Entscheidungen des Ober-Seeamts und der Seeämter des Deutschen Reichs: Band 4, Heft 1 [Reprint 2021 ed.] 9783112440803, 9783112440797


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German Pages 136 [151] Year 1884

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Entscheidungen des Ober-Seeamts und der Seeämter des Deutschen Reichs: Band 4, Heft 1 [Reprint 2021 ed.]
 9783112440803, 9783112440797

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Entscheidungen des

Ober-Seeamts und der Seeämter des

Deutschen Reichs. herausgegeben im

Reichsamt des Innern.

Vierter Band. b k?eft.

Hamburg. Druck und Verlag von £. Friederichsen 8c Lo.

1883.

Seite

V

2. 3.

5.

6. 7.

8.

9. 10. U.

12.

Spruch des Seeamts zu Flensburg vom 8. Februar 1882, betreffend den Zusammen­ stoß des Schooners „Einigkeit" von Greifswald mit der Galiote „Catharina" von Rendsburg Spruch des Seeamts zu Flensburg vom 1^. Februar 1882, betreffend den Seeunfall des Schraubendampfers „Quinta" von Flensburg Spruch des Seeamts zu Bremerhaven vom 7. März 1882, betreffend den Seeunfall

der Bark „Everhard Delius" von Bremen............................................................................ Spruch des Seeamts zu Bremerhaven vom 18. März 1882, betreffend den Seeunfall der Bark „G. F. Muntz" von Bremen Spruch des Seeamts zu Stralsund vom 3. April 1882, betreffend den Seeunfall der Brigg „Victor" von Greifswald Spruch des Seeamts zu Tönning vom 3. April 1882, betreffend den Seeunfall der Bark „Hannibal" von Rostock Spruch des Seeamts zu Rostock vom April 1882, betreffend den Seeunfall der Brigg „Christiane" von Rostock Spruch des Seeamts zu Rostock vom April 1882, betreffend den Seeunfall der Brigg „Heinrich der Pilger" von Wismar Spruch des Seeamts zu Danzig vom 13. April 1882, betreffend den Seeunfall des Schraubendampfers „Mlawka" von Danzig Spruch fccs Seeamts zu Bremerhaven vom 22. April 1882, betreffend den Seeunfall des Vollschiffes „Margaretha" von Bremerhaven Spruch des Seeamis zu Bremerhaven vom 22. April 1882, betreffend den Seeunfall des Vollschiffes „R. C. Rickmers" von Geestemünde Spruch des Seeamts zu Brake vom 24. April 1882, betreffend den Seeunfall des

Schooners „Johanne" von Brake............................................................................................. Spruch des Seeamts zu Brake vom 2^. April 1882, betreffend den Seeunfall der Bark „Lina" von Elsfleth 1H. Spruch des Seeamts zu Brake vom 6. Februar 1882 und Entscheidung des Kaiserlichen (Vber-Seeamts vom 27. April 1882, betreffend den Seeunfall des Schooners „Aeolus" von Brake ......................................................................................... 15. Spruch des Seeamts zu Hamburg vom 29. April 1882, betreffend den Zusammenstoß des eisernen Schraubendampfers „Livorno" von Hamburg mit der norwegischen Bark „Staatsminister Slang" (Fortsetzung folgt auf der dritten Seite des Umschlags.)

\

11 1t

18

21 2h 29 33 38

49

13.

51

52

66

V Spruch des Leeamts zu Flensburg vom 8. Februar 1882, betreffend den Zusammenstoß des Lchooners „Einigkeit" von Greifswald mit der Galiote „Catharina" von Rendsburg. Der Spruch des Seeamts lautet: daß der Bestmann Alpen von der Galiote „Catharina" den Zusammenstoß verschuldet hat, daß die zur Verhütung des Zusammenstoßens von Schiffen auf See erlassenen Vorschriften, wonach die mit raumem Winde und Backbordhalsen segelnde „Catharina" ausweichen mußte und an Bord derselben alle zwei Minuten drei aufeinander folgende Töne mit -em Nebelhorn zu geben gewesen wären, nicht befolgt sind, daß dagegen die Vorschriften über das Verhalten nach einem Zusammenstoß befolgt worden sind. Gründe. DerSchooner„Einigkeit", UnterscheidungssignalIHj)C, und die Galiote „Catharina", Unterscheidungssignal LHTI, stnd am 3. December s88s Morgens Uhr 50 Minuten in der Mstsee auf 5^0 26' nördlicher Breite und U° 57' östlicher Länge ungefähr 7'h Seemeilen SzW von Gjedser Feuer zusammen gestoßen. Der Schooner wurde geführt von dem Schiffer Karl Paul Wilhelm Klempin aus Anklam und hatte außerdem als Besatzung den Bestmann Glasow aus Anklam und den Koch Höpner aus Köpnitz. Cr befand sich auf der Reise von Hamburg nach Wolgast mit einer Ladung Roth- und Sandelholz. Die Besatzung der Galiote bestand aus dem Schiffer Jürgen Speck aus Lohklint bei Rendsburg, dem Bestmann Heinrich Alpen und dem Matrosen Klaus Vollstedt ebendaher. Dies Fahrzeug war mit einer Ladung Stabholz von Memel nach Harburg bestimmt. Der Wind war SzG, die „Einigkeit" lag GSM *Az(D an, beim Winde mit Steuerbordhalsen, die „Catharina" steuerte W'/rS mit raumem Winde und machte 3 Seemeilen Fahrt in der Stunde. Auf beiden Schiffen brannten die vorschriftsmäßigen Lichter. Auf IV 1.

