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German Pages 422 [459] Year 1976
LIFSCHITZ . ASBEL . KAGANOW
Elektronentheorie der Metalle
I. M. LIFSCHITZ M. J A . A S B E L M. I. KAGANOW
Elektronentheorie der Metalle In deutscher Sprache herausgegeben von
Dr. sc. nat. R . Herrmann O. Professor an der Humboldt-Universität zu Berlin
Mit 110 Abbildungen und 1 Tabelle
AKADEMIE-VERLAG-BERLIN 1975
H . M. JlH(j)niHii • M . H . A36ejib • M. H . KaraHOB 3 J I E K T P 0 H H A H T E O P H H METAJ1JTOB
Erschienen im Verlag Nauka, Moskau
Übersetzung aus dem Russischen von Dr. rer. nat. H. Dittmann, Berlin Prof. Dr. sc. nat. R. Herrmann, Berlin Dr. rer. nat. H. Krüger, Berlin
Erschienen im Akademie-Verlag, 108 Berlin, Leipziger Str. 3—4 © der deutschen Ausgabe Akademie-Verlag, Berlin, 1975 Lizenznummer: 202 • 100/436/75 Gesamtherstellung: VEB Druckerei „Thomas Müntzer" 582 Bad Bestellnummer: 7617382 (6036) • LSV 1175 Printed in GDR EVP 7 8 , -
Vorwort zur deutschen Ausgabe
Die Festkörperphysik und insbesondere die elektronische Struktur fester Körper haben in der Vergangenheit stets ein großes Interesse gefunden, da die Anwendungsmöglichkeiten festkörperphysikalischer Eigenschaften für die Materialwissenschaften und die Elektronik eine sehr wichtige Rolle spielen. Hieraus ergibt sich auch das Interesse an der mathematisch exakten Formulierung einer einheitlichen Theorie dieser Erscheinungen. Daher sind sowohl die theoretischen Arbeiten als auch die experimentellen Untersuchungen auf diesem Gebiet sehr intensiv. Die theoretischen Untersuchungen stark idealisierter Strukturen sind hierbei besonders weit fortgeschritten, was in dem vorliegenden Buch demonstriert wird. Mit der Monographie „Elektronentheorie der Metalle" wird eine Variante der Theorie elektronischer Eigenschaften von Metallen vorgelegt, die das Dispersionsgesetz der Leitfähigkeitselektronen, das die Individualität der Elektronen in den einzelnen Metallen sehr genau charakterisiert, in den Mittelpunkt stellt. Die quasiklassische und quantenmechanische Darstellung der Bewegung von Teilchen mit kompliziertem Dispersionsgesetz unter dem Einfluß äußerer Felder, d. h. hauptsächlich die Bewegung von Kristallelektronen im Magnetfeld, bilden die Grundlagen der Betrachtungen. Der eingehenden Untersuchung der thermodynamischen und kinetischen Eigenschaften sowie des Resonanzverhaltens der Ladungsträger in Metallen wird eine ausführliche Betrachtung der Topologie der FERMi-Flächen sowie der Bewegung der Ladungsträger auf diesen Energieflächen vorangestellt. Diese Aussagen bilden zusammen mit den im Anhang ausgewiesenen quantitativen Angaben über die FERMi-Flächen einer Reihe von Metallen eine umfassende Darstellung der Bandstruktureigenschaften der Metalle. Die Beziehungen zwischen den charakteristischen Eigenschaften der einzelnen Metalle und dem Dispersionsgesetz ihrer Leitfähigkeitselektronen werden dargelegt, und es wird formuliert, wie sich die Energiespektren der Elektronen aus den experimentellen Ergebnissen aufstellen lassen, wobei jedoch schon von einem theoretischen Modell ausgegangen werden muß. Der Umfang der Monographie und die in ihr dargestellten Probleme werden wesentlich durch den Beitrag der Autoren und anderer sowjetischer Wissenschaftler zur Theorie der Elektronen in Metallen bestimmt. Diese Arbeiten haben zur Konzeption der Quasiteilchen für die Leitfähigkeitselektronen geführt und
VI
Vorwort
wesentlich zur Formulierung der modernen Elektronentheorie der Metalle beigetragen. Die Autoren haben die Monographie aus ihren Originalarbeiten zusammengestellt. I n der Übersetzung wird deshalb auf Erläuterungen und Anmerkungen verzichtet. Auftretende Fragen und Probleme können wesentlich besser durch Einsicht in die Originalarbeiten geklärt werden, die ausführlich zitiert sind. Kollektive Erscheinungen wie Supraleitung und Ferromagnetismus werden nicht betrachtet, und die Autoren weisen darauf hin, daß diese Erscheinungen traditionsgemäß gesondert behandelt werden. Das gleiche gilt für die mechanischen Eigenschaften wie Elastizität und Plastizität. Von den Autoren wird die Vermutung ausgesprochen, daß die mechanischen Eigenschaften durch relativ kleine, selbständige Bereiche der FERMi-Flächen, die in den meisten Metallen vorhanden sind, bestimmt werden. Diese Bereiche der FEBMi-Flächen, die meist nur 10~3 bis 10~5 Elektronen pro Atom enthalten, können in den Halbmetallen, in denen nur diese Elektronengruppen vorhanden sind, gut untersucht werden. Die große Aufmerksamkeit, die den Halbmetallen entgegengebracht wird, beruht auch darauf, daß ihre kleinen FERMI-Flächen mit heute schon experimentell erreichbaren äußeren Einwirkungen, wie Magnetfelder und hohe Drucke, stark beeinflußt werden können. Trotz der Geschlossenheit, mit der die Elektronentheorie der Metalle hier vorgestellt wird, weisen die Autoren abschließend darauf hin, daß mit der Bestimmung des Energiespektrums der Elektronen die Untersuchung der Metalle bei weitem nicht zu Ende geführt ist: „Viel eher muß angenommen werden, daß nur die ersten Schritte getan wurden. Es stehen noch die Aufstellung der Korrelationsfunktionen, die detaillierte Untersuchung der Wechselwirkungsprozesse der Elektronen mit anderen Quasiteilchen und vor allem die Erforschung der Metalleigenschaften aus, die nur durch die Kenntnis des Energiespektrums der Elektronen vorausgesagt und berechnet werden können." Der Herausgeber
Vorwort
Bei der inhaltlichen Gestaltung unseres Buches „Elektronentheorie der Metalle" waren wir zu allererst bestrebt, die Gedanken darzulegen, die wir bei dem Wort „Metall" assoziieren, ohne die Randbedingungen (wie Umfang des Buches, Vorkenntnisse des Lesers usw.) näher festzulegen. Das Metall wird als eine geladene Flüssigkeit in einem Ionengerüst aufgefaßt, die durch ihre Existenz dem Gerüst Stabilität verleiht. Die Flüssigkeitsteilchen sind die Leitfähigkeitselektronen. Nimmt man sie aus dem Metall heraus, so verhalten sie sich wie gewöhnliche Elektronen mit der Ladung e, dem Spin 1/2 und der Masse m. Trotzdem unterscheiden sich die Leitfähigkeitselektronen des Kupfers wesentlich von denen des Eisens. Als Maß ihrer Individualität dient das Dispersionsgesetz — die komplizierte Abhängigkeit ihrer Energie vom Impuls. Das Dispersionsgesetz der Leitfähigkeitselektronen offenbart sich in allen Metalleigenschaften. Es bestimmt das unterschiedliche Verhalten der verschiedenen Metalle und spielt eine besondere Rolle in allen Quantenerscheinungen, die zur Zeit in erster Linie untersucht werden. Die genaue Kenntnis der Dispersionsgesetze ist für die Beschreibung eines Metalls genauso wichtig wie z. B. die Kenntnis der Energieniveaus der Atome für die Berechnung der Eigenschaften eines Gases. Für viele Metalle ist das Dispersionsgesetz der Leitfähigkeitselektronen bekannt. Diese Ergebnisse sind am Schluß des Buches im Anhang I I I , der freundlicherweise von Herrn Y U . P. G A I D U K O W zusammengestellt wurde, nebst kurzen Erläuterungen und einer umfangreichen Bibliographie zusammengefaßt. Die Analyse der experimentellen Daten mit Hilfe mehr oder weniger zuverlässiger Modelle, d. h. das Auffinden quantitativer Beziehungen zwischen den Meßgrößen und den Parametern des Dispersionsgesetzes, ist ohne eine Theorie der strukturempfindlichen Erscheinungen (wie die der magnetischen, galvanomagnetischen usw.) unmöglich. Deshalb wurde in diesem Buch sehr viel Wert darauf gelegt, diese Effekte in einer für die Interpretation der Energiespektren besonders günstigen Form theoretisch darzulegen. Die Aufgabe der Theorie der Metalle erschöpft sich natürlich nicht darin, Entschlüsselungsrezepte für Dispersionsgesetze zu liefern, und die vorliegende Monographie soll auch nicht als Sammlung solcher Rezepte betrachtet werden. Die hier diskutierten Effekte sind für sich allein schon höchst interessant, denn gerade sie stellen das dar, was man heute allgemein als elektronische
