Entscheidungen des Ober-Seeamts und der Seeämter des Deutschen Reichs: Band 13, Heft 4 [Reprint 2021 ed.] 9783112441909, 9783112441893


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German Pages 150 [179] Year 1901

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Entscheidungen des Ober-Seeamts und der Seeämter des Deutschen Reichs: Band 13, Heft 4 [Reprint 2021 ed.]
 9783112441909, 9783112441893

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Entscheidungen des

Ober Seeamts und der Seeämter des-

Deutschen Reichs. Herausgegeben

im

Reichsamt des Innern.

Dreizehnter Band,

heft 4.

Hamburg. Verlag von L. Friederichsen & Co.

1900.

72. Spruch des Seeamis zu Flensburg vom 4. September 1899, betreffend den Zusammenstoß des Schraubendampfers „Helene" von Riel mit dem britischen Schraubendampfer „Woodhorn" auf der Elbe..............................................................................................•...............481

75.

Spruch des Seeamts zu Hamburg vom 7. September 1899, betreffend fcen Seeunfall des Schraubendampfers „Lavinia" von Hamburg................................................................... 486

74. Spruch des Seeamts zu Rostock vom 20. September 1899, betreffend den Seeunfall der Bark „Hulda" von Rostock..................... 491

75. Spruch des Seeamts zu Flensburg vom 25. September 1899, betreffend den Seeunfall des Schraubendampfers „hebdomos" von Flensburg............................................................. 498 76. Spruch des Seeamis zu Flensburg vom 26. October 1898 und Entscheidung bes Kaiserlichen Ober-Seeamts vom 4. October I899, betreffend den Zusammenstoß des Schraubendampfers „Martha" von Riel mit einem chinesischen Fischerboote.................. 502 77. Spruch des Seeamts zu Hamburg vom 16. October (899, betreffend den Zusammenstoß des Schraubendampfers „Reichstag" von Hamburg mit der italienischen Galeasse „31 nuovo San Luigi"...................................................................................................................... 509 78. Spruch des Seeamts zu Königsberg vom 2. November I899, betreffend den Seeunfall des britischen Schraubendampfers „Grandholm" von Aberdeen.......................................... 512

79. Spruch des Seeamts zu Bremerhaven vom 4. November 1899, betreffend den Seeunfall des Vollschiffs „Erik Rickmers" von Bremerhaven............................................................... 516

80. Spruch des Seeamis zu Hamburg vom 15. November 1899, betreffend den Zusammenstoß des Fischdamxfers „Falkenstein" mit dem Ever „Elbe" auf der Elbe............................. 520

81. Spruch des Seeamts zu Hamburg vom 17. November 1899, betreffend den Seeunfall der Bark „Aeolus" von Hamburg ....................................................................... 524 82. Spruch des Seeamts zu Brake vom 25. November 1899, betreffend den Seeunfall des Dreimastschooners „Bussard" von Brake....................................... 529

85.

Spruch des Seeamts zu Hamburg vom 25. November 1899, betreffend den Seeunfall des Schraubendampfers „Taormina" von Hamburg-........... .................................................... 554

84.. Spruch des Seeamts zu Bremerhaven vom 2. December 1899, betreffend den Zusammen­ stoß des Fischdampfers „Eide Siebs" von Bremerhaven mit dem dänischen Schooner „Eros" im Kattegat...........................................................

558

85. Spruch des Seeamts zu Hamburg vom 2. December 1899, betreffend den Seeunfall des Schraubendampfers „Lutetia" von Hamburg...................................................................... 543 86. Spruch des Seeamts zu Hamburg vom 5. December I899, betreffend den Seeunfall des britischen Schraubendampfers „Agenoria" ......................................................... (Fortsetzung folgt auf der dritten Seite des Umschlags-.

547

Kchraubendampfer tzelene und Woodhorn.