2

Schooner Einigkeit und Galiote Catharina.

beiden war zur Zeit des Zusammenstoßes nur ein Mann auf Deck — auf der „Einigkeit" der Schiffer, auf der „Eatharina" der Bestmann Alpen — der Schiffer Speck und der Matrose Vollstedt waren um Uhr, bis zu welcher Zeit sie die Mache gehabt halten, zur Ruhe gegangen. Speck lag im Roof und schlief. Bei dem Zusannnenstoß rannte die „Eatharina" der „Einigkeit" auf deren Backbordseite in den Bug. Die Takelage der Schiffe wurde unklar von einander. Die unter Deck befindlichen Leute kamen sofort nach oben. Nach einer Stunde ungefähr gelang es dem Schiffer Klempin, durch Kappen des Tauwerks von der „Eatharina" frei zu kommen. Es stellte sich nun­ mehr heraus, daß über der Wasserlinie an Backbordseite der „Einigkeit" die Planken gesprungen und an Steuerbordseite zwei Planken und Stützen ganz weggerissen waren. Nachdem der Leck nothdürftig mit Segeln und Brettern verstopft war, nahm die „Eatharina", welche nur geringen Schaden am Bugspriet und Klüverbaum erlitten hatte, die „Einigkeit" ins Schlepptau. Beide Schiffe kamen noch am Abend vor der Kieler Föhrde an. Am andern Morgen wurde die „Einigkeit" durch einen Dampfer nach Kiel gebracht. Nachdem sie daselbst reparirt worden, ist sie am 8. Januar 1882 wieder abgesegelt und am \2. desselben Monats an ihrem Bestimmungsorte angelangt. Den ihm erwachsenen Schaden giebt der Schiffer Klempin auf 1650 JA. an, der Schiffer Speck den der „Eatharina" auf 30^ Ä Nach der Aussage des Schiffers Klempin ist es vor und während des Zusammenstoßes so klare Luft gewesen, daß er schon 20 Minuten vor dem Zusammenstoß das grüne Licht der „Eatharina" und bald darauf ihre beiden Lichter sah, auch erkennen konnte, daß sie ein über Backbord segelndes Schiff sei. Er behauptet auch, er habe, als die „Eatharina" ihm näher gekommen, laut gerufen, man möge abhalten. Eine Antwort hierauf sei nicht erfolgt. Nebelsignale will er nicht gehört haben. Er hat von der Zeit an, wo er das andere Schiff gewahrte, seinen Lurs gleichmäßig beibehalten und ist dabei von der Annahme ausgegangen, daß das entgegenkommende Schiff ihm aus­ weichen werde. Im Widerspruch mit der Aussage des Schiffers Klempin be­ hauptet der Bestmann Alpen von der „Eatharina", welcher zur Zeit des Zusammenstoßes allein auf Deck war und am Ruder stand, es sei sO Minuten vor dem Zusammenstöße so nebelig geworden, daß er nicht weiter als bis zuni Bug seines Schiffes habe voraussehen können. Das Rufen des Schiffers Klempin will er nicht gehört haben. Alle 5 Minuten will er mit den: Nebelhorn 3 Töne gegeben haben. In

3

Schooner Einigkeit und Galiote Katharina.

Betreff der Sichtigkeit der Lust stimmen der Schiffer und der Matrose Vollstedt von der „Katharina" ihm bei; beide sagen aus, es sei, als

sie nach dem Zusammenstoß auf Deck kamen, so dick gewesen, daß man nur etwa eine Stubenlänge voraus habe sehen können. Die der „Catharina" angehörenden Schiffsleute legten bei ihrer

Vernehmung vor dem Seeamt ein Benehmen an den Tag, welches geeignet ist, Zweifel an ihrer Glaubwürdigkeit ;u erregen.

Sie traten

offensichtlich nur ungerne an die Beantwortung der ihnen vorgelegten Fragen heran und ließen in ihren Antworten diejenige Sicherheit und

Bestimmtheit vermissen, welche die Kennzeichen wahrheitsgetreuer Dar­

stellung zu sein pflegen.

Der Schiffer Klempin machte dagegen den

Eindruck eines glaubwürdigen und besonnenen Mannes.

Unter diesen

Umständen sieht das Seeamt sich nicht veranlaßt, es als festgestellt

anzunehmen, daß es (0 Minuten vor dem Zusammenstoß so nebelig

geworden, daß man nur auf Schiffslänge voraussehen konnte. Selbst

dann aber, wenn dies der Fall gewesen wäre, würde immerhin der Bestmann Alpen von der „Catharina" den Zusammenstoß verschuldet

haben. Da die „Catharina" mit raumem Winde und mit Backbardhalsen, die „Einigkeit" aber bei dem Winde und mit Steuerbordhalsen segelte,

so mußte erstere aus dem Wege gehen. cfr. §.

a, b der Verordnung zur Verhütung des Zusammen­

stoßens der Schiffe auf See vom 7. Januar (880.

Im Hinblick hierauf war man an Bord der „Catharina" von vornherein ganz besonders darauf hingewiesen, auf entgegenkommende

Schiffe Acht

zu

geben,

jedenfalls

noch

mehr als an

Bord der

„Einigkeit", weil diese mit dem Winde, den sie hatte, nicht aus dem

Wege zu gehen brauchte.

Wurde es nun so nebelig, daß man an

Bord der „Catharina" vom Steuerruder nicht weiter als bis zum Bug des Schiffes sehen konnte, so genügte es nicht mehr, daß nur ein Mann auf Deck sich befand, es hätte alsbald ein zweiter Mann

heraufkommen und sich auf Ausguck vorne am Bug stellen müssen. Der Bestmann Alpen hätte demnach, sobald der Nebel auftrat, den

Schiffer wecken sollen, damit selbiger entweder selbst vorne Ausguck hielt oder das Ruder nahm und

ließ.

Wäre

solchergestalt

den Bestmann

Ausguck

vorne Ausguck gehalten,

so

halten

wäre der

Zusammenstoß vermieden worden, denn bei der geringen Geschwindig­

keit, mit der beide Schiffe segelten, — die Geschwindigkeit der „Catharina"

betrug nur 5 Seemeilen, darnach kann die der „Einigkeit" nur ( bis 2 Seemeilen in der Stunde betragen haben —

wäre dann noch ein

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Schraubendampfer Quinte»

Ausweichen der „Catharina" zu erreichen gewesen, wenn das Ruder in der Entfernung einiger Schiffslängen von der „Einigkeit" hart Backbord gelegt worden wäre. Dem Bestmann Alpen fällt außerdem zur Last, daß, wenn solches überall geschehen, er nur alle fünf Minuten das Nebelhorn ertönen ließ und nicht, wie es im Artikel \2 sub b der angezogenen Verordnung vorgeschrieben ist, mindestens alle zwei Minuten.

vom

2. Spruch des Seeamts zu Flensburg 14. Februar 1882, betreffend den Seeunfall des Schraubendampfers „(Quinta" von Flensburg.