VIII
Vorwort
Eigenschaften der Metalle bezeichnet. Es sollen hier nicht alle in die Monographie aufgenommenen Fragestellungen aufgezählt werden, da der Inhalt des Buches anhand der Kapitelüberschriften eingesehen werden kann. Wir möchten aber an dieser Stelle auf die Probleme hinweisen, die nicht in das Buch aufgenommen wurden bzw. denen geringere Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Stil und Aufgaben des Buches, die in der Einleitung erläutert werden, zwingen uns zu Kürzungen. Darunter fällt vor allem die Temperaturabhängigkeit der Transportkoeffizienten (elektrische Leitfähigkeit, Wärmeleitvermögen usw.). Des weiteren werden keine Näherungsmethoden von Elektronenstrukturberechnungen für Metalle behandelt, da bereits einige Bücher zu dieser speziellen Thematik erschienen sind. Schließlich fehlt die Theorie von Elektronenensembles (wie Ferro- und Antiferromagnetismus, Supraleitung usw.), da das traditionsgemäß ein besonderes Stoffgebiet ist. Selbstverständlich dachten wir beim Schreiben des Buches auch an diejenigen, die es lesen werden, und teilten unsere Leser in zwei Gruppen ein: in „Experimentatoren" und „Theoretiker". Während sich die ersteren für den physikalischen Gehalt eines Effektes und dessen Zusammenhang mit den Eigenschaften der Leitfähigkeitselektronen interessieren, müssen die letzteren auch wissen, wie die Formeln abgeleitet werden. Deshalb sollte der Theoretiker wenigstens die Kapitel vollständig lesen, in denen die ihn interessierenden Fragen behandelt werden. Der Experimentator findet, nachdem er das Buch aufmerksam durchgesehen hat, in der Regel am Anfang jedes Paragraphen die ihn interessierenden Angaben. Es ist uns eine angenehme Pflicht, allen Kollegen, die an diesem Buch mitgearbeitet haben, unseren Dank auszusprechen, besonders denken wir hierbei an I . N . ADAMENKO und A . A . SHAPIRO, die an der Fertigstellung des Manuskriptes wesentlichen Anteil hatten. Die Autoren
Inhaltsverzeichnis
Vorworte
V
Einleitung
1
§1
Ein einfaches Modell
, . . .
1
Klassische und quantenmechanische Beschreibung der Bewegung der Leitfähigkeitselektronen
21
TEIL I
§ 2 § 3 § 4 § § § §
5 6 7 8
§ 9 § 10
Die Geometrie der Isoenergieflachen Die Zustandsdichte pro Energieeinheit Die Bewegung von Teilchen mit einem willkürlichen Dispersionsgesetz im klassischen Grenzfall Die Bewegung von Leitfähigkeitselektronen in inhomogenen Feldern . . . Stoßprozesse von Quasiteilchen, Streuung Quasiklassische Energieniveaus Die Quantenmechanik von Elektronen mit einem beliebigen Dispersionsgesetz Die Quantentheorie der Streuung von Elektronen mit einem beliebigen Dispersionsgesetz Der magnetische Durchbruch
21 33 39 52 60 67 80 87 92
TEIL II
Statistische Mechanik der Leitfähigkeitselektronen §11
103
§ 14 § 15
Kriterien für Metalle und Dielektrika. PBBMI-Energie. FEBMi-Fläche. Elektronenzahl 103 Thermodynamik der Leitfähigkeitselektronen 112 Die anomalen elektronischen Eigenschaften eines Metalls im Gebiet hoher Drücke 118 Para- und Diamagnetismus (schwache Magnetfelder) 125 DE HAAS-VAN ALPHEN-Effekt (starke Magnetfelder) 129
§ 16
D E HAAS-VAN ALPHEN-Effekt und T h e o r i e der FEKMI-Flüssigkeit
§ 12 § 13
140
X § 17 § 18 §19 §20 § 21 § 22
Inhaltsverzeichnis Die Bestimmung des Elektronenenergiespektrums mit Hilfe des D E H A A S VAN ALPHEN-Effektes Allgemeine Theorie der Oszillationserscheinungen Starker Magnetismus der Leitfähigkeitselektronen. Anomalien thermodynamischer Größen in starken Magnetfeldern D o m ä n e n - u n d periodische Strukturen im Magnetfeld . Theorie der diamagnetischen Phasenübergänge Bemerkungen über Emissionseigenschaften der Metalle
144 147 151 157 168 178
T E I L III
Kinetische Eigenschaften der Elektronen im Metall
181
§ 23
Die BOLTZMANN-Gleichung
182
§ 24 § 25
Die spezifische elektrische Leitfähigkeit. Das Ohmsehe Gesetz Wärmeleitfähigkeit. Das W i E D E M A N N - F R A N Z s c h e Gesetz. Thermoelektrische Erscheinungen Einführung in die galvanomagnetischen Erscheinungen . Galvanomagnetische Eigenschaften in starken Feldern. Geschlossene Trajektorien . . . Galvanomagnetische Eigenschaften in starken Feldern. Offene Trajektorien Die Theorie des statischen Skineffektes Wärmeleitung und thermoelektrische Erscheinungen in starken Magnetfeldern Quantenoszillationen des Widerstandes vonMetallen, S C H U B N I K O W - D E H A A S Effekt
191
§26 § 27 § 28 § 29 § 30 § 31
200 207 214 224 238 248 251
T E I L IV
Hochfrequenzeigenschaften der Metalle § 32 § 33 § 34 § 35 § 36 § 37 § 38 § 39 § 40 § 41 § 42 § 43 § 44 § 45 § 46 §47 § 48
Allgemeine Gesetzmäßigkeiten des Verhaltens von Metallen in Hochfrequenzfeldern Anomaler Skineffekt ohne konstantes Magnetfeld Anomaler Skineffekt im konstanten Magnetfeld Physikalisches Bild der Zyklotronresonanz Theorie der Zyklotronresonanz Untersuchung der Oberflächenimpedanz in der Nähe der Zyklotronresonanz Die Dämpfung der Hochfrequenzfelder im Metall Eigenschwingungen und schwach gedämpfte Wellen im Metall FERMI-Flüssigkeitseffekte in den Hochfrequenzerscheinungen von Metallen . Oberflächenskineffekt und Resonanzen bei sehr niedrigen Frequenzen . . . Quantentheorie der Hochfrequenzerscheinungen Quantenzyklotronresonanz Paramagnetische Resonanz in Metallen Kombinierte Resonanz Impedanzoszillationen in schwachen Magnetfeldern Infrarotoptik Bestimmung des Energiespektrums der Metalle
257 258 267 272 275 282 290 296 304 312 315 319 326 331 340 342 345 350
Inhaltsverzeichnis
XI
ANHANG I
Quantenoszillationen des Widerstandes von Metallen bei tiefen Frequenzen
355
ANHANG II
Die Rolle der Elektronen bei Ausbreitung und Absorption von Schall in Metallen . . 359 ANHANG III
Die Topologie der FERMi-Flächen von Metallen in tabellarischer Form
369
Literatur
385
Sachverzeichnis
403
Einleitung
Der wesentlichste Fortschritt im Verständnis der Physik des metallischen Zustands wurde zu dem Zeitpunkt erreicht, als klar wurde, daß es im Metall freie Elektronen gibt und (als nachfolgende Etappe) daß sich diese freien Elektronen wie ein hochentartetes Quantengas verhalten. In der weiteren Entwicklung wurde von dieser Vorstellung nicht mehr abgegangen, sondern sie wurde vervollständigt und vertieft.
