaligkeit der Leistungserstellung einerseits zu akzeptieren, sie andererseits für Beschaffungen von allgemeinen Leistungen, „für die bereits ein verkehrsüblicher Preis besteht“, zu versagen, da hier tiefergehende Überprüfungen möglich und somit preisrechtlich geboten seien.100 Dieser Haltung soll jedoch aufgrund ihrer wahrscheinlichen Unpraktikabilität bezüglich eines auf Rechts- und Planungssicherheit ausgelegten Prüfungsgeschehens ebenfalls nicht gefolgt werden und zwar aus folgenden Gründen: Der im Preisrecht weit verbreitete Begriff der „Individualleistung“ wird in der Betriebswirtschaftslehre traditionell in einem Atemzug mit dem Begriff der „Einzelfertigung“ genannt.101 Unter Einzelfertigung wird gemeinhin eine ganz auf die speziellen Wünsche und Umstände eines Kunden angepasste Leistung im Sinne einer Maß- oder Sonderanfertigung verstanden.102 Die Auflagenhöhe beträgt im Falle der Einzelfertigung 1, wobei unter Auflagenhöhe die „Anzahl
99 So Husserl (1955), S. 26. Die Entfernung von der historischen Normvorstellung des Gesetz- oder Verordnungsgebers sollte aber, wie schon gesagt, bloß gradueller Natur sein, da selbige niemals ihre Relevanz komplett verliert, vgl. Larenz/Canaris (1995), S. 149. 100 So Greiffenhagen (2014), S. 18; gleichsam Hertel/Pietraszek (1988), S. 23 bzw. Hertel (1998), S. 28; ähnlich auch, wenngleich bezüglich Preisbeurteilungen auf Versteigerungsmärkten, Kreße (2014), S. 201. 101 Siehe etwa Köhler (1959), S. 59; Schäfer (1969), S. 70, Fn. 25; Hübers-Kemink (1992), S. 1017. 102 Vgl. Schäfer (1969), S. 71.
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
153
der ununterbrochen sukzessiv gefertigten Einheiten einer Produktart“ zu verstehen ist.103 Individualleistungen sind aufgrund der speziellen Auftragsmerkmale auch nicht (mehr) mit marktüblichen Leistungen vergleichbar.104 Die Individualität der Leistung kommt zustande, weil sie vom Auftraggeber als Vertreter der Marktseite explizit gewünscht und beauftragt wird, weshalb man anstelle von Einzelfertigung auch von Einzelauftrag sprechen kann.105 Es findet in aller Regel eine „Produktion auf Bestellung“ statt, während bei handelsüblichen Gütern auch bereits ohne konkreten Kundenauftrag eine Leistungserstellung – gewissermaßen „auf Verdacht“ – stattfindet.106 Alle Unternehmen mit der Fähigkeit, auf Bestellung zu produzieren, betreiben somit Einzelfertigung.107 Aufgrund der vielen Besonderheiten sind hier meist spezielle Fachkräfte vonnöten, wodurch die Leistungserstellung auch in Großunternehmen oft einen starken handwerklichen Charakter besitzt.108 Es kann drei verschiedene Typen der Einzelfertigung geben:109 – Bei der einmaligen Einzelfertigung wird die Lieferung oder Leistung nur ein einziges Mal erstellt und man rechnet auch nicht damit, dass es – wann auch immer – zu einem vergleichbaren Auftrag kommen wird. – Bei der erstmaligen Einzelfertigung wird eine bislang noch nicht da gewesene Lieferung oder Leistung erstellt, wobei eine Wiederholung der Fertigung aufgrund weiterer Aufträge in der Zukunft durchaus zu erwarten ist. Eine solche Art der Leistungserstellung – Gleiches gilt für die vorgenannte einmalige Einzelfertigung – kommt jedoch in Reinform real kaum vor, da Leistungserstellungsprozesse immer in irgendeiner Form auf im Zeitablauf angesammeltem Know-how und der Verwendung bewährter Materialien und Ressourcen beruhen. Dies liegt vor allem darin begründet, dass auf diese Weise Rüstkosten gemindert und Economies of Scale gehoben werden können. – Bei der wiederholten Einzelfertigung kommt es zu der abermaligen Erstellung einer bestimmten nachgefragten Leistung, wobei zwischenzeitlich die 103 Große-Oetringhaus
(1974), S. 151. Tschierswitz (1955), S. 522. 105 So Ellinger (1963), S. 483; Stärk (2011), S. 195. 106 Vgl. hierzu Riebel (1965), S. 678. Es gibt jedoch auch gewisse Ausnahmen: So werden bspw. bestimmte Kunstgegenstände oder Gebäude als Individualleistung gefertigt, ohne dass ein konkreter Kaufinteressent schon bekannt ist, so Stärk (2011), S. 195, Fn. 41. 107 Vgl. Beste (1958), Sp. 1766. 108 Vgl. Schäfer (1969), S. 73. 109 Vgl. im Folgenden Ellinger (1959), S. 68 ff.; siehe auch Große-Oetringhaus (1974), S. 152 f. 104 Vgl.
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
fertigungstechnischen und ressourcenbasierten Voraussetzungen für die Leistungserstellung in wesentlichem Umfang zugunsten anderer Produkte zurückgefahren wurden. Ein In-Bereitschaft-Halten wäre hier aufgrund der langen zeitlichen Unterbrechung zwischen den Aufträgen nicht wirtschaftlich. Je geringer die zeitliche Unterbrechung jedoch ausfällt, umso mehr nähert sich die wiederholte Einzelfertigung in der Praxis der Serienfertigung an. Der individuelle Charakter der Einzelfertigung kann in ganz verschiedenen Stadien des Leistungserstellungsprozesses verwirklicht werden. Zuweilen wird gleich zu Beginn eine neue Art der Arbeitsvorbereitung in die Wege geleitet, um die spezielle Leistung überhaupt erstellen zu können, wodurch der Prozess als Ganzes betroffen ist. Aus Wirtschaftlichkeitsgründen ist es jedoch in der Regel sinnvoll, „die Erzeugnisse so zu gestalten, daß die Individualität des Kundenauftrags erst in einer möglichst späten Stufe des Produktionsprozesses berücksichtigt werden muß“110 . Erreicht werden kann dies nicht zuletzt dadurch, dass das Unternehmen, soweit möglich, gleiche Komponenten in verschiedenen Einzelaufträgen verarbeitet.111 Im Extremfall kann es sogar im Bereich des Möglichen liegen, aus einem fixen Bestand an Materialien und Komponenten im Baukastenprinzip unterschiedliche Individualleistungen zu erstellen. Bei der Herstellung eines Unikates werden in diesem Falle die Kostennachteile der Einzelfertigung vollständig beseitigt.112 „Der theoretische Grenzfall der reinen … Einzelfertigung besteht somit, wenn nur Teile verbaut werden, die zu diesem Zweck konstruiert wurden und des Weiteren in Zukunft nicht nochmals verwendet werden.“113 Eine reine Einzelfertigung wäre demzufolge nur dann denkbar, „wenn man ‚auf der grünen‘ Wiese beginnen würde“114 . Ein Gebrauch der Komponenten in späteren Aufträgen müsste insofern für Individualleistungen auszuschließen sein, denn sobald Altbewährtes erneut Verwendung findet, liegt streng genommen keine reine Einzelfertigung mehr vor. Im Umkehrschluss gilt, dass wenn eine bisher nur einmalig genutzte Komponente in einem Folgeauftrag verbaut wird, der Charakter des bestehenden Gutes als Individualleistung automatisch sinkt.115 Die vorgenannten Darstellungen machen es bereits deutlich: Die beiden Leistungsarten „Einzelfertigung“ und „Serien-/Massenfertigung“ sind Extrema eines 110 So
Riebel (1965), S. 679; ähnlich auch Fischer (2008), S. 197. Beste (1958), Sp. 1767. 112 Vgl. Beste (1958), Sp. 1769. 113 Stärk (2011), S. 193. 114 Stärk (2011), S. 190. 115 Vgl. Stärk (2011), S. 193. 111 Vgl.
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
155
Kontinuums, auf dem sich eine Vielzahl heterogener Einzelfälle und Mischformen abbilden lässt und eine Grenzziehung oft kaum eindeutig möglich ist.116 Nachfolgende Abbildung 4.2 möge dies noch einmal verdeutlichen.
Abb. 4.2 Kontinuum von Auftragstypen in der Praxis
Eine dichotome Fragestellung wie diejenige, ob bei einem spezifischen öffentlichen Auftrag eine Individualleistung (Einzelfertigung) vorliegt oder ob eventuell vorangegangene Verkäufe über hinreichend vergleichbare Leistungen vorliegen, wäre somit zwangsläufig mit erheblichen Ermessensspielräumen verbunden und oft nur schwer objektiv zu beantworten. Vor dem Hintergrund der Zielsetzung einer einheitlichen Ablauforganisation der Prüfung und der Vermeidung von unnötigen Konfliktpotentialen zwischen Prüfer, Auftraggeber und Auftragnehmer soll die Vorgabe des Prüfungsobjekts „Individualleistung ja/nein?“ hier insoweit als nicht zweckmäßig betrachtet werden. 116 Vgl.
Beste (1958), Sp. 1767 ff.; Köhler (1959), S. 59 f.; Ellinger (1963), S. 487; Riebel (1965), S. 672 ff.; Schäfer (1969), S. 92 ff.; Krycha (1996), Sp.1627 f.
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
Einzig wenn nicht alle ausreichenden Garantien für eine echte wettbewerbliche Preisbildung vorliegen, sollte bei einem Vergabewettbewerb vom Marktpreis auf dem „Ausschreibungsmarkt“ Abstand genommen und weitere Prüfungshandlungen unternommen werden.117 Gemäß Urteil des BVerwG (das hier einen Bundeswehr-Auftrag zu beurteilen hatte) ergibt sich hieraus zunächst der Prüfauftrag, ob eine wettbewerbliche Durchsetzung des verlangten Preises ggf. auch darüber nachzuweisen ist, dass der Preis im Vorfeld der jeweils zu prüfenden Preisvereinbarung auch bei vergleichbaren Ausschreibungen „durch die Bundeswehr“ erzielt wurde, „sofern dies jeweils unter den Bedingungen eines funktionierenden Wettbewerbs mit anderen Anbietern geschah“118 . Wenngleich eine solche Forderung durchaus eine gewisse Folgerichtigkeit und Stringenz aufweist, ist sie für die Praxis problematisch und mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit unverhältnismäßig. Sie hätte nämlich zur Folge, dass mitunter mehrere komplizierte und jeweils eine große Ansammlung von Unterlagen mit sich bringende Vergabeverfahren auszuwerten wären, was zu einem starken Anstieg des Prüfungsaufwands führen würde. Hinzu käme (auch wenn das BVerwG nur auf andere Aufträge durch die Bundeswehr hinweist) in bestimmten Fällen, dass plötzlich andere öffentliche Auftraggeber, die von dem jeweiligen Prüffall eigentlich gar nicht betroffen sind und von selbigem keine Kenntnis haben, zur Mitwirkung aufgefordert werden müssten. Denn es könnte durchaus der Fall eintreten, dass der Auftragnehmer darauf hinweist, dass er sich mit seinem Angebot zwar vielleicht nicht in dem aktuellen Prüffall im Wettbewerb gegenüber anderen Unternehmen durchgesetzt hat, aber es noch weitere „Ausschreibungen“ durch andere Auftraggeber gegeben habe, bei denen er ebenfalls den Zuschlag erhalten hat und man doch davon ausgehen müsse, dass dies jeweils unter den Bedingungen eines funktionierenden Wettbewerbs mit anderen Anbietern geschah. Um diese Behauptung zu verifizieren, müssten die anderen Auftraggeber in die aktuelle Prüfung mit einbezogen werden, was einer Aufblähung der Preisprüfung gleichkommen würde. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Prüfung ist ein solches Vorgehen abzulehnen. Vielmehr sollte den Geprüften, wenn einfachere Nachweismöglichkeiten eines Marktpreises ebenfalls misslingen, mitgeteilt werden, dass zwar aktuell ein Selbstkostenpreis die richtige Wahl ist, ein Marktpreis auf dem Ausschreibungsmarkt in nachfolgenden Vergabeverfahren jedoch natürlich erneut in Frage kommt. Nach § 5 (1) VO PR 30/53 gilt: 117 So
auch OLG Koblenz, 07.01.1988 – 5 U 1090/87. 13.04.2016 – 8 C 2/15; Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller (2020), § 4, Rn. 91. 118 BVerwG,
sich
diesem
anschließend
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
157
„Selbstkostenpreise … dürfen nur ausnahmsweise vereinbart werden, wenn 1. Preise nach den §§ 3 und 4 nicht festgestellt werden können oder 2. eine Mangellage vorliegt oder der Wettbewerb auf der Anbieterseite beschränkt ist und hierdurch die Preisbildung nach § 4 nicht nur unerheblich beeinflußt wird.“
Konkret der vorgenannte Absatz ist es, der die einzige offizielle und abschließend regelnde Trennlinie zwischen den beiden Bereichen Marktpreis und Selbstkostenpreis vorgibt und festlegt, wann der Preis ausnahmsweise selbstkostenbasiert gebildet werden „darf“.119 Angemerkt sei zunächst, dass der obige Begriff dürfen dazu führt, dass bei einem Marktversagen zu Lasten des öffentlichen Auftraggebers den Vertragsparteien bei strenger Orientierung am gewählten Wortlaut kein Zwang zur Vereinbarung eines Selbstkostenpreises auferlegt wird, sondern es dem Auftraggeber freigestellt wird, zu seinem eigenen Schutz vom Auftragnehmer eine selbstkostenbasierte Preisbildung einzufordern. Will er aber nicht derart stark in die marktwirtschaftlichen Gepflogenheiten eingreifen, so kann er den Vertragspreis – zumindest laut Aussage einiger Kommentatoren – streng genommen auch weiterhin im Sinne eines Preistypen-Wahlrechts frei vereinbaren.120 Auch nach den Richtlinien für öffentliche Auftraggeber zur Anwendung der VO PR 30/53 wird unter Ziffer 22 b in klarstellender sowie warnender Weise zum Ausdruck gebracht: „Vereinbaren Auftraggeber und Auftragnehmer einen Festpreis, obwohl die Voraussetzungen zum Abschluß eines Selbstkostenvertrags gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 und 2 erfüllt sind, so kann dieser vereinbarte Preis einer Selbstkostenprüfung auf Grund der §§ 9 und 10 der VO nicht unterzogen werden. Deshalb trägt der öffentliche Auftraggeber beim Abschluß solcher Festpreisverträge eine besondere Verantwortung dafür, daß die Wirtschaftlichkeit der Beschaffungen gewahrt bleibt.“
Wenngleich eine solche Sicht in Anbetracht des Wortlauts des § 5 (1) sehr naheliegend sein mag, ist gleichwohl festzuhalten, dass die herrschende preisrechtliche Lehre die Preistreppe als geschlossenes und verpflichtendes Preissystem betrachtet und den Kontrahierungspartnern daher kein Wahlrecht oder Ermessen offengelassen werden soll. „Dürfen“ soll also wie „müssen“ verstanden werden, weil 119 So
bereits auch die Bemerkung in der Erstauflage des Leitkommentars von Ebisch/Gottschalk (1962), hier § 4, Rn. 1; ähnlich auch Altmann (1960c), S. 16 f.; Müller (2018), S. 557. 120 Vgl. zu dieser Ansicht Altmann (1958), S. 620; Diederich (1961), S. 59.
158
4
Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
bei fehlenden echten Marktpreisen ein Selbstkostenpreis der einzige vernünftige bzw. sachgerechte Ausweg sei.121 In dieser Arbeit besteht kein Raum für eine erschöpfende Auseinandersetzung mit den vielgestaltigen Regeln und Problemen bei der Auslegung von Rechtsnormen.122 Festgehalten sei aber zumindest, dass gemeinhin der Wortlaut die verträgliche Auslegungsgrenze bildet, denn eine „Deutung, die nicht mehr im Bereich des möglichen Wortsinns liegt, ist nicht mehr Ausdeutung, sondern wäre Umdeutung“123 . Der Sinn der vorgefundenen Wortwahl steckt demnach quasi „das Feld ab, auf dem sich die weitere Tätigkeit des Auslegenden vollzieht“124 . Auch nach Tipke „endet die Auslegung an der Grenze des möglichen (im Sinne von noch möglichen) Wortsinns. Der mögliche oder äußerste Wortsinn ist der Sinn, der nach dem Sprachgebrauch eben noch mit einem mehr- oder vieldeutigen Begriff verbunden werden kann“125 . Innerhalb dieses noch für vertretbar erklärten Feldes ist sodann im Sinne der teleologischen Auslegungsmethode – wie weiter oben bereits angeklungen ist – die ratio legis, also der Normzweck bzw. die Normzielsetzung, auszuloten und als maßgeblichstes Interpretationskriterium beim Finden einer zweckmäßigen Lesart heranzuziehen.126 Ob „müssen“ noch im Feld der zulässigen Auslegungen von „dürfen“ verortet werden kann, ist sicherlich mehr als zweifelhaft. Insofern liegt hier möglicherweise in der Tat ein Problem für die Preisrechts-Anwendung vor. Anzumerken ist gleichwohl, dass die zutreffende ratio legis in bestimmten Situationen auch jenseits des möglichen Wortsinns gesucht und gefunden werden kann. Dies gilt zunächst für die durchaus nicht auszuschließenden Fälle, bei denen den Urhebern einer Rechtsnorm „bei der Formulierung ein Versehen unterlaufen ist“127 . Ob auch im Falle des § 5 (1) VO PR 30/53 ein Formulierungsversehen passiert ist, lässt sich aus heutiger Sicht nicht mehr klären, gänzlich auszuschließen ist es jedenfalls nicht. Doch selbst wenn der explizite Wortlaut nicht Resultat 121 Vgl.
zu dieser Haltung wiederum Tschierswitz (1956), S. 513 ff.; Holzapfl (1957), S. 143 f.; Ebisch/ Gottschalk/Hoffjan/Müller (2020), § 5, Rn. 2; Michaelis/Rhösa/Pauka (1954 ff.), § 5, S. 6. 122 Insofern sei auf die ausführliche rechtswissenschaftliche Methodenlehre bei Larenz/Canaris (1995), S. 133 ff. sowie die überblicksartigen Darstellungen zu diesem Thema bei Altmann (1979), S. 432 ff.; Tipke (1986), S. 1 ff. sowie Honsell (2016), S. 106 ff. verwiesen. 123 Larenz/Canaris (1995), S. 143. 124 Larenz/Canaris (1995), S. 145. 125 So Tipke (1986), S. 6, in Bezug auf die teleologische Auslegungsmethode. 126 Vgl. Larenz/Canaris (1995), S. 164 f. 127 So Larenz/Canaris (1995), S. 165.
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
159
eines Versehens bei der Textabfassung ist, so sind kleinere Defizite in der Wortwahl nicht ganz auszuschließen, was daran liegt, „dass Gesetze selten aus einem Guss sind, selbst wenn der Entwurf von (nur) einem Referenten stammt, wird er oft durch vielfältige Formulierungsvorschläge, Korrekturen und sog. ‚Formelkompromisse‘ verwässert, die mangels Eignung die Regelung bewusst im Unklaren lassen“128 . Eine vom Wortlaut abweichende Interpretation ist insoweit vertretbar, solange dies gewissermaßen geboten erscheint, mithin eine „abweichende ratio legis hinreichend sicher feststellbar ist“129 . Vor diesem Hintergrund lassen sich gute Gründe anführen, „müssen“ als Ausdruck eines Zwangs zur Vereinbarung von Selbstkostenpreisen in bestimmten Gemengelagen als dem eigentlichen Normzweck entsprechend zu erachten und sich somit der herrschenden Sichtweise anzuschließen. Es ist nämlich davon auszugehen, dass die mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit stark ansteigenden Angebotspreise auf Märkten mit Mangellage oder Anbieterwettbewerbsbeschränkungen nicht im Einklang mit dem ursprünglich auf Preisstandswahrung, marktwirtschaftlichem Preis- und Kostendruck und effiziente öffentliche Mittelverwendung ausgerichteten Preisrecht stehen. Hierzu passt auch, dass seinerzeit vom BGH festgestellt wurde, dass „die Auslegung nach Sinn und Zweck des Gesetzes auch gegenüber einem sprachlich unzweideutigen Wortlaut [wie „dürfen“; Anm. d. Verf.] nicht ausgeschlossen [sei]; denn die Worte sind nur der möglicherweise unvollkommene Ausdruck der maßgebenden Gedanken“130 . Da die Kernidee der „Preistreppe“ als verpflichtende Rangfolge zudem der Klarheit und Eindeutigkeit des Preisrechts zugutekommt, soll sich im MP-PS der herrschenden Interpretation angeschlossen werden und bei einem Marktversagen zu Lasten des Auftraggebers von einer verpflichtenden Anwendung der Selbstkostenpreise ausgegangen werden.131
128 Honsell
(2016), S. 119. (2016), S. 121 f. 130 BGH, 23.05.1951 – II ZR 71/50. 131 Nach der hier vertretenen Ansicht stellt die oben beschriebene Auslegung des § 5 (1) als ein Nicht-Wahlrecht zur Vereinbarung von Selbstkostenpreisen also eine durchaus zweckmäßige und daher vertretbare, aber der Toleranzgrenze für Auslegungsweisen jenseits des klaren Wortlauts gleichsam sehr nahe kommende Lesart dar. Um etwaigen Missverständnissen und divergierenden Positionen ein für allemal den Nährboden zu entziehen, wäre nach der hier vertretenen Ansicht eine klarstellende Modalverb-Änderung von „dürfen“ in „müssen“ oder zumindest „sollen“ im Rahmen der Reformbemühungen zur VO PR 30/53 ein sinnvoller Schritt. 129 Honsell
160
4
Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
Umgekehrt muss jedoch auch noch einmal betont werden, dass bei einem Fehlen der Voraussetzungen für eine Selbstkostenpreis-Vereinbarung auch dann zwingend der (dann ja vorhandene bzw. ermittelbare) Marktpreis vertraglich angesetzt werden muss, wenn der Selbstkostenpreis unterhalb des Marktpreises liegt.132 Trotz Vorhandensein eines Marktpreises auf eine Berechnung des Preises nach LSP abzustellen, liefe dem Normzweck einer möglichst marktwirtschaftlichen Preisbildung im öffentlichen Auftragswesen zuwider, da Selbstkostenpreise – wie oben erläutert – ein in der Marktwirtschaft eigentlich wesensfremdes Konstrukt sind. Zudem würde das hieraus resultierende weitere Ziel, Selbstkostenpreise nur in begründeten Ausnahmefällen anzuwenden, strukturell unterlaufen, da die Auftraggeber ansonsten unbeschadet Selbstkostenpreise verlangen dürften, solange diese nur unterhalb des Marktpreises liegen.133 Aus praktischer Sicht schwierig gilt gleichwohl die Festlegung, ab wann eine „Mangellage“ oder eine „nicht unerhebliche“ Beschränkung des Anbieterwettbewerbs zu konstatieren ist.134 Der unbestimmte Rechtsbegriff der Mangellage aus oben genanntem Paragraph zielt auf eine besonders auffällige, grundsätzliche und zudem objektiv und unstrittig feststellbare Verknappung bestimmter Rohstoffe oder anderer essenzieller Güter ab.135 Eine solche liegt vor, wenn das gesamte Angebot im Markt nicht mehr ausreicht, um die Nachfrage zu angemessenen Preisen zu bedienen. In dieser Situation ist es zudem aufgrund technischer oder organisatorischer Gründe nicht möglich, dass zeitnah weitere Wettbewerber in den Markt drängen können, was sinkende Preise zur Folge hätte. Aus einer normalen Güterknappheit wird dann eine Mangellage, d.h. eine Preiserhöhung löst keine Angebotserhöhung mehr aus.136 In besonders drastischen Fällen kann dies sogar dazu führen, dass die (wenigen) Anbieter der Krisenbzw. Mangelgüter ihre Waren im Eilverfahren an die öffentlichen Auftraggeber veräußern, die den höchsten Preis bieten. Es ergeben sich also Züge eines Auktionsverfahrens. Der Veranstalter des Wettbewerbs – welcher sodann einen Nachfragewettbewerb darstellt – und somit Herr des Verfahrens ist dann aber nicht mehr die öffentliche Hand, sondern die Anbieterseite. Eine solche Gemengelage 132 Laut BVerwG, 13.04.2016 – 8 C 2/15, wäre ein vereinbarter Selbstkostenpreis nur insoweit unzulässig, als er den Marktpreis überschreitet. 133 So auch zu Recht Berstermann (2016), S. 197. 134 So Diederich (1961), S. 60; Michaelis/Rhösa/Pauka (1954 ff.), § 4, S. 4. 135 Vgl. insbesondere Birgel (1994), S. 110; siehe ebenfalls Dierkes/Hamann (2009), S. 216; Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller (2020), § 5, Rn. 15; Birgel (2010a), S. 14; ähnlich zudem bereits Preiser (1942), S. 125. 136 Vgl. Tschierswitz (1956), S. 518; Machenheimer (1972), S. 24.
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
161
führt nicht nur das preisrechtliche Marktpreisverständnis, sondern alle Grundsätze des Rechts der öffentlichen Auftragsvergabe ad absurdum, woraus sich ein besonderer Regulierungsbedarf ergibt. Aus vorgenannten Gemengelagen folgt zudem, dass das stark erhöhte Preisniveau nicht bloß wenige Wochen andauern wird, sondern längerfristig auf dem hohen Niveau verharrt.137 Der Gewinn kann hier seine ökonomische Anreizfunktion nicht mehr erfüllen, da er auch bei schlechten Leistungen für den Anbieter abfällt, was volkswirtschaftlich unerwünscht ist.138 Ursache einer Mangellage kann sowohl ein ungewöhnlich starker Anstieg der Nachfrage, als auch eine ungewöhnlich starke Verringerung des Angebotes sein.139 Einer Mangellage dürften in der Regel außergewöhnliche und relativ plötzlich eintretende externe Effekte140 von existenzieller Bedeutung vorausgehen, die eine flächendeckende Bedarfsdeckung in ausreichendem Maße unmöglich machen und dazu führen, dass sich die gesamte Gruppe der relevanten Anbieter – ohne größere Anstrengungen – in der Lage sieht, ihre Leistungen infolge des schockartig aufgetretenen Nachfrageüberhangs relativ problemlos und zu höheren Preisen als üblich abzusetzen. Als prominentes Beispiel kann in diesem Kontext die Flüchtlingsunterbringung in der Phase kurz nach Ausbruch der letzten großen Flüchtlingskrise im Herbst 2015 angeführt werden. Teilweise wurden hier „ständig steigende“, ja zum Teil sogar „explodierende“ bzw. „binnen kurzer Zeit verzehnfachte … ‚Wucherpreise‘“ für die Flüchtlingsunterbringung festgestellt. Wegen der deutlich spürbaren Verknappung spezieller Wohnstätten musste durch die Städte und Gemeinden mitunter sogar auf Hotelzimmer als Unterkunft umgeschwenkt werden. „Im Hinblick auf Leistungen für die Flüchtlingsunterbringung“ hätte demnach „in vielen Bereichen von einer Mangellage ausgegangen werden“ können.141 Situationen mit Mangellage dürften zukünftig trotz allem die absolute Ausnahme darstellen, sodass
137 Vgl.
Tschierswitz (1955), S. 523. Preiser (1942), S. 121 ff. 139 Vgl. Michaelis/Rhösa/Pauka (1954 ff.), § 5, S. 9. 140 Als typische „Mangellagen“ kommen dem Verfasser somit folgende (Extrem-)Beispiele in den Sinn: Plötzlicher Bedarf nach hohen Mengen an Jodtabletten infolge einer Kernkraftwerks-Havarie nahe der deutschen Grenze, besonders schwere Ernteausfälle infolge von Unwettern oder anderen Naturkatastrophen, ein abrupter Mehrbedarf nach bestimmten Gütern infolge eines Kriegsausbruches, plötzlich erhöhter Bedarf an Beatmungsgeräten, Atemschutzmasken, Desinfektionsmitteln und bestimmten Arzneien nach Ausbruch einer weiträumigen Viren-Epidemie oder andere plötzliche Mehrbedarfe infolge einer sehr seltenen Katastrophe. 141 Siehe zu all diesen Einschätzungen Ernst & Young (o.Jg.). 138 Vgl.
162
4
Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
dem zweiten Kriterium, den Wettbewerbsverzerrungen auf der Anbieterseite, im direkten Vergleich die deutlich höhere Praxisrelevanz zuzusprechen ist. So sind gemäß wichtigem Hinweis in den offiziellen Richtlinien für öffentliche Auftraggeber zur Anwendung der VO PR 30/53 vermeintliche Wettbewerbspreise zu versagen, wenn aufgrund von Preisabsprachen der Wettbewerb auf der Anbieterseite ausgeschaltet worden ist.142 Als andere Bezeichnungen hierfür sind auch Scheinangebote oder ein arglistig veranstalteter Scheinwettbewerb gebräuchlich.143 Es handelt sich bei diesen unerwünschten Erscheinungen letztlich um die Delikte, die vom Kartellrecht typischerweise in den Fokus gerückt werden.144 Das Preisrecht möchte hier lediglich durch die Abrechnung des Auftrags auf Selbstkostenbasis unerwünschte Marktergebnisse verhindern, nicht jedoch in die Befugnisse der Kartellämter eingreifen, was sich auch darin äußert, dass es als Verhinderungsgrund von Marktpreisen offiziell nicht darauf ankommt, ob eine erkennbare Wettbewerbsbeschränkung kartellrechtlich zulässig ist oder nicht.145 Durchaus ebenso bedeutsam ist in diesem Zusammenhang die Frage, ob ein Vergabeverfahren vom Auftraggeber überhaupt vergaberechtlich ordnungsgemäß und dem Wettbewerbsgedanken Rechnung tragend durchgeführt wurde, wie die offiziellen Richtlinien für öffentliche Auftraggeber zur VO PR 30/53 verdeutlichen. Dort heißt es nämlich bezüglich § 4: „Ob das Verfahren, im Wege der öffentlichen oder beschränkten Ausschreibung Marktpreise gemäß § 4 der VO zu ermitteln, ordnungsgemäß durchgeführt wurde, richtet sich in jedem Fall nach den einschlägigen Bestimmungen der VOL Teil A; nach § 24 Nr. 3 der VOL Teil A muß dem wirtschaftlichsten Angebot der Zuschlag erteilt werden … .“
Hält der öffentliche Auftraggeber wesentliche Vorgaben des Rechts der öffentlichen Auftragsvergabe nicht ein und hat dieses Fehlverhalten einen wesentlichen Einfluss auf die (wettbewerbliche) Preisbildung, so steht auch dies mit der
142 Besagte
Textstelle ist abgedruckt bei Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller (2020), Anhang 4b, Nr. 24 a); gleichsam zum Marktpreis-verhindernden Problem der Preisabsprachen äußern sich Grochla (1954), S. 21; Zeiger (1957), S. 417; Daub/Tomasczewski (1959), S. 522; Müller (1993), S. 32 und 65; Birgel (1994), S. 110; Greiffenhagen (2014), S. 17. 143 Siehe hierzu Greiffenhagen (2014), S. 17; Müller (2018), S. 559. 144 So Michaelis (1953), S. 87; Engel (1983), S. 57; Michaelis/Rhösa/Pauka (1954 ff.), § 5, S. 12 ff.; Müller (2018), S. 557 ff. 145 Vgl. Birgel (1994), S. 110.
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
163
Bildung eines Marktpreises gemäß § 4 VO PR 30/53 auf dem „Ausschreibungsmarkt“ im Konflikt.146
4.3.2
Zwischenfazit
Folgende wichtige Erkenntnis haben die obigen Ausführungen geliefert: Das Vorliegen von Wettbewerb auf der Anbieterseite muss nicht nur als notwendige, sondern gar als hinreichende Bedingung für den preisrechtlichen Marktpreis auf dem „Ausschreibungsmarkt“ betrachtet werden. Dementsprechend muss im Folgenden das Vergaberecht eingehender analysiert werden, da es nicht zuletzt deshalb geschaffen wurde, um im Wege formalisierter Verfahren – so der wichtige Hinweis von Roth – wettbewerbliche Effekte auf das öffentliche Auftragswesen einwirken zu lassen.147 Hiermit im Einklang stehend betont auch Hoffjan, dass die Frage, inwieweit sich im Bereich des öffentlichen Auftragswesens wettbewerbliche Grundsätze durchgesetzt haben, in wesentlichem Ausmaß vom jeweiligen Vergabeverfahren abhängt.148 Ein Fehler im Vergabeverfahren muss indessen nicht notwendigerweise zu einem preisrechtlich unzulässigen Preis führen.149 Aus dieser Eigenständigkeit von Preis- und Vergaberecht ist zu folgern, dass fehlerhafte Vergabeverfahren auch nicht automatisch gleichbedeutend mit dem Fehlen eines preisrechtlichen Marktpreises sein müssen, da sich dieser aus autonomen Tatbestandsmerkmalen ergibt.150 In konkretisierender Weise wird von Dörr zutreffend bemerkt: „Das Verfehlen eines ‚Marktpreises‘ mag – außer bei Angebotsmonopolen oder sonst fehlendem Wettbewerb – als Folge von Vergaberechtsverstößen dann naheliegen, wenn diese derart gravierend sind, dass sie einen fairen, gleichberechtigten Wettbewerb zwischen den Bietern verhindern. Auf der anderen Seite schließen selbst gravierende Rechtsverstöße, wie z. B. die ausschreibungslose de-facto Vergabe trotz bestehender Vergabepflicht, die Bildung eines ‚Marktpreises‘ nicht aus, wenn es sich um eine ‚marktgängige‘ Leistung handelt, für die ein ‚verkehrsüblicher‘ Preis feststellbar ist.“151
146 Ebenso
wohl Michaelis/Rhösa/Pauka (1954 ff.), § 4, S. 10c. Roth (2015), S. 210. 148 Vgl. Hoffjan (2017), S. 73 ff. 149 Vgl. Höfler (2015), S. 742. 150 Vgl. Dörr/Hoffjan (2015), S. 84; ebenso Dörr (2016), S. 62. 151 Dörr (2016), S. 63. 147 Vgl.
164
4
Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
Aus diesem Anwendungsproblem resultiert somit unmittelbar das Erfordernis, dass der Preisprüfer zunächst das vorgelagerte Vergabeverfahren im Sinne einer Plausibilitätsprüfung gedanklich rekonstruieren muss. Eine verlässliche Beurteilung des Preistyps erfordert nicht zuletzt auch ein Grundverständnis darüber, wie der jeweilige öffentliche Vergabewettbewerb vonstattengegangen und unter welchen Rahmenbedingungen der Vertragsabschluss zustande gekommen ist.152 Somit gilt es, in den Worten von Noelle/Rogmans festzuhalten: „Die Prüfung marktgängiger Leistungen, die sich aus Anlass der Vergabe auf besonderen Märkten („Ausschreibungsmärkten“; Anm. d. Verf.) herausgebildet haben, bezieht sich auf die kritische Würdigung der Ausschreibungsunterlagen.“153
Mit dieser Forderung wird keineswegs preisrechtliches Neuland betreten. So gaben bspw. bereits die früheren „Richtlinien für die Angebots- und Preisprüfung bei der Vergabe von Leistungen im Bereich der Deutschen Bundespost (Preisprüfrichtlinien)“ ausdrücklich vor, dass dem zuständigen Preisprüfer „rechtzeitig … alle zu dem Auftrag gehörenden Vorgänge einschließlich sämtlicher Angebote … zuzuleiten“154 seien. Als Übermittler der Ausschreibungsunterlagen kommt bei lebensnaher Betrachtung nur der öffentliche Auftraggeber in Betracht, da nur er als Veranstalter des Vergabewettbewerbs einen Gesamtüberblick über die eingegangenen Angebote hat und somit nur er wirklich beweiskräftiges Dokumentenmaterial zur Verfügung stellen kann. Der Auftragnehmer kann „zum wettbewerblichen Verhalten von Mitbewerbern nur beschränkte Angaben machen“155 . § 9 (1) VO PR 30/53 besagt zwar lediglich, dass der Auftragnehmer den Preisüberwachungsstellen das Zustandekommen der Preise anhand von Unterlagen nachweisen muss. Gleichwohl sind gemäß Erstem Runderlass von 1953 (1. Zu § 1 Abs. 1) „alle auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens tätigen Behörden“ dazu aufgefordert, „im Rahmen der Zuständigkeit dafür Sorge zu tragen, daß die Preisbildung für öffentliche Aufträge in Anwendung der neuen Bestimmungen den Grundsätzen der Marktwirtschaft Rechnung trägt“. Hieraus lässt sich, soweit sinnvoll, eine Mitwirkungspflicht des öffentlichen Auftraggebers „im Wege
152 Vgl.
auch Hertel/Ludwig (1992), S. 85. (2002), S. 167; ebenso Ruske/Paß (2002), Sp. 1695 sowie Ebisch/Gottschalk/Hof-fjan/Müller (2020), § 4, Rn. 182, die vor allem auf „die mit dem Vergabeverfahren (Ausschreibung) entstandenen Unterlagen“ abstellen; ebenso Birgel (2010b), S. 20. 154 Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen (1959), S. 15. 155 So mit Recht Greiffenhagen (2016), S. 12. 153 Noelle/Rogmans
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
165
der Behördenamtshilfe“156 ableiten. Es spricht aus Sicht des Preisprüfers also nichts dagegen, „beim Auftraggeber durch Schriftverkehr Erkundigungen einzuholen“157 . Da Preisprüfungen in der Regel ohnehin auf Wunsch des Auftraggebers eingeleitet werden, kann es mit Blick auf mögliche Wettbewerbsverzerrungen sinnvoll sein, dass dieser „der Preisbehörde gegenüber mit seinem Antrag auf Preisprüfung seine Verdachtsgründe darzulegen“ hat.158 Kritisch zu prüfen ist sodann jedoch, „ob der Auftraggeber … den richtigen Schluss auf das Bestehen eines im Wettbewerb zustande gekommenen Preises gezogen hat“159 . Nach Greiffenhagen wäre es im Zuge dessen sinnvoll, mittels eines einheitlich verwendeten Formblattes oder Fragenkataloges beim Auftraggeber die wesentlichen Informationen abzufragen.160 Dieser Position wird vom Verfasser ausdrücklich zugestimmt, denn sie ist nichts anderes als der Einstieg in einen Prüfungsstandard. Äußerungen von maßgeblich an dem Prüfungssachverhalt (also dem Ist-Objekt) beteiligten Personen können, wie bereits dargelegt, falsch sein, weshalb sich der Preisprüfer ein eigenverantwortliches Urteil zu bilden hat und die Einlassungen des Auftraggebers daher nicht mehr, aber auch nicht weniger als ein wertvoller Anhalt für den eigentlichen Marktpreisprüfungsprozess zu begreifen sind. Für die vorliegende Abhandlung ist das Vergaberecht auch deshalb von hoher Bedeutung, da je nach erfolgtem Vergabeverfahren zum Teil unterschiedliche Prüfungshandlungen zum Nachweis von Marktpreisen erforderlich sind. Generell sind Grundkenntnisse des Vergaberechts als integralem Bestandteil des gesamten öffentlichen Auftragswesens nach der hier vertretenen Ansicht für das Verständnis der im weiteren Verlauf folgenden empirischen, analytischen und konzeptionellen Teile dieser Arbeit zwingend erforderlich. Es erscheint nicht möglich, eine Meinungsbildung in Fachfragen zum preisrechtlichen Marktpreisvorrang gänzlich unter Verzicht auf wesentliche vergaberechtliche Prinzipien herzuleiten sowie argumentativ zu plausibilisieren. Dies liegt insbesondere daran, dass das Preisrecht nicht alle relevanten Aspekte hinsichtlich der Preisermittlung bei öffentlichen Aufträgen regelt, sondern erst im Zusammenwirken mit dem Vergaberecht die nötigen Bestimmungen für die fundierte Würdigung öffentlicher Auftragsvergaben bereitstellt. Öffentliches Preisrecht und Vergaberecht werden 156 So
auch bereits Ebisch/Gottschalk (1962), § 9, Rn. 5. (2016), S. 11. Auch bereits nach Hertel/Ludwig (1992), S. 85, kann „die Marktpreisprüfung der PÜ bei der betreffenden Beschaffungsbehörde“ stattfinden. 158 So Greiffenhagen (2014), S. 18. 159 Greiffenhagen (2016), S. 12. 160 Vgl. Greiffenhagen (2016), S. 11. 157 Greiffenhagen
166
4
Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
insofern durch ein „ineinandergreifendes Verhältnis“ gekennzeichnet.161 Das öffentliche Vergabeverfahren generiert vor diesem Hintergrund und seinem typischen Wesen nach Preise, denen lediglich unter Vorbehalt der Normanwendung der VO PR 30/53 Gültigkeit zugesprochen werden kann. Diese Preise können im Rahmen der Preisprüfung bestätigt oder aber beanstandet werden. All dies führt nun dazu, dass im Weiteren ein relativ umfänglicher Grundriss des Vergaberechts unter besonderer Berücksichtigung wettbewerblicher Aspekte vorgestellt wird. Nicht Gegenstand dieser Arbeit – dies sei ausdrücklich betont – sollen Handlungsempfehlungen oder Gestaltungsoptionen im Hinblick auf die Anwendungspraxis der öffentlichen Vergaberegeln sein. Vielmehr wird das Vergabewesen im Folgenden in seinen tatsächlichen, d. h. seinen üblicherweise beobachtbaren und nicht unproblematischen Ausprägungen zugrunde gelegt, damit der sodann zu entwickelnde MP-PS möglichst passgenau in der Realität des alltäglichen öffentlichen Auftragswesens Platz greifen kann.
4.3.3
Marktpreis-relevante Aspekte des Vergaberechts
4.3.3.1 Vergaberechtliche Grundlagen und Verfahrensarten Wie bereits angerissen, steht die öffentliche Hand – genauso wie privatwirtschaftliche Akteure auch – bei ihren Beschaffungsaktivitäten regelmäßig vor dem Problem, dass sie nicht in der Lage ist, sämtliche potentiell am Markt verfügbaren Angebote zu kennen, geschweige denn deren Preisangemessenheit verlässlich zu beurteilen. Es herrscht also in der Regel eine beträchtliche Marktintransparenz vor, die eine umfassende Prognose des Marktgeschehens unmöglich macht und daher gewissermaßen zu einem „weitgehend experimentellen Charakter der wirtschaftlichen Aktivitäten“162 führen würde. Um hier die nötige Abhilfe zu schaffen, sollen im Wege vergaberechtlich begründeter, formalisierter Wettbewerbsveranstaltungen eine verbesserte Übersicht über das infrage kommende Angebot sowie ein möglichst angemessenes, vom Wettbewerbsdruck getriebenes Preisniveau realisiert werden. Grundsätzlich gilt, dass sich eine von Wettbewerb geprägte Auftragsvergabe überhaupt nur dann einstellen kann, wenn zwei ökonomische Grundvoraussetzungen erfüllt sind. Diese beiden Grundvoraussetzungen haben – wie noch zu zeigen ist – das vergaberechtliche Reglement wesentlich geprägt:163 161 Vgl.
Berstermann/Petersen (2008), S. 23. bereits allgemein Leffson (1959), S. 408. 163 Vgl. Robl (1995), Sp. 77. 162 So
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
167
1. Der öffentliche Auftrag muss entweder auf eine bereits am Markt weitestgehend bekannte, marktübliche Leistung abzielen oder aber die Leistung muss sich so klar und eindeutig beschreiben lassen, damit für sie in angemessener Form ein Angebotspreis formuliert werden kann (Leistungsvoraussetzung). 2. Für die in Rede stehende Leistung müssen sodann konkurrierende Anbieter am Markt vorhanden sein (Marktstrukturvoraussetzung). Zunächst ist jedoch allgemein vorauszuschicken, dass das deutsche Vergaberecht kaskadenartig geregelt ist.164 Auf der obersten Stufe ist zunächst der vierte Teil des GWB einschlägig, wobei dies die sog. Gesetzesebene darstellt. Hierauf folgt als nächste Stufe mit dem Rang einer Rechtsverordnung die Vergabeverordnung (VgV), auf die im GWB Bezug genommen wird. Auf der dritten Stufe finden Vergabe- und Vertragsordnungen (UVgO, VOB), welche wiederum als Verwaltungsvorschriften Wirkung entfalten, ihren Platz. Aus ihnen ergeben sich die für die öffentliche Beschaffungspraxis zentralen, da konkreten Regularien zum Ablauf des Vergabeprozesses. Des Weiteren ragen in das Vergaberecht gleichsam europäische Richtlinien, das Haushaltsrecht des Bundes (BHO), das Haushaltsrecht der Länder (LHO) sowie Vergabegesetze der Bundesländer hinein. All diese Normen eint im Kern das Motiv, dem Grundsatz der wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung von Haushaltsmitteln Genüge zu tun.165 Gleichwohl ist zu betonen, dass das Vergaberecht an sich dem öffentlichen Auftraggeber in dessen gegenständlichem Beschaffungswunsch Entscheidungsfreiheit bei der Leistungsbestimmung lässt. Das OLG Koblenz hat dies seinerzeit wie folgt pointiert beschrieben: „Verlangt ein Aufgabenträger die Ausstattung der Zugtoiletten mit goldenen Armaturen, so ist das mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Fall für Aufsichtsbehörde oder Rechnungshof. Vergaberechtlich wäre dagegen nichts einzuwenden, weil allein der Auftraggeber entscheidet, was er haben will und wie er es haben will.“166
Dieser Passus darf aber keinesfalls insofern missverstanden werden, als dass der öffentliche Auftraggeber im Vorfeld beliebig festlegen dürfe, auf welche Weise eine bestimmte Leistung bereitgestellt werden soll. Das Vergaberecht regelt die Beschaffung in Bezug auf die Leistung vielmehr ergebnisorientiert. Das vorgelagert ablaufende Vergabeverfahren bezieht sich demnach genau genommen keineswegs auf den spezifischen Beschaffungsgegenstand, sondern vielmehr auf 164 Vgl.
im Folgenden Probst/Winters (2015), S. 122. Michaelis/Rhösa/Pauka (1954 ff.), Einführung, S. 13. 166 OLG Koblenz, 05.09.2002 – 1 Verg 2/02; vgl. auch Probst/Holleben (2012), S. 1. 165 Vgl.
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
den dahinterstehenden Bedarf, der durch eine Leistung abgedeckt werden soll. Nicht das „Was?“ ist bei der öffentlichen Beschaffung also entscheidend, sondern das „Wofür?“.167 Das deutsche Vergabewesen gilt durchaus als sehr „komplex“168 und „hochgradig reguliert“169 , was regelmäßig dessen ordnungsmäßige Anwendung erschwert. Erschwerend kommt hinzu, dass es aus formeller Perspektive zudem als „heillos zersplittert“170 bezeichnet werden kann. Aus Sicht der Anbieter mutet das Geschäftsgebaren der öffentlichen Auftraggeber daher zuweilen „unflexibel und unnachgiebig“ an.171 Durch die Vielzahl der zu beschaffenden Güterkategorien wird das Vergaberecht automatisch auch zu einer „äußerst vielfältigen“172 Disziplin. So ist es aus praktischer Sicht sicherlich nicht nur „das Problem des Mittelstands, die oftmals komplexen Anforderungen des Vergaberechts zu meistern“173 . Vielmehr gilt laut Schrifttum, die besonderen Regeln der Vergabe würden über alle Branchen und Unternehmensgrößen hinweg mitunter „im Alltag anders umgesetzt, als sie auf dem Papier gedacht sind“174 . Die Vergaberegularien werden von den öffentlichen Auftraggebern zum Teil nicht ausreichend studiert oder die aus ihnen erwachsenden Ermessensspielräume werden nicht bloß ausgenutzt, sondern nicht selten auch überschritten.175 Das öffentliche Vergabewesen steht in der Praxis somit „sehr häufig im Widerspruch zu den Regeln“176 . Die ordnungsgemäße Einhaltung der Vergaberegularien kann sowohl auf Basis von Beschwerden einzelner Unternehmen, als auch durch interne Prüfungsorgane bei den Auftraggebern bzw. die Rechnungshöfe des Bundes und der Länder nachgeprüft werden.177
167 So
Roth (2018), S. 78. (2010), S. 135; Hattenhauer/Butzert (2018), S. 231, sehen im Zeitablauf sogar ein immer weiteres Anwachsen der Vergabekomplexität. 169 Roth (2015), S. 216. 170 Ley/Winkmüller (2017), S. V. 171 So Gläser (1979), S. 7. 172 Vgl. Probst/Winters (2015), S. 121. 173 Dreher (2005), S. 433. 174 So Gaida/Heinze (1990), S. 4. 175 Vgl. Kailing (1970), S. 305 f. 176 Däumler/Grabe (1984), S. 14. 177 Vgl. Gläser (1979), S. 8. 168 Birnfeld
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
169
In Bezug auf die zu vergebenden Aufträge unterscheidet man vergaberechtlich traditionell primär zwischen Liefer- und Dienstleistungen178 , freiberuflichen Leistungen sowie Bauleistungen. Formal zu differenzieren ist ferner zwischen Vergaben im sog. unterschwelligen und Vergaben im oberschwelligen Bereich.179 Fest vorgeschriebene Schwellenwerte definieren, ob eine Vergabe national begrenzt abgewickelt werden darf (nationale Vergabe = unterschwelliger Bereich) oder ob man Angebote aus dem gesamten europäischen Raum zuzulassen hat (EUVergabe = oberschwelliger Bereich). Unter Schwellenwerten sind folglich Auftragswertgrenzen zu verstehen.180 Es ist grundsätzlich Aufgabe des öffentlichen Auftraggebers, im Vorfeld den gesamten Auftragswert – unter Zubilligung gewisser Spielräume – zu schätzen.181 Wenn die Schätzung nachvollziehbar vollzogen wurde, findet das Verfahren bspw. auch dann gemäß GWB-Regularien (oberschwelliger Bereich) statt, wenn sich sämtliche eingegangenen Angebote letztlich doch unterhalb des Schwellenwertes bewegen.182 Der Schwellenwert für Bauleistungen beträgt 5.225.000 e, bei Liefer- und Dienstleistungen liegt er grundsätzlich bei 209.000 e, im Bereich der Sektorenauftraggeber (Trinkwasser- und Energieversorgung oder auch Verkehr) bei 418.000 e und für Aufträge oberster Bundesbehörden bei 135.000 e. Im Falle von Aufträgen über soziale und andere besondere Dienstleistungen im Sinne des Anhangs XIV der Richtlinie 2014/24/EU gilt ein Schwellenwert von 750.000 e. Die konkreten Schwellenwerte werden von Zeit zu Zeit aktualisiert und sind den zur Durchführung des GWB-Vergaberechts erlassenen Rechtsverordnungen zu entnehmen.183 Die entsprechende Vergabebekanntmachung erfolgt je nachdem, ob der bevorstehende Auftrag europaweit oder national auszuschreiben ist, entweder im EU-Amtsblatt (Formulare bei simap.ted.europa.eu) oder aber bei 178 Zumindest
die Abgrenzung von Lieferleistungen und Dienstleistungen ist von eher geringer praktischer Relevanz, da hier im Wesentlichen die gleichen Vergabevorschriften gelten, so Schabel (1999), S. 479. 179 Ebenfalls anzuführen sind der Vollständigkeit halber diejenigen öffentlichen Vergaben, die sich unterhalb landesrechtlicher Bagatellgrenzen abspielen und für die aus Kosten-Nutzen-Erwägungen heraus keine formalisierten prozessualen Vergaberichtlinien beachtenswert sind. Derartige Kleinaufträge können also in aller Regel kurzfristig an einen für geeignet erachteten Auftragnehmer freihändig vergeben werden. Vgl. hierzu schon Gandenberger (1961), S. 66; ferner Zimmermann (2017), S. 338 und Hattenhauer/Butzert (2018), S. 232. 180 Vgl. Probst/Winters (2015), S. 121. 181 Vgl. Paß (1998), S. 604; Probst/Winters (2015), S. 121; zu den Beurteilungsspielräumen des öffentlichen Auftraggebers vgl. Probst/Winters (2014), S. 115 ff. 182 Vgl. Noelle/Rogmans (2002), S. 62. 183 So der Hinweis in Bundeskartellamt (2011), S. 39.
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
nationalen Vergaben auf Portalen wie bspw. www.bund.de, www.deutsches-aus schreibungsblatt.de, www.subreport.de, www.vergabe.nrw.de oder www.vergab e24.de.184 Aber auch die Bekanntmachung in Tageszeitungen, Fachzeitschriften, papierbasierten amtlichen Veröffentlichungsblättern oder im Bundesanzeiger ist nicht unüblich.185 Der Hergang des Vergabeverfahrens ist durch den öffentlichen Auftraggeber stets sorgsam und über alle Projektphasen hinweg schriftlich zu dokumentieren. „Es gehört zu den allgemeinen Grundsätzen ordnungsgemäßen Verwaltungshandelns, wesentliche Feststellungen und Entscheidungen in einem Aktenvermerk festzuhalten.“186 Ziel ist hierbei, dass sich der Stand eines Vorgangs jederzeit anhand der entsprechenden Aktenlage nachvollziehen lassen muss. In Bezug auf den sog. „Vergabevermerk“ im laufenden Vergabeverfahren wird hiervon keine Ausnahme gemacht.187 Zudem besteht grundsätzlich die Pflicht zur Aufteilung des Gesamtauftrages in einzeln kenntlich zu machende und zu vergebende Lose.188 Da die Losvergabe einen vergaberechtlichen Grundsatz darstellt, ist ein Verzicht auf selbige in den Vergabeakten zu begründen. Eine Losaufteilung muss anhand sinnvoller Kriterien erfolgen, etwa hinsichtlich des Kriteriums „Menge“ – hier ist sodann von Teil- oder Objektlosen die Rede – oder aber hinsichtlich des Kriteriums „Art“ bzw. „Beschaffenheit“, wodurch sich sog. Fachlose ergeben. Eine unwirtschaftliche Zersplitterung des Gesamtauftrages durch Losaufteilung muss gleichwohl vermieden werden, um das Vergabeverfahren nicht unnötig zu verkomplizieren. Wenn wirtschaftliche oder technische Aspekte gegen eine Losaufteilung sprechen, 184 So
Mager/Lotz (2015), S. 764; ähnlich auch schon Birgel (1994), S. 78; Schabel (1999), S. 481. 185 Vgl. Zeiger (1957), S. 405; Herbst (1965), S. 95; Mitzlaff (1976), S. 42; Hellwig (1977), S. 214; Walthelm (1979), S. 67; Gläser (1979), S. 10 und 15; Gaida/Heinze (1990), S. 41; Hertel/Ludwig (1992), S. 38; Birgel (1994), S. 32 und 77; Schabel (1999), S. 481; Weglage (2016), S. 289. 186 So Kulartz/Niebuhr (2000), S. 12. Siehe hierzu ferner Bundesrechnungshof (2006), S. 63; Burgi (2008), S. 30; Probst/Winters (2014), S. 119 f.; Mager/Lotz (2015), S. 764. 187 Vgl. UfAB VI (2015), S. 66 f. Hier findet sich auch eine detaillierte Checkliste mit laufend und vor allem zeitnah während des Vergabeverfahrens zu dokumentierenden Vorgängen. 188 Vgl. zur Losaufteilung Daub/Tomasczewski (1959), S. 515; Gaida/Heinze (1990), S. 48; Birgel (1994), S. 56 f.; Kulartz/Steding (1999), S. B III; Steding/Kulartz (2000), S. 183; Müller-Wrede (2004), S. 643 ff.; Dreher (2005), S. 428 ff.; Kus (2009), S. 21 ff.; Michallik (2011), S. 683; Schaller (2011b), S. 303; Ortner (2011), S. 677 f. und 681 ff.; Probst/Holleben (2012), S. 2 f.; Manz/Schönwälder (2012), S. 465 ff.; Krohn (2013), S. 84; Mager/Lotz (2015), S. 758 f. sowie UfAB VI (2015), S. 71 ff.
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
171
kann unter Umständen auf den Grundsatz der Losaufteilung verzichtet werden. Dies ist auch der Fall, wenn der Auftragswert ohnehin relativ gering ist, sodass sich von vornherein auch Anbieter aus dem Mittelstand bewerben können. Bei Losen handelt es sich schlichtweg um Teile einer Gesamtleistung (= eines Auftrags).189 Im Kern hat eine erfolgte Losaufteilung also gewissermaßen die Vergabe mehrerer kleinerer Aufträge gleichzeitig zur Folge.190 So ergibt sich auch, dass in den Angeboten aus preisrechtlicher Sicht für die verschiedenen Angebotspositionen abweichende Preistypen je nach Einzelfall zulässig sind.191 Diese Positionen sind folglich auch mit Blick auf die Preistypen nach der VO PR 30/53 differenziert zu würdigen. Durch Losaufteilung kann und soll insbesondere auch kleinen und mittelständischen Unternehmen der Zugang zu öffentlichen Aufträgen verschafft werden.192 Zugleich verspricht man sich von diesem Grundsatz, den allgemeinen Bewerberkreis zu vergrößern und so eine möglichst hohe Wettbewerbsintensität zu erzeugen. Führt man sich die anteilige Bedeutung der KMU von über 90 % bezogen auf die Gesamtzahl aller Unternehmen vor Augen,193 erscheint das besondere Bestreben, selbige systematisch in die Vergabeverfahren einzubinden, geradezu als Selbstverständlichkeit, weil andernfalls das öffentliche Auftragswesen wohl kaum wie gewünscht prosperieren und von Wettbewerbseffekten profitieren könnte. Mithin lässt sich nach Albach überspitzt konstatieren: „Die mittelständischen Unternehmen sind die Marktwirtschaft.“194 Die gleichzeitige Bezuschlagung von Angeboten auf verschiedene Lose oder gar die Bewerbung um mehrere Lose wird zuweilen vom öffentlichen Auftraggeber im Vorfeld ausgeschlossen (sog. Loslimitierung).195 Diese auf Mittelstandsinteressen ausgerichtete Praktik ist zwar nicht unzulässig, jedoch zuweilen kritisch zu bewerten. So könnte sich aufgrund der Loslimitierung bspw. die Gemengelage ergeben, dass ein Unternehmen, welches den Zuschlag auf ein Los erhalten hat, nicht mehr am Wettbewerb um die übrigen Lose partizipieren würde, selbst wenn es bei einem der übrigen Lose das wirtschaftlichste Angebot eingereicht hätte. Bei dem weiteren Los wären dann mithin nicht mehr wettbewerbliche Kriterien 189 Vgl. Kulartz/Steding (1999), S. B III; Steding/Kulartz (2000), S. 183; Müller-Wrede (2004), S. 644; Dreher (2005), S. 428. 190 Vgl. Otting/Tresselt (2009), S. 590. 191 Vgl. Sackerer (1988), S. 16. 192 Vgl. hierzu bereits Gandenberger (1961), S. 105; Herbst (1965), S. 95; Gläser (1979), S. 32; ferner Otting/Tresselt (2009), S. 585; Ortner (2011), S. 677. 193 Vgl. hier zumindest das ältere Zahlenwerk bei Albach (1983), S. 870. 194 Albach (1983), S. 870. 195 Vgl. Müller-Wrede (2004), S. 647; Otting/Tresselt (2009), S. 585 ff.; Mager/Lotz (2014), S. 328.
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
und haushälterische Sparsamkeit beim Auftraggeber ausschlaggebend, sondern der Umstand, dass das Unternehmen bereits bei einem anderen Los den Zuschlag erhalten hat oder es ein weiteres Angebot gar nicht hätte einreichen dürfen. Die Mitbewerber des besagten Anbieters kommen bloß durch die formelle Loslimitierung an die Reihe, nicht aufgrund der Güte ihrer Angebote, wodurch es zu einem künstlichen Eingreifen in die Angebotsreihenfolge kommt.196 Das sich hier einstellende Endergebnis im Vergabewettbewerb wäre „in höchsten Maße wettbewerbsfeindlich und diskriminierend“197 . Denn exerzierte man den Gedanken der Loslimitierung weiter und stellte sich eine Gestaltung mittels nacheinander erfolgenden Ausschreibungen der einzelnen Lose vor, würde die Losaufteilung dazu führen, dass sich Bieter aus vorherigen Vergaben gar nicht erst um nachfolgende Aufträge bewerben dürften. Dieses Szenario widerstrebt dem freiheitlichen Marktzutrittsverständnis in der Marktwirtschaft eklatant.198 Die Mittelstandsförderung wird im Übrigen durch die vorgenannte Unzulässigkeit einer Loslimitierung nicht konterkariert. Es ist nicht zwingend davon auszugehen, dass große Unternehmen bei parallelen Geboten auf mehrere Lose – dies mag manch kleinerem Anbieter faktisch unmöglich sein – automatisch Vorteile durch Kostendegressionseffekte zukommen. Es wird angenommen, dass kleine, auf bestimmte Teilleistungen in besonderem Maße spezialisierte Unternehmen im Bieterwettbewerb mit größeren Konkurrenten durchaus bestehen und attraktivere Angebote platzieren können. Der Mittelstandsschutz erschöpft sich insofern in dem bloßen Ausschreiben mehrerer Lose anstelle einer großen Gesamtvergabe.199 Für den supranationalen Raum der EU-Vergabe kam es schon früh zur Vereinheitlichung der Rechtsnormen, um ausländischen Unternehmen eine unter Umständen mit prohibitiv hohen Transaktionskosten verbundene Einarbeitung in nationale Regelwerke zu ersparen.200 In den vergangenen Jahren kam es
196 Vgl. Müller-Wrede (2004), S. 648; Otting/Tresselt (2009), S. 588 ff.; Michallik (2011), S. 686. 197 Otting/Tresselt (2009), S. 593. 198 Vgl. Otting/Tresselt (2009), S. 590. Den Verfasser wundert es daher aus ökonomischen Gründen, dass die Loslimitierung vom OLG Düsseldorf im Jahr 2011 als vergaberechtlich nicht unzulässig eingestuft wurde; vgl. OLG Düsseldorf , 07.12.2011 – VII-Verg 99/11. 199 Vgl. hierzu Michallik (2011), S. 684. 200 Vgl. Birgel (1994), S. 48.
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
173
zudem zu einer inhaltlichen Harmonisierung der bundesdeutschen und der EUVergaberichtlinien.201 Im unterschwelligen Bereich sind jeweils zwei zusammengehörige Normen einschlägig. Für Liefer-, Dienst- und freiberufliche Leistungen gilt geschlossen die Unterschwellenvergabeordnung (UVgO), die im Jahr 2017 die lange Zeit einschlägigen VOL/A und VOF vollständig abgelöst hat, und die Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen Teil B (VOL/B).202 Die erstgenannte Norm enthält allgemeine Verhaltensvorschriften bei öffentlichen Beschaffungsvorhaben, während die fortbestehende VOL/B im Stile Allgemeiner Geschäftsbedingungen normierte Angaben zu vertraglichen Aspekten macht. Für den öffentlichen Einkauf von Bauleistungen gelten demgegenüber die Vergabeund Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB), ebenfalls aufgeteilt in die Teile A und B mit den vorgenannten Inhalten. Da das öffentliche Preisrecht nicht auf Bauleistungen anwendbar ist und die VOB auch in den oberschwelligen Bereich hineinragt, werden VOB/A und VOB/B in der nachfolgenden Betrachtung weitestgehend ausgeklammert.203 Hinsichtlich der grundsätzlich bereitstehenden Vergabearten im unterschwelligen Bereich differenziert § 8 UVgO zwischen der öffentlichen Ausschreibung, der beschränkten Ausschreibung mit oder ohne Teilnahmewettbewerb sowie der Verhandlungsvergabe204 mit oder ohne Teilnahmewettbewerb.205 Bei der öffentlichen Ausschreibung handelt es sich um ein Vergabeverfahren, bei dem die öffentliche Beschaffungsabsicht mittels eines öffentlich zugänglichen Mediums bekanntgegeben wird und die Vergabestelle grundsätzlich Angebote einer unbegrenzten Zahl an interessierten Unternehmen entgegenzunehmen hat, um eine möglichst ausgeprägte Wettbewerbsintensität zu induzieren.206 Die Erfolgschancen neuer Anbieter sind daher bei öffentlichen Ausschreibungen am größten, da hier den 201 Vgl.
Schaller (2017b), S. 156. zur UVgO bspw. Lausen (2017), S. 3 ff. 203 Um den verfügbaren Rahmen der vorliegenden Untersuchung nicht zu sprengen, erfolgt die oben genannte Konzentration auf Liefer- und Dienstleistungsvergaben, obwohl teilweise Vergabewettbewerbe irrtümlich – oder aber vorsätzlich – nach den Regeln für Bauleistungen abgewickelt werden, wenngleich sie eigentlich Nicht-Bauleistungen zum Gegenstand haben und vice versa; vgl. Gaida/Heinze (1990), S. 30. 204 Zu Zeiten der VOL/A sprach man hier noch offiziell von der „freihändigen Vergabe“. Vgl. Ley/Wankmüller (2017), S. 60; Lausen (2017), S. 6. 205 Vgl. Ley/Wankmüller (2017), S. 61; siehe auch bereits Walthelm (1979), S. 66. 206 Vgl. Zeiger (1957), S. 404; Gandenberger (1961), S. 42 ff.; Herbst (1965), S. 49 ff.; Gläser (1979), S. 10; Däumler/Grabe (1984), S. 12 f.; Gaida/Heinze (1990), S. 11 und 35; Birgel (1994), S. 32 f.; Robl (1995), Sp. 77; Paß (1998), S. 605; siehe ferner Kreße (2014), S. 21 m.w.N. 202 Vgl.
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neuen Anbietern der Zugang zur Teilnahme am leichtesten möglich ist.207 Es steht dem öffentlichen Auftraggeber zudem frei, Unternehmen, an deren Angebot man interessiert ist, auf die öffentliche Ausschreibung aufmerksam zu machen und zum Mitbieten „einzuladen“.208 Den Angeboten liegt eine zuvor herausgegebene offizielle und detaillierte Leistungsbeschreibung zugrunde. Die Entscheidung, welcher Auftragnehmer den Zuschlag erhalten soll, wird anhand eines vorab definierten Kriterienkataloges getroffen, und soll nicht etwa zwangsläufig auf das niedrigste eingegangene Angebot fallen, sondern auf das mit der größten Wirtschaftlichkeit im Sinne eines Preis-Leistungs-Verhältnisses.209 Zu den nicht-preisbezogenen Entscheidungskriterien sind traditionell etwa „technische Leistung, Termine, Nebenleistungen wie Transport, Verpackung, Betriebsanleitungen, technische Beratung, Bereitschaft zur Ersatzteillieferung über längere Zeit hinweg, vorhandenes Gütesicherungssystem, Haftungs-, Gewährleistungs- und Garantieverpflichtungen und schließlich die Bonität des Unternehmens“ zu zählen.210 Die Angebote dürfen vom öffentlichen Auftraggeber nicht eingesehen werden, solange die Einreichungsfrist noch nicht verstrichen ist. Auf diese Weise soll unterbunden werden, dass die beschaffenden Behördenmitarbeiter nicht zu Indiskretionen oder Bestechlichkeit verleitet werden und so bestimmte Unternehmen infolge einer Informationsweitergabe in den Markt ihre Angebote nicht an bereits eingereichten Konkurrenzangeboten ausrichten können.211 Der Zuschlag stellt sodann die Willenserklärung dar, mit der der öffentliche Auftraggeber das Angebot eines Bieters annimmt (Vertrag zustande gekommen → Auftrag vergeben).212 Die unterlegenen Bieter werden über die bevorstehende Nichtannahme ihrer Angebote in Kenntnis gesetzt, ohne allerdings eine bis ins Einzelne vordringende Begründung vorzunehmen. Man will hierdurch vermeiden, dass im Falle einer näheren Entscheidungsbegründung langwierige Diskussionen mit dem öffentlichen Auftraggeber in Gang gesetzt werden, die einerseits erneute Kosten verursachen und andererseits das Risiko bergen würden, dass Details aus dem Angebot des Ausschreibungsgewinners an dessen Mitbewerber durchsickern, was 207 Vgl.
Gläser (1979), S. 11. bereits Gandenberger (1961), S. 78; ferner Zahrnt (1993), S. 589 sowie Holoubek/Klinke/Oberndorfer/Otruba/Pfanner (2004a), S. 168. 209 Vgl. Walthelm (1979), S. 68; Gläser (1979), S. 19; Gaida/Heinze (1990), S. 10; Hattenhauer/Butzert (2018), S. 229. 210 So Gläser (1979), S. 20. 211 Vgl. Däumler/Grabe (1984), S. 13. 212 Vgl. Gandenberger (1961), S. 17; Gläser (1979), S. 21; Walthelm (1979), S. 69; Pünder (2003), S. 530. 208 Vgl.
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
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perspektivisch dem Wettbewerb in dem relevanten Markt schaden kann.213 Der Name des Ausschreibungsgewinners ist den unterlegenen Bietern jedoch durchaus zu kommunizieren.214 Die öffentliche Ausschreibung stellt neben der nachfolgend beschriebenen beschränkten Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb gemäß § 8 (2) UVgO das vom Verordnungsgeber präferierte Vergabeverfahren und somit den eigentlichen Regelfall dar.215 Bei beschränkten Ausschreibungen mit Teilnahmewettbewerb erfolgt die Verfahrensabwicklung grob in zwei Schritten: Zunächst wird der relevante Markt im Wege einer öffentlichen Bekanntmachung zur Teilnahme an der Vergabe aufgefordert und erst im Anschluss wird ein eingegrenzter Kreis potentieller Auftragnehmer zur Angebotsabgabe aufgerufen. Der Teilnahmewettbewerb, dem gewissermaßen eine „Filterfunktion“ zukommt, äußert sich darin, dass vor die Angebotsabgabe eine Eignungsprüfung der Bewerber geschaltet wird, in der diese ihre Fähigkeit zur Erfüllung des zu vergebenden Auftrags zu belegen haben.216 Zum besseren Verständnis werden in nachfolgender Abbildung 4.3 die unterschiedlichen Rollen, die von den Unternehmen je nach Stand des Vergabeverfahrens eingenommen werden können, begrifflich abgegrenzt.
Abb. 4.3 Verfahrensstandsabhängige Rollen im Vergabeverfahren
213 Vgl.
Gläser (1979), S. 20. Hertwig (2001), S. 241. 215 Vgl. Schaller (2017b), S. 157; siehe ähnlich auch bereits Walthelm (1979), S. 65. 216 Vgl. Zeiger (1957), S. 404; Gaida/Heinze (1990), S. 35 f.; Robl (1995), Sp. 77; Macht/Städler (2013), S. 17 f. 214 Siehe
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Unter gewissen Umständen darf von dem vorgenannten Zwischenschritt des Teilnahmewettbewerbs abgesehen werden, und zwar dann, wenn eine vorherige öffentliche Ausschreibung ohne wirtschaftliches Ergebnis geblieben ist oder der Aufwand einer öffentlichen oder beschränkten Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb im Missverhältnis zum erreichbaren Vorteil oder dem Wert der Leistung steht.217 Nur in besonderen Situationen darf der öffentliche Auftraggeber gemäß § 8 (4) UVgO von den oben genannten Instrumentarien Abstand nehmen und Aufträge im Wege der Verhandlungsvergabe – ob mit oder ohne Teilnahmewettbewerb ist wiederum der Vergabestelle überlassen – zuteilen. Unter folgenden Umständen kann eine Verhandlungsvergabe als legitim eingestuft werden:218
– bei Beschaffungen konzeptioneller oder innovativer Lösungen, – bei komplexen oder besonderen rechtlichen bzw. finanziellen Rahmenbedingungen, – bei nicht eindeutig und erschöpfend zu beschreibenden Leistungen, – nach Aufhebung einer (öffentlichen oder beschränkten) Ausschreibung, – bei Anpassungen bereits verfügbarer Lösungen, – bei Leistungen zur Erfüllung wissenschaftlich-technischer Fachaufgaben, – bei Aufträgen im Anschluss an Entwicklungsleistungen, – wenn der Aufwand einer (öffentlichen oder beschränkten) Ausschreibung im Missverhältnis zum erlangten Vorteil oder dem Wert der Leistung steht, – bei besonderer Dringlichkeit, – wenn die Leistungserbringung nur durch ein Unternehmen möglich ist, – bei Käufen über Warenbörsen, – bei Erneuerungs- und Erweiterungsleistungen des ursprünglichen Auftragnehmers, – bei Beschaffung von Ersatzteilen und Zubehörstücken, – wenn sich eine besonders vorteilhafte Beschaffungsgelegenheit bietet, – wenn besondere Geheimhaltungs- oder Sicherheitsaspekte zum Tragen kommen, – wenn die Leistung auch von Behindertenwerkstätten, Sozialunternehmen oder Justizvollzugsanstalten erbracht werden kann sowie – bei Beachtung von Wertgrenzen durch Bundes- oder Landesministerien (inklusive Wertgrenzen für Vergaben im Ausland). 217 Vgl. 218 Vgl.
Ley/Wankmüller (2017), S. 61; ähnlich bereits Herbst (1965), S. 52 ff. Ley/Wankmüller (2017), S. 61.
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
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Offenkundig liegen hier durchaus beträchtliche Auslegungsspielräume auf Seiten des öffentlichen Auftraggebers vor, was in zum Teil sehr heterogenen Vergabepraktiken mündet.219 So kommt es bei einigen Vergabestellen fast immer zu einer öffentlichen Ausschreibung, weil die vorgenannten Ausnahmetatbestände als nicht erfüllt betrachtet werden, während andere Auftraggeber wiederum „kaum an die Öffentlichkeit treten“220 . Stellenweise werden vorgenannte Ermessensspielräume auch zur präferierten Beauftragung oder zum Schutz regionaler oder lokaler Anbieter bewusst ausgenutzt.221 Gerade weil öffentliche Aufträge häufig technisch hochkomplexe Projekte von zudem besonderer Größenordnung betreffen, wird vielfach davon ausgegangen, dass von vornherein nur ein begrenzter Anbieterkreis zur Leistungserstellung in der Lage ist und somit auf eine Ausschreibung verzichtet werden kann.222 Die Verhandlungsvergabe zeichnet sich dadurch aus, dass der öffentliche Auftraggeber während des Vergabeprozesses mit dem bzw. den präferierten Auftragnehmer(n) kommunizieren und nach eigenem freien Ermessen vertragliche Aspekte diskutieren („verhandeln“) kann.223 Es bestehen insofern hier nur relativ geringe Unterschiede zu herkömmlichen privatwirtschaftlichen Beschaffungsprozessen auf „normalen“ Märkten.224 Durch dieses Fehlen förmlicher bürokratischer Verfahrensvorschriften gestaltet sich der Leistungsbezug über Verhandlungsvergaben „für die öffentlichen Beschaffungsstellen einfacher und weniger zeitraubend als über eine öffentliche oder beschränkte Ausschreibung“225 . Kommt es jedoch im Vorfeld zu einem Teilnahmewettbewerb, so werden zunächst die Marktteilnehmer in unbeschränkter Zahl öffentlich aufgefordert, einen Teilnahmeantrag für den Teilnahmewettbewerb einzureichen, wobei jedes interessierte Unternehmen einen solchen Antrag stellen kann. Diesem beizufügen sind die für die Eignungsprüfung erforderlichen Nachweise. Die für den abzuwickelnden Auftrag als grundsätzlich tauglich erachteten Akteure werden sodann aufgefordert, ein offizielles Erstangebot abzugeben, dem nachträgliche Abstimmungen oder das Nachreichen ergänzender Dokumente folgen können. Ist die Entscheidung zugunsten eines Bieters gefallen, so ist diesem der Zuschlag zu 219 So
auch Gläser (1979), S. 11. Gaida/Heinze (1990), S. 12. 221 Vgl. Gaida/Heinze (1990), S. 36. 222 Vgl. Busse von Colbe/Hammann/Laßmann (1992), S. 52. 223 Vgl. Zeiger (1957), S. 404; Gandenberger (1961), S. 45; Ley/Wankmüller (2017), S. 88. 224 Vgl. bereits Herbst (1965), S. 54 ff. und Bös (1968), S. 206. Etwas a.A. gleichwohl Zuber (1977), S. 144. 225 So Robl (1995), Sp. 77. 220 So
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erteilen und die Vertragsverhandlungen sind zu initiieren. Die unterlegenen Bieter sind auch hier zwingend über ihre Nichtberücksichtigung zu unterrichten.226 Erfolgt die Verhandlungsvergabe direkt, d. h. ohne vorgelagerten Teilnahmewettbewerb, so werden nach Möglichkeit mehrere – grundsätzlich mindestens drei – vorselektierte Anwärter zur Abgabe von Erstangeboten aufgefordert oder gar direkt zur Teilnahme an den Verhandlungsrunden eingeladen.227 Gleichwohl unterstellt das Vergaberecht wie oben schon erwähnt, in gewissen Fällen könne nur ein spezifischer Anbieter den öffentlichen Bedarf erfüllen, sodass zuweilen – die Regelung ist als Ausnahmevorschrift allerdings eng auszulegen – rechtmäßig auch nur mit einem Unternehmen verhandelt werden darf.228 Für Auftragsvolumina bei Lieferungs- und Dienstleistungen, die dem oberschwelligen Bereich zuzurechnen sind, greifen sodann die Normen der Vergabeverordnung (VgV), die mit dem Wettbewerbsrecht (GWB Teil 4, §§ 97 ff.) verknüpft ist. Es ist zu konstatieren, dass bei den Verfahrensarten zwar stellenweise eine abweichende Terminologie verwendet wird, die prozessualen Herangehensweisen jedoch denjenigen im unterschwelligen Bereich im Wesentlichen stark ähneln. Somit liegt de facto für jedes national anerkannte Vergabeverfahren quasi ein direktes europäisches Pendant vor, sodass sich in Bezug auf Aspekte der Preisbildung und der Zuschlagserteilung eine weitere analytische Differenzierung an dieser Stelle erübrigt.229 Im Bereich der europaweiten Vergaben stehen grundsätzlich vier (bzw. fünf) Vergabearten zur Disposition, wobei das sog. Offene Verfahren, im Wesentlichen kongruent mit der Öffentlichen Ausschreibung im nationalen Vergabebereich, das vorrangige und somit prinzipiell anzuwendende Instrumentarium darstellt. Das Offene Verfahren gibt keine Eingangsvoraussetzungen vor und ist demnach theoretisch stets zulässig, auch wenn die Voraussetzungen für nachgelagerte Vergabeverfahren erfüllt sein sollten.230 Des Weiteren zu nennen ist sodann das Nichtoffene Verfahren, welches sich hinsichtlich des Vergabeprocedere analog zur
226 Vgl.
Meyer-Hofmann/Tönnemann (2009), S. 558; Ley/Wankmüller (2017), S. 89. Busse von Colbe/Hammann/Laßmann (1992), S. 52; Schaller (2011b), S. 301; Tschäpe (2014), S. 542; Ley/Wankmüller (2017), S. 89; Lausen (2017), S. 6; dies klingt auch bereits an bei Mitzlaff (1976), S. 44; Zuber (1977), S. 144 sowie Reichelstein/Reichelstein (1987), S. 44. 228 Vgl. Ley/Wankmüller (2017), S. 91. 229 Für eine Gegenüberstellung der jeweils artverwandten Verfahren vgl. bereits Gaida/Heinze (1990), S. 78. 230 Vgl. Kus (2006), S. 853; Bundeskartellamt (2011), S. 41. 227 Vgl.
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beschränkten Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb verhält und somit mehrere Bieter eines zuvor abgegrenzten Teilnehmerkreises zur Angebotsabgabe auffordert.231 Ausdrücklich betont sei jedoch, dass das Nichtoffene Verfahren – im Gegensatz zu den Unterschwellenvergaben, bei denen Öffentliche Ausschreibung und Beschränkte Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb hierarchisch auf eine Stufe gestellt werden (Wahlrecht)232 – im Vergleich zum Offenen Verfahren als nachrangig zu bewerten ist. Aus dem expliziten Vorrang der Ausschreibungsverfahren gegenüber den alternativen Verfahrenstypen resultiert folgerichtig, dass sog. Direktvergaben, bei denen ein öffentlicher Auftrag unter Umgehung der Vergabevorschriften unmittelbar und „freihändig“ an ein bestimmtes Unternehmen vergeben wird, obwohl wahrscheinlich eine Reihe von Anbietern den öffentlich Bedarf decken könnte, gemeinhin als der denkbar schwerste Vergaberechtsverstoß gewertet wird, da nicht bloß einzelne Detailvorschriften missachtet werden, sondern vielmehr die auf Transparenz, Wettbewerb und Gleichbehandlung abzielende Stoßrichtung des Vergaberechts prinzipiell untergraben wird.233 Lediglich wenn auch nach einer Markterkundung234 und der Suche nach alternativen Lösungsansätzen keinerlei geeignete Alternativprodukte auszumachen sind, kann als letztes Mittel auf eine Direktvergabe zurückgegriffen werden. „Da dies nur selten der Fall sein dürfte, führt dies dazu, dass für eine Direktvergabe oftmals kein Raum besteht.“235 In jedem Falle zeigt sich an dieser Stelle, dass die Beschaffungsbehörde zunächst den vor ihr liegenden Markt zu sondieren hat. Hier wird eine übliche Erkundung des relevanten Marktes im Wege einer durchaus gewissenhaften, aber nicht unbedingt mehrere Monate umfassenden Analyse in aller Regel genügen.236 Die anfängliche Markterkundung durch den öffentlichen Auftraggeber wird zum Teil als faktisch obligatorischer, für nachfolgende Entscheidungen bedeutender 231 Vgl.
Paß (1998), S. 605. Lausen (2017), S. 5. 233 Vgl. Hertwig (2001), S. 242; Dörn (2015), S. 7; Simonis (2016), S. 75. 234 Naheliegende Mittel zur Markterkundung sind etwa die Suche von Angebotsinformationen im Internet, Befragungen anderer Beschaffungsstellen oder die Konsultation von neutralen, vertrauenswürdigen Sachverständigen. Nicht jedoch dürfen tatsächliche Ausschreibungen ohne fundierte Kontrahierungsabsicht durchgeführt werden, nur um den Markt zu erkunden, so bspw. Hertwig (2009), S. 131. „Im Hinblick auf den Umfang und die Dauer der Erkundung kann es sich um eine Zustands- oder Entwicklungserkundung handeln; im ersten Fall spricht man von Marktanalyse, im zweiten Fall von Marktbeobachtung“, so in betriebswirtschaftlichem Kontext bereits Grochla (1962), S. 708. 235 Rechten/Portner (2014), S. 277. 236 Vgl. Kus (2006), S. 858. 232 Vgl.
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und daher zu dokumentierender Prozessschritt dargestellt, damit ein Überblick darüber erlangt werden kann, ob es überhaupt einen Markt für die benötigte Leistung gibt oder ob sich womöglich bisher unbekannte Produkte für das in Rede stehende Beschaffungsvorhaben eignen könnten und ob Argumente ersichtlich sind, bestimmte Wettbewerber a priori unberücksichtigt zu lassen.237 Diese Bedenken beziehen sich ausdrücklich auch auf Zusatz- oder Nachtragsleistungen, bei denen nicht selten trotz theoretischer Möglichkeit und Notwendigkeit auf einen erneuten Vergabewettbewerb verzichtet und der Ursprungsanbieter auf direktem Wege erneut beauftragt wird. Die häufige Folge ist in diesen Konstellationen der Versuch des Anbieters, über besonders hohe Preisforderungen sein scharf kalkuliertes, margenschwaches Angebot aus der vorherigen Ausschreibung zu kompensieren. Dies gelingt ihm auch regelmäßig, da der öffentliche Auftraggeber durch die Andersartigkeit des Folgeauftrags das vorherige Hauptangebot nicht unmittelbar als Referenzgröße heranziehen kann.238 Ein gesondert zu beurteilender Grenzfall kann indessen – um ein konkretes Beispiel zu nennen – dann vorliegen, wenn etwa Softwarekomponenten beschafft werden sollen und im Falle des Umstiegs auf eine gänzlich neue Software das Risiko von Fehlfunktionen oder Kompatibilitätsschwierigkeiten ungleich höher ausfiele als bei einer „sanften Migration“, die lediglich im Wege eines Upgrades auf die bestehende Softwarelösung desselben Anbieters vollzogen wird.239 Da aber durch ein solches Vorgehen eine Rückkehr zum wenig haushaltsschonenden „Hoflieferantentum“ – welches durch das Vergaberecht eigentlich abgeschafft werden sollte – die Folge sein kann, ist die Unterstellung von Ausschließlichkeitsrechten bestimmter Anbieter stets äußerst kritisch zu hinterfragen.240 Der Ausschreibungsvorrang im öffentlichen Auftragswesen lässt sich sowohl theoretisch als auch empirisch fundieren. Die öffentliche Vergabe von Gütern und Leistungen hat nicht nur zum Ziel, individuelle Anforderungen des öffentlichen Auftraggebers zu befriedigen. Sie geschieht auch deshalb, weil häufig gerade infolge dieser Individualität ein entsprechender Markt (noch) nicht besteht und daher auf herkömmliche Weise auch kein Preis erkennbar ist. Durch das wettbewerbliche Vergabeverfahren wird sodann erst „künstlich ein Markt geschaffen, der
237 Siehe
hierzu Birgel (1994), S. 36 und 42 f.; Kainer (2018), S. 390; Roth (2018), S. 79 f.; Reisner (2019), S. 65; zu einer bloßen Fakultativität in Bezug auf die Markterkundung vgl. hingegen die Einlassungen bei Gabriel/Voll (2019), S. 86 f. 238 Vgl. Kautz (1984), S. 44. 239 Vgl. Rechten/Portner (2014), S. 278. 240 Vgl. Kainer (2018), S. 387.
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die Ermittlung eines Marktpreises für die individuelle Leistung ermöglicht“241 . Formalisierte Vergabewettbewerbe sind, wie bereits angeklungen ist, gleichwohl auch bei „nicht-individuellen“ Lieferungen und Leistungen Vorschrift. Ausschreibungen führen ferner deshalb zu günstigeren Beschaffungspreisen, weil sich Bieter, die ihre Angebote in dem Bewusstsein einreichen, dass über selbige nicht weiter verhandelt werden kann und Angebotsnachbesserungen von vornherein ausscheiden, bei ihrer Preisgestaltung stets an der unteren Grenze des für sie Vertretbaren orientieren müssen, um eine reelle Chance auf die Zuschlagserteilung zu wahren.242 Als problematisch ist zu bezeichnen, dass bei unzulässigen Direktvergaben erst ein tatsächlicher finanzieller Schaden nachgewiesen werden muss, ehe eine juristische Sanktionierung erfolgen kann. Ein Abgleich der Preise mit fiktiven, niemals stattgefundenen Ausschreibungen lässt sich allerdings nicht fundiert konstruieren. Theoretisch denkbar ist es jedenfalls durchaus, dass sich durch eine ordnungsgemäße, wettbewerbliche Vergabe womöglich ausnahmsweise kein günstigerer Preis für den öffentlichen Auftraggeber ergeben hätte. Hinzu kommt, dass gerade eine vergaberechtlich saubere Ausschreibung nicht zuletzt das Ziel verfolgt, einen oftmals auf anderem Wege infolge der Spezifität der Leistung nicht ermittelbaren Marktpreis erst zu generieren. Dieser Nachweis des Vermögensschadens als quasi „unüberwindbare Hürde“ kann für Vergabestellen bei lebensnaher Betrachtung einen Anreiz erzeugen, die vergaberechtlichen Vorschriften hinsichtlich des Ausschreibungsgebots mitunter zu ignorieren oder zumindest nicht hinreichend ernst zu nehmen.243 Dessen ungeachtet soll das sog. Verhandlungsverfahren, das gewissermaßen als Pendant zur unterschwelligen Verhandlungsvergabe interpretierbar ist, offiziell nur in besonderen Ausnahmefällen als Mittel der Wahl fungieren. Auch hier kann die Auftragsvergabe mit oder ohne im Vorfeld abgehaltenen Teilnahmewettbewerb vollzogen werden. Während im Offenen und Nichtoffenen Verfahren nicht weiter über eingegangene Angebote inhaltlich verhandelt werden darf, besteht im Verhandlungsverfahren geradezu die Pflicht zur (zum Teil langwierigen) Verhandlung.244 Wie die Verhandlungsgespräche von den Akteuren konkret zu führen
241 So
Hohmann (2001), S. 567. Gandenberger (1961), S. 37 f.; Bös (1968), S. 191; Däumler/Grabe (1984), S. 13; Simonis (2016), S. 75; auch Schütte (2004), S. 237, bemerkt, dass Bieter bei Vergabeverfahren mit späteren Verhandlungsmöglichkeiten taktisch vorgehen und oftmals zunächst mit einem bewusst überhöhten Angebotspreis in das Verfahren einsteigen. 243 Vgl. Simonis (2016), S. 75–77. 244 Vgl. hierzu Gläser (1979), S. 11; Hertel/Ludwig (1992), S. 38; Birgel (1994), S. 38; Schütte (2004), S. 237 und 242; Probst/Winters (2015), S. 123. 242 Vgl.
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sind, hat der Gesetzgeber allerdings weitestgehend offen gelassen.245 Generell verfügt der öffentliche Auftraggeber im Bereich des Verhandlungsverfahrens über bedeutende prozessuale und administrative Freiheitsgrade.246 Der Teilnahmewettbewerb stellt im Übrigen keine Besonderheit des Verhandlungsverfahrens dar, sondern ist in derselben Form auch Teil des Nichtoffenen Verfahrens.247 Stets sind die öffentlichen Auftraggeber grundsätzlich in der Entscheidung frei, mit wie vielen und mit welchen Bewerbern sie in die Verhandlungsphase eintreten, solange der Wettbewerb unter den Unternehmen gesichert ist.248 Zu beachten gilt weiterhin, dass der öffentliche Auftraggeber im Zuge des Verfahrens stets die Option hat, die Anzahl der Angebote, über die verhandelt wird, sukzessiv zu verringern. Demgegenüber ist es nicht unüblich, dass sich ein Unternehmen während des Verhandlungsverfahrens dergestalt äußert, dass es nicht weiter an den Verhandlungsrunden beteiligt sein will. Die durch das laufende Verhandlungsverfahren auf Seiten der Bieter verursachten Kosten können vor allem bei komplexen Lieferungen und Leistungen beträchtlich sein und zuweilen eine Abwägung von Chancen und Risiken in Bezug auf die weitere Verfahrensbeteiligung unternehmerisch geboten erscheinen lassen.249 Der Veranstalter des Vergabeverfahrens hat in einem solchen Fall in der Regel ein Interesse daran, anstelle des ausgeschiedenen Bewerbers den im Teilnahmewettbewerb nächstplatzierten Akteur nachzunominieren und ihn zur Angebotsabgabe aufzufordern. So kann der Wettbewerbsdruck unter den Bietern effektiv aufrechterhalten werden. Dies entspricht zudem der Intention des Vergaberechts, welches auch in den nachrangigen Verfahrensarten auf größtmöglichen Wettbewerb abzielt.250 Vorgenannte Nachnominierung ist stets dann zulässig, wenn folgende Kriterien erfüllt werden:251 1. Der Nachnominierte hat am Teilnahmewettbewerb mitgewirkt und die vom öffentlichen Auftraggeber definierten Mindestanforderungen an die Eignung erfüllt. (Die übrigen Wettbewerber haben einen berechtigten Anspruch auf 245 Vgl.
Quilisch (2003), S. 249. Quilisch (2003), S. 250. 247 Vgl. Favier/Schüler (2016), S. 768. 248 Vgl. Schütte (2004), S. 237; Tschäpe (2014), S. 544; ähnlich bereits Hellwig (1977), S. 210 249 Vgl. Favier/Schüler (2016), S. 768. Normalerweise stehen den Bietern keine Entschädigungen für den bei der Angebotserstellung entstandenen Aufwand zu; vgl. Birgel (1994), S. 37. 250 Vgl. Tschäpe (2014), S. 541; Favier/Schüler (2016), S. 768 f. 251 Vgl. im Folgenden Favier/Schüler (2016), S. 769. 246 Vgl.
