Emblematik als Teil der profanen Innenraumgestaltung deutscher Schlösser und Herrenhäuser : Vorkommen - Form - Funktion 9783736961258


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Emblematik als Teil der profanen Innenraumgestaltung deutscher Schlösser und Herrenhäuser : Vorkommen - Form - Funktion
 9783736961258

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ADEUIQUUT

209 ΒἼ [OEUOIW

Emblematik als Teil der profanen Innenraumgestaltung deutscher Schlôsser und Herrenhäuser. Vorkommen

— Form — Funktion

Michael La Corte

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet

Vorwort Bereits 2008 hat mir Dr. Carla Fandrey, damals Konservatorin bei den Staatlichen Schlôs-

sern und Garten Baden-Württemberg, vorgeschlagen, über ein Bildprogramm aus dem

über http://dnb.d-nb.de abrufbar. 1. Aufl. - Gôttingen: Cuvillier, 2019 Zugl.: Stuttgart, Univ., Diss., 2019

sogenannten meine

Magisterarbeit

Schloss Weikersheim

D 93

Appartement

Vorderen zu

Diese

Bau

Bilder wurden

von

Schloss

in der

Weikersheim

Sekundärliteratur

zu

stets als Sprichwortbilder‘ bezeichnet und deren Bildinhalte nicht

weiter besprochen. Nach einer umfangreichen Recherchearbeit fand ich im HohenloheZentralarchiv Neuenstein

in den

Rechnungsbüchern

für die Weikersheimer

Hofhaltung

einen auf das Jahr 1712 datierten Akkord. In diesem bekommt der Maler Christian Thal-

Cover-Abbildungen: Abb. 1: Dillingen an der Donau, Schloss Dillingen, Kleiner Rittersaal, Emblemdecke, Fotografie: Gaasch 2016.

© Bildarchiv Foto Marburg / (CbDD) / Uwe

Abb. 2: Dillingen an der Donau, Schloss Dillingen, Kleiner Rittersaal, Fotografie: © Bildarchiv Foto Marburg / (CbDD) / Uwe Gaasch 2018 Abb. 3: Naundorf-Hof, Alte Schloss Hof, Festsaal, Emblemdecke, Fotografie: Michael La Corte 2016 Abb. 4: Bad Pyrmont, Schloss Pyrmont, Vorraum zum Festsaal, Fotografie: © Bildarchiv Foto Marburg / (CbDD) / Markus Schwier 2016. Abb. 5: Bruchsal, Staatliche Schlosser und Garten Baden-Württemberg, Schloss Weikersheim, 1. OG, Vorderes Appartement, Schlafgemach (Raum 68), Fotografien: Arnim Weischer. Abb. 6: Schloss Gaibach, Sommerhaus,

schreiben.

im Langenburger

Wandaufriss, entnommen

Sonderbestand Alte und Wertvolle Drucke, Sign. HBb 1178, fol. 18.

aus: Person (s.a.), Stuttgart, Württembergische Landesbibliothek,

witzer von Graf Carl Ludwig von Hohenlohe-Weikersheim für umfangreiche Malerarbeiten in den Weikersheimer Appartements seinen Lohn zugesprochen. Auch fur Embleme, die er für die Fensterlaibungen, Türen und Lambris in den drei Zimmern des Vorderen Appartements gemalt hatte. So wurden aus den ,Sprichwortbildern' Embleme und aus meiner

Magisterarbeit zum Weikersheimer Bildprogramm eine Forschungsarbeit Uber eines der

zahlenmaRig

umfangreichsten

Emblemvorkommen

Europas.

Gleichsam waren sie Aus-

gangspunkt einer mittelschweren Obsession.

Wer sich einmal mit der Emblematik beschàftigt hat, verfallt dieser faszinierenden dreitei-

ligen Kunstform, die von Andreas Alciato mit seinem Emblematum liber 1531 begründet wurde und für über 200 Jahre nahezu alle Bereiche der Kunst durchdrang und sich zu einem paneuropäischen Phänomen ausbreitete. So verwundert es wenig, dass sich im

© CUVILLIER VERLAG, Gottingen 2019 Nonnenstieg 8, 37075 Gottingen Telefon: 0551-54724-0

Telefax: 0551-54724-21 www.cuvillier.de

Alle Rechte vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es nicht gestattet, das Buch oder Teile daraus auf fotomechanischem Weg (Fotokopie, Mikrokopie) zu vervielfaltigen. 1. Auflage, 2019

Gedruckt auf umweltfreundlichem, säurefreiem Papier aus nachhaltiger Forstwirtschaft. ISBN 978-3-7369-7 125-7 elSBN 978-3-7369-6125-8

10/0041

17. und 18. Jahrhundert vor allem die barocke Gesellschaft mit ihrer Vorliebe für allegorische Malerei und Sprache dem Emblem widmete. Nicht nur Emblembücher wurden im

17. Jahrhundert in immer grô&eren Stückzahlen für den Büchermarkt produziert, sondern Embleme wurden auch immer haufiger fùr die malerische Ausstattung von sakralen und profanen Innenraumen verwendet. In Anlehnung an die umfangreiche Bestandsaufnahme

sakraler Emblemvorkommen

in bayerischen

Kirchen von Cornelia

Kemp

(Angewandte

Emblematik in süddeutschen Barockkirchen) und resultierend aus meiner eigenen Beschaftigung mit den Weikersheimer Emblemen entwickelte sich bereits 2011 die Idee,

eine Forschungsarbeit zur Emblematik als Teil der profanen Innenraumgestaltung deut-

scher Schlésser und Herrenhäuser zu schreiben; ein langwieriges und umfangreiches Unterfangen. Noch im selben Jahr wurde das Forschungsvorhaben von der Philosophischen Fakultat der Universitat Stuttgart als Promotionsthema zugelassen. Prof. em. Dr. Reinhard Steiner vom Institut fur Kunstgeschichte der Universitat Stuttgart hat von diesem Zeitpunkt an als Betreuer mein Forschungsvorhaben mit seinem enormen Fachwissen konstruktiv begleitet und mir erméglicht, meine emblematischen Studien als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Stuttgarter Institut fur Kunstgeschichte zu intensivieren. Dadurch konnte ich bis 2014 erhaltene und verlorengegangene Emblemvorkommen in Uber 20

deutschen Schlòssern und Herrenhàusern nachweisen, dokumentieren — so entstand eine bisher einmalige Bestandsaufnahme von Emblemen fanen Ausstattungskunst in Deutschland. Eine finanzielle Unterstützung tionsvorhaben erhielt ich ab 2014 durch ein dreijähriges Stipendium der tenférderung des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst

und analysieren als Teil der profür mein PromoLandesgraduierBaden-Württem-

berg, welches mir ermôglichte, die recherchierten Emblemvorkommen besichtigen und fotografisch zu dokumentieren.

auch vor Ort zu

Damit diese Forschungsarbeit Uber die Jahre hinweg realisiert werden konnte, haben viele Menschen

und Institutionen wichtige Beiträge und Unterstützung geleistet. Mein beson-

derer Dank gilt allen voran meinem Betreuer Prof. em. Dr. Reinhard Steiner, der mich bei

meinem Dissertationsvorhaben stets unterstützt hat und der mir weiterhin ein guter Mentor ist. Ein weiterer Dank gilt dem Zweitgutachter Prof. Dr. Sergiusz Michalski vom Kunsthistorischen Institut der Eberhard Karls Universitat Tubingen, der mir mit vielen Anregungen, aber auch kritischen Anmerkungen

stets zur Seite stand. Prof. Dr. Sabine Méders-

— Gut Hohen Luckow Milch GmbH & Co KG (insb. Brigitte Bigge) — Herzog Anton UlrichMuseum

Braunschweig

(insb. Angela Weihe) — Kügelgenhaus

- Museum

der Dresdner

Romantik — Landesamt für Denkmalpflege Baden-Wirttemberg (insb. Andreas Stiene) — Landesamt für Denkmalpflege Schleswig-Holstein (insb. Frau Rosemarie Gerdes a. D. und Frau Annabelle Fürstenau) — Landratsamt Eisenberg — Landratsamt Saalfeld-Ru-

dolstadt — LWL-Museen fur Kunst und Kultur (insb. Dr. Gerd Dethlefs) — Museum im Schloss Bad Pyrmont (insb. Dr. Dieter Alfter a. D.) — Staatliche Schlosser und Garten

(insb. Sara Bernert, Monika Menth, Dr. Patricia Peschel, Dr. Petra Pechaéek und Dr. Wolfgang Wiese a. D.) — Stadtarchiv Weifenfels (insb. Silke Künzel) — Stadt- und Bergbaumuseum Freiberg (insb. Antje Ahlbrecht) — Stadtverwaltung Waltershausen (insb. Mike H. Raimann) — Stiftung Hoflé@nitz — Verein zur Erhaltung von Baudenkmalen in Wrisbergholzen e.V. (insb. PD Dr. Johannes Kohler und Wolfgang Ne) — Baden-Wiurttemberg

Wirttembergische Landesbibliothek Stuttgart (insb. Team des Sonder- und des Hauptlesesaals sowie Larissa Arlt).

heim vom Department of German, Nordic, and Slavic der University of Wisconsin-Madison und Hon. Prof. Dr. Ingrid Hôpel vom Kunsthistorischen Institut der Christian-Albrecht-Universität zu Kiel bin ich ebenso dankbar für die Unterstützung meiner Forschungsarbeit.

Die vielen Institutionen und Personen konnte ich zum gré&ten Teil vor Ort besuchen. Dafür sei Winfried Roth von der Universität Stuttgart gedankt, der als Zustandiger für die

Sie haben

arbeiten hatte.

meine Zwischenergebnisse,

die ich auf mehreren Tagungen

der Society for

Emblem Studies vorgetragen habe, mit ihrem Fachwissen zur Emblematik in sehr konstruktiven Diskussionen

besprochen

und mich immer wieder auf aktuellste Emblemfor-

schungen hingewiesen. Bereichernd waren die vielen Gesprache Uber Text-Bild-Relationen, die ich mit Dr. Andreas Bassler (Institut für Literaturwissenschaft,

Universitat Stutt-

gart), Dr. Gerd Reichardt (Institut fur Kunstgeschichte, Universitat Stuttgart), Dinah Rottschafer M.A. (Stadtmuseum Sinsheim) und Dr. Hans Westphal führen konnte. Mitgetragen wurde die Forschungsarbeit zudem von vielen Institutionen und Privatpersonen, die mir Zugang zu den Schlôssern und Herrenhäusern sowie zu Bildmaterial ermôglicht ha-

ben. Ausdrücklich nennen môchte in an dieser Stelle für inre Mitwirkung folgende Einrichtungen und Personen: Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege

(insb. Dr. Markus

Hundemer) — Bayerische

Staatsbibliothek — Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlésser, Garten und Seen (insb. Lucas Pes) — Bischôfliches Ordinariat Eichstätt (insb. Cornelia Hardt) — Dr. Matthias Donath (Herrenhaus Niederjahna) — Familie Carl (Gut Ludwigsburg) — Familie von Hardenberg (Gut Lietzen) — Familie von Reichhaupt (Schloss Dieskau) — Familie von Schiller (Gut Buckhagen) — Familie Struckmann (Gut Gaarz) — Finanzamt Dillingen — Fotograf Volkmar Billeb — Fremdenverkehrsverein ,WeiRenfelser Land“ e.V. (insb. Simone Schütze) — Garten und Kunstsammlungen Mecklenburg-Vorpommern (insb. Dr. Susanne Borcher) — Gemeindeverwaltung Naundorf (insb. Bürgermeister Michael Reinhardt a. D.)

Graduiertenférderung wahrend meines Stipendiums zahlreiche Exkursionsantrage zu be-

An dem Gelingen des umfangreichen Forschungsprojekts haben in meinem privaten Um-

feld viele Menschen einige Jahre stets hilfsbereit und interessiert mitgewirkt. Fur die intensiven und nachhaltigen Diskussionen, Anregungen und Ideen, die in diese Arbeit eingeflossen sind, aber auch für die ganz praktische Hilfe (Korrektorat) bedanke ich mich bei Hanna Baumgartner, Saskia Clappers, Micaela Kranich, Sybille Mayer, René Sander, Tanja Schmohl und Janina Wiljan. Auch Prof. Dr. Ernst Seidl, Direktor des Museums der Universitat Tubingen MUT,

und sein gesamtes Team

haben mich wahrend der Publikati-

onsphase mit ihrer langjährigen Erfahrung in der redaktionellen und gestalterischen Erstellung von Printmedien sehr gut beraten. Sehr dankbar bin ich ebenso meinen Eltern Anita und Giacomo La Corte sowie Eva und Gerhard Haufser, die durch ihre finanzielle Unterstützung die Publikation des vorliegenden Buches erst môglich gemacht haben. AbschlieRend sei jedoch der wichtigste Beitrag genannt. Meiner Partnerin Corina Hauer

ist dieses Buch gewidmet. Sie hat mich wahrend der gesamten Promotionszeit begleitet,

ermuntert und einige Lebenszeit und Energie geopfert, damit mein schungsprojekt gelingen konnte, vielen Dank für deine Kraft und Ausdauer. unterstützt,

Stuttgart, den 25. November 2019

For-

Michael La Corte

Abkürzungsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

ADB

Allgemeine Deutsche Biographie

AGB

1. Uber das Verkennen und Erkennen einer Kunstform:

Asthetische Grundbegriffe

BHStA München, GHA

Bayerisches

Hauptstaatsarchiv

Die Embleme am

WiniRerntalsor GolaltsShaus 2.22 2 essuie nue péchés 11 München,

Abteilung

Ill Geheimes

Hausarchiv

1.1. Das Emblematum SATEEN Nea CR RSS

liber: Alciatos ,Emblemata‘ und die Auswirkungen auf das UE

SE

Te speeded ate a een 24

BKLÔ

Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich

Cap.A.Ak.

Schloss Cappenberg, Archiv Graf von Kanitz, Stiftsarchiv, Akten

CbDD

Corpus der barocken Deckenmalerei in Deutschland

GLA Karlsruhe

Generallandesarchiv Karlsruhe

HAUM

Herzog Anton Ulrich-Museum Braunschweig

HStA Dresden

Hauptstaatsarchiv Dresden

HWRh

Historisches Wôrterbuch der Rhetorik

HZA N

Hohenlohe-Zentralarchiv Neuenstein

KIP

Der Kleine Pauly

LASH

Landesarchiv Schleswig-Holstein Schleswig

LCI

Lexikon der christlichen Ikonographie

LHAS

Landeshauptarchiv Schwerin

NDB

Neue Deutsche Biografie

RDK

Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte

RE

Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft

ThStA Gotha

Thüringer Staatsarchiv Gotha

2.1.3. Gabriel Rollenhagens Nvclevs emblematvm im Festsaal des Alten Schlosses Hof bei Oschatz: Von der Decke an die Wand................++- 98

ThStA Altenburg

Thüringer Staatsarchiv Altenburg

2.1.4. Weltere Emblemdecken In SACHS: 7.,...5:ccsnscss ree tpcecsesesdncnnaectsnseearcunaonntess 107

SSG

Staatliche Schlôsser und Garten Baden-Württemberg

StAMs

Staatsarchiv Minster

StABa

Staatsarchiv Bamberg

1.2. Forschungsstand zur sogenannten ,angewandten Emblematik ................:::00+ 39 1.2.1. Der wissenschaftliche Diskurs um den Begriff der ,angewandten tg] 8) (2) ARE red EN Ee tr oe queen ay aR AAO NEEO

P a 45

1.2.2. Zur Klassifizierung von Emblemvorkommen als Teil der profanen und sakralen Inpéntèaumaestaltung.

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CSIOAZ

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54

1.3. Emblematik als Teil der profanen Innenraumgestaltung deutscher Schlòsser und Herrenhàuser. Vorkommen — Form — Funktion:

Zur Bestandsaufnahme und Methodik..…................................................. 64 2. Evia

ΘΙ Γἀ μΠ|Θ.-......Ὁοννεννννοννννννουννοννυνεευνοννννν ον εν εσυννονεννσενενονενννννουνεννουνουν Fa aa renom e 69

2.1. Emblemdecken: Emblemreihen und die Einheit der Quelle...

69

2.1.1. Der Rittersaal von Schloss Dillingen an der Donau..….................................…. 11 2.1.2. Die Stuckdecke im Rittersaal von Schloss Dieskau .…................................... 82

2.2. Emblemwände: Emblemreihen und eine Vielzahl an Quellen….................... 117 2.2.1. Die ehemaligen Emblemkabinette aus dem Lusthaus Amalienburg im Goltorter NatiWOrKS Talence remaniement

117

2.2.2. Das Emblemkabinett aus dem Herrenhaus von Gut Ludwigsburg.............. 127 2.2.3. Das ehemalige Sommerhaus von Schloss Gaibach..…...........................… 146 2.2.4. Das Emblemkabinett aus dem Herrenhaus von Gut Gaarz...................… 163 2.2.5. Der Fliesensaal von Schloss Wrisbergholzen …........................................... 173 2.3. Embleme an der Peripherie: Emblemraume in einem ornamentalen Kontext....196

2.3.1. Der Rittersaal im Herrenhaus von Hohen Luckow.................................… 197 2.3.2. Lambris mit Emblemen im Antichambre von Schloss Pyrmont ...........:026+- 207 2.3.3. Das Emblemappartement von Schloss Weikersheim.…..........................…… 214

2.3.4. Emblematische Fensterlaibungen im Festsaal von Schloss Cappenberg...226

2.4. Embleme im GroRformat: Uberlegungen zum monumentalen Emblem............. 234

1. Ùber das Verkennen Die Embleme

und

Erkennen

einer Kunstform:

am WeiRenfelser Geleitshaus

2.4.1. Die emblematischen Wandfresken im Herrenhaus von Gut Roest.............. 295

Die Stadt WeiRenfels im heutigen Sachsen-Anhalt erlangte im Verlaufe des 17. Jahrhun-

2.4.2. Die emblematischen Deckengemälde aus dem Herrenhaus Lietzen.......... 242

derts gleich zweimal überregionale Bedeutung.

2.4.3. GroBformatige Emblemleinwände im Herrenhaus von Gut Buckhagen ...... 252

3. Embleme in komplexen Bildprogrammen: Exegetische Embleme .................... 263 OUT ZWEI ΤΑΙ ΘΙ βρίθιθὶ ES

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ἀν ηννης 264

3.1.1. Die Embleme aus dem Berg- und Lusthaus HoflôRnitz: ESQN

WOS

nn

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aye cate ch cine je dre

eo 264

3.1.2. Exegetische Embleme im Schloss Reichmannsdorf ..0.......0..cccccccccceceeseeeees 302 3.2. Emblematik in der Münchner Residenz: Polyvalenz der Emblemvorkommen

...318

Nach der Schlacht bei Lützen während

des DreiRigjährigen Krieges wurde der Leichnam von Konig Gustav II. Adolf von Schweden (1594-1632) am

17. November

1632 in das Geleitshaus der Stadt WeiRenfels ge-

bracht. Der schwedische Kônig starb einen Tag zuvor auf dem Schlachtfeld durch einen Schuss, den ihm ein kaiserlicher Reiter aus nächster Nahe hinterrücks zugefügt hatte. An dieses historische Ereignis erinnert noch heute der k6nigliche Blutfleck im Erkerzimmer des Geleitshauses, wo sein Leichnam obduziert und für die Überfahrt nach Schweden einbalsamiert wurde. Dass dieses Geleitshaus von kunsthistorischer Bedeutung sein kônnte, blieb lange Zeit unbemerkt. Knapp ein halbes Jahrhundert nach dem Tod von Gustav II. Adolf erlangte WeiRenfels

3.2.1. Das Tugendprogramm am Westportal der Münchner Residenz.................. 320

als Residenzstadt der albertinischen Sekundogenitur Sachsen-WeifRenfels ein zweites

3.2.2. Das Appartement der Kurfürstin Henriette Adelaide in der Münchner

Mal überregionale Bedeutung. Am 25. April 1660 legte Herzog August von Sachsen-Wei-

Residenz

L RAR ER D pme

330

3.2.3. Die weitere Entwicklung emblematischer Ausstattungspraxis in der Münchner Residenz zu Zeiten von Kurfürst Maximilian II. Emanuel von Bayern .......... 366 3.3. Emblematik in den thüringisch-ernestinischen Residenzen: Eimblomatikund RIDE. ere

ccm 371

3.3.1. Exegetische Embleme in den Appartements von Schloss Christiansburg

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374

Renfels (1614-1680) auf dem Burgberg den Grundstein für eine neue Schlossanlage, die

nach den Plänen von Johann Moritz Richter d. A. (1620-1667) eine reprasentative Dreiflügelantage werden sollte. Die Fertigstellung der Schlossanlage erfolgte 1694." Bereits

in Halle hatte Herzog August von Sachsen-WeiRenfels Künstler und Gelehrte an seinem Hof auf der Moritzburg versammelt.? Zahlreiche Schriftsteller, Gelehrte und Komponisten folgten in den 1680er Jahren seinem Sohn Johann Adolf |. (1649-1697) an den WeiRenfelser Hof, darunter der Komponist David Pohle (1624-1695), der Schriftsteller Johann Philipp Krieger (1649-1725) und der Dramatiker David Elias Heidenreich (1638—1688).*

3.3.2. Weitere profane Emblemvorkommen aus thüringisch-ernestinischen

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403

3.4. Emblematik im Herzogtum Württemberg: Emblematik und Regionalitàt............ 416 3.4.1. Die Emblemgalerien von Schloss Ludwigsburg.…....................... 419 ZUBamMentassung

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4:Καϊαϊοσ und Emblemregister................ ii ενενεναεσκονοφεενοτονενοτενμνννονννεν ον 443 le de PR 5.1:

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AO

793

1 Carl August Gottlieb Sturm: Kleine Chronik der Stadt Weissenfels nach Quellen bearbeitet. Weissenfels 1869, $.

107-111.

2 Hans Heinrich Haubach: Die weimarische Künstlerfamilie Richter. In: Korrespondenzblatt des Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine 69 (1921), S. 112-122, hier: $. 112 ff. 3 Andrea Thiele: Vier Jahrzehnte in Halle — Die Saalestadt als Residenz Augusts von Sachsen, postulierter Administrator des Erzstifts Magdeburg (1614-1680). In: Museumsverbund ,Die fünf Ungleichen e. V.", Museum Schloss Moritzburg Zeitz (Hrsg.): Barocke Fürstenresidenzen an Saale, Unstrut und Elster. Petersberg 2007, 8. 122-131, hier: $. 130. 4 Wolfram Steude: Anmerkungen zu David Elias Heidenreich, Erdmann Neumeister und den beiden Haupttypen der evangelischen Kirchenkantate. In: Roswitha Jacobsen (Hrsg.): WeiRenfels als Ort literarischer und künstlerischer Kultur im Barockzeitalter. Vortrage eines interdisziplinären Kolloquiums vom 8.-10. Oktober 1992 in WeiRenfels, Sachsen/ Anhalt. (Chloe; 18) Amsterdam 1994, S. 45-61, hier: $. 46f. — Zu einem biografischen Lebenslauf von Herzog Johann Adolf |. von Sachsen-Weienfels, siehe: Gottlob Traugott Gabler: Die Fürstengruft auf Neu=Augustusburg. Oder: Die Herzôge von Sachsen=Weifenfels und Querfurt. WeiRenfels 1844, S. 68-83.

12

Über das Verkennen und Erkennen einer Kunstform

Weifenfels etablierte sich am Ende des 17. und zu Beginn des 18. Jahrhunderts neben Dresden als kulturelles Zentrum im mitteldeutschen Raum. Diese überregionale Bedeu-

gestaltete Embleme weitere Embleme

tungsgeschichte

von

Schloss

Hofes auseinandergesetzt’ Neu-Augustusburg

Uber die Bau-

ist hingegen

wenig

unversehrt erhalten.

Bemerkenswert

aus Szenen des Neuen Testaments (Erstes Emporengeschoss) und des Alten Testaments (Zweites Emporengeschoss). Sie bewerten diese vierzehn Embleme daher als Kommentar zum heilsgeschichtlichen Hauptthema der Emporenmalerei. In den 1990er Jahren hat Maik Reichel den WeiRenfelser Emblemen

gramm

sind auRerdem die zahlreichen Studien, die sich mit den Fresken und den Stuckarbeiten

der WeiRenfelser

Schlosskirche

beschäftigten.® Zu diesen

Fresken,

die von

wurde

seinerzeit ebenso aus." William S. Heckscher und Karl-August Wirth verweisen hingegen in ihrem RDK-Beitrag Emblem, Emblembuch (1959) explizit auf einen Zusammenhang zwischen den Emblemen (nun als solche verifiziert) und dem typologischen Bildpro-

Dieser

Umstand scheint wenig verwunderlich, denn lediglich die Schlosskirche St. Trinitatis blieb aus der Blütezeit des WeiRenfelser Hofes nahezu

Dieses Emblemvorkommen

sinnbildliche Darstellungen, eine Autorenschaft von Johann Oswald Harms schlieRt er

und Ausstat-

bekannt.®

an der Chorwand des Altarraums.

ter jene Embleme der Weifsenfelser Schlosskirche und umschreibt sie als Sprüche und

Die geisteswissenschaftlichen Disziplinen haben sich intensiv mit der kulturhistorischen des Weifenfelser

in den Zwickeln der zweigeschossigen Arkadenempore und zwei

bereits 1840 erstmals von Gustav Heinrich Heydenreich (1791-1857), Superintendent zu Weifenfels, schriftlich festgehalten. Heydenreich beschreibt sie als ,Bilder mit Inschriften‘. Auch Hans Tintelnot verkennt in seiner Harms-Biografie rund ein Jahrhundert spa-

tung des WeiRenfelser Hofes endete erst in der Regierungszeit von Herzog Christian von Sachsen-WeiRenfels (1682-1736), der ab 1727 die Hofhaltung nicht mehr finanzieren konnte.*® Bedeutung

13

Das WeiRenfelser Geleitshaus

Johann

Oswald Harms (1643-1708) gemalt wurden, gehôren zwòlf in monochromer Graumalerei

der Emporenbrüstungen

gleich mehrere Beiträge gewidmet. Auch er schlie&t noch Harms als Maler aus. Dafür hat

Reichel für die WeiRenfelser Embleme, für die bis zu diesem Zeitpunkt keine druckgrafischen Vorlagen ermittelt wurden, mit dem Dramatiker David Elias Heidenreich*® den In-

5 Zu Herzog Christian von Sachsen-WeiRenfels, siehe: Gabler (1844), 8. 97-108. Re .,

oh ἀρεῖ gs Museum Schloss

boon pee Territorium — Hoheit — Dynastie. In: Museumsverbund ,Die fünf Ungleichen e. Moritzburg Zeitz (Hrsg.): Barocke Fürstenresidenzen an Saale, Unstrut und Elster. Pet

2007, S. 33-59, hier: 8. 58.

i

ventor der Embleme identifiziert.:* Susanne Riemer-Ranscht hat letztlich belegt, dass Jo-

“plea er:

hann Oswald Harms nicht nur die biblischen Szenen an den Emporenbrüstungen malte,

7 Siehe u.a.: Juliane Riepe (Hrsg.): Musik der Macht — Macht der Musik. Die Musik an den sächsisch-albertinischen Herzogshôfen Weifenfels, Zeitz und Merseburg. Bericht über das wissenschaftliche Symposion anlässlich der 4. Mitteldeutschen Heinrich-Schütz-Tage Weissenfels 2001. (Schriften zur mitteldeutschen Musikgeschichte; 8) Schneverdingen 2003 / Torsten Fuchs: Studien zur Musikpflege in der Stadt WeiRenfels und am Hof der Herzége von SachsenWeiRenfels. (Quadrini di Musica/ Realta; 36) Lucca 1997 / Roswitha Jacobsen (Hrsg.): WeiRenfels als Ort literarischer und künstlerischer Kultur im Barockzeitalter. Vortrage eines interdisziplinären Kolloquiums vom 8.-10. Oktober 1992 in WeiRenfels, Sachsen/ Anhalt. (Chloe; 18) Amsterdam 1994. ϑ Siehe zur Baugeschichte: Dagmar Sommer: Schloss Neu-Augustusburg in WeiRenfels und seine Baugeschichte im Spiegel des hôfischen Zeremoniells. In: Boje E. Hans Schmuhl, Thomas Bauer-Friedrich (Hrsg.): Im Land der Palme. August von Sachsen, Erzbischof von Magdeburg und Fürst in Halle (1614-1680). Diese Publikation erscheint im Rahmen der Ausstellung Im Land der Palme. August von Sachsen, Erzbischof von Magdeburg und Fürst in Halle (16141680) im Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale) in Verbindung mit dem Verein fiir hallische Stadtgeschichte e.V., 14. August bis 2. November 2014. (Schriften für das Kunstmuseum Moritzburg Halle (Saale); 2) Halle 2014, S. 109-115 / Hans Heinrich Heubach: Geschichte des Schlossbaues in Thüringen 1620 bis 1670. (Beitrage zur Geschichte Thüringens; 4) Jena 1927, $. 186-221. — Siehe zur Innenraumgestaltung der herzoglichen Paradezimmer: Katja Heitmann: Fürstliche Selbstdarstellung und Herrschaftslegitimation. Reprasentative Ausstattungselemente in den Residenzschlôssern von Weifenfels, Merseburg und Zeitz. In: Vinzenz Czech (Hrsg.): Fürsten ohne Land. Héfische Pracht in den sächsischen Sekundogenituren WeiRenfels, Merseburg und Zeitz. (Schriften zur Residenzkultur; 5) Berlin 2009

$. 78-101, hier vor allem: S. 79-87.

9 Siehe: Susanne Riemer-Ranscht: Die Schlosskirche St. Trinitatis zu WeiBenfels. EinschlieRlich einer vollstandigen Erläuterung des Bildprogramms. (ilris Bibliothek Mitteldeutschland; 7) Leipzig-WeiRenfels 2012 / Maik Reichel: ,Der Baumeister muR einen prophetischen Geist gehabt haben: das Gewôlbe ist gerade voll.“ Die Grablege der Herzôge von Sachsen-WeiBenfels. In: Cornelia Kessler (Red.): Weltsicht und Selbstverständnis im Barock. Die Herzége von Sachsen-Weienfels — Hofhaltung und Residenzen. Protokoll des Wissenschaftlichen Kolloquiums am 24. und 25. April 1999 in Querfurt. (Beitrage zur Regional- und Landeskultur Sachsen-Anhalts; 14) Halle 1999, S. 71-89 / Helga Baier-Schrécke: Der Stuckdekor in Thüringen vom 16. bis zum 18. Jahrhundert. (Schriften zur Kunstgeschichte; 10) Berlin 1968, S. 40ff / Hans Tintelnot: Die barocke Freskomalerei in Deutschland. Ihre Entwicklung und europäische Wirkung. München 1951, $. 45 / Hans Tintelnot: Johann Oswald Harms. Ein norddeutscher Maler des Barock. In: Zeitschrift des Deutschen Vereins für Kunstwissenschaft 8 (1941), S. 245-260, hier S. 245ff / Friedrich Gerhardt: Schlo& und SchloB=Kirche zu Weifenfels. Zugleich ein Beitrag zur Geschichte des Herzogtums WeiRenfels. Wei&enfels: 1898 / Gustav Heinrich Heydenreich: Kirchen und Schul-Chronik der Stadt und Ephorie WeiRenfels seit 1539 zur Erinnerung US I an die 300jahrige Jubelfeier der Einfuhrung g der Reformation ion inin WeiWeiBenfels und Umgebung. WeiRenfels i

:

bildlichen 10 Heydenreich (1840), 8. 147-148. — Siehe auch: Gerhardt (1898), 8. 43. — Zur vollstandigen schriftlichen t (2012), S. 59— Dokumentation der typologischen Emporenmalerei und der Zwickel-Embleme, siehe: Riemer-Ransch 96 (Emporenbilder) u. 103-118 (Embleme). 11 Tintelnot (1941), 8. 254f.

hier: Sp. 205. — 12 William S. Heckscher, Karl-August Wirth: Emblem, Emblembuch. In: RDK (1959), V., Sp. 85-228, in der ForschungsliIm Anschluss an den RDK-Beitrag von Heckscher und Wirth werden die Weifenfelser Embleme (Das teratur auch als solche benannt, siehe: Helga Baier-Schréck: Die Schlosskapellen des Barock in Thüringen. christliche Denkmal; 58) Berlin 1962, S. 8. dessen 13 In der Trauerrede zum Tod von David Elias Heidenreich erläutert Johann August Olearius (1644-1711) hat: ,[...] und sich Verdienste, die er sich als Dramatiker und Sekretär der Fruchtbringenden Gesellschaft erworben den Geistlichen umb selbige mit excolirung der Teutschen Sprache und seinen annehmlichen Versen, insonderheit inventirten nachOden auf iede Sonn= und Fest=Tage/ und andern vielen schénem Inventionen/ davon die von ihm kônnen/ verdient dencklichen Emblemata in der hoch=Fürstl.Schlo&=Kirche alhier mit mehrern unter andern zeugen Elias/ Und gemacht. (Johann August Olearius: Der Im Geist und Krafft einhergehende und zur Bekehrung vorgestellte J2 (S.4)). Lebens=Lauff, 1688, Brühl WeiRenfels: [...]. Heidenreich/ Elias David Herr [...] Nachfolger/ defen treuer und das 14 Maik Reichel: Herzog August von Sachsen-WeiBenfels. Die Entstehung der sächsischen Sekundogenitur et Amicitia. Beitrage Testament des Herzogs-Administrators. In: Ferdinand van Ingen, Christian Juranek (Hrsg.): Ars Geburtstag am 3. zum Thema Freundschaft in Geschichte, Kunst und Literatur. Festschrift für Martin Bircher zum 60. n DarstelJuni 1998. (Chloe; 18) Amsterdam 1998, S. 427-460, hier: S. 448-450 / Maik Reichel: Die emblematische In: Weif&enfelser HeimatBetrachtung. e ikonographisch Eine WeiRenfels. zu Trinitatis St. Schlo®kirche der in lungen Eindruck dieses bote 5, Heft 3 (1996), S. 71-75 / Maik Reichel: ,Man mu das Prachtvolle sehen, um den angenehmen des Landes Anschauens zu empfinden." Die Schlo&kirche St. Trinitatis zu WeiRenfels. In: Die Sächsischen Wurzeln und Sachsen-Zeitz. Sachsen-Anhalt und die Rolle der Sekundogenituren Sachsen-Weifenfels, Sachsen-Merseburg und Landeskultur Protokoll des Wissenschaftlichen Kolloquiums am 21.10.1995 in Weienfels. (Beitrage zur RegionalEmbleminventor). Sachsen-Anhalts; 4) Halle 1996, S. 76-87, hier: S. 81 (Ersthinweis auf David Elias Heidenreich als

14

Über das Verkennen und Erkennen einer Kunstform

sondern ebenso die Embleme in den Arkadenzwickeln. Für diese Emblemmalereien hat sie im Herzog Anton Ulrich-Museum in Braunschweig Entwurfszeichnungen im HarmsNachlass nachgewiesen.** Durch die zahlreichen Publikationen ist es also gelungen, für die WeiRenfelser Embleme den Inventor, den Maler und mit Herzog Johann Adolf |. von

Sachsen-WeiRenfels den Auftraggeber zu identifizieren. Umso

mehr überrascht es, dass trotz der intensiven kunsthistorischen Auseinanderset-

zung mit der Innenraumgestaltung der Schlosskirche St. Trinitatis und der kulturhistorischen

Bedeutung

von Schloss

Neu-Augustusburg

ein weiteres WeiRenfelser

Emblem-

vorkommen lange Zeit unentdeckt blieb, das nach bisherigem Kenntnisstand wohl als das alteste erhaltene Emblemvorkommen

in Deutschland zu bewerten ist. Denn das Geleits-

haus der Stadt WeiRenfels unterhalb der Schlossanlage ist nicht nur ein historischer Ort, eng verbunden mit dem Tod Kônig Gustav II. Adolfs von Schweden, sondern es dokumentiert das wohl früheste Beispiel für die Rezeption des Emblematum liber (Augsburg: Steyner 1531) des Mailänder Juristen Andrea Alciato (1492-1550). Das Geleitshaus war einst das Wohnhaus

von

Hieronymus

Kiesewetter (1512-1586).

Kiesewetter war Ge-

heimrat und Kanzler am Hof von Herzog August von Sachsen (1526-1586). Herzog August erhielt 1546/1547 von seinem

àlteren Bruder Kurfürst Moritz von Sachsen

(1521-

1553) die ehemalige Burg WeiRenfels als Apanagesitz, von wo aus er das Stift Merseburg

administrativ leitete. Bereits 1548 verzichtete Herzog August auf die Administratur Uber das Stift Merseburg und widmete sich dem Ausbau der Stadt WeiRenfels. Diese war im Zuge des Schmalkaldischen

Krieges (1546-1547) von kursächsischen

Soldaten

Fried-

rich Johanns |. von Sachsen (1503-1554) gepliindert worden. So lieR er den Marktplatz, den

Kirchhof und wichtige

Gassen

und StraRen

pflastern,

Scheunen

wurden

aus der

Stadt verbannt, Amtsmihlen erneuert und neugebaut. Amtsträger in seinen Diensten erhielten bestehende Hauser oder einen Platz für Neubauten zugewiesen, darunter auch Kiesewetter.! Zum Dank lieR Kiesewetter an die Brüstungsfront am Erker seines Wohn-

15

Das WeiRenfelser Geleitshaus

kerseiten sind Reliefs in der gleichen Kartuschenform angebracht, die eine Kreuzigungs-

szene und Christus als Weltenrichter darstellen. Dieser zweigeschossige Erkeraufbau ist

auf das Jahr 1552 datiert, am Kreuzigungsrelief findet sich eine Bauinschrift mit den la-

teinischen Zahlen MDLII‘. Kiesewetter bewohnte das Haus nach dem Neubau nur kurz. Am 11. Juli 1553 erlag der amtierende Kurfürst Moritz von Sachsen, zwei Tage nach der Schlacht bei Sievershausen, einer Schussverletzung.”” August von Sachsen beerbte seinen alteren Bruder und bezog noch im selben Jahr mit seinem Hofstaat, dem auch Kie-

sewetter angehôrte, die im Umbau befindliche Residenz in Dresden. Kiesewetter war nun Kanzler der kursächsischen Hofkanzlei und Hofrat am Dresdner Hof. Sein Wohnhaus in Kurfürsten zurück. Stadt und Amt WeiRenfels wurden am 16. 1553 als Wittum Agnes von Hessen (1527-1555) zugesprochen, der Frau

Weiftenfels gab er dem September

des verstorbenen Moritz von Sachsen.

Im Todesjahr der Agnes von Hessen zog das

kursächsische Geleitsamt in das von Kiesewetter erbaute Haus. Als jener Herzog August

von Sachsen-WeiRenfels sich zum Bau von Neu-Augustusburg entschloss, nutzte er das Geleitshaus als Logierhaus und spàter als kurfürstliches Amtshaus.* Ab 1680 bewohnten

es die WeiRenfelser Oberhofprediger bis zum Erléschen der albertinischen Nebenlinie Sachsen-Weifsenfels im Jahr 1746. Im 19. Jahrhundert diente es schlieBlich als kônigliches Gerichtsgebäude.!°

Aus der Erbauungszeit des Hauses blieb aufer dem Eckerker auch das Sitznischenportal

an der Hauptfassade erhalten (Abb. 1). Auf das Erbauungsjahr 1552 verweist eine Bau-

inschrift im Segmentgiebel des Portalaufsatzes. Die Portalarchitektur mit schlichten Archivolten und einem vorgelagerten Zahnfries als Bogenabschluss wird an den Seiten durch flache Pilaster abgeschlossen. In den Bogenzwickeln und an den einzelnen Segmenten des Portalaufsatzes über dem verkrôpften Gesims befinden sich figürliche Reliefs mit Inschriften sowie florale Elemente und auf den Pilastern vergoldete Rosetten.

Eine

erste Beschreibung der Reliefs an der Portalarchitektur findet sich in der Stadtchronik des

hauses farblich gefasste Wappenkartuschen des Herzogpaares anbringen. An den Er-

15 Riemer-Ranscht (2012), S. 103. — Im Harms-Nachlass befinden sich 19 Entwürfe zu den 22 Emporenmalereien,

zwôlf Entwürfe zu den zwélf Zwickel-Emblemen und weitere acht Entwürfe zu den zwélf Musikputti von der Gewòlbedecke der Weifenfelser Schlosskirche. Keine Entwürfe liegen zu den zwei Emblemen im Altarraum vor, dafür aber vier

17 Sturm (1869), S. 81. Nachlass von Harms, siehe: (Hrsg.): 300 Jahre Theater in Oswald Harms. Ein deutscher tergeschichte; 58) Emsdetten

19,

7,

D

D,

9, 9,

Christian von Heusinger: Harms‘ Nachlass in Braunschweig. In: Stadt Braunschweig Braunschweig: 1690 — 1990. Braunschweig 1990, 8. 436-445 / Horst Richter: Johann Theaterdekorateur des Barock. (Die Schaubühne. Quellen und Forschungen zur Thea1963.

16 Sturm (1869), S. 75-85. — Siehe ebenso: Carl August Gottlieb Sturm: Beitrage zur thüringisch-sächsischen Geor (Geschichte der Stadt Weienfels). Chronik der Stadt Weif&enfels nach Quellen bearbeitet. WeiRenfels 1846,

. 197 u. 199ff.

18 Sturm (1846), S. 202.

. Bis 1684 war 19 Heydenreich (1840), S. 165. — Einige dieser Hofprediger lassen sich chronologisch nachvollziehen Johann August OleaJohann Olearius (1611-1684) Oberhofprediger am WeiRenfelser Hof. Dann folgte dessen Sohn er. Zwischen 1711 rius (1644-1711) zuerst als Hofprediger und ab 1690 bis zu seinem Tod 1711 als Oberhofpredig Basilius Fleuter (1684— und 1726 hatte dieses Amt Ernst Michael Brehme (1666-1726) besetzt, ihm folgten u.a. Johann Christian Stemler (1701— 1730) und Johann Michael Schuhmann (1666-1741). Zwischen 1742 bis 1746 war Johann 1773) der letzte WeiRenfelser Oberhofprediger.

16

Über das Verkennen und Erkennen einer Kunstform

Superintendenten und Stadtpfarrers Johann Christian Bittner

(1655-1719).2 Er bezeich-

net das Relief mit der Beischrift IN DEO“ im Segmentgiebel des Portalaufsatzes als Glaubensbild, auch die anderen

Reliefs identifiziert er nicht als Embleme.”

In der posthum

1796 publizierten Stadtchronik von Georg Ernst Otto (1721-1795), Amts- und Landrichter der Stadt WeiRenfels, hei&t es der handschriftlichen Büttner-Chronik wôrtlich: »[...] und von da in vorbesagtes Kiesewetterische, oder vorige Geleitshaus, worinnen vormals auch die Oberhofprediger gewohnet, und woran die Jahreszahl 1552. desgl. ein Glaubensbild mit der Beischrift; Fidei Symbolum,

auch ein Sturmhut mit einem

Bie=nenschwarme und der Schrift: Ex bello pax. Auf der rechten ein Rebhuhn auf dem Neste mit viel Jung= und Eiern, und der Beischrift: Ex pace ubertas, zu sehen, verlegten [...].“22

Derselben Beschreibung folgt noch 1840 der WeiRenfelser Superintendent Gustav Heinrich Heydenreich in seiner Kirchen- und Schulchronik der Stadt und Ephorie WeiBenfels.?3 Auch in den denkmalpflegerischen Publikationen am Ende des 19. Jahrhunderts und zu Beginn des 20. Jahrhunderts wird die emblematische Form in den Figurenreliefs nicht erkannt. In der Literatur zu den Kunstdenkmälern der Region um WeiRenfels heift es: Das Bemerkenswertheste an diesem Haus ist ein groRer Erker mit phantastisch erdachten, etwas weichlich und unschôn in Sandstein ausgeführten Relieffeldern.“4 Diese AusSage wirkt irritierend, denn mit ,phantastisch* werden die Relieffelder mit der Kreuzigung

und Christus als Weltenrichter am Eckerker des Geleitshauses umschrieben und nicht

20 Bittner wird 1699 als Hofsekretär erwähnt. In dieser Funktion wird WeiBenfels verfasst haben, siehe: Ferdinand Ludwig von Bressler und rainen von Europa, Das ist: Ein kurtzer Genealogischer und Politischer ches Haupt und Flieder/ nebenst dem angräntzenden Schweitzerland.

er vermutlich auch die Stadtchronik der Stadt Aschenburg: Die heutigen Christlichen SouveAbri&. Band V.: Des Heiligen Rômischen ReiBd. 5 (9), Breslau: Steck 1699, S. 1023.

21 Johann Christian Bittner: Handschriftliche Chronik der Stadt WeiRenfels und der angrenzenden Lander. WeiRenfels um 1710, 5. 160f (siehe: Stadtarchiv WeiBenfels (Hrsg.): Johann Christian Bittner. Handschriftliche Chronik der Stadt WeiBenfels und der angrenzenden Lander, um 1710, CD-Rom, 2003). — Diese handschriftliche Chronik von Bittner liefert gewissermaRen die Vorlage für weitere Stadtchroniken, siehe in aufsteigender chronologischer Reihenfolge: Georg Ernst Otto: Geschichte und Topografie der Stadt und des Amtes Weifenfels in Sachsen aus authentischen Urkunden gezogen. Weifenfels: Severin 1796, hier: 8. 73 / Heydenreich (1840), hier: S. 165 / Friedrich Gerhardt:

Geschichte der Stadt Weissenfels a. 8. mit neuen Beiträgen zur Geschichte des Herzogtums Sachsen=Weifenfels. WeiBenfels an der Saale 1907, hier: 8. 295. 22 Otto (1796), S. 73. 23 Heydenreich (1840), S. 165.

24 Gustav Sommer, Heinrich Otte (Hrsg.): Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen und angrenzender Gebiete. Bd. 3: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmaler des Kreises Weissenfels. Bd. 3 (33), Halle an der Saale 1880, S. 83. — Der kunsthistorische Wert des Portals wurde auch von Georg Dehio in seiner Erstausgabe zu den Kunstdenkmälern in Mitteldeutschland nicht erkannt. Ein Eintrag zum Geleitshaus ist nicht vorhanden. Zu Weifenfels, siehe: Georg Dehio: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler. Band |: Mitteldeutschland. Berlin 1905, S. 315. — In der spateren Ausgabe wird das Geleitshaus als kurfürstliches Amtshaus erwähnt, vergleiche: Georg Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Der Bezirk Halle. München 1976, S. 480. — Erst die aktuelle Ausgabe des Dehio-Handbuchs nennt die Reliefs und deren Quelle, siehe: Georg Dehio: Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler. Sachsen-Anhalt II. Regierungsbezirke Dessau und Halle. Bearb. von Ute Bednarz, Folkhard Cremer, Hans-Joachim Krause u.a. München 1999, S. 856.

Das WeiRenfelser Geleitshaus

17

etwa die Emblemreliefs am Portal. Maik Reichel hat in einem kurzen Beitrag fur den WeiBenfelser Boten 1996 als erster nach über 400 Jahren erkannt, dass es sich bei den

Figurenreliefs mit Inschriften um Embleme handelt. Als Quelle für die Reliefdarstellungen

vermutet Reichel Alciatos Emblematum liber (Augsburg: Steyner 1531).” In einer Sammlung zur Epigrafik erwahnt wenig spater Fritz Jager das Portal des Geleitshauses der Stadt WeiRenfels. Er meint hingegen, dass neben der Erstausgabe des Emblematum

liber auch spatere Alciato-Ausgaben als Quellenvorlage in Frage kommen kônnten. Ein

Vorlagenvergleich wurde von ihm unterlassen.”* Auer diesen beiden kurzen Beitragen gibt es keine weiteren kunstwissenschaftlichen Untersuchungen zu den pclae tree men am Portal des Geleitshauses von Weifsenfels.?” Eine Einordnung der kunsthistori

schen Bedeutung der Alciato-Embleme am Portal wurde bisher nicht vorgenommen.

lassen sich tatsächlich allesamt im Emblematum liber nachweisen. Einige Details in der pictura der jeweiligen Embleme bestätigen die Vermutung Jägers, dass nicht die Erstausgabe der Alciato-Embleme als Vorlagenbuch gedient haben kann. Die Emblemreliefs

Die Reliefdarstellungen des Portals folgen vielmehr den Stichen von Mercure Jollat (1490-1550)** aus der Erstausgabe des Emblematum libellvs (Paris: Wechel 1534), die

in der deutsch-franzésischen Wechel-Ausgabe von 1536 teilweise modifiziert wurden.” In Weifenfels wurde sehr wahrscheinlich die lateinisch-deutsche Wechel-Aus-

wiederum

gabe von 1542 als Vorlage verwendet, fùr die Wolfgang Hunger (1511-1555) die deut-

sche Ubersetzung lieferte. Im Folgenden wird diese Annahme analysiert, um die kunst-

historische Bedeutung fiir die Entwicklung der Emblematik in Deutschland als Teil der profanen Ausstattungskunst zu verdeutlichen.*° Im linken Bogenzwickel des Portals ist ein auf die Seite geneigter Schlachthelm dargestellt, um den drei Bienen kreisen (Abb. 2). Rechts daneben steht die Inschrift ,EX BELLO

. In: WeiRenfelser Heimatbote 25 Maik Reichel: Emblematische Darstellung am Portal des WeiBenfelser Geleitshauses

5, Heft 1 (1996), $. 12-15.

62) Wiesbaden 2005, S. 10026 Franz Jager: Die Inschriften des Landkreises WeiRenfels. (Die Deutschen Inschriften;

101.

des Portals werden ì die Reliefs be- ; i und der Restaurierung i des Geleitshauses i diei Sanierung über ù icht Bericht i 27 In einem ng Weifenfels (Hrsg.): schrieben, die Embleme allerdings wiederum nicht als solche erkannt, vergleiche: Stadtverwaltu Geleitshaus WeiBenfels. Zur Wiedereréffnung am 14.11.1997. WeiBenfels 1998. partium corporis humani 28 Von Jollat stammen auch die Stiche mit den Anatomiestudien aus dem Buch De dissectione libri tres (Paris: de Colines 1545) von Charles Estienne (1504-1564). kommen, ebenso in Frage F 15 5 diei Wechel-Drucke von 1536, 1538, 1539, 1540, 1542 und d 1544 Fall kònnen i 29 In diesem A

and his books of emblems. der Aldus-Druck von 1546. Zur Editionsgeschichte, siehe: Henry Green: Andrea Alciati biographical and bibliographical study. London 1872. $. 123. i r unter der Reg. Nr. W-GhP E 11 bis W-GhP i vollstandigig ini das Emblemregiste i habe ich : Emblemreliefs ei 30 Die ie einzelnen r, Tab. 1, (W-GhP E = WeiRenfels-Geleithshaus Portal Emblem), siehe: Katalog und Emblemregiste ΕἸ ire S. 446.

18

Über das Verkennen und Erkennen einer Kunstform

PAX" (,Fried aus Krieg.“1). Das Relief Zeigt in leicht abgewan delter Form das Emblem

XLV. aus dem Emblematum libellus (Abb. 3). Ein entscheidendes Detail fehit am Por-

talrelief. Dem Schlachthelm ist im Emblembuch ein Imkerhut aufgeset zt, der als Metapher

die honigsiRe

Friedenszeit unterstreicht.

Das Fehlen des Imkerhutes am

Portalrelief

kônnte Platzgründen geschuldet sein. Auf dem gegenüberliege nden Bogenzwickel zeigt

das Relief einen Vogel mit einem Jungvogel auf einem Felsen im Wasser nistend (Abb. 4). Das Vogelnest ist umgeben von Ahren und Früchten, die fragmen tarische Inschrift links daneben lautet ,EXPAC V | BERT | A° (,Von frid vberfluRigkeyt.“ ?).* Das Emblem mit dem segenbringenden

Frieden entspricht dem Emblem XIX. aus dem Emblematum libellus (Abb. 5). Alciato weist in der subscriptio des Emblem s darauf hin, dass es sich bei dem Vogel um Alkyone handelt. Die pictura des Emblems zeigt Alkyone nistend. Dies war ihr nur wahrend der Halkyonischen Tage im Dezember môglich, einer kurzen Phase

der Ruhe in stürmischen Zeiten.* Der Alkyone-Mythos symbolisiert eine glückliche Friedensphase. Die Embleme der Bogenzwickel verweisen also jeweils auf die Vorzüge des Friedens. Die zwei Reliefs in den Eckansätzen des Portalaufsatzes sind ohne Beischriften. Beide

Darstellungen finden sich wiederum im Emblematum libellus. In der linken Ecke des Por-

talaufsatzes

ist

ein

Tier

mit

langem

Schwanz,

schuppenartiger

Haut

und

spitzer

Schnauze dargestellt (Abb. 6). Tatsächlich handelt es sich um ein Chamäle on, wie es auf

dem Emblem LXXXVIII. mit der inscriptio ,In adulatores.“ (,Der Fursten heuchler.“#) dargestellt ist (Abb. 7).% In der Erstausgabe des Emblematum liber fehlt zu diesem Emblem

ἡ ὑροιϑδίσι προῖ Andrea Alciato: Clarissimi viri D. Andreae Alciati Emblematum libellus. Paris: Wechel 1542, Emblem

32 Alciato (1542),4), Emblem XLV., +.8. 106. 5 — Das Emblem ” ,EX BELLO PAX.”. aus dem Emblematum liber (Augsburg: j Steyner 1531) ist ähnlich gestaltet, unterscheidet sich aber in der Anzahl der Bienen. Vor dem PA ati eye i nicht drei, sondern acht Bienen. Au@erdem ist der Helm vôllig anders gestaltet. Die Anzahl der Bienen entspricht mit drei Bienen jener

Anzahl des Emblematum libellus, vergleiche: Andrea Alciato: Viri Clarissimi D. An=dreae Alciati lurisconsultiss er . Mediola. Et Con ad D. Chon=radum Peutinger g ü Au g u=stanum, l luri sconsul=t = um Emblema=tum = liber. i Augsburg: :

33 Ubersetzt nach: Alciato (1542), Emblem XIX, S. 55. 34 Alciato (1542), Emblem XIX., S. 54. — Das Emblem ,EX PACE UBERTAS." aus dem Emblemtum liber (Augsburg : Steyner 1531) zeigt einen Vogel ohne Jungvogel auf einem Felsen nistend, er blickt nach links. Auf dem WeiRenfelser Emblemrelief blickt der Vogel hingegen nach rechts, vergleich e: Alciato (1531), Biv.

35 Siehe hierzu: Ovid, Metamorphosen, XI, 745-749.

% Übersetzt nach: Alciato (1542), Emblem LXXXVIII., S. 197. 37 Alciato (1542), Emblem LXXXVIII., 8. 196. — Die Gestalt des Chamäleons wie sie auch auf dem Weifenfelser Pornn. Zu sehen ist, wurde erstmals in der deutsch-franzôsi schen Ausgabe von 1536 dargestellt, siehe: Alciato (1536),

Das WeiRenfelser Geleitshaus

19

die pictura. Damit ist der Nachweis erbracht, dass nicht die Erstausgabe als Vorlage verwendet wurde.

In der rechten Ecke des Portalaufsatzes zeigt das Relief zwei sich ge-

genüberstehende Vôgel, in deren Mitte sich ein Zepter befindet (Abb. 6). Es handelt sich um das Emblem VI. mit der inscriptio ,Concordia.* (,Einigkeyt.“*) (Abb. 8).*° In der sub-

scriptio aus dem Emblematum libellus werden die Vôgel als Krahen identifiziert, deren vorbildliche Eigenschaft laut Alciato darin besteht, dass sie in friedlicher Eintracht zusammenleben

und

dadurch

maRgeblich

die Macht

des

Herrschers

beeinflussen

und

ein-

schränken. Die Eintracht oder die Zwietracht der Krahen versinnbildlichen den Wechsel zwischen Frieden und Krieg.*! Maik Reichel interpretiert diese Embleme als Gegensatz-

paare. Das Chamdleon-Emblem* steht nach seiner Auffassung für die friedensgefahrdende Heuchelei und das Krahen-Emblem* für die friedensstiftende Eintracht.“ Im Mittelfeld des Portalaufsatzes zeigt das Relief drei Figuren mit der Beischrift ,FID: | El || SYMB:

| OLVM

| G-W-B-E:“

(Abb. 6). Links befindet sich eine nackte Frauengestalt.

Mit ihrer rechten Hand ergreift sie die Hand der rechten Figur. Die Frauengestalt rechts ist in einen schweren Umhang gehillt, nur die rechte Brust liegt frei. Auf dem Kopf tragt sie eine Corona. In der Mitte der beiden Figuren schwebt genau hinter dem Handedruck ein nackter Knabe mit Blütenkranz auf dem Kopf und einem Bogen in der rechten Hand. Die Darstellung entspricht dem Emblem XCV. mit der inscriptio ,Fidei Symbolum.* (,Ein wahrzeychen der Trewe.“#) aus dem Emblematum libellus (Abb. 9).“° Das Relief unter-

scheidet sich nur gering von seiner Vorlage. Die nackte Frauengestalt halt in der AlciatoAusgabe ein Buch mit einem Adler vor ihren Bauch, auf dem Portalrelief fehlt es. In der

38 Das Emblematum liber verweist lediglich auf die inscriptio ΙΝ ADULATORES*. Anstatt einer pictura steht in der Erstausgabe ein Verweis zum Chamäleon aus Plinius' Naturalis historia: ,De Chameleonte uide plin. natur. histor. libro. VIII. Cap. XXXIII.“ (Alciato (1531), E4r).

39 Ubersetzt nach: Alciato (1542), Emblem VI. 8. 29. 40 Ebd., 8. 28. — Das Emblem ,CONCORDIA“ aus dem Emblematum liber (Augsburg: Steyner 1531) zeigt ein vôllig anderes Bildmotiv. Dort laufen drei Krähen einer bekrénten Krahe hinterher, vergleiche: Alciato (1531), Adr.

41 Alciato (1542), S. 29. 42 Siehe hierzu die deutsche Ubersetzung der subscriptio aus dem Emblematum libellus: ,Auch on rot und weyRer sich kert/ In alle farb in ainer stund:/ Also hat allzeyt offnen mund/ Ein schmaychler, frist die arm gemain,/ Vnd lobt dem Fursten all sein fund/ On frumbkeyt, und die warheyt rain.“ (Alciato (1542), Emblem LXXXvVIII., S. 197). 43 Siehe hierzu die deutsche Übersetzung der subscriptio aus dem Emblematum libellus: ,Die Krawen halten sonderlich/ Vnder inn frid Vnd eynigkeyt,/ Drumb malt man sy nit vnbillich/ Zu dem scepter der herlichkeyt:/ Dan yedes volcks einhelligkeyt/ Gibt vnd nimbt den herren iren gwalt,‘/ Wo die zerbricht, kumbt in gleych leyd,/Drumb furst der deinen lieb erhalt.“ (Alciato (1542), Emblem VI., 8. 29).

44 Reichel (1996), S. 15. 45 Ubersetzt nach: Alciato (1542), Emblem XCV., S. 211. 4 Ebd., 8. 210. — Im Emblematum liber (Augsburg: Steyner 1531) erscheint die Figurentrias in einer anderen Handlungskonstellation. Hier reichen sich Veritas und Honor nicht die Hand, sondern sie haken sich bei dem Amorknaben unter, vergleiche: Alciato (1531), E6v.

20

Über das Verkennen und Erkennen einer Kunstform

Das Weifenfelser Geleitshaus

subscriptio werden die Figuren als Veritas (links), Honor (rechts) und Amor (mittig) vor-

ursprüngliche Bedeutung

gestellt.*” Diese Figurentrias geht zurück auf ein antikes Grabrelief aus dem 1. Jahrhundert v. Chr. Es zeigt Reliefportrats mit Beischriften eines Mannes (Honor), eines Knaben (Amor)

und

Dextrarum

einer iunctio‘.

Frau

(Veritas)

Uber

der

in einer Nische.

Figurennische

Zentral

befindet

sich

lacrum*.*® Die Datierung der Inschrift ist umstritten. Nachdem

scheint die

hier das

Motiv des

Inschrift ,Fidei

Simu-

sie lange Zeit für antik ge-

halten wurde, geht man mittlerweile von einer Nachbearbeitung aus einer Zeit vor 1465 aus. Die Rezeption des antiken Kunstwerks beginnt bereits im 15. Jahrhundert.‘ Einige Forscher halten die Inschriftensammlung Epigrammata antiqvae urbis Romae (Rom: Mazzocchi

1521) von Giacomo Mazzocchi

(tatig zw. 1505-1527) für die Quelle des ,Fidei

Symbolum‘-Emblems bei Alciato.® Für diese Sammlung wurden Holzschnitte von antiken Artefakten angefertigt, so auch von jenem Grabrelief, welches laut Mazzocchi zu seiner Zeit in der Kirche Santa Maria in Publicolis in Rom aufbewahrt wurde.

druckgrafische Wiedergabe

Es ist die erste

des antiken Grabreliefs.5? Alciato entlehnt zwar die Figu-

rentrias Honor, Amor und Veritas woméglich jener Darstellung, die Zusammenstellung und Beschreibung wurden von ihm aber grundlegend verändert. Alciato ersetzt die mann-

liche Gestalt des Honor durch eine weibliche Gestalt. Im Zentrum blieb hingegen das Motiv des ,Dextrarum iunctio' erhalten. Alciato liefert selbst eine Definition für sein Emblem in der subscriptio: ,Constituunt haec signa fidem, reuerentia Honoris/ Quam fouet, alit Amor, parturitque Veritas." (,Das ist ein rechtes bild und pfannd/ Gewiser Trew, die

Erbarkeyt/ Erzeuht, und Lieb in vestem stand/ Erhelt, ein tochter der warheyt.“*). Die

21

der Darstellung auf dem

antiken Grabrelief als Symbol eheli-

cher Treue oder der EheschlieRung (,Dextrarum iunctio’) ist bei Alciato auszuschlieRen.*°

Entscheidend ist die Erweiterung der inscriptio des Alciato-Emblems am Weifsenfelser

Portal durch den Zusatz ,G:W-B-E-“ (Abb. 6). Fritz Jager hat nachgewiesen, dass sich

hinter dieser Abkürzung das biblische Zitat ,Gottes Wort bleibt ewig.“** verbirgt. Er vermutet, dass es als protestantische Devise verwendet wurde. In WeiRenfels selbst gibt es weitere Beispiele für die Verwendung des Zitats an Hausfassaden.*’ Das Fidei Symboverbirgt also offensichtlich einen religiôsen Sinngehalt. Emblemrelief des Segmentgiebels verstarkt diese Annahme.

lum-Emblem

Ein Blick auf das

Den Abschluss des Portalaufsatzes bildet das Emblemrelief mit der Inschrift ,IN || DEO“

samt der Jahreszahl 1552 (Abb. 6). Das Relief zeigt einen Knaben, der auf einem Vogel reitet, die rechte Faust reckt er in den Himmel. Es handelt sich um Ganymed, der von

Zeus in Adlergestalt in den Olymp entführt wird.** Eine identische Darstellung findet sich im Emblematum libellus (Abb. 10).5° Die inscriptio ,In deo laetandum.* (,Sich erfrewen in Gott.“®) des Emblems XXXII erscheint im Segmentgiebel verkürzt. Edgar Wind führt an, dass ein Gott, der einen Sterblichen liebt, jenem durch einen gottlichen Todeskuss die

Teilhabe an der ewigen Seligkeit gewahrt.® Stellt man das Emblem aus dem Segmentgiebel und das Emblem

aus dem

Mittelfeld des Portalaufsatzes in einen übergeordneten

Zusammenhang, so ist ein sakralisierter Interpretationsansatz des F idei Symbolum-Emblems môglich. Die Figurentrias aus Honor, Amor und Veritas wurde immer wieder mit der sabinischen Gottheit Sancus in Verbindung gebracht. Bei den Rômern wurde er in einem Tempel auf dem Quirinal (heute Kirche San Silvestro al Quirinale) als Gôttertrias ,Semo

47 Alciato (1542), Emblem XCV., S. 211. 48 Karl-August Wirth: Fides III, ,Fidei Simulacrum“ (und ,Fidei Symbolum‘*). In: RDK (1984), VIII, Sp. 831-876.

49 Ebd., Ebd., Sp. 832. 32. — Konkret soll die Beschriftun g von Andrea de Santacroce (um 1400—um 1473) vorgenommen worden

sein, einem rômischen Juristen der päpstlichen Verwaltung und Verfasser der εἰὐθωφυώα Handschrif Notae in Ex gp einem Beitrag aus dem Traktat De notis publica auctoritate approbatis. Das Manuskript liegt vor, siehe: np Era ed Ms. Ham. 26, siehe auch: Ulrich Pfisterer: Lysippus und seine . Li gaben un chtnis im Rom der Renaissance oder: Das erste Jahrh i i 2008. Teilw. zugl.: Hamburg, Univ., Habil.-Schr., 2005/06, S. 142f. wees wee

50 Andreas Bassler: Die Umkehrung der Ekphrasis. per p . Zur Zur EntEntstehung von Alciatos >>Emblematum liber>Emblematum liber>Anwendungsfallen und Dieser Kurfürst gab mehrere Raumdekorationen mit Impresenmalere

Hofléfnitz, dem ein ein umfangreiches Emblemvorkommen fur das Berg- und Lusthaus

nd von der Repräsentatigesondertes Kapitel gewidmet ist (siehe Kap. 3.1.1.). Ausgehe tik als Bestandteil sakonskunst der kurfürstlichen Hofhaltung expandierte die Emblema

im 17. Jahrhundert raler und profaner Innenraumdekorationen ab 1620, so dass Sachsen kann. Bemerkenswert insgesamt als frühes Zentrum der Emblematik bezeichnet werden

die sich nicht nur in den Profansind die zahireichen emblematischen Kassettendecken, Emblemdecken aus der zweiten bauten des niederen Adels erhalten haben. Mehrere hen Bürgerhäusern nachHalfte des 17. Jahrhunderts lassen sich gleichfalls in sächsisc

1938) vermerkt in seiner weisen. Einige Beispiele seien genannt. Cornelius Gurlitt (gest.

Dresden eine bemalte Balkendecke Bestandsaufnahme der Kunstdenkmäler der Stadt straRe 18). Gurlitt bezeichnet sie mit Emblemen in einem Dresdner Wohnhaus (Schloss

wurde 1899 bei Umbaumakseinerzeit als symbolische Darstellungen. Die Balkendecke existiert heute nicht mehr. nahmen unter einer Putzdecke hervorgeholt.*°° Das Gebäude

452 Donath (2017), 8. 711. 453 Donath (2013), $. 131, Anm. 1.

Sachsen, siehe: Donath (2014), S. 37-42. 454 Ebd., 8. 128. — Zu den sakralen Emblemvorkommen Lustunweit von Schloss Augustusburg und das 1747 zerstorte 455 Genannt seien das niedergegangene L ustfischhaus ger Kaiser Teil Habsbur und r Herrsche her sächsisc Impresen jeweils haus auf der Jungfernbastei in Dresden, in denen e kurfürstliche sind. Zum Lustfischhaus, siehe: Harig: Das ehemalig der malerischen Innenraumgestaltung gewesen n. In: Glück Auf! Organ des Erzgebirgsvereins Malereie einstigen seine und sburg Augustu der .Lustfischhaus" unter Diemer: auf der Jungfernbastei in Dresden, siehe u.a.: Dorothea Heft 11, Jg. 22 (1902), 8. 177-182. — Zum Lusthaus issance. Band 1: Darstellungen. (JahSpatrena der astiker Bronzepl Palagio. del Hubert Gerhard und Carlo di Cesare n: Nossenis Lustt; 1) Bd. 1 (2), Berlin 2004 / Walter Bachman resgabe des Deutschen Vereins für Kunstwissenschaf

he Geschichte 57 (1936), S. 1-29. haus auf der Jungfernbastei. In: Neues Archiv für sachsisc Sachsen. älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kénigreichs 456 Cornelius Gurlitt: Beschreibende Darstellung der Dresden. Dresden 1903, 8. 659f. u. Fig. Stadt Heft: stes zwanzig Dreiund und igstes dzwanz Einundzwanzigstes, Zweiun 517.

Emblemràume

116

Der Gold- und Silberschmied Samuel Klemm (gest. 1678) lieR auRerdem in einem Vorsaal seines Wohnhauses im sächsischen Freiberg (Erbische StraRe 18) eine Emblemde-

cke anbringen, auch von ihr fehlt heute jede Spur.497 Johann Georg Schiebel dokumentiert in seinem Neu=erbautes erbauliches Historisches Lust=HauB (Leipzig: RuRworm 1679) eine weitere Decke in der unmittelbaren Nahe zu

Meifsen:,Beij dem Churfürstl. Sachs. Ambt=Schreiber zu Moritzburg Titt. Herrn Johann Christoff Feygen/ ist eine Stube (in dessen Hau=se) wegen der Mahlereij wohl zu besehen.“4°8 Jener Johann Christoph von Feyge ist womôglich mit einem Ratsherrn identisch,

der am 6. Dezember 1706 in GroRenhain unweit von Schloss Moritzburg verstarb.4 In einer Stube aus Feyges Haus waren sechs Emblemreihen mit jeweils sechs Emblemtafeln angebracht. Die Embleme der einzelnen Emblemreihen waren Uber die inscriptiones miteinander verbunden: ,Die Decke hat 36. Felder/ und so viel Sinnbilder/ von dero Uberschrifte sich allezeit sechse zusam=en reimen.“4®° An zwei Türen dieser Stube waren angebracht.#! Carl Alfred Zell hat die Emblem-picturae genauer

weitere vier Embleme

untersucht und festgestellt, dass 20 der 40 Emblemtafeln in Peter Isselburgs Emblemata politica (Nürnberg: Isseleburg 1617) erscheinen, eben jenem Emblembuch, das den emblematischen Freskenzyklus an den Fensterlaibungen im Groen Saal des Nürnberger

Rathauses literarisierte.*® In der von Schiebel erwahnten Emblemdecke ist die horizon-

tale Reihenordnung durch die Verbindung von jeweils sechs sich reimenden inscriptiones in einer Emblemreihe besonders markant. Weniger Jahre nach der Emblemdecke aus dem Herrenhaus von Niederjahna diente die Emblemsammlung Emblematische Ge-

müths-Vergnügung lie& ein Michael

ein weiteres Mal als malerische Vorlage. Zwischen 1697 und 1699 Burger (unbekannt) ein abgebranntes Wohnhaus (heute: HauptstraRe

13) in der Dresdner Neustadt im Jahr 1685 wiederaufbauen. Das Haus ist nach seinem spateren Bewohner, dem Maler Franz Gerhard von Kügelgen (1772-1820), als Kügelgenhaus bekannt. Es beherbergt heute das Museum zur Dresdner Frühromantik. Im

Zuge dieses Wiederaufbaus lie jener Michael Burger im zweiten Obergeschoss von einem unbekannten Maler zwei Holzbalkendecken (Räume 3 u. 4) mit Emblemen aus der

458 Johann Georg Schiebel: Neu=erbautes erbauliches Historisches Lust=HauR bung

und Versatzung

Leipzig: RuRworm

461 Ebd.,

Kap.

462 Zell (1975),

LXXIX,

und der zweete Theil die Jahrbegebenheiten

8. 164

LXXIX, S. 316.

S. 319

1679, 8, 315f.

Materialien zur Grossenhayner Stadtchronik, davon der erste Theil die Beschreider Stadt enthalt, aus Archiven,

den, Stadt= und Kirchenbiichern, Handschriften und andern Nachrichten zusammengetragen. S. 122 460 Schiebel (1679), Kap.

Sammlung

Emblematische

Gemüths=Vergnügung

(Augsburg:

Kroninger,

Gòbels

Seel.

Erben 1693 oder 1697) ausmalen (Abb. 81-82).*®

2.2. Emblemwände:

Emblemreihen

und eine Vielzahl

an Quellen

Neben die Emblemdecke in Form von emblematischen Kassettendecken trat in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts die ,Emblemwand‘. Die folgenden chronologisch geordneten Beispiele zeigen, dass Embleme in einer wandumlaufenden Holzverkleidung und

in der Innenraumgestaltung deutscher Schlosser, Lust- und Herrenhäuser einen eigenen Raumtyp begründeten, das Emblemfür die kabinett. Diese Emblemkabinette zeichnen sich insbesondere dadurch aus, dass malerische

damit als alleinige

Emblemmalereien

Wanddekoration

nicht nur ein Emblembuch

rere Emblembiicher

als Vorlagen

verwendet

(siehe Emblemdecke), wurden.

sondern stets meh-

Ein abschlieRendes

Unterkapitel

des 18. Jahrbefasst sich mit dem Fliesensaal von Schloss Wrisbergholzen aus der Mitte senEmblemflie hunderts, der den Emblemkabinetten wegen seiner wandumfassenden

ume verkleidung nahesteht. Dieser Fliesensaal markiert zeitlich das Ende der Emblemra und zeigt gleichfalls eine Sonderform der emblematischen

Innenraumgestaltung.

im 2.2.1. Die ehemaligen Emblemkabinette aus dem Lusthaus Amalienburg Gottorfer Neuwerksgarten Christian Albrecht von Schleswig-Holstein-Gottorf (1641-1695) seider Belagerung nem Vater Friedrich III. (1597-1659) auf den Herzogsthron, der wahrend en Krieges (1655— von Tônning durch dänische Truppen wahrend des Zweiten Nordisch gen trat ab 1660 1660/1661) verstarb. Mit dem darauffolgenden Frieden von Kopenha g-Holstein-Gottorf ein. vorerst eine zehnjàhrige Friedensphase im Herzogtum Schleswi Schleswig-Holstein-GotDas diffizile Verhàltnis zwischen dem Kònigreich Dänemark und Albrecht und der — torf sollte 1667 durch die Hochzeit zwischen Herzog Christian n (1009--Ἰ670} Friederike Tochter von Kônig Friedrich III. von Dänemark und Norwege 1659 folgte Herzog

mafigeblich von en Amalie (1649-1704), gefestigt werden. Die EheschlieRung wurde

457 Hofmann (2004), S. 937

459 Carl Gottfried Theodor Chladenius:

117

Emblemwände

Chroniken,

segg (1612-1676) und seiGottorfschen Hofkanzler Johann Adolph Kielman von Kielman (1639-1714) vermittelt. Nach nem Sohn Friedrich Christian Kielman von Kielmansegg

Urkun-

Pirna o.J., Kap. LXXIX,

| us Hartmut Freytag . Dietmar Peil (Hrsg.): Das Kügelgenha i ì us, siehe: aus dem Kügelgenha 463 Harms, Ludger Wolfgang Freytag, Hartmut von Beitragen Mit ration Deckendeko oo in Sorbet pe ma Neustadt an der Aisch 2000 Lieb. Dietmar Peil, Michael Schilling und Peter Strohschneider

118

Emblemràume

der Hochzeit lieR Herzog Christian Albrecht zu Ehren seiner Ehefrau im Gottorfer Neuzwischen 1669 und 1670 das Lusthaus Amalienburg errichten (Abb. 83).

werksgarten

Dieses Lusthaus war bis 1826 Teil der Gartenanlage von Schloss Gottorf, bis es Konig

Friedrich

VI. von

Dänemark

(1 768-1839)

wegen

Baufalligkeit

abreiRen

lieR.44

Felix

Lühning hat das Lusthaus Amalienburg durch die Auswertung verschiedener Archivalien und Bildquellen rekonstruiert (Abb. 84).455 Im Inneren der Amalienburg befanden sich vier

Emblemkabinette, deren emblematische Wandgestaltungen spatere Innenraumdekorati-

onen maf&geblich beeinflussten 456

Das Lusthaus Amalienburg war ein Zentralbau auf quadratischem Grundriss mit vier Eck-

Emblemwande: Lusthaus Amalienburg im Gottorfer Neuwerksgarten

119

Kabinette‘.#7 Der Entwurf des Lusthauses, zugeschrieben wird er dem Gottorfer Bauinspektor Johann Miller (1635-1674), macht jedoch deutlich, dass man sich an Idealent-

würfen der Renaissance orientierte.458 Die Ausmalung

des Mittelsaales wurde von Jürgen Ovens

der dafür 2000

Reichstaler

erhielt.4

Ovens

war schon

(1623-1678) für Herzog

übernommen,

Friedrich

III. von

Schleswig-Holstein-Gottorf (1597-1659) als Hofmaler tatig. Nach einem längeren Aufenthalt in Amsterdam holte ihn Herzog Christian Albrecht 1663 erneut an den Gottorfer Hof.47° Das malerische Programm von Ovens hatte zwei unterschiedliche Funktionen. Uber von Ovens bemalte Ledertapeten*’' auf den gemauerten Wandabschnitten mit gol-

pavillons mit ebenso quadratischer Grundfläche. Alle funf Bauteile besakRen Pyramiden-

denen Blumen, Trauben und grünem Laubwerk wurde die Natur von aufen illusonistisch

Saal die zweige-

in den Innenraum geholt, in die Fensterlaibungen malte er dieselben Bildgegenstande.

bergte im Inneren ausschlieRlich den zweigeschossigen Festsaal. Die Eckpavillons besaRen hingegen zwei ausgebaute Stockwerke. Im Erdgesc hoss führten vom zweigeSchossigen Saal des Mittelbaus Türen in den Ecken in die seitlichen erdgeschossigen Kabinette des jeweiligen Eckpavillonbaus. Vom Mittelbau aus führten an den Längsseiten

gemauerten Wandabschnitt und dem hôlzernen Wandabschnitt des Obergeschosses, auf dem das Pyramidendach aufgesetzt wurde, malte Ovens zwischen 1672 und 1613 Gemälde auf Kiefernbretter. Lühning geht davon aus, dass es sich hierbei um Vexierbil-

dacher, wobei

der Mittelbau mit seinem

zentralen zweigeschossigen

schossigen Eckpavillons um eine halbe Stockwerkhéhe überragte. Der Mittelbau beher-

weitere Türen direkt in den Garten, das Hauptportal lag dabei an der Südseite mit Blickrichtung Schloss

und Neuwerksgarten.

An der éstlichen Schmalseite war eine weitere

Tur vorhanden, die mit einem Treppenaufgang verbunden war. Uber diese Treppe erreichte man den AuRenbereich des Obergeschosses.

Über einen schmalen Umgang

81-120, hier: 8. 111.

Die Gottorfer Amalienburg. In: Nordelbingen 80 (2011), S.

465 Für das architektonische Gestaltungsbild des Lusthaus es verweist Lühning auf eine Gouache von Carl Ferdinan d Stelzner (1805-1894), die Stelzner wohl zwischen 1818 und 1822 malte (Bildnachweis: Hamburg, Museum fiir Kunst und Gewerbe, Kat.-Nr. 556). Diese Gouachenmalerei zeigt das Lusthaus zwar in einem idealisierten Zustand, denn zu diesem Zeitpunkt war das Gebäude schon lange baufallig. Der architektonische Aufbau deckt sich jedoch mit Bauzeichnungen von Wilhelm Friedrich Meyer (1799 — 1866), die 1823 entstanden, als ein Abriss oder ein Umbau des Gebäudes diskutiert wurde (Nachweis der Bauzeichnungen: Reichsarchiv Kopenhagen, Tyske Rentekammer, |. Slesvigske Kontor E 24.2/ Akter vedr. Gottorp Slot Il 1825-29) , vergleiche: Lühning (2011), S. 82 u. S. 113, Anm. 13. = Die malerische Gestaltung der Innenraumdeckenund -wande sind im Gottorfer Bauinventar von 1708 dokumentiert. Lühning konnte den Bauinspektor Christian Albrecht Thomsen (gest. 1722) als Verfasser des Bauinventars identifizieren, vergleiche: Lühning (2011), 8. 113, Anm. 5. - Das Gottorfer Bauinventar liegt vor, siehe: Schleswi g, LASH,

Abt. 7, Nr. 6826.

der gehandelt habe. Diese Vexierbilder zeigten spielende Putten mit den APRES dern des dänischen Kônigshauses und dem Stammwappen

Christian Albrechts, die mit

Gôttinnen und Satyrn in amourôsen Szenen kombiniert wurden.“’* Den Abschluss bildete

er-

reichte man die vier obergeschossigen Kabinette des jeweilig en Eckpavillonbaus. Der Umgang und die vier weiteren Eckkabinette im Obergeschoss fungierten als Belvedere. Der Aufbau des Erdgeschosses unterschied sich materiell vom darüber liegenden Obergeschoss. Während das Erdgeschoss aus Mauerwerk bestand, wurde das Obergeschoss der jeweiligen Bauteile lediglich als hélzerner Aufsatz ausgeführt. Luhning bezeichnet dementsprechend das Obergeschoss der jeweiligen Eckpavillons als hôlzerne

464 Felix Lühning: Architektur im barocken Niemandsland.

Für die Schrägen des Halbdaches, womôglich als Katschur ausgefihrt,4”2 zwischen dem

! der Stadt ! Schlesi isti ù : Niko! Nikolaus Helduader's Chronik Jürgensen: auch: : Johann Christian _ 82f. — Siehe Lühni wìgLL\:ganga%ÎrO:gàèîis zum Jahr 1822 fortgeführt und mit Anmerkungen und Ergànzungen begleitet. Schleswig 1822,

467

i

S. 159f.

468 Als architektonisches Vorbild für das Lusthaus schlägt Lühning die Villa Poggio Reale in penn as 1487 — fae da Maiano (1432-1490) für Kônig Alfons Il. von Neapel (1448-1495) entworfen hat. Sellen ae ῥῥφοωιν Boers Ἢ erhaltenen Villa wurde im dritten Buch von Sebastiano Serlios (1475-1 554) Sette Libri see D Sebastiano Serlio: Il Terzo libro, nel quale si figurano e si descrivono le antiquità di Roma. Ì mers pe ns At à CLI u. CLII). Serlios Architekturtraktat war in verschiedenen Ausgaben in ganz Europa verbrei ἐς ; ae Grundriss wie das Lusthaus basierte auch das Château de Challeau, das Konig Franz |. von Fran es À pen gs für seine Favoritin Anne de Pisseleu d'Heilly (um 1508-1580) 1540 erbauen lies. In der done she Se es ἔρον ὑπ ον ρου erbaut), das ebenso εν ge yan Balan je bis 1735 Schloss Ténning E (zw. 1580-1583 à : : i Got lie war. Schloss Ténning und die Amalienburg verdeutlichen, ass sic! réRer | εἰ talienischen und ronibeiechen Vorbildern Süden orientierten, vergleiche: Lühning (2011), S. 86.