481

12. Spruch des Seeamts zu Flensburg vom 4» September 1899/ betreffend den Zusammenstoß des Schraubendampfers „Helene" von Riel mit dem britischen Schraubendampfer „Moodhorn" auf der Elbe. Der Spruch des Seeamts lautet: Der Zusammenstoß des Schraubendampfers „Helene" von Kiel mit dem britischen Schraubendampfer „Woodhorn" am 6. August 1899 auf der (Elbe zwischen den Feuern Scheelenkuhlen und Brakdorf ist dadurch veranlaßt, daß -er Führer des Dampfers „Helene" Steuerbordruder gegeben hat. Gründe. Der im Jahre 1881 aus (Eisen erbaute, der Rhederei Sartori und Genossen in Kiel gehörige und daselbst beheimathete Schraubendampfer „Helene" führt das Unterscheidungs-Signal LTIK und ist zu einem Netto-Raumgehalt von 459,< cbm — (62,is britischen Register-Tons vermessen. Das Schiff verließ am 5. August (899 Abends 8 Uhr mit einer Ladung Stückgüter, unter Führung des Schiffers (Earl Friedrich Lehmkuhl, den Hafen von Hamburg, um nach Stettin zu gehen. Der Dampfer lag vorn 6 Fuß 3 Zoll und hinten (( Fuß 3 Zoll tief. Der Schiffer Lehmkuhl hatte, weil ihm das schon ziemlich häufig, aber stets unter Lootsenführung befahrene Fahrwasser der (Elbe nicht genügend bekannt war, den kootsen Schacht als sach­ verständige hülfskraft für die Führung des Dampfers angenommen. Dieser hat seit zwei Jahren das Lootsengewerbe auf Grund eines von der Königlichen Regierung in Stade am 27. Juli (897 aus­ gestellten Zeugnisses über die Befähigung als (Elblootse betrieben, ist übrigens auch im Besitz eines von der Deputation für handel und Schiffahrt in Hamburg im Jahre (877 ausgefertigten Zeugnisses über die Befähigung als Schiffer auf großer Fahrt, kootsenzwang besteht für die Unterelbe nicht, der Schiffer Lehmkuhl ist somit für die Navigirung unterhalb Glückstadt formell verantwortlich. Das Wetter war schön, der Wind flau, die Lust klar und feuer­ sichtig. Das Schiff fuhr mit voller Kraft und machte bei Stillwaffer LUI. 31

482

Kchraubendampfer Helene itttb Woodhorn.

etwa 8 Seemeilen Fahrt über den Grund. Mitternacht, wo die Fluth glücklich.

Die Reise verlief bis

einsetzte und man Glückstadt pasfirte,

Die „Helene" hielt die an ihrer Steuerbordseite liegende

Nordseite des Fahrwassers. Schiffer und Lootse waren beide auf der Lommandobrücke.

Um diese Zeit kamen drei Dampfer elbaufwärts,

welche klar an Backbordseite der „Helene" vorbeigingen. Man hatte bisher die beiden Feuer von Brakdorf in Linie gehalten, steuerte dann aber, als sie quer ab waren, auf das Feuer von Scheelenkuhlen zu, indem man, um die Nordseite des Fahrwassers

zu halten, dasselbe etwa einen Strich an Backbordseite hielt.

Das

Leuchtfeuer von Scheelenkuhlen, welches zwei weiße Sektoren — darunter

ein Blitzfeuer — sowie einen grünen und einen rothen Sektor hat,

wird auch Höftfeuer genannt. Aur;

nach

Mitternacht

verließ

der

Schiffer

Lehmkuhl

die

Lommandobrücke und begab sich nach hinten, um zu sehen, ob die

Zolllaternen gut brannten, und darauf in das Gisset.

Mährend

dieser Zeit sichtete der Lootse Schacht das weiße und das grüne Licht

eines

entgegenkommenden

Dampfers,

welcher

sich

noch

jenseits

Scheelenkuhlen befand, etwa einen halben Strich an Backbordseite. Der Lootse gab dem Rudersmann den Befehl, diesen Dampfer recht

voraus zu halten, damit letzterer alle drei Lichter der „Helene" sehen könne.

Die „Helene" selbst gierte während dieser Zeit verschiedentlich.

Man fuhr in dem

grünen Sektor

des Feuers.

Der fremde

Dampfer zeigte immer noch fein grünes Licht, welchss übrigens nach der Aussage des Lootsen Schacht schlecht brannte.

Da beide Schiffe

sich schon ziemlich genähert hatten, nahm der Lootse Schacht an, daß

der fremde Dampfer vor der „Helene" vorüber wollte.