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den Ausschluss von Konkurrenten, deren Angebote die Mindestanforderungen nicht erfüllen. Dieser würde entwertet, wenn der öffentliche Auftraggeber aufgrund des unerwarteten Rückzugs eines Anbieters auf seine eigenen Mindestanforderungen verzichten dürfte.) 2. Der Nachnominierte ist unter den zunächst nicht berücksichtigten Teilnehmern der Beste, gemessen an den bekanntgemachten objektiven Kriterien. Er darf folglich nur deshalb zunächst nicht zum Zuge gekommen sein, weil die Vergabestelle die maximal mögliche Anzahl an Bietern in der Bekanntmachung vorgegeben hat und die Teilnahmeanträge von ebenso vielen Unternehmen, inklusive des freiwillig ausgeschiedenen, für geeigneter gehalten wurden. 3. Darüber hinaus darf die Frist zur Einreichung von Erstangeboten noch nicht verstrichen sein. Aus Sicht der verfahrensbeteiligten Unternehmen ist es aus strategischen Erwägungen heraus von Interesse, mit wie vielen Wettbewerbern sie in dem jeweiligen Vergabeverfahren insgesamt zu rechnen haben. Ein Anrecht der Bieter auf Schutz vor der Ansprache zusätzlicher Unternehmen offenbart sich gleichwohl nur dahingehend, dass die maximal mögliche Zahl der Bewerber bekanntgemacht wurde. Dieses Anrecht wird nicht dadurch verletzt, dass nach dem Ausscheiden eines Bieters ein weiteres Unternehmen zur Angebotsabgabe aufgefordert wird, da die Anzahl der Bieter letztlich die gleiche bleibt.252 Ferner muss konstatiert werden, dass ein Verzicht auf die Nachnominierung eines Unternehmens aus dem Teilnahmewettbewerb zum Schutze der ursprünglich vorgesehen Wettbewerber schon allein deshalb nicht sachlogisch begründbar erscheint, weil die ursprünglich vorgesehenen Wettbewerber gemäß den Soll-Vorstellungen des Vergaberechts weder wissen welche, noch wie viele Konkurrenten zur Angebotsabgabe aufgefordert wurden. Das Vergabeverfahren stellt grundsätzlich eine geheime Wettbewerbsveranstaltung dar.253 Ohne vorgelagerten Teilnahmewettbewerb abgewickelte Verhandlungsverfahren sind faktisch Direktvergaben (ohne jedwede Umwege) und wiederum nur dann gestattet,
252 Vgl.
Favier/Schüler (2016), S. 769. Gandenberger (1961), S. 36 f. und 175 f.; Kramer (2008), S. 83; Favier/Schüler (2016), S. 769. Im Übrigen sei angemerkt, dass es in Verhandlungsverfahren zudem weit verbreitet ist, die Vergabe im Sinne des § 17 (14) S. 1 VgV explizit mit einem sog. Last Call oder auch Best and Final Offer (BAFO), d. h. einem letztmaligen Aufruf des öffentlichen Auftraggebers an das Teilnehmerfeld zur Abgabe eines Schlussangebotes, zu beenden.
253 Vgl.
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– wenn keine wirtschaftlichen Angebote vorgelegen haben, – wenn Forschungs- und Entwicklungsleistungen bezogen werden sollen, – wenn die nachgefragte Leistung nach realistischer Einschätzung nur von einem bestimmten Auftragnehmer erbracht werden kann, – wenn eine besondere Dringlichkeit vorherrscht, – wenn Zusatz- oder Wiederholungslieferungen von Dienstleistungen beschafft werden sollen, – wenn der am besten geeignete Bieter bereits im Vorfeld klar ermittelt werden kann, – wenn Güter über Warenbörsen bezogen werden sollen oder – wenn sich besonders günstige Beschaffungsbedingungen bieten. Es zeigen sich in Anbetracht des vorgenannten Ausnahmenkataloges zum einen eine nicht unerhebliche Ähnlichkeit zu den Sondertatbeständen für die Verhandlungsvergabe im unterschwelligen Vergabebereich sowie zum anderen abermals relativ große Anwendungs- und Auslegungsbreiten in der Formulierung. Es verwundert daher wenig, dass den direkten Vergaben ohne Teilnahmewettbewerb – trotz des eigentlichen Vorrangs der verschiedenen Ausschreibungsspielarten, bei denen der wettbewerbliche Aspekt zum Tragen kommt – traditionell eine sehr hohe Praxisrelevanz nachgesagt wird und entgegen den Vorschriften nicht nur ausnahmsweise auf diese zurückgegriffen wird.254 Des Weiteren existiert mit dem sog. Wettbewerblichen Dialog im oberschwelligen Bereich ein weiteres Vergabeverfahren.255 Dieser ist für Fälle konzipiert worden, bei denen sehr komplexe Problemlösungen realisiert werden sollen, deren konkrete Spezifikationen erst im Zuge der Projektverwirklichung hinlänglich bekannt und erörtert werden (können). Während der öffentliche Auftraggeber beim oben genannten Verhandlungsverfahren die gewünschte Leistung zwar nicht vollkommen eindeutig charakterisieren und beschreiben kann, so kann er dies sehr wohl wenigstens in den Grundzügen. Beim Wettbewerblichen Dialog hingegen ist selbst dies nicht möglich und die technologischen, finanziellen und rechtlichen Eckpfeiler des Auftrags ergeben sich erst peu à peu, wobei wesentliche Teile der Planung und Konzeptionierung des Projektes aufgrund des Wissensvorsprungs bewusst von vornherein auf die Bieter übertragen werden.256 Typisch für 254 Vgl.
Kailing (1970), S. 233 ff.; Birgel (1994), S. 35; Robl (1995), Sp. 77; Müglich (1997), S. 458; Quilisch (2003), S. 249; Schaller (2017b), S. 156. In Bezug auf das Beispiel militärischer Beschaffungen bemängelt ferner Höfler (2015), S. 742, die regelmäßig fehlende wettbewerbliche Auftragsvergabe „trotz bestehender Ausschreibungspflicht“. 255 Vgl. zur Einführung des Wettbewerblichen Dialogs Schröder (2007), S. 216 ff. 256 Vgl. Kus (2006), S. 863; Lensdorf (2006), S. 139; Schröder (2007), S. 217.
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derartige Aufträge ist es, dass der öffentliche Auftraggeber sich mit den potentiellen Auftragnehmern in einem fortwährenden Austausch befindet und seinen Bedarf mit steigendem Kenntnisstand über die Projektcharakteristika sukzessiv konkretisiert. Wenn erkennbar keine brauchbare Lösung gefunden werden kann, ist der Wettbewerbliche Dialog abzubrechen.257 Sobald jedoch ein wirksames Lösungskonzept vorliegt, sollte das Verfahren – bei rechtsverbindlicher Geltung der bis hierher vereinbarten wesentlichen Vertragsbestandteile wie bspw. dem Preis – ebenso ordnungsgemäß für beendet erklärt werden.258 Als Beschaffungsvorhaben, bei denen der Wettbewerbliche Dialog das geeignete Verfahren sein kann, hat der europäische Normgeber seinerzeit etwa „bedeutende integrierte Verkehrsinfrastrukturprojekte“ oder auch „große Computernetzwerke“ angeführt.259 Teilkomplexität der Leistungen genügt hierbei nicht, um den Wettbewerblichen Dialog als Vergabeverfahren zu rechtfertigen. Die Vielschichtigkeit sollte sich Teilen des Schrifttums zufolge prinzipiell auf den Auftrag als Ganzes beziehen.260 Grundsätzlich sollte der Wettbewerbliche Dialog nur für solche Vergaben eingesetzt werden, bei denen die Bedürfnisbefriedigung der beschaffungswilligen Behörde auf mehrere Arten möglich ist, d. h. es existieren zunächst mehrere Lösungsmöglichkeiten für die zugrundeliegende Problemstellung, wobei es der Vergabestelle objektiv unmöglich ist, zu beurteilen, welche dieser Lösungen als die geeignetste anzusehen ist.261 Ist der öffentliche Aufraggeber mit zumutbarem Aufwand fähig, die notwendigen Bedingungen in technischer, rechtlicher und finanzieller Hinsicht zu determinieren, darf also nicht auf den Wettbewerblichen Dialog zurückgegriffen werden.262 Über das Verhältnis zwischen dem zuvor erläuterten Verhandlungsverfahren und dem Wettbewerblichen Dialog hinsichtlich einer relativen Vor- oder Nachrangigkeit sind sich die juristischen Kommentatoren im Übrigen uneins.263 Es kann also davon ausgegangen werden, dass eine klare Gemengelage vielmals nicht zu erkennen sein wird und beide genannten Verfahren ernsthaft in Betracht gezogen werden können.
257 Vgl.
Klimisch/Ebrecht (2011), S. 207. Klimisch/Ebrecht (2011), S. 208. 259 Vgl. Europäisches Parlament (2004), S. 9. 260 Vgl. Lensdorf (2006), S. 141 f.; Schröder (2007), S. 218; indessen offenbar a.A. Kus (2006), S. 859. 261 Vgl. Schröder (2007), S. 219. 262 Vgl. Europäische Kommission (2005), S. 2. 263 Vgl. Knauff (2005), S. 256, der dem Wettbewerblichen Dialog Vorrang gegenüber dem Verhandlungsverfahren zuspricht; a.A. hingegen Kus (2006), S. 853. 258 Vgl.
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In prozessualer Hinsicht setzt sich dieses Verfahren aus den folgenden vier grundlegenden Phasen zusammen: Bekanntmachungsphase, Auswahlphase, Dialogphase und Wertungsphase.264 Auch dem Wettbewerblichen Dialog ist also nach dessen europaweiter Bekanntmachung zunächst ein Teilnahmewettbewerb vorauszugehen.265 Es zeigt sich also, dass der Wettbewerbliche Dialog – auch wenn der Name womöglich etwas anderes suggerieren mag – ebenfalls ein Vergabeverfahren mit klaren Formvorgaben darstellt.266 Maßgeblich ist zudem, dass es sich beim Wettbewerblichen Dialog – der Name deutet es bereits an – ebenfalls um einen wettbewerbsorientierten Vergabetyp handelt. Es ist sicherzustellen, dass mit mehreren Unternehmen in den Dialog eingetreten wird, „um einen echten Wettbewerb sicher zu stellen“267 . In Bezug auf die anfängliche Teilnehmerzahl wurde von den europäischen Institutionen die Untergrenze von drei Bewerbern veranschlagt.268 In der eigentlichen Dialogphase ist der öffentliche Auftraggeber gestalterisch weitestgehend frei, sodass mit den (mindestens drei) Teilnehmern der anvisierte Auftrag detailliert und unter eigener technologischer, rechtlicher oder finanzieller Schwerpunktsetzung diskutiert werden kann.269 Hierbei gilt die Maßgabe, dass unternehmensspezifische Lösungskonzepte nicht ohne die Zustimmung des betreffenden Bewerbers an die übrigen Dialogteilnehmer weiterkommuniziert werden dürfen.270 Faktisch wird es gleichwohl so sein, dass der öffentliche Auftraggeber zuweilen kaum in der Lage sein dürfte, bestimmte Informationen, die er im Rahmen eines Dialoggespräches übermittelt bekommen hat, in anderen Gesprächen strikt auszuklammern oder bevorzugte Konzeptmerkmale Dritten in Gänze zu verschweigen.271 Wenn allerdings Fragen an den öffentlichen Auftraggeber gerichtet werden, die von allgemeiner Relevanz für das Verfahren sind, so haben alle Mitbewerber – wie bei den übrigen Vergabeverfahren auch – offiziell ein Anrecht, über deren Klärung gleichzeitig und anonymisiert in Kenntnis gesetzt zu werden.272
264 Vgl.
Kus (2006), S. 857; Probst/Winters (2015), S. 123. Klimisch/Ebrecht (2011), S. 204. 266 So auch Lensdorf (2006), S. 140. 267 Schröder (2007), S. 221; ähnlich auch Lensdorf (2006), S. 140; Klimisch/Ebrecht (2011), S. 205. 268 Vgl. Europäisches Parlament (2004), S. 48. 269 Vgl. Schröder (2007), S. 222. 270 Vgl. Lensdorf (2006), S. 140; Klimisch/Ebrecht (2011), S. 205. 271 So Mösinger (2009), S. 697. 272 Vgl. Klimisch/Ebrecht (2011), S. 207; UfAB VI (2015), S. 38. 265 Vgl.
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
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Angemerkt sei ferner, dass es zumindest theoretisch möglich ist, einen gemeinsamen Dialog mit mehreren Bewerbern zu führen, sofern sich diese hierzu bereit erklären.273 Doch dürfte diese Konstellation aufgrund der Gefahr, unternehmensspezifische Lösungen, innovative Konzepte oder andere wettbewerbserhebliche Informationen preiszugeben, nur von sehr geringer Attraktivität für die teilnehmenden Unternehmen sein. Im Zuge der Dialogphase ist es ferner gestattet, bestimmte Bewerber, bei denen sich Zweifel hinsichtlich deren Eignung herauskristallisieren, aus dem Verfahren ausscheiden zu lassen. Kommt es letztlich zu der Einreichung von finalen Angeboten, so ist sicherzustellen, dass mindestens zwei Bewerber im Wettbewerb verblieben sind, um dem Wettbewerbsgrundsatz auch noch gegen Ende des Verfahrens gerecht zu werden.274 Der öffentliche Auftraggeber muss sich zum Ende der Dialogphase darüber im Klaren sein, dass vergaberechtlich potentiell verschiedenartige Konzepte bzw. Lösungen seinen Bedürfnissen entsprechen und somit akzeptiert werden können.275 Durch die auch zum Ende noch evidente bzw. zumindest geforderte Wettbewerbssituation ergibt sich, dass preisrechtlich die Marktgängigkeit der Leistung und somit „Marktpreise“ beim Wettbewerblichen Dialog grundsätzlich möglich erscheinen.276 Schließlich ist auch auf die relativ neue Oberschwellen-Vergabeart der Innovationspartnerschaft Bezug zu nehmen.277 Lange Zeit erfolgte die Förderung von Innovationen durch die öffentliche Hand ausschließlich über projektbezogene oder institutionelle Zuwendungen, wobei keine direkte, abgrenzbare Gegenleistung erfolgte, mithin auch kein öffentlicher Beschaffungsbedarf befriedigt wurde.278 An das Vergaberecht ist der öffentliche Sektor bei der Vergabe von Zuwendungen an F&E-Leistungen erbringende Akteure zudem grundsätzlich nicht gebunden. Im Wege der Vergabe einer Innovationspartnerschaft soll diese Lücke geschlossen werden, indem ein Verfahren zur Entwicklung innovativer, noch nicht auf dem Markt verfügbarer Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen mit der Möglichkeit des anschließenden Erwerbs, ohne hierfür eine erneute Ausschreibung bzw. Vergabe durchführen zu müssen, bereitgestellt wird. Der Gesamtwert eines Auftrags bemisst sich sodann an dem geschätzten Wert der vorgelagerten Forschungs273 Vgl.
Europäische Kommission (2005), S. 7. Schröder (2007), S. 222 f. 275 Vgl. Schröder (2007), S. 223. 276 So auch Michaelis/Rhösa/Pauka (1954 ff.), § 4, S. 10. 277 Vgl. Krönke (2016), S. 570; Hattenhauer/Butzert (2017), S. 129. 278 Vgl. hierzu und zum Folgenden vor allem Schaller (2016), S. 532; Schaller (2017a), S. 62 ff. 274 Vgl.
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
und Entwicklungsleistungen während sämtlicher Projektphasen zuzüglich des anschließenden Erwerbs der neu entwickelten Lieferung oder Leistung. Zum tatsächlichen Erwerb der hervorgegangenen Technologie ist die Behörde aber nur dann verpflichtet, wenn im Vorfeld eingegrenzte Qualitäts- und Kostenniveaus vom Auftragnehmer tatsächlich eingehalten werden. Insofern kann auch hier hinsichtlich des fertigen Produkts nur von einem begrenzten Kontrahierungszwang für die Vergabestelle gesprochen werden. Aus „herkömmlichen“ bzw. traditionellen Vergabeverfahren bekannte Elemente finden sich auch in der Innovationspartnerschaft wieder. Im Zuge einer öffentlichen Bekanntmachung wird eine unbegrenzte Zahl potentieller Kooperationspartner dazu eingeladen, sich um die jeweilige Innovationspartnerschaft zu bewerben. Die Teilnahmeanträge aller Interessenten sind vom öffentlichen Auftraggeber zu prüfen und zu bewerten, wobei die Anzahl der an den nachfolgenden Verhandlungsrunden beteiligten Bewerber abermals von der Vergabestelle im Hinblick auf Eignungsaspekte limitiert werden kann. Schlussendlich sieht diese Vergabeart vor, dass die an den Innovationsleistungen interessierte Vergabestelle einem oder mehreren Bewerbern den Zuschlag zu einer Innovationspartnerschaft erteilt, sodass aus einem Vergabeprozess unter Umständen mehrere getrennt zu behandelnde Innovationspartnerschaften erwachsen können.279 Prinzipiell sollen zwar auch bei dieser Vergabeart wettbewerbsorientierte Mechanismen greifen mit der Folge, dass die Konkurrenzsituation seitens des Auftraggebers nicht verfälscht, behindert oder auf sonstige Weise eingeschränkt werden darf.280 Es ist jedoch dem Auftraggeber theoretisch durchaus möglich – hier unterscheidet sich die Innovationspartnerschaft von der Verhandlungsvergabe oder dem Wettbewerblichen Dialog – von Anfang an nur mit einem Unternehmen in die Verhandlungsphase einzusteigen.281 Ein weiterer Unterschied liegt darin, dass die Entwicklung der eigentlichen Produktlösung streng genommen erst nach Abschluss des Vergabeverfahrens erfolgt, der Zuschlag mithin bereits erteilt
279 Vgl.
Püstow/Meiners (2016), S. 407. Püstow/Meiners (2016), S. 406 f., die im Übrigen in der Innovationspartnerschaft keinen eigenständigen Vergabetyp sehen wollen, da kaum neue Vergaberegeln enthalten seien, sodass lediglich eher von einem (weiteren) vergaberechtlich zulässigen Vertragsmodell zu sprechen sei. In Anbetracht der obigen Ausführungen, die durchaus einige wichtige Alleinstellungsmerkmale identifizieren, soll in der vorliegenden Abhandlung bei der Innovationspartnerschaft jedoch von einem vergaberechtlich eigenständigen Instrument ausgegangen werden. 281 Vgl. Schaller (2017a), S. 63, Fn. 15. 280 Vgl.
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
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wird, bevor die Leistung endgültig definiert wurde.282 In der ersten Vertragsstufe, der Entwicklungsphase, konzipiert der über das Vergabeverfahren ermittelte Partner das vom öffentlichen Auftraggeber nachgefragte innovative Produkt bzw. die benötigte Dienstleistung. Auf Basis dieser Planung kann der Auftragnehmer sodann in der zweiten Vertragsstufe, der Leistungsphase, unter Verzicht auf erneute Vergabe im Wettbewerb mit der Erstellung dieser Leistungen betraut werden. Zuweilen wird angemahnt, diesem Procedere hafte prinzipiell das Risiko an, dass die Planungsergebnisse nicht wettbewerblichen Standards entsprechen und die Realisierung der Vorplanung nicht zu marktüblichen Konditionen erfolgt. Außerdem scheint es nicht unproblematisch, dass Abweichungen der letztlich entwickelten Leistung von der ursprünglich intendierten Problemlösung nicht auszuschließen sind bzw. das Ergebnis der Produktentwicklungsphase theoretisch über die anfangs in den Vergabeunterlagen kommunizierten Bedürfnisse hinausgeht, was de facto den Erwerb eines spezifischen, nicht-wettbewerblich vergebenen Produkts nach sich zöge.283 Um den vergaberechtlichen Grundsätzen des Wettbewerbs, der Transparenz und der Gleichbehandlung dennoch Genüge zu tun, werden in der juristischen Literatur Handlungsoptionen wie etwa ex ante definierte Meilensteine in Form von Zwischenzielen oder das Setzen von Anreizen beim Auftragnehmer durch die vertragliche Fixierung von Rücktrittsrechten des Auftraggebers anheimgestellt.284 Sofern die Innovationspartnerschaft mit mehreren Unternehmen im Wettbewerb durchgeführt wird, kann jedoch ggf. auch hier preisrechtlich von einer Marktgängigkeit der Leistung und somit „Marktpreisen“ gesprochen werden.285 Das bisher zu den Vergabearten Gesagte muss nun noch um den vergaberechtlichen Sonderfall der sog. Inhouse-Vergabe ergänzt werden. Hierbei dreht es sich um die Frage, ob ein öffentlicher Auftraggeber ohne förmliches Vergabeverfahren einen Auftrag an einen ihm zugehörigen Rechtsträger vergeben kann. Der Thematik der Inhouse-Vergabe kommt in der Praxis des öffentlichen Auftragswesens eine hohe Bedeutung zu.286 Vergaberechtliche Vorschriften kommen bei ihnen nicht zur Anwendung, weil ein öffentlicher Auftrag stets den Auftritt eines öffentlichen Auftraggebers am Beschaffungsmarkt voraussetzt. Dieser wird jedoch vergaberechtlich nur dann als gegeben erachtet, wenn der öffentliche Auftraggeber seine interne Organisationsstruktur verlässt, um Verträge mit 282 Vgl.
Püstow/Meiners (2016), S. 408. Püstow/Meiners (2016), S. 407. 284 Vgl. Püstow/Meiners (2016), S. 408. 285 Vgl. Michaelis/Rhösa/Pauka (1954 ff.), § 4, S. 10. 286 Vgl. Mager/Weßler (2017), S. 342. 283 Vgl.
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außenstehenden Dritten abzuschließen. Wird jedoch ein Auftrag auf eine andere Behörde innerhalb derselben Körperschaft, eine eigene Verwaltungsabteilung oder einen Eigenbetrieb übertragen, so verbleibt der öffentliche Auftraggeber in seiner eigenen Sphäre.287 Tragende Säule des Vergaberechts ist mithin die Auftragsvergabe im Wettbewerb, um einen Einkauf zu möglichst günstigen Konditionen und die Verwirklichung des Binnenmarktes zu erreichen. Dem Vergaberecht ist hierbei im Einzelnen an einer Marktöffnung und Erhaltung des freien Marktzugangs gelegen. Wenn es jedoch infolge der Leistungserbringung durch den nachgeordneten Rechtsträger erst gar nicht zu einem Vergabewettbewerb kommt, besteht kein Anlass zur förmlichen Anwendung des Vergaberechts auf der ersten Stufe, wenn der Auftragnehmer, trotz ggf. vorhandener Eigenschaft als eigenständige juristische Person, tatsächlich als bloße Abteilung oder Organisationsbereich des öffentlichen Auftraggebers zu betrachten ist.288 Die Regelung will zudem vermeiden, dass das Vergaberecht in föderal- und kommunalgegliederten Staaten einen ungewollten Privatisierungsimpuls herbeiführt, da es der öffentlichen Hand unbenommen bleiben soll, bestimmte Leistungen selbst zu erstellen.289 Die Beschaffung von Lieferungen und Leistungen ohne Konsultation des freien Marktes und somit unter Ausschluss von Wettbewerb ist also charakteristisch für die Inhouse-Vergabe. Gleichwohl soll hierdurch das Wettbewerbsprinzip als integraler Bestandteil des öffentlichen Vergabewesens nicht über Gebühr unterlaufen werden, sodass es allgemein von höchster Bedeutung ist, die Inhouse-Vergabe nur in Ausnahmefällen zu vollziehen und selbige an klare Voraussetzungen zu knüpfen.290 So ist es zwingend geboten, dass:291 – der öffentliche Auftraggeber über den Auftragnehmer eine ähnliche Kontrolle ausübt wie über eine eigene Dienststelle oder Abteilung und – der Auftragnehmer im Wesentlichen für seinen öffentlichen Anteilseigner tätig ist, wobei es nicht genügt, wenn der Auftragnehmer bloß mehrheitlich für diesen tätig wird. Der vom Auftragnehmer im Drittgeschäft generierte Umsatz 287 Vgl.
Pape/Holz (2005), S. 2264; Just (2009), S. 879. Dreher (2004), S. 18. 289 Vgl. Hoffmann/Schulz/Gottberg (2017), S. 245; Schulz (2018), S. 135. 290 Vgl. Mager/Weßler (2017), S. 342 f. 291 Vgl. zu den Voraussetzungen für die Inhouse-Vergabe bspw. Dreher (2004), S. 15; Pape/Holz (2005), S. 2264 ff.; Orlowski (2007), S. 80 ff.; Stammkötter (2007), S. 245 ff.; Mager/Weßler (2017), S. 343 ff.; Hoffmann/Schulz/Gottberg (2017), S. 245 ff.; Schulz (2018), S. 136 f. 288 Vgl.
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
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soll allgemein von „nebensächlicher“ Dimension sein. In welchem Umfang die Umsätze konkret anfallen dürfen, ist im Schrifttum jedoch umstritten. Der Umsatz wird in den meisten Fällen als (bedeutendstes) Wesentlichkeitskriterium exklusiv herangezogen, jedoch besteht hierzu kein Rechtszwang. Vielmehr ist eigentlich eine Gesamtschau intendiert, die alle Tätigkeitsmerkmale der Geschäftstätigkeit berücksichtigt.292 Bei Vorliegen der vorgenannten Kriterien wird das Inhouse-Privileg mithin als vertretbar erachtet, da die Auftragsvergabe hier einen isolierten internen Vorgang darstellt, welcher sich abseits freier Märkte im marktwirtschaftlichen Sinne abspielt.293 In Bezug auf das erstgenannte Kriterium (Kontrollkriterium) ist zu ergänzen, dass hiermit zwingend einhergeht, dass der öffentliche Auftraggeber sämtliche Geschäftsanteile an der nachgelagerten juristischen Person innehat. Die auch nur minderheitliche Beteiligung privater Dritter an dem Auftragnehmer schließt bereits die Kontrollverfügung wie über eine eigene Dienststelle bzw. Abteilung des öffentlichen Auftraggebers aus, denn ein gemischtwirtschaftlicher Betrieb verfolgt stets nicht nur öffentliche, sondern auch privatwirtschaftliche Ziele. Zusätzlich ergeben sich wettbewerbsbezogene Bedenken. Durch eine vergabewettbewerbsfreie Auftragszuteilung an ein gemischtwirtschaftliches Unternehmen würden der Wettbewerb verfälscht und Mitbewerber benachteiligt, weil sich das an der gemischtwirtschaftlichen Gesellschaft beteiligte Privatunternehmen auf diese Weise einen Vorteil gegenüber seinen Konkurrenten verschaffen würde, ohne sich im Vorfeld in einem förmlichen Vergabeverfahren gegen diese behauptet haben zu müssen.294 Für die vorliegende Arbeit sind Inhouse-Vergaben – ungeachtet der Tatsache, dass sie eine Anwendung des Vergaberechts nicht erfordern – uneingeschränkt relevant. Das öffentliche Preisrecht nämlich setzt im Gegensatz zum vergaberechtlichen Auftragsbegriff nicht zwingend voraus, dass sich der öffentliche Auftraggeber eine Lieferung oder Leistung extern am freien Markt beschafft. Inhouse-Geschäfte im Sinne des Vergaberechts, bspw. abgeschlossen mit einem kommunalen Ver- oder Entsorger oder einem IT-Dienstleister in Bundeseigentum, fallen somit uneingeschränkt in den Geltungsbereich der VO PR 30/53 nebst LSP.295 Die nachfolgende Tabelle 4.1 stellt sämtliche gültigen Vergabetypen noch einmal überblicksartig dar und verortet sie bezüglich des Priorisierungsgrads im System der aktuellen Vergabepraxis.
292 Vgl.
Just (2009), S. 884. Hoffmann/Schulz/Gottberg (2017), S. 246. 294 Vgl. EuGH, 11.01.2005 – C-26/03; Orlowski (2007), S. 82. 295 Vgl. auch Pauka/Chrobot (2011), S. 407. 293 Vgl.
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
Tab. 4.1 Vergabeverfahren ober- und unterhalb der Schwellenwerte
Im nun folgenden Abschnitt werden weitere ausgewählte Aspekte des Vergaberechts näher umrissen, um einerseits das vergaberechtliche Grundverständnis abzurunden und andererseits die Notwendigkeit preisprüfungsbezogener Sonderfragen an späterer Stelle korrekt einordnen zu können. Es soll bei der Erörterung der Aspekte die Chronologie ihres In-Erscheinung-Tretens im realen Vergabeprozess weitgehend eingehalten werden. Die zu erörternden Aspekte prägen im Übrigen das Wesen des Vergaberechts im Allgemeinen und gelten im Wesentlichen für sämtliche der vorgenannten Vergabearten.
4.3.3.2 Bedeutung der Leistungsbeschreibung Nachdem der öffentliche Auftraggeber die im konkreten Fall anzuwendende Vergabeart identifiziert hat, ist dieser angehalten, seine Beschaffungsabsicht der
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Marktgegenseite kundzutun und im Zuge dessen – als nächsten wesentlichen Prozessschritt – mit der Herausgabe einer entsprechenden Leistungsbeschreibung zum nachgefragten Beschaffungsobjekt fortzufahren.296 Die öffentlich nachgefragte Lieferung oder Leistung hat die Vergabestelle selbst zu bestimmen und möglichst eindeutig und erschöpfend zu beschreiben, damit alle Marktteilnehmer diese in identischer Weise begreifen und die letztlich eingehenden Offerten hinreichend vergleichbar und objektiv beurteilbar ausfallen.297 Die Leistungsbeschreibung nimmt bei einer jeden Auftragsvergabe eine sehr zentrale Rolle ein, da sie direkte Auswirkungen auf den zu schließenden Vertrag hat, dessen Inhalt direkt aus ihr abgeleitet wird, und sie zugleich bei der möglichst objektiven Bewertung der eingegangenen Angebote als oberste Orientierungshilfe dient.298 Nicht zuletzt deshalb wird die Leistungsbeschreibung auch als „Kernstück“ oder „Herzstück“ der Vergabeunterlagen bezeichnet.299 In der inhaltlichen Ausgestaltung der Leistungsbeschreibung ist der öffentliche Auftraggeber weitgehend frei, sodass zwar gewährleistet sein soll, dass sich eine Vielzahl an potentiellen Auftragnehmern um die Vergabe bewerben können, gleichwohl auch in legitimer Weise bestimmte sachbezogene Anforderungen an die zu beziehende Leistung gestellt werden dürfen.300 Bspw. wäre es einem öffentlichen Auftraggeber, der in einen neuen Fuhrpark investieren möchte, gestattet, in der Leistungsbeschreibung explizit darauf hinzuweisen, dass die angebotenen Kfz zwingend über eine bestimmte Sonderausstattung verfügen sollen. Diese Prämisse hätte auch dann weiter Bestand, wenn sich etwa herausstellen sollte, dass ausländische Anbieter nicht zur Lieferung dieser Technologie im Stande sind. Eine unzulässige, wettbewerbshemmende Übervorteilung einzelner Anbietergruppen läge in dem genannten Beispiel also (noch) nicht vor.301 Ferner können geforderte Merkmale auch auf den Prozess oder die Methode zur Herstellung oder Erbringung der Leistung einschließlich der Produktions-
296 Vgl.
Gandenberger (1961), S. 92 ff.; Hellwig (1977), S. 215; Probst/Winters (2015), S. 124. 297 Vgl. Daub/Tomasczewski (1959), S. 516; Welter (1960), S. 101; Herbst (1965), S. 63; Hellwig (1977), S. 215 f.; Gaida/Heinze (1990), S. 32; Schabel (1993), S. 112; Birgel (1994), S. 33; Roquette (2001), S. 59. 298 Vgl. Gandenberger (1961), S. 116; Prieß (2004a), S. 20 f. 299 Vgl. Schabel (1993), S. 112; Roquette (2001), S. 59; Prieß (2004a), S. 20 ff.; Prieß (2004b), S. 87 ff.; Losch (2012), S. 357; Krohn (2013), S. 81. 300 Vgl. Weber (2002), S. 194. 301 Vgl. Weber (2002), S. 195.
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
und Lieferkette abzielen.302 Leistungsbeschreibungen erreichen aber in der Praxis zuweilen nicht die gewünschte Klarheit und Spezifikation und erschweren eine valide Einschätzung der Vergleichsangebote, wie folgendes reales Beispiel aufzeigen mag: „Gegenstand des Vertrages ist die Durchführung eines Projekts zur Beratung [des Auftraggebers] durch [den Auftragnehmer] und zur Unterstützung der Interessen [des Auftraggebers] im Bereich der Kommunikation und bei der politischen Lobbyarbeit. [Der Auftragnehmer] wird dazu in enger Abstimmung mit … positionierende, additive und kreative Kommunikations-Dienstleistungen durchführen. Zudem sind … Beratungsleistungen im Umfang von regelmäßig zwei Beratertagen je Kalenderwoche durch Herrn … als Projektverantwortlichem … vor Ort in … vereinbart.“303
Mangelhaft und damit zu beanstanden wäre neben solchen unvollständigen oder unzureichenden Erläuterungen bzw. Charakterisierungen eine Leistungsbeschreibung, die eine fehlerhafte Umfangsberechnung (Massenermittlung) bzw. anderweitig sachlich falsche Informationen enthielte oder durch Aufnahme einer Vielzahl von Eventualpositionen das tatsächliche Bedarfsniveau verschleierte. Insbesondere falsche Mengenangaben gelten im Vergaberecht als „Todsünde“.304 Ferner ist bezüglich etwaiger Eventualpositionen festzuhalten, dass diese nach herrschender Meinung nur dann ausnahmsweise zulässig sind, wenn selbigen in Relation zu den Hauptleistungskomponenten nur eine untergeordnete Bedeutung zukommt.305 Mit der Einhaltung der zentralen Primate des Wettbewerbs, der Transparenz und der Gleichbehandlung steht und fällt für die Akteure die Chance einer sicheren und einwandfreien Preisermittlung sowie der aussagekräftigen Vergleichbarkeit der Angebote.306 Ebenfalls fehlerhaft wäre auf der anderen Seite eine Leistungsbeschreibung, welche das Beschaffungsobjekt zu detailliert beschriebe. Hier ist stets die Gefahr immanent, dass der Kreis der potentiellen Bieter zu eng eingegrenzt und eventuell ein bestimmter Bewerber über Gebühr begünstigt werden könnte. Zusammengefasst lässt sich festhalten, dass ordnungsmäßige Leistungsbeschreibungen den zu vergebenden Auftrag im Rahmen der
302 Vgl.
Krönke (2016), S. 574. wird es berichtet bei Bundesrechnungshof (2006), S. 46. 304 OLG Stuttgart, 16.02.2000 – 4 U 126/99; Birnfeld (2010), S. 138. 305 Vgl. Prieß (2004a), S. 26. 306 Vgl. OLG Düsseldorf , 05.10.2000 – Verg 14/00; Losch (2012), S. 357. 303 So
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öffentlichen, ausschreibungstechnisch geprägten Vergabeverfahren stets so konkret wie nötig, aber so allgemein wie möglich zu umreißen haben.307 Mit einer gewissen Einschränkung in Bezug auf den Konkretisierungsgrad gilt dies auch für die verhandlungs- bzw. dialoggeprägten Vergaben. Hier sind punktuelle Unsicherheiten hinsichtlich des letztlich bezogenen Produkts ja gerade notwendige Bedingung für die Zulässigkeit dieser Verfahrensarten und rein sachlogisch auch die Rechtfertigung für, wie auch immer geartete, Verhandlungsgespräche, doch ist es auch hier die Pflicht des öffentlichen Auftraggebers, alle eingegangenen Offerten unter gleichen Gesichtspunkten und Maßstäben zu bewerten.308 Angemerkt sei, dass grob zwischen zwei Arten von Leistungsbeschreibungen differenziert werden kann. Zum einen sind konkrete bzw. detaillierte Leistungsbeschreibungen gängig, bei denen die zu beschaffende Leistung klar umrissen dargestellt wird und somit die Art der Auftragsausführung in operationeller Hinsicht im Vorfeld weitestgehend geklärt ist. Zum anderen kommt es regelmäßig auch zu sog. funktionalen Ausschreibungen, welche sich dadurch auszeichnen, dass der öffentliche Auftraggeber im Wesentlichen lediglich den Verwendungs- bzw. Nutzungszweck, den er mit seinem Beschaffungsvorhaben verfolgt, beschreibt und dem Auftragnehmer bei der Angebotsabgabe bzw. der späteren operativen Umsetzung in technischer oder gestalterischer Hinsicht umfangreiche Freiheitsgrade gewährt.309 Nicht zulässig ist es allerdings, den Bietern über die Leistungsbeschreibung in technologischer oder finanzieller Hinsicht unzumutbare Wagnisse bzw. Risiken aufzubürden, welche sich deren Einflussbereich entziehen.310 Als Referenzfälle hierfür können Dienstleistungen angeführt werden, bei denen das letztlich abgenommene Mengengerüst ex ante nicht einmal näherungsweise angegeben werden kann (bspw. Schulungen mit einer unbekannten Anzahl von Teilnehmeranmeldungen), die Vertragslaufzeit unbestimmt gelassen wird und dennoch eine spezifische Vergütung pro Stück bzw. Teilnehmer vereinbart werden soll.311 Der Auftragnehmer hätte sich in solchen Fällen unter Vorhaltung entsprechender Ressourcen dauerhaft einsatzbereit zu halten, ohne die Möglichkeit zu haben, etwaige nachteilige Folgen hieraus eigenmächtig abzumildern. Selbst wenn sich die minimale Abnahme- bzw. Leistungsmenge quantifizieren lässt,
307 Vgl.
Prieß (2004a), S. 21 f. hierzu Prieß (2004a), S. 21, Fn. 8. 309 Vgl. Gaida/Heinze (1990), S. 33; Roquette (2001), S. 59; Mager/Lotz (2015), S. 761; Losch (2012), S. 358. 310 Vgl. hierzu und im Folgenden Prieß (2004b), S. 88 ff. 311 Vgl. hierzu m.w.N. Prieß (2004b), S. 90. 308 Vgl.
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heilt dieser Umstand noch nicht die Unangemessenheit der Leistungsbeschreibung, da die Bieter stets in die Lage versetzt werden müssen, zu prognostizieren, mit welcher Wahrscheinlichkeit das Wagnis eintreten und mit welchem Ergebnis sich dieses auf die Erlöse auswirken wird. Ökonomisch plausibilisieren lässt sich diese Argumentation anhand des Effektes, dass sodann insbesondere derjenige Bieter benachteiligt würde, der besonders hochwertige Vorleistungen vorhält oder bereits erbracht hat. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass das Vergaberecht über die Leistungsbeschreibung stets die Möglichkeit einer einwandfreien Preisermittlung der Höhe nach herbeiführen will.312 Ohne größere Voranalysen und anhand klar kommunizierter Kriterien soll das Unternehmen, das sich um einen öffentlichen Auftrag bewerben will, eine verlässliche Bepreisung des in Rede stehenden Leistungskataloges vornehmen können.313 Hierzu obliegt es ausgehend vom Regelfall der Beschaffungsbehörde, alle wesentlichen und für die Preisfindung maßgeblichen Aspekte festzustellen und in den Vergabeunterlagen möglichst vollständig zu benennen.314 In der Regel ist der Leistungsbeschreibung ein sog. Leistungsverzeichnis beigefügt, welches aufgegliedert in einzelne Teilleistungen, die nach Möglichkeit separat mit dem Preis pro Einheit anzugeben sind, den Gesamtauftrag konkretisiert. Die Einheitspreise werden mit der benötigten Menge multipliziert und ergeben so in Summe den Angebotspreis des jeweiligen Anbieters.315 Hierbei ist der Leistungskatalog positionsbezogen in solche Einzel- bzw. Teilleistungen zu gruppieren, die hinsichtlich Beschaffenheit sowie Preisbildung als gleichartig oder artverwandt betrachtet werden können.316 Leistungsverzeichnisse können bei besonders großen und komplexen Beschaffungen durchaus mehrere hundert Seiten umfassen.317 Der öffentliche Auftraggeber hat die Pflicht, falls nötig, durchaus einen gewissen Aufwand zu betreiben, um an die für eine aussagekräftige und ordnungsmäßige Leistungsbeschreibung benötigten Informationen zu gelangen. Eine Begrenzung erfährt diese Verpflichtung lediglich im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit. Erst wenn eine tiefergehende Konkretisierung bzw. Aufklärung der Eigenschaften des zu beschaffenden Produkts unter Kosten-Nutzen-Gesichtspunkten kaum zu rechtfertigen ist, können Einschränkungen in der Genauigkeit und Eindeutigkeit der Leistungsbeschreibung zulässig 312 Vgl. 313 Vgl. 314 Vgl. 315 Vgl. 316 Vgl. 317 Vgl.
Paß (1998), S. 605; Roquette (2001), S. 58 f.; Prieß (2004b), S. 90. Hochbaum (1991), S. 151. Prieß (2004b), S. 90 f. Lux (2006), S. 973. Prieß (2004a), S. 25. Gandenberger (1961), S. 16 f.; Lux (2006), S. 973.
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sein. Liegen zudem beim öffentlichen Auftraggeber relevante Erfahrungswerte aus vorangegangenen Aufträgen vor, so haben diese stets bei neuerlichen Vergaben Berücksichtigung zu finden.318 Das Gegenstück zur Pflicht des öffentlichen Auftraggebers, eine eindeutige und erschöpfende Beschreibung der Leistung vorzunehmen, liegt in der Pflicht der interessierten Unternehmen, die Spielräume zur zuverlässigen Preisermittlung so weit wie möglich auszuschöpfen. Vergaberechtliche Kommentierung und vergaberechtliche Rechtsprechung sprechen diesbezüglich nicht immer eine eindeutige Sprache. Letztgenannte macht tendenziell striktere Vorgaben und postuliert nicht lediglich eine Zurkenntnisnahme der veröffentlichten Leistungsangaben, sondern darüber hinaus deren Überprüfung. Sofern ein Bieter ein lücken- oder fehlerhaftes Leistungsverzeichnis erkennt, darf er selbiges folglich nicht stillschweigend hinnehmen, sondern ist angehalten, vor seiner Angebotsabgabe vermutete Mängel mitzuteilen,319 unklare Punkte mit dem öffentlichen Auftraggeber zu erörtern320 oder gar ein Nebenangebot abzugeben.321 Bewerber, deren Angebote in Kenntnis einer unvollständigen Leistungsbeschreibung abgegeben wurden, ohne dies zuvor kommuniziert zu haben, wurden in der Vergangenheit vom BGH als „frivole Bieter“322 bezeichnet mit der Folge, dass zusätzliche Vergütungsansprüche für die nicht ausgeschriebene Teilleistung selbigen regelmäßig zu verwehren sind. Davon abgesehen besteht für die Unternehmen kaum ein Anreiz, die von ihnen identifizierten Unstimmigkeiten in den Vergabeunterlagen zu verschweigen. Unklare Formulierungen oder unrealistische Vorgaben bei der Typisierung der Leistung geben regelmäßig Anlass, entsprechende Reserven einzukalkulieren. Dies führte sodann zu einem Nachteil im Preiswettbewerb des Auswahlverfahrens, sofern die Mitbewerber die vorgenannten Mängel nicht erkannt und somit nicht eingepreist haben.323 Die sinnvollere Alternative ist sodann eine Meldung der Auffälligkeiten beim öffentlichen Auftraggeber, der sodann dazu angehalten ist, alle anderen bekannten Bewerber auch auf die Korrektur in der Leistungsbeschreibung aufmerksam zu machen.324 Generell nämlich muss der öffentliche Auftraggeber die vereinzelt eingegangenen Bewerberfragen sammeln und in anonymisierter Form in Gestalt eines Frage-Antwort-Kataloges an alle 318 Vgl.
Prieß (2004b), S. 91. Roquette (2001), S. 60 und 63. 320 Vgl. hierzu m.w.N. Hertwig (2009), S. 179 f. 321 Vgl. OLG Köln, 03.03.2000 – 11 U 46/98. 322 BGH, 25.02.1988 – VII ZR 310/86. 323 Vgl. ähnlich Roquette (2001), S. 62. 324 Vgl. Dörn (2015), S. 6. 319 Vgl.
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Bewerber übermitteln, um dem Gleichbehandlungsgebot Rechnung zu tragen.325 Angemerkt sei an dieser Stelle, dass die Angebotsfrist, in der die Bewerber ihre Angebote einzureichen haben, häufig als sehr knapp bemessen angesehen wird, sodass eine dezidierte und sorgfältige Sichtung der Vergabeunterlagen seitens der Unternehmen oftmals ausbleiben dürfte. Die Prüfung von Detailaspekten muss insofern mitunter ausfallen.326 Die Durchdringungstiefe der Vergabeunterlagen ist aus den vorgenannten Gründen beim Auftragnehmer naturgemäß geringer als beim öffentlichen Auftraggeber, weshalb ihm gewissermaßen nur eine Art kalkulationsbezogene Plausibilitätsbeurteilung abzuverlangen ist.327 Eine weitere wichtige Dimension der vergaberechtlichen Leistungsbeschreibung stellt die Benennung technischer Spezifikationen und die Beschränkung auf bestimmte Produkte dar. Nicht selten gestaltet sich eine Grenzziehung zwischen eindeutiger und erschöpfender Leistungsbeschreibung auf der einen und unzulässiger Einschränkung des Bieterkreises auf der anderen Seite schwierig. Eine Spezifikation im vergaberechtlichen Sinne ist eine technische bzw. qualitative Leistungsanforderung, mit deren Hilfe die in Rede stehende Leistung dergestalt umrissen werden kann, dass sie den vom öffentlichen Auftraggeber verfolgten Verwendungszweck zu erfüllen vermag.328 Zum einen soll die benötigte Lieferung oder Leistung zwar so exakt charakterisiert werden, dass alle interessierten Marktteilnehmer diese im gleichen Sinne verstehen und vergleichbare Angebote eingereicht werden, zum anderen jedoch darf die Beschreibung nicht dazu führen, dass im Hinblick auf technologische Spezifikationen oder die Vorgabe bestimmter Fabrikate gleich zu Beginn des Verfahrens ein bestimmtes Produkt oder Unternehmen bevorzugt behandelt wird. Prädeterminierte Produkte wie etwa eine spezifische PC-Software von einem bestimmten Hersteller dürfen nur in besonderen Ausnahmefällen – und zwar, wenn sich der Auftragsgegenstand andernfalls nicht hinreichend genau und allgemeinverständlich beschreiben ließe – vorgeschrieben werden. Generell gilt jedoch, dass den potentiellen Auftragnehmern durch übermäßige Vorgabe von Spezifikationen nicht die individuelle Freiheit im Verfahren der Leistungserstellung entzogen werden darf.329 Tritt ein solcher Fall dennoch ein, wird ein ergebnisoffener Leistungswettbewerb, an dem sich eine Vielzahl an Unternehmen beteiligen könnte, behindert. Dieses ist „in gravierendem Maße wettbewerbshemmend und daher nur in ganz engen Grenzen 325 Vgl.
Mager/Lotz (2015), S. 764. Roquette (2001), S. 62. 327 Vgl. Bühl (1992), S. 26 f. 328 Vgl. Prieß (2004b), S. 91. 329 Vgl. Prieß (2004b), S. 92; Kainer (2018), S. 389. 326 Vgl.
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zulässig“330 . Häufig wird einer unzulässigen Konkretisierung des Beschaffungsgegenstandes daher dadurch begegnet, dass die speziell auferlegten Eigenschaften oder die verlangten Erzeugnisse mit dem Zusatz „oder gleichwertig“ bzw. „oder vergleichbar“ versehen werden.331 Im Kern zielt der Wettbewerbsgrundsatz darauf ab, dass die Konkurrenten in einen echten Wettbewerb um die nach Preis und Qualität beste Leistung treten.332 Anstelle einer Eingrenzung auf rein preisliche Erwägungen kommt es – wie bei privaten Kaufentscheidungen auch – im Rahmen der Zuschlagsentscheidung folglich zu einer Bewertung anhand des Kriteriums der „QualitätsPreiskombination“, die beide Facetten des Wettbewerbs in sich vereint.333 Hierbei kann die Folge sein, dass sich die eingehenden Angebote inhaltlich zum Teil signifikant unterscheiden. Es muss demnach auch nicht zwingend das Angebot mit dem niedrigsten Preis zugleich das wirtschaftlichste sein.334
4.3.3.3 Grundsatz des Geheimwettbewerbs Der Wettbewerb als hohes Gut im Vergaberecht führt zu Rechten und Pflichten sowohl auf der Auftraggeber- als auch auf der Anbieterseite. An beide Marktseiten ist nach Schaller der folgende Apell zu richten: „Im Vergabeverfahren ist alles zu unterlassen, was zu einer Beschränkung des Wettbewerbs führen könnte.“335 330 So
Probst/Holleben (2012), S. 3. Gaida/Heinze (1990), S. 32; Weber (2002), S. 195 ff.; Holleben/Probst (2010), S. 352; Losch (2012), S. 358; Krohn (2013), S. 81. 332 Seit dem Jahr 2016 werden vom Gesetzgeber u. a. über § 97 (3) GWB auch ökologische, soziale oder ethische Aspekte als potentielle Vergabeziele für öffentliche Auftraggeber offiziell festgeschrieben. Derartige weiche Faktoren werden traditionell eigentlich als vergabefremde Kriterien bezeichnet. Durch sie haben sich die theoretischen Gestaltungsmöglichkeiten bei Leistungsbeschreibungen signifikant gewandelt. Jedoch gilt die Einhaltung der vorgenannten Kriterien gemeinhin als nur unter großem Aufwand nachprüfbar. Nicht auszuschließen ist daher, dass zuweilen ohnehin von vornherein auf die Nennung derartiger Auftragsnebenziele verzichtet wird; vgl. hierzu Hattenhauer/Butzert (2017), S. 134. 333 Vgl. zur Schnittstelle zwischen Preiswettbewerb und Qualitätswettbewerb bereits Leffson (1959), S. 405 f.; ähnlich auch Herbst (1965), S. 13 ff.; Kailing (1970), S. 362 ff.; Diller (1982), S. 66 f.; Wachendorff (1985), S. 43. 334 Vgl. Opitz (2001), S. 13. 335 Schaller (2011b), S. 301; vom Wettbewerb als „beherrschendes Prinzip der VOL/A“ spricht auch bereits Gläser (1979), S. 9; ähnlich auch Luber (2009), S. 24, der das „Wettbewerbsprinzip“ als das „Kernprinzip des deutschen Vergaberechts“ erachtet. 331 Vgl.
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In engem Zusammenhang mit diesem klar adressierten Wettbewerbsgrundsatz des Vergaberechts steht das Prinzip des Wettbewerbs als eine Veranstaltung, die der Geheimhaltung unterliegt. Bieterlisten, beim öffentlichen Auftraggeber eingegangene Angebote sowie deren kennzeichnende Merkmale Preis und Beschaffenheit stellen jeweils streng vertrauliche Informationen dar, die unter keinen Umständen an externe Marktteilnehmer gelangen dürfen.336 Der sog. Geheimwettbewerb ist zwingend aufrecht zu erhalten, damit die Vergabeveranstaltung von Fairness und Ergebnisoffenheit geprägt ist.337 Denn nur in den Fällen, in denen die Bieter ihre Angebote in Unkenntnis der Angebote, Angebotsgrundlagen und -kulationen der konkurrierenden Bieter erstellen und vorlegen, kommt ein echter Wettbewerb zu Stande.338 Hiermit geht die zwingende Maßgabe einher, dass bei einer Bewerbung um einen öffentlichen Auftrag Identität und Anzahl der Mitbewerber aus Sicht des einzelnen Anbieters grundsätzlich unbekannte Parameter sein müssen.339 Allein eine lose Orientierung an den Ergebnissen vorangegangener Vergabeverfahren kann zu Beginn als eine Möglichkeit fungieren, um dem eigenen Angebotspreis gewisse Konturen zu verleihen. Im Weiteren gilt in betriebswirtschaftlicher Hinsicht, dass ein Angebot nicht automatisch optimal gewählt war, nur weil es zum Zuschlag geführt hat. Vielmehr sollte stets versucht werden, mit dem Auftrag einen möglichst großen Beitrag zum Betriebsergebnis beizusteuern. Eine Offerte sollte hierbei trotz aller vorhandenen Unsicherheitsfaktoren die maximal durchsetzbare Höhe anvisieren, ohne jedoch die Zuschlagserteilung zu gefährden. Diese liegt, wenn von Qualitätsunterschieden hier einmal abstrahiert sei, knapp unterhalb des niedrigsten aller geschätzten Konkurrenzangebote.340 Sich von diesem theoretischen Optimalpreis zu entfernen, ginge zwingend mit einer Erfolgsminderung einher, da entweder bei gewonnener Ausschreibung ein zusätzlicher Erlös verschenkt würde oder aber weil bei verlorener Ausschreibung „versunkene Kosten“ aufgrund der erfolglosen Angebotserstellung und -abgabe anfielen. Mithin gilt, dass die Schaffung von geheimem Wettbewerb durch den öffentlichen Auftraggeber sicherstellen soll, dass ein Unternehmen seinen Angebotspreis nicht an die Preise der Konkurrenz anpassen kann. Die Unternehmen sollen
336 Vgl.
Meininger/Kayser (2006), S. 284; Schaller (2011b), S. 302. Mager/Recke (2011), S. 541. 338 OLG Düsseldorf , 13.04.2011 – VII-Verg 4/11. 339 Vgl. Klimm (1982), S. 35. 340 Vgl. Gandenberger (1961), S. 184 f.; Woitschach (1963), S. 1; Kailing (1970), S. 316; Klimm (1985), S. 39. 337 Vgl.
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
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vielmehr dazu gezwungen werden, so knapp wie möglich zu kalkulieren.341 Hierdurch wird das zu dem konkreten Zeitpunkt der Auftragsvergabe bestmögliche Preis-Leistungs-Verhältnis ermöglicht.342 Gleichwohl ist funktionierender Geheimwettbewerb nicht zuletzt durch den Umstand gekennzeichnet, dass die Gestaltung der Angebotspreise eine von großer Unsicherheit geprägte Entscheidung darstellt.343 In aller Regel ist es nämlich kaum möglich, die eingereichten Konkurrenzangebote – wer auch immer diese abgegeben haben möge – in deren Höhe verlässlich abzuschätzen. Die hierzu notwendigen internen Informationen die Wettbewerber betreffend lassen sich im Normalfall nicht auf legalem Wege beschaffen. Selbst bei ungefährer Kenntnis der ansonsten üblichen Preisgestaltung und der durchschnittlichen Produktionsmöglichkeiten eines Mitbewerbers wären zusätzlich Daten bezüglich Auftragseingang und -bestand vonnöten, um einen Eindruck über den Kapazitätsauslastungsgrad zu erlangen, der wiederum für die Preisgestaltung eine bedeutende Rolle spielt. Bei einer Ausschreibung werden die Unternehmen, wenn sie mit freien Kapazitäten und nur wenigen alternativen Absatzmöglichkeiten konfrontiert sind, einen Angebotspreis festsetzen, der nahe der kurzfristigen Preisuntergrenze liegt. Bei stark ausgelasteten Kapazitäten oder zahlreichen alternativen Absatzmöglichkeiten wird ein höherer Preis gefordert werden.344 Wie im Folgenden dargestellt wird, haftet den öffentlichen Auftragsvergaben jedoch stets das latente Risiko an, die vorgenannten Geheimhaltungs- und Fairnessgrundsätze könnten gestört und das Bieterverhalten von unzulässiger Weise kommunizierten, wettbewerbsrelevanten Informationen beeinflusst werden. Die Art und Weise der Informationsweitergabe kann hierbei verschiedenartige Ursachen haben und unterschiedlich stark ausgeprägt sein.
4.3.3.4 Horizontale Submissionsabsprachen Zunächst gilt es, in diesem Zusammenhang das weite Problemfeld der Kartelle anzusprechen. „Kartelle … werden als Vereinbarungen, Beschlüsse oder abgestimmte Verhaltensweisen zwischen Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen definiert, welche eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung 341 Vgl.
Jaath (1980), S. 92; Hertwig (2009), S. 71; Meininger/Kayser (2006), S. 284. „Kalkulieren“ ist hier jedoch nicht primär im Sinne einer internen Kostenkalkulation, sondern – da Marktpreise Diskussionsgegenstand sind – eher im übertragenen bzw. umgangssprachlichen Sinne zu verstehen. 342 Vgl. Jaath (1980), S. 93. 343 Vgl. Klimm (1982), S. 34 f. 344 Vgl. Wachendorff (1985), S. 4.
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des Wettbewerbs bewirken.“345 Kartelle stellen die prominenteste Form von Verhaltensweisen zur Störung des Wettbewerbs- und Fairnessgrundsatz in Form von Absprachen der beteiligten Bieter über ihre einzureichenden Angebote – insbesondere im Hinblick auf die Angebotspreise – dar. Derartiges kollusives346 Zusammenwirken der Anbieter in einem laufenden Vergabeverfahren, auch als Submissionsabsprachen bezeichnet, ist strengstens untersagt.347 Darüber hinaus ist es sogar strafrechtlich relevant (§§ 263 und 298 StGB).348 In letzter Konsequenz haben Absprachen zwischen den relevanten Anbietern dieselben negativen Wohlfahrtseffekte zur Folge wie sie mitunter ein Monopolist verursachen würde, der bezüglich seines Preisniveaus keine Rücksicht auf Dritte zu nehmen braucht und selbiges sodann in missbräuchlich hohe Bereiche anheben kann.349 Der Zusammenschluss zu einem Preiskartell erfolgt stets in der Absicht, „durch die Ausschaltung des Preiswettbewerbs den Marktpreis zu erhöhen oder – bei sonst absinkenden Preisen – zu stabilisieren“350 . Im Kern geht – wie Eichler es treffend beschreibt – also darum, die Funktionsweise der Ausschreibung als Instrument zur Marktpreisbildung zu stören oder zu unterwandern: „Ausschreibungen bilden – wirtschaftlich gesehen – das Spiegelbild der Versteigerungen: Bei der Versteigerung soll der Marktpreis im Wettbewerb der Nachfrager gefunden werden, bei der Ausschreibung im Wettbewerb der Anbieter. … Submissionsabsprachen gehören … zu einem Komplex von Handlungen, die in spezifischer Weise eine marktwirtschaftliche Ordnung untergraben können.“351
Submissionsabsprachen widerstreben somit dem Normzweck der VO PR 30/53, marktwirtschaftliche Grundsätze im öffentlichen Auftragswesen zu etablieren und echte Marktpreise zu generieren, zutiefst. Zudem bewirkt die Ausschaltung des Wettbewerbs untereinander, dass die Kartellmitglieder nur noch einen geringen 345 Dreher/Lampp
(2017), S. 141; ähnlich auch bereits Bussmann (1963), S. 11; zu Kartellbildungen als gesamtwirtschaftliches Problem in der Marktwirtschaft vgl. bereits Leffson (1957). Für einen historischen Abriss zur wirtschaftswissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Kartellen vgl. bereits Grochla (1958). 346 Zum Begriff der Kollusion vgl. Kruse (1995), S. 564. 347 Vgl. Gläser (1979), S. 20 f.; Jansen (2005), S. 504; Ehrig (2010), S. 11; Dörn (2015), S. 5 f. 348 Vgl. hierzu auch Jaath (1980), S. 113 ff.; Otto (1999), S. 41; Theile/Mundt (2011), S. 715; Kreße (2014), S. 342 ff. 349 Vgl. Fettel (1962), S. 72. 350 Gotthold (1975), S. 37. 351 Eichler (1972), S. 1347.
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Anreiz haben, kosteneffizient zu wirtschaften, was marktwirtschaftlich bzw. volkswirtschaftlich zu einer suboptimalen Ressourcenallokation führt.352 Oldigs erklärt diesen Effekt sehr anschaulich wie folgt: „Für alle Teilnehmer ist klar, daß es für die Stabilität der Vereinbarung lebensnotwendig ist, daß alle ‚zufrieden‘ sind. Deshalb muß man sich an den Kosten der ‚teuersten‘ Mitglieder orientieren. Diese liegen in der Regel deutlich über dem Level, auf dem sich die Marktpreise durch die Angebote der günstigsten Anbieter einpendeln würden.“353
In dem weiten Feld der wirtschaftskriminellen Handlungen stellen Wettbewerbsdelikte verschiedenster Art ein klassisches Beispiel von vergleichsweise hoher praktischer Bedeutung dar.354 Für eine rechtswidrige Absprache kennzeichnend ist „ein Verständigungsakt zwischen mindestens zwei Anbietern, der geeignet ist, unternehmerische Selbstbestimmung und freien Wettbewerb zu gefährden“355 . Kartellvereinbarungen unter Wettbewerbern können auf dem Ausschreibungsmarkt verschiedenartig ausgestaltet sein. Als einfachste Form ist diejenige zu bezeichnen, bei der Konkurrenten eine Übereinkunft treffen, sich bei dem bevorstehenden Vergabeverfahren durch eine vorherige Absprache der Preise nicht gegenseitig zu unterbieten. In anderen Fällen wird zudem die räumliche Aufteilung von Marktterritorien oder eine Art Rotationsverfahren nach Punktekonten vorgenommen. Wenn eine einmalige Auftragsvergabe zur Disposition steht und folglich eine Aufteilung mehrerer Vergaben nicht möglich ist, wird zunächst im Rahmen einer kartellinternen Abstimmung der spätere Ausschreibungsgewinner bestimmt. Die übrigen Kartellmitglieder treten sodann mit Scheinangeboten auf und erhalten im Nachgang Kompensationen in Form von Ausgleichszahlungen, stillen Beteiligungen, fiktiven Dienstleistungsverträgen oder werden als Unterauftragnehmer berücksichtigt. Der Auftraggeber wird so arglistig zur Bezuschlagung eines Angebotes mit einem höheren Preis genötigt als er sich in einer Situation ohne Preisabsprachen ergeben hätte.356
352 Vgl.
Dürr (1977), S. 454. (1998), S. 78 f.; ähnlich bereits Fettel (1962), S. 29 und 72. 354 Vgl. hierzu bereits Sieben/Poerting (1977), S. 14 f. und 64. 355 Theile/Mundt (2011), S. 719. 356 Vgl. zur praktischen Umsetzung von Preisabsprachen bei Vergabeverfahren Schaefer (1957), S. 159 f.; Welter (1960), S. 181 f.; Gandenberger (1961), S. 223; Bussmann (1963), S. 19 f.; Jaath (1980), S. 94; Finsinger (1984), S. 577 f.; Westhof (1989), S. 74 ff.; Borrmann (1999), S. 265; Hohmann (2001), S. 567 f. 353 Oldigs
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Würde der Auftraggeber einen solchen Täuschungsversuch erkennen, müsste er den Vergabewettbewerb eigentlich abbrechen und ein neues Verfahren initiieren.357 Nicht selten werden eventuelle Preisabsprachen bei Ausschreibungen jedoch – wenn überhaupt – erst nach der Zuschlagserteilung durch den Auftraggeber erkannt.358 Eine erhöhte Gefahr von Submissionsabreden besteht vor allem im Nichtoffenen Verfahren und bei der Beschränkten Ausschreibung, mithin Verfahren, bei denen der öffentliche Auftraggeber nur einen limitierten Kreis von Unternehmen zur Abgabe eines Angebotes auffordert. In diesen Fällen lassen sich Kartellaußenseiter – sofern bekannt – oftmals leichter einbinden oder aber verdrängen. Eine Geheimhaltung derjenigen Bewerber, die die Ausschreibungsunterlagen erhalten haben, durch den Veranstalter des Vergabeverfahrens kommt nicht zuletzt an diesem Punkt eine elementare Bedeutung zu.359 Generell ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass gerade das Vergaberecht als einer der anfälligsten Rechtsbereiche für Compliance-Verstöße überhaupt gilt.360 So existiert bei öffentlichen Auftragsvergaben „immer die Gefahr der Manipulation, sowohl auf der Anbieter- als auch auf der Nachfragerseite“361 . Compliance bedeutet im Kern „Verhalten in Übereinstimmung mit geltenden Regeln“362 . Wettbewerbs- und Kartellfragen wie auch vergaberechtliche Erfordernisse gehören daher mittlerweile zu den Hauptelementen der ComplianceManagement-Systeme sehr vieler größerer Unternehmen.363 Dennoch kommt es im Besonderen bei öffentlichen Aufträgen immer wieder zu Regelverstößen in Form von Preisabsprachen.364 Solch besonders drastische Unterwanderungen des Geheimwettbewerbs wie die vorherig genannten markieren den Gipfel des vergaberechtlichen Fehlverhaltens und werden in der Literatur daher sehr oft auch als Auftragnehmer-seitige Hardcore-Verstöße bezeichnet.365
357 Vgl.
Jaath (1980), S. 98. bereits die entsprechenden Hinweise bei Daub/Tomasczewski (1959), S. 522. 359 Vgl. ähnlich bereits Gandenberger (1961), S. 86. 360 Vgl. Schulz/Englert (2014), S, 126. 361 Däumler/Grabe (1984), S. 14. 362 Eisele (1993), S. 1021. 363 Vgl. Crozals/Jürgens (2009), S. 97; Schaefer/Baumann (2011), S. 3603; Schröder (2015), S. 63; Hombrecher (2017), S. 146. 364 Vgl. Theile/Mundt (2011), S. 715 bzw. Dreher/Lampp (2017), S. 147. 365 Auch bei der OECD (1998), S. 2 ff. ist von „Hard Core Cartels“, welche Preisfestsetzungen, Produktionseinschränkungen bzw. -quoten oder Marktaufteilungen zum Gegenstand haben, die Rede. Vgl. außerdem Mager/Lotz (2014), S. 332; Schröder (2015), S. 64 f.; Hombrecher (2017), S. 143 ff.; Dreher/Lampp (2017), S. 141. 358 Vgl.
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
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Als ursächlich für die eher geringe Entdeckungswahrscheinlichkeit auf der Nachfragerseite werden etwa die zuweilen vorhandenen organisatorischen Mängel in den öffentlichen Beschaffungsstrukturen und das nicht immer zu gewährleistende Erfordernis, erfahrene und ständig fortgebildete Beschaffungsbeamte einzusetzen, angeführt.366 Insbesondere in kaufmännischen Fragen wird nicht selten eine eher geringe Expertise vermutet.367 Zudem ist in der öffentlichen Verwaltung das Setzen von Anreizen, um die Mitarbeiter zu effizienteren und effektiveren Verhaltensweisen zu bewegen, tendenziell weniger verbreitet als in privatwirtschaftlichen Organisationen.368 Problemverschärfend kommt auf der Anbieterseite hinzu, dass im mittelständischen Sektor stellenweise die irrige Auffassung vorzuherrschen scheint, mit den kartellrechtlichen Normen würden lediglich Großunternehmen bzw. Konzerne adressiert.369 Zuweilen wird gleichwohl das Argument ins Feld geführt, es sei zwingend erforderlich, bei Vorliegen von kollusivem Marktverhalten gesondert nachzuweisen, dass tatsächlich ein monetärer Schaden entstanden ist. Eine Absprache sei per se noch kein Nachweis dafür, dass die Vergabestelle auch tatsächlich schlechter gestellt wurde als bei einem Fehlen dieser Absprache.370 Eine quantifizierte, also in Geldeinheiten ausgedrückte und zudem objektive Schadensfeststellung gestaltet sich jedoch regelmäßig schwierig.371 Die Tatsache, dass bei öffentlichen Aufträgen vielfach hochspezifische Leistungen nachgefragt werden, für die kein allgemeiner Marktpreis als Referenzgröße existiert, tut hier ihr Übriges.372 Dennoch ist aufgrund des immensen Einflusses auf die wettbewerbliche Preisbildung grundsätzlich vom Vorhandensein eines Vermögensschadens infolge kollusiver Absprachen auszugehen.373 Laut dem Bundesgerichtshof ergibt sich ein überhöhtes Preisniveau bei Submissionsabsprachen nicht zuletzt bereits daraus, dass kaum ein Anreiz bestünde, diese einzugehen, wenn sie den Kartellmitgliedern keine höheren als die sich bei fairem Wettbewerb ergebenden Erlöse verschafften.374 Zudem muss bedacht werden, dass es – wie oben erwähnt – im Rahmen von 366 So
Westhof (1989), S. 83. Gaida/Heinze (1990), S. 12. 368 So zumindest Ordelheide (1977), S. 27. 369 Vgl. Bundeskartellamt (2000), S. 14; Kapp (2008), S. 11; Schröder (2015), S. 64, 69. 370 Vgl. zu dieser Diskussion ausführlich Oldigs (1998), S. 63 ff. 371 Vgl. Otto (1999), S. 43 ff.; Theile/Mundt (2011), S. 717. 372 Vgl. Oldigs (1998), S. 70 f. 373 Vgl. BGH, 21.11.1961 – 1 StR 424/61; Theile/Mundt (2011), S. 717. 374 Vgl. BGH, 08.01.1992 – 2 StR 102/91; BGH, 31.08.1994 – 2 StR 256/94; BGH, 21.11.2000 – 1 StR 300/00. 367 Vgl.
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Preisabsprachen regelmäßig zur Zahlung von Ausgleichs- oder Schmiergeldern an die übrigen Akteure kommt, welche sich negativ auf den Nettoerlös des Auftragnehmers auswirken und somit nur bei einem ungewöhnlich hohen Zuschlagspreis keinen prohibitiv großen Malus darstellen.375 Im Übrigen sei angemerkt, dass wenn Kartellaußenseiter nicht nur in Ausnahmefällen den Zuschlag des öffentlichen Auftraggebers erhalten, sich diese also aus Sicht der Kartellanten zusehends als „lästig“ erweisen, es in der Praxis zuweilen sogar zur Übernahme dieser Konkurrenten durch Kartellmitglieder kommt, wobei für derartige Transaktionen dann teils überraschend hohe Kaufpreise entrichtet werden.376 Dieser Hinweis muss als ein weiteres Indiz für signifikante Mehrerlöse bei horizontalen Preisabsprachen gewertet werden, da sich die vorgenannten hohen Investitionen in der Folge über Umsatzerlöse aus neuen Aufträgen amortisieren müssen, wenn ihnen ein wirklicher Nutzen zukommen soll. Submissionsabsprachen sind deshalb ökonomisch und rechtlich problematisch, da Wettbewerber bei Unkenntnis der übrigen Angebote von vornherein knapper kalkulieren und ihre Leistungen zu günstigeren Preisen anbieten als in Konstellationen, in denen nicht mit (niedrigeren) Konkurrenzangeboten zu rechnen ist.377 Als Geschädigte infolge von Submissionskartellen kommen regelmäßig nicht nur die Veranstalter des öffentlichen Vergabeverfahrens, sondern auch die nicht zum Zuge kommenden Kartellaußenseiter aus dem Kreis der Bieter in Betracht.378 Vor diesem Hintergrund hat der Gesetzgeber im Wege des § 289 StGB lediglich den Umstand, dass es zu einer Submissionsabsprache gekommen ist, bereits als strafbarkeitsbegründend festgelegt. Unerheblich für den Submissionsbetrug ist es, ob faktisch ein Vermögensschaden entstanden ist. Notwendige und zugleich hinreichende Voraussetzung für eine Pönalisierung der Kollusion ist, dass Vergabe- bzw. Wettbewerbsrecht missachtet wurde.379 In engen Märkten mit einem eher kleinen Anbieterkreis (Oligopol) wird gemeinhin von einem besonders großen Risiko aufeinander abgestimmter Strategien bis hin zu preisbzw. angebotsbezogenen Paktierungen ausgegangen.380 In Märkten mit einer sehr großen Anbieterzahl, auf denen alltägliche Geschäfte über „Massenware“ stattfinden (Polypol), hätten etwaige Bemühungen, das eigene Verhalten unmittelbar
375 Vgl.
m.w.N. Theile/Mundt (2011), S. 717 f. sowie Kreße (2014), S. 344 f. Geßler/Hefermehl/Eckhardt/Kropff (1973), S. 212. 377 So Ziegler (2018), S. 37. 378 Vgl. Theile/Mundt (2011), S. 715. 379 Vgl. Hohmann (2001), S. 572. 380 Vgl. Gandenberger (1973), S. 12 f.; Passarge (2015), S. 253. 376 Vgl.
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am Marktverhalten bestimmter Konkurrenten auszurichten, nach Gandenberger hingegen kaum Aussicht auf Erfolg: „Da die polypolistischen Konkurrenzbeziehungen unpersönlich und die am Markt getätigten Transaktionen massenhaft sind, besteht an einer Identifikation von einzelnen Konkurrenten wenig Interesse, und sie würde auch wegen der Vielzahl der Marktvorgänge auf technische Schwierigkeiten stoßen.“381
Als vergleichsweise einfach zu bewerkstelligen – und mit gewissen opportunistischen „Vorteilen“ verbunden – können vor diesem Hintergrund kollusive Angebotsabstimmungen in Märkten gelten, welche die folgenden charakteristischen Merkmale aufweisen:382
– Es tritt im jeweiligen Marktsegment nur eine geringe Anzahl von Unternehmen als Anbieter auf. – Bei öffentlichen Vergabeverfahren treten daher auch immer wieder dieselben Bieter in Erscheinung. – Die Marktanteile der vorgenannten Unternehmen sind als relativ stabil zu bezeichnen. – Die Nachfrage nach bestimmten Lieferungen und Leistungen ist relativ konstant und somit gut vorhersehbar. – Die Anbieter sind sich bezüglich Größe, Organisation, Kostenstruktur, Finanzierung, technologischer Expertise usw. relativ ähnlich. Die wesentlichen Differenzierungsmerkmale liegen also in der Preisgestaltung. – Es bestehen signifikante Marktzutrittsschranken, bspw. aufgrund von hohen Anfangsinvestitionen, Kostenvorteilen durch Skaleneffekte, Schutzrechten und Patenten oder dergleichen. – Es werden vergleichsweise standardisierte und eher simpel gestaltete Produkte gehandelt. Bei relativ geringer technologischer Dynamik auf dem Markt entfällt für die Wettbewerber die Notwendigkeit, sich fortwährend über den Umgang mit innovativen Lösungen zu verständigen (geringer Innovations- und Qualitätswettbewerb). – Bei steigenden Preisen bestehen aufgrund der Marktenge für die Auftraggeber kaum Ausweichmöglichkeiten zu Konkurrenzprodukten bzw. -anbietern.
381 Gandenberger
(1973), S. 27. nachfolgend Kruse (1995), S. 570; Holoubek/Klinke/Oberndorfer/Otruba/Pfanner (2004a), S. 168; Bundeskartellamt (2014), S. 7; Schröder (2015), S. 65. 382 Vgl.
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– Es ist ein regelmäßiger Informationsaustausch auf Messen und in Branchenverbänden vorgesehen. – Einige der auftretenden Anbieter sind zuvor bereits kartellrechtlich auffällig geworden, wurden durchsucht oder mit Bußgeldern belangt. – Andere Marktstufen sind bereits von kartellrechtlichen Ermittlungen betroffen gewesen. – Es existieren bereits in anderen Aufgabenbereichen offizielle strategische Kooperationen zwischen den Wettbewerbern. Die Feststellung, dass bei einem Vergabewettbewerb (etwa in Folge von Absprachen) die Preise deutlich über dem Niveau des Wettbewerbspreises abgegeben wurden, ist grundsätzlich jedoch nicht trivial.383 Es lassen sich aber durchaus gewisse Muster feststellen, denen Angebote nach Submissionsabsprachen in der Praxis regelmäßig folgen.384 Das Bundeskartellamt hat diese Indikatoren systematisch in einer handlichen Broschüre mit dem Titel „Wie erkennt man unzulässige Submissionsabsprachen?“ zusammengetragen, um ein Gespür dafür zu vermitteln, in welchen Fällen womöglich preis- und angebotsbezogene Absprachen vorliegen könnten. Im Zuge dessen werden primär die öffentlichen Auftraggeber als Veranstalter der Vergabeverfahren adressiert, die eingehende Angebote sorgsam analysieren und sich bei Auffälligkeiten an die Kartellbehörden wenden sollen.385 Hierzu ist es wichtig, dass die relevanten Sachverhalte vom öffentlichen Auftraggeber systematisch dokumentiert und zusammengetragen werden. Vorgenannte Auffälligkeitsmerkmale können sich in den folgenden Fällen auftun:386
383 Vgl.
hierzu bereits Gandenberger (1961), S. 178; auch Müller (2011), S. 720 f. betont die Schwierigkeiten des Erkennens. 384 Vgl. Simonis (2016), S. 72. 385 Vgl. hieran ebenfalls appellierend Gandenberger (1961), S. 151, Fn. 1; Gaida/Heinze (1990), S. 61; Schaller (2011a), S. 146; Schaller (2011b), S. 302. 386 Vgl. im Folgenden insbesondere Bundeskartellamt (2014), S. 2 ff. Einzelne der genannten Indikatoren finden sich aber auch bei der Weltbank (o.Jg.), S. 1 und der OECD (2007), S. 34. Ausdrücklich sei zudem darauf hingewiesen, dass die vorgenannten Szenarien lediglich als Indizien für wettbewerbsrelevante Absprachen zu werten sind; bei Vorliegen einer oder mehrerer Auffälligkeiten muss nicht notwendigerweise ein Regelverstoß vorliegen. Gleichwohl ist der Vergabeverantwortliche auf Behördenseite – dies entspräche dem Optimalfall – sodann angehalten, die identifizierten Verdachtsmomente zunächst behördenintern oder auch direkt an das Bundes- oder auch das zuständige Landeskartellamt weiter zu kommunizieren, so Bundeskartellamt (2014), S. 8 bzw. Simonis (2016), S. 71.
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
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– Lassen sich auffällige äußerliche Ähnlichkeiten bei Angeboten erkennen? Zuweilen erstellt ein Anbieter alle Angebote, sein eigenes und die der übrigen Bewerber. Dieselben Kalkulations- oder Rechtschreibfehler387 , dieselbe Handschrift, ein identisches Layout, optisch-technisch identische KurzLeistungsverzeichnisse u. ä. können hierauf hindeuten. – Sind einem Bieter die Angebote seiner Konkurrenten bekannt? Zuweilen äußert ein Bewerber die Erwartung, der preisgünstigste Bieter zu sein oder es wird auf vermeintliche Standardpreise Bezug genommen. Falls solche Informationen nicht aufgrund vorheriger Submissionsveranstaltungen oder anderer Quellen für das Publikum zugänglich gemacht wurden, könnte diese Kenntnis auf einer Absprache oder einem unzulässigen Informationsaustausch fußen. – Führt ein Preisvergleich zu auffälligen Ergebnissen? Zuweilen zeigen sich in den Angebotsunterlagen gleiche Einheitspreise, stark überhöhte Pauschalpreise, identische Endpreise bei den „Ausschreibungsverlierern“, dieselben Kostenzuwachsraten bei verschiedenen Bewerbern, unerwartet nah beieinander liegende Brutto-End- bzw. Zwischensummen bei vergleichsweise komplexen Leistungen, unerwartet nah beieinander liegende Beträge im Vergleich zu vorangegangenen Verfahren oder die gleichen preislichen Abstände zum nächstgünstigeren Bieter (bspw. Gewinner 100 %, Zweiter 102 %, Dritter 104 %, Vierter 106 % usw.). – Lässt sich eine überraschende Preispolitik bei einem bestimmten Wettbewerber feststellen? Zu achten ist hier darauf, ob sich die Preise eines bestimmten Bieters gegenüber vergleichbaren Vergabeverfahren signifikant geändert haben, ohne dass sich diese durch sich wandelnde wirtschaftliche Rahmenbedingungen erklären ließen. Auch Angebotspreise, die in Relation zu einer etwaigen Kostenvorschätzung merklich gestiegen sind, können auf abgesprochene Angebotspreise hindeuten. – Sind Angebotsmuster erkennbar, die auf eine Marktaufteilung hindeuten? Zum einen lässt sich teilweise beobachten, dass die gewonnenen Vergabeverfahren – oder zumindest die einzelnen Lose – rotierend zwischen den Marktteilnehmern aufgeteilt werden (bspw. gemäß dem Schema A, B, C, A, B, C usw.). Zum anderen ist denkbar, dass ein Markt anhand der Auftragsvolumina, des Sitzes der Vergabestelle bzw. der Bieter oder auch danach, ob eine Landes- oder eine Bundesbehörde beschafft, aufgeteilt wird. 387 Identische
Rechtschreibfehler in zwei eingereichten Angeboten (konzernverbundener Unternehmen) sind bspw. in einem Ausschreibungswettbewerb entdeckt worden, bei dem es um die Beschaffung von Kampfschuhen für die Bundeswehr ging, vgl. hierzu OLG Düsseldorf , 27.07.2006 – VII-Verg 23/06 bzw. Dicks (2013), S. 4; weitere Fälle mit ähnlichen „Patzern“ werden aufgeführt bei Ehrig (2010), S. 13.
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
– Des Weiteren sollte es Anlass zu Zweifeln an der Ordnungsmäßigkeit des Wettbewerbs geben, wenn sich ein bestimmter Bieter immer wieder um vergleichbare öffentliche Aufträge bewirbt, jedoch aufgrund ungewöhnlich hoher Preise nie den Zuschlag erhält (und vice versa). – Könnte unter Umständen ein bloßes Scheinangebot vorliegen? Von Bewerbern nur oberflächlich oder nachlässig bearbeitete Verdingungsunterlagen mit fehlenden Angaben können an Zeitdruck, nicht eindeutigen Anforderungen o.ä. liegen. Gleichwohl können diese auch als ein Indiz für ein Scheinangebot gewertet werden, welches infolge einer Absprache von vornherein den Zuschlag nicht erhalten soll. – Sind auffällige Preistrends nach bestimmten Branchenereignissen zu verzeichnen? Falls ein Neuanbieter in einen Markt drängt und dies zu einem allgemeinen Preisabfall führt, könnte dies davon zeugen, dass Preisangebote bei vorangegangenen Aufträgen abgesprochen gewesen waren. Ebenso ist es nicht auszuschließen, dass erhöhte Preisniveaus, die sich nach besonderen Marktereignissen wie etwa Messen oder Branchenverbandstreffen einstellen, ohne dass sich hierfür aus den ökonomischen Rahmenbedingungen eine plausible Erklärung ableiten lässt, in Submissionsabsprachen begründet liegen. – Ergeben sich nach der Vergabe aufgrund der Art der Auftragsausführung gewisse Anzeichen, die auf eine vorherige Absprache hindeuten? Wenn der Auftragnehmer nach Erhalt des Zuschlags bedeutende Teilleistungen an Unterauftragnehmer verteilt, die sich um die ursprüngliche Vergabe selbst nicht beworben hatten, obwohl ihnen dies unter Umständen möglich gewesen wäre, kann dies ein Indiz für kollusives Bieterverhalten darstellen. Die vorgenannten Szenarien kommen oftmals nicht nur bei einem bestimmten öffentlichen Auftrag zum Tragen. Vielmehr besteht Anlass dazu, das Bieterverhalten nach Möglichkeit zeitraumbezogen und Auftraggeber übergreifend ins Auge zu fassen. Vielfach haben sich Unternehmen Vergabevorgänge unterschiedlicher Behörden über einen längeren Zeitraum aufgeteilt, indem man sich untereinander bestimmte Gebiete, Kunden oder Lieferquoten zugewiesen hatte, bezüglich derer die übrigen Wettbewerber sodann nur Scheinangebote eingereicht hatten.388 Kartelle, die über mehrere Jahre aufrechterhalten werden, zeichnen sich im Übrigen zum Teil auch dadurch aus, dass sie ohne einzelfallbezogene Absprachen im Zeitablauf auskommen, da durch ein anfängliches Festlegen der
388 Vgl.
Bundeskartellamt (2014), S. 6; siehe hierzu aber auch bereits Gandenberger (1961), S. 223 sowie Jaath (1980), S. 93.
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
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Handlungsstrategien ein festes Planungssystem herausgebildet werden konnte.389 Das Resultat sind zuweilen verfestigte Kartellgebilde, die mehrere Auftragsvergaben überdauern und erst verspätet identifiziert werden. Dass horizontalem Kollusionsverhalten oftmals eine „wirtschaftspolitisch gefährliche Tendenz zur Wiederholung“ innewohnt, hat im Übrigen auch der BGH erkannt.390 Ausschreibungskartelle können sich mittel- bis langfristig von selbst wieder zersetzen und zwar dergestalt, dass in gewissen Märkten die kartellbedingt überhöhten Preise neue Anbieter anlocken und sich somit perspektivisch Überkapazitäten im Gesamtmarkt mit dem Anreiz zu Preissenkungen ergeben, um die unausgelasteten Kapazitäten durch mehr Aufträge auszulasten. Dies führt zu Spannungen in der festgefahrenen Wettbewerbssituation, was einzelne Anbieter zum Unterlaufen der Absprachen bewegen kann.391 Zudem sei ergänzt, dass es mitunter auch aus anderen als absprachebedingten Gründen zu Scheinangeboten bei Vergabewettbewerben kommen kann. Nicht auszuschließen ist nämlich auch, dass ein Anbieter seine Produktionskapazitäten kurzfristig bereits voll ausgelastet sieht und kein wirkliches Interesse an einem weiteren zu vergebenden Auftrag hat. Wenn einzelne Unternehmen bereits einmal davon abgesehen hatten, sich trotz erfolgter Ansprache an einem Vergabewettbewerb zu beteiligen, werden diese zum Teil bei späteren Teilnahmewettbewerben oder Verhandlungsanbahnungen vom Auftraggeber nicht mehr berücksichtigt.392 Prophylaktisch werden deshalb mitunter dennoch bewusst überhöhte und daher chancenlose Angebote eingereicht, um gegenüber dem Auftraggeber grundsätzlich Bereitschaft und Bemühen bei den Geschäftsbeziehungen mit der öffentlichen Hand zu suggerieren und so bei Folgevergaben nicht gegen das Vorurteil mangelnder Leistungsbereitschaft ankämpfen zu müssen.393 Auch diese lediglich prophylaktisch abgegebenen Angebote stellen analog zu den Preisen auf Basis von Submissionsabsprachen Preisrechtsverstöße dar, weil hier künstlich überhöhte Preise gefordert werden.394 Was das Aufdecken dieser Art von Scheinangeboten 389 Vgl.
Thiede (2017), S. 69. BGH, 22.06.2004 – 4 StR 428/03. Dass einmalige horizontale Submissionsabsprachen zwischen bestimmten Anbietern nur relativ selten vorkommen, sieht ebenso Oldigs (1998), S. 11. 391 Vgl. Finsinger (1984), S. 585. 392 Vgl. Herbst (1965), S. 63. 393 Vgl. für diese Art der Scheinangebote bereits Dipper (1959), S. 835. Abhilfe schaffen kann in diesen Fällen alternativ auch ein Absageschreiben an den öffentlichen Auftraggeber, in dem das eigene Leistungsprogramm erläutert wird, so Gaida/Heinze (1990), S. 39. 394 Vgl. Birgel (1994), S. 93. 390 Siehe
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
angeht, so dürften zumindest zum Teil dieselben Warnhinweise wie oben analog gelten. Es muss gleichwohl konstatiert werden, dass die abschließende Beweisführung über Submissionsabsprachen häufig nicht ohne den Zugriff auf konkretes belastendes Schriftmaterial, erlangt im Zuge kartellbehördlicher oder staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen, leistbar ist.395 Aus diesem Grunde ist festzuhalten, dass bei schwerwiegenden Indizien für Submissionsabsprachen zwischen den Bietern die weitere Überprüfung des Sachverhalts in den hierfür originär zuständigen kartellbehördlichen Bereich übergeben werden sollte. Zuvor ist jedoch ein Marktpreis auf dem in Rede stehenden Ausschreibungsmarkt deutlich zu verneinen und mittels Einschlagen eines anderen Weges (Preistyps) weiterzuprüfen, um das in aller Regel keinen größeren Aufschub duldende Preisprüfungsverfahren einem geordneten und vor allem zeitnahen Ende zuzuführen.396 Die deutschen Kartellbehörden sind zur Durchsetzung des GWB aufgerufen. Das Bundeskartellamt ist eine eigenständige Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des BMWi, also des Verordnungsgebers. Die Landeskartellämter wiederum fungieren als die nach Landesrecht zuständigen obersten Landesbehörden, es handelt sich also – wie im Falle der Preisbildungsstellen – um den Wirtschaftsminister bzw. -senator des jeweiligen Bundeslandes.397 Es besteht also im Verwaltungsapparat der BRD eine gewisse aufbauorganisatorische Nähe zwischen dem Netz aus Preisüberwachungs- bzw. Preisbildungsstellen und dem Netz aus Kartellbehörden. Dies könnte eine gegenseitige Unterstützung in der Praxis ggf. begünstigen. Dem Bundeskartellamt ist neben der Überwachung der Vergabe öffentlicher Aufträge nicht zuletzt die Kernaufgabe übertragen, grundsätzlich alle Wettbewerbsbeschränkungen auf bundesdeutschem Gebiet zu überwachen und ggf. zu ahnden.398 Kartellbehördliche Überwachungstätigkeiten erstrecken sich also nicht nur auf den Ausschreibungsmarkt, sondern deren Wurzel liegt traditionell eher in der Unterbindung von Wettbewerbsverstößen auf dem allgemeinen Markt. Hier verfügen die Kartellbehörden über Spezialkenntnisse und anspruchsvolle mikroökonomisch geprägte Markt- und Branchenanalysen sind mehr oder weniger Teil des dortigen Tagesgeschäfts. Während Plausibilitätsüberprüfungen hinsichtlich des Anbieterwettbewerbs auf dem „Ausschreibungsmarkt“ für den 395 Vgl.
Jansen (2005), S. 504 f. klingt auch an bei Michaelis/Rhösa/Pauka (1954 ff.), § 5, S. 19 f. 397 Vgl. Reiniger (1983), Sp. 729; Bundeskartellamt (2011), S. 10. Zum typischen Ablauf von kartellbehördlichen Ermittlungen in Unternehmen vgl. Crozals/Jürgens (2009), S. 93 ff. 398 Vgl. Bundeskartellamt (2011), S. 10. 396 Dies
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
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Preisprüfer infolge der leichteren Überschaubarkeit dieser künstlich geschaffenen und lediglich temporären Marktform noch leistbar erscheinen, so ist eine formalisierte Suche nach Wettbewerbsbeschränkungen auf dem sehr weiten allgemeinen Markt nach der hier vertretenen Ansicht den Preisüberwachungsstellen aufgrund des sehr hohen Schwierigkeitsgrades und der fehlenden Informationsbasis nicht abzuverlangen. Vielmehr sollte dieses Feld den hierauf spezialisierten, mit wertvollem Erfahrungswissen und den passenden Informationssystemen ausgestatteten Kartellbehörden überlassen werden. Der im weiteren Verlauf vorzustellende MP-PS strebt an, diese klare Aufgabenabgrenzung zwecks Vermeidung eines ineffizienten und zudem ineffektiven Nebeneinanderherprüfens angemessen zu berücksichtigen.399
4.3.3.5 Vertikale Submissionsabsprachen Im Hinblick auf das oben bereits problematisierte Verbot und die entsprechende Unterstrafestellung wettbewerbsverhindernder Absprachen bei Ausschreibungen ist ebenfalls zu betonen, dass es in den Augen des Gesetzgebers unerheblich ist, ob die Submissionsabsprachen vor dem öffentlichen Auftraggeber verheimlicht werden. Der Zweck dieser Auslassung des Verheimlichungsmerkmals liegt darin, dass auf diese Weise auch diejenigen Fälle automatisch mit erfasst werden, bei denen der spätere Auftragnehmer mit dem öffentlichen Auftraggeber im Vorfeld der Zuschlagserteilung kollusiv kooperiert.400 Bei öffentlichen Vergabeverfahren kommt es neben den zuvor erörterten horizontalen Absprachen mithin immer wieder auch zu vertikalen Submissionssprachen in Verbindung mit verdeckten finanziellen Zuwendungen an den öffentlichen Auftraggeber. Indem sich der öffentliche Auftraggeber konspirativ mit einem Anbieter im Vorfeld des Vergabeverfahrens abstimmt und diesem den Zuschlag im Geheimen zusichert, kommt es gewissermaßen zu der Veranstaltung eines vergaberechtlichen Scheinwettbewerbs, weil der Sieger von vornherein feststeht. Nicht nur, aber nicht 399 In
diesem Kontext sei ferner angemerkt, dass alle Kartellämter als Verfolgungsbehörden im Kern über dieselben Rechte und Pflichten bei der Verfolgung von Delikten verfügen wie die Staatsanwaltschaft. Von Auskunftsverlangen über die Einsicht und Überprüfung von Unterlagen bis hin zu Durchsuchungen verfügen die Kartellbehörden über umfängliche Ermittlungsmöglichkeiten, wobei ein mit nachvollziehbaren Argumenten gestützter Verdacht ausreicht, um Ermittlungen einleiten zu dürfen. Die Kartellämter arbeiten hierbei mit einem sehr weiten Unternehmerbegriff, d. h. jegliche Art der wirtschaftlichen Betätigung ist hier zu subsumieren, woraus sich ergibt, dass alle Formen der privat- oder öffentlich-rechtlichen Zusammenschlüsse mindestens zweier Marktteilnehmer ins Blickfeld genommen werden können. Vgl. hierzu Reiniger (1983), Sp. 730. 400 Vgl. hierzu Deutscher Bundestag (1996), S. 14; Otto (1999), S. 41; siehe zudem Kreße (2014), S. 343 m.w.N.