Der Spruch des Seeamts lautet: daß der Unfall dem am 4. Gctober 1881 an der chinesischen Rüste herrschenden Typhon zuzuschreiben ist, daß der Schiffer insofern unrichtig gehandelt hat, als er am Nachmittage des 5. Gctober 1881 es nicht zunächst versuchte, mit dem Schiffe ostwärts beizudrehen und dasselbe gegen den U)ind zu legen, sondern, ohne solchen Versuch gemacht zu haben, sich hinter die Insel Tinhosa flüchtete und dort Schutz suchte, daß dem Schiffer die Befugniß zur Ausübung des Schiffergewerbes nicht zu entziehen sei. Gründe. Auf Grund der mit dem Schiffsjournal überein­ stimmenden, am 22. Gctober 1881 zu Hongkong vor dem Kaiserlich deutschen Lonsulat abgelegten Verklarung, sowie auf Grund der vor dem Seeamt erfolgten Aussagen des Schiffers Thomsen, des Gbersteucrmanns Breitung, des Steuermanns Ziefeniß, ferner der beeidigten Aussagen der beiden Maschinisten Gtzen und Mühlenbein hat das Seeamt folgende Thatsachen als festgestellt angenommen. Der der Flensburger Dampfschiffahrtsgesellschaft von I869 ge­ hörende eiserne Schraubendampfer „Quinta", Unterscheidungssignal LAMS, im Jahre 1873 zu West-Hartlepool gebaut, zu 905,51 britischen Register-Tons Netto-Raumgehalt vermessen, bemannt mit 20 Mann außer dem Schiffer, verließ am 2. Gctober 1881 Vormittags 8 Vs Uhr mit günstigen: Gstwinde den Hafen von Hongkong. Das Schiff war beladen mit Stückgütern und hatte 120 chinesische Deckpassagiere an Bord. Bestimmungsort war Saigon. Der Tiefgang betrug bei der

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Schraubendampfer Quinte»

Ausweichen der „Catharina" zu erreichen gewesen, wenn das Ruder in der Entfernung einiger Schiffslängen von der „Einigkeit" hart Backbord gelegt worden wäre. Dem Bestmann Alpen fällt außerdem zur Last, daß, wenn solches überall geschehen, er nur alle fünf Minuten das Nebelhorn ertönen ließ und nicht, wie es im Artikel \2 sub b der angezogenen Verordnung vorgeschrieben ist, mindestens alle zwei Minuten.

vom

2. Spruch des Seeamts zu Flensburg 14. Februar 1882, betreffend den Seeunfall des Schraubendampfers „(Quinta" von Flensburg.

Der Spruch des Seeamts lautet: daß der Unfall dem am 4. Gctober 1881 an der chinesischen Rüste herrschenden Typhon zuzuschreiben ist, daß der Schiffer insofern unrichtig gehandelt hat, als er am Nachmittage des 5. Gctober 1881 es nicht zunächst versuchte, mit dem Schiffe ostwärts beizudrehen und dasselbe gegen den U)ind zu legen, sondern, ohne solchen Versuch gemacht zu haben, sich hinter die Insel Tinhosa flüchtete und dort Schutz suchte, daß dem Schiffer die Befugniß zur Ausübung des Schiffergewerbes nicht zu entziehen sei. Gründe. Auf Grund der mit dem Schiffsjournal überein­ stimmenden, am 22. Gctober 1881 zu Hongkong vor dem Kaiserlich deutschen Lonsulat abgelegten Verklarung, sowie auf Grund der vor dem Seeamt erfolgten Aussagen des Schiffers Thomsen, des Gbersteucrmanns Breitung, des Steuermanns Ziefeniß, ferner der beeidigten Aussagen der beiden Maschinisten Gtzen und Mühlenbein hat das Seeamt folgende Thatsachen als festgestellt angenommen. Der der Flensburger Dampfschiffahrtsgesellschaft von I869 ge­ hörende eiserne Schraubendampfer „Quinta", Unterscheidungssignal LAMS, im Jahre 1873 zu West-Hartlepool gebaut, zu 905,51 britischen Register-Tons Netto-Raumgehalt vermessen, bemannt mit 20 Mann außer dem Schiffer, verließ am 2. Gctober 1881 Vormittags 8 Vs Uhr mit günstigen: Gstwinde den Hafen von Hongkong. Das Schiff war beladen mit Stückgütern und hatte 120 chinesische Deckpassagiere an Bord. Bestimmungsort war Saigon. Der Tiefgang betrug bei der

Schraubendampfer (Quinta.

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leichten Ladung nur Fuß hinten und U Fuß vorne englischen Maßes. Bei voller Ladung 'würde es sy Fuß bezw. Fuß tief

gelegen haben. Maschine und Zubehör befanden sich in bester Ordnung. Der Curs war SWjS mißweisend und führte bei dem herrschenden Monsum 55 Seemeilen frei von der Insel Hainan. Die Deviation des Compasses war schon seit langer Zeit constant geblieben, wie das Journal von früheren Reisen mit gleichem Turse ausweist. Gegen 5 Uhr Nachmittags ging der Wind nach GNO um; später am Abend gegen ? Uhr bekam die Luft ein drohendes Aus­ sehen. Das Aneroid-Barometer — ein Quecksilber-Barometer war nicht an Bord — fiel in \2 Stunden 0,2 Zoll englisch; die See ward immer höher, die Maschine arbeitete sehr unregelmäßig, da die Schraube oft aus dem Wasser kam, Böen von großer Heftigkeit von starkem Regen begleitet kamen durch. Unter diesen Umständen gelangte der Schiffer Thomsen zu der Annahme, es sei ein Typhon in der Nähe. Die Anzeichen für denselben mehrten sich im Laufe der folgenden Nacht, denn das Barometer fiel weiter und die See nahm an Höhe bedeutend zu. Am Mittag des 3. October stand das Barometer 29,70 Zoll englisch; die Sonne brach durch, der Schiffer bekam eine Meridianhöhe derselben, nach welcher sich die Breite zu t9° 3' Nord ergab. Gleich darauf wurde der ganze Fimmel wieder bedeckt; die Böen wurden orkanartig, der Seegang sehr unregelmäßig und mehr zunehmend. Gegen 2 Uhr Nachmittags klarte das Wetter für eine kurze Zeit auf, während welcher es gelang, eine Sonnenhöhe zu bekommen, wonach die Länge, wenn auf den wahren Mittag reducirt, \ f0" 55' Ost war. Hieraus folgte eine Stromversetzung von ungefähr 50 Seemeilen nach West. Zugleich kam Land in Sicht, welches als die Insel Tinhosa erkannt wurde. Der Schiffer Thomsen nahm an, daß das Centrum des Typhons sich in einer südwestlichen Richtung bewege und das Schiff ebenso viel Fahrt mache, wie das Centrum, weil er an Bord keine Wind­ veränderung nach SO bemerkte. Er nahm ferner an, daß er sich auf der rechten Seite der Bahnlinie des Tentrums befinde. Nach reiflicher Ueberlegung mit den Schiffsoffizieren beschloß er hinter Tinhosa vor Anker zu gehen. Hierzu führten folgende Erwägungen. Nach seiner und der Schiffsoffiziere Ansicht würde es vollständig unmöglich sein, das Schiff nach NO auf See zu halten; das Schiff würde vielmehr, wenn man es so hinlegen würde, von dem starken Strom und der fürchterlichen See und Wind in kurzer Zeit auf den Strand von Hainan gesetzt werden, wo an eine Rettung der Passagiere

