Einwirkungen der Landesparlamente auf die Normsetzung der Exekutive: Verordnungsgebung unter Parlamentseinfluß [1 ed.] 9783428507573, 9783428107575

In der Stufenordnung der staatlichen Normsetzung gewinnt die flexible Regelungsform der Rechtsverordnung einen zunehmend

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Einwirkungen der Landesparlamente auf die Normsetzung der Exekutive: Verordnungsgebung unter Parlamentseinfluß [1 ed.]
 9783428507573, 9783428107575

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Beiträge zum Parlamentsrecht

Band 55

Einwirkungen der Landesparlamente auf die Normsetzung der Exekutive Verordnungsgebung unter Parlamentseinfluß Von

Wito Schwanengel

Duncker & Humblot · Berlin

WITO SCHWANENGEL

Einwirkungen der Landesparlamente auf die Normsetzung der Exekutive

Beiträge zum Parlamentsrecht Herausgegeben von

Ulrich Karpen, Heinrich Oberreuter, Wolfgang Zeh in Verbindung mit Peter Badura, Wolfgang Heyde, Joachim Linck Georg-Bemdt Oschatz, Hans-Peter Schneider Uwe Thaysen

Band 55

Einwirkungen der Landesparlamente auf die Normsetzung der Exekutive Verordnungsgebung unter Parlamentseinfluß

Von

Wito Schwanengel

Duncker & Humblot . Berlin

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2002 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Werner Hildebrand, Berlin Printed in Germany ISSN 0720-6674 ISBN 3-428-10757-8 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

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Vorwort Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit einer offenbar im Trend der Zeit liegenden Konzeption des Rechtsetzungsprozesses und der dabei zu beobachtenden Akzentverschiebung im Verhältnis von Gesetz und Verordnung. Angesichts des zunehmenden Handlungswertes der Rechtsverordnung in der Stufenordnung der staatlichen Normsetzung, versucht der Gesetzgeber Regelungs- und Steuerungsdeftzite bei der gesetzlichen Vorprogrammierung des Verordnungsgebers durch eine Beteiligung des Parlaments am exekutiven Entscheidungsprozeß zu kompensieren. Dabei ist die auf Bundesebene seit geraumer Zeit praktizierte Delegation der Rechtsetzungsbefugnis unter dem Vorbehalt eines gestuften Teilhaberechts des Parlaments zunehmend in den Fokus wissenschaftlicher Erörterungen gerückt. Die vorliegende Analyse belegt, daß die Praxis einer parlamentarischen Beeinflussung des Verordnungsgebers auch auf Ebene der Länder Konjunktur hat und sich durch eine Reihe von Besonderheiten auszeichnet. Neben der Kompetenz der Landtage zum Erlaß verordnungsvertretender Gesetze und der in zahlreichen Landesverfassungen enthaltenen Informationspflichten der Landesregierung über geplante Verordnungsvorhaben haben auf Landesebene vor allem Konsultations- und Zustimmungsvorbehalte zugunsten von Parlamentsausschüssen eine beachtliche Verbreitung erlangt. Die dabei zu beobachtende Verschränkung legislativer und exekutiver Befugnisse beim Erlaß von Rechtsverordnungen wirft eine Reihe verfassungsrechtlicher Fragen auf, mit deren Erörterung die vorliegende Studie einen Beitrag zur wissenschaftlichen Diskussion und Anregungen fiir die Gestaltung der parlamentarischen Arbeit liefern möchte. Die Arbeit ist im Rahmen eines Forschungsprojektes entstanden, das ich am Forschungsinstitut fiir öffentliche Verwaltung bei der Deutschen Hochschule fiir Verwaltungswissenschaften Speyer durchgeführt habe. Das Institut bot nicht nur die Basis fiir eine inspirierende Forschungstätigkeit, sondern ermöglichte als ein von Bund und Ländern getragenes Kompetenzzentrum der Verwaltungsforschung den unkomplizierten Kontakt mit Ansprechpartnern in den Ländern, die mich bei der Erschließung der Materialien hilfreich unterstützten. Dank gebührt meinem akademischen Lehrer, Herrn Univ.-Prof. Dr. Dr. Detlet Merten, unter dessen wissenschaftlicher Leitung das Forschungsprojekt stand und dessen kritischer Würdigung und Förderung ich in außerordentlicher Weise verpflichtet bin. Weit über den Gegenstand der vorliegenden Untersuchung hinaus, war die menschlich angenehme und akademisch anregende Zu-

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VOIwort

sammenarbeit eine große Bereicherung und eine für meinen weiteren wissenschaftlichen Werdegang prägende Erfahrung. Die Idee zu dieser Studie geht auf eine Anregung von Herrn Univ.-Prof. Dr. Kar/-Peter Sommermann zurück, dem ich mich freundschaftlich verbunden fiihle und der mir in zahlreichen Diskussionen eine Kontrolle und Präzisierung meiner Thesen ermöglichte. Herrn Univ.Prof. Dr. Hermann-Josej Blanke, bei dem ich seit Frühjahr 2001 als wissenschaftlicher Assistent beschäftigt bin, danke ich für seine Umsicht bei der Fertigstellung des Manuskripts. Breite Unterstützung fand ich darüber hinaus bei vielen Kollegen und Mitarbeitern der Hochschule und des Forschungsinstituts in Speyer. Unter den Freunden aus dieser Zeit möchte ich Herrn Dr. Hans-Christoj Kraus erwähnen, dem ich anregende Gespräche verdanke und dessen aufmunternde Worte die tägliche Arbeit erleichterten. Mein besonderer Dank gilt weiterhin Frau Inge Patschull für die Mühen beim Korrekturlesen, Frau Elisabeth Lerchenmüller für die sorgfältige Erstellung des Druckmanuskripts und Frau Uschi Ohliger, die kenntnisreich so manche Literaturrecherche unterstützte. Die Drucklegung der Arbeit wäre ohne die großzügige Förderung durch den Thüringer Landtag nicht denkbar gewesen. Dafür danke ich der Präsidentin des Thüringer Landtags, Frau Christine Lieberknecht, und dem Direktor beim Thüringer Landtag, Herrn Dr. Joachim Linck. Nicht zuletzt gebührt den Herausgebern der Schriftenreihe, den Professoren Karpen, Oberreuter und Zeh, und dem Geschäftsfiihrer des Verlages Duncker & Humblot, Herrn Professor Simon, für die bereitwillige Aufnahme in das Verlagsprogranun vorzüglicher Dank. Speyer / Erfurt, im März 2002

Wito Schwanenge/

Inhaltsverzeichnis A. Das Verordnungsrecht der Exekutive als Ausdruck derivativer Rechtsetzungsbefugnis ..................................................................................................

11

Das RoIlenverständnis von Gesetz und Verordnung ..................................

11

II. Die Ennächtigungserfordemisse im Verfassungsrecht des Bundes und der Länder ........................................................................................................

15

1. Verordnungsermächtigung und Homogenitätsgebot ...... ......................

15

2. Der Kreis der Ermächtigungsadressaten ...... .................... ....................

16

3. Das Bestimmtheitsgebot und der Konkretisierungsgrad der Ermächtigungsdirektiven ..................................................................................

18

III. Die mangelnde Präzision einer gesetzlichen Vorprogrammierung des Verordnungsgebers ........................ ............................................................

24

B. Die Formen parlamentarischer Einflußnahme auf das Verordnungsrecht der Exekutive ............................................................. .....................................

30

Die Infonnationspflicht der Landesregierung über geplante Verordnungsvorhaben ............................................. .................... ..........................

30

II. Die Kompetenz der Landtage zum Erlaß verordnungsvertretender Gesetze ................................................................................................................

32

III. Die Einflußnahme auf Bestand, Erlaß und Inhalt von Rechtsverordnungen ..............................................................................................................

38

I. Die Vielgestaltigkeit parlamentarischer Einflußfonnen und -verfahren ........................................................................................................

38

2. Die parlamentarische Einflußnahme durch Gesetz ...............................

39

3. Die parlamentarische Einflußnahme durch Beteiligung an der Verordnungsgebung ...................................................................................

42

I.

I.

a) Die Kenntnis- und Anhörungsverordnung .....................................

43

b) Die Zustimmungsverordnung .......... .................... .................. ........

46

c) Die Änderungsverordnung .............................................................

53

d) Die Aufhebungsverordnung .............................. .................. ...........

54

Inhaltsverzeichnis

8

C. Zuillssigkeit und Grenzen parlamentarischer Einflußnahme durch Gesetz ................................................................................................................... I.

55

Die gesetzesrangige Änderung von Verordnungsbestimmungen ...............

55

11. Die Rückkehr zum einheitlichen Verordnungsrang und das Institut der "Entsteinerungsklauseln" .................. ...................... ............... ........... .........

57

D. Die parlamentarischen Beteiligungsvorbehalte im Kontext des Rechtsstaats- und Gewaltenteilungsprinzips ........ .............. ............ ..........................

60

I.

Die Grundlagen der verfassungsrechtlichen Beurteilung ........ ...................

60

11. Die Funktionsgerechtigkeit von Gesetz- und Verordnungsgebung ............

60

III. Die Beteiligungsvorbehalte im Argumentationsraster des Bundesverfassungsgerichts ..............................................................................................

62

IV. Die Einheit formeller und materieller Verordnungsgebung .......................

65

V. Die Zulässigkeit parlamentarischer Beteiligungsvorbehalte im Lichte von Kompetenz und Verantwortung .............................. ............................

69

1. Der Konsultationscharakter von Kenntnis- und Anhörungsvorbehalten ........................................................................................................

70

2. Zustimmungs-, Aufhebungs- und Änderungsvorbehalte in kompetenzrechtlicher Deutung .......................................................................

72

3. Die Rechtswirkungen von Zustimmung und Änderung bei gesetzlicher Verpflichtung zum Verordnungserlaß ..........................................

76

VI. Die Ermächtigung zum Erlaß von Rechtsverordnungen zwischen Befugnis und Auftrag ...........................................................................................

80

1. Inhalt und Dimension der verordnungsgeberischen Handlungsfreiheit .......................................................................................................

80

2. Die Pflicht des Verordnungsgebers zum Erlaß einer Rechtsverordnung ....

83

3. Die ausdrückliche und konkludente Rechtspflicht zum Verordnungserlaß .....................................................................................................

86

E. Die parlamentarische Beteiligung an der Verordnungsgebung im Kontext des Demokratieprinzips ...........................................................................

90

I.

Die Kompensationstheorie - Parlamentsbeteiligung als kompetenz- und legitimationsvermittelnde Verfahrensform .................................................

90

11. Die Tragfahigkeit der Kompensationstheorie fiir einen Ausgleich delegationsrechtlicher Bestimmtheitsdefizite .......................................................

93

1. Elemente und Bezugsrahmen des Kompensationsgedankens ...... .........

93

Inhaltsverzeichnis

9

2. Das Bedürfnis einer Kompensation von Bestimmtheitsdefiziten .........

94

3. Die Kompensationswirkung einer nachträglichen Parlamentsbeteiligung ..

98

4. Die Kompetenzordnung als Funktionsbedingung demokratischer Legitimation .................................................... .........................................

104

5. Die Parlamentsbeteiligung im Lichte der Einwirkungs- und Zurechnungsformen demokratischer Legitimation ............ .................... ..........

108

F. Die ermllchtigungsgesetzliche Begründung parlamentarischer BeteiligungsvorbehaIte zugunsten von Parlamentsausschüssen .............. ...............

115

Der Kreis der Mitwirkungsberechtigten in Bund und Ländern ..................

115

I.

11. Die parlamentsrechtliche Stellung und Funktion der Landtagsausschüs-

se ................................................................................................................

116

III. Plenar- und Ausschußvorbehalte als Problem parlaments interner Delegation .............................................................................................................

119

IV. Die Statthaftigkeit der Ausschußbeteiligung beim Erlaß von Rechtsverordnungen ..................................................................................................

124

1. Die Zuständigkeitsverlagerung im Kontext parlamentarischer Repräsentation .... ............................................ ...............................................

124

2. Die Funktionsgerechtigkeit der Ausschußbeteiligung beim Erlaß von Rechtsverordnungen ............................................................................

128

G. Zusammenfassung ........... ................................................................................

134

Literaturverzeichnis ..............................................................................................

139

Stichwortverzeichnis .............................................................................................

149

A. Das Verordnungs recht der Exekutive als Ausdruck derivativer Rechtsetzungsbefugnis I. Das Rollenverständnis von Gesetz und Verordnung Gesetz und Verordnung erscheinen unter der Geltung des Grundgesetzes und nach der Verfassungsstruktur der Länder als festurnrissene Kategorien der Rechtsordnung. In der Staatspraxis gewinnt indes die Rechtsverordnung einen zunehmenden Rechts- und Handlungswert l und wird als häufigste FundsteIle fiir geltende Rechtssätze apostrophiert. 2 Zahlreiche Gesetze erlangen erst durch ergänzende Rechtsverordnungen ihre praktische Anwendbarkeit. So hat der Gesetzgeber im Schul- und Prüfungsrecht mit Verordnungsermächtigungen zu Ausbildungsgegenstand und -dauer, Prüfungsverfahren und -anforderungen die Regelung zentraler Fragen dem Verordnungsgeber überantwortet. 3 Auch wenn das Grundgesetz keine generelle Trennung zwischen den Aktionsräumen des Gesetz- und Verordnungsgebers kennt und nur punktuell Regelungsbereiche aus dem Handlungsfeld der Exekutive ausgrenzt4, besteht ein vorgegebenes Verhältnis arbeitsteiliger Kompetenzordnung. Das demokratische und das rechtsstaatliche Verfassungsprinzip weisen grundsätzlich5 dem Parla-

I Manfred Lepa. Verfassungsrechtliche Probleme der Rechtsetzung durch Rechtsverordnung, AÖR, Bd. 105 (1980), S. 337,338. Für den Bereich des Bundesrechts ist die Zahl der Rechtsverordnungen seit langem drei- bis viennal so hoch wie die der Bundesgesetze, vgl. Horst Hasskarl. 16 Jahre Bundesrechtsetzung und ihre Schwerpunkte im Spiegel der Zahlen, DÖV 1968, S. 558 fT.; Friedrich Halstenberg, Diskussionsbeitrag zum Thema: Entlastung des Parlaments durch Refonn des Art. 80 GG?, ZParl. 1973, S. 435; Hartmut Steinbach, Die Gesetzesflut - Einige betrübliche Betrachtungen zu einem aktuellen Thema, DÖD 1978, S. 69 ff.; Brun-Otto Bryde, in: v. MünchlKunig, GGKommentar, Anhang zu Art. 80 GG; Jörg Lücke, in: Sachs, GG-Kommentar, Art. 80 RN 2. Der Sachverständigenrat "Schlanker Staat" schätzte die Zahl der geltenden Rechtsverordnungen des Bundesrechts auf über 2.900; vgl. Sachverständigenrat "Schlanker Staat", Abschlußbericht, Bd. 1,1997, S. 19. 2 Paul Kirchhof, Rechtsquellen und Grundgesetz, in: Starck (Hrsg.), Bundesverfassungsgericht und Grundgesetz, Festgabe aus Anlaß des 25jährigen Bestehens des Bundesverfassungsgerichts, Bd. II 1976, S. 50, 82. 3 Vgl. Manfred Lepa. (FN 1), S. 340. 4 Art. 104 I S. 1 GG; Vgl. zu Abweichungen BVerfGE 14, 186 f. S Ein eigenständiges Verordnungsrecht der Exekutive ist im Grundgesetz nur flir einige - wenig bedeutsame oder heute keine Relevanz mehr besitzende - Sachbereiche ausdrücklich vorgesehen; vgl. Art. 119 S. 1,127, 132 IV GG.

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A. Verordnungsrecht als derivative Befugnis

ment die Aufgabe der Rechtsetzung zu und bestehen auf dem zwingenden Vorrang des formellen Gesetzes und der parlamentarischen Entscheidung. 6 Die Strukturen dieser abgestuften Geltungs- und Kompetenzordnung sind fiir den Bereich des Grundgesetzes in Art. 80 GG determiniert. "Das Parlament soll sich seiner Verantwortung als gesetzgebende Körperschaft nicht dadurch entschlagen können, daß es einen Teil der Gesetzgebungsmacht der Regierung überträgt, ohne genau die Grenzen dieser übertragenen Kompetenzen bedacht und bestimmt zu haben. Die Regierung andererseits soll nicht, gestützt auf unbestimmte Ermächtigungen zum Erlaß von Verordnungen, an die Stelle des Parlaments treten.,,7 Rechtssystematisch stellen die Regelungen des Art. 80 GG und die entsprechenden Vorschriften in den Landesverfassungen einen Fall der Übertragung rechtsetzender Gewalt von der und durch die Legislative auf die Exekutive dar, weshalb sich diese derivative Rechtsetzungsbefugnis von vornherein in den Kompetenz- und Garantiezusarnmenhang von Rechtsstaatsprinzip und Gewaltenteilungsgrundsatz eingeordnet sieht. Die der Exekutive übertragene Rechtsetzungsgewalt erscheint zunächst als Durchbrechung eines eng verstandenen Gewaltenteilungsprinzips, die Funktionsverteilung und Zuständigkeitsordnung des Art. 20 11 GG verändert. 8 Das Rechtsstaatsprinzip gebietet zwar, fiir die grundgesetzlich vorgegebene Trias staatlicher Grundfunktionen "besondere Organe" vorzuhalten, und beinhaltet in diesem Sinne Anhaltspunkte fiir die Ausdifferenzierung des Gewaltenteilungsgrundsatzes. 9 Allerdings wird in Art. 20 11 S. 2 GG lediglich eine Funktionsdifferenzierung und Funktionsträgertrennung vorgenommen. IO Aussagen zur Gewaltenzuordnung im Kontext der Rechtsstaatlichkeit lassen sich letztlich nur aus der Gesamtheit der verfassungsrechtlichen Organisations- und Kompetenzvorschriften entnehmen. II Eine modifizierte Form der Gewaltenteilung muß demnach keine Durchbrechung oder Aufhebung des

6 BVerfGE 34, 52, 59; Fritz Dssenbühl, Rechtsverordnung, in: IsenseelKirchhof (Hrsg.), HdBStR, Bd. III, 1988, § 64 RN 2; Rupert Scholz/Hans Bismark, Schulrecht zwischen Parlament und Verwaltung, in: Schule im Rechtsstaat, Bd. 11, Gutachten für die Kommission Schulrecht des DJT, 1980, S. 73, 87. 7 BVerfGE I, 14,60. B BVerfGE 8, 274, 321; 18, 52, 59; Theodor Maunz, in: Maunz/Dürig, GG-Kommentar, Art. 80 RN I; Rupert Scholz/Hans Bismark (FN 6), S. 88; Hans Schneider, Gesetzgebung, 2. Aufl. 1991, RN 23; DIa! Konzak, Die Änderungsvorbehaltsverordnung als neue Mitwirkungsform des Bundestages beim Erlaß von Rechtsverordnungen, DVBI. 1994, S. 1107, 1108; Eberhard Schmidt-Aßmann, Die Rechtsverordnung in ihrem Verhältnis zu Gesetz und VerwaItungsvorschrift, in: Kirchhof7LehnerlRaupachIRodi (Hrsg.), Staat und Steuern - Festschrift für Klaus Vogel, 2000, S. 477, 478. 9 Eberhard &hmidt-Aßmann, Der Rechtsstaat, in: Isensee!Kirchhof (Hrsg.), HdBStR, Bd. 1,2. Aufl. 1995, § 24 RN 52 f.; Klaus Stern, Staatsrecht, Bd. 11, 1980; § 36 IV I. 10 Klaus Stern (FN 9), § 36 IV 4. 11 Eberhard Schmidt-Aßmann (FN 9), § 24 RN 47; Rupert Scholz/Hans Bismark (FN 6), S. 88.

I. Rollenverständnis von Gesetz und Verordnung

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rechtsstaatlichen Prinzips als solche bedeuten. 12 Indem Art. 80 GG die Rechtsetzung der Exekutive zuläßt und zugleich die Grenzen dieser Rechtsetzungsbefugnis festlegt, konkretisiert es die der Verfassung zugrunde liegenden Grundsätze der Gewaltenteilung und der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. 13 Die Exekutive ist gesetzesgebunden, auch und gerade wenn sie Rechtsetzungsbefugnisse wahrnimmt. Durch das Erfordernis gesetzlicher Ermächtigung wird klargestellt, daß der Exekutive kein eigenständiges, unmittelbares Rechtsverordnungsrecht zusteht, sondern daß dieses stets der speziellen, formellgesetzlichen Ermächtigung bedarf. Damit soll einer umfassenden und pauschalen Übertragung entgegengewirkt werden, die mit der durch Art. 20 11 GG unabdingbar vorgegebenen Funktionsteilung unvereinbar wäre. Durch die Übertragung von Rechtsetzungsbefugnissen auf die Exekutive tritt zudem kein prinzipiell bedeutsamer Zuständigkeitsverlust der Legislative ein, da diese übertragene Sachbereiche jederzeit wieder an sich ziehen und selbst durch Gesetz regeln kann. 14 Auch wenn dem Parlament aufgrund seiner demokratischen Legitimation zur politischen Letztentscheidung grundsätzlich die Aufgabe der Norrnsetzung zufällt, wäre eine Monopolisierung der Rechtsetzung beim Parlament eine wirklichkeitsfremde Vorstellung. Die divergierenden Interessen der Parteien und Verbände einerseits und das Regelungsbedürfuis der Verwaltung andererseits scheinen ein nicht versiegender Motor einer immer wieder beklagten "Gesetzesflut" zu sein. 15 Diese mit der Ausweitung der Staatsaufgaben und der Komplexität sozialer Verhältnisse einhergehende Zunahme staatlicher Reglementierungen im modemen Leistungsstaat ließen die im Grundgesetz gleichsam als Ausnahmefall gedachte Rechtsverordnung zu einem unentbehrlichen und in seinem Regelungsgewicht faktisch dem Gesetz teilweise gleichwertigen Regelungsinstrument werden. 16 Über das Rollenverständnis, wonach das Gesetz als eine in höherem Maße auf Dauer angelegte Norm einen größeren Rechtswert verkörpere und auf das Instrument der Rechtsverordnung nur zurückgegriffen werden soll,

Theodor Maunz, in: MaunzlDürig, GG-Kommentar, Art. 80 RN 1. BVerfGE 34, 52, 58; Theodor Maunz, in: MaunzIDürig, GG-Kommentar, Art. 80 RNH. 14 Erich Bülow, Gesetzgebung, in: BendalMaihoferNoge1, HdBdVerfR, 2. Aufl. 1994, § 30 RN 56; Jürgen Jekewitz, Deutscher Bundestag und Rechtsverordnung, NVwZ 1994, S. 956, 957. 15 Ulrich Karpen, Zum gegenwärtigen Stand der Gesetzgebungslehre in der Bundesrepublik Deutschland, in: ders. (Hrsg.), 10 Jahre ,,Deutsche Gesellschaft für Gesetzgebung (DGG)"/1O Jahre ,,zeitschrift für Gesetzgebung (ZG)", 1998, S. 371 fI., 371. 16 Karl-Peter Sommermann, Verordnungsermächtigung und Demokratieprinzip, JZ 1997, S. 434,435; Fritz Ossenbühl, Gesetz und Verordnung im gegenwärtigen Staatsrecht, ZG 1997, S. 305,312 (vgl. auch in: Schuppert (Hrsg.) Das Gesetz als zentrales Steuerungsinstrument des Rechtsstaates). 12

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A. Verordnungsrecht als derivative Befugnis

wenn es um die Regelung peripherer, im Kern vorentschiedener und den Gesetzgeber von detaillierter Norrnsetzung entlastender Fragen gehe, ist die Entwicklung inzwischen hinweggegangen. 17 Auch die inuner höher geschraubten Anforderungen an die Detailliertheit von Rechtsvorschriften haben die "Verrechtlichung" der Entscheidungs- und Handlungsgrundlagen verstärkt. Hinzu kommt, daß sich zahlreiche Regelungsmaterien sowohl ihrer Natur nach wie auch den Normierungszielen den Strukturen und Prozeduren des Gesetzes 'entziehen. Die Staatspraxis weicht deshalb in die untergesetzliche, flexiblere Regelungsform der Rechtsverordnung aus. Den damit verbundenen Verlust an legislativer Steuerungskraft versucht das Parlament durch eine Einflußnahme auf den exekutiven Entscheidungsprozeß und eine Beteiligung am Verordnungserlaß zu kompensieren. 18 Angeregt durch die parlamentarische Praxis des Bundes haben sich auch die Landtage eine zunehmende Einflußnahme auf die Verordnungs gebung gesichert. Vor allem Mitwirkungs- und Mitentscheidungsvorbehalte beim Erlaß von Rechtsverordnungen sollen in Gestalt schlichter Parlamentsbeschlüsse ein zustimmendes Placet des Parlaments sichern. 19 Die Mitwirkung des Gesetzgebers bei der exekutiven Verordnungsgebung darf jedoch nicht den verfassungsrechtlich abgegrenzten Handlungs- und Verantwortungsbereich im Rahmen der Rechtsetzung verwischen und zu einem verdeckten, kompetenzwidrigen Verordnungsrecht des Parlaments fUhren. Auch wenn der Erlaß von Rechtsverordnungen notwendig und in qualifIzierter Weise durch Gesetz und übergeordnete verfassungsrechtliche Bindungen vermittelt ist, stellt er doch in kompetenzrechtlicher Hinsicht eine eigenständige 'Befugnis dar. 20 Sie ist daher der Handlungsform nach eine durch die Verfassung unmittelbar allein bestimmten Exekutivorganen zugewiesene Kompetenz. 21 ,,Das Grundgesetz unterscheidet zwischen der Rechtsetzung in der Form des Gesetzes und in der Form der Rechtsverordnung; Zuständigkeiten und Voraussetzungen der Rechtsetzung in der einen und der anderen Form sind im Grundgesetz verschieden geregelt. ,,22 Dem ermächtigten Organ, und nur diesem, kommt aufgrund der verfassungsgesetzlichen Zuweisung in normativer Hinsicht die Verantwortung für den Erlaß der Rechtsverordnung zu, worunter die Rechtsmacht zu verstehen ist, im Rahmen der spezifIschen rechtlichen Bindungen in letztver-

17 Manfred Lepa (FN 1), S. 340; Fritz Ossenbühl (FN 16), S. 317; Ulrich Karpen (FN 15), S. 383. 18 V gl. beispielhaft die Dokumentation von: Carl Otto LenzlGerald Kretschmer, Ein exemplarischer Versuch, Verordnungen von der Zustimmung des Bundestages abhängig zumachen: Die Initiative im Bereich des Straßenverkehrsrecht, ZParl. 1977, S. 20,22. 19 Vgl. Fritz Ossenbühl (FN 16), S. 314 f. 20 Claus Pegatzky, Parlament und Verordnungsgeber, 1999, S. 59 f. 21 BVerfDE 22, 330, 346. 22 BVerfDE 24,184,199.

11. Ermächtigungserfordernisse in Bund und Ländern

15

antwortlicher Weise über den Inhalt einer Rechtsverordnung zu befmden. 23 Ein über den Ennächtigungsrahmen hinausgehendes Mitwirkungsrecht des Gesetzgebers bei der Verordnungsgebung bedarf folglich einer besonderen verfassungsrechtlichen Legitimation.

11. Die Ermächtigungserfordernisse im Verfassungsrecht des Bundes und der Länder 1. Verordnungsermächtigung und Homogenitätsgebot Die Bestimmungen des Art. 80 GG und die darin enthaltenen besonderen Ennächtigungsvoraussetzungen gelten nur für Bundesgesetze. Soweit die Ermächtigung zum Erlaß von Rechtsverordnungen in einem Landesgesetz enthalten ist, fmdet Art. 80 GG keine unmittelbare Anwendung. Aber auch die Verfassungen der Länder enthalten für ihre Kompetenzbereiche Regelungen zur Verordnungsennächtigung, die sich jedoch nicht immer mit den Anforderungen der grundgesetzlichen Ennächtigungsnorm decken. Daraus ergibt sich die Frage, ob die Länder nach dem Homogenitätsprinzip des Art. 28 I GG gezwungen sind, ihre landesverfassungsrechtlichen Normen an den Erfordernissen des Art. 80 I GG auszurichten. Dabei ist zu beachten, daß Art. 28 I GG als Konkretisierung des Bundesstaatsprinzips die Länder lediglich an die Staatsfundamentalnormen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaats im Sinne des Grundgesetzes bindet und ihnen im übrigen für ihre verfassungsmäßige Ordnung Gestaltungsfreiheit einräumt. 24 Konkrete Abweichungen von den Regelungen des Grundgesetzes sind deshalb zulässig, soweit die zentralen, aber konkretisierungsfähigen und -bedürftigen Strukturprinzipien des Grundgesetzes nicht verletzt werden. So wie Art. 80 GG selbst nur eine modifIzierte Form der Gewaltenteilung darstellt, ist seine inhaltliche Ausformung nur eine Möglichkeit der Konkretisierung25 , so daß die landesverfassungsrechtlichen Normen die derivative Rechtsetzungsbefugnis der Exekutive mit einem anderen Inhalt ausgestalten können als Art. 80 GG. 26 Prüfungsmaßstab für die konkreten Regelungen der Landesverfassungen ist deshalb allein der aus dem Rechtsstaats- und Demokratieprinzip folgende Grundsatz der Gewaltenteilung.

Claus Pegatzky (FN 20), S. 58. BVerfDE 4, 178, 189; 9, 268, 279; 24, 367, 390; 41,88, 116; 64, 301,317. 2S Vgl. BVerfDE 34,52,58. 26 Rupert Schalz/Hans Bismark (FN 6), S. 95 f. 23

24

16

A. Verordnungsrecht als derivative Befugnis

2. Der Kreis der Ermächtigungsadressaten Die Bestimmung der Verordnungskompetenz hat bei den Organen zu beginnen, die als Ennächtigte für den Erlaß einer Rechtsverordnung überhaupt in Frage kommen. 27 Da unter dem Erlaß einer Rechtsverordnung die letztverantwortliche Bestimmung seines Inhalts verstanden wird, muß das ennächtigte Organ nicht nur in formeller, sondern auch in materieller Hinsicht als Inhaber der Kompetenz erscheinen, da nur so sichergestellt ist, daß es "in einer Weise tätig wird, die es erlaubt, ihm den Verordnungsbeschluß zuzurechnen,,28. Eine Zusammenschau der Regelungen des Art. 80 I S. 1 und S. 4 GG offenbart dabei eine gegenläufige Systematik. Zunächst ist der Kreis der Erstdelegatare durch eine abschließende Enumeration29 eng begrenzt und umfaßt die Bundesregierung als Kollegium30, einen einzelnen Minister als Leiter eines Geschäftsbereichs3 ) sowie die Landesregierungen32 • Des weiteren wird es auch für zulässig erachtet, mehrere Minister gemeinsam zum Erlaß einer Verordnung zu ennächtigen. Hingegen sind die Landesparlamente nicht als Ennächtigungsadressaten anzusehen, da Art. 80 IV GG den Ländern lediglich die Entscheidungsfreiheit über die Handlungsform für thematisch zugewiesene Bereiche erhalten will33 und damit dem Bestreben Rechnung trägt, dem Bedeutungsverlust

27 '28

367.

BVerfGE 91, 148, 165. BVerfGE 91,148,165; so auch: BVerfGE 55,144,148 f. u. BVerwGE 31, 359,

29 BVerfGE 15, 268, 271; BVerwGE 41, 334, 349; vgJ. auch: Theodor Maunz, in: Maunz/Dürig, GG-Kommentar, Art. 80 RN 38. 30 BverfGE 11, 77, 84 f.; Jörg Lücke, in: Sachs, GG-Kommentar, Art. 80 RN 13; Klaus Stern (FN 9), § 38, III 1 a, der insofern auf die klare Trennung von Kollegium und Ressort verweist. 3) Jörg Lücke, in: Sachs, GG-Kommentar, Art. 80 RN 14. 32 Aufgrund einer "fOderalen Sperre" (BVerfGE 11, 77, 85 f.), wonach der Bundesgesetzgeber die Verfassungsautonomie der Länder nicht unterlaufen darf, soll die Wahrnehmung einer durch Bundesgesetz erteilten Verordnungserrnächtigung auch unmittelbar einem Landesminister zustehen, wenn nach dem Verfassungsrecht des betreffenden Landes unter ,,Regierung" auch der einzelne Ressortrninister zu verstehen ist; so: Theodor Maunz, in: Maunz/Dürig, GG-Kommentar, Art. 80 RN 40; Brun-Otto Bryde, in: v. MünchlKunig, GG-Kommentar, Art. 80 RN 14; Klaus Stern (RN 9), § 38 III 1; Jörg Lücke, in: Sachs, GG-Kommentar, Art. 80 RN 16; dagegen: Dieter Wilke, in: v. MangoldtIKlein, GG-Kommentar, Art. 80 Anm. V 4 b. Dies dürfte jedoch ohne praktische Relevanz sein, da alle Landesverfassungen eine klare Trennung von Kollegial- und Ressortprinzip enthalten; vgJ. oben Bryde RN 14; Michael Nierhaus, Bonner Kommentar zum GG, Art. 80 RN 251, der insofern auf einen allein in Bayern (in den 60er Jahren) gefiihrten Streit über die landesverfassungsrechtliche Ausgestaltung des Ressortprinzips verweist, der aber mit der Neugestaltung des entsprechenden Abschnitts der Landesverfassung (Gesetz v. 20.2.1998, GVBJ. S. 39) gelöst wurde. 33 Claus Pegatzky, (FN 20), S. 63; anderer Auffassung: Jörg Lücke, in: Sachs, GGKommentar, Art. 80 RN 47.

11. Ermächtigungserfordernisse in Bund und Ländern

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der Landesparlamente entgegenzuwirken34 • Die Monopolisierung der Erstdelegatare soll eine Zersplitterung der Rechtsetzungsfunktion durch eine Vielzahl von Rechtsetzungsträgern verhindern. 35 Zugleich eröffnet die Möglichkeit der Subdelegation die Übertragung der Rechtsetzungsmacht auf eine Vielzahl staatlicher Stellen. Diese Disparität versucht Art. 80 I S. 4 GG durch die festgelegten Mechanismen der Subdelegation zu harmonisieren. Indem diese im ermächtigenden Gesetz vorgesehen sein muß und in der Form der Rechtsverordnung zu erfolgen hat, bleibt die subdelegierte Rechtsetzung durch den parlamentarischen Gesetzgeber und den Erstermächtigten steuerbar. 36 Die Entscheidung, welchen Ermächtigungsadressaten der Gesetzgeber zur Verordnungsgebung beruft, hat das Bundesverfassungsgericht in das gesetzgeberische Ermessen gestellt37 , was seinerseits durch das aus dem Gewaltenteilungsprinzip folgende Postulat funktionsgerechter und organadäquater Aufgabenzuordnung begrenzt wird38 • Hingegen ist der Kreis möglicher Ermächtigungsadressaten in zahlreichen Landesverfassungen nicht auf die Landesregierung oder die Landesminister begrenzt, weshalb durch Landesgesetz auch nachgeordnete Behörden unmittelbar zum Erlaß von Rechtsverordnungen ermächtigt werden können. 39 Von dieser Möglichkeit haben die Länder vor allem im Bereich des Ordnungsrechts Gebrauch gemacht. da die Polizeiverfiigungen dazu dienen, die abstrakt gesetzlichen Regelungen zur Gefahrenabwehr in konkrete, ortsbezogene Gebote oder Verbote umzusetzen, ohne sich schon gezielt an bestimmte Adressaten zu wenden. 40 Lediglich Berlin41 , Bremen42 , Hamburg 43 und Hessen44 beschränken enumerativ den Kreis potentieller Erstdelegatare, während die Aufzählung in Art. 43 I NdsVerf. 45 eher beispielhaft erscheint und eine über den staatlichen

Vgl. Arntl. Begr. zu Art. 80 IV GG, BT-Drucks. 12/6633, S. 11. Vgl. Dieter Wilke, in: v. MangoldtIKlein, GG-Kommentar, Art. 80 Anm. Via. Das BVerfG (E 11, 77, 84 ff.) hat diese Bestimmung deshalb streng ausgelegt und die Ermächtigung an oberste Landesbehörden rur nichtig erklärt. 36 Theodor Maunz, in: MaunzlI)ürig, GG-Kommentar, Art. 80 RN 43. 37 BVerfGE 56, 298, 311. 38 Vgl. Thomas v. Danwitz, Die Gestaltungsfreiheit des Verordnungsgebers, 1989, 34

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S.78.

39 Norbert Achterberg, Allgemeines Verwaltungsrecht, 1988, S. 91; Fritz Ossenbühl, Rechtsquellen und Rechtsbindungen der Verwaltung, in: Erichsen (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 11 Aufl. 1998, § 6 RN 22. 40 Vgl. Kai Habermehl, Polizei- und Ordnungsrecht, 2. Aufl. 1993, RN 358 u. 363; Klaus Vogel, in: DrewsIWackeNoge\/Martens, Gefahrenabwehr, 9. Aufl. 1986, S. 498 f. 41 Art. 64 I BerI.Verf.: Senat und Senatsmitglieder. 42 Art. 124 BremVerf.: Senat. 43 Art. 53 HambVerf.: Senat. 44 Art. 118 HessVerf.: Landesregierung. 45 Art. 43 I Nds Verf.:· Landesregierung, Ministerien, andere Behörden.

2 Schwanengel

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Bereich hinausgehende Ennächtigung ausschließen will. 46 Auch die Möglichkeit der Subdelegation hat in den einzelnen Landesverfassungen eine unterschiedliche Ausgestaltung erfahren. Während sich einige Verfassungen an Art. 80 I S. 4 GG orientieren und Befugnis sowie Form der Weiterubertragung regeln47 , sehen andere Verfassungen dem Wortlaut nach diese Möglichkeit nicht vol 8 • In der Literatur wird jedoch die Auffassung vertreten, daß eine Subdelegation zulässig ist, soweit eine solche Möglichkeit als Akt rechtsetzender Gewalt in der Ennächtigungsnorm enthalten ist und als Kompetenzveränderung durch Rechtsverordnung selbst erfolgt.49 Problematisch erscheint dies vor allem hinsichtlich der Regelung des Art. 64 I BerlVerf., die den Kreis der (Erst-)Delegatare mit Senat und Senatsmitglied abschließend festlegt und somit die Schlußfolgerung nahelegt, daß eine Weiterubertragung der Rechtsetzungsbefugnis durch den Gesetzgeber unzulässig ist.

3. Das Bestimmtheitsgebot und der Konkretisierungsgrad der Ermächtigungsdirektiven Dem Wortlaut des Art. 80 I S. 2 GG nach müssen "Inhalt, Zweck und Ausmaß" der erteilten Ennächtigung im Gesetz hinreichend bestimmt sein. Als ,,Delegationsfilter,,50 soll das Bestimmtheitsgebot vor allem eine blankettartige Übertragung von Rechtsetzungsbefugnissen auf die Exekutive im Sinne sogenannter "Ennächtigungsgesetze" verhindern. 51 Die Trias dieses Konkretisierungspostulats und die Knappheit der Formulierung hat aber zu nicht unwesentlichen Interpretationsproblemen gefiihrt. Ein erster Blick in die Rechtsprechung 46 Vgl. Lothar Hagebölling, Niedersächsische Verfassung - Kommentar, 1996, Art. 80 Anm. 2, der darin offensichtlich eine erschöpfende Aufzählung sieht, was den Verordnungserlaß durch einen Einzelminister auf den Weg der Subde\egation verweist, es sei denn man folgt einer seinerzeit zur WRV vertretenen Auslegung, wonach der Begriff "Regierung" i.S. von Ermächtigungen nicht mit dem "Kollegium" gleichzusetzen war (RGZ 112, 10). 47 Art. 80 S. 4 BrandVerf.; Art. 53 11 S. 2 HambVerf.; Art. 57 11 M-VVerf.; Art. 43 11 S. 2 NdsVerf.; Art. 70 S. 4 NWVerf.; Art. 110 I S. 4 RhPfVerf.; Art. 104 I S. 4 SaarlVerf.; Art. 79 11 SaAnhVerf.; Art. 38 11 SchIHVerf.; Art. 8411 ThürVerf. 48 Vgl. Art. 61 BaWüVerf.; Art. 55 Nr. 2 BayVerf.; Art. 64 I BeriVerf.; Art. 124 BremVerf.; Art. 118 HessVerf.; Art. 75 I SächsVerf. 49 Theodor Meder, Die Verfassung des Freistaates Bayern-Handkommentar, 4. Aufl. 1992, Art. 55 Nr. 2 Sätze 2,3 RN 11; Paul Feuchte, in: Feuchte (Hrsg.), Verfassung des Landes Baden-Württemberg - Kommentar, 1987, Art. 61 RN 12. so Vgl. zum Begriff: Jörg Lücke, in: Sachs, GG-Kommentar, Art. 80 RN 3, 22. 51 Michael Nierhaus, Bonner Kommentar zum GG, Art. 80 RN 264 u. 267; Fritz Ossenbühl (FN 39), § 6 RN 16 f.; Klaus Stern (FN 9), § 38 III 3, sowie zur mangelnden Regelung der Verordnungsgebung in der WRV und deren Mißbrauch § 38 12; so auch: Jan Ziekow, Verordnungsermächtigungen mit supra- und internationalen Bezügen, JZ 1999, S. 963, 964.

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des Bundesverfassungsgerichts läßt zunächst ein widersprüchliches Bild entstehen. Einerseits spricht sich das Gericht für eine strenge Interpretation aus, da es Aufgabe des Bestinuntheitsgebots sei, die Modiflzierung des Gewaltenteilungsprinzips in Grenzen zu halten und die Rechtsetzung durch Legislative und Exekutive in rechtsstaatlich gebotener Klarheit voneinander abzugrenzen. 52 Vor allem für den Normadressaten müsse vorhersehbar sein, in welchen Fallgruppen, mit welcher Tendenz und mit welchem Inhalt der Verordnungsgeber tätig wird. 53 Demgegenüber tritt das Gericht vor dem Hintergrund des dem Verordnungsgeber eingeräumten Beurteilungsspielraums54 für großzügige Auslegung55 ein und erachtet es als ausreichend, wenn eine Ermächtigung nur "hinreichend" bestimmt ist. 56 Auch die Interpretationsprinzipien, die in Anlehnung an die Entscheidungspraxis des Bundesverfassungsgerichts als Orientierungsformeln in der Literatur entwickelt wurden57 , sind letztlich Ausdruck eines an unterschiedliche Voraussetzungen geknüpften Anforderungsproflls und des Versuchs, die Akzentverschiebungen der Rechtsprechung zu systematisieren. 58 Nach der sogenannten "Selbstentscheidungsformel", die Ausdruck der im Demokratie- und Gewaltenteilungsprinzip angelegten Forderung ist, daß Rechtsverordnungen abgeleitete Rechtsquellen einer delegierten Rechtsetzungsmacht sind und deshalb nur eine partielle und keine selbständige Übertragung von Rechtsetzungsgewalt auf die Exekutive erlauben, muß der Gesetzgeber "selbst die Entscheidung treffen, daß bestinunte Fragen geregelt werden sollen, er muß die Grenzen einer solchen Regelung festsetzen und angeben, welchem Ziel die Regelung dienen soll,,59. Die sogenannte ,,Programrnformel" fordert in Anlehnung an die Gesetzesbindung auch der rechtsetzenden Exekutive, daß der Gesetzgeber "der ermächtigten Stelle ein ,Programm' an die Hand geben" und "die Grenzen der zu schaffenden Regelung festsetzen und angeben (muß), welchem Ziel die Regelung 52

BVerfDE 4,24,46; 23, 62, 73; 41, 251; 266.

53 BVerfDE 42, 374, 387. 54 BVerfDE 38, 348, 363.

55 Vor allem hat es das Gericht rur ausreichend erachtet, wenn die Reichweite der Rechtsetzungsmacht durch Auslegung ermittelt wird; vgl. BVerfDE 26, 16,27. 56 BVerfDE 8, 274, 312; 24, 155, 167; 26, 228,241. Damit ist das Gericht nicht mehr weit von der Feststellung entfernt, daß die Verordnungsermächtigung nur "ausreichend" bestimmt sein muß, eine Formulierung die die Väter des Grundgesetzes als "nichtssagenden Kautschukbegrifl" verworfen hatten; vgl. JÖR, Bd. I (1951), S. 594. 57 V gl. Horst Hasskarl, Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG, AÖR Bd. 94 (1969), S. 85 ff. 58 Michael Nierhaus, Bonner Kommentar zum GG, Art. 80 RN 269; zurückgehend auf: Bernhard WoljJ. Die Ermächtigung zum Erlaß von Rechtsverordnungen nach dem Grundgesetz, AÖR Bd. 78 (1952/53), S. 194,198. 59 BVerfDE 2, 307, 334; so auch: BVerfDE 23, 62, 72; Bernhard WolfJ (FN 58), S. 198; Horst Hasskarl (FN 57) S. 88.