§ 1
Ein einlaches Modell
Ausgehend von der Voraussetzung, daß im Metall freie Elektronen existieren, kann man eine strenge Theorie des metallischen Zustands aufbauen. Der Unterschied eines Metalls gegenüber einem anderen ist nach dieser Theorie durch die Zahl der freien Elektronen und die Unterschiede der Kristallgitter bestimmt. Wenn man auch den rein historischen Wert dieser primitiven Vorstellungen über die Metallelektronen in Betracht ziehen muß, ist es dennoch aufschlußreich, einige charakteristische Merkmale eines solchen hypothetischen Metalls aufzuzählen. Diese Aufzählung gestattet, eine Reihe wichtiger Abschätzungen und Überlegungen zu machen, die für das Weitere sehr nützlich sind. Gewöhnlich betrachtet man die Valenzelektronen als frei. Das bedeutet, daß für die Elemente der ersten Gruppe des MENDELEJEWschen Systems die Zahl der freien Elektronen pro Atom eins beträgt. Für die Atome der 2. Gruppe zwei usw. Dadurch wird die Dichte n der Elektronen in einem solchen Modell nur wenige Elektronen pro Elementarzelle betragen, d. h. n 1/a3 (a ist der Abstand zwischen den Atomen). Die FERMi-Energie eF eines solchen Gases ist von der Größenordnung 1011 erg oder 105 K , wodurch die hochgradige Entartung des Elektronengases bei allen vorkommenden Temperaturen T (T bestimmt wird.1) Die Verteilung der Elektronen ist im Impulsraum unstetig. Die Elektronen besetzen eine Kugel mit dem Radius pF ss h/a, wobei In allen Formeln wird die Temperatur in energetischen Einheiten eingesetzt. Die BoLTZMANN-Konstante ist damit Eins. Im Text wird die Temperatur jedoch in Grad angegeben.
2
Einleitung
sich mit der Erhöhung der Temperatur diese Verteilung nur unwesentlich ändert. Für die meisten Metalleigenschaften spielen die Elektronen mit einer Energie nahe der FERMi-Energie (FERMi-Elektronen) die entscheidende Rolle. Ihre Geschwindigkeit beträgt vF tu 108 cm/sec und ihre de BROGLIE-Wellenlänge XB hat die Größenordnung der Atomabstände ftB « a m 3 • 10 -8 cm). Die hochgradige Entartung des Elektronengases führt zu einer quadratischen Abhängigkeit der thermodynamischen Potentiale von der Temperatur, und folglich wird der elektronische Anteil der spezifischen Wärme im Metall eine lineare Funktion der Temperatur. Ca (1/cm») = % n - . Z
(1.1)
Sp
Bei genügend niedrigen Temperaturen wird die spezifische Wärme eines Metalls dann natürlich durch die Elektronen bestimmt, da sich der Gitteranteil (Phononen) bedeutend schneller als der der Elektronen verkleinert (C 6itter ~ T 3 ). Die Wechselwirkung der Elektronen mit den Kristallstörungen, insbesondere mit den Schwingungen des Kristallgitters, beschränkt sich im Modell der freien Elektronen auf die Streuung der Elektronen. Sie kann durch die Einführung einer freien Weglänge lp beschrieben werden. Die elektrische Leitfähigkeit ff ergibt sich dabei zu sp mit unterschiedlichen s und p sind natürlich orthogonal zueinander. Bei entsprechender Normierung erhält man /«?p(r)Vi-)dt = i . ;
(1.18)
integriert wird hierbei über eine Elementarzelle des Kristallgitters. Die Funktion (1.16) hat eine gewisse Ähnlichkeit mit den Wellenfunktionen eines freien Elektrons ip = const e'pr^h, wobei besonders augenfällig die Verwandtschaft des Quasiimpulses mit dem Impuls des freien Elektrons hervortritt. Auf dieses entscheidende Problem wird später noch eingegangen, und es wird ausführlich erörtert, in welchen Fällen der Unterschied zwischen Impuls und Quasiimpuls völlig zu vernachlässigen ist. Aus Formel (1.13) ist zu entnehmen, daß der so eingeführte Quasiimpuls nicht eindeutig bestimmt ist. Quasiimpulse, J
) Das Energieband (oder Band) ist der Wertebereich der Energie zwischen Minimalwert und Maximalwert bei festgehaltenem s. Diese Intervalle können natürlich überlappen .(§2).
§ 1
7
Ein einfaches Modell
die sich um einen Vektor 2nhb unterscheiden (wobei b ein beliebiger des reziproken Gitters ist), sind physikalisch äquivalent, weil sie zu gleichartigen Verhalten der Wellenfunktion gegenüber Translationen (ab ist eine ganze Zahl!). Das bedeutet, daß die Wellenfunktion ipsp{r) lich des Indexesp periodisch sein muß: Vs.p+Znhbir) = Vsp(r) •
Vektor einem führen bezüg(1-19)
Hierbei ist besonders hervorzuheben, daß auch die Energie eine periodische Funktion des Quasiimpulses ist: es(p + 2nhb) = e.(p) .
(1.20)
Die Translationseigenschaften der Wellenfunktion im r - und p - R a u m werden deutlich sichtbar, wenn man die BLOCH-Wellen (1.16) nach ebenen Wellen entwickelt (d. h. nach Zuständen mit bestimmten Impulsen). Die Berücksichtigung der Bedingung (1.19) führt zu einer sehr speziellen Abhängigkeit der FouEiEE-Koeffizienten von p und b: Yspir)
=
z
as(P
+
2ttÄ5) ei(p+Z"*i>)rl*
.