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Schraubendampfer «Quinta.

und Mannschaft wegen der steilen Küste nicht ju denken gewesen wäre, da das Schiff hier mit Mann und Maus hätte untergehen müssen. Umzukehren und nach Hongkong zurückzufahren, erschien ebenfalls unmöglich, da See und A)ind vollständig entgegen waren, und man auch nicht wissen konnte, ob die Bahn des Typhon fich ändern und eine nordwestliche Richtung einschlagen würde, wie solches in der Regel in jener Gegend der Fall ist. Dasselbe Bedenken stand dem Beibehalten des Lurses und dem lveiterfahren entgegen. Das Schiff dampfte bis 4'/» Uhr Nachmittags nach Landpeilung und ankerte dann mit Backbordanker in 9 Faden Master mit 45 Faden Kette drei Seemeilen westlich von der Südspitze der Insel Tinhosa. Um 9 Uhr Abends hatte der U)ind so zugenommen, daß die Insel dem Schiffe nicht mehr Schutz genug gewährte; man ließ deshalb den zweiten Anker mit 45 Faden Kette fallen und steckte von der Backbordkette 9° Faden. Da die See indeß nur unbedeutend war, lag das Schiff während der ganzen Nacht ziemlich ruhig. Das Barometer fiel gegen Mitternacht bis 29,40 Zoll, stieg dann aber bis gegen Morgen wieder auf 29,50 Zoll. Der Wtnö blieb unverändert DND. Das Schiff hatte immer Dampf auf, um nöthigenfalls die Anker unterstützen zu können. Um 9 Ufyt Morgens am 4. Vctober jedoch fiel das Barometer von Neuem. Der N)ind wurde sehr heftig mit Regen und es kam Seegang von SD auf; dabei setzte eine starke Strömung nach der Insel Hainan. Das Schiff legte sich quer Sees und rollte so schwer, daß von beiden Kesseln die Holzbekleidung in den Heizraum hinuntergeschleudert wurde und zu befürchten stand, die See würde alles von Deck schlagen. Weil es unmöglich war, gegen die See anzudampfen und das offene Fahrwasser zu gewinnen, sah sich der Schiffer gezwungen, die Anker zu lichten und näher an die Insel heranzudampfen. Um s2'/» Uhr Nachmittags kam das Schiff an dem neuen weiter nördlich gelegenen Ankerplatz an, woselbst es mit beiden Ankern mit je 45 und \ fO Faden Kette ankerte. Die Maschine hatte während der Fahrt nach dem neuen Ankerplatz mit voller Kraft gearbeitet, sie schlug ganz entsetzlich und war fast unregierbar; nur mit äußerster Noth war es gelungen, den zweiten Ankerplatz zu erreichen. Nach dem Ankern ließ man die Maschine zum Stützen -er Anker mit wenig Unterbrechung fortarbeiten. Der N)ind wehte noch immer unverändert aus VNV; um 3 Uhr Nachmittags aber sprang er plötzlich nach SD um, später nach Süd und endlich nach SN). Von dieser Zeit an wurde es augenscheinlich, daß man sich in

Schraubendampfer (Quinta.

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einem Typhon befinde. Die Gefahr, auf die steile Küste der Insel Hainan getrieben ;u werden, wurde immer größer. Nach Berathschlagung mit den Schiffsoffizieren beschloß der Schiffer deshalb die Anker ;u lichten und zu versuchen, daß er vor Gintritt der Dunkelheit eine sandige Bucht an der Westseite der Insel Tinhosa erreiche, wo im schlimmsten Falle doch noch Aussicht vorhanden war, bei einer etwaigen Strandung Passagiere und Mannschaft zu retten, was bei einer Strandung an der Küste von Hainan sich als unmöglich darstellte. Um 5 Uhr Abends wurde der Backbord anker gelichtet; es zeigte sich hierbei, daß der Stock abgebrochen war. Sodann wurde auch der Steuerbordanker gelichtet; dabei brach die Kette. Die Maschine ließ man nun sofort volle Kraft vorwärts gehen; sie arbeitete hierbei so entsetzlich, daß beide Kolben in den Cylindern, sowie alle arbeitenden Theile wie Glocken klangen. Das Schiff kam ungefähr zwei Schiffslängen vorwärts, es wollte indeß dem Steuer nicht gehorchen und war nicht auf die See zu bringen, es wollte weder backbord abfallen noch steuerbord anluven, blieb vielmehr querfees liegen, dem Strande zutreibend. Nach halbstündigem erfolglosen Arbeiten mit der Maschine stieß das Schiff mit dem Vorderende zwischen blinde Klippen und kam zugleich mit dem Hinterende auf sandigen Grund der Insel Tinhosa. Ein sofortiges Rückwärtsgehen der Maschine hatte keinen Erfolg, das Schiff stieß fortwährend hart auf und legte sich auf die Seite, mit dem Deck nach See zu, wobei alles in Lee befindliche sofort weggespült wurde. Das Schiff blieb einstweilen noch dicht. Da alle Versuche, mit der Maschine das Schiff abzubringen, erfolglos waren, wurde der Dampf abgelassen und das Feuer aus den Kesseln genommen, um eine Kesselexplosion zu vermeiden, wenn das Schiff nicht mehr dicht bleiben und Wasser machen würde. Nach der Strandung wurde alsbald ein Rettungsboot ausgesetzt, in welchem außer der Bootsmannschast einige Frauen und Kinder — etwa sO Personen — Aufnahme fanden. Das von dem zweiten Steuer­ mann Zieseniß geführte Boot wurde indeß, als es vom Schiffe abgelassen wurde, von der Strömung erfaßt und zwischen die Klippen getrieben. Der Steuermann und die übrige Bootsmannschaft sprangen sofort heraus. Es gelang auch, während der Steuermann das Boot vorne festhielt, sämmtliche Passagiere bis auf zwei Mädchen im Alter von bis Jahren auf die Klippen zu bergen. Die beiden Mädchen konnten sich wegen ihrer kleinen künstlich verkrüppelten Füße offenbar nicht bewegen, sie blieben deshalb im

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Schraubendampfer (Quinta.