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dienen SOIl"6O. Sie umschreibt damit anschaulich den ,,Konkretisierungsgedanken,,61 des Bestimmtheitsgebots, wonach das Gesetz kraft verbindlich vorentschiedenen Entscheidungsprogranuns dem Verordnungs geber die Entscheidungsausgestaltung überläßt. Die sogenannte "Vorhersehbarkeitsfonnel" schließlich formuliert die Anforderungen an die Bestimmtheit der Ermächtigung aus der Sicht der möglichen Adressaten der zu erlassenden Verordnung. Für sie müsse vorhersehbar sein, "in welchen Fällen und mit welcher Tendenz von ihr Gebrauch gemacht wird und welchen Inhalt die aufgrund der Ermächtigung erlassenen Verordnungen haben können,,62. Während das Gericht in einer ersten Phase in relativ strikter Auslegung des Art. 80 GG die Selbstentscheidungs- und Vorhersehbarkeitsformel betonte, rückte es später mit einer gewissen Relativierung des Ausdrücklichkeitserfordernisses die Programmformel in den Mittelpunkt, die den Spielraum des Verordnungs gebers tendenziell erweiterte. Dies brachte der Rechtsprechung die Kritik ein, daß sie angesichts der fast beliebigen Austauschbarkeit der skizzierten Formeln uneinheitlich, schwankend und teilweise widersprüchlich gewesen sei. 63 Auch eine sorgfältige Analyse der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts könne nicht an dem Urteil vorbeifUhren, daß die Entscheidungen zur Bestimmtheit schlechterdings nicht vorhersehbar sind. 64 Außerdem zeigte sich, daß eine allgemeingültige Antwort zu den Anforderungen des Konkretisierungspostulats der Natur der Sache nach nicht möglich war. In einer dritten Phase hat das Gericht deshalb in Übereinstimmung mit seiner Rechtsprechung zum Gesetzesvorbehalt auf die Intensität der Auswirkungen der Regelung für die Betroffenen und die Komplexität und Eigenart der Regelungsmaterie abgestellt. 65 Der Grad der jeweils zu fordernden Bestimmtheit hängt hinsichtlich der Regelungsmaterie insbesondere davon ab, "in welchem Umfang der zu regelnde Sachbereich einer genauen begrifflichen Umschreibung überhaupt zugänglich ist,,66, so daß "ausreichend Raum für eine sachgerechte und situationsbezogene Lösung bei der Abgrenzung von legislativen und exekutiven Kompetenzen"

60 BVerfGE 18, 52, 62; so auch: BVerfGE 38, 61, 84; Bernhard WolfJ (FN 58), S. 197; Horst Hasskarl (FN 57) S. 89. 61 Bernhard Busch. Das Verhältnis von Art. 80 Abs. I S. 2 GG zum Gesetzes- und Parlamentsvorbehalt, 1992, S. 136. 62 BVerfGE I, 14, LS 19; so auch: BVerfGE 38, 61, 83; Horst Hasskarl (FN 57) S.88. 63 Vgl. Brun-Otto Bryde, in: v. MünchlKunig, GG-Kommentar, Art. 80 RN 34; Horst Hasskarl (FN 57) S. 103 t1 64 Brun-Otto Bryde, in: v. MünchlKunig, GG-Kommentar, Art. 80 RN 23 mit Verweis auf: Siegfried Magiera. Allgemeine Regelungsgewalt ("Rechtsetzung zwischen Parlament und Regierung, Der Staat, Bd. 13 (1974), S. I, 18. 6s BVerfGE56,I,12f. 66 BVertDE 56, I, 13. U

)

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verbleibr. Da das Bestimmtheitsgebot zudem den Verfassungsgrundsatz des Vorbehalts des Gesetzes berührt, "der fordert, daß der Gesetzgeber die entscheidenden Grundlagen des zu regelnden Rechtsbereichs, die den Freiheitsund Gleichheitsbereich des Bürgers wesentlich betreffen, selbst festlegt und dies nicht dem Handeln der Verwaltung überläßt,,68, muß "die Bestimmtheit der Ermächtigungsnorm ... der Grundrechtsrelevanz der Regelung entsprechen, zu der ermächtigt wird. Greift die Regelung erheblich in die Rechtsstellung des Betroffenen ein, so müssen höhere Anforderungen an den Bestimmtheitsgrad der Ermächtigung gestellt werden ... ,,69. In einer ersten Differenzierungsstufe kann dabei die als "Deutlichkeitsformel" bezeichnete Klausel einen Maßstab für die gebotene enge oder weite Auslegung der Bestimmtheitsanforderungen liefern. Im Gegensatz zu den vorher genannten Formeln zielt sie sie nicht auf den Bestimmtheitsmaßstab, sondern auf die (Vor-)Frage, welche Anforderungen an die Erkennbarkeit von Inhalt, Zweck und Ausmaß der Verordnungsermächtigung zu stellen sind. Wie bei der Gesetzesinterpretation im allgemeinen genügt es dabei, daß sich die geforderte Bestimmtheit durch Auslegung aus dem ermächtigenden Gesetz insgesamt ergibt. 70 Im Lichte der fallbezogenen Interpretationsmaxime läßt sich der Rechtsprechung hinsichtlich der Einzelinterpretation der Elemente und des Maßstabs der Bestimmtheitstrias eine ,,Konkretisierungskornpensation" entnehmen. 71 So ist der Inhaltsbestimmung genüge getan, wenn die Umschreibung des Ausmaßes der Ermächtigung Rückschlüsse auf den möglichen Inhalt der Rechtsverordnung zuläßt. 72 Für die hinreichende Bestimmung des Ausmaßes der Ermächtigung wiederum ist es ausreichend, wenn sich diese aus dem Zweck der Ermächtigung ergibt. 73 Damit erweist sich der Zweck als zentrales Element der Bestimmtheitstrias, für dessen Konkretisierung die strengsten Anforderungen gelten. 74 Seine Verortung im ermächtigenden Gesetz verhindert, daß der VerordBVerfDE 58, 257, 278. BVerfDE 56, I, 13. 69 BVerfDE 58, 257, 278. 70 BVerfDE 80, 1,21; vgl. dazu: Gunnar Folke Schuppert. Casebook Verfassungsrecht, 3. Aufl., 1996, S. 600; Michael Nierhaus. Bonner Kommentar zum GG, Art. 80 RN 276, Brun-Otto Bryde, in: v. MünchlKunig, GG-Kommentar, Art. 80 RN 22, die hier zwischen der l. Deutlichkeitsformel (BVerfDE 2, 307, 334 f.: ausdrückliche Erkennbarkeit aus der Ermächtigungsnorm) und der 2. Deutlichkeitsforme1 (BVerfDE 7, 267,273 ff.: verfassungskonforme Auslegung) unterscheiden. 71 Man/red Lepa (FN I), S. 345 f. 72 BVerfDE 20, 257, 269; 23, 62, 72. 73 BVerfDE 20, 296, 306; 40,196,230. 74 Brun-Otto Bryde, in: v. MünchlKunig, GG-Kommentar, Art. 80 RN 22; Michael Nierhaus. Bonner Kommentar zum GG, Art. 80 RN 278; Michael HojJmann. Verfassungsrechtliche Anforderungen an Rechtsverordnungen zur Produktverantwortung nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, DVBI. 1996, S. 347, 349. 67

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nungsgeber ein eigenständiges Nonnprogramm verfolgt. In quantitativer Hinsicht begrenzt er den Entscheidungs- und Gestaltungsspielrawn des Verordnungsgebers und erfaßt damit auch das Ausmaß der Ermächtigung. In qualitativer Hinsicht umschreibt er thematisch den Gegenstand beziehungsweise das Sachgebiet der Verordnung, weshalb aus dem vorgegeben Zweck auch einigermaßen deutlich auf die Inhaltsbestimmung geschlossen werden kann. Will man die Anforderungen der Rechtsprechung an eine Verordnungsermächtigung systematisierend zusammenfassen, so muß sich der Gesetzgeber in Anlehnung an die Trias von Selbstentscheidungs-, Programm- und Vorhersehbarkeitsformel zunächst Klarheit darüber verschaffen, welche Fragen er selbst zu entscheiden hat, wn auf dieser Grundlage dem Verordnungsgeber ein solches Programm vorzugeben, das erkennen läßt, was gegenüber dem Bürger zulässig sein soll. Hinsichtlich dieser Erkennbarkeit muß die Delegationsbefugnis eine hinreichende, gegebenenfalls durch Auslegung ermittelbare Bestimmtheit des Zwecks der Ermächtigung enthalten, deren Erfordernisse nicht allgemein und einheitlich umschrieben werden können, sondern eines Rückgriff auf die Besonderheiten der jeweiligen Regelungsmaterie sowie der Intensität der intendierten Maßnahme bedürfen. 75 Das Bundesverfassungsgericht resümiert dazu: "Nach dem Rechtsstaatsprinzip müssen Vorschriften so bestimmt abgefaßt sein, wies dies nach der Eigenart der zu ordnenden Sachverhalte und mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist. Auslegungsbedürftigkeit macht eine Norm nicht unbestimmt. ,,76 Diese Anforderungen an die Bestimmtheit der gesetzlichen Ermächtigungsnorm sind nicht in allen Landesverfassungen vorgesehen. So enthalten die Verfassungen von Bayern77, Bremen78 und Hessen79 keine dem Art. 80 I S. 2 GG vergleichbare Vorschrift. Neben dem Verzicht auf die Bestimmtheitstrias kennen die Verfassungsbestimmungen keine Einzelermächtigung zum Erlaß von Rechtsverordnungen. Vielmehr werden Landesregierung beziehungsweise Senat durch die Landesverfassung selbst zum Erlaß entsprechender Normen ermächtigen, soweit dies zur Ausfiihrung der Gesetze erforderlich ist. Diese Ermächtigung zu sogenannten ,,Ausfiihrungsverordnungen" verstößt nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts nicht gegen das Homogenitätsgebot des Grund-

75 So auch: Michael Nierhaus, Bestimmtheitsgebot und Delegationsverbot des Art. 80 Abs. I Satz 2 GG und der Gesetzesvorbehalt der Wesentlichkeitstheorie, in: Burrneister (Hrsg.), Verfassungsstaatlichkeit - Festschrift für Klaus Stern, 1997, S. 717, 723; Guy Beaucamo, Rechtsprobleme beim Erlaß einer Verordnung nach dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz, JA 1999, S. 39, 39 f. 76 BVerfGE 89, 69, 84 f. 77 Art. 55 Nr. 2 BayVerf. 78 Art. 124 BremVerf. 79 Art. 118 HessVerf.

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gesetzes80, da sich ihr Inhalt wesentlich von ,,nonnalen" Rechtsverordnungen unterscheidet. 81 Sie müssen sich darauf beschränken, den durch das Gesetz bereits festgelegten Rahmen auszufüllen, und können den Inhalt des Gesetzes nur differenzieren, spezialisieren und detaillieren. Sie bringen demgemäß keinen originären Gestaltungswillen des Verordnungsgebers zum Ausdruck, sondern entwickeln nur den des Gesetzgebers weiter. 82 Demgegenüber enthalten die Bestimmungen des Art. 61 II BaWüVerf. und Art. 110 II RhPfVerf. keine generelle Befugnis zum Erlaß von Ausführungs- und Durchführungsverordnungen, sondern statuieren aufgrund ihres systematischen Zusammenhangs nur eine formelle Zuständigkeitsregelung, was sich aus dem in Abs. 1 enthaltenen Bestimmtheitserfordemis ergibt. 83 Für Rechtsverordnungen, die über den Rahmen von Ausführungsverordnungen hinausgehen, enthält Art. 55 Nr. 2 S. 3 BayVerf. zumindest das Gebot gesetzlicher Einzelermächtigung und Art. 118 HessVerf. das Verbot vollständiger oder teilweiser Übertragung von Gesetzgebungsgewalt. Gleichwohl bleiben diese Anforderungen hinter denen des Art. 80 I S. 2 GG zurück, so daß sich die Frage einer analogen Anwendung der Vorschriften des Art. 80 I S. 2 GG stellt. Während für einen Teil der Literatur eine analoge Anwendung über Art. 28 I GG nicht in Betracht kommt, weil auch die Exekutive demokratisch legitimiert sei und auch das Bestimmtheitsgebot nur eine Form der Konkretisierung des Gewaltenteilungsprinzips darstelle 84 , verweisen andere Stimmen darauf, daß Art. 80 I S. 2 GG eine unverzichtbare Konkretisierung des Rechtsstaatsprinzips ist, weshalb auch für Verordnungsermächtigungen aufgrund von Landesrecht Inhalt, Zweck und Ausmaß genau bestimmt sein müssen85 • Auch für das Bundesverfassungsgericht stellt das in Art. 80 I S. 2 GG kodiftzierte Gebot hinreichender Bestimmtheit von Gesetzen, die zum Erlaß von Rechtsverordnungen ermächtigen, eine Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips dar. Aus diesem Grund ist "dieser aus dem rechtsstaatlichen und demokratischen Verfassungssystem

BVerfGE 34, 52, LS 1. Vgl. insofern die Unterscheidung in Art. 55 Nr. 2 S. 2 u. 3 BayVerf. und Art. 107 und 118 HessVerf. 82 Vgl. Theodor Meder (FN 49) Art. 55 Nr.2 Sätze 2, 3 RN 8; Heinzgeorg Neumann, Die Verfassung der Freien Hansestadt Bremen - Kommentar, 1996, Art. 124 RN 2 f. 83 Paul Feuchte (FN 49), Art. 61 RN 14 ff.; Daniela Franke, in: GrimmlCaesar (Hrsg.), Verfassung rur Rheinland-Pfalz - Kommentar, 2001, Art. 110 RN 27; sowie zur historischen Auslegung des Art. 110 RhPfVerf. a.F. Adolf SüsterhenniHans Schäfer, Kommentar der Verfassung rur Rheinland-Pfalz, 1950, Art. 110 Anm. 2 b. 84 Brun-Otto Bryde, in: v. MünchlKunig, GG-Kommentar, Art. 80 RN 2; Bruno Schmidt-BleibtreulFranz Klein, GG-Kommentar, Art. 80 RN 3. 8S Dieter Wilke, in: v. MangoldtIKlein, GG-Kommentar, Art. 80 Anm. VIII I; Albert v. Mutius, Gilt Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG auch fiir den Landesgesetzgeber?, VerwArch Bd. 62 (1971), S. 410 ff. m.w.N. 80 81

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folgende Grundsatz ... auch fiir die Landesgesetzgebung verbindlich,,86. Auf dem Gebiet der Rechtsetzung fmdet sich im Verhältnis von parlamentarischem Gesetz und exekutiver Rechtsverordnung gerade ein Paradebeispiel fiir FunktionsteiIung und funktionelle Kooperation. Über die Ermächtigungsanforderungen des Art. 80 I S. 2 GG und das darin enthaltene Erfordernis hinreichend bestimmter Ermächtigung wird der Einfluß des Parlaments auf die exekutive Verordnungsgewalt gesichert und gleichzeitig garantiert, daß die Funktionsteilung nicht einseitig zu Lasten des Parlaments ausfallt, weshalb die Ermächtigungsregelung im Grunde nur diesen verfassungsrechtlich zwingenden Grundsatz nachvollzieht und ausgestaltet. Auch der Verzicht auf das Bestimmtheitserfordernis ändert daran nichts Prinzipielles. Das Prinzip des unantastbaren Kernbereichs parlamentarischer Legislativzuständigkeit erzwingt nicht nur einen kompetentiellen Nachrang exekutiver Verordnungsmacht, sondern bindet diese inhaltlich an die ermächtigende oder vorrangige parlamentarische Rechtsetzungsmacht. Somit geht es nicht um einen Rückgriff auf die Ermächtigungserfordernisse des Art. 80 I S. 2 GG durch deren Einbeziehung in den Homogenitätsbereich des Art. 28 I S. 1 GG, was im übrigen zur Nichtigkeit davon abweichender landesverfassungsrechtlicher Ermächtigungen fUhren würde 87 ; der Kern des Ermächtigungsvorbehalts ist vielmehr bereits unmittelbarer Ausfluß des allgemeinen Gesetzesvorbehalts88 .

III. Die mangelnde Präzision einer gesetzlichen Vorprogrammierung des Verordnungsgebers Die Rechtsverordnung ist nach traditioneller Auffassung im gewaltengeteiIten Rechtsstaat das maßgebliche Handlungsinstrument, mit dem die Regierung in einem arbeitsteiligen Prozeß detaillierte Normsetzungsaufgaben zum Zwecke der Entlastung des Gesetzgebers und der Anwendung gesetzlicher Bestimmungen erläßt. Diese Auffassung von der Verordnung als einem eher technischen Instrument zur Umsetzung legislativer Entscheidungen gerät zunehmend unter Druck, beachtet man das Ausmaß, in dem die Regierung im Rahmen der Verordnungsgebung divergierende Interessen und Rechtsgüter gewichtet und politisch gestaltet. 89 Das gesteigerte Flexibilitätserfordernis und die ungewöhnliche Vielgestaltigkeit der zu regelnden Materien offenbaren zugleich die Schwächen einer durch das Kriterium der "Wesentlichkeit" modifIzierten Lehre vom Vorbehalt des Ge86 BVerfGE 58, 257, 277; so auch: BVerfGE 33, 44, 49; 34, 52, 58 ff.; 41, 251, 265 f. 87 Vgl. Albert v. Mutius (FN 85), S. 413. 88 Rupert ScholziHans Bismark (FN 6), S. 102. 89 Armin v. Bogdandy, Gubemative Rechtsetzung, 2000, S. 416.

III. Defizite gesetzlicher Vorprogranuruerung

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setzes. 90 Während aus dem allgemeinen Gesetzesvorbehalt folgt, welche Regelungen überhaupt einer materiell-rechtlichen Normierung bedürfen91 , bestimmt der am Wesentlichkeitskriterium orientierte Parlamentsvorbehalt die Entscheidungen, die einer Vorprogrammierung durch parlamentsgesetzliche Regelungen unterliegen92 • Inhaltlich wird mit dem Wesentlichkeitskriterium, das den demo'kratischen und rechtsstaatlichen Begründungsansatz verbindet, der Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes über den herkönunlichen Anwendungsbereich des Grundrechtseingriffs ausgedehnt und umfaßt nach dem Verständnis des Bundesverfassungsgerichts sämtliche grundrechtsrelevanten Bereiche. 93 Der um ein Delegationsverbot verschärfte Parlamentsvorbehalt wirft demnach nicht nur die Frage auf, welche Materien durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes geregelt werden müssen, sondern auch, in welcher Verdichtung dies im Verhältnis zur Exekutive durch den Gesetzgeber selbst zu erfolgen hat. 94 Allerdings erweist sich die Wesentlichkeit nicht als konkreter Begriff, sondern als eine Art "Gleitformel,,95, die Präzisierung und Konturierung vermissen läßt, was Schwierigkeiten bei der Abgrenzung legislativer und exekutiver Regelungsbereiche gleichsam impliziert96 . SignifIkanter Ausdruck dessen ist die seit Jahren schwelende Auseinandersetzung um eine eigenständige Bedeutung des Parlamentsvorbehalts neben dem delegationsrechtlichen Bestimmtheitsgebot, die maßgeblich auf die wechselvolle und in ihrer dogmatischen Struktur selten eindeutige Entscheidungspraxis des Bundesverfassungsgerichts zuruckzufiihren ist. 97 Dabei hat das Gericht seine 90 Gunter Kisker, Zulässigkeit und Konsequenzen einer Mitwirkung des Parlaments beim Erlaß von Rechtsverordnungen, in: Schule im Rechtsstaat, Bd. 11, Gutachten für die Kommission Schulrecht des DJT, 1980, S. 9, 18 f.; vgl. auch: Vieter Umbach, Das Wesentliche an der Wesentlichkeitstheorie, in: ZeidlerlMaunVRoellecke (Hrsg.), Festschrift für Hans-Joachim Faller, 1984, S. 111, 116 fT., mit einer Darstellung zum Gang der Rechtsprechung. 91 Vgl. BVerfGE 20,150,157 f.; 69, 1,41. 92 Hans-Uwe Erichsen, Geltung und Reichweite von Gesetzes- und Parlamentsvorbehalt, VerwArch. Bd. 67 (1976), S. 93, 97; Jost Pietzcker, Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes, JuS 1979, S. 710,712. 93 Ansätze in: BVerfGE 33, 1, 10 f.; 33, 125, 158 f; 33, 303, 337 f.; konkretisiert im Schulverhältnis: BVerfGE 34, 165, 192 f.; 41, 251, 259 f; 45, 400, 417 f; 47, 46, 78 f.; 58,257,268. 94 Michael Nierhaus (FN 75), S. 719. 9S Hartmut Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 13. Aufl., 2000, § 6 RN 11. 96 Dieter Umbach (FN 90), S. 122 f. 97 Vgl. Arnd Uhle, Parlament und Rechtsverordnung, 1999, S. 324 fT.; Thomas v. Danwitz (FN 38), S. 87 f.; Bernhard Busch (FN 61), S. 114 fT.; Michael Nierhaus (FN 75), S. 718; ders., Bonner Kommentar zum GG, Art. 80 RN 95 fT.; Wolfram Cremer, Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG und Parlamentsvorbehalt - Dogmatische Unbestimmtheiten in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, AÖR Bd. 122 (1997), S. 248, 249; Ulrich M. Gassner, Parlamentsvorbehalt und Bestimmtheitsgrundsatz, DÖV 1996, S. 18, 19 f.

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A. Verordnungsrecht als derivative Befugnis

frühe Tugend, sich ausschließlich an den grundgesetzlichen Bestirnrntheitsvorgaben zu orientieren, bald aufgegeben und ist im Zuge seiner Wesentlichkeitsrechtsprechung zusehends den Weg einer Separierung des Gesetzesvorbehalts vom delegationsrechtlichen Bestirnrntheitsgebots gegangen, in dessen Ergebnis der delegationsfeindliche Parlamentsvorbehalt die Vorreiterrolle übemahm. 98 Da diese Entwicklung indes nicht linear verlief, können sich die unterschiedlichen Grundpositionen in der Literatur alle auf ausgewählte Urteile stützen, so daß auch diese ein buntscheckiges Bild voller Unklarheiten bietet. 99 Während ein Teil des Schrifttums die Auffassung vertritt, daß der Bestimmtheitsgrundsatz den Parlamentsvorbehalt im Verhältnis von Gesetz und Verordnung als Sonderregelung verdrängt und selbst das normative Regulativ fiir die verfassungsmäßig gebotene Regelungsdichte abgibt loo , favorisiert ein anderer Teil die Ansicht, daß zwischen vorbehaltsrechtlichem Delegationsverbot und Bestirnrntheitserfordernis zu differenzieren sei 101, wobei die mehr oder weniger deutliche Bezugnahme auf den Wesentlichkeitsgedanken das Rückgrat dieser Auseinandersetzung bildet. 102 Nach der ,,Aliud-Theorie" 103 liegt es auf der Ebene des Parlamentsvorbehalts, "ob" eine Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen überhaupt zulässig ist, während das Bestirnrntheitsgebot der Verordnungsermächtigung die Frage zu beantworten hat, "wie" die inhaltliche Ausgestaltung prinzipiell zulässiger Delegation zu erfolgen hat. 104 98 Vgl. zum Gang der Rechtsprechung: Michael Nierhaus (FN 75), S. 720 ff.; ders., Bonner Kommentar zum GG, Art. 80 RN 96 ff.; Wolfgang Cremer (FN 97), S. 255 ff. 99 Michael Nierhaus (FN 75), S. 720; Thomas v. Danwitz (FN 38), S. 86; Michael Kloepfer, Der Vorbehalt des Gesetzes im Wandel, JZ 1984, S. 685, 692 f. 100 Thomas v. Danwitz (FN 38), S. 93; Ulrich M. Gassner (FN 97), S. 23 f.; Dieter Wilke, Anmerkung zu BVerfD, Beschluß vom 20.10.1981, JZ 1982, S. 758, 759; BrunOtto Bryde, in: v. MünchlKunig, GG-Kommentar, Art. 80 RN 21. 101 Arnd Uhle (FN 97), S. 327 f.; Georg Nolte, Ermächtigung der Exekutive zu Rechtsetzung, AÖR Bd. 118 (1993), S. 378,400 f.; im Ergebnis auch: Bernhard Busch (FN 61), S. 132 f., der den Bestimmtheitsgrundsatz zwar als eine den Parlamentsvorbehalt im Verhältnis von Gesetz und Verordnung verdrängende SonderregeIung begreift, dies aber auf einem "Stufenverhältnis" von Gesetz- und Parlamentsvorbehalt aufbaut, das im Hinblick auf das Wesentlichkeitskriterium eine Abgrenzung auf höherem Niveau erfordere. 102 Vgl. zu den beiden Grundauffassungen in der Literatur, jeweils m.w.N.: Wolfgang Cremer (FN 97), S. 251 ff.; Ulrich M. Gassner (FN 97), S. 21, der dabei zwischen einer reduktionistischen und einer substitutiven Ansicht differenziert; Michael Nierhaus (FN 75), S. 720 u. 725 ff.; ders., Bonner Kommentar zum GG, Art. 80 RN 93 u. 117 ff., der insofern vier Theorien unterscheidet (Identitätslehre, Aliud-Theorie, Stufen- und Sonderregelungstheorie sowie Ausprägungs- und Integrationstheorie). 103 Zurückgehend auf: Jürgen Staupe, Parlamentsvorbehalt und Delegationsbefugnis: Zur "Wesentlichkeitstheorie" und zur Reichweite legislativer RegeIungskompetenz, insbesondere im Schulrecht, 1986, S. 142 ff. 104 Basierend auf: BVerfDE 58, 257, 274 ff.; vgl. auch Darstellungen bei: Bernhard Busch (FN 61), S. 119; Michael Nierhaus, Bonner Kommentar zum GG, Art. 80 RN

III. Defizite gesetzlicher Vorprogrammierung

27

Unabhängig von der Frage, ob die Notwendigkeit eigener Entscheidung des Gesetzgebers analytisch von der Bestimmtheit der Verordnungsennächtigung getrepnt werden kann lOS, gehen beide Rechtsinstitute hinsichtlich ihrer kompetenzwahrenden Funktion von einer identischen Zielsetzung aus. Folgt man der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts, wonach auch der Bestimmtheitsgrundsatz im Lichte des Gesetzesvorbehalts und seiner Auslegung und damit im Zusammenhang mit der vom Gericht entwickelten Wesentlichkeitstheorie interpretiert werden muß lO6 , macht es keinen Unterschied, ob die gesetzliche Regelungspflicht für wesentliche Sachfragen insoweit aus der Notwendigkeit parlamentarischer Selbstentscheidung im Sinne des Bestimmtheitsgebots oder dem Erfordernis parlamentarischer Leitentscheidung im Sinne des Parlamentsvorbehalts deduziert wird. 107 Da das in beiden Fällen entscheidende Kriterium der "Wesentlichkeit" aber angesichts seiner inhaltlichen Unbestimmtheit in einem gewissen Dunkel verbleibt, resultieren daraus auch Schwierigkeiten bei seiner konkretisierenden Anwendung im Bereich exekutiver Rechtsetzung. Ein Beharren auf gesetzlicher Vorprogramrnierung erscheint eben unzweckmäßig, wenn die Grenze der "Wesentlichkeit" angesichts stufenloser Kriterien unklar ist und keine eindeutig differenzierende Antwort erlaubt, wann eine formell-gesetzliche Regelung verfassungsrechtlich unabdingbar notwendig ist. Ein Beispiel dafür ist die Normierung curricualer Entscheidungen im Schulrecht, wo die Frage zu beantworten ist, ob die gesetzliche Festlegung allgemeiner Erziehungs- und Lernziele dem Parlamentsvorbehalt genügt, oder das Parlament die Grundzüge eines Schulfachs festzulegen hat. 108 Die Schwierigkeiten spiegeln sich auch in der inneren Widersprüchlichkeit der Judikatur. Neben der Grundrechtsrelevanz hat das Gericht auch auf eine organisationsrechtliche Betrachtung und die sachliche Bedeutung einer Regelungsmaterie abgestellt l09 , so daß neben dem Bestimmtheitsgebot auch die Vorbehaltsfrage in ebenso bereichsspezifischer wie enger Anlehnung an vorhandene Normierungen zu beantworten ist. 110 Auf das Kriterium 122 t1; Ulrich M. Gassner (FN 97), S. 21; Wolfgang Cremer (FN 97), S. 255; was zu einer erstaunlichen Doppelprüfung des Wesentlichkeitskriteriums führt. lOS Brun-Otto Bryde, in: v. MünchlKunig, GG-Kommentar, Art. 80 RN 21. 106 BVerfGE 49,89, 127; 58,257,278. 107 Thomas v. Danwitz (FN 38), S. 92. 108 Vgl. zum Beispiel der Sexualkunde BVerfGE 47, 46,83. Das Problem tritt immer wieder bei der Aufnahme neuer Fächer auf; vgl. dazu: Thomas Oppermann. Nach welchen rechtlichen Grundsätzen sind das Schulwesen und die Stellung der in ihm Beteiligten zu ordnen?, Gutachten zum 51. DJT, Bd. 11976, S. Cl, C 61 m.w.N. Das BVerwG (E 108, 355, 358) hat daraus den Schluß gezogen, daß sich der Gesetzgeber bei wichtigen, aber altüberkommenen Fragen mit groben Festlegungen begnügen darf und erst Abweichungen davon die Frage "wesentlich" machen. 109 BVerfGE 49,89, 126 f. 110 Eberhard Schmidt-Aßmann (FN 9), § 24 RN 64.

A. Verordnungsrecht als derivative Befugnis

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der "Intensität der Grundrechtsbetroffenheit" kann deshalb nur zur präzisierenden Konturierung zurückgegriffen werden, so daß die "Wesentlichkeit" einer Entscheidung nur durch die Zusammenschau einer Vielzahl rechtlicher Erwägungen wertend und abwägend bestinunt werden kann. Deutlich wird dieses Dilenuna anband der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, das ebenso alle wesentlichen Entscheidungen dem Vorbehalt des formellen Gesetzes unterstellt lll , zugleich aber vor den Gefahren einer zu weitgehenden Vergesetzlichung warnt ll2, so daß die Verpflichtung des Gesetzgebers, in den grundrechtsrelevanten Bereichen die wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen, nur bedeute, daß die Grundzüge der beabsichtigten Regelung formell-gesetzlich bestinunt werden müßten ll3 . Insofern erscheint die Auseinandersetzung um Identität oder Unterscheidbarkeit von Parlamentsvorbehalt und Bestinuntheitsgebot als ein Kampf an falscher Front. Während die Trennungstheorie den Versuch unterninunt, den Anwendungsbereich des Parlamentsvorbehalts zu Lasten des Bestinuntheitsgrundsatzes auszudehnen" 4, betrachtet die Identitätstheorie beide als funktionelle Einheit, in deren Rahmen das Bestinuntheitsgebot als Ausprägungll5 oder Legitimationsgrund 116 des Wesentlichkeitspostulats das verfassungsunmittelbare Regulativ gebotener Regelungsdichte abgibt ll7 . Damit unternehmen aber beide Theorien den Versuch, die fallbezogene Konkretisierung des delegationsrechtlichen Anforderungsprofils durch ein vages Wesentlichkeitskriterium zu ersetzen 118, in

BVerwGE 47, 201, 205. BVerwGE 56, 155, 160. 1\3 BVerwGE 57, 360, 363 f. 114 Nach der ,,Aliud-Theorie" ist der von der Wesentlichkeitstheorie konstituierte ParlarnentsvorbehaIt dem Bestimmtheitserfordernis der Verordnungsermächtigung logisch vorgeschaltet; vgl. Jürgen Staupe (FN 103), S. 148. m U1rich Ramsauer. AK zum GG, Art.80 RN 29. 116 Michael Nierhaus. Bonner Kommentar zum GG, Art. 80 RN 134. 117 So: Ulrich M. Gassner (FN 97), S. 25, mit Verweis auf die unlösbaren Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen demokratischem ParlarnentsvorbehaIt und rechtsstaatlichem Bestimmtheitsgebot. 118 Signifikanter Ausdruck dessen ist die Tatsache, daß die verschiedenen Theorien oft nur als Spielarten unterschiedlicher Begründungsakzente erscheinen; vgl. dazu: Michael Nierhaus. Bonner Kommentar zum GG, Art. 80 RN 93. So geht auch die Integrationstheorie von einem zweistufigen PTÜfungsauftrag aus und unterscheidet zwischen einem materiellen PTÜfungsmaßstab unter HerarlZiehung der Wesentlichkeitstheorie und sich daraus ergebenden Deutlichkeitsanforderungen (Ulrich Ramsauer. AK zum GG, Art. 80 RN 55 ff.), was eine deutliche Affinität zur Aliud-Theorie aufweist (vgl. Jürgen Staupe (FN 103), S. 141). Vgl. auch: Bernhard Busch (FN 61), S. 113 ff., dessen dogmatisch ziseliertes Theoriengebäude sowohl der Trennungs- als auch der Indentitätslehre zugeordnet wird, was auf der Kemthese des unterschiedlichen Gehalts beider Delegationsbegrenzungen beruht; dazu: Wolfgang Cremer (FN 97), S. 253; Arnd Uhle (FN 97), S. 324; Michael Nierhaus. RN 128. 111

112

IIl. Defizite gesetzlicher Vorprogrammierung

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dessen Ergebnis der Bereich des Gesetzesvorbehalts beträchtlich ausgeweitet wird, während auf der anderen Seite unverkennbar ist, daß die Frage angemessener Intensität zunehmend problematisch erscheint. 119 Die daraus resultierenden DefIzite gesetzlicher Vorprogrammierung des Verordnungs gebers versucht die Staatspraxis durch verschiedene Einwirkungsmöglichkeiten des Parlaments auf Bestand, Inhalt und Erlaß von Rechtsverordnungen zu kompensieren. Vor allem der Vorbehalt einer parlamentarischen Mitwirkung bei der Ausübung einer Verordnungsermächtigung ist häufIg Zeichen einer mangelnden Präzision der Ermächtigungsgrundlage, in der nicht alles "Wesentliche" vorprogrammiert zu sein scheint. Will man indes ein Fazit aus dieser facettenreichen und mit dogmatischem Konstruktionsaufwand betriebenen Designation ziehen, kann festgehalten werden, daß die Frage nach inhaltlicher Konkretisierung gesetzlicher Verordnungsermächtigungen nicht über den Funktionswandel des Gesetzesvorbehalts sondern nur über die eingangs benannten Kriterien des Bestimmtheitsmaßstabs beantwortet werden kann. 120 Das Bestimmtheitserfordernis von V erordnungserrnächtigungen ist verfassungs gesetzlicher Ausdruck der Funktionenteilung zwischen Parlament und Verordnungsgeber und der konkreten Ausformung der diese Zuordnung prägenden Verfassungsgrundsätze. Dergestalt bilden das Gebot substantieller Eigenregelung und hinreichender Bestimmtheit der Verordnungsermächtigung funktional äquivalente Instrumente einer Programmfestlegung durch den Gesetzgeber. 121 Auch wenn der Grad der Bestimmtheit von der jeweiligen Regelungsmaterie abhängt, muß das ermächtigende Gesetz so viel selbst regeln, daß dadurch der Zweck der erteilten Ermächtigung bestimmt beziehungsweise bestimmbar ist. Die antithetische Gegenüberstellung eines aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitenden Bestimmtheitsgrundsatzes und eines im Demokratieprinzip wurzelnden Parlamentsvorbehalts 122 hingegen würde einer Parlaments suprematie das Wort reden, auf die im Zusammenhang mit der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit parlamentarischer Beteiligungsvorbehalte als Kompensationsform delegationsrechtlicher Bestimmtheitserfordernisse noch näher einzugehen ist.

119 Gunter Kisker, Neue Aspekte im Streit um den Vorbehalt des Gesetzes, NJW 1977, S. 1313,1314. 120 So im Ergebnis auch: Ulrich M. Gassner (FN 97), S. 25; Michael Nierhaus (FN 75), S. 731 f.; ders., Bonner Kommentar zum GG, Art. 80 RN 134 f. 121 Brun-Otto Bryde, in: v. MünchlKunig, GG-Kommentar, Art. 80 RN 21. 122 So ausdrücklich: BVerfGE 86, 90,106.

B. Die Formen parlamentarischer Einflußnahme auf das Verordnungsrecht der Exekutive I. Die Informationspflicht der Landesregierung über geplante Verordnungsvorhaben Die Einrichtung von Mitwirkungs- und Mitentscheidungsvorbehalten zugunsten des Parlaments ist in der deutschen Verfassungsentwicklung keine Neuheit l23 und entspricht heute dem praktisch-politischen Bedürfnis nach einer zeitangemessenen Konzeption des Rechtsetzungsprozesses l24 • In Art. 80 GG ist die Frage nach der Beteiligung des Parlaments nicht geregelt. Auch die Landesverfassungen enthalten grundsätzlich keine Vorschriften über die Beteiligung der Landtage am Verordnungserlaß. Lediglich hinsichtlich der Informationspflicht zu bestimmten Verordnungsvorhaben sahen einige Verfassungsgeber die bloße Möglichkeit eines diesbezüglichen Vorbehalts des Gesetzgebers offenbar als unzureichend an und begründeten deshalb ausnahmsweise ein zwingendes Mitwirkungsgebot, ohne daß diese obligatorische Minimalbeteiligung die einfachgesetzliche Regelung stärkerer Mitwirkungsformen jedoch ausschließen sollte. So ist nach Art. 94 I BrandVerf. die Landesregierung verpflichtet, den Landtag über die Vorbereitung von Verordnungen zu unterrichten. Diese Informationspflicht ist auch in Art. 25 I NdsVerf., Art 39 I M-VVerf. und Art. 22 I SchlHVerf. enthalten, soweit es um Gegenstände von grundsätzlicher Bedeutung geht 12S • Art. 64 III BerlVerf. beinhaltet darüber hinaus eine Vorlagepflicht von Rechtsverordnungen an das Abgeordnetenhaus zur Kenntnisnahme 126 •

123 Fritz Ossenbühl, (FN 6) § 64 RN 50; Hans Schneider (FN 8) RN 233 ff.; Albert Hüser, Die Mitwirkung der gesetzgebenden Körperschaften an dem Erlaß von Rechtsverordnungen, 1978, S. 99 ff. 124 Armin v. Bogdandy (FN 89), S. 415; Michael Eis, Die Grenzen der Beteiligung privater Verbände an der Verordnungsgebung, 1999, S. 97. 125 Eine solche Unterrichtung über Verordnungsvorhaben geschieht nach Auskunft des Niedersächsischen Justizministeriums ein- bis zweimal jährlich, wenn sich der Landtag im Rahmen weitreichender Gesetzesnovellierungen ein Bild über das "Gesamtpaket" rechtlicher Regelungen machen will. 126 Art. 47 I S. 2 BeriVerf. a.F. enthielt noch einen allgemeinen Kassations- und Änderungsvorbehalt, der jedoch nie relevant wurde, weil das Abgeordnetenhaus nach einem internen Gutachten selbst davon ausging, daß eine Aufhebung oder Änderung von Rechtsverordnungen durch einfachen Parlamentsbeschluß unzulässig sei; vgl. Gero

I. Infonnationspflichten der Landesregierung

31

Der neue Art. 89 b III RhPfVerf. 127 macht es Landesregierung und Landtag zur Pflicht, in einer zu schließenden Vereinbarung über Informationsbeziehungen auch die Unterrichtung über Entwürfe von Rechtsverordnungen einzubeziehen. Die Enquete-Kommissionen "Verfassungsrefonn,,128 und ,,Parlarnentsrefonn,,129 hatten empfohlen, die Informationsansprüche des Landtags als Instrument parlamentarischer Regierungskontrolle in einem Katalog der Landesverfassung zu verankern 13o. Dabei blieb die Fonnulierung hinsichtlich der Verordnungsentwürfe bis zuletzt strittig. Während die Landesregierung ihre generelle Skepsis gegen eine Pflicht zur "frühzeitigen" Unterrichtung über "vorbereitende" Maßnahmen zum Ausdruck brachte, weil diese den Bereich ihrer internen Willensbildung beeinträchtige, blieb die Enquete-Kommission "Parlamentsrefonn" bei der Ansicht, die Informationspflichten möglichst eindeutig zu regeln. 131 Einigkeit bestand überdies in einer möglichst umfassenden Informationspflicht, die neben der Inanspruchnahme bundesrechtlicher Verordnungserrnächtigungen auch die Unterrichtung über bedeutsame Verordnungsentwürfe aufgrund von landesgesetzlichen Ermächtigungen erfassen sollte. 132 Wenn die Landesregierung nach § 12 ihrer Gemeinsamen Geschäftsordnung Anhörungen zu Verordnungsentwürfen durchfiihre, solle sie den Landtag ebenso unterrichten wie bei Gesetzentwürfen. Während die Vertreter der Opposition allerdings der Auffassung waren, die Information über Verordnungsentwürfe ausdrücklich in den enumerativen Katalog der Unterrichtungspflichten aufzunehmen, unterbreitete die Regierungsmehrheit den letztlich in die Verfassung aufgenommenen Vorschlag, diese Informationspflicht als einen Gegenstand aufzufiihren, auf den sich die Vereinbarung zwischen Landtag und Landesregierung bezieht. 133 Neben diesen ausdrücklich in der Verfassung statuierten Beteiligungsvorbehalten an der Verordnungsgebung sind auch Einwirkungen des Parlaments zu beachten, bei denen sich der Landtag auf der Grundlage seines Zitierungs- und Interpellationsrechts 134 über Verordnungsvorhaben der Landesregierung unterPfennig/Man/red Neumann, Verfassung von Berlin - Kommentar, 1978 (1. Auflage), Art. 47 RN 15; zur aktuellen Regelung: dies., 3. Aufl. 2000, Art. 64 RN 50. 127 34. Landesgesetz zur Änderung der Verfassung Rheinland-Pfalz v. 8.3.2000, GVBI. S. 65. 128 Bericht der Enquete-Kommission "Verfassungsrefonn" des Landtages RheinlandPfalz, LT-Drucks. 12/5555, S. 81 f. 129 Bericht der Enquete-Kommission "Parlamentsrefonn" des Landtages RheinlandPfalz, LT-Drucks. 13/3500, S. 39 f. 130 V gl. Amtliche Begründung zum Gesetzentwurf "Landesgesetz zur Änderung der Verfassung für Rheinland-Pfalz", LT-Drucks. 13/5066; S. 13. 131 Vgl. Enquete-Kommission "Parlamentsrefonn" (FN 129), S. 39. 132 Vgl. Amtliche Begründung zum Gesetzentwurf(FN 130), S. 13. 133 Enquete-Kommission "Parlamentsrefonn" (FN 129), S. 40. 134 Vgl. die explizite Regelung des Rechtes zur parlamentarischen Anfrage in Art. 67 ThüVerf. und Art. 53 SaAnhVerf.

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B. Fonnen parlamentarischer Einflußnahme

richten läßt und dieser ohne fonnellen Beschluß seine Einschätzung zur geplanten Regelung mitteilt. 135 So ist es nach Auskunft der Berliner Senatsverwaltung für Justiz Praxis des Abgeordnetenhauses, nach Wegfall des verfassungsrechtlichen Kassations- und Änderungsrechts in Art. 47 I S. 2 BerlVerf. a.F. die Exekutive durch eine rechtlich unverbindliche Entschließung aufzufordern, eine erlassene Rechtsverordnung zu ändern oder aufzuheben, was angesichts der Möglichkeit einer abweichenden gesetzlichen Regelung faktische Bindungswirkung entfaltet. Auch in Rheinland-Pfalz ist es Übung, Landtagsausschüsse ohne rechtliche Verpflichtung von beabsichtigten Verordnungsregelungen zu unterrichten und diesen Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Eine derartige Erörterung beabsichtigter Verordnungsregelungen erfolgte beispielsweise im Rahmen des Erlasses der juristischen Ausbildungs- und Priifungsordnung. Nach Ansicht des Justizministeriwns wird sich diese Praxis auf Grundlage des neuen Art. 89 b III RhPfVerf. noch verstärken. Unterhalb gesetzlich begründeter Mitwirkungsrechte des Parlaments ist in Hessen die durch Landtagsbeschluß begründete Vorabunterrichtung des Parlaments in Fällen beachtlich, in denen die Landesregierung auf Grundlage des § 2 Zuständigkeitsgesetzes 136 zur Durchführung von Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaften durch Rechtsverordnung öffentlich-rechtliche Aufgaben auf private Stellen übertragen will oder solche Stellen an der Durchführung dieser Aufgaben beteiligen will. In Bremen werden Entwürfe von Rechtsverordnungen häufig in die nach Art. 129 BremVerf. von der Bürgerschaft für verschiedene Verwaltungszweige eingerichteten Deputationen eingebracht, die aus Vertretern der Bürgerschaft und des Senats sowie weiteren, in die Deputationen gewählten, Vertretern nicht-staatlicher Organisationen bestehen.