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
zuletzt auch in der öffentlichen Verwaltung spielt dieses Problemfeld eine nicht unwesentliche Rolle.401 Korruption in der Beschaffungsabteilung führt durch das Abrücken von einer objektiven, um Wirtschaftlichkeit bemühten und daher den Wettbewerb ausnutzenden Herangehensweise zu einer mittelbaren finanziellen Schädigung der Organisation durch den korrupten Mitarbeiter.402 Besonders kritische Stimmen sprechen vor dem Hintergrund der „Ausschreibungskriminalität bei der Vergabe öffentlicher Aufträge“ sogar von einem nicht länger tolerablen „Sittenverfall im Wirtschafts- und Verwaltungshandeln“403 . Entsprechende Vorfälle seien auf allen Ebenen der öffentlichen Verwaltung zu beobachten.404 Inwieweit derart vernichtende Urteile gerechtfertigt sind, ist nicht primär Gegenstand der vorliegenden Untersuchung. Gleichwohl kann das in Rede stehende Problemfeld aufgrund der Fülle an Hinweisen und Vorwürfen im Schrifttum nicht ignoriert werden. Als mögliche Gründe für vertikale Absprachen auf dem vergaberechtlichen Markt werden genannt:405 – die generell beträchtlichen Freiheitsgrade in der Aufgabenausführung, bspw. bei der Abwicklung öffentlicher Aufträge, – vergleichsweise schwach ausgeprägte IKS in Ämtern und Behörden, – die recht geringe Anzahl an Compliance-Schulungen und diesbezüglichen Handlungsanweisungen sowie – das im Vergleich zum privatwirtschaftlichen Sektor eher geringe Gehaltsniveau in der öffentlichen Verwaltung. Als besonders korruptionsgefährdet gelten nach Angaben des Bundesinnenministeriums diejenigen Arbeitsbereiche, die:406 – vermehrt Außenkontakte pflegen, – Haushaltsmittel in größerem Umfang administrieren, – öffentliche Aufträge abwickeln, 401 Vgl. Kailing (1970), S. 306; Westhof (1989), S. 67 ff.; OECD (2007), S. 17 ff.; Lantermann (2014), S. 50 ff.; Nepomuck (2016), S. 414. 402 Siehe auch Zünd (1982a), S. 460; Baetge/Melcher (2008), S. 391; Odenthal (2009), S. 59. 403 Siehe hierzu das Vorwort zu der empirischen Untersuchung bei KPMG (1997). 404 Vgl. KPMG (1997), S. 6 bzw. 9. 405 Vgl. Nagel (2007), S. 39 ff.; Mellert/Frey (2016), S. 283. 406 Vgl. Bundesministerium des Innern (2010), S. 7 f.
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
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Subventionen, Fördermittel oder sonstige Zuwendungen vergeben, Auflagen, Konzessionen, Genehmigungen, Erlaubnisse o.ä. erteilen, Gebühren festsetzen und erheben oder Vorgänge mit behördeninternen Informationen bearbeiten, die für Dritte nicht bestimmt sind.
Nimmt man die öffentliche Verwaltung genauer in den Blick, so fällt auf, dass dort nahezu jeder Arbeitsbereich mindestens eine der vorgenannten Tätigkeiten abdeckt, es sich bei selbigen mithin um geradezu behördentypische Tätigkeitsmerkmale handelt. Der öffentlichen Hand vor diesem Hintergrund eine besondere Korruptionsanfälligkeit zu attestieren, muss somit zumindest als nicht gänzlich abwegige Einschätzung bezeichnet werden.407 Unternehmensseitig ausführend tätig ist in diesem Zusammenhang in der Regel die Vertriebsabteilung, die ohnehin in regelmäßigem Kontakt mit den Einkäufern des Abnehmerkreises der angebotenen Leistungen steht.408 Vertikales Zusammenwirken zwischen dem Beschaffungsverantwortlichen in der Vergabestelle und dem herausgestellten Anbieter geschieht mit dem Ziel, den nicht an der Absprache beteiligten Unternehmen einen Nachteil zu verschaffen, bspw. durch – Übermittlung wettbewerbsrelevanter Informationen bezüglich der weiteren eingeladenen oder erwarteten Bewerber an den herausgestellten Bieter oder – nachträgliche, den Zuschlag für den herausgestellten Bieter faktisch herbeiführende Manipulationen an den übrigen eingereichten Angeboten durch den zuständigen Sachbearbeiter auf Seiten der Beschaffungsbehörde.409 Vertikale Absprachen sind zumeist – insbesondere aus Sicht der übrigen Marktteilnehmer – deutlich schwieriger zu enttarnen, da der Veranstalter der Vergabe, der einen beträchtlichen Informationsvorsprung hat, unmittelbar an dem kollusiven Zusammenwirken beteiligt ist (im Gegensatz zu horizontalen Submissionsabsprachen).410
407 Vgl.
zu diesem Vorwurf Mellert/Frey (2016), S. 284; ähnlich auch Passarge (2015), S. 253. 408 Vgl. Odenthal (1997a), S. 247 f.; Nepomuck (2016), S. 410 f. 409 Vgl. Kresse (1970), S. 203; Bartmann (1999), S. 127; Theile/Mundt (2011), S. 717; Simonis (2016), S. 73 f. 410 Vgl. Simonis (2016), S. 72.
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
Darüber hinaus können erneut typische Alarmsignale aufgelistet werden, bei denen von einer erhöhten Wahrscheinlichkeit vertikaler Kollusion ausgegangen werden kann: – Unzufriedenheit mit den Vorgesetzten, dem eigenen Aufgabenbereich oder lediglich das Gefühl eines unzureichenden Einkommens können als Auslöser für deliktische Handlungsweisen im Sinne eines „Racheakts“ fungieren.411 – Sodann ist anzumerken, dass dem Verhalten von Führungskräften eine gewisse Abstrahlwirkung auf die übrigen Mitarbeiter attestiert wird. So wird empfohlen, bei Organisationseinheiten, deren Führungspersonal in der Vergangenheit durch Compliance-Verstöße in Erscheinung getreten ist, gleichsam von einem erhöhten Nachahmungspotenzial bei den operativ tätigen Behördenmitgliedern auszugehen.412 – Der Vergabeverantwortliche übt Nebentätigkeiten aus. Nebenberufliche Tätigkeiten können im Zusammenhang mit der Dienstausübung stehen und zur Gefahr von Interessenskonflikten führen.413 – Ein plötzlicher Wandel des persönlichen Lebensstils weg von einem eher maßvollen, bescheidenen hin zu einem ausschweifenden Lebenswandel (Wohlstandsmehrung) kann als Indikator für das Vorliegen von Korruption gewertet werden. Dies spiegelt sich häufig in der Zurschaustellung neu erworbener Luxusgüter, teuren Freizeitbeschäftigungen usw. wider.414 – Auch finanzielle Schwierigkeiten, Süchte oder andere Probleme im sozialen Nahbereich potenzieller Verdächtiger können die Hauptursache für korruptes Verhalten sein.415 – Korruptionstäter geben häufig vor, unabkömmlich zu sein, woraus resultiert, dass diese vermehrt auf Urlaub verzichten, auch bei Krankheit am Arbeitsplatz erscheinen oder Arbeitsaufgaben mit nach Hause genommen werden.416 411 Vgl.
Romney/Albrecht/Cherrington (1980a), S. 53; Starck (1986), S. 177; Odenthal (1997a), S. 249; vgl. vertiefend zu Mitarbeitermotivation und -zufriedenheit bereits Baetge (1979). 412 Vgl. Schaefer (1996), S. 2490. 413 Vgl. Innenministerium Baden-Württemberg (o.Jg.), S. 1. 414 Vgl. Starck (1986), S. 177; Wiesemann (1997), S. 108; Odenthal (1997a), S. 249; Odenthal (1997b), S. 311; Bannenberg (2002), S. 218; OECD (2007), S. 63; ähnlich auch Romney/Albrecht/Cherrington (1980a), S. 53; KPMG (1997), S. 12. 415 Vgl. hierzu bereits Schmalenbach (1911/12), S. 338; ferner Romney/Albrecht/Cherrington (1980a), S. 53; Starck (1986), S. 177; Bannenberg (2002), S. 457; Stierle (2008), S. 66. 416 Vgl. Wiesemann (1997), S. 108; Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen (2014), S. 9.
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
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Mitunter werden diese Mitarbeiter vom Führungspersonal sodann gar als besonders verlässlich und motiviert angesehen. Durch abgeschirmtes Spezialwissen können sich diese Personen jedoch häufig der Managementkontrolle entziehen.417 Bisweilen offenbaren sich auch Verweigerungshaltungen bei Versetzungen oder der freiwillige Verzicht auf Beförderungen, wenn damit eine Umsetzung verbunden wäre.418 Das Prinzip der Job-Rotation in wichtigen Positionen, um „die negativen Auswirkungen der informellen Strukturen einzuschränken, da immer neue Bezugspersonen im Kontrollsystem auftreten“419 wird also nicht konsequent durchgesetzt. Es ergeben sich Anhaltspunkte für häufigen außerhäuslichen Umgang mit Auftragnehmern, es offenbaren sich private Beziehungen oder auch eine gemeinsame Vereinszugehörigkeit.420 Es werden von dem Vergabebeamten vermehrt Außentermine ohne plausible Begründung wahrgenommen.421 Es kommt zur unnötigen Anwesenheit einer Mittelsperson bei Kontaktaufnahme oder Einkauf.422 Behördenmitglieder ohne Repräsentanz- oder Leitungsfunktion (wie bspw. Einkaufssachbearbeiter) werden von Geschäftspartnern bzw. Lieferanten eingeladen.423 Der betreffende Mitarbeiter sondert sich zunehmend ab und zeigt sich im Kollegenkreis verschlossen und wenig auskunftswillig.424 Eine starke administrative Aufgabenkonzentration auf eine Person, deren eigener Wunsch dies ist, ist festzustellen.425 Zudem wird zum Einsparen von Personalkosten gerade in kleinen und mittleren Verwaltungen oftmals eine Aufgabenbündelung bezüglich Planung, Vergabeentscheidung und Abrechnung bei einem Sachbearbeiter vorgenommen. Dies ist eine Fallkonstellation ohne Kontrollmechanismen wie etwa dem Vier-Augen-Prinzip; sie gilt als anfällig
417 Vgl.
Meyer zu Lösebeck (1990), S. 133. Innenministerium Baden-Württemberg (o.Jg.), S. 2; Wiesemann (1997), S. 108; OECD (2007), S. 63. 419 Meyer zu Lösebeck (1990), S. 134. 420 Vgl. Wiesemann (1997), S. 108; Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen (2014), S. 9. 421 Vgl. Innenministerium Baden-Württemberg (o.Jg.), S. 2. 422 Vgl. OECD (2007), S. 63. 423 Vgl. Bömer (2011), S. 29. 424 Vgl. Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen (2014), S. 9. 425 Vgl. Innenministerium Baden-Württemberg (o.Jg.), S. 2; Lohse (1996), S. 198. 418 Vgl.
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
für vertikale Submissionsabsprachen.426 Manipulationen bei der Auftragsvergabe sind in aller Regel leichter möglich, wenn auf Seiten des öffentlichen Auftraggebers die überwiegende Zahl der relevanten Verfahrensschritte bei einem Beschaffungsbeamten gebündelt ist.427 Diesem Problem wird daher in größeren Verwaltungen – bei kleineren Auftraggebern wie bspw. kleinen und mittelgroßen Kommunen wird dies nur selten möglich sein428 – häufig mit der Verteilung der Arbeitsschritte auf mehrere Köpfe begegnet. – Der betreffende Mitarbeiter zeigt plötzliches Interesse für ressortfremde Vorgänge, die sich seinem eigentlichen Verantwortungsbereich entziehen.429 – Der betreffende Mitarbeiter fällt durch plötzliche Meinungswechsel hinsichtlich entscheidungsrelevanter Sachverhalte auf.430 – Es hat sich aus längeren Lieferantenbeziehungen oder persönlichen Bekanntschaften eine große Nähe zu bestimmten Lieferanten entwickelt.431 In Bezug auf diese umfassende Liste ist gleichwohl anzumerken, dass sich die beschriebenen Problematiken in einer derart tiefen betriebsinternen – und zum Teil bis ins Privatleben hineinragenden – Sphäre des Auftraggebers bewegen, dass sie bei lebensnaher Betrachtung von Außenstehenden nicht angemessen beurteilt werden können.432 Auch erscheint der im Schrifttum zu findende Vorschlag,433 ein Prüfer könnte zur Sachverhaltsklärung die Personalakten verdächtiger Mitarbeiter sichten oder den Personalleiter zu selbigen befragen, wenig aussichtsreich. Aus Sicht des wirtschaftlichen Prüfungswesens gilt daher vielmehr nach Zünd: „Wegen der fehlenden Transparenz sind oft mehrere derartige Indikatoren nebeneinander zu verfolgen, um einen einigermassen plausiblen Anhaltspunkt für weitere Untersuchungen zu haben. Man hüte sich jedenfalls vor voreiligen Schlüssen! Der 426 Vgl. Wiesemann (1997), S. 108. Beim Vier-Augen-Prinzip wird die Verantwortung für eine Aufgabe zwei Mitarbeitern übertragen, wobei einzelne Handlungen nur unter Mitwirkung beider Personen (doppelte Durchsicht, doppelte Unterschrift usw.) durchgeführt werden sollen, so Meyer zu Lösebeck (1990), S. 129. 427 Vgl. Ruff (2012), S. 288. 428 Vgl. Ruff (2012), S. 288. 429 Vgl. Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen (2014), S. 9. 430 Vgl. Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen (2014), S. 9. 431 Vgl. OECD (2007), S. 63; Simonis (2016), S. 72.; auch Romney/Albrecht/Cherrington (1980a), S. 53; Meyer zu Lösebeck (1990), S. 314. 432 Vgl. zur Schwierigkeit der Entdeckung allgemein auch Romney/Albrecht/Cherrington (1980a), S. 54. 433 Vgl. hierzu Romney/Albrecht/Cherrington (1980b), S. 69.
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
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Einkauf ist ein Bereich – darüber sollte man sich als Prüfer keine Illusionen machen –, der nie vollständig in den Griff zu kriegen ist.“434
In aller Regel nur über entsprechende konkrete Hinweise von nicht zum Zuge gekommenen Mitbewerbern des herausgestellten Auftragnehmers oder ehemaligen Angestellten ließen sich daher Korruptionsvergehen überhaupt aufdecken.435 Auch hinterlassen auf die beschriebene Weise zustande gekommene Auftragsvergaben in der Regel keine erkennbaren Spuren im Rechnungs- und Belegwesen des Unternehmens.436 Bestechungszahlungen werden in der Praxis meist, kaum identifizierbar, entweder außerhalb des normalen Buchwerks über schwarze Kassen oder innerhalb der normalen Buchführung mittels Deklarierung der Zahlung als Aufwand wie bspw. für Berater abgebildet.437 „Ein Preisprüfer kann zudem keine Gewissensforschung betreiben, sondern nur objektiv vorhandene Fakten feststellen und werten.“438 Viele Fragestellungen im Zusammenhang mit vertikalen Submissionsabsprachen können demnach beim Nachweis von Marktpreisen nicht tiefergehend behandelt werden.439 Eher ließe es sich als die Aufgabe der Internen Revision des Auftraggebers ansehen, sich ein unabhängiges Bild über die Compliance im Beschaffungsbereich zu machen 434 Zünd
(1982a), S. 461. Wells/Kopetzky (2006), S. 261. 436 Vgl. Kresse (1970), S. 198; Ebeling/Böhme (2000), S. 475; Melcher (2009), S. 134. 437 Vgl. OECD (2007), S. 52. Insbesondere wenn schwarze Kassen bei anderen als den sonst angegebenen Kreditinstituten geführt werden, besteht nahezu keine Chance, diese aufzudecken. Und selbst wenn sie bei der Hausbank installiert wären, könnten sie nur über die Sichtung vollständiger Salden- und Depotauszüge der Bank offengelegt werden. Vgl. zu alledem Melcher (2009), S. 129 ff. All dies sind jedoch sehr aufwendige Prüfungshandlungen, die im Rahmen einer Preisprüfung daher eher nicht in Frage kommen dürften. 438 Rodax (1982), S. 214. 439 Angemerkt sei zwar, dass von Wirtschaftsprüfern oder internen Revisoren in der Praxis mitunter auch Detekteien oder andere „Spitzel“ für Observationen beauftragt werden, um gegen Mitarbeiter, die eines Deliktes verdächtigt werden, zu ermitteln und so an sachdienliche Hinweise zu deren Lebenswandel zu gelangen. Siehe hierzu Romney/Albrecht (1979), S. 62 ff.; Meyer zu Lösebeck (1990), S. 206; Lohse (1996), S. 196; Odenthal (1997a), S. 246; Ebeling/Böhme (2000), S. 476; Meyer zu Lösebeck (2002), Sp. 2455 sowie Odenthal (2009), S. 163 f. Da es sich hierbei aber um eine sehr drastische und nur in sehr seltenen Fällen angewandte Methode handelt, soll sie in dieser Arbeit nicht weiter berücksichtigt werden. Ebenso wenig in Frage kommt – einem Gedanken von Hamann (2003), S. 139 folgend – „der Einsatz versteckter Kameras oder von Abhöreinrichtungen …, um endgültige Klarheit zu erlangen“, da auch dies die Befugnisse von betriebswirtschaftlichen Prüfern signifikant übersteigen würde. 435 Vgl.
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
und etwaige Schwachstellen oder gar aufgedeckte Delikte an die Behördenleitung zu berichten. Nichtsdestotrotz gibt es im vorliegenden Kontext auch Warnindikatoren, die sich von einem externen Prüfer durchaus beurteilen lassen, weil sie teilweise anhand der Ausschreibungsunterlagen feststellbar sind. Sie sollten daher nach Erhalt der Vergabedokumentation nicht gänzlich außer Acht gelassen werden. Bei diesen handelt es sich um die folgenden: – Bestimmte Vorgänge werden unerklärlicherweise beschleunigt oder andere bedeutende verfahrensbezogene Beschlüsse werden unnötig lange hinausgezögert.440 – Relevante Informationen werden zurückgehalten, indem bspw. Dokumentationspflichten nicht nachgekommen wird, Fehler oder Unstimmigkeiten verschwiegen oder verschleiert, interne Revisionsprüfungen verzögert oder Probleme nicht offen diskutiert werden.441 Zudem werden am Sachverhalt eigentlich Beteiligte bei einzelnen Entscheidungen übergangen.442 – Es werden Nachlässigkeiten, Unregelmäßigkeiten, Rechenfehler und Nachbesserungen in den Vergabeunterlagen offenbart.443 – Der mit der administrativen Abwicklung öffentlicher Aufträge befasste Mitarbeiter trifft zunehmend Entscheidungen, die unerklärlich oder unbegründet erscheinen. Hierzu zählt auch die unterschiedliche Bewertung gleichartiger Sachverhalte im Vergleich zu früheren Vergaben.444 – Einzelne rechtliche Vorschriften werden von dem Vergabebeamten entweder vernachlässigt oder aber in unverständlichem Maße überstrapaziert.445 Hieraus resultiert eine ungerechtfertigte Vorzugsbehandlung eines bestimmten Bieters.446 – Zu Beginn werden Begründungen konstruiert, weshalb auf ein offenes Verfahren bzw. eine öffentliche Ausschreibung verzichtet werden könne.447 440 Vgl.
Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen (2014), S. 10; Innenministerium BadenWürttemberg (o.Jg.), S. 2; Weltbank (o.Jg.), S. 2. 441 Vgl. Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen (2014), S. 10. 442 Vgl. Innenministerium Baden-Württemberg (o.Jg.), S. 2. 443 Vgl. Innenministerium Baden-Württemberg (o.Jg.), S. 2; Birnfeld (2010), S. 137. 444 Vgl. Innenministerium Baden-Württemberg (o.Jg.), S. 2; ähnlich auch Romney/Albrecht/Cherrington (1980a), S. 53, die von „Rationalization of contradictory behavior“ sprechen. 445 Vgl. Innenministerium Baden-Württemberg (o.Jg.), S. 2. 446 Vgl. OECD (2007), S. 63. 447 Vgl. Innenministerium Baden-Württemberg (o.Jg.), S. 2.
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
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– Der eigentlich zusammenhängende Gesamtauftrag wird unzulässiger Weise in mehrere kleine Lose aufgespalten, um die Pflicht zur europaweiten Bekanntmachung oder andere Kontrollmechanismen zu umgehen.448 Hierdurch soll die Zuschlagserteilung an einen präferierten Bewerber vereinfacht werden. – Ausschreibungslose werden künstlich so groß zugeschnitten, dass nur wenige oder gar nur ein Anbieter überhaupt in Frage kommen/kommt.449 – Das Beschaffungsvorhaben bzw. die geforderte Lieferung an sich erscheint unsachgemäß oder unnötig.450 – Der vergebene Auftrag weicht von dem eigentlichen Kerngeschäft des Auftragnehmers deutlich ab.451 – Die eingehenden Angebote lassen zusehends die eigentlich zu erwartende oder früher einmal üblich gewesene Vielfalt vermissen.452 – Es wird stets dasselbe Unternehmen mit Aufträgen bedacht, obwohl ein echter Wettbewerbsvorteil in der Branche bei selbigem nicht erkennbar ist.453 – Technische Spezifikationen werden in der Leistungsbeschreibung scheinbar auf einen bestimmten Auftragnehmer zugeschnitten.454 – Eines der eingegangenen Angebote wird mehrfach nach Angebotsabgaben von Wettbewerbern angepasst.455 Es mag sich bspw. herausgestellt haben, dass der Angebotspreis deutlich günstiger war als der des nächstbesten Konkurrenten, sodass er sukzessiv bis hin zu einem nur noch sehr geringen Unterschied angehoben wird.456 – Eingehende Angebote werden trotz formeller Fehler oder anderer Unregelmäßigkeiten akzeptiert (geringere Qualitäten, verspätete Liefertermine etc.).457 – Andere eingehende Angebote, welche frei von formellen oder inhaltlichen Fehlern sind, werden wiederum zu Unrecht disqualifiziert.458
448 Vgl.
(2009), 449 Vgl. 450 Vgl. 451 Vgl. 452 Vgl. 453 Vgl. 454 Vgl. 455 Vgl. 456 Vgl. 457 Vgl. 458 Vgl.
Meyer zu Lösebeck (1990), S. 58 und 314; Basedow (2008), S. 61; Odenthal S. 114; Birnfeld (2010), S. 137; Weltbank (o.Jg.), S. 1. OECD (2007), S. 63; Basedow (2008), S. 61. OECD (2007), S. 63. OECD (2007), S. 63. Innenministerium Baden-Württemberg (o.Jg.), S. 2. Simonis (2016), S. 72; Weltbank (o.Jg.), S. 2. Birnfeld (2010), S. 137 f.; Marzluf/Afshari (2014), S. 464; Simonis (2016), S. 72. Birnfeld (2010), S. 137 f.; Marzluf/Afshari (2014), S. 463; Weltbank (o.Jg.), S. 2. m.w.N. auch Meyer zu Lösebeck (1990), S. 57. OECD (2007), S. 63; Marzluf/Afshari (2014), S 464. Weltbank (o.Jg.), S. 2.
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
– Es beteiligen sich zunehmend weniger Unternehmen an den Vergabeverfahren des in Rede stehenden Auftraggebers oder es bewirbt sich gar nur ein Anbieter regelmäßig um dessen Aufträge.459 – In der Vergabeakte befindliche Vergleichsangebote stammen offenbar von Scheinfirmen (also Firmen, bei denen – wie sich mit überschaubarem Rechercheaufwand feststellen lässt – Handelsregistereintragung, Telefonnummer, Internetseite usw. fehlen), um den Schein eines vermeintlich erfolgten Vergabewettbewerbs zu erwecken.460 – Es werden ungerechtfertigt hohe, beinahe „wucherische“ Preise oder auch im Vergleich zu früher stark gestiegene Preise akzeptiert.461 – Es werden lange und unerklärliche Verzögerungen zwischen der Bekanntgabe des Ausschreibungsgewinners und dem Vertragsschluss erkennbar (mögliches Anzeichen für die Aushandlung von Bestechungsgeldern).462 – Öffentliche oder beschränkte Ausschreibungsverfahren bringen keinen direkten Ausschreibungsgewinner hervor, sondern enden vielmehr in einem Verhandlungsverfahren o.ä.463 – Im Umfeld des öffentlichen Auftraggebers oder im Kreise einzelner Auftragnehmer kommen Gerüchte auf, es sei womöglich zu vertikalen Submissionsabsprachen und unerlaubten Zuwendungen an den Vergabeverantwortlichen gekommen. Gegebenenfalls sind sogar konkrete anonyme Hinweise abgegeben worden.464
4.3.3.6 Bietergemeinschaften und Mehrfachangebote Ein weiteres bedeutendes Phänomen des öffentlichen Auftragswesens stellen Bietergemeinschaften dar. Sie gelten in der vergaberechtlichen Praxis als häufig anzutreffende Erscheinung.465 Nach Roth sind Bietergemeinschaften bei besonders komplexen und anspruchsvollen Aufträgen sogar „eher die Regel als die
459 Vgl.
Simonis (2016), S. 72. Ebeling/Böhme (2000), S. 476; Weltbank (o.Jg.), S. 1. 461 Vgl. OECD (2007), S. 63. 462 Vgl. OECD (2007), S. 63. 463 Vgl. OECD (2007), S. 63. 464 Vgl. Innenministerium Baden-Württemberg (o.Jg.), S. 2; Weltbank (o.Jg.), S. 1. Jedoch sind Gerüchte vom Sachverhalt materiell weit entfernte Informationen, die der Informant selbst nur aus zweiter Hand erhalten hat. Sie sind gemeinhin eine sehr unzuverlässige Informationsquelle und daher mit größter Skepsis zu vernehmen, so Meyer zu Lösebeck (1990), S. 212. 465 Vgl. Mager/Lotz (2014), S. 328. 460 Vgl.
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
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Ausnahme“466 . Diese Zusammenschlüsse mehrerer Unternehmen planen und platzieren ein Angebot in einem öffentlichen Vergabeverfahren in der Absicht, den Auftrag später gemeinschaftlich zu erfüllen.467 Eine Bietergemeinschaft als lediglich temporäres Konstrukt konstituiert sich immer aufgrund einer spezifischen Ausschreibung und steht stets zu dieser in unmittelbarem Bezug.468 Bieterseitige Arbeitsgemeinschaften agieren grundsätzlich im Spannungsfeld zwischen der wettbewerbspolitisch gewollten Chance auf eine Ausweitung des Wettbewerbs durch Zulassung zusätzlicher Angebote und dem kartellrechtlich inhärenten Risiko einer Wettbewerbsbeschränkung infolge von horizontalen Kooperationsverträgen, welche Bietergemeinschaften ausdrücklich oder zumindest konkludent innewohnen.469 Ein klassischer Grund für den Beitritt in eine Bietergemeinschaft ist nicht zuletzt die zuweilen gegebene Unfähigkeit einzelner Marktteilnehmer, den zu vergebenden Auftrag in seiner Gesamtheit aufgrund unzureichender technischer, personeller oder finanzieller Kapazitäten sowie Spezialkenntnisse alleine zu erbringen.470 Ein Hang zu vermehrtem Outsourcing von Teilleistungen bei den Unternehmen und tendenziell gestiegene Anforderungen der öffentlichen Auftraggeber führen immer öfter zu einer solchen Gemengelage.471 Das Angebot eines Bieterkonsortiums ist verfahrenstechnisch mit den gleichen Maßstäben zu messen wie das Angebot eines Einzelbieters.472 Der Bildung einer Arbeits- bzw. Bietergemeinschaft kann durchaus eine wettbewerbsfördernde Wirkung attestiert werden, da erst durch das gemeinschaftliche Angebot ein Auftritt auf dem Ausschreibungsmarkt ermöglicht und der Bieterwettbewerb somit vergrößert wird.473 Gerade in Fällen, in denen vom Auftraggeber keine Losaufteilung vorgenommen wurde, liegt in der Bietergemeinschaft für mittelständische Unternehmen oftmals der einzige Weg zur Verfahrensteilnahme.474 Auch in der Option zur Bildung einer Bietergemeinschaft spiegelt sich nicht zuletzt das Primat der Mittelstandsförderung im Vergaberecht wider.475 466 Roth
(2005), S. 316. Immenga (1984), S. 385; Dreher (2005), S. 431 f. 468 Vgl. Mager/Lotz (2014), S. 330. 469 Vgl. Wiedemann (2003), S. 240; Schulte/Voll (2013), S. 223. 470 Vgl. Immenga (1984), S. 385; Wiedemann (2003), S. 241; Dreher (2005), S. 431; Tresselt/Braren (2018), S. 392 f. 471 Vgl. Tresselt/Braren (2018), S. 393. 472 Vgl. Gaida/Heinze (1990), S. 15; Birgel (1994), S. 24; Tresselt/Braren (2018), S. 394. 473 Vgl. Hauck (2010), S. 55. 474 Vgl. Mager/Lotz (2014), S. 332. 475 Vgl. Hauck (2010), S. 56. 467 Vgl.
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
Vordergründig könnte jedoch auch eine Beschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs gesehen werden, da eigentlich in Konkurrenz stehende Unternehmen nunmehr im Rahmen einer strategischen Allianz kooperieren, um die Chance auf den anvisierten öffentlichen Auftrag zu maximieren. Ein wettbewerbsbeschränkendes Zusammenwirken (§ 1 GWB) muss in solchen Fällen gleichwohl nicht zwangsläufig bejaht werden. Betriebswirtschaftliche Gründe können bewirken, dass es unter Umständen zulässig sein muss, eine Bietergemeinschaft im Vergabeverfahren zuzulassen. So können rechtliche Bedenken auch dann ausgeräumt werden, wenn es aus Sicht der einzelnen Unternehmen – mögen selbst scheinbar ausreichende Kapazitäten noch vorhanden sein – erst innerhalb der Bietergemeinschaft möglich erscheint, ein aussichtsreiches Angebot zu platzieren, das zugleich dem kaufmännischen Wirtschaftlichkeitspostulat genügt. Selbst bei prinzipiell möglichem Alleinauftritt kann also ein Auftritt als Mitglied einer Bietergemeinschaft vertretbar sein, so etwa, wenn die freien Kapazitäten des Anbieters weitaus geringer sind als das potentielle Auftragsvolumen und strategische Gründe dagegen sprechen, die für andere Aufträge reservierten Kapazitäten für den neuerlich ausgeschriebenen Auftrag freizumachen.476 Ferner ist denkbar, dass bei bestimmten Vergabeverfahren, insbesondere wenn hochspezifische Leistungen bereitzustellen sind, aus Gründen der Risikostreuung nur eine Verfahrensbeteiligung im Kollektiv als unternehmerisch vertretbar angesehen wird.477 Einen passenden Beurteilungsmaßstab kann hierbei ggf. die Frage liefern, ob sich ein Unternehmen aus der Bietergemeinschaft in dem konkret vorliegenden Fall in Ermangelung dagegen sprechender Gründe auch alleine um den Gesamtauftrag beworben hätte, wäre eine Bietergemeinschaft nicht zustande gekommen. Sofern dies zu bejahen wäre, drängt sich die Schlussfolgerung auf, dass eine spürbare (und somit vergaberechtswidrige) horizontale Beschränkung des Wettbewerbs vorliegt.478 Es ist überdies durchaus nicht ungewöhnlich, wenn sich Unternehmen zudem mehrfach an ein und demselben Vergabeverfahren beteiligen. Nicht selten tritt ein Bewerber als Einzelbieter und zugleich als Mitglied einer Bietergemeinschaft
476 Vgl.
Lotze/Mager (2007), S. 250; Mager/Lotz (2014), S. 332.
477 Vgl. zu den betrieblich bedingten Gründen etwa VK Schleswig-Holstein, 26.10.2004 – VK-
SH 26/04; zuvor auch bereits Immenga (1984), S. 385. Schulte/Voll (2013), S. 223 f.
478 Vgl.
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
225
in Erscheinung.479 Kommt es zu einer mehrfachen Beteiligung am Vergabeverfahren, liegt in der Mehrzahl ein schwerwiegendes und somit den Angebotsausschluss – sowohl von Einzelbieter als auch Bietergemeinschaft – begründendes Problem abermals den erforderlichen Geheimwettbewerb betreffend vor, da eine solche Doppelbeteiligung eines Anbieters mit Kenntnissen über ein anderes im Zuge des Vergabeverfahrens einzureichendes Angebot bzw. dessen Kalkulationsgrundlagen einhergeht.480 Dass sich eines der Mitgliedsunternehmen aus der Bietergemeinschaft parallel auch allein an dem jeweiligen Verfahren beteiligt, ist den übrigen Mitgliedern zumeist gar nicht bekannt.481 Gleichwohl kann eine auf den ersten Blick geheimwettbewerbsverletzend erscheinende Mehrfachteilnahme am Vergabeverfahren in gewissen engen Grenzen vergaberechtlich toleriert werden. Es handelt sich hierbei um diejenigen Fallkonstellationen, bei denen sich das eingereichte Einzelangebot streng auf dasjenige Los bezieht, für welches das in Rede stehende Unternehmen auch im Rahmen der Bietergemeinschaft eine Leistungserbringung vorsieht. Auch hier hat der betreffende Mehrfachbieter durch das Zusammenwirken in der Bietergemeinschaft zwar unter Umständen Detailkenntnisse über das Angebot die übrigen Lose betreffend, doch tangieren diese dessen separates Einzelangebot nicht, weil der Anbieter lediglich Kenntnisse nutzen kann, die er ohnehin bereits hatte.482 Andere denkbare Konstellationen aber müssen ausscheiden. Die Zulässigkeit eines Gebotes als Mitglied einer Bietergemeinschaft, welches sich wie gemeinhin üblich allein auf den Gesamtauftrag bezieht, und zudem ein paralleler Auftritt als Einzelbieter für ein bestimmtes Los ist infolge einer Verletzung des Geheimwettbewerbs abzulehnen. So ist dem in Rede stehenden Mehrfachbieter hierbei die Angebotspolitik der Bietergemeinschaft bei dem Einzellos, für das er separat in Eigenregie ein Angebot unterbreiten möchte, nämlich bekannt, was als vergaberechtlich unzulässiger Informationsvorsprung gewertet werden muss.483 Eine vergleichbare Problemlage offenbart sich, wenn sich ein Unternehmen parallel an
479 Vgl. hierzu Meininger/Kayser (2006), S. 283; Ehrig (2010), S. 11; Gabriel (2010), S. 225 f. 480 Vgl. Jansen (2005), S. 506; Meininger/Kayser (2006), S. 284; Michallik (2011), S. 684. 481 Vgl. Gabriel (2010), S. 226. 482 Vgl. OLG Düsseldorf , 28.05.2003 – Verg 8/03; ferner Meininger/Kayser (2006), S. 284; Ehrig (2010), S. 12; Dicks (2013), S. 9. 483 Vgl. Jansen (2005), S. 506.
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
zwei Bietergemeinschaften beteiligt. Auch hier eröffnen sich dem mehrfachbeteiligten Marktteilnehmer – und über diesen wohl auch den weiteren Beteiligten – zumindest teilweise Informationen über das jeweils andere Angebot.484 Als weitere prominente Form der Mehrfachbeteiligung am Vergabeverfahren ist die parallele Beteiligung als Bieter einerseits und Unterauftragnehmer eines anderen Bieters andererseits anzuführen. Auch aus dieser Konstellation können sich grundsätzlich beim mehrfachbeteiligten Unternehmen detailliertere Kenntnisse des Angebotes des einmalbeteiligten Unternehmens und umgekehrt ergeben, die den Grundsatz des Geheimwettbewerbs verletzen würden.485 Wenngleich etwaige Besonderheiten des Einzelfalls stets angemessen zu würdigen sind, kann ein allgemeiner Grundsatz dergestalt formuliert werden, dass Angebotsausschlüsse gerechtfertigt sein werden, wenn durch die vorgenannte Art der Mehrfachbeteiligung wesentliche Kalkulations- und Angebotserstellungsgrundlagen des Mitbewerbers offenkundig werden, die Nachunternehmerleistung also wesentliche Teile der anzubietenden Gesamtleistung betrifft. Nicht angezeigt erscheinen demnach Angebotsausschlüsse, wenn bei den Bietern trotz der Doppelrolle des einen Unternehmens letztlich eigenständige Kalkulations- und Angebotserstellungsspielräume auf der Ebene der Gesamtleistung (des final zu versendenden Angebotes an die Beschaffungsbehörde) gewahrt bleiben.486 Eindeutig unangebracht sind derartige Toleranzen jedoch in Fällen, in denen ein Bieter nicht bloß bezogen auf einen Angebotsausschnitt, sondern bei der gesamten Leistung als Vorlieferant eines anderen Bieters in Erscheinung tritt.487 Derartige Fallkonstellationen sind offenbar nicht so selten anzutreffen wie ggf. zu vermuten wäre. Dieses klingt bspw. auch bereits bei Anspach/Walitschek in Bezug auf möglicherweise in Betracht kommende Marktpreise nach § 4 VO PR 30/53 wie folgt an: „Besondere Aufmerksamkeit schenken die Behörden solchen Ausschreibungen, bei denen zwar mehrere Bieter angeboten haben, von denen jedoch einer Alleinhersteller ist und die anderen Bieter ihre Produkte von diesem Alleinhersteller beziehen. Die Leistungen dieser Bieter werden in der Regel nicht als marktgängige Leistungen anerkannt.“488
484 Vgl.
Meininger/Kayser (2006), S. 284. Meininger/Kayser (2006), S. 284 f. 486 Vgl. Dicks (2013), S. 9 f.; ähnlich auch Müller (1993), S. 48; Meininger/Kayser (2006), S. 285; Hölzl (2009), S. 753; Ehrig (2010), S. 14 ff. 487 So auch Dicks (2013), S. 10. 488 Anspach/Walitschek (1984), S. 70. 485 Vgl.
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
227
Ohne hier auf die etwaige Notwendigkeit vergaberechtlicher Angebotsdisqualifikationen näher eingehen zu wollen, sei angemerkt, dass eine solche Beurteilung der Angebote preisrechtlich durchaus berechtigt erscheint. So werden bekanntlich in den offiziellen Richtlinien für öffentliche Auftraggeber zur VO PR 30/53 „marktgängige Leistungen“ als Leistungen definiert, die „allgemein im wirtschaftlichen Verkehr hergestellt und gehandelt “ sowie „von mehreren unabhängig im Wettbewerb stehenden Unternehmen angeboten werden“. Selbst wenn das zweite Kriterium in den vorgenannten Fällen mitunter noch als erfüllt bezeichnet werden könnte, weil es sich bei den Bietern nicht um verbundene Unternehmen handelt, so ist das erste Kriterium hier nur schwerlich als erfüllt anzusehen, da nicht mehr ohne weiteres von „allgemein im wirtschaftlichen Verkehr hergestellten und gehandelten Leistungen“ die Rede sein kann, wenn das Gut nur von einem einzigen Unternehmen, das sodann auf der Marktvorstufe eine Monopolstellung besitzt, „hergestellt“ wurde. Obschon der „Ausschreibungsmarkt“ ein „Endverbrauchermarkt“ ist und hier in der vorgenannten Situation mehrere fomal unabhängige Bieter auftreten, muss zwischen diesen infolge des Abhängigkeitsverhältnisses von einem gestörten Preiswettbewerb ausgegangen werden, da „der Herstellermonopolist die Preisangebote der von ihm abhängigen und damit in starkem Maße beeinflußbaren Händler in einer nicht wettbewerbsgerechten Weise – praktisch bis zur ruinösen Konkurrenz – unterbieten kann“489 . Spielen sich die vorgenannten Szenarien bei einer der Vergabearten mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb ab, so ist der öffentliche Auftraggeber angehalten, zunächst im Zuge des Teilnahmewettbewerbs eventuelle Verstöße gegen den vergaberechtlichen Geheimwettbewerb zu ergründen und seine Erkenntnisse bei der Aufforderung zur Angebotsabgabe zu berücksichtigen.490 Eine wie auch immer geartete Mehrfachteilnahme am Teilnahmewettbewerb an sich stellt jedoch keinen Vergaberechtsverstoß dar, denn hier erfolgt noch keine Abgabe von Angeboten.491
4.3.3.7 Angebote (konzern)verbundener Unternehmen Kritisch in Bezug auf den Geheimwettbewerb ist ferner die parallele Beteiligung am Vergabeverfahren durch konzernverbundene Unternehmen, d. h. wenn sich Anbieter desselben Konzernverbundes um dieselbe Leistung bzw. dieselben Lose bewerben. Hier kann ggf. aufgrund eines Verstoßes gegen das Prinzip des Geheimwettbewerbs ein Ausschluss vom Vergabeverfahren angezeigt sein. 489 So
Müller (1993), S. 48. Meininger/Kayser (2006), S. 285; Hölzl (2009), S. 753 ff. 491 Vgl. Meininger/Kayser (2006), S. 285. 490 Vgl.
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
Allein infolge der Konzernverbundenheit können prinzipiell Durchlässigkeiten bestehen, die einen unzulässigen Informationstransfer zwischen den Gesellschaften zur Folge haben.492 Nicht nur in der Managementlehre werden Konzerne häufig als einheitliche Gebilde, also de facto als ein Unternehmen, betrachtet, wobei den rechtlich selbstständigen Tochtergesellschaften vielfach eher die Rolle eines Unternehmensbereiches oder einer Abteilung zugesprochen wird und sich die Weisungsbefugnisse in zentralen Fragen bei der Muttergesellschaft bündeln. Vieles spricht folglich dafür, bei einer Unternehmensgruppe bzw. Konzernverbundenheit grundsätzlich auf die gegenseitige Kenntnis der Angebotsinhalte zu schließen. Zumindest bestünde häufig problemlos die Möglichkeit, eine solche Kenntnis im Konzernverbund herbeizuführen.493 Vergaberechtlich entspricht die Betrachtung verbundener Unternehmen als Einheit allerdings nicht der gewünschten Vorgehensweise. Mehrere Gesellschaften desselben Konzernverbundes können unter gewissen Voraussetzungen durchaus an demselben Vergabewettbewerb teilnehmen. Machen die in Rede stehenden Konzernunternehmen glaubhaft deutlich, dass sie jeweils in Unkenntnis des Angebotes der verbundenen Gesellschaft ihr eigenes Angebot eingereicht haben, so gilt eine vergaberechtliche Disqualifikation gemeinhin als nicht gerechtfertigt.494 Ob eine gesellschaftsrechtliche Verbundenheit tatsächlich einen Einfluss auf die eingereichten Gebote ausgeübt hat, erfordert im Einzelfall eine Beurteilung durch den Veranstalter des Vergabeverfahrens. Allein die parallele Beteiligung zweier verbundener Unternehmen darf vergaberechtlich also noch nicht einen Ausschluss zur Folge haben. Es müsse anerkannt werden, dass Konzerngesellschaften durchaus abweichende unternehmenspolitische Zielsetzungen verfolgen können und in ihrer Entscheidungsfindung häufig eigenständig agieren. Zudem kommt es in der Konzernpraxis regelmäßig zu vertraglichen Regelungen, die die Vertraulichkeit und Unabhängigkeit bei der Ausarbeitung von Ausschreibungsangeboten gewährleisten sollen.495 Da nicht sicher davon ausgegangen werden kann, dass die vorgenannten strukturellen Bedingungen bei der Angebotserstellung in allen Konzernen von vornherein den vergaberechtlichen Ansprüchen genügen, dürfte vielfach die Schaffung oder zumindest Anpassung der konzerninternen Vorkehrungen angezeigt sein. Eine den Geheimwettbewerb schützende Vorkehrung stellt in aller 492 Vgl. Hölzl (2009), S. 751; Mager/Recke (2011), S. 542; Schulz/Englert (2014), S. 128; Dörn (2015), S. 5. 493 Vgl. Jansen (2005), S. 505 f. 494 Vgl. Jansen (2005), S. 506; Dörn (2015), S. 5. 495 Vgl. Hölzl (2009), S. 751 f.; Dicks (2013), S. 7.
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
229
Regel die organisationale Errichtung abgeschirmter Informationsbereiche mittels sog. Chinese Walls als zukunftsbezogene, präventive Maßnahme dar.496 Chinese Walls lassen sich nach Eisele allgemein wie folgt definieren: „Eine Chinese Wall ist eine durch organisatorische Maßnahmen umgesetzte Übereinkunft, wonach sensible Informationen, die in einem Geschäftsbereich anfallen …, weder direkt noch indirekt Personen zur Verfügung gestellt werden, die in anderen Geschäftsbereichen … tätig sind.“497
Mithilfe von Chinese Walls sollen Informationsflüsse und Interessenskonflikte innerhalb der in den Vergabewettbewerb eingeschalteten Unternehmen zum Zwecke diskriminierungsfreier Verfahren unterbunden werden.498 Diesem Ansatz folgend genügt es nicht, konzernintern lediglich Verschwiegenheits- oder Vertraulichkeitserklärungen499 abzugeben, um hinreichenden Geheimwettbewerb nachzuweisen. Vielmehr müssen die Bieter darüber hinaus auch dokumentieren, dass500
– jede Konzerngesellschaft bei ihrer Angebotserstellung grundsätzlich eigenständig agiert, mithin keine Absprachen mit dem jeweils anderen Konzernunternehmen oder der Muttergesellschaft stattfinden, – keine bedeutenden organisatorischen oder personellen Verflechtungen (bspw. Identität der Geschäftsführung) zwischen den betreffenden Konzerngesellschaften bestehen, – die in Rede stehenden Organisationseinheiten räumlich getrennt agieren, d. h. diese in verschiedenen Gebäuden, zumindest aber auf verschiedenen Etagen bzw. in verschiedenen Büros mit eigenen Druckern untergebracht sind und – darüber hinaus eine technische Trennung, insbesondere eine informationstechnische mittels eigener Server-Bereiche oder Sperrsoftware, die den Zugriff auf sensible Datenpools der Organisationseinheiten untereinander verhindern sollen, gewährleistet ist. 496 Vgl. Maurer (2003), S. 203 ff.; Hölzl (2009), S. 754; Dreher (2009), S. 36; Mager/Recke (2011), S. 543. 497 Vgl. Eisele (1993), S. 1024. 498 Vgl. Maurer (2003), S. 204. 499 Inzwischen hat sich hierfür vor allem der Begriff „Non-disclosure agreement“ (NDA) durchgesesetzt. 500 Vgl. Dreher (2009), 35 f.; Mager/Recke (2011), S. 543; Dicks (2013), S. 12; Mengis (2018), S. 78 ff.
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
Abb. 4.4 Wirkung und Bausteine von Chinese Walls. (In Anlehnung an Mengis (2018), S. 79.)
Zur Sicherstellung der Vertrauenswürdigkeit von Chinese Walls muss es bei lebensnaher Betrachtung gezwungenermaßen zu einer Komplettanwendung aller vorgenannten Maßnahmen kommen, da es ansonsten nicht unwahrscheinlich wäre, dass es etwa bei unterlassener räumlicher oder EDV-technischer Trennung zur (un)beabsichtigten Übertragung wettbewerbsrechtlich sensibler Daten auf den Nachbarbereich käme.501 Das in obiger Abbildung 4.4 grafisch dargestellte und grundsätzlich wirkungsvolle Instrumentarium der Informationsschranken stößt jedoch in ausgewählten Fallkonstellationen der Praxis an seine Grenzen. Während in Großunternehmen eine Errichtung von Chinese Walls durchaus für effektiv umsetzbar gehalten werden kann, gestaltet sich die Sachlage in mittelständischen Unternehmen vielfach ungleich schwieriger. Bei eher geringer Mitarbeiterzahl und Organisationskomplexität bestehen weitaus weniger Möglichkeiten, Insiderinformationen lokal und isoliert zu nutzen. Unter anderem deshalb, weil die Mitarbeiter hier vielfach in Prozesse verschiedener Abteilungen parallel involviert sind. Zudem ergeben sich grundsätzlich Schwierigkeiten auf der Ebene der Unternehmensleitung. Die dortigen Verantwortlichen werden zuweilen nur schwerlich sensible und strategisch relevante Informationen jenseits des Tagesgeschäftes, die sie aus 501 Vgl.
Mengis (2018), S. 80.
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
231
einer Organisationseinheit ihres Einflussbereiches erhalten haben, im Rahmen von Folge-Sachverhalten bzw. -Entscheidungen ausblenden oder vernachlässigen können.502 In gewisser Weise einleuchtend ist somit der Befund von PricewaterhouseCoopers, dass offenbar beim Chinese-Walls-Ansatz „eine gewisse Persönlichkeitsspaltung der leitenden Personen vom Gesetzgeber als normal empfunden“503 wird. Im Hinblick auf geheimwettbewerbsbezogene Abwägungen bei Vergabeverfahren wären somit Chinese Walls in einem mittelständischen Unternehmen als weniger zielführend einzuschätzen als in einem unübersichtlichen und weit verzweigten Großkonzern, aus welchem sich zwei Gesellschaften parallel um den öffentlichen Auftrag bewerben. Gleichwohl könnte auch hier sodann die Wirksamkeit der ergriffenen Maßnahmen daran scheitern, dass die Unternehmensleitung der Muttergesellschaft Angebotsentscheidungen der Tochtergesellschaften maßgeblich beeinflusst. Es muss ohnehin konstatiert werden, dass in bestimmten Fällen eine parallele Beteiligung assoziierter Unternehmen vom öffentlichen Auftraggeber bereits schwer zu identifizieren ist.504 Wenn sich aus seiner Sicht jedoch eine solche Konstellation offenbart und ein erhärteter Verdacht auf Verletzung des Geheimwettbewerbs vorliegt, so steht einem direkten Angebotsausschluss per se nichts im Wege. Die Darlegungs- und Beweislast für die wettbewerbsschützenden Vorkehrungen tragen die Bieter.505 Der öffentliche Auftraggeber muss keine besonderen Nachforschungen anstellen, ob von den Bewerbern geeignete Vorkehrungen getroffen wurden, um den Geheimwettbewerb und somit die Vertraulichkeit bei der Angebotsabgabe sicherzustellen.506 Gleichwohl wird der Vergabestelle ausdrücklich empfohlen, den konkreten Sachverhalt stets sorgfältig auszuloten und nur bei Vorliegen konkreter und belastbarer Anhaltspunkte, die auf eine Verletzung des Geheimwettbewerbs schließen lassen, Ausschlusskonsequenzen zu ziehen.507 Eine Pflicht, schon mit der Angebotsabgabe die konzernintern geschaffenen Chinese Walls an den öffentlichen Auftraggeber zu kommunizieren, kann verbundene Unternehmen allenfalls dann treffen, wenn selbigen der Tatbestand der parallelen Beteiligung an dem Vergabewettbewerb bekannt war. Denklogisch soll
502 Vgl.
Dingeldey (1983), S. 85; Maurer (2003), S. 206, Dreher (2009), S. 36. (2008), S. 32, Fn. 87. Hölzl (2009), S. 754. Hölzl (2009), S. 753; Mager/Recke (2011), S. 542. Hölzl (2009), S. 753. Hölzl (2009), S. 754 f.
503 PricewaterhouseCoopers 504 Vgl. 505 Vgl. 506 Vgl. 507 Vgl.
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
aber ja gerade dieser Umstand durch die Einführung bzw. den Aufbau von Chinese Walls unmöglich gemacht werden. Dass es sich hierbei um eine kritische Fallkonstellation und bei konsequenter Betrachtung um eine Verletzung des Prinzips des Geheimwettbewerbs handelt, zeigt auch die Rechtsprechung des OLG Düsseldorf auf. Dort ist seinerzeit klargestellt worden, dass der öffentliche Auftraggeber keine Auskünfte darüber verlangen darf, ob sich nach Kenntnisstand der Bieter womöglich Mutter-, Tochter- oder Schwesterunternehmen ebenfalls an dem Vergabeverfahren beteiligen werden. Pro-aktive unternehmensseitige Erkundigungen, um diesbezüglich eine Aufklärung herbeizuführen, würden dem Grundsatz des vergaberechtlichen Geheimwettbewerbs widersprechen und seien unzulässig.508 Der Veranstalter des Vergabewettbewerbs kann gleichwohl allgemeine Informationen über die Konzernverhältnisse von den teilnehmenden Unternehmen verlangen. Wird von ihm sodann eine Konzernverbundenheit verfahrensbeteiligter Unternehmen erkannt, so soll diesen die Möglichkeit eingeräumt werden, die Unabhängigkeit und Vertraulichkeit ihrer Angebote darzulegen.
4.3.3.8 Ausschluss von Angeboten aus dem Vergabeverfahren Eine Vielzahl von insbesondere formalen Unregelmäßigkeiten und Versäumnissen kann im Vergaberecht dazu führen, dass bestimmte Angebote, die von potentiellen Auftragnehmern an den öffentlichen Auftraggeber übermittelt wurden, vom weiteren Verfahren auszuschließen sind (erste Wertungsstufe des Vergabeverfahrens).509 Die typischen Tatbestandsmerkmale sollen im Folgenden vorgestellt werden, wobei der Hinweis nicht ausbleiben darf, dass derartige Komplikationen in unterschiedlicher Schwere „immer wieder in der Praxis auftreten“510 . Mehr noch: Es dürfte sogar allgemein „nur wenige Vergabeverfahren geben …, bei denen formale Ausschlussgründe gar keine Rolle spielen“511 . Gerade bei der öffentlichen Ausschreibung hat praktisch jeder die Möglichkeit, ein Angebot einzureichen, wodurch sich nicht ausschließen lässt, dass nicht selten auch unprofessionell erstellte oder von vornherein chancenlose Angebote beim öffentlichen Auftraggeber eingehen.512 Unvollständig eingereichte Angebote sind im
508 Vgl.
OLG Düsseldorf , 17.02.2016 – VII-Verg 41/15. Birgel (1994), S. 38 f. 510 Dörn (2015), S. 4. 511 Städler (2014), S. 475. Auch Möllenkamp (2005), S. 560, merkt an, dass „wirklich fehlerfreie Angebote selten vorzufinden sein werden“. 512 So schon Gandenberger (1961), S. 120. 509 Vgl.
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
233
Rahmen dieser Problematik als Hauptfehlerquelle anzuführen und stellen grundsätzlich einen Grund für den Ausschluss vom Vergabeverfahren dar, denn „in fast jedem Verfahren gehen unvollständige Angebote ein“513 . Diese Mängel entscheiden dann sogar häufig darüber, welches Angebot zu bezuschlagen ist.514 Zunächst gilt es diesbezüglich das etwaige Fehlen von Unterschriften anzuführen. Nicht unterschriebene Angebote und Angebote, bei denen der Vertragspartner nicht eindeutig abgeleitet werden kann, gelten als nicht rechtsverbindlich und bedürfen daher eines zwingenden Ausschlusses.515 Auch sind Änderungen an den Vergabeunterlagen durch die Bieter nicht zulässig. In der Leistungsbeschreibung oder den Verträgen sind Änderungen, Streichungen oder Ergänzungen grundsätzlich zu unterlassen und es darf in dem eingereichten Angebot nicht auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Bieters verwiesen werden. Grundsätzlich verlangt das Vergaberecht, dass nur das angeboten wird, was der öffentliche Auftraggeber zu beschaffen gedenkt. Auch vermeintlich bessere Leistungen sollen nicht angeboten werden, es sei denn, der Veranstalter des Vergabeverfahrens hat explizit anheimgestellt, parallel sog. Nebenangebote einzureichen.516 Hinzukommt, dass zu spät eingereichte Angebote von den öffentlichen Auftraggebern zwingend auszuschließen sind. Das Übermittlungsrisiko für die Rechtzeitigkeit des Gebotes trägt prinzipiell der Bieter. Auch müssen die einzureichenden Unterlagen genau an dem Ort eingehen, der in der Vergabebekanntmachung veröffentlicht wurde.517 Sind verspätet eingegangene Offerten die Folge von Umständen außerhalb des Einflussbereiches der Bieter, so sind diese gleichwohl nachträglich als gleichberechtigte Angebote in den Wettbewerb mit aufzunehmen.518 Nicht zuletzt können sich auch hinsichtlich der Preisangaben problematische, die Angebotsdisqualifikation indizierende Umstände ergeben. Diesbezügliche Probleme können insbesondere in den folgenden Umständen begründet liegen:519
513 Lisch 514 Vgl. 515 Vgl.
(2015), 516 Vgl.
(2015), 517 Vgl. 518 Vgl. 519 Vgl.
(2011), S. 692. Lisch (2011), S. 692. Birgel (1994), S. 37; Schaller (2008), S. 155; Schaller (2011a), S. 145 f.; Dörn S. 4. Schaller (2008), S. 155; Luber (2009), S. 15 f.; Schaller (2011a), S. 146; Dörn S. 5. Schaller (2008), S. 155 f.; Dörn (2015), S. 5. VK Halle, 16.01.2001 – VK Hal 35/00; Schaller (2011a), S. 146. im Folgenden auch Schaller (2011a), S. 147 f.
234
4
Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
– Zunächst ist zu konstatieren, dass Angebotspreise, die das preisrechtliche Höchstpreisprinzip missachten und preisrechtlich falsch kalkuliert sind, nach § 1 (3) VO PR 30/53 unzulässig sind. Ein entsprechender Verstoß sollte offiziell einen vergaberechtlichen Angebotsausschluss zur Folge haben.520 Nicht abschließend geklärt ist bislang das Procedere, wenn der Bieter zusätzlich ein preisrechtskonformes Nebenangebot abgegeben hat oder er seinen preislichen Verstoß (falls das jeweilige Verfahren dies zulässt) während der Verhandlungsphase richtig stellen will.521 – Auch sind Angebote, in denen vom öffentlichen Auftraggeber ausdrücklich geforderte, wesentliche Preisangaben fehlen, zwingend auszuschließen, da hierdurch eine zuverlässige und ordnungsgemäße Angebotswertung behindert wird.522 Hierzu rechnen auch Angaben zu Zuwendungen, die den Angebotspreis beeinflussen,523 zur Aufgliederung des Stundenverrechnungssatzes,524 zu Stundensätzen für Dienstleistungen an Wochenenden und Feiertagen525 oder eine etwaige Preisgleitklausel betreffend.526 – Wenn Bieter in ihren Angeboten die Einheitspreise einzelner Leistungspositionen in Mischkalkulationen auf andere Leistungspositionen umlegen, enthalten die Angebote hierdurch nicht den in der Leistungsbeschreibung vorgesehenen Preis in der gewünschten Form, d. h. nicht vollständig und nicht mit dem tatsächlich für die jeweilige Leistung zu veranschlagenden Preis. Diese Angebote sind grundsätzlich von der Wertung auszuschließen.527 – So ist es ebenso unzulässig, wenn ein Bieter statt eines Preises oder zur Erläuterung eines offenkundig nur symbolischen Preises von 1 Euro oder
520 Bei
einem dennoch erfolgenden Zuschlag auf ein solches preisrechtswidriges Angebot wäre der Vertrag (nur) teilweise nicht; er gilt sodann zu dem Preis geschlossen, der sich bei ordnungsgemäßer Anwendung von VO PR 30/53 bzw. LSP ergeben hätte; vgl. hierzu Berstermann/Petersen (2008), S. 23 f. 521 Vgl. Horstkotte/Hünemörder (2008), S. 17. 522 Vgl. OLG Düsseldorf , 19.10.2005 – VII-Verg 38/05; VK Münster, 19.07.2005 – VK 14/05; VK Düsseldorf , 14.06.2005 – VK-04/2005-L. 523 Vgl. Schaller (2008), S. 155. 524 Vgl. VK Düsseldorf , 11.01.2006 – VK-50/2005-L. Die Stundensätze sollen es dem Auftraggeber ermöglichen, die Auskömmlichkeit der veranschlagten Preise nachzuvollziehen. 525 Vgl. OLG Düsseldorf , 19.10.2005 – VII-Verg 38/05. 526 Vgl. VK Lüneburg, 27.06.2005 – VgK-23/05. 527 Vgl. BGH, 18.05.2004 – X ZB 7/04; OLG Düsseldorf , 26.11.2003 – Verg 53/03; Schaller (2011a), S. 147.
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
235
1 Cent „in Position … enthalten“ anfügt. Hier liegt eine unechte Preisangabe vor, die einen vergaberechtlichen Regelverstoß begründet und zur Angebotsdisqualifikation führt.528 – Widersprüchliche Preisangaben, bspw. hervorgerufen durch einen Zahlendreher, lassen die tatsächlichen Preisforderungen für den öffentlichen Auftraggeber nicht erkennbar werden und würden die Vergleichbarkeit der Angebote erheblich stören, sodass die Nichterkennbarkeit des eigentlichen Preises mit dem Fehlen wesentlicher Preisangaben gleichgesetzt wird.529 – Bei der Vermischung von Leistungspositionen und den dazugehörigen Preisen ergeben sich grundsätzlich die gleichen Schwierigkeiten wie in den zuvor genannten Fällen.530 – Öffentliche Auftraggeber können zudem ein berechtigtes Interesse an ergänzenden Angaben zu Listenpreisen haben. Diese können Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Kalkulierbarkeit der Preise fördern sowie als Bezugsgröße für Rabattgewährungen fungieren. Eingeforderte Angaben zu Listenpreisen und Rabattstaffeln entfalten so auch Relevanz für die Zeit nach dem Vergabeverfahren.531 Fehlen diese in den eingegangenen Angeboten, gilt der Angebotspreis als nicht feststellbar und das Angebot als nicht wertungsfähig.532 Nichtsdestotrotz können in Grenzfällen Angebote gewertet werden, wenn die fehlenden preislichen Angaben die Eindeutigkeit des Angebots nicht negativ beeinflussen und sie in Anbetracht ihrer Geringfügigkeit keine kalkulatorischen Auswirkungen auf das Wertungsergebnis haben. Ferner ist die vom Bieter für eine Leistungsposition verlangte Vergütung dem Kernbereich seines unternehmerischen Handelns im Wettbewerb um öffentliche Aufträge und somit der Freiheit auf diesen speziellen Märkten höchst selbst zuzurechnen. Somit muss eine etwaige konkludente bzw. mathematisch hergeleitete Vervollständigung der preislichen Fehlpositionen durch in Eigenregie agierende öffentliche Auftraggeber ausdrücklich ausscheiden.533
528 Vgl.
Schaller (2011a), S. 147. Bund, 21.07.2005 – VK 3-61/05. 530 Vgl. Schaller (2008), S. 155; ferner ausführlich und mit anschaulichem Praxisbeispiel Städler (2014), S. 472 ff. 531 Vgl. Schaller (2008), S. 155. 532 Vgl. BayObLG, 21.10.2004 – Verg 17/04. 533 Vgl. Schaller (2011a), S. 147. 529 VK
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
Es müssen gleichwohl einige relativierende Bemerkungen ergänzt werden. Das vergaberechtliche Schrifttum diskutiert generell, inwieweit der Aspekt der Wettbewerbserheblichkeit als Kriterium bei der Entscheidung über den Ausschluss von Angeboten herangezogen werden sollte. Traditionell wird es in Bezug auf Angebotsausschlüsse als maßgeblich angesehen, ob sich die Mängel an den eingereichten Unterlagen negativ auf die Vergleichbarkeit und den Wettbewerb der Bieter untereinander auswirken.534 Der Grund für das Fordern bestimmter Angaben sind mitunter bloße gesetzliche Verpflichtungen, welche in keinerlei engerem Sachzusammenhang mit dem Auftrag stehen. Nachweise wie etwa eine Berufsgenossenschaftsbescheinigung, Angaben über Umsatzerlöse und Arbeitskräfte, ein Gewerbezentralregisterauszug und dergleichen mehr führen zwar zu Erkenntnissen die grundsätzliche Eignung des Bieters betreffend, doch sind sie zweifelsohne kein besonders wesentliches Entscheidungskriterium in Bezug auf Preisangemessenheit und Qualität der Beschaffungsleistung. Ihre Einforderung erfolgt vor dem Hintergrund der vergaberechtlichen Negativauslese im Rahmen der Eignungsprüfung der Bewerber. Sie werden vom öffentlichen Auftraggeber folglich auch nicht für wettbewerbserheblich erachtet. Die Eignungsprüfung erfolgt nämlich weniger mit Blick auf die Wirtschaftlichkeit der Angebote, sondern vielmehr dem Schutz des Veranstalters des Vergabeverfahrens vor einer Beauftragung eines potentiell unpassenden, weil leistungsunfähigen und unzuverlässigen Unternehmens.535 Ein Abstellen auf die Wettbewerbserheblichkeit im Hinblick auf einen Angebotsausschluss erscheint allenfalls dann angezeigt, sofern die Wettbewerbsbeziehung der Bieter im Wetteifern um die Zuschlagserteilung von den fehlenden Angaben oder Nachweisen negativ tangiert wird, nicht aber, wenn es plakativ um die Frage der Prüf- und Wertbarkeit der Angebote durch den öffentlichen Auftraggeber selbst geht. Das Wettbewerbsprinzip des öffentlichen Auftragswesens führt also nunmehr dazu, dass fehlende Angaben, die der öffentliche Auftraggeber für eine ordnungsgemäße Würdigung des Angebots eigentlich benötigt, die zugleich aber keinen Einfluss auf die konkrete angebotsbezogene Wettbewerbsposition im Vergleich mit den Mitbewerbern haben, durchaus von selbigem nachgefordert werden dürfen. Eine teleologische – also eine zielorientierte und pragmatische – Herangehensweise im Umgang mit Unregelmäßigkeiten in den eingereichten Unterlagen wird also empfohlen.536 Als allgemeine Maxime gilt hierbei, dass Nachforderungen lediglich zur Vervollständigung des betreffenden
534 Vgl.
Maier (2005), S. 374. zu diesen Einwendungen Maier (2005), S. 375 f. 536 Vgl. Maier (2005), S. 376; Schaller (2011a), S. 146. 535 Vgl.
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
237
Angebots führen dürfen, nicht jedoch zu dessen qualitativer Verbesserung.537 Fehlende Unterschriften nachträglich anzufordern, ist somit bspw. als zulässiger Vorgang einzustufen.538 Enthält ein Angebot zum Teil fehlende Angaben, so kommt es letztlich darauf an, ob eine Vollständigkeit des Angebots unter besonderer Berücksichtigung inhaltlicher Angaben zwingend notwendig ist, um eine sachgerechte Wertung vorzunehmen. Bei geringfügigen Mängeln also, die weder dem Wettbewerb noch der Verständlichkeit des Angebots schaden, besteht folglich kein Anlass zum Angebotsausschluss.539 Andernfalls bestünde teilweise die Gefahr, „dass nicht das wirtschaftlichste, sondern das formal korrekteste Angebot den Zuschlag erhält“540 . Die vorgenannten Fehlangaben tauchen in der Praxis bspw. häufiger bei der Problematik fehlender Typen- oder Herstellerbezeichnungen auf. Eine pauschale Aussage zum sachgerechten Umgang lässt sich gleichwohl nicht treffen. Im konkreten Einzelfall sollte untersucht werden, ob die geforderte Information für den konkreten Angebotsinhalt relevant erscheint, sich die nachzuholende Angabe gar auf den Preis auswirken würde oder das Nachreichen wettbewerbliche Vorteile mit sich brächte. All diese Konsequenzen wären insofern ablehnend zu beurteilen.541 Ein solcher Fall tritt etwa ein, wenn sich ein Bieter nach mehreren Wochen an die veränderte Marktlage anpassen möchte und bessere oder jetzt deutlich günstigere Komponenten verbauen möchte, durch die er sich einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den Mitbewerbern verschafft, die von vornherein ein vollständiges Angebot eingereicht hatten.542 Nicht wettbewerbsverzerrend und somit grundsätzlich zulässig wäre eine nachträgliche Übermittlung allerdings dann, wenn sich der Bewerber keine nachträglichen Vorteile gegenüber seinen Mitbewerbern verschaffen könnte, indem er nachträglich gezielt eine andere, höherwertigere Leistung anbietet. Diese Konstellation ist grundsätzlich gegeben, da der Bieter keine Kenntnis über die Konkurrenzangebote hat und auch nicht haben darf. Der Bieter verfügt zum Zeitpunkt der Nachforderung über keinen besseren Kenntnisstand als bei seiner vorherigen Angebotsabgabe, sodass kein Anreiz besteht, das Angebot auf der inhaltlichen Ebene vermeintlich nachzubessern.543 Insofern bestünde theoretisch 537 Vgl.
Lisch (2011), S. 692. Lisch (2011), S. 693. 539 Vgl. Gröning (2003), S. 86; Maier (2005), S. 377; Schaller (2008), S. 156. 540 So Möllenkamp (2005), S. 561. 541 Vgl. Maier (2005), S. 378. 542 Vgl. Lisch (2011), S. 694. 543 Vgl. Maier (2005), S. 378. 538 Vgl.
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
ein geringes Risiko der inhaltlichen Nachbesserung. Infolge der vorgenannten Dynamik auf den Beschaffungsmärkten der Bieter während laufender Verfahren besteht gleichwohl Grund zu erhöhter Wachsamkeit und einer sachgerechten Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers im Einzelfall. Zielt die etwaige Nachforderung auf eine Angabe zu den Mindestkriterien der Beschaffungsleistung ab, so ist dies grundsätzlich als unkritisch zu bewerten. Die Kriterien, die die Angebote laut Leistungsverzeichnis zwingend zu erfüllen haben, können bereits direkt nach Eingang überprüft werden, da jedwede Unterschreitung der geforderten Punkte normalerweise automatisch zum Angebotsausschluss führt. Innerhalb der vordefinierten Mindestkriterien der Lieferung oder Leistung findet noch kein Wettbewerb statt, da diesbezüglich alle Bieter gleichgestellt sind.544 Es handelt sich hierbei nicht um Angebotsnachbesserungen im engeren Sinne, sondern lediglich um Informationsnachforderungen, da das Angebot noch gar nicht auf die Ebene der Wertbarkeit gehoben werden konnte, welche die Evaluation der vorliegenden Preis-Leistungs-Verhältnisse zum Ziel hat.545 Die Nachforderung von Unterlagen bei unvollständigen Angeboten, die bereits die Auftragsmindestanforderungen erfüllen, ist indessen grundsätzlich unzulässig, weil sie bereits ohne die geforderten Nachweise im Wettbewerb um den Zuschlag stehen und durch Feinjustierungen noch verbessert werden könnten.546 Angemerkt sei, dass in Bezug auf die Nachforderung von Angebotsunterlagen generell das Prinzip „alles oder nichts“ zu beachten ist. Erfolgen Nachforderungen in einer der interessierenden Kategorien, so dürfen eventuell angezeigte Nachforderungen in einer anderen Kategorie nicht unterbleiben. Auch ist es aus Gründen der Transparenz und Gleichbehandlung nicht zulässig, bei einem Bieter Nachforderungen zu unternehmen und bei den Mitbewerbern nicht.547 Bei mehreren unvollständigen Angeboten sind also gezwungenermaßen entweder alle oder keine fehlenden Nachweise von sämtlichen Unternehmen nachzufordern.548 Fehlen jedoch auch noch im Zeitpunkt der Wertung eigentlich geforderte Erklärungen – entweder weil die Bieter gar nicht erst um Nachreichung gebeten wurden oder weil diese der Aufforderung nicht nachgekommen sind –, so sind die entsprechenden Angebote mangels Vollständigkeit zwingend von einer weiteren
544 Vgl.
Lisch Lisch 546 Vgl. Lisch 547 Vgl. Lisch 548 Vgl. Lisch 545 Vgl.
(2011), (2011), (2011), (2011), (2011),
S. S. S. S. S.
695. 695. 695. 695. 696.
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
239
Berücksichtigung auszuschließen. Unabhängig von der Wettbewerbserheblichkeit ist die Weiterberücksichtigung lückenhafter Angebote im Vergaberecht nicht gestattet.549 Gleichwohl wird auch im Vergaberecht anerkannt, dass jegliche Rechtsnorm zu einem gewissen Grad auslegungsbedürftig ist und sich somit in der Regel gewisse Ermessensspielräume auftun. Vor diesem Hintergrund wird es nicht als zwingend erforderlich betrachtet, jede noch so kleine formale Unstimmigkeit penibelst zu beanstanden und das jeweilige Angebot auszuschließen. „Formalistische Angebotsausschlüsse auf Grund von Kleinigkeiten“ muten mitunter nur schwer nachvollziehbar und überzogen an.550 Analog zum prüfungstheoretischen Wesentlichkeitsgrundsatz sollte vielmehr stets einzelfallbezogen hinterfragt werden, ob das jeweilige Angebot wegen lediglich „unbedeutender Kleinigkeiten“ wie bspw. minimaler Änderungen an den Vergabeunterlagen nicht doch als (ver)wertbar betrachtet werden kann.551
4.3.3.9 Ausschluss von Bietern aus dem Vergabeverfahren In einem nächsten Analyseschritt hat der öffentliche Auftraggeber dafür Sorge zu tragen, dass nur solche Unternehmen Teil des weiteren Vergabeprozesses sind, die die erforderlichen Eignungskriterien bezüglich Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit angemessen erfüllen (zweite Wertungsstufe).552 Die jeweils konkret in den Fokus zu rückenden Eignungskriterien müssen zuvor vom öffentlichen Auftraggeber in der Auftragsbekanntmachung oder aber in den Vergabeunterlagen öffentlich gemacht werden.553 Die Festlegung präziser Eignungskriterien kommt auch der Auftragnehmerseite zugute, da sie für erhöhte Rechts- und Planungssicherheit bei der Angebotsvorbereitung sorgt.554
549 Angemerkt
sei zudem, dass sich der Ermessensspielraum des öffentlichen Auftraggebers in Bezug auf etwaige Nachforderungen auf null reduziert, sofern zu Beginn des Verfahrens bestimmten Angaben unter Androhung eines Angebotsausschlusses explizit eine Wettbewerbserheblichkeit attestiert wurde oder diese Angaben als uneingeschränkt erforderlich klassifiziert wurden. Hintergrund sind hier vor allem die Ansprüche der Mitbewerber auf ein transparentes und diskriminierungsfreies Vergabeverfahren. Vgl. zu alledem Maier (2005), S. 379. 550 So Luber (2009), S. 25. 551 Vgl. Luber (2009), S. 25. 552 Vgl. Gaida/Heinze (1990), S. 14 ff.; Birgel (1994), S. 39 ff.; Schaller (2008), S. 157; Dreher (2009), S. 31. 553 Vgl. Schaller (2008), S. 157. 554 Vgl. Dreher (2009), S. 31.
240
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
Fachkunde: Unter fachkundigen Bietern werden gemeinhin Unternehmen subsumiert, die in Bezug auf die öffentlich zu beschaffende Lieferung oder Leistung über die nötigen technischen Kenntnisse verfügen. Zudem sollte dieses Fachwissen dem aktuellen Stand der Technik gerecht werden. Die Fachkunde ist in aller Regel anhand von persönlichen Nachweisen wie etwa Abschlusszeugnisdokumenten zu belegen. Ferner kann es bei hochkomplexen Aufträgen angezeigt sein, sich von den Bewerbern deren Fachkunde anhand vergleichbarer Referenzaufträge aus der Vergangenheit dokumentieren zu lassen. Auch können Angaben zum einzusetzenden Personal (Berufserfahrung, bisher durchlaufene Schulungen oder dergleichen) Gegenstand der Fachkunde-Beurteilung beim potentiellen Auftragnehmer sein.555 Zu achten ist bei einer Übermittlung von personenbezogenen Daten, hier stellt das Vergabeverfahren keine Ausnahme zu allen anderen Bereichen des wirtschaftlichen Lebens dar, zudem auf Datenschutz-Regularien. Vom öffentlichen Auftraggeber werden teilweise detaillierte mitarbeiterbezogene Informationen abgefragt, um die Eignung für den bevorstehenden Auftrag zu verifizieren.556 Unternehmen, die hierbei allerdings geltende Datenschutz-Regularien missachten, können mit einem Ausschluss aus dem laufenden Verfahren sanktioniert werden. Öffentliche Auftraggeber sehen nicht zuletzt an dieser Stelle zuweilen eine günstige Gelegenheit, um „unliebsame Bieter auszuschließen“557 . In strittigen Fällen können unter Umständen Einwilligungserklärungen der betroffenen Mitarbeiter zur Datenerhebung und -weiterverwendung ausschlussverhindernd wirken. Aus Gründen der Gleichbehandlung müsste diese Nachbesserung sodann jedoch allen von der Problematik betroffenen Bewerbern anheimgestellt werden.558 In diesem Kontext sei ausdrücklich betont, dass die Teilnahme von neuen Unternehmen an einem Vergabeverfahren gerade im Hinblick auf den zu überprüfenden Aspekt der Bietereignung aufgrund besonderer Fachkunde mitunter zu besonderen kartellvergaberechtlichen Anwendungsproblemen führt. Feststehen muss zunächst, dass der Auftritt von Neuanbietern am Markt eine funktionierende Marktwirtschaft gleichsam kennzeichnet wie das Vordringen bestehender Unternehmen in neue Geschäftsfelder.559 Problematisch ist jedoch, dass wesentliche Kriterien einer Eignungsprüfung in der Regel anhand der bisherigen Leistungen und Erfahrungen des Bieters geprüft werden. Diese werden sodann in 555 Vgl.
Schaller (2008), S. 157. hierzu Pauka/Kemper (2017) und Kemper/Pauka (2019). 557 Kemper/Pauka (2019), S. 132. 558 Vgl. hierzu Kemper/Pauka (2019), S. 135. 559 Vgl. Dreher/Hoffmann (2008), S. 545. 556 Vgl.
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
241
die Zukunft projiziert, um auszuloten, inwieweit eine sachgerechte Auftragsausführung als wahrscheinlich gelten kann. Bei Neuanbietern scheidet diese Möglichkeit des Eignungsnachweises mangels vorzuweisender Aufträge offenkundig aus. Der öffentliche Auftraggeber steht hier vor einem Problem. Zum einen ist er an einer gesicherten und ordnungsgemäßen Leistungserbringung interessiert, zum anderen aber ist ein möglichst großes Bewerberfeld anzustreben, um bestmöglich von preis- und qualitätswettbewerblichen Effekten zu profitieren.560 Da es sich beim Fachkunde-Kriterium um ein eher personenbezogenes handelt, sollte es ausreichen, wenn die vorgewiesenen Erfahrungswerte bzw. Referenzaufträge nicht dem Unternehmen als juristische Person, sondern dessen Fachpersonal als natürlichem Personenkreis zugeordnet werden können.561 Weiter wird die Meinung vertreten, dass die vorgenannten Referenzaufträge nicht zwingend identisch mit dem zu vergebenden Auftrag gestaltet sein müssen. Vielmehr muss es genügen, wenn sich Referenz- und Neuauftrag durch bloße Ähnlichkeit oder Gleichartigkeit auszeichnen.562 Mit Blick auf einen möglichst ausgeprägten Bieterwettbewerb ist somit unstreitig auch neuen Marktteilnehmern eine reelle Chance im Vergabeverfahren einzuräumen und bei der Abwägungsentscheidung zwischen gesicherter Auftragsausführung und intensiviertem Wettbewerb eine Höhergewichtung des letztgenannten Punktes vorzunehmen.563 Diese Erkenntnis spielt besonders auf stark technologiegetriebenen Märkten eine große Rolle, da dort der technische Fortschritt zu einem vergleichsweise hohen Aufkommen von Neuanbietern mit innovativen Lösungen führt. Zugleich herrscht hier aufgrund der hohen Produktkomplexität nicht selten ein besonderes Anspruchsdenken der öffentlichen Auftraggeber in Bezug auf die Bietereignung vor. Da diese in vielen Fällen von neuen Marktteilnehmern nicht ohne weiteres zur Zufriedenheit der Auftraggeber nachgewiesen werden kann, ergibt sich hier gar eine problemverschärfende Gemengelage. Der Ansatz strengerer Maßstäbe als bei bekannten Marktteilnehmern ist jedenfalls nicht zulässig.564
560 Vgl.
Dreher/Hoffmann (2008), S. 545. Opitz (2003b), S. 98. 562 Vgl. OLG Frankfurt a.M., 24.10.2006 – 11 Verg 8/06 und 9/06. 563 Vgl. Dreher/Hoffmann (2008), S. 547. 564 Vgl. Dreher/Hoffmann (2008), S. 548. 561 Vgl.
242
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
Leistungsfähigkeit: In einem nächsten Schritt werden als leistungsfähige Bieter solche Unternehmen verstanden, die den in Rede stehenden öffentlichen Auftrag unter Berücksichtigung betriebs-, ausstattungs- und kapazitätsbezogener Kriterien aller Wahrscheinlichkeit nach werden ordnungsgemäß und fristgerecht ausführen können. Diese müssen folglich zunächst über die notwendigen maschinellen und materiellen Ressourcen verfügen. Ferner ist es notwendig, dass das Unternehmen im Stande ist, seinen laufenden Zahlungsverpflichtungen gegenüber den Lieferanten, den Mitarbeitern, der Finanzverwaltung oder anderen Stakeholdern grundsätzlich problemlos nachzukommen. Auf eine ausreichende finanzielle Leistungsfähigkeit wird in der Praxis oft bereits dann geschlossen, wenn der Gesamtumsatz des Unternehmens in Relation zum veranschlagten Auftragswert diesen Schluss zulässt.565 Bei der Leistungserbringung für den öffentlichen Auftraggeber reichen Unternehmen auch vielfach wesentliche wertschöpfende Arbeitsschritte an Unterauftragnehmer weiter und erstellen den Auftrag, für den sie den Zuschlag erhalten haben, somit selbst nur partiell. Die Gründe hierfür liegen zumeist in nicht ausreichenden Kapazitäten, fehlenden technischen Voraussetzungen oder Unwirtschaftlichkeiten im Falle der Eigenerbringung.566 Der Einsatz von Unterauftragnehmern stellt in bestimmten Branchen sogar den Regelfall dar.567 Nicht jeder Partner des Hauptauftragnehmers ist jedoch zugleich ein vergabe- bzw. preisrechtlicher Unterauftragnehmer. Gemäß dem OLG Naumburg etwa ist nur derjenige als Unterauftragnehmer anzusehen, „der in einem direkten vertraglichen Verhältnis zum Auftragnehmer steht und für diesen Teilleistungen aus dem Vertrag erbringt“568 . Mittelbare Vor- oder Teilleistungen mit relativ losem, eher unspezifischem Zusammenhang zu dem öffentlichen Auftrag fallen also nicht darunter und werden gewissermaßen durch bloße Erfüllungsgehilfen verrichtet.569 Der Nachunternehmer ist formell nicht am Vergabeverfahren beteiligt, auch ist er an eine Zuschlagserteilung im Gegensatz zum Hauptauftragnehmer nicht
565 Vgl.
Schaller (2008), S. 157. Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller (2020), § 2, Rn. 48. 567 Vgl. Burgi (2010), S. 594; Amelung (2013), S. 337. 568 Vgl. OLG Naumburg, 02.07.2009 – 1 Verg 2/09. 569 Vgl. Burgi (2010), S. 594. Siehe auch Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller (2020), § 2, Rn. 52, wo es heißt: „Nicht jedes Blech, jede Schraube oder jeder sonstige Fertigungsstoff kann Gegenstand einer mittelbaren Leistung sein. Die mittelbare Leistung muss vielmehr ‚zu‘ einem öffentlichen Auftrag erbracht werden.“ 566 Vgl.
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
243
gebunden.570 Öffentliche Auftraggeber sind gleichwohl dazu angehalten, die Eignung der Bieter für die bevorstehende Auftragsausführung auch anhand des Durchreichens wesentlicher Leistungsbestandteile an die nächsttiefere Marktstufe in Verbindung mit entsprechenden Verpflichtungserklärungen zu verifizieren.571 Hieraus folgt, dass die Unterauftragnehmer inklusive deren zu erbringende Leistungen spätestens zum Zeitpunkt der Zuschlagserteilung benannt werden müssen.572 Eine Forderung der namentlichen Unterauftragnehmer-Benennung bereits bei Angebotsabgabe wird hingegen zumeist als nicht zumutbar erachtet.573 Zuverlässigkeit: Darüber hinaus ist – wie bereits angemerkt – zwingend auch auf die Zuverlässigkeit der Bieter abzustellen. Als zuverlässig sind Bewerber dann anzusehen, wenn diesen eine ordnungsgemäße Vertragserfüllung sowie eine verantwortungsvolle und integere Betriebsführung attestiert werden kann.574 Diesen wünschenswerten Eigenschaften stünden gemeinhin folgende typische Verfehlungen ausdrücklich entgegen:
– Nichtabführung von Steuern und Abgaben, – schwere Verfehlungen wie Bestechungsversuche oder Urkunden- und Vermögensdelikte, – grundlose Verweigerung von Gewährleistungsarbeiten bei offenkundigen Mängeln, – Verstöße gegen anerkannte Berufspflichten oder auch – berechtigte Zweifel an der ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung infolge einer Nicht-Nennung von Unterauftragnehmern und deren Leistungskonditionen.575 Auch können Kailing zufolge grobe preisrechtliche Verstöße, die in früheren Preisprüfungen aufgedeckt wurden, ggf. zu einer Infragestellung der vergaberechtlichen Zuverlässigkeit eines Unternehmens führen.576 Jeder öffentliche Auftraggeber hat also im Rahmen seiner Auftragsvergabe bei der Eignungsprüfung 570 Vgl. 571 Vgl. 572 Vgl. 573 Vgl. 574 Vgl. 575 Vgl. 576 Vgl.
Roth (2005), S. 319. Roth (2005), S. 319; Noch (2008), S. 360 f.; Amelung (2013), S. 338. Amelung (2013), S. 338. BGH, 10.06.2008 – X ZR 78/07; OLG München, 22.01.2009 – Verg 26/08. Hellwig (1977), S. 216; OLG Düsseldorf , 22.02.2000 – Verg 5/00. Schaller (2008), S. 157. Kailing (1970), S. 384.
244
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
solche Unternehmen vom Vergabeverfahren auszuschließen, denen nachweislich ein schwerwiegendes Fehlverhalten anzulasten ist. Das Abstellen auf die Zuverlässigkeit hat faktisch nicht direkt etwas mit dem konkret zu vergebenden Auftrag sowie dessen prognostizierter ordnungsmäßiger Ausführung zu tun. Zuverlässigkeit bzw. Integrität ist mithin ein habituelles Merkmal ohne spezifischen Zusammenhang zu einer konkreten Leistungserbringung für die öffentliche Hand. Verfolgt wird vielmehr der Gedanke, die Öffnung des Wettbewerbs um öffentliche Vergaben dergestalt zu regulieren, dass Anreize für eine verantwortungsbewusste Unternehmensführung und eine transparente Aufarbeitung von Regelverstößen aus der Vergangenheit gesetzt werden. Es steht also in diesem Punkt nicht primär die konkrete öffentliche Bedarfsdeckung im Fokus, sondern die allgemeine wirtschaftspolitische Steuerung des öffentlichen Auftragswesens.577 Die nachfolgende Abbildung 4.5 fasst die zentralen Eignungskriterien bei öffentlichen Aufträgen nochmals überblicksartig zusammen.
Abb. 4.5 Vergaberechtliche Eignungskriterien. (In Anlehnung an UfAB VI (2015), S. 105.)
Zu dem bisher Gesagten ist zu ergänzen, dass das Vergaberecht zwischen zwingenden und fakultativen Ausschlussgründen unterscheidet.578 Im Hinblick auf die zwingenden Ausschlussgründe gilt auch, dass Bieter, die sich in Bezug auf ihre Angebote an wettbewerbswidrigen Absprachen beteiligt haben, keinen Platz im 577 Vgl. 578 Vgl.
Roth (2016), 672 f. Ohrtmann (2007), S. 201; Hölzl/Ritzenhoff (2012), S. 28 f.
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
245
Vergabeverfahren finden dürfen.579 Die weiteren zwingenden Tatbestandsmerkmale beziehen sich vorrangig auf die mangelnde personenbezogene Eignung der Bewerber.580 Das Handeln einer rechtskräftig verurteilten Person ist dem Bieter vergaberechtlich immer dann zuzurechnen, wenn diese für das Unternehmen beim Führen der Geschäfte eigenverantwortlich agiert hat oder sie ein Aufsichtsoder Organisationsverschulden nach § 130 OWiG hinsichtlich des Verhaltens einer anderen im Dienste des Unternehmens tätigen Person trifft.581 Im Hinblick auf den Aspekt der Nachweislichkeit bzw. Indizienstärke gilt es zu betonen, dass unspezifische Vorwürfe oder Vermutungen einen vergaberechtlichen Ausschluss nicht rechtfertigen. Vielmehr müssen konkrete, objektive Anhaltspunkte, manifestiert in schriftlich fixierten Zeugenaussagen, anderen Aufzeichnungen, Belegen oder Schriftstücken, vorliegen. Die verdachtsbegründenden Umstände müssen ferner aus seriösen Quellen stammen und der Verdacht muss einen gewissen Grad der Erhärtung erfahren haben.582 Seitens des öffentlichen Auftraggebers muss hierbei nach pflichtgemäßem Ermessen über einen Ausschluss des jeweiligen Bewerbers befunden werden. In Extremfällen kann jedoch der Ermessensspielraum durchaus auch auf null reduziert und ein faktischer Ausschlusszwang als gegeben erachtet werden.583 Der Ausschluss von Bietern aufgrund von Unzuverlässigkeit kann im Übrigen auch in eine allgemeine Vergabesperre ausgeweitet werden, die unter erhöhten Voraussetzungen auch die Teilnahme an künftigen Vergabewettbewerben betrifft.584 Eine nachweisliche Neigung zu Preisabsprachen kann bspw. als Grundlage eines solchen Befundes dienen.585 Hieraus resultiert unmittelbar ein berechtigtes Interesse der vormalig „unzuverlässigen“ Unternehmen, ihre vergaberechtliche Eignung durch geeignete Maßnahmen wiederherstellen zu können.586 Die hiermit angesprochene Selbstreinigung zur Wiedererlangung der vergaberechtlichen Zuverlässigkeit im Sinne des § 97 (4) GWB ist ein rechtlich nicht
579 Vgl.
Schabel (1999), S. 483; Hauck (2010), S. 56. eine detaillierte Auflistung, auch hinsichtlich der diversen fakultativen Ausschlusstatbestände, vgl. Ohrtmann (2007), S. 202 f. 581 Vgl. Ohrtmann (2007), S. 202. 582 Vgl. OLG Saarbrücken, 29.12.2003 – 1 Verg 4/03; OLG Düsseldorf , 09.04.2003 – Verg 43/02. 583 Vgl. Ohrtmann (2007), S. 204. 584 Vgl. Dreher (2009), S. 31. 585 Vgl. Hellwig (1977), S. 216; Dreher (2009), S. 32. 586 Vgl. Dreher (2009), S. 31. 580 Für
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
kodifizierter Vorgang, der sich aus praktischen Bedürfnissen des öffentlichen Auftragswesens ableiten lässt und mittlerweile bei den Gerichten Akzeptanz gefunden hat.587 Ziel der vergaberechtlichen Selbstreinigung ist es, dass sich ein in der Vergangenheit gezeigtes Fehlverhalten zukünftig aller Wahrscheinlichkeit nach nicht wiederholen wird.588 Die Selbstreinigung kann auf verschiedene Weise erfolgen. Zwingende Voraussetzung für einen glaubwürdigen und nachhaltigen Selbstreinigungsvorgang ist zunächst das Eingeständnis der (oder zumindest die konkrete Auseinandersetzung mit den) Regelverstößen, welche dem Unternehmen unter Verweis auf belastendendes Beweismaterial zur Last gelegt werden. Die Wiederherstellung des Zuverlässigkeitsstatus muss ausscheiden, solange wesentliche begründete Vorwürfe kategorisch abgestritten werden.589 Der erfolgte Ausgleich des durch den Verstoß induzierten Schadens oder zumindest die Verpflichtung zur Zahlung eines solchen Ausgleichs sollte hieraus in aller Regel resultieren.590 Grundvoraussetzung eines erfolgreichen Selbstreinigungsprozesses ist auch, dass der betroffene Bewerber die zugrundeliegenden Umstände des vorherigen Ausschlusses wie bspw. kartell- oder korruptionsbezogene Delikte umfänglich und in Kooperation mit den Ermittlungsbehörden und Vergabestellen aufgeklärt hat.591 Weiterhin werden regelmäßig ergänzende Maßnahmen erwartet, um zu untermauern, dass der Status der vergaberechtlichen Zuverlässigkeit wiedererlangt worden ist. Die Basis stellen hierbei in aller Regel im Einklang mit der Anwendung des Arbeitsrechts vollzogene Trennungen von Mitarbeitern dar, die an den ursprünglichen Verfehlungen direkt oder indirekt einen maßgeblichen Anteil hatten.592 Bei kleinen und mittelgroßen Betrieben werden zum Teil auch lediglich Abmahnungen als ausreichend erachtet.593 Auch kommt Maßnahmen der Unternehmensumorganisation infolge rechtlicher Verfehlungen eine erhebliche praktische Bedeutung zu.594 Nicht zuletzt 587 Vgl.
Dreher (2009), S. 45. Dreher/Hoffmann (2014a), S. 71. 589 Vgl. Dreher (2009), S. 43; Dreher/Hoffmann (2014b), S. 153. 590 Vgl. Roth (2016), S. 672; Scherer-Leydecker (2017), S. 262. 591 Vgl. LG Berlin, 22.03.2006 – 23 O 118/04; zu den Voraussetzungen für eine Selbstreinigung vgl. gleichsam Prieß (2008), S. 67 f. 592 Vgl. Dreher (2009), S. 35. 593 Vgl. OLG Düsseldorf , 09.04.2003 – Verg 43/02, welches in diesem Sinne auch bei einer Weiterbeschäftigung einzelner Delinquenten, jedoch stets in der Gesamtschau aller ergriffenen Maßnahmen, keinen Hinderungsgrund für eine Selbstreinigung sieht. 594 Vgl. Dreher (2009), S. 42. 588 Vgl.