Boote sitzen, als man sie aufforderte auszusteigen und wurden, als durch eine hohe See das Boot dem Steuermann aus den Händen gerissen wurde, mit dem Boote in die See zurückgetrieben, woselbst sie mit demselben spurlos verschwanden. Die Geretteten gelangten von den Klippen glücklich auf festes Land. Angesichts dieses Unfalles gab man für den Abend weitere Rettungsversuche auf. Am folgenden Tage, am 5. Gctober, nachdem man durch eine Leine eine Verbindung mit dem Lande hergestellt hatte, gelang es mittelst eines an der Leine befestigten Bootes sämmtliche übrige Passagiere glücklich an den sandigen Strand zu bringen. (Es wurde auch Proviant ans Land geschafft nnd Zelte für die Frauen und Kinder aufgeschlagen. Um so'/» Uhr Abends begann das Schiff zu lecken und zwei Stunden später war es bereits bis zur Wasserlinie vollgelaufen. An ein Abhieven des Schiffes mittelst des schweren Ankers, den man zu dem Behuf klar gemacht hatte, war nunmehr nicht zu denken, umsoweniger, weil das Wasser, das bei einer gewöhnlichen Fluthhöhe an dieser Küste nur 6 bis 7 Fuß zu steigen pflegt, auf etwa sst Fuß gestiegen war und jetzt stark zu fallen begann. Am 6. Gctober trat besseres Wetter ein und die See legte sich. (Es zeigten sich am Abend einige chinesische Fischer, welche das Schiff umkreisten und die am Lande Wache stehende Mannschaft belästigten, ohne indeß zu weiteren Thätlichkeiten überzugehen. Am 7. Mctober Morgens kamen ungefähr sOO chinesische Boote mit je 2 bis U Mann Besatzung und umringten das Schiff. Man hatte an Bord nur 6 Remington-Gewehre mit ungefähr sOO Patronen zur Verfügung. (Einige Schüsse, die man abfeuerte, vermochten die Fischer nicht zu verscheuchen. Dieselben warfen vielmehr Stinktöpfe in die Lajüte und drangen aufs Schiff. (Einsehend, daß sie dieser Uebermacht nicht Stand halten könne, verließ die an Bord befindliche Mannschaft

das Schiff und ging ans Land zu den Passagieren und den diesen bei­ gegebenen Leuten. Hierbei mußten das Thronometer und der Postsack wegen der in der Tajüte liegenden Stinktöpfe im Stich gelassen werden. Noch an demselben Abend wurde ein der Landessprache mächtiger Passagier mit einem Briefe nach Hoihow abgesandt, um Hülfe zu erbitten. Am folgenden Tage fuhren die Chinesen fort, das Schiff zu plündern, am Abend steckten sie es auch in Brand. Auch an den darauf folgenden Tagen wurde das Plündern trotz des Brennens des Schiffes fortgesetzt. Am st. Gctober war es gelungen, einen chinesischen Cajütsjungen nach Munchow zu expediren, um Proviant herbei­ zuholen. Derselbe kam am sO. mit Proviant und mit der Nachricht

Schraubendampfer (Quinta.

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zurück, daß der Mandarin in Munchow Soldaten zur Hülfe schicken werde. Am Nachmittage des U. kam denn auch ein Boot mit 6 Soldaten an. Mittlerweile machten die Räuber, weil im Schiff nichts mehr zu plündern sein mochte, Miene, an Land zu gehen und das Gepäck der Passagiere zu plündern. Sie wurden indeß mit Hülfe der Soldaten verscheucht. Am andern Morgen, den \2., landeten in der That ungefähr 60 Mann in Böten und drangen über den Sand zu den Zelten -er Passagiere vor. Es gelang jedoch auch diesmal dem vereinten Vorgehen der Soldaten und der Schiffsmannschaft die Räuber zu vertreiben. Am H. legten sich wieder zwei Dschunken vor den Schiffbrüchigen vor Anker, in der augenscheinlichen Absicht zu landen. Gelang es auch sie zu vertreiben, so mußte man nach solchen Erfahrungen doch fürchten, daß derartige Versuche sich wiederholen möchten und man nicht immer im Stande sein werde, die Räuber zu vertreiben. Man schickte deshalb wieder einen Boten zum Mandarin nach Munchow und ließ um mehr Soldaten bitten. Am s6. langten in Folge dessen 30 bis HO Soldaten unter dem Eommando eines Offiziers an. Nach deren Eintreffen wurde man nicht weiter von den Räubern belästigt. Am H9- endlich kam die lang ersehnte Hülfe, der Dampfer „Awanglhi" von Hoihow. Dieser nahm Passagiere und Mannschaft

auf und brachte fie zunächst nach Hoihow. Ehe man die Insel Tinhosa verließ, begaben sich der Schiffer und die Steuerleute noch einmal an Bord des Schiffes. Sie fanden, daß das Hintertheil im Holze völlig ausgebrannt und nur noch in feinen Eisenbeständen vorhanden war, sowie, daß das Vordertheil allerdings ziemlich unversehrt, hinten sowohl wie vorne aber alles aus­ geraubt war. Von Hoihow ist demnächst die Mannschaft nach Hongkong befördert worden. Der Reichskommissar hat den Antrag gestellt: „daß, falls das Seeamt zu der Ueberzeugung gelangen sollte, daß der Schiffer Thomsen nicht rechtzeitig beigedreht und so den Unfall der „Quinta" verschuldet haben würde, dem Schiffer Thomsen die fernere Befugniß zur Ausübung des Gewerbes als Schiffer für große Fahrt entzogen werden möge." Die Untersuchung hat keinerlei Umstände ergeben, welche zu der Annahme berechtigten, daß in der Bauart, Beladung Beschaffenheit und Ausrüstung des Schiffes, sowie der Maschine und insbesondere