11. Die Kompetenz der Landtage zum Erlaß verordnungsvertretender Gesetze Diese auf einfachem Parlamentsbeschluß beruhenden Informationspflichten und die in einigen Landesverfassungen ausdrücklich enthaltene Verpflichtung der Landesregierung, den Landtag frühzeitig über geplante Verordnungen zu unterrichten, erklären sich zudem aus der in Art. 80 IV GG enthaltenen Kompetenz der Landesparlamente zu verordnungsvertretenden Gesetzen. Diese Vorschrift ennöglicht es den Landtagen, die durch Bundesgesetz oder aufgrund eines Bundesgesetzes erteilte Ermächtigung der Landesregierung zum Erlaß von 135 Vgl. dazu: Klemens Kremer, Zum Recht eines Bundestagsausschusses, über den Entwurf einer Rechtsverordnung unterrichtet zu werden, ZParl. 1977, S. 11, 12 tT., der dies jedoch einseitig mit der Rechtsetzungsprärogative des Gesetzgebers und einem a maiore ad minus-Schluß rechtfertigt (S. 13 u. 15). 136 Gesetz zur Bestimmung von Zuständigkeiten v. 3.4.1998, GVBI. S. 98.

11. Erlaß verordnungsvertretender Gesetze

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Rechtsverordnungen an sich zu ziehen und statt dessen ein ausfiihrendes Gesetz zu erlassen. 137 Zweck dieser Befugnis ist es, den Landesparlamenten ein Zugriffsrecht auf solche Verordnungsmaterien zu ennöglichen, die sonst nur von der Landesregierung und etwaigen Subdelegataren geregelt werden könnten. In diesem Sinne soll die Vorschrift "dazu beitragen, die Handlungsmöglichkeiten der Landesparlamente zu stärken".138 Diese Annahme erweist sich jedoch insoweit als Trugschluß, als es sich um eine derivative Rechtsetzung im Bereich der Gesetzgebungskompetenzen des Bundes handelt, mit der eine Stärkung materieller Gestaltungsspielräume nicht verbunden ist. 139 Aus diesem Grund lehnte auch die Kommission Verfassungsrefonn des Bundesrates, im Gegensatz zum Petitum der Landtagspräsidenten, die Neuregelung des Art. 80 IV GG ab. 140 Lediglich innerhalb der Länder kann dieses Regelungsinstrument eine Stärkung der Parlamente gegenüber der Regierung bewirken. 141 Gleichwohl besteht die Gefahr, daß sowohl die mit der originären Rechtsetzungsfunktion verbundene Leitentscheidung der Landesparlamente als auch die spezifischen Vorteile einer

131 Diese Kompetenz der Länder zu verordnungsvertretenden Gesetzen beruhte auf einem Vorschlag im Bericht der Enquete-Kommission Verfassungsreform des Deutschen Bundestages von 1976 (BT-Drucks.12/6000) und wurde mit der GG-Novelle v. 27.10.1994 (BGB!. I S. 3146) wieder aufgegriffen und umgesetzt. Vg!. auch: Rüdiger Sannwald, Die Neuordnung der Gesetzgebungskompetenzen und des Gesetzgebungsverfahrens im Bundesstaat - Einflihrung, Erläuterungen, Materialien, 1996, S. 49 ff.; Hans Hofmann, Die Ausgestaltung des Gesetzgebungsverfahrens nach der Reform des Grundgesetzes, NVwZ 1995, S. 134, 137 f.; Klaus G. Meyer-Teschendorf, Die Vorschläge der Gemeinsamen Verfassungskommission zur Reform des Gesetzgebungsverfahrens, DÖV 1994, S. 766, 771. 138 Vg!. Amt!. Begr. zu Art. 80 IV GG, BT-Drucks. 12/6633, S. 11. 139 Hartmut Maurer, Das verordnungsvertretende Gesetz, in: IsenseelLeche1er, Freiheit und Eigentum, Festschrift flir Walter Leisner, 1999, S. 583,597; Peter Schütz, Der neue Art. 80 IV GG - Gesetzgebung an Verordnungs Statt, NVwZ 1996, S. 37,38 u. 40; Bruno Schmidt-BleibtreulFranz Klein, GG-Kommentar, Art. 80 RN 112; Carsten Brodersen, Bundesstaatliche Probleme desArt. 80 I GG, in: Selmer/v. Münch (Hrsg.), Gedächtnisschrift flir Martens, 1987, S. 57,72, der die geplante Erweiterung des Art. 80 GG i.S.d. Abs. 4 sogar als Angriff auf die Souveränität der Landesparlamente bezeichnete. 140 Vg!. dazu: Arbeitsausschuß I der Kommission Verfassungsreform des Bundesrates, Bericht und Beschlußfassung v. 8.10.1991, Arbeitsunterlage Nr. 8 der Gemeinsamen Verfassungskommission, S. 17 f. 141 Edgar Wagner/Lars Broclrer, Das "verordnungsvertretende Gesetz" nach Art. 80 IV GG, NVwZ 1997, S. 759; vg!. auch: Brun-Otto Bryde, in: v. MünchlKunig, GGKommentar, Art, 80 RN 34, der in der stärkeren Befassung der Landesparlamente mit exkutiven Aufgaben angesichts des vorherrschenden Verwaltungsföderalismus einen praktikablen Weg zur Aufwertung des Landesparlamentarismus sieht. 3 Schwanengel

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B. Fonnen parlamentarischer Einflußnahme

vereinfachten und anpassungsfähigen denaturiert werden und die Landesparlamente zu ,,Ausfiihrungsorganen des Bundes" werden. 142 Der Ableitungszusammenhang des Art. 80 IV GG und die darin angelegte Abhängigkeit von der bundesgesetzlichen Regelungsermächtigung zieht die inhaltliche Determinierung des Regelungsgegenstandes gemäß Art. 80 I S. 2 GG nach sich. Mit Bezug auf das Rechtserzeugungsverfahren handelt es sich bei der im Wege des Art. 80 IV GG zustande gekommenen Norm zwar um ein Landesgesetz. Dies insbesondere, weil Art. 80 IV GG den enumerativen Kreis der Erstdelegatare i.S.d. Art. 80 I S. 2 GG nicht erweitert, sondern eine bundes gesetzliche Ermächtigung der Landesregierung voraussetzt, die mittels einer ,,Regelung durch Gesetz" substituiert wird und damit die Annahme einer Parlamentsverordnung ausschließt. 143 Allerdings steht das verordnungsvertretende Landesgesetz außerhalb des durch Art. 70 ff. GG verfassungsrechtlich geprägten Kanons der Gesetzgebungsarten. Sein Charakter einer auf Nachvollzug bundesgetzlicher Vorgaben beruhenden Aus- und Durchfiihrungsbestimmung ist mit der genuinen Handlungsform des Gesetzes unvereinbar. Leitbild des Gesetzes im funktionellen Sinne ist die auf originärer Gesetzgebung im eigenen Kompetenzbereich beruhende Entscheidungsvollmacht des Parlaments als Ausdruck seiner unmittelbar demokratischen Legitimation. l44 Diesen Anforderungen an Legitimationsgrundlage und Zustandekommen des Parlamentsgesetzes entsprechen die verordnungsvertretenden Gesetze i.S.d. Art. 80 IV GG angesichts ihrer kompetentiellen wie inhaltlichen Abhängigkeit von der bundes gesetzlichen Ermächtigung nicht. 145 Dirigiert durch die bundesgesetzliche Programmvorgabe wird der Landesgesetzgeber hier nicht originär-gestaltend, sondern abgeleitet-ausführend tätig. 146 142 Hartmut Maurer (FN 139), S. 597; Jörg Lücke, in: Sachs, GG-Kommentar, Art. 80 RN 59; Michael Nierhaus, Bonner Kommentar zum GG, Art. 80 RN 838; vgl. auch: Detle! Merten, Refonn des Föderalismus in Gesetzgebung und VeIWaltung, 36.

Bitburger Gespräche, Jahrbuch 2/1999, S. 65, 75, der die Kompetenz als "ABMMaßnahme für Landtage" geißelte. 143 Hartmut Maurer (FN 139), S. 587 u. 591 f. 144 Norbert Achterberg, Kriterien des Gesetzesbegriffs unter dem Grundgesetz, DÖV 1973, S. 289, 297; Peter Badura, Staatsrecht, 2. Aufl. 1996, RN F 2 f.; Fritz Ossenbühl, Gesetz und Recht, in: IsenseelKirchhof (Hrsg.), HdBStR, Bd. III, 1988, § 61 RN 1 u. 19 ff. Vgl. zu Funktion und Stellung des Parlamentsgesetzes: U1rich Karpen, Gesetzgebungs-, VeIWaltungs- und Rechtsprechungslehre - Beiträge zur Entwicklung der Regelungstheorie, 1989, S. 29. 145 Ausdruck dieses nonnativen Ableitungszusarnmenhangs ist die analoge Anwendung des für Rechtsverordnungen geltenden Zitiergebots nach Art. 80 I S. 3 GG; vgl. dazu: Peter Schütz (FN 139), S. 38, Michael Nierhaus, Bonner Kommentar zum GG, Art. 80 RN 842; Jörg Lücke, in : Sachs, GG-Kommentar, Art. 80 RN 62. 146 Michael NierhauslNorbert Janz, Aktuelle Probleme der Rechtsetzung des Bundes und der Länder - eine nonnenhierarchische Gemengelage?, ZG 1997, S. 320, 332; anderer Auffassung: Hartmut Maurer (FN 139), S. 593.

11. Erlaß verordnungsvertretender Gesetze

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Die Bindung an die inhaltlichen Vorgaben des ermächtigenden Gesetzes belassen den Landesparlamenten nicht jenen Spielraum legislatorischer Sozialgestaltung, der seiner originären Gesetzgebungskompetenz entspricht. Das verordnungsvertretende Gesetz ist insofern auch nicht mit begrenztem Gestaltungsspielraum im Bereich der ergänzenden und konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz der Länder vergleichbar. 147 So tritt die Sperrwirkung des Art. 72 I GG auch dann ein, wenn der Bundesgesetzgeber einen Gegenstandsbereich dadurch regelt, daß er den Landesgesetzgeber zu ergänzenden und abweichenden Regelungen ermächtigt l48 , so daß derartige Vorbehalte gerade nicht Ausdruck konkurrierender Länderzuständigkeit sind. 149 Die auf Ausfüllung angelegten Rahmenvorschriften müssen demgegenüber dem Landesgesetzgeber Raum für eigenständige Willensentscheidungen in der sachlichen Rechtsgestaltung belassen und dürfen ihre Zweckbestimmung als Grenze landesgesetzlicher Eigenregelung nicht durch inhaltliche Vorgaben überschreiten. ISO Daß dabei über die lange Zeit gültige Formel "ausfiillungsfähiger und ausfüllungsbedürftiger" Rahmenvorschriften lsl eine Erosion des Gestaltungsspielraums der Landesparlamente erfolgte, ist kompetenzrechtlich auf einer anderen Ebene angesiedelt und ändert nichts daran, daß die Rahmenkompetenz des Bundes keine Sperrwirkung entfaltet, sondern die (originäre) Landesgesetzgebung voraussetzt. Aus diesem Grund wurde mit der Neufassung des Art. 75 11 GG auch der Versuch unternommen, dem Unitarisierungssog bundes gesetzlicher Regelungen Schranken zu ziehen, auch wenn die Regel-Ausnahme-Vorschrift eher den Charakter eines unverbindlichen Appells hat und keine allzu weitgehende Änderung erwarten läßt. ls2

147 So aber: Kar/-Peter Sommermann (FN 16), S. 440, der allein auf das Rechtserzeugungsverfahren abstellt und als Beleg inhaltlich begrenzter Gestaltungsspielräume auf die VwGO verweist; sowie: Siegfried Jutzi, Gesetzgebungskompetenz der Landesparlamente nach Art. 80 Abs. 4 GG, ZG 1999, S. 239, 241. 148 Dies gilt auch für die Neufassung des Art 72 I GG mit seiner Einschränkung des "Gebrauchrnachens durch Gesetz", die lediglich für bloße Verordnungsermächtigungen eine engere Auslegung der inhaltlichen Sperrwirkung fordert; vgl. dazu: Monika Böhm, Sperrwirkung für Verordnungsermächtigungen, DÖV 1998, S. 234, 235 u. 236 ff. 149 So bestätigen nach Auffassung des BVerfD (E 20, 238, 249 f.) gerade die differenzierten Vorbehalte zugunsten des Landesgesetzgebers die erschöpfende Regelung des Prozeßrechts durch die VwGO. ISO BVerfDE 4,115, 129 f. ISI BVerfDE 4,115,129; 36,193,202; 51, 43,51; 80,137,157 in std. Rspr. IS2 Vgl. dazu: Ste/an Oeter, Integration und Subsidiarität im deutschen Bundesstaatsrecht, 1998, S. 423 ff., für den die Konstruktion der Rahmengesetzgebung zwar von einem "Eigenbereich politischer Gestaltung" der Länder ausgeht, der aber angesichts der Tendenz des Bundesgesetzgebers, die Regelungsmaterie nach eigenem Gutdünken auszuschöpfen, nicht durch vage Subsidiaritätsklauseln geschützt werden kann.

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B. Fonnen parlamentarischer Einflußnahme

Hinsichtlich der Verbanclskompetenzen unterscheidet das Grundgesetz damit sehr wohl zwischen originärer und derivativer Gesetzgebung lS3 , in deren Kanon die Kompetenz zwn Erlaß verordnungsvertretender Gesetze angesichts des gesetzlichen Konkretisierungsgebots einen neuen Rechtszustand schafft. IS4 Im Falle des Art. 80 IV GG verbleibt dem Landesgesetzgeber nur der parlamentsfremde Nachvollzug eines heteronomen Rechtsetzungsprogramms, so daß er lediglich der Form nach als Gesetzgeber, inhaltlich aber gleichsam als Verordnungsgeber eigener Art tätig wird. ISS Als "Rechtsverordnungen im Kleide des Gesetzes" sind Landesgesetze nach Art. 80 IV GG folglich nicht Ergebnis einer Gesetzgebung im funktionellen Sinne, sondern Ausdruck einer der Gesetzgebungslehre bisher fremden Kategorie förmlicher Gesetze sui generis. IS6 Diese Abhängigkeit des Landesgesetzgebers von der bundesgesetzlichen Ermächtigung offenbart zugleich das Dilenuna bei der Wahrnehmung dieser Rechtsetzungsmacht. Die Aktivierung dieser konkurrierenden Zuständigkeit \S7, eine den Landesregierungen geltende Ermächtigung zur Verordnungsgebung für sich zur derivativen, verordnungsvertretenden Gesetzgebung zu nutzen, setzt eine entsprechende Gesetzesinitiative voraus. Ein derartiger Gesetzentwurf kann zwar von allen Berechtigten, mithin auch aus der Mitte des Landtags, eingebracht werden, in der Praxis dürfte die Initiative zu einem verordnungsvertretenden Gesetz aber vorrangig auf die Landesregierung zurückgehen IS8, die eine ausgearbeitete Verordnung nicht selber in Kraft setzt, sondern dem Landtag als Gesetzentwurf vorlegt. IS9 Damit besteht aber die Gefahr einer Vorabselektion seitens der Landesregierung, da der Landtag auf diesem Wege nur von denjenigen Ermächtigungsnormen Kenntnis erlangt, von denen die Landesregierung beabsichtigt, Gebrauch zu machen. 16O Auch wenn der Vorrang des verordnungsvertretenden Gesetzes dem Landesgesetzgeber ein letztlich durchsetzbares Anderer Auffassung: Siegfried Jutzi (FN 147), S. 242. Klaus G. Meyer-Teschendorf(FN 137), S. 771. ISS Peter Schütz (FN 139), S. 39; anderer Auffassung: Karl-Peter Sommermann (FN 16), S. 440. IS6 Michael Nierhaus, Bonner Kommentar zum GG, Art. 80 Rn 841. IS7 Jörg Lücke, in: Sachs, GG-Kommentar, Art. 80 RN 57; Edgar WagneriLars Brokker (FN 141), S. 759, wonach die Kompetenz der Landesregierung verdrängt wird, wenn der Landesgesetzgeber seine Kompetenz durch ein verordnungsvertretendes Gesetz erschöpfend genutzt hat, bzw. eine bereits erlassene Rechtsverordnung aufhebt oder ersetzt. IS8 Vgl. Hans Meyer, Das parlamentarische Regierungssystem des Grundgesetzes, in: VVDStRL, Bd. 33 (1975), S. 69, 87, der darauf verweist, daß die Initiative für das Parlament angesichts der Kompetenz der Ministerialbürokratie ein Minderheitenrecht darstellt. IS9 Hartmut Maurer (FN 139), S. 589. 160 Vgl. zu diesem Problem und dem Vorschlag einer generellen Mitteilungspflicht: Edgar WagneriLars Brocker (FN 141), S. 760. IS3

IS4

11. Erlaß verordnungsvertretender Gesetze

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Zugriffsrecht reserviert, ist zudem die Befürchtung eines politischen Wettlaufs um das Normsetzungsprirnat nicht zu leugnen, der in einem beziehungslosen Nebeneinander von Landtag und Landesregierung zu erheblichen Reibungsverlusten fUhrt. 161 Die Landesparlamente sind deshalb auf eine umfassende Unterrichtung seitens der Landesregierung angewiesen, die über den Bundesrat am Gesetzgebungsverfahren beteiligt war und damit nicht nur über die Ermächtigungsnorm, sondern auch über deren Umfeld informiert ist. 162 Im Gegensatz zur Regierung mit ihrem administrativen Apparat fehlen den Parlamenten aber die Organe der Informationsbeschaffung, so daß sie im Verhältnis zur Exekutive auch strukturell im Hintertreffen sind und ihren Interessenbedarf gegenüber der Regierung und Verwaltung geltend machen müssen. 163 Aufgrund des in den Landesverfassungen normierten Zitierungsrechts können die Parlamente zwar im Einzelfall verlangen, über eine ermächtigende Vorschrift gemäß Art. 80 IV GG informiert zu werden, eine allgemeine Unterrichtungspflicht der Landesregierung läßt sich daraus jedoch nicht ableiten. Vereinzelt wird sogar die Auffassung vertreten, bereits Art. 80 IV GG enthalte konkludent ein Informationsrecht der Volksvertretung und eine damit korrespondierende Informationspflicht der Landesregierung, da ohne entsprechende Unterrichtung die Kompetenz zum Erlaß verordnungsvertretender Gesetze weitgehend leerlaufen würde. l64 Auch der Grundsatz der Organtreue gebietet, daß der Zugriff auf die Verordnungsermächtigung und das Verfahren aufeinander abgestimmt werden. 165 Ungeachtet der Frage nach einem Art. 80 IV GG immanenten Unterrichtungsrecht haben deshalb verschiedene Landtage durch Vereinbarung oder aufgrund parlamentarischer Entschließungen eine diesbezügliche Informationspflicht herbeigefUhrt. So existierte in Rheinland-Pfalz bereits vor Einfügung des neuen Art. 89 b III RhPfV erf ein Landtagsbeschluß, der die Landesregierung verpflichtet, "den Landtag unverzüglich über die Existenz und den Inhalt von Ermächtigungen im Sinne von Art. 80 Abs. 4 GG, die zukünftig erteilt, inhaltlich verändert oder aufgehoben werden", zu unterrichten l66 • Vor dem Hinter161 Michael NierhauslNorbert Janz (FN 146), S. 332; Hartmut Maurer (FN 139), S.589. 162 Jörg Lücke, in: Sachs, GG-Kommentar, Art. 80 RN 50; Edgar WagnerlLars Brokker (FN 141), S. 760. 163 Vgl. dazu allgemein: Udo Di Fabio. Parlament und Parlamentsrecht, Der Staat, Bd. 29 (1990), S. 599,612; mit Verweis auf: Walter Leisner, Regierung als Macht kombinierten Ermessens, lZ 1968, S. 727, 729, der die Regierung als "informierte Gewalt" bezeichnete. 164 Jörg Lücke, in: Sachs, GG-Kommentar, Art. 80 RN 53. 165 Hartmut Maurer (FN 139), S. 589. 166 Beschluß des Landtages Rheinland-Pfalz, LT-Drucks. 13/1761, S. 3; vgl. auch Vereinbarung zwischen Landtagspräsident und Ministerpräsident in Thüringen über

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B. Fonnen parlamentarischer Einflußnahme

grund der nunmehr verfassungsrechtlich verankerten Vereinbarungspflicht rechnet das Justizrninisterium mit einer Regelung, die vor allem hinsichtlich der Reichweite derartiger Delegationen und dem sich daraus ergebenden Inhalts möglicher Normen verstärkte Informationspflichten der Landesregierung statuiert. Die Enquete-Kommission ,,Parlamentsreform" vertrat die Auffassung, daß eine bundesgesetzliche Ermächtigung nur dann durch Landesgesetz ausgefüllt werden sollte, wenn es sich um einen Gegenstand von hervorgehobener politischer Bedeutung handelt, und lehnte sich im Wortlaut an eine Empfehlung der Landtagspräsidentenkonferenz an. 167 Danach soll die Landesregierung dem Landtag frühzeitig ihre Absicht mitteilen, aufgrund einer Ermächtigung im Sinne von Art. 80 IV GG eine Rechtsverordnung zu erlassen. Da es sich hierbei um eine konkurrierende Zuständigkeit von Parlament und Regierung handelt, soll die Landesregierung gleichzeitig mitteilen, mit welchem Inhalt eine Regelung durch Rechtsverordnung oder die Einbringung eines Gesetzentwurfs beabsichtigt ist. 168 Dem Erfordernis umfassender Information trägt auch das in § 75 der Gemeinsamen Geschäftsordnung für die Berliner Verwaltung niedergelegte Abstimmungsverfahren Rechnung. Danach ist der Senat verpflichtet, die Fraktionen des Abgeordnetenhauses innerhalb einer angemessenen Frist von in der Regel sechs Wochen über den Erlaß bundesgesetzlicher Verordnungsermächtigungen zu informieren. Ein Verfahren zur Verordnungsgebung kann erst eingeleitet werden, wenn das Abgeordnetenhaus nicht innerhalb von sechs Wochen eine Gesetzesinitiative ankündigt. 169

III. Die Einflußnahme auf Bestand, Erlaß und Inhalt von Rechtsverordnungen 1. Die Vielgestaltigkeit parlamentarischer Einflußformen und -verfahren Daneben existiert auch ohne eine verfassungsdogmatisch fundierte Begriffsbildung eine Vielzahl parlamentarischer Mitwirkungsformen, die als Beteiligungsvorbehalte in der gesetzlichen Ermächtigungsform enthalten sind. Trotz bundesgesetzliche Ennächtigungen, die zukünftig erteilt oder inhaltlich verändert werden, LT-Drucks. 2/2961 v. 16.6.1998. 167 Enquete-Kommission ,,Parlamentsrefonn" (FN 129), S. 28. 168 Enquete -Kommission "Parlamentsrefonn" (FN 129), S. 27. 169 Hierbei ist jedoch zu beachten, daß die Einleitung eines Gesetzgebungsverfahrens oder die bloße Ankündigung eines verordnungsvertretenden Gesetzes nicht ausreicht, um die Kompetenz der Regierung zu verdrängen, weil es andernfalls das Parlament in der Hand hätte, die bundesgesetzliche Ennächtigung der Landesregierung zum Verordnungserlaß bis zum Abschluß des Gesetzgebungsverfahrens zu blockieren. V gl. Edgar Wagner/Lars Brocker (FN 141), S. 759.

III. Einflußnahme auf Rechtsverordnungen

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einer Vielzahl von Gestaltungen können vier Grundtypen parlamentarischer Einflußnahme unterteilt werden. Hinsichtlich der Modalitäten der Mitwirkung wird dabei zwischen Kenntnis-, Zustimmungs-, Änderungs- und Kassationsvorbehalten unterschieden. 170 Diese Formen sind in einer Vielzahl von Abwandlungen konzipiert. 171 Neben der bloßen Kenntnisnahme fmden sich die Anhörung mit Begründungspflicht und die relativ unpräzisen Formulierungen der Beteiligung und des Benehmens. Die Beteiligungsvorbehalte wie Zustimmung und Aufhebung können vor oder nach Inkrafttreten der Verordnung greifen, die parlamentarische Entscheidung kann unmittelbar wirken oder die Regierung zum Handeln verpflichten. Eine an der verfassungsrechtlichen Verordnungsennächtigung i.S.d. Art. 80 I S. 1 GG anknüpfende Betrachtung muß der Intensität und Verbindlichkeit der jeweiligen Mitwirkungshandlung Bedeutung schenken l72 , akzentuiert aber auch die Notwendigkeit einer Unterscheidung anhand des Mitwirkungs organs 173. Unter der Geltung des Grundgesetzes sind fiir die Rechtsetzung des Bundes zwar grundsätzlich nur Vorbehalte zugunsten des Parlamentsplenums enthalten. Im Bereich der landesrechtlichen Verordnungsgebung haben jedoch Beteiligungsvorbehalte zugunsten von Parlamentsausschüssen vor allem im Bereich des Schulrechts beachtliche Verbreitung erlangt. Auch die Einschaltung korporativ verfaßter Gremien, die außerhalb der staatlichen Funktionenordnung stehen, ist Teil der Verfassungsrealität, jedoch aufgrund des Untersuchungsgegenstandes nicht Bestandteil der nachfolgenden Betrachtungen. 174 Systematisch sind diese Beteiligungsformen, die aufgrund eines in der Ennächtigungsnorm enthaltenen Vorbehalts durch schlichten Parlamentsbeschluß ausgeübt werden, von Erscheinungsweisen parlamentarischer Einflußnahme zu unterscheiden, die unmittelbar durch formelles Gesetz erfolgen.

2. Die parlamentarische Einflußnahme durch Gesetz Da verfassungsrechtlich dem Parlament die Entscheidungskompetenz über die Vornahme einer Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen auf die Exekutive zugewiesen ist, muß diese ausdrücklich in Gestalt einer Ennächtigungsnorm

170 Armin v. Bogdandy (FN 89), S. 416 f.; Stefan Studenroth, Einflußnahme des Bundestages auf Erlaß, Inhalt und Bestand von Rechtsverordnungen, DÖV 1995, S.527, 528; Silke Thomsen, Rechtsverordnungen unter Änderungsvorbehalt des Bundestages?, DÖV 1995, S. 989, 990. 171 Vgl. Fritz Ossenbühl (FN 6), § 64 RN 51 f.; Thomas v. Danwitz, (FN 38), S. 106 f. 172 Michael Eis (FN 124), S. 98 f. 173 Thomas v. Danwitz (FN 38), S. 106. 174 Vgl. dazu: Jörg Lücke, in: Sachs, GG-Kommentar, Art. 80 RN 38; Michael Eis (FN 124), S. 97 ff.

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B. Formen parlamentarischer Einflußnahme

im Gesetzesbeschluß enthalten sein. 175 Entschließt sich das Parlament zur Übertragung von Rechtsetzungsbefugnissen, so erfolgt diese ebenso unbefristet wie unbedingt. Allerdings kennt die Staatspraxis auch die befristete oder auflösend bedingte Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen, wobei mit Ablauf der ermächtigungsgesetzlich bestimmten Frist oder Eintritt eines bestimmten Ereignisses die Rechtsetzungskompetenz der Exekutive durch Gegenstandslosigkeit der Ermächtigung endet beziehungsweise in Gestalt einer Aufhebungsanordnung die Exekutive verpflichtet, bei Vorliegen bestinunter Konstellationen die Rechtsverordnung außer Kraft zu setzen. 176 Mit der Ermächtigung zum Verordnungserlaß verzichtet der Gesetzgeber zwar nicht auf eigenes Tätigwerden, mit der Delegation der Rechtssetzungsbefugnis wird der Verordnungs geber aber zum Träger eigener, wenn auch abgeleiteter Rechtsetzungskompetenz. Als Bestandteil dieser durch gesetzesförmlichen Delegationsakt übertragenen Regelungsbefugnis konunt dem Ermächtigungsadressaten ein gewisser Beurteilungsspielrawn zu, von der so begründeten Verordnungskompetenz Gebrauch zu machen. 177 Unter bestimmten Voraussetzungen kann für den Verordnungsgeber allerdings der Zwang bestehen, von der Ermächtigung Gebrauch zu machen. Diese Verpflichtung konunt entweder in der Ermächtigung selbst durch entsprechende Formulierungen zum Ausdruck oder ergibt sich stillschweigend aus dem Gesetzestext, insbesondere weil die gesetzliche Regelung ohne Verordnungserlaß nicht anwendbar oder praktikabel erscheint. 178 Des weiteren sind Fälle denkbar, in denen bereits in Kraft gesetzte Rechtsverordnungen durch formelles Gesetz einer sachlich-inhaltlichen ,,Änderung" zugeführt werden. Ein solches, in Gesetzesform wahrgenonunenes Korrekturrecht, steht dem Parlament selbstverständlich zu, da es die Regelung einer Materie, die Gegenstand einer Verordnungskompetenz ist, jederzeit selbst übernehmen und dabei eine bereits erlassene Rechtsverordnung durch Gesetz ersetzen kann l79 , wobei die bloße Bezugnahme auf ihren Inhalt ausreicht l80 • Proble-

175 Fritz Ossenbühl (FN 16), S. 308 f.; ders. (FN 6), § 64 RN 16, mit Anmerkungen zu einem funktionsimmanenten, nicht-wesentlichen, originären Verordnungsrecht; vgl. dazu auch: Ernst-Wolfgang Böckenförde. Gesetz und gesetzgebende Gewalt - Von den Anfangen der deutschen Staatsrechtslehre bis zur Höhe des staatsrechtlichen Positivismus, 2. Aufl. 1981, S. 395 ff. 176 Vgl. Arnd Uhle (FN 97), S. 84 f. 177 BVerfDE 38, 348, 363. 178 Jörg Lücke, in: Sachs, GG-Kommentar, Art. 80 RN 4; Man/red Lepa (FN 1), S.347. 179 Die mißglückte Formulierung in BVerfDE 18,407,417, wonach sich der Gesetzgeber mit der Ermächtigung seines Rechts zur Ausübung eigener Rechtsetzungsbefugnis "begebe", hat das Gericht später korrigiert (BVerfDE 22, 330, 346) und festgestellt, daß es dem Gesetzgeber nicht verwehrt sei, eine zunächst dem Verordnungsgeber überlasse-

III. Einflußnahme aufRechtsverordnungen

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matischer erscheint hingegen die teilweise Korrektur einer Rechtsverordnung, weil dadurch eine Gemengelage normativer Äußerungen unterschiedlichen Ranges innerhalb eines Nonnzwecks entsteht. 181 Das sich hieraus ergebende rechtstechnische Problem versucht die Praxis durch eine in das Änderungsgesetz eingefügte "Entsteinerungsklausel,,182 zu lösen, indem der Verordnungsgeber wiederum ennächtigt wird, auch diese neu eingefügten Vorschriften mit Gesetzesrang zu ändern. Diese Klausel unterstellt folglich die gesetzliche Abänderung oder Einfügung einzelner Vorschriften der Rechtsverordnung einem erneuten Zugriffsrecht des Verordnungsgebers und erteilt ihm die Ennächtigung, den Wortlaut des Änderungsgesetzes seinerseits zu ändern oder davon abweichende Neuregelungen zu erlassen. 183 Sinn und Zweck dieser Regelung ist eine Rückkehr zum einheitlichen Verordnungsrang. 184 Die mit Gesetzesänderungen oftmals verbundene Anpassung von Verordnungsbestimmungen soll als gesetzliche Regelung nur so lange gelten, bis der Verordnungsgeber selbst eine Neuregelung trifft. Verfahrenstechnisch handelt es sich um einen Sonderfall der sogenannten "gesetzesändernden" Rechtsvorschriften, die beide nur auf einem subsidiären Geltungsanspruch des formellen Gesetzes beruhen. 185 Ein Paradebeispiel für die Formulierung einer solchen "Entsteinerungsklausel" enthält das Landesgesetz zur Reform und Neuorganisation der Landesverwaltung in Rheinland-Pfalz I86 , das als Artikelgesetz im Zuge der Auflösung der Bezirksregierungen und der Neuorganisation der mittleren Verwaltungsebene eine Vielzahl von Rechtsverordnungen ändert und in Art. 278 bestimmt: "Soweit durch dieses Gesetz Verordnungen geändert werden, bleibt die Befugnis der zuständigen Stellen, diese Verordnungen künftig zu ändern oder aufzuheben, unberührt." Auch das hessische Gesetz zur Rechts- und Verwaltungsvereinfachung l87 kennt, ebenso wie die im Zuge der Verwaltungsreform ergangenen Gesetze zur Eingliede-

ne Regelungsbefugnis wieder rur sich in Anspruch zu nehmen; vgl. dazu: Dieter Wilke, Bundesverfassungsgericht und Rechtsverordnung, AÖR Bd. 98 (1973), S. 196, 214 f. 180 BVerfGE 22, 330, 346. 181 Vgl. Helmut Sinn, Die Änderung gesetzlicher Regelungen durch einfache Rechtsverordnung, 1971, S. 36. 182 Vgl. zum Begriff: Bundesministerium der Justiz (Hrsg.), Handbuch der RechtsfOrmlichkeit, 1991, RN 456 f. u. 549; Jörg Lücke, in: Sachs, GG-Kommentar, Art. 80 RN 9; Bruno Schmidt-BleibtreulFranz Klein, GG-Kommentar, Art. 80 RN 12. 183 Arnd Uhle (FN 97), S. 94 f., der diese Vorgehensweise als ,,rechtsverordnungsbezogenes Änderungsgesetz" bezeichnet. 184 Bruno Schmidt-BleibtreulFranz Klein, GG-Kommentar, Art. 80 RN 13. 185 Man/red Lepa (FN I), S. 352 f., Bruno Schmidt-BleibtreulFranz Klein, GGKommentar, Art. 80 RN 14; anders: Jörg Lücke, in: Sachs, GG-Kommentar, Art. 80 RN 9. 186 Landesgesetz zur Refonn und Neuorganisation der Landesverwaltung v. 12.10.1999, GVBI. S. 325. 187 Gesetz zur Rechts- und Verwaltungsvereinfachung v. 27.2.1998, GVBI. I S. 34.

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B. Fonnen parlamentarischer Einflußnahme

rung von Sonderverwaltungen 188 und zur Neuorganisation der Umweltverwaltung 189, zahlreiche organisationsrechtliche Änderungen von Rechtsverordnungen, die über eine "Entsteinerungsklausel" wieder gänzlich in die Gestaltungsmacht der Landesregierung zurückgegeben werden.

3. Die parlamentarische Einflußnahme durch Beteiligung an der Verordnungsgebung

Die Unterschiede der unter dem Topos der Mitwirkungsverordnung zusammengefaßten Beteiligungsrechte des Parlaments im Rahmen der Verordnungsgebung erfordern zunächst eine Aufgliederung und rechtliche Zuordnung der Mitwirkungsarten, um darauf aufbauend der Frage nachzugehen, welchen von der Verfassung gezogenen Grenzen diese gesetzgeberischen Einflußnalunen des Verordnungsverfahrens unterliegen. Da der Begriff der Beteiligung oder Mitwirkung weder gesetzlich noch allgemein gültig in Rechtslehre und Rechtsprechung defmiert ist, kann er als Bestandteil von Rechtsnormen je nach Sinn und Zweck der Vorschrift unterschiedliche Bedeutung haben. 190 Eine an der verfassungsrechtlichen Verordnungsermächtigung anknüpfende Begriffsbildung muß danach unterscheiden, ob die parlamentarische Beteiligung zu einer Mitentscheidung über die dem Verordnungsgeber übertragenen Rechtsetzungsbefugnis fUhrt. Die Beteiligungsformen lassen sich dabei nach ihrer Beteiligungsintensität in eine Stufenfolge einordnen, die sich am Maß der Einflußmöglichkeit des Parlaments auf den Prozeß der Verordnungsgebung orientiert. 191 Grundsätzlich ist zwischen parlamentarischen Beteiligungen mit und ohne Bindungswirkung für den Verordnungsgeber zu unterscheiden. 192 Hinsichtlich der Beteiligungen an Verwaltungsentscheidungen wird dabei von konsensabhängigen Formen der Mitentscheidung und konsensunabhängigen Beteiligungen in Form der Mitwirkung gesprochen. 193 Beteiligungsvorbehalte ohne Bindungswirkung umfassen

Gesetz zur Eingliederung von Sonderverwaltungen v. 14.7.1997, GVBI. I S. 319. Gesetz zur Neuorganisation der hessischen Umweltverwaltung v. 15.7.1997, GVBI. I S. 232. 190 Vgl. BVerwGE 22, 5, 342 tI. 191 Vgl. Michael Eis (FN 124), S. 100 f. 192 Albert Hüser (FN 123), S. 87. 193 Vgl. Walter Schmitt-Glaeser, Partizipation an Verwaltungsentscheidungen, in: VVDStRL, Bd. 31, {I 973), S. 180, 183 ff.; Susan Wickrath, BürgerbeteiIigung im Recht der Raumordnung und Landesplanung, 1992, S. 20; Franz Walter Heinrich, Kommunale Beteiligung in der Raumordnung und Landesplanung, Bd. I: Verfassungsrechtliche und rahmenrechtliche Grundlagen, 1981, S. 16; Walfgang Raters, Kommunale Mitwirkung an höherstufigen Entscheidungsprozessen, 1975, S. 71 tI. 188 189

III. Einflußnahme auf Rechtsverordnungen

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alle Mitwirkungsfonnen vorbereitend-infonnierender, sachlich-vennittelnder und empfehlender Art, von denen weder die Wirksamkeit des Verordnungserlasses noch der Inhalt der Rechtsverordnung abhängen. Hierunter fallen die Verpflichtung des Verordnungsgebers zur Kenntnisgabe des Verordnungsentwurfs, die Begriindungspflicht des Ermächtigungsadressaten gegenüber dem Parlament sowie die Statuierung von Anhörungs- und Benehmensvorbehalten. Die bindenden Beteiligungsvorbehalte wiederum lassen sich in fonnelle und materielle Mitwirkungsfonnen einteilen. Die fonnell bindenden Beteiligungsvorbehalte erlauben es dem Parlament zwar nicht, über die Ausübung der Rechtsetzungsbefugnis durch Festlegung des Inhalts rnitzuentscheiden, sind jedoch rechtliche Bedingung und nicht nur Empfehlung fiir die Erlaßentscheidung des Kompetenzträgers, d.h. Wirksamkeitsvoraussetzung des Verordnungserlasses. Dazu gehören die Statuierung (isolierter) Zustimmungs- und Vetovorbehalte als aufschiebende Wirksamkeitsvoraussetzung sowie die Authebungs-(Kassations-)Verordnung als die Wirksamkeit auflösende Bedingung. Die materiell bindenden Beteiligungsvorbehalte ennöglichen dem Parlament die direkte Einflußnahme auf die inhaltliche Ausgestaltung der Verordnung, die bis zur völligen Neukonzeption reichen kann. Hierzu zählt die Änderungsbefugnis vor Erlaß der Rechtsverordnung und das Korrekturrecht des Parlaments in Fonn sogenannter Nachlaufverordnungen.

a) Die Kenntnis- und Anhörungsverordnung Die schwächste Beteiligungsfonn ist die exekutive Inpflichtnahme zur Bekanntgabe des Verordnungsentwurfs, die aufgrund ihres passiven Charakters oft nicht als Partizipation eingestuft wird. 194 Der Zweck der Kenntnisverordnung besteht darin, dem Parlament Kenntnis vom beabsichtigten Verordnungsinhalt zu geben und dessen gesteigertes Interesse an der Verordnungsmaterie zu signalisieren. 195 Charakteristisch fiir diesen Regelungstyp ist, daß sich die Mitwirkung des Parlaments auf den Akt der Kenntnisnahme beschränkt. Eine Reaktions- oder gar Einflußmöglichkeit des Parlaments ist in dieser Mitwirkungsfonn als solcher nicht angelegt. 196 Der Verordnungs geber muß allerdings beachten, daß die Information des Parlaments dieses faktisch in die Lage versetzt, auf die Verordnungsgebung Einluß zu nehmen, was die Verwirklichung von Kontrollmöglichkeiten des Parlaments begünstigt 197, zumal es das Wissen zwn Anlaß

Walter Schmidt Glaeser (FN 193), S. 184; Susan Wickrath (FN 193), S. 20 f. Albert Hüser (FN 123), S. 88. 196 Albert Hüser (FN 123), S. 88; Arnd Uhle (FN 97), S. 104. 197 Arnim v. Bogdandy (FN 89), S. 417. 194 195

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B. Fonnen parlamentarischer Einflußnahme

legislativen Handelns nehmen kann, um ungewolltes Verordnungsrecht im Wege der Gesetzgebung zu überwinden. 198 Ebenfalls in diese Kategorie gehört die der Exekutive ermächtigungsgesetzlich auferlegte Pflicht, vor Erlaß einer Rechtsverordnung das Parlament zu dem ausgearbeiteten und ihm zur Kenntnis gebrachten Verordnungsentwurf anzuhören. Die Anhörung beinhaltet allgemein die parlamentarische Äußerung zum Verordnungsentwurf, ohne daß diese allerdings rechtlich bindend ist. 199 Im Gegensatz zur passiven Kenntnisnahme zielt diese Mitwirkungsform darauf ab, dem Parlament die Möglichkeit einzuräumen, gegebenenfalls vorhandene Bedenken zu äußern und diesbezüglich auf die Regierung einzuwirken. Allerdings ist der Verordnungsgeber grundsätzlich nicht gehalten, die Ergebnisse der Anhörung in einer bestimmten Weise bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen, so daß die Funktion der Anhörung darin besteht, formal sicherzustellen, daß alle fiir die Entscheidungsfmdung möglicherweise relevanten Informationen in den Prozeß der Verordnungsgebung einfließen. 2OO Damit steht auch bei dieser Mitwirkungsform zunächst die Informationsgewinnung im Vordergrund. Die Rechtslehre unterscheidet diese als "informierende Anhörung" bezeichnete Variante von der ,,rechtsschützenden Anhörung", die stärker auf die Geltendmachung eigener Interessen des Beteiligten ausgerichtet iSt. 201 Unter Umständen kann der Verordnungs geber verpflichtet sein, die im Rahmen der Anhörung vorgebrachten Belange und Einwendungen in überprüfbarer Weise in seine.. Überlegungen 4 eingehen zu lassen. Da die Verwertung der parlamentarischen Außerung somit nicht mehr im Belieben des Verordnungs gebers steht, sondern im Rahmen des rechtsetzenden Gestaltungsermessens erwägend einzustellen ist, kommt dieser Mitwirkungsform eine gesteigerte Beteiligungsintensität zu, ohne daß die Einwendungen allerdings die Wirkungsweise einer verbindlichen Stellungnahme erlangen. Die Abwägungsbeachtlichkeit der Anhörung ergibt sich dabei aus Sinn und Zweck des Beteiligungsvorbehalts sowie der zu regelnden Materie und äußert sich in Formulierungen wie der des ,,Benehmens" als einer auf Kooperation ausgerichteten Form des Sich-Aufeinander-Einstellens. 202 Während derartige Anhörungsrechte in vorgrundgesetzlicher Zeit durchaus üblich waren, hat diese abgeschwächte Form der Parlamentsbeteiligung an der Verordnungsgebung, die nur das Recht der unverbindlichen Stellungnahme ein198 Christian Seiler, Parlamentarische Einflußnahme auf den Erlaß von Rechtsverordnungen im Lichte der Fonnenstrenge, ZG 2001, S. 50, 66. 199 Arnd Uhle (FN 97), S. 108. 200 Vgl. Wolfgang Roters (FN 193), S. 73. 201 Franz Walter Heinrich (FN 193), S. 22 f.; Susan Wickrath (FN 193), S. 23. 202 Vgl. zum Begriff des "Benehmens" als schwächerer, nicht bindender Beteiligungsfonn: BVerwGE 22, 342, 344; zudem: Michael Sachs, in: Stelkens/BonkiSachs, VerwaItungsverfahrensgesetz-Kommentar, § 44 RN 185.

III. Einflußnahme aufRechtsverordnungen

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räumt oder die Exekutive zum Handeln "im Benehmen" mit dem Parlament anhält, auf Bundesebene praktisch keine Bedeutung mehr. 203 Auf Landesebene sind Einwirkungsmöglichkeiten dieser Art jedoch verbreiteter, da sie eine adäquate Form fiir die Mitwirkung von Parlamentsausschüssen darstellen. So fordert § 11 I des Landesplanungsgesetzes Rheinland-Pfalz204 ein Benehmen mit dem Innenausschuß des Landtags bei der Beschlußfassung über das Landesentwicklungsprogramm, dessen Ziele und Grundsätze durch Rechtsverordnung verbindlich erklärt werden. Das Thüringer Schulgesetz sieht bei 10 der insgesamt 17 im Gesetz enthaltenen Verordnungsermächtigungen ein Benehmen des Kultusministers mit dem Bildungsausschuß des Landtags beim Verordnungserlaß vor. 20S Dies betrifft zahlreiche inhaltliche Regelungen der inneren Schulangelegenheiten wie die Voraussetzungen und das Verfahren fiir die Aufnahme in eine Schule oder den Schulwechsel, die Grundsätze der Notengebung und die Prüfungsordnungen, die Versetzung sowie die Entlassung und den Ausschluß aus der Schule, die Ferienordnungen, die Genehmigung von Lehrund Lernmitteln, die Mitwirkungsrechte der Eltern, Schüler und Lehrer sowie zahlreiche durch Rechtsverordnung zu regelnde Materien der Lehreraus- und -fortbildung. In Brandenburg enthalten allein 11 Landesgesetze die ermächtigungsgesetzliche Verpflichtung einer Ausschußbeteiligung in Gestalt der Anhörung206 oder der Herstellung des Benehmens207 , wobei sich die Beteiligungsintensität nicht aus dem eher zufälligen Wortlaut, sondern nur aus dem Sinn und Zweck des Beteiligungsvorbehalts erschließen läßt.