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
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kommt hier die organisatorische Sondierung von Bereichen oder Abteilungen, denen unzuverlässichkeitsbegründende Merkmale anhaften, von anderen Unternehmensteilen zum Tragen.595 Je nach zugrunde liegendem Vergehen und je nach dessen konkreter Ausgestaltung können ferner die bereits behandelten Chinese Walls eine sinnvolle mitarbeiterbezogene Maßnahme darstellen.596 Als weitere präventive Schritte können bspw. die Einleitung von ComplianceMaßnahmen wie etwa internen Schulungen, die Einrichtung von Revisions- und Compliance-Abteilungen und die Installation einer Clearingstelle, welche sich fortan unabhängig mit Angebots- und Auftragsfragen beschäftigt, genannt werden.597 Unabhängig von der jeweiligen Ausgestaltung der ergriffenen Maßnahmen gilt, dass selbige stets angemessen zu dokumentieren und an den öffentlichen Auftraggeber weiterzuleiten sind.598 Alle vorgenannten Maßnahmen haben zudem gemeinsam, dass sie auf Dauer angelegt sein müssen. Zudem stünde es nicht im Einklang mit dem Konzept der Selbstreinigung, wenn an vorherigen Delikten beteiligte Akteure im Nachgang über etwaige Beraterverträge mittelbar erneuten Einfluss auf das operative Geschäft des Unternehmens erlangen.599
4.3.3.10 Unternehmensumstrukturierungen während Vergabeverfahren In Bezug auf die Thematik des Bieterausschlusses aus dem Vergabeverfahren ist im Folgenden ein weiterer Aspekt zu behandeln, der im Besonderen für solche Unternehmen, die mehrheitlich für den öffentlichen Sektor tätig und somit häufig auf die Bewerbung um öffentliche Aufträge angewiesen sind, eine große Rolle spielt. Zu dem Phänomen der Unternehmensumstrukturierungen in laufenden Vergabeverfahren und deren möglichen Einfluss auf die Eignung des Bieters hat sich bislang keine einheitliche Rechtsauffassung herausgebildet. Vielmehr sind sich Rechtsprechung und juristisches Schrifttum noch uneinig, inwieweit gesellschaftsrechtliche Organisationsumgestaltungen einzelne Bieter betreffend möglicherweise aus Vergabegesichtspunkten problematisch sind.600 Praxisrelevanz erlangt diese Problematik auch dadurch, dass sich die Beschaffungs- und Vergabeprozesse bei sehr komplexen Leistungen mitunter über mehrere Monate oder gar Jahre erstrecken, etwaige Unternehmensumgestaltungen sodann jedoch 595 Vgl. 596 Vgl. 597 Vgl. 598 Vgl. 599 Vgl. 600 Vgl.
Dreher (2009), S. 42. Dreher (2009), S. 36. Prieß (2008), S. 69; Dreher (2009), S. 43; Dreher/Hoffmann (2014b), S. 152. Dreher/Hoffmann (2014b), S. 154. Dreher (2009), S. 44. Bärwaldt/Hasselbrink (2013), S. 1889.
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
unabhängig hiervon parallel weiterverfolgt werden.601 Eine entsprechende Information des öffentlichen Auftraggebers über die verfahrensparallele Unternehmensumstrukturierung ist im Vorfeld in jedem Falle zu empfehlen.602 Von Seiten des OLG Düsseldorf ist bspw. der Standpunkt vertreten worden, eine Umstrukturierungsmaßnahme wie etwa eine Verschmelzung führe zu unverhältnismäßig hoher Intransparenz und stelle überdies in formaler Hinsicht eine unzulässige nachträgliche Angebotsänderung dar.603 In Anbetracht der im Schrifttum vorgetragenen Argumente bzw. Einwendungen greift diese Auffassung gleichwohl zu kurz und macht eine differenzierte, fallweise Beurteilung notwendig. In vielen Fällen nämlich wird eine gesellschaftsrechtliche Umstrukturierung nicht im Widerspruch zu den vergaberechtlichen Sollvorschriften stehen, was unter Umständen eine Disqualifikation des betreffenden Unternehmens bewirken würde.604 Dies soll anhand dreier prägnanter Beispiele untermauert werden:
– Unkritisch: Sofern bei einem Bieter im laufenden Vergabeverfahren lediglich ein Rechtsformwechsel ansteht, bleibt dessen wirtschaftliche Identität unangetastet, da sowohl die zugehörigen Personen als auch das Vermögen sich nicht substanziell verändern.605 Vergaberechtliche Bedenken, das Angebot des in Rede stehenden rechtsformwechselnden Anbieters ggf. zu bezuschlagen, bestehen nicht.606 – Ggf. kritisch: Ist es zu einer verfahrensparallelen Verschmelzung mit einem anderen Unternehmen gekommen, bleibt die Bieter-Identität nicht gewahrt und das Gesamtvermögen des sodann erloschenen ehemaligen Rechtsträgers ist auf eine andere wirtschaftliche Einheit übergegangen. Allerdings wird der Kreis der unternehmensangehörigen Personen durch die Vereinheitlichung mit einem Dritten lediglich erweitert, sodass sich hieraus grundsätzlich keine negativen Konsequenzen im Hinblick auf die Fachkunde und die – personenbezogene sowie technische – Leistungsfähigkeit des Anbieters ergeben. Die finanzielle Leistungsfähigkeit betreffend können sich gleichwohl Schwierigkeiten 601 Vgl.
Lux (2012), S. 680. Erklärung des anderen bzw. des neuen Rechtsträgers gegenüber der Vergabestelle, zur Fortführung des Angebots willens und in der Lage zu sein, dürfte gleichwohl nicht schaden.“ So Bärwaldt/Hasselbrink (2013), S. 1893. 603 Vgl. OLG Düsseldorf , 18.10.2006 – VII-Verg 30/06. 604 So Bärwaldt/Hasselbrink (2013), S. 1889 f. 605 Vgl. Bärwaldt/Hasselbrink (2013), S. 1893. 606 So auch OLG Düsseldorf , 12.12.2007 – Verg 34/07. 602 „Eine
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
249
auftun. Eine Verschmelzung zweier Vermögensmassen muss nicht zwingend per Saldo deren Anwachsen bewirken. Bei Verschmelzung eines finanziell gesunden, profitabel wirtschaftenden Unternehmens mit einer defizitären Gesellschaft kann infolge des Netto-Vermögensrückgangs eine verminderte finanzielle Leistungsfähigkeit des Bieters die Folge sein.607 – Ggf. kritisch: Anders als bei der Verschmelzung geht das Unternehmen im Falle einer Aufspaltung in zwei Unternehmen nicht in Gänze auf den jeweils neuen Träger über. Es ist also durchaus möglich, dass dem Bieter die fachkundigen und zur Auftragsausführung benötigten Fachkräfte durch die Spaltung abhandenkommen. Hierin läge sodann ein vergaberechtliches Problem, sofern nicht für einen geeigneten Ersatz dieses Personenkreises gesorgt würde. Auch die Effekte in Bezug auf die finanziellen Ressourcen bedürfen bei spaltungsbezogenen Fallkonstellationen einer zwingenden Klärung, da diese durch die Aufteilung und Übertragung in neue gesellschaftsrechtliche Eigentumskonstellationen per Saldo ausgedünnt werden können.608 Es wird deutlich, dass in Fällen von verfahrensparallelen Unternehmensumstrukturierungsmaßnahmen bei der Überprüfung der Bietereignung vor allem auf den Fortbestand der personellen und finanziellen Leistungsfähigkeit – nachgewiesen abermals über entsprechende Erklärungen seitens des Bieters – abzustellen ist. Ein pauschaler Ausschluss von sich in gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierungen befindlichen Unternehmen widerspräche jedoch den Anforderungen des Vergaberechts. Als allgemeine Maßgabe ist stets heranzuziehen, dass identitätswahrende Umstrukturierungen vergaberechtlich unbedenklich sind.609 Im Übrigen sei erwähnt, dass Umstrukturierungsmaßnahmen auch in Bezug auf das weiter oben bereits thematisierte Instrument der Bietergemeinschaft gewisse Fragen aufwerfen. Veränderungen in der Mitgliederzusammensetzung können verschiedene Ursachen haben. Im Schrifttum werden die Insolvenz eines Mitglieds, Meinungsverschiedenheiten zwischen den Partnern oder auch die Aufnahme eines weiteren Mitglieds zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit als mögliche Fallkonstellationen angeführt.610 Problematisch ist, dass die Eignung einer Bietergemeinschaft zur Auftragsausführung stets bezogen auf die Gesamtheit der zusammengeschlossenen Akteure zu beurteilen ist. Jede Umstrukturierungsmaßnahme stellt daher zunächst einmal die Bietergemeinschaft als 607 Vgl.
Bärwaldt/Hasselbrink (2013), S. 1893. Bärwaldt/Hasselbrink (2013), S. 1894. 609 Vgl. Lux (2012), S. 682. 610 Vgl. Lux (2012), S. 681. 608 Vgl.
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
Ganzes zur Disposition.611 Im Hinblick auf die Sachverhaltsbeurteilung wird eine ähnliche Herangehensweise wie bei Umstrukturierungen von Einzelbietern angeregt. Lediglich bei identitätsverändernden Maßnahmen in der Bietergemeinschaft wird deren Ausschluss vom Vergabeverfahren als geboten erachtet. Identitätsverändernde Wirkung wird bspw. grundsätzlich dem insolvenzbedingten Ausscheiden eines Bietergemeinschaftsmitglieds attestiert. Als nicht identitätsverändernd hingegen gilt der Zutritt eines weiteren Unternehmens in die Bietergemeinschaft. Durchaus statthaft kann zudem der Austausch eines Bietergemeinschaftsangehörigen sein. Prinzipiell gilt, dass Bietergemeinschaften bevorstehende Veränderungen ihre Zusammensetzung betreffend beim öffentlichen Auftraggeber zu melden haben, der sodann über die potentiell identitätsverändernde Wirkung der in Rede stehenden Maßnahme und somit den etwaigen Bietergemeinschaftsausschluss zu befinden hat. Im Blick zu halten ist hierbei stets, dass infolge des Gleichbehandlungsgrundsatzes eine nachträgliche Verbesserung der Eignung der Bietergemeinschaft für den bevorstehenden Auftrag nicht die Folge sein darf.612
4.3.3.11 Angebotswertung und vergaberechtliche Preisbeurteilung Nachdem – wie oben bereits angedeutet – beim öffentlichen Auftraggeber eingegangene Angebote nach formaler Prüfung eventuell vom Vergabeverfahren ausgeschlossen (erste Wertungsstufe) sowie die Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit der Bieter überprüft worden sind (zweite Wertungsstufe), ist sodann die kritische Würdigung der Angebotspreise als nächster Teilprozess im Vergabeverfahren maßgeblich (dritte Wertungsstufe). Bei den nach den ersten beiden Wertungsstufen noch verbliebenen Angeboten ist nunmehr vom öffentlichen Auftraggeber zu überprüfen, ob eventuell ein offensichtliches Missverhältnis von Preis und angebotener Leistung erkennbar ist. Letztlich geht es darum, dass lediglich angemessen ausgepreiste Angebote in die engere Auswahl aufgenommen werden sollen.613 Im Einklang hiermit gilt für diese Fälle auch aus preisrechtlicher Sicht eine Unvereinbarkeit mit der Vorstellung von Marktpreisen nach § 4 VO PR 30/53, denn „erkennbare Schleuderpreise und wucherische Preise dürfen in keinem Falle anerkannt werden“614 .
611 So
Roth (2005), S. 317. Lux (2012), S. 682. 613 Vgl. Daub/Tomasczewski (1959), S. 518; Mitzlaff (1976), S. 47; Walthelm (1979), S. 68; Birgel (1994), S. 42; Hausmann/Bultmann (2004), S. 673; Schaller (2008), S. 157. 614 Bundesministerium für das Post- und Fernmeldewesen (1959), S. 11. 612 Vgl.
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
251
Ein offensichtliches Missverhältnis von Preis und Leistung kann etwa dann vorliegen, wenn der Preis von Erfahrungswerten so deutlich abrückt, dass dies der Vergabestelle sofort ins Auge fällt. Dies bezieht sich auf unverhältnismäßig hohe wie auch niedrige Angebote gleichermaßen.615 Ein extrem niedriger Angebotspreis kann also durchaus als Ausschlusskriterium bei der Auswahlentscheidung herangezogen werden. Mit dieser Regelung soll verhindert werden, dass der Auftragnehmer den in Rede stehenden Auftrag nicht oder nicht ordnungsgemäß ausführen wird, weil er in finanzielle Schwierigkeiten geraten könnte, die ihn ggf. auch zu späteren Nachforderungen gegenüber dem Auftraggeber nötigen, oder er von vornherein bestrebt sein könnte, den Auftrag mit zu geringem Mitteleinsatz bzw. nicht vertragskonform zu vollbringen.616 Es geht also nicht etwa darum, den Bieter „vor sich selbst“ zu schützen, sondern es soll vielmehr der öffentliche Auftraggeber vor wirtschaftlichen Risiken bewahrt werden.617 Eine besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang vermeintlich nicht kostendeckenden Angeboten zu (Unterkostenangebote). Da dem Vergaberecht das Primat eines fairen Wettbewerbs zugrunde liegt, sind solche Angebote nicht zulässig, die ausschließlich das Ziel verfolgen, die Mitbewerber in einem „ruinösen“ Vergabewettbewerb auszustechen oder diese ganz aus dem Markt zu verdrängen. Hierin wird wettbewerbsrechtlich eine wettbewerbswidrige Verdrängungsabsicht gesehen. Unseriöse Angebotskalkulationen verzerren grundsätzlich den Wettbewerb.618 Ergeben sich beim öffentlichen Auftraggeber diesbezüglich Verdachtsmomente und konnte dieser selbige nicht durch tiefergehende Analysen ausräumen, so ist dieser grundsätzlich dazu angehalten, von dem betreffenden Bieter eine sodann zwingend beizubringende Aufklärung zu verlangen. Diese hat – wie es für das Vergaberecht typisch ist – schriftlich unter Gewährung einer angemessenen Frist zu erfolgen.619 Es gilt aber zwingend zu beachten, dass auch Unterkostenangebote in Grenzfällen betriebswirtschaftlich vertretbar und somit der notwendigen Bedingung der Seriosität genügend sein können. Vor allem, wenn ein Unternehmen aus Gründen 615 Vgl.
Schaller (2008), S. 157 f.; Hildebrandt/Haverland (2019), S. 550; ferner OLG Karlsruhe, 16.06.2010 – 15 Verg 4/10. 616 OLG Düsseldorf , 09.05.2011 – VII-Verg 45/11; Zleptnig (2014), S. 294; Hildebrandt/Haverland (2019), S. 550 und 553. 617 Vgl. BGH, 04.10.1979 – VII ZR 11/79; OLG Brandenburg, 25.11.2015 – 4 U 7/14. 618 Vgl. VK Bund, 14.10.2013 – VK 2-86/13; VK Bund, 26.11.2013 – VK 2-104/13; VK Mecklenburg-Vorpommern, 23.10.2013 – 3 VK 2/13; siehe ebenso Conrad (2017), S. 41 und Pünder (2003), S. 538; zu nicht vertrauenswürdigen, weil deutlich zu niedrigen Angeboten vgl. auch bereits Gandenberger (1961), S. 136. 619 Vgl. Lausen (2018), S. 585 ff.
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
der Kapazitätsauslastung bewusst auf Kostendeckung verzichtet oder als Neuanbieter erstmals versucht, sich im Geschäft mit der öffentlichen Hand zu etablieren, und dies vom Unternehmen plausibel dargelegt werden kann, gelten die hiermit verbundenen Tiefstangebote als wettbewerblich begründet und somit grundsätzlich zuschlagsfähig.620 Im direkten Vergleich zur ebenfalls seriöse Preispolitik betreibenden Konkurrenz kann dies in einem deutlich preisgünstigeren Angebot – bspw. einem „Angebot unter Selbstkostenpreis“ – münden.621 Zum einen ist grundsätzlich der Ansatz naheliegend, im Rahmen der unternehmerischen Preispolitik kostenmäßige Preisuntergrenzen zu definieren, die wiederum von dem betrieblichen Kapazitätsauslastungsgrad abhängen. Mit einer erweiterten Kapazitätsauslastung wird das Ziel der Stückkostendegression verfolgt, bei der mit zunehmender Ausbringungsmenge die Stückkosten sinken, weil die Fixkosten auf eine größere Anzahl von Einheiten verteilt werden können. Indes steigen die Kosten je Einheit bei rückläufigem Auftragseingang mitunter schnell und deutlich an. Bei kurzfristigen angebotspolitischen Entscheidungen verlieren kostenbezogene Preisuntergrenzen sodann ihre betriebswirtschaftliche Rechtfertigung, da sie zu Fehlentscheidungen führen können und für das Unternehmen mit dem Risiko des „sich aus dem Markt Herauskalkulierens“ einhergehen.622 Bei sinkenden Auftrags- und somit Absatzzahlen müssten mithin die fixen Kosten auf eine geringere Ausbringungsmenge umgelegt werden, was bei selbstkostenorientierter Preisbildung zu noch höheren, sich antizyklisch zum Konjunkturverlauf verhaltenden Preisen führen würde, wodurch sich die Absatzchancen noch weiter verschlechterten (in Hochzeiten zu niedrige, in Krisenzeiten zu hohe Angebotspreise).623 Bei sinkendem Auftragseingang oder generell schwachen Konjunkturphasen kann es folglich opportun sein, Angebote abzugeben, welche die Vollkosten nicht komplett decken, um nicht etwa zu Personalfreisetzungen oder dauerhaftem Kapazitätsrückbau gezwungen zu sein.624 Kurzfristig sollte von einem schlecht ausgelasteten Unternehmen demnach in der Regel ein aggressives
620 Vgl.
VK Bund, 07.09.2000 – VK 2-26/00; OLG Düsseldorf , 19.12.2000 – VII-Verg 28/00; Gandenberger (1961), S. 120; Robl (1995), Sp. 80; Conrad (2017), S. 42 f.; Hildebrandt/Haverland (2019), S. 553. 621 Vgl. Geerds (1990), S. 145; Geerds (1994), S. 312, Fn. 44; Oldigs (1998), S. 75; ähnlich zuvor Fettel (1962), S. 50 und 57 f. 622 So Männel (1992), S. 127. 623 Vgl. Riebel (1964), S. 556 f.; Hoitsch (1997), S. 132; Meffert (2000), S. 509; Bruhn (2012), S. 175. 624 Vgl. Klimm (1985), S. 42.
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
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Angebotsverhalten (auffallend niedrige Preise), von einem bereits gut ausgelasteten Unternehmen ein eher selektives Agieren (höhere Preise) zu erwarten sein, wobei bei der hohen Preisforderung der eher geringeren Zuschlagswahrscheinlichkeit umso höhere Gewinnaussichten gegenüberstehen.625 Wie zuvor schon angedeutet, ergeben sich in marktwirtschaftlichen Systemen die Preise aus dem Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage, wobei hier zwischen den Selbstkosten der Güter- und Leistungserstellung und den an die Marktsituation angepassten Verkaufspreisen kein direkter Zusammenhang besteht.626 Die Kosten sind lediglich für das einzelne Unternehmen in der Innensicht und für dessen Wettbewerbsfähigkeit relevant, nicht aber für die Beurteilung eines Marktpreises.627 Nicht die Marktpreise richten sich an den Selbstkosten aus, sondern die Kosten müssen sich dem wettbewerblich gebildeten Preis anpassen.628 So ergibt es sich auch, dass ein Auftragnehmer nicht etwa die Vereinbarung eines Selbstkostenpreises einfordern kann, nur weil er durch den aktuellen Marktpreis keine Chancen auf die Deckung seiner vollen Selbstkosten sieht.629 Zum anderen kommt insbesondere bei neu auf dem betreffenden Markt auftretenden Anbietern ein beachtenswerter Effekt zum Tragen. Eine Gefahr der Marktverdrängung von bereits bekannten Anbietern ist durch die erstmalige Bezuschlagung eines von einem Neuanbieter abgegebenen, auffällig niedrigen Angebotes gemeinhin nicht zu erkennen. Durch sein anfängliches, womöglich nicht kostendeckendes Angebot will der Neuanbieter lediglich auf dem Markt Fuß fassen, nicht jedoch unverzüglich Mitbewerber im Wege der Niedrigpreisstrategie vom Markt verdrängen. Dieses wettbewerbsrechtliche Risiko bestünde erst dann, wenn sich der betreffende Neuanbieter nach einer gewissen Zeit auf dem Markt etabliert hat. Der Ausschluss eines Neuanbieters mit der Begründung, dieser habe bei seiner Preisgestaltung einen ruinösen Verdrängungswettbewerb forcieren wollen, verfängt daher nicht.630 Ein solcher Neuanbieter wird mittelfristig in aller Regel seinen Angebotspreis signifikant erhöhen können, um fortan profitabel zu wirtschaften.631 625 Vgl. Gandenberger (1961), S. 228; Klimm (1982), S. 1 f.; Klimm (1985), S. 40 f.; Berndt (1988), S. 46. 626 So auch Woitschach (1963), S. 1; Hoitsch (1997), S. 132. 627 Vgl. Dierkes/Hamann (2009), S. 196. 628 Vgl. bereits Preiser (1942), S. 116; ähnlich auch Dierkes/Hamann (2009), S. 190. 629 So Broschwitz (1969), S. 977. 630 Vgl. Dreher/Hoffmann (2008), S. 550. 631 Vgl. zur preispolitischen Penetrationsstrategie bspw. Meffert (2000), S. 565 f.; Diller (2008), S. 289 ff.; Bruhn (2012), S. 172.
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
Eine andere strategisch motivierte Option wäre, dass sich der Neuanbieter mit seinem Angebot erst am Anfang des Produktlebenszyklus befindet und er zunächst (zu) hohe Kapazitäten aufbaut, um die positive Marktentwicklung abzuwarten und sich dann sukzessiv über vermehrte Anlagenauslastungen bei gleichbleibendem Preisniveau in den Bereich eines kostendeckenden Angebotspreises hineinbewegt.632 Die allgemeine Aussage wie das „Interesse des Bieters in einem Vergabeverfahren ist auf den Zuschlag gerichtet, um aus dem öffentlichen Auftrag Gewinn zu erwirtschaften“633 , ist grundsätzlich zwar zutreffend, gleichwohl darf sie nicht als zwingende Nebenbedingung für jeden Einzelfall überinterpretiert werden, da es immer wieder auch Ausnahmen gibt. Dementsprechend kann auch aus den Regeln des öffentlichen Preisrechts kein Verbot von Unterkostenpreisen abgeleitet werden; „vielmehr ist es dem Bieter nach dem Preisrecht möglich, ein Unterkostenangebot abzugeben“634 . So liegt einer Selbstkostenbetrachtung typischerweise eine Vollkostenrechnung zugrunde. Für kurzfristige Angebotsentscheidungen sind jedoch in aller Regel allein die Grenzkosten einer weiteren erbrachten Leistung maßgebend, was von Mellerowicz wie folgt beschrieben wird: „Die Preisuntergrenze eines Erzeugnisses ist die Summe der Kosten, die vermieden werden können, wenn die Herstellung des betreffenden Erzeugnisses unterlassen wird. Das sind die Grenzkosten.“635
Allein hierdurch wird sich in der Regel also schon ein Preis unterhalb der vollen Selbstkosten ergeben, da es zu einer Nichtdeckung der anteiligen Fixkosten kommt. Der Angebotspreis kann aus taktischen Gründen (bessere Kapazitätsauslastung, Fußfassen in einem neuen Markt) jedoch bei vereinzelten Ausschreibungen sogar auch unterhalb der Grenzkosten als eigentlich rationaler Preisuntergrenze liegen.636 Der negative Deckungsbeitrag des öffentlichen Auftrags ist dann gewissermaßen als Investition in die Zukunft zu sehen, in der – so
632 Vgl. Albach (1987), S. 89. Ein bereits am Markt etablierter Mitbewerber hingegen – zudem
bereits einen hohen Marktanteil vorweisend – mag infolge seiner finanziellen Reserven schon eher in der Lage sein, vorübergehend Unterkostenpreise aufrechtzuerhalten und Dritte so zu verdrängen, ohne selbst dabei in Existenznöte zu gelangen. 633 Kaelble (2003), S. 657. Vgl. auch bereits Berndt (1988), S. 46. 634 Sulk (2015), S. 154. 635 Mellerowicz (1958), S. 115. Siehe hierzu auch Fettel (1962), S. 53 ff.; Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller (2020), LSP Nr. 4, Rn. 40. 636 Vgl. Bös (1968), S. 208.
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
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der Plan der Unternehmung – diverse weitere Auftragsvergaben zu dann höheren Preisen folgen werden. In Ergänzung zu den hier thematisierten auffällig niedrigen Preisen sei angemerkt, dass sich etablierte Auftragnehmer bei vielen Auftragsvergaben – so bspw. oft im Bereich der IT-Vergabe – in einer strategisch vorteilhaften Position gegenüber neuen Konkurrenten befinden, da sie bereits in der Vergangenheit IT-Leistungen für den öffentlichen Auftraggeber erbracht haben und ein Anbieterwechsel zugleich einen Technologiewechsel nach sich zöge, welcher wiederum die Gefahr von Kompatibilitätsstörungen und hohen Umstellungskosten mit sich brächte.637 Von vornherein den Auftrag an den bekannten Dienstleister direkt zu vergeben, ist aufgrund der grundsätzlichen Pflicht zur Vergabe im Wettbewerb zwar nicht zulässig; gleichwohl ist es vergaberechtlich gestattet, die bei dessen Wiederbeauftragung nicht anfallenden Wechselkosten im Rahmen der Angebotswertung einzukalkulieren, da die Weiternutzung der etablierten Ausrüstung häufig als sinnvolles Vorgehen begründbar ist. Neuanbietern bleibt sodann lediglich das Mittel der deutlichen Preisermäßigung, um eine reelle Chance auf den Marktzutritt, den Angebotszuschlag und somit erste (kleine) Marktanteile zu wahren.638 Die obigen Ausführungen stützen insofern die Argumentation, bei neu auftretenden Unternehmen hinsichtlich der Beurteilung etwaiger Niedrigpreise für bestimmte Leistungsbestandteile nicht von vornherein auf ruinöse Konkurrenz zu schließen. Des Weiteren gilt es anzumerken, dass gleichsam zunächst unplausibel anmutende Preise (bspw. 0,00 e, 0,01 e oder 1,00 e) im öffentlichen Auftragswesen nicht grundsätzlich unzulässig sind.639 Entscheidend ist stets, dass der Angebotspreis für jede Leistungsposition das tatsächlich geforderte Entgelt angibt und dass die geforderten Preise betriebswirtschaftlich erklärbar sind.640 Sofern dem Anbieter tatsächlich keine Kosten entstehen und er solche auch nicht berechnen will, kann die Angabe eines Null-Preises eine vollständige und zutreffende Preisangabe darstellen.641 Als zulässiger Null-Preis kann zuweilen auch die Preisangabe „enthalten in …“ betrachtet werden, solange diese nicht Gegenstand einer verdeckten Preis- bzw. Kostenverlagerung in benachbarte Leistungspositionen ist.642 637 Vgl.
Opitz (2014), S. 281 ff. Opitz (2014), S. 285. 639 Vgl. OLG Düsseldorf , 07.11.2012 – Verg 12/12; OLG Naumburg, 29.01.2009 – Verg 10/08; OLG München, 12.11.2010 – Verg 21/10; OLG Karlsruhe, 11.11.2011 – 15 Verg 11/11; OLG Rostock, 15.09.2004 – 17 Verg 4/04. 640 Vgl. auch Zleptnig (2014), S. 293; Sulk (2015), S. 80 ff. 641 Vgl. OLG München, 05.07.2005 – Verg 9/05; OLG Frankfurt, 28.02.2006 – 11 Verg 16/05. 642 Vgl. OLG München, 06.12.2012 – Verg 25/12. 638 Vgl.
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
Zuweilen kommt es jedoch zu Spekulationsangeboten, bei denen die Bieter die Vergabeentscheidung mittels Auf- oder Abpreisung bestimmter Positionen zu ihren Gunsten beeinflussen wollen. So kann etwa ein Unternehmen Leistungen, die zu Beginn der Auftragsausführung zu erledigen sind, unverhältnismäßig hoch bepreisen, sodass der öffentliche Auftraggeber die Leistungserbringung gewissermaßen vorfinanziert. Parallel hierzu setzt der Bieter womöglich auffällig niedrige Preise für später anstehende Leistungspositionen an, um in der Gesamtschau ein augenscheinlich sehr günstiges Gesamtangebot abgegeben zu haben. Auch könnte ein Anbieter auf Erhöhungen oder Reduzierungen von einzelnen im Leistungsverzeichnis angegebenen Mengenangaben spekulieren, woraus sich insgesamt zum Teil erhebliche Preiskalkulationsverschiebungen ergeben können.643 Durch solche von einem unredlichen Taktieren geprägte Spekulationsangebote kann es zu einem gestörten vorvertraglichen Vertrauensverhältnis zwischen Anbieter und Auftraggeber kommen, weshalb hier ein legitimer Ausschlussgrund als gegeben betrachtet wird.644 Aufklärende Erläuterungen zu den Preisen für die einzelnen Leistungspositionen durch den Bieter können hier mitunter Abhilfe schaffen und eine Disqualifikation verhindern.645 Letztlich sind sogar negative Preise ein nicht unrealistisches wie auch nicht per se unzulässiges Mittel von Unternehmen, sich im Ausschreibungswettbewerb bzw. in einzelnen Losen gegen die Konkurrenz durchzusetzen. Bspw. in Bezug auf den IT-Bereich ließen sich derartige Situationen konstruieren. Etwa im Falle eines geforderten Austauschs bestimmter Hardware-Komponenten mit anschließender Entsorgung des Altmaterials könnte in Anbetracht der darin enthaltenen Wertstoffe eine Weiterveräußerung der Altkomponenten an Dritte unter Umständen möglich sein.646 Auch ein negativer Preis ist ein Preis, der die an die Preisangaben zu stellenden Voraussetzungen grundsätzlich erfüllt, sodass ein Angebotsausschluss infolge von Unvollständigkeit hierauf nicht gestützt werden darf.647 Negative Preise stellen eindeutige Preisangaben dar und ermöglichen somit einen eindeutigen Vergleich der Angebotspreise. Die Nichtzulassung der Angabe von Negativpreisen mit der Folge etwaiger Angebotsdisqualifikationen
643 Vgl.
Hausmann/Bultmann (2004), S. 672 f.; Trutzel (2019), S. 419. Trutzel (2019), S. 423. 645 Vgl. Hausmann/Bultmann (2004), S. 675; Trutzel (2019), S. 419. 646 Siehe hierzu auch Brieskorn/Stamm (2013), S. 349, die feststellen, dass eine ggf. geforderte Leistung wie die „Entsorgung von Metallen“ tatsächlich auch in den „Verkauf von Metallen“ münden könnte. 647 Vgl. hierzu und im Folgenden OLG Düsseldorf , 22.12.2010 – VII-Verg 33/10. 644 Vgl.
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
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ist unwirksam. Ein solches Vorgehen wird durch das vergaberechtliche Reglement nicht gedeckt. Der öffentliche Auftraggeber darf zwar erwarten, dass die Bieter ihre Leistungspositionen zutreffend kalkulieren und sämtliche Leistungen berücksichtigen, die der jeweils auszupreisenden Position zugehörig sind. Er darf aber keine Mindestpreise oder bestimmte positionsbezogene Gewinnmargen vorgeben. Ein Verbot der Abgabe von Negativpreisen würde eine solche unzulässige Festsetzung von Mindestpreisen darstellen. Erhält also der Anbieter im Zuge der Leistungserstellung Verfügungsmacht über werthaltiges Material und die Aussicht auf Schrotterlöse, so darf er dies bei seiner Angebotskalkulation berücksichtigen, was sich in negativen Preisangaben widerspiegeln kann.648 Mithin muss gelten, dass die Bieter grundsätzlich das Anrecht haben, sich im Konkurrenzwettbewerb eventuelle Kalkulationsvorteile zunutze zu machen, und die Vergabeverantwortlichen ein berechtigtes Interesse daran haben, infolge von bieterindividuellen Kalkulationsvorteilen in den Genuss von besonders günstigen, aus dem Bieterwettbewerb resultierenden Beschaffungskonditionen zu kommen.649 In Bezug auf die hier diskutierten Auswirkungen verschiedener wettbewerblicher Aspekte auf die Angebotspreise sei ergänzend ausdrücklich darauf hingewiesen, dass zwischen formalen Angebotsmerkmalen und den Angebotspreisen sehr oft kein engerer Zusammenhang besteht, was bei den Preisbeurteilungen des öffentlichen Auftraggebers in Rechnung gestellt werden sollte. Ein etwaiger Ausschluss von Angeboten durch den Auftraggeber muss demzufolge auch nicht zwingend zur Folge haben, dass die Mängel des jeweiligen Angebotes automatisch mit nicht aussagekräftigen oder gar falschen Preisangaben einhergehen. Wenn der Ausschluss „in einem reinen Formmangel“ bestand, so haben diese Mängel vielmehr keinen Einfluss auf die wettbewerblich gebildeten Angebotspreise der Bieter. Demzufolge dürfen diese Angebote – wie Städler mit Recht konstatiert – auch „als Vergleichsmaßstab auf dritter Wertungsstufe“ im Vergabeverfahren herangezogen werden: „Denn diese Preise spiegeln den Marktpreis realistisch wider und rücken nur wegen Unachtsamkeiten des Bieters nicht auf die weiteren Wertungsstufen vor.“650
Dieses Vorgehen ist zweckmäßig, um dem öffentlichen Auftraggeber die Chance zu geben, unangemessen bepreiste Angebote leichter zu erkennen und ggf. noch rechtzeitig auszusondern. Diese Frage ist vor allem dann von Bedeutung, wenn 648 Vgl.
auch BGH, 01.02.2005 – X ZB 27/04. Brieskorn/Stamm (2013), S. 348 f. 650 Städler (2014), S. 477; ähnlich auch Sulk (2015), S. 167. 649 Vgl.
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
alle Angebote bis auf eines ausgeschlossen werden mussten und nunmehr unklar ist, ob der Preis des verbliebenen Anbieters als marktüblich bzw. angemessen bezeichnet werden kann. Ein solches pragmatisches Verständnis der dritten Wertungsstufe ist ökonomisch überzeugend, denn sonst müssten die öffentlichen Auftraggeber – wie das OLG München erkannt hat – mitunter „einem offenkundig völlig überhöhten Angebot den Zuschlag erteilen, wenn die anderen Bieter aufgrund des Verstoßes gegen Formvorschriften oder des Fehlens für das Gesamtvorhaben belangloser Angaben ausgeschlossen werden mussten. Dies würde dem Ziel des Vergabeverfahrens, im Wettbewerb einen günstigen Preis zu erzielen, gerade zu zuwiderlaufen“651 . Nach Ansicht des Verfassers sollte eben dieses Verständnis auch beim Nachweis von Marktpreisen auf dem Ausschreibungsmarkt in analoger Weise zugrunde gelegt werden. In dem nicht unrealistischen Fall lediglich eines verbleibenden formal-rechtlich zuschlagsfähigen Angebotes sollte auch dann ein Marktpreis auf dem Ausschreibungsmarkt feststellbar sein, wenn sich bei zumindest einem der Konkurrenzangebote der vorherige Ausschluss lediglich auf eher unwesentlichen Formalitäten ohne engeren Bezug zur Preisbildung gestützt hat. Dieser Ansatz ist ökonomisch überzeugend, mit Blick auf die alltägliche Anwendungspraxis operational und trägt nicht zuletzt auch dem offiziellen Marktpreisvorrang im Preisrecht gebührend Rechnung. Die Angebote der engeren Wahl werden sodann auf die vierte und letzte Wertungsstufe überführt, deren Zweck die Identifikation desjenigen Angebots ist, das das beste Preis-Leistungs-Verhältnis aufweist.652 Abbildung 4.6 stellt die vergaberechtlichen Wertungsstufen noch einmal überblicksartig dar.653 Der öffentliche Auftraggeber hat folglich auf der vierten Wertungsstufe aus dem Kreise der formal-rechtlich zuschlagsfähigen Angebote den Zuschlag auf das wirtschaftlichste Angebot zu erteilen. Auch das öffentliche Vergabewesen fußt insofern auf dem Minimalprinzip, als ein zuvor vom öffentlichen Auftraggeber definiertes Leistungsziel in der Regel an denjenigen Anbieter vergeben wird, mithilfe dessen dieses zu den geringsten Kosten realisiert werden kann.654 Sind mehrere Angebote bis zur vierten und letzten Wertungsstufe durchgedrungen, so sollte der (Preis-)Prüfer gleichwohl diese Entscheidung des öffentlichen 651 OLG München, 02.06.2006 – Verg 12/06; gleichsam VK Nordbayern, 27.06.2008 – 21. VK-3194-23/08. Ein solches „völlig überhöhtes Angebot“ wäre dann also auf der dritten Wertungsstufe zu disqualifizieren. 652 Vgl. Schaller (2008), S. 158; siehe zur Angebotswertung m.w.N. auch bereits Westhof (1989), S. 217 ff. 653 Vgl. für die vier Wertungsstufen überblicksartig auch Losch (2012), S. 361; UfAB VI (2015), S. 39 f. 654 Vgl. bereits Daub/Tomasczewski (1959), S. 505.
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
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Auftraggebers ebenfalls kritisch verproben. Sind unter diesen Angeboten zum Teil von wettbewerbs- bzw. preisbildungsrelevanten Unregelmäßigkeiten geprägte Angebote, die vom Auftraggeber daher eigentlich hätten ausgeschlossen werden müssen, so kann nur dann von einem Marktpreis auf dem Ausschreibungsmarkt die Rede sein, wenn mindestens zwei dieser Angebote nur unwesentliche Mängel für die Preisbildung aufweisen. Die Bewertung des Preis-Leistungs-Verhältnisses der eingegangenen Angebote hat sich zwingend an den zuvor in der Vergabebekanntmachung veröffentlichen Zuschlagskriterien inklusive deren vorgegebener Gewichtung auszurichten.
Abb. 4.6 Die vier vergaberechtlichen Wertungsstufen. (In Anlehnung an Hertwig (2009), S. 108. Die hier dargestellte Reihenfolge bezieht sich auf den vergaberechtlich vorrangigen Fall, also auf das offene Verfahren bzw. die öffentliche Ausschreibung. Bei der beschränkten Ausschreibung und der Verhandlungsvergabe bzw. den hierzu äquivalenten EU-Vergabeverfahren sowie vorgelagerten Teilnahmewettbewerben hingegen ist als Erstes die Eignung eines Unternehmens zu überprüfen, bevor dieses zur Angebotsabgabe aufgefordert wird. Im Rahmen des Wertungsverfahrens können dann nur noch eventuelle Indizien für eine Nicht-Eignung, die sich nach der Aufforderung zur Angebotsabgabe ergeben haben, Berücksichtigung finden, vgl. Schaller (2011a), S. 150. Außerdem ist unter Berufung auf Schaller (2008), S. 154 festzuhalten, dass die Wertungs- und Auswahlverfahren in der Praxis zum Teil erhebliche Mängel aufweisen und hierdurch auch zu einer umfangreichen Rechtsprechung geführt haben.)
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
Hat es der Veranstalter des Vergabeverfahrens unterlassen, derartige Kriterien an die Auftragnehmer-Seite zu kommunizieren, so können besondere Entscheidungsgrundlagen nicht mehr berücksichtigt werden. Die Zuschlagsentscheidung ist sodann ausschließlich zugunsten des Angebots mit dem niedrigsten Preis zu fällen. Sollten Angebote abgegeben worden sein, die als „in jeder Hinsicht gleichwertig“ anzusehen sind, so muss der Preis ebenso als ausschlaggebendes Kriterium herangezogen werden.655 Ohnehin kommt dem Angebotspreis in der Praxis – nicht zuletzt aufgrund der angespannten Finanzlage vieler öffentlicher Auftraggeber – bei der Wertung die zentrale Bedeutung zu, sodass häufig nach Meinung der öffentlichen Auftraggeber niedrigster Preis und bestes PreisLeistungs-Verhältnis zusammenfallen.656 Dies ist überdies vergaberechtlich auch unkritisch, kann der öffentliche Auftraggeber doch in bestimmten Fällen öffentlich bekanntmachen, dass der Angebotspreis alleiniges Entscheidungskriterium sein soll.657 Als alleiniges Zuschlagskriterium führt der Preis zu vergleichsweise rechtssicheren Vergabeentscheidungen. Sobald jedoch zusätzliche Merkmale bei der Entscheidungsfindung eine Rolle spielen sollen, „gerät das Verfahren der Angebotswertung unversehens zu einem Drahtseilakt“658 . Auch an dieser Stelle gilt nämlich, dass sobald eine Wertungsentscheidung gegen die Vergabegrundsätze Wettbewerb, Transparenz und Gleichbehandlung verstößt, diese unzulässig und im Rahmen eines Nachprüfungsverfahrens grundsätzlich angreifbar ist.659 Lediglich wenn ein Bieter sowohl in Bezug auf den Angebotspreis als auch in Bezug auf die Qualität an oberster Stelle steht, kann die Vergabeentscheidung als völlig eindeutig bezeichnet werden. Sobald hingegen das Unternehmen mit dem niedrigsten Preis nicht zugleich das Unternehmen mit der qualitativ hochwertigsten Leistung ist, entsteht Erklärungsnot darüber, welche Preisdifferenz durch welche Qualitätsunterschiede kompensiert wird.660 Das in der Gesamtschau wirtschaftlichste Angebot wird in der Praxis auf unterschiedlichen Wegen ermittelt. Es sind zum einen verschiedene quantitative Angebotsbewertungsverfahren in der Vergabepraxis weit verbreitet (bspw. 655 Vgl.
Schaller (2008), S. 158. Kailing (1970), S. 198; Gaida/Heinze (1990), S. 67; Hochbaum (1991), S. 151. Im Besonderen gilt dies nach Mitzlaff (1976), S. 44 bei Beschaffungen von „Wirtschaftsgütern des täglichen Lebens, oder bei Standard-, DIN- und Normteilen“, mithin in Situationen mit eher unwesentlichen qualitativen Unterschieden in den Konkurrenzangeboten. 657 Vgl. Schaller (2008), S. 158; Meyer-Hofmann/Tönnemann (2009), S. 558; Sulk (2015), S. 254. 658 Roth (2011), S. 75. 659 Vgl. Probst/Winters (2014), S. 116 f. 660 Vgl. Roth (2011), S. 76. 656 Vgl.
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
261
Bewertungsmatrizen). In diesem Kontext kommt grundsätzlich „eine Vielzahl von Wertungsverfahren in Betracht, die bei gleichen Ausgangsgrößen zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen führen können“661 . Das konkrete Vorgehen des öffentlichen Auftraggebers bei der mathematisch begründeten Auswahl des Auftragnehmers ist gleichwohl nicht Gegenstand dieser Arbeit. Es wird daher auf das einschlägige Schrifttum verwiesen.662 Zum anderen existiert mittlerweile mit der sog. elektronischen Auktion nach § 18 UVgO bzw. § 120 (2) GWB eine alternative Wertungstechnik, die zukünftig eine zunehmende praktische Bedeutung erlangen könnte.663 Die elektronische Auktion stellt ein anonymes iteratives Verfahren dar, bei dem auf einer elektronischen Plattform nach einer ersten umfassenden Evaluation der Angebote von den Unternehmen jeweils nach Aufforderung durch den veranstaltenden öffentlichen Auftraggeber neue, nach unten korrigierte Angebotspreise zu benennen sind, die sodann automatisch in eine Rangreihe gebracht und für die Auktionsteilnehmer publik gemacht werden. Anders als eine Versteigerung soll die elektronische Auktion nicht einen möglichst hohen Preis generieren, sondern es soll durch sukzessives gegenseitiges Absteigern das Gegenteil, also ein möglichst niedriger Angebotspreis, erzeugt werden. Aufgrund des Primats des Geheimwettbewerbs, d. h. insbesondere der Vorbeugung von Submissionsabsprachen, darf es jedoch keinesfalls zu einer Veröffentlichung der Namen der beteiligten Bieter kommen. Bereits die Offenlegung sensibler Daten, die lediglich unter Umständen Rückschlüsse auf die an der elektronischen Auktion beteiligten Akteure zulassen könnten, muss unterbleiben. Dies gilt erst recht in engen Märkten, in denen sich ohnehin nur eine geringe Zahl von Wettbewerbern tummelt. Wenngleich durchaus kontrovers diskutiert, sei die elektronische Auktion nicht als eigenständige Verfahrensart verstanden, sondern vielmehr als elektronisch formalisierter Schritt der Angebotswertung im Anschluss an ein ansonsten typisches offenes Verfahren, nichtoffenes Verfahren bzw. Verhandlungsverfahren mit oder ohne Teilnahmewettbewerb. Da bei der elektronischen Auktion ein scharfer und anonymer Preiswettbewerb grundsätzlich nicht nur möglich, sondern geradezu charakteristisch ist, bestehen keine validen Argumente, bei diesem Verfahren einen Marktpreis auf dem Ausschreibungsmarkt abzulehnen. Eher im Gegenteil kann konstatiert werden, dass
661 Roth
(2011), S. 77. für die vergaberechtlichen Wertungsverfahren bspw. Bartsch/Gehlen/Hirsch (2012) oder auch UfAB VI (2015), S. 152 ff. 663 Vgl. hierzu und im Folgenden Schröder (2010), S. 411 ff. 662 Vgl.
Roth
(2011);
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
die elektronische Auktion – wenngleich generell auch bei Auktionsverfahren wettbewerbsverzerrende Beeinflussungen im Hintergrund nicht völlig auszuschließen sind664 – bei korrekter Ausführung für das Konstituieren von Marktpreisen als besonders gut geeignet erscheint.
4.3.3.12 Besonderheiten bei Ausschreibungen im IT-Bereich 4.3.3.12.1 Grundlagen der IT-Vergabe Vor dem Hintergrund der obigen Ausführungen zu den vielschichtigen vergabeund wettbewerbsbezogenen Anwendungsproblemen im öffentlichen Auftragswesen muss ergänzend konstatiert werden, dass die Ausschreibung von ITLeistungen in Gestalt von Vergaben über Lieferleistungen sowie Vergaben über Dienstleistungen eine besondere praktische Bedeutung erlangt. Der Terminus der IT-Leistungen umfasst hier sowohl Beschaffungen von Hardware-Komponenten wie Server, PCs, Drucker usw. als auch von Software, welche entweder als Standardsoftware, die im Rahmen eines Kaufvertrages bezogen wird, oder aber als individualisierte Software, die im Rahmen eines Werkvertrages programmiert wird, Gegenstand des Auftrags sein kann.665 Auch sonstige betriebserforderliche Leistungen wie etwa Wartung und Beratung sollen hier unter dem Begriff der IT-Leistungen subsumiert werden.666 Dabei sind für öffentliche IT-Aufträge gemischtvertragliche Leistungen sehr charakteristisch. Über die Lizensierung einer neuen Software hinaus kann bspw. vielfach auch deren Implementierung und Änderung gefordert sein und neben der Lieferung von PCs und Monitoren sollen diese zudem angeschlossen und gewartet werden.667 Aufgrund der Tatsache, dass es in der Regel als vorteilhaft gilt, wenn der Auftragnehmer einer Lieferleistung wie bspw. einer Hardwareanschaffung oder Softwarelizensierung in der Folge auch für die Gewährleistung, Wartung und Pflege verantwortlich zeichnet, rückt im IT-Bereich die Forderung der Vergabe nach Losen vielfach in den Hintergrund. Die genauere Produktkenntnis des Erstlieferanten und der geringere Koordinationsaufwand lassen für den öffentlichen Auftraggeber die für ihn günstigere Variante der Gesamtvergabe oftmals rechtlich zulässig werden, da bei Losaufteilung zuweilen ein reibungsloser operativer Übergang vom einen auf den anderen Auftragnehmer und eine klare Zuordnung von Verantwortlichkeiten bei auftretenden Mängeln nicht gewährleistet werden
664 Vgl.
hierzu Kreße (2014), S. 217 ff. Ohle/Sebastiani (2003), S. 510. 666 So auch Schimanek (2004), S. 269. 667 Vgl. Steding/Kulartz (2000), S. 182. 665 Vgl.
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
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kann.668 Bei Einführung eines neuen IT-Systems, dessen Vertrieb von demselben Anbieter übernommen wird, der auch für die Herstellung der Software verantwortlich zeichnet oder aber das IT-System von Dritten eingeführt werden soll, die zugleich Vertriebspartner des Herstellers sind, dürfte sich in der Praxis also eine Aufteilung in Los 1 (Beschaffung des IT-Systems) und Los 2 (Systemintegration bzw. Einführung) bspw. kaum sinnvoll umsetzen lassen. Demgegenüber scheint eine Losaufteilung bei der Ausschreibung kompletter PCArbeitsplätze, die Rechner, Monitor, Tastatur, Maus, Drucker und dergleichen zum Gegenstand haben, schon eher realisierbar.669 Dies bedeutet, dass bei Preisprüfungen öffentlicher IT-Aufträge, insbesondere bei Software-Aufträgen, häufig ein Leistungsbündel aus Programmierung, Hardwarebeistellung, Schulung und After-Sales-Services vorliegt, dessen Teilleistungen analytisch zu separieren und gesondert auf preisrechtliche Belange zu überprüfen sind.670 Der Sektor der Informationstechnologie ist überdies von einem rasanten Innovationszyklus geprägt, der sukzessive Wartungen, Anpassungen und Aktualisierungen notwendig macht. Ferner wird eine vergleichsweise hohe technologische Komplexität offenkundig, durch die etwa im Falle von Störungen Gegenmaßnahmen wie Fehlerursachenidentifikation, Fehlerbeschreibung sowie Fehlerbeseitigung besonderen Sachverstand erfordern. Zudem ist regelmäßig die erforderliche Integration verschiedener Teilkomponenten zu einem Gesamtsystem mitsamt der allgemeinverständlichen und klaren Beschreibung ihrer datenverarbeitungstechnischen Anforderungen ein sehr anspruchsvolles Procedere.671 Gleichwohl existiert für den Bereich der öffentlichen Aufträge über IT-Leistungen kein gesonderter Rechtsrahmen. Die einschlägigen – und in dieser Arbeit bereits thematisierten – Normen gelten auch hier grundsätzlich fort. Dennoch wird empfohlen, dass sich die an öffentlichen Auftragsvergaben beteiligten Akteure durchaus von den Spezifika, die die Informationstechnologie mit sich bringt, leiten lassen sollten.672 Erschwerend wirkt hierbei jedoch oft, dass sich aus Unternehmenssicht bereits das Erstellen des Angebots als sehr aufwendig herausstellt, da IT-Systeme stets anwendungsbezogen nachgefragt werden und somit eine fundierte Kenntnis der Anwendung sichergestellt werden muss bzw. häufig durch den technisch versierteren Bieter mittels konstruktiven Lösungsvorschlägen konzeptionelle 668 Vgl. Steding/Kulartz (2000), S. 183; Holleben/Probst (2010), S. 350; Krohn (2013), S. 84. 669 Vgl. für diese Praxisbeispiele Bischof (2009), S. 282. 670 So auch Hoffjan/Mengis (2017), S. 444. 671 Vgl. Holleben/Probst (2010), S. 350; Krohn (2013), S. 79 f. 672 So auch Ohle/Sebastiani (2003), S. 510.
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
Schwachpunkte und Inkonsistenzen in der Leistungsbeschreibung des öffentlichen Auftraggebers ausgeräumt werden müssen.673 Die wesentlichsten Spezifitäten sollen im Folgenden näher beleuchtet werden. Abermals erfolgen die Darstellungen aufgrund der besonderen Relevanz für den preisrechtlichen Marktpreis insbesondere unter wettbewerblichen Aspekten. In Bezug auf eine etwaige vorgelagerte Eingrenzung des Bieterkreises durch den öffentlichen Auftraggeber aufgrund von Alleinstellungsmerkmalen und vermeintlichen technischen Besonderheiten sei bereits jetzt vorausgeschickt, dass eine derartige Alleinstellung eines Anbieters gerade im IT-Bereich nach Ansicht von Lisch „nur sehr selten vorliegen“ wird.674 Insofern darf in Bezug auf IT-Leistungen von eher weiten relevanten Märkten mit einer Vielzahl potentieller Leistungserbringer ausgegangen werden. Die sehr hohe Innovationskraft, welche sich in einer „schnellen Überholung von Forschungs- und Entwicklungsergebnissen“ und somit in permanent bedrohten bzw. instabilen Marktanteilen manifestiert, leistet hierzu einen wesentlichen Beitrag.675 Ein Markt ist mithin umso kompetitiver, je kürzer die Innovationszyklen und je höher die Anpassungsgeschwindigkeiten der Nachzügler ausfallen.676 Der Wettbewerbsgrundsatz gebietet es also gerade auch in der Informationstechnologie, mit eigenen Prognosen, die an die Stelle tatsächlicher Vergabewettbewerbsergebnisse rücken, restriktiv umzugehen und stattdessen bevorzugt Ergebnisoffenheit bei der Beschaffungsplanung zugrunde zu legen.677 Insofern ist vor diesem Hintergrund insbesondere bei funktionalen Leistungsbeschreibungen zu konstatieren, dass bei Eingang mehrerer Konkurrenzangebote ggf. von den Erwartungen abweichende Lösungsansätze genauso gleichbehandelnd und unvoreingenommen beurteilt werden sollten wie herkömmliche Leistungen, da auch diese dem öffentlichen Verwendungszweck vielfach gerecht werden können. Die Variante der funktionalen Leistungsbeschreibung wird gerade bei technisch anspruchsvollen IT-Beschaffungen für geeignet erachtet, da der öffentliche Auftraggeber vielfach keinen fundierten Überblick über die einstweilen am Markt verfügbaren Lösungen hat und eine leistungsspezifische Ausschreibung somit zum einen zur Beschaffung veralteter Technologien und zum anderen zu einer unerwünschten Beschränkung des Wettbewerbs führen könnte.678 Anzumerken ist 673 Vgl.
Peters (1992), S. 748 f. Lisch (2013), S. 765. 675 So das Bundeskartellamt (2000), S. 5 ff.; zu den Hintergründen vgl. eingehend Klotz (2000), S. 31. 676 So auch Albach (1993), S. 9. 677 Vgl. Lisch (2013), S. 765. 678 Vgl. Losch (2012), S. 356. 674 Vgl.
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
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jedoch, dass es vor allem bei vergleichsweise komplexen IT-Aufträgen aufgrund der hohen fachlichen Anforderungen an die Wettbewerbsteilnehmer regelmäßig zur Anwendung des Nichtoffenen Verfahrens oder aber des Verhandlungsverfahrens mit Teilnahmewettbewerb kommt.679 Aber auch der Wettbewerbliche Dialog wird mittlerweile bei komplexen IT-Systemen häufiger angewendet.680 Da die Komplexität bei IT-Vergaben zwar sehr oft, aber keineswegs per se besonders hohe Ausmaße annimmt, ist stets ein „näheres Hinschauen“ und Hinterfragen der Notwendigkeit eines Wettbewerblichen Dialogs angezeigt.681
4.3.3.12.2 Projektantenproblematik Richtet man den Blick verstärkt auf eventuelle Wettbewerbsverzerrungen bei öffentlichen IT-Vergaben, so bedarf es zwingend auch einer Erörterung der Mitwirkung externer Spezialisten bei der Vorbereitung der Vergabe durch den öffentlichen Auftraggeber. Vielfach ist es der Fall, dass dieser mit seinem eigenen Personal nicht über die nötige technische Expertise und Erfahrung verfügt, um seinen Beschaffungsbedarf bzw. die in Frage kommenden Lösungen fundiert und in angemessenem Zeitrahmen zu definieren, sodass im Vorfeld der Vergabebekanntmachung auf externe Hilfe zurückgegriffen wird.682 Zu rechtfertigen ist eine solche vorgelagerte Kooperation durch die Maßgabe, dass das Vergaberecht grundsätzlich eine abschließende und fundierte Definition der Leistungsanforderungen und der auftragsbezogenen Details durch den Auftraggeber voraussetzt.683 Zuweilen steht dieser Umstand im Spannungsfeld zu der klaren Maßgabe, dass der öffentliche Auftraggeber stets „Herr des Verfahrens“ bzw. in vollumfänglicher Verantwortung für das Verfahren bleiben und in letzter Instanz die wesentlichen Entscheidungen eigenverantwortlich treffen muss.684 Von besonderem Interesse ist die in der Literatur unter dem Schlagwort „Projektantenproblematik“ vieldiskutierte Frage, ob – und wenn ja, inwieweit – sich ein solcher externer Spezialist im Nachgang zur Vergabebekanntmachung selbst an dem von ihm mitinitiierten Vergabeverfahren als Bewerber oder Bieter beteiligen darf. Zwar zählt dieses Problemfeld auch bei Vergabeverfahren über anderweitige Produktgruppen (bspw. Bauprojekte) zu den bedeutsamen Risiken,
679 Vgl.
Losch (2012), S. 355. Müller-Hengstenberg/Kirn (2012), S. 3. 681 So auch Lensdorf (2009), S. 142. 682 Vgl. Ohle/Bussche (2004), S. 791 f.; Körner (2012), S. 1; UfAB VI (2015), S. 251. 683 Vgl. Kolpatzik (2007), S. 279. 684 Vgl. UfAB VI (2015), S. 251; Fritz (2016), S. 659. 680 Vgl.
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
doch entfaltet die in Rede stehende Problematik nicht zuletzt im IT-Bereich besondere Praxisrelevanz.685 Zudem ist festzustellen, dass sie sich nicht etwa nur bei großen europäischen Ausschreibungen, sondern vielfach bereits bei kleinen Vergaben offenbart.686 Zum Teil ohne Not werden vermeintliche Spezialisten auch bei simpel gearteten Aufträgen im Vorfeld hinzugezogen, wie der folgende reale (Nicht-IT-)Beispielfall aufzeigen möge: „Eine Bundesbehörde wollte die Reinigung ihrer Fußbodenflächen an ein Reinigungsunternehmen vergeben. Sie beauftragte ein externes Reinigungsunternehmen damit, die Leistungsbeschreibung zu erstellen und begründete den Auftrag mit mangelnden Fachkenntnissen.“687
Unter einem „Projektant“ wird ein Dienstleister verstanden, der den öffentlichen Auftraggeber bei der Planung und Ausschreibung des Beschaffungsvorhabens beraten oder anderweitig unterstützt hat und nach Beendigung seiner Arbeit in demselben Vergabeverfahren als Bieter in Erscheinung tritt, an dem er vorher als Unterstützer mitgewirkt hat.688 Klassische Verfahrensschritte, bei denen Projektanten in der Praxis zum Einsatz kommen, sind neben der Leistungs- und Problembeschreibung vorgelagerte Bedarfsermittlungen, Markt- und Machbarkeitsstudien oder Planungsleistungen.689 Aber auch bei der Auswertung eingereichter Unterlagen und Angebote sollen „technisch-wirtschaftliche Berater“ nicht selten zum Einsatz kommen.690 Aufgrund des bei dem Projektanten vorhandenen Spezialwissens ist es auch gerade dieser, welcher im Nachgang für die Umsetzung der erstellten Konzepte besonders gut geeignet erscheint. Die Aussicht auf den späteren Auftrag mag für viele Experten auch gerade erst der Auslöser sein, sich zuvor beim öffentlichen Auftraggeber als Projektant beratend anzudienen.691 Es besteht hierbei grundsätzlich die latente Gefahr, dass der Projektant im
685 Vgl. Ohle/Sebastiani (2003), S. 514; Ohle/Bussche (2004), S. 791; Michel (2006), S. 690; Kolpatzik (2007), S. 279; Diringer (2010), S. 361 f.; UfAB VI (2015), S. 253; Greb (2014), S. 28. 686 Vgl. Fritz (2016), S. 659. 687 So wird es berichtet bei Bundesrechnungshof (2006), S. 43. 688 Vgl. Kulartz/Niebuhr (2000), S.11; Michel (2006), S. 689 f.; Kolpatzik (2007), S. 280; Diringer (2010), S. 361; Krohn (2013), S. 80; UfAB VI (2015), S. 251; Greb (2016), S. 263. 689 Vgl. Diringer (2010), S. 362; Greb (2014), S. 28; Reisner (2019), S. 66. 690 Siehe Meyer-Hofmann/Tönnemann (2009), S. 558. 691 So auch Ohle/Bussche (2004), S. 792.
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
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Rahmen der Vorbefassung mit dem Auftrag einen wettbewerbsrelevanten Informationsvorsprung erlangt. Ebenso besteht das Risiko, dass er wesentliche Teile der Leistungsbeschreibung unmittelbar an seinen persönlichen Kernkompetenzen ausrichtet und eine auf sich selbst „maßgeschneiderte“ Ausschreibung konzipiert.692 Dieses Szenario kann sich auch dann ergeben, wenn der vorbefasste Dritte ein Mitglied einer später am Wettbewerb teilnehmenden Bietergemeinschaft ist.693 Zudem kann die hier angesprochene Problematik auch mittelbar aufgrund einer Konzernverbundenheit auftreten, wenn es sich bei dem Unterstützer der Vergabestelle und einem der Bieter um Unternehmen derselben Unternehmensgruppe handelt und zwischen diesen ein Informationsaustausch stattfindet.694 Eine rechtzeitige Einrichtung von konzerninternen Chinese Walls zur Verhinderung eines solchen Wissenstransfers zwischen den verbundenen Unternehmen kann hier erneut einen gangbaren Weg darstellen.695 Die anfängliche Hinzuziehung eines Projektanten stellt im Übrigen grundsätzlich einen separaten öffentlichen Auftrag dar, der demnach uneingeschränkt dem Vergabe- und somit auch Preisrecht unterliegt.696 Ein zwangsläufiges Verbot, einen Projektanten im Nachgang zur Auftragsbekanntmachung als Bewerber oder Bieter zuzulassen, existiert ausdrücklich nicht. Gleichwohl ist es zwingend geboten, im Wege adäquater Vorkehrungen dafür zu sorgen, dass andere Unternehmen infolge der Teilnahme des Projektanten keine Wettbewerbsnachteile erleiden.697 Erreicht werden kann dies in aller Regel insbesondere durch die Übermittlung aller dem Projektanten im Vorfeld offengelegten Informationen und aller erarbeiteten Konzeptunterlagen wie etwa Entwürfe, Modelle oder Berechnungen in gleicher Ausführlichkeit an die übrigen Bewerber.698 Auch eine Veröffentlichung im Internet ist denkbar und zu begrüßen.699 Noch wirkungsvoller als dieser nachträgliche Versuch der Gleichbehandlung wird jedoch vielfach das prophylaktische
692 Vgl.
Kulartz/Niebuhr (2000), S. 11; Ohle/Bussche (2004), S. 792 f.; Michel (2006), S. 690; Kolpatzik (2007), S. 282; Diringer (2010), S. 362; Krohn (2013), S. 80; Reisner (2019), S. 66. 693 Vgl. hierzu OLG Jena, 08.04.2003 – 6 Verg 9/02. 694 Vgl. Kolpatzik (2007), S. 280. 695 Vgl. Körner (2012), S. 93 ff. 696 Vgl. Kolpatzik (2007), S. 281. 697 Vgl. Kupczyk (2010), S. 21 ff.; Körner (2012), S. 2 f. m.w.N.; UfAB VI (2015), S. 251. 698 Vgl. Schröder (2004), S. 172; Ohle/Bussche (2004), S. 795; Kolpatzik (2007), S. 282; Diringer (2010), S. 366; Kupczyk (2010), S. 24; Körner (2012), S. 91 f.; UfAB VI (2015), S. 251; Reisner (2019), S. 66. 699 Vgl. Ohle/Bussche (2004), S. 795.
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
Vorgehen eines öffentlichen Auftraggebers sein, gleich in der Planungs- und Konzeptphase nach Möglichkeit mehrere Unternehmen parallel als Projektanten zu konsultieren, um eine möglichst hohe Ergebnisoffenheit im Projekt und einen möglichst großen Wettbewerb zwischen den in Frage kommenden Unternehmen entstehen zu lassen.700 Kann jedoch ein Ausgleich des auftragsspezifischen Wissensstandes zwischen allen potentiellen Bietern, sprich eine wettbewerbskonforme Gemengelage, nicht objektiv und verlässlich herbeigeführt werden, so darf der Projektant als späterer Teilnehmer an dem Bieterverfahren nicht zugelassen werden.701 Ferner ist zu beachten, dass es offiziell keine Wesentlichkeitsgrenze für die Mitwirkungshandlungen des Projektanten gibt. Jede Art von Beteiligung – sei sie augenscheinlich noch so geringfügig – führt vergaberechtlich potentiell zur Projektantenproblematik. Mithin ist es zumeist kaum fundiert abzugrenzen, ab wann eine Projektanten-Beteiligung zur Erlangung eines wettbewerbserheblichen Informationsvorsprungs oder zu einer wettbewerbsverzerrenden Beeinflussung der Leistungsanforderung führt.702 Ferner gibt es auch keine zeitlichen Restriktionen; die Projektantentätigkeit kann auch schon länger zurückliegen, die einmal erworbenen Kenntnisse können mitunter auch für spätere Vergabeverfahren noch von Vorteil sein.703 Somit ist streng genommen auch ein Blick auf vorherige Auftragsvergaben, bei denen eventuell Projektanten zu Rate gezogen wurden, angezeigt. Diesbezüglich sei angemerkt, dass es gerade bei hochkomplexen und sehr umfänglich beschriebenen Aufträgen äußerst fraglich ist, ob der sich zwangsläufig ergebende Zeitvorsprung des Projektanten in Bezug auf die kreative und konzeptionelle Befassung mit dem Auftragsgegenstand überhaupt von Seiten der übrigen Wettbewerbsteilnehmer in einem vertretbaren Zeitrahmen kompensiert werden kann.704 Insofern ist stets eine differenzierte, die Eigenschaften des Einzelfalls sorgsam abwägende Beurteilung zu empfehlen. Vor allem in Fällen, in denen sich das vom Projektanten platzierte Angebot als deutlich überlegen gegenüber den Konkurrenzangeboten herausstellt, muss bei lebensnaher Betrachtung aber vielfach von einem wettbewerbsverzerrenden Informations- und Zeitvorsprung des 700 Siehe
hierzu Ohle/Bussche (2004), S. 795; Körner (2012), S. 92 f. Michel (2006), S. 693; Kupczyk (2010), S. 24; Körner (2012), S. 98 m.w.N.; UfAB VI (2015), S. 251. 702 So im Ergebnis Michel (2006), S. 691 ff. bzw. Diringer (2010), S. 363. 703 So Diringer (2010), S. 364; Kupczyk (2010), S. 23. 704 So Kolpatzik (2007), S. 282. Diringer (2010), S. 366, geht hingegen davon aus, dass ein „etwaiger zeitlicher Vorteil des Projektanten für die Erstellung des Angebots … durch eine ausreichend lange, ggf. im Vergleich zu anderen Verfahren sogar verlängerte Bearbeitungsfrist für die Verdingungsunterlagen ausgeglichen werden“ kann. 701 Vgl.
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
269
Projektanten ausgegangen werden.705 Ferner gilt, dass der Auftraggeber lediglich solche externen Spezialisten für die Vergabevorbereitung mandatieren darf, die nicht zugleich für einen oder gar mehrere Bewerber tätig sind, um auch diesen bei dem konkreten Ausschreibungsverfahren wesentlich zum Erfolg zu verhelfen. Solche „Doppelmandate“ würden nämlich zwingend einen wesentlichen Interessenskonflikt zur Folge haben und klar mit dem Neutralitätsgebot kollidieren.706 Darüber hinaus ist im vorliegenden Kontext eine weitere Ausprägung vertikaler Absprachen denkbar. Nicht nur auf öffentliche Auftraggeber, sondern auch auf Projektanten können Bieter ggf. versuchen, Einfluss zu nehmen, um relevante Kriterien bei der Angebotswertung des öffentlichen Auftraggebers oder wertvolle Informationen zu Konkurrenzangeboten in Erfahrung zu bringen. Daher ist es zumeist problematisch, wenn der vorgeschaltete Berater oder Planer während des Vergabeverfahrens, vor allem auch in den Vergabeunterlagen, namentlich benannt wird.707 Gerade wenn technischer Sachverstand in beträchtlichem Maße in die Leistungsbeschreibung eingeflossen ist, wünschen es die Projektanten oft, dass sie namentlich und mit ihrer Geschäftsadresse genannt werden. Zu solch einer unnötigen und mitunter riskanten werbeähnlichen Bekanntmachung sind öffentliche Auftraggeber grundsätzlich nicht verpflichtet.708 Zusätzlich zu den hier diskutierten prozessualen Besonderheiten soll nun noch auf einige wichtige leistungsbezogene Besonderheiten bei Ausschreibungen im IT-Bereich eingegangen werden, da sich aus ihnen ebenso wettbewerbsrelevante Probleme für die Anbieterseite ergeben können.
4.3.3.12.3 Zulässigkeit von „Open Source Software“ Das Leistungsspektrum im Bereich der Computersoftware lässt sich grob differenzieren zwischen Source- und Binärcode. Während Quelltext (Sourcecode) für den Menschen lesbar ist, kann Binärcode nur von einem Computer entschlüsselt werden. Die Verwendung von Computersoftware erfordert die Übersetzung des Quellcodes in einen Binärcode (Compilierung). Umgekehrt bezeichnet man die Rückübersetzung von Binärcode in den für den Menschen dechiffrierbaren Quellcode als Decompilierung.709 Lange Zeit war es branchenüblich, dass die
705 Vgl.
Kolpatzik (2007), S. 282. Kulartz/Niebuhr (2000), S. 10 f.; Kolpatzik (2007), S. 280; UfAB VI (2015), S. 251. 707 Vgl. Ruff (2012), S. 287 ff. 708 Vgl. Ruff (2012), S. 289. 709 Vgl. UfAB VI (2015), S. 266. 706 Vgl.
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
Programmierer untereinander Quelltexte austauschten, um nicht bei jedem Programm, das zu erstellen war, den Quelltext komplett neu schreiben zu müssen. Im Laufe der Zeit wurde jedoch der kommerzielle Wert der Quelltexte erkannt und die Unternehmen untersagten ihren Programmierern fortan die Weitergabe von Quelltexten, da diese nunmehr als Betriebsgeheimnisse deklariert wurden.710 Diese Entwicklung wurde mitunter kritisch beäugt, was sich in einer zunehmenden Zahl von Programmen, die als Open Source Software angeboten wurden, geäußert hat. Die Lizensierung von Open Source Software ist durch eine Vielzahl an Freiheitsgraden gekennzeichnet. So ist es (neben der eigentlichen Nutzung der Software) möglich, sich den Quelltext anzeigen zu lassen, diesen nach eigenen Wünschen zu verändern sowie an Dritte weiterzukommunizieren. Herkömmliche, proprietäre Software erlaubt dies nicht, da sie bspw. in aller Regel nur als Binärcode vorliegt, nicht in Quellcode decompiliert und meist nur in vordefinierten Umgebungen eingesetzt werden darf.711 Ferner zeichnet sich Open Source Software nicht zuletzt durch die Besonderheit eines kostenlosen Lizenzerwerbs aus.712 Eine kostenlose Beschaffung unterliegt streng genommen nicht dem Anwendungsbereich des Vergaberechts, da gemäß § 99 (1) GWB nur entgeltliche Leistungsbeziehungen vergaberechtliche Relevanz entfalten. Wenn jedoch Open Source Software im Rahmen eines Vergabeverfahrens angefordert wird, bleibt es in aller Regel nicht bei dem Bezug der Programme allein. Vielmehr werden parallel weiterführende Leistungen wie bspw. Anpassungs-, Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten sowie Schulungs- und Beratungsleistungen gegen entsprechendes Entgelt ausgeschrieben. Der Fokus der in Rede stehenden Vergaben liegt folglich eher auf den Dienstleistungskomponenten anstatt auf der Bereitstellung der IT-Anwendung selbst.713 Ein striktes Gebot zur vergaberechtlichen Gesamtbetrachtung von Software-Bezug mitsamt allen vorgenannten Anschlussleistungen ist nicht erkennbar. So wird es in der Praxis zuweilen zu einer solchen kommen, während sich in anderen Fällen mit verzögert auftretendem Bedarf die Ausschreibung von IT-Dienstleistungen zulässigerweise auf bereits innerbehördlich vorhandene Open Source Software beziehen wird.714 Das explizite Verlangen des öffentlichen Auftraggebers, gezielt Open Source Software zu beschaffen, ist vergaberechtlich umstritten, da der Begriff Open 710 Vgl.
UfAB VI (2015), S. 266. Demmel/Herten-Koch (2004), S. 187; UfAB VI (2015), S. 266 f. 712 Vgl. Demmel/Herten-Koch (2004), S. 187. 713 Vgl. Sandl (2001), S, 347; Demmel/Herten-Koch (2004), S. 187. 714 Vgl. Müller/Gerlach (2005), S. 89 f. 711 Vgl.
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
271
Source Software mitunter von den Marktteilnehmern unterschiedlich interpretiert wird und Anbieter proprietärer Software ggf. aus dem Wettbewerb ausgeschlossen werden müssten.715 Abhilfe kann insofern geschaffen werden, als im Rahmen der Leistungsbeschreibung die konkreten Nutzungsrechte an der Software dezidiert aufgeführt werden. Eine Forderung, ausschließlich Software mit offenem Quellcode für den Zuschlag in Frage kommen zu lassen, verstößt noch nicht gegen vergaberechtliche Grundsätze, da hier nicht ein bestimmtes Produkt oder ein bestimmter Hersteller übervorteilt wird. Auch Hersteller, die üblicherweise geschützte Software anbieten, können dem öffentlichen Auftraggeber unter bestimmten Voraussetzungen den Quelltext offenbaren, ohne dass er jedoch Dritten zur Verfügung gestellt wird.716 Von diversen Anbietern wird dementsprechend bereits sowohl proprietäre als quellcodeoffene Software angeboten.717 Der umgekehrte Fall – eine Beschränkung des für den Zuschlag in Frage kommenden Bieterkreises auf Vertreiber proprietärer Softwareanwendungen, an die die Auftraggeber sich lizenzrechtlich gebunden sahen – hat bereits vielfach zu monopolartigen Strukturen geführt und im Kern den Grundsätzen des Wettbewerbs, der Gleichbehandlung und der Transparenz im öffentlichen Vergabewesen geschadet. Die Ausweitung der Beschaffungsmöglichkeiten der öffentlichen Verwaltung auf Open Source Software trägt den vorgenannten Prinzipien klarer Rechnung und ist somit gleichermaßen zulässig wie legitim.718
4.3.3.12.4 Zulässigkeit von „Second Hand Software“ Im Zuge der Abgrenzung spezifischer Software-Arten und deren Stellung in öffentlichen Vergabeverfahren muss ferner der Handel mit „gebrauchter“ Software – im Folgenden als „Second Hand Software“ bezeichnet – diskutiert werden. Insbesondere bei Mehrplatzlizenzen mit hohen Nutzerzahlen hat diese Produktgruppe mittlerweile eine hohe praktische Relevanz erfahren.719 Insbesondere die sich nicht nur auf Seiten der öffentlichen Hand bietenden Einsparpotentiale tragen hierzu bei.720 Mitunter finden sich im Schrifttum auch die Begriffe „Gebrauchtsoftware“ oder „Handel mit gebrauchten Softwarelizenzen“, doch sollen
715 Vgl.
UfAB VI (2015), S. 270. UfAB VI (2015), S. 271. 717 Vgl. Demmel/Herten-Koch (2004), S. 188. 718 Vgl. Demmel/Herten-Koch (2004), S. 189. 719 Vgl. Huppertz (2006), S. 145. 720 Vgl. Kubach (2016), S. 341 ff., wo von Preisnachlässen im Umfang von 20 bis 50 % die Rede ist. 716 Vgl.
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
diese hier aufgrund der Tatsache, dass Software keiner klassischen Gebrauchsabnutzung unterliegt und somit gewissermaßen stets neuwertig bleibt,721 vermieden werden. Second Hand Software entsteht immer dann, wenn Unternehmen oder andere Organisationen ihre Softwarelizenzen infolge von Systemwechseln, Personalabbaumaßnahmen, Aufgaben von Geschäftsbereichen, Insolvenzen oder ähnlichen Ereignissen an Software-Handelsunternehmen abstoßen, welche die vorgenutzten Software-Anwendungen sodann wieder an Dritte weiterveräußern. Mitunter erhält der neue Endnutzer zugleich eine (notarielle) Bestätigung über die Rechtmäßigkeit des Lizenzerwerbs sowie bedarfsweise eine Kopie der Software auf einem physischen Datenträger.722 Zuweilen wird der kategorische Ausschluss von Second Hand Software bei öffentlichen Vergabeverfahren damit begründet, dass das Risiko der Qualitätsunsicherheit bestehe, Rückstufungen auf vorherige Versionen der Software nicht durchführbar seien, Nachkäufe nicht hinreichend getätigt werden können, andere Sprachversionen nicht ohne weiteres nutzbar gemacht werden können und die Sachlage in Bezug auf den Umfang der Nutzungsrechte vielfach unklar sei.723 Derartige Eingrenzungen des Wettbewerbs auf der Anbieterseite müssen jedoch in Anbetracht der einschlägigen Rechtsprechung als unzulässig betrachtet werden, da die Bedenken, die gegen Second Hand Software hervorgebracht werden, in der Regel einer sachlichen Grundlage entbehren.724 Das Angebot kann hier in Relation zu neu lizensierter Software qualitativ gleichwertig erfolgen und auch nutzungsrechtlichen Aspekten kann in der Regel ohne nennenswerte Einschränkungen entsprochen werden.725 Es trifft zwar auch im IT-Bereich uneingeschränkt zu, dass der öffentliche Auftraggeber über weitreichende Bestimmungsfreiheit in Bezug auf die von ihm bezogenen Leistungen verfügt, doch müssen von ihm vorgetragene Gründe für die Nicht-Berücksichtigung bestimmter Angebotstypen stets sachlich gerechtfertigt und nachvollziehbar sein. Second Hand Softwarelizenzen hingegen „sind keine vom Original abweichenden Lizenzen, sondern eine ‚gebrauchte‘ Software mit einer ‚gebrauchten‘ Lizenz ist von der Neufassung nicht zu unterscheiden“726 . 721 Vgl.
Hoeren (1992), S. 258; Rigamonti (2009), S. 15. Marly (2012), S. 654; Kubach (2016), S. 344. 723 Vgl. Bube (2016). 724 „Kein Ausschluss von Gebrauchtsoftware im Vergabeverfahren“ wird als Leitsatz auch vorgegeben bei VK Düsseldorf , 23.05.2008 – VK-07/2008-L; siehe ferner VK Münster, 01.03.2016 – VK 1-02/16. 725 Vgl. Bube (2016). 726 VK Münster, 01.03.2016 – VK 1 – 02/16. 722 Vgl.
4.3 Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“
273
Der Disqualifikation von Angeboten über Second Hand Software fehlt es somit an einem nachvollziehbaren Sachgrund. Sie ist aufgrund der Einschränkung des Bieterwettbewerbs insoweit vergaberechtswidrig.
4.3.3.12.5 Zulässigkeit von „Cloud“-Diensten Festgehalten sei schließlich noch, dass die gleiche Wertungsperspektive wie bei „Second Hand Software“ im Übrigen auch für die seit einigen Jahren immer verbreiteteren „Cloud“-Dienste gilt. Diese zeichnen sich grundsätzlich in der gemeinsamen Nutzung von Hard-, Software- und Rechenkapazitäten aus, welche nicht länger an einem spezifischen Ort, sondern global über verschiedene Server nachfrage- und einzelfallspezifisch bereitgestellt werden.727 Die Nutzung von Cloud Computing verbreitet sich zunehmend auch in der öffentlichen Verwaltung.728 Mitunter treten diese internetbasiert angebotenen IT-Anwendungen in den Wettbewerb zu herkömmlichen, traditionellen Server- oder Software-Angeboten bzw. Infrastrukturen. Nicht selten steht ein öffentlicher Auftraggeber mittlerweile also vor der Wahl, zusätzliche informationstechnische Ausrüstung zur Befriedigung seines Beschaffungsbedarfs zu kaufen, zu mieten bzw. zu leasen oder aber virtuelle Dienste cloudbasiert zu beziehen. Aus Sicht des Anwenders sind alle vorgenannten Alternativen grundsätzlich in der Lage, die Verwendungsabsicht, die der öffentlichen Vergabe vorausgeht, bedarfsgerecht zu bedienen. Abgesehen von hier nicht näher zu diskutierenden Spezialfällen, sollte demnach die Maßgabe gelten, in der Regel auch Leistungskomponenten auf Basis des Cloud Computings mit Blick auf einen möglichst breiten Vergabewettbewerb entsprechenden Raum in der Angebotswertung zu geben.729 Eventuelle Angebotsausschlüsse durch den Auftraggeber bloß aufgrund von Cloud-Lösungen als wesentlichem Leistungsinhalt bei ansonsten verwendungszweck- und nutzungsbezogener Eignung sind vor dem Hintergrund des hier Gesagten folglich als grundsätzlich unzulässig zu betrachten.
727 Vgl.
Schulz (2010), S. 75. Müller-Hengstenberg/Kirn (2012), S. 3. 729 Vgl. Schulz (2010), S. 79. 728 Vgl.
274
4
Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
4.4
Marktpreisbildung auf dem allgemeinen Markt
4.4.1
Abgrenzung des relevanten Marktes
4.4.1.1 Sachliche Marktabgrenzung Nachdem nun das Prüffeld des Marktpreises auf dem Ausschreibungsmarkt unter Bezugnahme auf die wesentlichen Fallstricke in öffentlichen Vergabewettbewerben behandelt ist, soll nunmehr die Marktpreisbildung in Fällen, bei denen ein vergaberechtlicher Wettbewerb nicht funktioniert hat oder gar nicht erst veranstaltet wurde, näher betrachtet werden. Mithin wird deutlich, dass ein Marktpreis-Nachweis keineswegs nur bei wirksamem Wettbewerb im Vergabeverfahren möglich ist. Ein gesonderter expliziter Vermerk des Verordnungsgebers wie der unter Ziffer 5b des Ersten Runderlasses, dass bei echtem Vergabewettbewerb Marktpreise entstehen, wäre andernfalls überflüssig und einen Hinweis, dass nur bei formalisierten Ausschreibungen durch den öffentlichen Auftraggeber Marktpreise entstehen können, gibt es in der VO PR 30/53 nicht. Auch wenn der Beschaffungsvorgang des öffentlichen Auftraggebers gänzlich ohne, oder zumindest ohne von Erfolg gekrönte, formalisierte Wettbewerbsveranstaltung vollzogen wurde, kann also der Marktpreis nach § 4 VO PR 30/53 prinzipiell der ordnungsgemäße Preistyp sein. Preisrechtlich stellt das Pendant zum oben erörterten „Ausschreibungsmarkt“ der allgemeine Markt dar.730 Auf dem allgemeinen Markt werden Produkte und Dienstleistungen nachgefragt, die ebenso von nicht-öffentlichen Auftraggebern bezogen werden. Bspw. kann es sich hierbei um „Büromöbel, Sanitätsmaterial, Kleidung, Nahrungsmittel“731 usw. handeln. Auf dem allgemeinen Markt steht der allgemeine Marktpreis im Fokus, den ein spezifischer Anbieter für die gleiche oder eine vergleichbare Leistung üblicherweise erzielt. Man spricht daher auch vom „betriebssubjektiven Marktpreis“. Es soll stets nur auf den von dem geprüften Unternehmen tatsächlich erzielten Marktpreis abgestellt werden, um sicherzugehen, dass der öffentliche Auftraggeber nicht mehr bezahlt hat als andere Kunden. Nicht sollen zur Plausibilisierung der Verkehrsüblichkeit des Preises die Vergleichspreise anderer Anbieter herangezogen werden.732 Analog zum Ausschreibungsmarkt gilt konsequenter Weise auch hier im Hinblick auf die Grundvoraussetzung der „Marktgängigkeit der Leistung“, dass 730 Vgl.
hierzu Fischer (2005), S. 108; siehe auch Hoffjan/Mengis (2017), S. 439 f. (1976), S. 64. 732 Vgl. Hoffjan/Mengis (2017), S. 441 f.; a.A. offenbar Hertel (1998), S. 33 f. sowie Greiffenhagen (2016), S. 6 ff. 731 Felderbauer
4.4 Marktpreisbildung auf dem allgemeinen Markt
275
die notwendigen Bedingungen des Nichtvorhandenseins einer Mangellage und des Nichtvorhandenseins von bedeutsamen Wettbewerbsbeschränkungen auf der Anbieterseite erfüllt sein müssen. Bereits in der Erstauflage der führenden preisrechtlichen Kommentierung heißt es diesbezüglich, „beiden Erscheinungsformen des Marktpreises ist gemeinsam, daß sie einen funktionsfähigen Markt und Wettbewerb voraussetzen“733 . Gleichsam bemerkt auch Fettel, dass es ökonomisch verfehlt wäre, das Merkmal des wettbewerblich gebildeten Marktpreises für eine bestimmte Marktform exklusiv vorzusehen.734 Der Verfasser muss jedoch feststellen, dass bis heute bei vielen Akteuren die Haltung existiert, dass eine Leistung auf dem allgemeinen Markt auch dann „marktgängig“ sei, wenn – wie es bspw. Müller beschreibt – der Anbieterwettbewerb gänzlich fehlt: „Aber auch wenn nur ein Unternehmen die handelsübliche Leistung anbietet, muß sie als marktgängig bezeichnet werden, falls der Alleinanbieter laufend Umsätze hiermit tätigt und damit der allgemeine Markt entsteht. … Der zur Marktgängigkeit führende allgemeine Markt entsteht bei solchen Leistungen allein durch Umsatzakte.“735
Diese Sichtweise erscheint inkonsequent und in einer auf wirtschaftliche und sparsame Haushaltsführung ausgerichteten Wirtschaftspolitik problematisch, denn auch wenn ein Anbieter in monopolartiger Stellung mehrere Abnehmer (inklusive dem öffentlichen Auftraggeber) für seine Leistung findet, kann der Preis hierfür dennoch missbräuchlich hoch sein. Eine solche Gemengelage durch ein auf Verkehrsüblichkeit und Angemessenheit ausgerichtetes Rechtsregime wie das öffentliche Preisrecht zu dulden, würde sehr seltsam anmuten.736 Vorgenannte Ansicht kann also nicht weiter berücksichtigt werden. Vielmehr ist es angezeigt, der Forderung von Hans zu folgen, nach der gilt: „Existiert für eine Leistung ein allgemeiner Markt, so wird diese außer von der öffentlichen Hand noch von privater Seite nachgefragt; in diesem Fall ist noch zu
733 Ebisch/Gottschalk
(1962), § 4, Rn. 3; ähnlich auch Müller (1993), S. 41 f. Fettel (1962), S. 42. 735 Müller (1970), S. 42 f.; ähnlich aber auch Altmann (1959), S. 935; Altmann (1960a), S. 209; Altmann (1964), S. 979 f.; Engel (1983), S. 48 f.; Möllhoff (1985), S. 170; Hertel/Pietraszek (1988), S. 16; Hertel (1998), S. 23. 736 Verstärkt wird die Verwunderung über die erwähnte Sichtweise noch, wenn man sich vor Augen hält, dass die offiziellen „Richtlinien für öffentliche Auftraggeber“ zur Anwendung der VO PR 30/53 unter Nr. 24 a) explizit klarstellen, dass u.a. bei einem Monopol auf der Anbieterseite kein Marktpreis feststellbar ist. 734 Vgl.
276
4
Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
überprüfen, ob der betreffende Markt keine Einschränkung des Wettbewerbs auf der Anbieterseite aufweist.“737
Dieser Überprüfungsschritt kann verschiedene Ergebnisse liefern. Insbesondere aber in Fällen, in denen keine Wettbewerber des Auftragnehmers ermittelt werden können, hat er richtungsweisende Bedeutung für die gesamte Preisprüfung: „Wird die zu beschaffende Leistung nur von einem Unternehmer hergestellt und angeboten, dann ist sie keine marktgängige Leistung, der zu zahlende Preis kein Marktpreis.“738
Nachfolgende Abbildung 4.7 verdeutlicht noch einmal das Kontinuum der verschiedenen denkbaren Marktformen und grenzt den Bereich der Marktpreise von dem der Selbstkostenpreise schematisch ab, wobei auch der Marktpreisvorrang der VO PR 30/53 gut zur Geltung kommt. Wenn es bei einem Vergabewettbewerb nur zur Einreichung eines verwertbaren Angebotes gekommen ist oder ein Auftrag direkt an ein Unternehmen vergeben wurde, müssen zur Klärung der Frage, ob es sich bei dem Auftragnehmer nicht um einen Monopolanbieter handelt, tiefergehende Plausibilitätsbeurteilungen vorgenommen werden. Im Kern geht es hier um das Instrument der „Marktabgrenzung“, durch welches das Preisrecht gewissermaßen eine gemeinsame Schnittmenge zum
737 Hans
(1984), S. 8. (1958), S. 80. Bei Anbietern in monopolartigen Stellungen soll, „um die öffentliche Hand vor Übervorteilungen zu schützen, … über den Selbstkostenpreis die Lücke geschlossen“ werden, so auch bereits Flottmann (1943), S. 168. „Vor allem in Fällen, in denen nur ein einziges Unternehmen in Betracht kommt … ist eine Marktpreisbildung allerdings grundsätzlich ausgeschlossen“, so Michaelis/Rhösa/Pauka (1954 ff.), § 4, S. 10; ähnlich auch Rath (1964), S. 275; Müller (1993), S. 48 f.; eine „Gefahr des Missbrauchs von Monopolen“ sehen im Preisrecht zudem Weiss/Hennemann/Hoffjan (2014), S. 1441. Wirtschaftstheoretisch ist einem Monopolisten – anders als einem Unternehmen mit zahlreichen Mitbewerbern – nicht der Marktpreis gegeben, sondern gewissermaßen eine Preis-Absatz-Funktion. Der Monopolist wird modelltheoretisch so lange seine Produktions- bzw. Absatzmenge erhöhen, bis die Grenzkosten dem Grenzerlös entsprechen, weil hier im Monopolfall die gewinnmaximale Preis-Mengen-Kombination liegt. Im Wettbewerbsfall wäre sie hingegen in der Situation ‚Preis gleich Grenzkosten‘ zu verorten. Vergleicht man die Kosten- und Erlöskurven im Monopol- und im Wettbewerbsfall miteinander, so zeigt sich, dass der Monopolist eine vergleichsweise geringere Menge, jedoch zu einem höheren Preis verkauft. Dieser modellhafte Effekt dient als theoretischer Beleg dafür, monopolartige Stellungen wirtschaftspolitisch grundsätzlich kritisch zu beurteilen. Vgl. Herbst (1965), S. 44; Borrmann (1999), S. 263 f. 738 Böttcher
4.4 Marktpreisbildung auf dem allgemeinen Markt
277
Abb. 4.7 Kontinuum von Marktformen und Preistyp-Zusammenhang
Wettbewerbsrecht erhält. Durch den BayVGH wird eine Abgrenzung des relevanten Marktes auch im Anwendungsbereich des Preisrechts anhand des sog. Bedarfsmarktkonzepts nicht nur explizit für zweckmäßig erachtet, sondern dieser Ansatz wird quasi als alternativloses Prüfverfahren bezeichnet: „Abgrenzung des relevanten Marktes auch im Anwendungsbereich der Verordnung PR Nr. 30/53 anhand des Bedarfsmarktkonzepts … da … dieses Konzept auch im Rahmen des § 4 Abs. 1 VO PR Nr. 30/53 sachgerechte Ergebnisse zu liefern vermag und nicht erkennbar ist, welcher andere methodische Ansatz an seine Stelle treten könnte.“739
Eine systematische Auseinandersetzung mit dieser Thematik liegt im preisrechtlichen Schrifttum bislang nicht vor. Dieser Zustand soll mit dem nun folgenden Abschnitt ein Ende finden. Um festzustellen, „welche Güter (und Unternehmungen) miteinander in einem Konkurrenzverhältnis stehen, sich also auf dem gleichen Markt befinden“, muss
739 BayVGH,
26.02.2019 – 22 B 16.1447.