Bes taba

459 Transkription des Vertrages zwischen Herzog Christian Albrecht und Jürgen Ovens vom es rei are— Ν résumer i riiv (2011)... 416, ége lala oh von Schleswig-Holstein-Gotto' ee (3), Schleswig 1977, Nr. 1 67, 8. 19). - ere M rpm chael Paarmann: Gottorfer Gartenkunst. Der alte Garten. Kiel, Univ., Diss. 1986, Nr. 1272,

sr les οὐδὲ Schleswig-Holsteinisiehe: Mi st : S.

470 Getrud Schliiter-Géttsche: Jürgen Ovens. Ein schleswig-holsteinischer Barockmaler. Heide 1978, $. 27. i Rega (1822), S. 163.

8 AE

A

i 7

wor sein worden ersetzt n Ledertapeten, dieie iin spaterer Zeiti wohl durch Panee le ersetzt 5. 634. — Jürgensen spricht 1822 von ,Panelwerk', siehe: Jürgensen HN

472 Der Katschur bezeichnet eine Schräge zwischen Wand und Decke, σι vor πῇ ἡ a

. ra al

oe

architel archite ieses i ò iin den Peseln und Dénsen. é n sich solche Schrägen es auch als Lokalkolorit zu verstehen, vergleiche: Lühning (2011), S. 95. res

473 Lühning (2011), 8. 92f.



120

Emblemràume

ein grofes Deckengemälde mit der Verherrlichung der kôniglichen Prinzessin Frederike

Amalie von Danemark (August 1671) im Kreis der olympischen Gôtter‘’4 und dem zukünftigen fürstlichen Erben von Gottorf.‘175 Die malerische Gestaltung des Saales war also ganz der Verherrlichung Friederike Amalies als neuer Landesmutter gewidmet, deren Apotheose an die Pflicht gebunden war, einen Thronfolger zu gebären. Für Herzog Christian Albrecht war die EheschlieRung

aus zwei Griinden von auRerordentlicher Bedeu-

Emblemwande: Lusthaus Amalienburg im Gottorfer Neuwerksgarten

121

Embleme, aber dafür eine kurze Anmerkung auf die Darstellungsweise der picturae und deren Wirkung, ,[...] welche dermaBen nach den Affecten gebildet sein, daf solches mit

groRer Plaisir zu betrachten [...] “77 sei. Die zentralen Wandflächen der jeweiligen Eckkabinette waren also vollständig mit Emblemmalereien bedeckt, die Gartendarstellungen hingegen rückten in diesen Zimmern an dezentrale Positionen (Türfüllungen, Fensterläden). Der Vorschlag Lühnings, dass das Buch De l'art des devises (Paris: Cramoisy 1666)

Albrecht verbesserte sich für die Gottorfsche Herzogslinie das Verhältnis zur danischen

von Pierre Le Moyne (1602-1671) als Vorlage gedient haben kônnte, ist demnach auszuschlieRen. Der Hinweis, dass die Embleme nach den Affekten gemalt seien, spricht

Kônigs- und Stammlinie des Hauses Oldenburg, das seit den Nordischen Kriegen belas-

dafür, dass auf den picturae wohl menschliche Figuren und deren Gemütszustände ab-

tung. Durch die eheliche Verbindung zwischen

Frederike Amalie und Herzog

Christian

tet war. Gleichzeitig konnte nur seine Ehefrau Friederike Amalie die Thronfolge und damit das Uberleben der Gottorfschen Linie für die Zukunft sichern. Im Lusthaus Amalienburg waren keine weiteren Nutz- und Wohnräume vorhanden. Es ist daher anzunehmen, dass der Saal des Mittelbaus ausschlieRlich für festliche Anlässe genutzt wurde. Durch das malerische Bildprogramm stand die Verbindung der Gottorfschen Nebenlinie und der danischen Stammlinie im Zentrum, die durch Prinzessin Frederike Amalie verkôrpert wurde. Sie sollte einen Thronfolger gebären und dieser zukünftige Erbprinz die Neben- und Stammiinie vereinigen. Lühning folgert daraus: "Es steht allein die Dekoration im Vordergrund — fast wirkt die Amalienburg eigentümlich hohl und sinnentleert. In der Tat lieR ihre Ausstattung nur eine einzige Funktion zu, und die bestand in der Verherrlichung der danischen Prinzessin. So betrachtet bildet sie innen und aufen nichts weiter als eine architektonische Hülle [...], die nur durch ihre spektakuläre dekorative Ausstattung lebte.“476

gebildet waren und solche Darstellungen findet man bei Le Moyne nicht. In den Umkreis

der spielenden Putten und Gôtterfiguren aus der Deckenmalerei passt vielmehr die Lie-

besemblematik eines Otto van Veen oder eines Daniel Heinsius (1580-1655) mit AmorDarstellungen,

die bereits in den ersten Ausgaben

franzôsische inscriptiones lieferten.

Denkbar ware ebenso Otto van Veens Horaz-Rezeption Quinti Horatij Flacci Emblemata (Antwerpen:

Verdussen

1607), die bereits Mitte des 17. Jahrhunderts als franzôsische

Fassung La doctrine des moeurs (Paris: Sevestre 1646) vorlag.

Die Frage nach méglichen Vorlagen fiir diese Emblemkabinette muss hier unbeantwortet bleiben. Die Gottorfer Bibliothek befindet sich zum grôfiten Teil in der Danischen Kôniglichen Bibliothek in Kopenhagen. Nach dem Grofen Nordischen Krieg wurden zwischen 1732 und 1749478 die Bestände in mehreren Transporten nach Kopenhagen überführt. Mit der Besetzung von Schloss Gottorf 1712-1713 durch danische Truppen fielen mehr

als 10 000 Druckwerke und etwa 350 Handschriften an Danemark.4”? Ein Teil dieser Bücher ging an die Sora Akademi auf der Insel Seeland, wo sie 1813 verbrannten. 1811

Die vier Eckpavillons geben einen Hinweis, welche Funktion der Amalienburg auRerdem

zukam. Ahnlich wie im zentralen Saal wurde auch in den erdgeschossigen Eckkabinetten die Natur malerisch in den Raum geholt. In den Türfüllungen und den Fensterläden waren Gartendarstellungen zu sehen, die Decke wurde dagegen mit Géttern und spielenden Putten bemalt. In allen vier Eckkabinetten wurden die Wande mit Leinwanden überzogen, auf denen in achteckiger Rahmung Embleme mit franzôsischen inscriptiones gemalt waren. Im Bauinventar von 1708 finden sich keine weiteren Hinweise auf die Quellen der ge

υορυςς des Gétterhimmels durch Johann Christian Jürgensen nachvoliziehbar, siehe: Jürgensen (1822), 8.

475 Lühning fand in den Beschreibungen zum Deckengemalde im Saal der Amalienburg

ein a

i

i

Im Gôtterhimmel wurde auch der zukünftige Thronfolger des Herzogtums Po sr De ee wurde durch den Maler Ovens vor allem auf die Verpflichtung der jungen Prinzessin hingewiesen, nämlich einen Thronfolger zu gebaren. Den Thronfolger bringt sie 1671 mit Friedrich IV. auf die Welt. Wahrend der Fertigstellung des Gemäldes war Fi rederike Amalie schwanger. Eine Tochter, Sophie Amalie (1670-1 710), hatte sie ein Jahr zuvor geboren. Friederike Amalie war auf dem Deckengemälde Ceres und Flora gegenübergestellt, was ihre Verpflichtung als neue Landesmutter noch einmal unterstrich, vergleiche: Lühning (2011), S. 96.

476 Ebd., S. 90.

477 LASH, Abt. 7, Nr. 6826, S. 636.

In: Ulrich Kuder, 478 Hans-Walter Stork: Handschriftenbestande in SchloR Gottorf aus Cismar, Lügum und Bordesholm. Hans-Walter Stork, Babette Tewes (Hrsg.): Die Bibliothek der Gottorfer Herzôge. Symposium Stiftung Schleswig-Hol steinische Landesmuseen Schloss Gottorf. Nordhausen 2008, S. 43-64, hier: S. 55. ersen: Gottorp 479 Zum Verbleib der Bücher in der Kéniglichen Bibliothek zu Kopenhagen, siehe: Karen Skovgaard-Pet Kuder, Hans-Walter books in the Royal Library of Copenhagen. A note on the possibilities of identification. In: Ulrich

steinische LanStork, Babette Tewes (Hrsg.): Die Bibliothek der Gottorfer Herzòge. Symposium Stiftung Schleswig-Hol daraufhin, dass handschriftdesmuseen Schloss Gottorf. Nordhausen 2008, S. 129-151. — Skovgaard-Petersen weist

liche Kataloge vorliegen, die einen Teilbestand der Gottorfer Bibliothek vor dem Transport nach Kopenhagen zwischen 35, 1735 und 1749 verzeichneten, siehe: Kopenhagen, Danische Kénigliche Bibliothek, Archiv, 5A, Nr. 30, Nr. 31 und

vergleiche: Skovgaard-Petersen (2008), S. 130f u. Anm. 3-5.

122

Emblemràume

wurden weitere Bestànde der ehemaligen Gottorfer Bibliothek aus der Kòniglichen Bibli-

othek in Kopenhagen an die Universitàtsbibliothek Oslo abgegeben.*®° Während des

Baus der Amalienburg war Marquard Gude (1635-1689) zwischen 1671 und 1677 Hofbibliothekar am Gottorfer Hof. Er selbst verfügte über eine umfangreiche Hausbibliothek, die sein Sohn 1706 und 1709 zum Verkauf angeboten hat.#! Auch in der Hausbibliothek von Gude sind môgliche Emblembuchvorlagen zu suchen. Ohne genauere Beschreibungen der Embleme aus den Eckpavillons der Amalienburg gleicht die Suche nach diesen emblematischen Vorlagenbüchern aber einer Sisyphusarbeit.482 Dass mòglicherweise Emblembücher nicht in den Hofbibliotheken zu suchen sind, sondern im Besitz von Malern und ihren Werkstätten gewesen sein kônnen, zeigt sich exemplarisch im Nachlass von Jürgen Ovens. Im Nachlassinventar des Gottorfer Hofmalers von 1691, das ein Jahr nach dem Tod seiner Frau Maria (gest. 1690) verfasst wurde,483 sind zwei Emblembücher von Jacob Cats (1577-1660) dokumentiert. Es handelt sich um die Emblembicher Protevs ofte minne-belden (Rotterdam: van Waesberge 1627) und Spiegel Van den Ouden ende Nieuwen Tijdt (Den Haag: Burchoorn 1632).484 In den Rechnungen der Gottorfer Rentkammer hat Lühning den Maler der Embleme entdeckt. Auf einem Zah-

480 Ernst Schlee: Gottorfer Kultur im Jahrhundert der Universitätsgründung. Kulturgeschichtliche Denkmäler und Zeugnisse des 17. Jahrhunderts aus der Sphäre der Herzége von Schleswig-Holstein-Gottorf. Flensburg 1966, 8. 253f. — Weiterführende Literatur, siehe: Ulrich Kuder, Hans-Walter Stork, Babette Tewes (Hrsg.): Die Bibliothek der Gottorfer Herzôge. Symposium Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen Schloss Gottorf. Nordhausen 2008 / Wolfgang Merckens: Die Kataloge der Gottorfer Hofbibliothek und die Sammlung von Wowern. In: Zeitschrift der Gesellschaft für Schleswig-Holsteinische Geschichte 107 (1982), S. 53-65. — Merckens konnte die Sammlungssyst ematik in der Gottorfer Hofbibliothek durch eine Analyse der erhaltenen Kataloge, u.a. von Johann von Pechlin (1677-1757), nachweisen. Demnach folgte die Sammlungssystematik der Idealordnung nach den Planetenzeichen und Sternbildern, wie sie Samuel Quiccheberg (1529-1567) als Inventarisationsprinzip fur Kunst- und Wunderkammern vorgeschlagen hat und in Gottorf von Adam Olearius umgesetzt worden ist. Dieser Umstand erklart sich daraus, dass die Gottorfer Bibliothek

seit spatestens 1650/1651

Emblemwände: Lusthaus Amalienburg im Gottorfer Neuwerksgarten

123

lungsbeleg aus dem Jahr 1672 werden die Malereien dem Maler Jürgen Fuhrmann (Le-

bensdaten unbekannt)*®> zugeordnet.#% Fuhrmann erhielt für die Malerarbeiten in den vier Eckpavillons 280 Reichstaler, gerade mal ein Zehntel der Summe, die Ovens fir die

Ausmalung des zentralen Saales erhalten hat.4°” In dem Werk /C. Codicis & Mathematum Prof. P. In Academia Christian-Albertina, Mathesis Regia (Kiel: Reumann 1693) würdigt Samuel Reyher (1635-1714) das mathematische Interesse der Gottorfer Herzége. Er selbst wurde 1665 Professor für Mathematik an der neugegründeten Christian-Albrechts-Universitat zu Kiel. In seiner Würdigung be-

richtet er über eine Besichtigung der Amalienburg. In den Eckpavillons sah er neben gewôhnlichen Kunstgütern und Raritäten, VergroéRerungsglaser und einen Raum mit einer Camera obscura.488 In welchem Eckpavillon sich diese Camera obscura befand, konnte bisher nicht aufgeklärt werden.#° Die Emblemkabinette in den erdgeschossigen Eckpavillons scheinen dafür denkbar ungeeignet. Lühning vermutet, dass die meisten Sammlungsobjekte in den hôlzernen Eckpavillons des Obergeschosses untergebracht waren. Für die malerische Dekoration der jeweiligen ,hdlzernen Eckkabinette’ konnte Lühning den Gottorfer Hofmaler Johann Müller (1635-1674) in den Rechnungen der Gottorfer Rentkammer nachweisen. Die Ausmalung der Kabinette entsprach der Ubrigen dekorativen Malerei. An den Decken waren Putten und Gétter abgebildet, umgeben von Trauben und Früchten. An den Wanden malte Müller Satyrn und Gôtter bei der Jagd.‘° Diese

Eckkabinette‘ waren ausschlieRlich über das Treppenhaus und den als Bel-

hôlzernen

vedere gestalteten Umgang auf dem Obergeschoss zugänglich. Von dort aus ermôglicht

(Ankauf des Raritätenkabinetts des Bernhardus Paludanus) mit der Kunstkammer des

Schlosses eng verbunden war, vergleiche: Merckens (1982), S. 57ff.

“81 Zu diesem Zwecke wurden Verkaufskataloge angefertigt. Der Verkaufskatalog über den Bücherbestan d wurde unter

dem folgenden Titel publiziert: Bibliotheca exquisitissima libris [...] Marquardo Gudio [...] quae publica auctione distrahetur Hamburgi [...]. Kiel: Reuther 1706. — Zu Gude und seiner Bibliothek, siehe weiterführend e Literatur: Patrizia Carmassi (Hrsg.): Retter der Antike. Marquard Gude (1635-1689) auf der Suche nach den Klassikern. (Wolfenbütteler Forschungen; 147) Wiesbaden 2016 / Hermann Gidionsen: Katalog der sog. Gudeschen Bibliothek. Rendsburg 1902. 482 Eine Inventarisierung des Bibliotheksbestandes wurde von dem Gottorfer Hofbibliothek ar Johann Nikolaus Pechlin (1646-1706) vorgenommen. Von ihm stammt ein alphabetischer Registerkatalog (siehe: Kiel, Universitatsbibliothek, Cod. MS. S. H. 410). Ein älteres Verzeichnis ist auRerdem aus dem Jahr 1590 (siehe: LASH, Abt. 7, Nr. 192). 1707 publizierte sein Sohn Johann von Pechlin (1677-1 757) einen weiteren Handschriftenkatalog und den 1709 publizierten Catalogus Bibliothecae Gottorpiensis (siehe u.a.: Eutin, Landesbibliothek, Ms. 63: 54). Ein Gesamtkatalog über den

Bestand der Gottorffer Hofbibliothek vor der Überführung der Drucke und Handschriften nach Kopenhagen liegt bisher

nicht vor, vergleiche: Dagmar Hettstedt: ,Catalogus Bibliothecae Gottorpiensis “. Eine Projektskizze. In: Ulrich Kuder, Hans-Walter Stork, Babette Tewes (Hrsg.): Die Bibliothek der Gottorfer Herzôge. Symposium Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen Schloss Gottorf. Nordhausen 2008, S. 9-16, hier: 8. 11 / Emil Steffenhagen: Die Klosterbib-

liothek zu Bordesholm und die Gottorfer Bibliothek. Zwei bibliografische Untersuchungen. In: Zeitschrift der Gesell-

schaft fur schleswig-holsteinische Geschichte 13 (1883), S. 65-142, hier: S. 86.

423 Harry Schmidt: Das Nachla®-Inventar des Malers Jürgen Ovens. In: Quellensammlung der Gesellschaft für Schles-

wig-Holsteinische Geschichte 7 (1913), 8. 1-89, hier: 5.1.

44 Ebd.; S: 50,

] : Michaelisgeder St. Kirche im im Kirchenbuch ühning von Frauke Lühning ithi Fuhrmann unter Mithilfe ù i Jürgen ühni konnte einen 485 Lühning sable einen der 1881 verstarb. Ob er nun mit dem Maler der Embleme identisch ist, konnte nicht nachgewiesen werden, vergleiche: Lühning (2011), S. 118, Anm. 83. i Verweisi auf: ; LASH, Abt. 7, Nr. 2349, Rent kammerrechnung 1672, fol. 98r u. 486 Ebd., $. 99 u. 8. 118, Anm. 84 (hier ὑὸς / siehe she Hector (1977), Ne 2349, 5. 312. — Rechnung transkribiert bei: Paarmann (1986), Nr. 1289 u. 1293,

S. 270.

487 Luhning (2011), 8. 100. — Hinweise auf weitere Verbindungen zwischen dem Gottorfer Hof und Kielman und Eckern-

fôrde, siehe Rentkammerrechnungen: Paarmann (1986), Nr. 1287 u. 1290, S. 270.

Regia. Kiel: Reimann 488 Samuel Reyher: IC. Codicis & Mathematum Prof. P. In Academia Christian-Albertina, Mathesis

i

1693, S. 50-52.

an deren Bau des Gottorfer isi ei diei Camera obscura inin einem (2011), S. 101. — Ernst Schlee lokalisiert

Neu489 Lühning hasty (1656-1 735) — Bie cade À prie Berücksichtigung der Beschreibungen des Chronisten Ulrich Petersen E . ( age die Camera obscura im obersten Stock des Globushauses direkt unter dem Dach, vergleiche: Schlee Paarmann siehe: Amalienburg, Lusthaus das auf Hinweis Paarmann von — Dagegen in den transkribierten Rechnungen

(1986), Nr. 1249, S. 266.

i 0 fol. cor op S. 268.

Re i Verweisi auf: ’ LAS, Abt. 7, Nr. 234 7, » Rentkammerabrechnung 11), $. 102 u. 119, Anm. 104 (hier

bed de

Ss

Hector (1977), Nr. 2347, 8. 312). - Rechnung transkribiert, siehe: Paarmann (1986), Nr. 1269,

i

Emblemràume

Emblemwände:

ein kurzer Spaziergang einen Rundumblick auf das Schloss und den Gottorfer Neuwerks-

mentieren, was für ein Augenlust durch das Portal. F. in den Garten/ zur rechten Sei-

garten. Dieses architektonische Detail entspricht den Vorschlagen zeitgenôssischer Gar-

ten indem Theatro,

tentheoretiker. Joseph Furttenbach d. A. (1591-1667) empfiehit in seinem Traktat Architectura civilis (Ulm: Sauer 1628) eine offene Galerie oder einen Spaziergang als Bauwerk, von dem aus man ,[...] mit sonderm Lust [...] “49! den Palast und den Lustgarten überbli-

cken kann. Augenlust, Rekreation und Herzensfreude sind jene Gemütsregungen, die Furttenbach mit den Lustgärten in Verbindung bringt.*9? Furttenbach d. A. beschreibt daher den eigentlichen Zweck solcher Gartengebäude als Nachtlager für die Sommerzeit und als Rückzugsort von den Regierungsgeschäften.#3 Im Lusthaus Amalienburg fehiten

nun allerdings solche bewohnbaren Zimmer. Im Zentrum stand dort der zweigeschossige Saal des Mittelbaus, von dem aus vier Türen in den Garten führten, die ôstliche dieser

Türen auRerdem

in das Treppenhaus

und damit ins Obergeschoss

mit den ,hdlzernen

Eckkabinetten', in denen Objekte aus der Kunst- und Wunderkammer ausgestellt wurden.

Weitere vier Türen führten in die Eckpavillons mit den Emblemmalereien. Das Lusthaus diente hier also nicht zur Erholung in der Sommerzeit und in den Abendstunden, sondern

vielmehr als Sammlungs- und Veranstaltungsort für kleinere hôfische Gesellschaften. Luhning verweist in seiner Rekonstruktion

des Lusthauses

auf das Mébelinventar von

1695. Demnach befanden sich neben einem Tisch insgesamt 38 Stühle im Saal und in einem spateren Inventar wird auRerdem noch ein Spieltisch erwähnt.44 Das Lusthaus

wurde also vorrangig als Veranstaltungsort für festliche Anlässe und als Aufenthaltsraum

für unterhaltsame Stunden in kleineren Gesellschaften genutzt. Die Eckkabinette im Erdund dem Obergeschoss boten bei solchen Aufenthalten eine Môglichkeit zum Lustwandein. Furttenbach beschreibt im Idealplan eines fürstlichen Palastes einen Raum mit ähn-

licher Funktion:

» E. ein Saal/ oder ein Loggia, welcher auch für einen Durch=gang zum spazieren in den Garten zu dienen hat. [...]. Wann nun in dem Saal. E. Sommerzeiten ein Pancket gehalten/ vnd die Tafel bey. E. gestelt wirdt/ lasse ich den ver=nünfftigé selbert argu-

491 Joseph Furttenbach d. A.: Architectvra Civilis. Ulm: Sauer 1628, S. 33.

422 Ebd., 8. 33f. — Siehe auch: Joseph Furttenbach d. A.: Architectvra Recreationis. Ulm: Sauer 1640, S. 46. “99 ,[..] ein kleiner Pallazotto, so in der wildnu steht/ dahin angesehen/ daft nach lang getragenem last des Regiments/

ein Furst vnd Herr Sommerszeit allda zu Abends ein stillen ort/ vnd absonderliche Wohnung habe’ [...] die gedancken also zu erquicken/ dz sie deR andern Tags dest [...] williger widerumben die ihr von Gott auffgetragene Regierung erdulden kônden.“ (Furttenbach (1628), 8. 34).

494 Lühning (2011), S. 102.

Lusthaus Amalienburg im Gottorfer Neuwerksgarten

oderindieScienaComoedia, vnd zur lincken Seiten

indasAntiquariumzuprospectirn erweckt werde.“4

Furttenbach skizziert in diesem Textausschnitt die typische Lage einer ,Sala terrena’, die

nach seiner Auffassung zwischen dem Theater und dem Antiquarium (oder der Kunst-

kammer) liegen sollte. Vor allem die Funktion des Antiquariums ist dabei beachtenswert: Antiquarium, vnd Kunstkammer/ allda allerhand Antiquiteten/ samt anderer das kiinstlichen Sachen/ vnd derer einer solche menge

zu sehen/ daf& man

etliche stundt

darüber zu s p e c u=li e r n Zeit gebraucht.“4% Alle drei Raume (Theater, Antiquarium, Kunstkammer) sind als Kommunikationsorte der héfischen Gesellschaft angelegt, sie haben

nicht ausschlieRlich

repräsentativen

Charakter.

,speculiern’ beschreibt Furttenbach die Raumfunktion

Mit den Verben

,prospectirn’

und

und gleichsam die Raumwirkung,

die neben der Zerstreuung vor allem die Lust nach Konversation anregen soll. Im Lusthaus Amalienburg

ist ein solcher Gartensaal (,Sala terrena') als eigenstandiger Bau in

die AuRenanlage versetzt worden.#7 Das Fehlen von Wohnräumen und Heizmdglichkei-

ten spricht dafür, dass das Lusthaus ausschlieRlich von sommerlichen Festgesellschaf-

ten aufgesucht worden ist. Die Eckpavillons dienten im Lusthaus einem ähnlichen Zweck wie Antiquarien und Kunst- und Wunderkammern in den fürstlichen Residenzen. Nach einem Bankett im Festsaal laden die erdgeschossigen Emblemzimmer und die ,hôlzernen

Eckkabinette‘ im Obergeschoss die geladene Hofgesellschaft zum ,speculiern' (über die

Embleme) und zum ,prospectirn‘ (Kunst- und Wunderkammer) ein.

Die topografische Lage der Amalienburg im Neuwerksgarten von Schloss Gottorf als Rückzugsort für die hôfische Gesellschaft (,se retirer‘) und die Funktion des alerts als Ort des Vergnügens (,le plaisir‘) ohne spezifischen profitablen Nutzen (économie) sind ebenso funktionsspezifische Kriterien der spatbarocken Maisons de plaisance, welche Dietrich von Frank basierend auf Jacques-François Blondels (1705-1774) Architekturtheorie formuliert hat. Der zentrale ebenerdige Festsaal (Sala terrena) mit seinen direkten Zugängen in die Parklandschaft, der Belvedere und die Reduzierung der Raum-

495 Furttenbach (1628), S. 20-22, Hervorheb. i. O. 4% Ebd., $. 21, Hervorheb. i. O. 497

lienburg i

SS

e | ist. 8 dass als ausgelagerte zu verstehen Beispiel, das einzige terrena ist lagerte Sala ispi inzi ni ist nicht

pres eu ee 7 Beispiel ist im Garten von om vale eke ns Ma n i anla in ( Waldstein von Josef Johann sich lieR 1712 i ras pa “ce teat i “hs 711) eine Sala terrena als separiertes Lusthaus erbauen. RE (Hrsg.): Nafikova-Mixova: Mnichovo Hradiëté (Münchengrätz). In: Hugo Roktyya, Jifi Hilmera

den béhmischen Landern. Prag 1965, S. 183-185.

Burg:

Ein

126

Emblemràume

folge um den Festsaal herum erfüllen ebenso die grundspezifischen Kriterien der Architektur dieser Lustschlôsser.#8 Dietrich von Franks Untersuchungen basieren auf franz6-

sischen Bauten des 17. Jahrhunderts und deutschen Lustschlôssern des 18. Jahrhunderts in ihrer Abhangigkeit von franzôsischer Vorbildern. Dennoch

lassen sich die Krite-

rien bereits auf Lusthäuser aus den deutschen Schlossgartenanlagen des 17. Jahrhunderts Ubertragen. Zu diesen Lusthausern fehlten deutschsprachige Architekturtraktate, die Lust- oder Jagdschlésser als eigenständige architektonische Werke besprachen. 4°

Seit dem 16. Jahrhundert waren Lusthäuser nérdlich der Alpen ein fester Bestandteil fürstlicher Residenzen. Die Amalienburg von Schloss Gottorf ist in diesem Zusammenhang sicherlich ein Bau des Ubergangs zwischen den Lusthäusern®%® in Schlossgärten des 17. Jahrhunderts und den spatbarocken

Maisons de plaisance’! des 18. Jahrhun-

derts.

Die Emblemkabinette der Amalienburg von Schloss Gottorf beeinflussten ein Emblemvorkommen gewissermafen in direkter Nachfolge, nämlich die sogenannte ,Bunte Kammer’ aus dem Herrenhaus von Gut Ludwigsburg (ehem. Gut Kohôved). Diese ,Bunte Kammer’ vermittelt noch einen Eindruck, wie die Emblemkabinette der Amalienburg ausgesehen haben kônnten. Der Auftraggeber des Ludwigsburger Emblemkabinetts, auf den Begriff der ,Bunten Kammer’ werde ich weitestgehend verzichten, war jener Friedrich

Christian Kielman von Kielmansegg, der zu den engsten Vertrauten von Herzog Christian

Albrecht von Schleswig-Holstein-Gottorf zähite. Das Ludwigsburger Emblemkabinett entstand unmittelbar nach der Fertigstellung der Amalienburg. In einigen Emblem-picturae bilden das Schloss Gottorf und die Amalienburg sogar den Bildhintergrund. Die Referenz wurde also eindeutig sichtbar gemacht. Luhning schlägt Christian Fuhrmann aus diesem

127

Emblemwande: Herrenhaus von Gut Ludwigsburg

Bevor nun im Folgenden die gestalterischen Merkmale jenes Ludwigsburger Emblemka-

binetts analysiert werden, môchte ich auf eine weitere ,emblematische’ Referenz hinwei-

sen. Das Emblem LB 6 von Gut Ludwigsburg zeigt in der pictura als Bildhintergrund selbs-

treferenzierend einen Ausschnitt des Emblemkabinetts (Abb. 85). In der Bildmitte ist ein Tisch zu sehen, auf dem eine gedffnete kleine Schatztruhe steht. Darüber hebt eine Hand

einen Schlüsselbund mit mehreren Schlüsseln. An der rechten Seitenwand steht auRerdem ein Kabinettsschrank, auf dem einige Marmorbüsten zu aus einer Wolke kommend

sehen sind. Die inscriptio lautet ,NON OMNIA | POSSUMUS | OMNES" (,Keiner von uns vermag alles“5°3), Die Kombination von Tisch und Kabinettschrank als Môbiliar ist ebenso

für alle vier Emblemkabinette aus dem Lusthaus Amlienburg dokumentiert.5% Das Gottofer Môbelinventar von 1695 erwähnt als einzige mobile Ausstattung für jedes Eckkabi-

nett einen Tisch und einen Schrank.°°°

2.2.2. Das Emblemkabinett aus dem Herrenhaus von Gut Ludwigsburg Friedrich Christian Kielman von Kielmansegg kaufte 1672 das Gut Kohôved (spater Ludwigsburg) bei Eckernférde von den Erben Friedrich von Ahlefeld (gest. 1672)%. Bis 1676 lie Kielman von Kielmansegg das Gut und ein dazugehôüriges Herrenhaus aus dem spaten 16. Jahrhundert zu seinem Hauptwohnsitz ausbauen. Uber diese Umbaumanahmen ist nicht viel bekannt. Sie beschränkten sich im Wesentlichen auf die Ausstattung der Innenräume des Herrenhauses.*” Für ein Zimmer seines Herrenhauses lief er Holzver-

tafelungen aus Eichenholz mit emblematischen Abbildungen anfertigen. Von diesen emb-

Grund auch als Maler für die Embleme des Emblemkabinetts von Gut Ludwigsburg vor.5°2

488 Dietrich von Frank: Die ,maison de plaisance“. Ihre Entwicklung in Frankreich und Rezeption in Deutschland. Dargestellt an ausgewähiten Beispielen. (Beiträge zur Kunstwissenschaft: 27) München 1989. Zugl.: München, Univ.,

Diss., 1987, 8. 249-257.

499 So der Befund von Heiko Laf in seiner Analyse der Jagd- und Lustschlossarchitektur des 17. und 18. Jahrhunderts in Thüringen, siehe: Heiko LaR: Jagd- und Lustschlôsser. Kunst und Kultur zweier landesherrlicher Bauaufgaben. Dargestellt an thüringischen Bauten des 17. und 18. Jahrhunderts. Petersberg 2006. Zugl.: Aachen, Univ., Diss., 2004, 8.

19.

500 Man denke dabei u.a. an das Neue Lusthaus in Stuttgart. Weiterführende Literatur, siehe u.a.: Nikolai Ziegler (Hrsg.): »Eine der edelsten Schépfungen deutscher Renaissance". Das neue Lusthaus zu Stuttgart. Begleitbuch und Katalog zur Ausstellung des Landesarchivs Baden-Württemberg, Hauptstaatsarchiv Stuttgart. Stuttgart 2016 / Ulrike WeberKarge: ,... einem irdischen ParadeiR zu vergleichen ...". Das neue Lusthaus in Stuttgart. Untersuchungen zu einer Bauaufgabe der deutschen Renaissance. Sigmaringen 1989. Zugl.: Mainz, Univ., Diss., 1986.

503 Ubersetzt nach: Freytag, Harms, Schilling (2004), $. 143.

504 Lühning (2011), 8. 101, Anm. 89.

505 LASH, Abt. 7, Nr. 169, Gottorfer Mébelinventar von Mai 1695). Mutter Beate von Rantzau (1605— iner 1670 von seiner 5 von Ahlefeld erbte das Gut Kohôved iedri 506 Generalleutnant Friedrich verstorbenen Bruder Paul Rantzau 1670), die es wiederum noch vor ihrem eigenem Tod 1670 von ihrem kinderlos (1598-1670) vererbt bekam.

:

507 M

Ne

Freytag, Wolfgang schichte der Bunten Kammer im Herrenhaus Ludwigsburg. In: Hartmut Densité des Barock. Die Embleme der Bunten Kammer im gare oe

501 Man denke dabei an Schloss Favorite oder Schloss Monrepos in Ludwigburg oder Schloss Falkenlust in Brühl. Zu

ripper un seth

Habl., Schr. 1992 / Frank (1987).

edi,

802 Lühning (2011 ), S. 100. — Hinweise auf weitere Verbindungen zwischen dem Gottorfer Hof und Friedrich Christian Kielman von Kielmansegg, siehe Rentkammerrechnungen: Paarmann (1986), Nr. 1287 u. 1290, S. 270.

2000, S. 16ff.

den zahlreichen Beispielen in Frankreich und in Deutschland, siehe: Katharina Krause: Die maison de plaisance. Landhauser in der Ile-de-France (1660-1730). (Kunstwissenschaftliche Studien; 68) München 1996. Zugl.: Freiburg, Univ.,

um 1590 umbauen lie&. Das ursprünglic

e

Doppe

ie

i wan

ξ Neg - Ree

Tafel zeigt den tour

Daniel Freese (um 1540-1611) für Heinrich von Rantzau (1526-1598) malte. Die Tafel ete

pes

Tafel 2 een de 157 Raza ien pends la er sogonann

bei Eckernférde. In Verbindung mit Wolfgang Carl und Deert Lafrenz. Kiel 2004, S. ae

zeig MO im Bes

Randleiste 50 Herrenhäuser, Burgen und Schlôsser die sich rh bak Gut Kohéved, vergleiche: Oliver Auge: Adlige pra

des

dar Rant RARIZALSIS

à μὰ ps

rer et so

80 (2011), S. ar i ie of har 20) Motte 1600. Die sog. Rantzausche Tafel auf Krengerup (Fünen). Nordelbingen(Kleine Schleswig-Holstein-Bücher,

rich Rantzau.

Humanismus

und Renaissance

in Schleswig-Holstein.

128

Emblemràume

lematischen Olbildern existieren heute noch 170 Holztafeln. 1950 verzeichnete das Lan-

desamt für Denkmalpflege Schleswig-Holstein noch fünf weitere Emblemtafeln als Inventarbestand, von denen heute aber jede Spur fehit.5°8 Die kunsthistorische Forschung hat heute also Kenntnis von 175 Emblemtafeln.

Davon

befinden sich 145 Emblemtafeln als holzvertäfelte Wandverkleidung im Emblemkabinett (der sogenannten

,Bunten

Kammer‘)

(Raum

10)5*° und 25 in der heutigen

Bibliothek

(Raum 1.4)°* des Herrenhauses (Abb. 86-89).°? Diese Zahl muss jedoch nicht mit der tatsachlichen Stückzahl Ubereinstimmen. Die heutige Anbringung der Emblemtafeln an den Wanden des Emblemkabinetts entspricht nicht der ursprünglichen Ausstattungssitu-

ation.

Bereits

1690

erwarb

der Hamburger

Jurist Adrian

van

Temming

(vor 1690-

nach1740)°*, der als Geheimer Rat am dänischen Hof diente, Gut von Kielman von Kiel-

mansegg. Nach weiteren Besitzerwechseln kaufte Friedrich Ludwig von Dehn (16971771) 1729 das Gut und lieR das ältere Herrenhaus bis 1739/1740 durch einen Neubau

ersetzen. Bei diesem Neubau wurden die Emblemtafeln erstmals von den Wanden

ge-

nommen. Wo sich die Embleme im Kielmanschen Herrenhaus ursprünglich befanden, ist

508 Landesamt für Denkmalpflege Schleswig-Holstein (Hrsg.): Die Kunstdenkmäler des Kreises Eckernférde. Bearb. von Gustav Oberdieck, Ludwig Rohling, Joachim Seeger, Helmut Perseke, Theodora Holm. (Die Kunstdenkmäler des Landes Schleswig-Holstein; 5) München 1950, 8. 247-269, hier: 252-263. — Es handelt sich um die verzeichneten Embleme mit den Nummern N. 146, Nr. 149, Nr. 151, Nr. 159 und Nr. 161(nur pictura) mit Nr. 180 (nur inscriptio), siehe: Katalog und Emblemregister, Tab. 7, S. 506. — Siehe auch: Freytag, Harms, Schilling (2004), $. 155 / Lafrenz

(2004), S. 39, Anm. 18.

509 Die Bezeichnung als ,Bunte Kammer’ stammt wohl von Peter Hirschfeld, siehe: Peter Hirschfeld: Herrenhäuser und Schlôsser in Schleswig-Holstein. München 1953, S. 77. — spater von Henning von Rumohr weitergeführt, siehe: Henning von Rumohr: Schlésser und Herrenhäuser im Herzogtum Schleswig. Frankfurt am Main 1968, S. 260 (hier werden die Embleme noch als Sprichwortbilder aufgefasst und als Auftraggeber Paul Rantzau (gest. 1670) angegeben).

Emblemwande:

129

Herrenhaus von Gut Ludwigsburg

bisher ungeklärt.5 Friedrich Ludwig von Dehn wurde 1768 in den danischen Grafenstand erhoben, woraufhin er das Gut Kohéved in Ludwigsburg®* umbenennen lief.° Für den

Neubau des Herrenhauses, eben jenes heute noch erhaltene dreigeschossige Backsteinhaus mit Mansarddach, wurde das Steinmaterial der Vorgangeranlage verwendet.°”’

Dehn verfuhr ebenso mit den emblematischen Holzvertafelungen. Links neben der zentralen holzvertafelten Eingangshalle liegen heute einfach ausgestattete Wohnraume und rechts fuhrt ein Régence-Treppenhaus in die repräsentativen Appartements der Beletage und weiter in das zweite Obergeschoss.

Das nordôstliche Eckzimmer

(Raum

1.4) der

Beletage neben der Treppenanlage lieR Dehn mit den von Kielman von Kielmansegg in Auftrag gegebenen emblematischen Holzvertäfelungen verkleiden.** In einem Inventar, das nach dem Tod von Baron schen dem

Friedrich Ludwig von Dehn

als Bestandsaufnahme

12. und 15. Juli 1771 angelegt wurde, wird dieser Raum

zwi-

als ,Emblema-Zim-

mer‘ bezeichnet und diente laut Verzeichnis als Schlafstube, denn in diesem Zimmer re-

gistriert das Inventar auch ein ,altfranckisches Himmel-Bett*>”’. Uber die Stückzahl der Emblemtafeln und die Form der Anbringung schweigt das Inventar. In den 1920er Jahren

folgte eine erneute Versetzung der Emblemtafeln an den heutigen Platz in das Erdgeschoss des Herrenhauses. Unter dem ersten Podest der Treppenanlage führt ein kurzer Durchgang in den dahinterliegenden gartenseitigen Raum (Raum 10), in dem 145 der 175 bekannten Emblemtafeln als Wandverkleidung angebracht wurden.*”

HolzDie Raumwände wurden bei dieser Neugestaltung vollstandig mit emblematischen vertäfelungen verkleidet. Präsentiert werden diese 145 Emblemtafeln in Fünferreihen durch übereinander, also in horizontaler Ausrichtung. An der Südwand wird die Reihung

510 Die Raumzahlung folgt der Arbeit von Heiko K.L. Schulze, siehe: Heiko K.L. Schulze: »...ist alles Nied- und Nagelfest’. Das Ludwigsburger Inventar von 1771. In: Jahrbuch der Heimatgemeinschaft Eckernférde e.V. 46 (1988), 8. 161-197, hier: $. 190. — In der Forschungsliteratur auch als Raum 2 bezeichnet, siehe: Kunstdenkmäler des Kreises

Eckernfürde (1950), 8. 251.

511 Schulze (1988), 8. 190. — In Forschungsliteratur auch als Raum 25 bezeichnet, siehe: Kunstdenkmäler des Kreises Eckernfürde (1950), 8. 251.

514 Lafrenz (2004), S. 39-41.

tafelungen in Ludwigsburg und Gaarz. In: Wolfgang Harms, Hartmut Freytag (Hrsg.): AuRerliterarische Wirkungen ba-

verwenden. 515 Im weiteren Textverlauf werde ich immer wieder beide Namensbezeichnungen eal . e weet È a - i ial gf 516 Schulze (1988), S. 165 / Kunstdenkmäler des Kreises Eckernférd t | Del von L Ludwig Friedrich verlie ieR Jahr diesem in i d denn n i lich, als wahrschein inli hauses 1739 giltilt als N seit 1728 Geheimer Rat Hofes bis 1742 verwei Ite. Dehn war i i wo er als Gesandter des dänischen drid, i Rich Schleswig und Holstein (1671-1730). Ζινὸῖ . ptt ed Tecate IV. von Danemark und Norwegen, Herzog von ig-Wolfenbüttel Mie aula βει i ᾧ Rd er als Major in militärischen Diensten von August Wilhelm von Braunschwe ee sei ( Acie ei esd lg ae Len schickte, n Kopenhage nach Hof danischen den an als Diplomaten GUN: dr AU e Eightve ¢ Nicolai Archi itekten dem ses Herrenhau neuen des g Bauplanun die feld schreibt di ibt irscl ter. Hofbaumeis kôniglicher 1735 er in Dresden und Warschau wurde Ausbi À~ ungen der mesh 1735 und 1740, was mittlerweile durch dendrochronologische Untersuch ) 5. ( S. 189), vergleiche: Hirschfeld derlegt und auf einen Baubeginn um 1730 vordatiert wurde (Schulze (1988), 169ff.

Kunstdenkmäler des Kreises Eckernférde (1950), $. 247-269.

517 Lafrenz (2004), 8. 31f.

512 Freytag, Harms, Schilling (2004), S. 11. — Zur wesentliche Forschungsliteratur über die ,Bunte Kammer', siehe: Hartmut Freytag: On the >>Bunte Kammer

Betrachtet man nun die Gesamtgestaltung des Fliesensaales mit Blick auf die einzelnen

An

185

Fliesensaal von Schloss Wrisbergholzen

1P PS

6.

Emblemwände:

186

Emblemràume

Die monochrome

Gestaltung und die Reihenordnung widersprechen an dieser Wandflàche eben jenem Prinzip der Variation. Plausibler erscheint mir, dass diese unterschiedli-

chen Emblemfliesen vorliegen, weil man in der Manufaktur von Wrisbergholzen mit der Ubertragung der bildlich-literaren Form des Emblems auf Wandfliesen experimentierte: mit Rahmenverzierung oder ohne Rahmenverzierung, mit inscriptio oder ohne inscriptio?

Diese Versuchsstadien bilden sich entsprechend im Fliesensaal von Wrisbergholzen ab. Mit jenen Emblemfliesen mit Rahmenverzierung (Fliesenproduktion 1749)®4 wird man versucht haben, den gr6ften Teil des Saales auszukleiden. Mit den restlichen Fliesen

wurden dann im Anschluss die übrigen Freiflachen gefliest und womôglich auch Fliesen

zur Wandfüllung nachproduziert (Ostwand, Supraporten, obere Wandzone).®%5

Kôhler geht dennoch davon aus, dass urspriinglich ein Bildprogramm vorgelegen haben muss. Zum einen nennt er die Monatsfliesen mit franzôsischen inscriptiones, die tatsäch-

lich wohl als konzeptionelle Eigenkreationen der Fayence-Manufaktur von Wrisbergholzen zu deuten sind.®% Ein solcher emblematischer Jahreszyklus müsste allerdings an den Wandflächen nachzuvollziehen sein. Dies ist aber nicht der Fall. An der Westwand

erscheinen

beispielsweise die Emblemfliesen

mit den

Inschriften Juni und Marz in der

ersten Emblemreihe nebeneinander, es folgen in der selben Emblemreihe auRerdem die Monate Februar, Dezember, April und Juli.2°” Diese Monatsfliesen sind also unter den anderen Emblemfliesen kaum zu identifizieren, eine logische und vor allem eine zyklische

Abfolge ist nicht vorhanden.

Ebenso verhalt es sich mit den 28 Emblemfliesen mit den franzôsischen inscriptiones aus der dritten Centurie von Camerarius.88 Auch sie bilden

keine geschlossenen Emblemreihe, sie verschwinden vielmehr in den einheitlich gestalteten Flachen der West-, Süd- und Nordwand zwischen Emblemfliesen mit Rahmenver-

zierung.

Kohler weist auRerdem

auf eine Besonderheit an der Ostwand

hin. Zwischen

dem ersten Fenster der Ostwand und der Tiire an der Nordwand befindet sich eine schmale Wandfläche (W R 9), die mit scheinbar gréReren Fliesenformaten ausgestattet

Emblemwande:

187

Fliesensaal von Schloss Wrisbergholzen

wurde (Abb. 184). Die Emblemfliese WR 9, 10 mit der inscriptio ,Souffrir & esperer.“ 6.6.

den und Hoffen“8®) zeigt rechtsseitig eine zweite Rahmenverzierung und den Ansatz eipictura sowie den Ansatz einer inscriptio ,P[...] “. Kôhler geht davon aus, dass diese insgesamt 10 Emblemfliesen speziell für jenen Flächenabschnitt ner zweiten

gerahmten

gebrannt wurden.8° Dies würde bedeuten, dass die linksseitigen Emblemansätze auf beden Fliesen, die allesamt unterschiedlichgestaltete Text- und Bildansätze aufweisen,

wusst als Fragmente gemalt worden waren. Die Emblemfliese WR 9, 10 ist auf das Jahr 1749 datiert. Also sind die zehn gréReren Emblemfliesen vermutlich zeitgleich mit den anderen

Wandfliesen

produziert worden,

die dieselbe Rahmenverzierung

(Rocailleran-

kenwerk) aufweisen. Es ist also ebenso denkbar, dass dieser Fliesentyp als ene glee tige querrechteckige Doppelfliese (also 27 x 47 cm) produziert und nach sens zweiten Brand

Ein solches Produktionsverfahren deuten ebenso die Ornamentkaufmännischer Sicht sicherlich ein kostensparendes und ριοαυκινθθ

halbiert wurde.

fliesen an. Aus

fùr die Verfahren, weil der angefachte Brennofen optimal ausgelastet wàre. Es gibt auch zug-eden und s Monatsfliesen und die Emblemfliesen mit den franzòsischen inscriptione ie oat von Wrishòrigen Vogeldarstellungen einen Bezug zur Produktpalette der de a bergholzen. Denkbar ware, dass diese speziellen Emblemfliesen als Chann

Zu-

tole ansammengesetzt werden sollten. Bildprogramme, wie es Kohler für beide ponder Vogelfliesen) nimmt, waren auf Fliesentableaus (12 Monatsfliesen, 28 emblematische aride durchaus denkbar. Auf überschaubaren Flächen wie Kachelôfen oder Rarincacaw lassen sich Emblemfliesen durchaus nachweisen.®'"

Mit der Verwendung

von Merle hig

nd einen schen inscriptiones für solche Emblemfliesentableaus wollte man entspreche Annahme, ect breiten Markt erreichen. Mehrere Argumente sprechen also gegen die wurden. Einidie Emblemfliesen explizit für den Wrisbergholzener Schlossaal practizied! ige ire ges spricht vielmehr dafür, dass Emblemfliesen als grofsformat

duktpalette der Fayence-Manufaktur erweitern sollten. In diesem oe

die Pro-

ist es also unklar,

selbst in Auftrag gegeben ob die Schlosserbauer von Wrisbergholzen die Emblemfliesen

809 Eigene Ubersetzung. 5% Das Jahr 1749 erscheint eben ausschlieBlich auf Emblemfliesen mit Rahmenverzierung

Kohler (2014), $. 58 / Kohler (1988), 8. 92, 8. 126, 8. 146.

als Inschrift, vergleiche:

805 Einige Emblemfliesen scheinen tatsächlich an die Wandbegebenheiten angepasst worden zu sein. Erstaunlicherweise finden sich solche Beispiele ausgerechnet an jener Wandflache WR 7 der Nordwand, in die nachtraglich der Einbauschrank integriert wurde. Diese Anpassung wurde als Fliesenfragment' im Emblemregister dokumentiert, siehe: Katalog und Emblemregister, Tab. 10, S. 555-559.

806 Kôhler (2004), 8. 20-27. 807 Kôhler (1988), 8. 117f. 808 Kôhler (2007), 8. 227-247.

810 K6hler (2014), S. 63f.

für 1966, dass die Fliesen womôglich auch als Wandbekleidung 81 Martin Boyken äuferte die Vermutung bereits(1 966), a tly ere S. 8. — Horst Appuhn hat — Kacheléfen denkbar seien, vergleiche: Boyken dennoch ist er der Ansicht, dass diese ee.

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der Emblemata und διρίϑομθη Μούνοι se ÉÎÀÎ'ÌLÎ: îèî,pgig?erìréiîaîlsze)r«osmos. Die verborgene Botschaft cs Hea Ὡς

Weisgerber: ofen im Kloster Salem. (Salemer Hefte; 5) Salem 2014 / Gerhard

A ὦ soe tet Scie. ein O.0. rice ti- Sie τ Bürgeln. Dem Himmel näher. ; E U 282, S. 287, S. 242-246, S. 2005, d Frauenfel rts. des 18. Jahrhunde LRO erat rien

315, 8. 317-321, S. 407-408.

rs

quasi

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siehe:

i

188

Emblemràume

haben oder ob die Emblemfliesen in Eigeninitiative durch den Verwalter der FayenceManufaktur produziert wurden.812 Schloss Wrisbergholzen wurde erst nach dem Bau der Fayence-Manufaktur auf dem Gelànde einer fruheren Schlossanlage als Dreiflugelanlage zwischen 1740 und 1745 erbaut.

Auf dem Giebel des Eingangsportals weist die Jahreszahl 1745 auf das Jahr der Bauvoll-

endung hin und ebenso auf die beiden Bauherren Rudolf Johann Freiherr von Wrisberg und Christina Henriette Freifrau von Schlitz genannt von Goertz (1695--1766).813 Einigkeit herrscht in den einzelnen Forschungsarbeiten darüber, dass der Freiherr von Wrisberg das Schloss nicht selbst bewohnte, sondern seine Nichte Katharina Eva Sophia von Wrisberg (1721-1769),

die seit 1737

mit seinem

Neffen,

dem

Freiherrn Carl Friedrich von

Schlitz genannt von Goertz (1715-1750) verheiratet war.814 Martin Boyken geht davon aus, dass zwei Jahre nach dem Schlossneubau der Fliesensaal in den Jahren 1747 und 1752 nach und nach mit den Wandfliesen ausgestattet wurde. Er begründet seine Annahme damit, dass mit Johann Christoph Haase ein Maler der Fayence Manufaktur zu Wrisbergholzen während der Produktionsphase der Emblemfliesen verstorben ist. 815 Zwischen 1747 und 1752 waren noch weitere Maler für die Fayence-Manufaktur tatig. Belegt sind der Maler Heinrich Ernst Grote (gest. 1750) und Ulrich von Dassel (tatig zw. 17391748)816.817 Als Auftraggeber kommen also um die Zeit um 1750 sowohl Rudolf Johann Freiherr von Wrisberg oder seine Nichte Katharina Eva Sophia von Wrisberg in Frage, ihr Ehemann Freiherr Carl Friedrich von Schlitz genannt von Goertz stirbt bereits 1750.

Die Raumfunktion des Fliesensaals ist wegen fehlender Kenntnisse zur Baugeschichte nicht eindeutig aufzuklaren. Fraglich ist, ebenso ob sich Rudolf Johann Freiherr von Wris-

berg wegen seiner Amter überhaupt in Schloss Wrisbegholzen aufhielt und inwieweit er

Einfluss auf die Fayence-Produktion vor Ort hatte. Sein Lebensmittelpunkt war neben

Emblemwande:

189

Fliesensaal von Schloss Wrisbergholzen

Celle wohl der Hannoveraner Hof und wahrscheinlich auch London.®"® Die Hinweise, die meines Erachtens die Annahme bestatigen, dass die Emblemfliesen als Produkterweite-

rung der Fayence-Manufaktur fiir den Verkaufsmarkt gedacht waren und erst spater im Fliesensaal

angebracht

wurden,

zeigen

gleichzeitig,

das

dass

Projekt emblematische

Wandfliese gescheitert ist und dafür gibt es Gründe, die in der Entwicklung oe Fayencefliesendekoration zu suchen sind. Die zahlreichen Fliesenzimmer und FREE 17. und des 18. Jahrhunderts haben ein wesentliches Charakteristikum: Es sind rein dekorative Flächengestaltungen, die den Gestaltungsprinzipen der Monochromie, Monotonie und Wiederholung folgeleisten. Eine sinntransportierende Kunst-

wände des späten

ist hingegen wegen seiner Bild-Text-Kombination auf die Einzelausgelegt und eignet sich daher als Bildgegenstand weder auf klein- noch me

form wie das Emblem schau

groRformatigeren Wandfliesen, deren schlichter Sinn es ist, Wandflächen zu füllen. Ein Exkurs über die Entwicklung solcher Fliesendekorationen unterstreicht diese Annahme,

denn einen ähnlich ausgestalteten Fliesensaal wie in Schloss Wrisbergholzen sucht man vergeblich.

Die Fliesenproduktion erlangte durch die sogenannten Delfter Fliesen‘ seit dem 17. Jahrhundert einen permanent steigenden Absatzmarkt an den europäischen Hôfen. Der Handel mit chinesischen Porzellanwaren wurde anfänglich durch das Kônigreich Portugal®’? über die Kolonie Macao bestimmt, spater durch verschiedene Ostindien Kompanien, un-

ts ter denen sich die Niederländische Ostindien-Kompanie zu Beginn des 17. Jahrhunder ein Handelsmonopol erkampfte. In den Stadten der Republik der Vereinigten siens

gründeten sich parallel zum Porzellanhandel noch während des ϑραπίβο!Νιϑαθπάπαί: schen Krieges mehrere Fayence-Manufakturen. Die ersten niederlàndlsc.hen Μαπυϊδκίωin ren adaptierten anfangs die Formgestalt der Antwerpener Fliesenproduktion, vor allem

512 Eine Neuausrichtung der Fayence-Manufaktur ist immerhin für die Zeit um 1739 durch Archivalien dokumentiert. 1739 verlie& Werkmeister Martin Friedrich Vielstich (gest. 1752) Wrisberholzen. Seine Stelle übernahm Johann Andreas Kornrumpf (unbekannt), der sofort die Ausgaben fiir das Personal reduziert. Noch 1740 wurde allerdings auch ein neuer Brennofen gebaut, vergleiche: Schandelmaier (1993), S. 65.

#13 Auf dem Giebel erscheinen neben dem Datum die Initialen wR.J.F.H.V.W.* und ,C.H.F.F.V.S.G.V.G.“, vergleiche: Kôhler (2014), 8. 60.

214 Kôhler (2014), 8. 60 / Kohler (2007), 8. 228 / Appuhn (1972), 8. 58. 815 Boyken (1968), S. 43 / Boyken (1966), S. 22. — sieh hierzu auch: Kôhler (2004), S. 18ff.

816 Johannes Kôhler gibt den Namen des Malers als Johann Ulrich von Dassel wieder. In den vorhandenen Archivalien

wird er unter dieser Namensführung nicht genannt (Schandelmaier (1993), S. 68f). Kéhler geht davon aus, dass sich eine Initiale ,|.U.V.D.“ auf der Emblemfliese WR 5, 105 mit jenem Maler in Verbindung stehen kônnte, vergleiche:

Kôhler (2004), 8. 19f.

517 Schandelmaier (1993), S. 68f / Konrad Hüseler: Deutsche Fayencen. Ein Handbuch der Fabriken ihrer Meister und

Werke. Band 1. Stuttgart 1956, 8. 44f. — Die Namen der Angestellten der Fayence-Manufaktur ebenso belegt in einer unverôffentlichten Magisterarbeit, siehe: Bettina Rinke: Die Fayencefabrik Wrisbergholzen. Ein Beitrag zur Keramik-

forschung in Niedersachsen. Géttingen, Univ., Mag., 1987

818 Rückert, Vortmann (2003), S. 438f.

len Eindiei von zwei i untersc hiedlichen i ktion, i ändi ge Fliesenprodu eigenständi ine i die maurischen Einflüsse weiterhin Reconquista der rt Habinsel oa flüssen bestimmt wurde. Auf der iberisch À mit vegetabilen und floralen CREER pragend für die Dekorationskunst, u.a. für Wand- und Bodenfliesen = Ἵ : οὐ 2 der ig ἐρότθλφι Let Durch den Handel mit chinesischen Porzellanwaren vermischte sich in eae die blau-weife Farbge' ὑηρ σοι M cape hunderts die durch den maurischen Stil gepragte Azulejo und

519 Im Kônigreich Portugal entwickelte

eigenständigen Majolika-Stil, der vorrangig auf Ro

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ten Verwendung

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fand. Einfuhrende

ge δ procter Literatur,

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hye ome ,

Jorg

ὑπὰ es n

ee

1998 / José Gärten und Kirchen. Aufnahmen von Nicolas Lemonier. München

e 1989. Meco, Rainer Marggraf: Fliesenkultur in Portugal. Bramsch

Emblemràume

Amsterdam, Haarlem und Middelburg, die wiederum besonders von der italienischen Majolika-Kunst (Faenza®°, Urbino, Siena) gepragt war.821 Erst in den 1610er Jahren wurden in den Manufakturen der nérdlichen Niederlande weif-blaue Fliesen hergestellt, die die

Emblemwände:

Fliesensaal von Schloss Wrisbergholzen

Tugendpermen die mythologisch-allegorischen Stichserien antiker Helden, Gôtter und bäuländlichin sonifikationen eines Hendrick Goltzius (1558-1617) und biblische Motive von diesem Bildererlichen Dorfansichten eines Abraham Bloemart (1564-1651 ).825 Eine

konzentrierte sich die Produktion in Delft dagegen vorwiegend auf weifs-blaues Fayence-

liesenprodukvorrat unabhängige Motivpalette hat sich in der niederländischen Fayencef ion bekanntion nicht entwickelt, sie beschränkte sich im Wesentlichen auf die Reprodukt Form des Emblems ter flämischer und niederländischer Bildserien. Die bildlich-literare n, obwohl die Embwurde offenbar nicht auf die niederländische Fayencefliese übertrage fizin in Antwerpen eine lembuchliteratur praktisch zeitgleich ausgehend von der Plantin-Of m stiegen im 17. Jahrwachsende Leserschaft erreichte. Die Städte Leiden und Amsterda auf.826 Emblemfliesen hundert zu den führenden Druckorten emblematischer Literatur

geschirr.

aus

Farbgebung

der importierten chinesischen

Porzellanware

nachahmte.

Die Anpassung

der Farbgebung erfolgte in den niederlandischen Manufakturen also wegen des Massenimports chinesischer Porzellanware und deren Popularität. Um

konkurrenzfahig zu blei-

ben, passte man die Fayenceproduktion in Rotterdam, Utrecht, Haarlem, Amsterdam und Harlingen

an

die

Importware

8η.522

Anfänglich

war

die

Delfter

Fayence-Manufaktur

ebenso auf die Fliesenproduktion spezialisiert und wohl kurzzeitig marktführend. Ab 1650 Den

europäischen

Fliesenmarkt

mit weifs-blauen

Fayencefliesen

bestimmten

hingegen die Manufakturen in Rotterdam, Harlingen und Makkum, allerdings unter der gebrauchlichen

Bezeichnung der ,Delfter Fliese’, die durch die wei&-blaue Farbgebung

(,Delfter Blau‘) von den Zeitgenossen als Synonym für niederlandische Fliesenprodukte verwendet wurde.®23 Letztlich entwickelte sich die Keramikfliesenkunst von den polychro-

men Wand- und Bodenfliesen der Mauren Uber die Majolika-Fliesen Spaniens, Italiens (vorwiegend Bodenfliesen) und Antwerpens (Wand- und Bodenfliesen) hin zur monochro-

men blau-weif&en Wandfayencefliese des 17. und 18. Jahrhunderts aus niederlandischen

und später deutschen Manufakturen.824

ar, Frühzeit der niederlandischen Fayenceproduktion sind nicht nachweisb Kunstformen.®2” ebenso wenig Fliesen mit Darstellungen anderer bildlich-literarer der

Beispiele fiir geflieste Innenraumdekorationen

sind aus dem

16. Jahrhundert und dem

e Genremalerei 17. Jahrhundert fast vollstandig verloren gegangen. Die niederlandisch h dokumentiert. Auf hat aber die Anbringungsweise der Fliesen in Innenraumen malerisc Wandflachen®°, einzelnen Gemälden erscheinen geflieste Sockelleisten®?? und einzelne esenflachen Wandfli die anfangs noch nicht bis zur Decke hoch gefliest wurden. Solche sie die Feuchtigkeit hatten vorrangig eine praktische Funktion. In Kellerräumen hielten

wie an Kaminen mit offezurück, in Küchen verringerten sie als Feuerisolatoren ähnlich

Die niederlandische Fliesenproduktion verwendete von Anfang an Fliesen als Bildtrager

fur Bildthemen, die durch Kupferstich- und Radierungsfolgen und andere druckgrafische

erleichterten Fliesen nen Feuerstellen das Brandrisiko und an der Sockelzone der Wände Gleichzeitig wurden durch als Scheuerleiste das Putzen mühsam zu erreichender Stellen.

Werke den niederlandischen Kunstmarkt des 17. Jahrhunderts dominierten: Sittenbilder, Stillleben, Tier- und Landschaftsbilder, Stadtveduten und vor allem Seestiicke. Hinzuka, siehe: Stahl (1977), 8. 4f. — Stahl hat in seinem umfang825 Kaufmann (1973), 8. 33 u. $. 44-50. — Weitere Beispiele Kupferstichvorlagen abgeglichen, siehe: Stahl 820 Uber den Export von Majolika-Fliesen aus Fae nza nach Frankreich i i i etablierte ur di ikfli nung Fayence’ aus dem franzôsischen Wort faïence. : ore

i

E

ich-

PP

821 Siehe hierzu der Abbildungskatalog Beispi i g mitmit Beispielen aus den 1927 ini New York versteigerten Sammlungen der Flie-

se el Eelco M. Vis und Bolderdijk, die den Einfluss der Antwerpener Fliesenproduktion auf die sine Με = a asl 1600 dokumentieren. Neben floralen Motiven war die Antwerpener und die Amsterdamer Motivvielfalt a se arbigen Fliesen vor allem von Tierdarstellungen und Jagddarstellungen gepragt. Ebenso haben sich pe = ees pre pe re Darstellungen als Reproduktionen flamischer und niederlan-

che

|

rhalten, siehe:

Eelco M. Vis, Commer de Geus: Althollàndische

Heinrich Wichmann. Erster Band. Stuttgart 1978, Tafeln 2, 5, 8, 10-11, 13-18, 23-25

27-29

Fli

Hans

Ù

are

rte

822 Gerhard Kaufm Ξ i i ; a ann (1973), S. 24. — Zur Enzwicklung der einzelnen niederlandischen Produktionsstandorte, siehe: Ébd 8. 26-31. 823

εἰ fe AE 973), - 25. —In Schloss Rambouillet wurde zwischen 1715 und 1730 der Sommerspeisaal vollstandig a ye des polis ra Neben grôkeren Fayencetableaus aus der Delfter Manufaktur De Roos’ lieferte hauptaoe ne amer Werkstatt ,Delftsche Vaart' die kleinformatigen Fliesen und weitere Tableaus, die von Cornelis umeester (1652-1733) bemalt wurden. Der Name der Rotterdamer Manufaktur ,Delftsche Vaart' beweist, dass sich Seer gene ll die niederlandischen Fliesenca noch bis weit ins 1 8. Jahrhundert vor allem als ,Delfter Fliesen' veri , vermarkten lieBen, i

824 Zur Fliesenproduktion in deutschen Fayencemanufakturen, siehe: Stahl (1977), S. 17-68.

den verwendeten reichen Abbildungskatalog einzelne Fliesen mit ihre zu den Motiven niederländischer Fayencefliesen und Literatur hrende Weiterfü — 8-26. Abb. 84-92, S. (1977), and benamingen 1570-1930 / The Dutch Tile. Designs en Decos Tegel. ndse Nederla De Pluis: Jan Vorlagen, siehe: 30. Leiden 1998. names 1570-19

blematik auf die Entwicklung der Emblembuchliteratur 826 Man denke dabei vor allem an den Einfluss der Amor-Em (1580-1655) und die Publikationen von Jacob Daniél Heinsius durch die Werke von Otto van Veen (1556-1629) oder erei. Genremal der aus e pictura Emblemmit 660) (1577-1 Cats

die Jan Pluis verôffentlicht hat, beweist eindrucksvoll, 827 Die umfangreiche Dokumentation niederländischer Fliesen, men als Bildmotive keine Verwendung fanden. VorKunstfor iterare bildlich-l unst dass in der niederlandischen Fliesenk ten auf einzelne Bibelstellen verweisen, siehe: Beischrif mit die Motiven, handen sind lediglich Fliesen mit biblischen ten komBeispiele, siehe: Gottfried Adam: Biblische Geschich Pluis (1998), u.a. S. 175, S. 390f. u. S. 528ff. — Weitere und Bibelfliesen. Münster 2013, S. 149-168. Bibeln Daumenbeln, Kinderbi zu Studien en. munizier

Johannes Vermeer (1632-1675). Dort sind auf einer Sockel828 U a. auf dem Gemalde Dienstmagd mit Milchkrug von siehe: guren (Amor-Embleme ohne inscriptiones?) zeigen, Amor-Fi die ht, angebrac leiste blaubemalte Fayencefliesen seum, Inv. Nr. SK-ARijksmu am, Amsterd 1660, um d, Leinwan auf Ol g, Johannes Vermeer, Dienstmagd mit Milchkru 2344.

auf dem Gemälde Das Schlafzimmer von Pieter de Hooch, 829 Eine zur Mitte der Wand geflieste Flachen erscheint u.a. Nr. , 1658-1660, Karlsruhe, Staatliche Kunsthalle, Inv. Leinwand auf OI mer, Schlafzim Das Hooch, siehe: Pieter de

259.

192

Emblemràume

die Bemalung solche Funktionsflächen Teil der Innenraumdekoration.830 Die Ausgestal-

tung ganzer Wandflächen mit Fayencefliesen entwickelte sich in den Niederlanden vor allem auRerhalb der GroRstadte in den niederländischen Kustengebieten®' und zwar

ausgehend

von

den

Kaminverkleidungen

(Ende

17. Jahrhundert)

Emblemwande:

Fliesensaal von Schloss Wrisbergholzen

193

tektonischen Wandflächen vollstandig mit Nürnberger Fayencefliese verkleidet. Der dekorative Aspekt erscheint hier besonders markant, denn der Saal erstreckt sich Uber drei Geschosse bis zur Kuppeldecke, d.h. vor allem die diversen Fliesenmotive der Wandfla-

über die gesamten

chen des zweiten Geschosses sind fiir den Betrachter weder vom Erdgeschoss noch von

hundert). Auch hier hatte die Verfliesung ganzer Wandflächen eine praktische Funktion.

den umlaufenden Galerien des zweiten und dritten Geschosses einsichtig, die dekorative Flachengestaltung ist hier also grundlegend auf die monochrome Farbgebung der Fliesen

Wandflächen der Küche und der Wohnstuben, den Sogenannten Pronkkamern (18. Jahr-

Sie diente zum Brandschutz und zur Wärme- und Feuchtigkeitsdammung.®2

mit ,Delfter Blau‘ ausgerichtet (Abb. 185). Die Fayencefliesen hatten an anderen Stellen

Fliesenzimmer und Fliesensäle in repräsentativen Profanbauten, wie in Schloss Wirsbergholzen, waren hingegen eine Erscheinungsform, die seit den 1650er Jahren und ins-

besondere zu Beginn des 18. Jahrhunderts auRerhalb der niederländischen

Provinzen

aufkam.®% In den deutschsprachigen Regionen wurden vollstandig verflieste Raume erst nach 1700 Teil der profanen Innenraumgestaltung. Martin Boyken und Siegfried Stahl haben die deutschen Beispiele für Räume mit Fayencefliesen bereits dokumentiert.834 An den deutschen Hôfen dürfte vor allem das vollständig mit Fliesen dekorierte Trianon de Porcelaine in der Gartenanlage von Schloss Versailles eine Vorbildfunktion gehabt haben, dass nach dem Bau 1670-1672 bereits 1687 abgerissen wurde und dennoch wegen der Anziehungskraft des franzôsischen Hofes unter Kônig Ludwig XIV. von Frankreic h europaweit Bekanntheit erlangte. Hier wurden neben Fliesen franzôsischer Manufakt uren auch Rotterdamer Fliesen mit dem bekannten ,Delfter Blau‘ verarbeitet835 Bis 1700 scheinen also zwei Funktionsweisen für die weitere Entwicklung von Fliesenr aumen bekannt und mafgeblich gewesen zu sein. Aus den niederlandischen Küstenre gionen

wurde die praktische Funktion der Fliesenwande in Küchen, Kaminen und Wohnstuben übernommen und aus dem Versailles-Vorbild des Trianon de Porcellai ne die rein deko-

rative Anbringungsfunktion als ornamentale Flächenfüllung. Eine Symbiose dieser Ge-

brauchsverwendungen

von

Fayencefliesen

ist in Schloss

Favorite

bei Rastatt zu

be-

obachten. Das Schloss lie& Markgräfin Sibylla Augusta von Baden-Baden (1675-1733) zwischen 1710 und 1730 als Sommersitz und Sammlungsstatte für eine umfangre iche Porzellan- und Fayencesammlung erbauen. In der dortigen Sala terrana sind die nicht 830 Stahl (1977), S. 6 / Kaufmann (1973), S. 57ff.

831 Noord- und Zuid Holland, Zeenland, Groningen und Friesland. 832 Ein spates Beispiel di für einen Kachelofen mit gefliester Rückwand, ; ein so genannter Smuiger, i hat sich ich ini Dre siehe: Stahl

in Schloss Favorite neben der dekorativen auch eine praktische Funktion. Die Scheuerleiste an den Absatzen der Treppenaufgänge zu den oberen Geschossen wurde mit Fayencefliesen verkleidet und ebenso die Kamine einzelner Zimmer, Anbringungsformen wie sie eben

bereits durch die niederländische Genremalerei

des 17. Jahrhunderts für

bürgerliche Wohnstuben malerisch dokumentiert wurden (Abb. 186).

Bei den zahlreichen Beispielen für Fliesenwände in deutschen Profanbauten des 18. Jahrhundert miissen grundsätzliche Gestaltungsmerkmale unterschieden werden. Drei Erscheinungsformen kénnen dabei differenziert werden. In der Sala terrena von Schloss Rastatt wurde bereits deutlich, dass Freiflachen an den Wanden einfach durch dekorative Fliesenreihen gefüllt wurden. Diese Funktion als Flächenfüllung zeigt sich ebenso im zweigeschossigen Rittersaal des Ostflügels von Schloss Hirschberg des Fürstbischofs Raymund Anton Graf von Strasoldo (1718-1781). Die Wandflachen sind dort in Kolossalordnung durch Stuckpilaster gliedert. Die Pilasterschäfte wurden um 1764 mit mehrfarbigen Ansbacher Fayencefliesen verkleidet (Abb. 187). Die gro&en zentralen Wandflachen wurden hingegen in stuckierten Rahmenfeldern mit Leinwandgemalden der Stifter und Stadtveduten der zum Hochstift Eichstätt zugehôrigen Territorien ausgestattet. Hier haben die Fayencefliesen als Verzierung eines tektonischen Wandelements eine ornamentale

Funktion,

die Fliesenmotive selbst sind nur in der unteren

Hälfte der Pilaster

erkennbar.®°” Eine zentrale Funktion bekommen Fayencefliesen hingegen durch eine andere Form der Anbringung. Im Gartensaal von Schloss Aystetten bei Augsburg unterteilt sich die Wandflache in einzelne Felder mit zweifachprofilierter Stuckrahmung in der zentralen Wand- und der Lambriszone (Abb. 188). In diese Rahmenfelder wurden Fliesen mit Chinoiserie-Motiven in zweierlei Weise eingelassen. Sie erscheinen entweder als Zusam-

Schloss (1977), S. 329, Abb. 325 / Eindrücklich auch die Kaminwand μος ῥνιλκε λθσ und ue so ς πιὰ niederlàndischen Fayencefliesen (biblischen Motive und Marinemal erei) aus einem dem Pesel H sterbüttel ( lensburg, Kunstgewerbe Museum), siehe: Gustav Brandt: Bauernkunst in Schleswig-Holstein ausrat und Wohnraum in alter Zeit. Mit einer Einleitung über nordelbis che Wohnungskunst. Leipzig o.j., Tafel 5 i

833 Kaufmann (1973), 8. 61f.

Rep 834 Siehe: Stahl (1977) anal / Martin e Boyken: γι

835 Kaufmann (1973), 8. 64.

Fliesen und gekachelte Räume

des 17. und 18. Jahrhunderts.

(Wohnkunst

836 Stahl (1977), S. 8f.

837 Ebd., S. 14f. u. S. 111, Abb. 44. — Ein vergleichbares Beispiel ist im Festsaal von Schloss Reinharz vorhanden. Dort

sind in den Fensterlaibungen, in der Lambris-Zone und an schmalen Lisenen der Wandkonsolen Fayencefliesen aus Harlingen und Rotterdam angebracht, die Kinderspielszenen und Landschaftsmotive zeigen.

194

Emblemràume

mengesetzte Fliesentableaus, also als groRformatige Fliesengemälde, oder als kleinteiligere Fliesengemälde mit aneinanderreihten Einzelfliesen.8% Durch diese profilierte Rahmung und die zentrale Position der Bildmotive werden diese Fliesengemälde formal ge-

rahmten Bildern oder Stuckarbeiten gleichgestellt und aus ihrer dekorativen Funktion herausgehoben. Problematisch wird eine solche Anbringung in gerahmten Feldern, wenn sie ausschlieRlich von einzelnen Fayencefliesen in Reihenordnung gebildet werden. Exemp-

larisch sei hier auf den Fliesensaal von Schloss Ansbach hingewiesen, in dem — 1763 von Markgraf Christian Friedrich Carl Alexander von Brandenburg-Ansbach (1736-1806) in Auftrag gegeben — Uber 2800 polychrome Fliesen aus der hauseigenen Fayence-Manufaktur in mehrere groRe rechteckige Stuckrahmen eingelassen wurden, die die gesamte Wandfläche unterteilen (Abb. 189).8% Trotz der ordnenden Rahmenfelder verliert sich die Einzelfliese unter der schieren Masse der flächenfüllenden Fliesenanbringung. Die Fayencefliese hatte hier wiederum ausschlieRlich eine dekorative Funktion.840

Bis auf die Verwendung von Fayencefliesen als Fliesengemälde sind die weiteren Innenraumgestaltungen mit Fayencefliesen auf die dekorative Flächenwirkung oder die ornamentale Verzierung von wandtektonischen Elementen ausgerichtet. Eine Zentrierung auf den dargestellten Bildgegenstand der Einzelfliese ist hingegen marginal.84 Der Versuch Mitte des 18. Jahrhunderts, Embleme als Bildgegenstände für Wandfayencefliesen zu etablieren, scheiterte. Der Fliesensaal von Schloss Wrisbergholzen blieb in Deutschland ein Unikum. Ein Grund mag darin liegen, dass die Emblematik Mitte des 18. Jahrhunderts als allegorische Kunstform bereits dem Niedergang geweiht war. Es gibt allerdings ebenso einen formalen Grund. Der eigentliche Wert des Emblems,

durch seine bildlich-

88 Stahl (1977), , 8. 12 u. : 8. S. 60-62. 60-62. — Solche Fliesentableaus us sind si u.a. auch iin der Pagodenburg und in der Amalienbur von Schloss Nymphenburg in München vorhanden, siehe: Jkvr. C.H. de Jonge: Hollandse Teoskaitan in duitse el ne Kastelen Sone franse tee uit de eerste helft van de 18e ee! uw. In:In: Nederlands kunsthistorisch Jaarboek 10 (1959), S. 125-209, istori

839 Stahl (1977), 8. 15. #0 Ahnlich verhäit es sich mit folgenden Fliesenzimmern: : Im sogenannten Salettl im Erd eschoss der Pagodenburg ini τῷ sil ere à von Schloss Nymphenburg haben sich Wandstreifen mit τὶ ea aus der Zeit vor 1720 er. alten (Stahl (1977), 5. 10f. u. $. 101, Abb. 35). Schloss Hohenaltheim bei Nôrdlingen besitzt vier solcher Fliesenraume mit blauen Fayencefliesen, 1740-1 741 (siehe: Stahl (1977), S. 12f. u. 107, Abb. 41). — Eine Mischform liegt im Somrr dpe von Schloss Oranienburg vor. Dort wurden zwischen 1685 und 1695 zentrale Fliesentableaus an den \ ani len angebracht, die zusammengesetzt einzelne rômische Gòtter mit Tituli nach Stichvorlagen von Hendrick Golrs zeigen (Apollo, Merkur, Mars, Venus, Luna). Die restliche Wandflache wurde hingegen im Schachbrettmuster mit ildlosen weiBen Fliesen und Fliesen im ,Delfter Blau‘ mit biblischen Motiven verkleidet. Die kleinformatigen Wandflie_ haben auch hier einen ausschlieBlich dekorativen Wert, was vor allem durch das Schachbrettmuster angezeigt

841 EindrucksvollÌ ist in diesem Zusammenhang das Treppenhaus von Schloss Falkenlust iin Brühl. Zwisch ù i nes die Wandflächen der Treppenanlage mit niederlandischen Fayencefliesen bedeckt, die mela Ve. LL ἴω gra Die Vogelfliesen wurden weitere Fliesen mit Rautenornamenten untergeordnet, die die Wandpages n ον reppenhauses wiederum in diagonal verlaufende Rautenfelder zusammenfassen. Die einzelnen Vogelugdarstellungen sind wegen der Raumhôhe und durch die Lichteinstrahlung der groRen Treppenhausfenster kaum wahrnehmbar. EU Auch Homag hier wird die e dekorative Verwendungsf ngsform von blauen Fayencefliesen besonders deutlich, i veri

Emblemwände:

195

Fliesensaal von Schloss Wrisbergholzen

literare Form etwas Sinnhaftes auszudrücken, wird durch den Verwendungszweck monochromer Wandfliesen, nämlich als Massenprodukt eine Fläche dekorativ zu gestalten, aufgehoben. Auch eine merkantilistische Begründung erklart das Scheitern der Emblem-

fliese. Die Produktion von Fliesen mit Bild- und Textkomponenten ist aufwendiger als bei

Fliesen mit nur einer Komponente. Die Rentabilität eines solchen Fliesenprodukts ist also in Frage zu stellen, immerhin war die Fliesenproduktion vor allem auf Quantitat ausgelegt.

Dass sich jedoch Fliesen als Bildtrager fur Text-Bild-Gattungen eigneten, zeigen einige

16. Jahrhundert aus Italien, Spanien und Antwerpen.®? Erhalten haben sich Impresen- und Devisen-Fliesen, deren Verwendungszweck jedoch vòllig anders

Beispiele aus dem

funktionierte als die spateren Wandfliesen hollandischen Stils. In Antwerpen wurden Einzelfliesen det.®43

mit bildlich-literären

Einzelne

Formen

Impresen-Fliesen

(wie Aesop-Fabeln)

haben

sich

aus

dem

als Hausschilder

Studiolo

der

Isabella

verwen-

d’Este

(1474-1539) im Palazzo Ducale in Mantua erhalten, die im Studiolo ursprünglich als Bodenfliesen nicht flächenfüllend, sondern in nuancierter Betonung ausgelegt waren.®44 Auf Bild- und Spruchdevisen als Bildtrager hat sich Mitte des 15. Jahrhunderts bereits die Manufaktur in Segovia im Kônigreich Valencia spezialisiert. Diese Valencianer Fliesen wurden als flächenfüllende Bodenfliesen angebracht, die dieselbe personalisierte Bilddevisen-Fliese oder Spruchdevisen-Fliese des Auftraggebers in mehrfacher Wiederholung hier denselben aneinandergereiht prasentierten.*° Wiederholung und Zentrierung haben

Effekt: Der Bildgegenstand der Einzelfliese rückt in den Mittelpunkt.

leidungen Franz Reitinger hat darauf aufmerksam gemacht, dass sich aus den Wandverk Farbràume mit holländischen Kacheln in ,Delfter Blau’ in der Zeit des Rokokos artifizielle

mit dekorativen Gemälden in einheitlich gestalteter monochromer Farbgebung entwickel-

ten.846 Die Verwendung von blauen Emblemfliesen, wie sie im Fliesensaal von Schloss

Embleme Wrisbergholzen vorkommen, sind Teil dieser Entwicklung. Der Sinngehalt der Diese wurde hier bereits zu Gunsten der monochrom gestalteten Wandflache geopfert. ungskunst Tendenz im Umgang mit den sinnbeladenen Emblemen als Teil der Ausstatt

842 Boyken (1966), S. 10.

Het Vieeschhuis, siehe: Anne Berendsen, Sigrud Schoubye, 843 Beispiele haben sich erhalten im Antwerpener Museum München 1964, S. 101-117.