203 Arnd Uhle (FN 97), S. 108; Albert Hüser (FN 123), S. 89.; Gunter Kisker (FN 90), S. 23. 204 Landesplanungsgesetz Rheinland-Pfalz - LPIG - i.d.F. v. 8.2.1977, GVBI. S. 5, geänd. durch Gesetz v. 20.12.1994, GVBI. S. 461. 20S Vgl. § 60 Thüringer Schulgesetz - ThürSchulG - v. 6.8.1993, GVBI. 1993 S.445. 206 §§ 5, 6 Gesetz zur Ausführung des Bundessozialhilfegesetzes - AG-BSHG i.d.F. der Bek. v. 26.7.2000, GVBI. I S. 126; § 2 VI Verwaltungsvollstreckungsgesetz für das Land Brandenburg - VwVGBbg. - v. 18.12.1991, GVBI. I S. 661; §§ 19 I, 25, 26 I, 30, 32 Brandenburgisches Landesjagdgesetz - LJagdG Bbg. - v. 3.3.1992, GVBI. I S. 58; § 73 Beamtengesetz für das Land Brandenburg - LBG Bbg. - i.d.F. der Bek. v. 8.10.1999, GVBI. I S. 446; § 32 Stiftungsgesetz des Landes Brandenburg - StiftGBbg. - v. 27.6.1995, GVBI. I S. 198, § 32 S. 2 angef. durch Gesetz v. 1.7.1996, GVBI. I S. 241; § 7 I ÖPNV-Gesetz-ÖPNVG-v. 26.101995, GVBI. I S. 252. 207 §§ 15 11, 62 III Brandenburgisches Naturschutzgesetz - BbgNatSchG - v. 25.6.1992, GVBI. I S. 208; § 88 IV Brandenburgische Bauordnung - BbgBO - i.d.F. der Bek. v. 25.3.1998, GVBI. I S.82; § 8 VI, 31 Brandenburgisches Schulgesetz BbgSchulG - v. 12.4.1996, GVBI. I S. 102; § 10 II Akteneinsichts- und Informationsgesetz - AIG - v. 10.3.1998, GVBI. I S. 46; § 82 III Brandenburgisches Hochschulgesetz - BbgHG - v. 20.5.1999, GVBI. I S. 130.

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B. Formen parlamentarischer Einflußnahme

b) Die Zustimmungsverordnung Die wohl gebräuchlichste und vor allem auf Landesebene in einer Vielzahl von Fällen zur Anwendung gebrachte Erscheinungsweise parlamentarischer Einflußnahme an der Verordnungsgebung ist der Zustimmungsvorbehalt. 208 Rechtstechnisch zeichnet sich diese Form der Parlamentsbeteiligung dadurch aus, daß ermächtigungsgesetzlich die Ausübung der übertragenen Rechtsetzungsbefugnis der Exekutive an die Zustimmung des Parlaments zum vorgelegten Verordnungsentwurf gebunden ist. 209 Da in diesem Fall eine Rechtsverordnung von der Exekutive nur dann in Kraft gesetzt werden kann, wenn diese in einem gesonderten Beteiligungsverfahren das Einverständnis des Parlaments zum vorbereiteten und formulierten Entwurf einer Rechtsverordnung herbeigefiihrt hat, handelt es sich bei dieser Form verfahrensmäßiger Mitentscheidung um eine formell bindende Wirksamkeitsvoraussetzung des Verordnungserlasses. Die Terminologie ist hierbei nicht einheitlich. Neben der "Zustimmung" wird die rechtliche Bedingung fiir die Erlaßentscheidung des Delegatars auch als "Genehmigung" oder "Einvernehmen" bezeichnet. 2 \O Grundsätzlich wird dabei die Zustimmung in der Form eines schlichten Parlamentsbeschlusses ausdrücklich erteilt. Die Praxis kennt daneben den Unterfall des sogenannten Vetovorbehalts, bei dem die prinzipiell erforderliche Zustimmung ermächtigungsgesetzlich fmgiert wird, soweit das Parlament nicht innerhalb einer bestimmten Frist seine Zustimmung verweigert. 211 Da hier der institutionelle Zwang der Genehmigung fehlt, erweist sich dieses Verfahren fiir die Exekutive oft als bequem und vorteilhaft, da der zugeleitete Verordnungsentwurf häufig in parteipolitische Auseinandersetzungen gerät, was die Neigung der Regierungsmehrheit verstärkt, die Sache durch liegenlassen zu erledigen. 212 Denkbar ist auch, daß sich ein ermächtigungsgesetzlich statuiertes Zustimmungserfordernis nur im Fall einer bestimmten inhaltlichen Ausgestaltung der

208 Vgl. Albert Hüser (FN 123), S. 96 m.w.N. für die bereits seit Beginn der 50er Jahre auf Bundesebene gebräuchliche Mitwirkungsform; Gunter Kisker (FN 90), S. 21. 209 Vgl. Arnd Uhle (FN 97), S. 110. 210 Vgl. zur Terminologie der Mitwirkungsformen als Wirksamkeitsvoraussetzung: Garl Hermann UleiHans-Werner Laubinger. Verwaltungsverfahrensrecht, 4. Aufl. 1995 (aktualisierter Nachdruck 1998) § 69 RN 18; Hans-Günter Henneke. in: Knack (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz-Kommentar, 7. Aufl. 2000, § 35 RN 56; zum Begriff des "Einvernehmens" als Wirksamkeitsvoraussetzung des Verordnungserlasses: Michael Eis (FN 124), S. 101; sowie zur Bindungswirkung und zum Rechtscharakter des auf Bildung einer gemeinsamer Willenserklärung gerichteten "Einvernehmens": BVerwGE 22, 342,345. 211 Vgl. zu den beiden Formen: Fritz Ossenbühl (FN 6), § 64 RN 51; zum Vetovorbehalt: Gunter Kisker (FN 90), S. 22. 212 Gunter Kisker (FN 90), S. 22.

III. Einflußnahme auf Rechtsverordnungen

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Verordnung aktualisiert, im übrigen aber der Verordnungserlaß vorbehaltlos erteilt wird. 213 In ihrer verfahrenstechnischen Ausgestaltung beinhalten die gesetzlichen Zustimmungsklauseln ausschließlich die Befugnis des Parlaments, den als Drucksache vorgelegten Verordnungsentwurf zu genehmigen oder abzulehnen. Nicht vorgesehen ist dagegen die in der Staatspraxis geläufige Fonn, die Zustimmung unter Vorbehalt einer parlamentarischen Änderung des Verordnungsentwurfs zu erteilen. Dies fUhrt zur Genehmigung eines parlamentarisch modifizierten Verordnungsinhalts, so daß der "antizipierte" Zustimmungsbeschluß nicht bloß formelle, sondern materielle Bindungswirkung entfaltet. Diese Vorgehensweise erscheint zunächst als Überdehnung der dem Parlament im Rahmen des Zustimmungsvorbehalts ausschließlich eröffueten Wirksamkeitsentscheidung. Die Praxis faßt die antizipierte Zustimmung hingegen als vereinfachtes Verfahren eines auf Konsens von Parlament und Verordnungsgeber angelegten Verordnungserlasses auf. Da es dem Parlament möglich sei, zunächst formell die Zustimmung zu verweigern und in der Begründung für diesen Beschluß die Änderungen zu benennen, unter denen die Zustimmung erteilt werden würde, sei die Genehmigung unter Vorbehalt effektiver, als die durch den Verordnungsgeber dementsprechend modifizierte Fassung des Verordnungsentwurfs in ein erneutes Beteiligungsverfahren einzubringen. 214 So kennt Bayern insgesamt zehn Landesgesetze, nach denen die Staatsregierung beim Erlaß verschiedener Rechtsverordnungen an die vorherige Zustimmung des Landtages gebunden ist. 2lS Untersucht man die Gründe für derartige Mitwirkungsvorbehalte, lassen sich nach Ansicht der Bayerischen Staatskanzlei drei Fallgruppen bilden. Die erste Gruppe betrifft die Umsetzung verfassungsrechtlicher Vorgaben. So erfolgt nach Art. 9 11 BayVerf. die Einteilung der Landkreise und die Bestimmung der kreisfreien Städte durch Rechtsverordnung, die der vorherigen "Genehmigung" des Landtags unterliegt. 216 Auf dieser Grundlage enthalten mehrere Bestimmungen der Gemeinde- und Landkreisordnung zur kommunalen Neugliederung die Form der Zustimmungsverordnung, wozu die Erklärung der Kreisfreiheit, die Eingliederung einer kreisfreien Gemeinde in einen Landkreis, die Bestimmung des Sitzes der Kreisverwaltung und des Namens des Landkreises sowie Änderungen in Bestand und Gebiet von

Arnd Uhle (FN 97), S. 114. Vgl. Arnd Uhle (FN 97), S. 126. 215 Bis Ende 1999 gab es bei einzelnen dieser Zustimmungsverordnungen noch ein Anhörungsrecht für den Bayerischen Senat, welches jedoch mit der Abschaffung des Senats aufgehoben wurde. 216 Für das Verständnis des Art. 9 II BayVerf. ist bedeutsam, daß der Begriff des "Kreises" den Regierungsbezirk meint (vgl. Abs. 1), während die Bezeichnung "Bezirk" für den heutigen Landkreis steht (vgl. Art. 10 I). 213

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B. Fonnen parlamentarischer Einflußnahme

Landkreisen gehören. 217 Die zweite Gruppe erfaßt die Aufnahme von Zustimmungsvorbehalten in Gesetzentwürfen der Landesregierung. Hierbei ist auffallend, daß es sich insgesamt nur um drei Fälle handelt, von denen das "Gesetz zur Befriedung des Landtagsgebäudes,,218 und das "Gesetz über die Errichtung einer Akademie für politische Bildung,,219 bereits aus den 50er Jahren stammen. Somit ist lediglich Art. 14 III BayLpIG220 , nach dem die im Landesentwicklungsprogramm enthaltenen Ziele von der Staatsregierung mit Zustimmung des Landtags als Rechtsverordnung beschlossen werden, ein typischer Fall für die Aufnahme parlamentarischer Zustimrnungsvorbehalte seitens der Landesregierung. Zur Begründung war dazu im ursprünglichen Gesetzentwurf ausgeführt, daß Landesentwicklungsprogramrn sei "wegen seiner umfassenden Bedeutung und wegen seines politischen Gewichts den ,Staatleitenden Akten' zuzurechnen, bei denen ein Zusammenwirken von Regierung und Parlament mit dem Grundsatz der Gewaltenteilung (Art. 5 BV) vereinbar iSt.,,221 Die Mehrzahl der Zustimmungsverordnungen beruht jedoch auf entsprechenden Änderungen der Ge217 Vgl. Art. 5 III S.I u. 5 aIS. 1 Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern BayGO - i.d.F. der Bek. v. 22.8.1998, GVBI. S. 796; Art. 2, 8 11, 8 III S.1 Landkreisordnung für den Freistaat Bayern - BayLkrO - i.d.F. der Bek. v. 22.8.1998; GVBI. S. 827. Auf dieser Grundlage sind folgende Verordnungen ergangen: Verordnung zur Neugliederung Bayerns in Landkreise und kreisfreie Städte - Neugliederungsverordnung -; Verordnung zur BestimmunK der Namen der Landkreise und der Sitze der Kreisverwaltungen; Verordnung zur Anderung von Grenzen der Regierungsbezirke, Landkreise und kreisfreien Städte; Verordnung über kommunale Namen, Hoheitszeichen, Gebietsänderungen. 218 Die auf Grundlage des Art. 2 S.1 vom Bayerischen Staatsministerium des Innern im Einvernehmen mit dem Präsidenten des Landtages erlassene "Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Befriedung des Landtagsgebäudes" stellt eine besondere Erlaßfonn dar, zu der in der Begründung des Gesetzentwurfs v. 29. 11.1951 (Beilage 2240) ausgeführt ist: ,,Diese Bestimmung ist notwendig, um im Falle einer vorübergehenden Verlegung von Sitzungen des Landtags, seiner Ausschüsse an einen anderen Ort einen entsprechenden Bannkreis ohne besondere Gesetzesänderung schaffen zu können ... Mit Rücksicht auf das dann allenfalls erforderliche schnelle Handeln kann eine solche Änderung nicht dem Gang der Gesetzgebung unterworfen werden." 219 Art. 1211 S. 1 des Gesetzes unterstellt die Wahlordnung für den Bereich der Akademie für politische Bildung der Zustimmung des Landtages, " ... weil die Abgrenzung der wahlberechtigten Verbände und die Gestaltung des Wahlverfahrens in den Fällen, in denen sich mehrere Verbände auf gemeinsame Vertreter zu einigen haben, auch von politischer Bedeutung sein kann" (amtl. Begr. des Gesetzentwurfs, 1956/Beilage 16706). Eine derartige Regelung und Begründung ist nach Ansicht der Staatskanzlei in der bayerischen Gesetzgebungspraxis einzigartig, zumal es sich nur um ein beratendes Gremium handelt. Vergleichbare Forderungen zur Besetzung gewichtiger Organe wurden seitens des Landtages in späteren Gesetzesprojekten weder erhoben, noch hat die Staatsregierung von sich aus entsprechende Regelungen in ihre Gesetzentwürfe aufgenommen. 220Bayerisches Landesplanungsgesetz - BayLPIG - i.d.F. der Bek. v. 16.9.1977, GVBI. S. 500, zul. geänd. durch Gesetz v. 16.12.1999, GVBI. S. 521. 221 Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bayerischen Landesplanungsgesetzes v. 22.1.1981, LT-Drucks. 9/7160.

III. Einflußnahme auf Rechtsverordnungen

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setzentwürfe der Staatsregierung durch die Ausschüsse des Landtags, ohne daß diese jedoch ausdrücklich begründet werden. Die Staatskanzlei fiihrt diese Praxis jedoch auf das besondere politische Gewicht der Regelungen zurück. So würden die Zustimmungsvorbehalte, welche der Landtag in das Gesetz zur Vereinfachung und Beschleunigung baurechtlicher Verfahren Anfang der 90er Jahre eingefiigt habe und die sich auf die Bauordnung222, das Denkmalschutzgesetz223 und das Wassergesetz224 erstreckten, grundsätzliche Reformvorstellungen zur Aufgabenprivatisierung betreffen, bei denen der Landtag die Richtung mitbestimmen und mitkontrollieren wollte. Auch die in anderen Ländern gesetzlich verankerten Zustimmungsklauseln fiir den Erlaß von Rechtsverordnungen wurden häufig erst im parlamentarischen Verfahren in die gesetzliche Verordnungsermächtigung eingefiigt. 22S Die Motive des Gesetzgebers fiir einen einvernehmlichen Erlaß von Rechtsverordnungen sind ebenso unterschiedlich und lassen sich nicht ohne weiteres aus den amtlichen Begründungen der Gesetzentwürfe entnehmen. Eine Gesamtschau verdeutlicht aber auch hier eine Konzentration parlamentarischer Zustimmungsvorbehalte in bedeutsamen Bereichen der Landespolitik, insbesondere wenn die Re-

222 Vgl. die Verordnungsermächtigungen in Art. 90 IX, X u. XI Bayerische Bauordnung - BayBO - i.d.F. der Bek. v. 4.8.1997, GVBI. 1997 S. 434, die im Zusammenhang mit der Ersetzung von Aufgaben der Bauaufsichtsbehörde durch Übertragung auf private Sachverständige stehen: Sachverständigenverordnung-Bau - SVBau; Zusatzqualifikationsverordnung-Bau - ZQualVBau und Ermächtigung, Vorschriften fur Entwurfsverfasser durch Rechtsverordnung zu regeln. 223 Art. 12 III Gesetz zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler - BayDSchG - v. 25.7.1993, GVBI. S. 489, neu gefaßt durch Gesetz v. 12.4.1994, GVBI. S. 210 und geänd. durch Gesetz v. 16.12.1999, GVBI. S. 521 (Ermächtigung, zur Vereinfachung und Beschleunigung des denkmalschutzrechtlichen Erlaubnisverfahrens sowie der baurechtlichen Genehmigungs- und Zustimmungsverfahren Rechtsverordnungen mit Zustimmung des Landtags zu erlassen); Art. 21 11 S.4 BayDschG (Verordnung über den Entschädigungsfonds nach dem Denkmalschutzgesetz). 224 Art. 78 Bayerisches Wassergesetz - BayWG - i.d.F. der Bek. v. 19.7.1994, GVBI. S. 822 (Verordnung über private Sachverständige in der Wasserwirtschaft). 225 Beispielhaft sei auf § 15 des Gesetzes über Schulen in freier Trägerschaft SächsPrivSchulG - v. 4.2.1992, GVBI. S. 37, verwiesen. Der Gesetzentwurf der Landesregierung enthielt lediglich die Grundzüge der Personal- und Sachkostenzuschüsse fur staatlich anerkannte Ersatzschulen (vgl. Gesetzentwurf der Staatsregierung, LTDrucks. 1/923). Nach ausfuhrlicher Beratung im Ausschuß rür Schule, Jugend und Sport wurde eine einvernehmliche Fassung dieser Vorschrift beschlossen, die neben einer detaillierten Aufschlüsselung der Kostenbestandteile eine Festsetzung der Landeszuschüsse durch Rechtsverordnung vorsieht, die der Zustimmung des Haushalts- und Bildungsausschusses bedarf (Beschlußempfehlung des Ausschusses, LT-Drucks. 1/1165); vgl. § 15 11 S. 2, 3 des Gesetzes über Schulen in freier Trägerschaft i.V.m. VO über die Gewährung v. Zuschüssen f. Schulen in freier Trägerschaft v. 16.12.1997, GVBI. S. 682. 4 Schwanengel

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B. Fonnen parlamentarischer Einflußnahme

gelung im Verordnungswege das traditionelle Streitobjekt der Organisationsgewalt betrifrr26 . Während in Thüringen kommunale Gebiets- und Bestandsänderungen grundsätzlich durch Gesetz erfolgen und dem Innenminister nur bei einvernelunlichen Lösungen ein Verordnungsrecht zustehf27 , bedarf die durch Rechtsverordnung zu treffende Entscheidung zur Übertragung staatlicher Aufgaben auf kreisangehörige Gemeinden und die damit verbundene Verleihung des Status einer großen kreisangehörigen Stadt der Zustinnnung des Landtags 228 • Im Zuge der Erprobung neuer Steuerungsmodelle und der Einfiihrung dezentraler Verwaltungsstrukturen hat das Land Nordrhein-Westfalen ein Kommunalisierungsmodellgesetz229 erlassen, das zeitlich befristete Ausnahmen von organisatorischen und haushaltsrechtlichen Vorschriften der Kommunalordnung erlaubf30 und in bezug auf organisatorische Vorschriften des Landes eine Öffnungsklausel enthält, wonach das zuständige Ministerium im Einvernehmen mit dem Innenausschuß des Landtags durch Rechtsverordnung abweichende Regelungen erlassen darf3 !. Nach dem Berliner Museurnsstiftungsgesetz unterliegt die Errichtung weiterer Museurnsstiftungen und die damit verbundene Überfiihrung in die Rechtsform einer selbständigen juristischen Person durch Rechtsverordnung der Zustimmung des Abgeordnetenhauses. 232. Im Saarland ist die durch Rechtsverordnung aufzustellende Liste nichtstaatlicher Gremien und Ausschüsse, deren Mitglieder fiir ihre Tätigkeit eine Aufwandsentschädigung erhalten, dem Einvernehmen des Innenausschusses unterstellt. 233 In Brandenburg betrifft dies den 226 VgJ. Hartmut Maurer, (FN 95), § 21 RN 62 ff. Die Landesverfassungen bieten insofern ein uneinheitliches Bild, da sie die Organisationsgewalt entweder überhaupt nicht oder in unterschiedlicher Weise regeln. Als Tendenz läßt sich aber feststellen, daß der Gesetzgeber den Aufbau der Landesverwaltung insgesamt und die Zuständigkeiten zu regeln hat (vgJ. BVerfGE 40,237,250 f.), während die Einrichtung der Behörden Sache der Landesregierung ist; vgJ. Art. 77 I S. 2 BayVerf.; Art. 96 11 BbgVerf.; Art . 77 S. 2 NWVerf.; Art. 112 S. 2 SaarIVerf.; Art. 83 11 SächsVerf.; Art. 90 S. 3 ThürVerf. 227 § 9 11 u. III Thüringer Gemeinde- und Landkreisordnung - ThürKO - i.d.F. der Bek. v. 14.4.1998, GVBJ. S. 73. 228 § 6 IV S. 3 u. 4 ThürKO. 229 Gesetz rur ein Kommunalisierungsmodell - KommG - v. 25.11.1997, GVBJ. S.430. 230 VgJ. § 126 der Gemeindeordnung rur das Land Nordrhein-Westfalen - GO NW i.d.F. der Bek. v. 14.7.1994, GVBJ. S. 666, geänd. durch Gesetz v. 15.6.1999, GVBJ. S.386. 23! § 4 KommG; vgJ. dazu allgemein und zum Problem einer "Selbstverstümmelung" des Gesetzgebers: Hemd Grzeszick, Öffuungsklauseln rur die Kommunalverwaltung, Die Verwaltung, Bd. 30 (1997), S. 545 ff. 232 § 2 III S. 1 Gesetz über Museumsstiftungen des Landes Berlin - MuStG - v. 9.12.1998, GVBJ. S. 416. 233 § 1 11 des Gesetzes über die Entschädigung von Kommissionen und Ausschüssen, BS-Nr.204-1.

III. Einflußnahme auf Rechtsverordnungen

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Erlaß von Rechtsverordnungen über Aufgaben und Befugnisse der Beiräte fiir Denkmalschutz234 und Sozialhilfe235 • Die haushaltsrechtlichen Gründe fiir die Verankerung parlamentarischer Zustimmungsvorbehalte lassen sich am Beispiel der Verordnungsermächtigungen zur Förderung von Pflegeeinrichtungen illustrieren.236 Darüber hinaus fmden sich Zustimmungsrechte des Landtages vor allem im Bereich dominierender Landesgesetzgebung. So dürfen in Brandenburg die rechtspolitisch sensiblen DurchfUhrungsverordnungen zum Kindertagesstättengesetz237 , zum Volksabstimmungsgesetz238 und zum Landeswahlgesetz239 nur im Einvernehmen mit dem zuständigen Landtagsausschuß erlassen werden. Wie in Bayern wird auch in Sachsen der Landesentwicklungsplan durch Rechtsverordnung der Staatsregierung nach Zustimmung des Landtages fiir verbindlich erklärt. 240 Da in den Stadtstaaten Berlin und Hamburg die Bebauungspläne gemäß § 246 11 BauGB wegen der fehlenden kommunalen Ebene als Rechtsverordnung festgesetzt werden, haben beide Länder die Wirksamkeit dieser Pläne von der vorherigen parlamentarischen Zustimmung abhängig gemacht. 241 Durch die Einbeziehung des Parlaments soll ein Korrektiv zu der sonst üblichen Beschlußfassung durch den Gemeinderat geschaffen und der politischen Bedeutung der Planfestsetzung Rechnung getragen werden, da die Festsetzungen fiir die städtebauliche Ordnung sowohl innerhalb der Behörden-

234 § 6 III Brandenburgisches Denkmalschutzgesetz - BBgDSchG - v. 22.7.1991, GVBI. I S. 311. 235 § 11 V Gesetz zur Ausführung des Bundessozialhilfegesetzes - AG-BSHG i.d.F. der Bek. v. 26.7.2000, GVBI. I S. 126. 236 § 5 III Landespflegegesetz Brandenburg - PflegeG - i.d.F. der Bek. v. 11.5.1998, GVBI. I S. 158; § 13 III Sächsisches Pflegegesetz - SächsPflegeG - v. 25.3.1996, GVBI. S. 106. 237 § 23 I Kindertagesstättengesetz - KitaG - v. 10.6.1992, GVBI. I S. 178, geänd. durch Gesetz v. 7.6.1996, GVBI. I S. 182 und neugef. durch Gesetz v. 7.7.2000, GVBI. I S. 106. 238 § 70 I Gesetz über das Verfahren bei Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid - V AGBbg - v. 14.4.1993, GVBI. I S. 94. 239 § 50 Landeswahlgesetz für den Landtag Brandenburg - BbgLWahlG - v. 2.3.1994, GVBI. I S. 38. 240 § 4 I Sächsisches Landesplanungsgesetz - SächsLPIG - v. 24.6.1992, GVBI. S. 259, wobei das Zustimmungserfordernis auf einer Beschlußempfehlung des Ausschusses für Umwelt und Landesentwicklung beruht (vgl. LT-Drucks. 1/1788). 241 §§ 7 11, 8 I Berliner Ausführungsgesetz zum BauGB - AGBauGB - i.d.F. v. 7.11.1999, GVBI. S. 578, wonach die vom Senat (sonst: Bezirksamt) festzusetzenden Pläne, die von gesamtstädtischer Bedeutung sind oder die Erfordernisse der Verfassungsorgane des Bundes zu berücksichtigen haben, der vorherigen Zustimmung des Abgeordnetenhauses bedürfen. Nach § 3 Hamburger Bauleitplanungsfeststellungsgesetz i.d.F. v. 30.11.1999, GVBI. S. 271, bedürfen als Rechtsverordnung zu erlassende Bauleitpläne der vorherigen Zustimmung der örtlichen Bezirksversamm1ung. Wird die Zustimmung versagt, geht die Feststellungskompetenz auf die Bürgerschaft über, die die Pläne dann ggf. als Gesetz feststellt.

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B. Fonnen parlamentarischer Einflußnahme

hierarchie als auch unmittelbar gegenüber dem einzelnen Bürger rechtsverbindlich wirken242 • Besonders häufig sind Zustimmungsverordnungen im Bereich des Schulrechts, als einem Kernbereich der Kulturhoheit der Länder. So ermächtigt § 4 I S. 3 BaWüSchG243 das Kultusministerium zur Einrichtung neuer Schultypen durch Rechtsverordnung, die der Zustimmung des Landtags bedarf. Mit diesem Vorbehalt wollte der Gesetzgeber seiner bildungspolitischen Verantwortung Ausdruck und Gewicht verleihen und sich ein Mitentscheidungsrecht bei dieser den Kern der Schulorganisation betreffenden Frage erhalten. 244 Auch der Landesgesetzgeber in Nordrhein-Westfalen überträgt zahlreiche Maßnahmen sowohl der inneren Schul-(Bildungs-)Angelegenheiten wie auch der äußeren Schul-(Verwaltungs-)Angelegenheiten der Exekutive zur Regelung durch Rechtsverordnung und behält sich dabei die Zustimmung verschiedener Ausschüsse des Landtags vor. 245 Fragt man sich, warum die Errichtung, Aufgabenänderung oder Auflösung von Studentenwerken in § 3 I S. 2 BaWüStWG246 und § 82 III Nr. 1 BbgHG247 der Zustimmung des Landtags bedarf, fallt ein weiter Grund fiir die Statuierung parlamentarischer Zustimmungsvorbehalte auf. Nach bisheriger Rechtslage wurden die Studentenwerke unmittelbar durch Gesetz errichtet. Da diese wenig sachgerechte Lösung ein flexibles Reagieren auf 242 Vgl. § 8 I S.I BauGB; vgl. auch: Walter Krebs. Baurecht, in: Schmidt-Aßmann (Hrsg.), Besonderes Verwaltungsrecht, 11. Aufl., 1999, 4. Abschn, Nr. III 1 b; Klaus FinkelnburglKarsten-Michael Ortloff, Öffentliches Baurecht, Bd. I: Bauplanungsrecht, 5. Aufl 1998, S. 90. 243 Schulgesetz für Baden-Württemberg - SchG - i.d.F. v. 1.8.1983, GBI. S. 397. 244 Vgl. Wilhelm HolfelderlWolfgang Bosse. Schulgesetz für Baden-Württemberg, I I. Aufl. 1993, § 4 RN 2. 245 Vgl. das Schulverwaltungsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen - SchVG i.d.F. der Bek. v. 18.1.1985, GVBI. S. 155): Nach § 5 V NWSchVG unterliegt die Rechtsverordnung über die schulfachliche und organisatorische Zusammenarbeit der Schulen (Kooperationsverordnung; GVBI. 1995, S. 360) der Zustimmung des Ausschusses für Schule und Weiterbildung des Landtags. Die Rechtsverordnung über die Grundsätze der Schulentwicklungsplanung (§ 10 b V NWSchVG: SEP-VO, GVBI. 1983, S. 256) bedarf ebenfal1s der Zustimmung des o.g. Ausschusses sowie des Ausschusses für Kommunalpolitik. Die Rechtsverordnung über die personenbezogene Datenverarbeitung im Schulbereich (§ 19 b III NWSchVG: VO-DV, GVBI. 1995, S. 356) bedarf ebenfal1s einer Zustimmung des Schulausschusses. Bis zur Änderung des § lOb NWSchVG durch Gesetz v. 15.6.1999, GVBI. S. 408, wurden auch die Grundsätze der Schulentwicklungsplanung durch eine Zustimmungsverordnung festgelegt. Besondere Tragweite dürfte den Zustimmungsvorbehalten zum Erlaß der Al1gemeinen Schulordnung (§ 26 I NWSchVG: ASchO, GVBI. 1978, S. 552) und der für die einzelnen Bildungsgänge zu erlassenden Ausbildungs- und Prüfungsordnungen (§ 26 b I NWSchVG) zukommen, wobei al1ein auf Grundlage des § 26 b I NwSchVG 21 Rechtsverordnungen erlassen wurden. 246 Gesetz über die Studentenwerke im Lande Baden-Württemberg - StWG - v. 15.7.1999, GBI. S. 299. 247 Gesetz über die Hochschulen des Landes Brandenburg - BbgHG - v. 20.5.1999, GVBI. I S. 130.

III. Einflußnahme auf Rechtsverordnungen

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die sich ständig ändernden Rahmenbedingungen kaum zuließ, sah sich der Gesetzgeber zur Übertragung dieses Regelungsbereiches auf die Verordnungsebene gezwungen, ohne sich allerdings seiner tradierten Entscheidungsrechte berauben zu wollen. 248

c) Die Ä·nderungsverordnung Gegenüber dem Mitwirkungsrecht des Parlaments in Form der vorherigen Zustimmung zu Verordnungen hat die dem Parlament im Rahmen der Änderungsverordnung zustehende Befugnis der Inhaltsgestaltung eine andere Qualität. Während die Verordnungsermächtigung mit Zustimmungsvorbehalt trotz der praktischen Variante antizipierter Zustimmung konzeptionell darauf angelegt ist, lediglich ein Inkrafttreten der Verordnung zu verhindern, ermöglicht der Änderungsvorbehalt dem Parlament ein gestaltendes Eingreifen in die Rechtsetzung auf Verordnungsebene. 249 Im Rahmen der Verordnungsermächtigung behält sich dabei das Parlament die Befugnis vor, die ihm zugeleitete Rechtsverordnung durch schlichten Parlamentsbeschluß inhaltlich nach eigenen Vorstellungen abzuändern, wobei die parlamentarisch beschlossenen Änderungen für die Exekutive beim Verordnungserlaß rechtsverbindlich sind. 250 Dabei kann die direkte Einflußnahme des Parlaments bis zur inhaltlichen Neugestaltung der Verordnung reichen, da sich weder dem Wortlaut der Verordnungsermächtigung noch der jeweiligen Gesetzessystematik üblicherweise Kriterien für eine Einschränkung entnehmen lassen. 251 Im Spannungsverhältnis zwischen gesetzgeberischer Entlastungsmöglichkeit und Sicherung parlamentarischer Einflußnahme auf den Regelungsinhalt der delegierten Rechtsetzung fUhrt diese Mitwirkungsform zu einer so eindeutigen Akzentverschiebung, daß diese bereits als Verordnungsbefugnis des Parlaments bezeichnet wird. 252

248 Eine andere Begründung enthält auch der Gesetzentwurf nicht, in dem lediglich lapidar auf die grundlegende Bedeutung der Bestandsänderungen für das betroffene Studentenwerk verwiesen wird; vgl. Amtl. Begr. zum Studentenwerksgesetz BadenWürttemberg, LT-Drucks. 12/3970, S. 24. 249 Karl-Peter Sommermann (FN 16), S. 436; Silke Thomsen (FN 170), S. 990; Hans Heinrich Rupp, Rechtsverordnungsbefugnis des Deutschen Bundestages, NVwZ 1993, S. 756, 757; Rainer Lippold, Erlaß von Verordnungen durch das Parlament und Wahrnehmung des Parlamentsvorbehalts durch Schweigen?, ZRP 1991, S. 254, 254 f. 250 Arnd Uhle (FN 97), S. 129. 251 Silke Thomsen (FN 170), S. 990; Ola! Konzak (FN 8), S. 1109; Hans Heinrich Rupp (FN 249), S. 757 f.; Rainer Lippold (FN 249), S. 255. 252 OIa! Konzak (FN 8), S. 1107; Hans Heinrich Rupp (FN 249), S. 758.

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B. Fonnen parlamentarischer Einflußnahme

d) Die Aufhebungsverordnung Im Gegensatz zur Mitwirkung des Parlaments an der exekutiven Norrnsetzung durch echte oder fingierte Zustimmung sowie inhaltliche Änderung erstreckt sich der Kassationsvorbehalt nicht auf das Zustandekornrnen einer geplanten Rechtsverordnung, sondern lediglich auf den Bestand einer bereits erlassenen und damit Rechtswirkungen entfaltenden Verordnung. 253 Der V orbehalt ermöglicht es dem Parlament, durch einfachen Beschluß Rechtsverordnungen außer Kraft zu setzen oder die Exekutive zur unverzüglichen Aufhebung der erlassenen Rechtsverordnung zu verpflichten. 254 Rechtstechnisch wird ein Kassationsvorbehalt häufig mit der Befugnis zur nachträglichen Änderung des Inhalts der bereits erlassenen Rechtsverordnung verbunden. So bestimmt § 50 I des Bremischen Polizeigesetzes255 : ,,Die von den Landespolizeibehörden ... erlassenen Polizeiverordnungen sind unverzüglich der Bürgerschaft (Landtag) vorzulegen. Sie sind auf Verlangen der Bürgerschaft (Landtag) abzuändern oder aufzuheben." Eine besondere Form sind die sogenannten "Nachlaufverordnungen", welche die Mitwirkungstechniken der Zustimmung und Aufhebung miteinander verbindet. 256 Hierbei wird die Exekutive zugleich mit der Ermächtigung zum Erlaß einer Rechtsverordnung dazu verpflichtet, dem Parlament innerhalb einer bestimmten Frist nach Verkündung der vorläufigen Verordnung einen wörtlich damit übereinstimmenden, nunmehr zustimmungsbedürftigen Verordnungsentwurf vorzulegen. Mit der Zustimmung zu dieser ,,Nachlaufverordnung" wird die vorläufige Verordnung aufgehoben beziehungsweise bei Verweigerung der Zustimmung die Exekutive zur unverzüglichen Aufhebung der ersterlassenen Rechtsverordnung verpflichtet. Diese Mitwirkungstechnik fand vor allem in den ersten Jahrzehnten der Staatspraxis des Bundes Anwendung.

Jürgen Jekewitz (FN 14), S. 959. Gunter Kisker (FN 90), S. 22 f.; Fritz Ossenbühl (FN 6), § 64 RN 51. 255 Brernisches Polizeigesetz - BrernPolG - v. 21.3.1983, GBI. S. 141. 256 Vgl. Arnd Uhle (FN 97), S. 121, der dies als Unterfan des Zustimmungserfordernisses begreift, während Ossenbühl (vgl. Fritz Ossenbühl (FN 6), § 64 RN 51) darin richtigerweise eine Variante des Aufhebungsverlangens sieht. 253

254

C. Zu lässigkeit und Grenzen parlamentarischer Einflußnahme durch Gesetz I. Die gesetzesrangige Änderung von Verordnungs bestimmungen Der Ausgangspunkt für die Erörterung der gesetzesförmlichen Einflußnahme ist der Befund der ,,konservierenden Delegation,,257 der Rechtsetzungsbefugnis. Weder die gesetzliche Ennächtigung noch der Erlaß einer Rechtsverordnung fUhren zu einer Exemtion des Parlaments von der delegierten Regelungsmaterie. 258 Die Übertragung der Normsetzungskompetenz erfolgt unter dem Vorbehalt jederzeit möglicher Aktivierung der Gesetzgebungskompetenz. Da die verfassungsrechtliche Verordnungsennächtigung i.S.d. Art. 80 I S. 1 GG den Verordnungs geber nicht vom Vorrang des Gesetzes suspendiert, kann der Gesetzgeber einen Sachbereich, den er der Exekutive zur normativen Ordnung überlassen hat, jederzeit und ohne förmlichen Widerrufsakt wieder an sich ziehen lmd durch Ausübung seiner originären Gesetzgebungsbefugnis selbst regeln. 259 Die Ennächtigung des Gesetzgebers zum Erlaß von Rechtsverordnungen ist demnach nur ,,zuschiebend", nicht "abschiebend".260 Der Verordnungsgeber erlangt kein Rechtsetzungsmonopol, sondern bekommt unter dem Vorbehalt jederzeitigen Widerrufs eine Rechtsetzungsbefugnis zur eigenständigen Wahrnehmung übertragen. 261 Dieser Ausgangsbefund spricht zunächst für die Zulässigkeit einer gesetzesförmlichen Aufhebung und Änderung bestehender Rechtsverordnungen. Während die Aufhebung einer geltenden Rechtsverordnung durch formelles Gesetz und der Erlaß einer gesetzlichen Vollregelung unproblematisch ist, wirft die Änderung des Inhalts in Geltung befmdlicher Rechtsverordnungen die Frage

257 Der Begriff geht zurück auf: Heinrich Triepel. Delegation und Mandat im öffentlichen Recht - eine kritische Studie, 1942, S. 36 ff. u. 53 f. 258 Michael Nierhaus. Bonner Kommentar zum 00, Art. 80 RN 185; Jan Ziekow (FN 51), S. 964. 259 Dieler Wilke (FN 179), S. 214 f.; Michael Kolulla. Fortgeltung von Rechtsverordnungen nach dem Wegfall ihrer gesetzlichen Grundlage?, NVwZ 2000, S. 1263, 1264. 260 Brun-Otto Bryde. in: v. MünchlKunig, GG-Kommentar, Art. 80 RN 5. 261 Vgl. Dieler Wilke (FN 259), S. 215, der aber insofern ungenau von einer Beteiligung an der Gesetzgebungsmacht spricht.

C. Grenzen der Einflußnahme durch Gesetz

56

auf, in welcher Weise diese Verordnungsänderung erfolgt. Hierbei bieten sich zwei Betrachtungsweisen an. Bei einem wörtlichen Verständnis könnte man von einer unmittelbaren ModifIkation der Verordnung ausgehen. Hierbei würde eine Verordnungsbestimmung durch die gesetzliche Regelung neu gefaßt, sich also an der Verordnungsqualität der Bestimmung durch die gesetzliche Novellierung nichts ändern. 262 In diesem Fall würde das Gesetz als Verordnung gelten. 263 Bei einer unmittelbaren Verordnungsänderung durch Gesetz würde der Gesetzgeber gleichzeitig als Verordnungs geber fungieren. Gerade dies ist aber unstreitig unzulässig. Im Rahmen des Rechtsetzungsverfahrens kann der Gesetzgeber Handlungsform und Handlungserfolg nicht frei wählen. 264 Wenn der Gesetzgeber eine Verordnung oder Verordnungsermächtigung ändern und die Regelungskompetenz an sich ziehen will, muß er dies durch förmliches und mit Vorrang ausgestattetes Gesetz in einem besonderen Modalitäten und Bedingungen unterworfenen Verfahren tun. Die ,,Änderung" der Rechtsverordnung durch Parlamentsgesetz könnte aber auch als Verfahrensweise interpretiert werden, die nicht unmittelbar in den Normbestand der betreffenden Verordnung eingreift, sondern mittelbar über den Vorrang des Gesetzes durch Normierung eines bislang verordnungsrechtlich geregelten Sachbereichs die bislang geltende Verordnungsbestimmung "überspielt" mit der Folge, daß diese nicht mehr anwendbar ist. 26s Gegen dieses punktuelle Eindringen des Gesetzgebers in den Rechtsetzungsakt des Verordnungsgebers wird eingewandt, daß diese Aufspaltung der Normierung und die damit einhergehende Gemengelage normativer Äußerungen unterschiedlichen Ranges gegen das rechtsstaatliche Gebot der Rechtssicherheit und -klarheit verstÖßt. 266 Dieser Einwand erscheint jedoch wenig überzeugend, da das prinzipielle Nebeneinander von gesetzes- und verordnungsrangigen Normen bereits Ausfluß der verfassungsrechtlichen Vorgaben exekutiver Rechtsetzung ist. 267 Der Rangunterschied fiihrt auch nicht zur Verunsicherung des Normadressaten, da für ihn nur die insofern gleiche Bindungswirkung268 und nicht der Normgeber von Belang ist. 269 Von Bedeutung ist das gesetzgeberische Eingreifen allein VgJ. Stefan Studenroth (FN 170), S. 533. Rainer Lippold (FN 249), S. 256. 264 Stefan Studenroth (FN 170), S. 533; Arnd Uhle (FN 97), S. 294; vgJ. auch BVerfGE 22, 230, 346: ,,Der Bundestag kann Gesetze, nicht Verordnungen erlassen" (= BVerfGE 24, 184, 199). 265 Stefan Studenroth (FN 170), S. 533; Arnd Uhle (FN 97), S. 294. 266 Helmut Sinn (FN 181), S. 36; Christian Seiler (FN 198), S. 56 f. 267 Arnd Uhle. Verordnungsänderung durch Gesetz und Gesetzesänderung durch Verordnung?, DÖV 2001, S. 241, 243. 268 VgJ. BVerfGE 18,52,59; 19, 17,29. 269 Manfred Lepa (FN I), S. 351. 262 263

11. Rückkehr zum einheitlichen Verordnungsrang

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fiir den Verordnungsgeber, dessen Normsetzungsbefugnis entzogen wird und der die neue, nunmehr gesetzliche Regelung nicht selbst abändern darf. Darüber hinweghelfen soll der Vorbehalt sogenannter "Entsteinerungsklauseln", welche die durch Gesetz veränderten Verordnungspassagen wieder der Änderungsbefugnis des Verordnungsgebers unterstellen.

11. Die Rückkehr zum einheitlichen Verordnungsrang und das Institut der "Entsteinerungsklauseln" Hat der Gesetzgeber aus Gründen der Praktikabilität neben dem Gesetz auch das dazugehörige Verordnungsrecht novelliert, will er durch den Vorbehalt sogenannter "Entsteinerungsklauseln" sicherstellen, daß die gesetzlichen Änderungen des Verordnungsrechts nur so lange Geltung beanspruchen, bis der Verordnungsgeber diese Regelungsmaterie durch eine entsprechende oder anderslautende Regelung im Verordnungswege wieder einheitlich normiert hat. Geht man also davon aus, daß der Gesetzgeber in der ihm zugewiesenen Rechtssatzform gehandelt und unter Ausnutzung seiner fortbestehenden Gesetzgebungskompetenz einzelne verordnungsrangige Regelungen durch vorrangig geltende Gesetzesnormen inhaltlich neu gefaßt haf 70 , stellt sich die Frage, ob er den Verordnungsgeber darüber hinaus ermächtigen kann, seine gesetzgeberische Entscheidung zu korrigieren. Derartige Verordnungsvorbehalte haben vor allem in den 60er Jahren unter dem Schlagwort "gesetzesmodiflzierender Verordnungen" eine breite staatsrechtliche Diskussion ausgelöst. 271 Da die Verordnungsgebung immer auf gesetzlichen Ermächtigung beruhen muß und damit sowohl negativ wie positiv durch ihr Verhältnis zum Gesetz bestimmt wird, können derartige Verordnungen wegen der Nachrangigkeit des Verordnungsrechts nicht den Charakter gesetzesgleicher (-vertretender) Normen haben. 272 Vorhergehendes und vorrangiges Gesetzesrecht kann durch Verordnungen nicht verdrängt werden. 273 Beruht 270 Vgl. dazu bildhaft: Arnd Uhle (FN 267), S. 241, wonach eine "Rückkehr" zum einheitlichen Verordnungsrang nur dann erfolgen kann, wenn zuvor ein ,,Abschied" von demselben durch eine Modifikation mit Gesetzesrang erfolgte. 271 Vgl. Helmut Sinn (FN 181), S. 652 ff.; Dieter Wilke (FN 259), S. 243 ff.; Manfred Lepa (FN 1), S. 352 ff.; Christoph Peter, Darf der Bundesgesetzgeber zum Erlaß gesetzesändemder Rechtsverordnungen ermächtigen?, AÖR Bd. 92 (1967), S. 357 ff.; Klaus Stern, Zur Fortgeltung vorkonstitutionellen Rechts, JuS 1961, S. 350 ff. 272 Vgl. Brun-Otto Bryde, in: v. MünchlKunig, GG-Kommentar, Art. 80 RN 3 m.w.N. 273 BVerfGE 8, 155, 169 f. Auch das GG kennt abgesehen von einigen obsolet gewordenen Übergangsregelungen (Art. 119, 127, 132 IV GG) und der thematisch eng begrenzten Regelung des Art. 115 k GG keine Verordnungen mit einfacher Gesetzeskraft mehr.