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4
Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
notwendigerweise zunächst in einem dreistufigen, sich auf die sachliche, räumliche und zeitliche Dimension beziehenden analytischen Verfahren der „relevante Markt“ dieses Anbieters abgegrenzt und nach weiteren relevanten Anbietern der betreffenden Leistung untersucht werden.740 Hierbei gilt stets: „Wettbewerbsmäßig zusammenhängende Unternehmen gehören einem ‚relevanten Markt‘ an.“741 „Zur Ermittlung von Marktmacht kann, insbesondere unter den Aspekten der Nachvollziehbarkeit und der Rechtssicherheit auf eine Marktabgrenzung als ersten Prüfungsschritt nicht verzichtet werden.“742 Ob ein Unternehmen eine marktbeherrschende bzw. monopolartige Stellung innehat, hängt wesentlich davon ab, inwiefern es bei seinem strategischen Handeln am Markt die Angebote der Wettbewerber ins Kalkül mit einbeziehen muss.743 Als relevanter Markt wird üblicherweise „die Gesamtheit aller eine bestimmte Güterart betreffenden Kauf- bzw. Verkaufsakte innerhalb eines zu definierenden Gebiets und Zeitraums bezeichnet“744 . Eine Wettbewerbsbeziehung kann sich wettbewerbstheoretisch nur dann ergeben, wenn die Leistungen der Anbieter aus Sicht der Nachfrageseite grundsätzlich in annähernd gleichwertiger Form geeignet sind, das Kundenbedürfnis zu befriedigen. Die Marktabgrenzung zur Überprüfung von Wettbewerb zielt also darauf ab, die theoretische Möglichkeit der Austauschbarkeit von Lieferungen und Leistungen auszuloten; eine wettbewerbliche Konstellation zwischen mindestens zwei Unternehmen wird also erst durch das abnehmerseitige Erkennen der Substituierbarkeit der Angebote ausgelöst und begründet.745 Dieser Grundsatz wurde bereits 1969 wie folgt vom Kammergericht geprägt, welches sich mit der Frage zu befassen hatte, ob es einen eigenen Markt für sog. Handpreisauszeichner gibt, oder ob diese zu einem gemeinsamen Markt mit allen übrigen Gerätschaften zur Warenauszeichnung zu rechnen sind:
740 Siehe
für eine Einführung etwa Herdzina (1999), S. 73 ff. oder Meffert (2000), S. 36 ff. Bauer (1989), S. 25; ähnlich auch Fröhlich (1975), S. 6; Dichtl/Andritzky/Schobert (1977), S. 290; Albach (1978), S. 537; Klaue (1991), S. 625; Kottmann (2000), S. 13; Opitz (2003a), S. 38; Lenßen (2009), S. 24; Freiling/Reckenfelderbäumer (2010), S. 94. 742 Müller (2007), S. 156; einen möglichen Verzicht auf die systematische Marktabgrenzung ebenfalls ablehnend Podszun/Franz (2015), S. 126. 743 Vgl. Kleinmann (1983), S. 783. 744 Dichtl/Andritzky/Schobert (1977), S. 290; dies klingt auch an bei Immenga (1984), S. 385. 745 Vgl. hierzu Barnikel (1961), S. 247; Monopolkommission (1984), S. 198; Bauer (1989), S. 25 und 37; Klaue (1991), S. 626; Kottmann (2000), S. 32; Schwalba (2000), S. 31 ff.; Opitz (2003a), S. 38; Freiling/Reckenfelderbäumer (2010), S. 96; zudem Kreße (2014), S. 201 ff. m.w.N. 741 So
4.4 Marktpreisbildung auf dem allgemeinen Markt
279
„Sämtliche Erzeugnisse, die sich nach ihren Eigenschaften, ihrem wirtschaftlichen Verwendungszweck und ihrer Preislage so nahestehen, daß der verständige Verbraucher sie als für die Deckung eines bestimmten Bedarfs geeignet in berechtigter Weise abwägend miteinander vergleicht und als gegeneinander austauschbar ansieht, sind marktgleichwertig.“746
Die Verbrauchersicht, d. h. die Sicht von der Marktgegenseite, ist also stets eine ganz entscheidende. „Darüber, was zu einem Markt gehört, entscheiden die Nachfrager mit ihrem Kaufverhalten“747 und immer dann, „wenn der Nachfrager Substitutionsmöglichkeiten sieht, kann er sich durch Ausweichen selbst vor Mißbrauch schützen“748 . Die Austauschbarkeit wiederum kann nur dann als gegeben angenommen werden, wenn die alternativen Produkte beim Abnehmer ein vergleichbares Nutzenniveau stiften.749 Die Substituierbarkeit äußert sich darin, dass ein wesentlicher Teil der Nachfrager bei einer Angebotsverschlechterung wie bspw. einer verminderten Produktqualität oder auch einer Anhebung des Verkaufspreises aller Voraussicht nach in einem überschaubaren Zeitrahmen zu einem Konkurrenzanbieter wechseln würde. Da auch Preisunterschiede grundsätzlich ein bedeutendes Kriterium darstellen, kann es mitunter geboten sein, zwei grundsätzlich funktionell austauschbare Güter wegen extremer MarktpreisUnterschiede als nicht austauschbar und somit zwei unterschiedlichen relevanten Märkten zugehörig anzusehen.750 In der Praxis kann es mitunter zu Preisunterschieden zwischen dem günstigsten und dem teuersten Anbieter einer Branche von mehreren hundert Prozent kommen.751 Schon relativ kleine Qualitätsvariationen können in der Praxis zu teilweise sehr deutlichen Preisunterschieden führen, die objektiv ungerechtfertigt erscheinen mögen, jedoch am Markt durchgesetzt werden können, weil die Abnehmer nur über begrenztes Wissen zu dem Produkt verfügen, das Angebot
746 KG,
18.02.1969 – Kart V 34/67. (1980), S. 407; ebenso Bauer/Herrmann (1992), S. 1344. 748 Backhaus (1979), S. 5. Ähnlich auch Ruppelt (2012), S. 28. Wenn der öffentliche Auftraggeber keine Ausweichmöglichkeiten sieht, er sich also nicht selbst vor Missbrauch schützen kann, so greifen im Preisrecht die Selbstkostenpreise, um ihn vor überhöhten Forderungen zu bewahren. 749 Vgl. zur Grundvoraussetzung des vorhandenen Kundennutzens auch Albach (1978), S. 537 und Bauer/Herrmann (1992), S. 1345. 750 Vgl. hierzu Benisch (1960), S. 847; Barnikel (1961), S. 250; Monopolkommission (1984), S. 198; auch Knöpfle (1982), S. 1807, merkt an, dass es darauf ankommt, „ob die Substitution wirtschaftlich tragbar, also nicht zu teuer ist“. 751 Vgl. Kühn/Pfäffli (2007), S. 80. 747 Baum
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
nicht objektiv bewertet wird oder aber Hochpreisigkeit mit hoher Qualität assoziiert wird.752 Zuweilen stehen sogar Anbieter kostenloser Produkte im Wettbewerb mit Erzeugern kostenpflichtiger Leistungen (bspw. bei Zeitungen oder Computerprogrammen).753 Ob es dem Anbieter mit einem Angebotspreis von null gelingt, seine Investitionen über Mittelrückflüsse aus anderen Kanälen zu amortisieren, ist lediglich eine Frage des Geschäftsmodells.754 Inwieweit objektiv noch eine Zugehörigkeit zum selben relevanten Markt anzunehmen ist, entscheidet sich jedenfalls an den Spezifika und den Preisspannen des Einzelfalls. Nach erfolgter Marktabgrenzung liegt eine strukturiertere Sicht auf das Marktgeschehen vor und zwar dergestalt, dass „eine Gruppe … von Anbietern (Nachfragern) so abgegrenzt werden kann, daß von den nicht zur Gruppe gehörenden Anbietern (Nachfragern) keinerlei oder nur zu vernachlässigende Einflüsse auf die Preisbildung innerhalb der Gruppe ausgehen können“755 . Von besonderer Relevanz ist bei der Marktabgrenzung der Verfahrensschritt, das Kundenbedürfnis bzw. den Verwendungszweck, den die nachgefragte Leistung erfüllen soll, richtig zu erfassen. Ausgehend von dem ergründeten Verwendungszweck können sodann die alternativen Produkte zusammengetragen werden, die zur Befriedigung desselben Bedarfs grundsätzlich dienen können.756 Physikalisch-technisch äquivalente Güter, also Produkte die sich hinsichtlich Material und Produktgebrauch vollkommen gleichen, sind grundsätzlich als gegeneinander austauschbar zu werten (bspw. Chemikalien, Metalle, genormte Produkte).757 Dies scheint lediglich dann nicht zu gelten, wenn an sich völlig identische Güter in stark unterschiedlichen Mengen, Verpackungsformen, Abmessungen oder Aufmachungen gehandelt werden. So sind etwa „die Abnehmer von Faßwein … nicht dieselben wie die Bezieher von Flaschenwein; die Abnehmer von Klinikpackungen sind kaum die einzelnen Kranken“758 . Wichtig ist jedoch auch die Erkenntnis, dass auch technisch sehr unterschiedliche Produkte mitunter zur Erfüllung desselben Verwendungszweckes geeignet sein können (bspw. bestimmte Metalle und Kunststoffe) und umgekehrt eine
752 So
auch bereits Herbst (1965), S. 122. Podszun/Franz (2015), S. 123. 754 Siehe hierzu auch BGH, 20.11.2003 – I ZR 151/01. 755 Ott (1997), S. 45. 756 Vgl. Winterstein (1971), S. 139. 757 Vgl. Aberle (1977), S. 316; a.A. wohl Schwalba (2000), S. 139. 758 So Barnikel (1961), S. 249. 753 Vgl.
4.4 Marktpreisbildung auf dem allgemeinen Markt
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augenscheinliche Ähnlichkeit nicht automatisch Austauschbarkeit bedeutet.759 Ebenso gilt, dass in bestimmten Wirtschaftszweigen Anbieter völlig unterschiedlicher Größe oder auch Rechtsform durchaus wettbewerblich nebeneinander stehen. In den verschiedenen relevanten Märkten der Consultingwirtschaft etwa haben sich die vielen „freiberuflich tätigen Einzelberater … in der Regel auf bestimmte Gebiete der Unternehmensberatung spezialisiert, um im Wettbewerb mit den UBGesellschaften bestehen zu können“760 . Von Bedeutung ist also allein, dass die verschiedenen Lösungen so viel „Übereinstimmendes haben, daß sie sich einander im Absatz behindern, d.h. die Bedürfnisse des Verbrauchers befriedigen und sich gegenseitig verdrängen können“761 . Dies wird in der wettbewerbsrechtlichen Spruchpraxis noch zu häufig verkannt, was sich in einer tendenziell zu engen sachlichen Abgrenzung der Märkte widergespiegelt hat.762 Demgegenüber wird wirtschaftstheoretisch mitunter auch relativ stark divergierenden Angeboten der gleiche Verwendungszweck nachgesagt, so etwa in Bezug auf „Kohle und Öl, Butter und Margarine, elektrische Rasiergeräte und Rasierklingen“763 . Bei der Beurteilung sollte jedoch stets einzelfallbasiert entschieden werden, nicht zuletzt auch weil viele Güter einen komplementären (= sich gegenseitig ergänzenden) Nutzen aufweisen und ihre alleinige Verwendung wenig sinnvoll wäre.764 Insofern sollte der Beschaffungsakt zunächst immer in den Gesamtkontext von Verbundeffekten eingeordnet werden, ehe womöglich voreilige Schlüsse gezogen werden. Zu diesem Problemfeld kann auch die sachliche Marktabgrenzung bei Ersatzteilen und Zubehör gerechnet werden. Hier wird es aus wettbewerbstheoretischer Sicht abgelehnt, neben dem relevanten Markt für die Hauptprodukte separate relevante Märkte für die passenden (Original-)Ersatz- und Zubehörteile anzunehmen.765 Ein Hersteller kann demnach bezüglich der Ersatz- und Zubehörteile nur dann eine dominierende Marktstellung innehaben, wenn er nicht nur bezüglich der Ersatz- und Zubehörteile über keine ernstzunehmenden Mitbewerber verfügt,
759 Vgl. Oberender (1975), S. 576 ff.; Dichtl/Andritzky/Schobert (1977), S. 291 ff.; Aberle (1977), S. 316; Albach (1978), S. 537; Bauer (1989), S. 265; Meffert (2000), S. 40. 760 So bereits Grote (1970), S. 92. 761 So Baumbach/Hefermehl (1983), S. 258. 762 Vgl. Podszun/Franz (2015), S. 126. 763 Röper (1960), Sp. 3915. 764 Vgl. Röper (1960), Sp. 3915. 765 Vgl. hierzu und im Folgenden Gleiss/Helm (1968), S. 571; Michaelis/Rhösa/Pauka (1954 ff.), § 4, S. 12 f.
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
sondern wenn er bereits bezüglich des Hauptproduktes eine monopolartige Stellung bekleidet. Hintergrund ist, dass die Nachfrager zunächst einmal Spielräume bei der Wahl ihres Anbieters haben und die erwarteten Kosten für Wartung und Instandhaltung häufig ein wesentliches Kriterium bei der bevorstehenden Kaufentscheidung darstellen (bspw. bei Fahrzeugen aller Art). Die Abnehmer werden in aller Regel also schon bei der Auswahl des Hauptgerätes Erkundigungen darüber einholen, welche Kosten in der Nutzungsphase des Gerätes voraussichtlich anfallen. Ist der Nachfrager schon im Besitz eines bestimmten Hauptprodukts, so kann er versuchen, auf ein Alternativprodukt mit geringeren Kosten im Unterhalt umzuschwenken. Dies ist jedoch zuweilen – selbst wenn gleichwertige und funktionell austauschbare Hauptprodukte grundsätzlich verfügbar sind – nicht ohne Probleme möglich, weil sich das im Besitz befindliche Hauptprodukt nicht oder nur sehr schlecht liquidieren lässt. Doch selbst in diesen Fällen spielt der Anbieterwettbewerb bei den Hauptprodukten die entscheidende Rolle. Sogar wenn bestimmte Ersatz- oder Zubehörteile von einem Anbieter allein vermarktet werden, ist ein Marktverhalten ohne Rücksicht auf die Mitbewerber nicht möglich, da dieser davon ausgehen muss, dass der eine Teil der adressierten Nachfrager bei einer Ersatzinvestition des Hauptproduktes auf einen anderen Anbieter ausweichen und der andere Teil von vornherein dieses gar nicht erst von ihm beziehen würde. Ein wirksamer Wettbewerbsdruck im Markt für das Hauptprodukt – sofern dieser denn nachweislich vorhanden ist – strahlt somit in den Markt für die passenden Ersatzund Zubehörteile spürbar ab und hat somit einen disziplinierenden Einfluss auf die dortigen Angebotspreise. Die funktionale Austauschbarkeit von Leistungen ist gleichwohl zwar eine notwendige, aber noch keine hinreichende Bedingung für die Zuordnung zu demselben relevanten Markt. Vielmehr spielt es eine Rolle, dass die in Rede stehenden Produkte von den Abnehmern tatsächlich für austauschbar gehalten werden.766 Ausgangspunkt der sachlichen Marktabgrenzung ist hierbei stets die angebotene Leistung desjenigen Unternehmens, das als Vertragspartei in dem interessierenden Sachverhalt (bspw. dem öffentlichen Auftrag) in Erscheinung tritt.767 Auch sollte bei der Überprüfung der funktionalen Austauschbarkeit der Produkte nach Möglichkeit das tatsächliche, d. h. das empirisch beobachtbare Beschaffungsverhalten der Nachfrageseite ins Blickfeld genommen werden.768
766 Siehe
hierzu auch Oberender (1975), S. 578. Sandrock (1980), S. 472 ff. 768 Vgl. Sandrock (1980), S. 452 ff. und 456 ff.; Knöpfle (1982), S. 1807; Meffert (2000), S. 43. 767 Vgl.
4.4 Marktpreisbildung auf dem allgemeinen Markt
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Gelingt dies nicht, kann auf das Beschaffungsverhalten eines verständigen Durchschnittsabnehmers als Beurteilungsgrundlage rekurriert werden, „um die ernsthaft in Betracht kommenden von den nur theoretisch bestehenden Substitutionsmöglichkeiten zu trennen“769 . Die Wahrscheinlichkeit des Wechsels zu einem anderen Anbieter ist hiervon abgesehen kaum objektiv zu messen, vielmehr muss auf Befragungen von sachkundigen Marktteilnehmern, Marktbeobachtungen oder Plausibilitätsbeurteilungen zurückgegriffen werden, worin sich zum Teil ebenfalls die „Figur des ‚verständigen Verbrauchers‘“ widerspiegelt.770 So ist festzuhalten, dass der relevante Markt stets als „das Ergebnis der Marktdefinition bzw. Marktabgrenzung, die eine Unternehmung (oder Behörde oder ein anderer Betrachter) aus ihrer (subjektiven) Sicht und Problemlage heraus vornimmt“771 , aufzufassen ist. Dieser Ansatz ist aber nicht etwa dergestalt überzustrapazieren, dass auch irrationales Beschaffungsverhalten, nur weil es faktisch an den Tag gelegt wird, als Grundlage seriöser Beurteilungen herangezogen werden kann. Ein als „Markenfetischist“772 charakterisierbarer Nachfrager, der trotz des Vorhandenseins vorteilhafter Qualitätsmerkmale bei Konkurrenzleistungen bedingungslos und strikt auf seinem präferierten Markenangebot beharrt, wäre demnach nicht mit der Figur eines verständigen Verbrauchers in Deckung zu bringen. Im Kontext des öffentlichen Auftragswesens sei überdies angemerkt, dass die öffentliche Hand – wie der Bundesrechnungshof verlauten lässt – mitunter sogar selber als Produzent von eigentlich marktgängigen Leistungen tätig ist (vgl. hierzu auch Abbildung 4.8), um die nötige Versorgungssicherheit grundlegend zu gewährleisten: „Der Bundesrechnungshof prüfte im Jahr 2008 die Herstellung pharmazeutischer Produkte durch die Bundeswehr. Er stellte fest, dass die Produktpalette aus marktgängigen Artikeln bestand. Die Krankenhausapotheken stellten vorrangig kleine Mengen kosmetischer Mittel her, wie Waschlotionen, Hautcremes, Fußspray und Massageöle. Im industriellen Maßstab produzierten sie neben Schmerztabletten, 769 So
Knöpfle (1982), S. 1807. hierzu Monopolkommission (1984), S. 198 f. Für eine Diskussion des Konzeptes des „verständigen Verbrauchers“ vgl. Müller (2007), S. 79 ff. und die dort angegebene Literatur. Zur Vorzugswürdigkeit von Befragungen auf der Nachfragerseite vgl. Kottmann (2000), S. 83. 771 Busse von Colbe/Hammann/Laßmann (1992), S. 6; die subjektive Sicht des betrachteten Nachfragers betont auch schon Backhaus (1979), S. 5. 772 Siehe hierzu Müller (2007), S. 82, Fn. 361. Vgl. vor diesem Hintergrund auch Möschel (2013), S. 572, der feststellt, dass klassische Markenartikel und günstigere Handelsmarken „sich heute in ihrer Qualität nicht mehr wirklich“ unterscheiden. Mehr noch, sie werden häufig sogar von denselben Herstellern produziert. 770 Siehe
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
Hustentropfen und Nasenspray hauptsächlich Sonnencreme, Lippenschutzstifte und Insektenschutzmittel.“773
Ferner verfügt die Bundeswehr – um ein weiteres Beispiel zu nennen – über eigene Flugsimulatoren für bestimmte Fluggerätemuster.774 FlugsimulatorTrainings werden jedoch auch von privaten Industrieunternehmen auf dem allgemeinen Markt angeboten. Vom öffentlichen Auftraggeber selbsterstellte Güter und Leistungen stehen theoretisch durchaus in Substitutionskonkurrenz zu gleichartigen am Markt gehandelten Produkten und gehören daher grundsätzlich demselben sachlich relevanten Markt an. Wenn dennoch ein Bezug dieser Leistungen bei Drittanbietern angestoßen wird, muss jedoch davon ausgegangen werden, dass eine hinreichende Versorgung mit diesen Produkten aus eigener Kraft im jeweiligen Einzelfall nicht in der ausreichenden Menge oder in einem vertretbaren Zeitrahmen leistbar ist
Abb. 4.8 Marktgängige Artikel aus Bundeswehr-Eigenproduktion. (Entnommen aus Bundesrechnungshof (2012), S. 357.)
773 Bundesrechnungshof 774 Vgl.
(2012), S. 356 f. Deutscher Bundestag (2018), S. 12 ff.
4.4 Marktpreisbildung auf dem allgemeinen Markt
285
(wie bspw. bei den pharmazeutischen Produkten) oder bestimmte Leistungsspezifika generell nicht abgedeckt werden können (wie bspw. bei bestimmten Flugsimulatoren775 ). Davon abgesehen ist es zweifelhaft, ob die Unternehmen überhaupt im Einzelfall darüber Kenntnis haben, dass der öffentliche Auftraggeber sich eigentlich selbst mit der nachgefragten Leistung versorgen könnte und deswegen ihre Angebotspreise niedriger ansetzen, um die Chance auf den Geschäftsabschluss zu erhöhen. Insofern sollen im Weiteren vom öffentlichen Auftraggeber selbsterstellte Güter und Leistungen grundsätzlich nicht als Element eines relevanten Beschaffungsmarktes angesehen werden, sodass dies auch keinen Prüfpunkt im späteren MP-PS darstellen möge. Analog zu der oben bereits geführten Diskussion um den potentiellen bzw. gefühlten Wettbewerb auf dem Ausschreibungsmarkt soll auch beim allgemeinen Markt lediglich von den tatsächlich bereits aktiven Wettbewerbern in einem jeweiligen relevanten Markt ausgegangen werden. Man spricht diesbezüglich auch vom relevanten Markt im engeren Sinne. Der sog. marktnahe Bereich776 mitsamt den potentiellen Konkurrenten, also sich zu einem perspektivischen Marktzutritt theoretisch im Stande sehenden Unternehmen, soll aufgrund der zweifelhaften Einflüsse auf das aktuelle Preisniveau im Markt demnach ausgeklammert werden. Potentieller Wettbewerb hat nämlich in der Praxis nur dann eine Wirkung auf die Preispolitik bereits aktiver Anbieter, wenn diese die potentielle Konkurrenz im marktnahen Bereich tatsächlich als solche erkannt haben und ernsthaft mit deren zeitnaher Bereitschaft zum Marktzutritt rechnen.777 Darüber, ob diese wirklich gegeben ist, lässt sich jedoch allenfalls spekulieren. Die Markteintrittswilligkeit eines potentiellen Mitbewerbers ist geprägt durch die Gewinnaussichten in dem neuen Markt im Vergleich zu alternativen Investitionsmöglichkeiten sowie dessen individueller Risikobereitschaft. Sowohl die zur Auswahl stehenden Investitionsalternativen als auch die betriebssubjektive Risikobereitschaft eines Unternehmens sind jedoch unbekannte Größen und daher – wie etwa auch Kolbe erkannt hat – prüfungstheoretisch problematisch, denn die „Eintrittswilligkeit ist demnach objektiv nicht bestimmbar und damit einer Überprüfung durch Dritte … weitestgehend entzogen“778 . 775 „Für
den Bereich Flugbereitschaft BMVg verfügt die Bundeswehr über keine eigenen Simulatoren. Daher werden diese im Sinne des regulären Lizenzerhalts extern (i.d.R. bei …) bedarfsgerecht eingekauft und bezahlt.“ Siehe hierzu Deutscher Bundestag (2018), S. 16. 776 Vgl. zum relevanten Markt im engeren Sinne und der potentiellen Erweiterung auf den marktnahen Bereich Monopolkommission (1984), S. 196 ff.; Kolbe (1991), S. 245 ff.; Schumacher (1992); S. 4 ff. und 28 f.; Kottmann (2000), S. 17 ff. und 96 ff. 777 Vgl. Klaue (1991), S. 626. 778 Kolbe (1991), S. 48 (siehe auch S. 255); a.A. wohl tendenziell Schwalba (2000), S. 100.
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
4.4.1.2 Räumliche Marktabgrenzung Im Anschluss an die sachliche Marktabgrenzung – welche zumeist als der anspruchsvollste Teilschritt betrachtet wird779 – ist es sodann geboten, den relevanten Markt auch in Bezug auf etwaige Eingrenzungserfordernisse in räumlicher Sicht zu untersuchen. Die Gruppe der grundsätzlich infolge ihrer funktionellen Gleichwertigkeit substituierbaren Produkte kann mitunter nämlich in mehrere räumlich relevante Parallelmärkte zu unterteilen sein.780 Bei der Abgrenzung des räumlich relevanten Marktgebiets ist darauf abzustellen, „in welchem geographischen Bereich sich Angebot und Nachfrage der Marktteilnehmer gegenübertreten“781 . Der räumlich relevante Markt bezeichnet das Gebiet, in dem die in Rede stehenden Leistungen angeboten und nachgefragt werden und in dem die Wettbewerbsbedingungen homogen sind bzw. das sich von benachbarten Gebieten durch spürbar unterschiedliche Wettbewerbsbedingungen unterscheidet. Wettbewerbstheoretisch gesehen ist immer nur das Marktgebiet von Bedeutung, welches die Nachfrager bei ihrer Suche nach austauschbaren Alternativen zur Bedürfnisbefriedigung berücksichtigen.782 Je nach Lieferungs- oder Leistungsart ist von einem sehr überschaubaren regionalen, dem deutschen, dem europäischen oder gar dem Weltmarkt als relevantem Gebiet auszugehen, sodass der Grad der Grenzüberschreitung bei der räumlichen Marktabgrenzung vom Analytiker von Fall zu Fall neu auszuloten ist.783 Das Bundeskartellamt geht für den bedeutenden Auftraggeber Bundeswehr im Normalfall vom nationalen Markt als Regelmarkt aus, sofern zur Befriedigung des jeweiligen Verwendungszwecks ein oder mehrere nationale Anbieter verfügbar sind. Regierungen präferierten zumeist inländische Unternehmen, „um die nationale Industrie zu fördern und die militärische Unabhängigkeit zu erhalten“784 . Ferner seien inländische Anbieter, die zuvor bereits wehrtechnische Aufträge erbracht hätten, meist eher fähig, den formellen und technischen Anforderungskriterien des militärischen Auftraggebers gerecht zu werden.785 Bis in die nicht allzu entfernte Vergangenheit wurde sogar – dies gilt übrigens für das Wettbewerbs779 Vgl.
Backhaus (1979), S. 1; Müller (2007), S. 13 und S. 21; Freiling/Reckenfelderbäumer (2010), S. 96. 780 Vgl. einführend hierzu Schwalba (2000), S. 130 ff. und Lenßen (2009), S. 70 ff. 781 Kleinmann (1983), S. 782; ähnlich auch Pfeffer (1986), S. 858 bzw. Lange (1996), S. 2003. 782 Vgl. Kleinmann (1983), S. 783; Kottmann (2000), S. 77. 783 Vgl. Kleinmann (1983), S. 783; Pfeffer (1986), S. 854 f. 784 Bundeskartellamt (2005), S. 27. 785 Bundeskartellamt (2005), S. 27.
4.4 Marktpreisbildung auf dem allgemeinen Markt
287
und Preisrecht gleichermaßen – zumeist auf den nationalen Markt als den Regelmarkt bei allen Lieferungen und Leistungen verwiesen. Gleichwohl wird jedoch seit Längerem konstatiert, dass eine Beschränkung der wettbewerblichen Beziehungen zwischen den Anbietern auf ein Gebiet innerhalb nationaler Grenzen in Zeiten der Globalisierung oftmals an der Realität vorbeigehe.786 Laut dem Bundeskartellamt gilt für die heutige Zeit, dass die erkennbare „Vergrößerung der räumlichen Märkte“ tendenziell zu einer „Intensivierung des Wettbewerbs“ geführt hat.787 Kennzeichnend bzw. Grundvoraussetzung für solche räumlich relevanten Märkte jenseits von Landesgrenzen ist stets das Vorhandensein einer „Übergrenznachfrage“788 . Bei hochkomplexen Gütern der Schwerindustrie wie etwa Seeschiffen oder Flugzeugen liegt bspw. anerkanntermaßen ein Weltmarkt vor.789 Wesentliche Eingrenzungsmaßstäbe sind insbesondere entfernungsbedingte Frachtkosten, die Größe oder das Gewicht der Ware, die Frachtempfindlichkeit, besondere Vermarktungsbedingungen, spezielle Vertriebswege, die Verbrauchergewohnheiten, die Lieferzuverlässigkeit, Währungsdivergenzen, tarifliche oder zollrechtliche Hemmnisse sowie die Verfügbarkeit eines gebietsspezifischen Kundendienstes.790 Bei bestimmten Dienstleistungen können darüber hinaus sprachliche oder kulturelle Diskrepanzen zu Anbietern unterschiedlicher Regionen kommunikationsbezogene Ausschlussgründe darstellen.791 Hinsichtlich der Transportkosten ist zu ergänzen, dass grundsätzlich nicht deren absolute Höhe entscheidungsrelevant ist, sondern sie vielmehr stets in Relation zum Gesamtpreis der bezogenen Leistung zu betrachten sind (die hohen Überführungskosten eines Seeschiffs zum Heimathafen ändern bspw. nichts an der Tatsache, dass hier ein Weltmarkt vorliegt).792 Für den europäischen Raum gilt, dass Transportkosten wegen der überschaubaren Entfernungen zwischen den Akteuren und des zudem flächendeckend gut ausgebauten Infrastrukturnetzes meist als eher nachrangiges Hemmnis gewertet werden.793 Bezüglich der Vertriebsstrategie als Abgrenzungskriterium kann als Beispiel eine Brauerei angeführt werden, die nur in einem sehr engen Gebiet rund um ihren Betrieb Bier ausliefert, 786 Vgl.
Pfeffer (1986), S. 860; ähnlich auch Klaue (1991), S. 627; Birgel (1994), S. 101; Lange (1996), S. 1998 ff.; Dierkes/Hamann (2009), S: 207. 787 Vgl. Bundeskartellamt (2000), S. 4. 788 So Kleinmann (1983), S. 786. 789 Vgl. hierzu bereits Deutscher Bundestag (1969), S. 9. 790 Vgl. Pfeffer (1986), S. 857. 791 Vgl. Ott (1997), S. 46; Kottmann (2000), S. 126 f. 792 Vgl. Kottmann (2000), S. 121. 793 Vgl. Kottmann (2000), S. 124.
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
während eine andere Brauerei der gleichen Größe ihr Bier im gesamten Bundesgebiet verkauft.794 Brauerei 2 konkurriert also nicht mit Brauerei 1 – ausgenommen die von den Biertrinkern im Stadtgebiet von Brauerei 1 ausgehende Nachfrage. Und wenn etwa der Kantinenpächter einer Kaserne während der Anfangsphase des Truppendienstes, wenn die Rekruten das Kasernengelände noch nicht verlassen dürfen, an diese Lebensmittel und andere kleinere Konsumgüter verkauft, ist der räumlich relevante Markt – der in diesem Beispiel einen Monopolmarkt darstellt – lediglich auf das Kasernengelände beschränkt.795 Zum Aspekt des Kundendienstes ist wiederum anzumerken, dass bspw. bei einem Computer-Notdienst, der Tag und Nacht auf Abruf unverzüglich zur Instandsetzung einer störanfälligen behördlichen Serverlandschaft an Ort und Stelle sein muss, ebenfalls nur ein sehr begrenzter räumlich relevanter Markt für die Suche nach Anbietern aus Behördensicht in Frage kommen wird.
4.4.1.3 Zeitliche Marktabgrenzung Als dritter und letzter Prüfschritt bei der Marktabgrenzung muss nach herrschender Lehre nun noch die zeitliche Abgrenzung des relevanten Marktes vorgenommen werden, welche etwa nach Sieben/Goetzke auf folgendem grundsätzlichen Kalkül basiert: „Zur zeitlichen Abgrenzung des Absatzmarktes ist zu klären, auf welchen Zeitraum sich das Angebot bezieht, welche anderen Unternehmen in diesem Zeitraum als weitere Anbieter auftreten und ob die Nachfrager auf andere Zeiträume ausweichen können.“796
Diesem Ansatz folgend kann also in regelmäßigen Abständen eine „Neudefinition des relevanten Marktes“ auf der Zeitachse notwendig werden.797 Durch sie muss unter Umständen die wettbewerblich relevante Gruppe an Unternehmen mit substituierbaren Leistungen, nachdem sie ggf. zuvor bereits aufgrund geografischer Aspekte dezimiert worden ist, noch weiter verengt werden, um festzustellen, 794 Dieses
Beispiel entstammt Knöpfle (1982), S. 1810. Beispiel, bei dem auch ein zeitlicher Aspekt zum Tragen kommt, ist angelehnt an Benisch (1960), S. 845. Wenn die Rekruten allerdings, wie üblich, die Kaserne verlassen dürfen, so befindet sich der Kantinenpächter mit anderen rund um die Kaserne angesiedelten Kaufleuten und Gastronomen im Wettbewerb; siehe hierzu auch Opitz (2003a), S. 39. 796 Sieben/Goetzke (1980), S. 843. 797 So auch Dichtl/Andritzky/Schobert (1977), S. 290; ferner Baum (1980), S. 401; UngernSternberg (1984), S. 710; Schwalba (2000), S. 138 f.; Lenßen (2009), S. 76 ff. sowie Freiling/Reckenfelderbäumer (2010), S. 95 f. 795 Dieses
4.4 Marktpreisbildung auf dem allgemeinen Markt
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ob der im konkreten Zeitpunkt betrachtete Auftraggeber tatsächlich einer von Wettbewerb geprägten Anbieterschaft gegenübersteht. Das Abstecken der relevanten Zeitachse ist insofern wesentlich, als in relevanten Märkten mit der Zeit neue Anbieter mit innovativeren Lösungen auftreten, Mitbewerber temporär oder dauerhaft ausscheiden oder auch sich mit anderen zu einem großen Unternehmen zusammenschließen können, was offenkundig unmittelbaren Einfluss auf die Gemengelage im Wettbewerb auf der Anbieterseite ausübt. Möschel geht aufgrund des rasanten technologischen Fortschritts und der Substituierbarkeit von verschiedenen Angeboten in der IT-Branche in zeitlicher Hinsicht sogar davon aus, „dass einem bei der Abgrenzung eines kartellrechtlich relevanten Marktes beinahe die Worte im Mund veralten“798 . Eine weitere Differenzierung kann ferner dann angezeigt sein, wenn Austauschmöglichkeiten mehrerer Produkte nicht zwischen mehreren Zeiträumen möglich erscheinen und sich die Umsatzakte somit auf einem in zeitlicher Hinsicht vorübergehenden Markt abspielen. So können mitunter Angebote über bestimmte Waren aus der Nebensaison entsprechende Hauptsaisonangebote nicht adäquat ersetzen. Ebenfalls ist denkbar, dass Anbieter bei der Leistungserstellung nicht zeitlich flexibel agieren können. Des Weiteren könnte der Auftrag unmittelbar mit einer spezifischen, einmaligen Veranstaltung im Zusammenhang gestanden haben (bspw. einer Messe, einem Sportereignis oder dergleichen). Überdies kann es – um ein letztes Beispiel zu nennen – der Fall sein, dass Anbieter bei der Leistungserbringung an besondere wochentägliche oder tageszeitliche Regelungen gebunden sind wie bspw. bei bestimmten Transport- oder Beförderungsleistungen. Eine gesonderte zeitliche Abgrenzung des relevanten Marktes liefert jedoch nicht in allen Fällen besondere Ergebnisse, da zeitliche Sondereffekte oft schon im Rahmen der sachlichen Betrachtung implizit mitberücksichtigt werden (müssen), und entfaltet daher grundsätzlich geringere Praxisrelevanz als die sachliche und räumliche Marktabgrenzung.799
4.4.1.4 Zwischenfazit In Bezug auf das Vorgehen bei der Marktpreisprüfung nach dem Bedarfsmarktkonzept spricht grundsätzlich nichts dagegen, sich zum Einstieg in dieses Prüffeld – wenngleich sich der Preisprüfer letztlich wie immer ein eigenverantwortliches Urteil bilden muss – zunächst vom Unternehmen eine Auflistung der wesentlichen Wettbewerber vorlegen zu lassen. Diese Liste kann eine wertvolle
798 Möschel 799 Vgl.
(2014), S. 46. Schwalba (2000), S. 138.
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
Grundlage für die eigene Analyse des Preisprüfers sein. Je nach Marktintransparenz wird diese mal mehr, mal weniger anspruchsvoll ausfallen: „Weist daher der Auftragnehmer im Preisprüfungsverfahren betr. eine marktgängige Leistung Mitbewerber um die Leistung nach, ist davon auszugehen, daß mit an Gewißheit grenzender Wahrscheinlichkeit noch weitere Wettbewerber (Anbieter) auf dem Markte vorhanden sind.“800
Da die Unternehmen zumeist recht genau über ihre Erfolgsaussichten in der Branche Bescheid wissen, kann es umgekehrt auch als Indiz dafür gewertet werden, dass es in einem relevanten Markt keine gleichwertigen alternativen Leistungsanbieter/-angebote gibt, wenn sich der geprüfte Auftragnehmer in einer selbst verfassten „Pressemitteilung“ oder einer „Imagebroschüre“ zu „Selbstberühmungen“ hinreißen lässt und verkündet, er sei mit seiner angebotenen Leistung „im Markt einzigartig“ oder „einzigartig im Wettbewerb“.801 Gleichsam können die Internetauftritte der Auftragnehmer in Bezug auf die wettbewerbliche Stellung zuweilen sehr aufschlussreich sein. So bspw. wie in dem in Abbildung 4.9 gezeigten realen Beispiel, wo sich das Unternehmen selbst als „weltweit der einzige Anbieter“ einer bestimmten Leistung bezeichnet (www.smam.de, 14.12.2019). Der in diesem Kapitel skizzierte Ansatz nach dem Bedarfsmarktkonzept darf vor dem Hintergrund, dass er in der wettbewerbsrechtlichen Entscheidungspraxis inzwischen eine gängige Übung darstellt, als „ein durchaus praktikables Kriterium für die Prüfung, wie weit der Wettbewerb beschränkt ist“ bezeichnet werden.802 Wie bei nicht wenigen Prüfverfahren haben aber auch bei der Marktabgrenzung gemäß dem Bedarfsmarktkonzept die Spezifitäten des Einzelfalls einen durchaus großen Einfluss auf die Prüfungsintensität, sodass dem Prüfer gewisse Freiheitsgrade offenzulassen sind und eine fallübergreifende Standardisierung des Vorgehens nur bedingt sinnvoll erscheint. Dieser Grundsatz wird bspw. bei Ruppelt recht gut deutlich: „Das Ergebnis einer wettbewerblichen Prüfung kann nicht von der Markabgrenzung abhängig sein, die die Prüfung zwar ermöglichen bzw. erleichtern, aber nicht determinieren soll. So kann eine enge Marktabgrenzung verfahrensökonomisch zweckmäßig sein; wenn auf diesem Markt keine wettbewerblichen Bedenken bestehen, erübrigt sich eine weitergehende Prüfung. Bestehen auf dem eng abgegrenzten Markt hingegen wettbewerbliche Bedenken, etwa aufgrund hoher Marktanteile 800 So
sicherlich nicht ganz zu Unrecht Altmann (1968), S. 1527. die explizit ins Feld geführten Ermittlungsergebnisse in der preisrechtlichen Gerichtsentscheidung BayVGH, 26.02.2019 – 22 B 16.1447. 802 Siehe Knöpfle (1982), S. 1810; später jedoch relativierend Knöpfle (1990), S. 1387 ff. 801 So
4.4 Marktpreisbildung auf dem allgemeinen Markt
291
Abb. 4.9 Selbstpräsentation eines Unternehmens als „weltweit der einzige Anbieter“
… dann gewinnt die Einbeziehung aller für die Wettbewerbsanalyse relevanten Einflüsse eine ausschlaggebende Bedeutung.“803
Der Marktabgrenzung sollte daher im Einzelfall auch mit realistischen Erwartungen begegnet werden. Ein allzu hohes Maß an Sicherheit und Genauigkeit bzw. eine Aufklärung der jeweiligen wettbewerblichen Gemengelage – dies erkennt mit Recht auch Schwalba – bis ins letzte Detail scheinen abwegig: „Die Praxis muß sich insofern mit pragmatischen Lösungen begnügen. Es kann demzufolge bei der Marktabgrenzung nur darauf ankommen, das Hauptfeld der wichtigsten Konkurrenten abzustecken. Folglich handelt es sich bei den meisten Marktabgrenzungen um Annäherungen an die wirkliche Wettbewerbssituation unter gleichzeitiger Heranziehung normativer Gesichtspunkte. Letztere sind zwangsläufig mit der Entscheidung verbunden, ein Unternehmen zum Hauptfeld der wichtigsten Konkurrenten zu rechnen oder eben nicht.“804
803 Ruppelt
(2012), S. 38. (2000), S. 49.
804 Schwalba
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4
Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
In vorgenanntem Absatz klingt unterschwellig auch bereits an, dass sich – wie bei so vielen Prüfungsmethoden – gewisse subjektive Beurteilungsmaßstäbe letztlich nicht gänzlich ausschließen lassen. Baum bringt dies wie folgt (mit eventuell etwas zu ausgeprägter Skepsis) auf den Punkt: „Wenn man diesen Weg wählt, muß man sich über die Konsequenzen im klaren sein: Die Marktabgrenzung erfolgt auf der Basis intersubjektiv nicht überprüfbarer Aussagen. Der eine sieht es so, der andere kann es anders sehen. Eine Reihe persönlicher Einstellungen schwingt in der Entscheidung mit. Unterschiedliche Auffassungen zwischen Kartellbehörde [oder Preisbehörde; Anm. d. Verf.], Gericht und Unternehmen werden nicht durch Tatsachenerhebungen zum Ausgleich gebracht sondern durch schlichte Plausibilitätsüberlegungen.“805
4.4.2
Belegprüfung zur Feststellung des verkehrsüblichen Preises
4.4.2.1 Umsatzakte als Objekte der Prüfung Nachdem mittels Marktabgrenzung überprüft wurde, ob sich mindestens zwei Anbieter auf dem relevanten Markt bewegen und somit die Marktgängigkeit der Leistung nachgewiesen wurde, ist sodann als zweite notwendige Bedingung die Verkehrsüblichkeit des Preises gemäß § 4 (1) VO PR 30/53 auszuloten. Ob das Kriterium der verkehrsüblichen Preise erfüllt wird, bemisst sich daran, ob der Preis, den der Auftragnehmer bei dem in Rede stehenden Auftrag verlangt hat, dem Preis entspricht, den er bei vergleichbaren Aufträgen üblicherweise erzielt. Ein entsprechender Nachweis erfolgt über die Dokumentation vorheriger Umsatzakte mit einer wenigstens im Wesentlichen vergleichbaren Leistung. Dass auf dem allgemeinen Markt, anders als auf dem Ausschreibungsmarkt, mehrere vergleichbare Umsatzakte zum Gegenstand der Prüfung gemacht werden, stellt keinen logischen Bruch dar, sondern ist prüfungstheoretisch berechtigt, da in der jeweiligen Prüfsituation konkrete Vergleichsangebote von Drittanbietern fehlen, die hinsichtlich der angemessenen bzw. verkehrsüblichen Höhe des Angebotspreises einen Anhalt geben könnten. „Bei nur einem Angebot ist die de-facto-Vergleichbarkeit nicht gegeben“806 . Die Auswertung einer ausreichend hohen Zahl von Umsatzakten des Auftragnehmers kann insoweit Abhilfe schaffen, als hierdurch erkennbar wird, ob die wettbewerbliche Preisbildung in dem 805 Baum
(1980), S. 402; dies klingt auch an bei Backhaus (1979), S. 6 f. und Freiling/Reckenfelderbäumer (2010), S. 95. 806 Anspach/Walitschek (1984), S. 70.
4.4 Marktpreisbildung auf dem allgemeinen Markt
293
(zuvor als solchen identifizierten) Konkurrenzmarkt im vorliegenden Fall nicht ausnahmsweise – aus welchem Grunde auch immer – versagt hat. Keine einheitliche Regelung herrscht aber bislang dazu, welche Anzahl an Umsatzakten konkret notwendig ist, um einen im Verkehr üblichen Preis festzustellen.807 Ebenso wenig ist klar festgelegt, wie groß die Spannbreite der in den Umsatzakten erzielten Marktpreise sein darf. Aus persönlichen Gesprächen des Verfassers mit Praktikern ging hervor, dass in aller Regel durch die Preisprüfer ein strenger Maßstab angesetzt und der niedrigste in den Unterlagen dokumentierte Preis als höchstzulässiger Preis deklariert wird, wenn ein bestimmter verkehrsüblicher Preis nicht klar erkennbar ist.808 Insoweit verfolgen die Preisprüfer gewissermaßen ein strenges Niederstwertprinzip. Das aus dem Vorsichtsprinzip der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung resultierende strenge Niederstwertprinzip gilt bei der Folgebewertung von (unter anderem) Fertigerzeugnissen der Unternehmung. Nach § 253 (4) HGB muss, sofern die fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten den tatsächlichen Wert der Waren im Lager übersteigen und erwartungsgemäß „die Preise der Erzeugnisse am Absatzmarkt erheblichen Schwankungen unterliegen werden“, vom Bilanzierenden stets der „Wert am unteren Ende der gegebenen Bandbreite“ angesetzt werden.809 Vorgenanntes Problemfeld ist direkt verknüpft mit der bislang nicht offiziell geklärten Frage, welche Art von Belegen für eine Marktpreisprüfung auf Basis vorheriger Umsatzakte und für die gesicherte Feststellung, dass ein bestimmter Marktpreis tatsächlich am Markt erzielt wurde, als notwendig zu betrachten ist. In Frage kommen grundsätzlich verschiedene Arten von Dokumenten wie etwa bloße Angebote gegenüber Kunden, an selbige verschickte Rechnungen bis hin zu Nachweisen über Zahlungseingänge, also Kontoauszüge.810 Es erscheint zweckmäßig, sich der Klärung dieser Frage über den im Preisrecht regelmäßig gebrauchten und für den betriebssubjektiven Marktpreis sehr zentralen Begriff „Umsatzakt“ (im Sinne von Umsatzvorgang) zu nähern. Das preisrechtliche Abstellen auf den Umsatzakt ergibt sich nicht zuletzt aus den offiziellen Richtlinien für öffentliche
807 Vgl.
Altmann (1959), S. 935; Sackerer (1988), S. 79 oder auch Hertel/Ludwig (1992), S. 73, die eine Mindestanzahl von drei vorzulegenden Umsatzakten ins Spiel bringen. Radl (2012), S. 48 bzw. 82, führt hingegen die Forderung von mindestens fünf Vergleichsumsätzen als typisch für die Praxis an. 808 Diese Regelung wird auch empfohlen bei Hertel/Pietraszek (1988), S. 22; Hertel/Ludwig (1992), S. 73 und Hertel (1998), S. 27. 809 Leffson (1987), S. 42. 810 Vgl. Altmann (1978b), S. 601; Noelle/Rogmans (2002), S. 140 und 167.
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
Auftraggeber, wo es unter Ziffer 18 explizit heißt, „(der Marktpreis im Sinne der VO) ist der Preis, für welchen die Leistung auf dem … Markt umgesetzt wird“. Es ist vor diesem Hintergrund darauf hinzuweisen, dass sich im externen Rechnungswesen unter dem Stichwort „Umsatzrealisierung“ mit der Frage beschäftigt wird, „in welchem Stadium des Absatzprozesses die Unternehmensleistung soweit bewirkt ist, daß die Erzeugnisse und Dienste der Unternehmung nicht weiter als ein Bündel von Produktionsfaktoren, sondern als abgesetzte Leistungen und damit Erträge zu behandeln sind“811 – mithin wann der Umsatzakt dem Grunde nach stattgefunden hat und die Umsatzerlöse verbucht werden können oder sollen. Diese Diskussion wird teilweise kontrovers geführt und mündet je nach Rechnungslegungssystem zu teilweise abweichenden Implikationen.812 Das deutsche Handelsrecht versteht nach § 277 (1) HGB unter Umsatzerlösen die Erlöse aus dem Verkauf, der Vermietung oder Verpachtung von Erzeugnissen, die der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit des Unternehmens zuzuschreiben sind.813 Was im konkreten Falle (noch) unter „gewöhnlich“ zu subsumieren ist, sollte von einem Prüfer nicht etwa anhand der Satzung oder des Gesellschaftsvertrags beurteilt werden, sondern vielmehr anhand des tatsächlich beobachtbaren Geschäftsgebarens des geprüften Unternehmens.814 Kommt eine Klassifizierung als „gewöhnliche Geschäftstätigkeit“ nicht in Frage, so handelt es sich bei den Verkaufserlösen um „sonstige betriebliche Erträge“.815 Diese handelsrechtliche Differenzierung im externen Rechnungswesen braucht den Preisprüfer indessen nicht zu interessieren. Für ihn spielt lediglich eine Rolle, dass entgeltliche Lieferungen oder Leistungen im relevanten Markt abverkauft wurden. Somit entspricht das Umsatzverständnis im Preisrecht eher dem des Umsatzsteuerrechts (§ 1 UStG), welches in weiterer Auslegung alle entgeltlichen Lieferungen und Leistungen unter dem Umsatzbegriff zusammenfasst.816 Sollte der Preisprüfer aus bestimmten Gründen Zahlenwerk aus der Buchhaltung anfordern und bestehen hinsichtlich der Leistungsklassifizierung Unklarheiten, so sollten daher beide GuV-Positionen – „Umsatzerlöse“ und „sonstige betriebliche Erträge“ – in Augenschein genommen werden, um ein vollständiges Bild über die Umsatzakte zu erlangen. 811 Leffson
(1987), S. 247; ähnlich auch bereits Pietschmann (1980), S. 646. Küting/Lam (2012), S. 2348; Busch/Boecker (2015), S. 93. 813 Da auch die VO PR 30/53 eine originär deutsche Rechtsnorm ist, böte sich eine Orientierung an der HGB-Sichtweise im vorliegenden Kontext ggf. an. 814 Vgl. Hällmayr (2007), S. 1362. 815 Vgl. Brecht/Keller (2002), Sp. 2370. 816 Vgl. Brecht/Keller (2002), Sp. 2371. 812 Vgl.
4.4 Marktpreisbildung auf dem allgemeinen Markt
295
In Bezug auf den Zeitpunkt, ab dem die Umsatzerlöse im Rechnungswesen verbucht werden dürfen, ist das allgemeine Realisationsprinzip als Element der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) maßgebend.817 Das Realisationsprinzip zielt grundsätzlich auf die Frage ab, „wann im Laufe der Abwicklung schwebender Geschäfte welcher Vermögensgegenstand zu bilanzieren ist“818 . Die Einbuchung von Umsatzerlösen kann als mit dem Zeitpunkt der mit dem Umsatzakt verbundenen Gewinnrealisierung zusammenfallend betrachtet werden.819 Ein bloßer Vertragsschluss bzw. eine bloße Auftragsvergabe ist für eine Umsatzrealisierung noch nicht ausreichend, da zu diesem Zeitpunkt objektiv betrachtet noch nicht hinreichend gesichert ist, dass der Anbieter seine Leistung tatsächlich vertragskonform erbringen und der wirtschaftliche Erfolg des Geschäfts tatsächlich eintreten wird.820 Buchhalterisch relevant sind stets wirtschaftliche Sachverhalte (Geschäftsvorfälle) und nicht Rechtsverhältnisse. Der bloße Abschluss eines Geschäftes im Wege der Auftragserteilung allein gibt demnach noch nicht Anlass zu einem Buchungsvorgang im Rechnungswesen.821 Für die preisrechtliche Marktpreisprüfung „schwebende Geschäfte“ als verwertbar zu erachten, erscheint nicht zweckmäßig, da allein auf ihrer Basis keine vertrauenswürdige Urteilsbildung möglich ist und daher stets eine nochmalige Vergewisserung in Bezug auf den tatsächlichen Vollzug des Umsatzaktes zu einem späteren Zeitpunkt angezeigt wäre. Dies ginge mit einem Ansteigen des Prüfungsumfanges und somit einer verschlechterten Wirtschaftlichkeit der Marktpreisprüfung einher. Gewinne und Vermögenswertsteigerungen dürfen nach § 252 (1) Nr. 4 HGB nur dann ausgewiesen werden, wenn sie tatsächlich realisiert worden sind. Gemäß dem Realisationsprinzip ist bei Verkaufsgeschäften einzig die Tatsache, dass die vertraglich geschuldete Leistung erbracht wurde, mithin eine Abrechnungsfähigkeit des Auftrags und ein quasi-sicherer Anspruch auf Gegenleistung gegeben sind, für die Umsatzrealisierung von Belang.822 Allgemein gilt, dass die Buchhaltung ein Schuldverhältnis frühestens dann erfasst, wenn es wenigstens einseitig 817 Vgl. Leffson (1987), S. 247 ff.; Hällmayr (2007), S. 1362; Küting/Lam (2012), S. 2348; Busch/Boecker (2015), S. 94. 818 Gelhausen (1985), S. 27. 819 Vgl. Beine (1960), S. 38; Hällmayr (2007), S. 1362. 820 Vgl. hierzu Pietschmann (1980), S. 646; Gelhausen (1985), S. 93 ff.; Leffson (1987), S. 260 ff. 821 Vgl. Beine (1960), S. 35. 822 Vgl. Pietschmann (1980), S. 646 f.; Hällmayr (2007), S. 1362; Küting/Lam (2012), S. 2348 und 2353.
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
Abb. 4.10 Umsatzakt/Umsatzrealisierung als Teil des Absatzprozesses
erfüllt wurde.823 Die Abrechnungsfähigkeit eines Geschäftes ist also erst dann gegeben, wenn bestimmte Bedingungen kumulativ erfüllt sind. Diese „Umsatzrealisationskriterien“ sind in Abbildung 4.10 dargestellt, indem sie innerhalb eines idealtypischen unternehmerischen Absatzprozesses verortet werden.824 823 Vgl.
Kresse (1970), S. 197. zu den „Umsatzrealisationskriterien“ Leffson (1987), S. 266; vertiefend hierzu auch bereits Gelhausen (1985), S. 134 ff. 824 Vgl.
4.4 Marktpreisbildung auf dem allgemeinen Markt
297
In der obigen Abbildung werden der Abgang der geschuldeten Leistung und deren Abnahme bewusst separat aufgeführt. Annahme bedeutet lediglich körperliche Entgegennahme, während die Abnahme in der zusätzlichen Bestätigung der vertragskonformen Leistungserstellung durch den Auftraggeber besteht.825 Nach Leffson besteht der „Umsatzakt am Absatzmarkt“ als unmittelbar zur Umsatzrealisierung führende Handlung also in einem „Tausch von Gütern oder Dienstleistungen gegen Geld oder Forderungen“826 . Ein Geschäft hat eine Forderungsentstehung zur Folge, wenn im Rahmen des gegenseitigen Handels die Leistungserbringung zeitlich vor der Gegenleistung vollzogen wird.827 Im Zeitpunkt des Umsatzaktes wird die erbrachte Leistung abrechnungsfähig.828 Da nur die Abrechnungsfähigkeit wesentlich ist, spielt es keine Rolle, ob und wann dem Abnehmer letztlich eine Rechnung gestellt wurde.829 Würde man von einer verpflichtenden Verknüpfung von Umsatzrealisierung und Rechnungsausstellung ausgehen, so könnte dies ökonomisch bedenkliche Konsequenzen nach sich ziehen. Zu Lasten von Genauigkeit und Willkürfreiheit könnte es hier nämlich entweder zu wesentlich verfrühten Rechnungsausstellungen kommen, um Verluste in einer früheren Periode auszugleichen, oder aber mittels erheblich verspäteter Versendung der Rechnung die Entstehung, Besteuerung und Ausschüttung von Gewinnen in die Zukunft zu verlagern.830 Unter einem solchen Verfahren würde die Vergleichbarkeit der Zahlenwerke aufeinanderfolgender Geschäftsjahre in nicht unerheblichem Maße in Mitleidenschaft gezogen. Mithin gilt, dass Geschäftsvorfälle gemäß den GoB stets unverzüglich (also ohne schuldhaftes Zögern) buchhalterisch zu erfassen sind.831 Zu jeder Zeit soll ein
825 Vgl.
Strub (1958), S. 91. (1987), S. 247, Hervorhebung durch d. Verf.; eine Forderung ist nach Bussmann (1958), Sp. 1984 allgemein ausgedrückt „das Recht einer Person (des Gläubigers), von einer anderen (dem Schuldner) eine bestimmte Leistung verlangen zu können“. Diese Leistung kann prinzipiell sowohl in Geld- als auch in Sach- oder Dienstleistungen bestehen, wobei meist eine bestimmte Geldsumme in Rede steht; vgl. Beine (1960), S. 22; ferner Langenbucher (1978), S. 149. 827 Vgl. Schäfer (1971), S. 15 f. 828 Vgl. Schäfer (1971), S. 18. 829 Vgl. Schäfer (1971), S. 18 f.; Pietschmann (1980), S. 647 f.; Leffson (1987), S. 263. Gleichwohl a.A. Mellerowicz (1961), S. 346, der sowohl „Ware“ als auch „Rechnung versandt“ sehen will, ehe der Umsatz als „buchungsfähig“ zu werten sei. 830 Vgl. Gelhausen (1985), S. 127. 831 Vgl. Gelhausen (1985), S. 7; Leffson (1987), S. 247. 826 Leffson
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
Überblick über den Stand der laufenden Geschäfte, der Gewinnsituation, der Vermögensgegenstände und der Schulden gewonnen werden können.832 Hierzu bedarf es zwar nicht zwingend, dass „alle Geschäftsvorfälle täglich gebucht werden müssen“, gleichwohl sollte die Verbuchung stets noch „zeitgerecht“ erfolgen.833 Diese auslegungsbedürftige Maßgabe könnte bei eher großzügiger Lesart bereits für ein Abwarten mit der Umsatzrealisierung bis zur Rechnungsausstellung sprechen. So ist es in den Unternehmen ohnehin weit verbreitet, aus Praktikabilitätsgründen – es sei denn, das Erfordernis einer zeitnahen Bilanzaufstellung bzw. Erfolgsermittlung verlangt ausnahmsweise die Beachtung des „wahren“ Umsatzrealisierungszeitpunktes – für die laufende Buchführung als Umsatzrealisierung den Zeitpunkt der Rechnungsausstellung zu verwenden.834 Diese Praxis ist als (noch) GoB-konform anzusehen, solange die Einbuchung der Forderung unverzüglich nach Versendung der Rechnung erfolgt.835 Zudem gilt (bzw. hierbei wird gewissermaßen unterstellt), dass die beiden Vorgänge Leistungser- und Rechnungsausstellung in der Unternehmenspraxis ohnehin „meist in einem engen Zusammenhang“ stehen.836 Insofern dürften die zeitlichen Abweichungen zwischen der buchhalterischen und der realisationsprinzipskonformen Umsatzrealisierung oft relativ gering sein. Eventuell aber könnte im Rahmen der Marktpreisprüfung in der Vorlage ausgestellter Rechnungen durch den Auftragnehmer eine vertrauenswürdige Nachweisführung für das Bestehen behaupteter Umsatzakte bestehen. Wenngleich auch diese Dokumente – wie zuvor dargestellt – streng genommen nicht wesentlich für Umsatzrealisierungen bzw. Umsatzakte sind, so würde ein Abstellen auf den Zeitpunkt der Rechnungsausstellung durchaus zur besseren Objektivität und Sicherheit bei der Urteilsbildung beitragen. Obschon ein frühzeitiges Anerkennen vom Umsatzakten, wenn die Rechnung noch nicht an die Kunden verschickt wurde, im Einklang mit dem Realisationsprinzip der Rechnungslegung stünde, so hätte eine etwas spätere Umsatzakt-Anerkennung erst bei Rechnungsstellung den Vorteil, dass sie prüfungstheoretisch tendenziell sicherer wäre. Hält man an der Abrechnungsfähigkeit eines Auftrags als notwendige sowie gleichsam hinreichende Bedingung für einen abgeschlossenen Umsatzakt fest, so erscheint indessen die Beurteilung des Realisationszeitpunkts nämlich durchaus nicht trivial, wenn Dienstleistungen Auftragsgegenstand sind und aufgrund 832 Vgl.
Gelhausen (1985), S. 7. Kohl (1991), S. 118. 834 So Schäfer (1971), S. 19. 835 Vgl. Beine (1960), S. 36. 836 So zumindest Gelhausen (1985), S. 124. 833 So
4.4 Marktpreisbildung auf dem allgemeinen Markt
299
der Immaterialität der Leistung unter Umständen Ermessensspielräume bezüglich Nachbesserungen bestehen. Der Umsatz ist bei Dienstleistungen nämlich „erst mit der Bewirkung der Gesamtleistung realisiert“837 . Behauptungen der Vertragsparteien faktenbasiert zu widerlegen, dürfte in aller Regel hier sehr schwer fallen, weshalb man entsprechenden Diskussionen aus prüfungstheoretischer Sicht von vornherein eher aus dem Wege gehen sollte.838 Man darf mithin davon ausgehen, dass die Ermessensspielräume (vor allem bei Dienstleistungen) in Bezug auf das Vorliegen der Abrechenbarkeit des Auftrags mit zunehmender Wartezeit abnehmen, was der Sicherheit und Genauigkeit des Prüfungsurteils entgegenkommt. Außerdem sind Fragen der periodengerechten Erfolgsermittlung und der tatsächlichen Vermögens-, Finanz- und Ertragslage zu einem bestimmten Stichtag, welche eine durchweg saubere Umsatzrealisierung erfordern, für den Preisprüfer – ganz im Gegensatz zum Wirtschaftsprüfer – von untergeordnetem Interesse, was eine etwas abweichende Herangehensweise zusätzlich legitim erscheinen lässt.
4.4.2.2 Beurteilung von Umsatzakten durch Ist-Ist-Vergleiche Beim Sichten und Abgleichen der dokumentierten Umsatzakte handelt es sich prüfungstheoretisch nicht um Soll-Ist-, sondern vielmehr um Ist-Ist-Vergleiche. Bei Ist-Ist-Vergleichen werden die Vergleichsobjekte aus ähnlichen Zusammenhängen entnommen und sind in Bezug auf ihren Stellenwert und Aussagegehalt gleichrangig. Weil die Vergleichsobjekte ebenso wie die zu beurteilenden Objekte dem betrieblichen Tagesgeschäft entstammen, können sie mitunter jedoch fehlerhaft sein, wodurch sich bei Ist-Ist-Vergleichen gewisse analytische Unterschiede zu Soll-Ist-Vergleichen ergeben. Liegen lediglich zwei zu vergleichende Objekte vor und wird eine Abweichung festgestellt, so ist sicher, dass eines der Objekte fehlerhaft und das andere weitestgehend fehlerfrei ist. Bei einem Vergleich von mehr als zwei Ist-Objekten und der Feststellung von Abweichungen lässt sich schließen, dass mindestens eines der Objekte fehlerhaft ist. Die Entscheidung, welches der Objekte das fehlerhafte ist, ist allerdings nicht möglich, da keines der Objekte vorher zur Norm erhoben werden konnte. Die Abweichungsbeurteilung muss sich bei Ist-Ist-Vergleichen daher immer auf die gesamte Gruppe der herangezogenen Objekte beziehen und kann nicht bloß auf eines der vermeintlich
837 So
Schäfer (1971), S. 26. Freichel (2016), S. 234.
838 Vgl.
300
4
Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
fehlerhaften Objekte beschränkt werden.839 Die dokumentierten Verkaufsvorgänge an sich fungieren nämlich jeweils nicht als Vergleichsmaßstab, sondern sie müssen zunächst gesammelt und aus informatorischer Sicht weitestgehend übereinstimmend (hinsichtlich Lieferung bzw. Leistung, Menge und Verkaufspreis) vorliegen, um sodann aus ihrer Gesamtheit heraus den betriebssubjektiven Marktpreis als prüfungsnotwendiges Soll-Objekt erst ermitteln zu können. Auf die Verwertbarkeit der vorgelegten Dokumente, d. h. auf ihren Informationsgehalt und ihre formale Richtigkeit, ist daher größter Wert zu legen. Stimmen alle vorgelegten Belege in den wesentlichen Merkmalen überein, könnte dies darauf hindeuten, dass alle vorgelegten Umsatzakte verwertbar sind. Dieser Befund wäre jedoch ein Trugschluss, sofern alle gesichteten Unterlagen in gleicher Weise fehlerhaft zustande gekommen sind und nur deshalb übereinstimmen. Hier könnte trotz vorliegender Unregelmäßigkeiten (Zahlendreher, falsche Summen, falsche Artikelnummern usw.) irrtümlicherweise die Ordnungsmäßigkeit der Umsatzakte unterstellt werden. Bereits Schmalenbach gibt daher zu bedenken, mitunter könne bei Ist-Ist-Vergleichen der Fall eintreten, dass „Schlendrian mit Schlendrian“ verglichen wird.840 Wenn nicht sämtliche vorliegenden Objekte den gleichen Fehler aufweisen, kommt es zu einer Abweichungsfeststellung und der Annahme, dass zumindest eines der Objekte fehlerbehaftet sei. Die theoretische Möglichkeit der Nicht-Ordnungsmäßigkeit muss in diesem Falle sogar streng genommen für jedes der vorliegenden Objekte unterstellt werden. Nur dann, wenn alle Objekte den gleichen Fehler aufweisen, kann ihnen irrtümlicherweise Richtigkeit attestiert werden.841 Komplexer gestaltet sich jedoch die Sachlage, sobald die Ist-Objekte verschiedene richtige Merkmalsausprägungen besitzen können. Dies ist auch bei dokumentierten Umsatzakten der Fall. So gibt es verschiedene mögliche Auftraggeber, partielle Unterschiede in den verkauften Leistungen, regelmäßige Bestellmengenschwankungen, Preisschwankungen und anderes mehr. Richtig erstellte Objekte mit mehreren denkbaren Merkmalsausprägungen stimmen mithin nicht mehr überein, weshalb ggf. deren Verwertbarkeit nicht mehr als solche ohne weiteres identifiziert werden kann.842 Nichtsdestotrotz lassen sich Ist-Ist-Vergleiche von merkmalsheterogenen Objekten wie bspw. Umsatzakten durchaus schlüssig vollziehen, um für den weiteren Prozessverlauf verwertbare 839 Zu Ist-Ist-Vergleichen siehe Baetge (1983), Sp. 1559; Baetge (1984), S. 164 f.; Schuppert (1985), S. 30 ff. sowie Baetge (1990), S. 4. 840 Vgl. Schmalenbach (1934), S. 263. 841 Vgl. hierzu Schuppert (1985), S. 32. 842 Vgl. hierzu vertiefend Schuppert (1985), S. 32 f.
4.4 Marktpreisbildung auf dem allgemeinen Markt
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und nicht-verwertbare Objekte zu separieren. Insbesondere ist dies der Fall, wenn eine Sollobjekt-Erstellung erst im Nachgang zu den Ist-Ist-Vergleichen erfolgen soll. Diese stellen sodann einen notwendigen Vorbereitungsschritt843 dar und die Merkmalsausprägungen der vorliegenden Objekte – obschon mehrere richtige Ausprägungen denkbar erscheinen – ergänzen sich gegenseitig, sodass „jeweils zusammenpassende Objekte mit komplementären Ausprägungen herausgesucht werden können“844 . Diese Voraussetzung ist bei der betriebssubjektiven Marktpreisprüfung aufgrund von dokumentierten Umsatzakten erfüllt.
4.4.2.3 Kritische Verprobung vorgelegter Umsatzakte im Einzelfall Im Bereich der betriebssubjektiven Marktpreisprüfung auf dem allgemeinen Markt offenbart sich bei den dokumentierten Umsatzakten allerdings nicht bloß die Gefahr eines „Schlendrians“, also unbeabsichtigter Fehler im betrieblichen Rechnungswesen. Nicht nur bei der Kalkulation von Selbstkostenpreisen, sondern auch bei den Marktpreisen auf dem allgemeinen Markt ergibt sich vielmehr ein gewisser Spielraum für Deliktfälle, also absichtliche Soll-Ist-Abweichungen. Das IDW bezeichnet die Umsatzerlöse mithin ausdrücklich als besonderen Risikobereich für dolose Handlungen und daher als besonders prüfungswürdig.845 Die Literatur geht in Teilen sogar noch weiter und führt an, dass „der Ausweis von Scheinumsätzen“ in der Fallgruppe der dolosen Handlungen im Rechnungswesen als das „wohl am weitesten verbreitete Begehungsmuster“ zu bezeichnen ist.846 Nicht nur, aber auch preisrechtlich gilt es hierbei zunächst „die plumpe Rechnungsfälschung“ anzuführen, welche in der Vergangenheit – wobei hier zum Teil von den Urhebern nur wenig Akribie an den Tag gelegt wurde – bereits bei Preisprüfungen aufgefallen ist. Konkret können die Manipulationen etwa in dem Eintragen überhöhter Preise in an sich echten Rechnungen oder auch in dem Erstellen gänzlich fingierter Rechnungen an reale oder fiktive Unternehmen bestehen, wobei dann die „für die Prüfer noch akzeptabel erscheinenden Preise“ eingesetzt werden.847 Grundsätzlich wird ein Auftragnehmer in solchen
843 So
auch geschehen in dem regelungstechnischen Blockschaltbild bei Baetge (1984), S. 181. 844 Schuppert (1985), S. 35. 845 Vgl. IDW PS 210 (2006), S. 1427 und 1429. 846 Siehe Fischer/Hummelt (2010), S. 48. 847 Vgl. zu alledem Rath (1964), S. 276. Zu der sich unter Umständen ergebenden Notwendigkeit, dass sich der Prüfer „davon überzeugt (Telefonbuch o. ä.), daß der betreffende Kunde tatsächlich existiert“, siehe ebenso Langenbucher (1978), S. 159. Siehe ferner Häfele/Schmeisky (2009), S. 240 sowie Fischer/Hummelt (2010), S. 48 f.
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Fällen darum bemüht sein, die Verkäufe so gut es geht ordnungsmäßig erscheinen zu lassen und die Regeln der doppelten Buchführung nicht zu verletzen.848 Da aber fiktive Umsatzakte keine realen Zahlungseingänge zur Folge haben, werden diese zumeist im Rechnungswesen über ungewöhnliche Buchungssätze wie „sonstiger Aufwand an Umsatzerlöse“ und andere Luftbuchungen abgebildet.849 Diese dürfen niemals einfach ignoriert oder als unwesentlich deklariert werden. Vielmehr sind „Buchungen, die dem Prüfer nicht einleuchten oder als ungewöhnlich auffallen, … stets zu überprüfen“850 . Heutzutage wird im Prüfungswesen sogar die Meinung vertreten, dass „es aufgrund der fortschreitenden Technik für Täter mittlerweile ein Leichtes ist, Belege perfekt zu fälschen“851 . Wenngleich eine Aufdeckung dieser Delikte alles andere als trivial ist, gibt es dennoch prinzipiell gewisse Anhaltspunkte und Methodiken für das Erkennen gefälschter Belege. Die Erkennung von Manipulationen in Dokumenten stellt jedoch – es sei denn, die Manipulationen sind äußerst amateurhaft und daher geradezu unübersehbar – eine technisch höchst anspruchsvolle Übung dar und ist ohne besonderes (externes) Spezialwissen in aller Regel nicht leistbar.852 Insofern wird in der vorliegenden Arbeit die mögliche Erkennung von „fachmännischen“ Rechnungs- und Belegfälschungen mittels direkter forensischer Prüfungshandlungen an den vorgelegten Dokumenten im Rahmen einer Preisprüfung zu den vernachlässigbaren, weil nicht zumutbaren Aspekten gezählt und nicht weiter verfolgt. Des Weiteren können unzulässige Sachverhaltsgestaltungen aber auch darin bestehen, dass ein Auftragnehmer eine marktgängige Leistung an einen kollusiv mit ihm verbundenen Marktteilnehmer zu einem Preis über Markt- oder Listenpreis veräußert, um hierdurch Umsatzakte mit diesem überhöhten betriebssubjektiven Marktpreis zu generieren und sich für spätere Preisprüfungen eine 848 So
bereits Lehmann (1959), S. 174; ferner Zybon (1968), S. 896 und Hofmann (1988), S. 53. 849 So Langenbucher/Blaum (1997), S. 439; zu sehr außergewöhnlichen – und somit verdächtigen – Buchungen siehe auch Hamann (2003), S. 134. 850 Leffson (1988), S. 387. 851 So Hamann (2003), S. 139; zum Thema „Frisierung von Unterlagen“ vgl. ferner Hofmann (1988), S. 53 f. sowie Kohl (1991), S. 115 ff. und Wehling/Weiß (2005), S. 105. 852 Vgl. hierzu Steinebach/Winter (2018), S. 1550. Zuvor merken bereits auch Ebeling/Böhme (2000), S. 470, vor diesem Hintergrund an, dass der Prüfer unter Umständen „Gutachter kriminalistischer Labors für die Untersuchung gefälschter Dokumente“ konsultieren müsse. Ebenso spricht Meyer zu Lösebeck (2002), Sp. 2455, davon, dass „mit der Unterstützung von Ermittlungsexperten … chemische oder graphologische Untersuchungen“ vorzunehmen seien, „wenn geschickte Belegfälschungen vermutet werden“.
4.4 Marktpreisbildung auf dem allgemeinen Markt
303
vorteilhafte Ausgangssituation zu verschaffen. Im Anschluss daran würde der Geschäftspartner die im Zuge dieses Scheingeschäftes zu viel gezahlten Beträge – bspw. offiziell als Gutschrift für bereits bezahlte, dann aber doch nicht durchgeführte Dienstleistungen – zurückerstatten.853 In ähnlicher Form findet eine zu positive Darstellung der Umsatzsituation zuweilen auch im Rahmen der Bilanzfälschung statt, wenn es etwa zum „Scheinverkauf“ von fertigen Erzeugnissen kommt unter der Prämisse, dass diese nach dem Bilanzstichtag zum gleichen Preis zurückgenommen werden.854 Ebenfalls denkbar scheinen zwecks Umsatzfingierung zudem Lieferungen ohne Bestellung (Scheinbestellungen) mit anschließender Rückabwicklung im Verborgenen.855 Ein ähnlicher Fall liegt vor, wenn zuweilen „aus Versehen“ zu hohe Rechnungen an reale Debitoren ausgestellt werden. Erfolgt eine Beschwerde des Kunden, so wird der zu hoch angesetzte Betrag zwar als Versehen deklariert, die buchhalterische Richtigstellung erfolgt aber oft erst deutlich später.856 Zu den vorgenannten exemplarischen Falldarstellungen muss – sich einem Befund von Kresse anschließend sowie realistische Erwartungen an die Prüfung im Blick behaltend – gleichwohl Folgendes klargestellt werden: „Die Beispiele zeigen, daß sowohl Falschbuchungen als auch unterlassene und Luftbuchungen möglich sind, die durchaus nicht immer vom Betriebsprüfer, Abschlußprüfer oder Preisprüfer entdeckt werden können und auch nicht von einem etwa durch den Aufsichtsrat oder die Generalversammlung eingesetzten Revisionsorgan bzw. von der internen Revision.“857
Aus Prüfersicht ist es insbesondere dann schwierig einzuschätzen, in welchem wertmäßigen Bereich der Marktpreis eventuell nach oben hin manipuliert sein 853 Vgl.
für dieses Beispiel bereits Hoffmann (1970), S. 30; ähnlich auch Fischer/Hummelt (2010), S. 51 sowie Busch/Boecker (2015), S. 94; zu der Problematik, dass „eine Reihe von Scheingeschäften Marktpreise fingieren sollten“, vgl. auch schon Bundesverband der Wirtschaftsberater e.V. (1965), S. 33; ebenso schon Schmitt (1941), S. 33 bzw. Rath (1964), S. 275. Vgl. zu den verschiedenen Erscheinungsformen von Scheingeschäften vertiefend den Beitrag von Schmid/Ludwig (2015). 854 Vgl. Leffson (1987), S. 243, Fn. 62; Langenbucher/Blaum (1997), S. 439; ähnlich bereits Isaac (1933), S. 51. 855 Vgl. Langenbucher/Blaum (1997), S. 439; Häfele/Schmeisky (2009), S. 240; Fischer/Hummelt (2010), S. 49; Busch/Boecker (2015), S. 94. 856 Vgl. Wells/Kopetzky (2006), S. 336. 857 Kresse (1970), S. 205. Dass derartige Deliktfälle zweifelsohne nur schwer zu durchschauen sind, konstatieren auch Hoffmann (1970), S. 30 und ihm zustimmend Westhof (1989), S. 87.
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
könnte, wenn brauchbare Vergleichswerte aus derselben Branche nicht zur Verfügung stehen.858 Eine Entdeckung dürfte in der Praxis daher nur durch Zufall oder aber plötzliches Auftauchen von mitwissenden Hinweisgebern oder ehemaligen Mitarbeitern, die sich mit dem Arbeitgeber überworfen haben, möglich sein.859 Aufgrund der mannigfachen, kreativen und flexible Reaktionen erfordernden Fallgestaltungen in der Unternehmenspraxis können Ansätze einer umsatzbezogenen Deliktprüfung daher auch nur in sehr engen Grenzen in einem „kochbuchartigen“ Prüfungsstandard berücksichtigt werden.860 Gleichwohl soll diese besondere Problematik mit Blick auf die berufsübliche Skepsis des Preisprüfers nicht grundsätzlich unerwähnt bleiben. Dadurch, dass dem Rechnungswesen über das Testat des Jahresabschlusses durch den Wirtschaftsprüfer eine grundsätzliche Ordnungsmäßigkeit zugesprochen wird, kann nämlich nicht garantiert werden, dass nicht einzelne Geschäftsvorfälle bewusst falsch im Rechnungswesen dargestellt sind. Der Wirtschaftsprüfer ist aufgrund der immensen Fülle des Prüfungsstoffs gezwungen, den Jahresabschluss – insbesondere bei Konten mit einer Vielzahl von für sich betrachtet unwesentlichen Geschäftsvorfällen wie etwa „Umsatzerlöse“ – in hohem Maße auf Basis von Stichproben zu prüfen. Eine nicht unwesentliche Zahl von Umsatzakten wird hiervon zwangsläufig nicht erfasst sein. Zudem wird oftmals der Fall eintreten, dass Umsatzakte preisrechtlich von Interesse sind, die aus dem laufenden Geschäftsjahr datieren und daher noch gar nicht Gegenstand einer Zwischen- oder Abschlussprüfung gewesen sein können. Insofern ist ein kritischer Umgang mit den Belegen zur Umsatzsituation im Rahmen der Preisprüfung grundsätzlich nicht unberechtigt, gerade weil bei vielen arglosen Akteuren in den Unternehmen auch „leicht die Neigung besteht, von den Belegen als unerschütterlicher Grundlage auszugehen“861 . Daher kann es bezüglich behaupteter Marktpreise nach § 4 VO PR 30/53 zum einen bei einem starken Preis- und somit Umsatzanstieg ohne erkennbare externe Gründe im Markt angezeigt sein, diese Entwicklung mittels analytischer Prüfungshandlungen zu verproben.862 Zum anderen besteht zu Zweifeln an der behaupteten Umsatzsituation Anlass, wenn ungewöhnlich erscheinende 858 So
auch bezogen auf die Abschlussprüfung Hamann (2003), S. 135 f. Rath (1964), S. 276; Möllhoff (1985), S. 275. 860 Levy (1985), S. 87, welcher konstatiert: „There is no ‚cookbook‘ approach to detecting fraud.“ Ähnlich auch Ebeling/Böhme (2000), S. 469 ff. Zur Notwendigkeit der flexiblen Planung von einzelnen Prüfungsabschnitten vgl. allgemein auch Baetge/Meyer zu Lösebeck (1981), S. 158. 861 Isaac (1933), S. 51. 862 So auch für den Fall der Jahresabschlussprüfung Melcher (2009), S. 131. 859 Vgl.
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Umsatzakte mit dem Auftragnehmer erkennbar nahestehenden oder verbundenen Marktteilnehmern vollzogen wurden, denn „praktische Beispiele, wie Unternehmensstrukturen, die in einer natürlichen Person zusammenlaufen, insbesondere zu Umsatz- und Gewinnmanipulationen genutzt bzw. mißbraucht wurden oder wie Transaktionen zu nicht marktgerechten Preisen abgewickelt wurden, gibt es genügend“863 . Wenngleich ein Zurückhalten von sachdienlichen Hinweisen durch diesen Personenkreis aus Loyalitätsgründen sicherlich nicht auszuschließen ist, kann der Prüfer versuchen, über Gespräche mit Mitarbeitern aus dem Rechnungswesen und Controlling an Hintergrundinformationen zu den auffälligen Verkaufsgeschäften zu gelangen.864 Um mögliche Beziehungsgeflechte zwischen Unternehmen und gesellschaftsrechtliche Verhältnisse besser einschätzen zu können, kann der Prüfer im Bedarfsfall ferner Handelsregisterauszüge, Auskünfte von Wirtschaftsauskunfteien, Datenbanken oder das Internet bemühen.865 Wenn zudem wichtige Belege fehlen oder Buchungsrückstände offengelegt werden, kann dies als weiterer Anhaltspunkt für dolose Handlungen anzusehen sein.866 Auch wenn das in Rede stehende Gut zuvor an einen Abnehmer verkauft wurde, der in Anbetracht seines Geschäftsmodells oder seiner Branchenzugehörigkeit keine klar ersichtliche Verwendung für selbiges hat, sollten Bedenken aufkommen und die Prüfungsintensität ausgeweitet werden. Zu klären ist sodann, ob besagte Personen eventuell sowohl in der Debitoren- als auch in der Kreditorenliste auftauchen und ob die vorgelegten Umsatzakte zuvor tatsächlich auch in der Offene-Posten-Liste enthalten waren oder es noch sind. Wenn derartige Nachprüfungen notwendig werden, weist die ansonsten progressiv verlaufende Marktpreisprüfung ausnahmsweise auch Züge einer retrograden Prüfung auf. Hinzukommt auch, dass im Rahmen von Jahresabschlussprüfungen durch Wirtschaftsprüfer bei außenstehenden Geschäftspartnern regelmäßig Informationen zu bestehenden Forderungen oder anderen rechnungslegungsrelevanten Größen abgefragt werden. Diese typischerweise als Saldenbestätigungen bezeichneten Rückversicherungen dienen über einen Abgleich mit der laufenden Buchführung der Kunden der Feststellung, ob zum Prüfungszeitpunkt Forderungen gegenüber den richtigen Kunden in der richtigen Höhe ausgewiesen sind oder ob womöglich
863 Langenbucher/Blaum (1997), S. 441 f.; vgl. auch Häfele/Schmeisky (2009), S. 240 sowie Hamann (2003), S. 133, der den Hinweis auf Transaktionen mit Familienangehörigen zu überhöhten Konditionen anführt. 864 Vgl. auch Melcher (2009), S. 131 und 178. 865 Vgl. Melcher (2009), S. 119 f. und 133 f. 866 Vgl. Meyer zu Lösebeck (2002), Sp. 2453.
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fiktive Umsätze vorliegen.867 Werden über den noch offenen Posten („Saldo“) hinaus qualitative Informationen zu dem erfolgten Umsatzakt abgefragt (bspw. ob der Umsatzakt tatsächlich stattgefunden hat), spricht man im Prüfungswesen auch von Transaktionsbestätigungen.868 Diese können sinnvoll sein, weil Saldenbestätigungen nicht selten wegen eines zeitlichen Auseinanderfallens der Verbuchungen ergeben, dass der Saldo nicht übereinstimmen würde.869 Außerdem sind Saldenbestätigungen zuweilen auch deshalb nur bedingt aussagekräftig, weil das Unternehmen eigentlich bestehende Soll-Ist-Abweichungen über Bestandsoder Erfolgskonten zeitweise umbuchen oder endgültig ausbuchen kann.870 Transaktionsbestätigungen hingegen erfordern, anders als Saldenbestätigungen, nicht zwingend den Rückgriff auf eine laufende und zeitnahe Buchführung bei dem bestätigenden Unternehmen.871 Überdies wird die Auswertbarkeit der Bestätigungen einfacher, wenn auf konkrete Transaktionen explizit Bezug genommen wird.872 Auch im Bereich der öffentlich-rechtlichen Preisprüfungen scheint diese weit verbreitete Methode keineswegs neu zu sein. So berichtet schon vor inzwischen fast 80 Jahren von der Schmitt von einer Preisüberwachungsstelle, welche „zur Nachprüfung der in der Rechnung enthaltenen Angaben“ und zum Ausschluss von möglichen „Scheinverkäufen“ die Prüfungshandlungen „auf den Geschäftsbetrieb des Vertragspartners ausgedehnt“ habe.873 Als von externer Seite an den Prüfer herangetragene Dokumente kommt den Bestätigungen Dritter prinzipiell eine hohe Aussagekraft zu. Ob und wenn ja, wann Salden- oder Transaktionsbestätigungen tatsächlich einzuholen sind, liegt im Einzelfall jedoch im pflichtgemäßen Ermessen des Prüfers.874 Zumeist erfolgt die Anschrift der Drittunternehmen durch das geprüfte Unternehmen, wobei sodann
867 Vgl.
Durchlaub (1978), S. 142 ff.; Heine/Peter (1978), S. 645; Breycha (1983), Sp. 1373; Meyer zu Lösebeck (1990), S. 310; Hamann (2003), S. 124; Gneuß (2007), S. 169. 868 Vgl. Hamann (2003), S. 125. 869 Vgl. Krogstad/Romney (1980), S. 68 ff.; ähnlich auch Meyer zu Lösebeck (1990), S. 211. 870 Vgl. Meyer zu Lösebeck (1990), S. 312 f. 871 Vgl. Meyer zu Lösebeck (1990), S. 211 f. 872 Vgl. Meyer zu Lösebeck (1990), S. 229. Das Einholen zusätzlicher Informationen über die reine Saldenbestätigung hinaus wird auch empfohlen bei Guy/Aldermann/Winters (1999), S. 491 f. 873 Siehe Schmitt (1941), S. 33 f. 874 Vgl. Gneuß (2007), S. 170.
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darum gebeten wird, das Antwortschreiben mithilfe eines beigefügten Freiumschlages direkt an das Büro des Prüfers zu adressieren.875 Besser aber erfolgt die Kontaktaufnahme durch den Prüfer selbst, da die Unternehmen bei fiktiven Forderungen nicht selten zu ihren Gunsten Einfluss auf die Salden- oder Transaktionsbestätigungsauswahl auszuüben versuchen.876 Angemerkt sei, dass der andere Kunde des geprüften Auftragnehmers bei der sog. negativen Form der Salden- oder Transaktionsbestätigung nur dann eine Antwort verschicken müsste, wenn der in Rede stehende Betrag unzutreffend ist. Bei ausbleibenden Antworten kann dann aber nicht einfach unterstellt werden, dass der in Rede stehende Saldo richtig ist, weil die Aufforderung zur Bestätigung möglicherweise einfach ignoriert wurde, sodass möglichst auf die positive Form der Salden- oder Transaktionsbestätigung – also die explizite Nennung des Umsatzes durch den anderen Kunden in dessen Antwortschreiben – zurückgegriffen werden sollte.877 Der große Nachteil von Bestätigungen Dritter ist ab einer gewissen Anzahl von Umsatzakten gleichwohl der mit ihnen verbundene, nicht unerhebliche Aufwand in administrativer Hinsicht.878 Auch heute noch erfolgt die Kommunikation mit Prüfern im Rahmen der Bestätigungseinholung meist papierbasiert mittels traditionellem Brief – auch weil es offenbar noch immer gewisse Vorbehalte bezüglich der Vertrauenswürdigkeit und Sicherheit der herkömmlichen Programme für den E-Mail-Verkehr gibt.879 Zudem ist zu konstatieren, dass der Bitte um Bestätigungen Dritter vielfach überhaupt nicht nachgekommen wird. Aufkommende Verunsicherung bei den Drittunternehmen wird als eine Hauptursache hierfür gesehen.880 Mitunter kann dem Einholen von Saldenbestätigungen aber auch vom geprüften Unternehmen entgegengewirkt werden, weil dieses befürchtet, dass dessen Kunden hierdurch negative Konsequenzen erleiden könnten.881 Zudem kommt
875 Vgl.
bspw. Langenbucher (1978), S. 155 oder Breycha (1983), Sp. 1374 bzw. 1377. Langenbucher/Blaum (1997), S. 439. 877 Vgl. hierzu Guy/Alderman/Winters (1999), S. 489; ferner hierzu Gneuß (2007), S. 170 und Breycha (1983), Sp. 1373; dass selbstredend aber auch die Auskünfte des bestätigenden Dritten unzutreffend sein können, bemerkt Durchlaub (1978), S. 144. 878 Vgl. Heine/Peter (1978), S. 647. 879 Vgl. Jensen (2016), S. 1265. 880 Vgl. Heine/Peter (1978), S. 647. 881 Vgl. Langenbucher (1978), S. 160. 876 Vgl.
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es offenbar häufig vor, dass Beschaffungsstellen der öffentlichen Hand Saldenbestätigungen gegenüber betriebswirtschaftlichen Prüfern grundsätzlich verweigern.882 Bleiben die abgefragten Saldenbestätigungen durch die Geschäftspartner des geprüften Unternehmens aus, müssen Zweitanfragen verschickt werden. Führen auch diese nicht zum Erfolg, wären anderweitige Prüfungshandlungen in Erwägung zu ziehen.883 Angezeigt wären sodann vor allem Vollständigkeits- und Plausibilitätsüberprüfungen von Korrespondenzen mit Kunden, Bestellschreiben, Materialentnahmescheinen, Lieferscheinen, Lieferbestätigungen usw.884 Die vorgenannten Argumente gegen das Einholen von Bestätigungen am Markt sind bezogen auf das Fallbeispiel der Marktpreisprüfung jedoch nur sehr begrenzt tragfähig. Im Gegensatz zur Jahresabschlussprüfung wäre bei der Überprüfung des (verkehrsüblichen) betriebssubjektiven Marktpreises nur eine relativ geringe Anzahl von Umsatzakten zu verifizieren. Theoretisch möglich wäre es also sogar, dass der Prüfer die Geschäftspartner des Auftragnehmers persönlich aufsucht, um sich ohne Umschweife ein eigenes Bild der Lage zu machen.885 Aus Wirtschaftlichkeitsgründen sollte aber bei der Marktpreisprüfung an dem Konzept der Fernprüfung festgehalten werden, sodass diese Maßnahme nicht verhältnismäßig erscheint. Eine direkte fernmündliche oder schriftliche Kontaktaufnahme des Preisprüfers mit dem/den anderen Geschäftspartner(n) „auf dem kurzen Dienstweg“ scheint vielmehr ebenso zufriedenstellend umsetzbar. Doch auch selbst dann kann es objektiv betrachtet keine hundertprozentige Sicherheit geben, wenn man sich vor Augen führt, dass das bestätigende Drittunternehmen mit dem Auftragnehmer kollusiv kooperieren und die falsch bezifferte oder gar fiktive Forderung als korrekt bestätigen könnte. Mit einem solchen 882 Vgl. Heine/Peter (1978), S. 647. Inwiefern diese Aussage auch bei Anfragen von Preisprüfern Gültigkeit hätte, ist schwer zu beurteilen. Möglicherweise würde sich hier jedoch eher eine Kooperationsbereitschaft abzeichnen (= Behördenamtshilfe). 883 Vgl. Ebeling/Böhme (2000), S. 475; Gneuß (2007), S. 171; ähnlich bereits Breycha (1983), Sp. 1378. 884 Vgl. hierfür mit konkretem Bezug auf Preisprüfungen Altmann (1960c), S. 34 und Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller (2020), § 9, Rn. 82 sowie bezogen auf das allgemeine Prüfungswesen Langenbucher (1978), S. 159 sowie Meyer zu Lösebeck (1990), S. 214. Mögliche zusätzliche Prüfungshandlungen neben dem Einholen von Bestätigungen Dritter zur Umsatzverprobung sind nach Hällmayr (2007), S. 1363 auch die Bildung von Erwartungswerten anhand von Auswertungen historischer Verkaufsdaten sowie Margenanalysen. Diese analytischen Prüfungshandlungen sind nach der hier vertretenen Ansicht allerdings nur bedingt aussagekräftig, da Preise und somit auch Gewinnspannen im Zeitablauf in aller Regel Schwankungen unterworfen sind und selbige daher nicht notwendigerweise ein Indiz für falsch ausgewiesene Umsatzakte sein müssen. 885 Siehe hierzu den Vorschlag bei Bettauer (1975), S. 71 f.