Jan Tichelaar (Hrsg.): Fliesen. Eine Geschichte der Wand- und Bodenfliesen.

S. 96. 844 Berendsen, Schoubye, Tichelaar (1964), S. 75-90 u. vom Mittelalter bis zum Ja hre 1900. StraRburg 1901, Keramik Fliesenchen 845 Robert Forrer: Geschichte der Europäis

8. 18 u. Tafeln XXXVII, XXXVIII.

26f. u. 159-197. — Die Ent848 Franz Reitinger: Die blaue Epoche. Reduktive Farbigkeit im Rokoko. Berlin 2016, S. Christian Seekatz wicklung kündigt sich bereits durch gr oRflächige Fliesenimitationen an, wie sie der Maler Georg der Lahn Billardzimmer in der Orangerie der Residenz Weilburg an (1683-1750) auf bemalten Tapeten 17 37 für das schuf.

196

Emblemràume

von Profanräumen zeigt sich bereits zu Beginn des 18. Jahrhunderts bei mehreren Emblemvorkommen, die sich an den Randzonen von Innenräumen befinden.

197

Embleme an der Peripherie: Herrenhaus von Hohen Luckow

also Ecken, Zwickel, Fensterlaibungen oder an die Seiten von zentralen Deckenbildern,

an die Randzonen.®°

InnenWie die Emblemdecken verwandeln sich um 1700 auch die Emblemwande in den 2.3. Embleme an der Peripherie: Emblemräume in einem ornamentalen Kontext An den Emblemdecken und auf den Emblemwänden bezog die Emblematik in der profanen Innenraumgestaltung im Verlaufe des 17. Jahrhunderts raumtopografisch zentrale Positionen. In Form von Kassettendecken füllten Embleme die gesamte Deckenfläche eines Raumes aus und in Form von wandumlaufender Holzvertäfelung verkleideten Embleme die gesamte Wandfläche von Emblemkabinetten. Beide Erscheinungsformen habe ich als Emblemräume aufgefasst: Profane Innenräume, deren allegorische und damit sinnvermittelnde Ausmalung ausschlieflich bildlich-literare Embleme aufweisen. Emblematische Kassettendecken, für die im Regelfall ein ausgewahltes Emblembuch als künstlerische Vorlage verwendet wurde, sind nach 1700 in deutschen Schlôssern und Herrenhausern nicht mehr nachzuweisen. An den Decken werden Emblemmalereien in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts zunehmend Bestandteil komplexer Bildprogramme. Zwei Gründe sind dafür ausschlaggebend. Spätestens ab 1680 setzt sich die Stuckdecke nérdlich der Alpen endgültig gegen die kassettierte Holzbalkendecke durch. Beschleunigt

wird dieser Wandel in der Deckengestaltung durch italienische Wanderstuckkateure vornehmlich aus dem Tessin und Graubünden und spater durch die Wessobrunner Schule.” Gleichzeitig gewann die perspektivische Deckenmalerei zunehmend an Be-

deutung.%® Bildlich-literare Kunstformen wie das Emblem,

bedeutungsperspektivisch

ausgelegt auf die Einzelbetrachtung, sind spätestens ab 1680 zwar weiterhin Teil komplexer Bildprogramme an den Decken, allerdings verlieren sie im Regelfall ihre zentrale Position und rücken als Begleitbilder in Tondi, Medaillons, Kartuschen vornehmlich in die

ihrer wandumlauräumen deutscher Schlôsser und Herrenhäuser. Emblemkabinette mit

cher fenden emblematischen Wandvertafelung, für die im Regelfall mehrere Emblembü m Forals Vorlage dienten, blieben eine kurzlebige Erscheinungsform, die nach bisherige

1670 und 1700 beschränkt war. Zwar zeigen die n in Neubauten Emblemkabinette von Gut Ludwigsburg und Gaarz durch ihre Integratio

schungsstand

auf eine Zeit zwischen

mgestalder 1740er Jahre, dass man die Emblematik als Teil der dekorativen Innenrau

weiteren Emblemtung weiterhin schätzte. Im 18. Jahrhundert entstanden jedoch keine

Schlôssern und kabinette. Nach 1700 gibt es jedoch weiterhin Innenraume in deutschen Herrenhäusern,

deren

Wände

ausschlieRlich

mit sinnvermittelnden

Emblemen

ausge-

auf: Sie sind von staltet wurden. Diese Emblemvorkommen weisen eine Gemeinsamkeit der Wandgestalder zentralen Wandfläche in die Peripherie gerückt und zieren als Teil Ροϑι ΠῚ: tung die Lambris, Fensterlaibungen oder schmale Wandstreifen zwischen

en waren. Das ,Hinschen, also Wandpartien, die vornehmlich dem Ornament vorbehalt

im Festsaal des Herabgleiten' der Embleme in einen ornamentalen Kontext làsst sich renhauses Hohen Luckow besonders gut beobachten.

w 2.3.1. Der Rittersaal im Herrenhaus von Hohen Lucko Dietmar Peil hat das Emblemvorkommen

aus dem Rittersaal im Obergeschoss des Her-

50 Die insgesamt 84 renhauses von Hohen Luckow bereits vollständig dokumentiert.$ buchsammlung EmbEmbleme hat Peil bildmotivisch mit einer Ausnahme in der Emblem Seel. Erben 1693) lematische Gemüths=Vergnügung (Augsburg: Kroninger, Gébels

end auf das denachgewiesen.®*' Die folgende Analyse konzentriert sich dementsprech

847 Siehe hierzu u.a. folgende Forschungsstudien: Barbara Rinn: Stuckateure des 17. und 18. Jahrhunderts nôrdlich des Mains. In: Jurgen Pursche (Hrsg.): Stuck des 17. und 18. Jahrhunderts. Geschichte — Technik — Erhaltung. Internationale Fachtagung des Deutschen Nationalkomitees von ICOMOS in Zusammenarbeit mit der Bayerischen Verwaltung der staatlichen Schlésser, Garten und Seen. Würzburg, 4.-6. Dezember 2008. München 2010, 8. 54-61 / Barbara Rinn: Italienische Stukkateure zwischen Elbe und Ostsee. Stuckdekoration des Spätbarock in Norddeutschland und Danemark. (Bau + Kunst; 1) Kiel 1999. Zugl.: Kiel, Univ., Diss. u.d.T.: Barbara Rinn: Italienische Stukkatur des Spatbarock zwischen Elbe und Ostsee / Michael Kühlenthal (Hrsg.): Graubündner Baumeister und Stukkateure. Beitrage zur Erforschung ihrer Tätigkeit im mitteleuropäischen Raum. Locarno 1997 / Max Pfister: Baumeister aus Graubünden - Wegbereiter des Barock. Die auswärtige Tätigkeit der Bündner Baumeister und Stukkateure in Süddeutschland, Os-

terreich und Polen vom 16. bis zum 18. Jahrhundert. München 1993 / Helga Baier-Schrécke: Der Stuckdekor in Thü-

ringen vom 16. bis zum 18. Jahrhundert. (Schriften zur Kunstgeschichte; 10) Leipzig 1968. Zugl.: Leipzig, Univ., Diss / Ludwig Baron von Dory: Die Tätigkeit italienischer Stuckateure 1650-1750 im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland mit Ausnahme von Altbayern, Schwaben und Oberpfalz. In: Edoardo Arslan (Hrsg.): Arte e artisti dei Laghi Lombardi. Gli stuccatori dal barocco al rococo. Bd. 2 (2), Como 1964, 8. 129-159. — Zur Wessobrunner Schule, siehe u.a.: Hans Rohrmann: Die Wessobrunner des 17. Jahrhunderts. Die Kunstler und Handwerker unter besonderer Berücksichtigung der Familie Schmuzer. St. Otilien 1999. Zugl.: München, Univ., Diss., 1999.

548 Diese Entwicklung ist zumindest für Süddeutschland durch das Corpus der barocken Deckenmalerei in Deutschland hinlanglich dokumentiert.

korative Gestaltungsprinzip der Emblemwande.

ündigt sich bereits um 1620? an. Diese kün Emblemen iin den Randzonen profaner Innenräume sn staltunhg ahus pa pareil bag _ Entelliîîîn\\/ge r:::;‘gìàmolerens in der emblematischen Innenraumge Ne Kasse t len emblematischen i ,rutschen' : Embleme von der zentralen Hier izzi Schloss Hof skizziert. : | des Nürn ; Saal in Fensterlaibungen im| Groen den ken Emblemfres die i auch entstanden itglei zeitgleich Etwa ab. bungen gewesen sind, siehe hierzu. Méders ms Bildprogram komplexen eines Bestanteil allerdings die dort has Ant

heim (2004), S. 29-54.

RNA

EA

Ho | über das Gut i i auf Gut Hohen Luckow. Ban d |! der Schriften i: Diei Embleme iim Rittersaal Di 850 Sieh: Forschungsarbeiten von Ruth Merckle und Karin Holland. Hohen Luckow 2004. — Weitere ghee Luckow liegen nicht vor. zum Emblemvorkommen aus dem Herrenhaus von Hohen ert, siehe: Peil (2004), S. 13-185. - ee narnia 851 Peil hat die einzelnen Embleme vollstandig katalogisi 1, 9. siehe: Katalog und Emblemregister, Tab. Peil, von folgt der Zahlung

im Katalog und Emblemregister

sine

;

198

Emblemràume

Die Wandflàchen des Rittersaals wurden wie in den Emblemkabinetten von Gut Ludwigs-

burg und Gut Gaarz vollstandig mit Emblemen ausgestattet (Abb. 190--191). Insgesamt verteilen sich im Hohen Luckower Rittersaal 84 Embleme auf der gesamten mittleren Wandflache.®*? Anders als bei den bisherigen Beispielen emblematischer Wanddekorationen erscheinen die Embleme

nicht auf Holztafeln, sondern als monochrome

Stuckme-

daillons. Die Wandflache des Saales làsst sich in drei Zonen unterteilen. Die Lambriszone bildet eine Wappenreihe. In vergoldeten oktogonalen Rahmen erscheinen auf Holz gemalt 62 polychrome Familienwappen des Gutsbesitzers und Auftraggebers Christoph von Bassewitz (1670-1745), die als Annenprobe oder vielmehr als Wappengenealogie bis in die dritte Vorfahrensgeneration (32-Ahnen-Probe) zuriickreichen. Uber den einzelnen Wappen verweist eine querrechteckige in schwarz gehaltene Tafel mit vergoldeten Lettern auf den Namenstitulus des jeweiligen Ahnen.®5° Uber der Lambiszone folgt die mittlere Wandflache mit den emblematischen Stuckmedaillons. Insgesamt unterteilt sich diese Wandfläche in 28 unterschiedlich breite Wandfelder. Diese 28 Wandfelder sind dabei zu Doppelfeldern zusammengefasst. Eine vertikale Trennung der Doppelfelder erfolgt durch vorgeblendete Pfeiler kompositer Ordnung und in den Doppelfeldern selbst durch einen einfachen plastisch ausgeführten Vertikalstreifen. Diese strukturelle Ordnung der Wandfläche wird auch von den neun groen Doppelfensternischen, dem Eingangsportal und zwei Seitenportalen nicht unterbrochen, so dass von einer einheitlich durchgestalteten Wanddekoration in horizontaler Ordnung gesprochen werden kann. Diese einheitliche Dekorationsstruktur der Mittelwand wird durch die dritte Wandzone verstarkt. Den Wand-

abschluss bildet ein verkrôpftes Gesims mit darüber liegendem Volutenfries, der über die

gesamte Wandflache verlauft und lediglich durch den Prunkkamin an der Mitte der Ostwand unterbrochen wird. Die emblematischen Stuckmedaillons sind in diesem Dekorationsprinzip also zuallererst vertikalausgerichtete Wandfüllungen der 28 Wandfelder.

In den einzelnen Wandfeldern ist jeweils das mittlere Stuckmedaillon als Vierpassvariante oder als Rundmedaillon vollausgeführt. Das obere und das untere Stuckmedaillon erscheint jeweils nur als Halbmedaillon. Die pictura des Emblems musste also in die einzelnen Ausformungen des Medaillonformats angepasst werden, d.h. die Gréfe der jeweiligen pictura unterscheidet sich von Medaillon zu Medaillon.®54 Die inscriptiones wur-

852 Einführende Literatur zu Hohen Luckow, siehe: Karin Holland (Red.): Gut Hohen Luckow. Hamburg 2003.

853 Zu dem Hohen Luckower Wappenfries, siehe: Peter Goetze, Jürgen Luttmann: Die Wappen im Rittersaal des Her-

renhauses Hohen Luckow. Ein besonderes Zeugnis heraldisch-genealogischen Bewuñstseins. In: Archiv für Familiengeschichtsforschung 7, Heft 3 (2003), S. 171-211.

854 Dietmar Peil weist daraufhin, dass einzelne Stuckmedaillons dabei einen Durchmesser von knapp einem Meter erreichen, vergleiche: Peil (2004), S. 4.

199

Embleme an der Peripherie: Herrenhaus von Hohen Luckow

den dagegen in goldenen Lettern auf die umlaufende weifse Stuckrahmung der Medaillons gesetzt. Bei den unteren und mittleren Stuckemblemen erscheint die inscriptio über der pictura, bei den oberen

Stuckemblemen

erscheint sie unter der pictura. Trotz des

Wechsels von Halbmedaillon und vollausgeführtem Medaillon sind die einzelnen Wandfelder einheitlich durchgestaltet. In den einzelnen Doppelwandfeldern haben die emblematischen Stuckmedaillons eine einheitliche Grundform aus einem Rund- oder variierendem Vierpassformat, eine einheitliche weiRe flachstuckierte Umrahmung mit den inscrip-

tiones in vergoldeten Lettern und zwischen den Medaillons pastellgriin ausgemalte Zwi-

schenflächen. Der Fokus der Wandgestaltung liegt in den einzelnen Wandfeldern im Wechselspiel zwischen dem vollausgeführten Stuckmedaillon in der Mitte und den μά]: ausgeführten Stuckmedaillons der unteren und oberen Wandzonen. Dadurch haben te emblematischen

Stuckmedaillons vor allem eine dekorative Wirkung.

Dieser dekorative

Charakter wird durch die monochrome Gestaltung der gesamten Wandflache verstärkt, weil zuerst eine Farbflache wahrgenommen wird und nicht die einzelnen Bildgegenstände. Die Form der einzelnen Stuckmedaillons beweist: Der Sinngehalt des Einzelemb-

lems wurde der dekorativen Form und damit der einheitlichen monochromen Innenraumgestaltung subordiniert. Damit erleiden die einzelnen Embleme zwar keinen een

ausgeführte Bedeutungsverlust, aber zumindest werden sie optisch vereinheitlicht (halb

sichtMedaillons, Monochromie). Im Ritter-saal von Hohen Luckow kündigt sich deutlich bar an, dass die Emblematik als allegorische Kunstform von der zentralen Wandgestal-

Usus tung, wie es noch in den Emblemkabinetten im zweiten Drittel des 17. Jahrhunderts

gewesen ist, an die Peripherie verdrängt wird. Am deutlichsten wird dieser Le

durch

verdie Halbmedaillons, die zur Hälfte in die obere Fries- oder die untere Lambriszone

Form aus schwinden, ohne dass die Embleme selbst ihre eigentliche bildlich-literäre inscriptio und pictura eingebURt haben. EmblembuchDietmar Peil konstatiert ein anderes gestalterisches Prinzip, das von der

ng vorlage Emblematische Gemüths-Vergnügung ausgeht. Aus dieser Emblemsammlu

83 mit 715 Emblemen auf 50 Kupfertafeln und einem Titelkupfer mit Emblemen wurden

200

Emblemràume

Embleme von 31 Tafeln verwendet und ohne Berücksichtigung der Abfolge aus der Originalvorlage auf der mittleren Wandfläche des Rittersaals verteilt.855 Lediglich ein Emblem (Emblem H-L Nr. 62% stammt nicht aus der Emblembuchsammlung. Einzelne Themen werden von den Emblemen an verschiedenen Stellen der Wand ohne erkennbares

Ordnungsprinzip immer wieder angeführt, Peil umschreibt ein solches Gestaltungsprinzip mit der Euripideischen

Formel

,Variatio delectat‘.857 Er geht also davon

aus, dass der

Sinngehalt des Einzelemblems im Mittelpunkt der Wandgestaltung steht. Bei seiner Katalogisierung der Embleme geht er von einer vertikalen Leserichtung von links nach rechts aus. Er begründet diese Annahme mit der zeitlichen Abfolge bei der Anfertigung der emblematischen Stuckmedaillons. Peil meint, dass zuerst die Halbmedaillons der oberen Wandzone unterhalb des Frieses angefertigt wurden, dann folgten die vollausgeführten Medaillons der Mittelzone und abschlieRend die Halbmedaillons der unteren Wandzone oberhalb des Wappenlambris.*°* Seine Zählung beginnt entsprechend an der südlichen Ostwand

in der oberen Wandzone

rechts neben dem

Emblem ,Es wiretz mirs Kinderhertz nehmen.“

Kaminaufsatz mit dem

und endet in der unteren Wandzone an

der nôrdlichen Ostwand links des Kamins mit dem Emblem ,Jedes Ding hat seine bestimthe Zeit.“#50 (Abb. 192--195).881 Das von Peil konstatierte Prinzip der Variation spiegelt sich insbesondere in der Themen- und Motivvielfalt emblematischen Stuckmedaillons

wieder.°®* Ein gewisser Schwerpunkt liegt auf der Liebesthematik mit 27 Amor-Emblemen®63 und zwôlf Beispielen aus der Herzemblematik®*+. Ebenso zahireich sind Embleme

855 Peil (2004), S. 6ff.

Embleme an der Peripherie: Herrenhaus von Hohen Luckow

201

mit Tier- und Pflanzenmotiven®5, die meist einen ethisch-moralischen Sinngehalt vermit-

teln. Hinzukommen verschiedene Jagdembleme®$%. Selten sind dagegen Motive aus der

religiôsen®7 und der politischen Emblematik®®® sowie motivische Bezüge zur Mythologie%®. Dabei überschneiden sich entsprechend der Vorlage einige Motivbereiche oder lassen sich inhaltlich nicht eindeutig einem speziellen Themenbereich zuordnen.f7° Aufgrund dieser Themen- und Motivvielfalt erübrigt sich der These Peils ,Variatio delectat' folgend die Suche nach einem geschlossenen Programm.

Auffallig ist hingegen die Gestaltung eines einzelnen Wandfeldes. In der ôstlichen der Südwand sind drei emblematische Stuckmedaillons über eine schmale Lisene bunden (Abb. 196). Diese Verbindungslinie kommt nur an in diesem Wandfeld vor. obere Emblem zeigt in einem Halbmedaillon den Sturz des Ikarus, in der inscriptio

Ecke verDas heift

es , Traüet nicht auff ein UngewiRes.“ (Abb. 197-198).®”' Darunter folgt ein vollausgeführ-

tes Medaillon mit der inscriptio ,Friede Ernehret.“ (Abb. 199-200). In der pictura ist eine Frauengestalt dargestellt, die in der rechten Hand eine Standarte und in der linken Hand ein Füllhorn mit Blütenpflanzen halt. Hinter ihren FüRen treten ein Lôwe und ein Wolf

hervor. Peil interpretiert die Frauengestalt als Personifikation der Pax.872 Attributivisch

verweisen Füllhorn und Standarte allerdings eher auf die Personifikation der Concordia. zwei durch Das unterste Emblem des Wandfeldes zeigt in der pictura eine Brücke, die ,Jn dem ich einen Fluss geteilte Stadtteile verbindet (Abb. 201-202). Die inscriptio lautet Stuckmedailandere verate, werd ich ab gehoben.".873 Die Lisene zwischen diesen drei anlons soll môglicherweise eine vertikale Leserichtung oder Ausrichtung der Embleme en Sinndeuten. Inhaltlich konnen diese Embleme nur schwerlich in einen gemeinsam Übermuts und kontext gebracht werden. Das Ikarus-Emblem verweist auf die Gefahr des Eintracht. das darunterliegende Concordia-Emblem erläutert die Vorzüge der friedlichen

856 Peil konnte für das Emblem H-L Nr. 62 keine Vorlage finden. Die inscriptio des emblematischen Halbmedaillons

lautet ,Vor die Mühe eine Labung." Die pictura zeigt einen dicht belaubten Baum auf einem Hügel zwischen zwei steinernen Häusern. Am Gebäude in der linken Bildhälfte ist eine Fahne zuerkennen, dass als Fahnenzeichen ein Kreuz vorzeigt. Woméglich soll es sich bei dem Gebäude um eine Kirche handeln. Am Gebäude in der rechten Bild-

halfte hangt i lem H-L Nr.

62).

eine Fahne jedoch ohne erkennbares Fahnenzeichen, vergleiche: Peil (2004), 8. 136-136 (Emb-

857 Peil (2004), S. 9. 558 Peil begriindet seine Zahlung mit der Uberlegung, dass sich in der unteren Wandzone links des Kamins Südwand

Embleme der Vergänglichkeit (Emblem H-L Nr. 80, 82, 83 u. 84) summieren und so einen méglichen Programmab-

schluss bilden kônnten.

859 Ebd., S. 14f (Emblem H-L Nr.1) / EGV (1693), Tafel 51, 12. 860 Peil (2004), 8. 180f (H-L Nr. 84) / EGV (1693), Tafel 24, 5. 861 Ebd., S. 8f. 2 ΈΡΑ,, 8. 10. 863 Embleme H-L Nr. 1, 2, 3, 9, 23, 24, 27, 28, 29, 32, 34, 35, 36, 37, 40, 41, 43, 45, 47, 48, 50, 51, 56, 58, 64, 71, 74, 86 (am Kaminaufsatz).

864 Embleme H-L Nr. 1, 3, 6, 8, 15, 23, 60, 67, 71, 74, 75, 82.

865 Embleme H-L Nr. 4, 7, 10, 11, 12, 13, 17, 18, 19, 21, 22, 25, 26, 53, 57, 59, 63, 65, 66, 72, 73, 76, 77, 78, 79, 81, 83, 84, 85 (am Kaminaufsatz).

866 Embleme H-L Nr. 24, 26, 30, 49. 887 Embleme H-L Nr. 13, 14, 16, 25, 38, 39, 44, 54, 83. 868 Embleme H-L Nr. 14, 20, 21, 31, 33, 39, 42, 44, 46, 52, 55, 61. 869 Embleme H-L Nr. 5, 46, 54, 70. 870 Embleme H-L Nr. 22, 62, 68, 69, 80. 871 Peil (2004), S. 22f (H-L Nr. 5) / EGV (1693), Tafel 36, 4. 872 Ebd., S. 78f (H-L Nr. 33) / EGV (1693), Tafel 13, 10. 873 Peil (2004), 8. 134f (H-L Nr. 61) / EGV (1693), Tafel 44, 8.

202

Emblemràume

Das Brücken-Emblem entzieht sich einer eindeutigen Sinnauslegung. In der Vorlage lau-

tet die inscriptio ,Indem ich andern diene/ werd ich abgenutzt.“8’4. Die Bedeutung des Emblems ist in der Emblembuchvorlage eindeutig. Durch ihren verbindenden Dienst wird

die Briicke abgenutzt und verliert dadurch den eigentlichen Nutzungszweck. In dem Bricken-Emblem von Hohen Luckow scheint die Zwietracht hingegen die verbindendene Funktion der Briicke zu zerstéren. Entsprechend erscheinen die menschlichen Gestalten

auf der Brücke im Gegensatz zur Vorlage bewaffnet. Das Emblem wurde also so abgeandert, dass es mit dem mittleren Concordia-Emblem eine inhaltliche Verbindung eingeht. Auch an anderen Wandfeldern lassen sich zwar immer wieder Relationen zwischen

Embleme an der Peripherie: Herrenhaus von Hohen Luckow

203

mit horizontale Reihenordnung ausgelegt. Die architekturplastische Gliederung der Wand vorgeblendeten Pilastern, das gleiche Format der Stuckreliefs in den einzelnen WandfelVerbindungsdern (in der horizontalen Reihenordnung wechselt die Reliefform) und die

en die linie Uber die Stucklisene an dem südôstlichen Wandfeld der Südwand bekräftig GliedeThese der vertikalen Reihenordnung. Für den Rezipienten erscheint eine solche dnung kann rung der Wandfläche sinnvoll, denn im Gegensatz zur horizontalen Reihenor

Emblemreliefs durch die vertikale Reihenordnung ein gesamtes Wandfeld mit jeweils drei

gibt es auf der mittim gesamten betrachtet werden. Für eine horizontale Reihenordnung Gesims mit darleren Wandflache keine wandstrukturierenden Elemente. Das verkrôpfte

den drei emblematischen Stuckmedaillons herstellen, aber von einer einheitlichen Kon-

als Uberleitung über liegendem Volutenfries dient entsprechend als Wandabschluss und

zeption kann sicherlich nicht gesprochen werden.

zur stuckierten Deckenzone.

Der Interpretationsspielraum wird am

benachbarten Wandfeld an der Ostwand deutlich. Das oberste halbrunde Medaillon zeigt in der pictura zwei flammende Herzen, Uber denen eine Krone schwebt (Abb. 203-204). Unter den flammenden Herzen entfliehen zwei Schlangen. Die inscriptio ,Diese bezwingt,

alle um der wiederwill.“®’5 verweist darauf, dass die wechselseitige Liebe den Neid bezwingt. Darunter befindet sich das Rundmedaillon mit der inscriptio ,Was die Liebe gern

hat davon träumt sie.“®’6 Die pictura des Emblems zeigt einen schlafenden Amor mit einem Pfeil in der Brust, an dessen Bett seine Geliebte als Traumgestalt erscheint (Abb. 205-206). Die traumerische Verliebtheit scheint nach der Vorlage der primären Bedeutung des Emblems zu entsprechen, allerdings deuten der Pfeil und vor allem der Kopf-

verband des Amors, der in der Emblembuchvorlage fehlt, ebenso die Liebesqual an, die mit der Verliebtheit einhergeht. Das unterste Emblem nes einzige quelleniose Emblem

im runden Halbmedaillon zeigt je-

mit einem dicht belaubten Baum auf einem Hügel zwi-

schen einer Kirche und einem weiteren Gebäude in der Emblem-pictura, ,Vor die Mühe eine Labung.“ 577 fordert die inscriptio (Abb. 207). Bezieht man dieses Emblem auf die darüberliegenden Embleme, scheint es sich inhaltlich auf den Lohn der wechselseitigen Liebe und die durchgestandene Liebesqual zu beziehen. Immerhin war die Dorfmitte, im Regelfall vor der Kirche, Ort der Brautschau und Ort der Bekanntgabe der EheschlieRung. Peil liefert eine vôllig andere Sinnauslegung für dieses Emblem. Er halt das Emblem für den emblematischen Lohnzettel der Kunstler für die Ausführung der Stuckmedaillons (,Vor die Mühe eine Labung.“).8”8 Das dekorative System aus halbierten und vollausgefuhrten Stuckmedaillons oder Vierpasskartuschen ist auf eine vertikale und nicht auf eine

874 EGV (1693), Tafel 36, 4. 875 Peil (2004), S. 24f (H-L Nr. 6) / EGV (1693), Tafel 35, 10.

Die mangelnde Die einzelnen emblematischen Stuckarbeiten sind von minderer Qualitat. ichen Figuren besonKunstfertigkeit tritt in der Formgebung der tierischen und menschl nicht nur die halbierders hervor. Diese mangelnde Gestaltung der Emblemmotive betrifft nkten Gestaltungsten Reliefs, die dem Stuckateur auf Grund ihrer GròRe nur beschrä emblematischen Stuckarbeispielraum erlaubten, es sind vor allem die vollausgefuhrten

Ahnlich wurde mit ten, die zum Teil stumperhaft ausgeführt wurden (Abb. 208-209).87 aus der Emblembuchden inscriptiones verfahren. Einige Emblem-inscriptiones wurden wurden wohl ganz bevorlage fehlerhaft oder falsch transkribiert. Andere inscriptiones

wusst abgeandert.580

mit den italienischen WanGiuseppe Martinola und Barbara Rinn haben sich intensiv aus dem Rittersaal werden derstuckateuren auseinandergesetzt.®*' Die Stuckarbeiten (1 673--1736)882 zugeschrievon Barbara Rinn dem Stuckateur Giovanni Battista Clerici und die Stuckdekoration der ben, der wohl zwischen 1708 und 1712 die Stuckembleme 747) ausgefuhrt hat.®®? Clerici Decke nach einem Entwurf von Carlo Maria Pozzo (1676-1 Baumeister und Bildhauer stammt aus Meride und zog wie viele andere Stuckkateure, Wanderschaft durch das Heiaus dem Tessin als Wanderarbeiter in den Norden. Seine

879 Peil (2004), S.72f (H-L 30) u. 110f (H-L Nr. 49).

Katalog und Emblemregister, 8. Tab. 11, 575ff. 880 Ebd.. 5. 11f. — Siehe hierzu die Kommentare im Emblemregister: \ (sec.C. artisti di Meride e dei‘ villaggi vicini ini degli i artisti a: Lettere dai i paesi i transalpini inola: Martinol i / Giuse : Ri i

881 XVIÎÎ;Î() rt

1963 / à ms

Battista oes Martinola: L'itinerario in terrea tedesca dello stuccatore Giovan

Lombardi, Gli stuccatori dal Barocco al Roccoco. di Meride.In: Edoardo Arslan (Hrsg.): Arte e artisti dei Laghi

877 Peil (2004), S. 136 (H-L Nr. 62).

(2), Como 1964, S. 303-316. (1999), $. 375. 882 Zu einem tabellarischen Lebenslauf Clericis, siehe: Rinn

878 Ebd., S. 136.

883 Rinn (1999), S. 297.

876 Ebd., S. 80f (H-L Nr. 34) / EGV (1693), Tafel 49, 5.

Bd.

204

Emblemràume

lige Rômische Reich ist in etlichen Briefen dokumentiert, die im Archivio di Stato del Cantone Ticino in Bellinzona aufbewahrt werden.%84 Martinola hat diese Briefe ausgewertet und seinen

Lebensweg

rekonstruiert.®°5 Eine erste nachweisbare Arbeit aus der Hand

Clericis sind Stuckarbeiten in der Stadtkirche von Baden im Kanton Aargau, die wohl zum Teil von ihm als Mitarbeiter von Giovanni Betini (1660-nach 1702) ausgeführt wurden.886 Zwischen 1699 und 1701 taucht Clerici erstmals als Wanderstuckateur in Stiddeutschland auf. Er wird als Mitarbeiter von Giovanni Pietro Magni (1655-1723) genannt, der Hofstuckateur in Wurzburg war und die Stuckarbeiten in der Festung Marienberg, im Wirzburger Kiliansdom und in der Benediktiner Abteikirche Münsterschwarzbach ausfuhrte. Unklar ist, ob Clerici schon 1699 als Mitarbeiter Magnis bei der Ausführung der

Stuckarbeiten im Kloster Michelsberg in Bamberg mitwirkte.887 Ab 1703 arbeitete Clerici

als Nachfolger von Giuseppe Mogia (1664-1739) für den Landgrafen Karl von HessenKassel (1654-1730) im Kasseler Stadtschloss. Der Landgraf beauftragte Clerici anschliefend mit Stuckarbeiten im Jagdschloss Wabern. 1704 plante Clerici über Hannover nach Norddeutschland weiterzuziehen, wo der Lübecker Stadtbaumeister Antonio Giuseppe Petrini (1659-1721) aus Caneggio, einer Nachbargemeinde von Meride, ihn mit neuen

Aufträgen versorgen wollte.®°° Durch die Vermittlung von Petrini gelangte Clerici an den

205

Embleme an der Peripherie: Herrenhaus von Hohen Luckow

einige Auftrage von Herzog Adolf Friedrich Ill. von Mecklenburg-Strelitz (1686-1752).

Am 24. und 25. Oktober 1712 fiel die Strelitzer Residenz einem GroRbrand zum Opfer,

ein Trupp aus Clericis Werkstatt war zu diesem Zeitpunkt am Strelitzer Hof beschäftigt.893 Nach dem Grofibrand wurde das Glienicker Jagdschloss kurzzeitig Residenz von Herzog

Adolf Friedrich III. von Mecklenburg-Strelitz, der deswegen die Innenraume neugestalten lie. An dieser Umgestaltung war Clerici mafgeblich beteiligt.°%* Rinn konnte nachweisen, dass Clerici auch fiir die Stuckarbeiten aus dem Festsaal von Schloss Mirow verantwortlich gewesen ist, die wahrscheinlich zwischen 1710 und 1712 ausgeführt wurden. Der Baubeginn der Mirower Anlage geschah wohl noch auf Anweisung von Herzog Adolf Friedrich II. von Mecklenburg-Strelitz (1658-1708), danach wurde das Schloss als Wit-

wensitz fiir seine dritte Gemahlin Christiane Emilie Antonie von Schwarzburg-Sondershausen (1681-1751) von dem Strelitzer Baumeister Joachim Borchmann (unbekannt)™ fertig gebaut.8% Rinn hat im Mecklenburgischen Landeshauptarchiv in Schwerin ein np fehlungsschreiben für Clerici entdeckt, das eindeutig beweist, dass der Stuckateur für die Arbeiten im Mirower Festsaal und im Jagdschloss Glienicke verantwortlich war, die im

Schreiben von Herzog Adolf Friedrich III. ausdrücklich gelobt werden.°°7 Clerici wendete

im Festsaal von Schloss Mirow an den Wandflachen die gleiche Dekorationstechnik an

Auftrag, die Innenräume von Gut Wahistorf zu stuckieren. Sein Auftraggeber war dort Wulf Hinrich von Thienen (gest. 1708). Die Arbeiten scheinen noch 1705 begonnen zu haben. Allerdings ist unklar, ob Clerici die dortigen Stuckdecken oder Stuckarbeiten an

wie im Rittersaal von Hohen Luckow.8% Auch hier wird die Wandfläche durch Blendpilas-

denzen nicht dokumentiert. Rinn nimmt an, dass er in dieser Zeit in der Werkstatt von Andrea Maini (1676-nach 1730) beschäftigt gewesen sein kônnte und an mehreren Ar-

halbierte chrome Stuckmedaillons wie im Luckower Rittersaal ausgeführt. Das obere

Kaminen anfertigte.®°° Weitere Stuckarbeiten nach 1705 bis 1711 sind in den Korrespon-

ter korinthischer Ordnung in einzelne Wandfelder unterteilt. Die Pilaster schwarzgefarbtem Stuckmarmor und die Freiflachen in den FR pee

sind aus en gelb

stuckiert. In diesen gelb stuckierten Zwischenwänden sind auf dieselbe Weise mono-

beiten Mainis in Lübeck beteiligt war (Palais Wasmer, Haus Lübecker AlfstraRe 38).89 In

der Zeit von 1710 und 1712 besa

Clerici eine eigene Werkstatt, die, so die Vermutung

Rinns, eng mit der Werkstatt von Maini kooperierte.®®' Clerici bewegte sich in diesen Jah-

ren zwischen Hamburg, Lübeck, Schwerin und Strelitz. In Strelitz erhielt er schlieRlich

882 Rinn (1999), 8. 42 u. 252f.

893 Martinola (1964), 8. 308.

me

8% Rinn (1999), 8. 252f.

ME “ro

Kleinod des Barock ond δὲς DDR 895 Friederike Drinkurth: Das Obere Schloss in Mirow — Ein gerettetes he δι sr

84 Archivnachweis: Archivio di Stato del Cantone Ticino, Bellinzona, Fondo di famiglia e personne, fondo Oldelli/ XVIXIX sec., 2.1.41.: 4. Lettere dei mastri. 885 Martinola (1964), S. 303-316. 886 Ebd., S. 304. 887 Ebd., S. 305.

888 Rinn (1999), S. 26, 39, 238f. — Martinola hat im Nachlass von Clerici auch einige Entwurfszeich nungen gesichtet, siehe: Martinola (1964), S. 313.

889 Rinn (1999), 8. 239 u. 295 / Martinola (1964), 8. 307f. 890 Ebd., S. 250ff. u. S. 297. 891 Ebd., S. 360, Anm. 1207.

konnte erbe in Mecklenburg und Vorpommern 9 (2013), 5. 99-1 10, hier: $. 99. — Drinkuth ae Die . nachweisen Mirow in bau Schlossneu einen für nung Kostberech über eine Fürstenhaus mit Ho hauptarchiv Schwerin vor, siehe: LHAS, Mecklenburg-Strelitzsches

à a res 9 ed eas

rden,

;

1649. el τ 896 Rainer Szczesiak, Christian Gahlbeck: Die Kommenden der Johanniter in Mirow, Ve ges hi r Heimann, Di Lars rl a, Herrschaft Stargard in Südmecklenburg. In: Christian Gahlbeck, Heinz-Diete ro π᾿ ea rg de onalität und Transfergeschichte. Ritterordenskommenden der Templer und i . 5. ) 9 hichte; Landesgesc den vergleichen und gischen brandenbur zur und in Polen. (Studien . S. 222.

| , siehe: Ebd., S. Quellenanhang transkribiert i inin ihrem i . = i Rinn hat das Empfehlungsschreiben #97 Ri mit Hofbehérden, Hofbau, Abteilung | 39 371R(I:i2r(3/ìîîv)éiss afi? pres Mecklenburg-Strelitzes Fürstenhaus eed der Hermenfiguren an den set ee 898 Rinn vergleicht in ihrer Analyse vor allem die Ausführung ἥν è verg , te gleichgestal Mirow Schloss von Festsaal im auch als sowohl im Rittersaal von Hohen Luckow

S. 23}

206

Emblemràume

Stuckmedaillon verschwindet in einem wandabschlieRenden Gesims. In der Mitte befindet sich ein vollausgeführtes Stuckmedaillon. In der unteren Zone verschwindet wiederum ein Halbmedaillon in der Sockelzone (Abb. 210). Die halbierten Stuckmedaillons zeigen Dorflandschaften und Architekturansichten, die vier vollausgeführten zwei Amorembleme ohne inscriptiones (Abb. 211—214).899 Die Ahnlichkeit der Gestaltung zeigt, dass die Ausführung und womôglich auch der Entwurf für die dekorative Innenraumgestaltung wohl in beiden Fallen von Clerici stammen und Züge eines persônlichen Dekorationsstils aufweisen, namlich das Wechselspiel von

vollausgeführten Stuckmedaillons und Halbmedaillons in vertikaler Reihenordnung. Diese eigenständigen Stuckarbeiten Clericis weisen darauf hin, dass er schon vor 1712 eine eigene Werkstatt besaR und einen kleinen Bautrupp beschäftigte. Durch die Vermittlung von Herzog Adolf Friedrich Ill. von Mecklenburg-Strelitz erhielt er schlieRlich Auftrage am Berliner Hof. 1715 zog er wieder in Richtung Süddeutschland, wo er vor allem wahrend der Regierungszeit von Kurfürst Karl III. Philipp von der Pfalz (1661-1742) zwischen 1721 und 1730 Stuckarbeiten in der Mannheimer Residenz und in den Innenräumen von Schloss Schwetzingen ausführte.% Wandflächen mit Stuckreliefs, wie Clerici sie im Rittersaal von Hohen Luckow und im Festsaal von Schloss Mirow um 1710 ausfuhrte, finden sich in keinen der erhaltenen Stuckdekorationen aus seiner Hand. Warum diese persônliche Handschrift Clericis (Wechsel zw. Halb- und Vollmedaillons) in den spateren Arbeiten nicht mehr zu finden ist, kônnte mit den Arbeitsbedingungen in Hohen Luckow und Schloss Mirow zusammenhangen. Der Auftraggeber des Hohen Luckower Rittersaals Christoph von Bassewitz stand seit 1695 in militarischen Diensten von Markgraf Christian Ernst von Brandenburg-Bayreuth (1644-1712). In dieser Zeit war von Bassewitz Geheimer Rat und Oberstallmeister.%1 Später (1721) wurde er von dessen Nachfolger Markgraf Georg Wilhelm von Brandenburg-Bayreuth (1678-1726) zum Oberhofmarschall und folgend zum Generalmajor ernannt. Erst 1727 kehrte er zurück auf das

88 Eines stammt womôglich aus einer Auflage der Emblemsammlung Devises et emblemes von Daniel de La Feuille (siehe Abb. 211, 213).

207

Embleme an der Peripherie: Schloss Pyrmont

Gut Hohen

Luckow, welches er 1700 gemeinsam

verwalten,

musste

mit seinem Bruder Hellmuth Otto von

Bassewitz (1673-1736) von seinem Vater geerbt hatte. Um das geerbte Gut allein zu Christoph

von

seinen

Bassewitz

Bruder

ausbezahlen

und

im An-

schluss den Neubau des Herrenhauses finanzieren.%° Der finanzielle Spielraum für die Innenraumgestaltung dürfte entsprechend gering gewesen sein. Zudem ist unklar, ob er

Zeit wohl in den Neubau des Herrenhauses überwachte. Er wohnte vor 1727 die meiste

Erlangen und Bayreuth.%°? Sein Bruder Hellmuth Otto von Bassewitz war ebenso in mili-

tärischen Diensten von Brandenburg-Bayreuth

und kommt als Gutsverwalter in der Zeit

der zwischen 1707 und 1714 also auch nicht in Frage. Das Brüderpaar war während beteiligt Bauzeit zudem sicherlich an den Schlachten des Spanischen Erbfolgekrieges Christian Ernst (1701-1714), immerhin führte bis Ende Mai 1707 ihr Dienstherr Markgraf

finanzivon Brandenburg-Bayreuth das Reichsheer gegen die Franzosen an.% Geringe der Bauzeit deuelle Mittel und eine mégliche Abwesenheit des Auftraggebers wahrend ten darauf hin, dass

Clerici wahrscheinlich

seine Werkstattgehilfen

die Stuckarbeiten

selbst ausnach Vorlage ausführen lie& und er womdglich nur einen Teil der Embleme und die führte. Dies würde auch die mangelnde Sorgfalt im Umgang mit der Buchvorlage sich eine ahnliche Sidürftige Qualitat der Ausführung erklären. In Schloss Mirow ergab der Auftraggetuation. 1708 starb mit Herzog Adolf Friedrich Il. von Mecklenburg-Strelitz

Tod als Witwensitz fur ber. Der geplante grof&e Bau der Schlossanlage fiel nach dessen aus. Die SchlossanChristiane Emilie von Schwarzburg-Sondershausen deutlich kleiner erfüllen, so dass die filage musste als Witwensitz keine repräsentativen Zwecke mehr hier die Wand- und Denanziellen Mittel wohl begeschrankt wurden. Clerici wird auch ckengestaltung nach eigenen Entwürfen gestaltet haben.

s Pyrmont 2.3.2. Lambris mit Emblemen im Antichambre von Schlos gsmafinahmen in den InnenIm Zuge von umfangreichen Sanierungs- und Restaurierun sche Beletage räumen von Schloss Pyrmont konnte zwischen 1984 und 1987 die histori gesamte barocke Schlossanlage und ihre Innenraumgestaltung rekonstruiert werden. Die

800 Martinola (1964), 8. 309ff. — Die Arbeiten zwischen 1715 und 1721 sind zahlreich, u.a. Stuckdekorationen im Alten Rathaus von Mannheim zwischen 1715 und 1717, auRerdem arbeitete er in StraRburg, Grünstadt und Heidelberg. Um

1716 scheint Clerici auch für Markgraf Karl Ill. Wilhelm von Baden-Durlach (1679-1738) einige Aufträge in der der alten Durlacher Residenz und im Neubau von Schloss Karlsruhe ausgeführt zu haben. Wahrend seiner Zeit am Mann-

heimer Hof folgten noch zwischen 1727 und 1729 Stuckarbeiten in der Klosterkirche der Benediktinerabtei St. Peter im Schwarzwald und im Kloster St. Blasien im Schwarzwald (1768 abgebrannt).

Luckow und seine Geschwister. Vorfahren und Verwandte. 902 | upold von Lehsten: Christoph von Bassewitz auf Hohen

%1 Friedrich Schlie: Die Kunst- und Geschichts-Denkmäler des Grossherzogthums Mecklenburg-Schwerin. IV. Band:

: In: Archiv fir Familiengeschichtsforschung 7, Heft 3 (2003), S. 213-220, hier: S. 213. Erlangen gein 1704 August 4. am wurde 724) (1685-1 usen %03 Seine erste Ehe mit Magdalena Sophie von Stockha

dieser Zeit noch in der Gut- und Filialkirche von Hohen Luckow befunden hat. In der Inschrift des vergoldeten Kelches

94 Dieter J. Weil: Markgraf Christian Ernst von Brandenburg-Kulmbach (1655-1712). Europaische pecan perdi

Die Amtsgerichtsbezirke Schwaan, Bützow, Sternberg, Güstrow, Krakow, Goldberg, Parchim Lübz und Plau. Schwerin 1901, S. 104. — Hier wird auf einen von Christoph von Bassewitz um 1708 gestifteten Kelch hingewiesen, der sich zu

werden beide Amter (Geheim Rat, Oberstallmeister) genannt. Es sei noch darauf hingewiesen, dass Friedrich Schlie die emblematische Wandgestaltung des Rittersaales im Herrenhaus von Hohen Luckow im Gegensatz zum Wappenlambris nicht erwahnt, siehe: Schlie (1901), S. 105.

schlossen. Seine Gemahlin verstarb 1724 in Bayreuth.

— sort ae sie Reichsfiirsten im Barock. In: Rainald Becker, Iris von Dorn (Hrsg.): Politik — Reprasentation Bay in und 10. November Ernst von Brandenburg-Bayreuth 1644-1712. reuth 2014, S.3-16, hier: 8. 9f.

Referate der Tagung am 9.

-

Bay: Bay

Emblemràume

208

war zuvor vom Verfall bedroht. Wahrend dieser MaBnahmen wurden im Erd- und im Sockelgeschoss Museumsräume räume.

eingerichtet und im zweiten Obergeschoss Verwaltungs-

Für die Beletage entschied

man

sich für eine denkmalpflegerische

Instandset-

zung der barocken Paradezimmer unter der Berücksichtigung der historischen Ausstattung aus den Jahren 1765 bis 1777 und den 1780er Jahren. Sie sollen als reprasentative Schauräume die adelige Wohnkultur des 18. Jahrhunderts dokumentieren.°° Durch eine

restauratorische Befundermittlung im Vorraum des Festsaals konnten auf Paneelen an der Lambriszone, mehrere Farbschichten freigelegt werden, die unter wei&em Putz verborgen lagen. Es kamen monochrome Emblemmalereien in fein nuancierten Gelbtônen zum Vorschein, die von in grau gemalten querovalen Rollwerkkartuschen umrahmt wurden (Abb. 215). Insgesamt konnten zwischen

1986 und 1987 neun

Emblemmedaillons

gesichert und restauriert werden, die nun in monochromer Temperamalerei die Paneele

der Lambriszone an der Nord- und Südwand ausfüllen.25 Die Emblemmalereien entstanden zwischen 1706 und 1710. Als Graf Friedrich Anton Ulrich von Waldeck-Pyrmont (1676-1728) 1706 das Erbe seines Vaters antrat, lief er die alte Veste Pyrmont abtragen und auf dem Sockelgeschoss der alten Anlage eine repra-

sentative dreigeschossige Residenz erbauen. Die Planung wird dem braunschweigischwolfenbütteler Landbaumeister Herman Korb (1656-1735) zugesprochen. Zumindest zwischen 1706 und 1712 lässt sich Korb in Pyrmont nachweisen.%7 Bis 1710 waren die Bauarbeiten abgeschlossen. In der Beletage ist die Disposition der graflichen Appartements erhalten geblieben, ebenso die Stuckdekorationen

von Giacomo

Perinetti (gest.

1716), wenige Freskenausschnitte im Festsaal und ebene jene restaurierten Emblemmalereien aus dem Antichambre. Die urspriinglichen Innenraumdekorationen der Beletage wurden wohl zwischen 1777 und 1780 vôllig verandert, unter anderem verputzte

209

Embleme an der Peripherie: Schloss Pyrmont

Enfilade wurden an den Schmalman vorhandene Deckenfresken. Als Verlangerung der angebaut, die von Franz Friedseiten des Schlosses ab 1765 flachgedeckte Saalbauten ion dieser Saalbauten bedingte rich Rothweil (1709-1777) geplant wurden. Die Integrat Beletage. In den 1850er Jahren womôglich eine Neudekorierung der Paradezimmer der emblematischen Wandpaneelen erfolgten weitere Umbauten.°°° Das Vorzimmer mit den das Durchgangszimmer zwischen in der Lambriszone bildete im ursprünglichen Bau schlieRlich Türen an der Ost- und Treppenhaus und Festsaal. Vom Festsaal aus führten

Über die Enfilade erreichte Westwand in die jeweiligen Appartements des Grafenpaares. end aus einem Gemach, eiman das ôstlich gelegene Appartement des Grafen besteh die Enfilade in das westlich gelenem Kabinett und der Retirade. Entsprechend führte ld (1678-1757) mit derselgene Appartement der Gräfin Luise von Zweibriicken-Birkenfe eindeutig nachweisbaren Audienzben Raumdisposition. Auffallig ist das Fehlen eines üblicherweise ein Antichambre zimmers, dem in der herrschaftlichen Appartementfolge mit den Emblemmalereien ae Anvorangeht. In Schloss Pyrmont scheint das Vorzimmer Empfang genommen worden sind. In tichambre gedient zu haben, in dem die Gaste in dieser Raum auch als Vorhalle beder einführenden Literatur zu Schloss Pyrmont wird zeichnet.°10

aus der Zeit um 1710 des ne den Die ursprüngliche Dekoration des Antichambres mehr vollständig PORN werSanierungs- und Restaurierungsmafinahmen nicht ch ausgestalteten ξἀπιοηβζοηθ war den. Die gesamte Wandfläche über der emblematis Landschaften und Laubwerk eae mit Tapeten überzogen, die in Olfarben gemalte das in die Stuckdekoration der DeckenflaDen Wandabschluss bildete ein Stuckgesims, wie sie unter anderem im Festsaal che überführte. Farbreste einer Deckenbemalung,

gefunden

en werden.°!! und freigelegt wurden, konnten nicht nachgewies

Die Emb-

ept der flachendeckenden Tapete mit lemmedaillons waren in diesem Dekorationskonz

monochrome Farbgebung in den picLandschaftsmalereien untergeordnet.°’? Durch die der énen gemalten Kartuschen mit den als Schriftban

905 Zu den Sanierungs- und Restaurierungsma@nahmen, siehe: Dieter Alfter, Dietrich Lôsche (Red.): Festung und Schlo& Pyrmont. Restaurierung und neue Nutzung. Herausgegeben vom Kuratorium SchloR Pyrmont anla@lich der Erôffnungsfeier 29.Mai — 1. Juni 1987. Bad Pyrmont 1987. 906 Zur Restaurierung der Emblemmalereien, siehe: Elke Schréder, Fred Kassner: Die emblematischen Darstellungen im Antichambre von 1710. In: Dieter Alfter, Dietrich Lôsche (Red.): Festung und Schlo& Pyrmont. Restaurierung und neue Nutzung. Herausgegeben vom Kuratorium Schlo& Pyrmont anlaBlich der Erôffnungsfeier 29.Mai — 1. Juni 1987.

Bad Pyrmont 1987, S. 29f. — Die Restaurierung der Emblemmalereien wurde zwischen dem 5.2.1986 und dem 21.5.1987 von dem Atelier für Restauration Schlôder - Kassner ausgeführt. Ein Restaurierungsbericht mit Fotodoku-

mentation (August 1987) liegt maschinenschriftlich in der Bibliothek des Museums Bad Pyrmont vor und wurde von mir eingesehen, siehe: Atelier für Restaurierung Schléder - Kassner: Restaurationsbericht. Fotodokumentation. Antichambre im Schlo&, Bad Pyrmont. 0.0. 1987. (maschin.).

907 Wolfgang Kelsch: Hermann Korb. Barockbaumeister am Wolfenbütteler Fürstenhof. Braunschweig 1985, S. 47. 908 Er arbeitete u.a. am Wolfenbütteler Hof für Furst Anton Ulrich von Braunschweig-Wolfenbittel. Auch die Stuckde-

korationen aus dem Kaisersaal (um 1714) von Kloster Corvey werden Perinetti zugeschrieben. Perinetti und Korb kônnten tatsächlich auch in Pyrmont zusammengearbeitet haben. Um 1690 war Perinetti im Beubau von Schloss Salzdahlum tatig, der von Korb angeleitet wurde. Beide arbeiteten zudem beim Umbau von Schloss Salder zusammen und ebenso beim Umbau von Schloss Wolfenbüttel.

turae mit Gelbtônen und den in graut

vor. Als einfüh-

sliteratur i i i itische F orschung “Pyrmont Niedersachsen. 1. Auf. liegt keine krit 909 Zu der Gestaltung der Innenräume von Schloss Pyrmont Pyrmont . Lkr. Hameln siehe: Dietrich Lôsche, Dieter Alfter: Schloss

rende Literatur, München 1988.



'

Gar:deìaîlz:: ans M Les fs Pyrmonter Vorhalle mit dem sogenanntegsend: Το sae er 910 Vergleichbar mag die Disposition derMarmor als e Vorhall Eine ent. vorausg saal Ludwigsburg Residenz sein, der dem

Weikersheim vorhanden. Gemeinsa penaufgang und Festsaal ist auch in Schloss

lagerten Durchgangszimmern die Funktion als Empfangssaal. 911 Schléder & Kassner (1987), 8. 2.

unter der wei verputzten Wand nicht mehr wee 912 Da die Tapete mit den Landschaftsmalereien ng zu überziehen, die nach alten Vorlagen zumindes οἱ man sich dafiir, die Wand mit Stoffbespannu Flächenornament Die Stoffbespannung zeigt Laubwerk als ursprünglichen Tapete herstellen sollte.

8. 1. chen Grüntônen, vergleiche: Schléder & Kassner (1987),

ee

in u

A r:ghìedli-

210

Emblemräume

gestalteten inscriptiones bildeten die Embleme einen kompositorischen Kontrast zur an-

sonsten

einheitlich gestalteten

Wandfläche.

Die untere Randzone der Wandflächen wurde durch diesen Kontrast besonders betont. An der Nordwand befinden sich die freigelegten Embleme unter drei Fensternischen und an der Sockelzone der hervortretenden Zwischenwände.

An der Südwand

wird die Lambriszone von der Festsaaltür unterbro-

chen. Links und rechts dieser Türe sind je zwei Paneele mit Emblemmedaillons. An der Ostwand liegen die Türen zum Treppenhaus. An der Westwand sind zwei weitere Seitentüren, das dazwischenliegende Wandfeld in der Lambriszone blieb nach dem Restaurierungsbefund emblemlos. Die Emblemmedaillons bilden wegen der tektonisch-beding-

ten Einschübe keine geschlossene umlaufende Emblemreihe. Die Einheit wird hier viel mehr Uber die einheitliche Gestaltung in monochromer Malerei und deren Anbringung als Lambrisfüllung hergestellt.

Auch in diesem Beispiel emblematischer Innenraumgestaltung wurde nach Vorlagen gemalt. Die Restauratoren wurden bei Nachforschungen nach môglichen Vorlagen in der Herzog-August-Bibliothek in Wolfenbüttel fündig. Sie vermuteten, dass die Emblemsammlung Emblematische Gemüths=Vergnügung (Augsburg: Kroninger, Gôübels

Seel Erben 1699) als Musterbuch gedient habe.°!3 Bei genauerer Betrachtung der ein-

zelnen Embleme zeigt sich allerdings, dass eine andere Ausgabe der Emblemsammlung als Vorlagenbuch verwendet worden ist, nämlich Daniel de La Feuilles Erstausgabe Devises et emblemes (Amsterdam: de La Feuille 1691). An drei Emblemen làsst sich diese Vermutung verifizieren. Das zweite Emblem (Pyrmont E 2)°"4 links neben der Festsaaltür in der Lambriszone der Südwand zeigt in der pictura eine Krahe, die mit dem Schnabel einen Stein in eine Vase fallen lässt. Die inscriptio auf dem Schriftband lautet ,PROFITERO DEL. | MIO.INGENGNO.‘ (,Ich vverde vortheil daraus haben durch meine behendigkeit.“)*'°. In der Augsburger-Ausgabe von 1699 erscheint dasselbe Emblemmo-

tiv seitenverkehrt.°"® Auch der dort abgebildete Ausfallschritt der Krahe ist nicht identisch

211

Embleme an der Peripherie: Schloss Pyrmont

mit der Amsterdamer

Erstausgabe von

1691

und dem

Pyrmonter-Emblem

(Abb. 216—

218)°'7. Der Sinngehalt des Emblems mag vor allem die Vorzüge der Begabung anprei-

sen und deren profitable Nutzung einfordern. Auch ein weiteres Emblem (Pyrmont E 7) zeigt deutlich die Nahe des Pyrmonter Emblems zur Amsterdamer Ausgabe von 1691.

Es befindet sich unter der mittleren Fensternische der Nordwand. Die inscriptio lautet ,HALTE.MAHS.IN | ALLEN.DINGEN*. In der pictura steht ein Tisch, auf dem drei Trinkpokale stehen. Der Tisch befindet sich in der Mitte einer von Zierbaumen flankierten Allee. Das Emblem zeigt einen fast identischen kompositorischen Aufbau in der Amsterdamer Ausgabe von 1691. Dort lautet die deutsche inscriptio ,Haltet mas in allen sachen.“918. In der Augsburger Ausgabe von 1699 fehit in der pictura dagegen die Allee mit den Zierbäumen (Abb. 219-221).9'°. Zwar unterscheidet sich die inscriptio des Pyrmonter Emblems in der Orthographie (,MAHS*) hier von beiden Ausgaben, ebenso die Vokabel ,DINGEN“ (Pyrmonter-Emblem, Ausgabe 1699) und ,sachen” (Ausgabe 1691), dennoch verdeutlicht der kompositorische Aufbau der pictura, dass die Augsburger Ausgabe von 1699 nicht das verwendete Musterbuch gewesen sein kann. Die orthografische Diskrepanz zwischen dem Pyrmonter Emblem und der Ausgabe von 1691 ist leicht aufzulôsen.

Die Restauratoren haben sich an der Ausgabe von 1699 orientiert. Die deutsche inscriptio

lautet dort ,Halte Maal. in allen Dingen.“°2°. Die Aussage des Emblems verweist nicht nur

auf das mafvolle Trinken, sondern generell auf die Tugend

der Temperantia.

Es sind

Emblem weitere kleine Details, die fur die Amsterdamer Ausgabe sprechen. Das achte italieni(Pyrmont E 8) an der zweiten vorgerückten Wandflache der Nordwand mit der in zeigt erhoben.“?21) schen inscriptio ,LA VIRTU M’HA. | INALZATA.* (,Tugend hat mich , dader pictura eine auf vier Kugeln stehende Pyramide mit militarischen Siegeszeichen eine Pauke berunter vier Banner und zwei Lanzen. In mittlerer Héhe der Pyramide ist

ein Schild festigt. In der Augsburger Ausgabe von 1699 befindet sich an der selben Stelle Erstanstatt einer Pauke, auch die Fahnen haben eine andere Form.°22 Die Amsterdamer (Abb. 222ausgabe der Emblemsammlung präsentiert in der pictura dieselben Trophäen

213 Nachweisexemplar: Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Sign. M: Uk 26. 914 Die Zählungì der ! Embleme folgt dem Restaurierungsbericht. : Die Zahlun e innt i do j i Emblemmedaillon links neben der Seitentür der Westwand. Danach folgen io δὰ ἐπὶ Recs τ wea nach rechts. Bei dem fünften Emblem geht die Aufzählung weiter an der Nordwand von links nach rechts. Auch wenn meines Erachtens eine andere Zahlung sinnvoller ware, nämlich beginnend bei dem fünften Emblem an der Nordwand

dass sich unmittelbar am Eingangsbereich befindet, habe ich die vorgegebene Zählung Ubernommen. Zur eindeutigen Unterscheidung von anderen Emblemvorkommen verwende ich für die Zahlung die registernummer ‘Pyrmont E 1 bis

9’, siehe: Katalog und Emblemregister, Tab. 12, 8. 582.

=

915 DeE (1691), Tafel 23, 9. — Von hier auch die deutsche inscriptio als Übersetzung übernommen.

916 Emblematische Gemüths=Vergnügung bey betrachtung 715 der curieusten un arses Deutsch=Lateinisch=Francôs.= ü. italianische beyschrifften. pelle

i ds

innbi Gobela

iti Seal. Eten

’ I9t9(,,Taf;îl 23, 9. — Hier lautet die deutsche inscriptio »Durch List und Verschlagenheit.*. In Kombination mit der pictura olgt durc die deutsche inscriptio eine negative Auslegung des Emblems. Durch List und Verschlagenheit verfolgt die Krähe ihr Ziel. Die italienische inscriptio ist in beiden Ausgaben dagegen identisch und erläutert die zielführende Handlung der Krähe durch die Behandigkeit wie in der deutschen inscriptio der Amsterdamer Ausgabe von 1691.

Ausgabe von 1693 verwendet. Sie entspricht 917 Fur den Katalog und das Emblemregister habe ich die Augsburger ich auf diese Entsprechung über die Zitation weise katalog Abbildungs Im 1699. von Ausgabe r Augsburge der spateren

EGV (1693=1699) hin. 918 DeE (1691), Tafel 32, 13. 919 EGV (1699), Tafel 32, 13. 820 Ebd., Tafel 32, 13.

in der deutschen inscriptio ,Die Tugend erhebt dif 921 DeE (1691), Tafel 39, 6. — In der Augsburger Ausgabe heif&t es in den Himmel." (EGV (1699), Tafel 39, 6).

922 EGV (1699), Tafel 39, 6.

212

Emblemràume

224).523 Die italienische inscriptio ist in beiden Ausgaben identisch. Der Sinngehalt des Emblems lässt sich leicht erschlieRen. Durch militärische Tapferkeit erlangt man ewigen Ruhm.

Durch

diesen Abgleich

môglicher Emblembuchvorlagen

wird deutlich, dass der

Maler der Embleme nicht die Augsburger-Ausgabe von 1699 als Vorlage verwendet hat. Als Vorlagenbuch diente die mehrfach neuaufgelegte Erstausgabe Devises et emblemes

(Amsterdam: Feuille 1691) des Daniel de La Feuille. Fraglich ist jedoch, welche der Auflagen als Musterbuch verwendet wurde. Die Amsterdamer Erstausgabe erschien in mehreren Neuauflagen 1692 und 1693, dann erneut 1697 und 1712. 1693 erschien in Augsburg eine zweite Ausgabe mit dem Titel Emblematische Gemüths=Vergnügung bey betrachtung 715 der curieusten und ergôtzlichsten Sinnbildern (Augsburg: Kroninger, Gôbel 1693) mit erneuerten Kupferstichplatten. Auch diese zweite Ausgabe erschien in mehreren Auflagen. In der Augsburger Neuausgabe denen

die inscriptiones wiedergegeben

reduzierte man die Zahl der Sprachen, in

wurden,

auf vier Sprachen.

Wahrend

die Erst-

ausgabe die inscriptiones noch in sieben Sprachen (Latein, Franzôsisch, Spanisch, Italienisch, Englisch, Flamisch und Deutsch) angab, verwendete man fir die insciptiones in

der Augsburger Ausgabe nur noch vier Sprachen (Latein, Franzôsisch, Italienisch und Deutsch). Insofern erscheint es zuerst kurios, dass ausgerechnet diese vier Sprachen für die inscriptiones der Pyrmonter Embleme ausgewählt wurden: Franzôsisch:

,MA.

DESTINEE.

|

M'EN.FERA

SORTIR”

»PRENEZ.GARDE.L’EN= | NEMLEST.PROCHE* (Pyrmont TRAVAGLIAMO CHE | ALLA.MEDEMA COSA” (Pyrmont E 6)

(Pyrmont E

4),

E

1), ,NON.

CONTRA

= | RIA FATA“

(Pyrmont E 5), ,VETERIS.

VESTI.

der inscriptiones mag der wesentverpflichtet gefühit zu haben. Diese Mehrsprachigkeit Embleme wegen ihr bildlichliche Grund dafür gewesen sein, dass man ausgerechnet

verwendet hat. Der dem literaren Form zur Innenraumgestaltung des Antichambres gszimmer für unterschiedliFestsaal vorgelagerte Raum diente vornehmlich als Empfan ederen Personen den sprachlichen che Gaste. Zum einen konnte der Auftraggeber rangni

Personen des hôheren StanBildungsstand des Hofes vor Augen führen und gleichzeitig n ist es auffallig, dass ausgedes seine ständische Zugehérigkeit prasentieren. Insofer E 7) mit einer ermahnenden rechnet das Emblem mit den drei Weinglasern (Pyrmont ung ,HALTE.MAHS.IN | ALLEN.DINdeutschen inscriptio versehen wurde. Diese Ermahn

und den rangniederen alenie GEN‘ galt wohl deswegen vorrangig dem Hauspersonal

prachigen inscriptiones ist in dienen. Das Präsentieren von Emblemen mit verschiedens ation und héfischen Partizipation sem Fall als demonstratives Konzept der Standeslegitim einzelne Emblem in den Betrachtermitzu verstehen. Das vorliegende Konzept stellt das kénnen nur einzelne Embleme mit inscriptelpunkt. Je nach sprachlichem Kenntnisstand hin untersucht werden oder bei polyglotten tiones derselben Sprache auf ihren Sinngehalt

s Emblemprogramm liegt daher Kenntnissen eben mehrere Embleme. Ein geschlossene

nicht vor. Zwar tragen die bisher besprochenen

|

GIA.FLAMMAE.“ (Pyrmont E 9) Deutsch: ,HALTE.MAHS.IN | ALLEN.DINGEN“ (Pyrmont E 7)

Diese vier Sprachen waren sicherlich die gangigen Sprachen, die an den europäischen Hôfen zu Beginn des 18. Jahrhunderts gesprochen oder zumindest von der hôfischen Gesellschaft erlernt worden sind. Vor allem die dreimalige Verwendung von franzésischen und italienischen inscriptiones als Modesprachen der Zeit und dagegen die einmalige Verwendung der deutschen Sprache scheint dies anzudeuten. Graf Friedrich Anton Ulrich von Waldeck-Pyrmont scheint sich diesem bildungshôfischen Ideal (Honnéteté)

anderem durch die Hinweise auf die lierten ethisch-moralischen Tugendspiegels, unter (Pyrmont E 8). Andere ciate Tugend der Temperantia (Pyrmont E 7) und der Virtus Zuordnung. Am deutlichsten zeigt sin entziehen sich wiederum einer solch eindeutigen E 9) unterhalb der dritten Fensternidies am Sinngehalt des neunten Emblems (Pyrmont io ,VETERIS. VESTI. | Das Schriftband zeigt die lateinische inscript Vulkan. alten liebe.“)°24. Die inscriptio geht _ GIA.FLAMMAE. Schlossanlage nach den dessen Entwürfen fertig. g. Simonetti Si i entwickelte i i sich γοῖν in den 1680er min schon Jah ack ichtigsten l Stuckdekorateur| am Ende l des 17.7. Jahrhunderts ' in Kurbrand lenburg und Mitteldeutschl Tornelli und and. “Tomeli i undBellone Bellor re Pa sant — meisten Projekten Simonettis als Mitarbeiter beteiligt, so auch eben in Zerbst zwischen 1705 und

-

Das umgebaute zweigeschossige Hauptgebäude des Herrenhauses hat bis heute jedoch sein äuReres Erscheinungsbild weitestgehend behalten. Das Gebaude hat an seinen Langseiten (West- und Ostfassade) jeweils sieben Fensterachsen und an den Schmalseiten (Süd- und Nordfassade) lediglich zwei Fensterachsen, das Dachgeschoss wird

iben rot

j

1057 Schumann, Hardenberg, Badstübner (2010), S. 6.

Herrenhaus, siehe: Ebd., 8. Τί. 1058 Zu den weiteren Veränderungen und Umbaumafnahmen am Lietzener 056. Ερ4.. 5.7.

1060 Jung (1909), 8. 184.

1061 Siehe: Schumann, Hardenberg, Badstübner (2010), 8. 6, Abb. 7 (Grundriss).

2

Emblemràume

46

Embleme im GroRformat: Herrenhaus von Gut Lietzen

247

konnte, übernehme ich die Reihenzählung von Jung aus den Kunstdenkmälern des Krei-

wird die Ubereinbaude auf den Felsen etwas abgewandelt (Abb. 270). Am deutlichsten r Emblem durch stimmung zwischen der Imprese des Schwedenkénigs und dem Lietzene

ses Lebus.1063

die Verortung

nach aufgelistet hat.1%2 Da eine Autopsie der Deckenmalereien nicht realisiert werden

In einem ersten Zimmer im Obergeschoss

des Herrenhauses befindet sich das emble-

matische Leinwandgemälde mit der inscriptio

, DEUS

DAT,| CUI VULT.“ (,Gott gibt, wem

er will.“1064), Die Leinwand wurde hier für eine ovale Stuckkartusche zugeschnitten, die Malerei selbst wurde polychrom ausgeführt. Die Emblemleinwand

nimmt einen Grofteil

der Deckenfläche ein und wird von keinen weiteren malerischen Beiwerken begleitet. Die pictura

(gesamte

schroffen

Leinwand)

Felsen, auf denen

des

Emblems

Gebäude

zeigt eine Meereslandschaft

stehen. Auf dem

Wasser

mit mehreren

schwimmt

ein kleines

Segelschiff am linken Bildrand, im Bildhintergrund ist ein gréReres Schiff zu sehen. Uber dieser Meereslandschaft ôffnet sich am oberen

Bildrand der Himmel. Vom

Himmel

aus

schwebt ein umgedrehtes Zepter auf die Erde herab. Links und rechts des Zepters befindet sich auf Schriftbandern die in das Bild integrierte inscriptio ,DEUS DAT,| CUI VULT.“ (Abb. 269).

Das Emblem

symbolisiert die (Adels-)Herrschaft durch das Gottesgnaden-

tum. 1065 Ernst Badstübner hat versucht für die emblematischen Leinwandgemälde Vorlagen in der Emblembuchliteratur aufzufinden. die künstlerische

Vorlage

in Gabriel

Fur diese Emblemleinwand

Rollenhagens

Selectorum

vermutetet er

emblematum

centuria

secunda (Utrecht: de Passe 1613).1%6 Emblemmotiv und inscriptio des RollenhagenEmblems 65 ,DEUS DAT CUI VULT. sind zwar sehr ähnlich, allerdings unterscheidet sich die Hintergrundlandschaft hier deutlich von der Lietzener Darstellung. Tatsächlich

lasst sich die Lietzener Emblemleinwand auf eine andere Vorlage zurückführen. In der Impresensammlung eine nahezu

Symbola

diuina et humana

identische Emblem-pictura

(Prag:

Sadeler

1600,

1601) erscheint

und dieselbe inscriptio als Imprese von Kônig

Schiffe im Bildhinter- und vordergrund, die im Rollenhagenrrschaft durch das GottesEmblem fehlen. Der Hinweis auf die Legitimation der Adelshe Deckengemalde im Lietzener gnadentum findet sich auf einem weiteren emblematischen der beiden

Herrenhaus.

ndgemälde eine nach An der Decke des zweiten Zimmers erscheint in dem ovalen Leinwa

schaft treiben Rosen aus. Uber links geneigte Lanze, die im Erdboden steckt. Am Lanzen

(,Durch Gottes Vorseder Lanze weht ein Schriftband mit der inscriptio ,AUSPICE DEO* (Abb. 271). Das Emblem hung“1%£). Im Bildhintergrund ist eine Stadt mit Kirche zu sehen

vn principe politico christiano (Maigeht auf die zweite Ausgabe von Saavedras Idea de

pictura des Emblems »AUSland: Enrico 1642) zurück. In dieser zweiten Ausgabe hat die als das Lietzener EmbPICE DEO‘ allerdings einen anderen kompositorischen Aufbau d fehlt die Stadtanlage. 1959 lem. Die Lanze ist nach rechts geneigt und im Bildhintergrun ra-Ausgabe übernommen, nämDas Lietzener Emblem wurde aus einer späteren Saaved principis christiano-politici 100 Symlich aus der zweiten lateinischen Neuausgabe /dea

flage, die dieselben Druckplatbolis (Kôln: Münich 1650) oder aus einer spateren Folgeau ten verwendet hat (Abb. 272).1970 atische Leinwandgemalde Im dritten Zimmer des Obergeschosses wurde für das emblem in eine quadratische Stuckrahein anderes Rahmenformat gewählt. Die Leinwand wurde

und Unterseite angepasst. Die pictura mung mit halbrunden Ausbuchtungen an der Ober-

. Die Blume wachst aus dem zeigt eine Blütenpflanze in einer barocken Gartenanlage der Blütenpflanze befindet sich vordersten dreier Broderieparterres (Abb. 273). Hinter

Erik XIV. von Schweden (1533-1577).1%7 Im Lietzener Emblem wurden lediglich die Ge1068 (Jbersetzt nach: HZS (1996), Sp. 1506. 1062; Jung (1909), LS:8. 184. ; — Es sei darauf verwiese n, dass diei Reihenlistung ihenli i Unklarheit aufweist. Das erste Zi eine ἄμ nes »DEUS DAT, CUI νυιτ' befindet sich demnach im Obergeschoss. Das zweite Zimmer mit dem EME a s EO befindet sich dagegen im Erdgeschoss, das dritte und vierte Zimmer wiederum im Obergeschoss. eihe richtet sich also nicht nach der tatsächlichen Appartementfolge im Erd- und Obergeschoss. Dennoch folgt r FES i ner di ieser Auflistun Badstüb auch Ernst g, siehe: E IOA 69-98: Badstübner (2014), S. 547-556 / Schumann, von Hardenberg, Bad1063 Als Registernummer habe ich die Bezeichnung L-H E 1-R 1 bis L-H E 8-R 8 gewähit: L-H E 1-R 1 = Lietzener

pee rm ur me à + 1,©. entsprechend: ΠΡ Herrenhaus Emblem 8 Raum 8, siehe: Katalog Herrenhaus Emblem 1 Raum L-H E 8-R 8-R 88 == Lietzener Li i

1064 [bersetzt nach: HZS (1996), Sp. 1268. 1065 HZS (1996), Sp. 1267f. 1066 Rollenhagen (1613), Emblem 65.

À i iui S ymbola diuina Jacobus A Typotius: 1067 Imperatorvm. Regvm. Tomus Primus. Prag: Sadeler et humana. Pontificvm. re 1600/1601,

cien Empresas. principe politico christiano. Representada en 1069 Diego Saavedra da Fajardo: Idea de vn

Mailand:

[s.n.] 1642, 8. 648ff.

Landwehr em Fürstspiegel, siehe: Peil (1986), S. 56-58 / 1070 Zur Druckgeschichte von Saavedras emblematisch nicht vollständig dargestellt (Peil (1986), 8. 57, Anm. 16). Die

wurde noch (1970), Nr. 575-588. — Die Druckgeschichte ius 1655) basiert nach ch-Politischen Printzens (Amsterdam: Jansson deutsche Übersetzung Ein Abriss Eines Christli Johann II. Mülmann (1600-1651), die von etzung a-Ubers Saavedr chen lateinis der auf bisheriger Forschungsmeinung E Die Amsterdamer Ausgabe: rt, Vivien 1649) pu bliziert worden ist. als Idea principis christiano-politici (Brüssel: Mommae Ubersetzung bewertet. Nun ist Lateinder e Ausgab zweite als wurde 0)) von 1651 (Jacob van Meurs (1619/1620-168 Symbolis expressa) zur von 1650 (/dea principis christiano-politici 100 deutallerdings unklar, wie sich die Kôlner Ausgabe

die Latein-Ubersetzung verhalt. Es ist zu vermuten, dass Brüsseler-Latein-Übersetzung und zur AmsterdamerEmblem mit das denn ist, angen ausgeg 1651 von e damer Ausgab

sche Saavedra-Ubersetzung direkt von der Amster en Ausgabe von 1655 lateinischen Ausgabe von 1651 und der deutsch der inscriptio ,AUSPICE DEO" stimmt in der t. In der Brüsseler Ausgabe von 1649 ist die gedruck dam Amster in wurden gaben ra-Aus ner überein und beide Saaved a (1649), Symbolvm LXXXIL, 8. 622ff. — Ernst Badstüb pictura des Emblems noch anders gestaltet, siehe: Saavedrra-Ubersetzung als Vorlage für das Lietzener Emblem. Die Saaved e deutsch verweist in seiner Untersuchung auf die 8. 551, Abb.

Erstausgabe, vergleiche: Badstüber (2014), 8. 549 u. Abbildungen zeigen allerdings das Emblem aus der Abb. 13 und S. 13. 10, Hardenberg, Badstübner (2010), S. 8 / Schumann,

248

Emblemràume

eine Brunnenarchitektur

mit Skulpturennischen,

in der Nische

links neben

der Blüten-

pflanze ist eine Neptun-Statue zu sehen. Im Bildhintergrund sind zwei Marmorskulpturen auf Podesten zu erkennen, die einen schmalen Weg rahmen.

Über der Brunnenarchitektur

als Zugang zu einem Boskett ein-

lächelt ein strahlendes

Sonnengesicht

über die

Gartenanlage, dazwischen befindet sich das Schriftband mit der inscriptio ,SEQUE

OB-

TULIT UNI.“ (,Sie hat sich dem einen dargeboten‘“'°’'). Das Emblem stammt aus dem Buch Philothei symbola christiana (Frankfurt am Main: Zubrod 1677) des Kurprinzen Karl ll. von der Pfalz. Die inscriptio und der kompositorische Aufbau der pictura sind anna-

hernd identisch (Abb. 274).1072 In der deutschen Übersetzung des Werkes heift es in der subscriptio zu diesem Emblem: ,Unter den Blu=men/ wird die Sonnenblume gelo=bet/ weil sie sich zu der einigen Sonn kehret/ und gleich ob sie das/ was hier=unten ist verschmahet/ sich mit ihr umbwendet/ und wenn sie weggehet/ ihr nachfolget/ so gro ist ihre Lieb zu der Sonn. Last und das auch thun/ uns allein nach den Himmel richten/ und uns GOTT ergeben: [...].“1073

Die Ausrichtung des Lebens auf Gott mag auch bei dem Lietzener Emblem primärer Sinngehalt sein.

Im vierten Zimmer im Obergeschoss wurde fiir die Deckenmalerei wiederum die Impresen-Sammlung Symbola diuina et humana (Prag: Sadeler 1600-1601) von Jacobus Typotius als Vorlage verwendet. Auf der ersten Tafel mit den Stichen von Aegidius Sadeler (1570-1629) erscheint die Imprese ,CONSILIO

FIRMATA

DEI‘ (,Durch gôttlichen

Ratsschluss festgelegt*'°’*). Die pictura der Imprese zeigt eine Pyramide in einer Hügel-

landschaft mit einem Reichsapfel auf der Spitze (Abb. 275—276).1°’5 Dieses kleine Rundbild wurde wiederum auf eine groRformatige Leinwand übertragen und die Leinwand für die oktogonale Stuckrahmung in der Deckenmitte zugeschnitten. Im Gegensatz zur Buchvorlage wurde lediglich die Hintergrundlandschaft und der Himmel malerisch ausstaffiert.

Embleme im GroRformat: Herrenhaus von Gut Lietzen

249

schaft der rômischDer Reichsapfel an der Spitze der Pyramide verweist auf die Weltherr A DEI“ erläutert, dass deutschen Kaiser und Kônige. Die inscriptio ,CONSILIO FIRMAT

diese Weltherrschaft der Wille Gottes sei.

im Obergeschoss mit Das Emblem auf der Leinwand an der Decke des fünften Zimmers

stammt dagegen dem Schriftband ,DIRIGIT UNUS.* (,Der eine lenkt.“1976) als inscriptio Das Gemälde wiederum aus dem Emblembuch des pfalzischen Kurprinzen Karl 11.197

runden Piazza. Ein strahzeigt eine Sonnenuhr in einer Gartenanlage auf einer kleinen

277-278). Im Gelendes Sonnengesicht wirft einen Schatten vor die Sonnenuhr (Abb.

gig verandert. Auf der Bagensatz zur Vorlage wurde das Lietzener Emblem nur geringfü

n am Eingangsbelustrade, die die Piazza einzäunt, stehen zwei Statuen auf Podeste

Führung. Das Leinwandreich. Auch dieses Emblem verweist wiederum auf die gôttliche im Format einen Vierpass mit gemälde wurde hier in eine Stuckrahmung eingelassen, die

zugespitzten Schmalseiten darstellt.

kige Emblemleinwand einen Stern, Im sechsten Zimmer im Erdgeschoss zeigt die rechtec

gegen die Mondsichel geblader von einer Windfiguration in der oberen linken Bildhälfte damit auf das nächtliche sen wird. Der Bildhintergrund ist schwarz gehalten und weist band mit der inscriptio ,WIE Himmelsfirmament hin. In der oberen Bildhälfte ist ein Schrift Ansicht, dass das Emblem eine GOTT WILL“ angebracht (Abb. 279). Badstübner ist der des 17. Jahrhunderts unter der Anspielung auf die Abwehr der Türken sei, die am Ende Allianz organisiert wurde. '°”° Führung des Heiligen Rômischen Reiches über die Heilige e von Kaiser Rudolf Il. (16525 Pictura und inscriptio gehen tatsachlich auf eine Impres sensammlung Symbola diuina et 1612) zurück. Als Vorlage diente hier erneut die Impre

en 1593 und 1606 der or humana (Abb. 280). Unter Kaiser Rudolf II. brach zwisch

um die Verteidigung des Heiligen nannte Lange Türkenkrieg aus, bei dem es vor allem mmung der osmanischen ExpanRémischen Reiches an der Donaugrenze und die Eindä siert den Habsburger Kaiser. Der sionspolitik ging.'°°° Der Stern aus der Imprese symboli

1071 Eigene Ubersetzung. 1072 Philotei (1677), SYMBOLVM LXIII, $. 125. — Das Buch wurde wenige Jahre spater ins Deutsche Ubersetzt und als

Philothei Christliche Sinne=Bilder (Frankfurt am Main: Zubrod 1679) verôffentlicht. Die picturae der Emblemstiche wurden hier allerdings seitenverkehrt gedruckt. Eine Neuauflage der Erstausgabe erschien 1682 in Leiden in der Druckerei von Johannes van Gelder (1634-1697), die Illustrationen haben in dieser Neuauflage an Qualität eingebURt. Auf dieser Leidener Auflage basiert die niederlandische Ubersetzung des Werkes Zederyke zinnebeelden (Amsterdam: Trojel 1712). Die franzôsische Übersetzung des Werkes nahm zuvor die Stiche der deutschen Ausgabe auf. Publiziert wurde die franzôsische Ausgabe als Emblémes ou devises chrétiennes (Utrecht: Schouten 1697). Siehe hierzu auch: Land-

wehr (1970), Nr. 492-494.