(1.21)
b
Hervorzuheben ist, daß die Zerlegung (1.21) eine unmittelbare Folge der Periodizität der potentiellen Energie U(r) ist (vergleiche Formel (1.12)). Sie wird erhalten, wenn die potentielle Energie in eine FouRiER-Reihe zerlegt wird. Die Periodizität des Quasiimpulsraumes zeigt, daß die Wahl der Elementarzelle, d. h. des Gebiets, das alle nichtäquivalenten Zustände nur einmal enthält, bedingt ist. Sie wird nur durch Zweckmäßigkeitsgründe bestimmt. Sehr oft, besonders, wenn die Bewegung von Elektronen in äußeren Feldern untersucht wird, ist es bequem, den unendlich periodischen /»-Raum zu benutzen. Die Willkür in der Wahl der Elementarzelle in diesem Raum drückt sich in der Relativität der Lage des reziproken Gitters aus. In einigen Fällen (besonders bei der Analyse der Elektronenbewegung unter dem Einfluß äußerer K r ä f t e ) ist es bequem, nicht die BLOCH-Wellen (1.16) zu benutzen, sondern eine Linearkombination derselben — die WANNiEß-Funktionen a.{r - R ) = - = Z yN
*~ipRß
%P(r)
•
(1-22)
P
R ist ein Vektor mit ganzzahligen Komponenten, der mit den Koordinaten des Zentrums einer Elementarzelle des Kristalls zusammenfällt, N ist die Zahl der Elementarzellen des Kristalls. Die Summierung in der letzten Formel erfolgt über alle physikalisch nichtäquivalenten Zustände. Mit anderen Worten, bei einer Integration nach den Impulsen p muß diese nur in einer Elementarzelle des reziproken Gitters vorgenommen werden (d. h. in einer Zelle mit den Seitenkanten 2 j i h b v 2nhb2, 2jiUbz; die bj sind die Bäsisvektoren des reziproken Gitters). Die Periodizität des Faktors e~*pRIA und der Funktion ipsp{r) bezüglich p gestatten es, die 2*
8
Einleitung
Integration auf den gesamten Raum auszudehnen, wenn zusätzlich ein Normierungsfaktor eingeführt wird. I m weiteren wird noch speziell darauf eingegangen, wie das Bestimmungsgebiet des Quasiimpulses auszuwählen ist und welche Vorteile insbesondere bei der Benutzung des gesamten p-Raumes entstehen. Die WANNIEB-Funktionen sind ein orthonormiertes Funktionssystem, wobei zu bemerken ist, daß nicht nur die Funktionen orthogonal zueinander sind, die zu unterschiedlichen Bändern (s =f= s ' ) gehören, sondern auch solche eines Bandes, die auf unterschiedliche Elementarzellen zentriert sind (R =j= R'). Die WANNiER-Funktionen (1.22) beschreiben Elektronenzustände, die zum s-ten Band gehören und die in der Umgebung der ß - t e n Elementarzelle lokalisiert sind. Die Energie eines solchen Elektrons hat natürlich keinen bestimmten Wert. Ein Elektron in einem Zustand mit einem bestimmten Quasiimpuls ist über das gesamte Gitter „verschmiert". Die Wahrscheinlichkeit Wsp, ein Elektron im Punkt r zu finden, ist eine periodische Funktion. Nach Formel (1.16) gilt Wsp{r) = |tf,p(r)|». Die Einelektronennäherung (bis jetzt wurde die Wechselwirkung zwischen den Elektronen nicht berücksichtigt) ist konzeptionell sehr einfach und gestattet im Prinzip, die Struktur des Energiespektrums und den Charakter der Quanten zustände für die Elektronen zu erklären. Das Hauptresultat dieser Betrachtungen ist zweifelsohne die Einführung des Quasiimpulses. Die unmittelbare Berechnung des Dispersionsgesetzes und der Wellenfunktionen ist jedoch mit großen mathematischen Schwierigkeiten verbunden, die man nur durch sehr spezielle Voraussetzungen umgehen kann (starke Bindung, fast freie Elektronen usw.). Die Erklärung der Quantenzustände der Elektronen im Gitter und ihres energetischen Spektrums ist dem Wesen nach nicht die Vollendung der Elektronentheorie der Metalle, sondern ihr Anfang — die Begründung. Bei der Lösung von konkreten Aufgaben in der Theorie der Metalle ist es oft notwendig, die Elektronenbewegung in von außen an den Kristall gelegten Feldern, insbesondere in Magnetfeldern, zu untersuchen. Die strenge Lösung der S C H R Ö D I N G E R Gleichung ist in diesen Fällen nicht nur aus praktischen Gründen unmöglich, sondern größtenteils ist sogar der Quantenzustand eines Elektrons nicht angebbar, auf das außer den periodischen Kräften durch die Gitterionen noch eine äußere aperiodische K r a f t einwirkt. Die Möglichkeit, doch noch die Eigenschaften der Leitfähigkeitselektronen zu untersuchen, ist durch den schon angeführten Umstand begründet, daß die äußeren Felder immer schwach und räumlich schwach veränderlich sind und damit ein quasiklassisches Herangehen erlaubt ist. Dieses Konzept wird im weiteren bei der Betrachtung der Elektronenbewegung angewandt. Die Lösung ip(r, t) der nichtstationären ScHRÖDiNGER-Gleichung h2
dw
~ i r - * V + ü y > + V y > = iIi-£
(1-23)
§ 1
Ein einfaches Modell
9
für ein Elektron, das sich im Kristallfeld U(r) und in einem äußeren elektrischen Feld V (— grad V = eE) bewegt, kann in Form eines Reihenansatzes aus WANNIER-Funktionen gesucht werden: W(r, t) = Z fs(R,
t) as(r
R) .
-
(1.24)
s, R
Durch Einsetzen des Reihenansatzes (1.24) in die SCHRÖDING ER-Gleichung (1.23) erhält man ein unendliches Gleichungssystem für die Koeffizienten fs(R, t): M ^
^
= L {dSS'ES'(R -
R') +
V„(R,
R')}
fS'(R', 0 ,
(1.25)
wobei VsAR, R') = f AF(r - R) V(r) a f .(r - R') dr
(1.26)
das Matrixelement des Potentials der äußeren Kräfte und Ss(R) =
e.(p) E~IPR,H
iv p
(1.27)
die FouRiER-Darstellung der Energie ist. Die Gleichung (1.25), die noch streng gilt, kann formell so umgeschrieben werden, daß ihre Ähnlichkeit mit der ScHRÖDiNGER-Gleichung noch deutlicher hervortritt. Man führt dazu die stetige Funktion fs(r, t) ein, die so beschaffen ist, daß die Bedingung fs(r, t)\r=R — fs(R, t) erfüllt ist. Danach wird Gleichung (1.25) in folgender Form erhalten: e*
I V V J fs{r,
h dfs(r, t) t)--r i 8f
r = R
+ E vsAR', R) fAR', 0 = s'R'
o. (1.28)
- LH
\
Der Operator es I — V I erhält in seiner FouRiER-Darstellung folgendes Aussehen1) : \l / ) e~
. ( 4 ?) = £*
v
.
(1.29)
Dieser Ausdruck kann nun noch durch einige Annahmen vereinfacht werden, die darauf beruhen, daß das angelegte Feld V(r) schwach ist und sich stetig ändert. Die Wahrscheinlichkeit eines Übergangs zwischen den Bändern ist ursächlich mit der Größe des Potentials V verknüpft. Wenn die Bedingung | F| ea erfüllt ist, wobei sa eine Energie in der Größenordnung der atomaren Bindungsenergie ist, so ist diese Wahrscheinlichkeit sehr klein, und man kann alle die Matrixelemente vernachlässigen, für die s =f= s' ist. Wenn sich außerdem *) Der Übergang von Gleichung (1.25) nach (1.28) bedarf bezüglich der analytischen Eigenschaften von ss(p) spezieller Voraussetzungen. Hier wird jedoch darauf nicht näher eingegangen. Eine ausführliche Ableitung wurde in der Arbeit [1] gegeben.