Weil jedoch

nach seiner Ansicht die Schiffe nicht klar von einander gehen konnten,

befahl er, das Ruder hart Steuerbord zu legen, um nach der Südseite (nach Backbord) auszubiegen und dern fremden Dampfer auf diese

Weise mehr Raum zu geben.

Gr zeigte dieses Manöver durch zwei

kurze Töne mit der Dampfpfeife an.

Zu gleicher Zeit (nach der

Aussage des Matrosen Tiedmann eben vorher) ertönte aber von dem fremden Dampfer ein langer Ton und sah man unmittelbar darauf

auch sein rothes Licht, so daß er ebenfalls nach der Südseite abgefallen war.

das

In dem Augenblick, als der Lootse Schacht auf der „Helene" Tommando „hart Steuerbord"

gegeben hatte,

erschien

der

Schiffer Lehmkuhl wieder auf Deck, lief, als er den fremden Dampfer

sah, nach

vorn auf die Tommandobrücke,

rief dem Lootsen zu:

„Lootse, was machen Sie da? Das geht ja nicht klar l" und gab

483

Sdjraubenbampfer seltne und Woodhorn.

durch das Sprachrohr das Tommando in die Maschine: „Volle

Urast rückwärts".

Unmittelbar darauf stießen die Schiffe zusammen

und trafen sich in einem Winkel von ungefähr 45 0 derart, daß der

Steven der „Helene" nach Backbord übergebogen und gebrochen, sowie an

beiden

Seiten

dem

vor

Tollisionsschott

zerrissen und verbogen wurden.

Anzahl Platten

eine

Das Tollissonsschott hielt jedoch

dicht, so daß kein oder doch nur sehr wenig Wasser in das Schiff hineindrang.

Der fremde Dampfer hatte, wie sich später heraus-

stellte, nur geringe Beschädigungen, und zwar mittschiffs oben an der

Schanzkleidung an der Backbordseite erlitten.

Nach dem Zusammen­

stöße, welcher gegen (2 Uhr 20 Minuten Morgens am 6. August zwischen Brakdorf und Scheelenkuhlen stattfand, riefen die Schiffs­ führer sich gegenseitig an, ohne jedoch mehr zu verstehen, als daß sie

keiner

hülfe

bedurften.

Sie

setzten

beide

ihre

Reise

fort.

Die

„Helene" fuhr durch den Kaiser Wilhelm-Kanal und traf am nächsten

Mittag in Kiel ein.

Auf dieser Fahrt machte sie so wenig Wasser,

daß es bequem von den Pumpen bewältigt werden konnte. Die „Helene" ist dann in das Dock der howaldswerke bei Diedrichsdorf aufgenommen und dort reparirt worden.

Der fremde Dampfer war der der Rhederei W. Milbourn & (Co.

in New-Castle on Tyne in England gehörige Dampfer „Woodhorn". Führer war S. Watson aus North-Shields, das tLommando hatte

der Lootse Westphal aus Gevelgönne bei Altona. Dieser kootse fährt seit (5 Jahren als Elblootse und besitzt ein im Jahre (887 von der Königlichen Regierung in Schleswig ausgestelltes Lootsen-

patent sowie ein im Jahre (867 von derselben Behörde ausgestelltes Zeugniß über die Befähigung zum Seesteuermann. Der Lootse Westphal hat folgende von dem Vorstehenden zum Theil abweichende Schilderung des Unfalls gegeben.

Er kam in Brunsbüttel an Bord des Dampfers „Woodhorn",

dampfte elbaufwärts und steuerte zuerst das Feuer von Scheelenkuhlen derart an, daß er dasselbe eben voraus an Steuerbord hatte. Er befand sich im rothen Sektor dieses Feuers und sichtete das Toplicht

und das rothe Licht der „Helene" bereits, als sie sich oberhalb Brakdorf etwa bei der Stör-Tonne befand und ihren Turs änderte, um auf

das Feuer Scheelenkuhlen los zu steuern. Als das rothe Licht der „Helene" auf dem Dampfer „Woodhorn" an Steuerbord voraus in Sicht kam, hatte dieser bereits das Feuer

Scheelenkuhlen passirt.

Nach kurzer Zeit kam auf dem „Woodhorn"

außer dem rothen auch

das grüne Licht der „Helene" in Sicht.

4»4

Schranbendampfer Helene und Woodhorn.