C. Grenzen der Einflußnahme durch Gesetz

58

die "gesetzesverdrängende" Wirkung aber auf der durch einen entsprechenden Verordnungsvorbehalt eingeräwnten Befugnis des Verordnungs gebers, Ausnahmen oder abweichendes von der gesetzlichen Regelung zu bestinunen, bringt der Gesetzgeber damit zum Ausdruck, daß er seine Kompetenz zur Regelung eines Sachkomplexes nur begrenzt in Anspruch nimmt und mit seinem Regelungsanspruch zurücktritt, soweit der Verordnungs geber eine andere Sachregelung erläßt. 274 Der Gesetzgeber bringt damit einen ausdrücklich zugunsten der Rechtsverordnung reduzierten, subsidiären Geltungsanspruch des formellen Gesetzes zum Ausdruck. Diese auf der Idee der Subsidiarität des Gesetzesbefehls beruhende Begründung für die verfassungsrechtliche Zulässigkeit derartiger Ermächtigungen wird in der Literatur weitgehend anerkannt. 275 Auch das Bundesverfassungsgericht betrachtet derartige Verordnungsvorbehalte als mit dem Vorrang des Gesetzes vereinbar, "wenn die gesetzesverdrängende Wirkung auf einem ausdrücklich zugunsten der Rechtsverordnung reduzierten - subsidiären - Geltungsanspruch des Gesetzes beruht, die Rechtsverordnung also nur eine aufgrund der gesetzlichen Ermächtigung gestattete Möglichkeit zur Gesetzesausführung nutzt".276 Da der Verordnungsvorbehalt aber als Ausnahmevorschrift im Gesetz selbst enthalten ist, führt seine Ausnutzung ebensowenig zu einer ,,Änderung" des Gesetzes wie die Ausnutzung eines verfassungsrechtlichen Gesetzesvorbehalts, weshalb der Begriff der "gesetzesändernden Rechtsverordnung" mißverständlich ist. 277 Derartige Verordnungen sind nicht gesetzesändernd sondern ebenso gesetzesausfiihrend,278 so daß der Verordnungsgeber auch nicht über das Gesetzes disponiert279 , sondern dieses gemäß des gesetzgeberischen Willens planmäßig anwender 80 • Das Gesetzmäßigkeitsprinzip verwehrt es dem Gesetzgeber nicht, seine eigene Regelung unter den Vorbehalt einer künftig abweichenden Regelung des Verordnungsgebers zu stellen und insoweit den Vorrang des Gesetzes durch einen Verordnungsvorbehalt zu überwinden. 281 Dabei ist jedoch zu beachten, daß derartige Verordnungsvorbehalte in Gestalt von ,,Entsteinerungsklauseln" weder den Gesetzgeber noch die Verwaltung von den Anforderungen des Bestinuntheitsgrundsatzes i.S.d. Art. 80 I S. 2 GG entbindet. Beschließt der Gesetzgeber eine Verordnungsänderung, mit der er Man/red Lepa (FN I), S. 354. Michael Nierhaus, Sonner Kommentar zum GG, Art. 80 RN 234; Jörg Lücke, in: Sachs, GG-Kommentar, Art. 80 RN 9; Fritz Ossenbühl (FN 6), § 64 RN 22. 276 SVerfG NJW 1998, S. 669,670. 277 Brun-Otto Bryde, in: v. MünchlKunig, GG-Kommentar, Art. 80 RN 3; Michael Nierhaus, Sonner Kommentar zum GG, Art. 80 RN 234. 278 Jörg Lücke, in: Sachs, GG-Kommentar, Art. 80 RN 9. 279 So: Arnd Uhle (FN 267), S. 246. 280 So ausdrücklich: Michael Nierhaus, Sonner Kommentar zum 00, Art. 80 RN 234. 281 Insoweit zutreffend: Christian Seiler (FNI98), S. 55 f. 274 275

11. Rückkehr zum einheitlichen Verordnungsrang

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die Vorgaben des ursprünglichen, ihn aber nicht bindenden Ermächtigungsrahmens überschreitet, und unterstellt er anschließend die durch Gesetz veränderten Verordnungspassagen mittels einer "Entsteinerungsklausel" wieder der Änderungsbefugnis des Verordnungsgebers, würde letztlich eine Überschreitung des Ermächtigungsrahmens sanktioniert. 282 Bei einer solchen Konstellation würde die Einhaltung des (ursprünglichen) Ermächtigungsrahmens in das Belieben des Ermächtigungsadressaten gestellt. Mit dieser Freistellung von der rechtsverbindlichen Begrenzung des Ermächtigungsrahmens wird jedoch die Einhaltung des Bestirrnntheitsgrundsatzes in verfassungsrechtlich unzulässiger Weise unterlaufen. 283 Praktisch könnte die Regierung so eine geplante Verordnungsänderung bei Zweifel über die Reichweite des Ermächtigungsrahmens dem Gesetzgeber zuschieben, der über einfache Inhaltsänderung der Rechtsverordnung, die Überschreitung sanktioniert. Wird die Exekutive folglich durch "Entsteinerungsklauseln" ermächtigt, durch Gesetz veränderte Verordnungspassagen erneut durch Verordnung gesetzesersetzend zu regeln, bleibt sie an die ursprüngliche Ermächtigung gebunden und muß die darin enthaltenen Ermächtigungsgrenzen beachten. Eine entsprechende Fassung enthält Art. VI § 5 des schleswig-holsteinischen Haushaltsgesetzes 1994, das die gesetzesrangige Änderung verschiedener Landesverordnungen über die Bildung gemeinsamer Amtsgerichte "aufgrund der jeweils einschlägigen Ermächtigung" der erneuten Änderungs- beziehungsweise Aufhebungsbefugnis des ursprünglichen Verordnungsgebers unterstellt. 284 Eine Erweiterung des Ermächtigungsurnfangs muß im Änderungsgesetz selbst hinreichend bestirrnnt sein. 285 Dies erweist sich vor allem deshalb als problematisch, weil zwischen Bestimmtheitsmaßstab sowie Erkennbarkeit und Deutlichkeit von Verordnungsermächtigungen unterschieden werden muß. 286 Die eingangs dargestellten Probleme der Abhängigkeit des Bestimmtheitsgrades von der Eigenart der Regelungsmaterie und der Ausstrahlungswirkung des Ermächtigungszwecks auf Inhalt und Ausmaß potenzieren sich bei einer Dualität von ursprünglicher und erweiterter Ermächtigung. Schon aus dem verfassungsrechtlichen Zitiergebot ergibt sich, daß die erweiterte Verordnungsermächtigung in einer konkreten Ermächtigungsvorschrift speziftziert sein muß. 287 Vgl. Arnd Uhle (FN 97), S. 292. Peter Conradi, Deutscher Bundestag und Rechtsverordnung, NVwZ 1994, S.977. 284 Schleswig-holsteinisches Haushaltsbegleitgesetz 1994 v. 8.2.1994, GVBI. 1994, S. 124, Art. VI, Neuordnung von Amtsgerichten. 28S V gl. zur Akzessorietät zwischen Rechtsverordnung und Ermächtigungsnorm: Michael Kotulla, (FN 259), S. 1264. 286 Michael Nierhaus, Bonner Kommentar zum GG, Art. 80 RN 304 f. 287 V gl. Michael Sachs, Bestimmtheit der Ermächtigungsgrundlage für Gurtanlegepflicht und deren Bußge\dbewährung, BayVBI. 1987, S. 209,210. 282

283

D. Die parlamentarischen Beteiligungsvorbehalte im Kontext des Rechtsstaats- und Gewaltenteilungsprinzips I. Die Grundlagen der verfassungsrechtlichen Beurteilung Eindeutig ist zunächst, daß sich ein über die Formulierung des Ermächtigungsrahmens hinausgehendes Mitwirkungsrecht des Gesetzgebers beim Erlaß von Rechtsverordnungen dem Wortlaut der Verfassungsbestimmungen nicht entnehmen läßt. Weder aus der Beteiligungsbefugnis des Bundesrates gemäß Art. 80 11 GG, noch aus den wenigen Spezialvorschriften in Grundgesetz und Landesverfassungen über die Mitwirkung gesetzgebender Körperschaften an der Verordnungsgebung kann nach einhelliger Auffassung in Lehre 288 und Rechtsprechung289 der Umkehrschluß gezogen werden, daß die Verordnungsgebung im übrigen verfassungsrechtlich nur ohne Parlamentsbeteiligung erfolgen kann. Da einschlägige Vorschriften fehlen, muß die Antwort auf die Frage nach der Zulässigkeit einzelner Mitwirkungsformen in Auseinandersetzung mit den allgemeinen Grundsätzen des Verfassungsrechts gewonnen werden. Betrachtet man das Kompetenzgefiige der Verfassungen von Bund und Ländern im Lichte der ihnen allen zugrunde liegenden Strukturprinzipien, können sich Grenzen parlamentarischer Mitwirkung an der Verordnungsgebung vor allem aus dem Rechtsstaatsprinzip und dem darin eingeschlossenen Grundsatz der Gewaltenteilung ergeben.

11. Die Funktionsgerechtigkeit von Gesetz- und Verordnungsgebung Die Normgebungsgewalt der Exekutive verweist mit der Aufspaltung der Legislativfunktion zwischen Parlament und Verwaltung, als einem "Grundproblem aller demokratisch verfaßter Staaten"290, auf den Schnittpunkt des Gewaltentei-

288 Fritz Ossenbühl (FN 6), § 64 RN 53; SIe/an Studenroth (FN 170), S. 527; Silke Thomsen (FN 170), S. 991; Claus Pegatzky (FN 20), S. 117; Hans Heinrich Rupp (FN 249), S. 757; Gunter Kisker (FN 90), S. 27 f. 289 BVerfGE 8, 274, 322; BVerwGE 59, 48, 49 f. 290 Fritz Ossenbühl (FN 6), § 64 RN 8.

11. Funktionsgerechtigkeit

61

lungsprinzips29\, das als tragendes 292 und unantastbares293 Organisationsprinzip einen besonderen Rang in der Verfassungsordnung einnimmf94 . Als Organisationsprinzip einer freiheitlichen Staatsform ergibt sich die juristische Bedeutung und Verwertbarkeit des Gewaltenteilungsprinzips aus den konkreten Bestimmungen und Wirkungszusammenhängen des positiven Verfassungsrechts, so daß die Berufung auf den Grundsatz als solchen stets ein zweifelhaftes Unterfangen ist. 295 Vor dem Hintergrund des Grundsatzes der Gewaltenteilung ist die Verordnungsgebung als Form exekutiver Rechtsetzung in verschiedener Hinsicht problernatisierbar. Die exklusive Dominanz des delegierenden Gesetzgebers bekräftigt zunächst die Rechtsetzungsprärogative des Parlaments. Der Vorrang des Gesetzes (Art. 20 III GG) und die ihm folgende Gesetzesazessorität des Bestimmtheitsgebots i.S.d. Art. 80 I S. 2 GG verlangen eine legislative Programmvorgabe der exekutiven Normsetzung. 296 Darüber hinaus ist die verfassungsrechtliche Verordnungsermächtigung aber auch Ausdruck ,,kooperativer Rechtsetzungszuständigkeit,,297, wodurch die Elemente funktionaler Gewaltenteilung in den Blick kommen. Rechtsverordnungen haben die Funktion, Gesetzesinhalte zu konkretisieren, zu ergänzen, zu vervollständigen und vollzugsfahig zu gestalten und weisen damit der normgebenden Exekutive eine eigenständige Aufgabe zu. Demgemäß sind Art. 80 I GG und die entsprechenden landesverfassungsrechtlichen Ermächtigungsnormen nicht nur verfassungshistorische Reaktion auf ein in Weirnarer und nationalsozialistischer Zeit gewachsenes Mißtrauen gegenüber der Exekutive, sondern verfassungsgesetzlicher Ausdruck der Verteilung der Normsetzungsgewalt auf unterschiedliche Funktionsträge?98. Aus dieser Kompetenzverteilung ergeben sich Anhaltspunkte für Zulässigkeit und Grenzen einer parlamentarischen Mitwirkung an der Verordnungsgebung.

Michael Nierhaus, Bonner Kommentar zum GG, Art. 80 RN 19. BVerfDE 3, 225, 247; 34, 52, 59. 293 BVerfDE 30, 1,27 f. mit Verweis auf seine Teilhabe an der "Ewigkeitsgarantie" des Art. 79 III GG. 294 Ernst-Wolfgang Böckenforde (FN 175), S. 13, für den die Gewaltenteilung als verfassungsgestaltende Grundentscheidung den Charakter eines legal nicht aufheb baren Organisationsprinzips hat. 295 Claus Pegatzky (FN 20), S. 74 m.w.N. 296 Michael Nierhaus, Bonner Kommentar zum GG, Art. 80 RN 72 u. 77. 297 Thomas v. Danwitz (FN 38), S. 48 ff. m.W.N. 298 VgJ. Fritz Ossenbühl (FN 16), S. 307 ff. 291

292

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D. Parlamentarische Beteiligung und Gewaltenteilungsprinzip

III. Die Beteiligungsvorbehalte im Argumentationsraster des Bundesverfassungsgerichts Das Bundesverfassungsgericht hat parlamentarische Beteiligungsvorbehalte an der Verordnungsgebung weitgehend mit der Rechtstechnik der "unechten Delegation" gerechtfertigt. Für den Teilbereich der legislativen Zustimmungsvorbehalte war die Argumentationsweise derart erfolgreich, daß sie von zahlreichen Autoren für die Staathaftigkeit dieser Mitwirkungsfonn herangezogen wurde. 299 Dabei arbeitet das Gericht mit der Rechtsfigur der bedingten Delegation, wonach "Ennächtigungen zum Erlaß von ,Zustimmungsverordnungen' im Vergleich zur vollen Delegation der Rechtsetzung auf die Exekutive ein Minus (enthalten)".300 Dem Zweck der gesetzlichen Ennächtigung, eine Selbstentäußerung des Parlaments zu verhindern, werde erst recht genügt, wenn sich der Gesetzgeber bei der Übertragung der Rechtsetzungsbefugnis eine weitere Beteiligung vorbehält. Im Argumentationsraster des Gerichts kommt die Zustimmungsverordnung dem Gewaltenteilungsgrundsatz näher als ein ausschließlich exekutiv beeinflußter Rechtsetzungsakt. Methodisch gesehen handelt es sich hierbei um ein klassisches argumentum a maiore ad minus, das es gestattet, die Rechtsfolge eines Tatbestandes im Wege eines Erst-recht-Schlusses auf einen anderen zu übertragen, wenn dieser als ein Unterfall, ein Minus, des ersten angesehen werden kann. 301 Dabei ist zunächst der Einwand zu beachten, daß derartige Erst-recht-Schlüsse angesichts der rechtsstaatlichen Struktur und Fonnenstrenge der Verfassung in kompetenzrechtlichen Zusammenhängen unzulässig sind. 302 Aber auch wenn man von diesem grundsätzlichen Argument absieht, erweist sich diese ,,PluslMinus"-Argumentation als einseitig und wertungswidersprüchlich. So hat das Gericht Bedenken hinsichtlich der Einhaltung der Verantwortungszurechenbarkeit zwar erkannt, sich jedoch nicht näher mit ihnen auseinandergesetzt. 303 Trotz der Feststellung, die Praxis der parlamentarischen Zustimmung trage nicht zur klaren Abgrenzung der Verantwortungsbereiche von Legislative und Exekutive bei, rechtfertigt es das Verfahren eines beiderseitigen Einvernehmens mit dem konkurrenzschaffenden Charakter der Delegation, wonach dem Parlament neben der ohnehin bestehenden Gesetzgebungskompetenz 299 Vgl. allein in der Kommentarliteratur: Hartmut Bauer, in: Dreier (Hrsg.), GGKommentar, Art. 80 RN 25; Dieter Wilke, in: v. MangoldtIKlein, GG-Kommentar, Art. 80 Anm. V 8 a; Brun-Otto Bryde, in: v. MünchIKunig, GG-Kommentar, Art. 80 RN 5 m.w.N. 300 BVerfDE 8, 274, 32\. 301 Vgl. zur Argumentationsfigur: Karl Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. Aufl. 1991, S. 389 f. 302 Hans Heinrich Rupp (FN 249), S. 758; Claus Pegatzky (FN 20), S. 78. 303 BVerfGE 8, 274, 32\.

III. Argumentation des Bundesverfassungsgerichts

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ein von vornherein nicht delegierter Teil der Normierungskompetenz verbleibt. Diese "PluslMinus"-Argumentation von vollständiger und bedingter Delegation der Rechtsetzungsbefugnis stellt die Frage nach dem Rechtscharakter des Beteiligungsaktes. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts suspendiert die Notwendigkeit der Zustimmung nicht von den Voraussetzungen der gesetzlichen Ennächtigung, sondern erschwert lediglich deren Ausübung. 304 Die Verfassung kennt als Rechtsetzungsinstrurnent nur das Gesetz und die Rechtsverordnung, nicht aber eine zwischen ihnen stehende, aus beiden zusammengesetzte Form der Rechtsetzung, welche nach Auffassung ihrer Befiirworter die Flexibilität der Verordnungsgebung und die Mitverantwortung des Parlaments im Interesse weiterer demokratischer Legitimation sinnvoll verbindet. 305 Die Konstruktion einer ,,Form der Rechtsetzung, die zwischen der fiir Rechtsverordnungen und der fiir Gesetze steht" hat aber das Gericht sowohl in dieser Grundsatzentscheidung306 als auch in späteren Beschlüssen307 zugunsten des Festhaltens an der ausschließlichen Verordnungsqualität abgelehnt. 308 Diese Bestätigung des Verordnungscharakters verträgt sich aber nicht mit dem expliziten Bemühen des Bundesverfassungsgerichts, die nähere Bestimmung und Kategorisierung des parlamentarischen Beteiligungs-(Zustimmungs-)aktes zu vermeiden. 309 Die Rechtsprechung zeigt insofern ein widersprüchliches Bild, als sie einerseits davon ausgeht, daß der Beteiligungsakt den Charakter als Rechtsverordnung nicht verändert, andererseits aber in der bedingten Ennächtigung keinen Vorbehalt zugunsten gesetzgeberischen Handelns erblickt, so daß bereits unter dem Vorzeichen der Handlungsform dem Minus der exekutiven Verordnungsennächtigung kein Plus zugunsten des ennächtigenden Gesetzgebers entspricht. Gerade die a maiore ad minus-Begründung weist aber die Exekutive nicht als alleinigen Inhaber der Rechtssetzungsbefugnis aus, sondern geht von einer der Delegationsentscheidung nicht unterworfenen Mitentscheidungsgewalt und damit von einer Mitwirkung des Parlaments an der Rechtsetzung aus 310, so daß die Zustimmungsverordnung denknotwendig als gestufter Rechtsakt erscheint, der unter dem Aspekt der Abgrenzung von Verantwortungssphären zu beleuchten ist. BVerfGE 8, 274, 323. So: Fritz Ossenbühl (FN 6), § 64 RN 55 f; ders. (FN 16), S. 315. 306 BVerfGE 8, 274, 322 f. 307 BVerfGE 24,184,199. 308 So auch: Michael Nierhaus, Bonner Kommentar zum GG, Art. 80 RN 208; Hans Heinrich Rupp (FN 249), S. 758. Für beide paßt diese Konstruktion nicht in die Formtypik des Verfassungsgebäudes und weist offene Fragen, wie die nach dem Rang in der Normenhierarchie, auf. 309 Arnd Uhle (FN 97), S. 317; Wolfgang Sturmhäfel, Das Verordnungsrecht im Gewaltenteilungssystem des Grundgesetzes, 1964, S. 77, wonach das Parlament in unzulässiger Weise den Weg des Gesetzgebungsverfahrens verläßt; so auch: Hans Heinrich Rupp (FN 249), S. 758, mit Verweis auf: Bernhard Busch (FN 61), S. 139. 310 So ausdrücklich: BVerfGE 8, 274, 321 f. 304

305

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D. Parlamentarische Beteiligung und Gewaltenteilungsprinzip

Allein aus dem Blickwinkel des formellen Rechtsaktes rechtfertigt sich die Einschaltung des Parlaments in das Verfahren der Verordnungsgebung als "wesensgleiches Minus" zur vollen Delegation der Rechtsetzungsbefugnis. Sie vernachlässigt die mit der Einführung parlamentarischer Teilhaberechte einhergehende materiell-rechtlich relevante, interne Verschiebung von Gestaltungsmöglichkeiten und Verantwortlichkeiten. Bei materieller Betrachtung erscheint es eben widersprüchlich, den legislativen Verordnungserlaß als verfassungswidrig zu verwerfen, die parlamentarische Gestaltung der Verordnung dagegen als verfassungskonform zu akzeptieren. Das Verordnungsrecht der Exekutive ist im Verhältnis zur parlamentarischen Gesetzgebung kein Minus, sondern ein Aliud.3\1 Nach der Gedankenfiihrung des Verfassungsgerichts läßt sich ohne weiteres jede Beteiligungsform als ein ,,Minus" gegenüber der Übertragung der vollen Rechtsetzungsbefugnis abbilden, da sie es durchweg bei der Erlaßkompetenz der Exekutive im Außenverhältnis belassen. 312 Unter Berufung auf die a maiore ad minus-Argumentation können Parlamentsbeteiligungen auch letztentscheidende Bedeutung für die inhaltliche Ausgestaltung der zu erlassenden Rechtsverordnung erlangen. Dieses Ergebnis könnte über die Erteilung oder Verweigerung der gesetzlichen Ermächtigung gerade nicht erreicht werden.3\3 Auch die Begrenzung der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit parlamentarischer Beteiligungsvorbehalte durch ein "legitimes Interesse der Legislative, ... einerseits die Rechtsetzung auf die Exekutive zu delegieren, sich aber andererseits - wegen der Bedeutung der zu treffenden Regelung - entscheidenden Einfluß auf Erlaß und Inhalt der Verordnung vorzubehalten,,314, vermag die dem ermächtigungsgesetzlichen Vorbehalt innenwohnende verfassungsrechtliche Problematik einer Vermischung der Verantwortungssphären nicht zu erfassen. Als Maßstab und Rechtfertigungsgrund erscheint dieser Begriff schon wegen seiner inhaltlichen Unbestimmtheit wenig geeignet und würde als eine wertende Einzelfallentscheidung dem Gesetzgeber einen erheblichen Beurteilungsspielraum zubilligen. 315 Als Korrektiv wird das Kriterium des "legitimen Interesses" zudem von der Art der zu regelnden Sachmaterie und nicht von den qualitativen Unterschieden parlamentarischer Einflußnahme auf die Gestaltungsfreiheit des Verordnungsgebers bestimmt. 316 311 Grundlegend: Hans Heinrich Rupp, (FN 249), S. 758; so auch: Claus Pegatzky (FN 20), S. 79. 312 Instruktiv: Arnd Uhle (FN 97), S. 319 f. 313 Andere Auffassung: Christian Seiler (FN 198), S. 65. 314 BVerfGE 8, 274, 321. 315 Manfred Lepa (FN I), S. 350; Dieter Wilke, in: v. MangoldtIKlein, GG-Kommentar, Art. 80 Anm. V 8 a, bezeichnet diese Bedingung als "LeerformeJ". 316 So auch: Dia! Konzak (FN 8), S. 1111; vgJ. auch: Fritz Dssenbühl (FN 6), § 64 RN 56, der das "Iegitime Interesse" ausschließlich vom Schutzzweck des Bestimmtheitsgebots definiert.

IV. Fonnelle und materielle Verordnungsgebung

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IV. Die Einheit formeller und materieller Verordnungsgebung Die Zulässigkeit parlamentarischer Beteiligungsvorbehalte kann folglich nicht mit dem Umstand gerechtfertigt werden, daß trotz parlamentarischer Einflußnahme auf den Prozeß der Verordnungsgebung eine ausschließlich von der Exekutive erlassene Rechtsverordnung entsteht, weil der Verordnungserlaß bezweckt und nicht das Gesetzgebungs-, sondern das Verordnungsgebungsverfahren angewandt wird. 317 Diese Begründung beruht auf einer wesentlich formellen Betrachtungsweise des Gewaltenteilungsprinzips, die den Grundsatz arbeitsteiliger und funktionsrichtiger Aufgabenwahmehmung ausblendet. Wenn der Beteiligungsvorbehalt dem Parlament eine Mitentscheidungsgewalt sichert, liegt es nahe, auch eine Mitverantwortung des Parlaments für den Verordnungsinhalt anzunehmen, auch wenn der Beteiligungsakt den Charakter der Rechtsverordnung nicht verändert.3\8 Für die Sicherung der exekutiven Verordnungsmacht reicht die formelle Zurechenbarkeit des Verordnungsbeschlusses nicht aus. Dieser muß der Regierung vielmehr auch materiell zugerechnet werden können. 319 Ein derart gespaltener Begriff des Verordnungsgebers ist mit der klaren Funktionentrennung zwischen Legislative und Exekutive unvereinbar. Eine grundsätzliche Ablehnung der Organverzahnung ergibt sich bereits aus dem Erfordernis des Art. 20 11 S. 2 GG und der entsprechenden Bestimmungen der Landesverfassungen320, wonach die Grundfunktionen staatlicher Aufgabenerfiillung von besonderen Organen wahrgenonunen werden müssen. Besonders deutlich wird dies in jenen Landesverfassungen, die bereits im Zusanunenhang mit der Verankerung des Gewaltenteilungsgrundsatzes zentrale Aufgaben staatlicher Tätigkeit aufführen und den einzelnen Staatsgewalten zur Ausübung zuweisen.32\ Dies gilt aber auch, soweit die Landesverfassungen nicht von besonderen Organen sprechen, in der Gesamtarchitektur diese aber in gesonderten Abschnitten der einschlägigen Verfassungsartikel behandeln. 322 Arnd Uhle (FN 97), S. 346; Silke Thomsen (FN 170), S. 99l. Friederike Kraatz, Parlamentsvorbehalt im Gentechnikrecht, 1995, S. 248. 319 BVerfDE 91, 148, 156 f. 320 Art. 25 I S. 2 BaWWerf.; Art. 2 I S. 2 NdsVerf.; Art. 61 I S. 2 SaarIVerf.; Art. 3 I S. 2 SächsVerf.; Art. 3 I S. 2 M-VVerf.; Art. 2 11 S. 2 SaAnhVerf. 321 Art. 3 I BerIVerf., dazu: Gero Pfennig/Manfred Neumann (FN 126), Art. 3 RN 3 f.; Art. 2 IV BrandVerf.; Art. 67 BremVerf., dazu: Heinzgeorg Neumann (FN 82) Art. 67 RN 1; Art. 47 I-III ThürVerf., dazu: Joachim Linck, in: Linck/JutziIHopfe, Die Verfassung des Freistaates Thüringen - Kommentar, 1994, Art. 47 RN 1; Art. 3 NWVerf., erläuternd dazu: Christian Dästner, Die Verfassung des Landes Nordrhein-WestfalenKommentar, 1996, Art. 3 RN 3 ff.; Art. 2 11, III SchiHVerf. 322 So nennt Art. 77 I RhPfVerf. lediglich den Grundsatz der Gewaltenteilung. Die Ablehnung der Organverzahnung gilt aber auch für die Verfassungen von Hessen und Hamburg, bei denen sich die Gewaltenteilung und die Zuordnung zu bestimmten Orga317

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S Schwanengel

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D. Parlamentarische Beteiligung und Gewaltenteilungsprinzip

Wie eingangs dargestellt, existiert jedoch keine schlechthin präfexierte Fonn des gewaltengeteilten Rechtsstaates323 , da nicht von einer strikten Trennung der Funktionen und Organe die Rede ist, sondern nur, "daß überhaupt mehrere Organe bestehen, auf die diese Funktionen verteilt werden,,324. Da der Grundsatz der Gewaltenteilung keine starre Verfassungsregel ist, ergibt sich die konkrete gewaltenteilende Zuordnung und Ausprägung des Prinzips erst aus der Ausgestaltung der einzelnen Prinzipen in den verschiedenen Verfassungsbestimmungen. 325 So wie Art. 77 I S. 1 GG die ausschließliche Kompetenz des Parlaments fiir den letztverbindlichen Inhalt des zu erlassenden Gesetzes festlegt, begründet die Verfassung in Art. 80 I GG die exekutive Kompetenz zum Erlaß von Rechtsverordnungen. Mit diesen und allen übrigen Bestimmungen konstituiert die Verfassung das Konzept der Normsetzung. Dieses kennt keine generalklauselartige Befugnisnonn und geht auch hinsichtlich des Parlaments von ganz bestimmten rechtlich fixierten Kompetenzen aus, so daß die Verordnungsgebung in kompetenzrechtlicher Hinsicht nicht als Ausschnitt einer übergeordneten Normsetzungsbefugnis erscheint. Weder aus der Delegation der Rechtsetzungsgewalt und der daraus folgenden derivativen Verordnungskompetenz noch aus den Regeln konservierender Delegation und der damit weiterbestehenden Parallelzuständigkeit des Gesetzgebers ergibt sich eine Garantenstellung des Parlaments. 326 Gesetz- und Verordnungsgebung können zwar in funktioneller Hinsicht einheitlich als ,,Rechtsetzung" begriffen werden, in kompetenzrechtlicher Hinsicht übt die Exekutive aber keine "gesetzgebende Gewalt"327 aus. Zwar stellt sich die Befugnis der Verwaltung nur als eine vom Gesetzgeber abgeleitete Rechtsetzungskompetenz dar. Allerdings begründet der Delegationsakt nicht nur ein Wahrnehmungsrecht zur Ausübung einer fremden Rechtsetzungsgewalt. Vielmehr erhält die Verwaltung eine eigene Befugnis, durch Verordnung eine bestimmte Rechtsmaterie zu regeln. Im Rahmen dieser so begründeten Kompetenz nen nur aus dem Gesamtaufbau der Verfassung ergibt (zurnal der Fundamentalgrundsatz der Gewaltenteilung zu den leitenden Prinzipien des Homogenitätsgebots zählt; vg!. BVerfGE 9, 268, 279). Vg!. zur HessVerf.: Georg August ZinniErwin Stein, Verfassung des Landes Hessen - Kommentar, Einf. S. 23 f.; Karl Reinhard Hinkel, Verfassung des Landes Hessen - Kommentar, 1999, Er!. zu Art. 70 (S. 162); zum Verhältnis Bürgerschaft - Senat in der HmbVerf: Werner Thieme, Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg-Kommentar, 1998, Art. 33 RN 2 a. 323 Rupert ScholziHans Bismark (FN 6), S. 88. 324 Konrad Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, 20. Aufl., 1995 (Nachdruck 1999), RN 488. 325 Konrad Hesse (FN 324), RN 481. 326 Stefan Studenroth (FN 170), S. 529. 327 So irrtümlich: BVerfDE 4, 219, 234. Vg!. auch: Wolfgang Sturmhöfel (FN 309), S. 68 ff., der insofern den Begriff der "Delegation" ablehnt, da der Gesetzgeber nicht seine Befugnisse, d.h. so wie er sie besitzt, überträgt.

IV. Fonnelle und materielle Verordnungsgebung

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fungiert die Exekutive nicht als Vertreter des Parlaments, sondern handelt in eigenem Namen und mit eigener Verantwortung. 328 ,,Der Erlaß von Rechtsverordnungen, also von Normen im Rang unterhalb des Gesetzes, gehört zum Aufgaben- und Kompetenzbereich der Exekutive ...329 So wie die Handlungsformen der Gesetz- und Verordnungsgebung in normativer Hinsicht zu unterscheiden sind, müssen auch die Produkte Gesetz und Verordnung Ausdruck eigenständiger staatlicher Akte sein. Die notwendig und durch die Bestimmtheitstrias in qualifizierter Weise gesetzlich determinierte Befugnis zum Verordnungserlaß führt gerade nicht zu einer prinzipiell heterogenen Urheberschaft der Rechtsverordnung330, da die legislative Leitentscheidung als Bedingung des Verordnungserlasses331 nicht in eine auf den Verordnungsinhalt bezogene Einwirkungsmöglichkeit des Parlaments uminterpretiert werden kann. ,,Der Gesetzgeber kann nicht außerhalb seiner verfassungsrechtlichen Aufgaben tätig werden...m So wie das gesetzliche Überspielen einzelner inhaltlicher Verordnungsnormen durch den parlamentarischen Gesetzgeber verfassungsrechtlich prinzipiell nicht zu beanstanden ist, ist es dem Gesetzgeber aber andererseits verwehrt, Rechtsnormen in anderer als Gesetzesform zu erlassen. Als Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips dient die Verpflichtung des Gesetzgebers i.S.d. Art. 80 I S. 2 GG folglich nicht nur der Bestimmtheit der Verordnungsermächtigung im Sinne einer Vorhersehbarkeit aus der Sicht des Bürgers, sondern zielt mit der Festlegung der Reichweite der exekutiven Normsetzungsbefugnis auf Klarheit der Funktionenabgrenzung zwischen Legislative und Exekutive. 333 Nach der inneren Architektur der verfassungsrechtlichen Verordnungsermächtigung können Bindungen und Grenzen des Verordnungsermessens nur aus dem Normprogramm des ermächtigenden förmlichen Gesetzes entnommen werden334, das nicht dazu geeignet ist, weitergehend Zugriffsrechte des Parlaments auf die Verordnungsgebung in stimmiger Weise zu begrüDden. 335 So 328 Thomas v. Danwitz (FN 38), S. 108; Dieter Wilke, in: v. MangoldtIKlein, GGKommentar, Art. 80 Anm. 11 3 a. 329 BVerfDE 22, 330, 346. 330 So: Arnd Uh/e (FN 97), S. 386, für den eine materiell-rechtliche Betrachtung immer zu einer Zweiteilung der Verordnungsgeberschaft führt. 331 Dieter Wilke (FN 259), S. 216. 332 BVerfDE 22, 330, 346. 333 BVerfDE 56, 1, 12; Kar/-Peter Sommermann (FN 16), S. 440 u. 441; Hartmut Bauer, in: Dreier, GG-Kommentar, Art. 80 RN 12; Jörg Lücke, in: Sachs, GG-Kommentar, Art. 80 RN 26, wonach sich das Festlegungsgebot des Art. 80 I S. 2 GG erst zu einem Bestimmtheitsgebot erweitert, wenn man seine demokratisch-gewaltengeteilte und rechtsstaatliche Funktion für die Auslegung fruchtbar macht. 334 Michae/ Nierhaus, Bonner Kommentar zum GG, Art. 80 RN 198. 335 So aber: Arnd Uh/e (FN 97), S. 384 ff. u. 399 ff., für den aus der Einordnung der Rechtsverordnung in das Verfassungsstrukturprinzip der Gewaltenteilung keine Einschränkungen der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit bei der Ausfonnung exekutiver

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D. Parlamentarische Beteiligung und Gewaltenteilungsprinzip

wie die Verordnungskompetenz kein Aussclmitt einer allgemeinen parlamentarischen Normsetzungsbefugnis ist, kann auch die Konstituierung von Mitwirkungsrechten nicht aus einer derartigen Befugnis heraus begründet werden. Die Schranken für die Zulässigkeit parlamentarischer Eingriffe in das verordnungsrangige Regelungswerk ergeben sich damit aus der verfassungsrechtlichen Zuordnung der ermächtigungsgesetzlich begründeten Verordnungskompetenz zur Exekutive und der damit korrespondierenden Verantwortung für das exekutive Regelungswerk. 336 Das im Gewaltenteilungs- und Rechtsstaatsprinzip verankerte Postulat der Verantwortungsklarheir 37 erfordert eine klar erkennbare Trennung und Unterscheidung der Verantwortungsbereiche von Legislative und Exekutive und eine darauf aufbauende Verantwortungszurechenbarkeit. 338 Für den Bereich der Verordnungsgebung bedeutet dies, daß der nach außen bestehenden Verantwortung des Delegatars ein interner Entscheidungsspielraum und eine innerhalb des gesetzlichen Rahmens unabhängige Gestaltungsbefugnis entsprechen muß. 339 Die Entscheidungs- und Gestaltungsbefugnis ist demnach maßgebliches Kriterium für die Zulässigkeit parlamentarischer Beteiligungsformen. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob und wie sich die ermächtigungsgesetzliche Statuierung und AusfUllung parlamentarischer Beteiligungsvorbehalte auf die verfassungsrechtlich begründete Verteilung der Verordnungskompetenz und -verantwortung auswirkt. Das Gesetz, das Rechtsetzungskompetenzen der Exekutive begründet, fUgt diese in den verfassungsrechtlich defmierten Handlungslcreis der vollziehenden Gewalt ein. Allein der Verordnungsgeber hat den Inhalt der auf die rechtmäßige Ermächtigung hin ergangenen Verordnung zu verantworten. 340 Eine rechtsstaatswidrige Kompetenzverrnischung liegt demnach vor, wenn die vorbehaltene Mitwirkung einen Grad erreicht, nach dem zwar noch formell, nicht aber materiell von einem exekutiven Rechtsetzungstätigkeit resultieren, da dieses außerhalb gewaItenexklusiver Kernbereiche einer "quasi-kondominalen" Aufgabenzuordnung zugänglich ist und eine Verordnungsgebung unter Parlamentsbeteiligung der gewaltenverschränkenden und -kontrollierenden Kooperation der Staatsgewalten eher entspricht als eine Verordnungsgebung ohne Mitwirkungsrechte. 336 So ausdrücklich: BVerfDE 22, 330, 346; vgl. auch: Roland Geitmann, Bundesverfassungsgericht und "offene" Normen, 1971, S. 150. 337 V gl. zum Prinzip der Verantwortungsklarheit: Peter Lerche, in: MaunzJDürig, GG-Kommentar, Art. 83 RN 107 u. 110. Für Herzog handelt es sich hierbei um einen Unterfall des rechtsstaatIichen Erfordernisses nach Verläßlichkeit der staatlichen Ordnung; Roman Herzog, in: MaunzJDürig, GG-Kommentar, Art. 20 VII RN 58. 338 Ste/an Studenroth (FN 170), S. 529; Silke Thomsen (FN 170), S. 991 f.; Ola/ Konzak (FN 8), S. 1111; Karl-Peter Sommermann, in: v. MangoldtIKlein, GG-Kommentar, Art. 20 RN 214. 339 Vgl. BVerfDE 55, 144, 148 f. 340 Friederike Kraatz (FN 318), S. 249.

V. Parlamentsbeteiligung und Entscheidungskompetenz

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Verordnungs erlaß gesprochen werden kann341 , dem Parlament also "unter falscher Flagge" ein Verordnungsrecht zuwächst, dem lediglich das Initiativrecht fehle 42 • Setzt das Parlament mittels eines Beteiligungsvorbehalts bestimmte Verordnungsinhalte durch, erscheint es letztlich als materieller Urheber der entsprechenden Verordnungsnorm. Ohne Inhaber eines dahingehenden Initiativrechts zu sein, könnte es einen Verordnungsentwurf erstellen, der schließlich von der Verwaltung zu erlassen wäre. 343 Das Parlament erhebt sich damit additiv zum Adressaten der Verordnungsermächtigung, wodurch es zu einer rechtsstaats- und gewaltenteilungswidrigen Kompetenzverrnischung kommt. 344 Dabei liegt es auf der Hand, daß nicht jede der dargestellten Mitwirkungsformen die Klarheit der bestehenden Verantwortung des Ermächtigungsadressaten trübt und deren Zurechnung hindert. Vielmehr ist auch hier eine Unterscheidung anhand der Intensität und Verbindlichkeit des jeweiligen Mitwirkungsaktes geboten. Vor allem diejenigen Verordnungen, deren Zustandekommen oder Fortbestand sowie deren inhaltliche Gestaltung von einer Willensentscheidung des Parlaments abhängen, lösen unter dem Gesichtspunkt der Verantwortungsklarheit und -zurechenbarkeit erhöhten Klärungs- und Rechtfertigungsbedarf aus.

V. Die Zulässigkeit parlamentarischer Beteiligungsvorbehalte im Lichte von Kompetenz und Verantwortung Verbieten die Verfassungen die parlamentarische Beteiligung nicht insgesamt, so bleibt zu untersuchen, ob ihre Begründung und Ausübung nicht aufbestimmte Formen begrenzt ist oder gewisse Gestaltungen ausschließt. Die im Lichte des Zusammenhangs von Kompetenz und Verantwortung zu wahrende Entscheidungsbefugnis der Exekutive fiir das konkrete Regelungswerk erfordert, daß die Exekutive trotz Bindung an einen parlamentarischen Beteiligungsakt in Ausübung ihrer Letztentscheidungskompetenz über die Übernahme des Resultats dieses Mitwirkungsaktes eigenverantwortlich entscheiden kann. Die Verantwortung eines Staatsorgans endet, wenn es "in seiner Entscheidung inhaltlich in vollem Umfang an die Willensentscheidung eines anderen gebunden

Ste/an Studenroth (FN 170), S. 528. Hans Heinrich Rupp (FN 249), S. 758; Christian Calliess, Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit von fachgesetzlichen Rechtsverordnungsermächtigungen zur Umsetzung von Rechtsakten der EG, NVwZ 1998, S. 8, 11; Sebastian Weihrauch, Pauschale Verordnungsermächtigungen zur Umsetzung von EG-Recht, NVwZ 2001, S. 265, 269. 343 Ste/an Studenroth (FN 170), S. 534. 344 Michael Nierhaus, Bonner Kommentar zum GG, Art. 80 RN 205; Michael Hoffmann (FN 74), S. 350. 341

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D. Parlamentarische Beteiligung und Gewaltenteilungsprinzip

ist".345 Ein unzulässiger Eingriff in die exekutive Gestaltungsfreiheit liegt demnach vor, wenn ihr eine andere Entscheidungsausgestaltung als die vom Parlament gebilligte untersagt oder eine parlamentarisch gestaltete Entscheidung bindend vorgegeben wird.

1. Der Konsultationscharakter von Kenntnisund Anhörungsvorbehalten Unter diesem Blickwinkel ist die ermächtigungsgesetzliche Begründung solcher Beteiligungsinstrumente unbedenklich, die keine Bindungswirkung für das Handeln des Ermächtigungsadressaten haben. Dieser Befund trifft vor allem auf die Statuierung von Kenntnisgabe- und Anhörungspflichten zu, da diese zwar rechtsverbindliche Verfahrensvorschriften darstellen, dem Parlament aber kein Mitentscheidungsrecht über Wirksamkeit und inhaltliche Gestaltung einer Rechtsverordnung einräumen. 346 Auch wenn die Anhörung im Gegensatz zur bloßen Entgegennahme der Information in Gestalt der Kenntnisnahme die Möglichkeit eröffnet, Stellungnahmen in den Willensbildungsprozeß der Exekutive einzubringen, ist der Verordnungs geber nicht gehalten, die Ergebnisse der Anhörung in bestimmter Weise seiner Entscheidung zugrunde zu legen. 347 Hinsichtlich seines Rechtscharakters kann man bei dieser Verfahrensgestaltung von einem Konsultationsvorbehalt sprechen, der auf die Vermittlung sachlicher Positionen zielt, aber zu keiner Festlegung des Kompetenzträgers führt. Er erlaubt allein die Ausübung eines spezifisch politischen Drucks, der in seiner faktischen Wirkung als Kontrollmöglichkeit des Parlaments jedoch nicht unterschätzt werden darf. Dieser Konsultationscharakter bleibt auch bei der spezifischen Form des ,,Benehmens" erhalten, da der exekutive Entscheidungsträger die Einwendungen des beteiligten Parlaments nur als ,,Rechnungsposten" in seine Überlegungen eingehen lassen und erwägen muß, ohne daß dadurch aber sein Verordnungsermessen zu einer konsensabhängigen Entscheidungsfmdung verkürzt wird. 348 Während das Interesse des Bundesgesetzgebers sich zunehmend auf die intensiveren Mitwirkungsformen konzentriert, favorisieren die Länder die Anhörungsrechte in ihren verschiedenen Gestaltungsalternativen. Da die Verordnungs345 BVerfGE 98, 268, 281 f. 346 Vgl. BVerfGE 28, 82, 84; 55, 144, 149; Arnd Uhle (FN 97), S. 430; Michael Nierhaus, Bonner Kommentar zum GG, Art. 80 RN 215 f.; Brun-Otto Bryde, in: v. MünchlKunig, GG-Kommentar, Art. 80 RN 19 m.w.N., der das Anhörungsrecht auch anderer (privater) Stellen für zulässig erachtet, weil hier der numerus clausus der Erstdelegatare gewahrt bleibt. 347 Vgl. Franz Waller Heinrich (FN 193), S. 17; Armin v. Bogdandy (FN 89), S. 417. 348 Vgl. Michael Eis (FN 124), S. 100.