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Prüfungs(rest)risiko wird man aber in der überwiegenden Zahl der Fälle leben müssen, da auch dem Prüfer ab einem gewissen Punkt die Hände gebunden sind. Allenfalls wenn offensichtlich ist, dass Auftragnehmer und kontaktierter Geschäftspartner in enger Beziehung zueinander stehen, kann es aufgrund der Befangenheit des Geschäftspartners Anlass geben, die Salden- bzw. Transaktionsbestätigung anzuzweifeln.886 Insofern kann es in Anbetracht der Unsicherheiten bei bilanzierten Forderungen aus Lieferungen und Leistungen bzw. bei verschickten Kundenrechnungen zweckmäßig sein, zur Steigerung des Beweiswertes – wenngleich auch diese Herangehensweise eine Abweichung vom handelsrechtlichen Umsatzakt-Begriff darstellt – zusätzlich den Geldeingang abzuwarten. Aus der Perspektive der externen Rechnungslegung wäre es ungenau und somit unzulässig, „die Rechnungen bis zum Zahlungseingang liegenzulassen und den Umsatz erst dann – eventuell noch wie ein Bargeschäft – in die Bücher aufzunehmen“887 . Umsatzrealisierung erst bei Zahlungseingang ginge ferner mit dem Missstand einher, dass alle Umsatzakte so lange als in der Schwebe anzusehen wären, bis jeder Auftrag „bis auf den letzten Pfennig“ abbezahlt wäre. Zudem ergäbe sich bei länger andauernder Zahlungsabwicklung eine große Diskrepanz zwischen dem eigentlichen Leistungszeitpunkt und der Realisierung der Umsätze.888 Dies wäre vor dem Hintergrund der periodengerechten Erfolgsermittlung eher unbefriedigend. Einzig wenn der Auftraggeber bei Übergabe der Lieferung oder direkt nach Beendigung der Dienstleistung zahlen würde, ergäben sich bei dieser Sichtweise keine Realisationsprobleme.889 Demgegenüber muss auch ein (vollständiger) Zahlungseingang noch keine hinreichende Bedingung für einen abgeschlossenen Umsatzakt bzw. das tatsächliche Bestehen einer vorherigen Forderung sein. Denkbar ist etwa, dass ein Kunde zwecks Inanspruchnahme möglicher Skonti rasche Zahlungen unter Vorbehalt leistet, da die Güteprüfung der bezogenen Lieferung oder Leistung noch ausstehend ist.890
886 Vgl.
Meyer zu Lösebeck (1990), S. 212. (1960), S. 36. 888 So Leffson (1987), S. 259. 889 Vgl. hierzu Leffson (1987), S. 259. Ein solches Vorgehen der Vertragspartner kann aber bei Lieferungen und Leistungen, die auch von der öffentlichen Hand nachgefragt werden, nahezu ausgeschlossen und somit für die vorliegende Untersuchung ausgeklammert werden, weil es sich entweder nicht um Konsumgüter handelt oder aber die bezogenen Konsumgüter in nicht-handelsüblichen Mengen (also nicht über den Einzelhandel) bezogen werden. 890 Vgl. Langenbucher (1978), S. 159. 887 Beine
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Nichtsdestotrotz kann es aus prüfungstheoretischer Sicht durchaus zweckmäßig sein, die Korrektheit von behaupteten Umsätzen nachzuweisen, indem zusätzliche Überprüfungen der Zahlungseingänge durchgeführt werden. Wenngleich sie bei Langfristaufträgen mitunter schwierig nachzuverfolgen und abzugrenzen sein können, sind sie bei kurzfristig fälligen Forderungen durchaus als probates Mittel von hoher Beweiskraft anzuerkennen.891 Im MP-PS allein die Sichtung von Zahlungsbestätigungen zu verlangen, griffe jedoch zu kurz, weil man in aller Regel die Rechnungen und Lieferscheine ebenso benötigen wird, um sicherzustellen, dass die vorherigen Umsatzakte verglichen mit dem zu prüfenden Auftrag tatsächlich gleiche oder im Wesentlichen vergleichbare Leistungen zum Gegenstand hatten. Nicht zuletzt die zur jeweiligen Rechnung „dazugehörigen und vom Empfänger oder Frachtführer quittierten Lieferscheine“892 sind von Interesse, da sie den ordnungsgemäßen Wareneingang beim Kunden belegen und originär über Art und Umfang des Auftragsgegenstandes Auskunft geben sollen. Eher noch als in der Rechnung sind hier also wichtige Zusatzinformationen zu technischen Daten oder Besonderheiten der Produkte enthalten. Nicht selten erfolgt jedoch auch eine Zusammenfassung von Rechnung und Lieferschein in einem Dokument. Für einen ordnungsmäßigen bzw. vertrauenswürdigen Umsatzakt-Nachweis im Rahmen des späteren MP-PS soll vor dem Hintergrund des hier Diskutierten folglich eine Kombination aus den korrespondierenden Belegen Rechnung + Lieferschein + Zahlungseingangsbestätigung als Sollvorstellung vorgegeben werden. Die vorgenannten Überlegungen entfalten vor allem dann praktische Relevanz, wenn der Auftragnehmer neu in den relevanten Markt eingetreten ist und lediglich in jüngster Vergangenheit in Frage kommende Umsatzakte vollzogen hat oder aber der Auftragnehmer – trotz des Vorhandenseins von Rechnungen zu älteren Geschäften – aus taktischen Gründen seine jüngeren Umsatzakte anerkannt sehen will, um einen höheren betriebssubjektiven Marktpreis durchzusetzen (ggf. unter Verschweigen der Umsatzakte älteren Datums).
4.4.2.4 Zum mangelnden Beweiswert von Preislisten Zu dem Problemfeld der Aussagekraft bestimmter Unterlagen des Anbieters ist der Vollständigkeit halber zu ergänzen, dass auch Preislisten nicht als hinreichend belastbare Dokumente für die Marktpreisprüfung anzusehen sind. Durch veröffentliche Preislisten kommt – aus theoretischer Sicht – eine Publizität der Verkaufspreise zustande, welche am Markt nach außen in Form eines dauerhaften Angebots erscheinen, das jeder Marktteilnehmer zu den genannten Konditionen 891 Vgl.
Durchlaub (1978), S. 145; Langenbucher (1978), S. 150 bzw. 159. (2007), S. 494.
892 Weskamp
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annehmen kann, ohne dass erneut ein offizielles Angebot durch den Auftraggeber erbeten werden müsste.893 Nicht selten aber kommt es in der Praxis zu der Situation, dass Listenpreise aufgrund der Schärfe des Wettbewerbs in dem relevanten Markt infolge weiterer Verhandlungen bei der Umsatzrealisierung letztlich doch unterschritten werden.894 Maßgeblich für die Ermittlung des betriebssubjektiven Marktpreises ist daher stets der tatsächlich in Rechnung gestellte bzw. gezahlte Preis und nicht etwa der irgendwann einmal publizierte, ausgedruckte, ausgehängte oder versendete Listenpreis.895 Entsprechend führt der Erste Runderlass betreffend § 4 (1) VO PR 30/53 aus, dass es auch zu einer tatsächlichen „Anwendung“ der Listenpreise am Absatzmarkt kommen muss: „Listenpreise, die allgemein und stetig angewandt werden, sind Preise nach § 4, soweit sie den allgemeinen preis- und wettbewerbsrechtlichen Vorschriften Rechnung tragen.“
Bei unkritischer Anerkennung von bloßen Preislisten bestünde zudem das Risiko, dass sich Anbieter „speziell für die Preisprüfung bei öffentlichen Aufträgen die gewünschten Preise rasch zu einer Liste zusammenstellen“896 . Hierdurch wird erneut Spielraum für manipulative Sachverhaltsgestaltungen eröffnet, was es zu vermeiden gilt. Es genügt also nicht die bloße Existenz von Preislisten, sondern vielmehr müssen die dort publizierten Listenpreise letztlich auch realisiert werden, woraus sich automatisch tiefergehende Prüfungshandlungen ergeben. Wenn Umsatzakte über die interessierende Leistung stattgefunden haben, zählen folglich Preislisten aufgrund fehlender Beweiskraft nicht zu den relevanten Arbeitspapieren einer effektiven und effizienten Marktpreisprüfung wie der spätere MP-PS sie anstrebt. Bei neuen Marktteilnehmern kann es zudem möglich erscheinen, von einem „provisorischen“ oder einem betriebssubjektiven Marktpreis „unter Vorbehalt“ (= sofern es keine anderen Entwicklungen gibt) zu sprechen. Wenn ein im Wettbewerb befindliches Unternehmen noch nicht über Unterlagen zu historischen Geschäften über die marktgängige Leistung verfügt, ein sich zeitnah herauskristallisierender Marktpreis infolge weiterer Umsatzakte jedoch zu erwarten ist, kann
893 Vgl.
Sackerer (1988), S. 81. Müller (1993), S. 34. 895 Vgl. Altmann (1978b), S. 601; Däumler/Grabe (1984), S. 20; Anspach/Walitschek (1984), S. 72; Möllhoff (1985), S. 168; Sackerer (1988), S. 33 und 81 f.; Hertel/Ludwig (1992), S. 73; Müller (1993), S. 34; Noelle/Rogmans (2002), S. 140. 896 So bereits Tschierswitz (1955), S. 265. 894 Vgl.
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die Preisbeurteilung gewissermaßen auf Wiedervorlage gelegt und das fristgerechte Beibringen zusätzlicher Umsatzunterlagen durch den Anbieter abgewartet werden. Perspektivisch kann so ein vorbehaltlicher betriebssubjektiver Marktpreis in einen echten betriebssubjektiven Marktpreis umgemünzt werden.897 Die Aussage Kochs, „daß bei Vertragsschluss der zu vereinbarende Marktpreis mangels ausreichender Umsatzakte in der Vergangenheit nicht haltbar sein könnte, und damit eine Abrechnung nach Selbstkosten erforderlich werden könnte“898 , gilt daher auch nur insoweit, als in der Phase nach der öffentlichen Auftragsvergabe keine entsprechenden Folgeumsätze über die in Rede stehende oder eine vergleichbare Leistung vom Auftragnehmer zur Bestätigung des (einstweilen noch nicht gefestigten) Marktpreises mehr getätigt werden konnten. Die Mitteilung der Unternehmensvertreter, dass zeitnah weitere Umsatzakte wahrscheinlich folgen werden, ist prüfungstheoretisch als „Prognose“ aufzufassen. Prognosen sind gemeinhin „Aussagen über Ereignisse und Zustände, die erst in Zukunft eintreten werden“899 . Prognosen können – bzw. müssen mitunter – im Rahmen von „Prognoseprüfungen“ plausibilisiert und beurteilt werden. Die SollIst-Vergleiche bestehen hier in der Gegenüberstellung der verkündeten Prognose mit der eigenen Prognose des Prüfers zu demselben Sachverhalt. Prognoseprüfungen gestalten sich jedoch zumeist sehr schwierig, weil Prognosen auf eine noch nicht bestehende Realität bezogen und daher nicht anhand von Tatsachen ad hoc verifizierbar oder testierbar sind.900 Zudem dürften sehr konkrete Vorhersagen des Unternehmens wie etwa zur Anzahl und Höhe weiterer Umsatzakte sowie deren Eintrittszeitpunkt nur in den seltensten Fällen exakt zutreffen; „man muß sogar annehmen, daß die Wahrscheinlichkeit des Eintreffens einer Prognoseaussage zu ihrer Genauigkeit in einem umgekehrten Verhältnis steht“901 . Da insbesondere zutreffende Prognosen in Bezug auf die zukünftigen Absatzchancen eines Unternehmens oder die Branchenentwicklung – auch für die Unternehmen selbst – als sehr schwierig gelten, „kann man eine solche Prognose auch vom Prüfer 897 Vgl.
Müller (2005), S. 108; Anspach/Walitschek (1984), S. 71; Michaelis/Rhösa/Pauka (1954 ff.), § 4, S. 11 f. 898 Koch (1983), S. 1585. 899 So Mandl/Jung (2002), Sp. 1699, denen zufolge Prognosen insoweit auch nicht mit Schätzungen verwechselt werden dürfen, da Schätzungen Aussagen über Ereignisse oder Zustände darstellen, „die bereits in der Vergangenheit eingetreten sind, sich aber dennoch aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen einer unmittelbaren Beobachtung oder Messung entziehen“. 900 Vgl. Bechtel/Köster/Steenken (1976), S. 214; Hagest/Kellinghusen (1977), S. 408. 901 So Hagest/Kellinghusen (1977), S. 410; ähnlich auch Baetge (1980b), S. 454 f. sowie Rückle (1984), S. 64.
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nicht erwarten“902 . Damit eine Prognose dennoch mittels eines ex ante Soll-IstVergleichs geprüft werden kann, bedarf es einer Offenlegung der Beweggründe für die getroffene Prognose. Um ausschließen zu können, dass die jeweilige Prognose auf Willkür oder reiner Spekulation beruht, benötigt man insofern „nachprüfbare Fakten“903 . Hieraus ergibt sich, dass bei einer Prognoseprüfung nicht die isolierte Prognoseaussage, sondern „die Aussage unter Einbeziehung des gesamten Herleitungsmodus“ zum Prüfungsgegenstand gemacht werden muss.904 Neben einer globalen Erlangung eines Anhalts über die Umsatzentwicklung „aus volkswirtschaftlichen Daten wie Konjunktur, Inflation und Beschäftigung … kann der Umsatz auch prognostiziert werden, indem die individuellen Teilprognosen der Verkaufsmitarbeiter zusammengefasst werden“905 . Aus preisrechtlicher Sicht sollten, um tatsächlich ein hohes Maß an Prognosesicherheit zu erlangen, überdies seitens des Unternehmens entsprechende Angebotsschreiben, neu erstellte Preislisten, sich anbahnende Verkaufskorrespondenzen oder dgl. vorgelegt werden, wobei mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen sein muss, dass aus den Verkaufsbemühungen tatsächlich relativ zeitnah weitere verwertbare Aufträge erwachsen werden.906 Nicht jedoch wäre es erforderlich, einen ursprünglich zu Recht vereinbarten Selbstkostenpreis im Falle einer fortgeführten Aktivität am Markt nachträglich in einen Marktpreis umzuwandeln, sollte sich ein solcher in der Folge herauskristallisiert haben. Die Preisabrede im Vertrag bleibt in diesen Fällen für den einzelnen Auftrag bestehen, weil später eingetretene Umstände wirksam abgeschlossene Verträge grundsätzlich unangetastet lassen und sich somit die normative Wirkung der Preistreppe mitsamt ihrem Marktpreisvorrang allein auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses bezieht.907 Der Vollständigkeit halber sei zudem angemerkt, dass im Rahmen der Feststellung der preislichen Verkehrsüblichkeitsprüfung vereinzelte Freundschaftsbzw. Gefälligkeitspreise – also auffällig niedrige Preise bei Lieferungen an nahestehende Personen – außer Acht gelassen werden sollen, da es sich um 902 Bechtel/Köster/Steenken
(1976), S. 215. Arbeitskreis „Externe und Interne Überwachung der Unternehmung“ der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V. (2003), S. 106 f.; ähnlich auch bereits Sieben/Bretzke/Raulwing (1976), S. 188; Bechtel/Köster/Steenken (1976), S. 215; Hagest/Kellinghusen (1977), S. 413; Rückle (1984), S. 69; Mandl/Jung (2002), Sp. 1704. 904 So Hagest/Kellinghusen (1977), S. 409. 905 Mandl/Jung (2002), Sp. 1705. 906 Vgl. ähnlich auch Sackerer (1988), S. 80. 907 Vgl. Michaelis/Rhösa/Pauka (1954 ff.), § 1, S. 5. 903 So
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Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
außergewöhnliche Ereignisse handelt.908 Natürlich sollte nicht jede auffällig niedrige Preisvereinbarung automatisch als Gefälligkeitsgeschäft gewertet werden. Um zu erkennen, ob es sich in Zweifelsfällen tatsächlich um Gefälligkeitspreise handelt, regt Tschierswitz an, der Preisprüfer möge in die im Vorfeld des Vertragsschlusses mit dem nahestehenden Unternehmen erfolgte Korrespondenz Einblick nehmen.909 Abgesehen davon, dass eine solche Prüfungshandlung mitunter stark in die Privatsphäre des Auftragnehmers vordringen würde, darf nicht in Vergessenheit geraten, dass der Auftragnehmer beim Beibringen interner Unterlagen zu Umsatzakten durchaus über gewisse Freiräume aufgrund von Informationsvorteilen verfügt. Bei lebensnaher Betrachtung kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Auftragnehmer dem Preisprüfer ausgerechnet diejenigen Umsatzakte vorlegen wird, die aufgrund von Gefälligkeit zu besonders günstigen Preisen zustande gekommen sind, da er sich hiermit unnötigerweise der Gefahr einer Erlöskürzung im öffentlichen Auftrag aussetzen würde. Die besondere Kategorie der Gefälligkeitsgeschäfte mit anderen Unternehmen ist somit als eher randständiges bzw. theoretisches Problem zu betrachten und soll daher im späteren MP-PS nicht weiter beachtet werden.
4.4.3
Abgeleitete Marktpreise
Auf Basis der Intention des Verordnungsgebers, den Marktpreis im öffentlichen Auftragswesen zur zentralen Größe bzw. zum Regelfall zu erheben, ergeben sich einige weitere Grundsätze, die bei der korrekten Ermittlung des Soll-Preises zu befolgen sind. So fordert der Verordnungsgeber, den Marktpreisvorrang möglichst weit auszulegen und im Einzelfall konsequent durchzuexerzieren. Dies belegt nicht zuletzt der Erste Runderlass betreffend § 4 (2) VO PR 30/53: „Die zur Durchsetzung marktwirtschaftlicher Grundsätze auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens erlassenen neuen Vorschriften mußten den Kreis der Leistungen, für die die Preisermittlung nicht auf Grund von Selbstkosten sondern nach dem Markt erfolgt, soweit wie möglich ausdehnen. Daher bestimmt die Verordnung in § 4 Abs. 2, daß für Güter oder Leistungen, die in ihrer Ausführung von den normalen marktgängigen Leistungen abweichen, jedoch noch mit diesen im wesentlichen vergleichbar bleiben, keine Selbstkostenpreise zu bilden sind.“
908 Vgl. 909 Vgl.
Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller (2020), § 4, Rn. 66. Tschierswitz (1955), S. 266.
4.4 Marktpreisbildung auf dem allgemeinen Markt
315
„Soweit wie möglich ausdehnen“ impliziert das Ansinnen des Verordnungsgebers, in Zweifelsfragen in Bezug auf den Marktpreis „eine freiere und großzügigere Beurteilung anzuwenden“910 . Es soll also im Zweifel zugunsten des Marktpreises entschieden werden. Nach dem Willen des Verordnungsgebers ist es also angezeigt, den Marktpreis nicht nur in denjenigen Fällen als Soll-Preis heranzuziehen, in denen Vertragsleistung und Referenzleistung vollkommen identisch sind, sondern auch in Fällen, in denen die Vertragsleistung „im wesentlichen“ mit der Referenzleistung „vergleichbar“ ist. Man hat es an dieser Stelle also mit gleich zwei unbestimmten und daher auslegungsbedürftigen Rechtsbegriffen zu tun. Was gemeinhin unter wesentlich und vergleichbar zu verstehen ist, wurde bereits oben in den prüfungstheoretischen Vorüberlegungen (Kapitel 3) geklärt.911 Das preisrechtliche Schrifttum ist sich weitgehend einig, dass die Existenz einer wesentlichen Vergleichbarkeit anhand des Merkmals technischer Gesichtspunkte – also qualitativen, konstruktionsbezogenen und/oder funktionalen Produkteigenschaften – festzustellen sei.912 Mithin gilt, dass sich auch eine zuvor bereits verkaufte Leistung, die teilweise über die gleichen qualitativen bzw. funktionalen Produktmerkmale wie die Vertragsleistung verfügt, zum Ableiten eines Marktpreises in dem vorliegenden Fall verwendet werden kann. Dadurch aber, dass dies laut Verordnungsgeber nicht bloß für vergleichbare, sondern für „im wesentlichen vergleichbare“ Leistungen gelten soll, wird davon auszugehen sein, dass das Vorliegen lediglich eines gleichen Merkmals für einen Preis nach § 4 (2) noch nicht ausreicht. Durch die Ergänzung „im wesentlichen“ wird suggeriert, dass die Vergleichbarkeit in bedeutsamem, entscheidendem, nennenswertem bzw. erheblichem Maße gegeben sein soll, d.h. dass offenbar mehrere gemeinsame Leistungsmerkmale gegeben sein sollten. Dies bestätigt auch unter Ziffer 6 a) der Erste Runderlass, der im Zweifel auf mehrere fertigungstechnische Komponenten bzw. Teile abzielt:
910 Altmann
(1978a), S. 1579. wesentlichen vergleichbar“ möge demnach soviel wie „in nennenswertem bzw. erheblichem Umfang mit gleichen Merkmalsausprägungen versehen“ bedeuten. 912 So auch schon früh Ebisch/Gottschalk (1962), § 4, Rn. 7; auch Grochla (1954), S. 21, geht davon aus, dass die in Rede stehenden Leistungen „mit den entsprechenden marktgängigen Leistungen die Grundkonstruktion gemeinsam haben“ müssen; ebenso Sackerer (1988), S. 37; Müller (1993), S. 55; Noelle/Rogmans (2002), S. 141; Müller (2018), S. 557. 911 „Im
316
4
Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
„Das Erzeugnis muß jedoch mit der üblichen marktgängigen Leistung wenigstens noch in seinen wesentlichen Bestandteilen übereinstimmen.“
Die Situation, dass sich von einem Anbieter abgesetzte Leistungen nicht komplett gleichen, dürfte nach Ansicht des Verfassers heutzutage fast der Regelfall sein. Wenn eine solche im Wesentlichen vergleichbare Leistung bei dem in Rede stehenden Anbieter identifiziert werden konnte, fungiert deren Marktpreis als Bemessungsgrundlage und die Abweichungen zur Vertragsleistung sollen sodann – entweder über eigene Marktpreise der Mehr- oder Minderleistungen, – nach dem Nutzungs- oder Gebrauchswert der in Auftrag gegebenen Leistung oder notfalls – über kostenmäßige Zu- oder Abschläge kalkulatorisch erfasst werden, wobei in aller Regel nur die erste oder die dritte Variante praktikabel erscheint, weil der Nutzungs- oder Gebrauchswert nicht objektiv messbar und somit sehr strittig ist. Die Folge dieser rechnerischen Prozedur ist der sog. „abgeleitete Marktpreis“913 . Die obige Maßgabe, Abweichungen zu der marktgängigen Leistung nach Möglichkeit wiederum über eigene Marktpreise zu bewerten, mündet in dem Befund, dass es sich bei den jeweiligen Mehroder Minderleistungsbestandteilen ebenfalls um „marktgängige“ Leistungen im Sinne der VO PR 30/53 gemäß der üblichen Nachweisführung handelt. So führt auch der Erste Runderlass hierzu unter Verwendung des Plurals („Bestandteile“) unter Ziffer 6 a) Nr. 4 aus: „Sind Bestandteile einer Gesamtleistung im wesentlichen mit marktgängigen Leistungen vergleichbar, so gelten alle für marktgängige Leistungen in dieser Verordnung enthaltenen Bestimmungen auch für diese Bestandteile.“
Voraussetzung dürfte hierbei jedoch sein, dass für die verschiedenen Bestandteile einer Gesamtleistung nachweislich separate Marktpreise existieren, d. h. dass diese üblicherweise vom Auftragnehmer in für Dritte nachvollziehbarer Form separat im Sinne eines Baukastensystems publiziert und fakturiert werden. 913 Vgl.
hierzu Böttcher (1958), S. 80; Müller (1970), S. 52 ff.; Engel (1983), S. 51 f.; Berndt (1983), S. 12; Däumler/Grabe (1984), S. 21; Anspach/Walitschek (1984), S. 71; Möllhoff (1985), S. 177 ff.; Sackerer (1988), S. 34 ff.; Hertel/Ludwig (1992), S. 72; Müller (1993), S. 54 ff.; Birgel (1994), S. 102 f.; Hertel (1998), S. 32 f.; Franz (2007), S. 1042; Dierkes/Hamann (2009), S. 213 ff.; Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller (2020), § 4, Rn. 104 ff.; Hoffjan/Mengis (2017), S. 440; Müller (2018), S. 557.
4.4 Marktpreisbildung auf dem allgemeinen Markt
317
Der Gesamtpreis der Gesamtleistung wird sich dann aus dem Zusammenspiel der einzeln identifizierten Marktpreise der Bestandteile ergeben, wobei sich die Preisermittlung stets nach demselben logischen Ansatz vollzieht, unabhängig davon, wie viele marktgängige Bestandteile sich zu einer Gesamtleistung zusammensetzen und wie die Einzelpreise wertmäßig zueinander im Verhältnis stehen. Kommt es jedoch – wie in der Praxis dem Vernehmen nach am ehesten zu beobachten – zu kostenmäßigen Zu- oder Abschlägen, so sind hiermit keineswegs rein herstellkostenbasierte Berechnungen beabsichtigt. In einem Rundschreiben des Bundeswirtschaftsministeriums vom 04.07.1958914 wird vielmehr die Position vertreten, dass herstellkostenbasierte Zu- oder Abschläge unerwünschter Weise dazu führen würden, dass der öffentliche Auftraggeber anders (besser) behandelt würde als ein privater Nachfrager. Es müsse vielmehr der Marktpreis approximiert werden, den ein privater Nachfrager am Markt bezahlen müsste, wenn die zur marktgängigen Leistung vergleichbare Leistung allgemein vermarktet würde. Hierbei müsse bedacht werden, dass die Mehr- oder Minderleistungen vom Anbieter in gleicher Weise bepreist würden wie die marktgängige Leistung. Bei den Zu- oder Abschlägen auf den Marktpreis der marktgängigen Leistung müsse also stets eine Marge berücksichtigt werden, die „der im Preis der marktgängigen Leistung enthaltenen Differenz zwischen Herstellkosten und Verkaufspreis entspricht“ und die „insbesondere Gemeinkosten und Gewinn beinhaltet“. Folgendes Beispiel diene zur Veranschaulichung:915
914 In
Teilen abgedruckt bei Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller (2020), § 4, Rn. 128. Beispiel ist angelehnt an Sackerer (1988), S. 36. Darüber hinaus sei der Volständigkeit halber angemerkt, dass sich bei einer möglich erscheinenden Marktpreisbewertung der Mehr- oder Minderleistung natürlich der Aufschlag der separat berechneten Gewinnmarge erübrigt, weil eine solche in den Marktpreisen für die Mehr- oder Minderleistungen bereits enthalten ist (im Übrigen nicht notwendigerweise stets in derselben Höhe über alle Teilleistungen hinweg).
915 Das
318
Betriebssubjektiver Marktpreis (BMP)marktgängige Leistung Herstellkosten (HK)marktgängige Leistung Differenz zwischen BMP und HK HKMinderleistung gemäß einer Vorkalkulation ./. HKMehrleistung gemäß einer Vorkalkulation + Kostendifferenz Faktor 1,37 auf Kostendifferenz Abgeleiteter Marktpreis gemäß § 4 (2) VO PR 30/53
4
Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
10.000,– e 7.300,– e 2.700,– e (≙ 37 % „Marge“) 1.500,– e 3.100,– e 1.600,– e 2.192,– e 12.192,– e
Wie ersichtlich wird, bedarf es zu der obigen Berechnung zeitnah verwertbarer Unterlagen in Bezug auf die Herstellkosten916 der Leistung. Wenn diese in dem geprüften Betrieb nicht vorliegen, können die Mehr- oder Minderkosten behelfsweise in Anlehnung an die LSP berechnet und anhand des Betriebsergebnisses (operatives Ergebnis) Rückschlüsse auf den anzusetzenden Gewinn oder Verlust gezogen werden.917 Ohnehin gilt, dass wenn ein LSP-konformes Rechnungswesen im Unternehmen schon existiert, die Herstellkosten gemäß LSP zu kalkulieren sind.918 Andernfalls können – da sich die Prüfungshandlungen hier noch immer im Bereich der Marktpreisprüfung bewegen und auch hier der Wesentlichkeitsgrundsatz greift – gewisse Vereinfachungen zur Ermittlung der Zu- oder Abschläge vorgenommen werden, denn die dortige „Kostenprüfung ist
916 Bei
den Herstellkosten handelt es sich um die bei der Erstellung von Lieferungen oder Leistungen anfallenden Kosten. Sie setzen sich im Wesentlichen aus den Materialeinzel- und Materialgemeinkosten sowie den Fertigungseinzel- und Fertigungsgemeinkosten zusammen. Zu den Fertigungsgemeinkosten rechnen auch kalkulatorische Kosten wie Abschreibungen und Zinsen; der Herstellkosten-Begriff ist demnach der kostenrechnerischen Sichtweise zuzuordnen, während der Herstellungskosten-Begriff der bilanziellen Sichtweise entstammt. „Im Falle einer Verwendung betriebswirtschaftlich orientierter Bilanzierungs- und Bewertungsgrundsätze (wie etwa in der amerikanischen oder der internationalen Rechnungslegung; Anm. d. Verf.) nähern sich die beiden Begriffe … weitgehend an“, so Auer (2002), Sp. 667 f. 917 Vgl. Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller (2020), § 4, Rn. 130. 918 Vgl. Sackerer (1988), S. 37.
4.4 Marktpreisbildung auf dem allgemeinen Markt
319
zwar zwingend, sie hat aber dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit und der Angemessenheit des Prüfungsumfangs zu entsprechen und darf nicht dem Umfang einer Selbstkostenprüfung gleich kommen“919 . Wie bereits angemerkt ist es fraglich, wann noch von einer zu einer marktgängigen Leistung vergleichbaren Leistung gesprochen werden kann und ab wann von Individualleistungen zu Selbstkostenpreisen (mit Marktpreisbestandteilen) die Rede sein muss. Eine kostenbasierte Preisableitung in der oben dargestellten Form soll nur möglich sein, sofern sich die Preisabweichung wertmäßig unterhalb des Preises der marktgängigen Leistung bewegt.920 Im Umkehrschluss genügt es sozusagen, wenn die bei den verglichenen Umsatzakten übereinstimmenden wesentlichen Leistungsbestandteile wertmäßig mindestens 50,1 % des abgeleiteten Marktpreises ausmachen, um noch von vergleichbaren Leistungen sprechen zu können. Mit einer solchen heuristischen Entscheidungsregel bewegt man sich zwar durchaus in die Richtung einer – prüfungstheoretisch nicht unproblematischen – starren Wesentlichkeitsgrenze, doch handelt es sich hier um einen großzügigen Korridor, der dem Marktpreisvorrang den breiten Raum zukommen lässt, der ihm gebührt. Der großzügige Korridor ist ferner technisch gerechtfertigt. Ohne weiteres vorstellbar ist nämlich etwa der Beispielfall, bei dem der Auftraggeber es wünscht, industrielle Zubehörteile für wehrtechnische Zwecke mit einer besonders widerstandsfähigen und/oder radarabsorbierenden Beschichtung als nicht marktgängige Leistung zu versehen. Hier kann die Beschichtung als in dem Beispiel einzige eingeforderte Mehrleistung je nach zu bearbeitendem Zubehörteil durchaus gegen die wertmäßige Höhe des betriebssubjektiven Marktpreises des im Mittelpunkt stehenden Zubehörteils konvergieren. Trotz des großen preislichen Unterschiedes liegen hier aber Produkte vor, die bis auf die Beschichtung völlig identisch sind und somit offenkundig unter technischen Gesichtspunkt klar vergleichbar sind. Zudem ist diese Regelung insoweit plausibel, als sich andernfalls bei einem Minderleistungsüberhang auch negative abgeleitete Marktpreise ergeben könnten, was absurd wäre, weil sonst der Auftragnehmer dem Auftraggeber auch noch Geld zahlen müsste, damit dieser ihm die Leistung abnimmt. Die Preisableitungsmöglichkeiten im Sinne des § 4 (2) VO PR 30/53 stoßen somit hier gewissermaßen an eine logische Grenze.
919 So
überzeugend Birgel (1994), S. 129. ähnlich bereits Sackerer (1988), S. 36.
920 Vgl.
320
4.4.4
4
Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
Modifizierte Marktpreise
In Ergänzung zu dem Vorstehenden besagen § 4 (3) und (4) VO PR 30/53, dass dem öffentlichen Auftraggeber zum einen die gleichen Vorteile in Form von Rabatten, Boni, Skonti oder besonderen Lieferbedingungen zu gewähren sind wie sie Dritten in vergleichbaren Fällen üblicherweise (nicht bloß einmalig bzw. ausnahmsweise!) zugebilligt wurden.921 Zum anderen wird gefordert, dass besondere Konditionen des in Rede stehenden Auftrags wie eine besondere Auftragsgröße, die Überlassung von Personal, Material oder Kapital, die Deckung von Sonderaufwendungen für Entwicklungen oder Entwürfe durch den öffentlichen Auftraggeber, die Einsparung von Kosten bei Selbstabholung bzw. Verpackungs- und Frachtkosten, Transportversicherungen und üblicherweise gewährte Zahlungsziele preislich berücksichtigt werden. Man spricht hierbei auch vom modifizierten Marktpreis.922 Anders als § 4 (2) VO PR 30/53 beziehen sich der dritte und vierte Absatz nicht auf Fälle mit andersartigen (wenn auch vergleichbaren) Leistungen, sondern auf Fälle mit identischen Leistungen. Es gilt also hier, nicht die Leistungsbeschaffenheit zu analysieren, sondern lediglich die Preisermittlung und die Nebenkonditionen bei ansonsten gleichen Lieferungen und Leistungen.923 Durch das Abzielen auf die Art und Weise, wie der Auftragnehmer Preiszu- und -abschläge aufgrund bestimmter Auftragsbedingungen sowie Rabatte, Boni, Skonti usw. in realen Vertragsschlüssen (bisher) berücksichtigt (hat), kann in Bezug auf den modifizierten
921 Einen
anschaulichen Überblick über die vielen verschiedenen Rabatttypen in der Praxis liefert bereits Dörinkel (1960), S. 8. 922 Die geforderte preisliche Modifizierung kann bisweilen auch in einer Anhebung des sonst üblichen Marktpreises resultieren, so bspw. bei Ausbleiben sonst üblicher Vorauszahlungen, längeren Zahlungszielen, Lieferung frei Haus statt ab Werk, speziellen Verpackungswünschen usw.; vgl. zu alledem Ebisch/Gottschalk (1962), § 4, Rn. 10; Müller (1970), S. 54 ff.; Berndt (1983), S. 13; Sackerer (1988), S. 39; ferner auch Gottschalk (1959), S. 24; Däumler/Grabe (1984), S. 21; Anspach/Walitschek (1984), S. 71; Müller (1993), S. 60 ff.; Birgel (1994), S. 105; Franz (2007), S. 1042; Hoffjan/Mengis (2017), S. 440. Im Übrigen sei angemerkt, dass vom Auftragnehmer erhaltene Lieferantenskonti nach allgemeiner Auffassung nicht an den öffentlichen Auftraggeber durchgereicht werden müssen, so Birgel (1994), S. 103. 923 Vgl. Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller (2020), § 4, Rn. 157.
4.4 Marktpreisbildung auf dem allgemeinen Markt
321
Marktpreis von der sog. „Preisstellung“924 als Beurteilungsmaßstab ausgegangen werden. Im Übrigen kommt einem ordnungsgemäß vollzogenen und von Wettbewerb geprägten Vergabeverfahren auch in Bezug auf die hier diskutierten modifizierten Marktpreise eine gesteigerte Wertigkeit zu, als die dort ermittelten Preise keine Modifizierungen mehr erfahren sollen. Hierzu erneut der Erste Runderlass: „Wenn im Rahmen der wettbewerblichen Preisbildung auf Grund einer ordnungsgemäßen Ausschreibung der Zuschlag nach den einschlägigen Bestimmungen pflichtgemäß erteilt wird, ist davon auszugehen, daß diese ordnungsgemäß zustande gekommenen Ausschreibungspreise den Bestimmungen des § 4 Abs. 3 und 4 Rechnung tragen.“
Die Ausführungen zum abgeleiteten bzw. modifizierten Marktpreis deuten bereits an, dass die Marktpreisprüfung bei ihnen auch den Charakter einer rechnerischen Prüfung annimmt, während sie ansonsten eher in analytischen Prüfungshandlungen, insbesondere Plausibilitätsbeurteilungen bzw. Verprobungen, besteht.925 Nachfolgende Abbildung 4.11 stellt sämtliche potentiellen Marktpreisausprägungen sowie die Art ihrer Überprüfung – bzw. im Falle der Vertragspartner ihrer vertraglichen Kontrolle – noch einmal überblicksartig dar.
924 Zur
betriebssubjektiven „Preisstellung“ mittels besonderer Maßnahmen wie „etwaige Zu- und Abschläge“ sowie „etwaige Erlösschmälerungen (Rabatte, Skonti usw.)“ vgl. Paul/Reckenfelderbäumer (2001), S. 644. 925 So auch Müller (1970), S. 104.
322
4
Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
Abb. 4.11 System möglicher Marktpreistypen im Überblick. (Auch der Marktpreis auf dem „Ausschreibungsmarkt“ sollte als (betriebs-)subjektiver Marktpreis angesehen werden, weil es – anders als auf einem Börsenmarkt – nicht einen einzigen, für alle Anbieter geltenden Marktpreis gibt, sondern im Vergabewettbewerb jeder Bieter seinen eigenen Preis individuell festlegt und mit diesem entweder erfolgreich ist oder eben nicht. Nachrichtlich: Das kalkulatorische Vorgehen bei der Bildung sowie der Prüfung und Kontrolle von abgeleiteten Marktpreisen mit kostenmäßiger Bewertung der Mehr-/Minderleistung entspricht vom Grundsatz her – sofern man einmal von Frage abstrahiert, ob die Kostenableitung im Einzelfall LSP-getreu erfolgt – dem Vorgehen bei Selbstkostenpreisen mit Marktpreisbestandteilen. Im Kern liegt hier dieselbe Art der Preisbildung vor, nämlich eine Mischform aus Markt- und Kostenpreisbildung, lediglich die Bezeichnung ist eine andere.)
4.4.5
Marktpreise als Output von Angebotskonfigurator-Systemen
In Ergänzung zu den vorgenannten Einlassungen über abgeleitete und modifizierte Marktpreise ist ebenso das Themengebiet der automatischen Angebotskonfiguratoren, welche im Absatzprozess der Auftragnehmer heutzutage vielerorts zur
4.4 Marktpreisbildung auf dem allgemeinen Markt
323
Anwendung gelangen, diskussionswürdig. Nicht zuletzt Hinweise von Praktikern des öffentlichen Preisrechts haben den Verfasser auf dieses Thema aufmerksam gemacht, welches offenbar im Begriff ist, zunehmend wichtiger zu werden. Es ist durchaus denkbar, dass sich – spätestens in einigen Jahren – fast jeder Preisprüfer mit solchen Systemen wird auseinandersetzen müssen. Bei Angebotskonfiguratoren handelt es sich in aller Regel um datenbankbasierte und an das ERP-System des Unternehmens gekoppelte Anwendungsprogramme zur variantenreichen Produkt- und Leistungsgestaltung.926 Durch die Verwendung standardisierter Teile aus einem Baukasten werden die Herstellkosten gesenkt, während durch die vielfältigen Kombinationsmöglichkeiten der Kundennutzen gesteigert wird.927 Auf diese Weise partizipieren Anbieter und Nachfrager zugleich, da annähernd die „Produktionsstruktur einer Serienfertigung verbunden mit der Kundenorientierung des Anlagenbaus“928 gewährleistet werden kann. Im Zuge eines schrittweisen Vorgehens wird im Wege mehrerer Iterationen eine sukzessive Annäherung an die Kundenbedürfnisse sichergestellt.929 Der Vertriebsprozess „kann sehr komplex werden“930 und erschwert den Vergleich von historischen Umsatzakten auf Basis von Rechnungen und anderen Verkaufsbelegen im Rahmen der Preisprüfung mitunter erheblich. In Abbildung 4.12 ist der grobe Aufbau eines typischen Angebotskonfigurator-Systems schematisch dargestellt. Die EDV-Programmerstellung wird häufig von der Entwicklungs- und der Vertriebsabteilung gemeinsam begleitet. Systemseitig sind dann die technischen Leistungsparameter und die Komponenten-Verkaufspreise gleichermaßen hinterlegt.931 Die automatische und meist herstellkostenbasierte Angebotspreisermittlung erfolgt im Rahmen der praktischen Anwendung gemäß Fischer wie folgt:
926 Vgl. Fischer (2008), S. 213. Softwareprogramme zur variantenreichen Produkt- und Angebotskonfiguration werden inzwischen von diversen IT-Unternehmen als Standardsoftware angeboten, vgl. hierzu die Ergebnisse einer Markterkundung bei Gronau/Schmid (2005), S. 55 ff. Angebotskonfiguratoren können aber auch als Individualsoftwarelösungen vorliegen. 927 Vgl. Diller (1993), S. 270; Fleischanderl/Friedrich/Haselböck/Schreiner/Stumptner (2001), S. 352; Bartuschat/Krawitz (2006), S. 207. 928 Bartuschat/Krawitz (2006), S. 208. 929 Vgl. Polak (2008), S. 2. 930 Fleischanderl/Friedrich/Haselböck/Schreiner/Stumptner (2001), S. 349. 931 Vgl. Fischer (2008), S. 198.
324
4
Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
Abb. 4.12 Aufbau eines Angebotskonfigurator-Systems. (Entnommen aus Fischer (2008), S. 214.)
„Mit der Bestimmung der Maschinen und Komponenten, welche für die Angebotserstellung herangezogen werden können, wird die Möglichkeit geschaffen, für sämtliche dieser Bausteine ‚geprüfte‘ Kosten zu hinterlegen. Damit kann für jede vom Systemnutzer gewählte Anlagenkonfiguration in Kombination mit hinterlegten Kalkulationsschemata eine automatische Angebotspreisberechnung für die Anlage und deren einzelnen Konfigurationsbausteine erfolgen. So erhält der Vertriebsmitarbeiter mit Hilfe des Systems unmittelbar nach Abschluss der Anlagenkonfiguration Kenntnis über den Angebotspreis und kann dem Kunden die Auswirkungen von technischen Änderungen auf diesen Preis darstellen.“932
Nach Diller, der in diesem Zusammenhang von „Preisbaukästen“ spricht, ist ferner zu betonen, dass nicht selten Liefer- und Dienstleistungskomponenten zugleich zu einem Gesamtpaket geschnürt werden:
932 Fischer
(2008), S. 213.
4.4 Marktpreisbildung auf dem allgemeinen Markt
325
„Wenn beispielsweise die TELEKOM für den Anschluß eines Telefons, den Betrieb einer Vermittlungsanlage, die Nutzung bestimmter Apparatetypen und/oder die Nutzung der Leitungen zu bestimmten Zeiten jeweils spezifische, eventuell je nach Ausführung sogar differenzierte, in jedem Fall aber getrennt ausgewiesene Preise fordert, entspricht dies einem typischen Preisbaukasten.“933
Die Eingabemaske zur Konfiguration des variantenreichen Produkts kann bspw. wie in den nachfolgenden Abbildungen 4.13 und 4.14 aussehen. Die Schaubilder deuten bereits an, dass der Angebotskonfigurator in aller Regel „die Darstellung der Preise und den Ausdruck vollständiger Angebotsbeschreibungen“934 ermöglicht.
Abb. 4.13 Eingabemaske eines Angebotskonfigurators (Beispiel 1). (Entnommen aus Fischer (2008), S. 217.)
Stets ist – auch gemäß vernommener Hinweise aus dem Kreise der Praktiker – im Hinterkopf zu behalten, dass allein die Nutzungseigenschaften der Gesamtleistung für den Auftragnehmer im Paket relevant sind und somit die
933 Diller
(1993), S. 270. (2006), S. 215.
934 Bartuschat/Krawitz
326
4
Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
Abb. 4.14 Eingabemaske eines Angebotskonfigurators (Beispiel 2). (Entnommen aus Bartuschat/Krawitz (2006), S. 216.)
Gesamtleistung einen eigenen sachlich relevanten Markt vorgibt. Dieser wettbewerbliche Aspekt ist aus Sicht der Prüfung durchaus sehr wesentlich, denn „für die Unternehmen ergeben sich beim Angebot eines maßgeschneiderten Produkts viele Vorteile, wesentlich ist das Alleinstellungsmerkmal; die individualisierte Produktvariante ist häufig in der gleichen Art bei einem Mitbewerber nicht erhältlich“935 . Dies muss jedoch nicht zwangsläufig der Fall sein. Auch komplexe modular aufgebaute Produkte mit Sonderfunktionen können durchaus in vergleichbarer Zusammensetzung von mehreren Unternehmen in dem relevanten Markt angeboten werden. Ein typisches Fallbeispiel, das sich auf ein militärisches Vehikel auf Grundlage der „G-Klasse“ der Daimler AG bezieht, ist in nachfolgender Abbildung 4.15 illustriert. Die „Marktgängigkeit“ der im Wettbewerb stehenden 935 Stormer
(2007), S. 322.
4.4 Marktpreisbildung auf dem allgemeinen Markt
327
Gesamtleistung färbt dann auf die einzelnen Teilleistungen bzw. Komponenten ab, die für sich betrachtet somit auch zu „marktgängigen“ Leistungen werden. Denn die Wettbewerbsbeziehung auf der Ebene der sehr speziellen Gesamtleistung konnte sich ja nur einstellen, weil die Konkurrenzanbieter nicht nur vergleichbare Basisleistungen, sondern auch vergleichbare Zusatzleistungen im Angebot haben.
Abb. 4.15 Im Wettbewerb stehende, modular aufgebaute Spezialgüter. (Entnommen aus Radl (2012), S. 90.)
Selbst wenn die Leistungen – wie im obigen Beispiel – im Wettbewerb stehen und somit als „marktgängige“ Leistungen zu werten sind, ist eine Nachweisführung über das Vorliegen von Marktpreisen aufgrund der sehr hohen Zahl integrierter Module zumeist kompliziert. Gleichwohl sollte der Versuch unternommen werden, sich über eine Betrachtung der Teilleistungen einem Nachweis von abgeleiteten (und ggf. modifizierten) Marktpreisen zu nähern. Bei stark individuell zusammengefügten Leistungen und einem zugleich großen Pool verfügbarer Teilleistungen und Varianten werden sich vorherige Umsatzakte über Leistungen mit klar erkennbar vergleichbar konfigurierten Zusammensetzungen meist jedoch nicht (in ausreichender Zahl) finden. Ohnehin ist es nicht selbstverständlich, dass die einzelnen Teilleistungen mit separaten Positionspreisen auch in den Angeboten oder Ausgangsrechnungen erfasst sind. Mitunter werden diese nämlich nur in der Innensicht des Anbieters für dessen Mitarbeiter offengelegt, während den Kunden nur der Gesamtpreis der zusammengestellten Leistung kommuniziert wird.936 Eine Marktpreisüberprüfung mittels Umsatzakten auf dem allgemeinen Markt kann nur zum Erfolg führen, wenn eine Überprüfung von Umsatzakten stattfinden kann, in denen die einzelnen und variabel zusammenstellbaren marktgängigen Teilleistungen deutlich getrennt aufgeführt und gegenüber dem Markt abgerechnet werden. Ist diese Transparenz nicht gegeben, so erscheint eine Sondierung der Leistungen 936 So
Diller (1993), S. 270 f.
328
4
Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
nach getrennten marktgängigen Teilleistungen mit anschließender Ermittlung des betriebssubjektiven Marktpreises für diese Teilleistungen nicht möglich. Insbesondere von Seiten der Preisprüfer kam die mit Blick auf die Leistbarkeit der Nachweisführung berechtigte Forderung nach klaren Leistungsbeschreibungen und Komponentenabgrenzungen. Die jeweilige Teilleistung bzw. Komponente muss auch einzeln mit klarem Bezug zu ihrem spezifischen Preis und ggf. der Rabattierung am Markt abgesetzt worden sein, was vom betrieblichen Rechnungswesen anhand aussagekräftiger Belege zu dokumentieren ist. Hierzu gehört laut Aussage der Experten auch, dass Gemeinkostenzuschläge oder andere Zusatzkosten wie Entwicklungs-, Adaptions- oder Montagekostenaufschläge als gesonderte Preisbestandteile nachvollziehbar fakturiert werden und nicht im System versteckt mit programmierten Umlageschlüsseln auf die Gesamtleistung am Schluss angerechnet werden, da hierunter die Publizität der tatsächlichen Positions-Endpreise gegenüber den Auftraggebern leiden würde. Dieser Einwand ist zunächst einmal berechtigt, da Angebotskonfigurationen oftmals ein stufenweises Vorgehen vorsehen: „Neben diesen technischen Angaben weist der Anwender außerdem jeder Maschine eines der vom Administrator hinterlegten Kalkulationsschemata zu. Anhand dieser Angaben errechnet der Produktkonfigurator dann für jede Komponente der betrachteten Maschine den Angebotspreis und als Summe daraus den Angebotspreis der Maschine. Der Angebotspreis für die gesamte Anlage ergibt sich dementsprechend durch die Addition der Werte der einzelnen Maschinen, wobei hier noch zusätzlich die Kosten auf Ebene der Gesamtanlage zu berücksichtigen sind, nämlich die Montage der gesamten Anlage und deren Elektrik. Diese werden separat hinterlegt und analog der Vorgehensweise bei den einzelnen Maschinen mit Zuschlagsätzen beaufschlagt.“937
Ein pragmatischer Lösungsansatz kann es vor diesem Hintergrund aus Sicht der Unternehmen sein, die am Ende anfallenden Zusatzkosten – auch wenn sie je nach Einzelfall Schwankungen unterworfen sind – normalisiert als eine Form von „Servicepauschale“ zum Marktpreis anzubieten und abzurechnen. Auf diese Weise entsteht ein weiteres Teilleistungsmodul als Bestandteil der zusammengesetzten Gesamtleistung.938 Die Angebotskonfiguration kann so im Idealfall für die Gesamtleistung detailliert und nach einzelnen Kostenarten aufgeschlüsselt, wie beispielhaft in Abbildung 4.16 unten veranschaulicht, angezeigt werden. Zur Erläuterung dieser Darstellung sei abermals auf Fischer Bezug genommen: 937 Fischer 938 Für
(2008), S. 218. diesen Ansatz vgl. bereits Radl (2012), S. 92.
4.4 Marktpreisbildung auf dem allgemeinen Markt
329
Abb. 4.16 Nach Teilleistungen aufgeschlüsselte, automatische Angebotskalkulation. (Entnommen aus Fischer (2008), S. 219.) „In der dargestellten Tabelle sind zeilenweise die Maschinen der Anlage sowie die Montage- und Elektrikkosten aufgeführt. Die Spalten enthalten für jede einzelne Maschine die Kosten der verschiedenen Positionen der Kalkulation und im rechten Bereich der Tabelle den Angebotspreis. In der unteren Zeile schließlich sind die Summenwerte aller Maschinen und damit die Kosten bzw. der Angebotspreis der gesamten Anlage aufgeführt.“939
Wenn eine transparente Bepreisung und später eine analoge Fakturierung der Teilleistungen praktiziert werden, erscheint auch bei Verwendung eines Angebotskonfigurators eine betriebssubjektive Marktpreisprüfung auf dem allgemeinen Markt grundsätzlich möglich, da die Publizität der Teilleistungspreise in allen Phasen des Absatzprozesses grundsätzlich gegeben ist. Es muss allerdings davon ausgegangen werden, dass reale Umsatzakte mit den gleichen Teilleistungen bei dem in Rede stehenden Auftragnehmer oftmals nicht in ausreichender Zahl existieren würden. Aber selbst wenn sie grundsätzlich vorhanden sind, ergeben sich Schwierigkeiten. Ein mühsames Zusammensuchen durch den Auftragnehmer und 939 Fischer
(2008), S. 218.
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4
Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
anschließendes Überprüfen durch den Preisprüfer von Angeboten, Ausgangsrechnungen und Zahlungseingangsbestätigungen, aus denen jeweils über alle in dem aktuellen Prüfauftrag „verbauten“ Teilleistungen bzw. Komponenten eine ausreichende Zahl an Umsatzakten verifizierbar wäre, wäre wahrscheinlich nicht mehr verhältnismäßig und liefe dem Grundsatz der wirtschaftlichen Prüfungsdurchführung zuwider. Es müssten nämlich dutzende, meist wohl eher hunderte korrespondierende Einzelbelege ausgewertet werden. Da so der Prüfungsaufwand ein nicht mehr erträgliches Maß annähme, müssen andere Prüfungsmethoden verfolgt werden. Als Lösungsvorschlag soll daher hier angeregt werden, im Wege einer „Angebotskonfiguratorprüfung“ als Spezialfall der klassischen „IT-Systemprüfung“ mittels der ursprünglich für die Prüfung von computergestützten Buchführungssystemen entwickelten Testfall-Methode940 eine Reihe von fiktiven, komplementären Vergleichsangeboten zu konfigurieren, auf deren Basis der Prüfer mithilfe von Ist-Ist-Vergleichen die Richtigkeit der Verarbeitungsergebnisse der Konfigurationssoftware und somit die Konsistenz der Bepreisung und Rabattierung der einzelnen Teilleistungen in dem Baukastensystem „testen“ kann. Bezüglich des Einsatzes von IT-Programmen lässt sich gemeinhin konstatieren, dass die dortigen Fehlerquellen im Wesentlichen in Programmierungsoder aber in Eingabe- und Bedienungsfehlern zu suchen sind. Im Umkehrschluss gilt bereits nach Gutenberg in Bezug auf Systemprüfungen in der Datenverarbeitung: „Sind Eingabe, Bedienung und Programm ohne Fehler, dann muß der Prozeß einwandfreie Resultate liefern.“941 Gleichwohl ist sicherlich „der Nachweis der Korrektheit von Programmen eines der schwierigsten Gebiete der Informatik“, wobei zugleich stets von der Restriktion ausgegangen werden muss, 940 Vgl.
zu dieser und zu weiteren möglichen Methoden der IT-Systemprüfung (auch „Programmprüfung“ oder „Programmfunktionsprüfung“ genannt) die umfassenden Einlassungen bei United States Air Force (1966), S. 8/9 ff.; Kölbel/Mrachacz (1969), S. 312 ff. und 389 ff.; Post/Post (1971), S. 146 ff.; Köster (1974), S. 78 ff.; Peemöller (1978), S. 192 ff.; Egner (1980), S. 160 ff.; Zünd (1982a), S. 640 f.; Krcmar (1983), S. 143 ff.; Schuppenhauer (1983a), S. 148 ff.; Wysocki (1988), S. 168 ff.; Leffson (1988), S. 239 ff.; Korndörfer/Peez (1989), S. 258 ff.; Nagel (1992), Sp. 1445 ff.; Falk (1993), S. 195 ff.; Nutz/Hamberger (2002), Sp. 1716 ff.; Eitzen (2007), S. 1057 ff.; Sebacher (2007), S. 1340 f.; Brösel/Freichel/Toll/Buchner (2015), S. 366 ff. oder auch den IDW PS 880 (2010) zur „Prüfung von Softwareprodukten“, welcher der Systematik von Systemprüfungen bei Einsatz von Informationstechnologie folgt und auch für Prüfungen von Software mit eher indirektem Bezug zur Rechnungslegung wie z. B. solche aus dem Bereich Vertrieb oder Materialwirtschaft angewendet werden soll. Zu den beiden Letzteren können sicherlich auch die hier problematisierten Angebotskonfiguratoren gezählt werden. 941 Gutenberg (1966), S. 18.
4.4 Marktpreisbildung auf dem allgemeinen Markt
331
dass ein betriebswirtschaftlicher Prüfer „in Sachen Datenverarbeitung ein, wenn auch anspruchsvoller Laie ist, der nicht gewillt ist, sich mit den Details der Programmierung und mit Daten- und Speicherungsstrukturen auseinanderzusetzen“942 . Daher sind die gängigen betriebswirtschaftlichen Prüfungsmethoden auf dem Gebiet der IT dergestalt angelegt, dass sie nur im äußersten Notfall in die tiefsten Ebenen des IT-Systems eindringen und daher zumeist auch ohne vertiefte IT-Kenntnisse anwendbar sind. Operativ sollte das Ziel der systemorientierten Marktpreispreisprüfung sein, die in dem zu prüfenden öffentlichen Auftrag integrierten Komponenten in den konstruierten Testfällen analog – aber möglichst nicht in gleicher Zusammensetzung – zu berücksichtigen. Sodann ist es sinnvoll, eine Vielzahl denkbarer großer und kleiner Variantenkombinationen darstellen zu lassen, um sicherzugehen, dass die Stetigkeit der Angebotspreisermittlung auch bei ausgefallenen Kundenwünschen gewahrt und der öffentliche Auftraggeber nicht schlechter gestellt wird als andere Auftraggeber. Konkret ist zu prüfen, ob die einzelnen in dem öffentlichen Auftrag nachgefragten Teilleistungen und Komponenten in anderen Zusammensetzungsformen und Kombinationen (= den „Testfällen“) nicht zu geringeren Positionsendpreisen und ggf. unter günstigerer Gewährung von Rabatten, Boni und Skonti vom System abgerechnet werden. Bei einer sehr langen Liste interessierender Teilleistungen kann hier ggf. auch eine gewissenhafte Stichprobenprüfung – ob mit bewusster oder mit Zufallsauswahl sei dem Prüfer überlassen – vertretbar sein. Die gegenseitige Abhängigkeit der diversen Verarbeitungsregeln in einem Computersystem, die vielfältigen Datenverzweigungs- und Datenverknüpfungsmöglichkeiten sowie die damit verbundenen vielzahligen Fehlerpotenziale sind jedoch geeignet, dem Prüfer „Verständnisprobleme besonderer Qualität“ zu bereiten, sodass eine „von der konventionellen Betrachtungsweise abrückende und der EDV zunehmend angepaßte Prüfungseinstellung und Prüfungstechnik“ anzustreben sind.943 Dies erfordert nach Klinkhammer grundsätzlich auch die Betrachtung der Integration des zu prüfenden Systems in die Gruppe der mit ihm verknüpften und kommunizierenden Umsysteme: „Um das IT-Kontrollsystem bei einem komplexen IT-System vollständig beurteilen zu können, sollte ein geschäftsprozessorientierter und kein an einzelnen betrieblichen Funktionen ausgerichteter Prüfungsansatz gewählt werden, um auch vor-
942 Wedekind 943 So
(1976), S. 355. Schuppenhauer (1983a), S. 30.
332
4
Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
und nachgelagerte IT-Teilsysteme und die Datenkommunikation zwischen diesen Teilsystemen erfassen zu können.“ 944
Um die Richtigkeit und Zuverlässigkeit einer komplexen Software beurteilen zu können, rückt also die mehr einzelfallorientierte Belegprüfung zu Gunsten einer Systemprüfung tendenziell in den Hintergrund. Durch die Automatisierung der Angebots- und Rechnungserstellung werden bei Angebotskonfiguratoren demnach Prüfungshandlungen im Bereich der Datenverarbeitung selbst notwendig. Es ist insofern unverzichtbar, sich im Vorhinein mit dem zu prüfenden Angebotskonfigurator, insbesondere der zugehörigen Programmdokumentation sowie der angebotenen Produktpalette des Auftragnehmers in den Grundzügen vertraut zu machen, damit die Qualität des IT-Systems eingeschätzt und bei der Generierung der Testfälle je eine real umsetzbare Produktvariante konfiguriert werden kann. Dieser den Testfällen vorgelagerte, auch als „sachlogische Verfahrensprüfung“ bezeichnete Prüfschritt wird von Schuppenhauer wie folgt kommentiert und begründet: „Prüfungsobjekt ist die vorliegende EDV-Dokumentation. Die sachlogische Verfahrensprüfung kann nur so gut sein, wie die bereitgestellte EDV-Dokumentation, d.h. insbesondere die Verfahrensdokumentation mit Anwendungshandbuch und Systemhandbuch. Es ist nicht zumutbar und sinnvoll, für Prüfungszwecke Berge von Programmcodierungslisten zu lesen. Die Erfahrung zeigt aber, daß sogar bei unvollständiger EDV-Dokumentation, wenn auch mit Einschränkung, geprüft werden kann … .“945 „… Die sachlogische Verfahrensprüfung hilft wesentlich bei der Klärung der Funktionsweise und der Einengung der Unsicherheiten. Wenn diese Methode, wie vorgeschlagen, gut dokumentierend genutzt wird, liefert sie wesentliche Erkenntnisse für eine rationelle Planung und Durchführung von Testläufen. Die verbleibenden Unsicherheiten sind dann Gegenstand der Testläufe.“946
Nicht selten dürfte die vorgenannte Prüfung der Systemdokumentation ergeben, dass aus einzelnen Bausteingruppen eine Variante zwingend ausgewählt werden muss, da sonst eine Herstellung des Gutes von vornherein nicht möglich wäre. Andere Teilleistungen können wiederum optional sein, wie Abbildung 4.17 veranschaulicht. Moderne Angebotskonfiguratoren prüfen jedoch automatisch auch die Umsetzbarkeit der eingegebenen Zusammenstellung, was die Arbeit mit der
944 Klinkhammer
(2007), S. 733. (1983b), S. 2101. 946 Schuppenhauer (1983b), S. 2104. 945 Schuppenhauer
4.4 Marktpreisbildung auf dem allgemeinen Markt
333
Software erheblich vereinfacht.947 Überdies werden die Angebotskataloge in aller Regel in regelmäßigem Turnus überarbeitet.948 Dies ist für jede Unternehmenssoftware ein allgemein üblicher Vorgang, jedoch hat auch dieser Auswirkungen auf die Anwendung der Testfall-Methode:
Abb. 4.17 Funktions- und Bausteinarten im Baukastensystem. (Entnommen aus Feldhusen/Goldhahn/Majschak/Orloff (2007), S. F 29.)
„Bei Prüfungen am System reichen Testfälle aus einer kurzen Testperiode möglicherweise deshalb nicht, weil das System zu anderen Zeiten in anderer Weise funktionierte. Bei Befragungen, Akteneinsichten und Testläufen sollte daher auch auf den möglichen Einfluß von Programmänderungen geachtet werden.“949
Somit ist auch darauf zu achten, dass die Teilleistungen in den eingangs angeforderten Umsatzbelegen zu älteren realen Aufträgen tatsächlich ihrem aktuell im Angebotskonfigurator integrierten Pendant funktionell entsprechen, damit nicht 947 Vgl.
Fischer (2008), S. 198. Fleischanderl/Friedrich/Haselböck/Schreiner/Stumptner (2001), S. 349 f. 949 So bereits Schuppenhauer (1983a), S. 56. 948 Vgl.
334
4
Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
„Äpfel mit Birnen verglichen“ und etwaige Preisabweichungen korrekt beurteilt werden. Falls systemseitig für verschiedene Kundengruppen unterschiedliche Rabattierungen vorgesehen sind – was durchaus nicht unüblich zu sein scheint950 – sollte zunächst ein Überblick über alle programmierten Kundengruppen im System gewonnen werden. Bei der Testfall-Generierung wäre sodann sicherzustellen, dass die vom öffentlichen Auftraggeber angeforderten Teilleistungen für jede Kundengruppe mindestens einmal testweise in die Testfälle „hineinkonfiguriert“ werden, damit mittels Preis- und Rabattvergleichen nachgeprüft werden kann, dass der öffentliche Auftraggeber auf der Teilleistungsebene gemäß der üblichen preisrechtlichen Logik nicht finanziell schlechter gestellt wird als die eine oder andere sonstige Kundengruppe. Aufgrund derartiger Nebenbedingungen die „Preisstellung“ betreffend bewegt sich die Marktpreisprüfung dann nicht nur im Bereich eines abgeleiteten, sondern zusätzlich auch im Bereich eines modifizierten Marktpreises. Zudem sollte sich der Prüfer neben den automatisch konfigurierten TestAngeboten, analog zur herkömmlichen Vorgehensweise bei Marktpreisprüfungen auf dem allgemeinen Markt, über das elektronische Fakturierungssystem auch korrespondierende Ausgangsrechnungen zu den Testfällen vom System ausgeben lassen, um sicherzustellen, dass die Preise in den systemseitig generierten Angeboten und in den Kundenrechnungen nicht voneinander abweichen. Zudem ist davon auszugehen, dass den Kunden eingeräumte Skonti im Gegensatz zu den Rabatten eventuell nicht aus den Ausgabe-Ergebnissen des Angebotskonfigurators hervorgehen, sondern hierzu auf die Kundenrechnungen zurückgegriffen werden muss. Auch hier muss sodann eine etwaige Benachteiligung des öffentlichen Auftraggebers im Vergleich zu anderen Kunden nachgeprüft werden. Bei unplausiblen Differenzen in den Testfall-Dokumenten könnte ein nicht störungsfrei arbeitendes IT-System vorliegen oder es könnte zu Manipulationen im Programmcode gekommen sein, sodass bei einzelnen Testfällen Fehler unterstellt werden müssten, wobei erneut zu betonen ist, dass für die Marktpreisprüfung lediglich die vom System ausgegebenen Angebotspreise von Interesse sind und nicht die teilleistungsbezogenen Werte für die Selbstkosten oder die Gewinnspannen. Wenn sich sodann nicht feststellen lässt, welche der generierten Testfälle die fehlerhaften sind, lassen sich aus der vorliegenden Reihe von Testfällen keine geeigneten Soll-Preise mit hinreichender Sicherheit konstruieren,
950 Vgl.
S. 7.
etwa Schuh/Wentzel/Dölle/Erkin/Mendl-Heinisch (2018), S. 766; Brinkop (2019),
4.4 Marktpreisbildung auf dem allgemeinen Markt
335
was eine Marktpreisfeststellung mittels Soll-Ist-Vergleich in dem aktuellen Prüfauftrag unmöglich macht. Ergeben die Ist-Ist-Vergleiche in der IT-Systemprüfung hingegen, dass die Einzelpreise und Rabatte grundsätzlich gleichartig oder zumindest anhand nachvollziehbarer Kriterien variierend von dem Computerprogramm ausgegeben werden, so könnte für den vorliegenden Auftrag von einer verkehrsüblichen (= ordnungsmäßigen) Preisvereinbarung ausgegangen werden, sofern sich die im öffentlichen Auftrag vorgefundene Systematik der Preiskalkulation mit der Preisgestaltung und der Rabattstaffel in den konsistenten Testfällen in Einklang bringen lässt. Tut sie dies – bei ansonsten konsistenten Ausgabewerten in den Testfällen – nicht, ließe dies darauf schließen, dass die Konfigurationssoftware womöglich nicht stetig angewendet wurde, was die Bestimmung des verkehrsüblichen bzw. höchstzulässigen Preises erheblich erschwert. Im Übrigen sei angemerkt, dass die Benutzung von Angebotskonfiguratoren grundsätzlich auch ohne Verbindungsaufbau zum Server (bspw. am lokalen PC beim Kunden vor Ort) möglich ist. Hierzu „spiegelt jeder Systemnutzer über eine Importroutine sämtliche serverseitig im Administratormodul vorhandenen Informationen auf den Datenspeicher seines eigenen Arbeitsplatzes“951 . Es zeigt sich, dass auch bei der Prüfung von Angebotspreisen, die im Rahmen der Nutzung von Angebotskonfiguratoren ermittelt worden sind, nicht zwingend von dem Konzept der Marktpreisprüfung als Fernprüfung abgerückt zu werden braucht. Voraussetzung hierfür ist gleichwohl, dass der Auftragnehmer einen Transfer einer Kopie der Software-Lösung auf den PC-Arbeitsplatz des Prüfers oder eine internetbasierte Verbindung zu selbigem sicherstellt sowie eine Gebrauchsanleitung bzw. Systemdokumentation als Ersatz für mündliche Erläuterungen vorhanden ist.
4.4.6
Marktpreisbildung bei spezifischen Preisen pro Ressourceneinheit
Das bisher Festgehaltene ist nun noch um einige wichtige Bemerkungen bezüglich spezifischen Preisen für einzelne Einheiten einer Ressource zu ergänzen. Es stellt sich insbesondere die Frage, inwieweit auch bei Dienstleistungsaufträgen wie etwa Instandsetzungsarbeiten, IT-Dienstleistungen, Beratungsprojekten oder Entwicklungsaufträgen, die nicht zu festen Gesamt- bzw. Endpreisen, sondern lediglich nach Aufwand in Verbindung mit vorab festgehaltenen Tages- oder Stundensätzen vergeben werden (können), Marktpreise nach § 4 VO PR 30/53 möglich sind. Für diese Art von Verträgen gilt oftmals, dass das Mengengerüst, also die 951 So
Fischer (2008), S. 217.
336
4
Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
für die vollständige Leistungserbringung notwendigen Ressourcenverbräuche wie etwa Stunden oder Tage, aus Komplexitätsgründen bei Zuschlagserteilung noch nicht vollkommen klar absehbar sind, sondern erst am Schluss abgerechnet werden. Lediglich der spezifische Preis pro Ressourceneinheit kann zu Beginn als Bezugsgröße fest vereinbart werden, nicht aber der finale Auftragsgesamtwert. Aufgrund der Tatsache, dass das Mengengerüst eine Unbekannte ist und „damit nicht der ganze Preis für die Leistung erfaßt wird“952 ist in den Augen Müllers für solche Fälle eine Bildung von Marktpreisen auf dem Ausschreibungsmarkt auszuschließen. Der durch vergaberechtlichen Wettbewerb zustande kommende Marktpreis sei also nur bei Festpreisverträgen vertretbar. In ähnlicher Weise müssen wohl die Äußerungen von Hertel und Pietraszek gedeutet werden: Bei Dienstleistungen, die nach Aufwand fakturiert werden, würden etwaige „Kostenvoranschläge“ lediglich „Schätzwerte“ wiedergeben. Zudem wären nur die spezifischen Preise pro Maßeinheit genau genommen preisrechts- und somit preisprüfungsrelevant, da das Mengengerüst keinen Preis im engeren Sinn darstelle. Der Endpreis einer nach Aufwand fakturierten Dienstleistung „ähnelt der Rechtsnatur eines Gesamtpreises in einem Vertrag über mehrere Leistungen oder eine Sachgesamtheit“ und müsse daher eher als eine „Summe von Einzelpreisen“ interpretiert werden.953 Obgleich vorgenannte Einschätzungen nicht gänzlich von der Hand zu weisen sind, erscheinen sie bei einer Betrachtung der Gesamtzusammenhänge der Auftragsvergabe zu restriktiv. Keineswegs ist es nämlich der Fall, dass das Mengengerüst ex ante als vollkommen unbekannte Größe hingenommen werden darf. Gemäß den Regeln des Vergaberechts hat der öffentliche Auftraggeber vielmehr bei der Erstellung des „Preisblattes“ als Bestandteil der Ausschreibungsunterlagen bezüglich des Aufwands eine Annahme zu treffen (bspw. Gesamtsumme an Personenstunden), damit eine Aussage darüber getroffen werden kann, ob der Auftragsgesamtwert in den ober- oder den unterschwelligen Vergaberechtsbereich fällt, und damit die Bieter in ihren Angeboten die voraussichtlichen Gesamtpreise ihrer Leistung angeben können. Die vom Auftraggeber publizierten Richtwerte „stellen eine valide Aufwandsabschätzung der Vergabestelle dar, die für den Bieter zur Preisbildung und für die Vergabestelle zur Ermittlung des Wertungspreises dient“954 . Die Aufwandsschätzung ist somit (auch aus Sicht der Anbieter) sehr ernst zu nehmen und dient unmittelbar der Gewährleistung vergleichbarer Angebote und somit dem Gleichbehandlungs- und Wettbewerbsgrundsatz im 952 So
Müller (1993), S. 50. Hertel (1998), S. 37 f.; ebenso Hertel/Pietraszek (1988), S. 35. 954 Siehe UfAB VI (2015), S. 297. 953 Vgl.
4.4 Marktpreisbildung auf dem allgemeinen Markt
337
Vergabeverfahren. Vor diesem Hintergrund wird in der vorliegenden Arbeit ein Marktpreis auf dem Ausschreibungsmarkt auch bei nach Aufwand abgerechneten Dienstleistungsverträgen nicht ausgeschlossen. Dessen ungeachtet ist natürlich weiterhin eine Deklaration der Tages- oder Stundensätze als betriebssubjektive Marktpreise auf dem allgemeinen Markt aufgrund dokumentierter Umsatzakte möglich.955 Gleiches gilt für Leistungen, bei denen der Ressourcenverbrauch in der Verwendung von stofflichen Materialien besteht und im Vorhinein ungewiss ist (Tonnen, Kilogramm, Liter, Kubikmeter usw.). Auch ein spezifischer Preis pro Gewichts- oder Volumeneinheit kann mitunter ein preisrechtlicher Marktpreis sein.956 Wenngleich das für die Auftragsausführung benötigte Mengengerüst für sich betrachtet keinen Preis im engeren Sinn darstellen mag, sollte dieses nicht völlig aus der Betrachtung ausgenommen werden. Der Preisprüfer sollte vielmehr zum Schutz der öffentlichen Kassen eine möglicherweise vorliegende bewusste Übervorteilung des öffentlichen Auftraggebers – die selbiger durch schlechtes Beschaffungsmanagement und das Versäumnis, den Projektfortschritt anhand von Meilensteinen regelmäßig zu kontrollieren, hat entstehen lassen – durchaus nicht unkommentiert lassen.957 Dies gilt auch für Dienstleistungen, die sich offenkundig auf hoch anspruchsvolle Aufgaben beziehen. Spätestens bei proklamierten Ressourcenverbräuchen von weit über 10 Stunden täglich inklusive Wochenendarbeit bei nur einer Woche Jahresurlaub – solche Angaben hat der Verfasser gerüchteweise schon vernommen – sollte der Preisprüfer hellhörig werden und das unplausibel erscheinende Mengengerüst im Preisprüfungsbericht erwähnen, auch wenn die zugrunde liegenden Arbeiten des Anbieters noch so kompliziert gewesen sein mögen. Da aber bloße Vermutungen oder ein reines „Bauchgefühl“, wie bereits dargelegt, nicht ausreichend zur Feststellung von Soll-Ist-Abweichungen sind, obliegt es dem Preisprüfer, seinen Verdacht im Preisprüfungsbericht nachvollziehbar und kriterienbasiert zu begründen. Sind ihm aufgrund eigenen Erfahrungswissens vertretbare, noch als realistisch zu bezeichnende Ressourcenverbräuche für die in Rede stehende Leistungsart bekannt, so kann er diese als Soll-Objekt heranziehen. In den Preisüberwachungsstellen wird laut Schrifttum jedoch nur in den seltensten Fällen das notwendige (technische) Spezialwissen vorhanden sein, um 955 Vgl.
Felderbauer (1976), S. 65; Sackerer (1988), S. 33. ergänzend Michaelis/Rhösa/Pauka (1954 ff.), § 4, S. 12c. 957 Auch bereits nach Schmitt (1941), S. 34, gilt, dass „die Prüfung der Leistung des Verkäufers …“ oft bedeutsamer erscheint „als die Prüfung des nominellen Preises. Preisüberschreitungen durch Lieferung schlechter Ware oder einer geringeren Warenmenge werden der leichter erkennbaren Berechnung eines zu hohen Preises oft vorgezogen“. 956 So
338
4
Marktpreisbildung bei öffentlichen Aufträgen
die vom Anbieter fakturierten Mengenansätze einer Plausibilitätsbeurteilung zu unterziehen.958 Liegen dem Preisprüfer keine belastbaren Referenzverbräuche vor, so kann er keinen objektiven Soll-Ist-Vergleich vornehmen, sodass im Einklang mit der bereits dargestellten prüfungstheoretischen Sichtweise eine fachkundige Zweitmeinung zu dem Sachverhalt eingeholt werden sollte.959 In der Praxis erfreut sich für Vertragskonstellationen mit ex ante ungewissen Mengengerüsten die preisliche Bezeichnung Selbstkostenerstattungspreis mit Marktpreisbestandteilen einer durchaus großen Beliebtheit.960 Dieses besondere Konstrukt fußt auf dem Gedanken, dass gemäß LSP Nr. 17 (1) für „Stoffe und dgl.“ auch die allgemeine Bewertung nach LSP Nr. 8 anwendbar ist. Dieser Leitsatz differenziert dahingehend, dass bei einer Vorkalkulation Tagespreise (= Marktpreise) angesetzt werden und bei nachkalkulatorisch ermittelten Entgelten Anschaffungspreise anzusetzen sind, wobei bei Ressourcen aus dem eigenen Lager die Tagespreise (= Marktpreise) zum Zeitpunkt der Entnahme heranzuziehen sind. Diese verbreitete Übung trägt dem Modell der Preistreppe konsequent Rechnung und ist auch ökonomisch begrüßenswert, da sie dem Kostenaufblähungsrisiko im Selbstkostenerstattungspreis in Teilen entgegenwirkt. Besteht allerdings dieser nach Beendigung der Leistungserstellung gebildete Endpreis ausschließlich aus Rechnungspositionen zu Marktpreisen, so finden bei der Preisbildung keinerlei Kostenkalkulationen statt und eine Preisprüfung würde (bei Bestätigung der Marktpreisstundensätze) auch gar nicht die LSP als einschlägige Prüfungsnorm heranziehen. Der reinen Logik nach ist – weil ein Kostenpreis als solcher nicht vorliegt – der Oberbegriff Selbstkostenerstattungspreis hier deplatziert.961 Er sollte mit Blick auf begriffliche Sauberkeit daher (nicht nur im Preisprüfungsbericht) vermieden werden. Es ist streng genommen nicht ersichtlich, warum nicht auch hier offiziell von Aufträgen zu Marktpreisen gesprochen werden kann.
958 Vgl.
Sackerer (1988), S. 84 f. und 101. Schmitt (1941), S. 34. 960 Vgl. hierzu Altmann (1966), S. 1382 f. Marktpreisbestandteile können theoretisch in allen Selbstkostenpreistypen enthalten sein. 961 So auch mit Recht Hertel/Pietraszek (1988), S. 34 bzw. Hertel (1998), S. 38. 959 Vgl.
4.4 Marktpreisbildung auf dem allgemeinen Markt
4.4.7
339
Übergang vom Selbstkosten- zum Marktpreis und umgekehrt
Der Marktpreisvorrang erfordert, wie zu Beginn der Arbeit bereits festgestellt, dass bei jeder Preisprüfung zunächst das Vorliegen eines Marktpreises überprüft wird. Mithin kann sich auch bei Leistungen, die vormalig zu Recht zu Selbstkostenpreisen abgerechnet wurden, einstweilen eine Marktgängigkeit und somit ein Marktpreis eingestellt haben. Entscheidendes Merkmal ist hierfür gemäß Ziffer 28a der offiziellen Richtlinien für öffentliche Auftraggeber die Einschaltung des Wettbewerbs.962 Diese folgerichtige Auswirkung des offiziellen Marktpreisvorrangs ist auch explizit in § 5 (5) VO PR 30/53 wiedergegeben, sodass zuweilen „das Aufrücken vom Selbstkostenpreis zum Marktpreis zwingend vorgeschrieben“ ist.963 Analog gilt im umgekehrten Fall, wenn – nachdem sich lediglich temporär ein „Leistungswettbewerb verschiedener Betriebe eingeschaltet“ haben mag – sämtliche Mitbewerber wieder aus dem relevanten Markt ausscheiden, folgerichtig wegen des Wegfalls des Wettbewerbs auf der Anbieterseite wieder zu Selbstkostenpreisen umgeschwenkt werden muss.964 Derartige Überlegungen entsprechen dann im Wesentlichen der weiter oben bereits behandelten zeitlichen Marktabgrenzung aus dem Wettbewerbsrecht, also der von Zeit zu Zeit notwendig werdenden Neudefinition des relevanten Marktes auf der Zeitachse.
962 Ebenso
Gottschalk (1959), S. 31; vgl. zudem Müller (1970), S. 46, Fn. 36; Hertel/Pietraszek (1988), S. 32; Birgel (1994), S. 115 f.; Birgel (2010a), S. 15. 963 So Altmann (1960c), S. 51. 964 So mit Recht Birgel (1994), S. 116. Dass die Marktpreisfrage bezogen auf den relevanten Markt im Zeitablauf immer wieder aufs Neue zu stellen ist, konstatieren gleichsam Hoffjan/Mengis (2017), S. 442.
5
Evaluation des Marktpreis-Prüfungsstandards
Inhaltsverzeichnis 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5
Strategien zur Implementierung neuartiger Programme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Evaluation als Hauptzweck der „Fokusgruppe Marktpreis“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammensetzung und Ablauf der „Fokusgruppe Marktpreis“ . . . . . . . . . . . . . . Vorträge auf Konferenzen als zusätzliche Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ergebnisse des Evaluationsprozesses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5.1 Zur Grundidee der Entwicklung eines MP-PS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5.2 Zum Marktpreis auf dem „Ausschreibungsmarkt“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5.3 Zum Marktpreis auf dem allgemeinen Markt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5.4 Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5.1
341 351 357 369 370 370 375 380 385
Strategien zur Implementierung neuartiger Programme
Die Einführung eines offiziellen Prüfungsstandards – insbesondere wenn es wie der MP-PS der erste seiner Art in einem bestimmten Bereich ist – stellt eine besondere organisatorische Veränderung dar. In der Betriebswirtschaftslehre wie auch den Sozialwissenschaften herrscht weitestgehend Konsens darüber, dass in einem solchen Fall taktisch vorgegangen werden sollte, damit die Implementierung der neu gestalteten Regelung von Erfolg gekrönt wird. Unter Implementierung versteht man im Allgemeinen „alle Bemühungen um eine erfolgreiche Einpflanzung von neuen Konzepten jeder Art in alle Sektoren des jeweils umgebenden Kontext“.1 Ziel einer jeden Implementierung ist die vollständige 1 Reiß
(1995), S. 292.
© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 J. Mengis, Entwicklung eines Marktpreis-Prüfungsstandards für öffentliche Aufträge, Schriften zu Wirtschaftsprüfung, Steuerlehre und Controlling, https://doi.org/10.1007/978-3-658-32044-7_5
341
342
5
Evaluation des Marktpreis-Prüfungsstandards
und reibungslose Einführung eines neuen Konzeptes. Nur wenn beides gelungen ist, kann von einer erfolgreichen Implementierung gesprochen werden.2 Im Gegensatz zum sog. Change Management geht es bei der Implementierung eher um die Neueinführung kleinerer Werkzeuge und Hilfsmittel als um tiefgreifende Wandlungsprozesse.3 Die Einführung eines MP-PS lässt sich durchaus noch als isoliert zu betrachtendes kleines Werkzeug klassifizieren, weshalb der Implementierungsbegriff hier passend erscheint. Gleichwohl können auch im Bereich des Implementierungsbegriffes durchaus wesentliche (spürbare) systemmodifizierende Reorganisationsprozesse anvisiert werden. Gemeinhin gilt hierbei, dass ein Reorganisationsprozess mit zunehmender Distanzierung vom traditionellen Procedere zu umso größeren intellektuellen und emotionalen Schwierigkeiten der Betroffenen bei der Umstellung auf das neue Verfahren sowie zu einem umso größeren Risiko einer qualitativ schlechten Lösung führt.4 Zur Frage, inwiefern bei der Entwicklung und Implementierung des MP-PS ein Reorganisationsprozess starken Ausmaßes in Gang gesetzt wird, lässt sich nur schwer eine objektive Aussage treffen. Voraussetzung für den Implementierungserfolg ist nicht bloß die zweckmäßige Gestaltung des neuen organisatorischen Elements (bspw. des MP-PS als Rationalisierungskonzept bzw. Qualitätssicherungssystem), sondern vor allem auch dessen Akzeptanz im Kreise der relevanten Akteure. Gemeinhin gilt, dass auch das Vorliegen einer „technisch perfekten Lösung“ mitnichten automatisch zu einem Projekterfolg führt.5 Es ist zu Beginn nicht einmal gesichert, dass die Einführung eines offenbar gelungenen Konzeptes überhaupt tatsächlich erfolgen wird.6 Hintergrund ist, dass bei systemtheoretischer Betrachtung des Problems sowohl die organisatorischen Regelungen als auch die Organisationsmitglieder Elemente ein und desselben Systems sind, d. h. in gegenseitiger Abhängigkeit stehen. Dies bedeutet, dass sich einerseits bei organisatorischen Veränderungen zwangsläufig auch Verhaltensänderungen bei den betroffenen Personen einstellen werden und
2 Vgl.
Marr/Kötting (1992), Sp. 828. Reiß (1995), S. 293. 4 Siehe hierzu auch Böhnisch (1979), S. 20 und 150. 5 Vgl. Krüger (1994), S. 218; ähnlich auch Bloom (1972), S. 201; Rossi/Freeman/Hofmann (1988), S. 12; Jung (2010), S. 190. 6 Vgl. Kirsch/Börsig (1980), Sp. 2030; Hentze (1987), S. 23; offenbar etwas anderer Ansicht scheint Clauss (1989), S. 152 f., der davon ausgeht, dass die Güte der Implementierungsbemühungen nicht zuletzt durch die Güte der zu implementierenden Problemlösung bestimmt wird. 3 Vgl.
5.1 Strategien zur Implementierung neuartiger Programme
343
andererseits Verhaltensänderungen der Organisationsmitglieder gegenüber Außenstehenden nur dann wahrscheinlich sind, wenn vorher die Organisationsstruktur modifiziert wird.7 Solange nur ein sehr kleiner Personenkreis von einer bestimmten Neuregelung betroffen ist, bestehen gute Chancen, das Vorhaben reibungslos und ohne merkliche Unruhen in der Organisation umzusetzen. Sobald aber eine Vielzahl von Organisationsmitgliedern adressiert wird, kommt es zu solch bedeutenden Implementierungswiderständen, dass diesen mit einem pro-aktiven Management zu begegnen ist.8 Im Ergebnis sollen also nicht nur eine Reaktanz (= Abwehrhaltung) vermieden und Toleranz (= reaktive Duldung) hervorgerufen werden, sondern die Betroffenen sollen vielmehr echte Akzeptanz (= aktive Bereitwilligkeit zur Aufnahme) bezüglich des neuen Programms entwickeln.9 Siehe zu dieser Unterscheidung auch nachfolgende Abbildung 5.1. Die vorliegende Ausarbeitung sieht sich aufgrund der Betroffenheit aller Preisprüfer als „Zielgruppe“ mit einer solchen Problematik konfrontiert. Zu einem bestimmten Grad ist jeder organisatorische Wandlungsprozess von Akzeptanzbarrieren geprägt. Zuweilen scheitern ganze Reorganisationsvorhaben, da Unsicherheit und die Angst vor einer persönlichen Situationsverschlechterung durch mangelndes Können oder Verstehen zu Reaktanz bei den betroffenen Personen führen. Zweck dieser Abwehrhaltungen ist es, das zu implementierende neue Verfahren nicht Realität werden zu lassen.10 Der Nutzen des neuen Konzeptes für die Gesamtorganisation und der subjektiv empfundene Nutzen des neuen Konzeptes für das einzelne Individuum in der Organisation stellen mithin keine zwingend kongruenten Größen dar; ganz im Gegenteil sind sie zumeist eher als konfligierende Größen zu betrachten.11 Betriebliche Widerstände und Motivationsdefizite sind vor allem dann zu erwarten, wenn infolge der neuen Prozessregelung mit Gewohnheiten und Traditionen gebrochen werden soll.12 Solche Veränderungsprozesse sind für den Menschen gemeinhin ein eher unbequemes Unterfangen, da gewohnte und historisch gewachsene Abläufe plötzlich 7 Vgl.
Albach (1980), Sp. 1447. Hamel (1981), S. 616; Kühlmann (1988), S. 43 ff.; Clauss (1989), S. 2; Marr/Kötting (1992), Sp. 828. 9 Vgl. zu dieser Unterscheidung Wiendieck (1992), Sp. 91. 10 Vgl. Kirsch/Börsig (1980), Sp. 2030; Hamel (1981), S. 618; Lück (1984), S. 165; Hoffjan (1994), S. 10. 11 Vgl. Schweitzer/Küpper (1975), Sp. 3308; Lück (1984), S. 165; Leonard-Barton/Kraus (1986), S. 104; Hentze (1987), S. 25. 12 Vgl. Lück (1984), S. 165. 8 Vgl.
344
5
Evaluation des Marktpreis-Prüfungsstandards
Abb. 5.1 Abgrenzung von Akzeptanz, Toleranz und Reaktanz. (Entnommen aus Wiendieck (1992), Sp. 91.)
in Frage gestellt werden.13 Die für das Individuum durchaus vorhandenen Vorteile werden von den Betroffenen nicht gesehen.14 Es kommt dann häufig zur Artikulation von Vorwänden wie etwa „Wir haben auch ohne Verfahren XY erfolgreich gearbeitet“.15 Die Betroffenen neigen dann häufig dazu, eher nach Argumenten zu suchen, welche die Korrektheit des bisherigen Vorgehens untermauern, und Problemursachen außerhalb ihres Einflussbereichs zu verorten.16 Arbeits- und organisationspsychologisch können vor allem folgende Vorbehalte als Auslöser für Akzeptanzbarrieren wirken:17
13 Vgl.
Siemens AG (Hrsg.) (1979), S. 17. Leonard-Barton/Kraus (1986), S. 104. 15 Vgl. Hentze (1987), S. 25; ähnlich auch bereits Weiss (1974), S. 148 f. 16 Vgl. Siemens AG (Hrsg.) (1979), S. 17. 17 Vgl. im Folgenden Hamel (1981), S. 619 ff. sowie Hentze (1987), S. 25. Zudem können nach Kühlmann (1988), S. 263 bei den Betroffenen folgende irritierende Fragen aufkommen: Was bedeutet die Neuerung für mich persönlich, d. h. wie sieht meine Arbeit in Zukunft aus? Wer arbeitet künftig mit mir? Was muss ich hinzulernen? Bleibt mein Arbeitsplatz erhalten? 14 Vgl.
5.1 Strategien zur Implementierung neuartiger Programme
345
– Die betroffenen Mitarbeiter hegen die Sorge, dass sie nach der Implementierung des neuen Instruments eine höhere Arbeitsbelastung erleiden. – Die oftmals sehr schematische Struktur neu einzuführender Werkzeuge könnte die tägliche Arbeit in den Augen der Akteure zu einer monotonen und anspruchslosen Routine verkommen lassen. – Aufgrund der verstärkten Prozessregelung könnte das persönliche Entscheidungsverhalten der adressierten Organisationsmitglieder stark einschränkt werden. – Die verstärkte Prozessregelung führt ferner dazu, dass die Performance der Mitarbeiter besser kontrolliert werden kann. Für die vorliegende Arbeit ist zu konstatieren, dass die oben genannten Punkte in Bezug auf den Personenkreis der Preisprüfer teilweise sicherlich zutreffen dürften. Bei einem Werkzeug wie einem Prüfungsstandard sind sie zum Teil sogar geradezu charakteristisch und daher ausdrücklich erwünscht (!). Insofern ist mit hohen Akzeptanzbarrieren im Hinblick auf die MP-PS-Implementierung zu rechnen. Gemeinhin gilt, dass organisatorische Veränderungen in krisenhaften Situationen von den Betroffenen besser aufgenommen werden. Bei fehlender Erkennbarkeit von existenzbedrohenden Missständen gelten Reorganisationen indes als deutlich schwieriger umsetzbar, weil keine echte Notwendigkeit für Veränderungen gesehen wird.18 Bei dem Behördennetz aus Preisüberwachungsstellen gelten dieselben besonderen Merkmale wie für öffentliche Auftraggeber (geringe finanzielle Risiken, keine Insolvenzgefahr usw.) und unlängst wurde die VO PR 30/53 von offizieller gutachterlicher Seite als sinnvolles und daher beizubehaltendes wirtschaftspolitisches Instrumentarium bestätigt.19 Insofern kann aus Sicht der Preisprüfung als Hauptadressat des MP-PS nicht von einer Krisensituation gesprochen werden, was in Bezug auf den MP-PS zusätzliche Implementierungswiderstände erwarten lässt. Abhilfe schaffen kann jedoch das frühzeitige Einbinden der betroffenen Personen in den Implementierungsprozess und das systematische Abbauen von Verständnisschwierigkeiten und Vorbehalten in Bezug auf das neue Regelungsmodell mittels angemessener Partizipation.20 Unter Partizipation wird die möglichst
18 Siehe
auch Böhnisch (1979), S. 89 f. ist das BMWi-Gutachten von Dörr/Hoffjan (2015) gemeint. 20 Vgl. Scharrer (1991), S. 709 ff.; Krüger (1994), S. 198; Hoffjan (1994), S. 10; Reiß (1995), S. 296. 19 Hiermit
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5
Evaluation des Marktpreis-Prüfungsstandards
direkte Teilnahme der betroffenen Personen an Entscheidungsprozessen verstanden.21 Auf strategischer Ebene geht es bei diesem Ansatz vor allem darum, den betroffenen Akteuren das Leitbild bzw. den grundlegenden Zweck hinter der Reorganisationsmaßnahme zu verdeutlichen und die potentiellen Vorzüge hervorzuheben, damit die Kernidee von den Betroffenen verstanden und mitgetragen wird. Zudem soll den Betroffenen durch die Möglichkeit, ihre persönliche Arbeitssituation mitsamt möglichen Problemen und unbefriedigten Bedürfnissen zu schildern und persönliche Auffassungen zu relevanten Sachverhalten zu kommunizieren, eine besondere Wertschätzung vermittelt werden. Gesteigert wird dieser Eindruck der Wertschätzung besonders dann, wenn konkrete Anregungen der operativ tätigen Personen in ein neues Regelungsmodell erkennbar einfließen. Dies soll die Motivation zur Mitwirkung befördern und die Identifikation mit einem neuen Konzept erhöhen.22 Besonderes Merkmal ist hierbei, dass nicht einfach eine fertige Lösung in die Organisation „implantiert“ wird, sondern zunächst eine unfertige bzw. vorläufige Lösung Grundlage der Kommunikation sein soll. Hierdurch sollen „Abstoßreaktionen“ vermieden und stattdessen „umgebungsintegrierte Veränderungen“ erreicht werden.23 Nach Start des Implementierungsvorhabens auf Basis einer Teillösung bzw. eines Grobkonzeptes sollen die Betroffenen sodann in einem iterativen Prozess zur sukzessiven Anpassung bewogen werden.24 Aufgrund des hohen Stellenwerts der Interaktion zwischen den Betroffenen in der hier beschriebenen partizipativen Implementierungsphilosophie kann der Begriff „Implementierung“ in Anlehnung an Clauss alternativ auch „als interaktive Vermittlung und Verankerung (nicht Erarbeitung) von Problemlösungsschritten“ definiert werden.25 Ergänzend muss ebenfalls konstatiert werden, dass die partizipierenden Betroffenen nicht bloß zur Duldung einer neuen Regelung motiviert werden sollen, sondern mitunter eine Doppelrolle bei der Implementierung einnehmen können. Dadurch, dass die Planer eines (wie auch immer gearteten) Programms mangels detailliertem Einblick in die tägliche 21 Vgl.