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Schraubendampfer (Quinta.

der Anker und Ketten irgend welche Mängel vorhanden gewesen wären. Auch ist die vorhandene Mannschaft als ausreichend zu betrachten. Das Vorhandensein eines Typhons wird nur dann außer Zweifel gestellt, wenn sich eine Veränderung der Windrichtung wahrnehmen läßt. Die Bahn eines Typhons ist in der Regel von (Osten nach Westen gerichtet mit wenigen Strichen Abweichung nach Nord oder Süd — eine Südwestrichtung ist äußerst selten —, der Wind und die See kommen dann nach kurzer Zeit von ©ft, 5© und dann von Süd. Da es an einer solchen Veränderung der Windrichtung am 3. ©ctober gänzlich fehlte, vielmehr der Wind constant ©N© blieb und erst am folgenden Tage Nachmittags 5 Uhr nach S© umging, war der Schiffer Thomsen am 3. ©ctober nicht zu der Annahme berechtigt, daß er sich in einem Typhon befinde. (Er hat sich der­ malen, wie die erst am folgenden Tage eingetretene Windveränderung offenbar darthut, noch nicht im Typhon befunden, sondern nur mit einem orkanartigen schweren N© Monsum, wie er zu Herbstzeiten in dortigen Gewässern häufiger auftritt, zu kämpfen gehabt. Die Insel Tinhosa bietet, wie dem Schiffer Thomsen von früheren Reisen her bekannt war, einen guten Ankerplatz mit hin­ reichendem Schutze gegen alle Winde, ausgenommen jedoch die Winde von Süd bis SW.

Sailing directions of tlie East Indies and China von Horsborgh II Bd. p. 357. Nahm der Schiffer Thomsen nun am 3. ©ctober an, daß er sich in einem Typhon befinde, so mußte er sich klar machen, daß jedenfalls nach einiger Zeit der Wind nach Süd und SW umgehen müsse und daß dann das Schiff an einem Ankerplatz hinter der Insel Tinhosa nicht allein nicht den geringsten Schutz habe, sondern ganz besonders dem Winde und der hohen See ausgesetzt sein werde. Bei dieser Lage der Dinge hätte er, anstatt am Nachmittage des 3. ©ctober ohne weiteres hinter die Insel Tinhosa zu fahren, wenigstens erst den Versuch machen müssen, das Schiff mit Backbord­ halsen oder nach ©sten beizudrehen, trotz schwerer See, starkem Strom und orkanartigem Winde, Hätte sich dann herausgestellt, daß Wind und Wetter ein Beiliegen des leicht geladenen Schiffes nicht zuließen nnd der hohe Seegang das Arbeiten der Maschine so beeinträchtige, daß Abtrift und Strom nicht überwunden werden konnten, so daß das Schiff der Insel Hainan zugetrieben wäre, so hätte erst dann, um ein Untergehen an der Insel Hainan zu vermeiden, ein Ankerplatz

Bark Lverhard Delius.

u

hinter Tinhosa als letztes Rettungsmittel aufgesucht werden dürfen. Ob, wenn der Schiffer so verfahren wäre, sich eine Rettung des Schiffes hätte ermöglichen lassen, läßt sich unter den obwaltenden Umständen nicht bestimmen. Am folgenden Tage, am October, wurde das Schiff während es hinter Tinhosa vor Anker lag, in der That von einem Typhon überfallen. Es ist dies derselbe Typhon, welcher Zeitungsberichten zufolge am und 5. October an der Insel Hainan sowie an der gegenüberliegenden Rüste von Tocking wüthete und soviel Unglück anrichtete, wie selten ein Typhon zuvor, bei welchem das Wasser in Haiphong zu einer so enormen 1)öhe stieg, daß die menschlichen Wohnungen überschwemmt wurden, 2 bis 300 Menschen ertranken und 6 s Dschunken scheiterten bezw. total verloren gingen. Durch diesen Typhon ist dann auch der Untergang des Schiffes herbeigeführt worden. Das Verfahren des Schiffers Thomsen während des Typhons ist als richtig anzuerkennen. Konnte die Strandung des Schiffes nicht verhütet werden, so hat der Schiffer doch pflichtgemäß so gut wie möglich für das Leben der Passagiere und der Mannschaft gesorgt, auch nach der Strandung nichts unterlassen, was zur Erhaltung des Schiffes dienen konnte. Weil einerseits sich nicht constatiren ließ, daß der Schiffer durch sein Verhalten den Unfall verschuldet hat, andererseits auch derselbe gezeigt hat, daß ihm diejenigen Eigenschaften nicht mangeln, welche zur Ausübung des Schiffergewerbes erforderlich sind, war ihm die Befugniß zur Ausübung desselben zu belassen.

3. Spruch des Seeamts zu Bremerhaven vom 7. März 1882, betreffend den Seeunfall der Bark „Lverhard Delius" von Bremen. Schiff im Ijslfcn von Kingston (Jamaica) am Pier liegend während eines Dekans schwer beschädigt und in Folge dessen condemnirt.

Der Spruch des Seeamts lautet: Der Verlust der Bark „Everhard Delius" ist lediglich auf den am 18. August 1880 über Kingston hereingebrochenen Orkan und den damit verbundenen hohen Seegang zurückzuführen.