V. Parlamentsbeteiligung und Entscheidungskompetenz

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gebung unter dem Vorbehalt des ,,Benehmens" dem Landtag einerseits die Möglichkeit einer Stellungnahme einräwnt, die andererseits durch eine Begründungspflicht der Exekutive gegenüber dem Parlament ergänzt wird, stellt sich die Frage, ob diese auf praktisch-politische Kooperation gerichtete Form dem Interesse des Parlaments an Steuerung und Kontrolle nicht hinreichend Rechnung trägt. Dieser Befund ist wn so bedeutsamer, als diese Form der Parlamentsbeteiligung dem Charakter einer begleitenden parlamentarischen Exekutivkontrolle geradezu idealtypisch entspricht. So wird allgemein davon ausgegangen, daß parlamentarische Mitwirkungshandlungen, die über gesetzliche Ermächtigung i.S.d. Art. 80 I GG hinausgehenden, immer auch einen Akt der Kontrolle der Regierung bei deren exekutiven Normsetzung bilden. 349 Dabei wird Parlamentskontrolle nicht nur in traditioneller Weise als Sol1llst-Vergleich verstanden. Auch eine partielle Einbeziehung der Kontrolle in den Prozeß der Machtentstehung und -ausübung kann als eine "begleitende" oder ,,mitwirkende" Kontrolle wesensgemäß dem Kontrollbereich zugeordnet und als ein der begrenzten Gewaltenverschränkung und -balancierung implizites Prinzip begriffen werden. 350 Hinsichtlich bestehender Verflechtungen und Verschränkungen organschaftlichen Handelns zeigt sich die Verfassung in einem hohen Maße kontrollfreundlich. 351 Allerdings muß eine Kontrolle in begleitender Weise die grundsätzliche Distanz zwischen der kontrollierten und der kontrollierenden Stelle aufrecht erhalten und fmdet dort ihre Grenze, wo die von Verfassungs wegen gleichfalls garantierte Eigenverantwortung der öffentlichen Verwaltung angetastet wird352 • Ein rechtsverbindlicher "Übergrifl" eines Organs in die Tätigkeit eines anderen ist deshalb nicht beliebig, sondern nur in Form der von der Verfassung selbst zur Verfügung gestellten Mittel wechselseitiger Kontrolle der staatlichen Handlungsträger zulässig. 353 Als unproblematisch erweist sich aber eine Kontrolle in Gestalt eines konkreten "Sich-Aufeinander-Einstellens" unter Erhalt der verantwortlichen Letztentscheidung des Kompetenzträgers.

So ausdrücklich: Norbert Achterberg, Parlamentsrecht, 1984, S. 439 f. C1aus Pegatzky (FN 20), S. 85 f.; Arnd Uhle (FN 97), S. 350; allgemein: Siegfried Magiera, Parlament und Staatsleitung in der Verfassungsordnung des Grundgesetzes, 1979, S. 266. 351 Norbert Achterberg (FN 349); S. 409 f. •. 352 Rupert Scholz, Parlamentarischer Untersuchungsausschuß und Steuergeheimnis, AOR Bd. 105 (1980), S. 564, 598; Hans Hugo Klein, Aufgaben des Bundestages, in: IsenseelKirchhof(Hrsg), HdBdStR, Bd. II, 1987, § 40 RN 30 ff. 353 Claus Pegatzky (FN 20), S. 86 u. 116. 349

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D. Parlamentarische Beteiligung und Gewaltenteilungsprinzip

2. Zustimmungs-, Aufllebungs- und Änderungsvorbehalte in kompetenzrechtlicher Deutung Schwieriger gestaltet sich die Beurteilung der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit darüber hinausgehender Beteiligungsvorbehalte, die dem Parlament eine rechtsverbindliche Einflußnahme auf die exekutive Verordnungsgebung ennöglichen. In der Literatur wird dabei zwischen der parlamentarischen Wirksamkeitsentscheidung bei Zustimmungs- und Aufhebungsvorbehalt und parlamentarischer Inhaltsbestimmung bei Änderung einer Rechtsverordnung unterschieden. Während der Gruppe der Zustimmungs- und Aufhebungsvorbehalte keine kompetenzverschiebende Wirkung zuerkannt wird, wird namentlich der Änderungsvorbehalt als unzulässige Kompetenzanmaßung und verfassungswidrige Selbstermächtigung interpretiert. 354 Betrachtet man den Zustimmungsvorbehalt als bloße Wirksamkeitsvoraussetzung, bei der lediglich das Inkrafttreten der Verordnung von der Zustimmung des Parlaments abhängt, erscheint dieses Einwirkungsrecht tatsächlich unbedenklich. Das Zustimmungserfordernis eröffnet dem Parlament keine weitergehende Einflußnahme auf den Inhalt der Verordnung, so daß der Verordnungsgeber nicht über das ohnehin bestehende Maß gezwungen wird, Verordnungen mit ungewolltem Inhalt zu erlassen. 3SS Das Parlament befmdet sich gleichsam in einer ,,Ratiftkationslage", in der es den Verordnungsentwurf nur billigen oder ablehnen kann. 356 Dieses bloße Zustimmungs- und Ablehnungsrecht vermittelt dem Parlament kein verkapptes Verordnungsinitiativrecht, das mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben i.S.d. Art. 80 GG unvereinbar wäre. 3S7 In dieser Konstellation verbleibt der Exekutive die Möglichkeit, den Verordnungsentwurf inhaltlich abzuändem. 358 Auch wenn die Zustimmungsverweigerung die exekutive Gestaltungsfreiheit einengt, weil die von der Exekutive bevorzugte Ausgestaltung unmöglich geworden ist, bleibt das Letztentscheidungsrecht gleichwohl gewahrt. 359 Dies trifft auch auf den Aufhebungsvorbehalt zu. Während die Erteilung der Zustimmung zu einem Verordnungsentwurf eine aufschiebende Bedingung für das Wirksamwerden der Verordnung darstellt, wirkt das Aufhebungsverlangen als mittelbar auflösende Bedingung. Der Aufhebungsvorbehalt gibt dem Parla354 Ste/an Studenroth (FN 170), S. 530 fT.; Hans Heinrich Rupp (FN 249), S. 757 f.; Silke Thomsen (FN 170), S. 992; Ola/ Komak (FN 8), S. 1111. 355 Albert Hüser (FN 123), S. 124 ff.; Ste/an Studenroth (FN 170), S. 530. 356 Michael Nierhaus, Bonner Kommentar zum GG, Art. 80 RN 213; Fritz Ossenbühl (FN 16), S. 316. 357 Jörg Lücke, in: Sachs, GG-Kommentar, Art. 80 RN 40. 358 A rnd Uhle (FN 97), S. 431. 359 Vgl. Albert Hüser (FN 123), S. 124.

V. Parlamentsbeteiligung und Entscheidungskompetenz

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ment jedoch nicht die Befugnis, selbst mittels eines einfachen Beschlusses die Verordnung aufzuheben, sondern bedarf als actus contrarius innner einer Rechtsverordnung. 36O Überdies bliebe es dem Verordnungsgeber unbenonnnen, im Rahmen der fortbestehenden Ermächtigungsnorm eine inhaltlich veränderte Rechtsverordnung erneut zu erlassen. Die Selbstermächtigung zur Aufhebung einer Rechtsverordnung durch einfachen Parlamentsbeschluß wäre hingegen mit der rechtsstaatlichen Formenstrenge und der verfassungsrechtlich vorgegebenen Kompetenzordnung unvereinbar, so daß sich das Parlament in diesem Falle des förmlichen und mit Vorrang ausgestatteten Gesetzes bedienen muß. Der Änderungsvorbehalt enthält nach traditioneller Auffassung demgegenüber einen qualitativen Sprung, da er das Parlament in den Stand versetzt, auf den Inhalt einer Rechtsverordnung verbindlich Einfluß zu nehmen. 361 Zu Recht wird deshalb festgestellt, daß der parlamentarische Anspruch, unmittelbar über den Regelungsgehalt einer geplanten Verordnung zu verfUgen und ihr einen neuen Inhalt nach eigener Vorstellung zu geben, den entscheidenden Schritt zum Erlaß von Rechtsverordnungen durch das Parlament darstellt. 362 Dies insbesondere, weil die Änderungskompetenz die Befugnis einer völligen Neugestaltung des Regelungsinhalts der vorgelegten Verordnung beinhaltet. 363 Da keine verläßlichen Kriterien einer Eingrenzung des Änderungsrechts ersichtlich sind, gilt diese Gestaltungskompetenz uneingeschränkt. 364 Wollte man die Änderungsbefugnis auf "unwesentliche" Bestinnnungen der Verordnung beziehen, um damit eine Parlamentsverordnung zu vermeiden36s , so entspräche dies weder dem Anliegen des Änderungsvorbehalts noch dem Sinn und Zweck der Verordnungsermächtigung. Die Wesentlichkeitstheorie setzt die Anerkennung einer gesteigetten demokratischen Legitimation durch den parlamentarischen Gesetzgeber voraus und ist allenfalls für die Frage bedeutsam, welche Materie der Ge-

360 Ste/an Studenroth (FN 170), S. 535; Theodor Maunz, in: MaunzJDürig, GG-Kommentar, Art. 109 RN 58. Michael Nierhaus, Bonner Kommentar zum GG, Art. 80 RN 222 f., der im Falle einer Weigerung des Delegatars, dem parlamentarischen Authebungsverlangen nachzukommen auf die Möglichkeit verweist, die Verfassungswidrigkeit dieser Weigerung in einem Organstreitverfahren nach Art. 93 I Nr. I GG feststellen zu lassen. 361 Ste/an Studenroth (FN 170), S. 534; Hans Heinrich Rupp (FN 249), S. 757; Michael Hoffmann (FN 74), S. 350; Michael Nierhaus, Bonner Kommentar zum GG, Art. 80 RN 213. 362 Dia/ Konzak (FN 8), S. 1110; Rainer Lippold (FN 249), S. 255, Friederike Kraatz (FN 318), S. 249. 363 Dia/ Konzak (FN 8), S. 1111. 364 Hans Heinrich Rupp (FN 249), S. 757 f.; Michael Nierhaus, Bonner Kommentar zum GG, Art. 80 RN 200. 365 Vgl. Christian Calliess (FN 342), S. 11.

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D. Parlamentarische Beteiligung und Gewaltenteilungsprinzip

setzgeber selbst regeln muß. 366 Zudem widerspricht diese Differenzierung dem Willen des Gesetzgebers, der sich gerade fiir politisch wichtige Verordnungsmaterien ein Mitspracherecht sichern will, und wäre überdies mit dem Grundsatz der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit unvereinbar. 367 In der Änderungsbefugnis aktualisiert sich die Schwäche eines a maiore ad minus gezogenen Schlusses, der die rechtsstaatliche Struktur und Formenstrenge der Verfassung außer Betracht läßt und auch weitgehende parlamentarische Text- und Inhaltsänderungen mit der formellen Zurechenbarkeit legitimiert. Die inhaltliche Korrektur einer Rechtsverordnung mittels Änderungsbefugnis läuft jedoch letztlich auf eine Verordnungskompetenz der Legislative hinaus, die das förmliche Gesetzgebungsverfahren und seine parlamentarischen Sicherungen umgeht. 368 Will der Landtag eine Regelungskompetenz an sich ziehen, muß er dies mit der ihm zur Verfiigung gestellten Handlungsform des förmlichen Gesetzes und damit in einem besonderen Modalitäten und Bedingungen unterworfenen Verfahren der Gesetzgebung tun369, da die von Verfassungs wegen eingeräumten Kompetenzen nicht der Verfiigungsbefugnis des einfachen Gesetzgebers unterliegen. Die Modifikation des Verordnungsentwurfs erfolgt jedoch durch schlichten Parlamentsbeschluß, der gegenüber dem Delegatar Bindungswirkung entfaltet. Die Figur des schlichten Parlamentsbeschlusses erschließt sich nur aus einer Gegenüberstellung mit ihrem Pendant, dem gesetzesförmigen Parlamentsbeschluß, wobei strittig ist, ob der Begriff alle Hoheitsakte erfaßt, die nicht im Gesetzgebungsverfahren ergehen370 oder auf die Rechtsakte begrenzt ist, die sich weder auf Verfassung noch auf Gesetz gründen37I . Auch wenn man die Zulässigkeit schlichter Parlamentsbeschlüsse auf einfachgesetzlicher Grundlage kaum bezweifeln kann372 , wird deutlich, daß in dem Moment, in dem man dem 366 Michael Nierhaus, Bonner Kommentar zum GG, Art. 80 RN 200; Karl-Peter Sommermann (FN 16), S. 438 367 Stefan Studenroth (FN 170), S. 534. 368 Silke Thomsen (FN 170), S. 992. 369 Theodor Maunz, in: MaunzJDürig, GG-Kommentar, Art 80 RN 23; Peter Conradi (FN 283), S. 977 f. 370 Diese ,,klassische" Definition geht zurück auf: Richard Thoma, Der Vorbehalt der Legislative und das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und Rechtsprechung, in: Anschützlfhorna (Hrsg.), Handbuch des Deutschen Staatsrechts, Bd. 11, 1932, § 76, S. 221; so auch: Klaus-Albrecht SeI/mann, Der schlichte Parlamentsbeschluß, 1966, S. 15; Max Obermeier, Die schlichten Parlamentsbeschlüsse nach dem Bonner Grundgesetz, insbesondere ihre Zulässigkeit und Rechtsnatur, 1965, S. I ff.; Norbert Achterberg (FN 349); S. 738 f., der allerdings den interparlamentarischen Rechtsakt als eigenständigen parlamentarischen Hoheitsakt behandelt. 371 Klaus Stern (FN 9), § 26 11 2 c, der anknüpfend an die Verbindlichkeit zwischen "echten" Gesetzesbeschlüssen und eine Rechtsfolge herbeifiihrenden Beschlüssen auf normativer Grundlage und "schlichten" Beschlüssen als parlamentarische Meinungsäußerung differenziert; so auch: Hans Hugo Klein (FN 352), § 40 RN 11 f. 372 Norbert Achterberg (FN 349); S. 739 u. zum Zustimmungsvorbehalt S. 441 f.

V. Parlamentsbeteiligung und Entscheidungskompetenz

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Parlament gestattet, durch einfachen Beschluß das Handeln anderer Organe in verbindlicher Weise zu konditionieren, ein Eingriff in die verfassungsrechtliche Kompetenzordnung herbeigeführt wird, so daß eine Substitution des förmlichen Gesetzesbeschlusses durch einfachen Parlamentsbeschluß ausgeschlossen ist. 373 Ein Verstoß gegen die verfassungsrechtlichen Vorgaben des Verordnungserlasses ist damit im Änderungsvorbehalt in doppelter Hinsicht angelegt. Einerseits können sie zu einer Umgehung der Verfahrensvorschriften führen und damit gegen den Delegationszweck i.S.d. Art. 80 I S. 1 GG verstoßen, der von einem abschließenden Kreis denkbarer Erstdelegatare ausgeht und für eine Einwirkung des Parlaments auf den Regelungsgegenstand nur die Handlungsform des förmlichen Gesetzes kennt. Beruht die parlamentarische Mitgestaltung von Verordnungsinhalten auf der Tatsache, daß sich die Regelungsgegenstände wesentlich den Prozeduren des förmlichen Gesetzes entzieht und die Staatspraxis zu einem Ausweichen auf flexiblere Handlungsformen zwingt374 , könnte dies als Anlaß genommen werden, den kanonisierten Gesetzesbegriff zu überdenken. Ohne dies weiter zu verfolgen, könnte die Diskussion um die Kategorie der "Grundlagengesetze" der Ansatzpunkt für eine gestuftes Gesetzgebungsverfahren sein, das jedenfalls eher in die Formentypik des Verfassungsgebäudes paßt als die Statuierung kombinierter Regelungsformen. 37S Andererseits können Änderungsvorbehalte zu einer rechtsstaatswidrigen Kompetenzvermischung führen. 376 Durch die verfassungsrechtlich bedenkliche Verquickung von se1bstermächtigendem Gesetz, parlamentarischem Änderungsbegehren und Rechtsverordnung können Aussagen des Gesetz- und Verord-

373 Vgl. Siegfried Magiera (FN 350), S. 168 ff., der darin gerade eine Grenze der aus der Organsouveränität des Parlaments hergeleiteten Zulässigkeit sieht. Sowie: Hermann Butzer, Der Bereich des schlichten Parlamentsbeschlusses, AÖR Bd. 119 (1994), S. 61, 105, der sich prinzipiell für eine Substitution des förmlichen Gesetzesbeschlusses durch schlichten Parlamentsbeschluß ausspricht, eine Grenze aber in der konkreten Sachstruktur des Regelungsbereichs und dem ausdrücklichen Vorbehalt der Gesetzesform sieht. Wird aber die Unterscheidung nach der Verbindlichkeit aufgegeben (S. 90 tI), muß der schlichte Parlamentsbeschluß als GegenbegritT zum Gesetzesbeschluß begriffen werden, um nicht konturlos zu werden. Es kann also nicht um eine "Substituierung" des förmlichen Gesetzes durch schlichten Parlamentsbeschluß gehen, sondern allenfalls um eine "Relativierung" des kanonisierten Gesetzesbegriffs. 374 Fritz Ossenbühl (FN 16), S. 318 f. 375 Vgl. Friedhelm Hufen, Über Grundlagengesetze, in: Schuppert (Hrsg.), Das Gesetz als zentrales Steuerungsinstrument des Rechtsstaates, Bd. 11, 1998, S. 11,21 ff; der zunächst eher den umgekehrten Weg einer Aufwertung des nur mit qualifizierter Mehrheit änderbaren Grundlagengesetzes geht, um damit oberflächlich in Koalitionsrunden geschnürte Pakete und aus dem Sachzusammenhang gerissene Einzelfallentscheidungen zu vermeiden (S. 24 f.), aber unter dem Stichwort ,,Änderungsfenster" eine Entlastungswirkung auch durch vereinfachte Gesetzgebungsverfahren für ausfüllende und konkretisierende Regelungen als sinnvoll betrachtet (S. 21 u. 23). 376 Silke Thomsen (FN 170), S. 993; Stefan Studenroth (FN 170), S. 535.

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D. Parlamentarische Beteiligung und Gewaltenteilungsprinzip

nungsgebers innerhalb eines Nonnwerkes nebeneinander bestehen, was zu einer normhierarchischen Gemengelage rechtsetzender Äußerungen unterschiedlichen Ranges führen würde, die nicht entflochten werden kann. 377 Die inhaltliche Mitwirkung würde die klare Trennung der Handlungsbereiche von Legislative und Exekutive aufheben, was zu einer Vermischung der Verantwortungs sphären führt, die mit dem aus Rechtsstaats- und Gewaltenteilungsprinzip abzuleitenden Gebot der Verantwortungsklarheit und -zurechenbarkeit unvereinbar ist. 378 Kann das Parlament mittels eines Zustinunungsvorbehalts nur entscheiden, ob die vom ihm erteilte Delegation in dieser Weise von der Verwaltung ausgefüllt werden kann, führt die Vorgabe eines verbindlichen Verordnungs inhalts dazu, daß einem anderen Staatsorgan vorgeschrieben werden kann, welche Rechtsnonn es unter seiner Verantwortung zu erlassen hat. 379 Würde die Verwaltung gezwungen, Verantwortung für ein Regelwerk zu übernehmen, das sie selbst in dieser Fonn nicht erlassen wollte, wäre in der Tat die Einheit von fonneller und materieller Zurechenbarkeit des Verordnungsbeschlusses aufgehoben. Dem Ermächtigungsadressaten bliebe lediglich die Funktion, die Verordnung nach außen zu verkünden, während die materielle Verordnungsmacht beim Parlament läge, das damit faktisch als Verordnungsgeber fungieren könnte. 380

3. Die Rechtswirkungen von Zustimmung und Änderung bei gesetzlicher Verpflichtung zum Verordnungserlaß Entscheidend ist demnach, daß dem Verordnungsgeber Regelungen gegen seinen Willen aufgezwungen werden, weil nur dann die abschließende Gestaltungskompetenz der Exekutive in Gestalt ihrer Letztentscheidungskompetenz aufgehoben wird. Sind ermächtigungsgesetzlich ennöglichte Änderungen zwar für den Verordnungs geber bindend, nicht aber mit einer gleichzeitigen Erlaßpflicht zur Verordnungsgebung verbunden, so verbleibt dem Verordnungsgeber für den Fall, daß er die parlamentarische ModifIzierung des Verordnungsentwurfs nicht mitzutragen beabsichtigt, der Rückzug auf den Nichterlaß des Verordnungsentwurfs. 38\ Der Delegatar muß die parlamentarisch verfügten Änderungen tragen und sich zu eigen machen, damit sie wirksam werden, so daß es zu keiner Ersetzung der Verordnungskompetenz, sondern allenfalls zu einer 377 Michael Nierhaus. Bonner Kommentar zum GG, Art. 80 RN 200; Man/red Lepa (FN 1), S. 351. 378 So ausdrücklich: Ola/ Konzak (FN 8), S. 1111; Sebastian Weihrauch (FN 342),

S.269. 379

380

381

Ste/an Studenroth (FN 170), S. 535. Thomas v. Danwitz (FN 38), S. 108; Silke Thomsen (FN 170), S. 993. Arnd Uhle (FN 97), S. 431; Armin v. Bogdandy (FN 89), S. 429; Bernhard Wolff

(FN 58), S. 217.

V. Parlamentsbeteiligung und Entscheidungskompetenz

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faktischen Verhinderung ihrer Ausübung kommt. Die Exekutive kann jedenfalls nicht verpflichtet werden, eine ihrer Willensbildung widersprechende Rechtsverordnung zu erlassen, weshalb in der Literatur zwischen Änderungsbeschlüssen mit fakultativer und obligatorischer Wirkung unterschieden wird. 382 Nur wenn dem Verordnungsgeber die Möglichkeit genommen ist, dem Erlaß parlamentarisch bestimmter Verordnungsinhalte durch Verzicht auf den fraglichen Verordnungs inhalt zu entgehen, ist seine Letztentscheidungsbefugnis aufgehoben. Verfassungsrechtlich unzulässig sind demnach Änderungsbefugnisse bei gleichzeitig bestehender Erlaßpflicht. Da die parlamentarische Gestaltungsbefugnis uneingeschränkt gilt und auch eine nur partielle ModifIkation des Verordnungsentwurfs zu einer Kompetenzvermischung führt, ist bereits der V orbehalt eines Änderungsrechts in der zur Verordnungsgebung ermächtigenden Norm verfassungswidrig. 383 In der Konstellation einer zugleich bestehenden Erlaßpflicht stellt sich die Frage, ob die kompetentielle Andersartigkeit von Änderungsvorbehalten einerseits und parlamentarischen Zustimmungsvorbehalten andererseits aufrecht erhalten werden kann. Das Zustimmungserfordernis als Wirksamkeitsvoraussetzung für das Zustandekommen eines Rechtsaktes ist grundsätzlich bedingungsfeindlich, da sowohl Einverständniserklärung wie auch Zustimmungsverweigerung prinzipiell abschließender Art sind. Eine Rechtsverordnung, die nicht die Zustimmung des Parlaments fmdet, kann nicht in Kraft treten und führt zu einer Beendigung des Verfahrens der Verordnungsgebung. In ihrer Rechtswirkung ist diese Beteiligungsform mit dem Zustimmungserfordernis des Art. 80 11 GG vergleichba2 84, auch wenn sich der Sinn und Zweck der Zustimmung des Bundesrates weitgehend aus seiner verfassungsrechtlichen Stellung als gesetzgebende Körperschaft erklärt38S • Der Delegatar könnte allenfalls einen erneuten Verordnungsentwurf dem Parlament mit der Bitte um Prüfung und Zustimmungserteilung unterbreiten. Gegen diese Verfahrensgestaltung ließe sich der praktische Einwand einer erneuten Befassung des Parlaments trotz einer eventuellen inhaltlichen Übereinstimmung anführen. Deshalb beschränkt sich das Parlament in der Staatspraxis häufIg nicht darauf, die Rechtsverordnung insgesamt zu akzeptieren oder abzulehnen, sondern erteilt seine Zustimmung unter der Voraussetzung, daß der Verordnungsgeber bestimmten Änderungsvorschlägen entspricht. Die Zustimmung nach Maßgabe inhaltlicher Änderungen ist im Rahmen der Zustimmungsbedürftigkeit nach Art. 80 11 GG ein seit langem beKarl-PeterSommermann (FN 16), S. 437. Vgl. Ste/an Studenroth (FN 170), S. 534. 384 V gl. zu Begriff und Rechtswirkung der ,,zustimmung" nach Art. 80 II GG: Rupert Scholz. Zustimmung des Bundesrats zu Rechtsverordnungen des Bundes, DÖV 1990, S. 455, 456; Norbert Achterberg (FN 349); S. 439 f.; Michael Nierhaus, Bonner Kommentar zum GG, Art. 80 RN 500 m.w.N. 385 Michael Nierhaus, Bonner Kommentar zum GG, Art. 80 RN 509 ff. 382

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kanntes und spätestens mit Einführung des Initiativrechts nach Abs. 3 ein verfassungsrechtlich zulässiges Instrument der Mitwirkung des Bundesrates an der Verordnungsgebung des Bundes. 386 Derartige Maßgabeschlüsse werden als "antizipierte Zustimmung" charakterisiert387, da das Parlament sein Einverständnis nicht endgültig verweigert, sondern im vorhinein fiir den Fall erteilt, daß im weiteren Verfahren der Verordnungsgebung seinem vorgetragenen Änderungsanliegen inhaltlich entsprochen wird. 388 Andernfalls gilt die Zustimmung als verweigert. Bei Akzeptanz der Änderungswünsche ist der Verordnungsgeber durch die antizipierte Zustimmungserteilung zur unmittelbaren Inkraftsetzung der Verordnung ermächtigt, kann diese also auch ohne nochmalige Rücksprache mit dem Parlament erlassen. 389 Will er den vom Parlament gewünschten Änderungen dagegen nicht folgen, muß er auf die Verkündung der Rechtsverordnung verzichten. Zwar steht es dem Verordnungsgeber prinzipiell frei, sich um eine erneute Abstimmung mit dem Parlament zu bemühen. Dies macht indes nur Sinn, wenn die antizipierte Zustimmungserteilung nur allgemein formulierte Änderungswünsche in Gestalt einer Entschließung enthält, die einen inhaltlichen oder zumindest redaktionellen Spielraum belassen. Damit eröffnet auch das Instrument der Parlamentsbeteiligung in Gestalt der Zustimmungsverordnung die Möglichkeit einer verordnungsinhaltsbezogenen Einflußnahme. Während dies bei der Zustimmungsverordnung durch die antizipierte Erteilung einer Zustimmung zu einer nach Parlamentswünschen geänderten Rechtsverordnung geschieht, erfolgt diese inhaltliche Umgestaltung bei Änderungsvorbehalten ohne diesen konstruktiven Umweg. 390 In beiden Fällen ist eine mit dem kompetentiellen Gefüge der Verordnungsgebung unvereinbare,

386 V gl. Christoph Riese, Der Maßgabeschluß des Bundesrates bei zustimmungsbedürftigen Rechtsverordnungen, 1992, S. 99 ff.; Gebhard ZiIleriGeorg-Berndt Oschatz, Der Bundesrat, 10. Aufl. 1998, S. 48 f.; Max Jose[ Dietlein, Zur Zustimmungsbedürftigkeit von Sammelverordnungen, DÖV 1984, S. 788, 793; Jörg Lücke, in: Sachs, 00Kommentar, Art. 80 RN 37; Dieter Wilke, in: v. MangoldtIKlein, GG-Kommentar, Art. 80 Anm. V 6 b; zum Initiativrecht, das ein formelles und materielles Vorschlagsrecht einschließt: Hartmut Bauer, in: Dreier, GG-Kommentar, Art. 80 RN 46. 387 Vgl. Hans Troßmann, Parlamentsrecht des Deutschen Bundestages, 1977, § 96 a RN 4. 388 Christoph Riese (FN 386), 87; Rupert Scholz (FN 384), S. 457; Michael Nierhaus, Bonner Kommentar zum GG, Art. 80 RN 673; zum Zustimmungsvorbehalt: Norbert Achterberg (FN 349); S. 442. 389 Vgl. Rupert Scholz (FN 384), S. 458; Dieter Wilke, in: v. MangoldtIKlein, 00Kommentar, Art. 80 Anm. V 6 b, die eine unmittelbare Inkraftsetzung jedoch davon abhängig machen, daß der Zustimmungsberechtigte der Rechtsverordnung einen bestimmten, gesetzestechnisch komplementären Inhalt gegeben hat. 390 Arnd Uhle (FN 97), S. 382.

V. Parlamentsbeteiligung und Entscheidungskompetenz

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rechtsetzende Mitautorenschaft des Parlaments angelegt.391 Ausweichen kann der Ennächtigungsadressat den angeordneten Modifikationen nur durch den Verzicht auf den Verordnungserlaß. Im Falle einer exekutiven Erlaßpflicht kann der Zustimmungsvorbehalt folglich in einer Weise genutzt werden, der die verordnungsgeberischen Regelungsmöglichkeiten durch vorweggenommene Zustimmung zu einem bestimmten Verordnungsinhalt auf eine Regelungsoption verengt. Da der Ennächtigungsadressat aufgrund seiner Verpflichtung zur Verordnungsrechtsetzung gezwungen ist, diese verbleibende Option zu nutzen und die vom Parlament gestaltete Form der Verordnung in Kraft zu setzen, verfiigt er über keine Wahlmöglichkeit und kein Letztentscheidungsrecht mehr. Die gesetzlich eingeräumte Entscheidungsfreiheit über das "Wie" des Verordnungsinhalts wird damit auf dem konstruktiven Umweg über das "Ob" der Verordnungsgebung entzogen. Dabei ist nicht nur die gekennzeichnete Praxis antizipierter Zustimmung bei bestehender Pflicht der Exekutive zum Verordnungs erlaß unzulässig. Vielmehr ist die verfassungswidrige Aufhebung des exekutiven Letztentscheidungsrechts bereits ennächtigungsgesetzlich angelegt.392 Auch der schlichte Zustimmungsvorbehalt trägt das Potential in sich, durch eine gegebenenfalls wiederholte Zustimmungsverweigerung den Ennächtigungsadressaten zu einer parlamentarisch gewünschten Form des Verordnungserlasses anzuhalten. Das Parlament könnte seine Zustimmung theoretisch so lange verweigern, bis der Exekutive nur noch eine Regelungsoption verbleibt, die sie angesichts ihrer Verpflichtung zum Verordnungserlaß in Kraft setzen muß. Die Zustimmung nach inhaltlichen Maßgaben ist de~halb nur Ausdruck einer effektiven Verfahrensgestaltung393 , die eine derart umständliche Vorgehensweise eines erneuten Durchlaufens des Verfahrens der Verordnungsgebung mit erneuter Anrufung Imd Beschlußfassung des Parlaments vermeidet. Die Zustimmung als aufschiebende Bedingung fiir das Wirksamwerden der Verordnung ist demnach nicht nur auf ein Einverständnis des Parlaments mit dem vorgelegten Verordnungsentwurf in Form einer Ratifizierung gerichtet, sondern wirkt sich bei Bestehen einer Erlaßpflicht nicht anders auf die exekutive Gestaltungsfreiheit aus als ein expliziter Änderungsvorbehalt. 394 Treffen Zustimmungsvorbehalte folglich mit einer exekutiven Erlaßpflicht zusammen, tragen sie das gesetzgeberisch intendierte Potential in sich, die Letztentscheidungsbefugnis des Verordnungsgebers zu negieren. Auch auf diesem Wege kann das Parlament letztlich die Position des Verordnungsgebers übernehmen, was zu einer rechtsstaats- und gewaltenteilungswidrigen Silke Thomsen (FN 170), S. 992 FN 25; Jürgen Jekewitz (FN 14), S. 959. Arnd Uhle (FN 97), S. 435. 393 Vgl. zur Effektivität und Praktikabilität der Maßgabeschlüsse: Michael Nierhaus, Bonner Kommentar zum GG, Art. 80 RN 685 ff. 394 Arnd Uhle (FN 97), S. 436. 391

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D. Parlamentarische Beteiligung und Gewaltenteilungsprinzip

Kompetenzvennischung fUhrt, die mit den Intentionen der verfassungsrechtlichen Verordnungsermächtigung i.S.d. Art. 80 I GG unvereinbar ist.

VI. Die Ermächtigung zum Erlaß von Rechtsverordnungen zwischen Befugnis und Auftrag 1. Inhalt und Dimension der verordnungsgeberischen Handlungsfreiheit Bei der Ausübung der ihm übertragenen Kompetenz wird der Verordnungsgeber aufgrund eigener Rechtsetzungsbefugnis tätig395 , von der er im Rahmen der gesetzlichen Programmierung durch eigene Sach- und Willensentscheidung Gebrauch mache 96 • Mit der QualifIZierung der Verordnungsgebung als gesetzeskonkretisierende und -ergänzende Rechtsetzung ist notwendig eine Gestaltungsfreiheit des Verordnungsgebers verbunden. 397 Angesichts der Wertungsabhängigkeit und des prognostischen Charakters der verordnungsgeberischen Entscheidung hat auch die Rechtsprechung der rechtsetzenden Exekutive Gestaltungsfreiräume konzediert. 398 Dieses "Verordnungsermessen,,399 stellt eine eigenständige und bislang dogmatisch nur unzureichend aufbereitete Kategorie dar, die von der legislativen Gestaltungsfreiheit des parlamentarischen Gesetzgebers einerseits und dem administrativen Verwaltungsermessen andererseits zu unterscheiden ist. 400 Wäh-

395 Dieter Wilke, in: v. MangoldtIKlein, GG-Kommentar, Art. 80 Anm. 11 3 a. u. b.; Theodor Maunz, in: Maunz/Dürig, GO-Kommentar Art. 80 RN 19. 396 Fritz Ossenbühl (FN 6) § 64 RN 33. 397 Fritz Ossenbüh/ (FN 6) § 64 RN 33; Manfred Lepa (FN 1), S. 347; Thomas v. Danwitz (FN 38), S. 162; Michael Nierhaus, Bonner Kommentar zum GG, Art. 80 RN 330 ff.; Peter Badura, Das normative Ermessen beim Erlaß von Rechtsverordnungen und Satzungen, in: Selmerlv. Münch (Hrsg.), Gedächtnisschrift für Wolfgang Martens, 1987, S. 25, 26 f. 398 Angesichts der Elemente des "Wertens, Bewertens und auch Abwägens" (BVerwGE 60,25,45; 56, 31, 47;) trägt die Entscheidung des Verordnungsgebers einen "normativwertungsabhängigen Charakter" (BVerfGE 40,352,354) mit "prognostischer Tendenz" (BVerfGE 66, 155, 180), die dieser mit "rechtspolitischem Gestaltungswillen" (BVerwGE 70, 318, 332) auszufüllen hat. 399 Wobei die Begriffsbildung keinesfalls klar ist: Neben (Verordnungs-)Ermessen (BVerwGE 36, 95, 97; 57, 130, 141; 60, 212, LS 4 u. 223; 70, 318, LS) wird auch von Gestaltungs- oder BeurteiIungsspielraum (BVerwGE 38, 105, 111; 59, 195, 198; 60, 25, 44; 64, 77, 87) gesprochen. 400 Grundlegend: Thomas v. Danwitz (FN 38), S. 177 f.; vgl. auch: Fritz Ossenbühl (FN 6) § 64 RN 34; ders.: Richterliches Prüfungsrecht und Rechtsverordnung, in: Eichenberger (Hrsg.), Recht als Prozeß und Gefüge, Festschrift rur Hans Huber zum 80. Geburtstag, 1981, S. 283,286 ff.; Manfred Zuleeg, Die Ermessensfreiheit des Verordnungsgebers, DVBI. 1970, S. 157, ff., der Rechtsverordnungen allerdings denselben

VI. Verordnungsermächtigung zwischen Befugnis und Auftrag

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rend das Verwaltungsennessen im Rahmen der Gesetzesanwendung auf die Ermittlung einer Rechtsfolge im konkret-individuellen Fall gerichtet ist, beinhaltet die Verordnungsgebung die Schaffung generell-abstrakter Nonnen. 401 Das Mandat der Gesetzeskonkretisierung und -ergänzung ist folglich als Rechtsetzungsbefugnis des Verordnungsdelegatars zu qualifIzieren. Im Gegensatz zur Norminterpretation, die den Sinn eines vollständig gedachten Rechtssatzes erschließt, ist die Verordnungsfunktion der Normkonkretisierung einerseits zwar Folge gesetzlicher Prädetennination, im Schwerpunkt aber Konsequenz gesetzgeberischer Regelungsabstinenz. Auch wenn Verordnungsregelungen lediglich unbestimmte Gesetzesbegriffe oder Generalklauseln konkretisieren, ist dies nicht als Auslegung im Sinne eines interpretativ feststellbaren Ergebnisses zu verstehen, sondern beinhaltet einen selbständigen Gestaltungsauftrag im Rahmen eines vorgegebenen, gesetzlich aber nicht ausgefiillten Regelungsziels, der folglich einer richterlichen Kontrolle nur bedingt zugänglich ist. 402 Unter diesem Rechtsetzungsaspekt ist das Verordnungsennessen zwar mit der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit strukturell und funktionell vergleichbar, unterscheidet sich von dieser aber hinsichtlich seiner Bindung an materiell-rechtliche Vorgaben und dem Maß an demokratischer Legitimation. 403 Im Gegensatz zur originären, ausschließlich verfassungsunterworfenen Gesetzgebung der Legislative wird der Verordnungsgeber nur innerhalb der durch die Ermächtigungsnonn gezogenen Grenzen tätig404 und bleibt damit auf eine zweite Mediatisierungsebene angewiesen40S. ErrnessensregeIn wie Verwaltungsakten untersteHt; Michael Nierhaus, Bonner Kommentar zum GG, Art. 80 RN 334 ff. 401 Fritz Ossenbühl (FN 6) § 64 RN 34; Thomas v. Danwitz (FN 38), S. 177; Michael Nierhaus, Bonner Kommentar zum GG, Art. 80 RN 337. 402 Vgl. BVerfGE 38, 348, 363, wonach das Verordnungsermessen im Gegensatz zum Verwaltungsermessen auch die Konkretisierung gesetzlicher Tatbestände erfaßt. So auch: Michael Nierhaus, Bonner Kommentar zum GG, Art. 80 RN 330; Fritz Ossenbühl (FN 6) § 64 RN 36 mit Verweis auf: Eberhardt Roethe, Die Ausführungsverordnungen im heutigen Staatsrecht, AÖR Bd. 59 (1931), S. 194,262 f. Im Gegensatz dazu kommt der eng begrenzte Bereich des ,,Beurteilungsspielraums" einer Verwaltungsbehörde nur zum Tragen, wenn die Konkretisierung eines unbestimmten Rechtsbegriffes im NachvoHzug der Verwaltungsentscheidung, d.h. im Wege der Subsumtion und nicht der abstrakten Auslegung, an die Funktionsgrenzeri der Rechtsprechung stößt (BVerfGE 84, 34,50). 403 Fritz Ossenbühl (FN 6) § 64 RN 34; Michael Nierhaus, Bonner Kommentar zum GG, Art. 80 RN 335. 404 BVerfGE 78, 249, 273, weshalb eine Verordnung niemals Ausdruck eines originären Gestaltungswillens der Exekutive sein kann. Vgl. auch: Peter Unruh/Jochen Strohmeyer, Die Pflicht zum Erlaß einer Rechtsverordnung - am Beispiel des Umweltrechts, NuR 1998, S. 225, 226; Peter Badura (FN 397), S. 30. 405 Thomas v. Danwitz (FN 38), S. 178, mit Bezug auf: Helmut Quaritsch, Das parlamentslose Parlamentsgesetz, 2. Aufl. 1961, S. 7, wonach die Staatsgewalt des Volkes im Gesetz einfach und in der Rechtsverordnung doppelt mediatisiert ist. 6 Schwanengoi

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D. Parlamentarische Beteiligung und Gewaltenteilungsprinzip

Diese Abgrenzung des Verordnungsennessens gegenüber anderen staatlichen Handlungsfonnen mit gestaltendem Charakter verweist zugleich auf die Frage nach den Dimensionen verordnungsgeberischer Gestaltungsfreiheit. Um ein klares Bild von den gestalterischen Möglichkeiten des Verordnungsgebers zu gewinnen, wird auch hier zwischen dem "ob" und "wie" des Verordnungserlasses unterschieden. 406 Während sich die inhaltliche Gestaltungsfreiheit über die Art und Weise der Verordnungsgebung aus den gesetzlichen Vorgaben der Ermächtigungsnonn407 und den Eigenarten der Regelungsmaterie408 ergibt, markiert die Entschließungsfreiheit die Kontroverse um die Reichweite des Verordnungsermessens. Schon der Begriff der "Ermächtigung" i.S.d. Art. 80 I S. 1 GG muß zwar ,,nicht notwendig im Sinne völliger Freiheit der ermächtigenden Stelle verstanden werden,,409, bedeutet aber im allgemeinen die Erteilung einer Befugnis und beinhaltet nicht ohne weiteres die Auferlegung einer Pflicht, von dieser Ermächtigung auch Gebrauch zu machen. 41O Da die Entscheidung über das "Ob" der Ausfiillung übertragener Normierungskompetenz darüber hinaus Bestandteil dessen ist, wozu der Verordnungsgeber ermächtigt wurde, entspricht die Entscheidungsfreiheit des Verordnungsgebers auch dem Sinn und Zweck der ilun zugedachten Regelungsbefugnis.4Il Diese würde negiert, wenn man den Begriff der ,,Ermächtigung" einseitig als (ausschließliche) Befugnis des Parlaments defmiert, die Exekutive mit Rechtsetzungsaufgaben zu betrauen..n2 Die Charakterisierung der Verordnungsgebung als derivative (gesetzesakzessorische) Rechtsetzung bildet aber zugleich den Ansatz fiir eine Eingrenzungsoption des Gesetzgebers. 413 Die Pflicht zum Erlaß einer Rechtsverordnung besteht namentlich 406 Michael Nierhaus, Bonner Kommentar zum GG, Art. 80 RN 340; Manfred Zuleeg (FN 400), S. 157. 407 Vgl. BVerwGE 20, 250, 253; ebenso: Thomas v. Danwitz (FN 38), S.185 ff., für den darüber hinaus die abschließende Prädetermination einzelner Ermächtigungsbestandteile die Gestaltungsfreiheit des Verordnungsgebers zu begrenzen vermag. 408 BVerwGE 18,336,339 f.; 42, 169, 174. 409 BVerfGE 13,248,254. 410 Theodor Maunz, in: Maunz/Dürig, GG-Kommentar, Art. 80 RN 19; Peter Unruh/ Jochen Strohmeyer (FN 404), S. 226 411 Thomas v. Danwitz (FN 38), S. 180; Arnd Uhle (FN 97), S. 180; Fritz Ossenbühl (FN 6) § 64 RN 43; Dieter Wilke (FN 259), S. 234. 412 So: Wolfgang Sturmhöfel (FN 309), S. 81, für den die Bestimmung des Art. 80 GG lediglich die Verordnungstätigkeit von der Befugnis des Parlaments her regelt, während sich die Verpflichtbarkeit der Exekutive aus dem Vorbehalt des Gesetzes ergibt, so daß die Exekutive die Ermächtigungsnorm auszuführen habe wie jede andere Norm auch. 413 In diesem Sinne könne die Rechtsetzungsfunktion nicht strikt von einer Rechtsanwendungsfunktion getrennt werden: Peter Unruh/Jochen Strohmeyer (FN 404), S. 226; Thomas v. Danwitz (FN 38), S. 54 f. u. 165; Michael Nierhaus, Bonner Kommentar zum GG, Art. 80 RN 331.

VI. Vero(dnungsermächtigung zwischen Befugnis und Auftrag

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dann, wenn der Gesetzgeber den Verordnungsgeber ennächtigungsgesetzlich hierzu anweist. 414 In diesem Falle enthält die Ennächtigungsnorm nicht nur eine Befugnis, sondern einen verbindlichen Auftrag an den Verordnungsgeber zum Normerlaß. 415 Neben dieser einfach-gesetzlichen Anweisung zum Verordnungserlaß kann die Verpflichtung zu exekutiver Rechtsetzung auch unmittelbar aus der Verfassung resultieren. Da auch bei ausdrücklicher oder konkludenter Erlaßpflicht die inhaltliche Gestaltungsfreiheit einer Bewertung und Abwägung nicht entfallt, konunt eine Verfassungs verpflichtung nur in seltenen Ausnahmefallen in Betracht.416 Als Verpflichtungsgrundlage werden dabei der allgemeine Gleichheitssatz gemäß Art. 3 I GG417 und die aus der objektiv-rechtlichen Dimension der Grundrechte hergeleitete Schutzpflicht des Staates418 herangezogen.