Kappler (1980), Sp. 1845. Gerl (1975), S. 322 ff.; Krüger (1994), S. 213 f.; Jung (2010), S. 191; Mäder (2013), S. 38; Döring/Bortz (2016), S. 981. 23 Vgl. Krüger (1994), S. 217. 24 Vgl. Marr/Kötting (1992), Sp. 834. Es gilt jedoch in Anlehnung an Clauss (1989), S. 82, bei der Einbindung der Betroffenen in die Regelungsausgestaltung dennoch stets mit einem gewissen Augenmaß zu agieren, da es nicht auszuschließen ist, dass der inhaltliche Austausch nicht das bestmögliche Qualitätsniveau aus übergeordneter Sicht anstrebt, sondern der eingebrachte Input letztlich bloß eine größtmögliche Anwendungsfreundlichkeit für die operativ tätige Ebene zum Ziel hat. 25 Siehe Clauss (1989), S. 26. 22 Vgl.
5.1 Strategien zur Implementierung neuartiger Programme
347
Praxis oftmals nicht über alle wesentlichen Informationen für die praktikable Programmplanung verfügen, können sie auf Erfahrungsberichte der partizipierenden Betroffenen mitunter geradezu angewiesen sein.26 Bezüglich der Ausgestaltung der Implementierungsversuche kann konstatiert werden, dass „überwiegend qualitative Methoden präferiert werden, weil sie der Offenheit der Fragestellung entsprechen und zugleich die (akzeptanzfördernde) Mitwirkung der Betroffenen erleichtern“27 . Auf operativer Ebene werden für die systematische Implementierungsphase daher nicht zuletzt gruppendiskussionsartige, diskursfördernde Veranstaltungen als zweckmäßig angesehen, in denen Konzeptersteller und -anwender zusammenkommen sollen. Entsprechende Schlagwörter wie „persönliche Gespräche“, „Projektteams“, „Steuerungsgremien“, „Workshops“ oder „Erfahrungsgruppen“ können an dieser Stelle genannt werden.28 Andere im Schrifttum zu findende Bezeichnungen für den Gesprächsrahmen sind „Arbeitsgruppe“ oder „Task Force“.29 Überdies könnte auch über „praxisorientierte Einführungsveranstaltungen mit den Anwendern“ nachgedacht werden.30 Ferner werden im Schrifttum das Reorganisationsvorhaben begleitende bzw. untermauernde „Vorträge“ im Kreise der Betroffenen als probates Mittel angeführt.31 In Anlehnung an Veranstaltungen, bei denen Vorstände die Möglichkeit nutzen, vor aktuellen oder potentiellen Investoren das eigene Unternehmen zu bewerben, findet sich im Schrifttum letztlich auch der Begriff der „Roadshow“ zwecks Erläuterung und Begründung des angestrebten Reorganisationsprogramms.32 Aufgrund des hohen Schwierigkeitsgrades der Implementierung neuer Konzepte in historisch gewachsene Strukturen und des damit einhergehenden hohen Misserfolgsrisikos ist es als probates Mittel anzusehen, gleich mehrere der vorgenannten Instrumente im Sinne eines Maßnahmenbündels parallel zu verfolgen. Dieses wird auch von Albach mit Nachdruck unterstrichen: „Es erscheint daher erforderlich, ein ganzes Arsenal von Methoden einzusetzen, wenn Änderungen im Verhalten von Organisationen bewirkt werden sollen – in der Hoffnung, daß dann wenigstens die eine oder andere oder alle zusammen die notwendigen Änderungen herbeiführen.“33 26 Vgl.
Reese (1982), S. 41; Leonard-Barton/Kraus (1986), S. 99. im Ergebnis Wiendieck (1992), Sp. 94. 28 Vgl. Krüger (1994), S. 216; Reiß (1995), S. 297. 29 Vgl. Marr/Kötting (1992), Sp. 837. 30 Vgl. Leonard-Barton/Kraus (1986), S. 100. 31 Vgl. Böhnisch (1979), S. 132; Scharrer (1991), S. 706. 32 Vgl. Jung (2010), S. 192. 33 Albach (1980), Sp. 1458. 27 So
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Alle Ansätze in einem Maßnahmenbündel verfolgen im Kern das Ziel, von dem einzuführenden Programm tangierte „typische Gruppen … zu isolieren, um diese einer differenzierten Informationspolitik zu erschließen“34 . Mit „typisch“ ist auch gemeint, dass – sofern eine solche Differenzierung möglich erscheint – nicht unbedingt die innovationsaffinsten Organisationsmitglieder an den Veranstaltungen partizipieren sollten, weil deren Werturteil nicht als repräsentativ für den Rest der Mitarbeiter gelten kann. Ebenso wenig sollten die leistungsschwächsten Personen einbezogen werden, weil gerade bei diesen das neue Programm zu einer starken Effektivitäts- und Effizienzsteigerung führen kann und in einer solchen Situation unklar wäre, ob der verzeichnete Erfolg tatsächlich dem neuen Verfahren zuzusprechen ist oder ob bei dem in Rede stehenden Personenkreis auch andere, weniger fundierte Ansätze der Reorganisation ebenso eine Wirkung gezeigt hätten.35 Besondere Erfolgsaussichten werden den vorgenannten Methoden zudem nachgesagt, wenn die oberste Führungsebene der betroffenen Organisationsstruktur ebenfalls zum Teilnehmerkreis gehört. Dies hat Symbolwert und untermauert die Glaubwürdigkeit und Verbindlichkeit der Implementierungsbemühungen.36 Je glaubwürdiger eine anvisierte Maßnahme ist, desto mehr Motivation kommt bei denjenigen Organisationsmitgliedern auf, die dem Reorganisationsvorhaben offen gegenüberstehen und umso mehr werden sich diese für eine erfolgreiche Implementierung einsetzen. Zugleich gilt, dass es bei gesteigerter Glaubwürdigkeit und Verbindlichkeit der Implementierungsbemühungen bei denjenigen Organisationsmitgliedern, die dem Vorhaben kritisch gegenüberstehen, in der Regel zu einer Destabilisierung der Position kommt, was wiederum in einem nächsten Schritt die Aufnahmebereitschaft für das neue Konzept erhöht.37 Bei einem Großunternehmen handelte es sich bei der obersten Führungsebene offenkundig um den Vorstand oder die Geschäftsführung, im Falle der öffentlichen Preisüberwachung in der BRD wäre der Verordnungsgeber (das BMWi in Berlin) als verantwortliche treibende Kraft zu nennen. Zudem wird es als sinnvoll erachtet, wenn bei der Implementierung eine Zusammenarbeit der internen Akteure mit externen Instanzen erfolgt, welche über besonderes Know-how, die notwendige Objektivität und noch nicht über eine
34 Böhnisch
(1979), S. 132. sicherlich nicht ganz zu Unrecht Leonard-Barton/Kraus (1986), S. 101. 36 Vgl. Albach (1980), Sp. 1456; Hentze (1987), S. 26 ff.; Krüger (1994), S. 219; Reiß (1995), S. 296. 37 Vgl. Albach (1980), Sp. 1456. 35 So
5.1 Strategien zur Implementierung neuartiger Programme
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möglicherweise Einzug gehaltene „Betriebsblindheit“ verfügen.38 Der MP-PS ist Gegenstand einer universitären Untersuchung und für die empirischen Elemente der Arbeit wurde neben Preisprüfern und dem Verordnungsgeber auch auf erfahrene externe Praktiker aus dem privatwirtschaftlichen Sektor zurückgegriffen. Insofern können die Kriterien der Neutralität sowie des Fach- und Erfahrungswissens hier als erfüllt angesehen werden. Neben dem oben beschriebenen, durchaus auf konsensuale Meinungsbildung ausgerichteten Ansatz zur Implementierung eines bestimmten neuen Lösungsvorschlags wird im Schrifttum auch der alternative Ansatz erwähnt, der Organisation nicht ein einziges, sondern für die spätere Praxis gleich mehrere alternative Lösungsverfahren anheimzustellen, aus denen die Akteure dann situationsspezifisch das vermeintlich passendste auswählen können.39 Dies soll den Charakter als bloße Entscheidungshilfe betonen und dem Mitarbeiter verdeutlichen, dass er nach wie vor über große Autonomie verfügt.40 Dieser Ansatz ist für die vorliegende Arbeit jedoch denkbar ungeeignet, da der MP-PS ja gerade subjektive Ermessenspielräume und heterogene Vorgehensweisen zu unterbinden sucht. Ferner existiert mit der sog. „Bombenwurfmethode“ ein anderes Extrem.41 Bei dieser Strategie kommt es in hohem Maße zu einer Ausübung von Macht seitens der Führungsebene.42 Hierbei wird das neue Konzept im Geheimen geplant und dann in top-down-Richtung von der Führungsebene verpflichtend und ohne Umschweife – mehr oder minder überraschend – vorgegeben, sodass die Organisationsmitglieder gewissermaßen vor vollendete Tatsachen gestellt werden. „Dies geschieht in der Erwartung, daß sich bei vollendeten Tatsachen die Betroffenen – wenn auch murrend – anpassen und die Lösung bzw. deren Konsequenzen notgedrungen akzeptieren, ohne daß sie abwandern oder nachträglich Gegenaktionen starten.“43 Erst nach erfolgter Einführung sollen womöglich verbliebene Schwachstellen identifiziert und behoben werden. Die Bombenwurfmethode wird in der Regel dergestalt gerechtfertigt, dass eine andere, „weichere“ Art der Implementierung keinen gangbaren Weg darstelle, weil bei einer von vornherein 38 Vgl.
Krüger (1994), S. 215; Siemens AG (Hrsg.) (1979), S. 47; Kirsch/Esser/Gabele (1979), S. 193 ff. 39 Siehe hierzu Nenning (1978), S. 472. 40 Vgl. Hamel (1981), S. 622. 41 Vgl. zur Bombenwurfmethode Kirsch/Esser/Gabele (1979), S. 180 ff.; Kirsch/Börsig (1980), Sp. 2035. 42 Macht ist nach Max Weber „jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widersteben durchzusetzen, gleichviel, worauf diese Chance beruht“ (Weber (1972), S. 28). 43 Kirsch/Börsig (1980), Sp. 2035.
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partizipativen und auf bestmöglichen Konsens ausgerichteten Konzeptentwicklung nur unnötige Komplexität geschaffen und der Implementierungsvorgang aufgrund der vorhandenen Akzeptanzbarrieren von vornherein ins Leere laufen würde, da die in die Gesprächsrunden entsandten Mitarbeiter zwecks Vermeidung der organisatorischen Veränderung mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit „mauern“ werden.44 „Gemauert“ wird vor allem immer dann, wenn sich die Teilnehmer von Arbeitsgruppen oder anderen Gremien durch fehlende Lernbereitschaft, also den Unwillen, die eigene Meinung aufgrund der Schilderungen Dritter ggf. zu korrigieren, auszeichnen.45 Diese Grundeinstellung führt meist zum Scheitern der Gespräche und somit des gesamten Vorhabens. Mit der bombenwurfartigen Implementierung liegt zwar einerseits eine kostengünstige Strategie vor, andererseits jedoch steht ihr ein sehr hohes Risiko von Akzeptanzproblemen gegenüber.46 Viele der betroffenen Personen können – selbst bei an sich zweckmäßigen Konzepten – in der Regel nicht direkt nachvollziehen, was den Nutzen der neuen Regelung konkret ausmacht und weshalb sie für die eigene Organisations- und Aufgabenstruktur zielführend sein sollte. Es kann vor diesem Hintergrund problematisch sein, die verbliebenen Schwachstellen im Nachgang trotz vorhandener Widerstände zweckmäßig zu beheben.47 Es können einzelne „blinde Stellen“ in der Organisationsstruktur entstehen, die aufgrund einer Verweigerungshaltung den intendierten Prozessablauf hinsichtlich qualitätssichernder Information und Kommunikation im Kollektiv stören und so in besonderem Maße zu einem Misslingen der neu konzipierten Arbeitsweise beitragen.48 Aus diesem Grund wird die Bombenwurfmethode vielfach sehr kritisch gesehen. Man spricht diesbezüglich auch vom „not invented here“-Syndrom.49 Pettigrew geht vor diesem Hintergrund sogar so weit, dass alle nicht-schrittweisen Implementierungsbemühungen in der Praxis zum Scheitern verurteilt seien, indem er feststellt: „All but incremental change is resisted.“50 Auch in der relativ frühen Fallstudie von Strauss wurde ein Ansatz im Stile des Bombenwurfs angewendet, um die Reorganisation eines Produktionsbereiches durchzusetzen. Die betroffenen Mitarbeiter konnten sich mit den neuen Prozessen
44 So
auch Albach (1980), Sp. 1454. Bouillon (1978), S. 47. 46 Vgl. Krüger (1994), S. 208. 47 Vgl. Marr/Kötting (1992), Sp. 835. 48 Vgl. Hoffjan (1994), S. 10. 49 Vgl. Krüger (1994), S. 219. 50 Pettigrew (1985), S. 471. 45 Vgl.
5.2 Evaluation als Hauptzweck der „Fokusgruppe Marktpreis“
351
nicht identifizieren, weil ihnen ein tieferes Verständnis für die neuen Prozessabläufe nicht vermittelt worden war, und sie fingen an, Gegenstrategien wie etwa Aufklärungs- oder Unterstützungsverweigerungen zu verfolgen, die wiederum verschlechterte Produktionsergebnisse und ein verschlechtertes Betriebsklima zur Folge hatten. Die Konsequenz waren sukzessive Aktions-Reaktions-Abfolgen mit erneuten organisatorischen Veränderungen, bis schließlich die ursprünglichen Verhältnisse nahezu wiederhergestellt waren.51 Ähnliche Symptome einer Gegenstrategie können Verhaltensweisen wie zunehmende Trägheit und Gleichgültigkeit bei der an den Tag gelegten Arbeitsweise, Stimmungsmache gegen das neu eingeführte Verfahren im Kollegenkreis oder vermehrtes Fernbleiben vom Arbeitsplatz sein.52 Im Lichte dieser Befunde ist die Bombenwurfmethode für die vorliegende Arbeit abzulehnen gewesen. Vielmehr wurde eine eher partizipative und inkrementell geprägte Implementierungsmethodik gewählt, in deren Mittelpunkt die Einberufung einer „Fokusgruppe Marktpreis“ stand. Zudem sind vom Verfasser zwei Vorträge auf Preisrechtstagungen gehalten worden, in denen wesentliche Inhalte dieser Arbeit – und somit auch des MP-PS – der Anwenderpraxis nähergebracht bzw. diese um ein kritisches Feedback gebeten wurde. Die empirischen Komponenten der vorliegenden Arbeit werden im Folgenden näher dargestellt.
5.2
Evaluation als Hauptzweck der „Fokusgruppe Marktpreis“
Unter einer sog. Fokusgruppe wird gemeinhin eine Gruppendiskussionsmethodik verstanden, bei der mit den Diskussionsteilnehmern nicht bloß frei und schwachstrukturiert eine bestimmte Problemstellung erörtert wird, sondern zunächst eine konkrete Diskussionsgrundlage bzw. ein konkretes Diskussionsobjekt präsentiert wird und sich dann eine stärker strukturierte und auf vorgegebene Einzelaspekte fokussierte Gesprächsrunde anschließt, um interessierende qualitative Daten zu erheben.53 Sie ist ein Verfahren, bei dem eine Gruppe durch eine externe sachzielorientierte Person zusammengebracht wird, um sodann Kommunikationsprozesse innerhalb der Gruppe auszulösen, die zumindest phasenweise einem 51 Vgl.
Strauss (1954), S. 17 ff. in ähnlicher Form Gerl (1975), S. 102. 53 Vgl. Mangold (1973), S. 229; Bloor/Frankland/Thomas/Robson (2001), S. 4 ff.; Krueger/Casey (2015), S. 2; Wilkinson (2016), S. 84. In Anbetracht der Auslassungen bei Lamnek (2005a), S. 5, sowie Mäder (2013), S. 25, können die Begriffe „Gruppendiskussion“ und „focus group“ jedoch auch durchaus gleichgesetzt werden. 52 Vgl.
352
5
Evaluation des Marktpreis-Prüfungsstandards
völlig normalen Alltagsgespräch ähneln sollen.54 Wenngleich der Fokusgruppe sozialwissenschaftliche Wurzeln nachgesagt werden, ist diese Methodik zunächst in der Zeit von etwa 1950 bis 1970 im angelsächsischen Raum insbesondere von privatwirtschaftlicher Seite zu Marktforschungszwecken verwendet worden. Erst seit den 1980er Jahren wird sie wieder vermehrt für originär wissenschaftliche Projekte verschiedenster Art genutzt.55 Hierbei ist anzumerken, dass die hier in Rede stehende Methode zur Erhebung qualitativer Daten heutzutage tatsächlich weitaus häufiger zur Anwendung kommt „als man dies aufgrund ihres noch immer inferioren Status in der methodischen und methodologischen Literatur annehmen würde“56 . Der besondere Nutzen von Gruppendiskussionen kann aus Sicht der empirischen Sozialforschung darin liegen, sie „als Instrument für die Förderung der Akzeptierung, Weitergabe und Anwendung von Innovationsvorschlägen“ zu gebrauchen und in ihnen Meinungen, Einstellungen und Verhaltensmotive von Individuen oder Gruppierungen zu untersuchen.57 Nicht zuletzt also als Instrument zur Evaluation können in Fokusgruppen durch die Partizipation von betroffenen Akteuren auf interaktivem Weg wertvolle Anhaltspunkte dahingehend gewonnen werden, wie gut bevorstehende Entscheidungen, Regelungen oder Programme voraussichtlich aufgenommen werden und wie mögliche qualitätsverbessernde Überarbeitungsansätze aussehen könnten.58 Unter Evaluation sei im Folgenden die sach- und fachgerechte Bewertung von Ideen, Methoden oder Konzepten verstanden.59 Die Bewertung soll hierbei möglichst „fair“ und „auf möglichst objektivem und wissenschaftlichem Weg“ vollzogen werden.60 Evaluationen kommen – im Gegensatz zu Daueraufgaben wie etwa Controlling oder Qualitätsmanagement – nur punktuell zum Einsatz und erfolgen meist erst auf explizite Initiative eines leitenden Organisationsbereiches hin.61 Nicht selten jedoch ist die treibende Kraft zur Evaluation auch – wie im Falle der vorliegenden 54 Vgl.
Loos/Schäffer (2001), S. 13; Döring/Bortz (2016), S. 380. Mäder (2013), S. 26. 56 So Lamnek (2005a), S. 11. 57 So Mangold (1973), S. 228. 58 Vgl. zur Fokusgruppe als Mittel der Evaluation bspw. Fern (1982), S. 1; Lamnek (2005a), S. 70 f.; Lamnek (2005b), S. 413 f.; Meyer (2007), S. 226 f. und 262 ff.; Schulz (2012), S. 11; Mäder (2013), S. 40 f.; Krueger/Casey (2015), S. 7 ff. 59 Vgl. für vergleichbare Begriffsdeutungen Bloom (1972), S. 200; Weiss (1974), S. 22 f.; Rossi/Freeman/Hofmann (1988), S. 3; Kühlmann (1988), S. 48; Stockmann (2007), S. 25; Döring/Bortz (2016), S. 976; DeGEval – Gesellschaft für Evaluation e. V. (2017), S. 25. 60 So Meyer (2007), S. 223. 61 Vgl. Döring/Bortz (2016), S. 976 f. 55 Vgl.
5.2 Evaluation als Hauptzweck der „Fokusgruppe Marktpreis“
353
Untersuchung – in den „Personen oder Einrichtungen, die den Evaluationsgegenstand selbst entwickeln … oder auf der Grundlage der Evaluationsergebnisse Entscheidungen treffen wollen“ zu verorten.62 Die Evaluationsforschung, ein eigener Forschungsstrang innerhalb der Sozialwissenschaften, kommt traditionell nicht zuletzt bei der geplanten Implementierung neuer Programme im politischen bzw. Verwaltungsbereich zur Geltung.63 Evaluationsbemühungen zeichnen sich stets durch die drei in nachfolgender Abbildung 5.2 dargestellten, sich gegenseitig bedingenden Charakteristika aus.
Abb. 5.2 Charakteristische Merkmale von Evaluationsvorhaben. (Eigene Darstellung in Anlehnung an die Ausführungen bei Mäder (2013), S. 24.)
Fokusgruppen können laut Schrifttum grundsätzlich zu jedem Zeitpunkt eines Forschungs- bzw. Evaluationsprozesses, also sowohl in einer Früh- als auch einer Spätphase, flexibel eingesetzt werden,64 weil umgekehrt betrachtet auch Evaluationsmaßnahmen prinzipiell vor, während oder auch nach einer ProgrammEinführung stattfinden können.65 Unabhängig vom gewählten Zeitpunkt sollte jedoch stets angestrebt werden, zunächst gemeinsam „zu einem geteilten Programmverständnis zu gelangen und die Programmlogik zu explizieren“ sowie die intendierte Verwendung der Evaluationsergebnisse klarzumachen, um für alle Beteiligten eine angemessene Gesprächsbasis zu schaffen.66 62 So
Döring/Bortz (2016), S. 982. Reese (1982), S. 38 und 44; Stockmann (2007), S. 28 ff. 64 So Patton (1990), S. 336 und Bloor/Frankland/Thomas/Robson (2001), S. 13. 65 Vgl. hierzu Stockmann (2007), S. 32 ff. und Döring/Bortz (2016), S. 991. 66 So Mäder (2013), S. 36. 63 Vgl.
354
5
Evaluation des Marktpreis-Prüfungsstandards
Auch verspricht man sich von gruppenförmigen Settings grundsätzlich das Erlangen von Zusatzinformationen über Probleme, die im Rahmen der normalen Organisationsabläufe bzw. des Tagesgeschäfts der Betroffenen unausgesprochen oder unbeobachtet bleiben würden.67 Im Gegensatz zu Vier-Augen-Gesprächen erhofft man sich von Gruppendiskussionen, dass sich die Teilnehmer in Bezug auf kreatives Durchdenken von Sachverhalten und (aufgrund von genauem Nachfragen) detailliertere Antworten wechselseitig anregen. Zudem kann die Gruppensituation eher noch als ein Einzelinterview spontane und unkontrollierte Reaktionen und Äußerungen hervorrufen und so tendenziell tieferliegende und somit validere Werthaltungen zu Tage bringen.68 Zudem haben gruppenförmige Settings im Gegensatz zu Einzelgesprächen den Vorteil, dass getätigte Aussagen aufgrund der Anwesenheit weiterer, bei Bedarf Einspruch erhebender Personen unmittelbar einer Plausibilitätsüberprüfung unterzogen werden, wodurch letztlich Aktualität und Stichhaltigkeit der gesammelten Daten gesteigert werden können.69 Fokusgruppen zielen im Gegensatz zu Einzelinterviews primär auf die Meinung in Bezug auf ein bestimmtes Problemfeld ab, welche die Befragten speziell aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten Interessensgruppe hegen und nicht so sehr auf die Sicht des Individuums.70 Die vom Verfasser einberufene Fokusgruppe Marktpreis lässt sich sowohl in Anbetracht ihrer Zusammen- als auch ihrer Zielsetzung gleichsam als „heuristische Gruppe“ nach Drumm interpretieren, denn eine heuristische Gruppe „erhält einmalige, komplexe, innovative Probleme zur Lösung …, besteht aus hochqualifiziertem Personal der Linie sowie unternehmensexternen Fachleuten“ und soll durch kreative Ideengenerierung eine Unterstützungsfunktionen für ein anvisiertes Organisationsproblem ausüben, wobei jedes Mitglied der heuristischen Gruppe eigene Lösungsvorschläge artikulieren soll, die sodann gemeinsam zu besprechen sind.71 Angesprochen wird hiermit letztlich die sog. konversationale Kohärenz der Fokusgruppe, welche in der „Fähigkeit und Motivation von Gesprächsteilnehmern“ begründet ist, „gegenseitig aufeinander einzugehen, und gemeinsam Themen zu etablieren und weiterzuentwickeln“72 . Eine Fokusgruppe kann also gewissermaßen als eigenständiges qualitativ-heuristisches Verfahren angesehen 67 Vgl.
Schrader (1973), S. 91; Albach (1980), Sp. 1454; Krueger/Casey (2015), S. 11 ff. Goldman (1962), S. 62 f.; Mangold (1973), S. 230; Schrader (1973), S. 94; Hutt (1979), S. 15. 69 Vgl. Goldman (1962), S. 62; Mangold (1973), S. 253; Bryman/Bell (2011), S. 504. 70 Vgl. Bryman/Bell (2011), S. 502. 71 So Drumm (1980), Sp. 1295. 72 Yom/Holzmüller (2002), S. 68, die ebenso mit Recht konstatieren, dass die Bereitschaft, relevantes Wissen auszutauschen und die Thesen der anderen kritisch zu hinterfragen, 68 Vgl.
5.2 Evaluation als Hauptzweck der „Fokusgruppe Marktpreis“
355
werden, da sie realitätsnahe und praxistaugliche Lösungen mit stets ergebnisund anwendungsbezogenem Charakter zu erreichen sucht.73 Insbesondere können Fokusgruppen dahingehend ein vielversprechendes Instrument sein, belastbares „Wissen über erwartete Wirkungen“ sowie „Wissen über die Grenze der Fähigkeiten des Aktors zur Informationsbeschaffung und -verarbeitung“ von den Diskussionsteilnehmern zu erlangen, um ein „gesuchtes heuristisches Verfahren“ zu konzipieren.74 Zu betonen ist jedoch, dass bei evaluierenden Fokusgruppen dem Ziel konsensualer Meinungsbildung – wie überhaupt bei Evaluationsuntersuchungen dem Feedback der konsultierten Betroffenen – mit realistischen Erwartungen begegnet werden sollte. Es ist keineswegs garantiert, dass letztlich eine für alle Beteiligten optimal erscheinende Lösung ersonnen werden kann. Evaluationen bringen – wie von Weiss in sehr (eventuell zu) bescheidener Art und Weise konstatiert – im Normalfall „keine endgültigen und unzweideutigen Ergebnisse bezüglich der Güte eines Programms hervor. Ihre Resultate zeigen oft kleine, unklare Veränderungen, nebensächliche Wirkungen, Ergebnisse, die durch spezifische Ereignisse des Ortes und des Augenblicks beeinflußt werden“75 . Dementsprechend sollten Fokusgruppen nach Krueger/Casey auch ausdrücklich nicht als methodisches Mittel der Wahl dienen, wenn letzten Endes ein flächendeckender Konsens zwingend erreicht werden soll.76 Zudem kann die Erwartung, eine angestoßene und um größte Rationalität bemühte „Evaluierung würde das Politische aus dem Entscheidungsprozeß herausnehmen“, mitunter Wunschdenken der Evaluierenden bleiben.77 Abbildung 5.3 stellt die möglichen Ergebnis-Dimensionen einer Fokusgruppe grafisch dar, wobei auch ein Konsens der Teilnehmer über einen Dissens aufgrund des hiermit verbundenen Erkenntnisfortschritts noch als positiv gewertet wird und einzig eine eventuelle Uneinigkeit darüber, dass man sich uneinig ist, aufgrund der hier offenbar vorherrschenden allgemeinen Konfusion als echter Misserfolg betrachtet wird. Da es bei komplexen ökonomischen Problemstellungen nach Ansicht des Verfassers ohnehin Wunschdenken wäre, in jedem Fall eine aus Sicht aller konsultierten Experten optimale Lösung herbeiführen zu wollen, wurde die notwendige Voraussetzungen sind, um zu praktikablen Verbesserungsvorschlägen und Lösungsansätzen zu gelangen. 73 Siehe hierzu vor allem Kleining (2010), S. 65 ff. 74 Vgl. für diese und weitere Merkmale der „Erarbeitung heuristischer Entscheidungsmethoden“ Kühn (1985), S. 537. 75 Weiss (1974), S. 21 f. 76 Vgl. Krueger/Casey (2015), S. 22. 77 So Weiss (1974), S. 22.
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5
Evaluation des Marktpreis-Prüfungsstandards
Fokusgruppe Marktpreis gleichwohl als durchaus vielversprechendes empirisches Komplementärelement bei der Konzeptionierung des MP-PS gesehen.
Abb. 5.3 Mögliche Ergebnis-Dimensionen einer Fokusgruppe
Als Schwierigkeit kann es sich in Bezug auf die Diskussionsauswertung bzw. Dateninterpretation gleichwohl darstellen, dass sich einzelne Teilnehmer sehr stark an der Diskussion beteiligen und andere wiederum kaum bis gar nicht das Wort ergreifen. Eine Auswertung der getroffenen Aussagen kann sich jedoch stets nur auf die Person beziehen, von der eine Aussage getätigt wurde. Es wäre unbillig, automatisch anzunehmen, die Schweigenden hätten zu der jeweiligen Fragestellung bspw. keine Meinung oder ihr Schweigen solle als stillschweigende Zustimmung gedeutet werden.78 Ferner ist nicht auszuschließen, dass einzelne Teilnehmer ihre tatsächlichen Meinungen und Einstellungen ganz oder teilweise verschweigen, weil Unsicherheitsfaktoren und ein gewisses Misstrauen gegenüber dem Projekt bestehen geblieben sind. Abhilfe kann hier insofern geschaffen werden, als den Anwesenden eine strikte Anonymität in Bezug auf die Ergebnisverwendung und -publikation zugesichert und die streng neutrale Haltung des untersuchenden (Forschungs-)Instituts betont wird.79 Beiden Punkten wurde bei der Fokusgruppe Marktpreis von vornherein genüge getan.
78 Vgl. 79 Vgl.
Mangold (1973), S. 232 f.; Lamnek (2005a), S. 161 ff. Mangold (1973), S. 248; Loos/Schäffer (2001), S. 50.
5.3 Zusammensetzung und Ablauf der „Fokusgruppe Marktpreis“
5.3
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Zusammensetzung und Ablauf der „Fokusgruppe Marktpreis“
Fokusgruppen sind grundsätzlich mehr oder minder variabel in ihrer Größe. Bezüglich der vermeintlich optimalen Personenzahl ist sich das Schrifttum allerdings offenbar noch uneins. Genannt werden anzuvisierende Gruppengrößen im Bereich von vier bis acht80 , fünf bis neun81 , fünf bis zehn82 , sechs bis acht83 , sechs bis zehn84 , acht bis zehn85 , sechs bis zwölf86 oder auch acht bis zwölf87 Diskussionsteilnehmern. Bei kleineren gruppenförmigen Settings kann sich der Missstand zu stark ins Gewicht fallender und somit verzerrend wirkender individueller Besonderheiten ergeben, während größeren Diskussionsrunden der Nachteil nachgesagt wird, nicht alle Anwesenden könnten ausreichend zu Wort kommen und der beabsichtigte informelle und ungezwungene Charakter der Gesprächssituation könne in Mitleidenschaft gezogen werden.88 Diesem Risiko kann – so auch im Falle der Fokusgruppe Marktpreis – bei komplexen Diskussionsthemen durch vorheriges Eingrenzen des Gesprächsrahmes mittels Ankündigung einer sodann allerdings stets im Hinterkopf zu behaltenden Agenda in Teilen entgegengewirkt werden.89 Forschungsvorhaben mit Fokusgruppen können entweder mit demselben Teilnehmerkreis, jedoch zu variierenden Themen, oder mit variierendem Teilnehmerkreis, jedoch jedes Mal zum selben Thema, durchgeführt werden.90 Die vom Verfasser einberufene Fokusgruppe Marktpreis entsprach der ersten Variante und kann demnach auch als sog. (kleine) „Serie“ bezeichnet werden.91 Sie war ferner mit zwölf Preisrechts-Anwendern von eher überdurchschnittlicher Größe. Bewusst wurde bei der Akquise der Teilnehmer darauf geachtet, Vertreter aller 80 Vgl.
Döring/Bortz (2016), S. 380. Hutt (1979), S. 15, 17. 82 So Mayerhofer (2007), S. 481; Krueger/Casey (2015), S. 2. 83 So Bloor/Frankland/Thomas/Robson (2001), S. 26. 84 So Mangold (1973), S. 229; Schrader (1973), S. 91. 85 So Calder (1977), S. 353. 86 So Bryman/Bell (2011), S. 505 und Schulz (2012), S. 13. 87 So hingegen Cox/Higginbotham/Burton (1976), S. 77. 88 Vgl. Mangold (1973), S. 247; Hutt (1979), S. 17; Siemens AG (Hrsg.) (1979), S. 203; Mayerhofer (2007), S. 481. 89 Vgl. Mangold (1973), S. 249. 90 Vgl. Schulz (2012), S. 10. 91 Siehe hierzu Mäder (2013), S. 41. 81 So
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5
Evaluation des Marktpreis-Prüfungsstandards
im Preisrecht bedeutsamen Gruppierungen an einen Tisch zu bekommen, um einerseits der Preisprüfung als von Kommunikation und Interaktion verschiedener Parteien geprägter Veranstaltung gerecht zu werden und andererseits trotz zu erwartender konträrer Positionen möglichst allgemeinverträgliche Lösungen zu erarbeiten. Ohnehin findet bei Fokusgruppen typischerweise eine bewusste Auswahl der Diskussionsteilnehmer als Betroffene bzw. Angehörige einer jeweils interessierenden Grundgesamtheit statt.92 Zufallsauswahlverfahren werden eher kritisch gesehen, da sie aufwendiger sind und eine statistische Repräsentativität infolge der geringen Personenzahl nicht zu erreichen ist.93 Die in der Praxis denkbaren Konstellationen von Gruppendiskussionen spielen sich zudem auf einem Kontinuum zwischen den beiden Extrema „strukturierte Form“ und „selbstläufige Form“ ab. Nachfolgende Abbildung 5.4 setzt die typischen Charakteristika dieser beiden Zusammensetzungsformen ins Bild. Wie in der obigen Abbildung gekennzeichnet, ist die Fokusgruppe Marktpreis grundsätzlich eher als eine Gruppendiskussion „strukturierter Form“ zu bezeichnen gewesen. Einzig im Hinblick auf das Merkmal „Zusammensetzung“ entsprach sie nicht komplett der Vorgabe der in Rede stehenden Kategorie, weil sich die Teilnehmer teilweise bereits durch gemeinsame Tagungsbesuche, aus Verbandstreffen oder gar aus realen Preisprüfungen persönlich kannten. Gemäß Schrifttum können einander bekannte Personen einer Diskussion mitunter zuträglich sein, weil sie sich nicht erst in der Gruppe orientieren müssen und getreu dem Motto „Wir sind ja unter uns…!“ eher bereit sind, auch vertrauliche und sensible Punkte anzusprechen.94 Ob sich eine solche innere Haltung bei den FokusgruppenTeilnehmern letztlich tatsächlich einstellt, lässt sich im Einzelfall aber sicherlich nur schwer feststellen. Bezüglich Evaluationsvorhaben wird allgemein eine breite Ansprache der für den Einzelfall wesentlichen Stakeholder empfohlen. Neben den unmittelbaren Programm-Anwendern sollten „… Entscheidungsträger in Wirtschaft, Verwaltung und Politik, die über die Weiterführung, Einstellung oder Modifikation einer Maßnahme auf der Basis von Evaluationsergebnissen befinden“ ebenso partizipieren können.95 Konkret bestand die Fokusgruppe Marktpreis neben dem Verfasser zunächst aus zwei weiteren Personen aus dem Wissenschaftsbereich, die sich
92 Vgl.
Dürrenberger/Behringer (1999), S. 19. Schulz (2012), S. 13. 94 Vgl. Mäder (2013), S. 37 und 42. 95 So Döring/Bortz (2016), S. 982. 93 Vgl.
5.3 Zusammensetzung und Ablauf der „Fokusgruppe Marktpreis“
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Abb. 5.4 Kontinuum möglicher Fokusgruppenstrukturen. (Eigene Darstellung in Anlehnung an die Tabelle bei Mäder (2013), S. 39.)
aus betriebswirtschaftlicher Sicht ebenfalls intensiv mit preisrechtlichen Fragestellungen befassen. Des Weiteren war die Preisprüferschaft mit zwei Preisprüfern unterschiedlicher Preisüberwachungsstellen vertreten. Auch die Auftragnehmerseite konnte mit gleich mehreren Personen für die Fokusgruppe Marktpreis gewonnen werden: Neben drei erfahrenen Mitarbeitern aus unterschiedlichen Industrieunternehmen mit – nicht zuletzt aufgrund der Größe der betreffenden Konzerne – jeweils einer hohen Zahl zu bearbeitender öffentlicher Aufträge bzw. Preisprüfungen war ein Vertreter aus einem IT-Dienstleistungsunternehmen zugegen, welches regelmäßig auch für den öffentlichen Sektor tätig ist. Einer der größten öffentlichen Auftraggeber in der BRD entsandte ebenfalls einen Mitarbeiter in die Fokusgruppe (wobei sich dieser beim zweiten Termin von einem Kollegen vertreten ließ). Zusätzlich war durch den Partner einer Anwaltskanzlei mit langjähriger Erfahrung im Vergabe- und Preisrecht für die besondere juristische Expertise rund um öffentliche Auftragsvergaben und somit gewissermaßen eine objektive Kontrollfunktion in der Fokusgruppe gesorgt. Schließlich konnte
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Evaluation des Marktpreis-Prüfungsstandards
erfreulicherweise ein für Preisrecht zuständiger Mitarbeiter aus dem Hause des Verordnungsgebers für die Fokusgruppe Marktpreis gewonnen werden, sodass dem Vorhaben besondere Relevanz und Glaubwürdigkeit zuteilwurde und unmittelbar mit der zentralen, für Reformen im Preisrecht primär zuständigen Institution in Austausch getreten werden konnte. Die Zusammensetzung der Fokusgruppe Marktpreis ist in nachfolgender Abbildung 5.5 nochmals grafisch dargestellt.
Abb. 5.5 Personelle Zusammensetzung der „Fokusgruppe Marktpreis“
Derart heterogen zusammengestellte Diskussionsrunden können ambivalent beurteilt werden. Einerseits kann es durchaus zur Lebhaftigkeit, Intensität und Ergiebigkeit der Diskussion beitragen, wenn verschiedene Interessensgruppen zusammenkommen und eine Thematik von allen Seiten beleuchtet wird. Andererseits aber besteht die Gefahr, dass die einzelnen Perspektiven auf die in Rede stehende Problematik voneinander zu weit entfernt sind, als dass eine gegenseitige Anregung oder ein tiefergehendes gegenseitiges Verständnis aufkommen könnten, was sich sodann lediglich in einem Austausch von stereotypischen
5.3 Zusammensetzung und Ablauf der „Fokusgruppe Marktpreis“
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und oberflächlichen Bemerkungen äußern kann.96 Teilweise können demnach Argumentationsstränge der einen Seite von anderen Anwesenden nicht richtig nachempfunden werden, was aufkommendes Desinteresse oder das Gefühl des Übergangenwerdens zur Folge haben kann, wodurch die Diskussion letztlich erlahmt. Um dieser Gefahr aus dem Weg zu gehen, werden in anderen Forschungsprojekten nicht selten eher homogene Diskussionsgruppen eingerichtet.97 Nichtsdestotrotz hat es der Verfasser für vielversprechend erachtet, ein eher gemischtes gruppenförmiges Setting zu wählen, da der MP-PS, wie bereits angemerkt, nicht nur von den Preisprüfern zur Überprüfung der Preise verwandt werden soll, sondern auch zur Kontrolle der Preisgestaltung von Auftraggeberund Auftragnehmerschaft, sodass die durchaus breite Zielgruppe des MP-PS entsprechend abzubilden war. Zudem ist die Preisprüfung bekanntlich ganz wesentlich von der Dreiecksbeziehung der genannten Akteure geprägt, welche sich allesamt durch Mitwirkung an der Marktpreisprüfung auszeichnen müssen. Zudem wurde mit der heterogenen Zusammensetzung der Fokusgruppe Marktpreis durchaus das bewusste Ziel verfolgt, eine sehr kontroverse Diskussion aufkommen zu lassen, weil kontroversen Diskussionen gemeinhin ein positiver Einfluss auf die Ergiebigkeit der Forschungsergebnisse nachgesagt wird.98 Davon abgesehen war bei der Fokusgruppe Marktpreis das Mindestkriterium für Fokusgruppen, nämlich ein rudimentäres gemeinsames Interesse an einem bestimmten Themenfeld als gewissermaßen vereinendes Element,99 mit Blick auf die zukünftig (hoffentlich) von weniger Unsicherheiten geprägte Marktpreisvereinbarung und -prüfung zweifelsohne gegeben. Des Weiteren ist zur zielführenden Beeinflussung der Fokusgruppendiskussion großes Augenmerk auf die Person des Moderators zu legen. Dieser Figur kommt im Rahmen von Gruppendiskussionen eine besondere Bedeutung zu. Ein Moderator ist gemeinhin eine von allen Anwesenden als neutral anerkannte Person mit der Aufgabe, eine Gesprächsrunde sich stets am eigentlichen Thema orientierend zu steuern.100 Die Steuerung einer Fokusgruppe ist ein wichtiges Element, da Gruppendiskussionen dazu neigen, vom eigentlichen Thema abzuschweifen und – wie Schrader es ausdrückt – „vom Hölzchen aufs Stöckchen“ zu springen.101
96 Vgl.
Loos/Schäffer (2001), S. 44; Bloor/Frankland/Thomas/Robson (2001), S. 20. Mangold (1973), S. 233. 98 Vgl. Yom/Holzmüller (2002), S. 71. 99 Vgl. Hutt (1979), S. 16; Mäder (2013), S. 39; Krueger/Casey (2015), S. 6 f. 100 Vgl. Siemens AG (Hrsg.) (1979), S. 198; Döring/Bortz (2016), S. 380. 101 Siehe Schrader (1973), S. 92; ähnlich auch Mangold (1973), S. 249. 97 So
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Evaluation des Marktpreis-Prüfungsstandards
Konkret können die folgenden Stellschrauben zur Diskussionssteuerung angeführt werden:102 – Sicherstellung eines formal geregelten Gesprächsablaufs, ohne den Anwesenden eine übermäßig straffe Diskussionskultur abzunötigen; – Notieren von Wortmeldung und Vornehmen von Worterteilungen; – Geben von Hinweisen bezüglich des korrekten Aufführens einzelner Aspekte im Protokoll; – Stellen von neutralen Zwischenfragen zur Klärung, ob eine Einzelmeinung oder eine Gruppenmeinung vorliegt; – Stellen von verständnisfördernden Zwischenfragen („Wie meinen Sie das? Können Sie dazu ein Beispiel nennen?“ usw.), sofern während des Gesprächs vermeintliche Selbstverständlichkeiten ausgetauscht werden, von denen einzelne Teilnehmer irrigerweise glauben, alle anderen wüssten genau, was gemeint ist, sowie – Betonung und Herausstellung zu Tage getretener Meinungsverschiedenheiten, um eine ausführlichere Erläuterung oder auch Klärung des in Rede stehenden Problems anzuregen. Zudem kann es, wie bereits angedeutet, punktuell zielführend sein, wenn der Moderator bei Anwesenheit einzelner nach großen Redeanteilen drängender und womöglich zu „Fensterreden“ neigender Personen mittels Interventionen wie „Das ist eine Sicht der Dinge. Gibt es noch andere Meinungen zu diesem Problem?“ eine gleichmäßigere Verteilung der Stellungnahmen und somit eine breitere Abbildung des Meinungsspektrums anstößt.103 Ebenso kann er als „Anwalt des Teufels“ punktuell extreme Standpunkte zur Sprache bringen, um neue Reize zu setzen die Ergebnisoffenheit bei der Lösungsfindung aufrechtzuhalten.104 Dadurch, dass der Moderator den Fokus immer wieder auf konkrete Teilaspekte des aktuellen Tagesordnungspunktes zurücklenkt, kann eine Gesprächsatmosphäre geschaffen werden, in der Meinungsverschiedenheiten von allen Anwesenden als Selbstverständlichkeit aufgefasst werden, wodurch das Berichten über divergierende Erfahrungen, generell eine offenere und kontroversere Diskussion sowie die Erfassung der Gründe für divergierende Meinungen erleichtert werden. Zugleich aber wird hierdurch die Sachlichkeit der Gruppendiskussion befördert, was sich 102 Vgl.
Mangold (1973), S. 247 f.; Fern (1982), S. 2; Lamnek (2005a), S. 138 ff.; Benighaus/Benighaus (2012), S. 119 ff.; Krueger/Casey (2015), S. 103 ff. 103 So ähnlich auch Mayerhofer (2007), S. 482. 104 Vgl. Aaker/Kumar/Day (2003), S. 201.
5.3 Zusammensetzung und Ablauf der „Fokusgruppe Marktpreis“
363
einem Gedanken von Mangold folgend insgesamt als eine sich einstellende „wissenschaftliche Grundhaltung“ der Teilnehmer bezeichnen lässt.105 Hiermit einher geht jedoch das Erfordernis, dass die Gesprächsatmosphäre trotz der vorherrschenden Kontroversität stets als angenehm empfunden werden sollte.106 Gleichwohl ist nicht zuletzt durch den Moderator einer Fokusgruppe und dessen Gesprächsteilnahme stets der Trade-off zwischen einem – der unverblümten Meinungsartikulationen förderlichen – Freien-Lauf-Lassen der Diskussion und ziel- und belanglosigkeitsverhindernden Gesprächseingriffen sensibel auszutarieren.107 Der Moderator verzichtet in der Regel weitestgehend auf eine aktive und subjektive Werthaltungen wiedergebende Diskussionsteilnahme. Die Diskutierenden sollen sich primär aufeinander konzentrieren und den Moderator eher außen vor lassen, da dieser nur bei Bedarf die weitere Entfaltung des in Rede stehenden Tagesordnungspunktes (TOPs) befördern soll.108 Bei einer zu starken aktiven Teilnahme des Moderators bestünde die Gefahr, dass die Perzeption der einzelnen Wortbeiträge der anwesenden Experten im Laufe der Fokusgruppe kognitiv verzerrt und somit die oben genannte wissenschaftliche Grundhaltung der Gesprächsrunde unterlaufen würde.109 Im Falle der Fokusgruppe Marktpreis wurde die Moderatorenrolle von dem in Abbildung 5.5 oben als „Vertreter Wissenschaft 2“ bezeichneten Teilnehmer ausgefüllt. Obwohl in aller Regel der Verfasser der jeweiligen Studie die Moderatorenrolle einnimmt,110 entschied sich der Verfasser der vorliegenden Schrift bewusst gegen das Agieren als Moderator, da bei ihm im Vorfeld bereits eine intensive inhaltliche Auseinandersetzung mit den Diskussionsthemen stattgefunden hatte und er es sich daher nicht nehmen lassen wollte, sich mit eigenen Wortbeiträgen in die – erst nach etwa zwei Jahren Projektlaufzeit einberufene – Fokusgruppe Marktpreis einzuschalten. Bei Fokusgruppen sind Tonband- oder gar Videoaufzeichnungen als standardmäßiges Verfahren zur vollständigen Erfassung und Speicherung der getroffenen Aussagen – inklusive der Art der Betonung und der Stimmlage – zu bezeichnen.111 Hierauf ist bei der Fokusgruppe Marktpreis bewusst von vornherein 105 Vgl.
Mangold (1973), S. 234. Aaker/Kumar/Day (2003), S. 220. 107 Vgl. Bryman/Bell (2011), S. 510. 108 Vgl. Goldman (1962), S. 64; Przyborski/Riegler (2010), S. 441. 109 Vgl. Cox/Higginbotham/Burton (1976), S. 79. 110 Vgl. Wilkinson (2016), S. 84. 111 Vgl. Mangold (1973), S. 229; Hutt (1979), S. 18; Loos/Schäffer (2001), S. 49; Bloor/ Frankland/Thomas/Robson (2001), S. 41 f. und 58 ff.; Lamnek (2005a), S. 169 ff.; Mayer hofer (2007), S. 483; Bryman/Bell (2011), S. 505 f.; Schulz (2012), S. 15; Benighaus/Benighaus (2012), S. 115; Döring/Bortz (2016), S. 381; Wilkinson (2016), S. 84. 106 Vgl.
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Evaluation des Marktpreis-Prüfungsstandards
verzichtet worden. Angekündigte Aufzeichnungen mittels technischer Geräte hätten dazu führen können, dass die Mitwirkungsbereitschaft an der Fokusgruppe – so zumindest die Vermutung des Verfassers – deutlich geringer ausgefallen wäre. Die größte Priorität wurde, wie schon gesagt, auf eine vielversprechende Zusammensetzung der Fokusgruppe als branchen- und funktionsbereichsübergreifende Expertenrunde gelegt. Mit dem Verzicht auf Aufzeichnungen sollte die Wahrscheinlichkeit, eine solche Gruppe tatsächlich realisieren zu können, erhöht werden. Statt mittels Ton- oder Videoaufzeichnung sind alle wesentlichen „Statements“112 von der anwesenden „Vertreterin Wissenschaft 3“ – gezwungenermaßen unter einer gewissen Inkaufnahme verminderter Beteiligungsmöglichkeiten an der Diskussion – durch detaillierte schriftliche Protokollierung festgehalten worden. Zudem kann der Umstand, dass sich bei einer Fokusgruppe im Gegensatz zum Einzelinterview alle Teilnehmer zeitgleich an ein und demselben Ort einfinden müssen, die Teilnehmerakquise erschweren, da davon ausgegangen werden muss, dass angesprochene Personen mitunter nur ein geringes Interesse für die Thematik hegen oder auch Bequemlichkeit eine Rolle spielt.113 Als Ort des Geschehens wurde im Falle der Fokusgruppe Marktpreis aufgrund der besonderen Zentralität und auch der Neutralität des Ortes jeweils ein Konferenzraum in einem Tagungshotel in Frankfurt a. M. gewählt. Der Wahl eines neutralen Treffpunktes wird der Vorteil nachgesagt, eine „willkommene Verfremdung zu ermöglichen, die die Kommunikationssperren des Alltags abbaut“114 . Die Akquise der Teilnehmer
112 Als „Statement“ sei im Rahmen von Fokusgruppen in Anlehnung an Yom/Holzmüller (2002), S. 69, jede „in sich geschlossene verbale Aüsserung … eines Teilnehmers“ verstanden. 113 Vgl. Mangold (1973), S. 232. 114 Schrader (1973), S. 91 f. Hingegen behaupten Bloor/Frankland/Thomas/Robson (2001), S. 39 es gäbe in der Praxis „no such thing as a neutral venue for a focus group“, weil die spezifische räumliche Umgebung immer in irgendeiner Weise beeinflussend auf das Kommunikationsverhalten der Teilnehmer wirke. Dem Verfasser erscheint diese Einwendung als eher überzogen.
5.3 Zusammensetzung und Ablauf der „Fokusgruppe Marktpreis“
365
gestaltete sich überraschend reibungslos.115 Als Einstieg in die Teilnehmergewinnung wurde bei einer Preisrechtstagung im Jahr 2018 auf das Fokusgruppenbzw. Dissertationsprojekt mittels breitem Aufruf aufmerksam gemacht und darum gebeten, bei Interesse an einer Mitwirkung mit dem Verfasser Kontakt aufzunehmen. Allein hierdurch konnte bereits die Teilnahme mehrerer Personen gesichert werden. Die Komplettierung der Fokusgruppe Marktpreis erfolgte über selektives Kontaktieren weiterer Institutionen bzw. Personen auf direktem Wege, wobei das Ziel einer möglichst heterogenen Gesprächsrunde den Kreis der noch zu selektierenden Akteure an dieser Stelle bereits wesentlich eingrenzte. Andere Forschungsvorhaben mit Fokusgruppen umfassen in aller Regel drei bis vier gemeinsame Treffen.116 Es herrscht somit ein relativ eng abgesteckter Rahmen vor, der das Risiko birgt, wesentliche Aspekte nur wenig tiefgründig besprechen oder gar nur kurz streifen zu können.117 Gleichwohl wird im einschlägigen Schrifttum als Richtwert angeführt, dass ein Treffen meist zwischen eineinhalb und zwei118 , einer und drei119 bzw. zweieinhalb und drei Stunden120 umfasse, was zum Teil auch unumwunden als „verhältnismäßig kurze Zeit“121 bezeichnet wird. Die Fokusgruppe Marktpreis hat zwar „nur“ zweimal getagt, dies jedoch jeweils ganztägig als Blockveranstaltung, sodass sie insgesamt mit einer Diskussionsdauer von etwa zehn Stunden „netto“, d. h. abzüglich Kaffee- und Mittagspausen, zu Buche geschlagen hat. Der Malus der eher geringen Anzahl
115 Gemeinhin
muss doch mit einem merklichen Zögern der zur Mitwirkung eingeladenen Betroffenen gerechnet werden. Typische Hemmfaktoren sind nach Kühlmann (1988), S. 270: „Zweifel am Gestaltungsspielraum bei der Lösung organisatorischer oder technischer Probleme. Bedenken im Hinblick auf die eigene Kompetenz. Skepsis gegenüber der grundsätzlichen Bereitschaft der Organisationsleitung, eine Mitbeteiligung der betroffenen Mitarbeiter zu verwirklichen. Negative Erfahrungen mit der Ernsthaftigkeit bisheriger Partizipationsangebote. Furcht, bei Fehlentscheidungen zur Rechenschaft gezogen zu werden.“ 116 So zumindest die Daumenregel bei Krueger/Casey (2015), S. 23. Bei Döring/Bortz (2016), S. 381, ist jedoch auch bspw. von einer möglichen Fokusgruppen-Studie mit zehn (!) Treffen die Rede. 117 Vgl. Schulz (2012), S. 12. 118 Vgl. Döring/Bortz (2016), S. 380. 119 Vgl. Mayerhofer (2007), S. 481; Schulz (2012), S. 15; von etwa zwei Stunden als typische Diskussionsdauer spricht auch bereits Goldman (1962), S. 62. 120 Vgl. Benighaus/Benighaus (2012), S. 112. 121 Benighaus/Benighaus (2012), S. 112.
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Evaluation des Marktpreis-Prüfungsstandards
an Zusammenkünften dürfte also durch die überdurchschnittlich lange Diskussionsdauer (ggf. sogar über-)kompensiert worden sein.122 Ein signifikantes Mehr an Diskussionsdauer wäre ohnehin nicht möglich gewesen, da es sich bei den Fokusgruppenteilnehmern zu einem nicht unwesentlichen Teil um Personen aus dem mittleren Management handelte, die in ihrem beruflichen Tagesgeschäft grundsätzlich nur sehr begrenzt abkömmlich sind. Als Diskussionsgrundlage bzw. Grundreiz wird bei Fokusgruppen typischerweise zunächst ein kurzer Film, eine Homepage, ein Bild, eine pointierte These oder auch ein kurzer Vortrag dargeboten.123 In der Fokusgruppe Marktpreis wurden die einzelnen Aspekte zunächst vom Verfasser analog zuvor kommunizierter TOPs in kurzen Impulsreferaten blockweise präsentiert, um sie sodann gemeinsam zu besprechen. Konkret handelte es sich bei den Gesprächsthemen im Wesentlichen um die in nachfolgender Abbildung 5.6 aufgeführten Aspekte. Bezüglich der Auswertung von Fokusgruppendiskussionen ist anzuführen, dass – wie in der qualitativen Forschung üblich – keine allgemeingültige Aussage zum optimalen Vorgehen getroffen werden kann.124 Zum einen kann eine induktive Herangehensweise gewählt werden. Hier wäre das (über Tonband- oder Videoaufzeichnung) gesammelte Gesprächsmaterial wörtlich zu transkribieren und anschließend einer detaillierten computergestützten Analyse zu unterziehen. Vor allem bei bislang wenig erforschten und daher mit hohen Unsicherheitsfaktoren behafteten Themenfeldern wird dieser Weg empfohlen. Zum anderen aber kann zuweilen auch der deduktive Weg eingeschlagen werden; hier kommt es zu einer Auswertung anhand von Protokollen, die nicht auf einer Tonband- oder gar Videoaufnahme basieren und demnach nicht das komplette qualitative Material verschriftlichen, und es wird lediglich auf die Zusammenfassung der zentralen Aussagen und Erkenntnisse abgezielt. Insbesondere bei Forschungsfeldern, zu denen bereits ein solides Vorwissen generiert werden konnte, wird das deduktive 122 Diese
relativ lange Gesamtdauer der Diskussion ist als weiteres Argument gegen eine Tonbandaufzeichnung mit anschließender Transkription zu sehen gewesen. Unter Rückgriff auf den Erfahrungswert von Bloor/Frankland/Thomas/Robson (2001), S. 91, dass „a single 90-minute focus group can easily generate 100 pages of transcript“ (≈ 1,11 Seiten/min), hätte sich die angeregt diskutierende Fokusgruppe Marktpreis womöglich in einer Verschriftlichung auf ca. 10 h * 60 min/h * 1,11 Seiten/min = 666 Seiten niedergeschlagen – ein in Anbetracht des Stellenwertes der Fokusgruppe im Rahmen des gesamten Forschungsvorhabens also auch unter Verhältnismäßkeitsgesichtspunkten hinterfragenswürdiger Arbeitsschritt. 123 Vgl. Schrader (1973), S. 92; Lamnek (2005b), S. 414; Schulz (2012), S. 9; Döring/Bortz (2016), S. 380. 124 Vgl. Gadenne (2001), S. 13; Lamnek (2005b), S. 616 ff.
5.3 Zusammensetzung und Ablauf der „Fokusgruppe Marktpreis“
Abb. 5.6 Agenda der „Fokusgruppe Marktpreis“
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Evaluation des Marktpreis-Prüfungsstandards
Verfahren als gangbarer Weg bezeichnet.125 Ziel ist die Zuordnung der getätigten Statements zu Kategorien, um sodann grundsätzliche Aussagen und Ergebnisse abzuleiten.126 Hiermit geht einher, dass die Ausgangsprotokolle sukzessiv auf die wesentlichen Statements herunterkondensiert werden.127 Im Ergebnis zeigt das hier beschriebene Vorgehen somit gewisse Parallelen zu den interpretativreduktiven Arbeitsschritten128 bzw. der Cut-and-Paste-Technik 129 bei Lamnek oder zur Zusammenfassungsmethodik 130 nach Mayring. Da auf einen Tonbandmitschnitt der Fokusgruppe Marktpreis, wie bereits angemerkt, verzichtet wurde und zudem bereits eine nicht unwesentliche Zahl an Forschungsarbeiten zum öffentlichen Preisrecht vorhanden war, wurde für die vorliegende Schrift die deduktive Vorgehensweise verfolgt.131 Flankierend kann es nach Pelz/Schmitt/Meis sinnvoll sein, die Ergebnisse gruppenförmiger Settings zur Erhebung qualitativer Daten zusätzlich in Form von Mindmap-artigen Schaubildern – vorgenannte Autoren sprechen hierbei von Focusgroup Illustration Maps – grafisch wiederzugeben, da auf diese Weise eine bessere Ergebnisstrukturierung sowie eine leichtere Kommunizierbarkeit komplexer Zusammenhänge möglich werden.132 Die hier zugrundeliegende Darstellungsform der Mindmap ist eine Kreativitätstechnik zur kognitiv-visuellen Erfassung eines zu erörternden Themenfeldes. Mittels freier Auffächerung von Gedanken und Assoziationen rund um ein zugrundeliegendes Basisthema bzw. Schlagwort wird dieses zeitgleich aus verschiedenen Richtungen beleuchtet, wobei Wirkungszusammenhänge zwischen verschiedenen Teilaspekten über Verbindungslinien aufgezeigt werden.133
125 Vgl.
Ruddat (2012), S. 195 f. auch Kepper (1994), S. 68. 127 Vgl. Ruddat (2012), S. 202. 128 Vgl. Lamnek (2005b), S. 501. 129 Vgl. Lamnek (2005a), S. 183. 130 Vgl. Mayring (2010), S. 67 ff. 131 Zum Schluss wurde zudem eine kommunikative Validierung mit den Fokusgruppenteilnehmern „Vertreter Wissenschaft 2“ und „Vertreterin Wissenschaft 3“ durchgeführt, um die Richtigkeit der zusammenfassenden Ergebnisauswertung zu überprüfen. 132 Siehe hierzu grundlegend Pelz/Schmitt/Meis (2004); ähnlich auch Meier (2007). 133 Vgl. zum Thema „Mindmapping“ vertiefend Buzan/Buzan (2009). 126 So
5.4 Vorträge auf Konferenzen als zusätzliche Maßnahmen
5.4
369
Vorträge auf Konferenzen als zusätzliche Maßnahmen
Zusätzlich zur Fokusgruppe Marktpreis hat es der Verfasser im Hinblick auf eine erfolgreiche Implementierung des MP-PS und in Anbetracht der Empfehlungen im organisationstheoretischen und soziologischen Schrifttum für sinnvoll erachtet, die Möglichkeit wahrzunehmen, seine Konzepte und Ideen auf zwei Fachtagungen zum öffentlichen Preisrecht zu präsentieren, um einen noch größeren Kreis von Preisrechts-Anwendern über die laufende MP-PS-Erstellung als solche zu informieren, die konzeptionellen Eckpunkte sowie die voraussichtlichen Vorzüge eines solchen Instrumentariums näher zu erläutern und nicht zuletzt die Praktiker zur Mitwirkung an der Erstellung des MP-PS aufzurufen, um letztlich ein möglichst praxisgerechtes Konzept vorlegen zu können. Bei der ersten vom Verfasser genutzten Veranstaltung handelte es sich um die Bundespreisprüfertagung in Koblenz im Jahre 2018. Wie der Name schon sagt, bestand das Auditorium hier zum allergrößten Teil aus den Preisprüfern der verschiedenen bundesweit verteilten PÜs. Weitere anwesende Tagungsteilnehmer waren einzelne Vertreter von Seiten des Verordnungsgebers sowie aus der öffentlichen Verwaltung (Preisbildungsstellen, BAAINBw und Bundesrechnungshof). Vorgenannte Tagung erschien geradezu prädestiniert, ein pro-aktives Implementierungsmanagement zu betreiben, weil vor der „Hauptzielgruppe“ des späteren MP-PS präsentiert werden konnte. Ergänzend wurde der Verfasser im Jahr 2019 mit seinem Dissertationsvorhaben auf einer Preisrechtstagung in Köln vorstellig, bei der vornehmlich Vertreter der Auftragnehmerseite (aber auch erneut einzelne behördliche Funktionsträger und Juristen mit Tätigkeitsschwerpunkten im öffentlichen Auftragswesen) zugegen waren. Bei dieser Veranstaltung bestand somit die Möglichkeit, mit der eher privatwirtschaftlich organisierten Interessensgruppe in Dialog zu treten. Sowohl direkt im Anschluss an die Vorträge vor Ort als auch im Nachgang via E-Mail hat der Verfasser von den Praktikern vereinzelte Rückmeldungen zu den vorgestellten Ideen erhalten, wobei das Ausmaß des (fern)mündlichen und schriftlichen Feedbacks insgesamt als überschaubar bezeichnet werden muss. Im Folgenden werden die Ergebnisse der Evaluations- und somit auch der Implementierungsbemühungen des Verfassers (Fokusgruppe und Fachvorträge) gemeinsam dargestellt, wobei zunächst mit einem eher breiten und grundsätzlichen Fokus die Leitidee eines MP-PS gewürdigt wird und in der Folge konkretere Detailaspekte sukzessiv abgehandelt werden. Die Aspekte, bei denen im Kreise der Praktiker offenbar eine einhellige Auffassung vorliegt, werden vom Verfasser selbstredend nach Möglichkeit unverändert in den späteren MP-PS übertragen, da alles andere der Akzeptanz des späteren MP-PS nur abträglich sein würde.
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5
Evaluation des Marktpreis-Prüfungsstandards
5.5
Ergebnisse des Evaluationsprozesses
5.5.1
Zur Grundidee der Entwicklung eines MP-PS
In Bezug auf die Ergebnisse der Fokusgruppe Marktpreis wie auch den Diskurs auf den erwähnten Fachtagungen muss konstatiert werden, dass an vielen Stellen ein Dissens unter den konsultierten Experten nicht ausgeräumt werden konnte. Gleichwohl war an manch anderer Stelle durchaus ein Konsens erkennbar, sodass „unter dem Strich“ durchaus von gelungenen und fruchtbaren Veranstaltungen gesprochen werden kann. Im Zuge der Evaluation im Feld wurde zunächst die Grundidee der Einführung eines MP-PS für öffentliche Aufträge von Grund auf – und somit auch einschließlich der wesentlichen prüfungstheoretischen Hintergründe – erläutert. In Anbetracht des gesamten gesammelten Feedbacks muss aus heutiger Sicht gleichwohl konstatiert werden, dass sowohl von Seiten der Preisprüfer- und Auftraggeberschaft als auch von Seiten des Verordnungsgebers noch kein besonders starkes Interesse an diesem Modernisierungsvorhaben erkennbar ist. Einzig seitens der Industrie wird der Leitgedanke eines Prüfungsstandards für Marktpreise (wenn auch noch recht verhalten) positiv beschieden. Wenngleich dem Verfasser von einzelnen Preisprüfern im persönlichen Austausch durchaus vermittelt wurde, dass die Konzeption eines MP-PS als Leitgedanke ein durchaus interessantes und lohnendes Unterfangen darstelle, wurde dem Verfasser vom Großteil dieser Stakeholder-Gruppe ein eher skeptisches Feedback übermittelt. Diese eher ablehnende Haltung der Preisprüfer mag in diesem Kontext noch am ehesten nachvollziehbar erscheinen. Sie wären bei einer MPPS-Einführung mit einer merklichen Umstellung ihrer bisherigen Arbeitsabläufe konfrontiert und ihr prüferisches Vorgehen würde deutlich transparenter und somit besser vergleich- bzw. kontrollierbar. Diese Effekte gehen mit einem erhöhten Anspruchsniveau in der täglichen Arbeit einher, was subjektiv zumeist als unangenehm empfunden werden dürfte und wodurch es zumindest in der Anfangsphase zu persönlichen Nutzeneinbußen kommen könnte. Die Strategie, eine ablehnende Haltung gegenüber einem MP-PS bereits in der Frühphase einer möglichen Implementierung offen zu kommunizieren, ist somit für sich betrachtet nur verständlich. Die traditionell gegebenen Freiheitsgrade bei der Durchführung von Preisprüfungen sind nach Ansicht der Preisprüfer – von denen interessanterweise ein gewisser Teil über Praxiserfahrungen in privatwirtschaftlichen Prüfungseinrichtungen verfügt – als für den Prüfer angenehme und effizienzfördernde Randerscheinung und somit entgegen der Theorie eher als Vorteil denn als Nachteil anzusehen. Die Fälle in der Praxis seien derart heterogen, als dass sie sich nicht adäquat über einen
5.5 Ergebnisse des Evaluationsprozesses
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verbindlichen Prüfungsstandard abbilden lassen würden. Sollte es tatsächlich zu einer Einführung eines Prüfungsstandards kommen, so sollte die Verwendung desselben allerdings je nach PÜ auf unverbindlicher Basis erfolgen dürfen. Eine streng vorgegebene bundesweite Bindungswirkung würde einen zu starken Einschnitt in die eigenverantwortliche Arbeitsweise der dezentral organisierten Preisüberwachungsstellen bewirken. Außerdem bestünde bei Vorgabe diverser Checklisten die Gefahr, die Marktpreisprüfung unnötig zu verkomplizieren. Allenfalls eine geringe Zahl ausgewählter Fragebögen für besondere Situationen könnte unter Umständen zweckmäßig sein. Vielmehr seien angehäuftes Erfahrungswissen und das dem prüferischen Spürsinn Ausdruck verleihende „Prüfernäschen“ – dieser keineswegs als Mittel zur „Schnüffelei“ zu interpretierende Begriff wurde von der Fokusgruppe im Laufe der Diskussionen geprägt – im Einzelfall zielführend einzusetzen. Ein standardisiertes Formularwesen würde eher vom Wesentlichen ablenken als dass es bei der prüferischen Urteilsbildung hülfe. Checklisten seien eher als „Papierkram“ zu betrachten, der in privaten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften von den Prüfungsassistenten auszufüllen ist, um spätere Haftungsfälle zu vermeiden. Außerdem würde das Ausfüllen unangemessen viel Zeit in Anspruch nehmen. Viele bedeutende Fallstricke und Probleme seien im Übrigen bereits in der einschlägigen Kommentarliteratur ausreichend beschrieben, welche bereits als so etwas wie ein allseits anerkannter Prüfungsstandard betrachtet werden könne, sodass es eigentlich keiner weiteren Hilfsmittel bedürfe. Die vom Preisrecht betroffenen Vertragsparteien könnten sich vielmehr jederzeit über die Grundzüge des Preisprüfungsverfahrens informieren, tun dies jedoch zum Teil noch nicht in ausreichender Form. Auch könne nicht unbedingt konstatiert werden, dass „Wirtschaftsprüfung“ und „Preisprüfung“ eng verwandte Tätigkeitsfelder darstellen würden und somit uneingeschränkt unter derselben Disziplin „wirtschaftliches Prüfungswesen“ zu subsumieren wären. Auch die öffentliche Auftraggeberschaft steht dem Konzept eines MP-PS offenbar noch relativ verhalten gegenüber. Dies könnte insbesondere auf die – durch den erhöhten Stellenwert des vorgelagerten Vergabeverfahrens – tendenziell größeren Mitwirkungs- und Offenlegungspflichten bei zukünftigen Preisprüfungen zurückzuführen sein. Insofern gelten auch für diese Interessensgruppe die vorgenannten Effekte hinsichtlich Transparenz und Vergleichbarkeit nahezu analog wie bei den Preisüberwachungsstellen. Der Verordnungsgeber hat bislang noch keine klare Aussage dahingehend getroffen, ob es zu einer Einführung des MP-PS kommen soll. Gleichwohl ließ der Verordnungsgeber durchaus verlauten, dass es sich bei Prüfungsstandards im Preisrecht um eine vielversprechende Idee zur Modernisierung handele, die es
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sich definitiv näher zu beleuchten lohne, da einheitliche(re) Prüfungsansätze auch aus verwaltungsrechtlicher sowie wirtschaftspolitischer Sicht ein erklärtes Ziel darstellen. Die Gruppe der Auftragnehmer stünde der Einführung eines MP-PS offenbar weitgehend offen gegenüber. Die Aussicht auf gleichförmigere Prüfungsprozesse bei Marktpreisen und die Chance, das prüferische Vorgehen besser antizipieren zu können (ohne es auszuhöhlen oder zu untergraben!), dürften wesentlich für diese Werthaltung sein. Von alledem abgesehen ist positiv zu erwähnen, dass alle Fokusgruppenteilnehmer und alle Gesprächspartner auf den erwähnten Tagungen sehr großen Wert auf die Leistbarkeit und Zumutbarkeit der weiteren Ausgestaltung der Marktpreisprüfung legen. Diese bedeutsame und bei allen weiteren Überlegungen stets im Blick zu behaltende Nebenbedingung zeigt deutlich auf, dass bei der Fokusgruppe Marktpreis Praktikabilität und Operationalität durchweg Priorität hatten bzw. es sich mithin bei der Fokusgruppe tatsächlich um eine heuristische Gruppe handelte und dem MP-PS mit Recht der Charakter eines heuristischen Programms attestiert wird. Auch wurde es durchweg als sehr bedeutsame Nebenbedingung bezeichnet, dass die reorganisierte Marktpreisprüfung zwingend auf möglichst wirtschaftliche Art und Weise durchgeführt werden müsse. Dieser Standpunkt steht im Einklang mit dem Primärziel einer jeden betriebswirtschaftlichen Prüfung, nämlich ein vertrauenswürdiges Urteil zu den geringstmöglichen Kosten zu bilden. Dieses ergebe sich aus Sicht der bundesdeutschen Preisüberwachung auch unmittelbar aus dem Verwaltungsverfahrensgesetz, durch das alle Behörden nicht zuletzt zu einem schlanken, zügigen und somit kostensparenden Verwaltungshandeln aufgerufen werden. Ferner bestand weitestgehend Einigkeit dahingehend, dass ein gelungener MPPS nicht zwingend alle Eventualitäten der Praxis des öffentlichen Auftragswesens explizit abbilden müsse. Es sei vielmehr ausreichend, wenn das tagesübliche Geschehen im Wesentlichen enthalten sei, um sicherzustellen, dass zumindest der weit überwiegende Teil der praktisch relevanten Einzelfälle mit dem MPPS abzuhandeln wäre. Von einem allzu ausgeprägten Vollständigkeitsanspruch sollte in der Konzeptphase besser Abstand genommen werden, da eine mögliche Berücksichtigung randständiger, mehr oder weniger nur theoretisch bedeutsamer Problemfelder die praktische Anwendung des MP-PS nur unnötig verkomplizieren würde. Hiermit einher gehe auch, dass versucht werden sollte, den MP-PS keinesfalls übermäßig detailliert zu konzipieren und zu verzweigen, sondern im Zweifel eher auf einer hohen Abstraktionsstufe operiert werden sollte, um zu vermeiden, dass sich später vorgefundene reale Sachverhalte nicht auf den
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MP-PS übertragen lassen. Auch an dieser Stelle wird der Charakter des heuristischen Planens bzw. der heuristischen Problemlösung wieder gut deutlich, da die heuristische Methode der Komplexitätsreduktion mittels Abstraktion von eher randständigen Elementen bewusst ausgenutzt wird, um aus Sicht der Anwender mit vertretbarem Aufwand zu guten Kontroll- oder Prüfungsergebnissen zu gelangen. Inhaltlich gab es zudem den Konsens, dass eine Preisprüfung, ungeachtet des Preistyps, der vertraglich vereinbart wurde, immer zuerst eine Marktpreisprüfung sein muss und nur falls kein Marktpreis gefunden werden kann, zu einer Prüfung auf Basis der Selbstkosten übergeschwenkt werden soll. Hinsichtlich der hier behandelten Ansatzpunkte für eine konsensuale Meinungsbildung ist abschließend auch anzuführen, dass öffentlicher Auftraggeber und Auftragnehmer als Vertragsparteien – so die Fokusgruppenteilnehmer weiter – zudem auf geeignete Weise von vornherein auf einen besseren preisrechtlichen Wissensstand gebracht werden müssten, damit der Vertrag von ihnen bereits in angemessener Kenntnis über die Regularien der VO PR 30/53 geschlossen wird und der Preisprüfer später ohne unnötige Verzögerungen und auf Basis zweckmäßig aufbereiteter Unterlagen in die Preisprüfung einsteigen kann. Im Zuge dessen sollte auch angestrebt werden, kleine und mittlere Unternehmen zu einem ähnlich effektiven preisrechtlichen Wissensmanagement zu befähigen wie es schon heute von vielen großen Auftragnehmern mit einigem Erfolg praktiziert wird. Dieses Ziel, ggf. mittels eines genormten Merk- oder Formblattes zu erreichen, wurde von den Diskussionsteilnehmern als sinnvoller Ansatz erachtet; wie diese Maßnahme im Detail praktisch umzusetzen wäre und welche Punkte hier aufzulisten wären, blieb allerdings noch offen. Demgegenüber konnte sehr wohl in Erfahrung gebracht werden, wie mit einer mangelhaften Kooperationsbereitschaft seitens der Geprüften – und somit einer formal und/oder inhaltlich unzureichenden Versorgung des Prüfers mit Dokumenten – umzugehen ist. Im Preisrecht stellt diese Problematik, wie nun bekannt, ausdrücklich kein Abbruchkriterium für die Prüfung dar. Ein einmal initiierter Prüfungsprozess steht nach Kontaktaufnahme mit den Geprüften formal-juristisch nicht mehr zur Disposition, auch wenn eine Nachforderung von Belegen nicht zum Erfolg geführt hat. Im Notfall muss daher mittels Verwaltungsvollstreckung (bspw. Zwangsgeld) ein festgefahrener Vorgang wieder in Bewegung gesetzt werden. Auch das Ansinnen des Verfassers, zu Beginn des Preisprüfungsprozesses – tendenziell mehr als noch heute üblich – großes Augenmerk auf formelle Aspekte wie die Anwendbarkeit der VO PR 30/53 als Grundvoraussetzung und weitere Aspekte der Prüfungsbereitschaft zu legen, wurde von den anwesenden Experten dem Vernehmen nach für durchaus nicht unberechtigt gehalten. Als
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Argument für diesen Ansatz konnte auch ein Beispielfall aus der Praxis dienen, von dem ein Auftragnehmer-Vertreter im Zuge des Evaluationsprozesses berichtet hatte. Hier kam es zu der Gemengelage, dass ein bereits verfasster und an die Vertragsparteien übermittelter Preisprüfungsbericht mit Marktpreis-„Testat“ von der zwischenzeitlich eingeschalteten Preisbildungsstelle mit der Begründung, der Auftraggeber (eine mehrere Nationen vereinende internationale Beschaffungsorganisation) sei kein öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 2 (1) VO PR 30/53, wieder zurückgezogen wurde. Die Preisbildungsstelle war zuvor eingeschaltet worden, weil der die internationale Beschaffungsbehörde vertretende deutsche Auftraggeber mit der Marktpreisfeststellung der PÜ nicht einverstanden war. Womöglich hätte hier eine tiefergehende, in einem Prüfungsstandard kodifizierte und separat zu dokumentierende Auseinandersetzung mit der Frage, ob das Preisrecht tatsächlich einschlägig ist, einiges an Verwaltungsaufwand a priori verhindert. Eine mögliche rein grafische Darstellung der Marktpreisprüfung mittels Programmablaufplänen bzw. Flowcharts als Alternative zu verbalen Erläuterungen wurde von keiner betroffenen Interessensgruppe positiv beschieden. Auch die Auftragnehmerschaft zeigte sich diesbezüglich noch sehr reserviert. Auch wurden dem Vernehmen nach von keinem der konsultierten Preisrechtsanwender bereits Erfahrungen mit der Darstellung von Prozessen in der genormten Symbolik nach DIN 66001 gesammelt. Es wurde vielmehr deutlich, dass die Anwenderpraxis sehr stark an das Arbeiten mit der einschlägigen Kommentarliteratur gewöhnt und hiermit auch nicht unzufrieden ist. Wenngleich der MP-PS nicht als Substitut, sondern eher als Komplement zur vorhandenen Literatur gedacht ist, hat man dem Verfasser eine gewisse Skepsis gegenüber reinen grafischen Darstellungen mit Regelungscharakter zu spüren gegeben. Der Verfasser sieht sich daher veranlasst, in dem MP-PS nicht allein Flowcharts zu verwenden, sondern die Grafiken um gewisse verbale Erläuterungen zum Programmablauf zu ergänzen.134 Nachfolgende Abbildung 5.7 setzt vorgenannte Ergebnisse noch einmal in Gestalt einer Focusgroup Illustration Map zusammenfassend ins Bild.
134 Wenngleich
Flowcharts, wie zuvor erläutert, in der Regel nicht mit einer ausformulierten textlichen Umrahmung versehen werden brauchen, kann vorgenannter Einwand der Praktiker für die Akzeptanz und Operationalität des MP-PS hier in der Tat wertvoll sein. Einem Befund von Leffson (1987), S. 5 folgend ist es mithin häufig so, dass der Verfasser einer Untersuchung glaubt, „in vielen Fällen lange ein kurzer Hinweis, um bei einem anderen Betriebswirt die gleichen Gedanken und Assoziationen auszulösen wie beim Schreibenden“. Die Realität liefere aber regelmäßig ein anderes Bild. „Jeder folgt ohne Mühe den Ausführungen, die seinen eigenen Vorstellungen entsprechen. Hingegen fällt es schwer, sich von eigenen Gedanken zu lösen und fremde Überlegungen zu übernehmen. Diese
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Abb. 5.7 Focusgroup Illustration Map zum MP-PS im Allgemeinen
5.5.2
Zum Marktpreis auf dem „Ausschreibungsmarkt“
Hinsichtlich des Marktpreisnachweises bei wettbewerblichen Vergabeverfahren („Ausschreibungsmarkt“) entwickelte sich eine sehr konstruktive, jedoch in weiten Teilen auch sehr kontroverse Diskussion. Zudem sprang der Diskussionsverlauf in der Tat stellenweise wie in der Literatur konstatiert „vom Hölzchen aufs Stöckchen“, doch konnte die Diskussion vom Moderator stets schnell wieder auf das eigentliche Thema zurückgelenkt werden. Eine klare konsensuale Meinungswissenschaftlichen Kommunikationsschwierigkeiten zwingen, auch solche Sachverhalte zu erörtern, die man selber für problemlos hält.“
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bzw. Entscheidungsfindung konnte, im Einklang mit den vorsichtigen Warnungen aus dem methodologischen Schrifttum, schlussendlich nicht ermöglicht werden. In Bezug auf einzelne Teilaspekte konnte jedoch, wie bereits angedeutet, sehr wohl eine einhellige Auffassung der einbezogenen Experten festgestellt werden. Ein weitgehender Konsens wurde bezüglich folgender Punkte erkennbar: Begrüßt wurde ausdrücklich eine klare gedankliche Trennung zwischen dem Ausschreibungs- und dem allgemeinem Markt hinsichtlich der dort stattfindenden Marktpreisbildung und auch -prüfung. Diese Differenzierung sollte nach Möglichkeit offiziellen Charakter erhalten und ggf. noch stärker betont werden. Zu einem frühen Zeitpunkt sei festzustellen, in welcher Marktform man sich je nach Einzelfall bewege. Hiervon abhängig zu machen sei dann zu weiten Teilen, wie die anschließende Marktpreisprüfung weiter verläuft und welche Art von Dokumenten Prüfungsgegenstand sein soll. Der vergaberechtliche Markt ist – so die analytische Herangehensweise der Fokusgruppenteilnehmer – ein künstlich geschaffener Markt von nur sehr kurzer Dauer und er verfügt zudem über einen klaren zeitlichen Beginn sowie einen klaren Verfahrensabschluss. Er ist somit wettbewerbstheoretisch auf andere Art und Weise abzugrenzen als der „normale“, allgemeine Markt, der von größerer Dynamik im Zeitablauf gekennzeichnet ist, auf dem auch privatwirtschaftliche Auftraggeber agieren und auf dem sich laufend eine Vielzahl von Umsatzakten abspielt. Gleichwohl ist ein vorgetragenes Prüfungsersuchen nach einer erfolgten Ausschreibung mit mehr als einem eingegangenen Vergleichsangebot in der Praxis bisher ein eher seltenes Phänomen. Der allgemeine Markt stellt klar den Schwerpunkt der Praxis der Preisprüfung dar. In früheren Zeiten sei dies scheinbar noch anders gewesen, da hier die Preisprüfer enger mit den Vergabestellen zusammengearbeitet haben und mehr Ausschreibungsfälle Gegenstand von Preisprüfungen waren. Eine eventuelle Rückkehr zu diesem Procedere würde vom Verordnungsgeber durchaus für die Zukunft positiv bewertet, weil auf diese Weise eine flächendeckendere und sämtliche Vergabearten umspannende Preisüberwachung besonders gut zur Geltung kommen würde. Problematisch ist hierbei nur, dass die Preisüberwachungsstellen aus heutiger Sicht (noch?) keinen umfassenden Überblick über alle öffentlichen Auftragsvergaben in der BRD besitzen, da diese Informationen nicht systematisch gesammelt, übermittelt und abgefragt werden. Mit Blick auf die hier behandelten, eher eindeutig beschiedenen Punkte ist zudem erwähnenswert, dass das schwierige, weil abstrakte Problemfeld der „Mangellage“ gemäß § 5 (1) Nr. 2 VO PR 30/53 ebenfalls andiskutiert worden ist. Wenngleich keinem der Anwesenden bisher ein realer Fall untergekommen war, bei dem aufgrund einer Mangellage von den Vertragsparteien ein Selbstkostenpreis vereinbart oder zumindest im späteren Prüfungsbericht explizit eine
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Mangellage festgestellt wurde, so bestand dennoch Einigkeit darüber, dass von diesem Aspekt – aufgrund seiner expliziten Nennung im Verordnungstext – im Rahmen der reorganisierten Marktpreisprüfung nicht gänzlich abstrahiert werden sollte. Es fiel den Anwesenden jedoch schwer, das Phänomen der Mangellage in einer kurzen und prägnanten, aber dennoch eindeutigen Definition zu fixieren. Gleichwohl schien sich durchaus Einigkeit dahingehend abzuzeichnen, dass bspw. bei der flächendeckenden Versorgung mit Flüchtlingsunterkünften im Zuge der letzten Flüchtlingskrise durchaus in Teilen von einer Mangellage hätte gesprochen werden müssen. Die von den Anbietern hier in weiten Teilen erzielten hohen Gewinne infolge der starken Preissprünge ab Herbst 2015 hätten nicht mehr ohne weiteres mit einer systemkonformen Marktentwicklung in einer Marktwirtschaft in Einklang gebracht werden können, sondern die Anbieter hätten sich zum Teil sicher sein können, ihre Leistungen würden durch den vorhandenen Nachfrageschock zeitnah ausreichend Absatz finden, sodass den öffentlichen Auftraggebern zuweilen mit sehr hohen, spekulativen Angebotspreisen entgegengetreten worden sei. Ein (teilweiser) Dissens zwischen den Beteiligten konnte hingegen bezüglich folgender Aspekte nicht ausgeräumt werden: Als besonders wichtiger Punkt ist zunächst anzuführen, dass keine Einigung dahingehend erzielt wurde, inwieweit ein wettbewerbliches Vergabeverfahren mit mehreren eingegangenen Angeboten als zum Marktpreis führend anerkannt werden soll. Viele Befragte – hierbei handelte es sich keineswegs nur um die Auftragnehmer – befürworteten es, den Zuschlagspreis einer von echtem Wettbewerb gekennzeichneten Wettbewerbsveranstaltung auf dem Ausschreibungsmarkt grundsätzlich als Marktpreis nach § 4 VO PR 30/53, dessen Verkehrsüblichkeit nicht hinterfragenswürdig ist, anzuerkennen. Eine Ausschreibung im Sinne des Vergaberechts sei demzufolge geradezu als klassisches Instrument zur Generierung eines „Marktpreises“ zu betrachten. Andere Betroffene plädierten jedoch dafür, stets zunächst zu ermitteln, ob mit der angebotenen Leistung zuvor bereits Umsatzakte erzielt wurden, um sodann zu überprüfen, ob der in dem Vergabewettbewerb angebotene Preis den bei den vorherigen Umsatzakten verlangten Preis nicht womöglich (sodann unzulässigerweise) übersteige. Die Diskussion drehte sich hier also um die weiter oben bereits umrissene Differenzierung zwischen marktgängigen Leistungen einerseits und Individualleistungen andererseits, wobei bei einer Bejahung der Individualleistung der Ausschreibungspreis als Marktpreis akzeptiert werden sollte, und im Falle einer Verneinung die Verkehrsüblichkeit der Preisbildung einer tiefergehenden Überprüfung zu unterziehen wäre.
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Hieran direkt anknüpfend blieb es eher unklar, wie stark bei Marktpreisprüfungen auch das Vergaberecht tangiert werden darf und inwieweit die Art und Weise der Vergabe – trotz des formalrechtlichen Nebeneinanders von Vergabeund Preisrecht – Gegenstand von Prüfungshandlungen des Preisprüfers sein sollten. Dass eine Preisprüfung keineswegs auch auf eine hoheitliche Beurteilung des Verfahrensmanagements des Auftraggebers, also der vergaberechtlichen Verfahrensordnungsmäßigkeit, abzielen soll, war hierbei noch für alle Beteiligten offensichtlich. Vor allem aber die Frage, ob der Wettbewerb auf der Anbieterseite oder auch die Übereinstimmung der angebotenen Leistung mit der Leistungsbeschreibung des öffentlichen Auftraggebers mit der Sichtung von Unterlagen und dem Einholen von Nachweisen verknüpfte Prüfungsgegenstände sein sollten, ist zwar kontrovers, aber letztlich doch ohne eindeutiges Ergebnis diskutiert worden.135 Wie bereits angedeutet, wird das vorgelagerte Vergabeverfahren bislang in der Praxis kaum zum Gegenstand von Marktpreisprüfungen gemacht. Dementsprechend kommt es in aller Regel auch nicht zu einer Klärung der Frage, ob sich bei einer Ausschreibung oder auch einer Verhandlungsvergabe im Wettbewerb tatsächlich wirksamer Wettbewerb auf der Anbieterseite eingestellt hat. Vereinzelt kam es diesbezüglich sogar zu protestähnlichem Widerstand von Seiten einzelner PÜ-Vertreter und zwar dergestalt, dass wettbewerbliche Phänomene nach Möglichkeit gänzlich aus der Diskussion ausgeklammert werden sollten, da diese Fragen mit dem Preisrecht offiziell gar nichts zu tun hätten. Die bislang ausbleibende Beurteilung der Wettbewerbsintensität wurde im Übrigen auch dadurch evident, dass die Preisprüfer nach eigener Aussage im Regelfall nicht in Erfahrung bringen (müssen), ob eine Vergabe im Wettbewerb stattgefunden hat oder ob der Auftrag womöglich auf direktem Wege an einen einzelnen Anbieter vergeben wurde. Gleichwohl schien sehr vielen der konsultierten Experten klar zu sein, dass die – für sich genommen berechtigte – Marktpreisprüfung auf dem „Ausschreibungsmarkt“ künftig ohne eine Mitwirkung des öffentlichen Auftraggebers, der ja ohnehin in aller Regel das Prüfungsersuchen stellt, nicht in zufriedenstellender Weise möglich sein wird. Auch wurde in diesem Kontext mehrfach der Ansatz in den Raum geworfen, dass der Preisprüfer in Fällen, in denen sich allem 135 Zumindest
ein konsultierter Preisprüfer merkte an, dass ihm in der Vergangenheit bereits einmal ein Prüffall untergekommen sei, bei dem die vom öffentlichen Auftraggeber beigebrachten Ausschreibungsunterlagen gesichtet und auf wettbewerbliche Preisbildung untersucht worden seien.
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Anschein nach bei einem wettbewerblichen Vergabeverfahren wirksamer Wettbewerb zwischen den Bietern entfaltet hat, von seinem Aufgreifermessen Gebrauch machen und von einer Preisprüfung absehen könne. Dem Vernehmen nach wurde der Ansatz, dass der öffentliche Auftraggeber etwaige Verdachtsmomente betreffend mangelndem Anbieterwettbewerb bei seinem Prüfungsersuchen mehr oder weniger gleich mitkommuniziert, von den allermeisten Diskussionsteilnehmern als sinnvoller Ansatz betrachtet. Fehlt es an eben diesen Verdachtsmomenten oder können diese nicht plausibel dargelegt werden, so bestünde für den Preisprüfer die Gelegenheit, von der Einleitung einer Preisprüfung abzusehen. Die (nach Ansicht des Verfassers wichtige) Frage, inwiefern allerdings die einleitenden Auskünfte des öffentlichen Auftraggebers mit Blick auf die prüferische Eigenverantwortlichkeit durch den Preisprüfer kritisch zu verproben sind, konnte im Rahmen der empirischen Arbeitsschritte im Felde nicht final beantwortet werden. Tendenziell schienen die konsultierten Praktiker eher geneigt, die Darstellungen des öffentlichen Auftraggebers a priori als vertrauenswürdig einstufen und diese mehr oder weniger ungeprüft übernehmen zu wollen – eine der Prüfungstheorie diametral entgegenstehende Vorgehensweise. Zudem waren eher reservierte Haltungen zu erkennen, als ausgelotet werden sollte, wie in diesem Kontext mit kartellrechtswidrigen Praktiken und deren Überprüfung umgegangen werden sollte. Dass Submissionsabsprachen ein veritables Problem im öffentlichen Auftragswesen darstellen, ist von keinem konsultierten Experten ernstlich bestritten worden. Wie jedoch – bzw. vielmehr: ob überhaupt – dieses Problemfeld seinen angemessenen Niederschlag in einer neu geregelten Marktpreisprüfung finden soll, ist gleichwohl im Dunkeln geblieben. Grundsätzlich kam es diesbezüglich kaum zu ausführlicheren Statements. Der Verfasser hatte tendenziell den Eindruck, dass bei einer expliziten Berücksichtigung der potentiellen Problematik in Verbindung mit Scheinwettbewerb bzw. Scheinangeboten in einem MP-PS von manch einem Betroffenen u. a. ein Ausufern des Prüfungsumfangs und ein stark ansteigender Schwierigkeitsgrad der Prüfung befürchtet würden. Abbildung 5.8 liefert mittels einer weiteren Focusgroup Illustration Map einen Überblick über die wesentlichen Evaluationsergebnisse zum „Ausschreibungsmarkt“.