Einleitung
10
das Feld von Gitterpunkt zu Gitterpunkt nur schwach ändert, so kann man alle Matrixelemente außer VSS{R, R) vernachlässigen, das definitionsgemäß gleich V{R) = F(r)|,,. = i i ist. Für die hier interessierenden Fälle erhält man somit (1.30) wobei r = R gesetzt werden muß. Natürlich kann man diese Gleichung auf alle Raumpunkte ausdehnen. Die Funktion fs(r, t) beschreibt näherungsweise die Bewegung eines Elektrons in äußeren Feldern und spielt die Rolle einer Wellenfunktion für ein Elektron im s-ten Band. Die Struktur der Gleichung zeigt, daß es
als Operator der kinetischen Energie angesehen werden muß
und V(r) als der der potentiellen. Die Genauigkeit der Bewegungsbeschreibung eines Elektrons mit Hilfe der Funktion fs(r, t) wird natürlich durch die Genauigkeit der Interpolation bestimmt, d. h. durch die Gitterkonstante a. Folglich ist die Anwendung der Gleichung (1.30) nur dann zulässig, wenn das Gebiet, in dem sich die Funktion fs(r, t) wesentlich ändert, bedeutend größer als die Gitterkonstante ist. Da andererseits die de BROGLiE-Wellenlänge der FermiElektronen auch ungefähr gleich a ist, gestattet diese Bedingung, die quasiklassische Näherung bei der Beschreibung der Bewegung eines Leitfähigkeitselektrons in äußeren Feldern anzuwenden und sich oft nur auf das klassische Herangehen zu beschränken. 1 ) Der Übergang zur klassischen Form der Aufgabenstellung geschieht mit Hilfe der HAMiLTON-Funktion 3€{p,
r) = es(p) + V(r) .
(1.31)
Dieses Vorgehen entspricht der Anwendung des Korrespondenzprinzips. Beim Übergang zur Quantenmechanik wird dabei der HAMiLTON-Operator durch Ä Einsetzen von — V an die Stelle des Impulses p erhalten. Umgekehrt gelangt i
man von der quantenmechanischen zur klassischen Form, wenn man an Stelle % des Operators — V den Impuls p einsetzt. i
Die HAMiLTON-Gleichungen schreibt man üblicherweise in folgender Form: 83€ 8p ' 1
836 8r '
(1.32)
) Weiter unten wird noch ein Kreis von Aufgaben umrissen, bei dessen Lösung man sich nicht auf das klassische Herangehen beschränken kann.
§ 1
Ein einfaches
11
Modell
Die erste Gleichung dient zur Bestimmung der Geschwindigkeit 1 ) 0£
(1.33)
und die zweite ist dem ersten NEWTONschen Axiom äquivalent: (1.34) Hervorzuheben sind zwei Besonderheiten: 1. Geschwindigkeit und Impuls sind nicht durch die „übliche" Beziehung v = p/m verknüpft. Die Geschwindigkeit ist eine komplizierte periodische Funktion des Impulses p, die durch das Dispersionsgesetz (1.17) bestimmt wird. 2. I n das N E W T O N s c h e Axiom (1.34) gehen nicht die Gesamtkräfte ein, die auf das Elektron wirken, sondern nur die von außen an den Kristall angelegten Kräfte. Wenn die äußere K r a f t durch ein elektrisches Feld mit der Feldstärke E verursacht wird, so gilt p = eE. Den Einfluß eines Magnetfeldes kann man berücksichtigen, wenn man die rechte Seite der Gleichung (1.34) durch die LoRENTZ-Kraft ersetzt : (1.35)
Die strenge Herleitung der Gleichung (1.35), zu der ZIMAN [1] meinte, daß sie zu schön ist, um völlig wahr zu sein, ist eine ziemlich langwierige Rechnung. Die Gleichung (1.35) kann jedoch nach Übergang zur klassischen Rechnung nach der üblichen Methode abgeleitet werden, wenn von den LAGKANGEFunktionen ausgegangen wird (vergleiche z. B . L . LANDAU und E . LIFSCHITZ e
„Feldtheorie"), In die LAGRANGE-Funktionen ist jedoch der Ausdruck — A v — e
0). Durch Integration von Gleichung (4.8) ergibt sich
'
-
-
S
/
^
(4
-
'9)
Ist die Bahn (4.7) geschlossen, so vollführt das Elektron im Magnetfeld periodische Bewegungen mit der Periodendauer
Diesen Ausdruck k a n n m a n umformen, wenn m a n ausnutzt, d a ß der Vektor (er besitzt die Komponenten vx, vy) die Normale auf die ebene K u r v e (4.7) ist. S(s, pn) sei die von der K u r v e (4.7) abgegrenzte Fläche (für den Fall einer geschlossenen sich nicht durchdringenden Bahn). D a n n erhält m a n S(e, pt) = j j dpx dpy = Jde
(ß
und damit 0£
J
Daraus folgt:
c 88
Die Größe (1/2JT) 'öSjde = m* ist die effektive Masse des Elektrons im Magnetfeld. m* ist eine F u n k t i o n der Erhaltungsgrößen e, pz, u n d es ist natürlich bedeutend günstiger, mit ihr zu rechnen als mit dem Tensor der reziproken effektiven Massen, der im allgemeinen Fall von allen Komponenten des Vektors/) abhängt. Umlaufperiode und -frequenz (auch LABMOE- oder Zyklotronfrequenz genannt) eines Elektrons werden durch Ausdrücke gegeben, deren F o r m m i t der der Ausdrücke f ü r ein freies Elektron übereinstimmt: TB
2nm*c
= —T=r;
\e\H
0>H =
| et H m*c
i
-\-
(4.12)
E s ist leicht zu zeigen, daß f ü r ein freies Elektron m * = m ist. I n diesem Fall gilt E = 2>2/2m, und die K u r v e (4.7) wird durch einen Kreis dargestellt. E r
44
I.
Bewegung der
Leitfähigkeitselektronen
umschließt eine Scheibe, deren Fläche gleich S — 7i(2me — pl) ist. Durch Differentiation folgt dS/ds = 2nm. Wie schon gezeigt wurde, hängt die effektive Masse m * von S und JJZ ab. Sie besitzt damit für die einzelnen Leitfähigkeitselektronen unterschiedliche Werte. Somit rotiert das Gas der Leitfähigkeitselektronen im Gegensatz zu einem Gas freier Ladungsträger mit keiner einheitlichen Umlauffrequenz für alle Elektronen. Die einzelnen Elektronen vollführen unterschiedliche periodische Bewegungen. Elektronen, die sich im Impulsraum auf offenen Bahnen befinden, welche in einer Ebene senkrecht zum Magnetfeld verlaufen, vollführen eine infinite Bewegung. Bis jetzt wurde der Bewegungsrichtung des Elektrons noch keine Aufmerksamkeit geschenkt. Offensichtlich muß sie von der Richtung der Vektoren und zueinander bestimmt werden. Aus Gleichung (4.6) ist leicht zu ersehen, daß die Bewegungsrichtung mit dem Vorzeichen der effektiven Masse verknüpft ist: Wenn nämlich m * > 0 ist, bewegt sich das Elektron (wie auch ein freies Elektron) auf einer linksgewundenen Schraubenbahn, im anderen Fall auf einer rechtsgewundenen (wie ein positives Teilchen). Das Vorzeichen der effektiven Masse wird durch das Vorzeichen der Ableitung SS/Bs bestimmt. E s hängt davon ab, ob die Energie innerhalb der betrachteten Isoenergiefläche s(p) = e kleiner oder größer als e ist. Im ersten Fall ist die Ableitung dS/ds und damit m* positiv und im zweiten Fall negativ. F ü r offene Bahnen kann natürlich der Begriff der effektiven Masse nicht durch eine Umlauffrequenz im Magnetfeld eingeführt werden. E s läßt sich jedoch eine Regel angeben, durch die die Bewegungsrichtung eines Elektrons bestimmt ist und die sowohl für offene als auch geschlossene Bahnen gilt. Ein Elektron bewegt sich stets so, daß rechts von der Bewegungsrichtung in jedem Bahnpunkt ein Gebiet mit einer kleineren Energie liegt. Bis jetzt wurde nur die Elektronenbewegung im Impulsraum untersucht. Aus der LoRENTZ-Gleichung ist aber sofort zu ersehen, daß die Bewegung im