2. Die Pflicht des Verordnungsgebers zum Erlaß einer Rechtsverordnung Rechtsprechung und Literatur gehen ohne weiteres von der Fähigkeit des Gesetzgebers aus, das ansonsten dem Verordnungsgeber konzedierte Entschließungsermessen an sich zu ziehen und die Exekutive zum Verordnungserlaß zu verpflichten. Hierbei ergibt sich die Pflicht zur entsprechenden Regelung aus dem Wortlaut oder Sinngehalt der entsprechenden Ennächtigungsnorm und beruht auf der Prädominanz des förmlichen, parlamentsbeschlossenen Gesetzes. Unter diesem Aspekt stellen Rechtsverordnung und ennächtigendes Gesetz zwar getrennte gesetzgebungstechnische Einheiten dar, bilden aber funktional eine Zweckeinheit. 419 Da Rechtsverordnungen erst im Zusanunenspiel mit dem jeweils zugrunde liegenden ennächtigenden Gesetz eine sinnvolle staatliche Regelung ergeben, betont auch das Bundesverfassungsgericht, daß die ,,Normen des Gesetzes und der Verordnung, die aufgrund einer in ihm enthaltenen Er-

414 Vgl. BVerfGE 7, 282, 297 f.; 34, 165, 194; BVerwGE 18,6,8 f.; 42, 169, 174; Manfred Lepa (FN 3), S. 347; Dieter Wilke, in: v. MangoldtIKlein, GG-Kommentar, Art. 80 Anm. XII 1; Jörg Lücke, in: Sachs, GG-Kommentar, Art. 80 RN 4. 415 Hans Schneider (FN 8), RN 248; Arnd Uhle (FN 97), S. 159. 416 Thomas v. Danwitz (FN 38), S. 181; Fritz Ossenbühl (FN 6) § 64 RN 43; Michael Nierhaus, Bonner Kommentar zum GG, Art. 80 RN 346. 417 BVerfGE 13,248,253 ff.; Hans Schneider (FN 8), RN 248. 418 Fritz Ossenbühl (FN 6) § 64 RN 43; Franz-Joseph Peine, Gesetz und Verordnung - Bemerkungen zu aktuellen Fragen eines problematischen Verhältnisses, ZG 1988, S. 121, 134 ff. Aus dieser allgemeinen Schutzpflicht lassen sich konkrete Handlungspflichten überdies nur dann ableiten, wenn irreparable Verletzungen oder unübersehbare Risiken drohen, was· namentlich bei den Rechtsgütem Leben und Gesundheit der Fall ist; vgl. BVerfGE 46, 160, 164 f. 419 BVerfGE 24, 184, 198; Manfred Lepa (FN 1), S. 347; Peter Unruh/Jochen Strohmeyer (FN 404), S. 226 f. m.w.N.

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D. Parlamentarische Beteiligung und Gewaltenteilungsprinzip

mächtigung erlassen werden, ... eine Einheit bilden,,420. Der sachliche Zusammenhang zwischen maßstabsetzendem Gesetz und ausführender Rechtsverordnung wird durch die Delegation gewährleistet. 421 Diese funktionale Einheit rechtfertigt ein legitimes Interesse des Gesetzgebers, den Verordnungsgeber zu verpflichten, dem einheitlichen Ziel beider Rechtsetzungsakte zu folgen. Dabei will ein Teil der Literatur die Rechtsmacht des Gesetzgebers zu einem verpflichtenden Verordnungserlaß auf die Fälle begrenzen, in denen der Gesetzgeber mit seinem Rechtsetzungsakt auf eine sachgerechte Normierung durch den Verordnungsgeber "angewiesen" ist. 422 Zwar hänge die Existenz des Verordnungsermessens von der Delegation der Rechtsetzungsbefugnis ab. Damit werde dem Verordnungsgeber aber nicht lediglich ein Mehr an Rechten eingeräumt, sondern dieser selbst zum Träger eigener Rechtsetzungskompetenz, fiir deren Ausfiillung er die Verantwortung trage.423 Zu dieser Stellung gehöre begrifflich auch, daß dem Verordnungsgeber ein gewisser Beurteilungsspielraum fiir sein Eingreifen verbleiben müsse. 424 Die Auslegung der (Verordnungs-)"Ermächtigung" i.S.d. Art. 80 I GG als Verpflichtung erweist sich gleichwohl als verfassungskonform. Einerseits betriffi sie lediglich die Entschließungsfreiheit des Verordnungsgebers und beseitigt dessen normatives Ermessen beim Erlaß von Rechtsverordnungen nicht vollends. Der Verordnungsgeber verfUgt trotz ermächtigungsgesetzlichen Normierungsauftrags im Hinblick auf den Inhalt seiner Rechtsverordnung weiterhin über eine seiner Rechtsetzungsfunktion entsprechende Gestaltungsbefugnis, die als "Sollens"-Rege1ung notwendig einen prognostisch-wertenden Anteil besitzt. 42S Andererseits ist der normative Gestaltungsspielraum des Verordnungsgebers von vornherein in die Grenzen der gesetzlichen Ermächtigung gewiesen und den damit vorgegebenen Festlegungen und Direktiven unterworfen. 426 Im Gegensatz zu der als verfassungswidrig gekennzeichneten Kopplung der Erlaßpflicht mit einem rechtsverbindlichem Beteiligungsvorbehalt des Parlaments wird der Freiraum der normsetzenden Exekutive hier kraft gesetzlicher Verpflichtung eingeengt, so daß es zu keiner kompetenzwidrigen Aufhebung der 420 BverfGE 24, 184, 198.

Peter Badura (FN 397), S. 27; Michael Kotulla (FN 259), S. 1264. Manfred Lepa (FN I), S. 348; Peter Unruh/Jochen Strohmeyer (FN 404), S. 227 f. 423 Peter Unruh/Jochen Strohmeyer (FN 404), S. 228. 424 Manfred Lepa (FN 1), S. 347. 425 Allerdings differenzieren Teile von Literatur und Rechtsprechung hierbei zwischen kognitiven und volitiven Errnächtigungse1ementen und konzidieren einen rechtsetzenden Gestaltungsspielraum nur bei einem ausreichenden Freiraum eigengestalterischer Maßstabsetzung. Vgl. Thomas v. Danwitz (FN 38, S. 188 f.); Fritz Ossenbühl (FN 391), S. 292; zum Streit in der Rechtsprechung: BVerfGE 56, 298, 316 mit abweichenden Voten 56, 324, 325 ff. u. 56,347. 426 Peter Badura (FN 397), S. 30. 421

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VI. Verordnungsennächtigung zwischen Befugnis und Auftrag

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exekutiven Verordnungskompetenz kommt. Die funktionelle Beziehung weist zwar keinem Teilnehmer die Befugnis zu, über die grundsätzliche Funktion von Gesetz- und Verordnungsgebung zu disponieren, erlaubt es aber ebenso wenig, die strukturellen und legitimatorischen Voraussetzungen der Nonnfestlegung im Parlament von deren Ergebnis zu trennen. 427 Der Gesetzgeber überträgt die Rechtsetzungsbefugnis nicht nur nach Maßgabe der Ermächtigung in bezug auf die inhaltliche Ausformung der Rechtsverordnung, sondern auch in bezug auf die Entscheidung, ob und zu welchem Zeitpunkt von ihr Gebrauch gemacht wird. Die Verordnungsgebung erscheint damit gleichwohl nicht als Ausschnitt einer übergeordneten Normsetzungsbefugnis, da das Parlament in "gesetzgebender" Funktion tätig wird und den spezifischen V erantwortungszusammenbang zwischen legislativer Leitentscheidung und exekutiver Letztentscheidung unberührt läßt. Da die Ausgestaltung der Ermächtigungsgrundlage grundsätzlich in die Gestaltungsbefugnis des parlamentarischen Gesetzgebers gestellt ist und die Verfassung den Normierungswillen des Gesetzgebers nur durch das spezifische Bestimmtheitsgebot und das allgemeine Willkürverbot begrenzt, sind die Gründe für eine Beschränkung der verordnungsgeberischen Entschließungsfreiheit regelmäßig unerheblich für die verfassungsrechtliche Statthaftigkeit einer ermächtigungsgesetzlichen Anweisung zum Verordnungserlaß. 428 Der Gesetzgeber ist deshalb "von Verfassungs wegen nicht gehindert, dem Verordnungsgeber einen solchen Regelungsauftrag zu erteilen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Rechtsverordnung für die Anwendung der gesetzlichen Regelung notwendig ist.,,429 In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung geht demgemäß auch die überwiegende Meinung in der Literatur davon aus, daß die Einschränkung verordnungsgeberischer Entschließungsfreiheit in gleichem Umfang möglich ist, wie die Erteilung der Rechtsetzungsbefugnis im allgemeinen. Aus der Charakterisierung der Übertragung von Rechtsetzungsbefugnissen als unechte Delegation und der darauf basierenden Parallelzuständigkeit des Gesetzgebers ergibt sich die Dispositionsbefugnis des Gesetzgebers über die Entschließungsfreiheit des Verordnungsgebers, so daß die Ermächtigung zum Handeln die Befugnis einer Verpflichtung zum Handeln einschließt.430 Die Tatsache, daß weder das Grundgesetz noch die Landesverfassungen der Exekutive eine originäre Rechtsetzungsbefugnis einräumen und statt dessen die gesetzgeberische Delegationsentscheidung zwischengeschaltet haben, spricht für ein legislatives Ermessen, das Claus Pegatzky (FN 20), S. 57. Arnd Uhle (FN 97), S. 466. 429 BVerfDE 79,174,193. 430 BVerfDE 34, 165, 195; Thomas v. Danwitz (FN 38), S. 180; Franz-Joseph Peine (FN 418), S. 133 f; Michael Nierhaus. Bonner Kommentar zum GG, Art. 80 RN 344. 427 428

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D. Parlamentarische Beteiligung und Gewaltenteilungsprinzip

dem Gesetzgeber nicht nur die Festlegung der Regelungsebene, sondern auch die Entscheidung darüber überläßt, "welche normative Regelungsdichte er auf einem Rechtsgebiet für erforderlich hält,,431. Überdies dürfte es das verfassungsrechtliche Bestinuntheitsgebot verletzen, wenn der Gesetzgeber den Erlaß einer Rechtsverordnung, von der der Vollzug des Gesetzes abhängt, in das Ermessen des Verordnungsgebers stellt. 432 Der Bundesgesetzgeber darf eine Pflicht zur Verordnungsgebung im übrigen auch gegenüber der Landesregierung begründen, wenn und soweit dies zur Erfiillung des Normprogramms unerläßlich ist. 433

3. Die ausdrückliche und konkludente Rechtspflicht zum Verordnungserlaß Bei dem über die Ermächtigung hinausreichenden Auftrag des Ennächtigungsadressaten zum Verordnungserlaß können zwei Vorgehensweisen unterschieden werden, die beide auf einer einfach-gesetzlichen Verpflichtung der Exekutive basieren. 434 So hat der parlamentarische Gesetzgeber zunächst die Möglichkeit, die Rechtspflicht zum Verordnungserlaß in der Ermächtigungsnorm ausdrücklich festzuschreiben. 435 Hierzu ist die ermächtigende Regelung entweder in der Form des imperativen Präsens gefaßt oder bringt die Erlaßpflicht durch eine entsprechende Fassung im übrigen zum Ausdruck. Für eine parlamentsgesetzliche Anweisung zum Verordnungserlaß froden dabei häufig Formulierungen Verwendung, wonach der Verordnungsgeber bestinunte Sachgebiete durch Rechtsverordnung ,,regelt" oder ,,Rechtsverordnungen über ... " erläßt:136 Als Beispiel für die Vielzahl gesetzlicher Inpflichtnahmen des Verordnungsgebers sei auf einige Delegationsnormen in den Gesetzen des Landes Brandenburg verwiesen, die überdies die Pflicht zum Verordnungserlaß mit einem parlamentarischen Beteiligungsvorbehalt verbinden. So "erläßt" die Landesregierung nach § 73 LBG Vorschriften über die Laufbahnen der Beamten (Laufbahnverordnungen), zu

BVerfGE 79, 174, 194; vgl. dazu auch: Jürgen Staupe (FN 103), S. 308. Brun-Otto Bryde, in: v. MünchlKunig, GG-Kommentar, Art. 80 RN 5 b, mit Verweis auf: BVerfGE 79,174,194. 433 Michael Nierhaus, Bonner Kommentar zum GG, Art. 80 RN 344. 434 Vgl. allgemein: Fritz Ossenbühl (FN 6) § 64 RN 43; Man/red Lepa (FN 3), S.347; Theodor Maunz, in: MaunzlDürig, GG-Kommentar, Art. 80 RN 19; Peter Unruh/Jochen Strohmeyer (FN 404), S. 226; Jörg Lücke, in: Sachs, GG-Kommentar, Art. 80 RN 4. 435 Vgl. BVerfGE 34,165,194; Michael Nierhaus, Bonner Kommentar zum GG, Art. 80 Rn 344. 436 Vgl. dazu: Handbuch der Rechtsförmlichkeit (FN 182), RN 186 f; Jörg Lücke, in: Sachs, GG-Kommentar, Art. 80 RN 4. 431

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VI. Verordnungsennächtigung zwischen Befugnis und Auftrag

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denen der Ausschuß des Landtages für Inneres zu hören ist. 437 Der jeweils zuständige Fachrninister "stellt" nach Erörterung mit dem für Verkehr zuständigen Ausschuß des Landtages durch Rechtsverordnung einen Nahverkehrsplan aur38 oder ,,regelt" im Einvernehmen mit dem Ausschuß für Wissenschaft, Forschung und Kultur die Aufgaben und Befugnisse der Beiräte für Denkrnalschutz439 beziehungsweise Sozialhilfe440 • Nach § 5 AG-BSHG "wird" die Höhe der Regelsätze für Sozialhilfe nach Anhörung des zuständigen Fachausschusses des Landtages durch Rechtsverordnung festgesetzt. In der Staatspraxis kommen allerdings offen oder neutral gefaßte Verordnungs-"Ermächtigungen" häufiger vor als ausdrückliche Verpflichtungen. Aber auch ohne ausdrücklich statuierten Auftrag kann sich eine Pflicht des Ermächtigten zum Verordnungs erlaß durch Auslegung der einfach-gesetzlichen Ermächtigung ergeben. 441 Mit Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wird dabei neben der systematischen442 Auslegung vor allem auf den Sinn der Verordnungsermächtigung als konkretisierender und ergänzender Rechtsetzung443 abgestellt und vor allem der teleologische Gesichtspunkt der Praktikabilität des Gesetzesvollzugs als ausschlaggebend angesehen."'" Hierbei ergibt sich die Inpflichtnahme aus dem Kontext des Delegationsgesetzes insgesamt, das ohne komplementäre und ergänzende Durchführungsverordnung nicht anwendbar ist. In diesem Fall enthält die inhaltliche Ausforrnung des ermächtigenden Gesetzes die konkludente Pflicht des Ermächtigungsadressaten zur Verordnungsgebung. 44s Dabei rechtfertigt die funktionale Einheit von Gesetz und ergänzender Rechtsverordnung eine Auslegung der Verordnungsermächtigung als verpflichtendes Gebot, dem einheitlichen und vom Gesetzgeber vorgegebem Beamtengesetz für das Land Brandenburg, GVBI. I 1992, S. 506.

438 § 7 I ÖPNVG - Gesetz über den öffentlichen Personennahverkehr im Land Brandenburg, GVBL. I 1995, S. 252. 439 § 6 III NbgDSchG - Gesetz über den Schutz und die Pflege der Denkmale im Land Brandenburg, GVBI. I 1991, S. 311. 440 § 11 V AG-BSHG - Gesetz zur Ausführung des Bundessozialhilfegesetzes, GVBI. 11991, S. 318. 441 Peter Unruh/Jochen Strohmeyer (FN 404), S. 229. Neben der Auslegung stützt v. Danwitz (FN 38, S. 181) diese Möglichkeit auf eine "Ermessensreduzierung auf Null", wonach in Fällen der Unentbehrlichkeit der zu treffenden Regelung der Verordnungsgeber sein Entschließungsermessen deren Zwecksetzung entsprechend nur noch dadurch fehlerfrei ausüben kann, daß er eine entsprechende Verordnung erläßt. 442 BVerfGE 78,249,274 fT.; 79, 174, 193. 443 Vgl. BVerfGE 34,165, 195. 444 BVerfGE 13,248,254 (darauf verweisend: BVerfGE 16,332,338); 78, 249, 272; 79,174,194; ferner: BVerwGE 13,271,273 f.; 31,177,179 f.; 48, 99,101; Peter Unruh/Jochen Strohmeyer (FN 404), S. 229; Franz~Joseph Peine (FN 418), S. 128; Michael Nierhaus, Bonner Kommentar zum 00, Art. 80 RN 345; Bruno Schmidt-Bleibtreul Franz Klein, GG-Kommentar, Art. 80 RN 115. 445 Arnd Uhle (FN 97), S. 162.

D. Parlamentarische Beteiligung und Gewaltenteilungsprinzip

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nen Ziel beider Rechtsetzungsakte zu folgen. 446 Andernfalls geriet der Gesetzgeber hinsichtlich des Vollzugs seines Regelungsaktes in Abhängigkeit von der exekutiven Ausfiillung der vorhandenen Regelungsspielräume, was mit dem Vorrang des Gesetzes unvereinbar wäre. 447 Auch wenn der Gesetzgeber über die lex posterior-Regel jederzeit den Zustand gewünschter materieller Regelung herbeifiihren könnte, widerspräche es einem zutreffend funktional verstandenen Gewaltenteilungsprinzip, wenn der Gesetzgeber eine Regelung auf dem Verordnungswege als sachgerecht betrachtet, das Gesetz aber ohne verpflichtenden Erlaß einer Rechtsverordnung nicht durchfiihrbar wäre. 448 Kann also der Rechtsetzungsakt des Parlaments ohne Eingreifen des Verordnungs gebers sein Ziel nicht erreichen, steht die durch Delegation ermöglichte Rechtsetzungsbefugnis des Verordnungsgebers nicht in seinem Entschließungsermessen449, sondern erweist sich in ihrer rechtlichen Konsequenz als formell-gesetzliche Beauftragung, dem übergeordneten gesetzgeberischen Willen Geltung zu verschaffen. Ist in der Ennächtigungsnorm lediglich die Rede davon, daß der Verordnungsgeber " ... ennächtigt wird, durch Rechtsverordnung zu regeln ... " oder " ... kann durch Rechtsverordnung bestimmt werden ... " , so steht die Entscheidung über die Ausübung des gesetzlichen Delegationsaktes grundsätzlich im Entschließungsennessen des Delegatars.45o Derartig offen gehaltene (Verordnungs-)"Ermächtigungen" sind grundsätzlich unbedenklich, "wenn die Anwendbarkeit des Gesetzes nicht davon abhängt, ob von ihnen Gebrauch gemacht wird oder nicht .•. ,,451. Sollen sie den Ennächtigungsadressaten gleichwohl zum Verordnungserlaß verpflichten, muß der Gesetzgeber dem Verordnungsgeber ,,hinreichend normative Anhaltspunkte fiir seine Entscheidung an die Hand geben, ob von einer solchen Verordnungsennächtigung Gebrauch zu machen ist oder nicht"4S2. Diese Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts bringt zwar gewisse Bedenken hinsichtlich offen formulierter Verordnungsennächtigungen zum Ausdruck. Da die ,,normativen Anhaltspunkte" aber letztlich durch Auslegung der Verordnungsennächtigung ermittelbar sind, kann eine Pflicht zum Verordnungs-

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VgJ. Manfred Lepa (FN 3), S. 348. Michael Nierhaus. Bonner Kommentar zum GG, Art. 80 RN 345.

448 Zur "Normierbarkeit" eines RegeJungsbereiches gehören nach Auffassung des BVerfG (E 68, 1,86) auch die Fälle, in denen der Verordnungsgeber die "bessere", wie sachlich richtigere Entscheidung treffen kann. 449 Im Gegensatz zu: Thomas v. Danwitz (FN 38), S. 181, der im Falle der Unentbehrlichkeit der zu treffenden Regelung eine "Ermessensreduzierung auf Null" annimmt, wobei der Verordnungsgeber sein Entschließungsermessen deren Zwecksetzung entsprechend nur noch dadurch fehlerfrei ausüben kann, daß er eine entsprechende Verordnung erläßt. 450 VgJ. Handbuch der Rechtsförmlichkeit (FN 182), RN 186. 451 BVerfGE 78, 249, 272. 452 BVerfGE 78, 249, 274.

VI. Verordnungsennächtigung zwischen Befugnis und Auftrag

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erlaß auch unabhängig vom gesetzgeberischen Willen begründet werden. Auch wenn bereits eine wörtliche oder systematische Auslegung der Delegationsnorm für die "Erforderlichkeit" einer ergänzenden Rechtsverordnung sprechen kannm, wird letztlich wohl nur der teleologische Gesichtspunkt der Praktikabilität des gesetzlichen Regelungswerkes den geforderten ,,hinreichenden" Anhaltspunkt für eine Inpflichtnahme des Verordnungs gebers liefern. Da beispielsweise die ordnungsgemäße Ablegung einer Jägerpriifung nach dem Brandenburgischen Landesjagdgesetz4S4 Voraussetzung für die Erteilung eines Jagdscheins ist und eine Vielzahl von Bestimmungen zur Hege und Bejagung wildlebender Tiere an diese Jagdberechtigung anknüpfen und ohne diese nicht mehr als ein Programmsatz wären4SS , erscheint eine entsprechende Priifungsordnung, zu deren Erlaß der zuständige Minister gemäß § 26 I LJagdG nach Anhörung des Landwirtschaftsausschusses des Landtags "ermächtigt" wird, für den Vollzug des Gesetzes erforderlich.

453 So spricht beispielsweise der Wortlaut des § 5 III PflegeG des Landes Brandenburg (GVBI. 1998, S. 158), wonach das zuständige Mitglied der Landesregierung "ermächtigt" wird, daß "Nähere" über Voraussetzung und Verfahren der Landesförderung für Pflegeeinrichtungen durch Rechtsverordnung im Benehmen mit dem zuständigen Landtagsausschuß zu regeln, für eine Erlaßpflicht. Da sich der Anwendungsbereich dieser "Ermächtigung" auf die in Abs. 1 als ausdrückliche Pflicht des Landes statuierte InvestitionsfOrderung bezieht, stützt auch die systematische Auslegung dieses Ergebnis. Da aber nach einhelliger Rechtsprechung (vgl. BVerwGE 90, 112, 126) das Verfahren der leistungsgewährenden Verwaltung, namentlich bei geldlichen Zuwendungen an Private, nicht dem Gesetzesvorbehalt unterliegt und eine etatmäßige Bereitstellung der zur Subvention erforderlichen Mittel als hinreichende Legitimation des Verwaltungshandelns angesehen wird (worauf § 5 I PflegeG mit der Maßgabe einer Förderung nach den ,,Möglichkeiten" des Landes verweist), erscheint eine ergänzende Rechtsverordnung zwar wünschenswert, indes aber nicht "erforderlich". Vgl. zur abweichenden Auffassung: Hartmut Maurer (FN 95), § 6 RN 14. 454 Gesetz über den Schutz, die Hege und Bejagung wildlebender Tiere im Land Brandenburg, GVbI. I 1992, S.231. 455 Dies betrim beispielsweise den nach § 30 11 LJagG (GVBI. 1992, S. 58) vom Jagdberechtigten aufzustellenden und von der unteren Jagdbehörde zu bestätigten Abschußplan, dessen Erfüllung nach § 30 IX LJagD die Jagdbehörde gegenüber dem Jagdberechtigten durchsetzen kann.

E. Die parlamentarische Beteiligung an der Verordnungsgebung im Kontext des Demokratieprinzips I. Die Kompensationstheorie - Parlamentsbeteiligung als kompetenz- und legitimationsvermittelnde Verfahrensform Während die bisherigen Erörterungen sich damit befaßten, ob und in welchem Umfang der Gesetzgeber die Ausübung exekutiver Rechtsetzungsbefugnis an die Mitwirkung des Parlaments binden darf, hat die rechtswissenschaftliche Diskussion die Frage aufgeworfen, ob sich die parlamentarische Verfahrensbeteiligung beim Erlaß von Rechtsverordnungen nicht als verfassungsrechtlich statthafte Kompensation fiir die Zurückhaltung des Gesetzgebers bei der Formulierung der Verordnungsermächtigung erweist, um BestinuntheitsdefIzite der Delegationsnorm auszugleichen. 456 Ausgangspunkt fiir den Kompensationsgedanken sind die unzureichenden formalgesetzlichen Normierungsmöglichkeiten und die darauf beruhende, sachmaterienhaft erzwungene Nichteinhaltung des Bestinuntheitsgrundsatzes, wie sie sich vor allem im Bereich des Schulrechts aktualisieren. 457 Die Befiirworter dieser Variante gehen davon aus, daß es schwierig und im Einzelfall sogar unmöglich ist, die verfassungsrechtlichen Bestinuntheitsgebote sowie die vorbehaltsrechtlichen Bestinuntheitserfordemisse präzise zu umschreiben und durch parlamentsgesetzliche Regelung zu erfiillen. 458 Erweise sich die inhaltlich-typisierende Zuordnung einzelner Regelungsgegenstände zu einer Kompetenzträgerschaft aber als nicht praktizierbar, erwachse der Ruf nach kompetenzvermittelnden Verfahrensformen, die naturgemäß nur im Bereich der Verordnungsgebung angesiedelt sein können. 459 Vor allem dort, wo inhaltlich "wesentliche" Entscheidungen prinzipiell dem Vorbehalt des parlamentarischen Gesetzgebers unterstünden, der Regelungsgegenstand sich aber einer gesetzgeberisch abschließenden Regelung entziehe oder jedenfalls nicht sachgerecht erscheine, könnten parlamentarische Beteiligungsvorbehalte die fehlende formell456 Die Kompensationstheorie geht zurück auf: Winfried Brahm, Die Dogmatik des Verwaltungsrechts, VVDStRL Bd. 30 (1972), S. 245, 269. Grundlegend auch: Fritz Ossenbühl (FN 6) § 64 RN 56. m Dementsprechend fiir den Kompensationsgedanken: Gunter Kisker (FN 90), S. 39 ff.; Rupert Schalz/Hans Bismark (FN 6), S. 131 ff. 458 Vgl. Jürgen Staupe (FN 103), S. 303. 459 Rupert Schalz/Hans Bismark (FN 6), S. 119 f.

I. Kompensationstheorie

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gesetzliche Entscheidung ausgleichen. 46O Indem man parlamentarische Mitwirkungsrechte einräume, könne man sich folglich unter den genannten Umständen mit geringeren Anforderungen an die Bestimmtheit der legislativen Vorgaben begnügen. Die Kompensationsthese beruht auf dem Paradigmenwechsel von einem kompetentiell verstandenen Bestirnmtheitsgebot zu einem demokratietheoretisch begründeten Delegationsverbot, wie es sie namentlich in der bundesverfassungsgerichtlichen Hinwendung zum "Wesentlichkeitskriterium" als ModifIkation der Selbstentscheidungsformel manifestiert. 461 Demgemäß ist die Kompensationsvariante von der Idee getragen, das eingangs beschriebene rechtsdogmatische Vakuum, das durch die Wesentlichkeitsrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aufgerissen wurde, durch eine nachträgliche Parlamentsbeteiligung beim Zustandekonunen von Rechtsverordnungen aufzufüllen. In diesem Sinne wird das Bestimmtheitsgebot als Wahrung der Entscheidungs- und Verantwortungsträgerschaft des Parlaments gedeutet. Vor allem die Verbindung des Grundsatzes der Rechtsstaatlichkeit mit dem Demokratieprinzip als gemeinsamer Wurzel des Gesetzesvorbehalts 462 soll es erlauben, dem demokratisch gewählten Parlament solche Handlungsbefugnisse einzuräumen, die auch die untergesetzliche Normgebung in hinreichendem Maße dem parlamentarischen Einfluß unterstellt. In diesem Sinne würde auch die "Wesentlichkeitstheorie" eine gesteigerte demokratische Legitimation des parlamentarischen Gesetzgebers voraussetzen, weshalb vor allem das Demokratieprinzip für die Zulässigkeit parlamentarischer Beteiligungsformen reklamiert wird. 463 Indem Flexibilität der Verordnungsgebung und Mitverantwortung des Parlaments durch Beteiligungsvorbehalte sinnvoll miteinander verbunden werden, wachse der Rechtsverordnung eine gesteigerte demokratische Legitimation zu. 464 460 Gunter Kisker (FN 90), S. 39 f.; Rupert ScholziHans Bismark (FN 6), S. 117, die vor allem in Anlehnung an die "Kalkar-Entscheidung" des BVerfG (E 49,89, 137) betonen, daß der Gesetzesvorbehalt im Interesse eines dynamischen Grundrechtsschutzes zurücktreten müsse, wenn der grundrechtlichen Wertentscheidung wirksamer durch exekutive Sachentscheidungskompetenz gedient sei. Da diese Grundrechtsre1evanz den Gesetzesvorbehalt sowohl in die Richtung des Erfordernisses parlamentarischer Vorentscheidung als auch auf das ggf. konträre Erfordernis exekutiver Entscheidungsbefugnis dirigiere, seien Beteiligungsvorbehalte geeignet, Regelungsdefizite zu kompensieren. 461 Michael Nierhaus (FN 75), S. 723; ders., Bonner Kommentar zum GG, Art. 80 RN 109; Ulrich M. Gassner (FN 97), S. 20. 462 BVerfGE 45, 400, 417; 47, 46, 78; 49, 89, 126. 463 Vgl. zum methodischen Ansatz: Karl-Peter Sommermann (FN 16), S. 438; Fritz Ossenbühl (FN 16), S. 319. 464 Fritz Ossenbühl (FN 6) § 64 RN 55; Friederike Kraatz (FN 318), S. 248; Winfried Brohm (FN 456), S. 269, der insofern von "demokratischer Rückkopplung" spricht; Arnd Uhle (FN 97), S. 379; so bereits: Ernst Friesenhahn. Parlament und Re-

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E. Parlamentarische Beteiligung und Demokratieprinzip

Nach dem Grundsatz funktionsgerechter Organstruktur gehe es darum, Normierungen, die das Parlament in den Prozeduren des Gesetzes nicht leisten könne, so in das Rechtsquellensystem einzubauen, daß durch andere Mechanismen und Verfahrensweisen dem Grundsatz demokratischer Legitimation Rechnung getragen werde. 46s Dabei könne der Parlamentsvorbehalt nicht in "begriffsjuristischer Manier" zu einem allein durch das Parlament zu erfüllenden Gesetzesvorbehalt uminterpretiert werden. 466 Nach der verfassungsrechtlichen Ausgestaltung des Demokratieprinzips als parlamentarische Demokratie komme dem Parlament vielmehr eine Vorrangstellung zu, als es in der demokratischen Legitimationskette dem Souverän näher stehe als eine durch das Volk nur mittelbar legitimierte Exekutive, weshalb das Parlament die ihm aufgetragene "Interessenintegration" bei wesentlichen Entscheidungen nicht aus der Hand geben dürfe. 467 Auch unter rechtsstaatlichem Aspekt sei die Idee der Kompensation nicht anders zu bewerten, da sich auch hier die starke Stellung des Parlaments als Garant des Rechtsstaates versteht. 468 Letztlich beruht diese Argumentation jedoch auf der Idee, die Gewichtsverluste des Parlaments bei der legislativen Rechtsetzung durch den Zugewinn einer parlamentarischen Mitwirkung im Verfahren der Verordnungsgebung unter Hintanstellung von Bedenken aus dem Gesichtspunkt der Gewaltenteilung zu kompensieren. 469

gierung im modemen Staat, in: VVDStRL, Bd. 16 (1958), S. 9 ff.: zum Argument parlamentarischer Kontrollrechte als Kompensation für die Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen (S. 39 f.) und der parlamentarischen Zustimmung zum Verordnungsentwurf als Element weiterer Demokratisierung der Exekutive (S. 71 f., These 11 11). 46S Fritz Ossenbühl (FN 16), S. 319. 466 Gunter Kisker (FN 90), S. 46; Rupert Scholz/Hans Bismark (FN 6), S. 121, wonach das Parlament durch Beteiligungsvorbehalte eine ,,kondominiaJe Zuständigkeit" wahrnehme, die ihm durch den Parlamentsvorbehalt vermittelt sei; S. 131: Gesetzesvorbehalt als parlamentsmäßiger Ausdruck und Kompetenz des Plenarvorbehalts. 467 So: Gunter Kisker (FN 90), S. 47 f.; Rupert Scholz. Gesetzgebung und Politikgestaltung aus der Mitte der Landesparlamente, ZG 1991, S. 26, 34 f. 468 Gunter Kisker (FN 90), S. 48 f.: Der aus rechtsstaatlichen Gründen für Eingriffe in die Grundrechtssphäre geforderte Außenrechtsvorbehalt erwachse nur dann zum Gesetzesvorbehalt, wenn die Verfassung sich selbst dafür entscheide, was letztlich wiederum aus parlamentarisch-demokratischen Gründen geschehe; vgl. auch: Rupert Scholz. Wirtschaftsaufsicht und subjektiver Konkurrentenschutz - insbesondere dargestellt am Beispiel der Kartellaufsicht, 1971, S. 156 f., der das Prinzip der ,,kompensatorischen Rechtsgewährleistung" als "allgemeine Funktionsmaxime der sozialen RechtsstaatIichkeit" begreift. 469 Eckart Klein. Die Kompentenz- und Rechtskompensation, DVBI. 1981, S. 661, 662.

11. Ausgleichsfähigkeit delegationsrechtlicher DefIZite

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11. Die Tragfähigkeit der Kompensationstheorie für einen Ausgleich delegationsrechtllcher BestimmtheitsdefIZite 1. Elemente und Bezugsrahmen des Kompensationsgedankens

Bei dem Versuch, den Begriff der ,,Kompensation" dogmatisch aufzuarbeiten, wird allgemein zwischen ,,AusgleichsWÜfdigkeit" eines defIZitären Rechtszustandes und ,,Ausgleichsfähigkeit" im Sinne einer effektiven Kompensationswirkung des eingesetzten Instrumentariums unterschieden. 470 Vielfach wird der Kompensation eine rechtfertigende Kraft für den Verlust und Zugewinn von Kompetenzen zugewiesen, ohne die Rechtmäßigkeit des Ausgleichs, auf der allein eine Rechtfertigungsfunktion beruht, zu problematisieren.471 Der Begriff der ,,Kompensation" ist zunächst deskriptiv und bedarf als Ausgleich von Rechten und Kompetenzen einer normativen Begründung. Gerade in kompetenzrechtlichen Zusammenhängen sehen sich Kompensationstechniken einer hinreichend eindeutigen Kompetenzzuweisung der maßgeblichen Verfassungsbestimmungen ausgesetzt. Ohne konkreten und auszufüllenden Normbezug wird das Kompensationsmodell zu einem Aktionsinstrument für beliebige Rechtfertigungsmöglichkeiten, das Veränderungen des Kompetenzgefüges unter dem Nebel behaupteten Ausgleichs verbirgt.472 Aus diesem Grund kann die Kompensation des verfassungsrechtlich verankerten Bestimmtheitsgebots durch eine einfachgesetzliche Ergänzung des Verordnungsgebungsverfahrens nur im Kontext mit gerade dieser Bestimmung gerechtfertigt werden. Dabei ist zu beachten, daß den in Art. 80 I S. 2 GG aufgestellten Anforderungen an die Bestimmtheit von Gesetzen, die zum Erlaß von Rechtsverordnungen ermächtigen, grundsätzliche Bedeutung für das von der Verfassung konstituierte System der Rechtsetzung im Verhältnis von Gesetz und Verordnung zukommt. Wie bereits dargestellt, betrachtet das Bundesverfassungsgericht den Rechtsgedanken des Art. 80 I S. 2 GG als eine durch das Bundesverfassungsrecht aufgestellte Anforderung, die als Ausprägung des rechtsstaatlichen und demokratischen Verfassungssystems auch für die Landesgesetzgeber verbindlich ist. Von daher wäre nachzuweisen, daß die auf Ausgewogenheit bedachte Kompetenzzuweisung des Art. 80 I S. 2 GG einer Überlagerung durch weitergehende kompensatorische Befugnisse zugänglich ist.

470 Zurückgehend auf: Eckart Klein (FN 469), S. 661; so auch: Jürgen Staupe (FN 103), S. 321; C1aus Pegatzky (FN 20), S. 138. 471 Eckart Klein (FN 469), S. 661. 472 Eckart Klein (FN 469), S. 667; Claus Pegatzky (FN 20), S. 137.

E. Parlamentarische Beteiligung und Demokratieprinzip

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2. Das Bedürfnis einer Kompensation von BestimmtheitsderlZiten Die Ausgleichswfudigkeit wird von den Vertretern der Kompensationstheorie mit Verweis auf ein vorgebliches Regelungsdeflzit des parlamentarischen Gesetzgebers und ein daraus folgendes Bestimmtheitsdeflzit der Verordnungsermächtigung unterstellt. Ausgangspunkt ist die angebliche "Unmöglichkeit" einer hinreichenden gesetzlichen Vorprograrnmierung des Verordnungs gebers. Abgesehen davon, daß es sich in den meisten Fällen angeblicher Unmöglichkeit in Wahrheit um Fälle verschleierter Delegation handelt473 , sehen sich die Befürworter der Kompensationstheorie dabei mit der vom Bundesverfassungsgericht vertretenen und eingangs dargestellten flexiblen Auslegung des Bestimmtheitsmaßstabes konfrontiert, nach dem Normierbarkeit und Sachgerechtigkeit feststehende Argumentationsmuster fiir ein differenziertes Anforderungsprofll sind. 414 Neben der Eingriffsintensität der Verordnungsgewalt in grundrechtlich geschützte Rechtspositionen wird der materielle Bestimmtheitsmaßstab wesentlich von der Normativität des zu regelnden Sachbereichs beeinflußt. 47S Die sachstrukturellen Grenzen der Normierbarkeit eines Regelungsbereichs bestimmen danach das ,,Profll" der Regelungsanforderungen des Gesetzgebers fiir eine hinreichend bestimmte Ermächtigungsvorgabe. 476 Soweit die Bestimmtheitsanforderungen jedoch hinsichtlich der Komplexität und Intensität des Regelungsgegenstandes bereits abgesenkt sind, läßt sich ein BestimmtheitsdeflZit im rechtlichen Sinne kaum verzeichnen, so daß Notwendigkeit und Anwendungsbereich der Kompensationstheorie in Frage gestellt sind. 477 Es erscheint widersprüchlich, Probleme der Normierbarkeit durch einen flexiblen und abgestuften Bestimmtheitsmaßstab zu lösen und bei Einhaltung dieser Anforderungen ein Regelungs- und BestimmtheitsdeflZit zu konstatieren. Können die Bestimmtheitsanforderungen aufgrund der Eigengesetzlichkeit des Rechtsbereiches divergieren, dann indiziert eine weniger bestimmte Regelung nicht automatisch das Vorliegen eines verfassungsrechtlichen BestimmtheitsdeflZits. So muß sich der Gesetzgeber häuflg wegen regelungsbedingter Schwierigkeiten auf weite Rechtsbegriffe in Gestalt von Generalklauseln zurückziehen, ohne daß die Ausgestaltung seiner Verordnungsermächtigung der rechtsstaatlichen Legitimation entbehrt. Erachtet der Gesetzgeber folglich nach Abwägung aller Gesichtspunkte eine Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen fiir notJürgen Staupe (FN 103), S. 322. Vgl. BVerfGE 89, 69,84 f.; so auch: BVerfGE 58,257,277 f.; 62, 203, 210. 475 V gl. dazu ausfiihrIich: Michael Nierhaus, Bonner Kommentar zum GG; Art. 80 RN 290 ff. 476 So auch: Fritz Ossenbühl, Der verfassungsrechtliche Rahmen offener Gesetzgebung und konkretisierender Rechtsetzung, OVBI. 1999, S. 1,3. 477 Thomas v. Danwitz (FN 38), S. 129; Jürgen Staupe (FN 103), S. 323; Claus Pegatzky (FN 20), S. 151. 473

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wendig und ist dabei die bereichsspezifisch begründete Offenheit der Delegationsnonn unter vorbehaltsrechtlichem Aspekt nicht zu beanstanden, besteht auch kein defizitärer Rechtszustand. Da aber die Feststellung eines rechtlichen Defizits an Kompetenzwahmehmung Voraussetzung für die Notwendigkeit und rechtliche Anerkennung einer Kompensationswirkung ist, mangelt es in diesem Fall bereits an einem Bedürfnis für eine Kompetenzkompensation. Evident ist dies im Bereich des Schulrechts, das einen pädagogisch geprägten und bestimmten Lebensbereich erfaßt, der in seinen Abläufen und Ordnungsvorstellungen nur schwer typisierbar und vorausschaubar ist, weshalb auch die Umsetzung zum abstrakt-generellen Rechtssatz weniger definitiv, weniger abschließend und damit weniger bestimmt erfolgen kann. Im Spannungsverhältnis von Elternrecht sowie Persönlichkeitsrecht des Schülers einerseits und staatlichem Bildungs- und Erziehungsauftrag andererseits ist der Gesetzgeber zwar gehalten, dem Vorbehalt des Gesetzes auch im Schulverhältnis Geltung zu verschaffen. Durch eine der parlamentarischen Willensbildung unterliegende Leitentscheidung muß er dazu die grundlegenden Bildungs- und Erziehungsziele sowie die typusbestimmenden Merkmale der verschiedenen Schularten und -stufen im Gesetz fixieren. 478 Angesichts der Eigengesetzlichkeiten des Schulverhältnisses ist er jedoch zugleich gezwungen, ein hohes Maß an eigenständiger exekutiver (pädagogischer) Verantwortung zu belassen, weil eine "Verrechtlichung" durch perpetuierende Regelungen die Effektivität des letztlich grundrechtlich geprägten Schulverhältnisses hemmen und beeinträchtigen würde. Er muß deshalb mit seinem Regelungsanspruch zugunsten einer exekutivpädagogischen Eigenentscheidung zurücktreten und seine Festlegung der "Erziehungsziele in den Grundzügen (,Groblernziele,),,479 allgemein und partiell offen gestalten. 480 Auch wenn es grundsätzlich unerheblich ist, ob der Gesetzgeber der Verwaltung die Konkretisierung seiner Leitentscheidungen durch Verordnungsermächtigung oder durch ausfiihrungsbedürftige unbestimmte Rechtsbegriffe anvertraut481 , erscheint gerade im Schulwesen die Rechtsverordnung als 478 BVerfGE 47, 46, 73 f. u. 83; fiir Strukturwandlungen im Bereich der Schulorganisation vgl.: BVerfGE 34,165, 192; 45, 400, 417 ff.; zur Reichweite des Gesetzesvorbehalts bei der Bestimmung der Unterrichtsinhalte und der Regelung der Schulorganisation vgl. ausfiihrIich: Hans Heckel/Hermann Avenarius, Schulrechtskunde - Ein Handbuch fiir Praxis, Rechtsprechung und Wissenschaft, 7. Aufl. 2000, S. 241 ff. 479 BVerfGE 47, 46,83. 480 Vgl. bereits: Ingo Richter, Nach welchen rechtlichen Grundsätzen sind das öffentliche Schulwesen und die SteJlung der an ihm Beteiligten zu regeln?, in: Verhandlungen des 51. DJT, Bd. 11, 1976, S. M 10, M 33 f., der auf den Zusammenhang von der Reichweite des Vorbehalts des Gesetzes und der Struktur des Regelungsbereiches verweist. 481 Hans Heckel/Hermann Avenarius (FN 478), S. 238; Norbert Niehues, Nach welchen rechtlichen Grundsätzen sind das öffentliche Schulwesen und die SteJlung der an ihm Beteiligten zu regeln?, in: Verhandlungen des 51. DIT, Bd.lI, 1976, S. M 40, M 46.