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Evaluation des Marktpreis-Prüfungsstandards
Abb. 5.8 Focusgroup Illustration Map zum „Ausschreibungsmarkt“
5.5.3
Zum Marktpreis auf dem allgemeinen Markt
Auch mit Blick auf die Marktpreisbeurteilung bei Fehlen eines wettbewerblichen Vergabeverfahrens mit mehreren Angeboten kam es in der Feldstudie zu kontroversen und von vielen divergierenden Auffassungen geprägten Unterredungen. Ein Konsens zum Marktpreis auf dem allgemeinen Markt wurde gleichwohl bei den folgenden Aspekten sichtbar: Einigkeit bestand zunächst dahingehend, dass je nach Güterkategorie nicht nur der deutsche, sondern auch der europäische oder gar der Weltmarkt als relevantes geografisches Gebiet für marktpreisrelevante Umsatzakte herangezogen werden sollte. Somit hat sich das
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Preisrecht inzwischen offenbar der (schon länger bestehenden) wettbewerbsrechtlichen Sicht angeglichen. Auch ist im Einklang mit der herrschenden Lehre der räumlichen Marktabgrenzung festzuhalten, dass sich in seltenen Grenzfällen das relevante Marktgebiet auch lediglich auf das sehr nahe regionale Umfeld des Auftraggebers beschränken kann. Es sei hier etwa an das Beispiel des einzigen im näheren örtlichen Umfeld des Auftraggebers vorhandenen Computer-Notdienstes erinnert, der sich durch kurze Reaktions- und Verfügbarkeitszeiten auszeichnen können muss. Man sollte also stets ergebnisoffen und variabel an eine räumliche Abgrenzung des relevanten Marktes herantreten und je nach Einzelfall frei auf dem Marktkontinuum „global – europäisch – national – regional – lokal“ skalieren können bzw. dürfen. Auch flexibel zu handhaben sei die Marktabgrenzung in zeitlicher Hinsicht. Alle Betroffenen stimmten der Haltung zu, dass in bestimmten Bereichen ein Markt nur eine sehr kurze Zeit lang in seiner Zusammensetzung Konstanz aufweisen kann. Auch hier wurde der von einem hohen Innovationsgrad gekennzeichnete IT-Sektor als typisches Beispiel genannt. In kurzen Zyklen merklich schwankende Preise infolge des Marktzu- oder auch -austritts anderer Anbieter seien bei bestimmten IT-Leistungen nichts Ungewöhnliches. Hierauf müsse geachtet werden, wenn Unterlagen zu Umsatzakten angefordert werden sollen. Bei der Anforderung von Unterlagen zu Umsatzakten sollte zudem die Anzahl der Umsatzakte eine weiterhin variable Größe bleiben. Wie viele Umsatzakte im Rahmen von Ist-Ist-Vergleichen betrachtet werden müssen, ergebe sich aus dem Einzelfall und der Umschlagshäufigkeit in dem jeweils relevanten Markt. Wenn eine Leistung, grob gesprochen, bereits einhundertmal abgesetzt wurde, könne es nicht genügen, bloß zwei dieser Umsatzakte als Stichprobe zu analysieren. Wenn jedoch ein Produkt bisher nur in sehr geringer Stückzahl gefertigt und verkauft wurde, könne eine Stichprobengröße von zwei sehr wohl als ausreichend zu werten sein. Diese Position wurde von mehreren Betroffenen vertreten. Größere Einwände hierzu wurden – auch auf Nachfrage – nicht vorgetragen, sodass durchaus von einem Konsens gesprochen werden kann. Nicht uninteressant ist an dieser Stelle auch der ergänzende Hinweis darauf, dass dem Verfasser gegenüber von vereinzelten Preisprüfern der folgende Kritikpunkt an Prüfungsstandards im Allgemeinen geäußert wurde: Bei Einführung von Prüfungsstandards könne der Effekt eintreten, dass die Auftragnehmer den konkreten Prüfungsablauf vorhersehen und überhöhte Preise durchsetzen würden. Für ein vertrauenswürdiges Urteil über die tatsächlichen verkehrsüblichen Preise bedürfe es im Umkehrschluss also eines gewissen prüferischen Überraschungseffektes, da der Preisprüfer andernfalls von den Geprüften gewissermaßen
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überlistet werden könnte. An dieser Stelle wird deutlich, dass in der Preisprüferschaft bereits der weiter oben mehrmals angesprochene „professional scepticism“ und die Erwartung, dass unter Umständen absichtliche Unregelmäßigkeiten vorliegen könnten, vorhanden sind. Prüfungstheoretisch sind Prüfungshandlungen, die den Geprüften überraschen sollen, wie weiter oben bereits dargestellt, in der Regel nur im Rahmen von Deliktprüfungen notwendig, weil nur so vielfach eine rechtzeitige Beseitigung von belastendem Beweismaterial durch den Geprüften unterbunden werden kann. Überraschungsprüfungen sind also das Mittel der Wahl, wenn bereits getätigte dolose Handlungen ex post nachgewiesen werden sollen. In den Augen des Verfassers kommt dieser durchaus berechtigte Einwand aber vor allem bei der preisrechtlichen Grundsatzprüfung, also der meist jährlichen Systemprüfung, bei der das betriebliche Kostenrechnungssystem als solches auf den Prüfstand gestellt wird, und der einzelfallbasierten Selbstkostenpreisprüfung zum Tragen. Bei diesen preisrechtlichen Kostenprüfungstypen muss wegen der Fülle des Prüfungsstoffes mithin mit Stichprobenauswahlverfahren gearbeitet werden, wobei bei einer vorherigen Verkündung der schwerpunktmäßig anvisierten Prüffelder (also einzelne LSP bzw. einzelne Kostenpositionen) ein unzulässiges Kostenmachen in den exkludierten Kostenpositionen provoziert und in den inkludierten Prüffeldern ggf. der ganz zu Anfang schon erwähnte „Preisprüferrabatt“ eingeschleust werden könnte, um den Preisprüfer hier kleinere Soll-Ist-Abweichungen finden und einen „Erfolg“ verzeichnen zu lassen. Bei Marktpreisprüfungen jedoch besteht die hier angesprochene Möglichkeit der risikoorientierten Schwerpunktsetzung bezüglich einzelner Prüffelder nicht in diesem hohen Maße. Die Sorge der Preisprüferschaft, bei einer vollumfänglichen Offenlegung des Marktpreis-Prüfungsprozess könnten die Prüfungshandlungen zu einem stumpfen Schwert verkommen, wird ferner noch durch die ausbleibende Standardisierung der Anzahl der erforderlichen Umsatzakte und der noch tolerablen Schwankungsbreite der am Markt erzielten Preise automatisch mit berücksichtigt. Insbesondere diese beiden Größen sind es nämlich, die bei dem einen oder anderen Marktteilnehmer eventuell Anlass zu einer Zurückhaltung von aus seiner Sicht unvorteilhaften Belegen oder zu vorformulierten Schutzbehauptungen geben könnten, um bei der Prüfung vorheriger Umsatzakte einen möglichst hohen höchstzulässigen betriebssubjektiven Marktpreis zu suggerieren. Ebenso sei angemerkt, dass im Rahmen der Evaluation des MP-PS auch die Frage besprochen wurde, welche Art von Belegen die Marktpreisprüfung auf dem allgemeinen Markt erfordere. Um den verkehrsüblichen betriebssubjektiven Marktpreis schriftlich nachzuweisen, ist nach Auffassung der Fokusgruppe Marktpreis vor dem Hintergrund der Erkenntnis, dass eine 100 %ige Sicherheit vor Manipulationen im Rechnungs- und Belegwesen nie erreicht werden
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könne, durchaus streng auf möglichst vertrauenswürdige Dokumente zu achten. Wenngleich sich alle Beteiligten grundsätzlich für diesen Ansatz aussprachen, wird auch hier wieder die berufsübliche Skepsis und das Für-möglich-Erachten von Täuschungsversuchen vor allem unter den Preisprüfern recht deutlich. Auch wenn ein klar umrissener Katalog an einzufordernden Belegen nicht abschließend definiert werden konnte, war innerhalb der Expertenrunde doch zumindest ein Konsens dahingehend erkennbar, dass bloße durch den Auftragnehmer versandte Angebotsschreiben, die (angeblich) kürzlich an andere Abnehmer unter Angabe des Marktpreises versendet worden sein sollen, oder neu erstellter Preislisten infolge der hiermit verbundenen Manipulationsrisiken keineswegs ausreichen. Mindestens auf Basis verschickter Ausgangsrechnungen, wenn nicht gar noch weiterer Belege, solle die betriebssubjektive Marktpreispreisprüfung auf dem allgemeinen Markt durchgeführt werden. Ein Dissens ist bezogen auf den allgemeinen Markt wie nachfolgend dargestellt erkennbar gewesen: Zunächst ist anzumerken, dass auch bei dieser Marktform deutliche Irritationen beim Thema Anbieterwettbewerb aufgedeckt wurden. Eine sachliche Marktabgrenzung wie sie das Wettbewerbsrecht seit Langem anwendet, also die Suche nach anderen Anbietern mit vergleichbaren und aus Auftraggebersicht substituierbaren Leistungen zur Bestimmung der Marktgängigkeit der Leistung, ist Stand heute noch fernab von der üblichen Preisprüfungspraxis zu verorten. Markt- und Wettbewerbsanalysen – erst recht anhand etablierter Marktabgrenzungsverfahren aus dem Wettbewerbsrecht („Bedarfsmarktkonzept“) – sind bislang kaum Gegenstand des preisprüferischen Vorgehens. Diese Verfahren sind den Preisprüfern im Detail (noch) nicht bekannt und werden von selbigen als (zu) anspruchsvoll eingeschätzt. Gleichwohl warfen andere Diskussionsteilnehmer ein, man müsse bei der Marktpreisprüfung durchaus einen groben Überblick darüber gewinnen, welche Anbieter in dem in Rede stehenden Marktsegment jeweils konkurrieren. Nicht abschließend beschieden werden konnte außerdem, ob vorgenannte sachliche Marktabgrenzung zur Prüfung der Marktgängigkeit immer durchzuführen sein sollte, oder ob diese in Fällen, bei denen das Vorhandensein von Mitbewerbern und somit die Marktgängigkeit der Leistung geradezu ins Auge springe (vor allem bei Dingen des täglichen Bedarfs wie etwa Arbeitskleidung), womöglich verzichtbar sei. Hieraus ergibt sich automatisch, dass es in diesem Kontext divergierende Ansichten bei der Frage gab, ob auch ein mit großen Alleinstellungsmerkmalen ausgestatteter, monopolartiger Anbieter zu Marktpreisen nach § 4 VO PR 30/53 verkaufen könne, wenn er bloß verschiedene Abnehmer für seine Leistung vorweisen kann. Partiell scheint diese Ansicht in der Praxis, wie zuvor bereits besprochen, (noch) fest verwurzelt zu sein.
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Evaluation des Marktpreis-Prüfungsstandards
Ebenfalls mit uneindeutigem Ausgang diskutiert wurde der Aspekt, inwieweit im Zeitablauf schwankende Angebotspreise zu tolerieren sind bzw. inwieweit mehr oder minder stark volatile Preise dem Kriterium der Verkehrsüblichkeit schaden. Zum Teil wurde gefordert, eine größere Schwankungsbreite für unproblematisch zu erachten, andere Beteiligte wiederum bestanden darauf, dem Unternehmen aufgrund des gültigen Preisrechts eine starre und stetige Preisgestaltung abzuverlangen und bei größeren Volatilitäten nur den erkennbar niedrigsten Preis anzuerkennen. Siehe zu all diesen Punkten zusammenfassend auch Abbildung 5.9.
Abb. 5.9 Focusgroup Illustration Map zum allgemeinen Markt
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5.5.4
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Zwischenfazit
Für den Verfasser ist es von besonderer Bedeutung, dass – wie inzwischen mehrfach erwähnt – nur partiell eine konsensuale Meinungsbildung zur Erstellung eines zweckmäßigen und von hoher Akzeptanz in der Praxis geprägten MP-PS im Rahmen der Evaluation erkennbar wurde. Ein solcher Befund ist bekanntlich für empirische Evaluationsvorhaben im Allgemeinen sowie Gruppendiskussionen/Fokusgruppen im Speziellen alles andere als ungewöhnlich. Es müssen sich gleichwohl demnach wesentliche Elemente des MP-PS weiterhin auf die vom Verfasser präferierten, d. h. die im Lichte der Empfehlungen aus Literatur und Rechtsprechung naheliegenden bzw. überzeugenden Lösungsansätze stützen. Wie konkret mit den offen gebliebenen Problemfeldern vom Verfasser bei der Konzepterstellung umgegangen worden ist, wird im folgenden Kapitel deutlich, wenn der MP-PS als Synthese aus Literatur- und Rechtsprechungsanalyse sowie Evaluationsprozess im Detail vorgestellt wird. Ziel sei es, dass das nachfolgende, die Quintessenz der gesamten Untersuchung wiedergebende Kapitel auch ohne Lektüre bzw. Kenntnis der restlichen Teile der Arbeit nachvollziehbar und somit als kompakte Handreichung für die Praxis eigenständig verwendbar ist.
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Evaluiertes Konzept des Marktpreis-Prüfungsstandards
Inhaltsverzeichnis 6.1 6.2 6.3 6.4 6.5
Der MP-PS im Überblick (Hauptprogramm) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unterprogramm A . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unterprogramm B . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unterprogramm C . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unterprogramm D . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Das nun folgende Konzept des MP-PS gibt den vom Verfasser unter Berücksichtigung des Feedbacks von Praktikern entwickelten und, neben einigen ausformulierten Erläuterungstexten, vor allem aus Flowcharts und Checklisten bestehenden Programmablauf der Marktpreisprüfung wieder. Der Verfasser muss in diesem Zusammenhang jedoch einige erläuternde Bemerkungen vorausschicken: – Es konnte im Rahmen dieser Studie keine vollumfängliche Untersuchung dahingehend vorgenommen wurde, ob die organisatorischen Rahmenbedingungen der Preisüberwachung bereits heute zu den prüfungstheoretisch abgesicherten Erfordernissen des bevorzugten Prüfungsprogramms passen. – Der nachfolgende Programmablauf gilt in der dargestellten Form unabhängig von der Frage, von wem das Prüfungsersuchen gestellt wurde. – Er ist primär aus der Sicht der Prüfungsinstanz dargestellt, stiftet jedoch auch für die anderen beteiligten Akteure Orientierung. – Das vorgelagerte und in der Praxis sehr fehleranfällige Vergabeverfahren wird durch den MP-PS zu einem wesentlichen Untersuchungsgegenstand. Das Verfahrensmanagement des öffentlichen Auftraggebers (oder vergaberechtlich ausgedrückt: der „Vergabestelle“) soll jedoch nicht im Fokus der preisrechtlichen Beurteilung stehen. Dennoch könnten sich im Falle einer Aufdeckung
© Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 J. Mengis, Entwicklung eines Marktpreis-Prüfungsstandards für öffentliche Aufträge, Schriften zu Wirtschaftsprüfung, Steuerlehre und Controlling, https://doi.org/10.1007/978-3-658-32044-7_6
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Evaluiertes Konzept des Marktpreis-Prüfungsstandards
von Unregelmäßigkeiten oder auch nur im Falle von Meinungsverschiedenheiten gewisse Spannungen ergeben. Die geeignete Art der Kommunikation dieser Feststellungen sowie der weitere Umgang mit diesen wären in Zukunft noch auszuloten. – Die Checklisten sind als erste Entwürfe zu verstehen, die von der PreisprüferCommunity noch einmal zu diskutieren und ggf. zu überarbeiten wären. – Das Prüfungsprogramm wird bezogen auf den Hauptauftrag (öffentlicher Auftraggeber → Auftragnehmer) dargestellt. Falls nötig könnte es aber, von vereinzelten Besonderheiten abgesehen, weitestgehend analog auch auf Unteraufträge nach § 2 (4) VO PR 30/53 (Auftragnehmer → Unterauftragnehmer) angewendet werden. Die Preistypen müssen mithin nicht identisch sein. „Während es sich beim unmittelbaren Auftrag um einen Selbstkostenpreis (§§ 5 bis 7 VPöA) handelt, kann der mittelbare Auftrag ggf. zu Marktpreisen (§ 4 VPöA) abzurechnen sein und umgekehrt.“1 Der hier angedeutete umgekehrte Fall würde allerdings nur dann Bedeutung erlangen, wenn im Hauptauftrag ein abgeleiteter Marktpreis nach § 4 (2) festgestellt würde und die Frage aufkommt, ob die Leistung des Unterauftragnehmers als Marktpreisbestandteil oder kostenmäßig bewertet werden muss.
6.1
Der MP-PS im Überblick (Hauptprogramm)
Das in Abbildung 6.1 mithilfe eines Flowcharts dargestellte Hauptprogramm der Marktpreisprüfung und weil die Preisprüfung immer zu einem wesentlichen Teil oder sogar ausschließlich in der Marktpreisprüfung besteht, somit auch der gesamten Preisprüfung beginnt damit, dass im Stile einer progressiven Prüfungskette zunächst ein Eindruck über den zugrundeliegenden öffentlichen Auftrag als Ausgangstatbestand gewonnen wird. Dies ist von höchster Wichtigkeit, weil ohne dieses Hintergrundwissen nachfolgende Feststellungen nicht richtig in den Gesamtkontext eingeordnet werden können. Hierzu fordert der Prüfer zunächst die mit dem zu prüfenden Auftrag korrespondierenden Vergabeunterlagen vom öffentlichen Auftraggeber in nachvollziehbar strukturierter, digitalisierter Form an. Aufgrund der sehr umfassenden Dokumentationsvorschriften im Vergaberecht müssten diese dem Auftraggeber ohnehin bereits vorliegen. Wenn der Auftraggeber (wie so oft) derjenige ist, der das Prüfungsersuchen stellt, sollte er 1 Birgel
(1994), S. 97. Hervorhebung durch d. Verf.
6.1 Der MP-PS im Überblick (Hauptprogramm)
Abb. 6.1 Hauptprogramm der (Markt-)Preisprüfung
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Abb. 6.1 (Fortsetzung)
6
Evaluiertes Konzept des Marktpreis-Prüfungsstandards
6.1 Der MP-PS im Überblick (Hauptprogramm)
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die Vergabeunterlagen gleich mitverschicken. Die Versendung aller vorhandenen Unterlagen hat gegenüber einer Merkblatt-basierten, dutzende Punkte umfassenden Selektion an Dokumenten den Vorteil, dass die Beschaffungsbehörde von der aufwendigen und ggf. nicht eindeutig leistbaren Selektionsaufgabe befreit und zu erwartenden Nachforderungen des Prüfers von vornherein entgegengewirkt wird. Sodann werden diese Unterlagen mithilfe der in Tabelle 6.1 dargestellten und unter Verwendung des Prüferhakens ( ) oder auch durch Ankreuzen ( ) abzuarbeitenden Checkliste „Strukturierte Vergabedokumentation“ auf Vollständigkeit bzw. Prüffähigkeit untersucht. Der Prüfer ergänzt die Unterlagen wie üblich um eine bedarfsgerechte und fallspezifische Eigenrecherche, um gleich zu Beginn über einen möglichst hohen Informationsstand über den Prüffall zu verfügen.
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Evaluiertes Konzept des Marktpreis-Prüfungsstandards
Tab. 6.1 Checkliste „Strukturierte Vergabedokumentation“
6.1 Der MP-PS im Überblick (Hauptprogramm)
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Sodann werden in grober Anlehnung an die Paragraphenabfolge der VO PR 30/53 zunächst essenzielle formelle Aspekte geprüft, um sicherzustellen, dass im vorliegenden Fall tatsächlich ein Preisprüfungsrecht durchsetzbar ist bzw. der zu prüfende Auftrag tatsächlich vom Geltungsbereich der Verordnung erfasst ist. Dieses Prüffeld umfasst bei genauerer Betrachtung mehrere formelle SollIst-Vergleiche, die sich zudem auf unterschiedliche Merkmale beziehen. An dieser Stelle enthält das Prüfungsprogramm daher zum ersten Mal ein Unterprogramm (Unterprogramm A „Anwendbarkeitsprüfung der VO PR 30/53“), da es sachgerecht erscheint, diesen durchaus komplexen Abschnitt der Prüfung aus Übersichtlichkeitsgründen innerhalb des MP-PS separat zu behandeln. Nach dem Durchlaufen dieses Unterprogramms springt der Programmablauf zurück ins Hauptprogramm („RETURN“). Sollte sich in dem Unterprogramm herausgestellt haben, dass es an einer hinreichenden Anwendbarkeit bzw. Durchsetzbarkeit der VO PR 30/53 fehlt, so wäre die Preisprüfung abzubrechen. Ist die VO PR 30/53 einschlägig und verfügt der Prüfer über hinreichende Prüfungsbefugnisse, so sind als Nächstes unter Rückgriff auf die an dieser Stelle bereits verfügbaren Unterlagen zwei relativ einfache Feststellungen zu treffen, die gleichwohl für die gesamte Prüfung von sehr wesentlicher Bedeutung sind. Es handelt sich zunächst um die Frage, ob im vorliegenden Fall eventuell allgemeine oder besondere Preisvorschriften im Sinne des § 3 VO PR 30/53 vorrangige Geltung besitzen (also bspw. die HOAI). Sofern dies der Fall ist, wäre auch dies ein Grund, bereits jetzt das Prüfungsende einzuleiten, da das Sollobjekt (= der ordnungsmäßige Preis) mit der jeweils einschlägigen allgemeinen oder besonderen Preisvorschrift gefunden ist. Wenn dem nicht so ist, wäre zu prüfen, ob die Leistung im vorliegenden Fall ausnahmsweise über einen Börsenmarkt – oder zumindest einen börsenähnlichen Markt – bezogen wurde. Wenn dem so ist, muss von einem objektiven Marktpreis ausgegangen werden und weitere Prüfungshandlungen zur Suche nach dem ordnungsmäßigen Preis erübrigen sich. Wurde die Lieferung oder Leistung auf dem herkömmlichen vergaberechtlichen Wege beschafft, sollte nun nachgeprüft werden, ob im Laufe des Vergabeverfahrens mehrere Angebote beim öffentlichen Auftraggeber eingegangen sind. Wie der Auftraggeber diese beurteilt oder weiterverwendet hat, bleibt hier noch außer Acht. Ferner ist an dieser Stelle die konkrete vergaberechtliche Verfahrensart, im Rahmen derer die Vergleichsangebote entstanden sind, eher sekundär. Das – hier noch rein formell zu prüfende – Vorliegen mindestens zweier eingereichter Konkurrenzangebote ist entscheidend für den weiteren Prüfungsprogrammablauf, da hierdurch determiniert wird, ob ein „Ausschreibungsmarkt“ im preisrechtlichen Sinne konstituiert wurde oder nicht. Wenn ein „Ausschreibungsmarkt“ gegeben ist, dann gilt es, diesen auf das Zustandekommen eines Marktpreises gemäß
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Evaluiertes Konzept des Marktpreis-Prüfungsstandards
§ 4 VO PR 30/53 im Vergabewettbewerb zu überprüfen. Dieses in relativ hoher Zahl analytische Prüfungshandlungen und materielle Plausibilitätsbeurteilungen erfordernde Prüffeld ist in einem weiteren Unterprogramm (Unterprogramm B „Marktpreisprüfung auf dem Ausschreibungsmarkt“) separat geregelt. Kommt es hier nicht zu einer Marktpreis-Feststellung, so ist die Suche nach einem möglichen Marktpreis anderweitig fortzusetzen. Ist der öffentliche Auftrag hingegen ohne formalisiertes Verfahren „freihändig“ an einen bestimmten Einzelanbieter vergeben worden – ob in vergaberechtlich zulässiger Weise, ist eher zweitrangig – oder konnte auf dem „Ausschreibungsmarkt“ kein Marktpreis festgestellt werden, so stünde als Nächstes die Marktpreisprüfung auf dem allgemeinen Markt anhand vorheriger Umsatzakte über gleiche oder vergleichbare Leistungen auf dem Programm. Für diese ist ebenfalls ein eigenes Unterprogramm vorgesehen („Unterprogramm C“). Ergebnis dieses Prüffeldes kann (muss aber nicht) ein „normaler“ betriebssubjektiver Marktpreis oder aber auch ein abgeleiteter und/oder modifizierter Marktpreis sein. Sofern sich in Unterprogramm C kein Marktpreis hat nachweisen lassen, geht das Prüfungsprogramm „notgedrungen“ in eine Selbstkostenpreisprüfung über, um dort den höchstzulässigen Preis – je nach der sich bietenden Sachlage – in Form eines Selbstkostenfestpreises, -richtpreises oder aber -erstattungspreises im Sinne der §§ 5 ff. VO PR 30/53 zu kalkulieren.2 Der Abschluss des Prüfungsprogramms besteht in dem letzten Soll-IstVergleich, bei dem der festgestellte Marktpreis – oder aber der kalkulierte höchstzulässige Selbstkostenpreis – mit dem vertraglich vereinbarten Preis abgeglichen wird. Bei Vorliegen der Relation „Vertragspreis > höchstzulässiger Preis“ ergibt sich für den öffentlichen Auftraggeber das Recht, vom Auftragnehmer eine Rückzahlung in Höhe des Mehrerlöses zu verlangen. Die Prüfungsergebnisse sind zudem in einer Schlussbesprechung mit allen Beteiligten (Auftraggeber und Auftragnehmer) zu diskutieren. Sodann sind die wesentlichen Ergebnisse der Prüfung in einem an alle Beteiligten adressierten Preisprüfungsbericht schriftlich darzulegen. Das hier beschriebene Prüfungsprogramm ist insgesamt in besonderem Maße geeignet, den zentralen Gütekriterien der Effektivität und Effizienz der Marktpreisprüfung Genüge zu tun. Der intendierte Ablauf berücksichtigt nämlich nicht 2 Auch
dieses Prüffeld ließe sich theoretisch in einem separaten Unterprogramm detailliert planen. Da Selbstkostenpreise und deren Überprüfung jedoch nicht Gegenstand der vorliegenden Arbeit sind und eine fundierte Behandlung dieses komplizierten Themas den gebotenen Rahmen sprengen würde, wird an dieser Stelle darauf verzichtet und exemplarisch auf Diederich (1961), Diederich (1970) sowie Strickmann (2012) verwiesen, die sich speziell mit der Preiskalkulation auf Basis der LSP befasst haben.
6.2 Unterprogramm A
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zuletzt die Verfügbarkeit und Vertrauenswürdigkeit der im Zusammenhang mit der öffentlichen Auftragsvergabe direkt in Zusammenhang stehenden Belege. Marktpreise, bei denen über Unterlagen, die direkt im Zusammenhang mit der Vergabe entstanden, relativ aktuellen Datums und ohne größeren Aufwand zu beschaffen sind sowie in hohem Maße aus (sehr beweiskräftigen, da im Original vorhandenen) externen Eingangsbelegen bestehen, ein Nachweis von wirksamem Wettbewerb auf der Anbieterseite erfolgen kann, werden im MP-PS also prioritär behandelt. Sie ermöglichen eher eine objektive und sichere Urteilsbildung als wenn lediglich Ausgangsbelege in Kopie vorliegen, Zusatzinformationen über Befragungen eingeholt oder tiefergehende eigene Recherchen zu den materiellen Hintergründen vorangegangener Sachverhalte vom Prüfer geleistet werden müssen.
6.2
Unterprogramm A
Im Folgenden werden die zuvor bereits erwähnten Unterprogramme beschrieben, welche für sich betrachtet jeweils ein hinreichend komplexes und daher bevorzugt gesondert zu regelndes Prüffeld darstellen. Zunächst gilt es, in diesem Abschnitt das in Abbildung 6.2 wiedergegebene Unterprogramm A „Anwendbarkeitsprüfung der VO PR 30/53“ in den Blick zu nehmen.
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Evaluiertes Konzept des Marktpreis-Prüfungsstandards
Abb. 6.2 Unterprogramm A
Am Anfang dieses formell geprägten Unterprogramms sind einige auf Grundlage der Vergabeunterlagen relativ einfach zu klärende Fragen abzuarbeiten. So ist zunächst vor allem die Feststellung von Bedeutung, dass es sich beim Auftraggeber um eine juristische Person des öffentlichen Rechts handelt oder die Beschaffung zumindest im Namen einer solchen durch einen Dritten stellvertretend erfolgt (Beispiel: das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V. als juristische Person des Privatrechts gibt laut Vertrag explizit im Namen des BMWi und zu Lasten des Bundeshaushalts eine raumfahrttechnische Studie in Auftrag). Anderenfalls bewegte man sich außerhalb des Geltungs- und somit Anwendungsbereiches der VO PR 30/53. Die Prüfung wäre nach dem Zurückspringen ins
6.2 Unterprogramm A
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Hauptprogramm dann bereits ihrem Ende zuzuführen. Ferner ist von Bedeutung, dass sich der Auftragnehmer mit seinem Geschäftssitz im Inland befindet oder – falls dem nicht so ist – dieser ausnahmsweise dennoch bereit dazu ist, sich von einer deutschen Preisprüfbehörde hoheitlich prüfen zu lassen. Als dritte und letzte Prüfungshandlung steht eine ungleich kompliziertere Beurteilung auf dem Programm, wenn unter Zuhilfenahme einer entsprechenden Checkliste der Frage nachzugehen ist, ob bei dem aktuellen Prüfauftrag unter Umständen – komplett oder zumindest schwerpunktmäßig – eine Bauleistung Vertragsgegenstand ist, womit der Geltungsbereich des Preisrechts ebenfalls verlassen würde. Die Checkliste hinsichtlich Bauleistungen ist in nachfolgender Tabelle 6.2 dargestellt.
Tab. 6.2 Checkliste A.1 „Bauleistungen“
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6.3
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Evaluiertes Konzept des Marktpreis-Prüfungsstandards
Unterprogramm B
Das als weiteres Flowchart in Abbildung 6.3 dargestellte Unterprogramm B zielt im Kern auf die Frage ab, ob auf dem vergaberechtlichen „Ausschreibungsmarkt“ ein Marktpreis nachgewiesen werden kann oder nicht. Hierzu gilt es zunächst, die eingegangenen Angebote einer kritischen Verprobung zu unterziehen. Zentral ist die materielle Prüfung, ob der Auftraggeber die Angebotswertung nachvollziehbar vorgenommen und er die richtigen Schlüsse auf das Bestehen eines im Wettbewerb zustande gekommenen Preises gezogen hat. Bei gravierenden Unplausibilitäten ist ein von der Meinung des öffentlichen Auftraggebers abweichendes Beurteilungsergebnis durch den Prüfer möglich bzw. sogar angezeigt. Insbesondere wenn Ausschlüsse eigentlich tauglicher Angebote aus reinen Formmängeln – und solche finden sich bekanntlich fast immer – resultierten, so sind diese Angebote dennoch für eine Marktpreisbildung auf dem „Ausschreibungsmarkt“ als verwertbar zu klassifizieren, da derartige Mängel keinen wesentlichen Einfluss auf die wettbewerblich gebildeten Angebotspreise haben. Umgekehrt wären mit gravierenden formalen oder inhaltlichen Mängeln versehene, aber trotzdem im Vergabewettbewerb verbliebene Angebote als nicht verwertbar für einen Marktpreisnachweis zu betrachten. Mindestens zwei (ver)wertbare Vergleichsangebote müssen vorliegen, damit ein Marktpreis auf „Ausschreibungsmarkt“ in Frage kommt. Für diese und weitere Plausibiltätsbeurteilungen die vergaberechtliche Angebotswertung betreffend wird im MP-PS als Hilfestellung die Checkliste B.1 (vgl. Tabelle 6.3) zur Verfügung gestellt.
6.3 Unterprogramm B
Abb. 6.3 Unterprogramm B
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Tab. 6.3 Checkliste B.1 „Identifikation der verwertbaren Angebote“
6.3 Unterprogramm B
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Die weiteren Prüfungshandlungen in diesem Prüffeld rücken sodann eine ggf. vorliegende – und zu einem Marktpreis-Ausschluss führende – allgemeine Mangellage in den Fokus, welche bei einem sehr deutlichen, plötzlich eintretenden Anstieg des allgemeinen Preisniveaus infolge eines überregional bedeutsamen Ereignisses wie bspw. einer seltenen Katastrophe eintreten kann, die einen schockartigen Nachfrageüberhang nach einem bestimmten Gut mit sich gebracht hat. Wenn eine Mangellage angenommen werden muss, könnte lediglich noch über die Prüfung von Umsatzakten aus der Zeit vor Eintritt der Mangellage – dies sodann allerdings im für diese Art der Prüfung vorgesehenen Unterprogramm C – ein Marktpreis-Nachweis geführt werden. Ferner gilt es, einen etwaigen „Scheinwettbewerb“ oder das Vorliegen von „Scheinangeboten“ auf dem „Ausschreibungsmarkt“ infolge von kollusiven Preisabsprachen zu überprüfen. Dies geschieht aufgrund der vielgestaltigen Erscheinungsmuster und Warnindikatoren aus der Praxis abermals unter Zuhilfenahme von Checklisten (Checklisten B.3 und B.4 → Tabellen 6.5 und 6.6). Vorgenannte Checklisten sind nicht zuletzt das Ergebnis einer systematischen Auswertung von bereits publizierten Checklisten öffentlicher Institutionen (Weltbank, OECD, Bundeskartellamt, Innenministerium Baden-Württemberg, Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen) und stehen damit in Einklang mit staatlichen Überwachungsbestrebungen. Die Untersuchung möglicher vertikaler Submissionsabsprachen in Checkliste B.4 wird – dies ergibt sich aus der Natur der Sache – vor allem dann relevant, wenn das Prüfungsersuchen von einem anderen als dem öffentlichen Auftraggeber gestellt wurde, die Preisprüfung für diesen also mehr oder weniger unvermutet erfolgt. Sind nach Ablauf des vorliegenden Unterprogramms weder eine Mangellage noch horizontale oder vertikale Submissionsabsprachen erkennbar, ist ein Marktpreis auf dem „Ausschreibungsmarkt“ zu attestieren. Um diese komplizierten und mit durchaus großem analytischen Tiefgang verbundenen Beurteilungen etwas zu erleichtern, ist zuvor Checkliste B.2 zur Einschätzung der generellen Kartellanfälligkeit des in Rede stehenden Marktes abzuarbeiten, um in Anbetracht der zu vermutenden wettbewerblichen Risiken in dem betrachteten Einzelfall einen Anhalt zum Ausmaß der an den Tag zu legenden Skepsis zu erhalten (vgl. Tabelle 6.4). Gleichwohl sei angemerkt, dass ein „Scheinwettbewerb“ oder „Scheinangebote“ wirklich nur dann unterstellt bzw. festgestellt werden sollten, wenn die Indizienlage sehr deutlich ist.
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Evaluiertes Konzept des Marktpreis-Prüfungsstandards
Tab. 6.4 Checkliste B.2 „Prüfung der Kartellanfälligkeit des Marktes“
6.3 Unterprogramm B Tab. 6.5 Checkliste B.3 „Prüfung auf horizontale Submissionsabsprachen“
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Evaluiertes Konzept des Marktpreis-Prüfungsstandards
Tab. 6.6 Checkliste B.4 „Prüfung auf vertikale Submissionsabsprachen“
6.4 Unterprogramm C
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Unterprogramm C
Im Zuge der Marktpreisprüfung auf dem allgemeinen Markt ist zunächst in Bezug auf die in Rede stehende Vertragsleistung eine Marktabgrenzung nach dem Bedarfsmarktkonzept in Form von Plausibilitätsbeurteilungen durchzuführen, um auch hier – bezogen auf die Gesamtleistung – den Wettbewerb auf der Anbieterseite als Grundvoraussetzung für eine marktgängige Leistung nachzuprüfen. Die hierfür notwendigen Informationen können über die Markterkundung oder gesonderte Auskünfte des Auftraggebers, interne Wettbewerbsanalysen oder gesonderte Befragungen des Auftragnehmers, die Wirtschaftspresse, das Internet, alte Prüfungsberichte oder Auskünfte von sachverständigen Dritten verfügbar gemacht werden. Zu Beginn wird der vorliegende Markt sachlich abgegrenzt, sodann werden etwaige räumliche/geografische sowie zeitliche Eingrenzungserfordernisse betrachtet. Sofern im Rahmen der Marktabgrenzung eine marktbeherrschende Stellung des Auftragnehmers (= keine ernstzunehmenden Wettbewerber) festgestellt wird, wäre das Unterprogramm bereits wieder zu verlassen, da ein preisrechtlicher Marktpreis nicht in Frage kommt. Sodann sollte in einem Zwischenschritt geklärt werden, ob bei der Spezifizierung der Vertragsleistung und der Erstellung des Angebotes im Hause des Auftragnehmers, der an dieser Stelle planmäßig erstmalig an der Prüfung mitzuwirken hätte, ein elektronischer Angebotskonfigurator eingesetzt wurde. Bei Verwendung eines solchen Datenbank-gestützten Computerprogramms würden andere Prüfungshandlungen erforderlich als bei Fehlen eines solchen IT-Systems. Die hiermit adressierte „Angebotskonfiguratorprüfung“ (= IT-Systemprüfung), welche wiederum separat in einem „Unterprogramm vom Unterprogramm“ prozessual genau beschrieben ist, zielt primär darauf ab, über Testläufe an dem Prüfungsobjekt „Angebotskonfigurator“ die Richtigkeit des dem aktuell zu prüfenden Auftrag zugrundeliegenden Angebots (als Verarbeitungsergebnis des Computersystems) nachzuweisen. Bei Feststellung einer solchen „Richtigkeit“ kann im Ergebnis ein aus baukastenartigen Teilleistungen und -preisen zusammengefasster reiner abgeleiteter Marktpreis oder aber ein abgeleiteter und zugleich aufgrund abweichender Preisstellung modifizierter Marktpreis vorliegen. Wurde kein Angebotskonfigurator verwendet, so sind nun vom Auftragnehmer aussagekräftige Belege zu Umsatzakten über gleiche oder zumindest vergleichbare Leistungen – in Ansehung des konkreten Einzelfalls – in angemessener Zahl anzufordern. Hierbei handelt es sich um korrespondierende Ausgangsrechnungen, Lieferscheine sowie Zahlungseingangsbestätigungen. Unplausible, den Verdacht von etwaigen Scheinumsätzen erweckende Umsatzakte oder möglicherweise „frisierte“ Unterlagen wären im Wege tiefergehender, zum Teil forensischer
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Evaluiertes Konzept des Marktpreis-Prüfungsstandards
Prüfungshandlungen auf Authentizität zu prüfen und – falls nötig – auszusondern. Liegen in ausreichender Zahl Umsatzakte über die exakt gleiche Leistung vor, kann in der Folge der höchstzulässige betriebssubjektive Marktpreis direkt aus den Belegen „herausgelesen“ werden. Muss indessen auf Umsatzakte zurückgegriffen werden, bei denen gewisse qualitative Leistungsunterschiede und/oder eine abweichende Preisstellung (Rabatte, Boni, Skonti, besondere Auftragsbedingungen mit Preisauswirkung) vorliegen, so ist der höchstzulässige Preis jedoch als abgeleiteter und/oder modifizierter Marktpreis über Berechnungen herzuleiten. Das hier skizzierte Unterprogramm ist in Abbildung 6.4 dargestellt. Das Abarbeiten eventueller Checklisten ist in selbigem nicht vorgesehen.
6.4 Unterprogramm C
Abb. 6.4 Unterprogramm C
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6.5
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Evaluiertes Konzept des Marktpreis-Prüfungsstandards
Unterprogramm D
Für diejenigen Fälle, in denen die Leistungsgestaltung sowie Angebots- und Ausgangsrechnungserstellung für eine aus Teilleistungen zusammengesetzte Leistung unter Nutzung eines elektronischen Angebots- bzw. Produktkonfigurators erfolgt sind, ist innerhalb des Unterprogramms C das separate Unterprogramm D „Angebotskonfiguratorprüfung“ konzipiert worden. Diese – ebenfalls ohne zusätzlich hinterlegte Checklisten auskommende – IT-Systemprüfung ist in Abbildung 6.5 als separates Flowchart veranschaulicht. Hier gilt es zunächst, sich mit dem verwendeten Angebotskonfigurator zumindest in den Grundzügen vertraut zu machen, um die grundsätzliche Funktionstüchtigkeit des Systems einschätzen und als Prüfer im Weiteren adäquate Prüfungshandlungen an dem Computerprogramm überhaupt selbstständig vornehmen zu können. Ebenfalls ist sicherzustellen, dass ein Angebotskonfigurator vorliegt, der für die Teilleistungen jeweils separate Preisendpositionen in Angebot und Rechnung ausgibt und somit die positionsbezogene Publizität der Preise gegenüber dem Markt im Wesentlichen gewährleistet ist.
6.5 Unterprogramm D
Abb. 6.5 Unterprogramm D
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Evaluiertes Konzept des Marktpreis-Prüfungsstandards
Ferner muss geprüft werden, dass jede der im Einzelfall interessierenden Teilleistungen des Baukastensystems inklusive der „Servicepauschale“ systemseitig gespeicherte und mit Marktpreisen hinterlegte Elemente sind. Ist dies zum Teil nicht der Fall, wären für die (wenigen) fehlenden Elemente vom Auftragnehmer Kosteninformationen beizubringen, um am Ende den abgeleiteten Marktpreis für die Gesamtleistung vollständig kalkulieren zu können. Für alle im System hinterlegten Teilleistungen sind sodann eigene Testfälle, die zu den integrierten Baukastenelementen aus dem zu prüfenden öffentlichen Auftrag passen, in ausreichender Zahl in den Angebotskonfigurator einzugeben. Nach erfolgter Datenverarbeitung im System sind die ausgegebenen Angebote und Ausgangsrechnungen in Form von Ist-Ist-Vergleichen auszuwerten und zwingend auf logische Konsistenz zu verproben. Bei nachvollziehbaren und transparenten Ausgabedaten kann das System insgesamt als „prüfungssicher“ bezeichnet werden und es kommt die Bildung eines Marktpreises für Gesamtleistung in Frage. Im Wesentlichen ist zu prüfen, ob die einzelnen in dem öffentlichen Auftrag nachgefragten Teilleistungen und Komponenten in anderen Zusammensetzungsformen und Kombinationen (= den „Testfällen“) nicht zu niedrigeren Positionsendpreisen und ggf. unter günstigerer Gewährung von Rabatten, Boni und Skonti vom System abgerechnet werden. Wäre dies der Fall, müsste davon ausgegangen werden, dass der Angebotskonfigurator Funktionsfehler beinhaltet oder aber nicht (konsequent) zur Anwendung kam und der öffentliche Auftraggeber schlechter gestellt wurde als andere Abnehmer. Bei einer sehr langen Liste interessierender Teilleistungen kann hier ggf. auch eine Stichprobenprüfung einer hinreichend großen Teilmenge von n Teilleistungen aus der Grundgesamtheit N der interessierenden Teilleistungen vertretbar sein (wahlweise mittels bewusster oder aber Zufallsauswahl der n Elemente). Da der nötige Stichprobenumfang n in einer Systemprüfung nicht zuletzt von der Güte des IKS und der Organisation des Systems abhängt, erscheint insbesondere dann eine Stichprobenprüfung vertretbar, wenn der Angebotskonfigurator insgesamt einen sehr guten Eindruck macht. Bei vermuteten Systemschwächen hingegen muss wohl auch bei einer sehr langen Liste von N interessierenden Teilleistungen auf eine Vollprüfung dieser Positionen zurückgegriffen werden. Nach dem „Zurückspringen“ in das übergeordnete „Unterprogramm C“ gilt es letztlich, je nach Datenlage die höchstzulässigen Einzelpositionspreise zu einem abgeleiteten Marktpreis der Gesamtleistung zu addieren (keine Unterschiede hinsichtlich der Preisstellung in den Ausgabedaten) oder aber die höchstzulässigen Einzelpositionspreise zu einem abgeleiteten und zugleich modifizierten Marktpreis der Gesamtleistung aufzusummieren (Unterschiede hinsichtlich der Preisstellung in den Ausgabedaten).
7
Schlussbetrachtung
Inhaltsverzeichnis 7.1 7.2
7.1
Zusammenfassung der Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 411 Ausblick und weitere strategische Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 416
Zusammenfassung der Ergebnisse
In der vorliegenden Untersuchung wurde erstmals ein Prüfungsstandard für das Feld der Preisprüfung bei öffentlichen Aufträgen entwickelt, um unabhängig von den handelnden Personen einer einheitlichen Ablauforganisation der Prüfung den Weg zu ebnen. Aufgrund der durch den offiziellen Marktpreisvorrang im öffentlichen Auftragswesen hervorgerufenen exponierten Stellung handelt es sich um einen Prüfungsstandard für Marktpreise (MP-PS). Die Ausarbeitungen stützen sich hierbei in hohem Maße auf bewährte prüfungstheoretische Erkenntnisse. Da es sich bei der Marktpreisprüfung um eine typische, täglich in hoher Zahl durchgeführte Routineprüfung handelt, ist die Vorgabe eines Prüfungsstandards für selbige prüfungstheoretisch als ein Muss anzusehen. Ein Transfer der Empfehlungen der Prüfungslehre, welche sich (nicht nur, aber) oft am Beispiel der Jahresabschlussprüfung orientiert, auf das Feld der Preisprüfungen war nach Ansicht des Verfassers gut leistbar und wertvoll für die strukturelle Gestaltung des MP-PS. Die vorliegende Ausarbeitung hat den Nachweis geführt, dass das vorgelagerte Vergabeverfahren von wesentlicher Bedeutung für das Zustandekommen
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Schlussbetrachtung
und die Überprüfung von Marktpreisen nach § 4 VO PR 30/53 ist. Der Wettbewerb auf der Anbieterseite auf dem „Ausschreibungsmarkt“ stellt einen zentralen Prüfungsgegenstand der preisrechtlichen Marktpreisprüfung dar. Die sachgerechte Beurteilung ist jedoch anspruchsvoll und bedarf tiefergehender Plausibilitätsüberlegungen und Verprobungen, die mithilfe des MP-PS und dessen starker Informationsverdichtung jedoch grundsätzlich leistbar werden. Eine Marktpreisprüfung im Wege einer „Kurzpreisprüfung“ – wie sie zuweilen erbeten und durchgeführt wird – gibt es aufgrund der Vielzahl möglicher Fallstricke in Bezug auf Wettbewerbsverzerrungen jedoch nicht. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass der MP-PS nicht zuletzt auch die von der Prüfungstheorie bewusst an vielen Stellen adaptierten heuristischen Problemlösungsverfahren beinhaltet. Durch sie kann auch in schwierigen Entscheidungssituationen in einem vertretbaren Zeitrahmen und mit einem verhältnismäßigen Aufwand zu Ergebnissen gelangt werden, die von einem hinreichenden Maß an Sicherheit und Genauigkeit geprägt sind. Die Hilfestellung auf Basis heuristischer Problemlösungsverfahren besteht im MP-PS vor allem in der komplexitätsreduzierenden visuellen Darstellung des Prüfungsprozesses in Form von Flowcharts, der Zerlegung der Prüfungsaufgabe in mehrere „additiv“ kombinierbare Teilbzw. Unterprogramme, der expliziten Benennung geeigneter Möglichkeiten zur Informationsbeschaffung an einzelnen Punkten im Prüfungsablauf, dem Setzen von Prioritäten bei der vorrangigen Prüfung formeller Kriterien sowie des Ausschreibungsmarktes (und der nur bedarfsweisen Prüfung von Umsatzakten auf dem allgemeinen Markt), dem punktuellen Offenlassen von Handlungsspielräumen, dem klaren Setzen von zu einem Unter- oder Hauptprogramm-Ende führenden Abbruchkriterien und dem Unterlegen des Prüfungsprozesses mit informationsverdichtenden Checklisten im Sinne eines „generate and test“. Zudem ist eine ausführliche Behandlung der Preisprüfungsberichterstattung geliefert worden, da der Prüfungsbericht stets von zentraler Bedeutung für den gesamten betriebswirtschaftlichen Prüfungsprozess ist. Die laufend zu sammelnden und auszufüllenden Arbeitspapiere bilden die Grundlage für die Teilund Gesamturteilsbildung des Prüfers und sind zugleich als Berichtsteile bzw. -anhänge zu übernehmen. Ferner stellen Alt-Prüfungsberichte zu Beginn einer neuen Prüfung eine wichtige Informationsquelle dar. Ebenso kommt hier – wie bei der operativen Prüfungsdurchführung selbst – das Merkmal der Standardisierung zum Tragen, da nur einheitlichen Gestaltungskriterien folgende Prüfungsberichte Dritten schnell einen Eindruck über die erfolgte Prüfung vermitteln und einen aussagekräftigen Vergleich mehrerer Marktpreisprüfungen zulassen. Die obligatorische und daher sehr wichtige Marktpreisprüfung gilt seit jeher als anspruchsvoller Vorgang und bleibt es auch weiterhin. Aus prüfungstheoretischer
7.1 Zusammenfassung der Ergebnisse
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Sicht wird der Prüfer daher in vielen Fällen nicht umhin kommen, sich bei einem sachverständigen Dritten (wobei dieser Begriff sehr weit gefasst werden kann) eine zweite Meinung einzuholen, um einzelne Sachverhalte mit hinreichender Sicherheit beurteilen zu können (Liegt bspw. tatsächlich eine Nicht-Bauleistung vor? Ist die Verfahrensgestaltung des öffentlichen Auftraggebers angemessen gewesen? Muss von einem bloßen Scheinwettbewerb ausgegangen werden? Wie weit oder eng ist der relevante Markt im Einzelfall abzugrenzen? Sind die vorgelegten Umsatzakte des Auftragnehmers vertrauenswürdig? Etc.). Durch den MP-PS wird es jedoch möglich, die Urteilsbildung nachvollziehbarer und einheitlicher zu gestalten, was der Marktpreisprüfung nach öffentlichem Preisrecht die ihr traditionell anhaftende Unsicherheit und Brisanz zu einem wesentlichen Teil nehmen würde. Wenngleich eine konsensuale Meinungsbildung zum optimalen Prüfungsprogrammablauf über alle „Stakeholder“-Gruppen hinweg aktuell noch nicht möglich erscheint, konnten bereits jetzt durch eine auf Partizipation ausgerichtete Evaluation des Konzeptes im Feld erste wertvolle Schnittmengen in den verschiedenen Standpunkten herausgearbeitet werden. Im Übrigen wird der MP-PS nicht nur für öffentliche Aufträge über Lieferund Dienstleistungen als anwendbar angesehen. Aufgrund der feststellbaren gewohnheitsrechtlichen Fortgeltung der Regelungsabsichten des einstweilen aufgehobenen Baupreisrechts wäre der MP-PS auch bei der Prüfung und Kontrolle von Preisen bei öffentlichen Bauaufträgen für ein sinnvolles Instrument auf freiwilliger Basis zu halten. Dies liegt insbesondere daran, dass das Baupreisrecht vor allem in den Fällen einen Nutzen stiftete, in denen es „an einem Markt fehlt“, „nur ein Bieter vorhanden ist“, „wenn verschiedene Bieter Preisabsprachen getroffen haben oder der Wettbewerb in sonstiger Weise gestört ist“1 . All dies sind Problemfelder, die der MP-PS systematisch in den Blick nimmt. Mit Blick auf die Gruppe der Prüfer ist festzuhalten, dass bei Anwendung des MP-PS die nötige Mindestprüfungstiefe in jedem Einzelfall garantiert und somit dem offiziellen Marktpreisvorrang im öffentlichen Preisrecht angemessen entsprochen würde. Es würden aufgrund der „kochrezeptartigen“ Verwendbarkeit des Konzeptes in aller Regel keine wesentlichen Prüfungshandlungen (Soll-IstVergleiche) ausgelassen, was nicht zuletzt auch jungen Prüfern, die bisher nur über wenig Prüfungserfahrung bei öffentlichen Aufträgen verfügen, eine große Hilfe wäre. Die öffentlichen Auftraggeber würden mit dem MP-PS noch mehr als bisher die Chance erhalten, sich soweit wie möglich in das übliche Geschäftsgebaren der sozialen Marktwirtschaft inklusive der marktwirtschaftlichen Preisbildung 1 Petersen
(2000), S. 549.
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7
Schlussbetrachtung
über Marktpreise einzureihen bzw. noch genauer die besonderen Situationen zu erkennen, in denen sie tatsächlich eines Schutzes bedürfen und die Vergütung behelfsweise über Selbstkostenpreise reglementiert werden muss. Ferner würden die Auftraggeber durch den MP-PS indirekt diszipliniert, im Beschaffungsbereich die wirtschaftspolitisch erwünschten Grundsätze des Wettbewerbs, der Transparenz und der Gleichbehandlung konsequent zu wahren und noch stärker als bisher von bevorzugten Behandlungen präferierter oder nahestehender Anbieter Abstand zu nehmen. Der MP-PS wäre im Falle einer flächendeckenden Verwendung somit ein verhütendes Instrument gegen Wettbewerbsverstöße im Behördenbereich. Dadurch, dass die öffentlichen Auftraggeber – oder vergaberechtlich ausgedrückt: die „Vergabestellen“ – tendenziell ein Mehr an Informationen zum vorgelagerten Vergabeverfahren zur Verfügung stellen müssten und dies wahrscheinlich auf eine eher ablehnende Haltung stößt, muss davon ausgegangen werden, dass in Zukunft etwas seltener der Prüfauftrag von der Auftraggeberseite artikuliert wird, da sich diese – auch weil es mitunter nicht trivial ist, ein komplexes Beschaffungsvorhaben vergaberechtlich vollkommen vorschriftsmäßig abzuwickeln – zum Teil nur ungern „in die Karten schauen“ lassen wollen. Dies könnte dazu führen, dass der neutralen und unabhängigen Stellung der Preisüberwachungsstellen insofern wieder stärkeres Gewicht zukommt, als diese vermehrt aus eigener Initiative heraus Preisprüfungen einleiten könnten. Um im Sinne eines risikoorientierten Prüfungsansatzes die preisrechtsrelevanteren von den weniger relevanten Fällen zu separieren, wäre eine laufend aktualisierte und für die Preisprüfer einsehbare Statistik über alle durchgeführten Vergabeverfahren in der BRD sinnvoll. Eine solche liegt nach Kenntnis des Verfassers jedoch nach heutigem Stand nicht vor. Darüber hinaus fände, im Gegensatz zur bisherigen Sachlage, eine verhaltenssteuernde Wirkung des privatwirtschaftlichen Sektors in Bezug auf kollusive Preisabsprachen statt. Das bedeutende – und bis heute aufgrund einer nicht geringen Zahl an „schwarzen Schafen“ leider weitestgehend ungelöste – Problem der Submissionsabsprachen findet im MP-PS seinen expliziten Niederschlag als gesondertes Prüffeld, sodass tendenziell davon ausgegangen werden dürfte, dass sich nicht wenige Anbieter in Kenntnis des erhöhten Problembewusstseins bei den MP-PS-Verwendern zukünftig zunehmend regeltreu und dem Geheimwettbewerb entsprechend verhalten würden. Auch hierin ließe sich eine Stärkung der Leitidee der „marktwirtschaftlichen Preisbildung“ bei öffentlichen Aufträgen erkennen. Der von der Industrie zuweilen geäußerte – und auch aus neutraler Sicht durchaus nachvollziehbare – Wunsch, dass bei Zuschlagserteilung in einem Wettbewerbsverfahren aufgrund des Wettbewerbseffektes automatisch ein Markt- bzw. Wettbewerbspreis entstanden sein und auf diese Weise eine sofortige Klarheit
7.1 Zusammenfassung der Ergebnisse
415
über den korrekten Preistyp herbeigeführt werden sollte, kann bei der gültigen Rechtslage zwar nicht vollumfänglich, doch aber zu gewissen Teilen als erfüllbar angesehen werden. Es bestehen in erheblichem Maße Risikofaktoren, die zu einer Störung der wettbewerblichen Preisbildung führen können und infolge des Primats des Geheimwettbewerbs im Vergaberecht fehlt es dem Auftragnehmer an den nötigen Informationen, um den Markt- bzw. Wettbewerbspreis objektiv nachzuweisen. Der Auftraggeber verfügt als „Herr des Vergabeverfahrens“ zwar über alle Informationen über die eingegangenen Angebote und könnte theoretisch den Preistyp richtig feststellen, jedoch ist er als unmittelbar Prozessbeteiligter nicht neutral und unbefangen. Es bedarf somit zunächst eines objektiv urteilenden Dritten (dem Prüfer), um im Vergabeverfahren zu einem vertrauenswürdigen Befund über den ordnungsmäßigen Preistyp gemäß VO PR 30/53 zu gelangen. Nichtsdestotrotz würden die im Ausschreibungsverfahren zum Zuge gekommenen Auftragnehmer durch den MP-PS insoweit gestärkt, als deren hier bezuschlagter Angebotspreis nicht weiter anhand vorheriger Umsatzakte überprüft werden müsste, sofern anhand der Vergabeunterlagen des Auftraggebers ein echter Wettbewerb zwischen den Bietern erkennbar geworden ist. Bei echtem vergaberechtlichen Wettbewerb auf dem „Ausschreibungsmarkt“ (wobei dieser Begriff preisrechtlich weit zu fassen ist) lässt sich bei Vorliegen mindestens zweiter verwertbarer Konkurrenzangebote nicht nur das Merkmal der Marktgängigkeit der Leistung (mehrere Vergleichsangebote), sondern auch das der Verkehrsüblichkeit des Preises anhand der Vergabedokumentation nachweisen, da bei nachweislich wirksamem Wettbewerb auf diesem temporären, künstlich geschaffenen Markt – egal, welcher Leistungstyp gehandelt wird – verkehrsunübliche Erlöse nicht realisierbar sind. Nur wenn bloß ein einziges verwertbares Angebot vorliegt oder übrig geblieben ist, wird die Nachprüfung weiterer Umsatzakte des Auftragnehmers als zusätzliche Prüfungsnachweise erforderlich, da erst hierdurch ein Urteil darüber abgegeben werden kann, ob die wettbewerbliche Preisbildung in dem relevanten Wettbewerbsmarkt im aktuellen Auftragsfall möglicherweise gestört war oder ob die Verkehrsüblichkeit des Preises auch im vorliegenden Auftrag bejaht werden kann. Ferner würde die Auftragnehmerschaft dergestalt vom MP-PS profitieren, dass die Preisvereinbarung im Vertrag unter Zuhilfenahme des MP-PS und die richtige Wahl zwischen Markt- und Selbstkostenpreisen stärker objektiviert würde. Zudem gewönne das „Vertrauensgut“ Preisprüfung an Vertrauenswürdigkeit, wenn die geprüften Stellen davon ausgehen könnten, dass sich der dem Fall zugeordnete Prüfer an einem allgemeinverbindlichen Prüfungsstandard und nicht an seiner
416
7
Schlussbetrachtung
persönlichen Preisrechts-Auslegung orientiert hat. Ein Anzweifeln des Prüfungsergebnisses würde somit seltener in Betracht zu ziehen sein als es noch heute der Fall ist. Der in dieser Arbeit konzipierte und im Feld evaluierte MP-PS würde überdies nach der Überzeugung des Verfassers auch nach der wohl in nicht allzu ferner Zukunft erfolgenden punktuellen Modernisierung des öffentlichen Preisrechts (Feinjustierung des Verordnungstextes) weiter anwendbar bleiben. Es ist nämlich keineswegs zu erwarten, dass der Verordnungsgeber von dem Leitbild der marktwirtschaftlichen, also primär auf Anbieterwettbewerb fixierten Preisbildung im öffentlichen Auftragswesen abrücken will – eher im Gegenteil. Solange diese Maxime Bestand hat, könnte der MP-PS als ein nutzenstiftendes Werkzeug fungieren, da sich die marktwirtschaftliche bzw. wettbewerbliche Preisbildung wie ein roter Faden durch den programmierten Marktpreis-Prüfungsprozess des MP-PS zieht.
7.2
Ausblick und weitere strategische Überlegungen
Darüber hinaus stellt sich die Frage, wie nun in Bezug auf eine finale Implementierung des MP-PS als programmiertes heuristisches Verfahren weiter vorgegangen werden sollte. Zunächst einmal sei festgehalten, dass die Entwicklung eines heuristischen Verfahrens erst dann als wirklich abgeschlossen bezeichnet werden kann, wenn praktische Erfahrungswerte über die Güte des Verfahrens durch Anwendung im Rahmen typischer realer Anwendungsfälle vorliegen.2 Wenngleich mit dem gegenseitigen Austausch im Rahmen der Evaluation des MP-PS bereits ein erster wichtiger Schritt in Richtung praktische Anwendung getan ist, kann dieser Ansatz noch nicht als gleichwertig mit einem Verfahrenstest im Rahmen realer preisrechtlicher Problemlösungsprozesse betrachtet werden. Um eine hinreichende Operationalität und Praktikabilität der gewählten Modellstruktur zu gewährleisten, ist es mithin eine Grundvoraussetzung, dass das entwickelte Verfahren die betriebliche Wirklichkeit mit ausreichender Genauigkeit widerspiegelt.3 Von einer solchen „Marktreife“ des MP-PS kann nach jetzigem Stand noch nicht mit hinreichender Sicherheit ausgegangen werden. Vielmehr kann dem Konzept aktuell lediglich „Pilotprojektreife“ attestiert werden. Es ist im Allgemeinen nämlich ein probates Mittel, neu konzipierte Verfahren zunächst in einem – sich
2 Vgl. 3 Vgl.
Streim (1975), S. 160; Kühn (1978), S. 157; Adam (1983), S. 491. Grochla (1974), S. 16.
7.2 Ausblick und weitere strategische Überlegungen
417
in einer einzelnen, für die größere Gruppe jedoch repräsentativen Organisationseinheit abspielenden – Pilotprojekt zu erproben, um auf diese Weise das mit dem Scheitern des Konzeptes verbundene Risiko abzumildern.4 In der kurzen bis mittleren Frist wäre es also zweckmäßig, den MP-PS in der oben dargestellten Fassung für einen gewissen Zeitraum im Tagesgeschäft einer einzelnen (oder besser noch mehreren) Preisprüfbehörde(n) tatsächlich einzusetzen und diesbezüglich besondere Feststellungen positiver wie negativer Art systematisch zu dokumentieren. Auf Basis der hier gemachten Erfahrungen könnte das Lösungskonzept, falls nötig, noch letzten zielorientierten Feinjustierungen unterzogen werden, bevor es flächendeckend als verpflichtende Sollvorschrift deutschlandweit eingeführt würde. Mit der Durchführung eines Pilotprojektes würde auch der Prozess der Evaluation des MP-PS erst als tatsächlich abgeschlossen gelten können. Langfristig sind sodann noch weitere qualitätssteigernde Schritte struktureller Art zu empfehlen, welche die Effektivität und Effizienz der in dieser Arbeit umrissenen reorganisierten Marktpreisprüfung im öffentlichen Preisrecht noch weiter befördern könnten. Der Nutzen des MP-PS würde nämlich noch gesteigert, wenn sich mithilfe einer informationstechnischen, auf das operative Prüfungsgeschehen ausgerichteten Plattform aus dem Netz aus Preisüberwachungsstellen (wie man es aktuell vorfindet) ein echtes Netzwerk aus Preisprüfern herausbilden würde. Schon heute findet auf speziellen Preisprüfertagungen bereits ein regelmäßiger Austausch zwischen den diversen Preisprüfbehörden statt.5 Dieser erste Schritt in Richtung einer Vernetzung bleibt jedoch noch hinter dem Stand zurück, wie er in modernen betriebswirtschaftlichen Prüfungsorganisationen mit mehreren Niederlassungen in aller Regel praktiziert wird. Inzwischen muss es als Stand der Technik im Prüfungswesen bezeichnet werden, dass allen Mitgliedern einer Prüfergruppe von zentraler oder übergeordneter Stelle eine auf sukzessives Wachstum ausgelegte, integrierte Datenbank als Informationssystem zur gemeinsamen Nutzung bereitgestellt wird, in dem alle vorhandenen Daten aus vorherigen Prüfungen systematisch und standardisiert gesammelt sowie für Folgeprüfungen zur Verfügung gestellt werden.6 Informationssysteme sind in diesem Sinne „aufeinander abgestimmte Arrangements von personellen, organisatorischen und technischen Elementen, die bewußt geschaffen 4 Vgl.
Szyperski (1971), S. 280 f.; Krüger (1994), S. 211 und 218; Niehus (1980), S. 159 spricht hierbei von einem auszuwählenden „Pilotbüro“. 5 Vgl. Felderbauer (1976), S. 67; Möllhoff (1985), S. 277. 6 Vgl. Fischer (1988), S. 139; Boeing (1991), S. 411; Falk (1993), S. 62; Bolsenkötter/Poullie (2003), Abt. VI/4, Rn. 206.
418
7
Schlussbetrachtung
und gepflegt werden und dazu dienen, handelnde Personen mit zweckorientiertem Wissen für die Aufgabenerfüllung zu versorgen“7 . Informationssysteme sind zwingend erforderliche Strukturen, ohne die ein zweckmäßiger und vor allem konstanter Wissensaufbau und -transfer in verschiedene Richtungen innerhalb eines Netzwerks nicht realisierbar ist.8 Durch die Kanalisierung von kritischen Informationen über aktuelle Entwicklungen in die Datenbank hinein – und aus selbiger wieder heraus – könnten sich die Akteure im Wege eines professionellen Wissensmanagements wechselseitig im Tagesgeschäft unterstützen und gemeinsam Synergien heben.9 Mit diesem Ansatz wird zugleich dem zu Anfang der Arbeit angesprochenen Anspruch Rechnung getragen, im Prüfungswesen über systematische Qualitätssicherungsmaßnahmen das Vertrauensgut „Preisprüfung“ weiter zu professionalisieren, aus Sicht der geprüften Stellen nachvollziehbarer und im Ergebnis überzeugender zu gestalten, denn in dem „vermehrten Einsatz computergestützter Informationstechnologien“ wie bspw. der Nutzung von Datenbanken zur „Aufbereitung (Verdichtung) des qualitätspolitisch relevanten Faktenmaterials“ liegen wesentliche Aufgaben des Qualitätsmanagements begründet.10 Dass eine Nutzbarmachung des Informationsstandes des Kollektivs für einen jeden einzelnen ein Schlüssel zum Erfolg ist, hierzu jedoch eine entsprechende Infrastruktur geschaffen werden muss, klang auch schon früh bei Coenenberg/Möller in Bezug auf Fälle an, in denen die „Erfahrungen einzelner … unabhängig vom Mitarbeiterbestand zur Verfügung stehen“ sollen. Demnach muss das individuelle Erfahrungswissen „auf andere Mitglieder übertragbar sein und übertragen werden. Das kann beispielsweise … geschehen durch die Übertragung in die Programme von Datenverarbeitungsanlagen“11 . Speziell für Fragen des Prüfungswesens wurde in den 1980er Jahren in diesem Zusammenhang bspw. noch von Leffson konstatiert, die „maschinelle Ausführung des Prüfungsprozesses“ sei sehr schwierig, weil „nicht alle für die Beurteilung notwendigen Informationen innerhalb des EDV-Systems erfaßt sind“ und der Computer diese nicht bedarfsgerecht, „etwa durch Rückfrage bei einzelnen Sachbearbeitern“, beschaffen kann. Zugleich hielt er es jedoch für möglich, dass dieser Mangel etwa durch „umfassende Management-Informations-Systeme mit der Zeit 7 Picot
(1990), S. 296. Picot/Neuburger (2005), S. 82. 9 Vgl. Szyperski/Klein (1993), S. 191 ff.; Reinecke (1995), S. 426; Bünting (1995), S. 159 ff.; Gerboth (2000), S. 541 f.; Schwager/Kerner/Röttger/Stauß (2005), S. 11 ff. 10 So Wicher (1988), S. 38. 11 Coenenberg/Möller (1976), Sp. 960. 8 Vgl.
7.2 Ausblick und weitere strategische Überlegungen
419
teilweise behoben werden kann“12 . Aus heutiger Perspektive ist festzustellen, dass diese Einschätzung zutreffend war. Mittels gezielter Eingabe von Schlagwörtern im Rahmen einer Suchfunktion kann der Prüfer auf effiziente Weise seinen situativen Informationsstand eigenmächtig optimieren und die Sicherheit und Genauigkeit seiner Prüfungsergebnisse immer weiter erhöhen.13 Zwecks aussagekräftiger Dokumentation aller im Zeitablauf durchgeführten Prüfungen sollte das Informationssystem insofern alle Prüfungsberichte, strukturiert nach Büro-Standorten, Kalenderjahren, Aktenzeichen, Branchen, Mandanten, Adressen etc. enthalten.14 Diese im Grunde für jede erdenkliche Prüfungsorganisation (Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Konzernrevision, Rechnungshof, Kartellbehörde usw.) wesentlichen Kategorien wären im Hinblick auf Preisprüfungen nach VO PR 30/53 sicherlich noch um die Kategorie „festgestellter Preistyp“ (Preis nach sonstigem Preisrecht/allgemeine und besondere Preisvorschriften, Marktpreis, Selbstkostenpreis) zu ergänzen. Für die Einrichtung eines solchen Informationssystems und somit auch der „Digitalisierung der Preisüberwachung“ ist die Standardisierung des Preisprüfungsprozesses wie auch der Preisprüfungsberichte – ähnlich wie sie in dieser Arbeit erarbeitet worden sind – eine Grundvoraussetzung. Mit einem solchen Schritt würde man sich auch dem allgemeinen Trend zur Digitalisierung der Behördenlandschaft im Wirtschaftsressort anschließen. So ist aktuell bspw. der „Launch“ eines zentralen Wettbewerbsregisters beim Bundeskartellamt in der Vorbereitung.15 Dieses elektronische Register soll es allen öffentlichen Auftraggebern in der BRD ermöglichen, einem Unternehmen zurechenbare Wirtschaftsdelikte im Vergabeverfahren zu berücksichtigen, damit letztlich nur integere Anbieter öffentliche Aufträge erhalten. Künftig soll eine einheitliche elektronische Abfrage genügen, um effizient an Informationen über unternehmensseitige Rechtsverstöße zu gelangen. Hierdurch können die bislang üblichen Abfragen aus Landeskorruptionsregistern und dem Gewerbezentralregister ersetzt werden. Das Wettbewerbsregister ist in Form einer bundesweiten elektronischen Datenbank aufgebaut, in der zum Schutz des fairen Wettbewerbs um öffentliche Aufträge und Konzessionen die Unternehmen erfasst werden sollen, denen bereits Wirtschaftsstraftaten angelastet worden sind. Das Wettbewerbsregister soll laut Planung Ende 2020 funktionsfähig sein. 12 Leffson (1988), S. 278. Etwas Ähnliches klang seinerzeit auch an bei Zünd (1982a), S. 748 ff. 13 Vgl. Boeing (1991), S. 411. 14 Vgl. Huber (1988), S. 47. 15 Vgl. hierzu Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (o. Jg.) oder auch SchererLeydecker (2017), S. 261 ff. Zum zentralen Wettbewerbsregister siehe auch bereits Frage 24 in der MP-PS-Checkliste „Strukturierte Vergabedokumentation“.
420
7
Schlussbetrachtung
Erhielten die Preisprüfer Zugang zu einer eigenen, für den internen Gebrauch bestimmten Prüfungsberichts-Datenbank, würden sie in den Stand versetzt, schon vor Prüfungsbeginn auf Basis vergleichbarer Fälle in konkreter Weise einen Eindruck über die Preisgestaltung des jeweiligen Unternehmens in der Vergangenheit zu erlangen und diese mit der aktuellen abzugleichen. Ferner ließen sich Anhaltspunkte darüber gewinnen, auf welche Problematiken oder mögliche Prüfungshemmnisse bei der bevorstehenden Prüfung ggf. besonders zu achten ist, weil andere Prüfer hierüber in ihren Prüfungsberichten Vermerke gemacht haben. Auch sei darauf hingewiesen, dass durch den umfänglichen Zugang zu Alt-Prüfungsberichten viel leichter eine Einschätzung darüber erfolgen kann, ob es bei Ausschreibungsverfahren mit Beteiligung eines bestimmten Unternehmens möglicherweise zu illegalen Preisabsprachen gekommen ist. Wie weiter oben schon angemerkt, erstrecken sich horizontale Submissionsabsprachen zwischen Anbietern eines bestimmten Marktsegments typischerweise über einen längeren Zeitraum, um bspw. jeden beteiligten Bieter zumindest einmal in den „Genuss“ der Zuschlagserteilung kommen zu lassen, einen bestimmten Marktteilnehmer immer „gewinnen“ oder auch einen anderen niemals zum Zuge kommen zu lassen. Insofern ist die prüferische Durchsicht eines einzelnen realen Vergabewettbewerbs nur von einem überschaubaren Informationsnutzen geprägt. Erst wenn diverse ähnlich gelagerte Wettbewerbsverfahren in die Betrachtung einbezogen würden, könnte regelmäßig ein unzulässiges kollusives Zusammenwirken der verfahrensbeteiligten Unternehmen durch den Prüfer aufgedeckt werden. Ein Datenbank-gestütztes Informationssystem – dessen Nutzung in Abbildung 7.1 schematisch dargestellt ist – wäre folglich mit einem großen Mehrwert für die Marktpreisprüfung auf dem Ausschreibungsmarkt versehen. Zudem hätten auch die Kartellbehörden von einem solchen Werkzeug wahrscheinlich einen hohen Nutzen, da sie bei der Erlangung von Kenntnis über mögliche Fälle mit Wettbewerbsverstößen regelmäßig auf sachdienliche Hinweise anderer Akteure wie bspw. Behörden angewiesen sind („Verfolgung von Submissionsabsprachen: Wir sind auf Ihre Hilfe angewiesen“16 ). Ohnehin muss vor dem Hintergrund der Ergebnisse dieser Arbeit angemerkt werden, dass die hoheitliche Aufgabenteilung zwischen den Kartellämtern und den Preisüberwachungsstellen neu überdacht und justiert werden sollte, da sich zwischen diesen – vor allem hinsichtlich des Ausschreibungsmarktes – eine Vielzahl von Berührungspunkten und vergleichbaren Regelungsabsichten aufgetan hat. Es sollte hierbei aber auch weiterhin bedacht werden, dass das Preisrecht mit dem öffentlichen Auftragswesen nur einen Ausschnitt des Wirtschaftslebens adressiert und gewissermaßen 16 Bundeskartellamt
(2014), S. 2.
7.2 Ausblick und weitere strategische Überlegungen
421
Abb. 7.1 Zentrales Informationssystem mit Preisprüfungsberichten
noch „strenger“ ist als das Wettbewerbsrecht. Ein Eingriff in die freie Preisbildung am Markt nimmt das Preisrecht mithilfe der Selbstkostenpreis-Vorgaben bereits beim bloßen Vorliegen einer marktbeherrschenden Stellung des Auftragnehmers vor. Im Wettbewerbsrecht aber müsste zusätzlich ein Missbrauch dieser marktbeherrschenden Stellung nachgewiesen werden, ehe es zu einem regulierenden staatlichen Eingriff käme. Im Einzelfall unterstellt das Preisrecht bei übersteigerter Marktmacht also gewissermaßen a priori missbräuchlich hohe Marktpreise, während das Wettbewerbsrecht ein solches Marktversagen lediglich als potentiellen Missstand zur Disposition stellt und zusätzlich eine Art „Missbrauchsprüfung“ verlangt. Trotz dieser feinen Unterschiede erweist es sich rückblickend als Defizit, dass sich bei der Vorbereitung der Fokusgruppe Marktpreis nicht auch um die Teilnahme eines Kartellbeamten gekümmert wurde; dieses Defizit könnte jedoch im Rahmen der oben genannten Pilotprojektphase leicht kompensiert werden. Aber auch bei der Marktpreisprüfung auf dem allgemeinen Markt – nachdem ein vergaberechtlicher Wettbewerb vom öffentlichen Auftraggeber gar nicht erst
422
7
Schlussbetrachtung
veranstaltet wurde oder dieser nicht richtig funktioniert hat – würde den Preisprüfern durch ein Datenbank-gestütztes Informationssystem die Arbeit erheblich erleichtert. So wäre es insbesondere deutlich gesicherter möglich, die anspruchsvolle Aufgabe der Abgrenzung des relevanten Marktes nach dem Bedarfsmarktkonzept zum Nachweis von echtem Anbieterwettbewerb zu bewältigen. Durch die Suche nach alten Prüfungsberichten aus der jeweiligen Branche ließe sich erkennen, ob noch weitere Anbieter einer bestimmten Leistung in dem relevanten Markt existieren und ob ein bestimmter Auftraggeber ggf. auch schon an diese Aufträge vergeben hat (er diese also tatsächlich als austauschbar bzw. marktgleichwertig ansieht). Diese Fragen sind ansonsten zumeist nur auf Umwegen mittels Internetrecherche sowie Befragungen der Vertragsparteien, anderer Marktteilnehmer oder sachverständigen Dritten – also unter Inkaufnahme eines hohen Ermittlungsaufwands – zu klären. Generell würde es sich in vielen Fällen erübrigen, Dritte zwecks Einholung relevanter Informationen bzw. einer zweiten Meinung in die Preisprüfung mit einzubeziehen, weil die wertvolle Zweitmeinung bereits implizit in den Alt-Prüfungsberichten enthalten wäre. Bspw. könnte dies schon zu Anfang einer Prüfung bei der richtungsweisenden Entscheidung, ob die Vertragsleistung womöglich als Bauleistung zu klassifizieren ist, bei der das Preisrecht nicht gülte, der Fall sein, indem die Einschätzungen anderer Prüfer in ähnlich gelagerten Grenzfällen auswertbar würden. Darüber hinaus hätte die intersubjektive Transparenz und Publizität der Preisprüfungsberichte innerhalb der Preisprüfer-Community wahrscheinlich einen professionalisierenden und qualitätserhöhenden Effekt. Durch die sich in diesem Zusammenhang automatisch einstellende „Peer Review“ der fertiggestellten Berichte würde ein zusätzlicher Anreiz geschaffen, nicht ohne triftigen Grund in der praktischen Arbeit von den Grundsätzen ordnungsmäßiger Prüfung und den Grundsätzen ordnungsmäßiger Berichterstattung abzuweichen. Im Ergebnis würde es so – überspitzt formuliert – zu einer laufenden „Prüfung der Prüfer durch die Prüfer“17 kommen, die aufgrund des amerikanischen Ursprungs dieser Philosophie auch als „Quality Control“18 bezeichnet werden kann. Auch an dieser Stelle bestünde also Raum für eine weitere Anlehnung des Preisprüfungswesens an bewährte Ansätze aus der Wirtschaftsprüfung. Trotz dieser unbestreitbaren und zu einem gewissen Optimismus durchaus Anlass gebenden Vorzüge des MP-PS soll nicht der Eindruck entstehen, die Marktpreisprüfung im öffentlichen Preisrecht sei zukünftig als „Selbstläufer“
17 Niehus
(1980), S. 149 ff. (1975), S. 541 ff.
18 Holzer/Lück
7.2 Ausblick und weitere strategische Überlegungen
423
ohne nennenswerte Risiken von Fehlentscheidungen zu betrachten, denn – wie Spieth schon früh feststellte – gilt: „Je weitergehender die schriftliche Planung des arbeitsmäßigen Ablaufs der Prüfung vorgenommen wird, desto weniger sollte man vergessen, daß auch Programme, die jeden Prüfungsschritt vorschreiben, nicht zugleich die Durchführung aller im Einzelfall notwendiger Prüfungsschritte zu garantieren vermögen. Dem eigenen Können und Mitdenken des einzelnen Prüfers bleibt stets eine wichtige Funktion zugemessen.“19
Somit gilt selbst bei Verwendung eines aus einem detaillierten heuristischen Programm bestehenden Prüfungsstandards (PS) wie dem MP-PS die allgemeine Maßgabe: „Auch die ausgeklügeltsten PS können ein gutes professionelles Beurteilungsvermögen … nicht ersetzen. Prüfung bleibt ein personenabhängiges Geschäft, ein ‚people business‘.“20
19 Spieth 20 Fluri
(1970), S. 415. (2013), S. 257; ähnlich auch Wiedmann (1993), S. 25.
Anhang (Text der VO PR 30/53)
Verordnung PR Nr. 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen Ausfertigungsdatum: 21.11.1953 Vollzitat: „Verordnung PR Nr 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen vom 21. November 1953 (BAnz. 1953 Nr. 244), die zuletzt durch Artikel 70 des Gesetzes vom 8. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1864) geändert worden ist“ Stand: Zuletzt geändert durch Art. 70 G v. 8.12.2010 (BGBl. I S. 1864) Eingangsformel Um marktwirtschaftliche Grundsätze auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens verstärkt durchzusetzen, wird auf Grund des § 2 des Preisgesetzes vom 10. April 1948 (WiGBl. S. 27)/3. Februar 1949 (WiGBl. S. 14)/21. Januar 1950 (Bundesgesetzbl. S. 7)/8. Juli 1950 (Bundesgesetzbl. S. 274)/25. September 1950 (Bundesgesetzbl. S. 681)/23. Dezember 1950 (Bundesgesetzbl. S. 824) und 29. März 1951 (Bundesgesetzbl. I S. 223) in der sich aus § 37 des Gesetzes über die Investitionshilfe der gewerblichen Wirtschaft vom 7. Januar 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 7) ergebenden Fassung verordnet: § 1 Grundsatz (1) Für Leistungen auf Grund öffentlicher Aufträge ist bei der Vereinbarung von Preisen grundsätzlich Marktpreisen gemäß § 4 vor Selbstkostenpreisen gemäß §§ 5 bis 8 der Vorzug zu geben. (2) Soweit es die Verhältnisse des Auftrags ermöglichen, sind feste Preise zu vereinbaren. Die Preise sollen bei Abschluß des Vertrags festgelegt werden. (3) Für Leistungen auf Grund öffentlicher Aufträge dürfen höhere Preise nicht gefordert, versprochen, vereinbart, angenommen oder gewährt werden, als nach den Bestimmungen dieser Verordnung zulässig ist. © Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2020 J. Mengis, Entwicklung eines Marktpreis-Prüfungsstandards für öffentliche Aufträge, Schriften zu Wirtschaftsprüfung, Steuerlehre und Controlling, https://doi.org/10.1007/978-3-658-32044-7
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Anhang (Text der VO PR 30/53)
§ 2 Geltungsbereich (1) Öffentliche Aufträge im Sinne dieser Verordnung sind die Aufträge des Bundes, der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände und der sonstigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts. (2) Das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit kann im Einvernehmen mit dem fachlich zuständigen Bundesministerium verfügen, daß die Vorschriften dieser Verordnung auf Aufträge bestimmter Unternehmen, die juristische Personen des öffentlichen Rechts sind oder von juristischen Personen des öffentlichen Rechts betrieben werden, sofern sie mit ihren Lieferungen und Leistungen im Wettbewerb mit privaten Unternehmen stehen, nicht anzuwenden sind. (3) Die Bestimmungen dieser Verordnung sind anzuwenden auf die Aufträge ausländischer Truppen und des zivilen Gefolges einer Truppe im Sinne des Artikels I Abs. 1 Buchstabe b des Abkommens zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages über die Rechtsstellung ihrer Truppen vom 19. Juni 1951 (Bundesgesetzbl. 1961 II S. 1183, 1191), die sich auf Grund zwischenstaatlicher Vereinbarungen in der Bundesrepublik Deutschland befinden. (4) Die Bestimmungen dieser Verordnung finden auch Anwendung 1. auf Verlangen des öffentlichen Auftraggebers bei mittelbaren Leistungen zu öffentlichen Aufträgen, soweit der mittelbare Auftragnehmer von diesem Verlangen vor oder bei Abschluß seines Vertrags Kenntnis erhalten hat oder nach Abschluß des Vertrags zustimmt, 2. bei den von deutschen Behörden angeordneten Leistungsauflagen und Leistungsanweisungen mit der Maßgabe, daß die nach dieser Verordnung zulässigen Preise nicht ohne Zustimmung des Auftragnehmers unterschritten werden dürfen. (5) Die Bestimmungen dieser Verordnung gelten nicht für Bauleistungen. Bauleistungen im Sinne dieser Verordnung sind alle Bauarbeiten, soweit sie mit oder ohne Lieferung von Stoffen und Bauteilen der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung baulicher Anlagen dienen. Montagearbeiten einschließlich der Installationsarbeiten der Elektroindustrie und des Maschinenbaus stellen keine Bauleistungen dar.1 § 3 Geltung der Preisvorschriften Öffentliche Aufträge unterliegen den allgemeinen und besonderen Preisvorschriften. 1 Zuletzt
Verordnung PR Nr. 1/72.
Anhang (Text der VO PR 30/53)
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§ 4 Preise für marktgängige Leistungen (1) Für marktgängige Leistungen dürfen die im Verkehr üblichen preisrechtlich zulässigen Preise nicht überschritten werden. (2) Bei Leistungen, die unter gleichartigen Voraussetzungen mit marktgängigen Leistungen im wesentlichen vergleichbar sind (vergleichbare Leistungen), sind Abschläge vorzunehmen oder können Zuschläge vorgenommen werden, soweit es die Abweichungen von den marktgängigen Leistungen rechtfertigen. (3) Dem öffentlichen Auftraggeber sind Vorteile, insbesondere Mengen- und Wertrabatte, Skonti und besondere Lieferungsbedingungen einzuräumen, die beim Vorliegen gleicher Verhältnisse nichtöffentlichen Auftraggebern üblicherweise gewährt werden oder gewährt werden würden. (4) Die Preise nach den Absätzen 1 bis 3 sind zu unterschreiten oder können überschritten werden, wenn es die bei dem Auftrag vorliegenden besonderen Verhältnisse kostenmäßig rechtfertigen. § 5 Selbstkostenpreise (1) Selbstkostenpreise müssen auf die angemessenen Kosten des Auftragnehmers abgestellt werden, sie dürfen nur ausnahmsweise vereinbart werden, wenn 1. Preise nach den §§ 3 und 4 nicht festgestellt werden können oder 2. eine Mangellage vorliegt oder der Wettbewerb auf der Anbieterseite beschränkt ist und hierdurch die Preisbildung nach § 4 nicht nur unerheblich beeinflußt wird. (2) Kommt zwischen dem Auftraggeber und dem Auftragnehmer kein Einverständnis über das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Absatz 1 Nummer 2 zustande, so entscheidet hierüber auf Antrag durch Verfügung, 1. das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, wenn die Mangellage oder die Wettbewerbsbeschränkung die Preisbildung in mehr als einem Land beeinflußt oder beeinflussen kann, 2. die für den Sitz des Auftragnehmers zuständige Preisbildungsstelle in allen übrigen Fällen. (3) Soweit es die Verhältnisse des Auftrags ermöglichen, ist mit dem Angebot eine Selbstkostenpreisberechnung vorzulegen. (4) Werden Aufträge über gleiche Leistungen mehreren Auftragnehmern zu Selbstkostenpreisen erteilt, so sollen bei Vorliegen gleicher Voraussetzungen in
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Anhang (Text der VO PR 30/53)
der Regel gleiche Preise vereinbart werden. Als gleich gelten Leistungen, die sich in Ausführung, Liefermenge, Lieferzeitraum und Lieferungs- und Zahlungsbedingungen im wesentlichen entsprechen. Zur Ermittlung der Preise sind die Selbstkostenpreise derjenigen Unternehmen heranzuziehen, die der Auftraggeber an der Leistung zu beteiligen beabsichtigt oder beteiligt hat. Der Preisbildung soll der Selbstkostenpreis eines guten Betriebs zugrunde gelegt werden. (5) Ist ein Auftrag zu Selbstkostenpreisen vergeben worden, so ist bei jedem weiteren Auftrag (Anschlußauftrag) zu prüfen, ob für die betreffende Leistung Preise gemäß § 4 vereinbart werden können. (6) Selbstkostenpreise können vereinbart werden als 1. Selbstkostenfestpreise oder Selbstkostenrichtpreise gemäß § 6, 2. Selbstkostenerstattungspreise gemäß § 7. § 6 Selbstkostenfestpreise und Selbstkostenrichtpreise (1) Selbstkostenpreise sind möglichst als Selbstkostenfestpreise zu vereinbaren. (2) Die Selbstkostenfestpreise sind auf Grund von Kalkulationen zu ermitteln und bei, spätestens aber unmittelbar nach Abschluß des Vertrags festzulegen. (3) Kann ein Selbstkostenfestpreis nicht festgestellt werden, so ist beim Abschluß des Vertrags zunächst ein vorläufiger Selbstkostenpreis (Selbstkostenrichtpreis) zu vereinbaren. Der Selbstkostenrichtpreis ist vor Beendigung der Fertigung, sobald die Grundlagen der Kalkulation übersehbar sind, möglichst in einen Selbstkostenfestpreis umzuwandeln. § 7 Selbstkostenerstattungspreise (1) Selbstkostenerstattungspreise dürfen nur vereinbart werden, wenn eine andere Preisermittlung nicht möglich ist. Die Höhe der erstattungsfähigen Kosten kann ganz oder teilweise durch Vereinbarung begrenzt werden. (2) Soweit es die Verhältnisse des Auftrags ermöglichen, soll in Vereinbarungen über Selbstkostenerstattungspreise vorgesehen werden, daß für einzelne Kalkulationsbereiche feste Sätze gelten. § 8 Ermittlung der Selbstkostenpreise Werden Selbstkostenpreise (§§ 5 bis 7) vereinbart, so sind die als Anlage beigefügten Leitsätze für die Preisermittlung auf Grund von Selbstkosten anzuwenden. § 9 Prüfung der Preise
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(1) Der Auftragnehmer hat den für die Preisbildung und Preisüberwachung zuständigen Behörden das Zustandekommen des Preises auf Verlangen nachzuweisen. Aus den Unterlagen muß ersichtlich sein, daß der Preis nach den Vorschriften dieser Verordnung zulässig ist. Diese Unterlagen sind, soweit nicht andere Vorschriften eine längere Frist vorsehen, mindestens 5 Jahre aufzubewahren. (2) Die für die Preisbildung und Preisüberwachung zuständigen Behörden sind berechtigt, zu prüfen, ob die Vorschriften dieser Verordnung beachtet worden sind. Der Auftragnehmer und die für die Leitung des Unternehmens verantwortlichen Personen sind verpflichtet, die zu diesem Zweck erforderlichen Auskünfte zu erteilen. (3) Die für die Preisbildung und Preisüberwachung zuständigen Behörden können die Unterlagen einsehen, Abschriften oder Auszüge aus diesen Unterlagen anfertigen lassen und die Betriebe besichtigen. § 10 Feststellung der Angemessenheit von Selbstkostenpreisen durch öffentliche Auftraggeber (1) Der öffentliche Auftraggeber ist, sofern das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit ihn hierzu allgemein oder im Einzelfall ermächtigt hat, berechtigt, im Benehmen mit der für die Preisbildung und Preisüberwachung zuständigen Behörde festzustellen, daß ein Selbstkostenpreis den Vorschriften dieser Verordnung entspricht. § 9 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 gelten entsprechend. Die Feststellung ist bei einem Selbstkostenfestpreis nur in der Zeit von der Angebotsabgabe bis zum Abschluß der Vereinbarung zulässig. Das gleiche gilt bei einem Selbstkostenrichtpreis oder Selbstkostenerstattungspreis hinsichtlich vereinbarter fester Sätze für einen Kalkulationsbereich. (2) Die Beanspruchung des Auftragnehmers durch Feststellungen gemäß Absatz 1 hat sich in angemessenem Verhältnis zur wirtschaftlichen Bedeutung der Leistung für den Auftraggeber und den Auftragnehmer zu halten. (3) Der Auftragnehmer kann bei der für die Preisbildung und Preisüberwachung zuständigen Behörde ihre Beteiligung an der Feststellung der Selbstkostenpreise beantragen. (4) Bestehen zwischen dem Auftraggeber und dem Auftragnehmer über das Ergebnis der Feststellung Meinungsverschiedenheiten, so sollen Auftraggeber und Auftragnehmer zunächst eine gütliche Einigung über den Selbstkostenpreis anstreben. Kommt eine Einigung nicht zustande, so setzt auf Antrag eines Beteiligten die für den Sitz des Auftragnehmers zuständige Preisbildungsstelle den Selbstkostenpreis fest. (5) u. (6) (weggefallen)
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Anhang (Text der VO PR 30/53)
§ 11 Zuwiderhandlungen Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen dieser Verordnung werden nach den Strafbestimmungen des Gesetzes zur Vereinfachung des Wirtschaftsstrafrechts (Wirtschaftsstrafgesetz) vom 26. Juli 1949 (WiGBl. S. 193) in der Fassung des Gesetzes vom 25. März 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 188)/17. Dezember 1952 (Bundesgesetzbl. I S. 805) geahndet. § 12 Inkrafttreten (1) Diese Verordnung tritt am 1. Januar 1954 in Kraft. (2) Für die vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung abgeschlossenen, vom Auftragnehmer noch nicht oder noch nicht voll erfüllten Verträge gilt folgendes: 1. Vereinbarungen, nach denen Marktpreise oder Selbstkostenfestpreise zu zahlen sind, bleiben unberührt. 2. Selbstkostenrichtpreise sind nach den Vorschriften dieser Verordnung umzuwandeln. 3. Selbstkostenerstattungspreise sind nach den Vorschriften dieser Verordnung für diejenigen Leistungen, Teilleistungen und Teile von Leistungen zu ermitteln, die nach dem Inkrafttreten dieser Verordnung erbracht werden. (3) (weggefallen) (4) (weggefallen) Schlußformel Der Bundesminister für Wirtschaft Anlage: Leitsätze für die Preisermittlung auf Grund von Selbstkosten (LSP)
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