Impulsraum eng mit der Projektion der Bahn im Ortsraum auf eine zum Magnetfeld senkrechte Fläche verknüpft ist. Gleichung (4.6) zeigt, daß die Geschwindigkeit eines Elektrons im Ortsraum in jedem Moment senkrecht zur Geschwindigkeit p im Impulsraum steht und damit die Projektion der B a h n im Ortsraum aus der Bahn im Impulsraum vermittels einer Drehung um jr/2 und einer Maßstabsänderung um den Faktor c/eH erhalten werden kann. Speziell bedeutet das, daß im Ortsraum sowohl Umlaufdauer als auch Umlauffrequenz gleich TH bzw. coH sind. Liegt der Fall einer Bewegung eines Leitfähigkeitselektrons im Magnetfeld auf einer offenen Isoenergiefläche vor, so treten noch einige interessante Besonderheiten auf. So kann z. B . die B a h n im Impulsraum offen sein, wodurch das Elektron in einer zum Magnetfeld senkrechten Ebene im Ortsraum eine infinite Bahn durchläuft. Ein wesentlicher Unterschied zum freien Elektron kann in den durchaus nicht seltenen Fällen eintreten, in denen die Bahn eines Kristallelektrons im
§ 4
Bewegung von Teilchen mit einem willkürlichen Dispersionsgesetz
45
Magnetfeld geschlossen ist, aber durch einen Sattelpunkt einer Isoenergiefläche geht. Bekanntlich ist die Geschwindigkeitsprojektion im Sattelpunkt auf die Tangentialfläche Null. Damit kann ein Elektron bei seiner Bewegung auf einer Bahn nach Gleichung (4.7), die formal durch den Sattelpunkt fühlt, sich diesem nur asymptotisch nähern. Ein Elektron, das sich im Sattelpunkt befindet, ändert seine Lage im Impulsraum überhaupt nicht. Daraus wird ersichtlich, daß Elektronen, die sich auf Bahnen bewegen, welche in die Nähe des Sattelpunktes gelangen, sich den größten Teil der Zeit auch in der Nähe dieses Punktes aufhalten. Die Umlaufperiode wird im wesentlichen durch den Bewegungsverlauf des Elektrons in der Nähe dieser Besonderheit bestimmt. Bei Anlegen eines äußeren Magnetfeldes wird die Bahn eines Elektrons im Impulsraum in der Nähe eines Sattelpunktes für ein entsprechendes Koordinatensystem durch den Ausdruck (4.13) gegeben. Hier ist e0(pz) der Energiewert im Sattelpunkt. Die Lage der Achsen 1 und 2 ist aus Abb. 15 ersichtlich. pz liegt in Richtung des Magnetfeldes. 1 jm1 bzw. l/m 2 sind die Werte der zweiten Ableitung nach e von p im Sattelpunkt (mj, m2 > 0). Da in der Nähe des Sattelpunktes A die Geschwindigkeit im Verhältnis zu den übrigen Teilen der Bahn unendlich klein ist, ergibt sich
(4.14)
(p0 ist der Wert von p2, für den sich die Bahn schon genügend weit vom Sattelpunkt entfernt hat (vgl. Abb. 15)). Drückt man p1 durch Ae = e — e0{pz)
7
y Abb. 15. Elektronentrajektorien in der Nähe eines Sattelpunktes I m Punkt A (Sattelpunkt) ist die Geschwindigkeit Null
46
I.
Bewegung der
Leitfähigkeitselektronen
aus und integriert, so erhält man (4.15) In dem Maße, wie sich die Bahn dem Sattelpunkt nähert, wächst die Umlaufzeit in einem logarithmischen Verhältnis an. Die Annäherung kann, wie aus der Ableitung der Gleichung (4.15) ersichtlich ist, entweder durch eine Änderung der Energie s oder der Impulskomponente p2 vorgenommen werden. Es ist jedoch der gleiche Effekt durch Änderung der Magnetfeldrichtung zu erzielen. Das logarithmische Anwachsen der Periode kann durch eine entsprechend definierte effektive Masse m* = i ^ m ^ 71
ln i L
(4.15a)
beschrieben werden, die für Ae = 0 unendlich wird. Eine Bewegung auf einer Bahn durch den Sattelpunkt ist ähnlich einer infiniten Bewegung, da das Teilchen unendlich viel Zeit braucht, um sie zu durchlaufen. Die hier behandelten Bahnen haben jedoch noch eine andere Eigenschaft. Sie trennen zwei unterschiedliche Bahnverläufe, was noch bei der Behandlung der Elektronenbewegung in langsam veränderlichen Magnetfeldern wesentlich hervortreten wird (vgl. den folgenden Paragraphen). Offene Bahnen (oder Schnitte) sind nur für Elektronen auf offenen Isoenergieflächen möglich. Aber wie schon gesagt wurde, treten hier auch geschlossene Bahnen auf, je nachdem, wie das Manetfeld gerichtet ist und welchen Wert pz hat. Es soll nun gezeigt werden, nach welchem Gesetz die Umlaufperiode gegen Unendlich geht, wenn die Bewegungsparameter sich so ändern, daß die Bahn von einer geschlossenen in eine offene übergeht. Zur Veranschaulichung soll eine Isoenergiefläche vom Typ eines „gewellten" Zylinders dienen, der in erster Näherung jede beliebige offene Fläche entlang ihrer Öffnungsrichtung modelliert. Zur Vereinfachung soll fernerhin angenommen werden, daß nur die Richtung des Magnetfeldes geändert wird. Für den geraden (nicht gewellten) Zylinder würde die Umlaufperiode bei einer Verringerung des Winkels (p = n¡2 — 0 (0 ist der Winkel zwischen Zylinderachse und Magnetfeld) proportional mit 1/sin q> und in der Nähe der offenen Bahn mit q> zunehmen. Die Wellen des Zylinders verändern jedoch dieses Verhalten wesentlich. Dreht man das Magnetfeld aus der Achsenrichtung heraus, so tangiert die Bahn bei bestimmten Winkeln Sattelpunkte der Isoenergiefläche (Abb. 16). Bei der Annäherung geht die Umlaufperiode der jeweiligen Bahn logarithmisch gegen Unendlich. Es ergibt sich eine ziemlich komplizierte Abhängigkeit der Periode vom Magnetfeldwinkel 0. Sie ist schematisch in Abb. 17 dargestellt. Die Abszissenwerte PZ) =
ZjiheH
«2
(7-9)
§ 7 Quasiklassische Energieniveaus
71
bestimmt werden. Auf der anderen Seite dagegen hat man es nur mit einem System zu tun, das der Gleichung pz) =
2nheH
n
(7.10)
gehorcht. Das „Umformieren" der Niveaus geschieht in der Nähe des Punktes Pz = Pzk und wird durch das Gleichungssystem APz Po l^Pz k + Po APz In Po Apz Sic + Po &Pz In Po
Sit + Po &Pz In
cS-1 k 2nHeH
nu:l k '
2rcheH «i c 2 jiheH c 2 nheH c
CS.2k 2nUeH
(7.11)
,
'
cSk 2nheH
=
nk
so erhält man aus dem Gleichungssystem (7.11) folgende Ausdrücke n,«i — n,*. A. p, = 2ttUeH i* 2nheH cPo ln K — CPo 2nheH n2 Apz = 2?t UeH CPo ln («2 cp0 2n%eH n — nk Apz = c Po l n _ cp0
(7.12)
•
Interessant ist, daß in der Nähe von pzk die Abstände zwischen den Energieniveaus nicht äquidistant sind. Die Veränderung der Topologie der Querschnittsfläche führt zu einem nicht analytischen Verhalten der Abhängigkeit der Energie (bzw. von pz bei konstanter Energie) von der Quantenzahl n. Das hier abgeleitete Resultat folgt schon aus der klassischen Quantisierungsvorschrift, die sogar Terme der Größenordnung 1 ¡n gegenüber 1 vernachlässigt. (Die Anomalien, die durch Änderung der Topologie der Querschnittsfläche verursacht werden, treten in Gliedern der Größenordnung ln njn l[n auf.) Das Gleichungssystem (7.11) ist natürlich nur für n^, n2, n 1 anwendbar und seine Lösung (7.12) entsprechend nur, wenn n^, n2, n \n — nlk\ ist. Eine strenge quantenmechanische Untersuchung auf einer Bahn von der Form einer Acht in quasiklassischer Näherung führt zu analogen Resultaten (vgl. 6
72
I.