Bark Lverhard Delius.

u

hinter Tinhosa als letztes Rettungsmittel aufgesucht werden dürfen. Ob, wenn der Schiffer so verfahren wäre, sich eine Rettung des Schiffes hätte ermöglichen lassen, läßt sich unter den obwaltenden Umständen nicht bestimmen. Am folgenden Tage, am October, wurde das Schiff während es hinter Tinhosa vor Anker lag, in der That von einem Typhon überfallen. Es ist dies derselbe Typhon, welcher Zeitungsberichten zufolge am und 5. October an der Insel Hainan sowie an der gegenüberliegenden Rüste von Tocking wüthete und soviel Unglück anrichtete, wie selten ein Typhon zuvor, bei welchem das Wasser in Haiphong zu einer so enormen 1)öhe stieg, daß die menschlichen Wohnungen überschwemmt wurden, 2 bis 300 Menschen ertranken und 6 s Dschunken scheiterten bezw. total verloren gingen. Durch diesen Typhon ist dann auch der Untergang des Schiffes herbeigeführt worden. Das Verfahren des Schiffers Thomsen während des Typhons ist als richtig anzuerkennen. Konnte die Strandung des Schiffes nicht verhütet werden, so hat der Schiffer doch pflichtgemäß so gut wie möglich für das Leben der Passagiere und der Mannschaft gesorgt, auch nach der Strandung nichts unterlassen, was zur Erhaltung des Schiffes dienen konnte. Weil einerseits sich nicht constatiren ließ, daß der Schiffer durch sein Verhalten den Unfall verschuldet hat, andererseits auch derselbe gezeigt hat, daß ihm diejenigen Eigenschaften nicht mangeln, welche zur Ausübung des Schiffergewerbes erforderlich sind, war ihm die Befugniß zur Ausübung desselben zu belassen.

3. Spruch des Seeamts zu Bremerhaven vom 7. März 1882, betreffend den Seeunfall der Bark „Lverhard Delius" von Bremen. Schiff im Ijslfcn von Kingston (Jamaica) am Pier liegend während eines Dekans schwer beschädigt und in Folge dessen condemnirt.

Der Spruch des Seeamts lautet: Der Verlust der Bark „Everhard Delius" ist lediglich auf den am 18. August 1880 über Kingston hereingebrochenen Orkan und den damit verbundenen hohen Seegang zurückzuführen.

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Bark Everhard Delius.

Die Beschaffenheit des Schiffes und das Verhalten der Be­ satzung haben keinerlei Einfluß auf den Unfall ausgeübt.

Gründe. Die am (8. August (880 bei Kingston (Jamaica) verloren gegangene Bark „Everhard Delius", Unterscheidungssignal HBNK, von 6(0,02 britischen Register-Tons Netto-Raumgehalt war vor 25 Jahren in Vegesack erbaut und führte im Bureau Veritas die Elasse 5'6, A. (. (. Die Tlasse war zuletzt im Jahre (878 auf 3 Jahre erneuert worden, nachdem das Schiff vorher verschiedene Reparaturen und Verstärkungen erhalten hatte, überhaupt gründlich nachgesehen und sodann einer Besichtigung seitens des Veritas-Agenten unterworfen war.

Die letzte Reise des Schiffes war die von New tzork nach Kingston auf Jamaica mit einer vollen Ladung Holz. Das Schiff hatte mit derselben einen Tiefgang von (5 bis (5Vs Fuß. Die Reise verlief ohne Unfall und das Schiff erwies sich auf derselben als durchaus seetüchtig und vollständig dicht. Am (0. August (880 wurde Port Royal und am ((. August die Rhede von Kingston erreicht. Auf letzterer ging das Schiff zunächst vor dem etwa 2200 A schweren Steuer­ bordanker mit 30 Faden Kette zu Anker, bis es am (3. August an den Löschplatz gelegt wurde.

Die Lösch- und Ladeplätze in Kingston bestehen aus vorspringenden hölzernen Piers, welche sich von NNV nach 55W erstrecken. Der „Everhard Delius" lag mit der Backbordseite des Hecks an einem dieser Piers. In der Nähe an einem andern etwas weniger vor­ springenden Pier lag der Dampfer „American". Der Bug des „Everhard Delius" war dem Dampfer zugewendet. Die Befestigung war durch vier Trossen hergestellt, von denen eine am Dampfer American und drei am Pier um pfähle und Balken befestigt waren. Eine dieser Trossen war achtzöllig (Kabeltau), zwei waren H'/ezöllig und von Manilahanf. Ferner war der Steuerbord­ anker nach SV ausgebracht und demselben ^5 bis H8 Faden Kette vorgegeben. Die Befestigung am Pier und das Ausbringen des Ankers ist nach Angabe des Schiffers Fortmann die in Kingston vorgeschriebene Befestigungsweise. Die Raaen und Stengen waren nicht herunter­ genommen, weil dies nach Angabe des genannten Schiffers in Kingston mit Rücksicht darauf, daß. dort Stürme eigentlich nie vorkommen, nicht üblich ist.

Bis zum (8. August ging die Entlöschung des Schiffes ohne Unfall von Statten und war bis dahin etwa die Hälfte der Ladung

Bark Everhard Delius.

gelöscht.

^3

Der Tiefgang des Schiffes hatte sich in Folge dessen ent­

sprechend verringert. Am s8. August gegen Abend nahm das Wetter ein drohendes Aussehen an, namentlich fiel das Barometer stark. Es wurden des­ halb durch Ausbringen von weiteren zwei oder drei Troffen, worunter ein 9zölliges Manilatau, und Befestigen derselben am Pier weitere Vorsichtsmaßregeln getroffen. Am Abend kamen schwere Böen, an­ fangs aus NND und NG durch, jedoch ging gegen 8 Uhr Abends der Wind durch Dst nach Süden und blieb von etwa 87$ Uhr anhaltend südlich, also von See her. Inzwischen war auch der Backbordanker ausgebracht worden. Nach dem Umlaufen des Windes wuchs der­ selbe in kurzer Zeit zu einem orkanartigen Sturm an, welcher sodann ununterbrochen mit fürchterlicher Gewalt bis gegen Mitternacht tobte. Das Wasser stieg bei dem südlichen Winde sehr stark. Der „Everhard Delius" arbeitete bei dem Unwetter schwer gegen den Pier, bis letzterer um etwa 9'h Uhr zusammenbrach und das Schiff sodann gegen den Dampfer getrieben wurde, Hier blieb dasselbe, da der Sturm es gegen den bedeutend größeren und hoch über Wasser liegenden Dampfer drückte, vorläufig liegen, wurde jedoch bei dem furchtbaren Seegang häufig mit großer Gewalt gegen den Dampfer geworfen. Bald darauf zerbrach auch der Pier, an welchem der Dampfer lag, und letzterer begann zu treiben. Der Sturm hielt den „Everhard Delius" zunächst am Dampfer fest, wobei jedoch das Stoßen gegen den Dampfer fort­ dauerte. Außerdem brach das Schiff während des Treibens einen andern Pier durch und stieß mehrfach auf Grund und pfähle der weggerissenen Piers, während gleichzeitig schwere Seen über das Schiff hinbrandeten. Schließlich kam das Schiff vom Dampfer frei und gerieth bald darauf an Grund fest. Der Backbordbug war in Folge der Stöße gegen den Dampfer vollständig zertrümmert und auch sonst hatte das Schiff sehr erhebliche Beschädigungen erhalten. Dasselbe war jetzt so leck, daß der Unterraum, nachdem das Schiff auf Grund gekommen war, binnen Aurzem bis zum Deckbalken voll Wasser lief. Am zweiten Tage nach dem Unfall kamen Besichtiger an Bord, welche erklärten, daß das Schiff als total verloren zu betrachten sei. Die Mannschaft blieb dann noch mehrere Tage an Bord und beschäftigte sich mit dem Bergen der noch vorhandenen Ladung und des Inven­ tars, soweit dies möglich war. Ein Theil der Ladung konnte nicht gelöscht werden, da das Schiff vorn immer tiefer in den Schlick ein­ sank und die geladenen Hölzer sich unter Wasser eingeklemmt hatten. Das Seeamt hat auf Grund des vorstehend mitgetheilten, aus