1073 Kurprinz Karl ll. Ludwig von der Pfalz: Christliche Sinne=Bilder Au& dem Lateinischen ins Teutsch gebracht. Frank-

furt am Main. Zubrodt 1679, SYMBOLUM

1074 Eigene Ubersetzung. 1075 Typotius (1600, 1601), Bd. 1, Tafel 1b.

LXIII, $. 272.

1076 Eigene Übersetzung. 1077 Philotei (1677), SYMBOLVM

XLVI, S. 91.

1078 Badstübner (2014), S. 555.

| 1078 Typotius (1600, 1601), Bd.1, Tafel 25a. Machte und der Lange Türkenkrieg“ Kaiser Rudolfs Il. (1593— 1080 Siehe hierzu: Jan Paul Niederkorn: Die europaischen 1993. 135) Wien 1606). (Archiv für ésterreichische Geschichte;

Emblemràume

Wahlspruch von Rudolf Il. lautete: ,Fulget caesaris astrum.“ (,Es strahit des Kaisers Gestint 1061).1082

Für die Datierung der emblematischen Leinwandgemälde ist das Emblem ,WIE GOTT WIL“ besonders hilfreich. Falls Adam Georg von Schlieben Kenntnisse über die Beddeutung der Imprese von Kaiser Rudolf Il. besaR und dessen historischen Zusammenhänge mit dem Langen Türkenkrieg erkannte, dann wird das Lietzener Emblem eine bewusste Anspielung auf ein zeitgenôssisches Ereignis gewesen

sein. Badstübner hat für dieses

Leinwandgemalde zwar die Vorlage nicht identifizieren konnen, aber den Sinngehalt den-

noch mit den Türkenkriegen in Verbindung gebracht. Das Emblem ist tatsächlich eine Anspielung auf den Groen Türkenkrieg unter Kaiser Leopold |. (1640-1705). Der Krieg begann am 14. Juli 1683 mit der Zweiten Wiener Türkenbelagerung und endete am 26. Januar 1699 mit dem Frieden von Karlowitz und mit der Rückeroberung des gesamten Kônigreichs Ungarn für die Habsburgermonarchie.'°®> Berücksichtigt man diese historischen Ereignisse, ist davon auszugehen, dass die emblematischen Leinwandgemalde erst nach 1683 angefertigt wurden.

Die Impresensammlung Symbola diuina et humana lieferte auch die Vorlage für das Leinwandgemälde aus dem siebten Zimmer des Erdgeschosses. 1084 In einer Hiigellandschaft steht ein entlaubter Baum mit einer Astgabel, auf deren Ausläufer jeweils Pfropfreiser gesetzt worden sind. Über dem Baum schwebt das Schriftband mit der inscriptio ,WAN GOTT WIL* (Abb. 281-282). In der Buchvorlage wird die Imprese ,Guilhelmus Princeps & Comes in/ Henneberg“1°85 zugesprochen. Gemeint ist vermutlich einer der vier gefürsteten Grafen von Henneberg-Schleusingen, die allesamt den Namen Wilhelm trugen und

nacheinander von Wilhelm |. bis Wilhelm IV. zwischen 1421 und 1559 regierten. 1986 Ein

Zusammenhang zwischen den Grafen von Henneberg-Schleusingen und dem Auftraggeber Adam Georg von Schlieben ist nicht zu erkennen. Letztendlich wurde das Emblem vermutlich wegen

seines Sinngehalts ausgewahit,

namlich

als Sinnbild der Alleinwirk-

1081 Eigene Ubersetzung. 1082 Constantin von Wurzbach: Habsburg, Rudolph Il. In: BLKO 7 (1861), 8. 141-145, hier: S. 141. 1083 Constantin von Wurzbach: Habsburg, Leopold |. In: BLKO 6 (1860), 8. 418-431, hier: S: 422-424. 1084 Jacobus Typotius: Symbola uaria Diuersorum Principym Sacrosanc Ecclesiae & Sacri Imperij Romani. Tomvs secvndvs. Prag: Sadeler 1602, Tafel 162c. — Ernst Badstübner verweist auf eine andere Vorlage. In Paolo Giovios Dialogo dell'Imprese militari et amorose (Rom: Barre 1552) wird die Imprese ,/VANGOT/ VVIL" (siehe: Giovio (1555), S. 140) seinem Neffen Giulio Giovio (1511-1563/1573) zugeordnet. In der ersten illustrierten Neuauflage, die von Guglielmo Rovillio (um 1528-1589) in Lyon verlegt worden ist, zeigen sich Unterschiede zum Lietzener Emblem, vor allem in der Gestaltung des Bildhintergrunds (siehe: Giovio (1559), S. 139), vergleiche: Badstübner (2014), 8. 551 /

251

Embleme im GroRformat: Herrenhaus von Gut Lietzen

samkeit der gôttlichen Gnade. Das emblematische Leinwandgemälde des achten Zimmers im Erdgeschoss gilt heute als verschollen.'°°” Zu Zeiten von Wilhelm Jung (1909) war die Emblemleinwand

noch vorhanden.

In den Kunstdenkmälern des Kreises Lebus

heift es: ,lm achten Zimmer in der Mitte die Erdkugel, rechts einen aus den Wolken ragender Arm mit Ruder und ein in die Sonne zeigendes Szepter, Begleitspruch: A Deo.“1988 Badstübner geht davon aus, dass dieses Emblem aus Saavedras emblematischen Fürs-

tenspiegel stammte.'°8° Die Ausgabe dürfte dieselbe sein, die schon im zweiten Zimmer für das Emblem mit der inscriptio ,AUSPICE DEO* als Vorlage gedient hat (Abb. 263), Ahnlich wie das Emblem ,DEUS DAT, | CUI VULT.“ aus dem ersten Zimmer des Herrenhauses

sollte

dieses

emblematische

Leinwandgemälde

auf die fürstliche

durch das Gottesgnadentum hinweisen.991

Die Lietzener Emblemleinwände sind aus mehreren Griinden bemerkenswert. Erstens erscheinen die Emblemleinwande ohne weitere sinnvermittelnde Bildmedien jeweils von zentriert in den Deckenmitten der einzelnen Zimmer. Zweitens hat Adam Georg Leintige groRforma Schlieben einen bisher unbekannten Maler beauftragt, Embleme auf Vor wande zu übertragen, die zum Teil ein Format von etwa 1,60 x 1,30 m aufweisen. diuina et ir allem jene Leinwandgemälde, für die die Impresensammlung Symbola

als Vorlage gedient hat, demonstrieren eindrücklich die VergréRerung der emblemati hin zu — schen Form ausgehend von einer Emblemminiatur aus der Druckvorlage drei groRformatigen Emblemleinwand. Drittens wurden für diese acht Emblemleinwande umfassen, Emblembuchvorlagen verwendet, die zusammen mehrere hundert Embleme bestimmte ganz Vielzahl d.h. der Auftraggeber oder der beteiligte Kunstler hat aus dieser damit verbundene moEmbleme ausgewählt, die allesamt die Gottesherrschaft und die

dlichen. Letztnarchische Herrschaftslegitimation durch das Gottesgnadentum versinnbil des Auftraggelich diente das Lietzener Emblemprogramm sowohl der Selbstdarstellung ior wohl oe bers Adam Georg von Schlieben und wegen seiner Stellung als Ordenssen

ntisch-)kurbrandenburgistellvertretend als Demonstration der Leitdevisen des (protesta Embleme im Lietzener Herschen Johanniterordens. Monumentalitat und Zentrierung der

renhaus sind folglich gestalterisches Mittel, um diese ausgewähiten Emblemprogramms überzeugend darzustellen.

1085 Typotius (1602), Bd. 2, Tafel 162c.

(2010), S. 13. 1087 Badstübner (2014), 8. 550 / Schumann, Hardenberg, Badstübner 1088 Jung (1909), 8. 184. (2010), S. 13. 1089 Badstübner (2014), 8. 550 / Schumann, Hardenberg, Badstübner 1090 Saavedra (1650), SYMBOLUM XVIII, S. 124ff.

1086 Wilhelm Germann: Wilhelm (Grafen von Henneberg-Schleusingen). In: ADB (1898), Bd. 43, S. 24-27.

1091 HZS (1996), Sp. 1268.

Schumann, Hardenberg, Badstübner (2010), 8. 14.

Herrschaft

Leitdevisen des

Emblemràume

252

2.4.3. GroBformatige Emblemleinwànde im Herrenhaus von Gut Buckhagen Im Herrenhaus von Gut Buckhagen haben sich sechzehn groRformatige Leinwandgemalde aus der Zeit um 1700 erhalten. Diese Leinwandgemälde sind heute über die Wandflachen mehrerer Zimmer des Herrenhauses verteilt, eine historische Rekonstruktion der ursprünglichen Anbringungssituation erscheint kaum mehr môglich. Auf einem dieser Leinwandgemälde ist das alte Herrenhaus von Gut Buckhagen abgebildet (Abb. 284). In

der oberen Bildhälfte wurde in einem weiRen Schriftband die inscriptio ,Sata La[e]ta Boumque Labores." (,fréhliche Fluren, die der FleiR der Rinder geschaffen“'°°2) aufgetragen. Zur Bau- und Besitzergeschichte von Gut Buckhagen ἔθη! bisher eine kritische Forschungsliteratur.'°°5 Lediglich die beschreibende Darstellung der Schlôsser und Herrenhäuser des Herzogtums Schleswig (Frankfurt am Main 1968) von Henning von Rumohr liefert die wichtigsten Eckdaten. 1994 Demnach begann die Geschichte von Gut Buckhagen im Jahr 1339. Herzog Waldemar V. von Schleswig (1314-1364) übergab dem Ritter Seivert Sehestedt (unbekannt) ein Landstück in dieser Gegend als Pfand. Damals bestand Buckhagen lediglich aus einer Mühle und einem Weidegrundstück für Schafbôcke. 19% Jener Ritter Seivert Sehestedt baute wahrscheinlich auf einem kleinen Hügel, wo zuvor eine einfacher Burgturm der dänischen Kònige stand, eine kleinere Turmburganlage. Diese Turmburganlage war bis zum Ende des 15. Jahrhunderts im Besitz der Familie Sehestedt. Nach mehreren Besitzerwechseln verkaufte der danische Kônig Christian III. (1503-1559) Gut Buckhagen 1535 an Wulf Pogwisch d. J. (um 1485-1554), der bereits dem danischen Kônig Friedrich |. (1471-1533) als Geheimer Rat und Christian III. selbst

als Hofkanzler diente.'°°° Pogwitsch baute neben der Turmburganlage auf einer benachbarten

Insel ein erstes Herrenhaus.

Nach

einem jahrzehntelangen

Erbstreit um

die

1092 Eigene Ubersetzung. — Das Zitatfragment stammt aus Vergils Aeneis: ,Austris incidit, aut rapidus montano flumine torrens sternit agros, sternit sata laeta boumque labores praecipitisque trahit silvas: stupet inscius alto accipiens sonitum saxi de vertice pastor.“ (Vergil, Aeneis, Il, 304-310).

Embleme im GroRformat: Herrenhaus Gut Buckhagen

253

Besitztümer von Wulf Pogwisch d. A. unter seinen drei Séhnen entschied am Ende das kônigliche Los. Am 20. Juli 1583 zog Bertram Pogwisch (gest. um 1600) aus dem vater-

lichen Erbe Gut Buckhagen, die Verwaltung überlieR er allerdings seinem Bruder Wulf Pogwitsch d. J. (gest. 1590).1%7 Zu Beginn des 17. Jahrhunderts wechselte Gut Buckha-

gen zwischen den Familien Pogwitsch und von Rumohr.'°% Nach dem Tod von Joachim

Detlevsen Rumohr (1578-1627) gelangte Gut Buckhagen über seine Tochter Anna an

(gest. das Haus von Ahlefeldt. Anna Rumohr war verheiratet mit Gert Philipp von Ahlefeldt

1666).1999 Mit der Ubernahme des Gutes durch das Geschlecht von Ahlefeldt wurde das alte Herrenhaus aus dem 16. Jahrhundert umfangreich umgebaut. Das Leinwandge-

nahmen mälde mit der inscriptio ,Sata La[e]ta Boumque Labores.“ hat diese Umbaumafi Ahlefeldt V. Philipp Gert am Buckhagener Herrenhaus konserviert, die entweder bereits

oder sein Sohn Joachim von Ahlefeldt (1646-1717) vorgenommen hat. Das Frans

Zugbrücke. lag weiterhin auf einer Insel umgeben von Wasser, erreichbar nur durch eine

NordEs bestand aus einem zweistéckigen Hauptgebäude und einem Seitenflügel an der seite. Dem Mittelportal des Hauptbaus war ein Turmbau mit Zwiebelhaube vorgesetzt.

en, an desDer nôrdliche Seitenflügel wurde durch einen getreppten Giebel abgeschloss

ein kleineres sen Stufen Obelisken angebracht waren. Südlich des Hauptgebäudes war Als parsons separiertes Gebäude ohne Verbindungsgang zum zweiflügeligen Hauptbau.

een einen zum grôkeren Nordflügel zeigte die Hauptfassade des südlichen Rene in diesem sepaschmucklosen getreppten Giebel. Henning von Rumohr vermutet, dass rierten Bau die Küche untergebracht war.! 192 zu einer Reihe von Das Leinwandgemälde mit der Darstellung des Herrenhauses gehôrt pflegerischen Beinsgesamt sechzehn groRformatigen Gemalden.11°t In der denkmal rg (München standsaufnahme der Kunstdenkmäler des Landkreises Flensbu

1952) wer-

den diese Leinwandgemalde folgendermaen beschrieben:

1083 Zur Besitzergeschichte von Gut Buckhagen und seiner Wirtschaftlichkeit, siehe: A. L. J. Michelsen, J. Asmussen: Archiv für Staats- und Kirchengeschichte der Herzogthümer Schleswig, Holstein, Lauenburg und der angrenzenden Lander und Stadte. Dritter Band. Altona 1837, S. 47-58.

1084 Rumohr (1968), 8. 70-84. — Henning von Rumohr publizierte dasselbe Werk erweitert um einige Herrenhäuser in

Dänemark in dänischer Sprache, siehe: Henning von Rumohr: Slotte og Herregärde. Syd for Graensen. Unde redaktion

af Aage Roussell. (| Serien Danske Slotte og Herregarde; 20) Kopenhagen 1968, 8. 69-80. (Die Zitation ,Rumohr (1968)' bezieht sich ausschlieRlich auf die deutsche Ausgabe). — Die Denkmalbeschreibung von Dietrich Ellger in der denkmalpflegerischen Bestandsaufnahme der Kunstdenkmaler Schleswig-Holsteins ist für das 17. Jahrhundert u. 18.

Jahrhundert lückenhaft, siehe: Dietrich Ellger: Die Kunstdenkmaler des Landkreises Flensburg. (Die Kunstdenkmäler

des Landes Schleswig-Holstein; 6) Munchen

1952, S. 98.

1095 Henning von Rumohr deutet den Namen Buckhagen als Einzäunung für Schafbôcke (das dänische Wort ,have‘

bedeutet Garten), vergleiche: Ruhmor (1968), S. 71.

10% Kai Fuhrmann: Die Ritterschaft als politische Korporation in den Herzogtümern Schleswig und Holstein von 1460 bis 1721. (Geschichte der Schleswig-Holsteinischen Ritterschaft: 2) Kiel 2002, S. 90f., S. 161 / Georg Johann Theodor Lau: Geschichte der Einführung und Verbreitung der Reformation in den Herzogthimern Schleswig=Holstein bis zum Ende des sechszehnten Jahrhunderts. Hamburg 1867, S. 132.

1097 Michelsen, Asmussen (1837), Ill, S. 52. 1098 Ebd., Ill, S. 54.

1099 Rumohr (1968), S. 75ff. MA Ebd. 5.78.

iehe: Henning von Rumohr, dgemalden, siehe Leinwan i U ti nur fünfzehn i 1101 Henning von Rumohr dokumen i rte seinerzei 31. in Schleswig-Holstein. Frankfurt am Main 1983, 8. Hubertus Neuschäffer: Schlôsser un: geHerrenhàuser

254

Emblemràume

»Im Hause noch eine Folge von Olbildern mit allegorischen Darstellungen und lateini-

schen Devisen, gemalt von B. Mahs (sign.) im späten 17. Jh., darunter eines mit Darstellung des Herrenhauses (ÔI auf Leinwand, h 122, br. 83), die übrigen meist im Format br 125, h 102.1102 Henning von Rumohr beschreibt jene Leinwandgemälde exakter als allegorische Abbil-

dungen

emblematischer Natur, eine ,[...] Szenenfolge von insgesamt

15 Bildern, die

meisten in der stattlichen GréRe von 123 x 128 cm, [...] “103. Noch in jüngster Zeit wurden die Leinwände als Bilder mit allegorischen Szenen umschrieben.''° Auftraggeber der Leinwandgemälde war Joachim von Ahlefeldt, gemalt wurden sie von Balthasar Mahs (tatig zw. 1698-1703).11%5 Uber den Maler Balthasar Mahs ist nicht viel bekannt. Er stammt aus Danemark und arbeitete zwischen 1698 und 1702 am Gottorfer Hof als beStallter Hofmaler von Herzog Friedrich IV. von Schleswig-Holstein-Gottorf (1671— 1702).11% Bei den Leinwandgemälden handelt es sich wahrscheinlich um Auftragsarbeiten, die Joachim von Ahlefeldt noch wahrend seiner Dienstzeit unter Herzog Friedrich IV. von Schleswig-Holstein-Gottorf bei Mahs in Auftrag gab, bevor er 1699 aus seinen Am-

tern am Gottorfer Hof verabschiedet wurde.''°” Zuerst stand Joachim von Ahlefeldt bis 1674 als Kammerjunker im Dienste der dänischen Kénigin Charlotte Amalie (1650-1714). 1674 entfernte er sich wieder vom dänischen Hof. Zwischen 1677 und 1682 war er Probst von Kloster Preez, gleichzeitig bemühte er sich um die Gunst von Herzog Christian Alb-

255

Embleme im GroRformat: Herrenhaus Gut Buckhagen

1% Der Historiker Hermann KelAlbrecht am 20. Juni 1689 sein Herzogtum zurückerhielt.

n 1616 und 1684 befasste, lenbenz, der sich mit der Gottorfer Behordenregierung zwische von Friedrich Christian von sieht in Joachim von Ahlefeldt den scharfsten Konkurrenten .11% Nach dem Tod von HerKielmannseck um die Gunst von Herzog Christian Albrecht an Einfluss am Gottorfer Hof zog Christian Albrecht 1694 verlor von Ahlefeldt zunehmend er nach seiner Verabschiedung und zog sich immer wieder auf seine Güter zurück, bis

Friedrich IV. wurde er 1699 wieder in danische Dienste ἱγαί. 1119 Vom dänischen Kônig 1706 zum

Vizestatthalter über die dänischen

Anteile der Herzogtümer Schleswig

und

im Vertrag von Hamburg Holstein ernannt.1111 1711 war er mafgeblich daran beteiligt,

Herzogsadministrator Christian einen Ausgleich zwischen dem dänischen Kônig und dem

ndeln.'1!2 Joachim von August von Schleswig-Holstein-Gottorf (1673-1726) auszuha wo er am 7. September 1717 Ahlefeldt wahlte das Gut Buckhagen 1712 als Altersitz, nach einem Reitunfall verstarb.''"

mälde ursprünglich im Festsaal des Henning von Rumohr vermutet, dass die Leinwandge

gerahmt wurden." Entsprechend Nordflügels angebracht waren und erst nachträglich Gaarz kônnten sie dann Teil einer der Emblemkabinette von Gut Ludwigburg und Gut 19. Jahrhundert wurde das Herrenwandumlaufenden Holzvertafelung gewesen sein. Im Johann Hermann von Motz (1743haus jedoch mehrmals umgebaut, 4801 von Major

recht von Holstein-Gottorf. 1679 wurde er dessen Landrat und später Geheimer- und Kammerrat. Nach der gewaltsamen Ubernahme des Herzogtums durch die Danen war er ab 1686 Präsident der Gottorfschen Exilregierung in Hamburg. In dieser Position war er mafkgeblich am Altonaer Vergleich beteiligt, der dazu führte, dass Herzog Christian

(1953), 8. 109f. — 1684 wurde Gut Buckhagen von Kònig 1108 Hermann Kellenbenz: Ahlefeld, Joachim: In: NDB 1 von Ahifeldt. Mit diesen MitteIn wurde Druck auf die Minister Joachim von Güter weitere Christian V. konfisziert, dazu Chris-

Eghard wurde fiir kurze Zeit an den dänischen Kammerjunker des herzoglichen Hofes ausgeübt. Gut Buckhagen zuriick, vergleiche: Michelsen, Asümer Besitzt seine t Ahlefeld von erhielt toph von Knuth überschrieben, erst 1689 aufgestiegen mit der t war in dieser Zeit zum Regierungsprasidenten mussen, (1837), Ill, $. 54. — Joachim von Ahlefeld ', siehe: Kellenbenz Tondern von n Amtman und ident ngspras at, Regieru Titulatur ,Land-Geheimter-Etats- und Cammerr

(1986), S. 278.

1102 Eliger (1952), 8. 98.

m. Eine Studie zur Geschichte der e Kollegiu um zum Geheimen-Rats-Koll 1109 Hermann Kellenbenz: Vom Geheimen Consili te 73 (1949), Gesellschaft für Schleswig- Holsteinische Geschich

1103 Rumohr (1968), S. 79.

ift der Gottorfischen Behérdenorganisation. In: Zeitschr S. 197-231, hier: S. 217.

1104 | afrenz (2015), S. 108. 1195 Rumohr (1968), S. 79. Har ry Schmidt:

Gottorfer ( ) Kunstler.

Aus

urkundlich e

Quelle

.IL

Tel il. In: n 5 Quellen ellen

und und

ungen Forschungen

1197 Hermann Kellenbenz: i ! | ; Die Herzogtümer vom Ko penhagener Frieden bisi zur Wiedervereinigung

z zur Geschichte

Schleswigs 16601721. In: Gottfried Ernst Hoffmann, Klauspeter Reumann, Hermann Kellenbenz (Hrsg.): Die Hegrzogtùmer pri LanÈ é i i ini desteilung 1544 bis zur Wi gung Schleswigs 1721. (Geschichte Schleswig-Holsteins; 5) Neumtinster 1986,

S. 404, ay

Seite 266.

iedervereini

Geschichte vom 266 / Peter von Kobbe: Schleswig-Holsteinische 1110 Kellenbenz (1986), S. 278 u. 404, Anm. Seite Kénigs Christian VII. (1694 bis 1808). Altona 1834, S. 2. Tode des Herzogs Christian Albrecht bis zum Tode 1111 Michelsen, Asmussen (1837), S. 54.

1112 Kellenbenz (1953), NDB 1, 8. 110.

1113 Michelsen, Asmussen (1837), S. 54. 1114 Rumohr (1968), S. 79.

256

Emblemràume

1829)1115 und nach 1864 von dem Hamburger Gro&kaufmann Gustav Wilhelm von Schiller (gest. 1870)'''®. Dabei wurde auch der Festsaal vòllig neugestaltet.'''7 Spatestens in dieser Zeit ging

die urspriingliche

Anbringungssituation

der

Leinwandgemälde

verlo-

ren.'''8 Im heutigen Herrenhaus der Familie von Schiller, das 1965 von Paul von Schiller

zu Wohnzwecken erneut umgebaut wurde, 11% verteilen sich die Leinwandgemälde über mehrere Zimmer und Gänge des Hauses. Die einzelnen Gemälde sind zwar nummeriert, die Zahlen wurden allerdings erst bei einer Gemälderestaurierung nach 1967 hinzuge-

fugt. Die Nummerierung

entspricht also sehr wahrscheinlich nicht der historischen Ge-

màldefolge.29 Von dem Leinwandgemälde mit der Abbildung des Herrenhauses haben sich im Landesamt für Denkmalpflege zwei historische Fotografien erhalten. Eine Fotografie von 1935 zeigt das Leiwandgemälde mit der inscriptio ,Sata La[e]ta Boumque Labores.", eine spätere Fotografie von 1967 zeigt das Leinwandgemälde hingegen ohne inscriptio (Abb. 285-286).'!2! Bei der Restaurierung nach 1967 musste die inscriptio auf einigen Leinwandgemälden folglich hervorgeholt worden sein. Heute kénnen acht Leinwandgemalde (Bkhg. EL 1, 2, 6, 7, 9, 10, 13, 15a) und deren Bildgegenstände eindeutig der Emblematik zugeordnet werden, bei fünf weiteren Leinwandgemälden sind die inscriptiones zwar verblasst, aber noch erkennbar (Bkhg. EL 3, 4, 5, 8, 11). Drei weitere

257

Embleme im GroRformat: Herrenhaus Gut Buckhagen

Leinwandgemälde

(Abb. 287--

entziehen sich einer eindeutigen Gattungsbestimmung

288). 1122

Einige Leinwandgemälde, auf denen die jeweilige inscriptio erhalten ist, lassen sich in der

EL Emblembuchliteratur nachweisen. Auf dem Leinwandgemälde mit der Ziffer 10 (Bkhg. auf Etwa sehen. zu 10) ist ein Säulenschaft ohne Kanneluren mit korinthischem Kapitell

Hohe der Mitte des Säulenschaftes kreuzen sich ein Degen mit vergoldetem Knauf von rechts kommend und ein groRer silberner Schlussel von links kommend. Die Säule steht nein der Brandungszone des Meeres, an ihr brechen seicht die Meereswellen. Rechts ist ben der Säule ist auRerdem ein groRer Felsen zu erkennen. Uber dem Säulenkapitell auf einem weifen Schriftband die inscriptio ,In Fide et Justitia Fortitudo." (,1m Glauben

und Gerechtigkeit ist krafft.“1123) angebracht (Abb. 289). Das Emblem stammt os der Daniel de Emblemsammlung Devises et emblemes (Amsterdam: de La Feuille 1691) des und La Feuille oder aus einer der Folgeauflagen."'*4 Im Vergleich zwischen der Vorlage

dem

Buckhagener

Emblem

gibt es geringe kompositorische

(Abb. 290)

Unterschiede

quert die Der Degen befindet sich in der Vorlage vor dem Saulenschaft, der Schlüssel Vorlage steht Säule rückseitig. Auch die Hintergrundgestaltung ist unterschiedlich. In der Im — die Säule am Ufer des Meeres, den Bildhintergrund bildet eine Hiigellandschaft. aoe tapi die hagener Emblem ôffnet sich der Bildhintergrund dagegen in eine ab cost wird die Hügelperspektivisch auf den Horizont ausgerichtet ist. Nur am rechten Bildrand

kommt landschaft aus der Vorlage durch einen Felsen angedeutet.'!”° Als Vorlagenbuch

gleichfalls die Augsburger Ausgabe 1115 Der Major und Landbaumeister von Motz erwarb Gut Buckhagen 1799, siehe: Hirschfeld (1953), S. 228.

1116 H. E. von Buchwald: Proclamata Ni. 10. Zweite Bekanntmachung. Jahr 1865 (Neue Folge; 29), S. 269.

In: Schleswig-Holsteinische Anzeigen für das

1117 Dieser Festsaal ist wohl mit jenem Saal identisch, für den Fritz Neuber (1837-1889) zwischen 1873 und 1880 einen

holzvertafelten Fries mit Reliefdarstellungen nach Wilhelm Jordans (1819-1904) Nibelungen-Ep os anfertigte. Auftraggeber war der Hamburger Gro&kaufmann Paul Philipp Heinrich von Schiller (1851-1930), vergleiche: Otfried Ehrismann: Nibelungenlied 1755-1920. Regesten und Kommentare zu Forschung und Rezeption. (Beitrage zur deutschen Philologie; 62) GieRen 1986, 8. 175 / Ulrich Schulte Wülwer: Das Nibelungenlied in der deutschen Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts. (Kunstwissenschaftliche Untersuchungen des Ulmer Vereins, Verband für Kunstund Kulturwissenschaften; 9) Giessen 1980, S. 157.

1118 Rumohr (1968), S. 81f. 1119 Ebd., S. 83.

1120 Die Nummerierung der einzelnen Leinwandgemälde liegt unvollstandig oder gar fehlerhaft vor. Die Zahlen 1 bis 15 wurden an die linke untere Ecke der Leinwandgemalde angebracht. Dabei fehit in der Zählung die Zahl 12, die Zahl 15

erscheint zweimal. Zwei weitere Leinwandgemälde blieben ohne Nummerierung. Zur eindeutigen Zuordnung habe ich zwar die Zahlung der Restaurierung beibehalten, zur besseren Unterscheidung verwende ich die Registernummer

‘Bkhg. EL 1 bis 15° (Buckhagen Emblemleinwand 1 bis 15). Die beiden Leinwandgemälde mit der 15-Zahl habe ich

aufgelôst als Bkhg. EL 15a und Bkhg. EL 15b. Die beiden Leinwandgemälde ohne Nummerierung habe ich registriert als Bkhg. EL o.N.(a) und Bkhg. EL o.N.(b), siehe: Katalog und Emblemregister, Tab. 17, S. 620.

1121 Noch 1960 nennt Henning von Rumohr das Leinwandgemälde mit der Abbildung des Buckhagener Herrenhauses

mit der inscriptio ,Sata La[e]ta Boumque Labores." in einer kurzgehaltenen Beschreibung von Gut Buckhagen, siehe: Henning von Rumohr: Schlosser und Herrensitze in Schleswig-Holstein und in Hamburg. Nach Bilden aus alter Zeit. (Burgen-Schlésser-Herrensitze; 16) Frankfurt am Main 1960, S. 39.

Emblematische

Gemuths=Vergodgang



in FN: Kroninger u. Gôbinger Seel. Erben 1693) oder eine ihrer Folgeausgaben dense Hier kreuzen sich Degen und Schlüssel jedoch genau in entgegengesetzter allerdings fehlt zum Buckhagener Emblem. Die Säule steht hier zwar ebenso im Meer, Emblem dardie Hintergrundgestaltung mit Landschaftsmalerei und der im Βιυιοκμαρθποῖ. die Augsbuger gestellte Felsen (Abb. 291). Dass trotz kompositorischer Unterschiede

| Gem älde ohne : Nummer. Das Leinwandj i emälde Bkhg. EL 14, 15b und um jenes ie Leinwandg out sg nh aires dé EL i à. fest eine Katatalcsarabniirn. Vermutlich sag cong heap EL . è Leiv . Das n Ahlefeldt, geborene Rumohr versta Vorlage ist nicht gänzlich agree niet al sche emblemati ein Libellen, aufg Jagd :eTa\):ioder îi?\nîfe::sM“g:rees:\}òP mehr aufzulôsen. Es zeigt eine Jünglingsgesta Bildinhalt des Leinwandgemaldes ohne Nummerierung ist nicht einer Strohhütte. vor Landschaft nächtlicher in b weiR-blauem Kostüm mit Wandersta "2

dr

ON

i

1123 Ubersetzt nach: EGV (1691), Tafel 40, 4. ebenso diei Amsterdamer Neuauflac sind flagen von 1693| und 1697.é Geht man Tafel 40, 4. - Méglich 1124 i Sgli in Gottorf —— also zwischen 1698 Mahs Balthasar als , entstanden Zeit der in ee MERE ae die aot ethan weg. h Vorlagenbuc môgliches als 1712 von emblemes et Devises der e und 1702, ‘allt die Neuauflag 1125 EGV (1693), Tafel 40, 4.

i

:

den Jahren 1697, 1702 und môglicherweise auc! 1126 Môglich erscheinen mir ebenso die Augsburger Neuauflagen aus

die Neuauflage von 1703.

:

258

Emblemràume

Ausgabe dennoch als Vorlage nicht auszuschlieRen ist, verdeutlicht die inscriptio. In der Augsburger Ausgabe lautet sie ,IN FIDE ET JUSTITIA FORTITUDO.“127 in der Amsterdamer Erstausgabe heifit es hingegen verkürzt ,In Fide & Justitia fortitudo“!‘28. Der Grund für die Reduzierung der Hintergrundgestaltung liegt in der Polychromie des Buckhagener

Emblems. Um die Konzentration des Betrachters auf die Emblemmotive Säule-DegenSchlüssel zu lenken, musste der Bildhintergrund in einer hellen Farbgebung gestaltet werden. Daher entschied sich Mahs für einen perspektivischen Weitblick. Die Horizontalebene wird dabei durch eine farbliche Tiefenabstufung als Hell-Dunkel-Kontrast inszeniert. Für den Bildvordergrund verwendete Mahs dunkle Farbtône für das Meereswasser, die im Ubergang in die Landschaft in dunkle Grüntône übergehen. Etwa auf einem Drittel

der Bildhôhe werden die Farbtône im Bildhintergrund weicher. Die Hintergrundlandschaft

erscheint in helleren grüngelben Farbtônen, die schlieRlich in der Horizontalebene in die

blauwei&e Himmelsgestaltung

übergehen,

die etwa zwei Drittel der Hintergrundflache

einnimmt. Durch diese nuancierte Farbgestaltung des Hintergrundes erscheint die obere

Halfte der emblematischen Motivkombination Säule-Degen-Schlüssel in kraftigen Farben vor einem in weichen Farbtônen gestalteten Himmel. Die pictura des Emblems erlebt hier durch die Darstellungsform eine deutliche Hervorhebung. Uber gestalterische und kom-

positorische Mittel transferierte Balthasar Mahs die monochrome Emblemminiatur der druckgrafischen Vorlage auf eine groke quadratische Leinwand. Bei den weiteren Gemälden verfuhr Mahs auf dieselbe Weise.

Das Leinwandgemälde mit der Nummer 6 (Bkgh. EL 6) zeigt vor einer antiken Architekturkulisse einen Pflanzenkübel mit einem Lorbeerstrauch (Abb. 292). Uber dem Lorbeerstrauch erscheint auf einem weiRen Schriftband die inscriptio ,non nisi moriens mutor.“

(-ICh verandere micht nicht als durch den todt.“1129), Sowohl das Emblemmotiv als auch

die inscriptio stammen aus der Emblemsammlung Devises et emblemes oder der Emblematische Gemüths=Vergnügung (Abb. 293-294). Die Hintergrundgestaltung mit perspektivischer Architekturmalerei ist eine gestalterische Eigenkreation von Mahs. Die Darstellung auf dem Leinwandgemälde mit der Nummer 9 scheint wiederum darauf hinzuweisen, dass Balthasar Mahs für die Gemalde eine der Auflagen der Devises et emblemes verwendete. Es zeigt Bellerophon auf dem geflügelten Pferd Pegasus reitend im Kampfe gegen die Chimäre. Über dem kampfenden Bellerophon kommentiert die inscrip-

Embleme im Groformat:

tio auf einem weifen Schriftband die Szenerie mit den Worten ,virtus animi superat omnia“ (,Die tugend und der muth überwinden alles.“119°), Die Chimäre erscheint auf dem Gemälde

mit einem Léwenkérper und einem Schlangenschwanz (Abb. 295). Mahs folgt

hier eindeutig dem Emblemmotiv aus der Devises et emblemes von Daniel de La Feuille (Abb. 296-297). Auch hier erscheint die Chimäre als l6wenhaftes Mischwesen mit lan-

gem

Schwanz."'*'

In der Augsburger Ausgabe

Emblematische

Gemüths=Vergnügung

wird die Chimäre hingegen als geflügelter Drache dargestellt.''°* Das Leinwandgemalde

mit dem Nummernvermerk 1 (Bkgh. EL 1) widerlegt diese Annahme wiederum. Unter dem Schriftband mit der inscriptio ,Quaerit et assequitur." (,Er sucht und findet.“1133) in der oberen Bildhälfte erscheint ein Mann in antiker Gewandung, der durch ein dichtes Gestriipp irrt. In der mittleren linken Bildhälfte ist das Herrenhaus von Gut Buckhagen zu

erkennen, markant dargestellt durch die Zwiebelhaube auf dem Turmvorbau des Hauptgebaudes (Abb. 298). Die inscriptio findet sich gleichlautend in beiden Emblembuchsammlungen.

In der Devises et emblemes zeigt die Emblem-pictura jedoch eine Darstel-

lung von Apoll und Daphne. Festgehalten ist jener Moment der Metamorphose, als Apoll,

von links kommend, Daphne erreicht und sie sich in einen Lorbeerbaum verwandelt (Abb.

299).11% In der Emblematische Gemüths=Vergnügung erscheint dieselbe pictus spiegelverkehrt. Apollo tritt dort von rechts ins Bild, eben wie jener Mann in antiker Gewandung auf dem Mahs-Gemälde (Abb. 300). Welche der beiden Ausgaben pattoetet ven

nun tatsächlich als künstlerische Vorlage verwendet hat, kann also nicht eindeutig geklärt

werden.

einfach nur auf Die besprochenen Beispiele zeigen, dass der Maler die Embleme eine groRformatige Leinwand übertrug. Die Emblemmotive aus der Devises et emblemes tsoder der Emblematische Gemüths=Vergnügung wurden in anspruchsvolle Landschaf

und Architekturkulissen Bildmittelpunkt gerückt. stammen eindeutig aus dung des Buckhagener

integriert und gleichzeitig durch ihre exorbitante GròRe in den Die Darstellungen von sieben der sechszehn ἰθἰπνάπαθοπιᾶιαθ einer der beiden Emblembuchsammlungen. Die zweifache peer Herrenhauses (Bkhg. EL 1 u. 15a) kénnte auRerdem darauf hin-

und den Maler weisen, dass Joachim von Ahlefeldt die Embleme selbst ausgewahlt hat

h Mahs den Auftrag erteilte, das Herrenhaus bildmotivisch zu berücksichtigen. Womôglic

1130 Ubersetzt nach: Ebd., Tafel 36, 3. 1131 DeE (1691), Tafel 36, 3. 1127 EGV (1693), Tafel 40, 4.

1132 EGV (1693), Tafel 36, 3.

1128 DeE (1691), Tafel 40, 4.

1133 Übersetzt nach: DeE (1691), Tafel 33, 3.

1129 Übersetzt nach: DeE (1691), Tafel 25, 2.

259

Herrenhaus Gut Buckhagen

1134 Ovid, Metamorphose, |, 545-556.

A

Emblemràume

260

kannte von Ahlefeldt das Emblemkabinett von Friedrich Christian Kielman von Kielmansegg, der sein Herrenhaus auf Gut Ludwigsburg (ehemals Kohôved) mehrfach emblematisch verarbeiten lieR. Die ausgewahlten Embleme beziehen sich inhaltlich allesamt auf das Streben nach Ruhm. Zwei weitere Gemälde zeigen Szenen aus dem Herkules-Myund Herkules mit dem getôteten Nemeischen 301-302). Die künstlerischen Vorlagen für diese

thos: Herkules im Kampf mit der Hydra Léwen

(Bkhg.

EL 3 u. 5, siehe Abb.

beiden Gemälde müssen nicht zwingend in der Emblembuchliteratur gesucht werden. Der Herkules-Mythos und seine Ikonografie beziehen sich auf die Tapferkeit (virtus), wie

sie bereits in dem Emblem mit der inscriptio ,virtus animi superat omnia“ durch den sieg-

reichen Bellerophon im Kampf gegen die Chimäre gefordert wird. Die Gemäldefolge beschreibt also insgesamt einen Tugendweg,

der gepragt ist durch honor (Embleme)

virtus (Herkules, Bellerophon). Ein weiteres Gemälde bestarkt diese Annahme.

und

Auf dem

Leinwandgemalde Bkhg. EL 4 präsentiert Jason mit seiner in die Hôhe ausgestreckten

linken Hand den Orden vom Goldenen Vlies, in der rechten zum

Boden

hingestreckten

Hand halt er ein goldenes Diadem. Mit seinen FüRen steht er auf dem besiegten Drachen, der das Goldene Vlies des Chrysomallos bewachte (Abb. 303).1.35 Das Bildmotiv hat Maler Balthasar Mahs aus dem zweiten Teil der Symbola diuina et humana (Prag: Sadeler 1602) des Jacobus Typotius (1540-1601) entnommen (Abb. 304).11% Es stammt aus der pictura der Imprese von Erzherzog Albrecht VII. von Osterreich (1559-1621) mit der inscriptio ,ASSIDVITATE.* (,Durch die Ausdauer“1137). Mahs hat lediglich die Keule, die Jason in der pictura in der rechten Hand halt, durch ein goldenes Diadem ersetzt. AuRerdem setzte Mahs die kleinformatige pictura in eine Landschaftsmalerei mit perspektivischer Tiefenwirkung.

Den Orden vom Goldenen Vlies zentrierte er auf etwa Zweidrittel

der Bildhôühe kontrastierend vor einen groRen grauen Felsblock. Der Bildinhalt des Gemäldes wird dadurch auch ohne erläuternde inscriptio sinnfällig. Der Orden des Goldenen Vlieses ist das zu erreichende Ruhmeszeichen. Wie hoch dieses Bildzeichen anzusetzen ist, verdeutlicht der langgestreckte Kôrper des Jason. Er steht auf den Zehenspitzen, um

den Orden noch weiter in die Hohe zu halten, der Gestus erhält so eine Uberhdhte deiktische Funktion. Unklar ist das Attribut in der rechten Hand. Das Diadem kénnte auf die tragische Liebesbeziehung zwischen Jason und Medea hinweisen, denn das Diadem ist ein Teil des vergifteten Hochzeitsgeschenks fiir Glauke, die Jason

en die beiden Bildzeichen sich von Medea ehelichen wolite.1% In diesem Sinne schein

ist hôher einzustufen als verganglikontrastierend gegenüberzustehen: Weltlicher Ruhm

Auftraggeber Joachim von Ahlefeldt che weltliche Liebe. Ein Merkmal beweist, dass der ungen des Buckhagener Herrendiesen Tugendweg bereits beschritten hat. Die Abbild erhaltenen Lohn für den Tugendweg: hauses versinnbildlichen bildinhaltlich den bereits ,Quaerit

15a).11%

et assequitur."

(Bkhg.

EL

1), ,Sata

Lafe]ta

Boumque

Labores.“

(Bkhg.

EL

die Leinwandgemälde und deren Bildinhalte Durch das gewahlte Grofsformat erhalten Emblemmotive aus den beiden Vorlagen eine gesteigerte reprasentative Funktion. Die ormat angepasst und in eine monumentawurden von Mahs entsprechend an das GroRf des Emblems ging durch die Vergrôkelere Form transferiert. Die bildlich-literare Form ve erscheinen eingebettet in perspektivische rung jedoch nicht verloren. Die Emblemmoti rt. Die vorhandenen inscriptiones auf den Landschafts- oder Architekturmalerei zentrie eindeutigen Hinweis, dass die Gemälde als weifsen Schriftbändern liefern schlieRlich den

die enorme VergréRerung der EmblemEmbleme wahrgenommen werden sollen. Durch

in die landschaftliche und architektonische motive und deren kompositorische Einfügung

ausgehend von der bildlich-literären Hintergrundgestaltung rückt die Emblem-pictura, groRiformatigen Emblemen ist also eine Form des Emblems, in den Mittelpunkt. Bei solch m-pictura festzustellen. Das Interesse gilt formale Verschiebung zu Gunsten der Emble inhärenten Sinngehalts des Emblems, sonalso nicht mehr nur allein der Abbildung des bei . Diese Bedeutungssteigerung diente dern es gilt vielmehr der Bedeutungssteigerung

den Buckhagener Emblemgemälden traggebers.

der standesgemäRen

Selbstdarstellung des Auf-

1700 ist entsprechend diffizil. Zwar kann der Die Datierung der Gemalde auf eine Zeit um Gottorfer Hofmaler durch Archivalien belegt Maler Mahs in dieser Zeit (1698-1702) als in jenen Zeitabschnitt als Joachim von werden, allerdings fallt seine Bestallung eben ich IV. von Schleswig-Holstein-Gottorf Ahlefeldt am Gottorfer Hof unter Herzog Friedr der Leinwandgemälde in diesen Zeitabseine Amter verliert.114° Fallt die Entstehung

nach der Trennung

1135 Zur Jason-Sage, siehe: Ovid, Metamorphosen, VII, 149-159. i findet sich i ebenso ‘ in Salomon N eugebauers (tätig Selectorvm sym1136 Die Imprese ati 1611-1654) Impresen-Sammlung a heroicorvm centvria gemina (Frankfurt am Main: Jennis 1619), siehe: en ἀεφ λοι Selectorvm om olorvm heroicorvm centvria gemina enotata atqve enodata. Frankfurt am Main: Jennis 1619, 8. 315.

1137 Eigene Übersetzung.

261

Embleme im GroRformat: Herrenhaus Gut Buckhagen

Adolf Jacobi: HandworSage um Glauke, Medea und Jason, siehe: Eduard 1138 Ovid, Metamorphosen, VII, 394f. — ZurMythol 490f. S. 1830, Leipzig ogie. terbuch der griechischen und rémischen Anfang stand im Festsaal als narrativer Zyklus angelegt war.derAmHelden-Imitatio efolge Gemäld die dass 1139 Es ist durchaus denkbar, Danach folgen die Gemälde

.Quaerit et assequitur.". dann das Emblem Bkhg. EL 1 mit der inscriptio Tugendweg. Am Ende des den Honor-Emblemen als Verweis auf den (Herkules, Bellerophon, Jason) und jene mit ung des Herrenhauses und der Abbild der mit 1 EL Bkhg. de Gemal das h Zyklus steht dann der Lohn der Arbeit, namlic inscriptio ,Sata La[e]ta Bourque Labores.". 1140 Kellenbenz (1986), S. 278.

ππ’υ!σσσσσνσσσσθθσσσσννθσσσννν

262

schnitt (1698--1702), dann ist die Gemäldefolge als eine deutliche Botschaft des Auftraggebers an den amtierenden

Herzog zu verstehen

und als eine Erinnerung daran, dass

Joachim von Ahlefeldt für den Gottorfer Hof den Konflikt mit den Danen lôste. Zwei weitere Môglichkeiten sind ebenso denkbar. Als Vorlage diente Balthasar Mahs die Emblemsammlung Devises et emblemes (Amsterdam: de La Feuille 1691) oder eben die Neuausgabe Emblematische Gemüths=Vergnügung, die 1693 in Augsburg erschien. Direkt nach der Verôffentlichung hat Joachim von Ahlefeldt zwischen

1691

und 1695 (Devises

et emblemes) oder zwischen 1693 und 1695 (Emblematische Gemüths=Vergnügung) noch vor dem Tod von Herzog Christian Albrecht von Schleswig-Holstein-Gottorf die Gemalde bei Balthasar Mahs in Auftrag gegeben, der womdglich bereits am Gottorfer Hof weilte. Von Ahlefeldt war in dieser Zeit am vorläufigen Héhepunkt seiner Laufbahn angekommen.

263

Emblemràume

Denkbar ware aber zweitens, dass auch Mahs

nach

1702 an den Dänischen

Hof zurückkehrte und dort mit von Ahlefeldt zusammentraf. Die Gemälde kénnten entsprechend in jener Zeit entstanden sein, als von Joachim von Ahlefeldt zwischen 1706 bis 1712 das Amt des Vizestatthalters über die dänischen Anteile der Herzogtümer Schleswig und Holstein bekleidete und danach im Anschluss seinen Alterssitz auf Gut Buckhagen zurückkehrte. Die drei besprochenen Emblemvorkommen aus den Herrenhäusern von Gut Roest, dem

Rittergut Lietzen und Gut Buckhagen bilden jeweils ein kohärentes Bildprogramm. Im Falle von Lietzen und Buckhagen dienen diese Emblemprogramme eindeutig der standesgemälien Selbstdarstellung der Auftraggeber. Aus diesem Grund wurden für die Embleme repräsentative GroRformate als Mittel der persuasio gewahlt, um den Sinngehalt des jeweiligen Emblems zu verstarken. Diese Idee der Uberredung durch Monumen-

talitat liegt auch den Roester Emblemfresken zu Grunde.

3. Embleme in komplexen Bildprogrammen: Exegetische Embleme Eine eigene

Erscheinungsform

in der emblematischen

Ausstattungskunst bilden Emb-

an Beispielemvorkommen in komplexen Bild- und Raumprogrammen. Bei einer Vielzahl vor allen in der profanen Innenraumgestaltung deutscher Schlôsser und Herrenhäuser, ngsgelem aber im sakralen Bereich, wurden Embleme mit anderen Bild- und Ausstattu exegetials genständen kombiniert. Heckscher und Wirth bezeichnen solche Embleme sche Embleme:

ist Die weitaus häufigste Form, in der E.[mbleme, d. Verf.] zur Anwendung kamen, auch oder e erzählend eine Bildnis, die des exegetischen E.[emblems, d. Verf.]: um ein endem allegorische Darstellung gréReren Ausmafes oder in deutlich zu bezeichn Kirche und räumlichen Zusammenhang mit hervorragenden Ausstattungsstücken in die Aufhaben sie Hofhaltung sind E.[embleme, d. Verf.] in beliebiger Zahl gruppiert; nd zu gabe, das Hauptbild bzw. den inhaltlich im Mittelpunkt stehenden Gegensta , d. E.[mbleme te verwende kommentieren. In den meisten Fallen blieben derartig [...].“1141 ein Verf.] ohne Epigramm; dessen Stelle nimmt sozusagen das Hauptbild

erste definitoHeckscher und Wirth geben in diesem Ausschnitt ihres RDK-Beitrags eine

ist in der kunst- und rische Beschreibung zum Begriff des exegetischen Emblems. Dieser

Embleme sind literaturwissenschaftlichen Forschung bisher unumstritten. Exegetische

demnach

in komplexen

Bild- oder Raumprogrammen

stets Begleitbilder, es besteht im-

Sie fungieren mer eine Dependenz zu anderen Bildmedien oder Ausstattungsstiicken.

raumbestimmenden Geals bildlich-literare Kommentare von Hauptbildern oder anderen

n Bedeutungsträgenständen (Ausstattungsstücken). Dadurch sind sie diesen zentrale den bereits besprochenen gern subordiniert. Hierin liegt der wesentliche Unterschied zu

literäre Embleme Emblemräumen, in denen sich die Innenraumgestaltung auf bildlichmen genevorkom konzentriert und der Raum seinen Sinn und Zweck aus den Emblem HoflôRinitz, Schloss riert. An zwei ausgewähiten Fallbeispielen (Berg- und Lusthaus rmen exegetiReichmannsdorf) werden im Folgenden unterschiedliche Erscheinungsfo mauslegend) gescher Embleme und ihre Funktionsweise (raumauslegend, program weiterer exegetischer nauer betrachtet. Daran anknüpfend folgt eine Bestandsaufnahme Emblemvorkommen

aus der Münchner

Residenz,

aus thüringisch-ernestinischen

erts. württembergischen Schlôssern des späten 17. und des frühen 18. Jahrhund

1141 Heckscher, Wirth (1959), RDK, V., Sp. 199f.

und

264

Embleme in komplexen Bildprogrammen

3.1. Zwei Fallbeispiele:

wurden hingegen Leinwandgemälde eingelegt. Silke Herz hat sich in mehreren Beitragen umfassend mit dem ikonografischen Programm dieser Innenraumausmalung beschäf-

3.1.1. Die Embleme aus dem Berg- und Lusthaus HoflôBnitz:

tigt.1145 Durch

Eine gemalte Weltschau

Ein erstes Fallbeispiel zeigt die raum- und programmfunktionale Wirkkraft exegetischer Embleme als Teil der malerischen Festsaalausstattung im kursächsischen Lust- u. Berghaus Hoflôfinitz in Radebeul. Das Gebäude wurde zwischen 1648 und 1650 von Ezechiel Eckhardt (um 1595-nach

(1585-1656)

1673) im Auftrag von Kurfürst Johann

erbaut.''42 Wahrend

Schloss

Bôrin

(1617-1620),

265

Fallbeispiele: Berg- und Lusthaus Hofl6fnitz

Georg Schloss

I. von Sachsen Doberlug

und

Schloss Klippenstein dem sächsischen Kurfürsten als Jagdschlésser dienten, sollte das HoflôRnitzer Schloss in den kurfürstlichen Weinbergen von Radebeul mit Blick über das

Elbtal sein Lusthaus werden. Dieses Lusthaus ist ein schlichter Fachwerkbau mit Walmdach, das in seiner Architektursprache anderen Herrenhäusern Lôfinitzer Weinbergbe-

sitzer entspricht. Wegen der geografischen Lage in den Léfnitzer Weinbergen wird der

Bau entsprechend als Berghaus oder als Weinbergschlésschen bezeichnet.14 Dem

schlichten Bau wurde ein oktogonaler Treppenturm mit welscher Haube vorgelagert. Im

Erdgeschoss des Turms befindet sich das Eingangsportal. Eine Wendeltreppe führt von dort aus in die Obergeschosse des Hauses.

Der schmucklose Au enbau und die Verwendung regionaler Architektursprache'" ste-

hen in einem deutlichen Kontrast zur prachtigen Innenraumgestaltung des Festsaals und der repräsentativen Appartements im ersten Obergeschoss. In diesem ersten Obergeschoss des Berg- und Lusthauses befindet sich der zentrale Festsaal (Abb. 305). Von dort führen je zwei Türen in das éstlich gelegene Appartement des Kurfürsten und westlich in das Appartement der Kurfürstin. Die Appartements des Kurfürstenpaares bestehen aus einem Wohngemach und einem Schlafgemach. Bereits die Raumdisposition deutet an, dass der Bau in den LôRnitzer Weinbergen ausschlieRlich für Kurzaufenthalte und als Refugium abseits des Dresdner Hoflebens dienen sollte. Alle Zimmerwände sind vollstandig mit Holztäfelungen verkleidet und ausgemalt, in die kassettierten Balkendecken

ihre Arbeit kann die Chronologie der Malerarbeiten

genauer datiert und

nachvollzogen werden.

Nach dem der AuRenbau im August 1650 fertiggestellt wurde, begann unter Kurfürst Johann

Georg

|. von Sachsen

die Ausmalung

dass sich die Innenraumausmalung

der Zimmer.

Bisher wurde angenommen,

bis in das Jahr 1667 hinzog. Herz jedoch auf eine

Quelle, die bestatigt, dass das malerische Programm bis 1667 vollstandig vorgelegen haben muss. Der kursächsische Bau- und Bergschreiber Johann Paul Knohll (um 16281702/1708) schreibt in seinem Buch Klein Vinicultur-Büchlein ([Dresden]: Bergen 1667), abgedass unter Kurfürst Johann Georg II. von Sachsen (1613-1680) die Malerarbeiten schlossen waren:

Hier steht das Helden=Haus/ das um und um Mit Reben ist Umschrenckt. [...]. Churfürst Johann Georg/ der Erste/ lie& es heben;

der Andre/ Churfürst drauff/ des Reiches Cy= nosur/

Macht es zur Hofe=Stadt/ damit auch hier die Spur Zusehen méchte seyn/ wie Er vergnügt kan leben. Ein Landes=Vater muss nicht stets in Sorgen

stehn;

Drum hat Er zur Lust gantz Furstlich ausge=

zieret;

1142 Heinrich Magirius: Die HofléRnitz. Lusthaus, SchloR oder Weingut? Ein Beitrag zur Typologie der Architektur des 16. und 17. Jahrhunderts in Kursachsen. In: 600 Jahre HofléGnitz. Historische Weingutanlage. Fotografiert von

Matthias Blumhagen. Herausgegeben 2001, 8. 39-46, hier: 8. 39.

von Heinrich

Magirius für die Stiftung Weingutmuseum

Hoflô@nitz.

Dresden

1143 Zur Namensgeschichte u. typologischen Architekturgeschichte, siehe: Magirius (2001), 8. 39-46. 1144 Heinrich Magirius suchte nach direkten Vorlaufern für das Berg- und Lusthaus HofléRnitz in Kursachsen. Ab Mitte

des 16. Jahrhunderts und vor allem zu Beginn des 17. Jahrhunderts wurde einige Jagdschlésser und Lusthäuser in Kursachsen gebaut. Magirius vermutet, dass die Idee für den vorgelagerten oktogonalen Treppenturm wohl auf die

Magdalenenburg (1621-1622) auf der Festung Kônigstein zurückgeht. Nach einem Brand war Ezechiel Eckhardt 1636 auf der Festung Kônigstein tatig. Dennoch kommt Magirius zu dem Schluss, dass die Architektur des Lusthauses vor allem an schon vorhandene Lé&nitzer Winzerhäuser mit ihren Fachwerkobergeschossen und Walmdachern angepasst wurde, vergleiche: Magirius (2001), 8. 45f.

im kurfürstlichen Lust- und Berghaus 1145 Herz (2001), S. 47-73 / Silke Herz: Zur malerischen Ausstattung des Saales ' Βα. 2 1894-1994. ὃ Denkmalp flege in Sachsen. : (Hrsg.): Sachsen ege j Denkmalpfl für Landesamt i : n I _ i ve Pet ae

Ξι ar εἰ 389-410. — Die Studien von Silke Herz, geborene a peach mnt Sr : Silke Gri s it, siehe: isterarbeit, Magisterarbe i auf ihrer basieren i üRni es HofloGnitz sts des : Berg- und Lustschloss — Wileitere . 5 9 1 1995. Mag., Univ., Würzburg, . LôRnitz der in Berghaus und ürstli en LustSaales iim kurfürstlich i 2027 td EE 4 AR über die Gesamtausmalung der Innenräume nr pd : a 209, S. Rnitz bei Dresden. In: Dresdner Geschichtsblatter : Di ra Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Kônigreichs poe mde se 1904, S. 136-149 / Lothar Kempe: zigstes Heft. Amtshauptmannschaft Dresden-Neustadt (Land). Dresden

und Garten um Dresden. 4. Aufl., Leipzig 1992, 8. 89-104.

266

Embleme in komplexen Bildprogrammen

Fallbeispiele: Berg- und Lusthaus HoflôfRnitz

267

Porträtgemälde als mobile Ausstattungsstücke bereits erwähnt. Die wandfesten Holzver-

Die schònste Schilderey hat Er da auffgefuhret/

täfelungen der einzelnen Zimmer dagegen nicht.150 Die Porträtgemälde lassen sich also

Da mit den Fremden es még in die Wette gehen.“1146

Dieses Gedicht beweist, dass das Lusthaus durchaus im Bewusstsein gebaut und ausgemalt wurde, um mit anderen Bauten seiner Zeit zu konkurrieren (,mit den Fremden es

még in die Wette gehen.“). Das Gedicht verdeutlicht aber ebenso, dass das Lusthaus trotz äuRerlicher Schlichtheit einen repräsentativen Zweck (,Hofe=Stadt“) erfüllen sollte.

Diese Funktion war offenbar vor allem der malerischen Ausstattung (,schônste Schilderey“) zugedacht. In der Widmung seines Buches an den Kurfürsten Johann Georg Il. von Sachsen erwahnt Johann Paul Knohll einige Gemälde aus der Innenraumgestaltung, die von dem Kurfürsten in Auftrag gegeben wurden. Das Lusthaus wurde ,[...] vollends durch Ew. Churfirstl. Durchl. [...] angerichtet/ und durch Dero hergegebene Kosten zugeputzet/ und mit schô-

nen/ des gantzen heiligen Rémischen Reichs natiirlichen Conterfeyen gezieret [...] “147.

Diese ,Conterfeyen* bezeichnen fünfzehn Fürsten- und Kaiserportrats, die über einem Gebälk an den Wandflächen des Festsaals angebracht wurden.‘# Diese Porträtgemälde gelten seit der Übergabe der mobilen Einrichtungsgegenstande aus der HofléRnitz

an das Sachsisch Kônigliche Finanzministerium vom 28. Mai 1889 als verschollen.1149 Im

ersten schriftlichen Inventar von 1659 zur Innenausstattung der HofléRnitz werden die

bereits 1659 nachweisen.

Eine weitere Quelle, das sogenannte ,LORnitzer Manual’, hat die Aufenthalte der kursach-

t. Für sischen Herrscher von 1657 bis 1807 im Berg- und Lusthaus Hofl6&nitz verzeichne

den 20. Februar 1657 ist ein erster Aufenthalt von Kurfürst Johann Georg II. von Sachsen mit seinen Brüdern und einem Fürsten von Holstein vermerkt. Bis 1667 sind weitere AufAm enthalte dokumentiert, bei denen in den Zimmern der Appartements getafelt wurde. 24. Juni 1664 wurde laut dem LôRnitzer Manual erstmals im Festsaal eine Tafel abgehalkeine Erwahten. Die Ausmalung der wandumlaufenden Holzvertäfelung findet allerdings

Besichnung. Am 12. November 1668 ermôglichte man den Gasten zum ersten Mal eine Diplotigung aller Zimmer des Lusthauses.''*' Herz folgert daraus, dass dem kaiserliche en Genematen Heinrich Julius Freiherr von Blume (um 1622-1688) und dem kaiserlich Besichtiralfeldmarschall Pfalzgraf Philipp von Pfalz-Sulzbach (1630-1 703) bei dieser auf diese gung eine vollstandige Ausmalung prasentiert wurde, da im L6nitzer Manual en Erstbesichtigung ausdriicklich hingewiesen wird.152 Die Fertigstellung der malerisch en. Geht Ausstattung ist für die Zeit zwischen 1667 und 1668 wohl als gesichert festzuhalt

und Fürstennun davon aus, dass die im Inventar von 1659 aufgeführten Kaiserdann muss die Innenportrats jedoch die letzten Ausstattungsstiicke gewesen sind, man

der Hinweis raumausmalung bereits 1659 vollstandig vorgelegen haben.!% Vor allem

t* wurde, wirft jevon Knohll, dass das Lusthaus erst unter Johann Georg II. ,zugeputze

s oder die doch Fragen auf. Ob Knohll die Verputzung der Aukenfassade des Lusthause Wände hinter der der Saalinnenwände meinte, wurde von ihm nicht weiterausgeführt. Die der Appartements sind Holzvertäfelung im Festsaal sind wei verputzt. In den Zimmern

Fachwerkmauer die Holzvertäfelungen an den Wänden hingegen auf der unverputzten hil: KleinKlein Vinicultur-Büchlein. 1146 Johann Paulι Knohll: -| - D Dresden: Bergen 1667, Erklärung —— Len] es han net Ata des Kleinen Bären, dessen

des Kupffer=Blats.

SONNET.

pri. der Polarstern ist



Cy-

| eitstern übersetzt. Cynosur' kônnte in diesem Zusammenh f di i ikariat ' Kurfürst Johann Georg Il. . anspielen, ar À dass er 1657 bis 1658 innehatte. i Méglich ich i auch cfeinemat ist Anspiel vogue f pme das Erzmarschallamt, dass durch 1 j die Goldene Bulle 1fest an die Kurfürsten von Sachsen gebunden war. Neben Rae dedont ire Ρ

niellen Tragen des Reichsschwertes auf Reichstagen und bei der Kabaditoneng gehérte zu diesem Amt auch die

symbolische Befehisgewait ù i j j ns gewalt über das gesamte Reichsaufgebot. Zu beiden amtlichen Aufgaben passt dieἢ Metapher des

1147 Knohll (1667), DEDICATIO, 8. 6. 1148 Im Inventar: von 1837 werden: diese Portrats als leb ensgroR beschrieben. i Dabei wurden drei Portràts zusa

cere cote eingerahmt. Untereinander waren sie lediglich durch Zwischenleisten getrennt. Unklar ist aleve,

=

— perth

Ai este

ia

sarge

nVer

oa der eingeschrankten Hôhe der Frieszone an der Wand erscheint mir

3 . | pfbild alle drei Varianten als môglich. Die Bezeichnung als ,Conterfey‘ auf eine Fokussierung : auf à die Gesichtspartie deri Portràtierten hi in. Ganzkôrperporträts ò hs waren es we:

i ri

Zlìu::'%h:nxéîîr;ìgnîrleskonîg!;und Eecl:'e sicherlich nicht, vergleiche: Herz (2001) S.62u Aes? Sa verde auf H : ar von , siehe: HStA Dresden, Loc. 35 412, Rep. Il, Lit.H. \ | : Di F

16Rnitzer Weinberge und deren Unterhaltungskosten betr., fol.32v, 330).

1149 Herz (2001), 8. 62.

ee

e

Loc. 32 453, Rep. XX, Dresden Nr. 33: 1150 Herz (2001), 8. 51 u. 8. 49, Anm. 10 (hier Verweis auf: HStA Dresden,

1659). Inventarium über das Churfürsl. 8. Lôssnitzer Lust- und Berghaus. und sein Sohn Johann Georg Il. als Bauherren der Hof1151 Barbara Bechter: Kurfürst Johann Georg |. von Sachsen Fotografiert von Matthias Blumhagen. Herausgegeben nlage. Weinguta he lëRnitz. In: 600 Jahre HofléRnitz. Historisc

Dresden 2001, 8. 31-38, hier: 8. 38 u. Anm. 50 von Heinrich Magirius für die Stiftung Weingutmuseum HofléRnitz. Dresden Nr. 334 (Bibliothek AA 928):

32 453, Rep. XX, (hier Verweis auf das Lôfnitzer Manual: HStA Dresden, Loc. Durchlauchtigste... Chur First zu Sachsen... in Dero Bergk LôRnitzer Manual, worinnen enthalten: Wie vielmahl der von Kurfürst Johann Georg |. von Sachsen ist nur und LustHaus daselbst gewesen. 1657-1807). — Ein Aufenthalt Georg Il. ist ein gemeinsamer Besuch fiir den 18. Johann Sohnes seines Diarium Im gesichert. ndlich einmal quellenku auf: Dresden, Sächsische Landesbibliothek — Verweis (hier 49 Anm. 37, S. (2001), Bechter Mai 1655 vermerkt, siehe: Georgin der Residenz, auff den Reisen und Johann Diarium 11: K Dresd. Msc. Staats- und Universitatsbibliothek, 48r). fol. 6), sonsten vorgangen und begeben (1653-165

1182 Herz (2001), 8. 48. 1153 Herz (1995), S. 400f.

268

Embleme in komplexen Bildprogrammen

angebracht. 1154 Geht man von den Aufenthalten aus, die das LéRnitzer Manual verzeich-

net hat, waren die Zimmer der Appartements wahrscheinlich nach dem Tod von Johann Georg Ι. soweit ausgeschmückt, um Empfänge durchzuführen, während die Innenraumbemalung des Saales wohl erst um 1664 unter Johann Georg II. soweit vorzeigbar war,

um auch dort mit Gasten zu tafeln. Die malerische Scheinbar in zwei Zeitabschnitten durchgeführt.

Innenraumgestaltung wurde also

In einem ersten Zeitabschnitt zwischen

1650 und 1656 wurden die Appartements und womôglich Teile des Saales ausgemalt,

wahrend in einer zweiten Phase zwischen

1656 und 1659 oder spatestens bis 1667 die

Innenraumdekoration des Saales vervollstandigt wurde. Für diese These hat Silke Herz einige Belege angefùuhrt. 1155 Die ältere Forschungsliteratur zum Berg- und Lusthaus Hofl6Rnitz geht dagegen

Georg

|. von Sachsen

von einer Innenraumausmalung

erst nach dem Tod von Johann aus.''®® Die Bildinhalte einzelner Gemalde aus dem Berg- und

Lusthaus beweisen aber, dass die vollstandige Innenraumausmalung noch zu Lebzeiten

von Johann Georg |. vorgelegen haben muss.

Cornelius Gurlitt hat schon früh die kunsthistorische Bedeutung der Innenraumgestaltung

erkannt.

Er bemerkt: ,Das ganze Obergeschoss ist in seiner alten Einrichtung erhalten und eines der bemerkenswertesten Beispiele der Dekorationsweise des 17. Jahrhundert.“1157 Wie im Folgenden darzustellen sein wird, ergibt sich aus der raumtopografi-

schen Verortung der unterschiedlichen Bildgenres ein einheitliches Ausstattungskonzept, eine gemalte Kunst- und Wunderkammer. Bevor nun die Rolle, die die Embleme in dieser

gemalten Kunst- und Wunderkammer eingenommen haben, geklart werden kann, muss

zuerst die zugrundliegende Ikonografie der Festsaalausmalung besprochen werden.

269

Fallbeispiele: Berg- und Lusthaus HoflôRnitz

Der Zugang zum Festsaal im Obergeschoss des Lusthauses erfolgt über den Treppen-

turm an der Nordseite. Dieser etwa 10 x 10 πὶ groke Festsaal ist an den Wanden vollständig holzverkleidet. Die Holzkassettendecke wird von sieben massiven gts

gebildet, in deren Zwischenvertiefungen holzgerahmte Leinwandgemälde eingelegt sind. In der Mitte der Nordwand ragt der oktogonale Treppenturm dreiseitig in den Festsaal hinein und bildet das hôlzerne Eingangsportal (Abb. 305). Der Aufbau des Portals folgt

dabei der dorischen Ordnung. Beide Seiten der Eingangstür werden von je einer sich

Über den Säulen verläuft ein restr’ aus fasziertem Architrav, einer Frieszone mit kurzen Triglyphen im Gebalk und abschlieRendem Geison. Die Kanneluren der Säulen und einzelne Platten der Basis sind golden bemalt, gehalebenso die Übergänge der einzelnen Kapitelle. Die Triglyphenschäfte sind WeiR durch ten. Der Ubergang von den einzelnen Triglyphen in das weiRe saat: ἰϑί dagegen grauee imitieren eine grüne Bemalung betont. Die Metopen des Triglyphenfrieses über dem grüne Marmorierung, ansonsten sind sie vòllig schmucklos. Den Αὐϑομίυθϑ verjüngenden

dorischen

Säule gerahmt.

Gebälk bildet ein gesprengter Korbbogengiebel, in dessen Mitte eine SchweifwerkkartuPreuen sche das Allianzwappen des Kurfürstentums Sachsens und des Herzogtums prasentiert.

Diese

Portalarchitektur bildet das dekorative Zentrum

des Festsaales

und

gleichzeitig den Ausgangspunkt für die tektonische Wandgestaltung.

mee sr Von diesem Eingangsportal ausgehend wurde die gesamte —— opens die sche und plastische Mittel tektonisch erfasst und so einzelne me = ist die er Ausmalung des Saales geschaffen. Grundlegend für diese ——? Fortfuhrung der Portalarchitektur dorischer Ordnung Uber die gesamte ee

Festsaals. Die Säulen wurden dabei durch sich verjüngende Pilaster mit PR

Diese architekturplasPostamenten ersetzt, das Gebälk aber unverändert weitergeführt.

1154 Herz (2001), S. 52. — In ihrem ersten Aufsatz geht Herz davon aus, dass sich die Anspielung Verputzung auf den Saal bezieht, vergleiche: Herz (1995), S. 392.

Knohlls auf die

1155 Ebd., S. 47-49. — Herz verweist in diesem Zusammenhang auf das erste schriftliche Inventar des Lusthauses, dass 1659 angefertigt wurde. In diesem Inventar wurden allerdings nur die mobilen und nicht die wandfesten Ausstattungsgegenstande aufgeführt. Zwar waren laut Inventar 1659 alle Zimmer und der Saal môbliert, dennoch ist dies kein eindeutiger Hinweis darauf, dass die Ausmalung bis 1659 auch tatsächlich abgeschloss en war, vergleiche: Herz (2001), S.49, Anm. 10 (hier Verweis auf: HStA Dresden, Loc. 32 453, Rep. XX, Dresden Nr. 33: Inventarium über das Churfirsl. 8. Lôssnitzer Lust- und Berghaus. 1659).

és as tische Grundstruktur wird lediglich an der Nordwand und Südwand durch —— brochen. An den beiden Längsseiten wird das Gebälk jeweils über einen endem abschlieR mit aus Sandstein und zwei Türen fortgeführt. Diese Pilasterordnung so genes Gebalk nimmt etwa zweitdrittel der Wandflache ein.''®® Die sechzehn Freiflächen zwischen

den Pilastern zeigen gemalte

Rundbogennischen

mit sie

as

si Tugendemagoren Figuren, die durch Namenstituli in den Bogenscheiteln die de Diese fast ausweisen. An jeder Wandseite befinden sich vier solcher Figurennischen.

1156 Cornelis Gurlitt macht zur Entstehung der Innenraumgestaltung keine Angaben, siehe: Gurlitt (1904), S. 139. — Hans Beschorner deutet das Sonnet von Knohll aus dem Kleinen Vinicultur-Büchlein dahingehend, dass sämtliche

Malereien (,schénste Schilderey“) erst unter Kurfürst Johann Georg Il. ausgeführt worden seien, siehe: Beschorner (1931), 5. 19. — Auch in der späteren Forschungsliteratur wird die Innenraumgestaltung auf eine Zeitspanne zwischen 1656 bis 1680 auf die Regierungszeit von Johann Georg II. beschrankt, siehe u.a.: Josef Hebeda: Weinbergschlésschen Hofl6éRnitz. Leipzig 1980, S. 5.

1157 Gurlitt (1904), S. 139. — Mit der bemerkenswerten Dekorationsweise bezeichnet Gurlitt die unterschiedlichen Bildgegenstände: lebensgroRe weibliche Allegorien, Tier- und Jagddarstellungen, Putti, Kaiser- und Fürstenporträts, Sibyl-

len-Büsten und Embleme.

Praraumgestaltung geht Silke Herz von einer Pig e s, des Innenraume em po Gestaltung die D für d | grundlegen | e Wandflach der dnung Pilasteror i dorische i die di ist aus. FürUr siesie ist misse i B he | ortal weitergeführt wurde. Weil allerdings gera i i ear eth a auch damit und t hineinreich Saal den in rm Treppentu rh sr dee cr = oon ue architekturp th musste, ist eher davon auszugehen, dass dieses Eingangsportal die dies 2m Saal el

1188 In der Beschreibung der architekturplastischen Innen

Innenraumstruktur vorgegeben hat. Siehe hierzu: Herz (2001), S. 53.

270

Embleme in komplexen Bildprogrammen

lebensgroRen

Tugendallegorien,

die Nischenfelder sind 150 cm hoch

und etwa 75 cm

breit, bilden das malerische Hauptelement der Wandflachengestaltung.''%° Cornelius Gurlitt hat die Tugendallegorien dokumentiert. Seine Aufzahlung beginnt neben dem Eingangsportal in der westlichen Ecke der Nordwand.

Die Nischen zeigen hier Be-

nevolentia, Vigilantia, Fortitudo und Mansuetudo, an der Ostwand Heroitas, Temperantia, Pietas und

Magnanimitas.

In den

Nischenfeldern

an der Südwand

erscheinen

lustitia,

Sapientia, Dignitas und Intellectus, an der Westwand sind Animositas, Constantia, Artium

271

Fallbeispiele: Berg- und Lusthaus HoflôRnitz

den, die einen herausragenden Herz deutet die ,[...] weiblichen Figuren als Furstentugen sollen verdeutlichen, dass die Idee Regenten auszeichnen [...] “1164 Zwei Anmerkungen

Durch

als bisher angenommen. hinter dieser Tugendreihe allerdings tiefgreifender ist,

als mit einer dorischen ϑἄμιθποιαden architektur-plastischen Aufbau des Eingangsport

Pilasterstellung an den γνδπαβᾶ: nung und dessen Weiterfuhrung über eine dorischen ffen.''® Die gemalten Nischen chen wurde eine geschlossene Saalkonstruktion gescha

ossenen Konstruktion gleichberechtigt mit den Tugendallegorien stehen in dieser geschl gsprinzip folgen: Vier Nischen an nebeneinander, da sie einem gleichmäñigen Ordnun

cognitio und Prudentia zu finden.‘1 Eine programmatische Ordnung scheint auf dem ersten Blick nicht vorhanden zu sein. Auffallig ist jedoch die Verteilung der Kardinaltugen-

Grôke die andere. Die Kardinaltugenjeder Wand, keine Nische Uberragt in Aufbau und

den. Auf jeder Wandseite erscheint eine Darstellung dieser Tugenden. An der Nordwand

und Heroitas nehmen also nee ren Tugendenallegorien zu unterscheiden. Dignitas

befindet sich die lorbeerbekrônte Fortitudo an einen Saulenschaft gelehnt rechts neben dem Eingangsportal. An der Ostwand folgt Temperantia, die Wasser aus einer Amphore

in eine flache Muschelschale gieRt. lustitia mit Schwert und Waage ist an der Sudwand abgebildet und Prudentia mit Spiegel und Schlange an der Westwand

(Abb. 306-309).

Herz folgert daraus, dass die anderen Allegorien diesen Kardinaltugenden inhaltlich zugeordnet seien.''®' In einzelnen Fallen lassen sich solche inhaltlichen Zusammenhänge feststellen. So erscheint Sapientia an derselben Wandseite wie lustitia und an der Nord-

wand befindet sich direkt neben der Fortitudo die Allegorie der Mansuetudo. Zwei Beobachtungen von Herz sind bemerkenswert. Erstens verzichtet die allegorische Tugendreihe auf die Darstellung der christlichen Tugenden Fides, Caritas und Spes. Zweitens sind zwei weibliche Figuren in ihrer Gewandung und durch ihre Attribute hervorgehoben.

Während vierzehn Figuren eine antikisierende Gewandung oder Rustungen tragen, erscheint Dignitas (SUdwand) mit einem zeremoniellen Herrscherornat und Heroitas (Ost-

wand) wird mit einem Hermelinmantel und Turban dargestellt (Abb. 310-311). Dignitas tragt dazu eine Kônigskrone auf dem Kopf, in der rechten Hand halt sie ein Zepter und in

der linken Hand eine kaiserliche Mitrakrone. Das präsentierte Ornat macht Dignitas zu

einer Allegorie des Kaisertums.''®* Heroitas tragt ebenso ein Zepter in der rechten Hand, mit der linken Hand präsentiert sie den Reichsapfel. Hermelinmantel und Reichsapfel

durch malerische Mittel von den weiteden sind weder durch architektur-plastische noch eine Sonderstellung

hie des Here? ein, indem sie mit ihren Attributen auf die Hierarc

Romischen

Kürfürstentum des Heiligen Reiches verweisen. Kaisertum, Kônigtum und

Rômischen

Reiches wurden

en in die durch die Reichstracht und die Herrschaftsinsigni

gd ist also nicht einfach nur ein iol Reihe der Tugendallegorien integriert. Dargestellt Verweis auf die héchsten panier des ReiTugend- oder Fürstenspiegel, sondern mit dem iesen. Die Tugendallegorien bedeuten ches wird auf das Reichsregiment selbst hingew Tugendhaftigkeit der hôchsten Wirdentraalso zweierlei. Erstens reprasentieren sie die der Nachfolge des Reiches aus dem laps, ger des Reiches und deren Legitimation aus

torische Ubergang von Imperium rium Romanum (translatio imperii)''®*. Dieser transla und

über die antikisierende Gewandung Seth Romanum zum Heiligen Rômischen Reich wird ' der Reichstracht dargestellt."" Die und gnien sinsi Reich der llung Darste e die gleichzeitig

und die Kurfürstenwürde, wird so zur Regierungsgewalt, aufgezeigt durch das Kaisertum s wir d diese Tugendreihe aus der hisAllegorie des Guten Regiments erhoben. Zweiten Kaiser einem verbindlichen F ürstenspiegel, der dem

torischen Legitimation heraus zu

Exempel dient. und allen Reichsfürsten als immerwahrendes

Bilderreihen zugeordnet. An den PORN Diesen Tugendallegorien sind zwei weitere sind an jenen der Pilaster an den Wandflächen ten der Säulen des Eingangsportals und

gehôren zum traditionellen Kurfürstenornat. Heroitas symbolisiert durch den Ornat die Kurfürstenwürde.!155

1159 Gurlitt (1904), 8. 140. 1160 Ebd., 8. 140ff / Herz (2001), 8. 53ff. 1161 Herz (2001), S. 56. 1162

Ebd.

1163 Die besondere Darstellung der Heroitas mit Turban und nicht mit einem Kurhut auf dem Kopf, was dem Kurfürstenornat entsprechen würde, spricht meiner Ansicht nach dafür, dass woméglich eine bestimmte druckgrafische Vorlage vorgelegen haben kénnte. Eine Suche war bisher nicht erfolgreich.