Bewegung der
Leitfähigkeitselektronen
[19] bzw. die wesentlich ausführlichere Arbeit [20]). Eine Präzisierung der Energiewerte der quasiklasssischen Niveaus (etwa vom Typ einer Berücksichtigung des 1/2 unter den Bedingungen der BoHEschen Quantelung) zeigt, daß im vorliegenden Fall eine interessante oszillatorische Abhängigkeit der Abstände zwischen den Niveaus vom Magnetfeld vorliegt [20], die auch zur Berechnung der oszillierenden Anteile der unterschiedlichen thermodynamischen Größen benötigt wird (§ 15). Die letzten Formeln demonstrieren deutlich den wesentlichen Unterschied zwischen der Struktur eines Spektrums freier Elektronen (mit einem Dispersionsgesetz p2ßm) und von Elektronen mit einem komplizierten Dispersionsgesetz e = s{p) im Magnetfeld. Besonders augenfällig wird dieser Unterschied dann, wenn offene Isoenergieflächen und offene Querschnittsflächen auftreten. Hier wird durchaus nicht die Bewegung aller Elektronen im Metall quantisiert, sondern nur die Elektronen unterliegen einer Quantelung, die eine endliche periodische Bewegung in einer Ebene senkrecht zum Magnetfeld vollführen. Dabei wird das Auftreten oder Fehlen von diskreten Energieniveaus (bei festgehaltenem pz) nicht nur durch die Art der Isoenergiefläche bestimmt, sondern auch durch die Magnetfeldrichtung. Bei fixiertem Feld hingegen entscheidet die Größe von pz. Der Übergang von geschlossenen zu offenen Bahnen wurde ausführlich in § 4 behandelt. Aus den dort durchgeführten Überlegungen ist deutlich, daß bei einem Übergang von gewöhnlich geschlossenen zu offenen Querschnittsflächen die Struktur des energetischen Spektrums sehr kompliziert ist. Zur allgemeinen Tendenz einer Verringerung der Abstände zwischen den Niveaus, die durch die Vergrößerung der Umlaufperiode hervorgerufen wird, kommt noch eine logarithmische Besonderheit hinzu, die durch die Annäherung an die Sattelpunkte verursacht wird (s. Abb. 17). Die hier abgeleiteten Formeln für die Energie eines Elektrons im Magnetfeld zeigen, daß die ünendlichfache Entartung, die bei den freien Elektronen vorliegt (Unabhängigkeit der Energieniveaus von der Impulskomponente Px, die eine Erhaltungsgröße ist), auch bei einem Elektron mit einem beliebigen Dispersionsgesetz in quasiklassischer Näherung auftritt. Man muß jedoch dabei stets berücksichtigen, daß die quasiklassische Behandlung nur für das freie Elektron die genauen Energieniveaus liefert. Diese Eigenschaft, die durch die streng äquidistanten Abstände der Energieniveaus des Oszillators verursacht wird, liegt bei Elektronen mit einem komplizierten Dispersionsgesetz nicht vor. Insbesondere hebt deshalb die Berücksichtigung höherer Korrekturglieder die Entartung bezüglich P x auf [21], was zu einer Verschmierung der Energieniveaus (7.3) führt. Gewöhnlich ist die Größe der Verschmierung sehr klein: Ae/e « (H¡11af (s. (1.9)). Die Abhängigkeit der Energie e vom Impuls Px und folglich auch die Verschmierung der Energieniveaus wird dadurch verursacht, daß Px die Lage der Umlaufbahn im Raum festlegt. Im Falle des freien Elektrons ist cPxjeH das Zentrum der Umlaufbahn in der x,i/-Ebene, auf der das Elektron rotiert. Wenn im freien Raum (für ein freies Elektron) alle Punkte des Raumes äquivalent sind (das Magnetfeld wird als homogen vorausgesetzt),
§ 7 Quasiklassische Energieniveaus
73
ist natürlich diese Homogenität in einer periodischen Struktur, wie etwa einem Kristall, nicht mehr vorhanden. I n jenen Fällen, wo die Umlaufbahn im Impulsraum bei Anliegen eines Magnetfeldes offen ist, führt die quasiklassische Näherung zu keiner Quantisierung der Energie. Eine genaue Betrachtung [21] zeigt jedoch, daß infolge der periodischen Abhängigkeit der Energie vom Quasiimpuls eigenartige Risse im stetigen Energiespektrum des Elektrons auftreten. Die Stellen für diese Risse werden durch eine Gleichung bestimmt, die an die Quantisierungsbedingung (7.2) erinnert: 8(e> Vz) =
2TTheH
c
n
(7.13)
(n ist eine ganze Zahl). Hier ist S jedoch der Teil der durch das Elektron umlaufenen Fläche, der auf eine Zelle des Impulsraumes kommt. Die relative Breite des Risses bei nicht zu engen „Verbindungshälsen" ist exponentiell klein (Ae/e ^ e " ^ » ' " ; ß ^ 1). Einen sehr eigenwilligen Charakter haben Niveaus in der Nähe von Umlaufbahnen, die das gesamte Kristallgitter durchsetzen. Hierbei entsteht ein System von aufspaltenden Niveaus, Unterniveaus usw. Außer der schon vorher angedeuteten Niveauverbreiterung infolge der Abhängigkeit der Energie e von P x existiert noch ein anderer ,,Verbreiterungs"-Mechanismus, der auf dem Übergang der Elektronen von einer klassischen Bahn auf eine andere beruht. Dieser Erscheinung, die als magnetischer Durchbruch bezeichnet wird, ist speziell § 10 gewidmet. x ) Hier soll nur angemerkt werden, daß die Verschmierungsbreite gewöhnlich sehr klein ist. (Die Niveaubreite, die durch Übergänge verursacht wird, ist exponentiell klein: Ae/e sa e~ß'H«lH-: ß' ^ 1.) Die Verschmierung spielt demzufolge kaum eine Rolle. Jedoch im Falle offener Isoenergieflächen bei einem Übergang von geschlossenen zu offenen Schnitten ist der Verbreiterungseffekt infolge der Übergänge recht bedeutsam, da infolge dieses Effektes die Breite des verschmierten Gebietes sich allmählich vergrößert und das diskrete Spektrum in ein kontinuierliches übergeht. In § 4 ist gezeigt worden, daß die Bewegung in gekreuzten elektrischen und magnetischen Feldern als Bewegung eines Teilchens allein im Magnetfeld behandelt werden kann, wobei das Dispersionsgesetz die Form e*{p) = e(p) -
VEHp
(7.14)
besitzt. Ist der Bahnverlauf im Impulsraum geschlossen, so vollführt das Teilchen entlang der y-Achse eine finite Bewegung. (Das Magnetfeld zeigt dabei wie üblich in die z-Richtung, das elektrische Feld in die x-Richtung.) Damit ist es möglich, die früher erhaltenen Resultate auch für den Fall der gekreuzten Felder anzuwenden. Tatsächlich erhält man, wenn man analog vorDort wird insbesondere der magnetfeldinduzierte Übergang zwischen unterschiedlichen Bändern betrachtet.
74
I.