den Aussagen von Schiffer Fortmann, Steuermann Lange und Zimmer­ mann Hashagen sich ergebenden und durch die beim deutschen Kon­

sulat in Kingston abgelegte Verklarung bestätigten Sachverhalts die Ueberzeugung gewonnen, daß der in Frage stehende Seeunfall durch den am 18. August 1880 über Kingston hereingebrochenen Orkan,

durch dessen ungeheure Gewalt

der „Everhard Delius" nach Zer­

trümmerung des Piers gegen den Dampfer

„American" getrieben,

in Folge des Stoßens gegen letzteren und auf Grund stark beschädigt wurde, sodann auf Grund fest gerieth und schließlich vollständig ver­ loren gegeben werden mußte, verursacht worden ist, und daß die Beschaffenheit des Schiffes und das Verhalten der Besatzung nicht zu

dem Unfall beigetragen haben.

Die Befestigung des Schiffes ist augen­

scheinlich eine gute gewesen. Daß die Raaen und Stengen nicht herunter­

genommen worden sind, ist von keiner Bedeutung, da trotzdem der Unfall eingetreten sein würde.

4. Spruch des Seeamte zu Bremerhaven vom 18. März 1882, betreffend den Seeunfall der Bark „G. F. Muntz" von Bremen. Schiff auf der Insel Saptang (Gruppe der Batanes) gestrandet und wrack geworden.

Die am 26. October 1881 auf Saptang, einer zur Gruppe der Batanes im Norden der Philippinen gehörenden Insel, gestrandete

Bark „G. F. Muntz",

Unterscheidungssignal ATTF, von 92^89

britischen Register-Tons Netto-Raumgehalt, ist im Jahre 1875 in Geeste­ münde erbaut und im Germanischen Lloyd A. p, im Bureau Veritas

3la, L. 1. 1. classizirt.

Führer des Schiffes war seit 1879 der Schiffer

Hektor Stenzel, nach dessen Angabe das Schiff während der Zeit seiner

Führung sich stets in einem sehr guten und dichten Zustande befunden hat. Die Besatzung bestand einschließlich des Schiffers aus 16 Mann. Am 17. October 1881 verließ das Schiff Hongkong, um in Ballast

nach Astoria in Oregon zu segeln.

Das Wetter war anfangs günstig.

Da der Wind sich zuerst etwas südlich hielt, so wurde der Versuch gemacht, durch die Formosa-Straße zu segeln, doch mußte dieses Vorhaben gleich

wieder aufgegeben werden, da der Wind nach Norden umsetzte.

den Aussagen von Schiffer Fortmann, Steuermann Lange und Zimmer­ mann Hashagen sich ergebenden und durch die beim deutschen Kon­

sulat in Kingston abgelegte Verklarung bestätigten Sachverhalts die Ueberzeugung gewonnen, daß der in Frage stehende Seeunfall durch den am 18. August 1880 über Kingston hereingebrochenen Orkan,

durch dessen ungeheure Gewalt

der „Everhard Delius" nach Zer­

trümmerung des Piers gegen den Dampfer

„American" getrieben,

in Folge des Stoßens gegen letzteren und auf Grund stark beschädigt wurde, sodann auf Grund fest gerieth und schließlich vollständig ver­ loren gegeben werden mußte, verursacht worden ist, und daß die Beschaffenheit des Schiffes und das Verhalten der Besatzung nicht zu

dem Unfall beigetragen haben.

Die Befestigung des Schiffes ist augen­

scheinlich eine gute gewesen. Daß die Raaen und Stengen nicht herunter­

genommen worden sind, ist von keiner Bedeutung, da trotzdem der Unfall eingetreten sein würde.

4. Spruch des Seeamte zu Bremerhaven vom 18. März 1882, betreffend den Seeunfall der Bark „G. F. Muntz" von Bremen. Schiff auf der Insel Saptang (Gruppe der Batanes) gestrandet und wrack geworden.

Die am 26. October 1881 auf Saptang, einer zur Gruppe der Batanes im Norden der Philippinen gehörenden Insel, gestrandete

Bark „G. F. Muntz",

Unterscheidungssignal ATTF, von 92^89

britischen Register-Tons Netto-Raumgehalt, ist im Jahre 1875 in Geeste­ münde erbaut und im Germanischen Lloyd A. p, im Bureau Veritas

3la, L. 1. 1. classizirt.

Führer des Schiffes war seit 1879 der Schiffer

Hektor Stenzel, nach dessen Angabe das Schiff während der Zeit seiner

Führung sich stets in einem sehr guten und dichten Zustande befunden hat. Die Besatzung bestand einschließlich des Schiffers aus 16 Mann. Am 17. October 1881 verließ das Schiff Hongkong, um in Ballast

nach Astoria in Oregon zu segeln.

Das Wetter war anfangs günstig.

Da der Wind sich zuerst etwas südlich hielt, so wurde der Versuch gemacht, durch die Formosa-Straße zu segeln, doch mußte dieses Vorhaben gleich

wieder aufgegeben werden, da der Wind nach Norden umsetzte.

Bark G. ch Muntz.

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Bis zum 23. Gctober fielen Ereignisse von Erheblichkeit nicht vor. Am letztgenannten Tage wurde die Insel Formosa passirt und die Südwestspitze derselben am Morgen um 8 Uhr