1164 Herz (2001), S. 56. 1165 GebeBler (1957), 8. 8. 68-84.

1168

rl

istori

Pris

i

deans

ae

aS

.

-

Beitrag zur Ge- : tio ] imperii. Einn-beitr Γ Werner Goetz: Transla transla’ tio imperii-Theorie, siehe: Wern Tubingen 1958 Neuzeit. frühen der in und r Mittelalte im Pt und der politischen Theorien

(Nordwand) oder die Kaiware der Lorbeerkranz auf dem Haupt der Fortitudo 167 Herz (1995), $. 401. - Zu nennen wand) zt. abstüt Hand linken der mit

serbüste, auf die sich Constantia (West

ϑ ϑνδαδε OO

Embleme in komplexen Bildprogrammen

272

die sächsischen Provinzwappen aufgemalt. Es handelt sich um die Wappen, die im kur-

sächsischen Schild nach dem Westfälischen Frieden aufgeführt

wurden. 1158 Die sächsi-

schen Provinzwappen symbolisieren als Verbund das Herrschaftsterritorium des Kurfürs-

tentums zu Zeiten von Kurfürst Johann Georg |. Darauf verweist jenes sachsisch-preuBische Allianzwappen (Hochzeitswappen) in der Schweifwerkkartusche am Giebel des Eingangsportals, dass 1656 nach dem Tod von Kurfürst Johann Georg

|. von Sachsen

im

Grunde obsolet geworden ist.116 Im Festsaal von Schloss HoflôRnitz wurde die kursäch-

sische Landesherrschaft dem

Reich in den gemalten

Nischenfeldern der Wandflache

(Präsentation der Reichsinsignien durch Dignitas und Heroitas) raumtopografisch untergeordnet. Der Bezug zu den unteren Wandflächen Bildinhalten

der Figurennischen

wurde

mit den sachsischen durch

Provinzwappen

die verschollenen

fünfzehn

und den

Kaiser-

und

Fürstenporträts hergestellt, die sich in den gerahmten Feldern über dem Gebälk der Pilaster befanden

und

die zusammen

mit den

noch

vorhandenen

zwôlf Emblemen

ur-

sprünglich einen wandabschlieRenden Gemäldefries bildeten. Eine herausragende Stellung wurde dem

Kaiserpaar eingeräumt.

Die Porträts von Kaiser Ferdinand

Ill. (1608--

1657) und Kaiserin Eleonora Magdalena Gonzaga von Mantua-Nevers (1630-1686) wurden an der Südwand auf dem Gebälk über den Nischen der Sapientia und Dignitas genau

gegenüber des Eingangsportals angebracht.!17 Wahrend die Tugendallegorien eine in

1168 Reihenfolge der Wappen an den Säulen- und Pilasterpostamente nach Silke Herz vom Eingangsportal ausgehend: Herzogtum Julich, Herzogtum Kleve, Herzogtum Berg, Gefürstete Grafschaft Henneberg, Grafschaft Ravensberg, Grafschaft Mark, Herrschaft Eisenberg, Grafschaft Brehna, Burggrafschaft Altenburg, Burggrafschaft Magdeburg, Herrschaft Pleissen, Grafschaft Orlamünde, Markgrafschaft Landsberg, Markgrafschaft Niederlausitz, Markgrafschaft Oberlausitz, Pfalzgrafschaft Thüringen, Landgrafschaft Thüringen, Pfalzgrafschaft Sachsen, Markgrafschaft Meissen, Herzogtum Sachsen, vergleiche: Herz (2001), S. 53.

1169 Die gemalten Wappen wurden sicherlich vor 1656 in den Festsaal gemalt. Die Hochzeit zwischen Kurfürst Johann

Georg |. von Sachsen und seiner zweiten Ehefrau Magdalena Sibylle von PreuRen (1568-1659) fand schon am 19. Juli 1608 in Torgau statt. Sie überlebte ihren Ehemann und starb erst 1659. Im Festsaal selbst findet sich dagegen kein Hinweis auf Magdalena Sibylle von Brandenburg-Bayreuth (1612-1687), die Kurfürst Johann Georg II. am 13. November 1638 in Dresden ehelichte. Nicht auszuschlieRen ist allerdings, dass Johann Georg II. seinen Eltern huldigte, in dem er auf die Anbringung des eigenen Allianzwappens verzichtete. Herz weist au@erdem darauf hin, dass das Provinzwappen der Grafschaft Barby fehlt. Nach dem Aussterben der Grafen von Barby fiel ein Teil des Gebietes an die albertinische Sekundogenitur Sachsen-WeiRenfels, auch das Kurfürstentum behielt Lehnsrechte am Amt Walternienburg. Am 21. Juni 1661 genehmigte der Kaiser die Aufnahme des Wappenbilds der Grafschaft Barby in das kursachsische Wappen (siehe auch: Wappen über dem Südportal von St. Afra in Mei&en, um 1670). Auch dies spricht für eine Ausstattung des Festsaals mit Provinzwappen in der Zeit von Johann Georg |. von Sachsen, vergleiche: Herz

273

Fallbeispiele: Berg- und Lusthaus HoflôRnitz

nen Gemälde gleichberechtigt sich geschlossene Bildreihe darstellen, in der die einzel

der Kaiser- und Fürstenporträts eine nebeneinander stehen, lässt sich bei der Anbringung

Südwand als erster Orientierungshierarchische Ordnung ablesen. Ausgehend von der punkt (amtierendes Kaiserpaar) nach dem

Betreten des Festsaals folgte an der West-

and IV. von Ungarn und B6hmen wand (Kônig) Leopold |. (1640-1 705) und Kénig Ferdin des Kurfürsten wurde das Portrat von (1633-1654)'17". Uber der Tur zum Wohngemach Türe zum Schlafgemach das Portrat Kurfürst Johann Georg |. von Sachsen und an der folgten an der übrigen Westwand und von Kurprinz Johann Georg Il. angebracht. Danach Porträts der anderen weltlichen Kurder Nordwand über dem Gebälk der Wandflache die chen Kurfursten und als Abschluss der fursten. An der Ostwand erschienen die drei geistli Georg II. von Sachsen, die als Herzôge Portratreihe die Bildnisse der Bruder von Johann

en. 172 über die kursächsischen Sekundogenituren regiert

die Portrats ursprünglich den HerrschaftszuEs gibt zwei Hinweise, die andeuten, dass

Landesherrschaft nach 1652 und vor 1654 stand des Reiches und der kursächsischen kollegium auf Wunsch des Kaisers Erzherabbildeten. Erstens wurde 1652 im Kurfürsten Kônig gewähit. Die Wahl erfolgte am 31. zog Ferdinand Franz zum rômisch-deutschen n nand IV. allerdings an den Pocken. Im selbe Mai 1653. Am 9. Juli 1654 starb Kônig Ferdi = lt. |. zum rômisch-deutschen Kônig gewah Jahr wurde sein jüngerer Bruder Leopold älde von Ferdinand IV. und Leopold I. im nau aus diesem Grund wurden die Porträtgem Jo-

Wenn die Porträtgemälde erst von HoflôRnitzer Festsaaal zusammen angebracht.''’* wären, antritt 1656 in Auftrag gegeben sé hann Georg

II. nach seinem Regierungs

a eines Bildnisses von Konig Ferdinand IV. hatte es keinen Grund für die Anbringung er m Zeitpunkt war Leopold |. als Kônig se Ungarn und Bôhmen gegeben. Zu diese . Zweitens wurde die Sekundogenitur men bereits Mitglied des Kurfürstenkollegiums Juli n Georg |. von Sachsen schon am 20. die kursächsischen Herzogtümer von Johan ον auch seine Nachfolge durch Johann coin 1652 testamentarisch festgelegt und damit sie (16 über dem Gebälk der Wandflächen, — bestätigt. In der Anbringung der Porträts Ferdire Auffälligkeit. Das Porträt pe Pur Inventare beschreiben, gibt es eine weite s dader Nordwand angebracht. Es spricht einige nand Maria von Bayern war isoliert an nur isse, wahrscheinlich waren es anfangs für, dass die erste Hängung der Porträtbildn

(2001), S. 48.

1170 Herz (2001), 8. 62. — Die Verortung der Portrats im Festsaal wurde in den Inventaren festgehalten. An der Südwand

gegenüber des Eingangsportals: Kaiser Ferdinand III. u. Kaiserin Eleonora, Herzogin von Mantua. An der nôrdlichen Eingangswand: Kurfürst Ferdinand Maria von Bayern (1636-1679). An der Ostwand: 1. drei geistlichen Kurfürsten: Reichsfreiherr Karl Kaspar von der Leyen (1618-1676), Erzbischof von Trier/ Herzog Maximilian Heinrich von Bayern (1621-1688), Erzbischof von Kôln/ Johann Philipp von Schénborn (1605-1673), Erzbischof von Mainz und 2. die Brüder von Johann Georg II. von Sachsen: Herzog Moritz von Sachsen-Zeitz (1619-1681) / Herzog Christian von Sachsen-Merseburg (1615-1691) / Herzog August von Sachsen-WeiRenfels (1614-1680). An der Westwand: Kaiser Leopold | / Kônig Ferdinand II. von Ungarn und Béhmen/ Kurfürst Johann Georg |. von Sachsen und die drei weiteren weltlichen Kurfürsten: Johann Georg II. von Sachsen/ Friedrich Wilhelm zu Brandenburg (1620-1688) / Karl |. Ludwig zu Pfalz-Heidelberg (1617-1680).

oe ie

i tae

‘ , è and II. (1578-1637) handle Ferdin iser Bildni von Kaiser bei i dem Portrat um einin Bildnis i s sich war Kônig tellt darges ung, gstell Richti die folgte — In ihrem überarbeiteten Aufsatz

a on a 13. 401 / siehe auch: Beschorner (1931), $. Friedrich IV, vergleiche: Herz (2001), $.

NDB (1974), Bd. 10, S. 525-526, hier: S. 526. 1172 Karlheinz Blaschke: Johann Georg |. In: 1173 Wurzbach (1860), 8. 418ff.

Embleme in komplexen Bildprogrammen

vierzehn Bildnisse, um ein Porträt erweitert wurde. Es ist davon auszugehen, dass Leopold |. entweder 1654 als rômisch-deutscher Kônig oder erst 1656 als Kônig von Bühmen

und damit mit seiner Aufnahme in das Kurfürstenkollegium in die Porträtreihe aufgenommen wurde."'’* Dies würde bedeuten, dass das Porträt von Ferdinand Maria von Bayern

nachträglich an die Nordwand versetzt wurde. Daraus folgt, dass ursprünglich nur an der West- und der Ostwand über dem Gebälk je sechs Porträtbildnisse mit den Kurfürsten

des Reiches und den Herzégen der kursächsischen Sekundogenituren angebracht waren und an der Südwand das Kaiserpaar. Die Nordwand blieb anfangs ohne Portratbildnisse.

Die übrigen freien Wandflächen der Nord- und Südwand über dem Gebälk, am Eingang-

Fallbeispiele: Berg- und Lusthaus HoflôRnitz

und Türblätter, in denen ursprünglich Emblemtafeln angebracht gewesen sein kônnten (Abb. 313). Auch wenn Beschorner die Türblätter mit Emblemen

(8) nicht miteinrechnet,

bleibt immer noch eine Gesamtzahl von 45 Wandfeldern übrig und nicht wie von ihm

vermutet 43. Beschorners These ist jedoch nicht vòllig auszuschlieRen. Demnach hatte die ursprüngliche wandfeste Innenraumausmalung an den zentralen Wandfeldern aus

sechzehn weiblichen Tugendallegorien in den gemalten Nischen und aus einer umfangreichen

bestanden,

Emblemreihe

die zum

bildete und zusätzlich die Wandflache

einen über dem

Gebälk einen

Emblemfries

unterhalb der Fenster sowie die Türblätter aus-

füllte. Die verlorenen fünfzehn Kaiser- und Fürstenporträts waren dann, folgt man dem

Im Festsaal von HofléRnitz haben sich insgesamt

Inventar von 1837, gerahmt zu Dreierbildnissen über die einzelnen Felder des Emblemfrieses der Ost- und Westwand gehängt worden. Das Kaiserpaar gerahmt zu einem ,Doppelbildnis’ hatte so die Mitte des Emblemfrieses an der Sudwand und das Bildnis von

türen der Emblematik zu.1175 Ob der heutige Befund der ursprünglichen Emblemausma-

der Nordwand überdeckt. Ein solches Vorgehen, das Überhängen einzelner Embleme,

Sportal und unter den Fenstern wurden dagegen

mit Emblemen

ausgemalt (Abb. 312).

An der West- und Ostwand erscheinen einzelne Emblemtafeln nur auf den Blättern der

Türen zu den kurfürstlichen Zimmern.

30 Emblemtafeln erhalten. Silke Herz rechnet auRerdem noch die Ausmalung der Kamin-

lung entspricht, wurde jedoch angezweifelt. Gurlitt hat zu seiner Zeit die bis heute erhaltenen 30 emblematischen Malereien nicht als solche erkannt. In seiner Beschreibung der Festsaalausmalung bezeichnet er die Embleme schlicht als »Bilder*.117° Hans Beschor-

ner, der sich im gleichen Jahr wie Gurlitt mit dem Festsaal von Schloss HoflôRnitz be-

Schäftigt hat, erkennt nur ,[...] 22 Stick solcher Bilder, die Illustrationen zu den beige-

schriebenen Sinnsprüchen bilden [...] “1177, Er verweist darauf, dass Graf Boris Gavrilovich Sukanov-Podkolzine (1847-1904), Besitzer des Schlosses zur Jahrhundertwende,

einige Emblemtafeln von Antiquaren zurückkaufte, die nach der Aufgabe der Hoflé%nitzer

Hofhaltung 1889 mit einem Teil des Inventars im Kunsthandel landeten.1178 Beschorner geht davon aus, dass in der urspriinglichen Innenraumgestaltung des Festsaals einst 43 emblematische Malereien vorhanden waren. 21 gingen verloren. Für diese These liefert

er jedoch keine Belege.''”? Summiert man den heutigen Emblembestand (30) mit den

vorhandenen leeren Feldern (23) kommt man auf insgesamt 53 gerahmte Wandfelder

Kurfürst Ferdinand Maria isoliert in der nordéstlichen Ecke einen Teil des Emblemfrieses

würde zumindest verneinen, dass die Embleme ein geschlossenes Bildprogramm bilden sollten. Betrachtet man die einzelnen Embleme genauer, ist jedoch ein Bezugssystem zu den anderen Bildmedien festzustellen.

Sowohl Silke Herz als auch Claudia Schinske haben sich mit den 30 vorhandenen Emb180 Ihnen ist es gelungen, für sieben Embleme eine unmittelbare Vorlemen beschàftigt.

lage in der Buchemblematik zu ermitteln. Sie stammen aus dem Emblembuch Emblemata Florentii Schoonhovii |.C. Goudani, Partim Moralia, partim etiam Civilia (Gouda: Bu-

rier 1618) von Floris van Schoonhoven (1594-1648) mit Kupferstichen von Eee de Passe d. J. (1593/1594—1670). Dieser ersten lateinischen Auflage folgten 1626 in Leiden und

in Amsterdam

1635

und

1648

unveränderte

Neuauflagen.

Eine

niederländische

Übersetzung des Buches publizierte Jacob van Zevecote (1590-1 642) als Emblemata ofte sinnebeelden met dichten verciert (Leiden: Elsevier 1626), eine zweite Auflage wurde . Herz hat in der kursachin Amsterdam 1638 bei Jan Janszoon (1588-1664) publiziert"18! sischen Bibliothek jeweils ein lateinisches Exemplar der Erstauflage von 1618 und ein

1174 Eine noch spatere Anbringung der Porträtgemälde, u.a. nach dem Tod von Kaiser Ferdinand III. 1657, ware eher

verwunderlich, aber durchaus erklärbar (siehe Hinweise im Klein Vinicultur-Büchlein von heiratete erst 1666 Margarita Teresa von Spanien (1651 —1673). Womdglich wollte man im l6Bnitz aber an der Südwand gegenüber des Eingangsportals ein Kaiserpaar präsentieren man auf eine zentrale Positionierung von Kaiser Leopold |. Dementsprechend würde es Porträts von Kaiser Ferdinand II. und Kénig Ferdinand IV. um Memorialbildnisse handeln.

Knohll). Kaiser Leopold |. Festsaal von Schloss Hofund deswegen verzichtete sich bei den verschollenen

175 Herz (2001), S. 56. 1176 Gurlitt (1904), S. 141-144. — Bei Gurlitt fehlen die Embleme an den Schmalseiten des Eingangsportals.

pin

ner wines

ἐγών

m iim ion der Saaldekoration i : Zu den Vorbildern i / Claudiai Schinske:

Haus HoflòBnitz. In: Dresd-

83-86 / Herz (2001), S. 56-62. — In keiner der Studien wurde Klaus Beschorners These “es

1177 Beschorner (1904), S. 220.

zur ursprünglichen Gesamtzah! der Embleme beriicksichtigt.

1178 Ebd., $. 220f. — Graf Boris Gavrilovich Sukanov-Podkolzine kaufte die HofléGnitzer Anlage am 15. August 1899.

1181 Martin i (Jena: Bauhoffer 1665) unter der Ka- : Lust =| Gedanc ken j er als Teili des Sammelbandes Poetischer izi blizierte s D. FLORENTII SCHON pîîlgggrzghrliît‘eErîyblematische Uberschrifften/ Aus des vornehmen Holländischen Poeten HOVVI. Die übersetzten Gedichte wurden bei Kempe nicht illustriert.

Er war russischer Generalmajor und Gesandter am sächsischen Hof, siehe: Beschorner (1904), S. 218.

1179 Beschorner (1931), 8. 13 / Beschorner (1904), S. 220.

UberKempe (1642-1683) hat 33 Gedichte aus Schonnhovens Emblembuch ins Deutsche übersetzt. Die

Embleme in komplexen Bildprogrammen

Fallbeispiele: Berg- und Lusthaus HoflôRnitz

Exemplar der zweiten Auflage von 1626 nachgewiesen.''®? Die Hoflô@nitzer Emblemta-

.Excubias grus sola gerit, pars caetera dormit Tuta, nec infidos sperat ab hoste dolos: Grus notat haec Regem, vigilantem pro grege, qui si

feln aus Schoonhovens Emblembuch sind ausschlieRlich an der Nord- und Südwand des Festsaals angebracht.

Die einzelnen

Motive der picturae blieben

bei den

sieben

Hof-

lôBnitzer Emblemtafeln im Vergleich zu ihrer Vorlage unverändert, lediglich der Bildhintergrund wurde auf zwei Emblemtafeln abgewandelt. 1183 Auffällig ist die unterschiedliche Anbringung

der inscriptiones auf den

inscriptiones wurden

entweder

Hoflé&nitzer

Emblemtafeln

(Abb.

in die picturae oder auf das äuRere

314-320).

Die

Rahmenwerk

ge-

schrieben. Leidglich zwei inscriptiones wurden in Latein verfasst, alle anderen inscriptiones erscheinen in deutscher Sprache.

Die inscriptiones der HoflôRnitzer Emblemtafeln,

die aus Schoonhovens

stammen,

Emblembuch

übersetzt oder sinnentsprechend

wurden

entweder

aus der subscriptio

aus der inscriptio und der subscriptio

kombiniert.''™

Zwei Aspekte werden bei der Ubernahme der sieben Embleme aus Schoonhovens Emblemata [...] Partim Moralia, partim Civilia‘ für die HolflôRnitzer Emblemreihe deutlich. Bei der Auswahl der Embleme hat man gezielt sieben aus insgesamt 72 Emblemen

ausge-

sucht. Nach der Auswahl dieser sieben Embleme wurden die lateinischen inscriptiones nicht einfach wortwortlich übersetzt, sondern man

hat sich intensiv mit dem

Sinngehalt

des jeweiligen Emblems beschäftigt und deren Kontext in deutscher Sprache vereinfacht wiedergegeben. Drei Embleme verdeutlichen dieses Vorgehen.

Die Emblemtafel (Hfl-E 20) unterhalb des Doppelfensters an der Südwand des Festsaales zeigt einen Kranich, der mit dem rechten Bein auf einem Felsbrocken im Wasser steht

und mit den Krallen des linken erhobenen Beines einen Stein festhalt (Abb. 318-319). Mit offenem Auge wacht er über vier schlafende Kraniche, die beidbeinig auf Felsen ste-

hen und ihre Halse ruhend in ihrem Gefieder verstecken. Die inscriptio ,Des Kônigs wach(s)amer Rath, helt die | Unterthanen in sich(e)r rühe.“ ist in der oberen rechten Bild-

Dormitat; incautum vastet ovile lupus.“1188

Der wachende Kranich, der in den Krallen einen Stein halt, um nicht einzuschlafen, ist Sinnbild der Vigilantia.!1187 So erscheint die Vigilantia als gemalte Tugendallegorie mit dem steinhaltenden Kranich als Attribut an der Nordwand des Festsaales links neben dem Eingangsportal. In dieser Kombination (als grus vigilans) ist Vigilantia die Wachterin über die anderen Tugenden.‘’®° Das Kranich-Emblem ist im HoflôRnitzer Festsaal der Tugendallegorie Vigilantia räumlich gegenübergestellt und nicht direkt zugeordnet. An der Nordwand befindet sich links neben der Vigilantia unterhalb des Fensters das Emblem (Hfl.-E 1) mit der inscriptio ,Sardanapa Kônig der Assirer sties alle hoheit vnd | Ehre

von sich, vmb der wollust willen“. Die inscriptio erscheint in der unteren Bildhälfte (Abb. 314-315). Darüber sitzt der assyrische Kônig Sardanapal im goldenen Herrscherornat und mit einer weif&en Decke auf dem Scho im Kreis zweier halbnackter Frauen und eines halbnackten jungen Mannes in der Bildmitte. Hinter ihm steht eine weitere Frau mit blauwei&em Gewand. Die Frauenfiguren und der Kônig selbst halten allesamt Stôcke mit Wollgarn in den Händen.

Die Szenerie wird in einem geschlossenen Raum

dargestellt,

nur zwei Doppelfenster im Bildhintergrund und an der rechten Seitenwand erleuchten den Raum. Die Darstellung verweist auf die Sage um Sardanapal, der seiner Genusssucht vôllig ergeben war und sich zusammen mit seinen Konkubinen und Eunuchen dem Spin-

und kleidete nen kostbarer Gewänder hingab. Er lebte zuriickgezogen in seinem Palast Arbasich wie die Palastfrauen. Im dritten Jahr der Belagerung seiner Stadt Ninos durch

halfte in die pictura eingefügt. Bei Schoonhoven lautet die inscriptio , Typus Regis.“ (,Das

kes, einem Mitglied seiner eigenen Leibgarde, wurde ein Teil der belagerten Stadtmauer Er durch ein Euphrat-Hochwasser zerstért. Sardanapal sah darin einen Gôtterspruch.

Gleichsetzung zwischen dem Verhalten des Kranichs und der Aufgabe des Kònigs als

richten, auf denen sein ganzer Reichtum versammelt wurde. In einem Gemach im inne-

Bild eines K6nigs.“"'®). In der subscriptio folgt die Erklärung des Emblems und die

verschanzte sich in seinem Palast und lieR in allen Zimmern

riesige Scheiterhaufen er-

Schutzherr der Untertanen:

182 Herz (2001), 8. 57. — Nachweisexemplare, siehe: Dresden, Sächsische Landesbibliothek — Staats- und Universi-

tätsbibliothek Dresden, Sign. Art.plast.1162 (Ausgabe 1618) u. Sign. Art.plast.1164 (Ausgabe 1626).

1183 Die HofléBnitzer Embleme erscheinen im Katalog und Emblemregister mit der Reg. Nr. Hfl.-E 1 bis Hfl.-E 35 (Hfl.-

E = Hoflô@initz-Emblem). Die Reihenzählung von Silke Herz (2001) wurde zur Wiederauffindung der Einzelembleme im Festsaal Ubernommen, siehe: Katalog und Emblemregister, Tab. 18, 8. 635ff.

1184 Herz (2001), S. 58-60. — Zu den unterschiedlichen Vorgehensweisen, siehe Kommentar: Katalog und Emblemre-

gister, Tab. 18, S. 635ff.

1185 Übersetzt nach: Kempe (1665), Emblematische Uberschrifften, Emblem ΧΙ., S. 54.

i Pad

| \ etiam 1 Civilia. partim Florentiiii Schoonhovii ii 1.C. Goudani, i Partim Moralia, im die andre wacht/ Kranich eine »Der Kempe: Martin nach Übersetzung — bretatt XXII, S. 67ff. hoven:

1186

Feb

Emblemata

Kônigs Bild/ der auf die seinen sieht schlaffen alle/ Schaut flei&ig um sich her/ daB keiner komme zu falle: DieR ist des en, Emblem XI., Nach treuer Hirten Ahrt/ da

8. 54.

1187 Physiologus, IX.

keinem Leid geschieht." Kempe

(1665), Emblematische Uberschrifft

188 Erich Dinkler, Erika Dinkler-von Schubert: Kranich. In: LCI (2012), Bd. 2, Sp. 557f.

278

Embleme in komplexen Bildprogrammen

ren des Palastes schloss er sich mit seinen Konkubinen und Eunuchen ein und entzün-

Auf der HoflüRnitzer Emblemtafel

lems). Der Kônig verbrannte mit seinem Palast und seinen Reichtiimern."'8° Bei Schoon-

das Emblem

werter Dienst, dem Vergnügen zu dienen.“''®), die pictura zeigt denselben Bildaufbau. entnom-

men:

den Emblemen

und den nächstliegenden Tugendallegorien keine inhaltlichen Bezüge

bestehen.

,»Imbelli digito dum carpis fila, columque Foemineos inter Sardanapale greges; Servus es infamis; Quid enim servilius illo,

des Guten ReHerz unterteilt die Emblemtafeln in drei Emblemgruppen: Wein, Allegorie

den Türblätgiments und Gottesfurcht, Heiliges Rômisches Reich. Die Emblemtafeln auf d bewertern nehmen ihrer Ansicht nach eine gesonderte Stellung ein. Zusammenfassen

Quem premit imperijs faeda libido suis.“1191

Kaiser- und Fürstet sie das Zusammenspiel aus Tugendallegorien, Emblemtafeln und n und den Tugendtenporträts als Reichs- und Tugendspiegel. Sie spricht den Embleme

Durch die Nennung des Kônigs Sardanapal in der inscriptio der HofléRnitzer Emblemtafel wird die antike Sage um den antiken Herrscher erst greifbar und damit auch eine Kontextualisierung des Emblems.

Kraft des Weines zwar nicht

Ostnicht der Figurennische mit der Temperantia zugeordnet, die an der vens Emblemata wand des Saales erscheint. Diese drei Emblemtafeln, die aus Schoonho dass zwischen [...] Partim Moralia, partim Civilia entnommen wurden, machen deutlich,

hoven lautet die inscriptio ,Miserrima servitus, servire voluptati.“ (,Es ist ein bemitleidensist der subscriptio von Schoonhoven

wird diese beseelende

also vôllig negiert, aber die Gefahr des maRlosen Genusses betont. Das Emblem wurde wurde euphemistisch als Hinweis auf die MäRigung ausgelegt. Trotz inhaltlichem Bezug

dete hier einen der Scheiterhaufen (siehe geschlossener Raum auf der pictura des Emb-

Die inscriptio des HoflôRinitzer Emblems

279

Fallbeispiele: Berg- und Lusthaus HoflôRnitz

Sardanapal wird als Herrscher bei der Frauenarbeit darge-

stellt. Der Libido verfallen wird er so zum Gegenbild des tugendhaften Herrschers. Das Sardanapal-Emblem befindet sich in der unteren Fensterzone der Nordwand zwischen den allegorischen Nischenfiguren der Benevolentia (links) und Vigilantia (rechts). Ein eindeutiger Bezug zwischen diesem Emblem und den nächstgelegenen Tugendallegorien ist nicht zu erkennen. Eindeutig wird dieser Befund bei einem weiteren Emblem, das aus

Schoonhovens Emblembuch übernommen wurde. Das Emblem (Hfl.-E 12) oberhalb des Fensters rechts neben dem Eingangsportal an der Nordwand tragt auf dem unteren Bildrahmen die inscriptio ,Der Wein zwingt manchen oft mehr Stärcke v. Weisheit ein, als er kann und vermag.“ (Abb. 320-321). Die pictura zeigt auf der linken Bildhälfte Bacchus auf einem Weinfass sitzend. Auf seinem Kopf tragt er einen Lorbeerkranz mit seitlichen ΕἸύΘΘΙΠ. Neben ihm bäumt sich Pegasus auf. In der Emblembuchvorlage lautet die inscriptio ,Vinum acuit ingenium.* (,Wein schärft den Charakter.“"'®2). Die beseelende Kraft des Weines wird ebenso in der subscriptio des Emblembuches gewürdigt: ,[...]

Mens humana calens modico perfusa Lyaeo/ Surgit, et ignavam deserit ales humum.“11%3

1189 Franz Heinrich Weissbach: Sardanapal. In: RE (1920), 1 A,2, Sp. 2436-2475,

hier: Sp. 2438f

jedoch eine allegorien eine moralisierende Funktion zu.11% Einige Emblemtafeln weisen Sinngehalt. Zwei erkennbare deskriptive Form auf und vermitteln keinen moralisierenden sche Ordnung Emblemtafeln beziehen sich als erläuternde Kommentare auf die hierarchi Seitenwand rechten des Heiligen Rômischen Reiches. Die Emblemtafel (Hfl.-E 9) an der acht toskanischen des Eingangsportals zeigt in der pictura einen Monopteros, der aus

eine Mitrakrone aufgeSaulen besteht und auf dessen durchbrochener Kalottenkuppel

Seulen, ohne mangel setzt ist (Abb. 322). Die inscriptio ,Das H: Rom: Reich, will ganzt voll ge | bawet seijn.“ auf dem Rahmen

unterhalb des Bildes nimmt eine Deutung des Emb-

rômisch-deutschen K6lems vorweg. Die acht Säulen stehen für die Kurfürsten, die den g der Darstellung. Die nig und Kaiser erwählen. Bemerkenswert ist dabei der Zeitbezu Dreifigjährigen Krieg dar. Emblem-pictura stellt die Ordnung des Reiches nach dem dem Regensburger Fürs1623 wurde Herzog Maximilian |. von Bayern (1573-1615) auf sessamt auf Lebenstentag die pfälzische Kurwürde und das damit verbundene Erztruch zeit zugesprochen.

s vom 24. In der Causa palatina des Osnabrücker Friedensvertrage

Kurwürde an die bayeriOktober 1648 wurde die erbliche Übertragung der pfälzischen Ausgleich schuf man für Karl schen Wittelsbacher im Mannesstamm verstetigt.''° Zum Gebiet der Unterpfalz bezog |. von der Pfalz (1617-1680) eine achte Kur, die sich auf das te.19° Die inscriptio ,Das H: und das Erzschatzmeisteramt als weiteres Erzamt beinhalte seijn.“ deutet den Ausgleich Rom: Reich, will ganzt voll Seülen, ohne mangel ge | bawet

1199 Übersetzt nach: Herz (2001), S. 58. [ 1191 nach Herz: ,Wenn du mit schwächlichem Finger Faden Schoonhoven (1618), Emblem VIII. $. 25. — Übersetzung und Wolle knüpfst in weiblicher i du einin nichtsnutziger i ich ni Sklave | Gesellschaft, , Sardana pal, bist i Knecht als der, den ungläubiger Wollust von seiner Befehisgewalt abhàlt.“ Herz (2001) 2 ΠΝ ai ἰϑε ποι ΠΙΝ,

1192 Eigene Übersetzung. 1183 : Schoonhoven ] (1618), , 8. 8. 54, 54, Emblem XIX. . —— Εἰ Eigene Übersetzung: U ,D

Wein begie&t, steigt empor und verlässt beflügelt den tragen Boden."

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1194 Herz (2001), $. 60-63. In: NDB 16 (1990), S. 477-480. 1195 Dieter Albrecht: Maximilian |., Herzog von Bayern, Kurfürst. , hier: $. 328. 1196 Karl Menzel: Karl |. Ludwig. In: ADB (1882), Bd. 15, $. 326-331

Embleme in komplexen Bildprogrammen

an, der durch die Schaffung der achten Kurwürde einen fast 300 Jahre andauernden Streit zwischen den pfälzischen und den bayerischen Wittelsbachern um die pfälzische

Kurwürde beendete. Die hierarchische Ordnung des Reiches wird ebenso auf der benachbarten Emblemtafel (Hfl.-E 10) thematisiert.

Das Emblem Henne,

im Gemäldefries an der Nordwand zeigt auf der unteren Bildhälfte eine

die ihre Flügel über ihre Küken

ausbreitet (Abb. 323).

In der oberen

Bildhälfte

sind sieben Sterne und der Mond zu sehen, die einen Kreis um die strahlende Sonne bilden. Die inscriptio unterhalb des Bildrahmens

lautet ,Gleich wie Sonn, vnd Mond,

ü.

Stern, den Himel zieren, also auch | da& Rém: Reich den Erdboden.“ Die hierarchische Ordnung

des Reiches ist ein Spiegelbild der gottgegebenen

kosmischen

Ordnung

und

bezieht daraus seine Legitimation. Die Sonnenmetaphorik làsst sich ohne weiteres mit der Kaiserikonografie verbinden. Die sieben Sterne und der Mond beziehen sich wie die

acht Säulen des Monopteros in der pictura der danebenliegenden Emblemtafel auf das Kurfürstenkollegium. Unter den Flügeln der Henne sind allerdings nur πῇ und keine acht Küken zu finden. Unklar bleibt also, auf was sich dieses spiegelbildliche Verhältnis bezieht.% Eine Sonderstellung nimmt die Darstellung des Mondes ein. Silke Herz interpretiert den Mond als Symbol für das sachsische Reichvikariat.119° Wahrend des Interregnums Ubernahmen Reichsvikare die Stellung des Kaisers als Reichsverweser. Die sachsischen Kurfürsten verwalteten Gebiete des sächsischen Rechts, die Kürfürsten von der Pfalz die Gebiete frankischen Rechts. Eine gewichtigere Position kam allerdings dem Reichserzkanzler wahrend des Interregnums zu. Das Erzamt war an die Erzbischôfe von Kurmainz gebunden.

Der Reichserzkanzler war fiir die Organisation

und Durchführung

der Kônigswahl zustandig.''*? Letztendlich war der Reichserzkanzler in seiner Funktion für den Erhalt des Kaisertums zuständig. Bezieht man also die Sonne-Mond-Metaphorik

auf den Kaiser und einen Stellvertreter wahrend der kaiserlosen Zeit, wird die Stellvertreterposition durch den Reichserzkanzler gefilllt. Uber die Sonne-Mond-Metaphorik verdeutlich auch Saavedra in seinem emblematischen Fürstenspiegel die daraus resultie-

rende christliche Weltordnung:

9 sy

Die fi.fünf Kücken kò iten die fünf weltlichen Κι urwu ürder versi innbild ildlichen, ì die von von d der t À : REA i olisie E gesct Utzt werden. Das Fehlen der drei geistlict en Kurwürden, also das Fehlen

Fallbeispiele: Berg- und Lusthaus Hofl68nitz

.DER Mond vertrit die Sonne in jhrem abwesen/ weil er der nacht vorstehet/ an seinen vnterschiedli=chen veränderungen/ ab vnd zunehmen hanget die kraft vnd erhaltung der irdischen dingen/ [...] Was seindt die Fürsten an=derst als irdische Planeten/ vnd Monat in welchen die Géttliche Sonne der gerechtigkeit sich ausbreitet zur re=gierung der erden? [...]. Dann wie das gestirn vber den dingen herschet/ also befehlen diese den gemüthern.“1200

die gôttliche GerechSo wie die Gestirne nur durch die géttliche Sonne strahlen, strahlt

tzer Embtigkeit und Ordnung durch die Fürsten auf der Erde.12°! Diese beiden HoflôRni

Über dieser Weltlemtafeln demonstrieren als allegorische Bilder das christliche Weltbild. en Emblemtafel (Hfl.-E ordnung steht allein das Gottesurteil, das auf der danebenliegend 11) dargestellt wird (Abb. 324-325): ,Gott regieret alles gerecht."

und Belehrungen. Zwei Die weiteren Emblemtafeln der Nordwand beinhalten Warnungen and des EingangsporBeispiele: Die Emblemtafel (Hfl.-3) im Mittelfeld der linken Seitenw

eine toskanische tals zeigt in der pictura eine Schlange, die sich an einem Saulenschaft

Die inscriptio befindet sich Uber dem Kapitell der nicht ersteigen kan.“. In der Säule und lautet ,Nichts ist so hoch gebawet welchs List Pace 1592) von Giulio CaeImpresensammlung Delle imprese trattato (Neapel: Carlino, ten Komposition in der sare Capaccio (1550-1634) hei&t es zu einer ähnlich gestalte

Säule empor

schlängelt (Abb.

326).

“'2). In der pictura dieinscriptio: ,SIC VOLVERE PARCAS* (,So spinnen es die Parzen. hinab und nicht hinauf. Capacser Imprese windet sich die Schlange einen Saulenschaft en Kònigs Lucius Tarquicio kommentiert die Imprese mit dem Sturz des letzten rômisch

olgende List seines Neffen nius Superbus, der durch einen Orakelspruch und eine darauff t wurde. Die Imprese Lucius lunius Brutus seine Herrschaft verlor und aus Rom verbann die durch das Schicksal und verdeutlicht die Unsicherheit bei der Herrschaftsnachfolge, auf der Emblemtafel die List bestimmt wird (Parzen-Motiv).'7°% Deutlicher ist die Aussage

Eingangsportals an der Nordwand. (Hfl.-E 4) im Mittelfeld der rechten Seitenwand des | vnd ahngesehen werden, ehe das Die inscriptio ,Es mien beijde Theil wohl gehôret

der pictura. In der Mitte ist ein Schwert | riechtet.“ befindet sich in der oberen Bildhälfte Ohren- und Augenpaaren Richtschwert dargestellt, das am Knauf von je zwei

Henne, e von

w elche d reict E 83 5 Kücker drei weiteren

wäre dann mit der p protestanti ischen Ablehung der katholischen j itt) Pricer Erzbistümer inar ihrer Stellung als weltliche Fürsten zu

1188 Herz (2001), S. 61. 1199 Ϊ Ἵ Ϊ i Todyjéffig?éîfsdîo:tcîéîtèrc;ujfhe: a Seg ied Das Reichsvikariat in Deutschland. nen Bulle bis zum Ende des Reiches. i schen Verfassungsrechts, Reihe A: Studien; 2) Karlsruhe 1968. 95. (θυ ee eT

Reichsvikare nach dem i ere, ee

umkreist

eb. i. O. 1200 Saavedra (1655), Symbolum XiIll., 8. 110ff., Hervorh Aufbau keine Entsprechun g in der bekannten Emblembuchchen 1201 Das HéfléRnitzer Emblem hat in seinem motivis wird dagegen mehrmals abgebildet un d versinnbildlicht den Schutz der literatur. Die Henne, die ihre Küken schützt, 5. 8511. Untertanen durch den Fürsten. Siehe: HZS (1996),

1202 Eigene Übersetzung.

Carlino, Pace 1592, Libro Secondo, S. 5 8f. — Siehe auch: 1203 Giulio Caesare Capaccio: Delle imprese trattato. Neapel: Liv., 1,56-60.

282

Embleme in komplexen Bildprogrammen

wird (Abb.

327). Die HoflôRnitzer Emblemtafel

ermahnt die unbedingte

Unparteilichkeit

der fürstlichen Rechtsprechung. Die angeführten Emblemtafeln der Nordwand vermitteln also zwei

Dinge.

Sie demonstrieren

die gottgegebene

hierarchische Ordnung

des Rei-

ches und erläutern auRerdem, wie die Ordnung des Reiches durch tugendhaftes Handeln erhalten werden kann. beschäftigen sich die Emblemtafeln unterhalb der

Doppelfenster in der Lambriszone mit dem Lohn des tugendhaften Handelns. Eine Emblemtafel (Hfl.-E 17) präsentiert in der pictura auf vier toskanischen Kopfornat der hôchsten Würdenträger des Reiches

(Abb.

328).

Säulen

liegend das

Links befindet sich auf

der vorderen Säule die Kaiserkrone und auf der hinteren Säule der Kurhut. Rechts ist im Bildvordergrund die K6nigskrone zu sehen, auf der In der Mitte thront eine Frau mit weiRem der linken Hand

hinteren Säule liegt die Bischofsmitra.

Obergewand

und goldenem

Untergewand.

In

halt sie einen Palmzweig

und auf gleicher Héhe mit der rechten Hand eine Urkunde mit drei Siegeln. Die inscriptio auf dem Rahmen oberhalb der pictura lautet »Durch

Tügent

werden

die das irdische Ende der Regentschaft darstellen. In der vorderen rechten Bildhalfte liegt auf einer grasbewachsenen Anhôhe ein versiegeltes Buch, auf dem ein Ouroboros abgelegt ist. Buch und Ouroboros sind Symbole für den ewigen Ruhm, den ein Herrscher

'°° durch Tugend erlangen kann (Abb. 329-330). Bemerkenswert

An der gegenüberliegenden Südwand

alle Stande

erreichet.“.

Die thronende

Frauengestalt

ist wahr-

scheinlich als Personifikation der Virtus zu deuten.'2°4 Die Urkunde mit den drei Siegeln erscheint im Hoflë@nitzer Festsaal als Attribut der Constantia.

Entsprechend kônnte die Urkunde mit den drei Siegeln auf der Emblemtafel als Attribut entweder auf die Eintracht der Stände (Standeordnung) oder auf die Eintracht des Reiches verweisen. Die drei Sie-

283

Fallbeispiele: Berg- und Lusthaus HoflôRnitz

ist die zeitliche

Aktualitat weiterer

Emblemtafeln

der Südwand.

Zwei

in ihren Darstellungen auf historische Ereignisse, die den damaligen Zustand des Reiches beschreiben. In der Südwestecke bezieht sich die Emblemtafel (Hfl.-E 26) auf den Lohn der Eintracht des Reiches. Auf der unteren Bildhälfte und der Emblem-pictura sind Fasser, gefüllte Sacke, Silbermünzen, vergoldete Stoffe PrunkgefäRe dargestellt. Darüber schweben verbunden durch einen Lorbeerkranz weltli-

Emblemtafeln

verweisen

die von che und geistliche Herrschaftsinsignien. Obenauf befindet sich die Kaiserkrone, Raheiner strahlenden Sonne im Bildhintergrund beleuchtet wird (Abb. 331). Auf dem menwerk unterhalb der Emblemtafel lautet die inscriptio ,Die friedverbindliche Einigkeit Hinweis des Reichs bringt Frewde und Schätze.". Die Formulierung der Inschrift ist ein gen auf den 1648 geschlossenen Westfalischen Frieden, der endgültig den DreiRigjähri Das LustKrieg beendete und die gegnerischen Parteien im Reich wieder vereinte.'2° nach 1648 ein und Berghaus HoflôRnitz ist letztendlich als erster kursächsische Neubau und Schätze. Symbol für den Sinngehalt des Emblems: Friede und Einigkeit bringt Freude auf ein zeitIn der Südostecke befindet sich eine weitere Emblemtafel mit einem Hinweis

gel kônnten allerdings ebenso die drei Kollegien des Reichstages versinnbildlichen: Kur-

Krantz hatt genéssisches Ereignis. Die inscriptio lautet hier: Der Chur Sachs: Ratiten

fürstenrat,

viermahl

Reichsfürstenrat und Städterat.

Die Eintracht des Reiches als hôchstes

Gut

zeigt sich in der Emblem-pictura durch die kompositorische Gleichstellung der Kopfornate auf den Saulen, denn alle befinden sich auf gleicher Hôhe.

Die Hierarchie wird dennoch

deutlich. Kaiser- und Kônigtum des Reiches werden im Bildvordergrund präsentiert und im Bildhintergrund der Kurhut der weltlichen Kurfürsten und die Bischofsmitra als Symbol der geistlichen Kurfürsten. Ein weitere Emblemtafel Südwand

(Hfl.-E 19) dieser Emblemreihe

der

veranschaulicht die Unvergänglichkeit der Tugend:

,Alles ist vergenglich aber Tugent bestehet ewig.“ Es zeigt ein Skelett, das in den Händen Krone und Zepter halt. Links auf dem Boden neben dem Skelett liegen eine Krone und ein zerbrochenes Zepter,

1394 Die Palme

als Attribut der Virtus findet sich auf mehreren

Emblemen.

Eindrücklich für das HolflôRnitzer Beispiel ist

ein Emblem von Gilles Corrozet (1510-1568) aus seiner Hecatomgraphie (Paris: Jacot 1540). Eine Frauengestalt wiegt mit einer Waage einen Palmzweig gegen Zepter und Krone auf. Die Palme wiegt bei Corrozet schwerer. Die inscriptio verkündet das Ergebnis: »Vertu meilleure que richesse." (,Tugend ist mehr als Reichtum."), siehe: Gilles Corrozet: Hecatomgraphie.

Paris:

orvm

Repp

Jacot

1540,

O1v.

— Auf den

Lohn

der Tugend

verweist

ebenso

die Imprese

auf eine

Münze

von Johann Rantzau (1492-1565), die Johann Jacob Lucke (um 1573-1653) in seine Sylloge nvmismatum ele=gantied

(StraBburg:

1620) aufgenommen

linken Hand, am selben

(,Jedes

Schicksal

kann

hat.

Die pictura zeigt die Personifikation der Virtus mit einem

Palmzweig

Handgelenk hangt eine Pendeluhr. Die inscriptio lautet ,SVPERANDA:OMNIS-FORT-

überwunden

werden.").

Die Imprese

verdeutlicht,

wie durch

Bestandigkeit

und Tugend-

haftigkeit hay AT das Schicksal iy besiegt g werden n k kann, siehe: iehe: Johann Jacob Lucke: : Sylloge nvmismatvm ele=gantiorvm. Strafi i

Haus Ostereich geziehret.*. Auf der Emblem-pictura Kaiserkronen befinsind vier Kaiserkronen unter der strahlenden Sonne dargestellt. Drei mit der Rôm:

| Kron da

vierte Kaiserkrone. den sich auf gleicher Hohe, unter der mittleren Krone befindet sich die

dem kursachsischen Diese Kronen werden durch Lorbeerzweige emporgehoben, die aus dieser Darstellung eine Wappen herauswachsen (Abb. 332). Silke Herz vermutet hinter

Sachsen zwischen Anspielung auf das Reichsvikariat, das Kurfürst Johann Georg II. von dass deswegen 1657 und 1658 wahrend des Interregnum ausibte.'7°” Sie ist der Ansicht,

welches zum Zeitpunkt der die unterste Krone das vierte Reichsvikariat versinnbildlicht,

ist.12% Das Amt des Innenraumausmalung des Festsaals noch nicht zu Ende gegangen

venXXIX., 8. 89, — Der letzte Vers der subscriptio des Schoonho rogos. ‘ (,Ruhm und Ehre entfliehen aus dem aufgeschichteten Scheiterhaufen.") — Siehe auch: Herz (2001), S. 59. 1205 Siehe auch: Schoonhoven Emblems

lautet:

,Effugiunt

(1618) . Emblema

structos

Fama

decusque

(1795-1886) Theorie zur translatio imperii als 206 Herz (1998), S. 400. - Siehe hierzu auch Leopold von Rankes Rômischen Reiches als stabilisierende In-

des Heiligen Fortführung der Idee der Pax Romana durch das Kaisertum Goetz, vergleiche: Goetz (1958), S. 393ff stanz für Ordnung und Schutz zusammengefasst von Werner

1207 Herz (2011), S. 61. 1208

Ebd.

Embleme in komplexen Bildprogrammen

kursächsischen Reichsvikariats wurde laut Carl Heinrich von Roemer (1760-1798) erst-

mals von Kurfürst Friedrich III. von Sachsen (1463-1525) zwischen dem 5. August 1507 und dem 4. Februar 1508 ausgeführt. Kaiser Maximilian |. übertrug Friedrich III. auf dem Konstanzer Reichstag die Reichsstatthalterschaft. Der sachsische Kurfürst übte dieses Amt während Maximilians Italienfahrt bis zu dessen Kaiserkrônung im Trienter Dom aus. Carl Heinrich von Roemer führt noch ein zweites Reichsvikariat an, dass Friedrich III. 1496 ausgeübt haben soll, wahrend Maximilian |. als romisch-deutscher Konig in Italien verweilte. Allerdings wurden beide Reichstatthalterschaften nicht wahrend eines Interregnums ausgefihrt.'2°° Nach dem Tod von Maximilian |. 1519 übte der sachsische Kurfürst das Vikariatsrecht wohl erstmals nach den Bestimmungen der Goldenen Bulle von 1357

aus.'?'° Bis zum Bau der Hoflénitz folgten weitere zwei Reichsvikariate unter Kurfürst

Johann Georg |. 1612 (Tod Kaiser Rudolfs II.) und 1619 (Tod Kaiser Matthias).'2"1 Folgt man der These von Herz, dann ware zumindest diese HofléRnitzer Emblemtafel auf eine Zeit nach dem 2. April 1657 (Tod Kaiser Ferdinand III.) zu datieren, denn erst wahrend jenem Interregnum war Kurfürst Johann Georg II. von Sachsen der vierte kursächsische Reichsvikar. Die vier Kronen auf der pictura der Emblemtafel kônnen allerdings ebenso mit dem Auftraggeber des Lusthauses und seiner Rolle als Kurfürst bei der rômisch-deut-

schen Kônigswahl in Verbindung gebracht werden. Kurfürst Johann Georg |. von Sachsen war an vier Wahlen beteiligt. 1612, 1619, 1636 und 1653 verhalf er mit seiner Stimme im Kurfürstenkollegium Habsburgern zur rémisch-deutschen Kônigskrone, zuletzt Kônig Ferdinand IV. Diese Deutung der Emblemtafel und die damit verbundene Datierung auf eine Zeit nach dem 31. Mai 1653 (Wahl Kônig Ferdinands IV.) stimmt mit der angenommenen Fertigstellung der Gesamtausmalung der Innenräume zu Lebzeiten von Johann Georg

|. überein.

Jene

Krone auf der pictura der Emblemtafel,

die sich unterhalb der

Fallbeispiele: Berg- und Lusthaus HoflôRnitz

Uber den Fenstern der Südwand bilden vier Embleme im Gemäldefries eine gemeinsame Emblemgruppe, die sich in den Bildinhalten von den anderen Emblemtafeln deutlich unterscheidet. Diese Emblemtafeln (Hfl.-E 22-25) zeigen Tierdarstellungen (Abb. 333— 336).

Die inscriptiones

sind

auf diesen

Emblemtafeln

als Superlative formuliert:

,Der

Héchste Vogel in der Luft.“ (Adler, Hfl.-E 22), ,Der Grôste Fisch in Meer“ (Wal (?), Hfl.-E 23), ,Der behertzte Vogel in Fewer.“ (Phônix, Hfl.-E 24) und ,Der Meister aller Thiere.“

(Greif, Hfl.-E 25). Zwischen diesen Emblemtafeln befanden sich im Gemäldefries einst die Portrats des amtierenden Kaiserpaares. Herz versteht diese Emblemgruppe erstens als Anspielung auf das Kaisertum selbst. Entsprechend der Superlative der inscriptiones

nimmt der Kaiser die herausragende Stellung in der hierarchischen Ordnung des Heiligen

Rémischen Reich ein. Zweitens bringt Herz die Embleme mit den vier Elementen in Ver-

bindung.‘2"° Der Adler steht für das Element Luft, der Walfisch (?) fur das Element Was-

ser, der Phénix für das Element Feuer und der Greif als Meister aller Tiere steht fur das

Element Erde.'2"4 Diese Tier-Embleme sind für das Zusammenspiel der einzelnen Bild-

ebenen im Hoflôfinitzer Festsaal von zentraler Bedeutung. Durch die deskriptive Anspie-

lung auf die herausragende Stellung des Kaisertums schlieRen sie das Bildprogramm der Wandflächen ab: Die sächsische Landesherrschaft wird auf der untersten Wandzone in den (Postamente) durch die sächsischen Provinzwappen dargestellt. Die Tugendreihe

Figurennischen an den zentralen Wandflachen versinnbildlicht das Gute Reichsregiment der (Kaiser u. Kurfursten) und deren Legitimation (translatio imperii). Die Emblemtafeln und erläutern das Herrschaftssystem des Heiligen und ReichsRémischen Reiches, dessen amtierendes Reichsregiment durch die Kaiser-

Nord- und Südwand

kommentieren

wird. Das fürstenporträts auf dem Gemäldefries der obersten Wandzone repräsentiert ein (TierKaiserpaar nimmt dabei die herausragende Stellung in der Raumkomposition

anderen drei Kronen befindet, verweist auf den bis zum 9. Juli 1654 amtierenden rômischdeutschen Kônig Ferdinand IV.''? Die Emblemtafel demonstriert also auch den Einfluss

Kursachsen im Heiligen Rémischen Reich und gleichzeitig deren Parteinahme für das Haus Habsburg.

1213 Herz (2001), S. 61.

1209 Carl Heinrich von Roemer: Staatsrecht und Statistik des Churfürstenthums Sachsen und der d abey j

befindlichen i ae Erster Theil. Bd. 1(3), Halle: Joh. Jac. Curts Wittwe 1787, 8. 313f. — Das Reichsvikariat von Kurforet Friedrich Il. von Sachsen in Form der Generalstatthalterschaft ist durch Locumtenenstaler zwischen 1507 bis 1522 dokumen-

tiert. Eine Münze mit dem Hinweis auf das Amt des Generalstatthalters (Locumtenens generalis) für das Jahr 1496 ist nicht bekannt, siehe: Walther Haupt: Sächsische Münzkunde. Textband. (Arbeits- und Forschungsberichte zur sächsischen Bodendenkmalpflege; Beiheft 10) Bd. 1 (2), Hamburg 1974, S. 167. 1210 Hermkes (1968), S. 11 u. 42.

1211 Ebd., : S. 43-69. : — Beide Reichsvikariate sind auch auf Vikari ù ikariatsmünzen

Jahr 1519 fehit, vergleiche: Haupt (1974), Bd.1, S. 167.

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242 Ì RUES 1212 Leopold |. übernahm die rômisch-deutsche Kônigswürde seines Bruder Ferdinand IV. 1654 ohne Wahl.

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um Darstellungen der Vier Elemente handeln kònnte, halte 1214 Die These von Herz, dass es sich bei diesen Emblemen aller Tiere wird von ihr nicht naher beschrieben. Vogelkopf Meister dem mit ich für plausibel. Die Emblemtafel Hfl.-E 25 als Meister alle Tiere macht allerdings keinen Sinn, und Oberkérper sind auf der pictura deutlich erkennbar. Ein Adler en aus Léwe und Raubvogel

als Mischwes weil er schon die Position fiir das Element Luft eingenommen hat. Der Greif als Meister aller Tiere in Frage kommt. In der Stellung die für dass sein, zu esen (Fabel-)W einzige das mir erscheint Bei Nikolaus von Reusner (1545-linken unteren Bildhälfte erkennt eine Lowenpranke, die diese 1602) hei&t es in der subscriptio zu einem Greifen-Emblem Main: Feyerabend, Hiters 1581): ,Solus aues vincit cunctas acer eques. [...] Sic quos heroas mundi, rerumque potentes,/

Vermutung bestärkt. aus dem zweiten Teil seiner Emblemata (Frankfurt am qui naribus vncis:/ Quem leo, quem tigris, quem pauet Sublimi magnus vult Deus esse loco:/ Imperi) tueanatur

. Frankfurt am Main: Feyerabend, Hüters 1581, opes, ceu munera Diudm: [...] “ (Nikolaus von Reusner: Emblemata ,[...] der einzigartige Vogel, der mit seinem geLib. Il, Emblema XXXV., 8. 97). — Übersetzung des Reusner Textes: und das feurige Pferd furchten. [...] so sollen die krümmten Schnabel alle anderen besiegt, den der Lowe, der Tiger Platz einnehmen sollen, die Macht des Helden der Welt und die Machtigen, die nach dem Willen Gottes den ersten

Reiches wahren wie ein géttliches Geschenk. [...] “ (HZS (1996), Sp. 7974).

286

Embleme in komplexen Bildprogrammen

Embleme).

Diese Tier-Embleme leiten nun bildmotivisch auf die Darstellungen der Lein-

wandgemälde

in der Kassettendecke

über und transportieren damit das Bildprogramm

der Wandflächen in eine weitere Bedeutungsebene. Zwischen sieben massiven Deckenbalken, die senkrecht von der Nord- zu Südwand verlaufen, erscheinen in acht Reihen mit jeweils zehn Kassetten 80 Leinwandgemälde,

die

insgesamt 84 brasilianische und vier afrikanische Vogelarten vorstellen (Abb. 337). Diese

exotischen‘2!$ Vogelbilder hat Hans Beschorner mit der Brasilien-Expedition von Johann Moriz von Nassau-Siegen

(1604-1679) in Verbindung gebracht. Von 1636 bis 1644 war

jener Johann Moritz von Nassau-Siegen General-Gouverneur von Niederländisch-Brasilien. Er organisierte von Maurisstad (heute Recife) ausgehend eine mehrjährige Expedition, die nicht nur der wirtschaftlichen und militärischen Expansion der Niederlandischen Westindien

Kompanie

diente, sondern am

Ende vor allem von naturwissenschaftlicher,

geografischer und ethnologischer Neugier auf die Neue Welt geprägt war.'2"® Von diesen Expeditionen durch Brasilien erreichte Europa zweierlei. Erstens brachte Johann von

Nassau-Siegen

1644

eine

umfangreiche

Sammlung

mit Objekten

aus

Moritz

der Neuen

Welt mit nach Holland, die er in seinem Stadtpalais Mauritshuis in Den Haag ausstellte. Zweitens wurden

die Expeditionen von den Malern

Frans Post (1612-1680)

Eckhout (1610-1665) auf mehr als 1000 Skizzen, Zeichnungen

und Albert

und Olgemälden

doku-

mentiert. Uber 800 Ülgemälde von Eckhout mit der brasilianischen Flora- und Fauna und Portrats der brasilianischen Naturvôlker verkaufte Johann Moritz 1652 an den Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg (1620-1688), in dessen Dienst er seit 1649 als Statthalter von Kleve stand.

Durch den Verkauf seiner Privatsammlung

287

Fallbeispiele: Berg- und Lusthaus HoflôRnitz

Neuen

Welt

zwischen

1652

und

1654,

letzte

Reste

sogar

erst 1679,

gelangten

ver-

217 fe. schiedenste Objekte in die Kunst- und Wunderkammern der europäischen Adelshô von Nassau-Siegen Im Auftrag des Kurfürsten und unter Fôrderung von Johann Moritz 01) die Maordnete der Botaniker und kurfürstliche Leibarzt Christian Mentzel (1622-17 in dem vierbänterialien der Brasilien-Expedition und fasste sie zwischen 1660 und 1664 Band mit dem digen Werk Theatrum rerum naturalium Brasiliae zusammen. Der zweite

vierbandiTitel /cones Volatilium'2"® beinhaltet 111 Vogelbilder von Eckhout. Zu diesem

von Georg Markgraf gen Werk gehòren zwei weitere Bande mit Skizzen und Aquarellen Gemälden (verzeichnet (Libri Pictuari) und ein Band mit unsortierten Zeichnungen und

Druck gelangte als Handbooks), die ebenfalls Eckhout zugeschrieben werden. '219 In den das Manuskript als Relikt der Brasilien-Expedition allerdings nie. 1220 dass jener Eckhout auf Beschorner hat über erhaltene Korrespondenzen nachgewiesen, durch die Vermittlung von JoWunsch von Kurprinz Johann Georg II. von Sachsen und r Hof gelangte. In der Korhann Moritz von Nassau-Siegen als Hofmaler an den Dresdne von Nassau-Siegen geht herrespondenz zwischen dem Kurprinzen und Johann Moritz n-Expedition mit nach Dresden vor, dass Eckhout insbesondere Werke von seiner Brasilie ner geht davon aus, dass bringen und dort weitere Werke anfertigen sollte.'2! Beschor

Hofmaler tätig war.1222 EntEckhout zwischen April 1653 und 1663 am Dresdner Hof als ist ein weiterer Brief, scheidend für die Datierung der Hoflô@nitzer Vogeldarstellungen

August 1655 bat er den Kurprinzen den Johann Moritz an den Kurprinzen schrieb. Am 29. Moritz wollte einige brasilianische darum, Eckhout für kurze Zeit freizustellen. Johann

mit exotica aus der

1215 Der Begriff ,exotisch’ folgt hier zuerst seiner ursprünglichen Bedeutung ,ausländisch' oder ,aus fremden Ländern' Zwar setzte sich zumindest fur Regionen der Neuen Welt einige Lokalbezeichnungen wie brasilianisch durch, aber Objekte aus der Neuen Welt wurden bis Ende des 17. Jahrhunderts ohne geografische Zuweisung mehrheitlich als calecuttisch, (west., ost-)indisch, maurisch usw. bezeichnet. Da eine klare Zuweisung der Objekte im 17. Jahrhundert nicht erfolgte, erscheint mir die Zusammenfassung dieser Objekte als exotica, wie es in den Traktaten zur Kunst- und Wunderkammern gemacht wurde, passend. Siehe dazu: Helga Priissmann-Zemper: Exotische Welten im Spiegel der Sprache. Linguistische Anmerkungen zu /ndes, >calecuttisch>Im Trunke salve Reverenze... Graf rekonstruiert die Herkunft der Alkovenwand anders. Sie hat nachgewiesen, dass diese Alkovenwand in einem älteren Schlafgemach bereits vorhanden war und in das neue Schlafgemach der Henriette nur Adelaide übertragen wurde. Tatsächlich vermerkt der Baubericht für die Alkovenwand ist eine sehr geringe Entlohnung, was einen Neuentwurf ausschlieRt. Die Alkovenwand also älter als das angenommene Turiner-Vorbild. Entweder war eine solche Alkovenwand der Henschon im Schlafgemach der Kurfürstin Maria Anna oder im ersten Appartement

damit näher riette Adelaide vorhanden.154 Zeitlich rückt das Münchner Alkovenzimmer der an die ersten franzôsischen Beispiele. Das Alkovenzimmer im Hôtel du Rambouillet als Catherine de Vivonne, Marquise de Rambouillet (1588-1 665) wird von Zeitgenossen dort auf das erstes Beispiel Frankreichs gepriesen. Die Enfialde des Appartements war

151$ Das Alkovenzimmer ausgerichtet, es folgte direkt auf das berühmte Chambre bleue.

privé, d.h. die Alkovenzimmer war im Hôtel du Rambouillet ebenso Teil des Appartement

Trennung zwischen räumliche Trennung war in diesem Fall nicht auf die hierarchische sondern rangniederen und ranghohen Gästen im Sinne hôfischer Etikette ausgerichtet, gilt für den Alkoven einfach architektonisches Mittel zur Innenraumgestaltung. Dasselbe und Zentim Appartement privé der Kurfürstin. Er ist vor allem Teil der Rauminszenierung ers wurde von rum der zweiten Enfilade. Die malerische Ausstattung des Alkovenzimm

1511 Graf (2002), S. 53, Abb. 15.

1506 Pallavicino (1667), S. 63.

d'Orléans (1648-1664). 1512 Herzog Carlo Emanuele Il. von Savoyen heiratete erst 1663 Françoise

1507 Pallavicino, Schmid (1685), S. 80f.

1513 Krems (2012), 8. 190-194.

1508 In der ‘ rechten Bildhälfteé lassen sich zwei Kardin altugenden eindeutig / i i zuweisen. lustitia mit dem Schwert und der i hace in = Gewand sitzt auf der zweiten Treppenstufe unterhalb der thronenden Majestas und am rechten Bild=

wot yi behelmte Fortitudo mit Schild zu erkennen. Temperantia und Prudentia lassen sich auf dem Gemälde

gegen nicht eindeutig identifizieren. Dafür ist die Liebe als Amor und ,Amor profano' in doppelter Gestalt präsent.

1808 Pallavicino (1667), S. 63. — Siehe auch: Pallavicino, Schmid (1685), S. 81. 1510 Ebd:, 5. 63f.

1514 Graf (2002), S. 52f.

en, dass das Chambre bleue dekoratives 1515 Ebd., 8. 52f. u. Abb. 15. — In der Forschung wurde lange Zeit angenomm gewesen sein kònnte. Die Wände des Adelaide Henriette der Vorbild in der Textilausstattung des Alkovenzimmers Die vorwiegend blaue Farbe

Brokatstoffen bespannt. Chambre bleue waren mit Textilien aus blauen, weiBe n und rosa Adelaides Schlafgemach raumbestimund die nuancierten Goldténe der Wandtextilien waren e benso im Henriette im Hôtel de Rambouillet nachzuahmen, vermend. Entsprechend scheint das Münchner Alkovenzimmer das Vorbild

gleiche: Graf (2002), S. 55ff.

348

Embleme in komplexen Bildprogrammen

Antonio Domenico Triva 1673 ausgeführt.!$1$ Nach dem 2. Weltkrieg wurden diese Plafondgemälde in die vergoldete Holzverkleidung der Decke des sogenannten Grünen Zim-

349

Emblematik in der Münchner Residenz: Appartement der Kurfürstin Henriette Adelaide

rekonstruiert werden konnte (Abb. 385).1%2! Zwei Drittel der Wandzone war ursprünglich

phen als Begleitbilder konzipiert wurde. Thematisch nehmen die Plafondgemälde wiede-

mit Scalioglatafeln verkleidet, die Architekturverduten zeigten. Sie stammen noch aus dem Kabinett der Kurfürstin Maria Anna. Die Neugestaltung des Kabinetts unter Henriette Adelaide bezog sich folglich ausschlieRlich auf das Bildprogramm an der Holzdecke und 1522 Die ornamentale und malerische Ausstattung des Herzkabinetts ist in der Frieszone.

rum die Vereinigung der Hauser Bayerns und Savoyens auf, wie sie bereits im zentralen

auf zwei sich wiederholende

mers (heute: Raum 69) integriert. Es ist das einzige Bildprogramm aus der Appartementfolge der Kurfürstin, welches ohne sinnauslegende

Impresen,

Embleme

oder Hierogly-

Deckengemalde

Triumph von Majestät und Liebe im ehemaligen Grottenzimmer (heute: Rotes Zimmer, Raum 67) demonstriert wurde. Das Mittelbild aus dem Schlafgemach zeigt entsprechend das von einem Putto gehaltene Allianzwappen des Kurfürstenpaares (Abb. 384). Begleitet wird das Wappen von einer nackten Veritas (Sonne), lustitia (Waage) und Amicitia (Herz). Unter dieser Trias befinden sich die Personifikationen der Zeit und des

unbestandigen Glücks. Von der Sonne der Veritas ausgehend trifft ein Strahl den Reichsapfel des kurbayerischen Wappens und wird von dort aus auf das weiRe Kreuz des sa-

voyischen Wappens

reflektiert. Eine Fama

über dem von einem Putto gehaltenem Allli-

anzwappen verkündet den Ruhm dieser Vereinigung bis in den Gétterhimmel, wo Jupiter

(mit Reichsapfel) und Venus (mit Kurhut) zu sehen sind.1517 Die vier Eckbilder zeigen

Allegorien der Prudentia, Virtus, Amicitia und Constantia, die von mythologischen Szenen als belehrende Exempla begleitet werden. 518 Dieses Bildprogramm bildet konzeptionell einen Hôhepunkt, vor allem die Eckbilder lassen ein gefestigtes humanistisches Bildungsideal vermuten.

Die Bildthemen weisen

Referenzen

zu unterschiedlichen

literari-

schen Quellen auf und wurden dennoch geschickt zu einem Gesamtkonzept verbun-

den.1519

Rechts neben der Alkovenwand führte eine Türe in das ,Gabinetto de‘ cori“1520 (heute Raum:

68). Dieses Herzkabinett ist das einzige Zimmer aus der Appartementfolge der

Kurfürstin Henriette Adelaide, dessen Bildprogramm nach dem 2. Weltkrieg vollstandig

Motive konzentriert, auf das Herzsymbol und den savoyischen Liebesknoten. Das Herzsymbol wird als Hauptmotiv in allen 25 Gemälden dargedem stellt, der savoyische Liebesknoten ist als Nebenmotiv stets in der Vereinigung mit Herzen abgebildet.

Die Vereinigung dieser beiden Motive ist Bildthema des ovalen Mittelbildes (Abb. 385).1°2°

durchEtwas oberhalb der Bildmitte liegen auf einer Wolke zwei durch einen Amorpfeil von einem schossene und dadurch miteinander verbundene Herzen. Der Pfeil wurde einer mit Rand dem Amorknabe am unteren rechten Bildrand abgeschossen, der auf

dieblauer Draperie verkleideten Balustrade steht. In der unteren Bildhälfte links neben fest. 1524 Fliesem Amorknaben ziehen zwei Putti einen blauen savoyischen Liebesknoten

die cise gende Putti, die unterschiedliche Blumen in den Handen halten, umkreisen

oben

auf die GeEiner diese Putti halt am oberen Bildrand ein Schriftband mit dem Hinweis A DEVX COEVRS VN ne samtkonzeption des Herzkabinetts in den Händen: h TRAIT'S1525, Die allegorische Vereinigung von Herz und Liebesknoten findet schlieRlic in den querovalen Gemälden, die als Nebenbilder an den Seiten der oberen und deg) vier great Bildhalfte des Mittelbildes angebracht sind, seine Erfüllung. Auf diesen gen wird. el ist jeweils ein Herz abgebildet, das von einem Liebensknoten fest umschlun zu rene Die Ubergang vom Mittelbild zu den Nebenbildern ist als narrativer Moment den savoyischen von einem Pfeil verbundenen zwei Herzen aus dem Mittelbild sind durch worden. Liebesknoten in den vier Nebenbildern zu einem gemeinsamen Herz verknotet

den bayeriDieser Übergang symbolisiert erneut den neugeschaffenen Bund zwischen

schen Wittelsbachern

und dem

Haus Savoyen.

Dies verdeutlichen die Wappen

an den

1516 Lucia Longo: Antonio Domenico Triva. Un artista tra Italia e Baviera. Bologna 2008, S. 41 / Kemp (1982), S. 135 u. Anm. 27. — Für seine Gemälde erhielt er 1120fl, vergleiche: Haeutle (1883), S. 77.

1517 | ongo (2008), 8. 195 u. Fig. 89 / Baumstark (1976), 8. 180. — Siehe auch: Pallavicino (1667), 8. 63f / Pallavicino,

Schmid (1685), S. 81f.

1518 Longo (2008), 8. 197-204 u. Fig. 90-93 / CbDD (1989), Bd. 3/2, S. 238ff. — Siehe auch: Pallavicino (1667), S. 65-

69 / Pallavicino, Schmid (1685), $. 83-86. — Die mythologischen Szenen als allegorische Verweise sind folgende: Auf die Prudentia verweisen Ariadne, wie sie Perseus mit dem Fadenknäuel aus dem Labyrinth des Minotaurus hilft und Odysseus, der sich die Ohren vor dem verführerischen Gesang der Sirenen schützt. Die Virtus wird begleitet von den Sieben Freien Künsten, dem Musenberg mit Pegasus, an dessen FuRe Herkules und Bellerophontes die Chimären besiegen. Die Amicitia wird begleitet von Putti, der eine Putto in Rosen versteckt, trifft die Schlange Amphisbaena mit einem Pfeil und der andere Putto, mit dem Savoyischen Wappen von Dérnern umgeben, bindet zwei Herzen mit dem Liebensband. Im Hintergrund erscheinen Damon und Phintias. Die Constantia wird begleitet von Mutius Scaevola verbrennt seine Hand vor Porsenna und ein Schmid, der vergeblich einen Diamanten mit dem Hammer bearbeitet.

1519 Bary (1980), S. 241.

1520 Pallavicino (1667), S. 69.

1521 Graf (2002), S. 59. 1822 Ebd. / Kemp (1982), 8. 136f. u. Abb. 4 / Haeutle (1883), $. 78.

tern stimmt die Beschrei! Einzelheite i 1989), Bd. 3/2, $. 244 / Kemp (1982), S. 147. - In wenigen Ù vergleiche: Pallavicino (1667), 8. 69-72 / überein, nicht mm Bildprogra rten rekonstruie at om :/igr?g bungs llîgfifalîlca' Pallavicino, Schmid (1685), S. 86-90. kénnten auf die blauen Rauten aus d lem Wappen der bayeri-

1523

gj

1524 Die blaue Farbe der Draperie und des Liebesknoten

schen Wittelsbacher hindeuten.

formuliert: ,A due cori un sol dardo.“ (Pallavi1525 Bei Pallavicino wurde das Schriftband noch in italie nischer Sprache sel ein Pfeyl." (Pallavii es: ν ,Zwey Herzen ini ey i/ durchschiesset Ù ng heiBt

i ee

ana

_ 69). — In der deutschen Übersetzu εν 87). — Unvollstandige Transkription: CbDD 0)

(1989), Bd. 3/2, S. 244 (hier: A DEUX

DARD). UN SEUL TRAIT) / Kemp (1982), S. 147 (hier: A DEVX COEVRS VN SEVL

COEURS

350

Embleme in komplexen Bildprogrammen

Schmalseiten

des Mittelbildes.

Links erscheint das Wappen

des Herzogtums

Savoyen

und rechts das Wappen des bayerischen Kurfürstentums. Die Kombination aus Herz und Liebesknoten bildet auRerdem

ein ornamentales Flechtband im Rahmenwerk

der Holzkassettendecke. Der geschlossene Bund wird in den Eckgemälden mit herzfôrmiger Rah-

mung zu einem Liebesbund stilisiert. In den Eckbildern erscheint jeweils ein Putto, der an einem Herzen einen metaphorischen Liebesbeweis vollzieht. 1526 Zwischen diesen herzfôrmigen Eckgemälden an den Schmalseiten der Decke befindet sich jeweils eine bisher

unbestimmte Personifikation, die ein Herz prasentiert. Die Intention des Herzkabinetts lag in der Liebesbezeugung Henriette Adelaides an ihren Gatten Ferdinand Maria. Pallavicino umschreibt die Intention folgendermafen:

»[...] disposto alla bella, e curiosa entrata nel Gabinetto de‘ cori, cosi formato da‘ sensi affettuosi, e cordiali di

S A E; che simbolicamente esprimono l’amor tenero, e corris-

pondente al Serenissimo Elettore Conforte [...].“1527

Cornelia Kemp hat die Herz- und Liebesmotive des Kabinetts auf ihre ikonografischen

Quellen hin untersucht.'%?8 Die Analyse Kemps wurde im Corpus der Barockendecken-

malerei weitestgehend bestätigt, für einige Motive konnten sogar weitere Quellen verzeichnet

werden. 1529 Kemp hat insbesondere für die Gemälde in den Ecken der Holzde-

cke und in der Frieszone nach Vorlagen geforscht. Es handelt sich im Wesentlichen um jene Gemalde, die unterschiedlichste Gemütsregungen und Spielarten der Liebe zeigen. Pallavicino bezeichnet sie zusammengefasst als ,Vno scherzo di varij fanciulli [...] “1530. Für das Mittelbild der Decke selbst konnten bislang keine unmittelbaren Vorlagen nachgewiesen werden. Dafür wurden Nachweise für einzelne Motive gefunden, die den Bildinhalt des Mittelbildes deutlicher hervortreten lassen. Der dargestellte Liebesknoten, Pal-

351

Emblematik in der Münchner Residenz: Appartement der Kurfürstin Henriette Adelaide

inscriptio lautete ,FERT‘'5? als Kürzel für ,Fortitudo Eius Rhodium Tenuit (,Seine Kraft hielt Rhodos.“1533) oder ,Foedere et Religione Tenemur‘ (,Der Pakt und die Religion halten uns zusammen“15%4).1535 Der Ritterorden wurde 1364 von Graf Amadeus VI. von Sa-

voyen (1334-1383) gegründet und von Herzog Karl Ill. von Savoyen (1486-1553) 1518 Imim Ordre de l’Annonciade wiederbelebt. Dieser Liebesknoten blieb in späteren Zeiten Deprese des Herzogtums Savoyen. Dieser Liebesknoten ist als Motiv im malerischen Camera ckenprogramm der Sala di Udienza und als Intarsie in einer Fensterlaibung der

in der dell’Alcove im Turiner Palazzo Reale zu finden.'5%% Der savoyische Knoten wurde Festdekoration im Château Chambery zur Hochzeit von Carlo Emanuele Il. von Savoyen und Françoise d'Orléans als Symbol für den Ehestand umgedeutet, so tragt die Festbenoevds de schreibung von Claude-François Menestrier entsprechend den Beititel Les rel'amovr 1537 Im Mittelbild selbst finden sich weitere Symbole, die auf ein Hochzeitsze Putti halten moniell hinweisen. Die um den Liebesknoten und das Doppelherz kreisenden Corpus der bemoan unterschiedliche Blumen in den Handen. Diese Blumen wurden im

1538 Die Blumensymbolik basiert demnach auf eiDeckenmalerei gréftenteils identifiziert. de Rambouillet Ζυ: ner Sammlung von Madrigalen, die in der Salongesellschaft im Hôtel

sammengetragen

wurden,

der Guirlande de Julie.'® Der Marquis de Montausier,

und 1641 unter beCharles de Sainte-Maure (1610-1690), sammelte zwischen 1631 n Julie d’Angenfreundeten Poeten 62 Blumenmadrigale, die seiner von ihm umworbene Madrigalen wee: nes de Rambouillet (1606-1671) schmeicheln sollten. In den einzelnen so einen Wettstreit ben die Blumen selbstredend um die Gunst der Julie und entfachten

lavinico nennt ihn ,[...] nodo di Savoia [...] “1531, hat Kemp auf seinen devisalen Ursprung

zurückgeführt (Abb. 385). Dieser Liebesknoten war Teil des Wappens der Ordre du Col-

lierde Savoie: An der Ordenskette bildeten drei Liebesknoten zusammen einen Ring, die

1526 Dem Corpus der Barocken Deckengemälde folgend sind es jene Affektbilder: 1. Putto schneidet mit einem Messer ein Herz auf, in dem das Porträt der Geliebten erscheint; 2. Putto halt ein blutendes Herz in der Hand, an dem eine Taube pickt; 3. Putto halt ein flammendes Herz in den Handen; 4. Putto schreibt mit einem Stift auf ein Herz, siehe: CbDD (1989), Bd. 3/2, S. 244.

1527 Pallavicino (1667), 8. 69, Hervorheb. i. O. — In der deutschen Fassung heilt es: »[...] das schéne Hertz Cavinet,

welches die Durchleuchtigste Adelheid mit verschidené Zeichen der hertzlichen Liebs=regungen erleuchtet/ vmb dardurch jhrem auch Durchleuchtigisten Ge=mahl dero hai& angeflamte Affection zubezeugen.“ (Pallavicino, Schmid

(1685), S. 86f).

1528 Kemp (1982), 8. 131-154. 1529 CbDD (1989), Bd. 3/2, 8. 244-249. 1530 Pallavicino (1667), S. 69. 1581. Ebd:, 5: 70.

_. e Général des Monuments et de Richesses 1532 Michel Pastoureau: Les armoiries. Lecture et identification. S. 3 Ἔτι Weiterführende Literatur, siehe: Carlo Padi1994, Paris 3) ; méthodes & nts (Docume France. la de Artistiques fauste no zze di Umberto con Margarita di Savoja. le per scritta araldica Memoria glione: Il F.E.R.T. di Casa Savoja. Tipografia del Giornale di Napoli, Neapel 1869.

1533 Eigene Übersetzung.

1534 Eigene Übersetzung.

;

ee

und 15 Liebesknoten. Der Ring bestand weiterhin aus 1535 Nach 1518 bildete das Wappen eine Kette aus 15 Rosendargestellt war.

drei Liebesknoten, in deren Mitte eine Verkündigungsszene

1536 Kemp (1982), 8. 147.

er Emblembuchliteratur als symbolische Zeichen festzustellen, siehe: Ebd., S. 147. t allerding ist für den Ehestand. Eine motivische Uberschneidung gelbe Strohblumen, Krokusse, Granatzweige, Jas1838 Darunter: Stiefmütterchen, Schneegléckchen, gelbe N arzissen, min, vergleiche: CbDD (1989), Bd. 3/2, $. 248. vor, siehe: Paris, Biblio thèque nationale de France, Département des ma-

1537 Kemp nennt einige Beispiele fur zwei verschlungene Herzen s ausnich

1838 Liegt als handschriftliches Manuskript

nuscrits, Nouvelle acquisition française, MS 19735.

352

Embleme in komplexen Bildprogrammen

wahrend

der Brautwerbung

und im Ehestand

um

die tugendhafte

Liebe. 154 Allerdings

bleibt die Frage ungeklart, wie man am Münchner Hof von diesem literarischen Gesellschaftsspiel des Pariser Salons erfuhr. Die Sammlung wurde erst 1729 publiziert, davor

lag nur ein Manuskript vor.'**' Insgesamt spricht einiges dafür, dass das Mittelbild und seine vier Nebenbilder als allegorische Memorialbilder aufzufassen sind, die an die Hochzeit von Henriette Adelaide und Ferdinand Maria und damit an den geschlossenen Bund zwischen Savoyen und Bayern erinnern sollten. Ein der das tiert

weiteres Gemälde aus der Frieszone führt wiederum zurück zur preziôsen Literatur Pariser Salons. An der Nordwand des Herzkabinetts befindet sich in der Frieszone Gemälde Das Land der Liebe in einer herzférmigen Kartusche. Ein Jüngling prasendie aufgerollte Landkarte des PAESE DELL‘ INCLINATIONE (Inschrift am oberen

Rand der Landkarte).'*42 Verschiedene Topografien werden hier als Lustorte der Freundschaft und der Liebe mit Buchstaben markiert und in einer Legende am linken Bildrand benannt (Abb. 386).1%# Die Idee für eine solche liebestheoretische Landkarte geht auf Madeleine de Scudéry (1607-1701) zurück. In ihrem mehrbändigen Roman Clélie, histoire romain (Paris: Courbé 1654-1660) ist die sogenannte Carte de Tendre dem ersten Band vorgelagert.