Bewegung
der
Leitfähigkeitselektronen
geht, die Quantisierungsvorschrift in der Form S*(e*, p,) =
2n\e\
KH
c
n .
(7.15)
S* ist die Querschnittsfläche der Isoenergiefläche s*(p) = const mit der Fläche p¡¡ = const. Wie m a n sich unmittelbar überzeugen kann, ist der Abstand zwischen den Niveaus Ae gleich der Frequenz co EE , multipliziert mit der PLANCKschen K o n s t a n t e n h : Ae = ho>EE =
2n\e\
HH
.
(7.16)
E s ist jedoch anzumerken, daß die Frequenz coEH im Falle eines beliebigen Dispersionsgesetzes von der Größe des angelegten elektrischen Feldes abhängt. (Für ein quadratisches Dispersionsgesetz t r i f f t das nicht zu.) D a m i t werden auch in gekreuzten Feldern die Abstände zwischen den diskreten Energieniveaus von der elektrischen Feldstärke abhängen (analog zum STARK-Effekt). Bei Vernachlässigung der Band-Band-Ubergänge vollführt ein Leitfähigkeitselektron in einem homogenen elektrischen Feld auch eine finite Bewegung (§ 4). Dieser Bewegung müssen ebenfalls quantisierte Energieniveaus entsprechen, deren Abstände durch Anwendung des Korrespondenzprinzips erhalten werden k ö n n e n : Ae = hcoE . Offensichtlich k a n n m a n keine Effekte beobachten, die als Resultat dieser Quantisierung auftreten. Sogar unter der Voraussetzung, daß Bandübergänge wenig wahrscheinlich-sind, durchläuft das Elektron schon deshalb keine volle Schwingung, weil es vorher mit den Gitterdefekten zusammenstößt. D a s Kristallgitter, in dem sich das Elektron bewegt, ist immer durch die Größe der Probe begrenzt. Die Abmessungen sind jedoch gewöhnlich immer so groß, daß m a n sie als unendlich ansehen k a n n . Trotzdem gibt es natürlich Fälle, bei denen die endlichen Abmessungen des Metalls zu berücksichtigen sind (z. B. bei der Behandlung der Eigenschaften von dünnen Schichten). Die Oberfläche eines Metalls ist immer etwas deformiert, d. h., in ihrer Nähe ist die Periodizität des Kristallgitters gestört. Die Untersuchung des Verhaltens eines Elektrons in der Oberflächenschicht ist eine komplizierte Aufgabe, die nicht immer klar formuliert werden kann. Oft sieht m a n die Grenze einer Probe als unendliche Potentialbarriere an (manchmal sogar, ohne es genügend begründen zu können). Mit anderen Worten heißt das, daß das Elektron im Metall als Teilchen in einem Potentialtopf angesehen wird. I n den letzten J a h r e n wurde eine Reihe von Experimenten durchgeführt, die m a n als Beweis der spiegelnden Reflexion von Elektronen an inneren Grenzflächen im Metall ansehen k a n n [22], Offensichtlich liegt d a n n spiegelnde
§ 7
75
Quasiklassische Energieniveaus
Reflexion vor, wenn entweder die DE BROGLIE-Wellenlänge gegenüber den zwischenatomaren Abständen groß ist (z. B . bei Wismut und anderen Halbmetallen) oder die zu reflektierenden Elektronen sich unter einem kleinen Winkel zur Oberfläche bewegen, d. h. für streifenden Einfall. Bei diesen Elektronen ist die Impulsprojektion, die die charakteristische Länge der D E B R O G L I E Welle bestimmt, auch klein (s. weiter unten). Wie außerdem in der Arbeit [23] gezeigt wurde, existiert für Metalle vom Wismuttyp noch eine zusätzliche Ursache für eine spiegelnde Reflexion — die Bandverbiegung auf Abständen der Größenordnung des DEBYE-HITCKEL-Radius, der bei diesen Metallen anomal groß ist (bedeutend größer als die Gitterkonstante). Ein freies Elektron verändert bei der Reflexion an einer unendlichen Potentialbarriere das Vorzeichen der Normalkomponente des Impulses (spiegelnde Reflexion). F ü r ein Elektron mit einem komplizierten Dispersionsgesetz ist der Reflexionscharakter sogar in einer unendlichen Potentialbarriere bedeutend komplizierter. Bei der Reflexion bleiben bekanntlich die Energie e und die Impulskomponenten parallel zur Metalloberfläche Pj_ Erhaltungsgrößen. Wenn man die Reflexion eines Elektrons als Prozeß betrachtet, bei dem man zuerst die kinetische Energie verringert, um sie danach wieder auf ihren alten Wert zu vergrößern, kann man die Veränderung der Normalprojektion des Impulses bei der Reflexion bestimmen. Offensichtlich muß die z-Projektion vor und nach dem Stoß (die z-Achse steht senkrecht auf der Oberfläche) die Bedingung e(P_L> PM) = e
(7.17)
erfüllen, wobei der Anfangswert des Impulses p ^ durch die natürliche Bedingung v ^ _> 0 und der Endwert p'p durch die Bedingung v P < 0 bestimmt ist. Die Gleichung (7.17) kann mehr als zwei Wurzeln haben. Die Wurzeln lassen sich jedoch so zu Paaren ordnen, daß bei dem Übergang von p(zl) nach p P die kinetische Energie immer kleiner als die Anfangsenergie bleibt (etwa vergleichbar mit der Streuung eines Elektrons im Feld eines Gitterdefekts, die im vorigen Paragraphen untersucht wurde). F ü r eine kugelförmige F E R M I Fläche gilt dann Ap z = pf — pf = 2 /2ms — p\. Die quasiklassische Quantelung, die durch die endlichen Abmessungen der Probe verursacht wird, kann nach der Standardmethode durchgeführt werden, nach der man die adiabatische Invariante I einem ganzzahligen Vielfachen des PLANGKschen Wirkungsquantums h gleichsetzt. I m vorliegenden Fall ergibt sich dann
L ist die Dicke der Probe. Dadurch ergibt sich Apz = |pf - pf | = —
(n = 0, 1, 2 , . . . ) .
(7.18)
76
I.
Bewegung der
Leitfähigkeitselektronen
Diese Gleichung muß als Bestimmungsgleichung für die Energie bei festgehaltener Impulskomponente pj_ betrachtet werden. Durch ihre Lösung gelangt man zu £ = en(pL) ,
(7.19)
dem System der Energieniveaus. Wenn Gleichung (7.17) mehrere Paare von Lösungen besitzt, so erhält man auch mehrere (entsprechend der Anzahl der Paare) Systeme von Energieniveaus. Eine analoge Situation liegt im Falle einer quasiklassischen Quantelung im Magnetfeld vor, wenn die Isoenergiefläche einen Sattelpunkt besitzt (s. Gleichung (7.12)). Es gelingt sogar, in dem Fall eine geschlossene Gleichung für die Bestimmung der Energieniveaus anzugeben, wenn auf das Elektron im homogenen und zeitlich konstanten Feld eine Kraft wirkt, die senkrecht zum Magnetfeld steht. Das Magnetfeld zeige wie üblich in die z-Richtung, die K r a f t wird in Form eines Potentialfeldes U(y) eingeführt. Das Vektorpotential des Magnetfeldes wird zweckmäßigerweise in der Form Ax = — Hy, Ay = Az = 0 gewählt (vgl. Gleichung (4.16)). In diesem Fall ist x eine zyklische Koordinate und der Impuls Px eine, Erhaltungsgröße. Benutzt man nun wieder die BoHRsche Quantisierungsbedingung, so kann die Gleichung zur Bestimmung der Energieniveaus in folgender Form angegeben werden: S(S, pz, Px) =
2jih \e\ H — n.
(7.20)
£(