Damals war der „Woodhorn" schon in dem grünen Lektor des Scheelenkuhlen-Feuers und fuhr mit voller Arafl auf das Feuer von Glückstadt zu, dieses Feuer an Backbordseite haltend. Der Lootse Westphal hatte das rothe Licht der „Helene" an Steuerbord, das grüne Licht war inzwischen wieder verschwunden. Schließlich verschwand das rothe Licht und das grüne kam wieder in Sicht. Westphal, welcher übrigens keine Signale des Dampfers „Helene" gehört hatte, äußerte: „Wan scheint auf dem fremden Dampfer zu schlafen, ich muß sie aufwecken", gab einen Ton mit der Dampfpfeife und gleich­ zeitig Backbordruder, hierdurch drehte der „Woodhorn" nach Steuer­ bord (bet Südseite) ab, um der „Helene" auszuweichen. Gleich darauf erfolgte der Zusammenstoß. Der Lootse Westphal stoppte den „Woodhorn" nicht, sondern fuhr nach der Südseite des Fahrwassers weiter, um — wenn nöthig — das Schiff dort auf den Strand zu setzen. Als sich aber zeigte, daß das Schiff dicht geblieben war und nur geringe Beschädigungen an der Schanzkleidung erlitten hatte, kehrte der Lootse Westphal zur Unfallstelle zurück, bot der „Helene" hülfe an und nannte den Namen seines Schiffes. Da keine hülfe beansprucht wurde, fuhr der „Woodhorn" elbaufwärts dem Bestimmungsorte Hamburg zu, der auch glücklich erreicht wurde. Die Behauptung des Lootsen Schacht, daß die Laternen des „Woodhorn", insbesondere die grüne, schlecht gebrannt hätten, hat der Lootse Westphal mit dem Bemerken bestritten, daß das weiße Toplicht des „Woodhorn", als er in Brunsbüttel an Bord gekommen sei, schlecht gebrannt habe, jedoch auf seine Anordnung sofort herunter­ geholt und in Ordnung gebracht sei. Davon, daß die Seitenlichter gut brannten, habe er sich in Brunsbüttel persönlich überzeugt. Dieser Thatbestand ist durch Vernehmung des Lootsen Schacht, des Schiffers Lehmkuhl und des Matrosen Tiedmann vom Dampfer „Helene", durch Vernehmung des Lootsen Westphal vom Dampfet „Woodhorn" und durch Verlesung eines Protokolls vom (2. August (899 über die Besichtigung der Beschädigungen des Dampfers „Helene" festgestellt.

Der unter dem Befehle des Lootsen Westphal elbaufwärts fahrende Schraubendampfer „Woodhorn" hatte, als er sich im rothen Sektor des Feuers Scheelenkuhlen befand, die „Helene" an seiner Steuerbordseite voraus. Gr hatte daher nach Artikel (9 der Aaiserlichen

Schraubendampfer Helene und Woodhorn.

^85

Verordnung zur Verhütung des Zusammenßoßens der Schiffe auf

See vom 9. Mai (897 die Verpflichtung, der „Helene" auszuweichen. Ferner lag dem Führer des Dampfers „Woodhorn" nach Artikel 25

derselben Verordnung die Verpflichtung ob, die an seiner Steuerbord­ seite liegende Südseite des Fahrwassers zu halten. Gb dieser Artikel von dem Lootsen Westphal im vollen Maße befolgt ist, hat sich nicht feststellen lassen.

Möglich, sogar wahrscheinlich ist es, daß der Dampfer

„Woodhorn" sich in der Mitte des Fahrwassers befunden hat.

Die

Nordseite des Elbfahrwassers ist weit besser befeuert als die Südseite, außerdem hat die Südseite weniger Wasser und mehr Untiefen als die Nordseite sowie flache Ufer, so -aß

die Entfernung von dem

Ufer, bei Nachtzeit schwer festzustellen ist und es im Interesse der

Sicherheit der Schiffe liegt, nahe zu komnien.

der Südseite des Fahrwaffers nicht zu

Aus diesem Grunde ist es sehr erklärlich, daß die

elbaufwärts fahrenden Schiffe ziemlich drängen.

nach der Nordseite hinüber

Sie sind dann aber zum Ausweichen verpflichtet, zögern

damit aber meistens so lange wie möglich.