Diese Karte zeigt mehrere Wege

aus der Stadt nouvelle amitié‘, die

durch unterschiedliche Landschaften und Städte letztendlich nach ,amitié tendre‘ fuhren sollen. Sie symbolisiert also den Weg des honnéte homme

zu seiner umworbenen

Her-

zensdame, die er über Galanterie und trotz môglicher Ruckschlage, dargestellt durch einzelne Wegstationen, zu erobern sucht.'%44 Diese topografische Liebesallegorie entstand bei einem Gesprächsspiel an einem ,Samedis du Marais‘ im Pariser Salon der Madeleine de Scudéry. Der von ihr 1653 gegründete Salon lôste jenen Salon der Madame de Rambouillet in Folge der Fronde zwischen 1648 und 1653 ab. Kurfürstin Henriette Adelaide

1540 CbDD (1989), Bd. 3/2, S. 248. — Weiterführende Literatur: Stephanie Bung: Spiele und Ziele. Franzésische Salonkulturen des 17. Jahrhunderts zwischen Elitendistinktion und belles lettres. (Biblio; 17) Tubingen 2013, S. 248-263. — In diesem Pariser Salon entstand auRerdem die Devisensammlung L'album de devises de la duchesse de La Trémoille (Manuskript: Paris, Bibliothèque de l'Arsenal, Ms 5414), ein album amicorum von Jeanne de Montmorency (15731629) mit ähnlicher Blumensymbolik, siehe: Bung (2013), S. 248-260.

1541 Bung, 8. 218, Anm. 115. — Womdglich war in München ein anderes Werk bekannt, dass ähnlich aufgebaut ist wie

die Guirlande de Julie. Stefano Guazzo (1530-1593) verfasste zu Ehren der Contessa Angela Bianca Beccaria de Montferrat (unbekannt) 66 Madrigale über Früchte, Blumen und Zweige und deren Symbolgehalt. Das Werk wurde als La Ghirlanda della contessa Angela Bianca Beccaria (Genua: Bartoli 1595) publiziert, vergleiche: Bung (2013), 8. 195-

200.

1542 Pallavicino (1667), S. 71f / Pallavicino, Schmid (1685), S. 89f. 1543 Eine ausführliche Besprechung der allegorischen Landkarte, siehe: CbDD

(1989), Bd. 3/2, $. 246 / Kemp (1982),

5. 138-140. — Ein Teil der Legende am linken Bildrand ist von der Rahmung verdeckt. Ob die Legende im Gemälde

auch vor der Rekonstruktion des Herzkabinetts verdeckt war, ist unklar, aber durchaus môglich. Das Gemälde sollte môglicherweise nur Assoziationen bedienen und kein liebesthematischen Konzept vorstellen, das durch Inschriften erläutert wurde. Die Legende ist in der Residenzbeschreibung von Pallavicino dagegen vollstandig erhalten.

1544 Kemp (1982), 8. 139. — Zur Entstehungsgeschichte der Carte de Tendre, siehe: Bung (2013), 8. 284-287, S. 304—

323.

353

Adelaide Emblematik in der Münchner Residenz: Appartement der Kurfürstin Henriette

t. Kemp hat im Bibliwar über diese Salonkultur der Pariser Hofgesellschaft gut informier der preziòsen Literatur otheksverzeichnis der Kurfürstin einige Werke nachgewiesen, die darunter auch Werke zuzurechnen sind und im Umkreis der Pariser Salon entstanden, sich in der Frieszone das der Geschwister de Scudéry.'®45 An der Nordwand befindet

dass diese von PalGemälde Die Stadt der Freundschaft (Abb. 387).15% Kemp merkt an, tt aus der Karte der Liebe lavicino so benannte ,Citta dell‘ Amicizia“'®*’ wie ein Ausschni

zeigt hier auf die wirkt, sie fuhrt diese Uberlegung aber nicht weiter aus. 1548 Ein Putto benennt die HE herzférmige Stadt der Freundschaft. Ein Legende am linken Bildrand der Frieszone zeigt kein nen Gebäude der Stadt.54 Die Liebeskarte aus dem Gemälde sondern sie sise topoWegenetz wie die Carte de Tendre der Madame de Scudery, grafische Liebesmetaphern

miteinander,

d.h. die Metaphern

sind in der Ehe zwischen

Gemälde mit der Stadt der Henriette Adelaide und Ferdinand Maria subsummiert. Das n Verbindung, nämlich ing Freundschaft zeigt letztendlich das Ergebnis dieser eheliche zbeschreibung von Schmid blühende Stadt. In der deutschen Übersetzung der Residen heift es:

ebenden angenehme Wo[...] Diser Freund: vnd Frewden=Orth zeiget den Trewli rechtmainenden Gemüther/ behunungen/ beschrimet die Zusammenkunfften der / erhaltet die Liebs=schulen/ verschützet die Versamblung der vergnüg=ten Hertzen / bezieret kést=lich den Pallast der sihet über=flüssig das Zeughauf der Vertreuligkeit rechten Vernunfft/ [...].“1550

Ostwand des Herzkabinetts sind drei In einem dritten Gemälde aus der Frieszone an der ldet. Diese drei Hofdamen werden Hofdamen der Kurfürstin Henriette Adelaide abgebi

G | (hier Verweis auf: BHStA München, GHA: Korr. Akt. 1712 1545 Kemp (1982), S. 150, Anm. 11 u. $. 151, Anm. 43 39). S. 88f. 1546 Pallavicino (1667), 8. 71 / Pallavicino, Schmid (1685), :

MATELAS.

th ere Gemälde Die Stadt der rh 1548 Kemp (1982), S. 140. — Kemp ist der Ansicht, dass dasJahre) zum oe hace os ebay pov sak Domenico Gisberti (tätig 1670er

mit einer Panegyrik von ares tadt , sateen et zu bewerten sei. In seinem Stück / Lvcinali beschreibt Gisberti die historische di bildet das ne πὶ Sloat DR Provinz dieser Mittelpunkt Den wurde. neugebaut Amore’ in Bayern : vergleiche: Kemp (1982),2), ‘ : Hee vce Festschrift anrimmt, : ee πὶ sessed rat io igs Fra Guignard 1681,

ri Οἱ ad Menestrier: Des representations en sae θπποιοηηαν Sr te ey eas αὐ ae = in Gisberti von Festschrift die erwähnt Straub S 3329) — Eberhard

at à

%mzle:tîals J(;h rhunderts. (Miscellanea schen Feste am bayerischen Hof nicht, siehe: Eberhard Straub: Repr_aesentafl pi bis zum teed ss ù νὰ ἐσθ oo

denfeste.

vom 16. Die hôfischen Feste in der Münchner Residenz

Stadtarchivs München; 31) Bavarica Monacensia: 14/ Neue Schriftenreihe des

Münche

E

a

Diss., 1968, S. 174-243. Bd. 3/2, 8. 244 / Kemp (1982), $. 140-142. 1549 Eine ausführliche Beschreibung, siehe: CbDD (1989), 1550 Pallavicino, Schmid (1685), S. 89.

:

354

Embleme in komplexen Bildprogrammen

Emblematik in der Münchner Residenz: Appartement der Kurfürstin Henriette Adelaide

355

beim Weben eines Tuches dargestellt, welches Stickereien mit flammenden Herzen aufweist (Abb. 388).'°°' Der Handlungsablauf der Darstellung folgt der Ikonografie des Par-

eine gattungsspezifische Einordnung der Gemälde als Embleme, Hieroglyphen oder Im-

zenmotivs. Von links beginnend wird das Garn ausgeschüttet, die mittlere Hofdame be-

beschriebenen Gemälde sollten jeweils ein ,fanciullo* (Kind, Knabe) im Spiel mit einem Herzen zeigen. Dem Gemälde mit den drei Parzen an der Ostwand sind folgende Gemälde zugeordnet. Links zeigt das Gemälde ein Kind, das ein Herz mit einem Angelha-

stickt das Tuch und die rechte Hofdame durchschneidet das Garn. Kemp geht nicht da-

von aus, dass es sich um reale Porträts der Hofdamen handelt, sondern vielmehr der Handlungsablauf im Mittelpunkt steht. Dennoch verweist sie darauf, dass diese Hofdamen als Vertraute der Kurfürstin über deren Geheimnisse und ihre Liebensleidenschaft (Symbol des flammenden Herzens) Bescheid wussten.'*5? Das Gemälde verdeutlicht folglich zweierlei. Erstens verweist das Gemälde mit den vermuteten Portrats der Hofdamen auf die Funktion des Raumes als privates Kabinett, das als Abschluss des Apparte-

ment privé nur einem ausgewahiten Personenkreis zugänglich war. Zweitens sind die Hofdamen als Parzen in ihrem typischen Handlungsablauf dargestellt, was ihre Funktion als Schicksalsgôttinnen verdeutlicht. Das Schicksal hat letztlich dafür gesorgt, dass zwischen dem Kurfürstenpaar eine glühende Liebe (Symbol des flammenden Herzens) entbrannte und mit dem Bund der Ehe eine ewige Vereinigung zwischen Bayern und Savoyen geschlossen wurde. Dieser Ehebund wird über die Symbolik im Bildprogramm des Herzkabinetts rückwirkend über die zeitgenôssische Liebestheorie legitimiert und die Vereinigung des Hauses Savoyen und den bayerischen Wittelsbachern begründet. Diese drei gré6Reren Gemälde aus der Frieszone werden jeweils seitlich von zwei kleineren Gemälden in herzférmigen Kartuschen begleitet, die im Corpus der barocken De-

ckendeckenmalerei als Herzembleme ohne inscriptiones bezeichnet werden.554 Auf den Zusammenhang mit der sogenannten Herzemblematik'®®> hat erstmals Cornelia Kemp aufmerksam

gemacht.

Für die einzelnen Gemälde

aus der Frieszone,

dem

Gurtbogen

zwischen Kabinett und Erker und den Deckengemälden im Erker selbst hat sie allerdings

keine direkten Vorlagen aus druckgrafischen Werken der Herzemblematik nachgewiesen.'°°° Pallavicino verzichtet in seinen Ausführungen über das Gabinetto de‘ cori auf

presen. Er bezeichnet sie allgemein als ,scherzo di varij fanciulli“1557, Die von Pallavicino

cken durchbohrt hat und rechts fischt sich ein Kind ein Herz mit einer Reuse aus dem Wasser (Abb. 389-390). Auf die verschiedenen Deutungsvarianten hat Kemp hingewiesen.1558 Im Corpus der barocken Deckenmalerei deutet Anna Wild-Bauer beide Gemälde

als Symbole der Gefangenschaft der Liebe.'5%% Auf die Zuordnung der Gemälde zu den Schicksalsgôttinnen, die ein Tuch mit flammenden Herzen weben, wurde in beiden Fällen die nicht eingegangen. Die beiden Gemälde versinnbildlichen womôglich dabei lediglich dem Abhängigkeit der Liebe vom Schicksal, denn die beiden fanciulli‘ fischen sich aus Gewässer ein ganz bestimmtes Herz, für das ihre Liebe entflammt. Insofern symbolisie-

Beginn der Lieren die drei Gemälde in der Frieszone der Ostwand den schicksalhaften

besleidenschaft.

et, die An der Nordwand sind dem Gemälde Landkarte der Liebe zwei Bilder zugeordn linken sie ist gewissermaften als Entwicklungsstufen der Liebe zu deuten sind. Auf der folgt im Geein Lòwe dargestellt, der an einem Herzen leckt und auf der rechten Seite das in vierfamälde erneut das vom savoyischen Liebesknoten fest eingeschnürte Herz, mit den cher Ausführung an der Decke zu finden ist (Abb. 391-392). Diese aan ee pingaiaa topografischen Liebesmetaphern ist also von Symbolen des Kurfürstenpaares des savoyischen links der Lowe aus dem bayerischen Wappen und rechts der Knoten Brautumwerbung Hausordens. Dementsprechend zeigt die Frieszone den Ubergang der oten mnichent de (Lôwe liebkost das Herz) zum ehelichen Bund (savoyischer Liebeskn et hat. Fest ue Herz), wie es schon zuvor die Blumensymbolik des Mittelbildes angedeut Freundschaft die blüzone an der Westwand demonstriert mit dem Gemälde Stadt der symbolisiert sich gleichhende Stadt als Resultat der Liebe. Die Fruchtbarkeit der Liebe Blumenkorb und falls in den beiden seitlichen Gemälden. Links liegt ein Herz in einem

1551 Pallavicino (1667), S. 70 / Pallavicino, Schmid (1685), 8. 87f. — Pallavicino nennt Anastasia Grafin von Térring-

Jettenbach, Anna Maria Katharina Grafin von Térring-Seefeld und Katharina Barbara Grafin von Spaur. Er bezeichnet sie auch als ,graziossime Aracni“ (Ovid, Metamorphosen, VI, 1-145). Die weitere Beschreibung des Gemäldes bei Pallavicino, insbesondere die Tuchstickereien stimmen hier nicht mit dem tatsächlich ausgeführten Gemälde Uberein.

1552 Kemp (1982), S. 142. 1553 Krems (2012), 8. 184f. — Als Pedant zum Herzkabinett führte eine zweite Türe links in die Josephskapelle als

private Hauskapelle der Kurfürstin.

varij fanciulli entspricht meiner Ansicht nach der Bezeichnung 1557 Pallavicino (1667), 8. 69. - Der Begriff scherzo di Kap. 3.1.1.

1554 CbDD (1989), Bd. 3/2, 8. 246.

,scherzo di putto‘ oder ,scherzi di puttini’, siehe hierzu:

1555 Zur Entwicklung der Herzemblematik, siehe: Kemp (1989), 5. 143-145.

1858 Kemp (1982), S. 145.

1556 Ebd., S. 143-147.

1559 CbDD (1989), Bd. 3/2, 8. 247.

356

Embleme in komplexen Bildprogrammen

rechts zeigt das Gemälde einen angelegten Garten, in dem ein Herz liegt, aus dem Stief-

mütterchen wachsen (Abb. 393-394).1560 Kemp interpretiert die Gemälde der Frieszone folgendermafen: »Die Topografie von Zuneigung und Freundschaft, wie sie in den beiden Bildern des Frieses entworfen wurde, unterrichtet den Betrachter über die erwünschten Tugenden und Verhaltensweisen der Liebenden; die zahlreichen Herzdarstellungen jedoch, denen der Raum seinen Namen verdankt, enthüllen unmittelbar den Charakter der subjektiv erfahrenen

Liebesleidenschaft.

Angesichts der unterschiedlichen angenehm

wie schmerzlichen Erfahrungen, denen das Herz als ideeller Sitz der Leidenschaften preisgegeben ist, erweist sich dieses Gefühl als antinomistisches Erlebnis, das Qual und Freude untrennbar vereint.“1561

Der Dualismus zwischen Qual und Freude tritt in den Gemälden der Decke und in der Frieszone nicht explizit hervor. Erst in den Gemälden des Gurtbogens zwischen Erker und Kabinett, also auRerhalb des zentralen Bildprogramms, werden die Auswirkungen der Liebe thematisiert. Im Scheitel des Bogens symbolisiert unter anderem ein Herz, das von einer Zange gequetscht wird, die Liebesqual. Am

éstlichen Bogenansatz

zeigt ein

Gemälde das Herz umgeben von Rosen als Symbol des Liebesglücks und am westlichen Bogenansatz wird das Liebesleid durch ein Herz in einem Dornengestriipp thematisiert (Abb. 395-397). Die antithetische Gegeniiberstellung von Liebesgliick und Liebesleid zentriert sich in der Mitte des Gurtbogens auf die Liebesqual. Das Kippmoment der Liebeswirkung auf das Herz wird durch diese Anordnung besonders deutlich. Auch fur diese Gemälde sind lediglich motivische Hinweise in der Emblembuchliteratur zu finden. 1552 AbschlieRend wird das Herzsymbol in den Deckengemälden des Erkers in eine himmli-

sche Sphäre entrückt. Im Mittelbild des Erkers tragen Putti ein Herz in den Himmel, 1563 in den seitlichen Bildern wird ein auf der Erde ruhendes Herz zuerst von der Sonne beschienen (Gemälde zur Ostwand) und auf der gegeniiberliegenden Seite vom Mond (Gemälde zur Westwand). Uber dem Fenster an der Südwand folgt in einem Tondo schlieRlich die Apotheose des Herzens: Ein Putto bekrônt das Herz mit einem Sternenkranz (Abb. 398— 399). Einzelne Gemälde des Herzkabinetts werden Stefano Catani (gest. 1679) zugeschrieben,

ebenso

Triva.

Kemp

hat darauf hingewiesen,

dass

diese Zuschreibungen

durch die erhaltenen Hofamtsrechnungen nicht belegt werden k6nnen. 1564

Emblematik in der Münchner Residenz: Appartement der Kurfürstin Henriette Adelaide

357

Aus dem Grottenzimmer des Appartement privé und dem Audienzzimmer (heute: Goldener Saal, Raum 71) des Appartement de parade führten verborgene Türen in das Liebesdes kabinett, Pallavicno nennt es ,Gabinetto della Carita“1565, Von dem Bildprogramm

Kabinetts sind nur einzelne Gemalde erhalten geblieben.'*® Der Galerietrakt fiel unter

Kônig Ludwig |. von Bayern (1786-1868) dem Kônigsbau von 1826/1827 557 zum Opfer. 1558 Das Bildprogramm verherrlichte die Liebe zwischen den Eltern und ihren Kindern.

war umIm Mittelplafond malte Antonio Triva eine Caritas mit fünf Kindern. Das Mittelbild Dieser .1%° geben von vier Tondi, die jeweils Putten bei der Säuglingspflege darstellten

bungen Bildzyklus von Triva entstand zwischen 1670 und 1672.1570 In den zwei Fensterlai Adler mit waren laut Pallavicino Impresen angebracht.'®”' Die eine Imprese zeigte einen bey der seinen Jungen bei der Sonnenprobe und die inscriptio ,Te duce.“'572 (,Allzeit lautete Sonnen klar/ Meiner Jungen Art erfahr.“!573). Die inscriptio der zweiten Imprese den Jungen Sic me dulcis Amor.“!574 (,Hertzens Lieb thut sich aufgiessen/ Last das Blut

aus fliessen.“1575). In der pictura war ein Phénix dargestellt, der seine Kinder mit Blut

Ahnenprobe und seiner eigenen Brust tränkt.575 Der Verweis auf die Sonnenprobe als hindeuten, dass die Aufopferung des Phônix in den picturae der Impresen kônnten darauf gewidmet war. Das das Zimmer für den Erbprinzen vorgesehen oder zumindest jenem zu deuten, Bildprogramm ist ebenso als Resultat der Vereinigung Bayerns und Savoyens

das Kabinett als ,Liebes=Zimmer" bezeichnet, 1585 Pallavicino (1667), 8. 72. — In der deutschen Übersetzung wird

vergleiche: Pallavicino, Schmid (1685), S. 90.

Triva aus dem Liebeskabinett, die im Bayerischen 1866 Lucia Longo verweist auf einige allegorische Gemälde vonin Cesare Ripas /conologia (Rom: Faeij 1603) nachge-

Nationalmuseum vorhanden sind. Einige der Motive hat Longo wiesen, siehe: Longo (2008), S. 175-192.

1567 Baumstark (1976), S. 181.

1868 Graf (2002), S. 38. / Graf (2002), 8. 38. — Graf erwahnt weitere 1569 Pallavicino, Schmid (1685), 8. 90f. — Siehe auch: Longo (2008), 5. 41 halbfigurige allegorische Darstellun-

ganzfigurige und 27 Gemälde mit Putten an den Wanden. Dazu kamen noch vier mit 175 Figuren, die mehrheitlich von Triva gemalt gen sowie 42 kleine Bildnismedaillons. Haeutle gibt die Gesamtzahl (1883), 8. 82, Anm. 1). — Eine Ubersicht Uber den (Haeutle ist worden sein sollen, wofür er mit 2670f1. entlohnt worden Bd. 3/2, $. 250f. u. 252, 254-258. Verbleib der einzelnen Gemälde, vergleiche: CbDD (1989),

zwischen 1669 und 1671 aus, vergleiche: 1570 Longo (2008), 8. 43. - Anna Bauer-Wild geht von einer Entstehungszeit

CbDD (1989), Bd. 3/2, S. 250.

Bilder an den Fenstern keine terminologische Entspre1571 Im der deutschen Übersetzung finden sich für die beidenImpresen sind in den Katalog und Emblemregister aufge-

— Die chung, vergleiche: Pallavicino, Schmid (1685), 8. 91. 667. E 33, siehe: Katalog und Emblemregister, Tab. 20, S. nommen unter der Reg. Nr. MR-HA E 32 u. MR-HA

1560 Zur môglichen Blumensymbolik, siehe: CbDD (1989), Bd. 3/2, 8. 246 u. 248f.

1572 Pallavicino (1667), S. 72f.

1561 Kemp (1982), S. 142.

1573 Pallavicino, Schmid (1685), S. 91.

1562 Zu den Analogien in der Emblembuchliteratur, siehe: Kemp (1982), S. 145 / CbDD (1989), Bd. 3/2, S. 247.

1574 Pallavicino (1667), S. 73.

1563 Das Gemälde habe ich wegen des mangelhaften Erhaltungszustandes nicht in den Katalog aufgenommen.

1575 Pallavicino, Schmid (1685), S. 91.

1564 Kemp (1982), S. 138 / Baumstark (1976), S. 181 / Feulner (1922), S. 21 / Haeutle (1883), 8. 81.

1576 Ebd.

358

Embleme in komplexen Bildprogrammen

auf das die vorherigen Bildthemen der anderen Zimmer des Appartements schon hinge-

wiesen haben. Ein langfristiger Bund ist nur durch einen legitimen Erben gefestigt und endgiùltig.'°77 Deswegen hat Pallavicino wiederum für die Wort-Bild-Kombinationen an den Fenstern bewusst den Begriff der Imprese gewähit. Die beiden Impresen bezeichneten den Auftrag des Kürfürstenpaares, den Erben des Bundes auszubilden und sich für

Emblematik in der Münchner Residenz: Appartement der Kurfürstin Henriette Adelaide

359

des Zyklus zeigt die Huldigung des Kurfürsten als bayerischer Atlant durch Henriette Adelaide (Abb. 400).1584 In der rechten Bildhälfte ist Henriette Adelaide zu sehen, wie sie mit der rechten Hand auf den glorreichen Kurfürsten in der linken Bildhälfte deutet. Zwi-

schen ihnen befindet sich ein Atlant die Weltkugel tragend und zu dessen FüRen der bayerische Léwe: ,Bavaro Atlant/ Regalis è Sabaudia ADELAIS/ Perenne amoris monu-

geschlossenen Bundes zwischen Bayern und Savoyen erklären.

mentum.“ 1585 Die von Pallavicino angeführte Widmung wurde als Inschrift auf die erste Treppenstufe übertragen, auf der der Kurfürst Maximilian |. steht.1585 Das Mittelbild war von zwei Gemälden umgeben, die auf die territoriale Vergrôerung Bayerns durch Maximilian |. und auf die von ihm gefôrderte Expansion des Jesuitenordens verwiesen. 1587 Weitere acht Rundbilder mit Inschriften zeigten Historien aus der Vita von Kurfürst Maxi-

Auf dieses Liebeszimmer (,Gabinetto della Carita ‘) folgte eine fünfachsige Galerie, die wegen der Deckengemälde als ,Maximilianische Galerie‘ bezeichnet wird.1578 In die reich

WestIn der Mitte der Galerie waren zwei Erker angebracht. Der eine Erker war an der

inn aufzuopfern. Die Impresen sind solange mit innen verbunden, bis der Nachfahre des

Bundes das Erbe antritt. Auch in diesem Fall wird deutlich, warum Pallavicino den Begriff der Imprese wahlte und nicht jenen des Emblems. Wie sich zeigen wird, lässt sich das gesamte Bildkonzept der Zimmerfolge im verborgenem

Galerietrakt mit den Zielen des

vergoldete Decke waren elf Tableaus'®’® mit den ruhmreichen Taten von Kurfürst Maximilian |. eingelegt.'® Eine Portratsammlung von Familienangehôrigen aus dem Hause Savoyen und Bayern hatte sich die Kurfürstin Henriette Adelaide bereits 1658 in ihrem ersten Appartement im Antiquariumstrakt anlegen lassen.'®®' Die Porträts wurden in den neuen Galerietrakt überführt, so dass die Galerie selbst als Annengalerie ausgewähiter bayerischer Wittelsbacher und Savoyer zu verstehen ist, deren Mittelpunkt Kurfürst Maximilian |. bildete. An den vier Fensterpfeilern waren insgesamt acht Spiegel angebracht, 1582 die zum einen die Ahnenportrats und ebenso die durch die Galerie wandelten Erben widerspiegelten und damit den Betrachter stets mit der Vergangenheit und der

milian |. und Allegorien seiner Glaubensfestigkeit.'°°°

andere Erseite auf die Schwabinger Gasse (heute: ResidenzstraRe) ausgelegt und der

uker an der Ostseite ermôglichte einen Blick in den Residenzgarten (heute: K6nigsba

hof).1589 Die Erkerdecke war ausgemalt.'°°° Die Erkerdecke zu Gasse war mit Personifi-

anderen Erkationen des Sieges und des Ruhms versehen, Victoria und Honor. An der

agen. kerdecke erschien ein von bayerischen Lowen gezogener Triumphw

An den Sei-

Darüber befantenwanden waren jeweils vier groBe und vier kleinere Bilder angebracht. bleibt, den sich acht weitere Felder mit ,[...] sequenti belicose Inscrizioni:*.159' Ungeklart

Gegenwart konfrontierten. Die Historiengemälde mit den ruhmreichen Taten von Kurfürst Maximilians |. von Bayern wurden zwischen 1669 und 1673 von Antonio Domenico Triva

gemalt, mehrere Plafondgemälde blieben erhalten.'5®> Das ovale Mittelbild im Zentrum

k, München, Inv. Nr. 10559. 1584 Siehe: Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Alte Pinakothe Atlanti/ Setzet diese Liebs=GedächnuR/ Die von hen Bayerisc 1585 Pallavicino (1667), 8. 73, Hervorheb. i. O. — ,Dem (Pallavicino, Schmid (1685), S. 91). Kôniglichem HauR Savoye entsprossene ADLHEID*.

1586 Longo (2008), S. 136. 1577 Kurprinz Maximilian 11. Emanuel (1662-1726) wurde schon lange vor der Fertigstellung des Zimmers am 11. Juli

1662 geboren. Seine Namensgebung ist bereits ein sichtbarer und vokativer Hinweis auf die Vereinigung Bayerns und Savoyens: Maximilian II. als Nachfolgeverweis auf Kurfürst Maximilian |. von Bayern und Emanuel als Nachfolgeverweis auf Herzog Carlo Emanuele || von Savoyen.

1878 Graf (2002), S. 39. 1579 Haeutle (1883), S. 82. — Bei Graf wird nur auf neun Gemälde hingewiesen, vergleiche: Graf (2002), 8. 39. — Mehrere

Gemälde werden heute in der Bayerischen Staatsgemaldesammlung aufbewahrt.

1580 Pallavicino (1667), S. 73-77. 1581 Die Einrichtung dieser Familiengalerie war die erste eigens in Auftrag gegebene Bauma@nahme Henriette Adelai-

des, vergleiche: Bary (1980), S. 235.

1582 Graf (2002), S. 39. 1583 Longo (2008), 8. 41 u. 132-171 / Graf (2002), 8. 39, Anm. 115 / CbDD (1989), Bd. 3/2, 8. 251f. — Ein Teil der Deckengemälde wurden 1929 im Depot von Schloss Schlei®heim aufgefunden. Sie wurden wohl mit der Errichtung des K6nigsbaus anstelle des Galerietraktes aus der Holzdecke entnommen und nach SchleiBheim gebracht. Einzelne Gemälde des Bildprogramms werden in der Alten Pinakothek in München aufbewahrt, allerdings sind sie zum Teil in schlechtem Zustand.

Pe 1581 Di

Be PRET imili ù itenkollegs i (siehe:è München, 1, BayJesuiten |. gegründeten Maximilian miti den von Inv. t eine Tafel ind: a seed are Alte Pinakothek, Nr. 10533); eine Fama und ein Putto zeigen die von or

Alte Ars | Ubernommen Gebiete, u.a. die Oberpfalz (siehe: München, Bayerische Staatsgemäldesammlung, (1667), S. 74 / Pallavicino, Schmi

Pallavicino Inv Nr. 10534) vergleiche: Longo (2008), 8. 138-141. — Siehe auch: (1685), 92f. iehe: München, Bayerische è Staats- ' i als Studenten iin Ingolstadt (siehe |. und Erzherzog Ferdinand imilian ind: 1588 DI (siehe: Maximilian |. besucht Papst Clemens VIII. Aldobrandini

emîìîìîîgg{anX'ÎÉÈÎ'È:ngîothek, Inv. Nr. 10525); 4 Inv. Nr. 10526); Maximilian |. erhalt die St München Bayerische Staatsgemaldesammlung, Alte Pinakothek, ol spa Staatsgemäldesammlung, Bayerisches _ würde von Kaiser Ferdinand Il. (siehe: München, Bayerische de ἐφ ri ue

nach dem Tod von Le Inv. Nr. 10527); Maximilian |. verzichtet auf die béhmische Kénigskrone; Bayerische Staatsgemë crop ra à m9 München, (siehe: angeboten Kônigskrone deutsche die . | Maximilian pertes neue ping res sae ooee 4 sches Nationalmuseum, Inv. Nr. 10528); weitere (verlorene) ACT verglelcne: GeiRelwerkzeug, mit Schatztruhe teraottes von Altôtting; ir di i (1685), S. 93-97. Schmid Pallavicino, / 75-77 S. (1667), Pallavicino — Ἶ CODD (1868), rt ἐς 259-264. 1589 Haeutle (1883), 8. 82. 1590 CbDD (1989), Bd. 3/2, 8. 251.

1591 Pallavicino (1667), 8. 78.

360

Embleme in komplexen Bildprogrammen

361

Emblematik in der Munchner Residenz: Appartement der Kurfürstin Henriette Adelaide

Den einzelnen Tugendpersonifikationen wurden Impresen (,d'Imprese al-

wie sich die Bilder und die Inschriftenfelder auf den beiden Erkern verteilten, ebenso de-

und 1673.15

ren Materialität. Diese Bilder mit kriegerischen Motiven und Inschriften sind zumindest laut Pallavicinos Beschreibung als Kunstwerke mit einer Wort-Bild-Kombination zu verstehen.!°°2 Allerdings verzichtet er auf die Bezeichnungen Emblem, Imprese oder Hiero-

in der Person des Kurfürsten Maximilian |. verkôrpert: ,[...] delle molte virtù possedute

02 Diese vierzehn Tugenden und ihre Impresen wurden lusive“1601) an die Seite gestellt.

glyphe. In der deutschen Fassung der Residenzbeschreibung verwendet Schmid für die

dal Serenissimo Elettore Massimiliano [...] “503. Pallavicino nennt zuerst die Personifika1504 Die den Kurfürsten beherrschenden Tugention und dann die dazugehôrige Imprese.

Bildwerke hingegen den Begriff des Sinnbildes.'$% Ein Beispiel: Das vierte von Pallavi-

den

cino beschriebene Bild zeigt eine Kanone, die von Pallavicino mit der Beischrift ,Armatos increpat hostes.“15% (,Thut grimmig anlauffen/ Den feindlichen Hauffen.“1595) versehen wurde. Die Kanone ist zwar ein gängiges Bildmotiv in der Emblembuchliteratur, für die Münchner Kombination konnte ich jedoch keine eindeutige Vorlage ermitteln.15% Graf

pienza'®©’,

und Baumstark deuten diese Bilder am Erker als Embleme. 1597 Diese Annahme lässt sich nicht eindeutig begründen. Die Inschriftenfelder waren zumindest ausgehend von der Beschreibung Pallavicinos von den einzelnen Bildtafeln getrennt. Aus der Beschreibung der Anbringungssituation

geht nicht eindeutig

hervor, dass die einzelnen

Inschriften direkt

einem Bild zugeordnet waren. Christian Haeutle hat fiir die beiden Erker der Maximiliani-

sind

nach

dem

Wortlaut

Pallavicino folgende:

Giustitia'®%,

Fortezza'®®,

Sa-

Mansuetudine, Castita, Patienza'®8, Amiciza‘®°°, Magnifizena, Pieta'®’®, darTemperanza, Politica’®'', Guerra, Pace'®"?, Gloria.‘®"3 Die jeweilige Imprese ist der sich in gestellten Tugendpersonifikation bildkompositorisch untergeordnet. Sie befindet in deren Handen einzelnen Gemälden entweder zu den FiiRen der Tugendgestalt oder

ihr überden. Als Allusion‘5t{ verstärkt die jeweilige Imprese den allegorischen Gehalt der zeigt eine liegende geordneten Tugendpersonifikation. Ein erhaltenes Gemälde von Triva

Herkules stützt. Fortitudo (Fortezza), die sich mit ihren beiden Handen auf die Keule des Anspielung auf Die sichtbare Rüstungsachsel zeigt ein Lowengesicht, vermutlich eine ihr befindet den nemeischen Léwen und den bayerischen Léwen (Abb. 401). Links neben

schen Galerie keine Malerarbeiten in den erhaltenen Rechnungsbüchern vermerkt. Haeutle verweist hingegen auf Embleme in Tugendgemalden, für die Antonio Domenico

Triva entlohnt wurde.15% Ursprünglich befanden sich 14 Tugendallegorien (,quattrodeci Virtü"1%%) an den Freiflächen über den Fenstern der Galerie an den Längsseiten. Acht dieser Tugendpersonifikationen hat Lucia Longo in Depots der Bayerischen Staatsgemäldesammlung aufgefunden. Triva malte diese Tugendpersonifikation zwischen 1669

aus der Maximilianischen Galerie erlangte 1600 | ongo (2008), 8. 42 u. 132. — Kenntnis über verloren geglaubte Gemälde S. 182. im Schlei@heimer Schloss 1959, siehe auch: Baumstark (1976),

man durch einen Depotfund

i | sondern er \mprese' Begriff den nicht bung beschrei 1602 Schmid verwendet in der deutschen Fassung der Residenz (1685), S. 99.

1601 Pallavicino (1667), S. 78.

o, Schmid bezeichnet die Begleitbilder als ,Emblemata', siehe: Pallavicin

:

1603 Pallavicino (1667), S. 78.

:

Nr. MR-HA E 42 bis MR-HA E 55, siehe: Katalog un 1604 |m Katalog und Emblemregister aufgeführt unter der Reg. Emblemregister, Tab. 20, S. 668ff.

1605 Siehe: München, Bayerische Staatsgemäldesammlung,



Alte Pinakothek, Inv. Nr. 10453. — Siehe: Longo (2008), S.

156f.

k, Inv. Nr. 10537. — Siehe: Longo (2008), S. 1606 Siehe: München, Bayerische Staatsgemaldesammlung, Alte Pinakothe 157f.

1607 Siehe: München, Bayerische Staatsgemaldesammlung, 592 Aufgeführt werden: ein Harnisch; ein Regimentsstab; ein Schild mit Pfeilen; eine Kanone; ein Kanonenkugelhaufen;

gehäuftes SchieRpulver; ein bewaffnetes Pferd; eine Feder und ein Degen in einen Bogen gespannt, vergleiche: Pallavicino (1667), S. 78 / Pallavicino, Schmid (1685), S. 97-99. — Die Wort-Bild-Kombinationen wurde in den Katalog und das Emblemregister aufgenommen unter der Reg. Nr. MR-HA E 34 bis MR-HA E 41, siehe: Katalog und Emblemregister, Tab. 20, S. 667f. 1593 Pallavicino, Schmid (1685), 8. 97.

1584 Pallavicino (1667), 8. 78. 1595 Pallavicino, Schmid (1685), S. 98. 1596 HZS (1996), Sp. 1520-1522.

1597 Graf (2002), 8. 39 / Baumstark (1976), 8. 181. 1598 Haeutle (1883), 8. 82.

1599 Pallavicino (1667), S. 78.

Alte Pinakothek, Inv. Nr. 10536. — Siehe: Longo (2008), 8.

162f.

k, Inv. Nr. 7822. — Siehe: Longo (2008), S. 163f. 1608 München, Bayerische Staatsgemaldesammlung, Alte Pinakothe

ammlung, Schloss Schlei&heim, Galerie, Inv. Nr. 1739. — 1609 Siehe: Oberschlei&heim, Bayerische Staatsgemaldes Siehe: Longo (2008), S. 158f.

1610 Siehe: München, Bayerische Staatsgemäldesammlung,

Ss. Alte Pinakothek, Inv. Nr. 7023. — Siehe: Longo (2008),

169f.

Schloss Schlei&heim, Galerie, Inv. Nr. 1741. — Siehe: 1611 Oberschleifheim, Bayerische Staatsgemäldesammlung,

Longo (2008), S. 160f.

1612 München, Bayerische Staatsgemaldesammlung, 10452. — Siehe: Longo (2008), S. 165f.

Bayerische

Landesbank

(KapellenstraRe 4, Zi. 116), Inv. Nr.

- Sieh e auch: CbDD (1989), Bd. 3/2, S. 264— 1813 Pallavicino (1667), S. 79-81 / Pallavicino, Schmid (1685), 100-104. 266. avicino (1667), S. 78). 1614 Pallavicino bezeichnet sie als ,[...] figure d' Imprese allusive [...] “ (Pall

362

Embleme in komplexen Bildprogrammen

sich auf einem Steinsockel ein gusseiserner Amboss mit glühendem Eisen. Der Steinso-

ckel tragt die Inschrift ,Clarior ictu.“1815 (,Je schwerer die Peyn/ Je klarer der Schein.“1616), Die Imprese unterstreicht die Wehrhaftigkeit der Fortitudo. Ein weiteres Gemälde

zeigt

eine liegende Frauengestalt in weiRer Gewandung vor einem gedffneten Buch. Die Frauengestalt wird von Pallavicino als Allegorie der Weisheit (Sapienza) vorgestellt (Abb. 402). Mit ihrer linken Hand deutet sie in die obere rechte Bildhälfte, wo ein Ausschnitt des

Zodiakus erscheint: der bayerische Lôwe mit der inscriptio , DOMINABITVR‘“'®"” (,,Sie wird regiern/ Den Scepter fuhren.“1618). Pallavicino verwendet aus zweierlei Griinden den Begriff der Imprese. Erstens sind die Impresen als Allusionen mit den einzelnen Personifi-

kationen festverbunden, nämlich als Bild-im-Bild-Komposition.'*'° Zweitens beziehen sich die dargestellten Tugenden allein auf Kurfürst Maximilian |., es sind jene Tugenden, die das Wesen des Kurfürsten beherrschen. Die Impresen sind folglich als Bestandteil der personalisierten Tugenden fest mit der Person und mit dem Wesen

des Kurfürsten

verhaftet. Die personalisierten Tugenden und Impresen sind also genauso wie die Historiengemalde der Decke Teil der Repraesentatio des Bayerischen Atlanten (,Bavaro At-

lanti’). In der malerischen Gesamtkonzeption der Ahnengalerie nimmt Maximilian |. unter den Ahnen

und den gegenwärtigen

bayerischen

Wittelsbachern

(Porträtgemälde) eine

herausragende Rolle ein, weil er die Kurfürstenwürde erlangt hat. Durch den Fingerzeig Henriette Adelaides auf den Kurfürsten im Mittelbild der Decke wird seine herausragende

Stellung verdeutlicht, ihm gilt es nachzufolgen und zu übertreffen. Das zentrale Deckenbild verdeutlicht durch die Gegenüberstellung von Kurfürst Maximilian |. und Kurfürstin Henriette Adelaide von Savoyen, dass diese Aufgabe der ,imitatio Maximiliani‘ durch den Bund zwischen Bayern und Savoyen an die Erben dieses Bundes gerichtet ist.1520 Henriette Graf sieht in diesem Mittelbild der Galerie den Héhenpunkt des malerischen Gesamtprogramms aus der Appartementfolge der Henriette Adelaide:

Emblematik in der Münchner Residenz: Appartement der Kurfürstin Henriette Adelaide

Gedanken

363

an die glorreiche Vergangenheit sowie als Aufforderung an die Erben ge-

dacht, die groRe Tradition fortzusetzen und den Verpflichtungen der Gegenwart nachzukommen. “1621

Diese von Graf angedeutete Gegenüberstellung von Vergangenheit und Gegenwart ver-

starkt sich durch ein weiteres Element der Galerieausstattung. An den Wandpfeilern zwischen den Fensternischen waren Spiegel angebracht. Durch das eigene Spiegelbild wer-

den die Nachfahren des ,Bavaro Atlanti‘, das Kurfürstenpaar selbst und deren Kinder als Erben des bayerisch-savoyischen Bundes, stets an die ,Imitatio Maximiliani’ erinnert.

Den Abschluss des Galerietraktes bildete das ,[...] Gabinetto di Rose, e Gigli,[...] “1622,

Dieses Rosen- und Lilienkabinett war das Pendant zum Liebeszimmer (,Gabinetto della

Carita‘) auf der gegenüberliegenden Seite. Roswitha von Bary charakterisiert die beiden 1523 ZuZimmer links und rechts der Maximilianischen Galerie als damenhafte Kabinette.

treffender erscheint mir die These, dass die beiden Kabinette raum- und bildprogramma-

tisch auf die Erben des bayerisch-savoyischen Bundes ausgerichtet waren. Die Bezeich-

Lilienkabinett geht auf vier Impresen zurùck, die in den picturae Rosen und Lilien präsentierten. Im Mittelbild der hôlzernen Flachdecke war eine liegende

nung als Rosen- und

Venus dargestellt, die sich an einem Dorn verletzt und mit ihrem Blut die Rosen rot gefarbt hat. Zwei Tondi neben dem Hauptbild zeigten laut Pallavicino einen Rosenbusch und einen Dornbusch. Diese Deckengemälde wurden von Stefano Catani gemalt.'®** In den Lünetten an den Wänden

waren weitere Gemälde angebracht, die Blumenverwandlun-

gen nach Ovids Metamorphosen zeigten: Aias, Hyacinthus, Narcissus, Smilax. 1525 Die namensgebenden Impresen waren in diese Lünettengemälde integriert.'$25 Pallavicino bezeichnet sie als bereichernde ,bizzaria‘'®2”. Tatsächlich versteckt sich hinter diesen Impresen eine eindeutige politische Aussage oder Zielsetzung. Die Lilie ist Teil des

»Die Liebesthematik ist in jedem Raum angesprochen, in der Galerie erôffnet sich deren historische Dimension: In ewigem Denkmal soll dem bedeutendsten Vertreter des Hauses Wittelsbach gedacht werden, Maximilian, und Henriette [...]. Es ist als 1615 Palavicino (1667), S. 79.

1621 Graf (2002), S. 39.

1616 Übersetzt nach: Pallavicino, Schmid (1685), 8. 100.

1622 Pallavicino (1667), S. 81.

1617 Bei Pallavicino ,Dominabitur", siehe: Pallavicio (1667), 8. 79.

1623 Bary (1980), S. 240.

1618 Übersetzt nach: Pallavicino, Schmid (1685), S. 100. me Eine ahnliche Kombination aus Tugenddarstellungen und Emblemen als Bild-im-Bild-Komposition erscheinen be-

l

È

id ” Ε

reits als Malereien auf einem Holztonnengewélbe im Culross Palace in der schottischen Grafschaft Fire. Die Ausmalung stammt bereits aus der ersten Halfte des 17. Jahrhunderts, sie wurden von dem Kaufmann Sir George Bruce of Carnock (um 1550-1 625) in Auftrag gegeben. Die Embleme stammen aus Geffrey Whitney's A choice of emblemes and other devises (Leiden: Plantin, Raphelengius 1586), siehe: Michael Bath: Renaissance decorative paintings in Scotland. Edinburgh 2003, S. 57-77.

1620 Baumstark (1976), S. 183.

ldesammlung erhalten 1624 CbDD (1989), Bd. 3/2, 8. 252. — Die Deckenbilder sind in der Bayerischen Staatsgema

geblieben, siehe: CbDD (1989), Bd. 3/2, $. 253f. u. 267-269.

1625 Pallavicino (1667), 8. 82f / Pallavicino, Schmid (1685), S. 104-106.

siehe: 182 In den Katalog und das Emblemregister aufgenommen unter der Reg. Nr. MR-HA E 56 bis MR-HA E 59,

Katalog und Emblemregister, Tab. 20, S. 670.

,bizzaria’ als ,merkwürdige Symbola“ 1627 Pallavicino (1667), S. 83. — Schmid übersetzt die Impresen und den Begriff (Pallavicino, Schmid (1685), S. 106).

364

Embleme in komplexen Bildprogrammen

bourbonischen Wappens und die Rose Symbolblume des Hauses Savoyen.!628 Nimmt man jeweils eine Rosen- und eine Lilien-Imprese als Beispiel, ergibt sich folgende Interpretationsmôglichkeit. Eine der vier Impresen zeigte laut Beschreibung in der pictura eine

Lilie, die sich vor der Sonne verneigt. Die inscriptio lautet: ,Al tuo voler s‘inchina.“1629 (,Sie thut sich dir naigen/ Vnd Ehre bezeugen.“ 1530). In der pictura einer zweiten Imprese ôffnet eine Rose ihren Blütenkelch für die strahlenden Sonne, die inscriptio lautet: Μ' apri il Ciel co‘ suoi rai.“1631 (Die Himmels=stralen/ Erôffnen mein Schalen.“522). Die beiden anderen Impresen symbolisieren laut Beschreibung auRerdem die Jungfraulichkeit (pictura: Rose in einem Glas) und die Fruchtbarkeit (pictura: Biene holt sich den Nektar aus einer

Lilie). Graf interpretiert diese Imprese treffend als ,[...] Anspielungen an die Wandlung des Mädchens zur Frau [...] “1633. Die Rosen, die sich durch das Blut der Venus im Hauptbild der Decke rot farben, spielen ebenso auf die weibliche Empfangnis an. 163 Pallavicino hat auch hier wiederum bewusst den Begriff der Imprese angeführt. Das Bildprogramm

des ,Cabinetto di Rose, e Gigli’ war an die weiblichen Nachfahren des bayerisch-savoyischen Bundes gerichtet. Die Impresen waren raumtopografisch an die Lünettengemälde

gebunden, kombiniert mit deren Blumenverwandlungen aus der Ovidischen Sage versinnbildlichen die Impresen

die Metamorphose

der Jungfrau

zur fruchtbaren

Frau. 1635

Das politische Ziel ist dabei eindeutig formuliert. Die weiblichen Nachfahren des Kurfürs-

tenpaares sollten an das bourbonische Kôünigshaus vermählt werden, deswegen wurden als Symbole die Lillie und die Rose ausgewahlt, ebenso die Sonnen-Metaphorik. Entsprechend wurden an die Wände bracht. 1636

Porträts der kôniglichen Familien Frankreich ange-

Der Galerietrakt und sein Bildprogramm lässt sich folgendermaRen bewerten. Das Bildprogramm

des Liebeskabinetts galt dem

Erbprinzen, wahrend das Konzept des Rosen-

1628 Roswitha von Bary verweist auf Emanuele Tesauro, der die Rose den Savoyern zusprach, vergleiche: Bary (1980),

5. 240. - Tatsächlich lässt sich die Rose mit dem von Amadeus V. von Savoyen gegründeten Ritterorden Ordre du Collier de Savoie verbinden, in dessen Nachfolge der Annunziaten-Orden seit 1518 als Bildzeichen eine Ordenskette

Emblematik in der Münchner Residenz: Kurfürst Maximilian Il. Emanuel von Bayern

365

und Lilienkabinetts an die weiblichen Nachkommen gerichtet war. Dies verdeutlichen insbesondere die Anspielungen in den jeweiligen Impresen. Die Galerie war mit der Auffor-

derung zur ,Imitatio Maximiliani‘ verbindendes Glied. Seine Tugendhaftigkeit als ,Bavaro Atlanti‘ galt es zu folgen und zu überbieten. Das Bildprogramm des Appartement de parade und des Appartement privé der Henriette Adelaide als Glorifizierung des Bundes

zwischen den bayerischen Wittelsbachern und dem Haus Savoyen war in seinen liebes-

thematischen Symbolen nur Ausgangspunkt für die Ziele, die im Galerietrakt bildkonzep-

tionell formuliert wurden. Es sei noch einmal angemerkt, dass der Galerietrakt von der

und zugänglichen Appartementfolge der Kurfürstin getrennt war. Nur eine Ture, die hinter dem Baldachin des Audienzzimmers versteckt war und eine weitere verborgene Tire im Grottenzimmer, führten in diesen Trakt. Die im Bildprogramm formuliereigentlichen

ten politischen Ambitionen blieben folglich von der hôfischen Offentlichkeit verborgen, nur auRgewähite Gäste wurden durch den Zutritt ins Appartement de privé eingeweiht. Die politischen Bestrebungen des Kurfürstenpaares sind durch ihre Korrespondenz bezeugt. Vor allem Henriette Adelaide strebte eine enge Verbindung

mit dem franzôsischen K6-

nigshaus an. 1637 Reinhold Baumstark bewertet das Bildprogramm aus der Appartementfolge der Kurfürstin als Ergebnis des franzôsisch-bayerischen Vertrages von 1670, der durch den Bund zwischen den bayerischen Wittelsbachern und dem Haus Savoyen ermôglicht ννυγαθ. 1838 Zehn Jahre nach diesem Allianz-Vertrag und vier Jahre nach dem Tod von Henriette Adelaide heiratete ihre Tochter Maria Anna Victoria von Bayern (1660— 1690) 1680 den Dauphin von Frankreich, Louis de Bourbon (1661-1711) und ihr Sohn Kurprinz Maximilian ||. Emanuel ehelichte 1685 die Erzherzogin Maria Antonia von Osterreich (1669-1692).5% Das ambitionierte Ziel des bayerisch-savoyischen Bundes wie

es im Bildprogramm der Appartementfolge der Henriette Adelaide allegorisch formuliert Hof in wurde, nämlich eine gesteigerte Einflussnahme auf die Politik am franzôsischer mit Versailles und am kaiserlichen Hof in Wien, konnte am Ende des 17. Jahrhunderts dem Regierungsantritt von Kurfürst Maximilian Il. Emanuel 1679 verwirklicht werden.

aus fünfzehn Liebesknoten als Hinweis auf den Rosenkranz verwendete. An den Verbindungsstellen der Knoten waren Rosenblüten, siehe: Kemp (1982), S. 147.

1629 Pallavicino (1667), S. 83. 1630 Pallavicino, Schmid (1685), S. 107. 1631 Pallavicino (1667), 8. 83. 1632 Pallavicino, Schmid (1685), 8. 107. 1633 Graf (2002), S. 40. 1634 CbDD (1989), Bd. 3/2, $. 267.

1638 In diesem Sinne sei noch angemerkt, dass an den Fenstern entsprechende Darstellungen abgebildet waren. In

einem Fenster war Juno zu sehen, die mit ihrer schneeweiRen Milch Lilien malte und im anderen Fenster war die Schlange Ladon dargestellt, bewacht , vergleiche: leiche: Pallavicino ici cino, Sehmid (1688) 5, 108. die den Garten der Hesperiden p (1667), S. 83f / Pallavi i-

1636 Graf (2002), 8. 40.

S. 269-274 (hier (1969), 8. 177. — Zur Ikonologie des Bildprogramms, siehe auch: CbDD (1989), Bd. 3/2,

1837 Straub und Ehepflicht, was als Ausdruck folgt die ikonologische Analyse vor allem der Spannung zwischen Liebesleidenschaft von Henriette Adelaides Liebenssehnsucht gedeutet wird). 1638 Baumstark (1976), S. 179. 1639 CbDD (1989), Bd. 3/2, S. 232f.

Embleme in komplexen Bildprogrammen

3.2.3. Die weitere Entwicklung emblematischer Ausstattungspraxis in der Münch-

ner Residenz zu Zeiten von Kurfürst Maximilian II. Emanuel von Bayern Die Kombination aus Hauptbildern und exegetischen Nebenbildern mit allegorisch-emblematischen Inhalten, dem Hauptmerkmal der malerischen Ausstattung der Appartementfolge der Kurfürstin Henriette Adelaide, wurde in der Konzeption des Bildprogramms für die Appartements von Kurfürst Maximilian ||. Emanuel (1662-1726) beibehalten.

Zwischen 1680 und 1685 lieR Maximilian Il. Emanuel die älteren Appartements im ôstlichen Grottenhoftrakt zu einem Appartement de parade’™° und einem Appartement privé'®' ausbauen und mit Decken- und Wandgemälden ausstatten (heute: Raume 54— 58, Grüne

Galerie 58 u. Raum

18). Die Entwirfe für den

Umbau

stammten

von dem

Hofarchitekten Enrico Zuccalli (um 1642-1724). '®42 Die Trennung zwischen ôffentlichen und privaten Gemächern erfolgte wie in der Appartementfolge der Henriette Adelaide im inneren Audienzzimmer,

dem sogenannten Groen

Kabinett (heute: Raum

57).'®4 We-

gen der Ikonografie der Bildausstattung wurden die beiden Appartements von Maximilian ll. Emanuel auch als ,Alexanderzimmer’ bezeichnet. So vermerkt bereits Johann Schmid in der Residenzbeschreibung

Triumphierendes

Wunder=Gebäw der churfürstlichen Re-

sidentz zu München (München: Straub 1685): »Nun hat Unserm

Gnädigisten

ist/ anstehet) vor anderm

Churfürsten

(welchem

nichts/ als was

beliebet/ seine Firstliche Wohnungen

heldenmässig

mit den tapfferen

Thaten Alexandri des Grossen zu beehren/ damit er nemblich stats sein selbst eygene GroRmütigkeit vor Augen haben méchte. “1644

Emblematik in der Münchner Residenz: Kurfürst Maximilian Il. Emanuel von Bayern

Franz Josef Geiger (gest. 1716), Johann Anton Gumpp

(1654-1719),

Caspar Gottfried

Stuber Stuber (1647/48-1724) und Dominikus Schôffelhuber (unbekannt) ausgeführt.'5$#7 und am war laut Akkord insbesondere für die malerischen ,Füllungen' an den Fenstern ‘548 Johann Schmid verFries verantwortlich, gemeint waren damit die Emblemmalereien. der Ausmamerkt in seiner Residenzbeschreibung von 1685 direkt nach Fertigstellung parade und des Aplung insgesamt 31 Embleme in den Zimmern des Appartement de

wurden partement privé von Kurfürst Maximilian II. Emanuel.15# Die Alexanderzimmer Eine 1650 t. bereits um 1693 ein erstes Mal umgebaut (Ankleidezimmer) und 1695 erweiter unter Kurfürst zweite umfassende Umgestaltung der Alexanderzimmer erfolgte ab 1726 (1687-1745). Karl |. Albrecht von Bayern (1697-1745) unter der Leitung von Josef Effner kurz vor seinem Den Auftrag für die Neugestaltung erteilte noch Maximilian ||. Emanuel zum Opfer, der Tod. Ein Grofteil dieser Neuausstattung fiel jedoch 1729 einem Brand 1651 zerstdrte. die letzten Reste der Emblemvorkommen der ehemaligen Alexanderzimmer

Dieser Brand vernichtete ebenso das lian Il. Emanuel zwischen 1680 und tenhoftrakt einrichten lie®.'82 Diese schreibung von Johann Schmid als waren die Decken,

Appartement de societé, das sich Kurfürst Maximi1685 unter Leitung von Zuccalli im südlichen GrotGesellschaftszimmer werden in der Residenzbe,Sommers=Zimmern*'®? bezeichnet.'®54 Auch hier

Fenster und die Frieszonen volistandig ausgemalt.

Die Hauptbilder

1555 Die ratés wurden.

zeigten weibliche Tugendallegorien, die von 57 Emblemen cb

tlich aus einer Ausgabe jus IcoTugenddarstellungen stammen wahrscheinlich mehrhei

Embleme konnten hingegen nologia von Cesare Ripa.'®°° Die von Schmid angeführten

Der heldenhafte Alexander und seine Grofmitigkeit waren das Leitmotiv der bildlichen Ausstattung der kurfürstlichen Appartementfolge. '®45 Auch hier waren Emblemmalereien

an den Fensterlaibungen, in der Frieszone und als Plafondgemälde an den Holzdecken ständige Begleiter der Hauptbilder.'$#6 Die Innenraumausmalung der Alexanderzimmer wurde von den Malern Francesco Rosa (gest. 1710), Johann Andreas Wolff (1652-1716), 1640 Bestehend aus: Ritterstube als erstes Vorzimmer, Anticamera, àuBeres Audienzzimmer, vergleiche: Graf (2002),

S. 71-73 / CbDD (1989), 3/2, S. 275f.

1641 Bestehend aus: GroRes Kabinett, Schlafgemach mit Alkove, Ankleidezimmer, vergleiche: Graf (2002), 8. 73-75 /

CbDD (1989), 3/2, S. 275f.

1642 Gerhard Hoyer: Die Münchner Residenz des Kurfürsten Max Emanuel. Stadtresidenz München — Lustheim — Schlei&heim — Nymphenburg. In: Hubert Glaser: Kurfürst Max Emanuel. Bayern und Europa um 1700. Band 1: Zur Geschichte und Kunstgeschichte der Max-Emanuel-Zeit. München 1976, S. 142-170, hier: S. 142 / Haeutle (1883), S. 95. 1643 Graf (2002), S. 73. 1644 Pallavicino, Schmid (1685), S. 153.

1645 Zur Rekonstruktion und zur Ikonografie der Alexanderzimmer, siehe: CbDD (1989), 3/2, S. 275-291. 1646 Siehe hierzu: Pallavicino, Schmid (1685), S. 153-216.

1647 CbDD (1989), 3/2, 8. 277f/ Haeutle (1883), S. 96.

1681). 1648 Ebd., 8. 276 (hier Verweis auf: BHStA I, HR I! 13/93, i

1Di

MRMÉ prier

indig ollstandig

i

M E 1 Nr. MR-ME erfasst un ter der Reg. Nr. i und Emblemregister

bis

im Katalog 31), siehe: Katalog und Donc ier Residenz Maximilian Emanuel Emblem 1 bis ii

Emblemregister, Tab. 20, S. 671-677.

.

:

cap

pelle und das Geheime Kabinett, vergleiche: Graf ( 1850 Hinzu kamen das Holländisches Kabinett, die Cäcilienka ne = S. 75-78 / CbDD (1989), 3/2, S. 275.

),

un Reside rand von um Residenzb — Zum Gemalde von Dürer, siehe: Haeutle (1892), $. 76-78. mehrere und Raphaels ase ein μαννα Ley | gst baus| zwischen Galerie-e und Antiquaim i befand sich cieté i Hauptgeschoss des Verbindun 1652 ich i Adelaide zum Opfer, Henriette Kurfürstin von strakt Bibliothek ehemalige der riumîîrîlî?gî:seenr;\ef\ì/teî:irî:ulngsbau fiel vergleiche: Heym (2002), S. 36.

1681

_ 36 / Graf (2002), $. 160 / CbDD (1989), 3/2, 8. 2 77.

sce

1653 Pallavicino, Schmid (1685), S. 216.

'

ohne zeremonielle Zwange veranstaltet, soge1654 In diesen vier Sommerzimmern wurden abendliche Gesellschaften

nannte Appartements’, siehe: Krems (2012), S. 234-239. ur Emblemregister im Katalogg und ändig g im vollständi i _ 216-260. - Diei Emblemvorkommen sind i Ἰοὶ 1688 E = Münchner Residenz Maximilian Emanuel Emb(MR-ME 89 E MR-ME bis 32 PE ὰ sitar rea μῶν

lem...), siehe: Katalog und Emblemregister, Tab. 20, 8. 677-688. 1856 Graf (2002), 8. 79 / CDD (1989), 3/2, $. 292-298.

368

Embleme in komplexen Bildprogrammen

nicht in der Emblembuchliteratur nachgewiesen werden. Die Bildausstattung der Som-

369

von Bayern Emblematik in der Münchner Residenz: Kurfürst Maximilian II. Emanuel

gelegene Theatinerkirche, an Die von Schmid erwahnte ,Capellen“ bezeichnet die nahe

wobei

beitet hat.'®°* Die Allegoderen Stuckarbeiten jener (Giovanni) Prospero Brenno mitgear

Gumpp vor allem für die emblematischen Nebenbilder verantwortlich war.'$57 Das Bildprogramm der vier Sommerzimmer ging vollstandig verloren. Nach dem Residenzbrand

Schild als ,Sinnbild“1665. Putto entgegenhalt. Schmid bezeichnet die Darstellung auf dem

merzimmer

werden

Antonia

Triva

und

Johann

Anton

Gumpp

zugeschrieben,

von 1729 wurden die Sommerzimmer zusammen mit den Alexanderzimmern von dem Hofarchitekten François de Cuvilliés d. A. (1695-1768) zwischen 1730 und 1737 zu einer gemeinsamen Appartementfolge zusammengefasst, den sogenannten ,Reichen Zimmern‘ (heute: Räume 55-62), und im Stile des Rokokos neuausgestaltet.'®°§ Ein Sommerzimmer

integrierte de Cuvilliés allerdings nicht in die neue Appartementfolge.

Das

vierte Zimmer blieb in seiner historischen Substanz erhalten (heute: Raum 66). Auch hier ist das Bildprogramm zwar wahrend des Zweiten Weltkrieges 1944 verloren gegangen, aber eine Vorkriegsaufnahme hat das urspriingliche Aussehen der Deckenmalerei dokumentiert (Abb. 403). in den

Auf dem

Schild ist einen Paradiesvogel

Innenräumen

der Münchner

Residenz

eine Sonderstellung ein. 1659

Wahrend die ersten drei Sommerzimmer noch mit Holzkassetten ausgestattet wurden, in die man Leinwandgemalde einlegte, zeigt die Vorkriegsaufnahme Stuckdekorationen mit

Deckenfresken. Nur die Stuckarbeiten wurden bis 1973 rekonstruiert.'®° Die Stuckarbeiten an den Wanden und an der Decke stammen von (Giovanni) Prospero Brenno (1638— 1696). Für jenen Stuckateur ist ein Akkord für das Jahr 1681 vermerkt.'®®' Die Freskenausführungen werden Triva zugeschrieben. 1662 Das runde Mittelfresko zeigt die Allegorie der Gottesfurcht. Schmid beschreibt die Darstellung 1685 folgendermafen: ,JEtzt erhebe ich meine Augen wider gegen der obern Decke/ vnd sihe anfangs gleich

mit der Beischrift ,Soli DEO*

(,Auff Gott allein/

e der Gottesfurcht zeigt Jsts Absehen mein.“1866) dargestellt. Rechts neben der Allegori ein zweiter Putto mit der rechten Hand

auf einen Brunnen

,[...] allwo das Wasser δι

gerichte Schaa=len fallet/ von vielen Canalen hervor tringend/ sambentlich in ein darzu Hohe getriebn wird/ [...] “1587. dar es aber widerum durch verborge=nem Gewalt in die Brunnensymbol auslegt: ,,Nil sibi In der Hand halt der Putto ein Schriftband, welches das

anwendet/ An Gott sie = omnia sursum.“ (,Die wahre Gottesforcht ihr selbsten nichts

Mittelbildes erläutern vier gedenckt/ alles gen Himmel sendet.“15%). An den Seiten des Emblemfresken

Dieses vierte Sommerzimmer nimmt in der Entwicklung der emblematischen Ausstattungspraxis

Blick auf ein Schild, dass ihr ein rie der Gottesfurcht richtet auf dem Deckenfresko ihren

Stuckkartuschen

in querovalen

über Analogien das Streben nach Gott

neben dem Mittelbild zeigt in der und den Lohn der Gottesfurcht.'55 Das Emblem rechts Die inscriptio lautet Hic procul à curis. pictura einen Adler, der in Richtung Sonne fliegt.

Der zur Sonne strebende Adler (,Am Himmel er schwebet/ Ohn Sorgen er lebet.“1670), Auch das Emblem unterhalb 468 symbolisiert die Christenseele, die Zu Gott aufstrebt.57!

Die pictura zeigt Sonnenblumen, die Mittelbilds versinnbildlicht das Streben nach Gott. ,Soli & semper." (,Allezeit der Sonn allein ihre Kôpfe der strahlenden Sonne zuneigen:

t das Emblem auf den Lohn Wollen wir gewärtig seyn.“1672). Links des Mittelbildes verweis

Rad durch die Sonne in hellen der Gottesfurcht. Die pictura zeigt einen Pfau, dessen na luce coruscar." (,Der sah ints pe Farben erstrahlt, in der inscriptio hei&t es ,Super

oberhalb des Mittelbildes demonstriert Erleucht jhn gantz.“1673). Auch die Emblemfreske

die dem Durchleuchtigisten ChurhauR Bayrn erblich zuste=hende Gottesforcht von Angesicht weif3/ vnd lieb=lich/ haltet jhre liebvolle Hand auff die Brust/ vnd hat sich nit vnbillich diese hohe Tugendt hierher gestel=let/ weilen nit weit darvon jene Capellen zufinden/ in welcher schon soviel machtig=vnd Gottesférchtige briinstige Andacht gegen Gott vollzogen.“1863

ihre ulio Brenno. Zwei Tessiner Barockstukkatoren und g 50 (1990), S. orschun Landesf he frànkisc für ahrbuch J L SUR (1693-97). In: PARloster en Ebrach RE Na t er ienserk das Zisterz für pean Tätigkei 179-241, hier: S. 183. ὌΡΕΙ

:

i

Gi

1665 Pallavicino, Schmid (1685), 8. 258.

1666 Übersetzt nach: Ebd., 8. 258. 1657 CbDD (1989), 3/2, 8. 292f.

1667 bd

1658 Krems (2012), S. 321-326 / Graf (2002), S. 160-247.

1668 Übersetzt nach: Ebd., 8. 259. E 89, siehe: dokumentiert unter d er Reg. Nr. MR-ME E 86 bis MR-ME 1669 Im Katalog und Emblemregister vollstandig

1658 Baumstark (1976), S. 187 u. S. 205, Anm. 157-158. — Baumstark vermutet in diesem vierten Sommerzimmer gar das erstmalige Zusammenspiel zwischen Stuck und Freskomalerei in Bayern. 1660 Christian Quaeitzsch (Bearb.): Residenz München. Amtlicher Führer. München 2014, S. 32 u. 99.

1661 CbDD (1989), 3/2, 8. 292 (hier Verweis auf: BHStA |, HR 11 13/93, 1681) / Haeutle (1883), S. 95. 1862 CbDD (1989), 3/2, S. 293. 1663 Pallavicino, Schmid (1685), 8. 258, Hervorheb. i. O.

5.258.

Katalog und Emblemregister, Tab. 20, 8. 687f.

$. 259. 1670 (Jbersetzt nach: Pallavicino, Schmid (1685),

Bd. 1, Sp. 70-76, hier: Sp. 70-72 u. Sp. 73f. 1671 Liselotte Wehrhahn-Stauch: Adler. In: LCI (2012), 8. 260. 1672 Ubersetzt nach: Pallavicino, Schmid (1685), 1673 bersetzt nach: Ebd., 8. 259.

Embleme in komplexen Bildprogrammen

den Lohn der Gottesfurcht: Auf trockener Erde grünt ein Palmbaum

nebst der inscriptio

»Nec in arido deficit.“ (,Er grünet jmmerfort/, Auch an dem dürren Ort.“1674) 1675 Die Vorkriegsaufnahme der verlorenen Deckenausmalung des vierten Steinzimmers hat die fortan bestimmende emblematische Ausstattungspraxis ab den

1680er Jahren kon-

serviert: Exegetische Embleme als Begleitbilder an den Seiten eines zentralen Mittelbil-

des, ausgeführt als Freskenmalerei und eingefügt in eine opulente Stuckdekoration. 1676 Das zeitlich jungste Emblemvorkommen aus der Münchner Residenz, dass sich aus der Regierungszeit von Kurfürst Maximilian II. Emanuel erhalten hat, wurde allerdings nicht diesem neuen Dekorationsstil angepasst. Bis in die 1690er Jahre hinein dauerten die Rekonstruktionsarbeiten

im Vierschimmelsaal

schoss des ehemaligen

Maximilianischen

und

in den

Baus an, deren

Steinzimmern

im

Hauptge-

künstlerische Ausstattungen

fast vollständig dem Residenzbrand von 1674 zum Opfer gefallen waren.1677 Obwohl sich in dieser Zeit im gesamten süddeutschen Raum das Zusammenspiel von Stuck und Fresprofaner und sakraler Raume durchsetzte, wurden für

ken in der Innenraumgestaltung

die Rekonstruktionsarbeiten der Steinzimmer und des Vierschimmelsaals Holzkassettendecken angefertigt, in die entsprechend der urspriinglichen wandgemälde

Innenraumgestaltung

Lein-

eingelassen wurden.

Die Schlossräume aus der alten Maximilianischen Residenz sollten also nahezu unverfälscht rekonstruiert werden, ebenso die Ausmalung.

Zur Rekonstruktion verwendete man alte Vorlagen, Skizzen und die Residenzbeschreibungen von Pistorini (1644) und Pallavicino (1667).1°”8 Zwischen

1694 und 1695 malte

Giovanni Trubillo (unbekannt) im Zuge dieser Wiederherstellungsarbeiten vier Emblemtondi für das zweite Steinzimmer (heute: Raum 109) als Allegorien der Vier-Elemente (Abb. 404-407),

die jedoch

in der historisch überlieferten Ausmalung

nicht vorhanden

waren.579 Für diese ahistorische Abweichung gibt es keine zufriedenstellende Erklärung. Die Embleme erläutern auf einfache Weise die zentralplatzierten Planetengôtter Cybele,

Emblematik in den thüringisch-ernestinischen Residenzen

Die Konservierung der Deckenausmalung aus dem vierten Steinzimmer auf der erhalte-

nen Vorkriegsaufnahme zeigt dennoch, dass in den 1680er Jahren die Emblematik als Ausstattungskunst den neuen Dekorationsformen angepasst wurde. Zeitgleich zu dem

Münchner Beispiel entstanden in thüringisch-ernestinischen und in württembergischen Schléssern weitere Emblemvorkommen als Teil der profanen Innenraumgestaltung, die

diese Entwicklung belegen. Diese regionalen Entwicklungen sind Gegenstand der folgenden Kapitel.

3.3. Emblematik in den thüringisch-ernestinischen Residenzen: Emblematik und Regionalitat Nach dem Tod von Herzog Ernst dem Frommen (1601-1675) wurde das ernestinische Herzogtum

Sachsen-Gotha-Altenburg

am 24. Februar 1680 mit dem

sogenannten

Go-

. Diese groRe Landesteilung thaer Hauptrecef unter seinen sieben Sôhnen aufgeteilt1651 ermôglichte den Erben auf dem Gebiet des heutigen Thüringens und in Oberfranken eine umfangreiche Schlossbautatigkeit in den neugeschaffenen Sekundogenituren.'$82 Die Emblematik war in diesen Residenzen ein mehrfach verwendetes Medium sakraler und profaner Innenraumgestaltung. In nur wenigen Regionen des Heiligen Rômischen Reittel ches entfaltete sich die Emblematik in so kurzer Zeit zu einem wichtigen Ausdrucksmi

hôfischer Repräsentation. Die Polyvalenz und die Multifunktionalität der Emblematik werden in den thüringisch-ernestinischen Residenzen entsprechend eindrücklich veranschaulicht.

Ausgangspunkt dieser Entwicklung ist ein Emblemvorkommen

aus der Erstausstattung

der Schlosskirche St. Trinitatis von Schloss Friedenstein in Gotha, das bereits bei der

Juno, Neptun und Vulkan, die ebenso die Vier-Elemente personifizieren.15®° Diese Emblemtondi, ausgeführt als Leinwandgemälde, waren die letzten Emblemmalereien, die in der Münchner Residenz ausgeführt wurden.

| i gen iinn Spàtmittelalter und frühen Neuzeit. Landesteilun ini i g? Diei Wettinischen Klein:i Verpasste Staatsbildun Zur Bedeutung von SukzessionsordIn: Jì?ìgrf?rîs Kunisch ἐνορῶ, Neuhaus (Hrsg.): Der dynastische Fürstenstaat. 21) Berlin 1982, S. 89-114, hier: S. nungen für die Entstehung des frühmodernen Staates. (Historische Forschungen;

1674 Übersetzt nach: Ebd., S. 260.

1981

1675 Zu den Emblemfresken, siehe auch: CbDD (1989), 3/2, S. 296.

103.

1676 Baumstark (1976), S. 187 u. S. 205, Anm. 157-158. 1677 CbDD (1989), 3/2, 8. 299.

1678 Zu Bildausstattung des Vierschimmelsaals und der Steinzimmer und deren Rekonstruktion, siehe: CbDD 3/2, 8. 299-334.

(1989),

1679 Pistorini (1644), fol. 34v-36v. Im Katalog und Emblemregister verzeichnet unter der Reg. Nr. MR-ME E 91 bis MR-

ME E

94, siehe: Katalog und Emblemregister, Tab, 20, S. 688.

1680 CbDD (1989), 3/2, 8. 310-315.

ank Frank ] . . In: In: Konrad Scheurmann, Jérdis i i der Residenzkultur Ù i Jacobsen: : DieDi Blütezeit i i u.a.: Roswitha hierzu 1682 Siehe sta Essays. Thüringen - Land der Residenzen. Bd. 3 (3), Mainz 2004, S. 52-64 / _ (Hrsg.): vou SE ἰη: asker ne ogramm und Baukonjunkturen zwischen 1650 und baat . Set

Architekturpr ι exte. | Ù 19. Jahrhu Hrsg.): Residenzkultur in Thüringen vom 16. bis zum b ith (Hrsg.): ems. Bärnighausen Hendrik Jacobsen, Roswitha / 102-113 S. 1999, de τὸν δ ot Thüringer Schlossbauten vor 1680, eto " ser in Thüringen. Kulturhistorische Porträts. Bucha bei Jena 1998. — Zu den bis 1670. (Beiträge zur Kunstgeschichte 1620 Thüringen. in Schlossbaues des Geschichte Hans Heinrich Heubach: Thiringens; 4) Jena 1906.

372

Embleme in komplexen Bildprogrammen

373

Emblematik in den thüringisch-ernestinischen Residenzen

Kirchweihe am 17. September 1646 vorlag. 1683 Andreas Rudolphi (1601-1679), der 1636

die Darstellung des landesherrlichen Kirchenregiments und der lutherischen Lehre (Sum-

als Kammerdiener und ab 1665 als Bibliothekar in den Dienst von Ernst |. von Sachsen-

mepiscopat).587 Vor allem die Prasentation der lutherischen

Gotha eintrat, dokumentierte deskriptiv und mit Planskizzen die Architektur- und Innenraumgestaltung

der Gothaer

Schlosskirche.

Seine

Ausführungen

wurden

von

seinem

Sohn Friedrich Rudolphi (1642-1722) in den zweiten Teil der mehrbändigen Chronik Gothica diplomatica (Frankfurt am Main, Leipzig: Gensch 1717) aufgenommen. Dort heifit es zur Funktion der Embleme: ,An den Säulen sahe man erbauliche emblemata mit nachdrücklichen expressionen auf was Arth man sich in der Kirche und beym Gottes=Dienst zu verhalten habe.“684 Dieser emblematische Verhaltenskodex wurde nach der Neuausstattung der Gothaer Schlosskirche unter Herzog Friedrich |. von Sachsen-Gotha-Alten-

burg (1646-1691) zusammen mit anderen Bildwerken und Ausstattungsgegenständen in die Kirche St. Peter und Paul nach Grafentonna überführt.'$8$ Diese sakralen Malereien zeigen nach meinem Kenntnisstand das älteste Emblemprogramm in Thüringen, welches Vorbild fur viele weitere Emblemvorkommen in ernestinischen Schlosskirchenbauten war. Diese Sakralbauten bildeten in den thüringisch-ernestinischen Sekundogenituren das Zentrum der politischen, dynastischen und konfessionellen Repräsentation. 1586. Architektur und Innenraumgestaltung der Schlosskirchen hatten entsprechend mehrere

Lehre erfolgte hier insbe-

sondere durch die Emblematik und weitere bildlich-literäre Kunstformen.'$f6 Eine Gesamtdarstellung über den thüringisch-ernestinischen Schlosskirchenbau des 17. und 18.

Jahrhunderts und deren repräsentative Dimensionen hat jüngst Niels Fleck vorgelegt. Im

Zuge dieser Studie hat Fleck die Emblemvorkommen ständig

dokumentiert,

darunter

jene

von

Schloss

aus diesen Schlosskirchen voll-

Christiansburg

in

Eisenberg,

von

Schloss Saalfeld und von Schloss Ehrenburg in Coburg. "55° Teil 1680 wurde die Emblematik in den thüringisch-ernestinischen Residenzen auch chste der profanen Innenraumausmalung von fürstlichen Paradezimmern. Das umfangrei Um

Eiund zugleich ungewéhnlichste Emblemvorkommen blieb in Schloss Christiansburg in

Weiensenberg erhalten. Der Maler Johann Oswald Harms, der die Emblemfresken der Trinitatis St. che felser Schlosskirche und die Emblemfresken der Eisenberger Schlosskir erhaltene Embmalte, schuf in den Innenraumen von Schloss Christiansburg das älteste lemvorkommen

in einem thüringischen Profanbau.

Funktionen zu erfüllen und sichtbar zu machen: Die standesgemäke Repräsentation der Herrscherpersônlichkeit und des Herrscheramtes (fürstliche Gottesgnadentum als Herrschaftslegitimation), die Darstellung der Dynastie (Gesamthaus des Fürstengeschlechts), die personalisierte Genealogie des Fürsten (erbliche Legitimation der Nebenlinien) sowie

des Sakralraums in thüringisch-ernestinischen 1687 Ulrich Schütte hat die These formuliert, dass die Funktionsbereiche die raumstrukturierende Architekturspradurch urg Wilhelmsb Weimarer der che Residenzen erstmals in der Schlosskir Zentralbau mit vertikaler Ausrichtung wurde: eführt zusammeng ) 1620-1667 che von Johann Moritz Richter d. À. (um durch Fürstengruft unter dem Altarau Memorialb zum che auf den Kanzelalter im Altarraum, Erhebung der Schlosskir Säulenordnung in Superposition und seitlicher Fürstenraum, Einführung der zweigeschossigen Arkadenempore mit

Sakraler Raum und die Kérper der Fürsten. loge, Etablierung einer Musikgalerie usw., vergleiche: Ulrich Schütte: um 1700. In: Kilian Heck, Bernhard Jahn Territorien hen thüringisc den in Denken sches genealogi und ellen SchloRkap und Texte zur Sozialgeschichte der Lite(Studien Neuzeit. Früher und Mittelalter in Denkform (Hrsg.): Genealogie als Kirchenbau von Niels Fleck hat die ischen h-ernestin thüringisc zum Studie Die — 123-135. ratur; 80) Tubingen 2000, 8. wurde fiir die

1ε83 Niels Fleck: Die Schlosskirche auf dem Friedenstein zu Gotha. Zum Wandel fürstlicher Repräsentationsstrategien im 17. Jahrhundert. In: Zeitschrift für Thüringische Geschichte 64 (2010), 133-180. — Zur Baugeschichte von Schloss Friedenstein, siehe: Heiko La: Zur Baugeschichte von Schloss Friedenstein. In: Franz Nagel (Red.): Residenz Gotha. Schloss Friedenstein und Herzoglicher Park Gotha. Zehn Jahre Sanierung durch die Stiftung Thüringer Schlôsser und Garten. (Berichte der Stiftung Thüringer Schlôsser und Garten; 12) Petersberg 2014, 8. 10-21 / Marc Rohrmüller: Nach dem Sturm. Schloss Friedenstein zu Gotha. In: Konrad Scheurmann, Jérdis Frank (Hrsg.): neu entdeckt. Thüringen — Land der Residenzen. Katalog 1 (3). Mainz 2004, S. 393-403. 1684 Rudolphi (1717), ll, 8. 168.

1685 Fleck (2015), S. 98ff. — Der Beschluss, dass die Gothaer Erstausstattung in die Kirche nach Gräfentonna überführt

werden sollte, wurde erst im Dezember 1688 gefasst. Ein geplanter Umbau der dortigen Kirche St. Peter und Paul für das Jahr 1682 wurde nicht umgesetzt. Erst 1690 beschloss Herzog Friedrich |. den Abriss der Kirche und deren Neubau als Hofkirche fur seine Nebenresidenz Grafentonna durch den Landbaumeister Jeremias Tütleb (tatig 1680-nach pre se agde à we rene und November 1692 wurde der Neubau mit der vollstandigen ErstausÀ est) e eingerichtet, 3 rah siehe: ΕἸ eck (2015), S. ; 100ff. u. Anm. 461 (hier aer Schlosskirche i Verweisi auf: : ThStA

1686 Niels Fleck: Konfession und Memoria. Zu den Schlosskirchen der ernestinischen Residenzen in Thüringen. In:

Jahrbuch der Stiftung Thüringer Schlésser und Garten 19 (2015), S. 65-79. — Eine Bestandsübersicht über den thüringisch-ernestinischen ich: Schloss- - und Residenzkirchen i i iin Weimar 2007.Schlosskirchenbau, siehe: Fleck ( (2015) ) // H Hartmut t Ellrich: Thüringen.

281-284. — Das gesamte Weimarer Schloss These von Ulrich Schütte verstetigt, siehe: Fleck (2015), S. d für den mitteldeutschen Schlosskirchenbau. Die zweite Halfte des 17. und zu Beginn des 18. Jahrhundert stilpragen seinen gleichnamigen Sohn Johann Moritz d. durch allem vor architektonische Formsprache von Richter d. A. wurde Zum Einflu& Wilhelms IV. von

hierzu: Frank Boblenz: J. (1647-1705) an die anderen Wettiner Hôfe vermittelt, siehe Jacobsen (Hrsg.): Residenzkultur in Thüringen vom Roswitha In: . Architektur der g Entwicklun die auf Sachsen-Weimar bei Jena 1999, S. 114-147, hier: S. 136ff. 8) Bucha 16. bis zum 19. Jahrhundert. (Palmbaum Texte. Kulturgeschichte;

verwiesen, dass diese These belegt. In der Meininger 1688 Es sei an dieser Stelle auf ein nicht-emblematisches Beispiel nt) einen Bilderkatechismus auf die 49 Felder (unbekan Sanger Schlosskirche St. Trinitatis malte um 1692 der Hofmaler des Katechismus-Lehrbuches Christliche gottseelige ge Neuaufla eine ihm diente Vorlage Als rüstung. Emporenb der Evenius (um 1587-1639). Kombiniert wurden die EmBilder-Schul (Nurnberg, Gotha: Ender 1673) von Sigismund r Schlosskirche ist nicht mehr erhalten,

ung der Meininge porenbilder mit 238 Bibelversen an den Wanden. Die Ausstatt Elisabeungs=Gedachtnis Der Furst. Sachs. SchloB=Kirchen sie wurde aber in der Festschrift zur Kirchweih Einweih Tempels Der dokumentiert unter dem Titel Biblischer Kirchen Zierath Des

then=Burgk zu Meiningen (Meiningen: s.a.)

Heil. Dreieinigkeit, vergleiche: Fleck (2015), S. 203f.

ch-emblematischen Bilde ebens 0: Niels Fleck: Die allegoris 1689 Siehe: Fleck (2015). — Weiterführende Literatur, siehe fir Kunstwissenschaft 34 (2007), $. 217-und Schlosskirche Saalfeld. In: Marburger Jahrbuch

programme in Schloss des PieChristiansburg in Eisenberg/ Thiringen. Zum Einfluss 249 | Iris Kolomaznik: Die Deckengemalde im Schloss 157-163 / Helga Baier-Schrécke: Die Saal-

hier: Abb. tismus auf das Bildprogramm. Jena, Univ., Diss., 2003 [2004], November MCMLVII. Leipzig 1958, S. 247-254 / Helga felder SchloRkapelle. In: Festschrift Johannes Jahn zum XXII. JahrIhre stilistische Herkunft und ihre Stukkateure. In: zu Coburg. Baier-Schrécke: Die Schlo@kapelle der Ehrenburg buch der Coburger Landesstiftung (1958), S. 185-202.

374

Embleme in komplexen Bildprogrammen

3.3.1. Exegetische Embleme in den Appartements von Schloss Christiansburg in

Eisenberg Im Nachlass von Johann Oswald Harms befinden sich im Herzog Anton Ulrich-Museum zu Braunschweig mehrere Entwurfszeichnungen, die der Maler für Herzog Christian von Sachsen-Eisenberg anfertigte, darunter zahlreiche Emblemvorzeichnungen für die herrschaftlichen Appartements. Die ersten braunen Federzeichnungen in grauer Lavierung sind auf das Jahr 1680 datiert, Putti-Darstellungen, die für das sogenannte Tafelgemach (heute: Foyer, Westflugel) im ersten Obergeschoss des Westfliigels von Schloss Christiansburg angedacht waren (Abb. 408, 410).'°°° Für das selbe Tafelgemach entwarf Harms

1683, also etwa drei Jahre später, zwei weitere Darstellungen mit Putti (Abb. 409).1621 Beide Entwürfe wurden nach 1683 im Tafelgemach dann auch tatsächlich ausgeführt (Abb. 411). Im Harms-Nachlass in Braunschweig sind weitere Entwirfe erhalten geblieben, die in einem Zeitraum von 1680 bis 1686/1689 entstanden und erst zum Teil ein

Jahrzehnt später als Seccomalereien in den Schlossräumen ausgeführt wurden. 1692 Die zeitliche Diskrepanz, die zwischen den Entwürfen und der tatsächlichen Ausführung liegt, bedarf einer genaueren Betrachtung. Ihre Entstehungs- und Anbringungsgeschichte ist dabei eng verbunden mit der komplexen Baugeschichte von Schloss Christiansburg. Nach

der ernestinischen

Landesteilung

von

1676

erhielt Herzog

Christian,

der funfte

Sohn von Herzog Ernst |. von Sachsen-Gotha-Altenburg, das alte Eisenberger Renaissanceschloss aus dem zweiten Drittel des 16. Jahrhunderts als Apanagesitz. Noch vor dem Gothaer HauptreceR vom 24. Februar 1680, der die Landesteilung von SachsenGotha-Altenburg unter den sieben Séhnen Ernst des Frommen endgültig besiegelte,

375

Emblematik in den thüringisch-ernestinischen Residenzen: Schloss Christiansburg

plante Herzog Christian von Sachsen-Eisenberg anstelle des vorhandenen Renaissanceschlosses einen repräsentativen Neubau.'®%° Die Plane für diesen Neubau lieferte ent-

weder der Altenburger Hofbaumeister Christian Wilhelm Gundermann (tatig zw. 1667— 1680er Jahre), der zur gleichen Zeit mit dem Neubau von Schloss Saalfeld betraut wurde, oder Johann Moritz Richter d. J., der in WeiRenfels und Zeitz die Schlossneubauten be[694 Am 7. Marz 1677 wurde der Grundstein für den Südflügel gelegt, der das aufsichtigte. Corps de Logis einer auf die Stadt ausgerichteten Dreiflugelanlage bilden sollte. 1° Im Mai gleichen Jahres reiste Herzog Christian auf die Baustellen des Architekten Johann Moritz d. J. nach Weifenfels und Zeitz. Woméglich vermittelte ihm der Architekt Richter

d. J. wahrend dieser Besichtigungsreise die beiden Stuckateure Bartolomeo Quadro (tatig 1670er u. 1680er Jahre) und Giovanni Caroveri (geb. 1624), die 1678 noch vertraglich an Herzog Johann Adolf |. von Sachsen-WeiRenfels gebunden waren, aber schlieRlich am 20. September 1679 nach Eisenberg kamen. Schon nach einem Jahr Bauzeit stand der Rohbau des Corps de Logis am 15. Juni 1678. Weil nun Quadro und Caroveri noch in WeiRenfels verweilten, sollte der Stuckateur Georg Liebig (tatig in den 1670er Jahren) aus Leipzig für zwôlf Zimmer im Südflügel die ersten Stuckarbeiten ausführen. Ein gemeinsam ausgearbeiteter Vertrag zwischen dem Herzog und Liebig kam jedoch aus unbekannten Gründen nicht zum Abschluss. An seiner Stelle erhielt der aus Bohmen stammende Bildhauer Andreas Cornelius (unbekannt) im Oktober eine Jahresanstellung am

Eisenberger Hof. Er sollte vermutlich die Arbeiten von Quadro und Caroveri vorbereiten.16% Noch vor der Ankunft der beiden italienischen Stuckateure erlitt Herzog Christian allerdings einen schweren

Schicksalsschlag, der eine vòllige Neuplanung

der Gesamt-

anlage nach sich zog. Seine Gemahlin Christiane von Sachsen-Merseburg (1659-1679)

war verstarb nach zwei Jahren Ehe im Kindsbett. In der Erstplanung der Dreiflügelanlage

mit der Baugeschichte von 1893 Fleck (2015), 8. 137. — Fleck verweist auf eine umfangreiche Sekundärliteratur, die sich

Ich beziehe mich bei der Baugeschichte Schloss Christiansburg beschäftigt, siehe: Fleck (2015), S. 137, Anm. 656. — n: Kolomaznik (2003), S. 26-42 / und der Geschichte der Innenraumausgestaltung auf weitere folgende Ausführunge Bäringhausen (Hrsg.): ResiHendrick Jacobsen, Roswitha In: Eisenberg. in rg Christiansbu Detlef Ignasiak. Schloss

18% Siehe: Braunschweig, HAUM, Kupferstichkabinett, Kiebeband,

Z Harms H 27 Bd. 49, fol. 41 (Sign. Z 4470) .

1691 Siehe: Braunschweig, HAUM, Kupferstichkabinett, Klebeband, Z Harms H 27 Bd. 47, 21 ro (Sign Z 3835). 1682 Ein letzter Entwurf von Harms für Herzog Christian wurde auf das Jahr 1689 datiert. Es handelt sich um eine Engelsfigur mit dem Spruchband ,VULNERE SANAT“, die auch zwischen 1701-1704 im Schlafgemach im Obergeschoss des Südflügels von Schloss Christiansburg an die Decke gemalt wurde. Siehe: Braunschweig, HAUM, Kupfer-

stichkabinett, Z Harms H 27 Bd. 49, fol. 40r o. re (Sign 4471). — Ein biografischer Uberblick und zum Werk von Harms,

siehe: Christian von Heusinger: Harms’ Nachlass in Braunschweig. In: Stadt Braunschweig (Hrsg.): 300 Jahre Theater in Braunschweig: 1690 — 1990. Braunschweig 1990, 8. 436-445 / Horst Richter: Johann Oswald Harms. Ein deutscher

Theaterdekorateur des Barock. (Die Schaubühne. Quellen und Forschungen zur Theatergeschichte; 58) Emsdetten 1963 ' / Hans Tintelnot: Johann Oswald Harms. ‘ Ein norddeutscher Maler des B k. I i :In: Vereins für Kunstwissenschaft 8 (1941), S.245-260. pe id

Zei i gen Sica

iis

113-120 / G. Pilling: Nachrichten denz-Schlésser in Thüringen. Kulturhistorische Porträts. Bucha bei Jena 1998. S. Eisenberg und den Schlo&bau daselbst auf aus der Zeit von Michaelis 1676 bis Ende 1680 betr. Herzog Christian zu in Thüringen 2 (1888), S. Grund von Rechnungen. In: Mitteilungen des Geschichts- und Altertumsvereins Eisenberg zu Eisenberg 71-114 / G. Pilling: Nachrichten aus der Zeit von Michaelis 1676 bis Ende 1680 betr. Herzog Christian und den Schlo®bau daselbst auf Grund von Rechnungen. senberg in Thüringen 1 (1886), S. 41-87.

In: Mitteilungen des Geschichts- und Altertumsvereins Ei-

sollte, ihm dann (2015), 8. 137f. — Ignasiak ist der Ansicht, dass zuerst Gundermann den Neubau ausführen

1694 Fleck n führte spater lediglich die Plane aus, die von Herzog Christian allerdings Richter d. J. vorgesetzt wurde. Gunderman Richter lieferte, vergleiche: Ignasiak (1998), 5. 114. 1695 |gnasiak (1998), S. 115.

Eisenberg 1999, S. 34. 1696 Willi Stubenvoll: Schloss Christiansburg in Eisenberg. Protokoll einer Metamorphose.

Embleme in komplexen Bildprogrammen

offenbar keine Schlosskirche mit fürstlicher Grablege vorgesehen.'®°” Um die verstorbene Herzogin standesgemäkR begraben zu kénnen, musste der Leichnam von Herzogin

Christiane in die Furstengruft ihrer Eltern in den Merseburger Dom überführt werden. In den Folgemonaten nach dem Tod der Herzogin wurde intensiv an einer Neuausrichtung der Schlossanlage gearbeitet. Die Uberarbeitung der vorhandenen

Plane durch Johann

Moritz Richter d. J. war nun von zwei entscheidenden Aufgaben bestimmt. Zum einen sollte mit dem Bau einer Schlosskirche das Fehlen einer Fürstengruft kompensiert und zweitens

die Gesamtanlage

vergréfert werden,

da

mit dem

Bau

einer Schlosskirche

Raumlichkeiten verloren gingen.'®°° Nicht zuletzt wurde mit dem Gothaer HauptrecefR die Stadt Eisenberg als Residenz des Hauses Sachsen-Eisenberg endgültig verstetigt. Her-

zog Christian konnte sich dadurch als Souverän der neubegründeten ernestinischen Lan-

desherrschaft Sachsen-Eisenberg etablieren.'$% Unter Einbezug von älteren Gebäude-

Emblematik in den thüringisch-ernestinischen Residenzen: Schloss Christiansburg

Die planerische Neugestaltung der Schlossanlage nach dem Tod der Herzogin hatte für die Innenraumgestaltung erhebliche Konsequenzen. Während noch bis 1680 intensiv an der Stuckdekoration der herzoglichen Appartements im Alten Corps de logis (Südflügel)

gearbeitet wurde, Caroveri und Quadro erhielten am 6. August 1680'7°' dafür eine Abschlusszahlung, konzentrierten sich die weiteren Arbeiten auf den neuen Nordflügel und die Schlosskirche am Ostflügel. Die Baugeschichte des Nordflügels lässt sich nicht mehr vollstandig nachvollziehen. Willi Stubenvoll geht davon aus, dass der Rohbau bereits 1680 vollendet war und im Anschluss mit dem Bau der Schlosskirche begonnen worden ist.1702 Wahrend nun die reprasentativen Appartements in der Erstplanung in der Beletage des Südflügels vorgesehen waren und die Stuckdekorationen von Caroveri und Quadro Mitte 1680 bereits fertig waren, entschloss sich Herzog Christian wohl noch im selben Jahr, sein Appartement de parade in das zweite Obergeschoss des neuerrichteten Nord-

teilen des ehemaligen Renaissanceschlosses an der Ostseite der Anlage wurde die Schlosskirche als Querkirche an den vorhandenen Corps de Logis (Südflügel) angebaut. Die Sakralfunktion ist durch den Glockenturm und den erkerférmigen Chorabschluss bis

flügels zu verlegen. Grund für die Umdisponierung waren vermutlich seine Plane für eine

heute sichtbar. Mit dem pavillonartigen Abschluss des Ostflügels, der aus Gründen der Symmetrie ebenso am Westflügel umgesetzt werden sollte, folgte Richter der Gestaltung der Seitenflügel von Schloss Friedenstein in Gotha. Um den Raummangel zu beheben,

wurde. Seine zweite Ehefrau sollte ihr Appartement de parade ebenso im Nordflügel erhalten, allerdings im ersten Obergeschoss. Die weitere Innenraumgestaltung des Südflü-

der nun durch die Umgestaltung des Ostflügels entstanden ist, entschloss man sich zu einem Verbindungsbau auf Hohe der Schlosskirche am Ostflügel und einem geplanten Pavillonbau als Abschluss des Westflügels. Mit dem Bau des Nordflügels schloss Richter die ursprünglich geplante Dreifliigelaniage zu einer Vierflügelantage mit Pavillonbauten am Ostflügel (Schlosskirche) und am Westflügel. Der geplante Pavillonbau des Westflügels konnte jedoch letztendlich aus Mangel an finanziellen Mitteln nicht realisiert werden.1700

zweite Ehe, die nach einer fast zweijährigen Trauerzeit schlieBlich auch am 9. Februar

1681 in Darmstadt mit Sophie Marie von Hessen-Darmstadt (1661-1712) geschlossen

gels erfolgte wegen der neuen Disposition der herrschaftlichen Appartements gr6éRtenteils erst nach 1683. Der Grundstein für den Schlosskirchenbau lässt sich hingegen genau auf den 30. April 1680 datieren: Das Datum erscheint in einer Inschrift am Sockel

des erkerartigen Choranbaus.'7°? Der Rohbau der Kirche scheint schlieRlich zwischen

dem 26. Oktober und dem 16. November 1683 fertiggestellt worden zu sein, denn Herzog Christian erlie& an diesen Tagen erste Aufträge zur Innenraumausstattung für die Schlosskirche. 1704

Die von Johann Moritz Richter d. J. ausgeführten Planänderungen in der äuRerlichen Gestaltung der Schlossanlage zeigen eine Orientierung an wettinischen Schlossbauten.

17 Das Fehlen einer solchen Schlosskirche in der Erstplanung der Anlage wurde in der Forschungsliteratur unter-

schiedlich bewertet. Niels Fleck hat sich intensiv mit den Archivalien zur Baugeschichte von Schloss Christiansburg beschäftigt und konnte vor dem Tod der Herzogin keinen Hinweis auf eine Schlosskirche in der Erstplanung der Anlage entdecken (Fleck (2015), 5. 155). Er folgt damit der Rekonstruktion der Baugeschichte von Pilling (Pilling (1888), S.

58). Wilfried Warsitzka formulierte ohne Quellennachweis die These, dass Herzog Christian den Bau einer Schlosskir-

che nach der Grundsteinlegung des Schlosses am 7. Marz 1677 nicht a priori behandelte und erst zu Beginn des Jahres 1679 den Architekten Gundermann mit der Planung einer solchen Kirche beauftragte (Wilfried Warsitzka: Herzog Christian von Sachsen und der Bau der Schlosskirche zu Eisenberg. Jena 1992, 8. 59). Er folgt damit einer Annahme von Herbert Werner, der davon ausgeht, dass die Planung einer Schlosskirche noch vor dem Tod der Herzogin erwogen und durch deren Ableben lediglich beschleunigt wurde (Werner (1934), S. 513).

1698 Grundlegende Literatur zur Baugeschichte der Eisenberger Schlosskirche, siehe: Fleck (2015), 8. 141-170 / Ko-

lomaznik (2003), S. 108-142. τὰ Eine Ubersicht über die vorhandene Sekundärliteratur, siehe: Fleck (2015), 8. 141, Anm. 673. — Als einführende Literatur, siehe auch: Warsitzka (1992) / Baier-Schrécke (1962).

1699 Fleck (2015), 8. 157 / Kolomaznik (2003), 8. 34. 1700 Kolomaznik (2003), S. 139.

1701 Stubenvoll (1999), S. 6. 1702 Ἐρα., 8. 30. 5.

Beschrei1703 Das Datum der Grundsteinlegung wird auch auf dem Titelblatt der anlàsslich zur Kirchweih erschienenen

Designation Derjenibung der vorhandenen Inschriften und Embleme der Eisenberger Schlosskirche erwähnt, siehe: en alhier zur ChrisSchlo&=kirch neuerbauten der auRerhalb und im sich welche Emblematum, und gen Inscriptionen Fleck (2015), 5. siehe: vor, transkribiert liegt Text — Ar. BI. 1692, Meisse Eisenberg: befinden. tiansburg in Eisenberg

a. Ei164-169 (Anhang III). - Siehe ebenso: M. Johann David Gschwend: Eisenbergische Stadt= und Land=Chronik

senberg: Walthern 1758, S. 307f.

es heit, dass der Bau 1704 Fleck verweist auf den Auftrag für den Orgelbauer Christoph Donat (1625-1706), in dem soweit fertiggestellt sei, dass mit dem Ornamentieren des Innenraums begonnen werden kann, siehe: ThStA Altenburg,

erhielten am Domanefideikommis B X 7, BI. 1-3. Ausschnitt zitiert bei: Fleck (2015), S. 156f u. Anm. 141. — AuRerdem , vergleiSchlosskirche der ckierung Innenraumstu zur Auftrag ersten einen Caroveri und Quadro 16. November 1683

B X 6, BI. 19-25). che: Fleck (2015), $. 157, Anm. 743 (hier Verweis auf. ThStA Altenburg, Domanenfideikommis

Es wurde

aber durchaus

auch

nach

eigenständigen

Embleme in komplexen Bildprogrammen

Emblematik in den thüringisch-ernestinischen Residenzen: Schloss Christiansburg

L6sungen

Christian von Sachsen-Eisenberg

gesucht.

Vor allem die

Disposition der Schlosskirche als Querkirche am Ostflügel der Anlage verweist auf das planerische Geschick von Richter d. J. Ahnlich wie im AuRenbau entwickelte er die Raumstrukturen der Schlosskirchen von Weimar und WeiRenfels in Eisenberg weiter, ohne die traditionellen Grundprinzipien des protestantischen Schlosskirchenbaus in Mitteldeutsch-

land in Frage zu stellen. Auch die Ausmalung des Sakralraums folgt grundsätzlich den regionalen Vorbildern.'7°> Das malerische Programm der Profanräume erscheint in seiner Zusammenstellung

aus

biblischen,

mythologischen

und

emblematischen

Bildinhalten

hingegen als vorbildlos.

Die Ausmalung der herrschaftlichen Appartements blieb lange Zeit unbekannt. 1805 wurde Schloss Christiansburg Herzogin Charlotte Amalie von Sachsen-Gotha-Altenburg (1751-1827),

geborene

Prinzessin von Sachsen-Merseburg,

als Witwensitz zu gespro-

chen. Bei der Neuausstattung der Schlossinnenraume wurden samtliche Deckenfresken

übertüncht. Zwischen 1921 und 1952 beherbergte das Schloss das Rathaus von Eisenberg, 1935 wurden erste Fresken wieder freigelegt und wegen einer mangelhaften Restaurierung jedoch erneut Ubermalt. Erst wahrend umfangreicher Umbaumaknahmen im Schloss, das ab 1952 Sitz der Ratsverwaltung Kreis Eisenberg war, konnten mehrere Deckenfresken freigelegt werden. In den 1990er Jahren zog während dieser Umbaumaf-

nahmen das Landratsamt des Saale-Holzland-Kreises in das Schloss.'7 Mit den freigelegten Fresken hat sich im Anschluss an die Restaurierungsmafinahmen zuerst Willi Stubenvoll beschäftigt, darauffolgend Iris Kolomaznik und im Zusammenhang mit der Ausmalung der Eisenberger Schlosskirche jüngst Niels Fleck.17°” Die freigelegten Fresken konnten schlieRilich eindeutig vorhandenen Entwurfszeichnungen aus dem Braunschweiger Nachlass von Johann Oswald Harms zugeordnet werden.

auf der Leipziger Ostermesse zwòlf Gemälde frankischer und sächsischer Kònige und Kaiser des 9. bis ins 11. Jahrhundert. Im selben Jahr lie& sich der Herzog und seine Gemahlin Christiane von Sachsen-Merseburg von Benjamin Block (1631-1689) porträtieren. Block sollte auRerdem ein Gemalde von Ernst |. von

Sachsen-Gotha-Altenburg anfertigen.'7°° Jene Leinwandgemälde wurden noch vor der

Geburt seiner Tochter und dem Tod seiner ersten Ehefrau im sogenannten Kaisersaal im zweiten Obergeschoss des Südflügels angebracht.'7'° Unklar ist die genauere Anzahl

der Leinwandgemälde und deren Erstanbringung im Saal. Stubenvoll geht davon aus, dass die Leinwandgemälde der Kônige und Kaiser zuerst an den Wandflachen des Saales aufgehangt und bei einem Umbau des Saales 1701/1702 um zwei Kaiserportrats (Karl der Grofe, Otto Ill.) erweitert an der Saaldecke angebracht wurden.711 Im Rauminventar von 1707 werden weitere Porträtgemälde an den Wänden genannt. Zum einen zeigten die Gemälde amtierende rémisch-deutsche Kaiser und weitere Fürsten mit ihren Gemahlinnen aus der Regierungszeit von Herzog Christian und zusätzlich weitere Portrats der herzoglichen Familien. Es ist davon auszugehen, dass die meisten dieser Porträts schon

zu Beginn der 1680er Jahre im Saal vorhanden waren.712 Kolomaznik deutet diesen so-

genannten Kaisersaal als Memorialsaal. Obwohl Herzog Christian am 9. Februar 1681 sich mit Sofie Marie von Hessen-Darmstadt ein zweites Mal verheiratete, blieben die Portrats der Familienangehdrigen seiner verstorbenen ersten Ehefrau Christiane aus dem Hause Sachsen-Merseburg die Familie seiner zweiten

im Saal aufgehängt. Der Portratzyklus wurde auch nicht um Ehefrau ergänzt. In den vorhandenen Rauminventaren von

Mit1707 und 1794 finden sich auf den Saal bezogen keine Hinweise auf Portrats von Ehefrau erste gliedern aus dem Hause Hessen-Darmstadt.17'3 Das Andenken an seine scheinbar und Mutter seiner Tochter Christiane, die in diesem Saal getauft wurde, sollte

Als Harms fur die sogenannte Tafelstube (heute: Foyer, Westflugel) 1680 seine ersten Entwirfe vorlegte, befanden sich Kirche und Nordfliigel gerade im Bau, die Stuckarbeiten

im gesamten Südflügel waren dagegen bereits abgeschlossen. 7% Die einzigen Malerarbeiten, die bis 1680 im alten Corps de Logis (Südflügel) bereits vorlagen, scheinen sich im Festsaal im zweiten Obergeschoss befunden zu haben. Bereits 1677 erwarb Herzog

1705 Zum malerischen Programm der Schlosskirche, siehe: Fleck (2015), 8. 141-170 / Kolomaznik (2003), 8. 108-142.

1709 Stubenvoll (1999), S. 34.

vorhandene Bildausstattung des Saales 1710 Die Bezeichnung des Saales als Kaisersaal bezieht sich auf die heute noch der Saal als Grofer Saal bezeichnet. wird Inventaren den In Saaldecke. der an Kaiserbildnissen

mit jenen vierzehn verzeichnet. Die Kaiserportrats wurden Auf dem Grundrissplan um 1862 ist der Saal dagegen als Bibliothekssaal an der Decke angebracht und der Saal als schlieBlich 1951 abgenommen und deponiert. Erst 1994 wurden sie wieder Kaisersaal bezeichnet, vergleiche: Kolomatznik (2003), S. 51.

frankischer und sächsischer Kénig und Kaiser 1711 Im Inventar von 1794 werden nur jene vierzehn Leinwandgemälde Zum sogenannten Kaisersaal, siehe: Kolomafehlen. Familie herzoglichen der Portrats die erwahnt, an der Saaldecke ist bisher unbekannt. Es wird verLeinwandgemälde der Maler Der — 9. 8. znik (2003), S.47-68 / Stubenvoll (1999), stammt, vergleiche:

ts Einen Überblick über die Nutzungsgeschichte von Schloss Christiansburg in Eisenberg, siehe: Ignasiak (1998), 8.

(tatig um 1679) mutet, dass er aus dem Umfeld des Malers und Kunsthandlers Erasmus Lüderitz Kolomaznik (2003), S. 48.

1707 Im Anschluss an die UmbaumaBnahmen erschien 1999 eine einführende Festschrift von Willi Stubenvoll, der einen ersten Uberblick über die freigelegten Fresken lieferte: Stubenvoll (1999). — Darauf folgten weitere Studien, siehe: Kolomaznik (2003) / Fleck (2014), S. 137-141.

1681. Darunter zum Festsaal im zweiten Obergeschoss des ausführte. Das Reiterportrat befindet sich heute im Assemblée-Zimmer 35. u. 34 5. Ostflügels, vergleiche: Stubenvoll (1999),

1708 Stubenvoll (1999), 8. 34 / Pilling (1888), S. 60.

1713 Kolomaznik (2003), 8. 50.

fünf Gemälden im Festsaal am 25. Oktober 1712 Fleck (2015), 8. 138. — Stubenvoll verweist auf die Anbringung von zwischen Mai und Juli 1680 befand sich ein Reiterportrat von Herzog Christian, dass Benjamin Block

Embleme in komplexen Bildprogrammen

konserviert werden, womôglich auch, weil zu diesem Zeitpunkt eben eine Schlosskirche mit Familiengruft als Memorialbau noch nicht vorhanden war. Nach dem also Ende 1680 zumindest die Stuckarbeiten in sieben Zimmern der Beletage des Südflügels vorlagen, der Kaisersaal eingerichtet vorlag und Harms eben für das Tafelgemach bereits Entwirfe anfertigte, erfolgten zwischen 1680 und 1682 keine weiteren Auftrage zur Innenraumausgestaltung.

Herzog Christian war den gesamten

Für die Verzôgerung

gibt es zwei

Erklärungen.

November

1680 bis einschlieRlich 12. Dezember 1680 auf Reisen, da am 9. Februar 1681 die Hochzeit mit Sofie Marie von Hessen-Darmstadt in Darmstadt erfolgte und am 11. Oktober die Huldigung des Herzogspaar im Saal von Schloss Christiansburg stattfand.1714 In dieser Zeit ruhten also die Arbeiten. AuRerdem

arbeitete

Harms

von

September

bis Ende

Oktober

1682

an der Ausmalung

der

Schlosskirche von Schloss Neu-Augustusburg in WeiRenfels. Erst 1682 folgten weitere Entwurfszeichnungen mit mythologischen Szenen von Harms für die Deckenfresken im

Gemach der Herzogin (heute: Raum 116, Südflügel) in der Beletage im Südflügel.75

Wann nun Harms tatsächlich die ersten Fresken in Schloss Christiansburg ausführte, wurde in der Forschungsliteratur unterschiedlich angeführt. Stubenvoll geht davon aus, dass noch um 1680 der Nordflügel im Rohbau fertiggestellt worden ist und Harms vor allem dort ab 1683 Fresken ausftihrte.'’'® Fleck hingegen meint, dass der Rohbau des Nordflügels erst 1687 fertiggestellt wurde und die Stuckarbeiten um 1689 durch Christoforo Tarillo (gest. um 1690)'77 vollendet worden seien, die Ausmalung also erst viel spater folgte.'7'8 Die Datierungen der erhaltenen Entwürfe aus dem Herzog Anton Ulrich-

Museum lassen hingegen einen anderen Schluss zu.'’'® Christian von Heusinger vermerkt bei seiner Durchsicht des Nachlasses von Harms Entwurfszeichnungen fiir Schloss Christiansburg aus den Jahren 1680 bis 1686.172° Somit ist fragwürdig, ob Harms selbst, der 1686 an den braunschweigisch-wolfenbütteler Hof wechselte, alle Entwirfe für Schloss Christiansburg selbst als Fresken ausfuhrte.'721

Die folgenden Ausführungen konzentrieren sich auf die vorhandenen Embleme von Harms an den Zimmerdecken des Nordflügels und auf die Bildinhalte der anderen Fresken. Soweit sich der chronologische Verlauf der Ausmalung nachvollziehen lässt, wurden die Appartements im neuerbauten Nordflügel von Harms zuerst mit Deckenfresken al secco ausgeführt. Bis Ende 1682 bereiteten die Stuckateure Quadro und Caroveri die Deckenspiegel vor, im Anschluss zeichnete Harms erste Entwürfe für die entsprechende Felderdecke und im Anschluss folgte noch Ende 1682 oder Anfang 1683 die eigentliche Ausmalung.

Im zweiten Obergeschoss des Nordflügels befand sich das erste Appartement de parade von Herzog Christian. Es bestand aus einem Audienzgemach, einem Wohngemach und einem Schlafgemach (heute: Raume 201-203, Nordflügel). Die historische Raumfolge des Appartements

blieb bis heute erhalten. Das mythologische Bildprogramm des her-

zoglichen Appartements konnte teilweise restauriert werden. Im Audienzgemach zeigen zwei querrechteckige Deckenspiegel Seccomalereien mit Friedensallegorien und in den Supraporten

Putti mit den

einzelnen

Wappenfeldern

des gro&en

Staatswappens

von

Sachsen-Gotha-Altenburg.'722 Zu diesen Deckenmalereien existieren keine Entwirfe von

Sal

ischriften der einzelnen Entwürfe wurden auf die Rückseite vermerkt. Sein Sohn Anton i gL i ey he die gesamten Entwürfe seines Vaters in drei Klebebandern, die 930 Ce ot age Ppa ere rs epi mag 1743 rire aufgelést und neugeordnet worden sind. Wie sein Vater war er zwischen 1737 und 2 mb at À schweiger Oper am Hagenmarkt.

a oT MI res a τι

Emblematik in den thüringisch-ernestinischen Residenzen: Schloss Christiansburg

1714 Pilling (1888), S. 74. 1715 Kolomaznik (2003), S. 100 / von Heusinger (1990), S. 447. — Bei den Entwürfen handelt es sich um den Raub der

Europa und Aktaion überrascht Diana im Bade. Siehe: Braunschweig, HAUM, Kupferstichkabinett, Inv. Nr. E 1 und 2. — Für einen abgeschlossenen Vertrag zwischen Harms und Herzog Christian von Sachsen-Eisenberg aus dem Jahr 1682, wie ihn Niels Fleck annimmt, konnte kein Nachweis gefunden werden, vergleiche: Fleck (2014), S. 139, Anm.

663.

1716 Stubenvoll (1999), S. 3 u. 5.

1717 Stubenvoll erwähnt denselben Stuckateur. Er erscheint als Christopf Trill in Eisenberg und erhielt 1687 einen Ver-

trag für Stuckarbeiten u.a. am Altar in der Schlosskirche. Für das Schloss nimmt Stubenvoll nur kleinere Arbeiten an, vergleiche: Stubenvoll (1999), S. 32. — Baier-Schrécke vermutet, dass jener Stuckateur (bei ihr erscheint er als Christoforo Tavilli) schon 1685 in Schloss Christiansburg tatig war und die beiden Stuckateur Quadro und Caroveri abléste, vergleiche: Baier-Schrécke (1968), S. 120.

1718 Fleck (2015), $. 139.

Die Datierungen und Beischriften wurden von ihm auf die

or =

Harms lebte berei οι Tinte transkribiert und zum Teil ergànzt, vergleiche: Tintelnot (1941), $. 245. — Anton Friedrich er den InventarnachVaters in Kassel. Zu welchem Zeitpunkt, ob in Kassel oder Braunschweig, Jahr dem Tod seines lass seines Vaters letztlich zusammenstelite, ist unklar.

1720 von Heusinger (1990), 8. 446-448.

nach 1682 für die Ausmalung der herrschaftlichen Appartements von Schloss Neu-

FAT pass Entwirfe anfertigte, die in Beischriften mit den Jahren 1682 und 1683 datiert ec i vo no ! Die Beischriften weisen zumindest daraufhin , dass Harms SL. dog gemahlet‘. fresco ,al und dem Hinweis ἵν ee tar‘ | ge lieferte. Entwürfe nur Eisenberg Schloss für und war gebunden 1683 an den Weienfelser Hof E ( intelnot εὖ —e 1683, und 1682 Jahre die für Eisenberg und eine gleichzeitige Anstellung in WeiBenfels abinett, Inv. Nr. E 1-28. 8, 250f. — Die Entwürfe liegen vor, siehe: Braunschweig, HAUM, Kupferstichk at Loren aus k en ausgepragigten Stuckrahmung i miti stark plastisch i sind i i Deckenspiegel i Beide i Decke i ist zweigeteilt. 1722 Diei und die Personifikation der besiegt Kampf im Mars die Minerva, zeigt Seccomalerei eine Dis 5 Re liegen ein Léwe und ein Lamm friedlich Pax, die mit einer Fackel die Waffen des Krieges anzündet, neben der Pax darbietet, vergleiche: vereint. Im zweiten Deckenspiegel ist Mars dargestellt, der Jupiter und Minerva seine Waffen Kolomaznik (2003), S. 142-145.

382

Embleme in komplexen Bildprogrammen

Harms.!72 Im Wohngemach konnte nur eine der beiden Deckenmalereien restauriert werden, es zeigt das Lager der Diana. Den jeweiligen Feldern sind seitliche Kartuschen mit Sepiamalereien zugeordnet, die Szenen zum Diana-Mythos aus Ovids Metamorpho-

sen rezipieren.'’*4 Das anschlieRende Schlafgemach des Herzogs wurde den Liebschaf-

ten der Venus gewidmet. Die zwei zentralen Rundmedaillons an der Decke zeigen Venus und Mars und Venus und Merkur, die zugeordneten Kartuschen verweisen hingegen auf

Szenen aus der unglückseligen Ehe zwischen Venus und Vulcanus.1725

Während nun das Bildprogramm des herzoglichen Appartements sich zwischen Friedensallegorien und liebesthematischen Darstellungen bewegt, lässt sich das Bildprogramm

im Appartement der Herzogin im ersten Obergeschoss des Nordflügels keinem konzeptionellen Schwerpunkt zuordnen. Die vorhandenen Deckenmalereien entstanden

sehr wahrscheinlich zu unterschiedlichen Zeiten. Herzogin Sofie Marie bezog direkt nach der Hochzeit das zu diesem Zeitpunkt noch unfertige Appartement

im ersten Oberge-

schoss. Ihr waren anfangs lediglich zwei Zimmer als Wohn- und Schlafgemach zugeteilt (heute: Raume 102-103, Nordflügel). Die Seccomalereien an der Decke zeigen dort ebenso liebesthematische Szenen wie im Appartement des Herzogs. Im Wohngemach der Herzogin erscheinen Aurora und Cephalus an der Decke. Die Darstellung zeigt die Entführung des Cephalus durch Aurora nach Ovids Erzahlung aus den Metamorphosen. Cephalus bittet Aurora, zu seiner Gemahlin Prokris zurückkehren zu dürfen. Die Gôttin

warnt ihn vor seiner Rückkehr vor der Untreue seiner Gemahlin. 1726 Ahnlich wie im Schlafgemach des Herzogs (Venus und Vulcanus) wird erneut Uber eine mythologische Darstellung der Ehebruch thematisiert. Im Schlafgemach der Herzogin ändern sich die Bildinhalte und die kompositorische

Darstellungsweise.

Hier wird das zentrale

Deckenge-

malde von vier Emblemtondi in den Deckenecken eingefasst. Die Seccomalereien erscheinen hier in nuancierten gelb-braunen Farbtônen. Das zentrale Hauptgemälde ist in zwei Bildebenen geteilt (Abb. 412). Die untere Bildebene zeigt einen Knaben, der sich

1723 Harms zeichnete 1689168 und 1707 eini ge Entwürfe ürfe fu Wand- und Deckenfresken für das Kasseler Kunst! : zwischen hen für haus, die Orangerie und die fürstlichen Gemächer von Landgraf Karl von Hessen-Kassel (1654-1730). Zu der Entwurfssammlung gehôrten wiederum Friedensallegorien, ἢ die Harms mit m ehreren D | i Mars verband, vergleiche: von Heusinger (1990), S. 450. ee

1724 Bis auf die zentrale Deckenmalerei La ger der Diana ? schlechten Erhaltungssind | i diei anderen Malereien ien iinn einem ei z:sîadnd.cl’?as Zweite zentrale Deckengemälde konnte lediglich in der oberen Bildhälfte freigelegt werden, die Son ο = er Diana trat dabei zum Vorschein, was allerdings nicht zu einer thematischen Zuordnung ausreichte. Kolomaznik

ist der Meinung, dass die Kartuschen mit den Sepiamalereien neben dem zentralen Gemälde folgende Szenen zeigen: Diana Round Aktaion, COS TodRER des Aktaion, Diana und Kallisto, À Entdecki leckung der Schwangerschaft der Kallisto, vergleiche: i iche:

1725 Die Kartuschen zeigen folgende Szenen: ; Vertreibun g des Vulcanus, Mars und Venus imi Netz des Vulcanus, zwei i l Szenen aus der Schmiede des Vulcanus, vergleiche: Kolomaznik (2003), S. 158-164. — Fur das Gemach der Landgrafin von Hessen-Kassel im Kasseler Stadtschloss fertige Harms um 1688 ebenso Entwiirfe zu den Liebschaften der

Venus an, siehe: Braunschweig, HAUM, Kupferstichkabinett, Inv. Nr. Z 3628-3637. 1726 Ovid, Metamorphosen, VII, 700-720. — Siehe auch: Kolomaznik (2003), S. 170-172.

Emblematik in den thüringisch-ernestinischen Residenzen: Schloss Christiansburg

383

mit der einen Hand an einem emporfliegenden Adler festhalt und mit der anderen eine um den Hals gebunden

Leine halt, die einem

Léwen

Speer'’2’ halt. Beide

blicken sie auf den

ist. Er lehnt sich auf einer Wolke

sitzend an eine behelmte Frauengestalt, die in ihren Händen einen Schild und einen Lüwen.

Uber dieser Szenerie erscheint eine

zweite Wolkendecke, die das Bild in zwei Ebenen teilt. Auf dieser sitzt eine Frauengestalt, die mit ihrer linken Hand einen querrechteckigen Spiegel berührt, den ihr ein Putto hinhalt. Hinter hier erscheint eine zweite Frauengestalt, die mit der rechten erhobenen Hand eine Schlange festhält, die sich der davorsitzenden Frau annähert. Die Blicke der beiden Frauen sind auf das Spiegelbild gerichtet. Kolomaznik interpretiert diese obere Darstel-

lung als Allegorie der Eitelkeit oder der Missgunst.!72 Woméglich ist der Bildinhalt jedoch

komplexer. Die Jünglingsgestalt kônnte auf den Herkules-Jüngling hinweisen, der durch seine Handbewegungen mit dem Jupiter-Zeus-Adler und dem nemeischen Lowen unmit-

telbar verbunden ist. Die Frauengestalt, an die er sich anlehnt, wird durch diese gestische Bewegung zur Schutzgôttin erhoben. Tatsächlich weisen die Attribute Helm, Schild und

Speer die Frauengestalt als Athene-Minerva aus. Der Adler verweist auf die gôttliche Abstammung des Herkales und der nemeische Lôwe, mit dem er über eine Leine verbunden

ist, dagegen auf die bevorstehenden Heldentaten, die er für Kônig Eurystheus vollbringen muss. 1729 Entscheidend ist der Blick des Jünglings und seiner Schutzbefohlenen auf den Lôwen

und nicht auf den in den Himmel

emporschwebenden

Adler. Vermutlich wurde

hier eine Episode aus der Herakles-Sage rezipiert, die den Heldentaten des Herakles vorausgegangen ist, nàmlich der Mythos um Herakles am Scheideweg, den nach Xeno7% Dargestellt ist nach diesem Mythos Herakles phon in seinen Memorabilien beschreibt. im Ubergang vom Knaben- ins Jünglingsalter und die Entscheidungsfindung, welchen Lebensweg er gehen soll. Xenophon beschreibt, wie Herakles bei seinem Findungsprozess von zwei Frauengestalten beraten wird, der Personifikation der doppelgesichtigen

,eudaimonia‘ (Glückseligkeit, Lasterhaftigkeit) und sareté‘ als Personifikation der Tugend, Fineben jenen Allegorien des angenehmen oder des mühevollen Lebenswegs. Jener dungsprozess scheint hier malerisch umgesetzt worden zu sein. In der oberen Bildhälfte erscheint die doppelte Natur der eudaimonia. Zufrieden und glückselig blickt sie in den

lde wurde woméglich 1727 Woméglich handelt es sich auch um einen Stab oder ein Schwert. Das zentrale Deckengemä einer Vornicht fertiggemalt oder unzureichend restauriert. Die gesamte Komposition scheint letztendlich das Stadium hinter den Bildhälfte oberen der in ist So haben. zu verlassen nicht ng Ausgestaltu eigentlichen zeichnung vor der ausgeführt wurden. beiden Frauengestalten woméglich der Ansatz einer Pyramide skizziert, die aber nicht 1728 Kolomaznik (2003), S. 168.

des Herakles-My1729 Zur Uberlieferung des Herakles-Mythos, siehe: Friedrich Hager: Die geschichtliche Entwicklung

thos. Wandsbek 1888.

1730 Xenophon, 2, 1, 21-34.

Embleme in komplexen Bildprogrammen

Spiegel, während hinter ihr die Personifikation der Invidia erscheint. Die untere Bildebene zeigt dagegen den Weg der Tugend (areté), für den sich der Herakles-Jüngling entschei-

det (Blick zum nemeischen Lôwen). Die dem Hauptbild zugeordneten Embleme in den ovalen Medaillons transportieren den Bildinhalt in eine christliche Tugendsphare.'73' Die

einzelnen

Embleme

sind nur in einem fragmentarischen

Zustand erhalten (Abb. 413416). Zwei Embleme verweisen in den picturae auf den Opfertod Christi. Auf der pictura

des einen Emblems (S.Chr. E 1 R 103) ist ein Kreuz zu erkennen. Das Kreuz wird von einer Frau am FuRe des Kreuzes betrauert. Weitere Details lassen sich nicht mehr eindeutig erkennen, auch die inscriptio ist nicht mehr erhalten.'732 Das zweite Emblem (S.Chr. E 2 R 103) zeigt in der pictura einen hohen Berg, dessen Gipfel von der Dornen-

krone umrankt wird. Die inscriptio lautet ,NEC ICI. U. NEC. IGNE.“ (,Weder hier noch im

Feuer“1733), Die pictura des dritten Emblems (S.Chr. E 3 R 103) ist in drei Bildebenen

unterteilt. Im Vordergrund streckt eine Hand aus einer Wolke kommend einen welken BlumenstrauR in die Bildmitte, unter dem StrauR steht leicht nach hinten versetzt eine Säule, womdglich ein Hinweis auf die GeiRelsäule, und in der dritten hinteren Bildebene erhebt sich eine Pyramide oder ein Obelisk, auf der Spitze des Baukôrpers ist noch eine Fahne zu erkennen. Die fragmentarisch erhaltene inscriptio des Emblems lautet ,[...] ET SVSTINE" (,...und halt stand“1734). Die Säule in der Bildmitte ist in der Buchemblematik

häufig eine Allegorie der Constantia.'”°5 Der Blumenstrauf ist hingegen ein Symbol der Vanitas.'’°° Die beiden Bildebenen scheinen also zwei gegensätzliche, wenn nicht gar

widerstrebende Aussagen zu verbinden. Die hinterste Bildebene (Pyramide, Obelisk) fuhrt nun die beiden vorderen Bildebenen zusammen. Die Tugendhaftigkeit, hier wohl vor allem bezogen auf den Glauben,

überdauert die Sterblichkeit und fuhrt ruhmvoll in den

Himmel.'”°” Das vierte Emblem (S.Chr. E 4 R 103) ist eine Auslegung des Bibelverses

Jes. 6, 3: ,Heilig, heilig, heilig ist der Herr, der Allmachtige! Die Erde ist von seiner Herrlichkeit erfullt*. In der oberen Bildhälfte erscheint in der pictura eine strahlende Sonnen-

Emblematik in den thüringisch-ernestinischen Residenzen: Schloss Christiansburg

scheibe, über der eine Krone schwebt. In der Sonnenscheibe sind noch Reste eines wei-

Ren Gewands zu erkennen, die figürliche Gestalt lässt sich allerdings nicht mehr identifizieren. Von dieser Gestalt aus der Sonnenscheibe ausgehend fallt ein dreifachgeknotetes Tuch auf die Erde herab als Symbol der Dreifaltigkeit. Die inscriptio ist nur fragmen-

tarisch erhalten und nicht mehr aufzulôsen. Falls sich das Emblem den auf den SanctusGesang der Abendmahisliturgie bezieht, kénnte die Gestalt in der Mitte der Sonnenscheibe einen Seraphim darstellen.7%8 Das zentrale Deckengemälde mit der Gegenüberstellung des tugendhaften und lasterhaften Lebens wird durch die religiòsen Embleme sakralisiert. Der Weg der Tugend wird hier entsprechend der protestantischen Lehre als Erlôsungsweg durch einen christozentrischen Glauben formuliert. Bei den Begleitemblemen handelt es sich also um exegetische Embleme, die dem Betrachter den Mythos um Herakles am Scheideweg nicht nur belgleitend erläutern, sondern den zu gehenden Le-

bensweg

als via recta aufzeigen. Zu den Seccomalereien

liegen keine Entwirfe von

Harms vor. Kolomaznik vermutet, dass dieses Schlafgemach der Herzogin (hier als west-

liches Eckgemach bezeichnet) erst um 1700 ausgemalt worden ist.173° Auch Stubenvoll verweist auf Malerarbeiten

im Appartement der Herzogin, für die der Hofmaler Johann

Georg Schilbach (unbekannt)'”4° am 7. Mai 1701 einen Auftrag erhielt. Schilbach war es auch, der die von Harms begonnenen Deckenmalereien, vor allem jene aus dem Südfiügel, nach den vorhandenen Entwirfen fertigstellen musste, nach dem Harms Eisenberg

1751 Die Deckenmalerei aus dem Schlafgemach 1686 in Richtung Braunschweig verlieR.

der Herzogin ist vermutlich die einzige eigenstandige Arbeit von Schilbach, die Stubenvoll

wegen der diirftigen Qualität der Ausführung und wegen der Inhalte als ,pseudoreligiôse Allegorie“'”4? bezeichnet.

Um 1700 verfiigte Herzog Christian von Sachsen-Eisenberg nur noch über geringe finan-

zielle Mittel. August Proksch berichtet in der knapp gehaltenen Lebensskizze Uber Her-

1731 Kolomaznik (2003), , $. 9. 166-170. ; — Die Embleme sind im Katal og und Emblemregister unter der Reg. Nr. S.Chr. E ì i 1 R 103 bis S.Chr. E 4 R 103 aufgeführt (S. Chr. E 1 R 103 = Schloss Christi iehe:

Katalog und Emblemregister, Tab. 21, S. 703f.

Re

1732 Einen Eindruck c über das môgliche Aussehen der pictura pi i vermittelt folgendes Emblem: Joh

Augen und Gemiths Lust. Augsburg: Krauss [1706], Taf. 1208.

9

ee

ee

i

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ili : dre

1733 Eigene Übersetzung.

17% Eigene Übersetzung. 1735 HZS (1996), Sp. 1228. 1736 Red.: Pflanzen. In: LCI (2012), Bd. 4, Sp. 620-622.

1737 Ein Obelisk mit Siegestrophäen findet sich s pater bei i Danieli De La Feuille, siehe: DeE i i

Yeoman Maney

(1691), Tafel 39, 6. — In lautet die deutsche inscriptio treffend ,Die Tugend erhebt bi in den haie vergleiche: EGV

1738 Siehe: Jes 6, 2. 1738 Kolomaznik (2003), S. 173.

zur selben Zeit war in Gotha am Hofe von Herzog Friedrich II. von Sachsen-Gotha-Altenburg der Portratmaler

1740 Etwa verwandtChristian Schilbach (tatig 1668-1742) beschäftigt. Es ist anzunehmen, dass zwischen beiden Malern eine tatig war und wohl schaftliche Beziehung besteht. Stubenvoll berichtet, dass Johann Georg Schilbach auch in Rômhild Stubenvoll zum Bautrupp von Johann Moritz Richter d. (1999), 8. 32. - Siehe auch: Georg. Kaspar Leben und den Werken der Maler, Bildhauer, dailleure, Elfenbeinarbeiter, etc. Fünfzehner

1741 Stubenvoll (1999), S. 9. 1742 Ebd.: S. 9.

J. gehòrte, für den er auch in Erlangen tatig war, vergleiche: Nagler: Neues allgemeines Kinstler-Lexicon oder Nachrichten von dem Baumeister, Kupferstecher, Formschneider, Lithographen, Zeichner, MeBand. Santi, Antonio, — Schoute, Jan. Bd. 15 (22), München 1845, 8. 228.

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Embleme in komplexen Bildprogrammen

Emblematik in den thüringisch-ernestinischen Residenzen: Schloss Christiansburg

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zog Christian, dass jener den finanziellen Ruin über Alchemie und Geisterbeschwòrungen aufzuhalten suchte.17# Proksch liefert damit eine môgliche Erklärung für die merk-

und andere Spiritualisten.'74” Tatsächlich trat Herzog Christian von Sachsen-Eisenberg mit verschiedenen Theologen unterschiedlichster Glaubensstrômungen in Kontakt. Der

würdig kombinierten Bildinhalte der Deckenmalerei. Neben dem Appartement der Herzogin im Obergeschoss des Nordflügels befand sich der Vorraum zur Schlosskirche (heute:

Herzog unterhielt eine Korrespondenz mit Johann Wilhelm Petersen (1649-1727), des-

Raum

über

1727), dem wichtigsten Vertreter der pietistischen Bewegung in Halle und Leipzig. 1748 Die

eine Enfilade und einen hofseitigen Korridor verbunden und gleichzeitig mit der ersten Empore der Schlosskirche. Der Herzog selbst hatte im zweiten Obergeschoss über ein kleines Treppenhaus einen Direktzugang zur Fürstenloge und musste daher nicht durch den Vorraum. Für die Deckenmalerei fertigte Harms erst 1685 einen Entwurf!7# für ein achteckiges Deckengemälde an, dass dann allerdings in einen runden Deckenspiegel mit Stark plastisch ausgeprägten Laubwerkstuck eingefügt wurde. Auch diese Deckenmalerei wurde vermutlich von Schilbach nach dem Entwurf von Harms ausgeführt (Abb. 417—

Wirkkraft beider Theologen als auch die Korrespondenz fallen allerdings in eine spätere

101,

Nordflügel).

Dieser Vorraum

war mit dem

Appartement

der Herzogin

418). Im Zentrum des Bildes befindet sich eine strahlende Sonne, in deren Mitte in roten

Lettern der hebräische Gottesname ,nin' geschrieben steht. Die Sonnenscheibe wird umrahmt von einem Kreis aus Engelskôpfen. Im Entwurf von Harms ist dieser Kreis aus Engelskôpfen kombiniert mit Kopfbildern von sechs geflügelten Seraphen vorskizziert. Dort halten in einem zweiten äuReren Kreis Engelsfiguren gemeinsam ein Schriftband mit dem Spruch ,CUM NUMINE LUMEN ET IN LUMINE NUMEN“ (,Mit dem Gôttlichen

das Licht und im Licht das Géttliche*'”5). In der Ausführung fehlen sowohl die Seraphe

und der äuRere Engelsreigen, lediglich das Schriftband wurde an den Rand der oberen Bildhälfte gesetzt. Nils Fleck ist es gelungen, die Inschrift in Heinrich Kunraths (um 15601605) Werk Amphiththeatrvm sapientiae aeternae solivs verae (Magdeburg: Braun 1609) nachzuweisen. Auf einem dem Werk nachgeordneten Kupferstich (Kollegium der Natur) erscheint die Inschrift ,CVM NVMINE LVMEN, ET, | IN LVMINE NVMEN.“ am Himmel von einer Sonnenscheibe ausgehend, in der ebenso der hebräische Gottesname nn" geschrieben steht.7# Die Verbindung von christlicher Kabbalistik und Alchemie, wie sie im Werk von Kunrath zum Vorschein kommt, beeinflusste zu Beginn des 17. Jahrhunderts einige nachreformatorische Bewegungen wie den schlesischen Mystiker-kreis

sen Lehre der pietistischen Mystik nahestand und mit August Hermann Francke (1663—

Zeit.1749 Womôglich dokumentiert der Entwurf von Harms ein frühes Interesse des Herzogs für die Reformbewegungen im Protestantismus.

Das Nebeneinander von mythologischen, biblischen und emblematischen Bildthemen ist ebenso das Grundprinzip der malerischen Ausgestaltung der herrschaftlichen Apparte-

ments in der Beletage des Nordflügels. Die Entwürfe für die Deckenmalereien lassen sich fast vollstandig im Harms-Nachlass nachweisen. Datiert werden sie auf eine Zeit zwischen 1680 und 1683. Sowohl Stubenvoll als auch Kolomaznik gehen davon aus, dass Harms allerdings nur einen Bruchteil der Deckenmalereien selbst ausführte. Harms war zuerst Ende 1682 und 1683 mit der Ausmalung der Decken im Appartement des Herzogs im zweiten Obergeschoss des Südflügels beschäftigt.'7% Am 28. Mai 1684 wird dann zwischen Harms und dem Herzog vertraglich festgehalten, welche Malereien von Harms in der neuerbauten Schlosskirche zur Ausführung kommen sollen.'’>' Es ist der einzige nachweisbare Vertrag zwischen Harms und Herzog Christian. Die auszufuhrenden Deckenmalereien in den Repräsentationsräumen des Nordflügels und die zuvor entstandenen Malereien des Südflügels werden nicht genannt.

Bevor Harms vertraglich an die Ausmalarbeiten in der Schlosskirche gebunden war, begann er 1683 mit der Ausmalung des sogenannten Tafelgemachs (heute: Foyer, West-

flügel). Für dieses Zimmer lagen bereits 1680 die ersten Entwürfe von Harms vor, weitere

Entwiirfe entstanden 1683 unmittelbar vor der Ausfuhrung. Die Bildgegenstande wurden

1747 Der Einfluss dieser Strémungen auf die hôfische Kunst tritt wohl am deutlichsten in dem Triptychon mit kabbalisti-

sche Lehrtafel in der Dreifaltigkeitskirche von Bad Teinach hervor, die von Prinzessin Antonia von Württemberg (1613-

1679) in Auftrag gegeben wurde. Weiterführende Literatur, siehe: Reinhard Gruhl: Die kabbalistische Lehrtafel der

1743 August Proksch: Herzog Christian von Sachsen-Eisenberg. Ein Lebensbild. Altenburg 1888, S. 79. 1744 Siehe: Braunschweig, HAUM; Kupferstichkabinett, Inv. Nr. Z Harms E 13 (Sign. Z 3711). . 1745 Übersetzt nach: Fleck (2015), S. 141. 1748 Fleck (2015), 8. 141. Ξ Siehe hierzu auch: Volkhard Weis: Manifestationen des Geistes. Frémmigkeit, Spiritualis-

mus und Dichtung in der in der Frühen Neuzeit. (Berliner Mittelalter- und Frühneuzeitforschung;

17) Gôttingen 2014,

S. 154. — Letztlich basiert der Spruch auf die Bibelstelle 3. Mose 10, 2, siehe: Robert Fludd: Philosophia moysaica. Gouda: Rammazenius 1638, fol. 55.

Antonia von Württemberg. Studien und Dokumente zur protestantischen Rezeption jüdischer Mystik in einem frühneuzeitlichen Gelehrtenkreis. (Frühe Neuzeit; 172) Berlin 2016. Zugl.: Hamburg, Univ., Diss. 2015 / Otto Betz: Licht vom Isolde unerschaffnen Lichte. Die kabbalistische Lehrtafel der Prinzessin Antonia in Bad Teinach. 3. Aufl. bearb. von Betz, Tubingen 2013. — Eine kurze übersichtliche Einführung zur christlichen Kabbala, siehe: Betz (2013), S. 18-26.

1748 Kolomaznik (2003), S. 17ff.

1749 Zur Ausbreitung pietistischer Bewegungen in den thüringischen Herzogtiimern, siehe: Susanne Schuster: Dissens

neu und neue Gemeinschaft. Pietismus und Herrnhuter in Thüringen. In: Konrad Scheurmann, Jérdis Frank (Hrsg.): entdeckt. Thüringen — Land der Residenzen. Katalog 1 (3). Mainz 2004, $. 191-200.

1750 Fleck (2014), 8. 157f / Kolomatnik (2003), 5. 35. 1751 Siehe: ThStA Altenburg, Domanenfideikommis B X, BI. 46-48.

388

Embleme in komplexen Bildprogrammen

hier auf die Raumfunktion abgestimmt. In der ursprünglichen Planung sollte das Tafelgemach

als Vorsaal den repräsentativen Appartements der Beletage des Südflügels (ge-

plant war er schlieRlich als Corps de Logis) vorgelagert sein. Die aufwendigen Stuckdekorationen in den Raumlichkeiten des Südflügels von Caroveri und Quadro, die im Gegensatz

zum

Nordflügel

deckenfüllend

ausgestaltet

wurden,

verdeutlichen

diese

ur-

spriinglich vorgesehene Funktion. Das zentrale Bild zeigt eine mythologische Empfangs-

Emblematik in den thüringisch-ernestinischen Residenzen: Schloss Christiansburg

389

Das herzogliche Appartement beginnt in der sudwestlichen Ecke des Südflügels mit dem Wohngemach des Herzogs (heute: Raum112, Südflügel). Vermutlich sollte dieses Zimmer ursprünglich das Audienzzimmer des Herzogs bilden, entsprechend zeigen die

Seccomalereien an der Decke repräsentative Bildinhalte der Herrscherikonografie. Das zentrale Bild in einem querovalen Deckenspiegel wurde bisher als antikisierende Apothe-

osedarstellung bewertet.755 Ein Blick auf die Bildkomposition ist hierbei notwendig (Abb.

szene, die in der Forschungsliteratur unterschiedlich gedeutet wird (Abb. 419-420). In

421).

der Bildmitte erscheint eine mannliche Figur in antiker Feldherrengewandung, hinter ihm sind seine Soldatengefolgschaft und seine Schiffe zu sehen. Er wird von einer weiblichen

Ein Jüngling, umhiillt von einem goldenen Gewand, wird von einer behelmten Frauengestalt aus dem Schof seiner Geliebten in die Luft gehoben und gen Himmel getragen. Seine Geliebte, die in dem gemeinsamen Feldlager zurückbleibt, versucht ihn noch an

Figur in reprasentativem Ornat begrüft, dahinter stehen deren Hofdamen. Im Bildhintergrund ist eine Stadt zu erkennen, in deren Zentrum ein Obelisk in die Hôhe ragt. Stubenvoll deutet die Figuren als Kônig Salomon und Kônigin von Saba. Richtig erscheint mir die Deutung

von

Kolomaznik,

die die Darstellung als Empfang

des Aeneas

durch die

karthagische Kônigin Dido bewertet.1752 Um das Hauptbild herum sind acht weitere trapezformige Stuckrahmen angebracht, in denen jeweils schwebende Putti auf hellblauem

seiner Hand zu erreichen. Auch ein Putto zerrt den Jüngling an den Beinen, um ihn auf

der Erde zu halten. Der Blick des Jünglings ist schwer zu deuten. Entweder blickt er zuriick zu seiner Geliebten, deren Kérper nur an der Scham von einem safran-farbigen Tuch bedeckt wird, oder zu einem Blumenkranz, den zwei Frauengestalten hinter der Geliebten in die Hôhe halten. Seine linke Hand zeigt jedoch auf den lorbeerbekranzten Herkules,

Grund zu sehen sind. Durch ihre Attribute und über ihre Affekte verweisen sie als Allegorien auf die hôfische Tafel und die zu beachtende Etikette (Abb. 409, 411).1753 Die Ikonografie der Deckenmalerei ist hier dem héfischen decorum entsprechend also eindeutig auf die Raumfunktion ausgerichtet. Die Puttodarstellungen fungieren in diesem Fall nicht

der bekleidet mit dem Léwenfell und seiner Keule über der Schulter, sich von einer Wolke beugt und die Hand des Jünglings ergreifen will. Neben der Herkules-Figur fliegt ein Putto, der dem Jüngling einen Lorbeerkranz mit rotem Band anbietet. In der rechten Bild-

als Kommentar oder exegetisches Beiwerk, die das Hauptbild erläutern oder gar auslegen, sondern sie vermitteln eigenstandige Bildinhalte. Die Kombination aus mythologischer Empfangsszene und allegorischen Puttodarstellungen haben hier ein narratives

hebt dem Jüngling eine Servierplatte mit Speisen empor, daneben liegt eine Frau vor

Moment, denn auf das Empfangszeremoniell (Hauptbild) folgt im Regelfall das Tafelzeremoniell (Nebenbilder). 1754

1752 Kolomaznik (2003), 8. 68f / Stubenvoll (1999), 8. 16. 1753 In dem ersten Entwurf von Harms für das Tafelgemach sind vier Putti mit handschriftlichen Anmerkungen versehen worden: Putto mit Weintrauben u. der Beischrift ,EXHILARAT* (Es heitert auf), gemeint ist der Wein/ Putto zwischen

Hirsch u. der Beischrift »NVTRIT" (Es nährt), gemeint ist das Fleisch/ Putto mit GefäR und der Beischrift ,CONSERVAT* (Es erhält), gemeint ist das Salz/ Putto mit Getreidegarbe und der Beischrift ,CONFORTAT" (Es starkt), gemeint ist das Brot. Zum Harms-Entwurf, siehe: Braunschweig, HAUM, Kupferstichkabinett, Klebeband, Z Harms H 27 Bd. 49, fol. 41 (Sign. & 4470). — Ein zweiter Entwurf von Harms zeigt weitere Putti mit handschriftlichen Bemerkungen: Putto schenkt Wein ein υ. die Beischrift » 1 EMPERA* (MäBigung) / Putto hebt sich mit den Handen Ohr und Mund zu u. die Beischrift »Verschwiegenheit". Zum Harms-Entwurf, siehe: Braunschweig, HAUM, Kupferstichkabinett, Klebeband, Z Harms H 27 Bd. 47, 21 r o (Sign Z 3835). — Zu zwei weiteren Puttidarstellungen sind keine Entwürfe von Harms vorhanden. Durch den schlechten Erhaltungszustand der Seccomalereien ist eine Deutung der Bildgegenstande schwie-

rig. Ein Putto (seitlich unten links vom Hauptgemälde) zeigt ein Putto, die eine Verbeugung macht; vermutlich eine

Allegorie der Humanitas. Auf der gegenüberliegenden Seite präsentiert ein weiterer Putto eine Servierplatte als Allegorie der Gastfreundschaft (hospitium). — Siehe auch: Kolomaznik (2003), S. 69-72.

hälfte befinden sich unter Herkules weitere Figuren an einem Brunnen. Ein nackter Mann

schleckt dem Brunnen, nur ihre Scham ist mit einem weiRen Tuch bedeckt. Halb versteckt

hinter ihr eine Knabenfigur eine Schüssel aus. Sie alle versuchen mit Gesten den Jüngling zu verfuhren und symbolisieren sicherlich das gliickselige Leben. Auf dem Brunnen und sitzend schaut eine andere Frauengestalt in weif-roter Gewandung auf einen Putto einen Hand zeigt inm ein weif&es Tuch. Der Putto, im Brunnen stehend, halt in der einen Spiegel und zeigt mit der anderen Hand auf dieses Tuch, das ihm die Frauengestalt prasentiert. Die dargestellten Figuren lassen sich nicht alle benennen, aber eine Parallele im zur Deckenmalerei Herkules am Scheideweg aus dem Schlafgemach der Herzogin die Nordflügel ist erkennbar. Der Jiingling, getragen von einer behelmten Frauengestalt, als Athene-Minerva gedeutet werden kann, zeigt auf den Lorbeerkranz und damit auf das Sieges- und Ruhmeszeichen, das es Zu erobern gilt. Herkules fungiert in diesem Zusamziehen menhang als Vorbild, denn er versucht den Jüngling mit der linken Hand zu sich zu und trägt selbst einen Lorbeerkranz als Zeichen seiner Unsterblichkeit auf dem Haupt,

die er durch seine tugendhaften Heldentaten ruhmvoll erlangt hat. Die Geliebte, die er

1754 Ob i nun eine solche Abfolge inIn Schloss Sc Christiansbur g an das Tafelgemach gebunden war, mag bezweifelt werden. i

Im Zweiten Obergeschoss des Südflügels befand sich der grofe Festsaal (Kaisersaal) für hôfische Feste und sicherlich

auch für Empfange. Dennoch sei angemerkt, dass das Tafelgemach in der Erstplanung als Vorsaal für das Appartement de parade dienen sollte und für die tagliche Tafel und als Tafel für kleinere Empfange vorgesehen war.

1785 Kolomaznik (2003), S. 84ff / Stubenvoll (1999), S. 17.

Embleme in komplexen Bildprogrammen

zurücklässt, trägt die Attribute der Gôttin Eos-Aurora.

Uber ihrem

Haupt schwebt eine

Sonnenscheibe, ihre Gewandung ist safranfarbig, so wie es Homer in der /lias beschreibt.17%6 Auf ihrer Hôhe befinden sich all jene Figuren, die in ihren Handlungen für das glückliche, aber auch lasterhafte Leben stehen. Die Figurenkonstellation in der rechten Bildhälfte mit der Frauengestalt, die dem Putto mit dem Spiegel im Brunnen ein weiRes Tuch präsentiert, kônnten als Allegorien der Vergänglichkeit gedeutet werden.

Das

Tuch, das sich im Spiegel widerspiegelt, wird durch einen Windhauch einfach davon ge-

weht und ein leeres Spiegelbild bleibt zurück. Das glückselige, aber lasterhafte Leben ist verganglich und führt nicht zum ewigen Ruhm, wie er durch die Herkulesgestalt symbolisiert wird. Der Tugendweg

ist kompositorisch

sichtbar hervorgehoben.

Eine Diagonale

ausgehend von der linken unteren Bildhälfte bei der Geliebten des Jünglings führt von ihrer linken Hand, die nach dem Jüngling greifen will, hinuber zum Jüngling, der mit seiner linken Hand wiederum auf Herkules deutet. Die Diagonale endet bei der Herkulesgestalt, der mit seiner linken Hand nach dem Jiingling greift. Uber diese Diagonale lässt sich eine weitere Verbindung

herstellen, ausgehend

von dem

Blumenkranz

hinter der Geliebten

Uber den Helm der Athene-Minerva endet die Verbindung bei dem Lorbeerkranz, den der Putto in der rechten Bildhälfte in die Luft halt. Im Zentrum der Darstellung steht also ähnlich wie im Schlafgemach der Herzogin wiederum der (Entscheidungs-)Konflikt (vergleiche Herkules am Scheideweg) zwischen dem tugendhaften (areté) und dem glückseligen Leben (eudaimonia). Es handelt sich also um keine fürstliche Apotheosedarstellung. Cle-

mens Sommer definiert die Apotheosedarstellung im Allgemeinen als ,[...] reine Allegorisierung furstlichen Heldentums.“'757, Nun sind aber in der Deckenmalerei keinerlei Hinweise auf herrschaftliche Insignien oder andere Bildzeichen zu finden, die den Jüngling

als furstliche Person ausweisen, denn an ihm vollzieht sich gegebenenfalls eine solche Apotheose. Die Initialen des Herzogs, Herzogshut und Lorbeerkranze bilden hingen Elemente der bildumrahmenden Stuckdekoration. Die Jünglingsgestalt làsst sich dennoch nicht genauer identifizieren.

Dass ausgerechnet Aurora als die Geliebte des Jünglings

dargestellt wurde, kônnte als Allegorie der unbeständigen oder der wollüstigen Liebe ge-

deutet werden. 1758 Letztlich erfüllt das Deckenbild nur ein Kriterium, das nach der Definition von Clemens einer Apotheosedarstellung entspricht:

Man hat sich heute gewôhnt, diese Darstellung als. A.[potheosen, d. Verf.] zu bezeichnen, aber, abgesehen davon, da von der Herausbildung eines erkennbaren

1756 Homer, Ilias 8,1 und 24,695.

1757 Clemens Sommer: Apotheose. In: RDK (1935), |., Sp. 842-852, hier: Sp. 852. 1758 Sappho, Fragment 140.

Emblematik in den thüringisch-ernestinischen Residenzen: Schloss Christiansburg

Typus überhaupt nicht die Rede sein kann, entbehren sie alle das für den Begriff der A.[potheosen] fundamentale Moment der Entrückung zu den Géttern.“1759

Die Entriickung der Jiinglingsfigur zu den Géttern ist nicht abzustreiten, aber seine Posi-

tion im Bild zwischen Erde und Himmel, zwischen Glückseligkeit (Blumenkranz) und Tugend (Lorbeerkranz) verdeutlicht, dass seine Apotheose noch nicht abgeschlossen ist,

sondern dass er den Tugendweg noch bestreiten muss (Darstellung des tugendhaften und des lasterhaften Lebens).

Die Jünglingsfigur entspricht also dem jungen Herkules,

der sich angeleitet durch seine Schutzgôttin Athene-Minerva auf den Tugendweg begibt.

Die dem Herkules agiert in diesem Zusammenhang als Leitfigur, inm gilt es nachzueifern. Hauptbild vier zugeordneten Tondi sind leider in einem schlechten Erhaltungszustand, Zu diesen die Bildinhalte sind daher nicht mehr vollständig zu erkennen (Abb. 422-425). SchlachTondi sind keine Entwiirfe von Harms vorhanden. Auf dem einen Tondo ist eine

liefern, bei tenszene dargestellt. Im Mittelpunkt stehen zwei Soldaten, die sich ein Duell tragt dem der eine Soldat tédlich getroffen wird. Ein Schriftband in der unteren Bildhalfte

Das zweite vollstandig erhaltene Tondo zeigt den Gétterboten seinem Ricken erHermes vor einem Tisch sitzend mit seinem geflügelten Helm, hinter ihm Blumenkranze scheint sein Stab als ihn ausweisendes Attribut. Mehrere Putti bringen

die Beischrift ,DVRANT“.

Tondi fehan den Tisch. Die Beischrift lautet hier , VERNANT-.*. Auf den beiden weiteren erkennen. Auf dem len die Beischriften, allerdings lassen sich noch Reste der Ausmalung Die drei Knaeinen Tondo stehen sich drei Knaben und drei junge Frauen gegenüber. die zarte Knospen Li gate bengestalten halten Stôcke in der Hand, die drei Frauen Aste,

ἱκοπόργαῇο offensichtBerücksichtigt man abschlieRend das letzte Tondo, erscheint die

Sie gehen wi lich. Es zeigt drei Greisengestalten zwischen zwei kahlen Baumstàmmen. Vor ihnen entfliehen zwei Stôcken, ein Greis stützt sich zusätzlich auf eine junge Frau.

die Tondi keine TuKnabenfiguren. Anders als Kolomaznik angenommen hat, beinhalten lter. 7" Segoe gendallegorien, sondern sie verweisen als Zyklus auf die VierLebensa in der Kindheit, die und die Putti mit den Blumenkränzen symbolisieren das Erblühen das Reifen in ae Jugenc, Gegenüberstellung der drei Knaben und der drei Jungfrauen

Greise abschlieRend die die Soldaten den Lebensernst im Erwachsenenalter und die θηάθη Verganglichkeit im Greisenalter. Aus der Buchemblematik sind mir none Θηιθριθομ vielmehr anzuDarstellungen bekannt, die als Vorlagen gedient haben kònnten. Es ist

1758 Sommer (1935), RDK, |., Sp. 352.

:

:

;

bei dem allegorischen Programrlrlì thrbTondn um einen 1760 Kolomaznik (2003), $. 92f. — Die Annahme, dass es sich Regierung erläutere, ist nicht nachvollziehbar.

Tugendspiegel handeln kônnte, der die Eigenschaften der

392

Embleme in komplexen Bildprogrammen

nehmen, dass durch die Wort-Bild-Kombination der allegorische Sinngehalt erläutert werden sollte und lediglich die Form des Emblems adaptiert wurde. Die Tondi unterstreichen noch einmal den komplexen Sinngehalt des Hauptbildes. Als Zyklus verweisen die VierLebensalter als Vanitassymbol auf die Vergänglichkeit des Lebens, umso eindrücklicher wird der Sinngehalt des Hauptbildes, der zu einem tugendhaften Leben auffordert. Im anschlieRenden Kabinett des Herzogs (heute: Raum 113, Südflügel) wurden zur Ausmalung der Decke biblische Themen gewähit. Die Raumdecke ist in zwei Felder unterteilt. Das zentrale Bild im Deckenfeld zur Nordwand ist nicht mehr erhalten. An den vier Seiten des runden Deckenspiegels sind jedoch Seccomalereien in vier stuckierten Rollwerkkartuschen vorhanden. Sie zeigen jeweils einen Seraph mit Spruchband. Dabei haben jeweils zwei Seraphe verschlossene und zwei Seraphe geôffnete Augen. Die jeweiligen Beischriften sind fragmentarisch.'’®' Auf dem zweiten Deckenfeld zur Südwand sind die Seccomalereien der Decke dagegen vollstandig. Der runde Deckenspiegel in der Mitte zeigt eine Darstellung der Anbetung der Kônige (Abb. 426-427).'762 An den Seiten befinden sich dem Mittelbild zugeordnet vier Rollwerkkartuschen mit Emblemen. Zu diesen Emblemen liegen in Braunschweig Entwürfe von Harms aus dem Jahr 1683 vor. Bei der Ausführung wurden die Entwürfe mit Sicherheit als Vorlagen verwendet, dennoch unterliefen dem ausführenden Maler Fehler in der Wiedergabe der inscriptiones und Ungenauigkeiten bei der Ubertragung der Emblemmotive. Vermutlich war es nicht Harms selbst, der die Ausmalung ausführte, sondern Schilbach zwischen 1701 und 1704.1763 Die vier

Rollwerkkartuschen zeigen folgende Embleme (Abb. 426, 428-431)'76:

Emblematik in den thüringisch-ernestinischen Residenzen: Schloss Christiansburg

393

Nordwestliche Rollwerkartusche:

766), pictura: Arma Christi ,NIL CERTIVS.“1765 (,Nichts (ist) feststenender“ Siidwestliche Rollwerkkartusche:

.NON AMPLIVS**7®7 (,Nicht weiter"1768), pictura: Hand aus einer Wolke halt eine Kette

vor ein vergittertes Fenster, aus der eine weitere Hand die Kette ergreift Südôstliche Rollwerkkartusche:

.SVB ANGORE:“17 presse

(,Unmittelbar vor der Angst*!””°), pictura: Herz in einer Wein-

Nordôstliche Rollwerkartusche:

ei,HICHTVTUS“771 (,Dieser hier ist angenommen worden'“1772), pictura: Adler auf nem Baum erhebt seine Schwingen

Die dem Hauptbild zugeordneten Embleme folgen einer bestimmten Leserichtung ausDer gehend von der Rollwerkkartusche in der südwestlichen Ecke des Deckenfeldes.'’’> pictura der in Christi Emblemzyklus beginnt mit dem Verweis auf die Leidenswerkzeuge des Emblems ,NIL CERTVS“.

Durch dieses Emblem wird thematisch die Beziehung zum

ol Hauptbild hergestellt. Beide Bilder beziehen sich auf die Motive der ΡιοἰθϑιαΠάϑομθη

lésungslehre ausgehend von der Menschwerdung

Gottes in Christus (Theophaniemotiv

33r HAUM, Kupferstichkabinett, Klebeband, Z Harms H 27 Bd. 49, fol. ,der Klaube". Beischrift e Handschriftlich dentisch. i nahezu sind Entwurf R und P Ausführung u. re (Sign. Z 4446). —

1766 Eigene Übersetzung.

1761 Nur noch in der südwestlichen Deckenecke ist die inscriptio der Rollwerkkartusche vollständig, sie lautet ,GLO-

RIAT“. In der Rollwerkkartusche der nordéstlichen Ecke sind die inschriftlichen Reste ol... TERRA* im Schriftband erhalten. Es ist davon auszugehen, dass die Beischriften zusammenhangend einen Bibelvers oder Versgesang ergeben. — Ein Entwurf zu einer Seraph-Darstellung von Harms liegt vor, siehe: Braunschweig, HAUM, Kupferstichkabinett, H 27 Bd. 47, fol. 3 u. 4.

1762 Siehe: Braunschweig, HAUM, Kupferstichkabinett, Inv. Nr. Z Harms E 5 (Sign. 3703). — Ausführung und Entwurf

sind nahezu identisch.

1763 Stubenvoll (1999), 8. 9. — Die Ubertragungsfehler kônnten auch bei einer späteren Restaurierung entstanden sein,

vergleiche: Kolomaznik (2003), S. 83, Anm. 296.

1764 Die Embleme sind im Katalog und Emblemregister verzeichnet unter der Reg. Nr. S.Chr. E 1R 113 bis S.Chr. E 1 ΒΗ 3 (S.Chr. E 1 R 113 = Schloss Christiansburg Emblem 1 Raum 113), siehe: Katalog und Emblemregister, Tab. , S. 703.

Harm: H 27 Bd. 49, fol. 34r band, Z Harms Klebeband, i i inett, ‘ i siehe: Braunschweig,i HAUM, Kupferstichkab Beischrift ,guter vorsatz". he Handschriftlic identisch. nahezu sind Entwurf und sors rés u reE(r‘Stg:dZ‘,:gEÈ)îT e

1768 Eigene Ubersetzung.

Z Harms H 27 Bd. 49, fol. 34r identisch Die inscriptio lautet dort ,SUB ANGORE*.

Klebeband, 1769 Entwurf von Harms, siehe: Braunschweig, HAUM, Kupferstichkabinett,

u. li. (Sign. Z 4449). — | Ausführung und Entwurf sin d es Handschriftliche Beischrift ,Die Reve".

1770 Eigene Ubersetzung.

, Z Harms H 27 Bd. 49, fol. 33r 1771 Entwurf von Harms, siehe: Braunschweig, HAUM, Kupferstichkabinett, Klebeband ist ein weiterer Vogel im Baum der pictura In TVTVUS". »HIC lautet Entwurf im inscriptio Die — 4445). (Sign. li, u. versicht".

tliche Beischrift ,Zu vorhanden, der in der Ausführung nicht Ubernommen wurde. Handschrif

1772 Eigene Übersetzung. 1773 Siehe hierzu auch: Kolomaznik (2003), S. 80-82.

Embleme in komplexen Bildprogrammen

Anbetung der Kénige)'’"* und seinem Sühneopfertod (Arma Christi als Zeichen des wie-

derkehrenden Christi)!775. Das nächste Emblem ,NON AMPLIVS* verweist auf die Verbindung zwischen den Menschen und Gott durch ein untrennbares Band, dass durch den Opfertod Christi geknüpft worden ist. Die Hand, die aus dem vergitterten Fenster die Kette ergreift, versinnbildlicht entsprechend

die auf der Erde gefangene Menschenseele, die sich noch nicht von den Sünden befreit hat. Im Emblem ,SVB ANGORE*‘ wird schlieRlich

das Herz auf seine Glaubensfestigkeit hin geprüft und zur Reue aufgefordert. Das Motiv ist also entweder als Allegorie auf das Buf&sakrament oder das Jüngste Gericht zu verstehen.

Das letzte Emblem

,HICHTVTUS*“

versinnbildlicht abschlieRend

die geläuterte

Christenseele, die wie ein Adler ihre Schwingen erhebt und in den Himmel aufsteigt. Der Adlerflug symbolisiert so die Auferstehung Christi und gleichsam die Auferstehungshoff-

nung der Christenseele. 1776 Insofern sind die Embleme also nicht nur als Bildkommentar dem Mittelbild subordiniert, sondern sie erklären als exegetische Embleme die Konsequenzen aus der Menschwerdung Gottes in Jesus Christus (Embleme der westlichen Deckenhälfte) und verweisen auf einen méglichen Erlôsungsweg (Embleme der ôstlichen Deckenhälfte). Der Emblemzyklus folgt dabei den Grundprinzipien der lutherischen Erlò-

sungslehre.1777

Das Bildprogramm in den Deckenmalereien im Schlafgemach des Herzogs (heute: Raum

114, Südflügel) zeigt wiederum liebesthematische Motive. Das Zimmer wurde durch einen Alkoveneinbau zwei geteilt, entsprechend liegen zwei voneinander getrennte Deckenfelder vor. Das Schlafgemach bildet in der Disposition der herrschaftlichen Apparte-

ments in der Beletage des Südflügels den zentralen Raum. Vor allem die Stuckdekorationen von Caroveri und Quadro weisen darauf hin, dass der Raum in der Erstplanung

womdglich eine andere Funktion haben sollte. Der Alkoven mit einem Korbbogen, dessen Kampfer auf einem schmalen Kapitellansatz aufliegen, trennt den Raum in ein Vorzimmer und ein Hauptzimmer. Dieses Hauptzimmer hat ein durchgestaltetes Wandsystem, dessen

vertikale

Gliederung

durch

Blendpilaster

korinthischer

Ordnung

vorgenommen

Emblematik in den thüringisch-ernestinischen Residenzen: Schloss Christiansburg

wurde. Die horizontale Gliederung verläuft über ein verkrôpftes Gesims, das den Schaft

und das Kapitell der jeweiligen Blendpilaster durchtrennt. Darüber folgt eine zweite horizontale Gliederung durch das Gebälk mit stark plastisch ausgeformten Akanthusfries. In keinem der anderen Zimmer der herrschaftlichen Appartements ist eine ahnlich aufwendig gestaltete Wandflache vorhanden. Auch das Deckenfeld wurde weitaus umfangreicher mit Stuckarbeiten dekoriert als in den anderen Zimmern der Beletage des Südflügels. Das Deckenfeld der Zimmerseite zur Südwand folgt zwar im strukturellen Aufbau den vorherigen Zimmern (Mittelbild und vier Seitenbilder), allerdings wurde dem zentralen

Hauptbild hier weit mehr Platz eingeràumt.1778

Die Seccomalerei in dem mittleren querovalen Deckenspiegel zeigt die Vers6hnung von

linken Cephalus und Prokris (Abb. 432). Deutlich zu erkennen sind der Jagdspeer in der Hand des Cephalus und neben ihm sitzend der Jagdhund Lailaps. Beides hat Prokris

ihrem Gemahl zur Versôhnung zum Geschenk gemacht, nachdem er sie für acht Jahre verlassen hatte, weil sie inm untreu gewesen ist.'’”° Ein Entwurf von Harms liegt nicht vor. Wegen der dem Hauptbild zugeordneten Seitenbilder muss allerdings davon ausge-

— gangen werden, dass die Darstellung der Versohnung von Cephalus und Prokris Bildern lietens 1683 bereits für diesen Deckenspiegel vorgesehen war, denn zu diesen befindet ein gen zwei Entwürfe von Harms vor. An den Schmalseiten des Hauptbildes

zeigt jeweils ein Tondo mit Emblemen (Abb. 433-436). An der westlichen Schmalseite sollen die pictura des Emblemtondos zwei miteinander turtelnde weiRe Vôgel, vermutlich Im Entwurf Tauben dargestellt sein. ‘780 Ein Schriftband mit inscriptio ist nicht vorhanden. von Harms wurde eine Beischrift als inscriptio unterhalb des querovalen

pictura ange-

bracht, sie lautet ,ORE ET CORDE* (,Mit dem Munde und dem Herzen“1781).1782 Unklar geordist, ob die Beischrift von Harms stammt oder von seinem Sohn, der den Nachlass

des genet hat. Zumindest erscheint die inscriptio auch im Entwurf nicht als Bestandteil rahmten

Emblemmotivs,

selbst ausgeführt werden

so dass

davon

auszugehen

ist, dass

sollte. Auf der gegenüberliegenden

nur das

Emblemmotiv

Schmalseite zeigt das

1774 Helga Neumann: Drei Kônige (Anbetung und Zyklus der Magier). In: LCI (2012), Bd. 1, Sp. 539-551, hier: Sp. 540.

1775 J. J. M. Timmers: Arma Christi. In: LCI (2012), Bd. 1, Sp. 183-187, hier: Sp. 183. 1776 Wehrhahn-Stauch (2012), LCI, Bd. 1, Sp. 70-72 u. Sp. 73f.

1777 Grundlegend für die Auslegung des Emblemzyklus scheint mir die lutherische Lehre Von der Erlésung zu sein, wie er sie im Kleinen Katechismus im zweiten Artikel formuliert hat: ,Ich gleube/ Da Jhesus Christus warhafftiger Gott

vom Vater in ewigkeit ge=born/ vnd auch warhafftiger Mensch/ von der Jungfraw=en Maria geborn/ sey mein HERR/ der mich verlornen vnd verdampten Menschen erléset hat/ erworben/ gewon nen/ vnd von allen sunden/ vom Tod vii

von der gewalt des Teuffels. Nicht mit Golt oder Silber/ Sondern mit seinem heiligé thewren Blut vnd mit seinem

vnschuldigen Leiden vnd sterben. Auff das ich sein eigen sey/ vnd in sei=nem Reich vnter im lebe/ Vnd jm diene in ewiger Ge=rechtigkeit/ vnschuld vnd se=ligkeit/ Gleich wie er ist auff=erstanden vom Tode/ Lebet vnd Regiret in ewigkeit/ Das ist gewislich war.“ (Martin Luther: Der kleine Catechismus. Für die gemeine Pfarherr vnd Prediger. Leipzig: Babst 1547, Der Ander Artickel/ Von der Erlôsung, passim, Hervorheb. i. ©.) — Kolomaznik interpretiert das Programm hingegen als Anzeichen für einer devotionale Mensch-Gott-Beziehung, wie sie in der Mystiker-Bewegung und im Frühpietismus als Ausdruck einer individuellen Frémmigkeit vorhanden war, vergleiche: Kolomaznik (2003), S. 82f.

hen, dass dieses Alkoveni davon auszugehen, isti g ist 1778 Ausgehend von der Erstplanung ( 1677) von Schloss Christiansbur | de parade und rechhts jeweils ein Appartement i von dem aus links 5 kénnte,

haben i m gedient i Durch die Planänderung 1679 wurde die vorgesehene ZEÈÈLÈZHEWÎÉZSÈZ:ch pa Schlafgemach ausgehen sollte. Disposition der herrschaftlichen Appartements verworfen.

1778 Ovid, Metamorphosen, 7, 670-865.

1168:

‘ia

δ]

yong

ert

i

verzeicichnet unter der Reg.3. Nr. Nr. S.Chr.E1R i i Katalog und Emblemregister ind im iptitiones sind Emblem 1 Raum 114), siehe: Katalog und burg Christians Schloss = 114 R 1 E cH

Emblemregister, Tab. 21, S. 703f. 1781 Eigene Ubersetzung.

3 re (Sign. Z 4442). —- AusfùhBd. 49,49, fol.fol. 32r i Klebeband, Z Harms HH 2727 Bd. i HAUM, Kupferstici hkabinett, wurde nicht ausgefuhrt. inscriptio môgliche als Beischrift fungB{lî\:nEs:mtÎr‘fgàer pictura τὸν nahezu identisch. Die ne

Embleme in komplexen Bildprogrammen

396

Tondo

in der linken Bildhälfte zwei Herzen auf einem

Kissen

mit Quasten

liegend, die

Christiansburg Emblematik in den thüringisch-ernestinischen Residenzen: Schloss

397

Puttifiguren militaristuckierte Rosetten vorhanden. An den Schmalseiten präsentieren

Bildhälfte er-

Putti auf den Herzogssche Siegestrophäen und an den Schmalseiten verweisen weitere

scheint eine Hand aus einer Wolke kommend mit einem Bogen in der Hand, die den Pfeil abgeschossen hat. Im Entwurf von Harms ist eine Beischrift unterhalb der Rahmung vor-

en Zimmerseite lag um 1680 kaum grôker sein. Die Dekoration der Decke in der nérdlich

durch einen

Pfeil miteinander verbunden

rechten

sind.!78 In der oberen

handen: ,CON CRETA CUORE“784 (,Durch zusammenwachsendes Blut*!7).178 Fir beide Emblemmotive konnten keine direkten druckgrafischen Vorlagen in der Buchemb-

lematik ermittelt werden. Dennoch ist der ikonografische Zusammenhang zum Hauptbild ersichtlich. Die durch einen Pfeil getroffenen Herzen und die turtelnden Tauben verstar-

ken als liebesallegorische Symbole den Akt der Verséhnung, den Cephalus und Prokris in der Darstellung des Mittelbildes vollziehen.'7®” Die in den Entwürfen vorhandenen

hut als Herrschaftsinsignie.

Der Kontrast zwischen den beiden Zimmerseiten

kônnte

die Stuckdekoration wahrscheinlich fertiggestellt vor. In der südlichen Zimmerseite war ohne Malereien. Durch ebenso abgeschlossen, allerdings waren die Deckenspiegel noch der herrschaftlidie Neuplanung von 1679 und 1680 erfolgte eben jene Neuausrichtung Corps de Logis befanden chen Appartements. In der Beletage des Nordflügels als Neuer n und im zweiten Obersich nun in der Beletage das Appartement de parade der Herzogi

In der Beletage des Südflügels richgeschoss das Appartement de parade des Herzogs.

Schlafgemach in der Ausmalung des Deckenfeldes zur Südwand bilden bildthematisch

des Herzogspaares ein.'78 tete man dann im Anschluss ab 1683 die Privatgemächer in der Mitte des Südflügels Das wohl zuerst als kleiner Saal mit Retirade geplante Zimmer oniert. Die Wahl der liebeswurde dadurch zum gemeinsamen Schlafgemach umfunkti neue Raumfunktion angethematischen und amourôsen Bildthemen wurden an diese iindete Herzogtum Sachpasst. In Anbetracht der prekären Lage, in der sich das neubegr n die amourôsen Anspielunsen-Eisenberg zu Beginn der 1680er Jahre befand, scheine

Analogien zur eigentlichen Raumfunktion des Zimmers als Schlafgemach. Die Bildinhalte vermitteln nicht nur die treue Liebe der Ehepartner, sondern sind eindeutig amourdser

dt hatte Herzog Christian zweiten EheschlieBung mit Sophie Marie von Hessen-Darmsta

inscriptiones weisen mit ihren Liebesmetaphern in dieselbe Richtung. An den Schmalsei-

ten des Mittelbildes sind auRerdem zwei querovale Rollwerkkartuschen hinzugefügt, deren Bildgegenstände wegen

des schlechten

Erhaltungszustandes

der Seccomalereien

nicht mehr erkennbar sind. Entwürfe von Harms, die diesem langgezogenen querovalen Format annähernd entsprechen kônnten, sind nicht vorhanden.

Die Liebesallegorien im

Natur, denn Prokris lehnt sich im Mittelbild leicht zurück und zieht Cephalus auf sich und das Tondo mit Tauben scheint nicht einfach nur turtelnde Tauben zu zeigen, sondern

vielmehr Tauben bei der Balz.

Auf der Zimmerseite zur Nordwand wurde die Decke ausschlieRlich mit Stuckdekorationen ausgestaltet. Es gibt keine Hinweise auf liebesthematische Symbole. In dem querovalen mittleren Deckenspiegel und den seitlichen Rundmedaillons sind lediglich

rlich. Zwei Jahre nach seiner gen in der Neuausrichtung des Zimmers wenig verwunde des Schlafgemachs als gemeinsame noch immer keinen Sohn gezeugt. Die Disposition

für die Ausmalung der DeckenSchlafstatte des Herzogspaares und die Bildthemen, die

cht wurden, lassen vermuten, dass spiegel des Appartement privé der Herzogin ausgesu allgegenwartig war, um ein Aussterum 1683 die Hoffnung auf den ersehnten Erbprinzen

ben des Hauses Sachsen-Eisenberg zu verhindern. wurden die zwei grof&en DeckenIm Kabinett der Herzogin (heute Raum 115, Südflügel) biblischen Themen ausgemalt. In dem spiegel ähnlich wie im Kabinett des Herzogs mit

nspiegel eine Darstellung der Maria VerDeckenfeld zur Sudwand zeigt der runde Decke

1783 Die durch einen Pfeil verbundenen Herzen bilden in der Turnierimpresen-Sammlung von Ercole Bernabei (um 1622-1 687) die pictura der Imprese des Grafen von Lodron, die inscriptio lautet dort ,DA VNA FERITA DOPPIA VITA.“ (Von einer Wunde ein doppeltes Leben"). Die Impresen wurden während eines Schauturniers am 4. Februar 1686 anlässlich der Hochzeit von Kurfürst Maximilian I. Emanuel von Bayern und Maria Antonia von Osterreich (1669-1692)

von den Teilnehmern auf Schildern getragen und als Erinnerung an diesen Tag in Druck gegeben. Zur Imprese des

Grafen von Lodron (wohl Guidobald Albrecht Graf zu Lodron (gest. 1729)), siehe: Ercole Bernabei, Ventura Terzago: Erote ed Anterote. München: lecklino 1686, S. 47. — Siehe auch: Thomas Lôffler: Emblematik zwischen Genealogie und Fürstenspiegel. Die Sinnbilder in den ,Excubiae tutelares LX heroum“ (1637) von Andreas Brunner und ihre Rezeption. München, Univ., Diss., 2008, 8. 3.f

ene liegt ein Entwurf von Harms kündigung (Abb. 437-438). Zu der Verkündigungssz

eine Beischrift datiert inn auf das vor. 1789 Im kompositorischen Aufbau sind der Entwurf,

u identisch. Lediglich den GesichtsJahr 1683, und die ausgeführte Seccomalerei nahez es in der Ausführung an den feinen partien Mariens und des Verkiindigungsengels fehlt

1784 Wohl als ,CONCRETA CRUORE* gedacht. 1785 Eigene Ubersetzung. 1786 Braunschweig, HAUM, Kupferstichkabinett, Klebeband, H 27 Bd. 49, fol. 32r u. li (Sign. Z 4441). — Ausführung und Entwurf der pictura sind nahezu identisch. Die Beischrift als mégliche inscriptio wurde nicht ausgeführt.

1787 Vor allem turtelnde Tauben scheinen in der Emblematik Ende des 17. Jahrhunderts nicht nur die Treue zwischen den Eheleuten andeuten zu wollen, sondern den Akt der Paarung selbst. In Daniel de la Feuilles Erstausgabe seine

Emblemenzyklopadie heif&t es in der deutschen inscriptio noch ,Die treu vereinigt uns.“ (Devises et emblemes (1691), Ταῖοὶ 28 3 und in der Augsburger-Neuauflage hei&t es dann den Akt betonend ,Getreue Verpaarung". (EGV (1693),

der Enfilade der Beletage des Südflügels befand sich ab des 1788 Ausgehend vom gemeinsamen Schlafzimmer in der Mitte els (Kabinett, Wohngemach) und das Appartement privé 1683 das Appartement privé im ôstlichen Teil des Südflüg

Wohngemach). Herzogs im westlichen Teil des Südflügels (Kabinett, und BilZ Harms E 4 (Sign. Z 3702). — Zur Bildbeschreibung Nr. Inv. inett, 1789 Braunschweig, HAUM, Kupferstichkab dikonografie, siehe: Kolomaznik (2003), 8. 97-99.

Embleme in komplexen Bildprogrammen

Zügen, wie sie im Entwurf vorliegen. Dem Hauptbild sind vier Tondi zugeordnet, die jeweils einen fliegenden Putto mit Schriftband zeigen. Die Puttidarstellungen bilden einen Zyklus, der das Hauptbild umkreist.17% Der Zyklus beginnt mit dem Putto in dem Tondo der südwestlichen Ecke und seinem Schriftband mit der Beischrift ,SALVE-“, es folgt das Tondo in der südôstlichen Ecke mit der Beischrift ,BENEDICTA:“, dann der Putto im Tondo in der nordwestlichen Ecke mit dem Schriftband ,INTER MULIERES.“ und als Abschluss das Tondo in der nordéstlichen Ecke mit Putto, der das Schriftband mit der Beischrift PER

FRVCTVM

VENTRIS.* in den Handen halt. Kolomaznik ist der Ansicht, dass

die Schriftbänder zusammengefasst als Verkürzung des marianischen Antiphon Salve Regina

(,Sei gegrüfit,

Spruch

auf den

FRVCTVM

oh

Kénigin*) angedacht

Schriftbändern

,SALVE

seien.'’°'

— BENEDICTA

Zusammengefasst — INTER

lautet der

MULIERES

— PER

VENTRIS.“. Die Tondi mit den Schriftbandern, die von den Putti gehalten wer-

den, erzählen als Bildumschrift den

Fortverlauf der dargestellten Verkündigungsszene

(Lk 1,26-38) und dem Salve-Regina-Antiphon. Der Spruch folgt sinngema& dem Wortlaut

zur Maria Heimsuchung, an der Stelle, als Elisabeth Maria empfangt: ,Benedicta tu inter mulieres,

et benedictus

fructus ventris tui.“ (,Gesegnet

bist du mehr

als alle anderen

Frauen und gesegnet ist die Frucht deines Leibes“, Lk 1, 42). Das Thema der Empfangnis liegt ebenso im zweiten Deckenfeld

in der nôrdlichen Zimmerhälfte vor. Der runde De-

ckenspiegel zeigt eine Seccomalerei die Darstellung Jakob und Rahel am Brunnen (Abb.

439-440).1792 Hier liegt wiederum ein Entwurf von Harms aus dem Jahr 1683 vor.'7°° Der ausgeführten Deckenmalerei, besonders in der Ausgestaltung der Figuren, fehlt es an zeichnerischer Feinheit. Zudem

wurde die landschaftliche Hintergrundgestaltung

unter-

schiedlich gelôst. Der ausführende Maler war sicherlich nicht Harms. Die Begegnung zwischen Jakob und Rahel am Brunnen, die für ihren Vater Laban die Schafe hütet und sie

am Brunnen tranken will, ist die erste Begegnung der beiden. Dargestellt ist der Moment, als Jakob Rahel einen Kuss gibt und damit seine Brautsuche beendet (Gen 29, 16). Jakob musste sich zur Brautwerbung nun sieben Jahre in den Dienst von Rahels Vater stellen (Gen 29, 18), der ihm aber zum Lohn in der Hochzeitsnacht nicht Rahel, sondern seine

ältere Tochter Lea zur Braut gibt. Erst nach einer Woche darf er auch Rahel zur Frau nehmen, weil er sich für weitere sieben Jahre in den Dienst von Laban stellt. Die Motivwahl mag durchaus befremdlich wirken, denn wahrend Lea mehrere Kinder von Jakob gebiert, bleibt Rahel für lange Zeit kinderlos:

1790 Zu zwei vorhandenen Entwürfen von Harms, siehe: Braunschweig, HAUM, Harms H 27 Bd. 47, fol. 24r (Sign. 3842 u. 3843).

Kupferstichkabinett, Klebeband Z

1791 Kolomaznik (2003), 8. 97. 1792 Zur Bildbeschreibung und zur Bildikonografie, siehe: Kolomaznik (2003), S. 94-97. 1793 Braunschweig, HAUM,

Kupferstichkabinett, Inv. Nr.

Z Harms E 3 (Sign. Z 3701).

burg Emblematik in den thüringisch-ernestinischen Residenzen: Schloss Christians

er diente bei ,So ging Jakob auch zu Rahel ein und hatte Rahel lieber als Lea; und ihm

noch weitere sieben

Jahre. Als aber der HERR

sah, dass

Lea

ungeliebt war,

30-31) machte er sie fruchtbar; Rahel aber war unfruchtbar.* (Gen 29,

Benjamin, die zu den zwolf Erst nach vielen Jahren bekommt sie zwei Sôhne, Josef und

zu einer der ErzmitStammvatern der Stamme Israels gehéren.'7% Rahel steigt dadurch

Maria Verktindigung und Jakob und auch wenn Jakob, der dritte Rahel am Brunnen besteht keine typologische Traditionslinie,

ter Israels auf. Zwischen

den beiden Hauptbildern

Christine Ritter erlauStammvater Israels, als eine Prafiguration Christi bewertet wird.'795 des Kirchenlehrers Jotert die Brunnenszene mit der Textauslegung aus den Homilien hannes

Chrysostomus

(344/349-407),

der Jakob

als Exemplum

für jenen

Menschen

gôttliche Fügung.!7% Offen sieht, dem Gott zugeneigt ist und ebenso als Beweis für die muss

Brautwerbung, also bleiben, ob der Sinngehalt der Darstellung in der

dem Ehe-

gar in einer einfabund‘727 oder eben wegen dem pastoralen Charakter und dem Kuss ichen Kinderlosigkeit chen Liebesszene zu suchen ist.17% Die Problematik der anfangl d auf. Mit der Darstellung Maria Rahels tritt erst in Kombination mit dem zweiten Hauptbil

aufgegriffen, durch die beiVerkündigung wird die Niederkunft des Herren bildmotivisch CTA — INTER MULIERES — gefügten Putti mit den Spruchbandern {SALVE — BENEDI als Gottesmutter hervorgePER FRVCTVM VENTRIS.“ wird allerdings die Rolle Mariens hoben

und

die messianische

Erlésungsgeschichte

mit ihrer Jungfernschwangerschaft

und Christus mag, wie Chrisverbunden. Eine typologische Verbindung zwischen Jakob zusammenfasst, in der gütttine Ritter die patristische Auslegung der Jakobsgeschichte und letztlich, so die hermelichen Fügung liegen, die Rahel und Jakob zusammenführt endet. 799 Das Hauptbild mit neutischen Ansätze der Kirchenvater, im Christusgeschehen von vier Tondi mit Emblemen in der Begegnung von Jakob und Rahel am Brunnen ist

zweiten einen ersten Sohn (Gen 30, 25). Bei der Geburt ihres 1794 Erst nach vielen Jahren bekommt Rahel mit Josef ). 35,16—20 (Gen tt Kinderbe im sie stirbt n, Benjami

Kindes

ypo ische| Analogie besteht ier: Sp Sp. 376. . — Eine typolog , hier: 1795 C.M. Kaufmann: : Jakob. In: : LCI (2012), Bd.2, Sp. 370-383 und Jesus und die Samariterin Photina am Jakobsbrun-

am Brunnen vielmehr zv;lslcrr?ean den Szenen Jakot() und Rahel ntum. Eine AusleKlage im Antiken Judentum und fruhen Christe nen. — Siehe hierzu auch: Christine Ritter: Rachels Leiden 2003, S. 1752) ; tentums Urchris des und ms Judentu antiken gungsgeschichte. (Arbeiten zur Geschichte des 20 (hier Verweis auf: hom. 55,1f in Gen.).

1786 Ritter (2003), S. 253ff. : tan während des Kusses, die rechte Hand beidn ich diedie beiden Auf 1797 : ide Jacob und Rahel von Palma Vecchioi gebe sich das Paar einden tus), Hochzeitsri ròmischer als iunctio ein î:ut?iîtr?e?lî:?\îveì auf den spàteren Ehebund (dextrarum lung, Leinwand, zw. 1524-1525, Dresden, Staatliche Kunstsamm geht, siehe: Palma Vecchio, Jacob und Rahel, Ol auf 192. ), Gal. Nr. Gemälde Alte Meister (Sempergalerie im Zwinger

die genau nszene zahireiche Beispiele aus der Frühen Neuzeit, Kaufma nn 1798 C.M. Kaufmann nennt in seiner Analyse der Brunne siehe: rucken, unkt Mittelp den in Kuss den oder ng Umarmu diesen pastoralen Charakter der Szene und die (2012), LCI, Bd. 2, Sp. 376. 1789 Ritter (2003), $. 254.

400

Embleme in komplexen Bildprogrammen

den Ecken des Deckenfeldes umgeben,

die einen mòglichen ikonologischen Ansatz lie-

fern (Abb. 439, 441-444)1800: Emblemtondo

in der südwestlichen

Deckenecke:

Verbundenheit (S.Chr. E 2 R 115). Der Ring in der pictura verweist wohl auf die ewige der Ehestand der Liebenden (Kreissymbol). Vermutlich wird in diesem Emblem auch

+SINE FINE“1803 (,Ohne Ende“'®%), pictura: Ring Emblemtondo

in der nordôstlichen Deckenecke:

genauzweier Liebenden angedeutet.'®1? Die exegetischen Embleme ermôglichen eine von Jakob ere Ausdeutung des Hauptbildes. Chrysostomus interpretierte die Erzählung

»DVO IN VNO* 18° (,Zwei in einem‘“18%), pictura: In einem groRen Herz befinden sich

für die gôttliche und Rahel am Brunnen in seinem hermeneutischen Ansatz als Exemplum den blinden Amor, der Fügung. Bestärkt wird das Prinzip der gôttlichen Vorsehung durch

zwei kleine Herzen Emblemtondo

die gôttliche Fügung hinweisen, die zu ersten Begegnung von Jakob und Rahel führt. 1810 Auf der gegenüberliegenden Seite verweist das Emblem ,TRAHIT CALOR* (S.Chr. E 3

entlem auf die fruchtbringende Liebe oder das Entflammen der Liebe hinweisen. Eine nicht Fallen beiden sprechende druckgrafische Vorlage aus der Buchemblematik ist mir in e bekannt.18"1 Das Emblem ,DVO IN VNO“ (S.Chr. E 4 R 115) symbolisiert die verbunden 1812 Diagonal gegenüber befindet sich das Emblem ,SINE FINE“ Liebe zweier Menschen.

SANAE* 1801 (,Er heilt durch eine Verletzung“'®°*), pictura: Blinder Putto

spannt den Bogen mit Pfeil Emblemtondo

401

Sonne als R 115) in der pictura auf die Strahlkraft der Sonne, die die Erde erhitzt. Die lem vor allebensspendende Kraft kénnte hier durch die Verbindung mit dem Amor-Emb

in der südôstlichen Deckenecke:

»VULNERE

Emblematik in den thüringisch-ernestinischen Residenzen: Schloss Christiansburg

in der nordwestlichen Deckenecke:

Die Embleme bilden keinen Zyklus, der einer bestimmten Leserichtung folgt. Vielmehr

und damit als mit verbundenen Augen seinen Liebespfeil auf Jakob und Rahel schie&t auch, der durch Vollstrecker den gôttlichen Willen umsetzt.'®'* Jener blinde Amor ist es Pfeilschuss auf seine Handlung der Deckenausmalung Narrativitat verleiht. Durch seinen r geweckt (siehe Jakob und Rahel wird die leidenschaftliche Liebe der beiden füreinande

deuten die Embleme

Emblem

» TRAHIT CALOR* 1807 (,Sie zieht die (Liebes-)Glut'88 mit sich“8®), pictura: Sonne wirft Sonnenstrahlen auf die Erde

angefangen

mit dem

115) das Hauptbild in Zweiergruppen,

Emblem

,VULNERE

SANAE*“

(S.Chr.

die sich diagonal gegenüberliegen.

E

1R

Der blinde

die, und das ist sicherlich der wesentliche Sinngehalt des g steht in diesem Sinne Hauptbildes, in dem Ehestand endet. Im Zentrum der Darstellun ,TRAHIT CALOR"),

Amor, der mit dem Pfeil auf das Hauptbild Jakob und Rahel am Brunnen zielt, Kônnte auf

entspricht, sondern auch nicht der Kuss, der ja schlicht dem Literalsinn der Bibelstelle

1600 Die Embleme sind im Katalog und Emblemregister unter der Reg. Nr. S.Chr. E 1 R 115 bis S.Chr. E 4 R 115 (S.Chr. Ε 18.115 = Schloss Christiansburg Emblem 1 Raum 115) verzeichnet, siehe: Katalog und Emblemregister, Tab. 21,

,DVO IN VNO* u. nach der Begegnung am Brunnen schliefsen (siehe auch die Embleme gleichfalls die Stellung ,SINE FINE“). Die liebesthematischen Embleme unterstreichen in dem ersten Hauptbild Rahels als Lieblingsehefrau Jakobs (Gen 29, 30). Ahnlich wie

1801 Entwurf von Harms, siehe: Braunschweig, HAUM, Kupferstichkabinett, Klebeband, Z Harms H 27 Bd. 49, fol. 40r o.re (Sign. Z 4471). = Entwurf und Ausführung nahezu identisch. Die inscriptio lautet im Entwurf ,VULNERE SANAT.". Bei der unterschiedlichen Wiedergabe von ,SANAE“ (Emblemausführung) und ,SANAT“ (Emblementwurf) geht Kolomaznik von einem Restaurierungsfehler aus, vergleiche: Kolomaznik (2003), S. 97.

1802 Eigene Ubersetzung. \ Klebeband, 1803 Entwurf von Harms, ÿ siehe: E Braunschweig, i HAUM, , Ku Kupferstichkabinett, i i u. re (Sign. Z 4473). — Entwurf und Ausführung nahezu identisch.

Z Harms

H 27 Bd. 49, fol. 40r

1805 "En Entwurf von Harms, ' siehe: : Braunschweig, è HAUM, , Ku Kupferstichkabinett, i i Klebeband,

u. li (Sign. Z 4472). — Entwurf und Ausführung nahezu identisch.

rs

dû LDHW,

siehe: HZS (1996), Sp. 12-33. — Einige Embleme mit 1811 Beispiele zum Sonnen(-strahlen)motiv in der Emblematik, HZS (1996), Sp. 29-31.

Z Harms H 27 Bd. 49, fol. 40r

van grund erschient ein Paar, siehe: Daniél Heinsius: Het ambacht 6. d'Amour. Leiden: Marcusz 1613.S. 12 / HZS (1996), Sp.

Bd. 1 (1913/1914), Sp. 937f. — Calor‘ kann auch als Liebesglut und heftige Liebe übersetzt

1809 Eigene Übersetzung.

1810 Kolomaznik (2003), S. 96.

Z Harms H 27 Bd. 49, fol. 40r

1806 Eigene Übersetzung. Klebeband, 1897 En Entwurf von Harms, , siehe: ; Braunschweig, ‘ HAUM, , Ku Kupferstichkabinett, i i

den Jakob und Rahel

u.a.: der Sonne als Motiv verweisen auch auf Christus, siehe nt* t eine ähnliche lautende inscriptio ,Ut duo unum compona 1812 In Daniel De la Feuilles Emblemenzyklopadie erschein der verbundene brennende Herzen, siehe: DeE miteinan zwei hier zeigt pictura Die ). werden." eins nur (,Auf das zwey (1691), Tafel 12, 3.

1804 Eigene Übersetzung ο. li (Sign. Z 4470). — Entwurf und Ausführung nahezu identisch.

das Motiv des ,dextrarum iunctio‘ als Hinweis auf den Ehebund,

Daniél Heinsius Het ambacht van Cvpido (Leiden: Marcusz 1813 Der Kreis als Symbol der vollkommenen Liebe wird in selbst erscheinen die Initialen der Liebenden, im BildhinterKreis Im gezogen. Zirkel einem mit Amor einem von 1613) cvpido. Emblemata nova. Nouueaux Emblemes grundlegenden Aufsatz hingewiesen, indem sich Erwin Pa1814 Kolomaznik (2003), $. 96. — Kolomaznik hat auf den in hat. Die besprochenen Ansatze Panofskys, scheinen zt nofsky mit der Figur des blinden Amor auseinandergeset Erwin PaIn: Cupid. Blind : Panofsky Erwin e: vergleich dienlich, nicht dem vorliegenden Beispiel als Erklärungsmuster / Siehe auch: Wind (1984), 5. 68-98. nofsky: Studies in Iconology. Oxford 1939, S. 95-127

402

Embleme in komplexen Bildprogrammen

Mariàe Verkindigung wird in diesem Beispiel erneut die herausragende Stellung der Frau

3.3.2. Weitere profane Emblemvorkommen

betont.1815 Auffallig ist, dass sowohl im Kabinett des Herzogs und im Kabinett der Herzogin für die Ausmalung

Bildthemen gewählt worden sind, die sich mit der Menschwerdung

Gottes in Christus beschäftigen

(Maria

Verkündigung,

Anbetung

der Kônig) und in den

Emblemen Ansatze der protestantischen Erlôsungslehre vermitteln. Im Kabinett der Herzogin

besteht

in diesem

Sinne

also ein typologischer

Zusammenhang

zwischen

den

Hauptbildern. Durch die Szene Jakob und Rahel am Brunnen wird das Prinzip der gôttlichen Fügung verdeutlicht, die das Christusgeschehen als Erlôsungsgeschichte zum Endpunkt hat. Die Ausmalung der Kabinette im Südflügel stehen damit im unmittelbaren Zusammenhang barung

mit der Ausmalung

des Johannes

der Schlosskirche, deren Bildprogramm auf die Offen-

(zentrales Deckenbild)

und damit auf den Tod

und die Erlésung

ausgelegt ist.1816 Den Abschluss

des Appartements

der Herzogin

bildet das Wohngemach

der Herzogin

403

Emblematik in den thüringisch-ernestinischen Residenzen: Weitere profane Emblemvorkommen

aus thüringisch-ernestinischen

Schlossbauten

In den ehemaligen fürstlichen Hauptgemächern im Corps de Logis von Schloss Saalfeld blieb ein weiteres Emblemvorkommen fragmentarisch erhalten. Das Corps de Logis von Schloss Saalfeld wurde bereits zwischen 1677 und 1680 im Rohbau unter der Bauleitung von 1680

Christian Wilhelm erhielt Johann

Gundermann Ernst von

fertiggestellt.

Sachsen-Saalfeld

Nach

dem

Gothaer

das sich im Bau

HauptreceR

von

befindliche Schloss

Seine Brüder Albrecht und Bernhard, die den Rohbau noch in Auftrag gegeben hatten, erhielten nach der Landesteilung die Herzogtümer Sachsen-Coburg (Albrecht) und Sachsen-Meiningen (Bernhard) zugeteilt. Zwischen 1679 und 1691 wurde Saalfeld zugewiesen.

der Innenausbau des Corps de Logis von Schloss Saalfeld unter der Leitung von Gundermann und dem Stuckateur Giovanni Caroveri vorgenommen.'®'® In dieser Zeitspanne malte ein unbekannter Maller in die Fensterlaibungen der fiirstlichen Hauptgemacher im

Bade. Zu beiden Seccomalereien hat Harms bereits 1682 Entwürfe angefertigt. "817 The-

Obergeschoss des Corps de Logis mehrere Emblemfresken. Die urspriingliche Stückzahl der Emblemfresken làsst sich nicht mehr rekonstruieren. In den 1920er Jahren erfolgten umfassende Umbauarbeiten in den Innenraumen von Schloss Saalfeld, die die ursprüng-

matisch bilden die Malereien mit der Ausmalung aus dem herzoglichen Appartement de

liche Raumaufteilung

(heute: Raum vidischen

116, Südflügel). Die zwei querrechteckigen Deckenspiegel wurden mit O-

Sagen

ausgemalt:

Der

Raub

der Europa

und

Aktaion

tiberrascht Diana

im

parade im zweiten Obergeschoss des Nordflügels eine Einheit. Die divergierenden Bildinhalte in der Deckenausmalung

der Appartements

des Herzogspaares

sowohl im Sud-

als auch im Nordflügel lassen vermuten, dass das Nebeneinander von sakralen und profanen

Bildthemen

keinem festen Konzept folgt und sicherlich nicht so vorgesehen war.

Lediglich das Appartement de parade des Herzogs im zweiten Obergeschoss des Nordflugels folgt in der Deckenausmalung

einer einheitlichen mythologischen

Programmatik.

Es ist davon auszugehen, dass diese Zimmer als erstes und vor allem zeitlich ohne Verzôgerung Zimmer

ausgemalt worden

sind. Hier malte Harms wohl noch selbst. Für die anderen

lässt sich eine eindeutige Datierung

mutlich aus der Zeit um 1701

nicht nachweisen,

sie stammen

aber ver-

und 1704, als Schildbach die Harms-Entwirfe umsetzte.

pa es ; a ; age : Dass die Bildthemen mit der messianischen Heilserwartung auch in einem historischen Kontext zu eròrtern sind, erscheint mir zwar môglich, aber ausschlieRlich in einer hypothetischen Sphäre. Die Themenauswahl und die Ausmalung entstanden 1683, also knapp zwei Jahre nach der zweiten EheschlieRung Herzog Christians mit Sophie Marie von Hessen-Darmstadt (Jakob und Rahel am Brunnen). Zu diesem Zeitpunkt war immer noch kein Erbprinz geboren, der ein Fortleben des Hauses Sachsen-Eisenberg sicherte. In diesem Sinne drücken die liebesthematischen Embleme und einzelne profane und sakrale Hauptbilder (Cephalus und Prokris, Mariä Verkündigung) womôglich die Hoffnung aus, dass die Herzogin Sophie Marie den ersehnten Erbprinzen zur Welt bringen kônnte.

der herrschaftlichen

Appartements

vôllig veranderten.

Die herr-

weischaftlichen Zimmer wurden zu Behérdenzimmern, die Fresken teils übertüncht und

tere Fresken bei einem Brand 1953 vollends zerstòrt.1819 Nur einige wenige Emblemfresken konnten 1991

Niels Fleck

bei Sanierungsarbeiten wieder freigelegt werden.

hat der erhaltenen

Ausmalung

in den

Innenraumen

von

Schloss

Saalfeld

Emb(heute Landratsamt Saalfeld-Rudolstadt) einen Aufsatz gewidmet und dabei acht

leme registriert.82° Die vorhandenen Emblemfresken befanden sich ursprünglich in den vorAudienzzimmern des herzoglichen Paares. Im nôrdlichen Audienzzimmer zeigen die handenen Fresken, so die Vermutung von Niels Fleck,821 Embleme aus Saavedras Idea sken de vn principe politico christiano (München: Enrico 1640). Die seitlichen Emblemfre sich denin ovalen Kartuschen sind in einem schlechten Erhaltungszustand. Sie lassen nachweisen. Das noch über die inscriptio in Saavedras emblematischem Fürstenspiegel Ausschnitt des Emblemfresko in der linken Seitenwand der Fensternische rezipiert einen

1815

1816 Fleck (2015), 8. 154f / Kolomaznik (2003), 8. 140-147. 1817 HAUM,

Braunschweig,

E 1 u.

E 2.

— Kolomaznik

ist der Ansicht,

dass

diese

beiden

Entwürfe

von

1682

Vorarbeiten von Harms für Schloss Christiansburg gewesen seien, vergleiche: Kolomaznik (2003), S. 100

die ersten

Bachmeier: Das Schloss in Saalfeld. In: Roswitha 1818 Zur Baugeschichte, siehe: Fleck (2007), S 217-221 / Ingrid Kulturhistorische Portrats. 1998 Bucha Thüringen. in Schlosser Residenz(Hrsg.): sen Barnighau Jacobsen, Hendrik Jacobsen (Hrsg.): Residenzkultur in Roswitha In: Residenz. als Saalfeld sen: bei Jena, S. 129-135 /Hendrik Barnighau S. 60-87. Jena, bei Bucha 8) -Texte; (Palmbaum t. Thiringen vom 16. bis zum 19. Jahrhunder 1819 Fleck (2015), S. 217.

konnte ich leider nur eine Fensterlaibung mit 1820 Fleck (2007), 8. 225. — Bei einer eigenen Besichtigung im April 2016 end verzichtet entsprech ich habe ierung Inventaris eine Auf eren. drei Emblemfresken dokumenti RE

S225.

404

Embleme in komplexen Bildprogrammen

Saavedra-Emblems mit der inscriptio ,IMMOBILIS AD IMMOBILE NVMEN* (,Unbeweglich zu einer unbeweglichen Gottheit“1822) 1823 Die pictura zeigt dort einen Kompass, dessen Nadel auf den Sternenhimmel ausgerichtet ist. Die pictura des Saalfelder Emblems

Emblematik in den thüringisch-ernestinischen Residenzen: Weitere profane Emblemvorkommen

inscriptio ,PRAESIDIA

MAÏESTATIS.

| Gardes

de

la MaiESTe.“

405

(,Schildt der Majes-

ist fast vollstandig zerstôrt (Abb. 445-447). Die inscriptio des Saalfelder Emblems nimmt

taet.“1828) (Abb. 451-453).182° Hier erscheint die pictura des Saalfelder Emblems allerdings unerklarlicherweise spiegelverkehrt zur Vorlage. ‘8% Ohne Kenntnis weiterer Emblemfresken aus dem ehemaligen Hauptgemach von Herzog Johann Ernst von Sachsen-

zwar die Saavedra-inscriptio auf, erweitert sie aber um einen Zusatz in franzôsischer

Saalfeld lässt sich diese Diskrepanz nicht weiter aufklaren.

Sprache: ,IMM[...]IS AU IMMOBLIE NVMEN immobile a une immo:bile Deite.“.1824 Betrachtet man das Emblem auf der gegenüberliegenden Wandseite der Fensternische wird deutlich, dass Saavedras Fürstenspiegel wohl nicht als alleinige Vorlage dient, wie Fleck

Im ehemaligen Audienzzimmer der Herzogin Charlotte Johanna von Waldeck-Wildungen (1664-1699) wurden Emblemfresken mit liebesthematischen Motiven in die Fensterlaibungen gemalt. Niels Fleck ist der Ansicht, dass die vorhandenen Emblemfresken aus dem Emblembuch Amorum emblemata (Antwerpen: Venalia apud Auctorem 1608) des Otto van Veen stammen.83! Auch die Embleme van Veens erscheinen allerdings nahezu

angenommen

hat. Die inscriptio des Saalfelder Emblems in der rechten Seitenwand der

Fensternische lautet ,HIC TUTIOR. PLUS SEURE IOI.“. In der pictura ist ein Kirchturm zu erkennen, auf dem ein Storch nistet (Abb. 448-450). Das Emblemfresko ist ebenso in Saavedras emblematischem Fürstenspiegel nachzuweisen, hier wiederum lediglich mit der lateinischen inscriptio ,HIC TVTIOR*.'®25 Der Zusatz in der inscriptio des Saalfelder Emblems ,PLUS SEURE IOI“ stammt hingegen aus Daniel de La Feuilles Devises et emblemes (Amsterdam: De la Feuille 1691). Dort lautet die franzôsische inscriptio mit der entsprechenden Emblempictura ,Plus seur icy,“ und die dazugehôrige lateinische inscriptio ,Plus tutior,“ (,Es ist sicherer hier.“1826) 1827 Die unterschiedliche Orthografie von ,1O1“ und ,icy“ wird wahrscheinlich auf Restaurierungen nach 1991 zurückgehen, die womdglich ohne Kenntnis der künstlerischen Vorlagen ausgeführt wurden. Die beiden Emblemfresken an den Seitennischen kombinieren also eine lateinische und eine franzôsische inscriptio, die beide in de La Feuilles Devises et emblemes nachweisbar sind. Auch die

Ausrichtung der Emblem-pictura stimmt überein. Im Fenstersturz der Nische ist die dritte Emblemfreske vollstandig erhalten. Die pictura zeigt den Habsburger Doppeladier mit der

der vollzählig in de La Feuilles Emblemsammlung Devises et emblemes. Zur Ausmalung weder Fensternischen in den herzoglichen Hauptgemächern wurde sehr wahrscheinlich sondern das Emblembuch von Saavedra, noch jenes von Otto van Veen herangezogen,

die zu diesem Zeitpunkt neuerschienene Emblemsammlung Devises et emblemes des Daniel de La Feuille. Entsprechend waren die Emblemfresken auf eine Zeit nach 1691

der um zu datieren. Wer die Fresken ausfihrte, ist nicht bekannt. Carlo Ludovico Castelli, in der 1710 die Emblemfresken nach dem Emblembuch Philothei Symbola Christiana

an Saalfelder Schlosskirche ausführte, kam erst mit der Lucchese-Werkstatt um 1704 den Saalfelder Hof. 1832 Für die Ikonologie der Freskenmalereien in den Hauptgemächern e keine von Schloss Saalfeld spielt die vorgenommene Revision der Emblembuchvorlag Rolle. Fleck deutet das vorhandene Bildprogramm folgendermañen:

n, wah»[...] insgesamt dominierten im Hauptgemach des Herzogs Herrschertugende und der ematik Liebesth rend das Bildprogramm im Hauptgemach der Herzogin von geleitet war.“'®°* von Gott geschiitzten Prosperitat des Hauses Sachsen-Saalfeld

1828 (Jbersetzt nach: DeE (1691), Tafel 6, 5.

1829 DeE (1691), Tafel 6, 5. — Siehe auch: Saavedra (1640), $. 135. t. Das entsprechende Emblem 1830 Auch das Saavedra-Emblem ist spiegelverkehrt zum Saalfelder Emblem ausgerichte Erben 1693), jener Neuausgabe der De1822 Übersetzt nach: DeE (1691), Tafel 10, 12. 1823 Saavedra (1640), S. 150. 1824 DeE (1691), Tafel 10, 12. — Die franzôsische inscriptio lautet hier: ,Immobile à une immobile Deité."

1825 Saavedra (1640), S. 156.

Gôbel in der Emblematischen Gemüths=Vergnügung (Augsburg: Kroninger, haben. Das Saavedra-Emblem und das entspregedient Vorlage als nicht kann Feuille, La de von emblemes et vises der beiden Doppeladier mit einem Hufeisen im chende Emblem in de La Feuilles Emblemsammlung zeigen einen erkennen. In der Augsburger Ausgabe von 1693 zu ebenso Emblem Saalfelder dem auf ist Schnabel. Dieses Hufeisen vergleiche: EVG (1693), Tafel 6, 5. Krallen, den in Blitzbündel ein Adler fehit das Hufeisen, dafür tragen beide

1831 Fleck (2015), 8. 243. 1832 |

i

ier-

ngrid Bachmeier

o und Bartolomeo Lucchese. In: Roswitha Schraml: Die Ausstattungsunternehmer Carlo Domenic rt. (PALMBAUM Texte, 8) Bucha bei

1826 Übersetzt nach: DeE (1691), Tafel 6,5.

Jacobsen (Hrsg.): Residenzkultur in Thüringen vom 16. bis zum 19. Jahrhunde Jena 1999, 8. 148-163, hier: S. 154ff.

1827 DeE (1691), Tafel 10, 5.

1833 Fleck (2015), S. 243.

406

Embleme in komplexen Bildprogrammen

Die Emblemfresken waren im Saalfelder Schloss folglich Begleitbilder zu den Decken-

fresken, die grôRtenteils nicht mehr erhalten geblieben sind.1834 Nicht mehr erhalten blieben ebenso mehrere Emblemvorkommen, von

Sachsen-Rémhild

(1650-1710)

in Auftrag gegeben

die Herzog Heinrich

hat.'85 Die Emblematik

am

Rômhilder Hof war in den 1690er Jahren immer wieder Bestandteil der ephemeren Fest-

architektur und in der Innenraumgestaltung von Lustbauten. 836 Dokumentiert sind diese Emblemvorkommen gréfitenteils in dem Buch Des Durchlauchtigsten Fürsten und Herrns

Herr Heinrichens/ Herzogens zu Sachsen [...] Fürstliche Bau=Lust (Rômhild: Oppermann 1698). Einige dieser Beispiele seien genannt. Herzog Heinrich von Sachsen-Rémhild lieR 1692 zum Geburtstag der Herzogin Marie Elisabeth von Hessen-Darmstadt (1656-1715) am 11. Marz im Festsaal von Schloss Gliicksburg ein Kunstgemach als Lustgarten einrichten, der in drei Luststücke unterteilt wurde. Teil der Festdekoration in den Luststücken, die Gartenhäusern imaginieren sollten, waren 63 Embleme,

die die Lebensstatio-

nen der Herzogin kommentierten: ,DiR schône Kunst=Gemach/ Wo Garten=Lust und Grotten

Emblematik in den thüringisch-ernestinischen Residenzen: Weitere profane Emblemvorkommen

407

gelaDer Sinngehalt der einzelnen Embleme in den drei Luststücken erôffnete sich den

denen Gästen an diesem Tag also erst durch die reale Anwesenheit der gefeierten Her-

zogin. 1838

Um 1695 lieR Herzog Heinrich im Schlossgarten von Schloss Glücksburg ein Lusthaus

ng waren mit dem Namen Marien-Elisabethenlust erbauen (Abb. 454). Teil der Ausstattu waren, die die Wirkzwolf Tugenddarstellungen, denen jeweils drei Embleme zugeordnet

183° In den einzelnen Zimmern der Marienkraft der einzelnen Tugend versinnbildlichten. Teil der epheElisabethenlust wurden auRerdem jene Embleme aufgenommen, die zuvor zu den Lebensmeren Festdekorationen gewesen sind, unter anderem die 63 Emblemen eines weiteren stationen der Herzogin.'®4° Das Gebäude wurde im Marz 1696 anlässlich und Hartenberg verGeburtstages der Herzogin auf eine Waldlichtung zwischen Romhild ch' umbesetzt und das Lusthaus unter Anspielung auf den Monat Marz in Mertzelba auf zwanzig nannt.'841 Wahrend nun die Tugendstatuen mit den Emblemen, erweitert n Lusthauses me Statuen'*42 mit Begleitemblemen, in dem Hauptgemach des versetzte aufgestellt, nämlich blieben, wurden im zugehérigen Garten zwanzig weitere Statuen drei Begins: Lasterallegorien (Abb. 455). Auch diese Statuen erhielten jeweils

der Beschreibung die die Auswirkungen der einzelnen Laster erläuterten.'84 Folgt man

Des rauhen Winters spotten/ LL Es wird in Sinn=Bildern Gar meisterlich abschildern Den netten Lebens=Lauff Der Durchlauchtigsten Fürstin und Frauen/ Frauen Marien Elisabethen/ [...].“1897

aus der Innenraumgeaus der Fürstlichen Bau=Lust, so blieben die Emblemvorkommen Baus erhalten.8# Um staltung der Marien-Elisabethenlust in den Zimmern des versetzen 228 Einzelembleme. An1696 umfasste das neue Lusthaus im Mertzelbach mindestens Neuwerksgarten oder ὑπ ders als in den Emblemkabinetten der Amalienburg im Gottorfer im Mertzelbacher Lusthaus Sommerhaus von Schloss Gaibach waren die Embleme Lusthaus um das Sennordien: komplexer Bild- und Raumprogramme. 1697 wurde das mit einer ernestinischen haus erweitert. Das Zentrum des Anbaus bildete der Festsaal

Basel een! es n wurden bereits 1694 verdffentlicht, siehe: Kaas 1838 Die Embleme zum Geburtstag derzu Herzogi ahi Ὡς rape ites Sachsen [...] künstlich inventionierten und zu ore

von [...] Herrn Heinrichen, Hertzogen Geburts=Feste/ war der 11. ste ἐς Gemahlin/ [...] / Frauen Marien Elisabeth; [...] An Dero Kupferstichen an den Tag geleget. und Druck in ro ausgerichteten Kunst=Gemachs/ Nunmeh e Emblemata, [...]], passim. [Die zum gedachten Fürsl. Lebens=Lauf gehérig

1834 Siehe hierzu: Ebd., 8. 243f / Fleck (2007), 8. 223-229. 1835 Eine Biografie Uber Herzog Heinrich von Sachsen-Rômhild Ende des 19. Jahrhunderts, siehe: Gottlieb Ernst Jacob:

Genannt werden die Tugenden lg nove 1839 Fürstliche Bau=Lust (1698), Teil Ill, S. 14. - gkeit, Nüchte: Einigkeit, Bescheidenheit, Klugheit, Tapferkeit, MaRigkeit, Geduld, Leutseli

ον

Vie ;

os she

gen:

ai

=

ai Gerechtigkeit,

Heinrich, Herzog von Rémhild 1676-1710. Lebens-, Charakter- und Zeitbild. In: Schriften des Vereins für SachsenMeiningische Geschichte und Landeskunde 21 (1896), S. 1-104.

1840 Ebd., Teil 3, S. 15.

186 Zur Festkultur am Rémhilder Hof, siehe: Roswitha Jacobsen: "Fürstliche Bau- Lust" und die Feste am Hof von Sachsen-Rômhild (1680-1710). Künstlichkeit und Dauerhaftigkeit der Sinnproduktion an einer ernestinischen Resi-

1842 Hinzukamen die Tugenden Wachsamkeit Keuschheit, Emsigkeit, Freigiebigkett, Vergnüglichkeit, Sanftmut, Ver-

denz. In: Marburger Jahrbuch für Kunstwissenschaft 24 (1997), $. 231-247. — Zu den temporären Rémhilder Lustbau-

ten, siehe: Heiko La: Die fürstliche Bau-Lust des Herzogs Heinrich von Sachsen-Rémhild. In: ephemere architektur (archimaera 3), 8. 55-71.

1827 Heinrich von Sachsen-Rômhild: Des Durchlauchtigsten Fürsten und Herrns Herr Heinrichens/ Herzogens zu Sach-

sen/ [...] Fürstliche Bau=Lust. Rémhild: Oppermann

1698, Teil I, 8. 4.

1841 Lag (2009), 8. 58.

ses

schwiegenheit, Wahrheit.

werden die Laster ag earings 1843 Fürstliche Bau=Lust (1698), Teil IV., S. 17. — Genannt À , Lose it, Furchtsamkeit, Unmafigkeit, Ungeduld, brie

rechtigkeit, Unbedachtsamke Naschhaftigkeit, heit, Faulheit, Geilheit, Fahrlàssigkeit, Geiz, Neid. Zorn,

1844 Ebd., Teil IV., S. 18.

Falschheït.

k

408

Embleme in komplexen Bildprogrammen

Ahnengalerie aus 55 Statuen und Leinwandbildern, die die dynastische Einheit (Concordia) repräsentieren sollte.1815 Nach ses.1846

Die

Emblemvorkommen

12 Jahren erfolgte 1708 der Abriss des Lusthau-

der ephemeren

Festdekoration

und

der temporären

Rômhilder Lustbauten werden in der Fürstlichen Bau=Lust umfassend dokumentiert und

abgebildet. 1847 1701

lieR Heinrich von Sachsen-Rémhild ein weiteres Gebäude mit Emblemen

ausstat-

ten, von dem heute jegliche Spuren fehlen. Auf dem Hartenberg lieR der Herzog 1681 die Reste einer mittelalterlichen Burg der Grafen zu Henneberg-Hartenberg (Burg Hartenburg) schleifen.'*4° Die Reste wurden zum Bau der Rômhilder Schlosskirche verwendet. Anstelle der Burgruine lief er von Johann Moritz Richter d. J. ein zweigeschossiges Lust-

haus aus Holz errichten, dem ein achteckiger Turm aufgesetzt wurde. Der Turm sollte ein

alchemistisches Laboratorium beherbergen.'*49 In dem historiographischen Werk zur Herrschaft R6mhild von Johann Adolph von Schultes (1744-1821) heift es: »Der Herzog lieR nachher (1701) auf diesen Berg ein prachtiges, und mit vielen emblematischen Statuen und Gemahiden geziertes, Lusthaus anlegen und zu dessen Andenken eine besondere Münze auspragen. “185°

Ein fundierter Nachweis für ein Emblemvorkommen fehlt. Bemerkenswert an den Rémhilder Emblemvorkommen sicherlich deren mehrmalige Wiederverwendung.

aus dem

Hartenberger Lusthaus

ist allein neben deren Quantitat

Allein die 63 Embleme,

die 1692 der

1845 Fürstliche Bau=Lust (1698), Teil IX., 8. 55-145. — Siehe auch: La (2009), 8. 61f / Edith Ulferts: GroRe Sale des Barock. Petersberg 2000. Zugl.: Marburg, Univ., Diss., 1998, 8. 42-49. 1846 Paul Lehfeldt: Herzogthum Sachsen-Meiningen. II. Band: Kreis Hildburghausen. Amtsgerichtsbezirke Hildburghausen, Eisfeld, Themar, Heldburg und Rémhild. (Bau- und Kunstdenkmäler Thüringens; 29, 31) Bd. 2 (2), Jena 1904, 8.

409

Emblematik in den thüringisch-ernestinischen Residenzen: Weitere profane Emblemvorkommen

waHerzogin Marie Elisabeth von Hessen-Darmstadt zum Geburtstag gewidmet wurden,

ren zuerst Teil ihrer Geburtstagsfestdekoration, dann Teil der Wandausstattung im Lusthaus Marien-Elisabethenlust und spater Teil der Wandausstattung

des Lusthauses

im

Mertzelbach. Die einzelnen Embleme sind zwar in der Fürstlichen Bau=Lust mit Abbil-

in den Zimmern dungen dokumentiert, aber über deren tatsächliche Anbringungssituation die Materiader Lusthäuser bleiben die Informationen in der Beschreibung vage. Selbst

Auf den lität der einzelnen Emblemvorkommen bleibt in den meisten Fallen unerwahnt. die Embleme Stichen, die die Lustbauten und deren Innenraumgestaltung zeigen, sind nicht abgebildet.

Friedrich II. Von der Forschung unbeachtet blieben zwei Emblemvorkommen, die Herzog Il. Friedrich von Sachsen-Gotha-Altenburg (1676-1732) in Auftrag gegeben hat. Herzog bemühte sich wahrend

seiner Regierungszeit in seiner Gothaer Hauptresidenz Schloss

s. In den hinteren Friedenstein im Wesentlichen um die Neugestaltung des Ostflügel anlage waren beRäumlichkeiten des ersten Obergeschosses im Ostflügel der Schloss

reits die Hofbibliothek'55!

und die Kunstkammer

nebst Naturalienkabinett unterge-

Ankäufe mehrerer Pribracht. ‘852 Die Hofbibliothek wurde von Herzog Friedrich Il. durch rte er den Bestand vatbibliotheken um über 10 000 Bande erweitert.!853 1702 vergrôke (1661-1739). 1712 der Münzsammlung um die Talersammlung von Christian Wermuth mmlung des Sratan Anerwarb Herzog Friedrich II. auRerdem die umfangreiche Münzsa 000 Taler. Durch diesen ton Gunther Il. von Schwarzburg-Arnstadt (1653-1716) für 100 auf Schloss Friedenstein, die Ankauf wurde die vorhandene numismatische Sammlung 516 Münzen begonnen wurde, von Herzog Ernst |. von Sachsen-Gotha-Altenburg mit die nun zu xe ee betrachtlich vergréRert. Für seine gewachsene Münzsammlung, od II. einen ti ten Sammlungen Europas gehdrte, bendtigte Herzog Friedrich Schauraum,

en sein sollte. Zu seider mit der Bibliothek und der Kunstkammer verbund

Münzkabinett erôffnet. 1854 nem Geburtstag am 8. August 1713 wurde das neue Gothaer

464.

1847 Fürstliche Bau=Lust (1698), Emblemata, S. 1-102. — Eine Forschungsarbeit zu den abgebildeten Emblemen und

môglichen Vorlagen aus der Emblembuchliteratur liegt nicht vor.

1848 Zur Burg auf dem Hartenberg, siehe: Paul Kôhler: Die Residenzen der Henneberger Grafen der Rômhilder Linie.

In: Jahrbuch des Hennebergisch-Frankischen Geschichtsvereins 2 (1938), S. 1-30, hier: S. 1-18.

1849 |ehfeldt (1904), Bd. 2, 8. 465. 1850 Johann Adolph von Schultes: Johann Adolph von Schultes historisch-statistische Beschreibung der Herrschaft Rémhild mit einem Urkundenbuch. Erstens Theils vierte Abtheilung. Nebst einigen Zusätzen und einem dreifachen

Register über samtliche vier Abtheilungen. Hildburghausen 1799, 8. 618. — Ein Nachweis der Gedächtnismedaille zum Wiederaufbau des Lusthauses auf dem Hartenberg in einer numismatischen Sammlung ist mir nicht gelungen. Allerdings lässt sich die Medaille auf dem numismatischen Auktionsmarkt nachweisen, zuletzt in der Johannes Diller Münzhandlung unter der Katalognummer: Wermuth 01.005. 26,5mm' (Stand: 11.07.2018). — Zu einer Abbildung der Medaille, siehe: Wilhelm Ernst Tentzel: Saxonia Nvmismatica Lineae Ernestinae. Saxonia Nvmismatica Oder Sachsisches

Medaillen=Cabinet, von Gedächtnüss=Müntzen und Schau=Pfennigen, welche Die Durchlauchtigsten Chur- & Fürsten

zu Sachsen Ernestinisch= und Albertinischer Haupt=Linien seint zweyhundert Jahren haben pragen und verfertigen lassen, Aus vielen Cabineten mit Flei& zusammen gelesen/ in schéne Kupffer ge=bracht und aus der Historie und Stamm=Registern griindlich erlautert. Bd. 2 (2), Dresden: Riedel 1705, Tab. 510, p. 960, p. 969 u. 8. 969.

angrenZeitpunkt im ersten Obergeschoss des Ostpavillons und iin drei i 1851 Die Hofbibliothek befand sich zu diesem (1717), ll, 8. 198.

zenden Zimmern, vergleiche: Rudolphi

aga δυο a ere in der Beschreibung μὲς 1852 Diese Verortung der Sammlungen folgt der Abfolge τ sd ἐδ Sok Rudo phi ( siehe: mmer, Kunstka — inett Münzkab — othek in der Gothica diplomatica: Hofbibli τ ass un ne do se Sn Dienste im Kunst Gothaer Kunstkammer, siehe: Martin Eberle: : 4 + i Thüringische loss Friedenstein um 1700. In: Stiftung i Ru Paulus. d K Eberhar HelmutDr. Prof. für ift Festschr . Denkmale einer Kulturlandschaft oe vee ie i : ee dolstadt 2017, S. 109-120.

von Sachsen=Gotha und gees Avg 1859 Christian Ferdinand Schulze: Leben des Herzogs + Gotha n und achtzehnten Jahrhunderts.

Geschichte Gotha's beim Wechsel des siebzehnte

os

Pcs Beitrag zur ;

i lungen im Zeitalter des Barock — DieLA me pe mt 1854 Uta Wallenstein: Fürstliche Manzsamm song À pe Jahre 1712. im etts Münzkabin des g Einrichtun zur bis Anfängen von ihren hier: 8. ; Land der Residenzen. Katalog 2 (3). Mainz (Hrsg.): neu entdeckt. Thüringen —

410

Embleme in komplexen Bildprogrammen

In der 1717 von Friedrich Rudolphi publizierten mehrbändigen

Gotha diplomatica wird

das Münzkabinett erstmals beschrieben, dort heift es: »Es befindet sich aber solches Cabinett in der mittleren Gallerie des gegen

Morgen

gelegenen Sei=ten Gebäudes/ und zeiget sich bey dem Eingange ex opposito in ei-

tio ,IN FRAGILI

in Fresco und perspektivisch gemah=let zu sehen/ ein grosser

erwähnten

Fresken

mit den Allegorien der Vier Erdteile wurden

von

Giovanni Francesco Marchini (1645-1745) in Quadraturmalerei ausgefihrt. [856 Marchini erhielt von Herzog Friedrich II. bereits am 21. Marz 1713 einen Vertrag zur Ausmalung

von Gemächern und Galerien gegen Quittung.'®°’ Innerhalb weniger Monate stellte er die

Fresken mit den Erdteilallegorien fertig.'858 In einigen Gemächern des Ostflügels von Schloss Friedenstein haben sich weitere Quadraturmalereien von Marchini erhalten. 859 Zusammen

mit dem Münzkabinett befinden sich die Gemächer mit den erhaltenen Mar-

chini-Fresken heute in der Forschungsbibliothek Gotha. 1880 Unklar ist, ob die Gemächer mit den Marchini-Fresken zur Regierungszeit von Herzog Friedrich II. ein herzogliches Appartement privé aus Vorgemach, Audienzgemach und Wohngemach

goldenen

einem

Schranck/ worinnen lauter güldene/ so wohl antique als moderne Müntzen/ [...].“1855 Die von Rudolphi

(Abb. 457 a bis 457 d). Diese Begleitbilder verorten die Ruinenlandschaft des mittleren Deckenfreskos durch die Darstellung von Szenen aus dem Herakles-Mythos in eine arzwei kadische Landschaft. An den Langsseiten des Mittelfreskos befinden sich zusätzlich Emblemtondi.185! Das Emblemtondo linkerseits zeigt das Fragment einer antiken Statue Die inscripin Kontrapoststellung. Dargestellt ist die Statue bis zum Torso, der Kopf fehlt.

nen schônen Zimmer/ an dessen Decke die vier Theile der Welt/ als Europa/ Asia/ Afri=ca und America

411

Emblematik in den thüringisch-ernestinischen Residenzen: Weitere profane Emblemvorkommen

bildeten oder ob

sie als Sammlungsraume für die Hofbibliothek oder für die Kunstkammer nebst Naturali-

LVSIT“ (,Er hat mit dem Zerbrechlichen gespielt.“'®©*) befindet sich in Schriftband

über der Statue,

unter der Statue verweist die Beischrift

Emblem .CHRISNA: SIMBOLVM - | XXI -“ auf die Emblembuchquelle (Abb. 458-459). Das Main: Zubrodt stammt aus dem Emblembuch Philothei Symbola Christiana (Frankfurt am

t. 1677) des Kurprinzen Karl II. von der Pfalz. 1383 Es handelt sich also um ein Emblemzita

Wolke komAuf der gegenüberliegenden Seite zeigt das Emblemtondo eine aus einer Schnittes mende Hand mit Zirkel, die auf einer Staffelei zur Berechnung des Goldenen lautet Bildhälfte ansetzt (Abb. 460-461). Die inscriptio auf dem Schriftband in der oberen Beischrift auf dieselbe ,AB : VNO* (,Von dem einen her." 1884). Auch hier verweist eine

Im EmblemQuelle Philothei Symbola Christiana: ,CHRISTI:NA| SIMBOLVM |: LVI “1865

Emblem ,IN FRAGILI buch selbst haben beide Embleme einen religiésen Sinngehalt. Das und ermahnt gleichzeitig LVSIT“ verweist auf die Verganglichkeit des irdischen Ruhms allein Gott zu dienen. In der deutschen Ausgabe heist es:

t/ die auR einem ver,Diesen widerfahret eben das/ was den Künstlern begegne zu wegen bringen/ und ein brüch=lichen Stein mit grosser Mühe und Arbeit/ eine Seul doch die Zeit/ die alles aufBild/ das einem Menschen gleicht/ darauR gra=ben; Da deR Bildhauers vertilgt ues freibt/ das gantze Bild/ den Rahmen und das GedächtnuR lichen Ehre? [...]. Dann die umkehret. Was spielen die Menschen in einer vergäng zu seinem Dienst erschaffen Ge=rechtigkeit Gottes last nicht zu/ daf die Menschen

enkabinett genutzt wurden. Die Deckenfresken von Marchini im Vorgemach kônnten darauf eine Antwort geben. Das zentrale Deckenfresko zeigt in Quadraturmalerei eine antike Ruinenlandschaft (Abb.

456). In den ovalen Eckbildern sind vier Taten aus dem Herakles-Mythos dargestellt: Herakles im Kampf mit dem Nemeischen Lôwen, Herakles im Kampf mit der Hydra, Herakles im Kampf mit dem Kretischen Stier, Herakles im Kampf gegen den Zentauren Nessos

und ver=ordnet sind/ sich ohne

Straff auff die Dingen legen/ in welchen eine groRe

BoR=heit steckt/ [...].“1866 Emanationslehre von Das zweite Emblem ,AB : VNO“ bezieht sich auf die christianisierte

1855 Rudolphi (1717), S. 200.

Gott als Ursprung allen Seins:

1856 Wallenstein (2004), S. 124-131. 1857 ThStA Gotha, Bestallungs- und Besoldungsbiicher, Jg. 1713-1715, Sign. 4737, fol. 13 (1713 Marz 21). 1858 Die Darstellung der vier bekannten Erdteile im Deckenfresko ist mit der numismatischen Sammlung zu begriinden.

In vierzehn Schränken wurden Münzen aus allen Erdteilen ausgestellt. Der Schwerpunkt der Sammlung lag auf Münzen rémischer Imperatoren, siehe: Rudolphi (1717), Il, 8. 200.

1858 In einer Dissertation zum Oeuvre von Giovanni Francesco Martini von Peter Seewaldt werden die Fresken aus

dem Ostflügel von nerzeit davon aus, nicht mehr erhalten mentalmalerei des

Schloss Friedenstein nicht mit dem italienischen Maler in Verbindung gebracht. dass die Marchini-Fresken, er datiert dessen Anwesenheit am Gothaer Hof auf geblieben sind, vergleiche: Peter Seewaldt: Giovanni Francesco Marchini: Sein Spatbarocks in Deutschland. Egelsbach 1984. Zugl.: Mainz, Univ., Diss., 1983,

Seewaldt ging seieine Zeit um 1711, Beitrag zur Monu8. 10.

1860 Wallenstein (2004), S. 129. — Die Annahme, dass auch die Fresken aus den Gemächern des ersten Obergeschosses im Ostflügel von Schloss Friedenstein von Marchini gemalt wurden, hat der ehemalige Museumsleiter von Schlo® Tenneberg in Waltershausen nachgewiesen. Seine Arbeit zur Barocken Deckenmalerei in Thüringen wurde nicht fertiggestellt. Seine Studien liegen im Thüringischen Staatsarchiv Gotha vor und wurden von mir eingesehen, siehe: ThStA Gotha, Nachlass Jacobi, Sign. 2-97-0972, Nr. 5 (Laufzeit: 1950-1987).

und Emblemregister unter der Reg. Nr. GSF-E

1, GSF-E

m Katalog in-Emblem 1), siehe: Katalog und Emblemregister, Tab. 22, S. 710. qe Rob 1 = Gotha Schloss Friedenste (GSF-E 1861

ni

ji

i

si

i

1862 Eigene Ubersetzung. 1863 Philotei (1677), SYMBOLVM XXI, 8. 41. 1864 Eigene Übersetzung. 1865 Philotei (1677), SYMBOLVM LVI., S. 111.

1866 Philothei (1679), SYMBOLUM XXI., 8. 91f.

2 vermerkt

Embleme in komplexen Bildprogrammen

Saalfresken beschaftigt und die Bildthemen benannt.'#° Ausgehend

Aber es ist fürwahr ein Gott/ der alles siehet und beweget/ und der eine unbewegliche

Ord=nung in allen Menschlichen Sachen gese=zet hat. Von einem Punct werden in der Mathematischen Kunst unzehlbare viel Strichen gezogen: und man kann nichts Lobwürdiges allhier verrichten/ wenn aller Ding/ so werden

müssen/

er sey

der einige

Ur=sprung/ worauf die Welt/ und was in der=selbigen ist/ ihr Herkommen

und

wahre

genommen

hat.“1867

Diese religiòsen Konnotationen gehen auch in den Emblemtondi von Marchini nicht verloren. Durch die Quellenzitation in den unteren Bildhälften wird explizit der Bedeutungsgehalt der Embleme angemerkt. Ohne diesen Verweis kénnen die Emblemtondi als ein-

fache Allegorien der Bildhauerei (,IN FRAGILI LVSIT“) und der Mathematik/ Architektur (AB - VNO") gedeutet werden. Das Konzept der Fresken ist jedoch tiefsinniger. Die Ruinen in der arkadischen Landschaft und die Szenen aus dem Herakles-Mythos sind Antikenrezeptionen. Die Fresken liefern die raumfunktionale Bedeutung fiir das Zimmer. Das Vorgemach

und womôglich

auch die weiteren Gemächer waren

Sammlungsraume

für

antiquitates aus der Kunstkammer. Die beiden Emblemtondi sind also zuerst allegorische Bildzeichen für Bildhauerei und Architektur und zweitens christliche Kommentare des Sammlers, um das Sammeln von antiquitates zu rechtfertigen. Die Emblemtondi erläutern, dass dem Auftraggeber durchaus bewusst ist, dass seine Sammlungsobjekte vergangliche Dinge darstellen (,,IN FRAGILI LVSIT“), aber diese Dinge sind gemäR der Emanationslehre letztlich Teil der géttlichen Schôpfung (ΑΒ : VNO“), was das Sammeln und Ausstellen solcher Sammlungsobjekte legitimiert. In der Regierungszeit von Herzog Friedrich II. von Sachsen-Gotha-Altenburg entstand im Festsaal von Schloss Tenneberg in Waltershausen ein weiteres Emblemvorkommen.

reits 1696 wurde

Schloss

Tenneberg

nach

der Hochzeit zwischen

Friedrich

Be-

II. und

Magdalena Augusta von Anhalt-Zerbst (1679-1740) zum Witwensitz der Herzogin bestimmt. Zwischen 1714 und 1729 erfolgte unter der Leitung des Architekten Johann Erhard Stra burger (1675-1754) der Umbau von Schloss Tenneberg (Abb. 462). Im Mittelpunkt der Umbauarbeiten stand neben der Schlosskapelle vor allem der Festsaal. Zwi-

schen 1719 und 1721

malte Johann

Decken-

von dem

Heinrich Ritter in Quadraturmalerei anfertigte, zeigt in der Bildmitte eine Allegorie des Guten Regiments (Abb. 463). Jupiter und Juno erscheinen hier in einem von weifen Végeln gezogenen Streitwaagen. Um den Hals traDas zentrale Deckenfresko,

man nicht von Einem anfangt. [...]. Eben so/

wir beken=nen

413

fresko mòchte ich auf wenige Details hinweisen.

wenn Wir Gott betrachten wollen/ in sei=ner Macht/ in seiner Weisheit/ in der Re=gierung

Emblematik in den thüringisch-ernestinischen Residenzen: Weitere profane Emblemvorkommen

Heinrich Ritter (1685/1690-1751) für den einge-

schossigen Festsaal im zweiten Obergeschoss des Westflügels ein umfangreiches Freskenprogramm. 1265 Edith Ulferts hat sich bereits mit dem ikonographischen Programm der

das Johann

gen die weiBen Vogel Wappenbroschen als Zeichen für das Allianzwappen SachsenGotha-Altenburg und Anhalt-Zerbst. Ein schwebender Amorknabe halt die Zügel des Streitwagens in den Händen. Links unterhalb befindet sich eine Figurentrias mit dem Wappenschild,

welches die Initialen des Herzogspaares vorzeigt. In der Umschrift des

Wappenschildes steht: ,CITIVS VENTOS ET NUBILA PELLIT.“1870 (,Es fliehen vor mir geschwind/ die Wolken und der Wind“'®”'). Die zentrale Szene des Deckenfreskos ist als Allusion auf die eheliche Verbindung des Herzogspaares zu deuten (Abb. 464). Durch ihre EheschlieRung und das daraus resultierende Gute Regiment haben sie dem Herzogtum Friede und Wohlstand gebracht. In der linken Bildhälfte präsentiert eine Frauenoe gruppe entsprechend gefüllte Obstkôrbe, Schmuck und üppige Getreideähren. Der Tapisseriespruch ,CITIVS VENTOS ET NUBILA PELLIT.* stammt aus der kôniglichen

Serie Quatre Eléments, die Charles Le Brun (1619-1690) 1665 für Kônig Ludwig XIV.

peints par Mr. Le von Frankreich entwarf und deren Beschreibung Les quatre eléments

André FéliBrun et mis en tapisseries pour sa majesté (Paris: Pierre Le Petit, 1665) von Sébasbien (1619-1695) später mit Kupferstichen von Jacques Bailly (1629-1679) und elequatre les tian Le Clerc (1637-1714) als Tapisseries du Roy, ou sont representez

"97? Der Sinnspruch befindet sich εἰ Ummens (Paris: Imprimerie royale 1670) erschien.

schrift auf dem Wappenschild

mit den Initialen von Kônig Ludwig XIV. im Mittelbild der

Luft-Tapisserie.

Vorlage für Eine der Ausgaben der Tapisseries du Roy lieferte ebenso die künstlerische ten die kleinformatigen Embleme im Festsaal von Schloss Tenneberg. An den Längssei

1869 Ulferts (2000), S. 82-89.

Gotha-Altenburg.ReDieser Wahlτὴς 1870 Ulferts deutet die Umschrift als Wahispruch von Herzog | Friedrich | Il. von Sachsen-

siehe: Max Lôbe für die Herzogin Magdalena Augusta belegt, spruch ist allerdings| weder für Herzog Friedrich Il. noch und Herzége von Sachsen ernestinischer Linie. Ein Beitrag zur

Wahlspriiche, Devisen und Sinnsprüche der Kurfürsten

Spruchpoesie des 16. und 17. Jahrhunderts. Leipzig 1878, S. 67f. 1871 Übersetzt nach: Tapisseries du roy (1690), S. 25.

1867 Philotei (1677), SYMBOLVM LVI., 8. 111ff.

du i siehe: Ulrike i i jes du | Seeger:Γ Die "Tapisseries R du Roy, Ausgaben der Tapisseries 1872 Zur Bedeutung der verschiedenen franzòsischen Nachstichwesen in Augsburg vor 1700 roy" des Verlags Jghann Ulrich Kraus von 1687. Ein Beitrag zum

188 Johann Heinrich Ritter erhielt von Herzog Friedrich II. von Sachsen-Gotha-Altenburg am 23. November 1719 den

die Dramatisierung der Wissenschaften. Das Parterre d'Eau-Vorhaben von reg

Auftrag, die Deckenfresken anzufertigen, siehe: Ulferts (2000), S. 86 u. S. 180, Anm. 453 (hier Verweis auf: ThStA Gotha, Amtsrechnungen Tenneberg, 1719/1720, BI. 1710, Nr. 176)

In: Münchner Jahrbuch der bildenden Kunst61 (2010), 8. 69-108 / Pablo Schneider: di

struierte Sichtbarkeiten Wissenschafts- und Technikbilder seit der Frühen Neuzeit. S. 170-173.

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153-178, ie

414

Embleme in komplexen Bildprogrammen

und an den Schmalseiten des Festsaales sind an den freien Wandflächen auf Konsolen

stehend insgesamt zwanzig unterschiedlich ausgestaltete hôlzerne Büsten aufgestellt. Jeder Büste wurde am Sockel eine ovale Bildkartusche vorgesetzt. Uber den Büsten be-

finden sich an der Rückwand aufgemalte Rollwerkwerkkartuschen mit seitlichen Festons.

In der Mitte jeder Kartusche erscheint ein Emblemfresko in Cirage aus den Tapisseries

du Roy'#”3, die inscriptio befindet sich als Umschrift im oberen Teil der Rollwerkkartu-

sche.1874 Zusammen mit den vorgelagerten querovalen Bildkartuschen am Sockel jeder Buste bilden die Embleme einen gemeinsamen Bildzyklus. An den Langsseiten (Westund Ostwand) zeigen die querovalen Bildkartuschen‘875 am Sockel jeder Büste die Symbolbilder des Zodiakus als Monatszyklus, ebenfalls in Cirage. Der Zyklus beginnt an der nordôstlichen Ostwand mit dem Wassermann für den Monat Januar und dem übergeordneten Emblem , TEMPUS MITESCIT AB ILLO“ (,Gemildert wird die Zeit, wann dises wird bereit.“1876) mit einem Kamin in der pictura (Abb. 465-466). Entsprechend zeigt die ovale Bildkartusche an der südôstlichen Ostwand einen Krebs für den Monat Juni mit dem über-

geordneten

Emblem

,JUNCTA

ARMA

DECORI.“

(,Die Waffen

helfen mir, zu schützen

meine Zier“1877) mit einer dornigen Rose in der pictura (Abb. 467-467). Auf der gegenüberliegenden Westwand geht der Monatszyklus mit der Darstellung des Lowen für den Monat Juli weiter (Abb. 469-470). Das Emblem zeigt in der pictura eine Lilie mit der

inscriptio ,CANDORE

OMNIA

VINCIT.“

(,lhrer weiRer Farben

Schnee,

behält des Vor-

zugs Hòh‘1878), Der Monatszyklus endet mit dem Monat Dezember an der nordwestlichen

Westwand mit dem Tierkreiszeichen Steinbock und dem Emblem ,JN PVBLICA COMMODA FVLGET“ (,Mein Licht beleuchtet den Weg, das man recht schiffen még.“187°) mit einem Leuchtturm in der pictura (Abb. 471-472). Auf den Monatszyklus an der Ost- und Westwand Nordwand,

dargestellt ebenso über vier Büsten

folgen die Vierjahreszeiten an der

mit ovalen Bildkartuschen

und überge-

Emblematik in den thüringisch-ernestinischen Residenzen: Weitere profane Emblemvorkommen

Sommers.

Das Emblem

über der Büste mit der inscriptio ,TUM TIBI TUM

415

VOBIS.* (,So

wohl ihm selbst, als auch euch.“)'®®° zeigt in der pictura eine Abbildung von Schloss Frie-

Die inscriptio erscheint in der Tapisserie du Roy auf dem Mittelbild der Sommer-Tapisserie als Umschrift einer Wappenkartusche. Das Wappenbild zeigt dort einen Ausschnitt von Schloss Versailles. Auf der gegenüberliegenden

denstein in Gotha (Abb. 473-474).

des Festsaals werden über vier weitere Büsten die vier Elemente präsentiert. SymDie zweite Büste ausgehend von der Westwand ist dem Element Luft gewidmet, als des bol erscheint in der querovalen Bildkartusche ein Paradiesvogel (Abb. 475-476).

Südwand

übergeordnete Emblem zeigt in der pictura einen Bienenstock, die inscriptio lautet hier ,SIGNAT CLEMENTIA REGEM.>Das Glück Würt-

tembergs) (©Bayerische Staatsbibliothek ) (@UIUC Online Collection )

Abb. 404-407: Entnommen aus: CbDD (1989), Bd. 3/2, 8. 314, Abb. lla-a.

34r

Bayerische Staats-

(©Bayerische Staatsbibliothek )

Abb. 400: Bayerische Staatsgemaldesammlungen, Alte Pinakothek München, 10559.

(©BStGS