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das geeignetste und sachnächste Instrument, um eine kompetenzgerechte Verwaltungsverantwortung im Verhältnis zum Gesetz und seinem Vorbehalt zu realisieren. 482 Daß dabei eine A1?schichtung der Regelungsgegenstände zugunsten der einen oder anderen Kompetenzträgerschaft nicht inhaltlich-typisierend erfolgen kann, ist nicht Ausdruck eines RegelungsdefIzits der gesetzlichen Delegationsnorm, sondern Ausfluß einer wesensgemäßen ModifIkation der Bestimmtheitserfordernisse. 483 Diese dürfen nicht überspannt werden, weil "der Gesetzgeber ansonsten gezwungen wäre, entweder unpraktikable Regelungen zu treffen oder von einer Regelung gänzlich Abstand zu nehmen, was letztlich beides zu Lasten des Grundrechtsschutzes ginge".484 In diesem Sinne beschreibt auch § 2 ThÜTSchulG48s die Bildungs- und Erziehungsziele nur allgemein486 und bezeichnet in der Verordnungsermächtigung des § 60 allein die Gegenstände, die der Kultusminister durch Rechtsverordnung regeln muß. Ein Blick in die daraufhin ergangene Schulordnung487 offenbart eine detaillierte Regelung, die 482 So auch: Rupert Schatz/Hans Bismark (FN 6), S. 119; Peter Lerche, Bayerisches Schulrecht und Gesetzesvorbehalt, 1981, S. 72 ff. 483 Da der letztlich durch metajuristische (pädagogische) Faktoren geprägte Bereich der Schule einer abschließenden und präfixierenden gesetzgeberischen Entscheidung verschlossen ist, erscheint die an Struktur und Wesen der Regelungsmaterie orientierte Variabilität der Bestimmtheitserfordernisse der sachgerechtere Weg zur Bestimmung der Reichweite des Gesetzesvorbehalts als die vom BVerfD (E 34, 165, 192 f.; 41, 251, 259 f.; 45, 400, 417 f.; 47, 46, 78 f.; 58, 257, 268) zum Schulverhältnis entwickelte "Wesentlichkeitstheorie", die entgegen ihrer Bezeichnung nicht auf das Wesen (die Natur) der Sache, sondern auf deren Bedeutung abstellt. Aber auch die Unterscheidung zwischen meßbarer "Wesentlichkeit" und weniger meßbarer padagogischer Relevanz kann letztlich - sachmaterienhaft erzwungen - zu keinen meßbaren Kriterien rur die Abgrenzung des legislativen und exekutiven Regelungsbereichs ruhren und weist der Rechtsprechung die (selbstgestellte) Aufgabe zu, die Konturen in einer kasuistischen Spruchpraxis zu entwickeln. Vgl. zur Tendenz einer ,,zusammenhangslosen Einzelfallkasuistik": Peter Grauer, Die Unterrichtsrichtlinien, Rechtsnatur - Bindungswirkung Justitiabilität, 1988, S. 105 f. 484 In diesem Sinne hat das BVerfD (E 49, 89, 137) in seinem "Kalkar"-Urteil die "offene" Fassung einer gesetzlichen Regelung als besondere Verwirklichungsform eines "dynamischen Grundrechtsschutzes" begriffen, was Rupen Schatz/Hans Bismark (FN 6, S. 117) als den "wahren Sinn" dieser Entscheidung bezeichnen. In Anwendung auf das Schulverhältnis betont Peter Lerche (FN 482, S. 38 ff.), daß es nach dieser Entscheidung dogmatisch unbedenklich ist, in der Sachstruktur der jeweiligen Regelungsmaterie ein die Reichweite des Gesetzesvorbehalts zurückdrängendes Eingrenzungskriterium zu sehen. Aber auch das BVerfD (E 47, 46, 78 u. 83) hat zumindest vor den ,,mißlichen Folgen" einer zu weitgehenden Vergesetzlichung des Schulverhältnisses gewarnt; vgl. dazu: Peter Grauer (FN 483), S. 107. 485 Thüringer Schulgesetz v. 6.8.1993, GVBI. S. 445; geändert durch Gesetz v. 16.12.1996, GVBI. 1996, S. 315. 486 Auffallend ist, daß § 47 ThüSchulG die Erziehungsziele der "Sexualkunde" gesondert regelt und dabei die inhaltlichen Vorgaben des BVerfD (E 47, 46, 83) nahezu wörtlich übernimmt. 487 Thüringer Schulordnung rur die Grundschule, die Regelschule, das Gymnasium und die Gesamtschule - 'Thüringer Schulordnung - v. 20.1.1994, GVBI. S. 185.

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neben Fragen der Schulorganisation wesentlich pädagogische Gestaltungs- und Konkretisierungsbereiche der Unterrichtsgestaltung erfaßt. 488 Wenn aber die Reichweite des Gesetzesvorbehalts wesensgemäß modifiziert ist und insofern kein vorbehaltsrechtliches Regelungsdeflzit existiert, dürfte auch kein Bedürfuis bestehen, das in § 60 S. 2 ThÜfSchulG vorgesehene ,,Benehmen" mit dem Bildungsausschuß des Landtags als Instrument kompensatorischen Ausgleichs für eine "Verdichtung" oder "Ergänzung" einer weniger strikten Ermächtigungsbestimmung zu nutzen. Aber auch auf die Fälle, in denen eine Gesetzeskomplettierung im Wege der Kompensation nicht auf einem praktisch unvermeidbaren Deflzit ermächtigungsgesetzlicher Bestimmtheit "wesentlicher" Entscheidungen beruht, wird der Anwendungsbereich dieser Konstruktion erstreckt. Ansatzpunkt ist hier zunächst der Wunsch nach flexibler und zügiger Rechtsetzung. Durch kompensierende Verfahrensregeln sollen hier vor allem "faktische" Bestimmtheitsdeflzite ausgeglichen werden. 489 Besteht die Funktion der Delegation von Rechtsetzungsbefugnissen in einer Entlastung des Parlaments von fachorientierten Detailregelungen und einer schnelleren Anpassung rechtlicher Normierungen an eine sich ändernde Lebenswirklichkeit, könnten Beteiligungsvorbehalte die organisatorische Basis für eine verordnungsrangige Normierung bilden, die in den Grundzügen mit dem parlamentarisch gebildeten Willen übereinstimmt und ein später korrigierendes Eingreifen des Gesetzgebers, das den verfolgten Entlastungszweck konterkarieren würde, abzuwenden. 49O Zudem wird die Auffassung vertreten, daß die verfassungsrechtliche Legitimität der unbestimmten Regelung das Problem des Parlamentsvorbehalts nur ungenügend reflektiert, da die Variabilität der Bestimmtheitserfordernisse die effektiv reduzierte Entscheidungsbefugnis des Parlaments im grundlegend normativen Bereich nicht erfaßt. Während bei der Abstufung nach der Regelungsmaterie der materielle Aspekt des zu regelnden Sachverhalts im Mittelpunkt der Beurteilung stehe, komme es bei der parlamentarischen Beteiligung weniger auf die Materie selbst als auf eine verfahrensmäßige Kompensation im Sinne eines Teilhaberechtes an. 491 Durch die parlamentarische Beteiligung im Rechtsverordnungsverfahren werde auch die Bestimmtheit der Verordnungsermächtigung "prozeßhaft" in das Verordnungsverfahren hinein erstreckt, so daß weite Rechts488 Vgl. §§ 44 ff. ThürSchulO. Diese Bestimmungen regeln beispielsweise die klassenübergreifende Gruppenbildung (§ 45), die Unterrichtszeit (§ 46), die allgemeine Fächergliederung (§ 47), das Verfahren und die Voraussetzung der Versetzung (§§ 50 53), die Fragen der Leistungsnachweise und -beurteilungen, einschließlich der Notenstufen (§§ 58, 59) sowie die über die Festlegungen des § 48 III ThürSchulG hinausgehenden Einzelheiten der Zeugniserteilung (§ 60). 489 Vgl. Jürgen Staupe (FN 103), S. 322 f. 490 Vgl. Arnd Uhle (FN 97), S. 362 ff. 491 Rupert ScholziHans Bismark (FN 6), S. 135. 7 Schwanengel

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oder Tatsachenbegriffe in Gestalt von Generalklauseln in möglichst authentischer Weise interpretiert werden. Der verfahrensmäßig vermehrte Parlamentseinfluß fiihre damit auch zu einer verfahrensmäßig vermehrten (zusätzlich gewonnenen) Bestimmtheit und trage damit Sorge dafür, daß der mit dem Bestimmtheitsgebot beabsichtigte Gesetzes-(Ermächtigungs-)Zweck in besonderer Weise verwirklicht wird. Für ein Verfahren derartig präventiver Bestimmtheitsherstellung auf der Ebene verordnungsmäßiger Bestimmtheitsherstellung könne nichts anderes gelten, als für das Verfahren nachträglicher Bestimmtheitsherstellung durch Verwaltungs- und Rechtsprechungspraxis. 492 Auch wenn streng genommen ein verfassungsrechtliches Bestimmtheitsdefizit nicht konstatiert werden kann, stellt sich folglich die Frage, ob angesichts einer faktisch unbestinnnten gesetzlichen Regelung eine nachträgliche Parlamentsbeteiligung als rechtliches Äquivalent zu einer gesetzgeberischen Bestimmung von Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung angesehen werden kann.

3. Die Kompensationswirkung einer nachträglichen Parlamentsbeteiligung Da es sich bei der parlamentarischen Mitwirkung beim Erlaß von Rechtsverordnungen um einen Ausgleich normativer Verpflichtungen bestimmter Kompetenzträger handelt493 , gilt als Voraussetzung für die rechtliche Anerkennung einer Kompensationswirkung, daß Verlust und Zugewinn an Kompetenzen unmittelbar äquivalent sind. 494 Bei der Frage nach den erzielbaren Kompensationswirkungen rückt folglich der Zweck des Art. 80 I GG und der entsprechenden Bestimmungen der Landesverfassungen in das Zentrum der Überlegungen. Entgegen dem eigentlichen Text dieser einschlägigen Verfassungsbestimmungen wäre die Möglichkeit einer effektiven Kompensation nur dann gegeben, wenn die Beteiligung des Parlaments rechtlich der gesetzgeberischen Bestimmung von Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung gleichzusetzen wäre. 49S Damit die Beteiligung des Parlaments aber kompensierend wirkt, muß das eingesetzte Instrumentarium dem Parlament, gleichsam als Vorbedingung, zunächst ein effektives Zugriffs- und Mitwirkungsrecht einräumen. Eine kompensatorische Wirkung kommt parlamentarischen Mitwirkungsformen dabei nur zu,

Rupert ScholziHans Bismark (FN 6), S. 136 f. Vgl. zur Unterscheidung zwischen Rechts- und Kompetenzkompensation: Eckart Klein (FN 469), S. 661. 494 Eckart Klein (FN 469), S. 663; Jürgen Staupe (FN 103), S. 321; Claus Pegatzky (FN 20), S. 138. 495 So auch: Claus Pegatzky (FN 20), S. 136; Thomas v. Danwitz (FN 38), S. 129. 492 493

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wenn sie über eine gewisse Mindestintensität verfügen. 496 Demgemäß reichen parlamentarische Beteiligungsformen, wie Kenntnis- und Anhörungsrechte, die ausschließlich Konsultationscharakter aufweisen, nicht aus, um eine effektive Kompensationswirkung als Alternative zu einer materiell-rechtlichen Konkretisierung zu erreichen. Das Recht zur Anhörung und Stellungnahme erlaubt eine wesentlich geringere Einflußnahme als die vorherige gesetzliche Determinierung des Verordnungs gebers, so daß diese Beteiligungsformen von vornherein kein Äquivalent zu einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Ermächtigung darstellen. Erforderlich sind vielmehr Mitwirkungsbefugnisse, denen ein gewisser Grad an Verbindlichkeit in bezug auf den Verordnungsgeber zukommt, so daß vor allem Zustimmungs- und Änderungsvorbehalte fiir eine Kompensation in Betracht kommen. 497 An dieser Stelle sei nochmals auf den doppelten Sinngehalt der verfassungsrechtlichen Delegationsnorm verwiesen. 498 Einerseits verfolgt die Übertragung von Rechtsetzungsfunktionen das Ziel, den Gesetzgeber bei der Ausübung der ihm obliegenden Regelungsgewalt zu entlasten. 499 Andererseits soll sich diese Übertragung in den Grenzen der verfassungsrechtlich vorgeprägten Aufteilung der Staatsfunktionen bewegen. Dabei lassen sich die beiden Zielsetzungen jedoch nicht in ein Delegationsgebot (Entlastungsfunktion) und ein aus der Bestimmtheitsklausel abzuleitendes Delegationsverbot (Schutzfunktion) aufspalten. Unzweifelhaft soll das Bestimmtheitsgebot eine pauschale Übertragung von Rechtsetzungsgewalt auf die Exekutive und damit eine einseitige Kompetenzverlagerung zu Lasten des Parlaments verhindern. Wie bereits dargestellt, ist die Delegationsnorm aber zugleich verfassungsgesetzlicher Ausdruck einer Verteilung von Normsetzungsgewalt auf unterschiedliche Funktionsträger. Der Sinngehalt des Bestimmtheitsgebots erschöpft sich damit nicht einseitig in einem Verbot von Blankettermächtigungen an die Verwaltung. 500 Bereits aus dem Wortlaut der auch in nahezu allen Landesverfassungen enthaltenen "Inhalt-, Zweck- und Ausmaß-Klausel" wird deutlich, daß damit vor allem Anforderungen fiir die Wahrnehmung einer durch das ermächtigende Gesetz vermittelten

496 Dazu ausdrücklich: Jürgen Staupe (FN 103), S. 318. Darauf verweisend: Gunter Kisker (FN 90), S. 56 f., der jedoch nur Zustimmungs-, Veto- und Kassationsvorbehalte untersucht und die "unverbindliche" Stellungnahme des "Benehmens" als praktisch bedeutungslos charakterisiert (S. 23). 497 Jürgen Staupe (FN 103), S. 318; Rupert Scholz/Hans Bismark (FN 6), S. 141, die mit Bezug auf den Zustimmungsvorbehalt im Gegensatz zu bloßen Anhörungs- und Konsultationsvorbehalten von einer "Form konstitutiver Entscheidungsteilnahme" sprechen. 498 Vgl. Bernhard Busch (FN 61), S. 109. 499 Dazu: Rolf Grawert. Gesetz und Gesetzgebung im modemen Staat, Jura 1982, S. 247 ff. u. 300 ff.; S. 307 ff. soo Thomas v. Danwitz (FN 38), S. 49.

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"derivativen", aber zugleich in kompetenzrechtlicher Hinsicht eigenständigen "exekutiven" Rechtsetzungsmacht festgelegt werden sollen. 501 Ein allein auf das ,,Ausmaß" reduziertes Verbot von Pauschalennächtigungen könnte man allenfalls der Fonnulierung des Art. 118 HessVerf. entnehmen, wonach der Landesregierung durch Gesetz "die Befugnis zum Erlaß von Verordnungen über bestimmte einzelne Gegenstände, aber nicht die Gesetzgebungsgewalt im ganzen oder für Teilgebiete übertragen werden (kann)". Ein derart quantitativ abgesteckter Nonnierungsbereich vertrüge sich aber nicht mit dem Rechtsstaats- und Demokratieprinzip, weshalb die Auslegungsgrundsätze des Art. 80 I GG trotz abweichenden Wortlauts auch für diese Bestinunung übernommen wurden. 502 Namentlich durch Festlegung des ,,zwecks" ist der Gesetzgeber gehalten, dem Verordnungs geber richtungweisend Leitlinien und Orientierungspunkte für sein Handeln vorzugeben. 503 Die Verwirklichung dieses Leitfadens im einzelnen ist in die Hand des Verordnungsgebers gelegt, der die zur Zweckerreichung geeigneten Mittel auszuwählen hat. Indem der Gesetzgeber ebenso berechtigt wie verpflichtet ist, die von der Exekutive zu erlassende Rechtsverordnung legislativ vorzuprägen504 , besteht der Zweck dieser verfassungsrechtlichen Regelung in einer parlamentarischen Maßstabsetzung, um hierdurch den Gesetzgeber zur Wahrung seiner eigenen Rechtsetzungskompetenz anzuhalten. 505 Die gesetzliche Ennächtigung zum Erlaß von Rechtsverordnungen erweist sich damit als ein typisches Beispiel für eine ftnal programmierte Rechtsnorm. 506 In diesem SOl Vgl. Dieter Wilke (FN 259), S. 214, der in Anlehnung an das Verwaltungsrecht das Institut des "Verbots mit Erlaubnisvorbehalt" bemüht, was insofern unzutreffend ist, als sich die präventive Kontrollerlaubnis auf ein verfassungsrechtlich originäres (Grund-)Recht bezieht; vgl. Hartmut Maurer (FN 95), § 9 RN 52. S02 Vgl. ByerfGE 34, 52, 58 ff., mit Zustimmung zur Rechtsprechung des Hess.stGH, DÖV 1969, S. 634 ff. S03 Jörg Lücke, in: Sachs, GG-Kommentar, Art. 80 RN 24. S04 Vgl. BVerfGE23, 62, 72, wonach die Bestimmtheit im ermächtigenden Gesetz selbst vorliegen muß. sos Vgl. Hans Schneider (FN 8), RN 236 f.; Jürgen Staupe (FN 103), S. 257 f.; Michael Nierhaus, Bonner Kommentar zum GG, Art. 80 RN 83, der in der dirigierenden Programmvorgabe zugleich ein wesentliches Element demokratischer Legitimation und Rückkopplung erblickt. S06 Die grundlegende Unterscheidung von Konditional- und Zweckprogrammen geht zurück aufNiklas Luhmann, der das Begriffspaar als Grundmodell von Verwaltungsentscheidungen entwarf: vgl. Niklas Luhmann, Rechtssoziologie, 2. Aufl. 1983, S. 227 ff. Hingegen waren Programme des Rechtssystems rur ihn immer Konditionalprogramme. V gl. dazu und zur normtheoretischen Unterscheidung von Aufgaben- und Verhaltensnormen: Karl-Peter Sommermann, Staatsziele und Staatszielbestimmungen, 1997, S. 356 ff., rur den diese Aussage nur insofern zutreffend ist, als finalprogrammierte Normen niemals alleinige Grundlage staatlichen Handelns sein können. Vgl. auch: Ulrich Penski, Rechtsgrundsätze und Rechtsregeln, JZ 1989, S. 105, 107, rur den Ziel(Auf-

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Zusammenhang ist das Bestimmtheits-"Gebot" als "Legaldefmition" einer verfassungsrechtlich zulässigen Zweckprogrammierung zu verstehen. 507 Demnach haben die im Rahmen der gesetzlichen Ennächtigung zu erfüllenden Bestinnntheitserfordemisse eine impulsgebende, vorprogrammierende Funktion, die durch eine nachträgliche Parlamentsbeteiligung an der Verordnungsgebung nicht kompensiert werden kann. Das Parlament wirkt nicht mehr ex ante programmierend, sondern ex post kontrollierend auf den Verordnungsgeber ein. Damit kommt es zu einer Umwidmung des materiellen Gehalts seiner Tätigkeit, indem aus der gesetzgeberischen Leitentscheidung eine parlamentarische Folgeentscheidung wird. Der "Gesetzgeber" wirkt reaktiv auf den vorgelegten Entwurf einer Rechtsverordnung ein und stellt diesem eine (Un-)Bedenklichkeitserklärung aus. 508 Auch wenn die parlamentarische Beteiligung bereits ermächtigungsgesetzlich verankert ist, verstößt die nachträgliche Parlamentsbeteiligung nicht nur gegen den Wortlaut der verfassungsrechtlichen Delegationsnonn, die eine Bestimmung von Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ennächtigung durch und nicht erst aufgrund eines Gesetzes fordert 509, sondern auch gegen den Normzweck des Bestimmtheitsgebots, der die Eigenverantwortung des parlamentarischen Gesetzgebers durch eine vorauswirkende, unmittelbar verordnungsbezogene Steuerungs- und Programmierungsfunktion sichern will. Im Vordergrund des Bestimmtheitsgebots steht nicht der Erlaß einer parlamentarisch gebilligten Rechtsverordnung sondern die Festlegung eines klar umgrenzten Rahmens fiir die Verordnungsgebung. Die impuls gebende Programmierungsfunktion des durch die Ennächtigung gezogenen Rahmens kann durch ein auf den ausgefertigten Verordnungsentwurf gerichtetes Zustimmungs- oder Korrekturrecht angesichts einer Verschiebung von Anknüpfungszeitpunkt und -gegenstand nicht ausgeglichen werden. Die nachträgliche Parlamentsbeteiligung ist deshalb in funktioneller Hinsicht nicht als Äquivalent zur V orwirkung einer gesetzlichen Ennächtigung anzusehen. 510 Der Kontrollcharakter einer nachträglichen Parlamentsbeteiligung hat auch Auswirkungen auf den zugunsten des Kompensationsgedankens reklamierten gaben)norrnen das Handeln nur insoweit konditionieren, als es zur Verwirklichung eines Zielzustandes geeignet sein muß. 507 Bernhard Busch (FN 61), S. 135. 508 Thomas v. Danwitz (FN 38), S. 129 f. 509 So: Arnd Uhle (FN 97), S. 340 f. Dieser sieht im Kompensationsmodell nur einen Verstoß gegen den Wortlaut der Verfassung, während er den Norrnzweck des Art. 80 I S. 2 GG - entgegen seinen allgemeinen Ausführungen (S. 164) - auf eine "Wahrung der politischen Verantwortung des Parlaments" reduziert und als erfüllt betrachtet, wenn das Parlament durch maßgeblichen Einfluß auf die Verordnungsgebung den Erlaß politisch nicht gebilligter Verordnungen verhindern oder korrigieren kann. 510 So auch: Thomas v. Danwitz (FN 38), S. 130; Jürgen Staupe (FN 103), S. 330; Claus Pegatzlcy (FN 20), S. 138.

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Entlastungs- und Beschleunigungseffekt. Das Parlament müßte sich, würde es die Mitwirkung nicht als bloßen Routineakt verstehen, nicht nur einmalig mit der Frage des zu delegierenden Regelungsbereiches, sondern vor Erlaß der Rechtsverordnung mit einer Vielzahl von Detail- und Vollzugsentscheidungen befassen, wie das zuvor genannte Beispiel der Thüringer Schulordnung nachhaltig belegt. Der technische Vorteil von Rechtsverordnungen, rechtliche Normierungen flexibel und rasch an geänderte Lebenswirklichkeiten anzupassen5ll , wird damit durch eine quantitative und qualitative Doppelbelastung des Parlaments erheblich reduziert. S\2 Neben diesem Beschleunigungseffekt des Normsetzungsverfahrens verfolgt die Entlastung ihrerseits den Sinn, die Arbeitskapazität des Parlaments zugunsten politischer Leit- und Fundamentalentscheidungen zu sichern. Sl3 Ein Gesetzgeber, der sich zur Delegation seiner Regelungsgewalt bekennt, wird sich seiner funktionssichemden Konzentration auf die fiir Staat und Gesellschaft bedeutsamen Fragen bewußter sein, als einer, der sich darauf verläßt, die Prädominanz der parlamentarischen Willensbildung durch eine nachträgliche Parlamentsbeteiligung zu realisieren. sl4 Mit der Sicherstellung einer auf diese Weise verfahrenstechnisch "eingefangenen" exekutiven Rechtsetzung, wäre der Gesetzgeber darin bestärkt, Delegationen in größerem Umfange als bisher vorzunehmen und sich auf den Erlaß von Rahmengesetzen zu beschränken. S1S Verzichtet der Gesetzgeber aber zunehmend auf seine originäre Funktion im Rahmen der Rechtsetzung, droht eine weitere Auszehrung seiner parlamentarischen Aufgabe gestaltungspolitischer Richtungsweisung, womit der Weg fiir eine weitere Selbstentmachtung des Parlaments gebahnt wäre.S\6 Auf das Spannungsverhältnis zwischen dem zunehmenden Regelungsbedarf des wohlfahrtsstaatlichen Gemeinwesens und der begrenzten Regelungskapazität des parlamentarischen Gesetzgebers wurde bereits hingewiesen. Die Abhängigkeit des Parlaments von der Impulse und Ziele vermittelnden Initiativfunktion der Regierung ist dabei weder ein neuartiges Phänomen, noch singuläre Ursache fiir den Funktionsverlust des Parlaments. Sl7 Angesichts der Quantität und SI\ So bereits: BVerfGE 8, 311, 321 f.; vgl. auch: Wolfgang Sturmhöfel (FN309), S. 11 f.; Fritz Ossenbühl (FN 6), § 64 RN 3; Konrad Hesse, (FN 324), RN 526. 512 Jürgen Staupe (FN 103), S. 131. m Fritz Ossenbühl (FN 6), § 64 RN 2 f.; Jürgen Staupe (FN 103), S. 257 f.; zur parlamentarischen Funktion politischer Leitentscheidungen: BVerfGE 68, 69, 72. 514 Rainer Lippold (FN 249), S. 257. m So: Arnd Uhle (FN 97), S. 362 516 Rainer Lippold (FN 249), S. 257; Thomas v. Danwitz (FN 38), S. 130; C1aus Pegatzky (FN 20), S. 138; Fritz Ossenbühl, Rechtsverordnungen und VelWaltungsvorschriften als Neben- oder Ersatzgesetzgebung, in: HilI (Hrsg.), Zustand und Perspektiven der Gesetzgebung, 1989, S. 99, 103 f. m Wilhelm Mössle, Regierungsfunktionen des Parlaments, 1986, S. 157 ff.

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Komplexität sind die Gesetzesvorlagen zwar zunehmend zu einer Angelegenheit der Expertenstäbe der Ministerialbürokratie geworden, die hinsichtlich Arbeitslast, Informationsstand und Fachverstand über die notwendigen Voraussetzungen für einen sachgerechten Lösungsvorschlag verfügen. Sl8 Dies erlaubt aber nicht ohne weiteres den Schluß, die Exekutive sei zum ausschlaggebenden Element der Gesetzgebung geworden, da grundlegende und bedeutsame RegiefWlgsvorlagen vom Parlament durchaus einer gründlichen Überarbeitung und nicht unwesentlichen ÄndefWlg unterzogen werden. Im arbeitsteiligen Zusammenhang zwischen der auf Fachwissen gegründeten Gesetzesinitiative der RegiefWlg und der auf Weichenstellung zu wichtigen politischen Fragen beruhenden Gesetzesberatung und -beschlußfassung des Parlaments aktualisiert sich das Prinzip funktionsgerechter Aufgabenerfüllung. 519 Allerdings gewinnt die These von der DenaturiefWlg des Parlaments zum bloßen RatifIkationsorgan administrativer Programmauswahl520 dann ihre Bedeutung, wenn sich das Parlament immer mehr auf die bloße Kontrolle der (verordnungsrangigen) RegiefWlgsvorlage beschränkt. Dann bestünde nämlich die Gefahr, daß die Offenheit des Gesetzes521 nicht nur durch die Sachmaterie erzwungen ist, sondern auf einem bewußten Verzicht des parlamentarischen Gesetzgebers beruht, die politischen Zielsetzungen hinsichtlich Regelungsdichte und -tiefe einer sachgerechten Lösung zuzuführen. 522 Die Rechtsetzungsfunktion würde in ihrer materiellen Substanz durch verschleierte Delegation523 noch stärker funktionswidrig der Exekutive zuwachsen. So wie die RegiefWlg durch die Gesetzesinitiative dem Parlament nicht nur Lösungsvorschläge unterbreitet, sondern gleichzeitig die Politik der Mehrheitsfraktion formuliert524, wäre die Wahrscheinlichkeit gering, daß die Parlamentsmehrheit durch antizipierte Zustimmung oder ÄndefWlg des Verordnungsentwurfs "ihre" RegiefWlg desavouieren könnte 525 • Ein weiterer Bedeutungsschwund des Parlaments wäre die Folge. Neben der fehlenden funktionellen Äquivalenz wäre dann auch keine inhaltliche Äquivalenz im Sinne materiell gleichrangiger Bedeutsarnkeit auszumachen. 526

Siegfried Magiera (FN 350), S. 281. Klaus Stern (FN 9), § 37 III 4 b. Allgemein: Konrad Hesse (FN 324), RN 488; speziell: Christoph Degenhart, Staatsrecht 1,15. Aufl. 1999, RN 451. 520 Vgl. Wilhelm Mössle (FN 517), S. 159 m.w.N.; Hans Schneider (FN 8), RN 128. 521 Zu den verschiedenen Ursachen "offener Gesetzgebung": Fritz Ossenbühl (FN 476), S. I. 522 Rainer Lippold (FN 249), S. 257. 523 Dazu: Jürgen Staupe (FN 103), S. 332. 524 Wilhelm Mössle (FN 517), S. 161. 525 Jürgen Staupe (FN 103), S. 331. 526 Eckart Klein (FN 469), S. 663, der darin einen der Gründe sieht, warum auch verfassungspolitisch höchste Zurückhaltung gegenüber dem Kompensationsmodell geboten ist (FN 28). 518

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4. Die Kompetenzordnung als Funktionsbedingung demokratischer Legitimation Nun wird das Argument vertreten, die erneute Parlamentsbeteiligung sei unmittelbar auf das demokratische Prinzip zurückzufiihren, da die kontrollierenden Beteiligungsrechte des Parlaments der betroffenen Rechtsverordnung eine erhöhte demokratische Legitimation verschaffen und insofern geeignet sind, die Verluste an gesetzgeberischer Steuerung und Programmierung aufzuwiegen. Wie dargestellt, erlauben es die Beteiligungsformen der Zustimmung und Änderung dem Parlament, in einer von der Verfassung nicht vorgesehenen Form Einfluß auf die Verordnungsgebung auszuüben. Die parlamentarische Handlungsform ist die des einfachen Parlamentsbeschlusses, die Pflicht jedoch, die kompensiert werden soll, ist eine solche des Gesetzgebers. S27 Dies läuft letztlich auf die Frage hinaus, ob die Mitwirkung durch Parlamentsbeschluß äquivalent zu einem Handeln durch Parlamentsgesetz ist, mithin ob der Vorbehalt des Gesetzes durch einen Vorbehalt des Parlaments substituiert werden kann. S28 Die verfassungsrechtliche Ausgestaltung des Demokratieprinzips erscheint als Konsequenz und Verwirklichung des Prinzips der Volkssouveränität, wonach das Volk nicht nur Ursprung und Träger, sondern auch Inhaber politischer Herrschaftsgewalt ist. s29 Diesen Zusammenhang bringen Grundgesetz (Art. 20 11 GG) wie LandesverfassungenS30 dadurch zum Ausdruck, daß sie neben der Proklamation der Volkssouveränität auch festlegen, daß und wie das Volk die von ihm ausgehende Staatsgewalt ausübt. Das Demokratieprinzip hat damit ein verfassungsrechtliches Organisationsprinzip zum Inhalts3l , nach dem die Wahrnehmung staatlicher Aufgaben und die Ausübung staatlicher Befugnisse einer auf das Volk zurückfiihrbaren und von ihm ausgehenden Legitimation bedarf. sn In der Diktion des Bundesverfassungsgerichts stellt Legitimation sicher, daß das Staatsvolk einen "effektiven Einfluß auf die Ausübung der Staatsgewalt" erhält So ausdrücklich: Claus Pegatzky (FN 20), S. 138. Vgl. Jürgen Staupe (FN 103), S. 326. 529 Ernst-WolJgang Böckenforde, Demokratie als Verfassungsprinzip, in: Isensee/ Kirchhof (Hrsg.), HdBStR, Bd. 1,2. Aufl. 1995, § 22 RN 8; vgl. zum "wechselseitigen Konkretisierungsverhältnis" von Demokratieprinzip und Volkssouveränität auch: Matthias Jestaedt, Demokratieprinzip und Kondominialverwaltung, 1993, S. 161 ff. 530 Art. 25 I BaWüVerf.; Art. 2 I u. 4 BayVerf.; Art. 2 u. 3 I BeriVerf:; Art. 2 11, IV BrandVerf.; Art. 66 BremVerf.; Art 3 11 HmbVerf.; Art.70 u.7l HessVerf.; Art. 3 I MVVerf.; Art. 2 I NdsVerf.; Art. 2 u. 3 NWVerf.; Art. 7411 u. 75 I RhPfVerf.; Art. 61 I SaarIVerf.; Art. 3 I, 11 SächsVerf.; Art. 2 11 SaAnhVerf.; Art. 2 SchIHVerf.; Art. 45 u. 47 ThürVerf. m Ernst-WolJgang Böckenförde (FN 529), § 22 RN 9. 532 BVerfGE 47, 253, 275. Der Topos einer (ununterbrochenen) Legitimationskette geht zurück auf: Ulrich Scheuner, Diskussionsbeitrag, in: VVDStRL, Bd. 16 (1958), S. 122, 124. 527

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11. Ausgleichsfähigkeit delegationsrechtlicher Defizite

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und behält. 533 Erst durch das von der Verfassung in der herrschaftstechnischen Fonn des demokratischen Staatsaufbaus ins Werk gesetzte Legitimationsprogramm avanciert auch die Volkssouveränität zur staatsrechtlichen und damit rechtsverbindlichen Größe. 534 Während das Prinzip der Volkssouveränität also das Legitimationserfordernis einer zurechenbaren Herrschaftsausübung festlegt, stellt das demokratische Prinzip Mittel und Instrumente zur Herstellung eines rückführbaren Rechtfertigungs- und Verantwortungsbezugs bereit. 535 Hinsichtlich der Fonnen, in denen sich eine effektive demokratische Legitimation staatlichen Handelns realisiert, wird zunächst zwischen der organisatorischpersonellen sowie sachlich-inhaltlichen Legitimation unterschieden, die in einem komplementären (Ausgleichs-)Verhältnis stehen und sich im verfassungsrechtlichen Rahmen institutioneller und funktioneller Ordnung und ,,Legitimation" vollziehen. 536 Dabei scheint die auf dem demokratischen Prinzip beruhende Vorrangstellung des Parlaments auf den ersten Blick für eine weitgehende Zuständigkeit der Volksvertretung zu sprechen. Für die Verfassung der repräsentativen Demokratie 537 bildet die Volksvertretung das Kernstück der staatlichen Institutio533 BverfGE 83, 60, 71 in Anlehnung an: Ernst-Wolfgang Böckenforde (FN 529), § 22 RN 14; vgl. auch: Hans Meyer (FN 158), S. 77.

534 Vgl. zu den verfassungsgeschichtlichen Grundlagen und geistigen Wurzeln der konstitutionellen Demokratie des Grundgesetzes: Werner Maihofer, Prinzipien freiheitlicher Demokratie, in: BendalMaihoferNogel, HdBdVerfR, 2. Aufl. 1994, § 12 RN 44 ff. 535 Matthias Jestaedt (FN 529), S. 163 f.; Heinrich Amadeus Wo/jJ. Das Verhältnis von Rechtsstaats- und Demokratieprinzip, in: MurswieklStorostIWolff (Hrsg.), Staat Souveränität - Verfassung, Festschrift für Helmut Quaritsch, 2000, S. 73, 85. 536 Ausführlich: Ernst-Wolfgang Böckenforde (FN 529), § 22 RN 14 ff.; Matthias Jestaedt (FN 529), S. 265 ff. Dabei gehen Begriff und Grundlegung der funktionel1institutionel1en Legitimation zurück auf: Fritz Ossenbüh/, Verwaltungsvorschriften und Grundgesetz, 1968, S. 196 ff. (S. 197); in Anlehnung daran auch: BVerfGE 49,89,125; sowie: BVerfGE 68, 1,88 f.; 83,60,72; 93, 37, 66 f.; kritisch hinsichtlich eines "eigenständigen" Legitimationsstrangs: Kar/-Peter Sommermann, in: v. MangoldtIKlein, Art. 20 RN 162; Matthias Jestaedt (FN 529), S. 267 ff., für den nur ein Dualismus der Legitimationsformen verfassungsrechtlich vorgezeichnet ist (S. 266 f.). 537 Dabei schließt das Grundmodel1 der repräsentativen Demokratie eine Ergänzung der parlamentarischen Repräsentation durch plebiszitäre Verfahren nicht aus, wie sie in Gestalt der Volksinitiative, des Volksbegehrens und des Volksentscheids sowohl nach 1945 als auch in den neuen Ländern nach der Wiedervereinigung Eingang in die Gesetzgebungsabschnitte der Landesverfassungen gefunden haben. Vgl. zu den Verfassungen der alten Bundesländer: Gunter Jürgens, Direkte Demokratie in den Bundesländern, 1992, S. 49 ff. (Formen) u. 263 ff. (verfassungsrechtliche Zulässigkeit); zu der - in al1en Landesverfassungen - enthaltenen Möglichkeit der (durch Volksbegehren oder auf Initiative der Regierung veranlaßten) Volksentscheide die Übersicht bei: Jörn Ipsen, Staatsrecht I - Staatsorganisationsrecht, 12. Aufl. 2000, § 3 RN 98; sowie: Thomas v. Danwitz, Plebiszitäre Elemente in der staatlichen Willensbildung, DÖV 1992, S. 601 ff.; Christoph Degenhart, Direkte Demokratie in den Ländern - Impulse für das Grundgesetz?, Der Staat, Bd. 31 (1992), S. 77 ff.

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nen und ist als Repräsentationsorgan notwendiges Bindeglied innerhalb der demokratischen Legitimationskette. 538 Betrachtet man die Funktionenordnung allein unter dem demokratischen Aspekt, wonach alle anderen Staatsorgane ihre demokratische Legitimation unmittelbar oder mittelbar von der Volksvertretung ableiten, ließe sich angesichts des Legitimationsgefalles von der gesetzgebenden zur vollziehenden Gewalt eine kompensierende Wirkung des einfachen Parlamentsbeschlusses mit der höchsten Rangstufe des Parlaments in der demokratischen Legitimationshierarchie konstruieren. Diese Auffassung ist zunächst die fatale Konsequenz einer allein an bestimmten Verfassungsprinzipien orientierten Herangehensweise. 539 Das Verfassungsbekenntnis zur Demokratie als maßgeblicher Staatsform erfahrt seine Fundierung nicht nur im Grundsatz der Volkssouveränität, sondern auch in der Bestimmung, wonach die Staatsgewalt durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung "ausgeübt" wird. Dies verdeutlicht bereits, daß die Demokratie nicht das alleinige Strukturprinzip der Verfassungsordnung ist540, das die Modalitäten der Staatstätigkeit determiniert, weshalb nach dem rechtlichen und sachlichen Verhältnis der Staatsstrukturprinzipien zueinander zu fragen ist. Das Demokratieprinzip nimmt weder aus sich selbst heraus, noch aus seinem Charakter als "Staatsfundamentalnorm" eine höhere Geltungsstufe als sonstige Grundsätze und Vorschriften der Verfassung ein. 541 Namentlich Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip stehen in einem wechselseitigen Beeinflussungs-, Konkretisierungs- und Begrenzungsverhältnis und werden in ihrem normativen Gehalt durch nachfolgende staatsorganisatorische Vorschriften konkretisiert. 542 Während das Demokratieprinzip auf die Organisation der Staatsgewalt hinsichtlich seiner Träger und Inhaber ausgerichtet ist, antwortet das Rechtsstaatsprinzip mit der Gewaltenteilung als eines zentralen Elements formeller Rechtsstaatlichkeit auf die Frage nach Inhalt, Umfang und

538 539

Peter Badura (FN 144), RN D 10 f Jürgen Staupe (FN 103), S. 329.

540 Vgl. zum Charakter des Demokratiegebots als Staatsstrukturprinzip: Kar/-Peter Sommermann, in: v. MangoldtIKlein, GG-Kommentar, Art. 20 RN 86 ff. 541 Vgl. grundlegend: BVerfGE 3, 225, 231 f; Detle/Merlen, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit, in: Braud (Hrsg.), Demokratie gestern und heute, 1995, S. 47, 49 f; zu Rang und Geltungskraft der Prinzipien des Art. 20 GG: Roman Herzog, in: MaunzlDürig, GG-Kommentar, Art. 20, I. Art. 20 im Gefüge des GG, RN 21 ff.; im Ergebnis auch: Kurt Eichenberger, Vom Umgang mit Strukturprinzipien des Verfassungsstaates, in: Burmeister (Hrsg.), Verfassungsstaatlichkeit - Festschrift für Klaus Stern, 1997, S. 457, 463 ff., auch wenn er ihnen besondere Funktionen zuschreibt. 542 Ernst-Wolfgang Böckenforde (FN 529), § 22 RN 82; Eberhard Schmidt-Aßmann (FN 9), § 24 RN 96; Karl-Peter Sommermann, in: v. MangoldtIKlein, GG-Kommentar, Art. 20 RN 4; Matthias Jestaedt (FN 529), S. 286.

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Verfahrensweise staatlicher Tätigkeit. 543 Durch die Bindung der Gewaltengliederung an das Demokratiegebot und dessen Begrenzung durch die rechtsstaatlichen Gewährleistungen sind beide Prinzipien einander Rahmen und Grundlage zugleich. 544 Das Prinzip der Gewaltenteilung tritt nicht als eigener und in Konkurrenz zum demokratischen Prinzip stehender Legitimationsgrund fiir die AuSübung der Staatsgewalt auf, sondern entfaltet seine Wirkungen nur im Rahmen demokratisch konstruierter und legitimierter Staatsgewalt. 545 Indem sich aber die Verfassung bei der Ausgestaltung des Demokratieprinzips der Funktionengliederung bedient und zum Instrument eigener Wirksamkeit erhebt, legt sie selbst den Grund dafiir, daß sich demokratische Legitimation nur auf der Grundlage und mit den Mitteln der Funktionengliederung vollziehen kann und attestiert damit dem Gewaltenteilungsprinzip selbst Demokratietauglichkeit, als es den Rahmen eines demokratischen Staatsaufbaus abzugeben vermag. 546 Das verfassungsrechtliche Organisationsmodell des Staates ist mithin zugleich der Bauplan seiner Legitimationsstruktur. S47 Durch die rechtsstaatlichen Gewährleistungen der Funktionengliederung wird die demokratisch legitimierte Entscheidungsmacht nicht nur organisatorisch näher ausgestaltet, sondern in Inhalt und Umfang gebunden und begrenzt. Dem Parlament kommt damit lediglich in personeller Hinsicht eine gesteigerte demokratische Legitimation zu, die jedoch keine Vermutung fiir eine umfassende Parlamentszuständigkeit begründet. 548 Das auf ein isoliertes Demokratieverständnis gestützte Macht- und Legitimationsmonopol des Parlaments fmdet seine Grenze in der Funktionenordnung549, die keine in Inhalt wie Formen freie Ausübung der Staatsgewalt kennt, da die Demokratie, die das Grundgesetz verfaßt hat, auch im Verhältnis der Staatsorgane zueinander eine rechtsstaatliche

543 Ernst-Wolfgang Böckenfiirde (FN 529), § 22 RN 83; Kar/-Peter Sommermann, in: v. MangoldtIKlein, GG-Kommentar, Art. 20 RN 88 u. 187; Heinrich Amadeus WoljJ (FN 535), S. 85. S44 Vgl. Klaus Stern, Der Rechtsstaat, in: Siekmann (Hrsg.), Klaus Stern - Der Staat des Grundgesetzes, 1992, S. 3, 7; sowie zu den verschiedenen Deutungen der Wechselbeziehungen zwischen Demokratie und Rechtsstaat: Heinrich Amadeus WoljJ(FN 535), S. 86 f. 545 Ernst-Wolfgang Böckenförde (FN 529), § 22 RN 87 f. 546 Matthias Jestaedt (FN 529), S. 279; C/aus Pegatzky (FN 20), S. 166; Michael Eis (FN 124), S. 111. 547 Peter Badura, Die parlamentarische Demokratie, in: Isensee!Kirchhof (Hrsg.), HdBStR, Bd. 1,2. Aufl. 1995, § 23 RN 28. 548 Fritz Ossenbüh/ (FN 536), S. 198 f. u. 207 f.; Helmut Sinn (FN 181), S. 61; Thomas v. Danwitz (FN 38), S. 66; Michael Sachs, Das parlamentarische Regierungssystem und der Bundesrat - Entwicklungsstand und Reformbedarf, in: VVDStRL, Bd. 58 (1999), S. 39,44. 549 Karl-Peter Sommermann, in: v. MangoldtIKlein, GG-Kommentar, Art. 20 RN 177; Konrad Hesse (FN 324), RN 527.

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E. Parlamentarische Beteiligung und Demokratieprinzip

Demokratie ist550 . Insofern kann es dahingestellt bleiben, ob es eines Rückgriffs auf eine (zusätzliche) funktionell-institutionelle Legitimation bedarf5\ um die bereits verfassungstextlich abgesicherte Eigenständigkeit der einzelnen Funktionen verfassungsdogmatisch zu unterfangen. 552 Die Eigenständigkeit der einzelnen Funktionen ist Grundlage demokratischer Legitimation, wird aber verfassungsunmittelbar durch das Gewaltenteilungsprinzip garantiert und insofern "legitimiert". Erst in der Gesamtheit von Organen, die in einem durch die Kompetenzordnung zum Ausdruck gebrachten Legitimationszusammenhang stehen, scham die Verfassung die Bedingungen für die Ausübung demokratisch legitimierter Staatsgewalt. Indem sich die verfaßte Staatlichkeit nach dem Plan dieser Organisations- und Kompetenzordnung vollzieht, kann jeder einzelne Akt der Staatsorgane auch nur in Übereinstimmung oder im Widerspruch mit der so errichteten Ordnung gesehen werden, weshalb Legalität und nicht Legitimität des Handelns gefragt ist. 553 In diesem Sinne ist auch das rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot auf Klarheit der Funktionenabgrenzung zwischen Legislative und Exekutive angelegt.554 Die Rechtsetzung stellt sich danach als eine verfassungsrechtliche Funktion dar, die im arbeitsteiligen Zusammenspiel verschiedener Organe wahrgenommen wird, die über jeweils spezifische Befugnisse verfUgen und in einem besonderen Legitimations- und Kontrollzusammenhang stehen. 555 Indem keinem Organ die Befugnis zukommt, über die grundsätzliche Funktion von Gesetz- und Verordnungsgebung zu disponieren, sind auch nur jene Akte demokratisch legitimiert, die in Übereinstimmung mit dieser Struktur vollzogen werden.

5. Die Parlamentsbeteiligung im Lichte der Einwirkungs- und Zurechnungsformen demokratischer Legitimation Damit lassen sich kontrollierende Beteiligungsrechte des Parlaments auch nicht als geeignetes Instrument für eine zusätzliche Absicherung der sachlich inhaltlichen Legitimation abbilden. 556 Auch diese Auffassung verkennt, daß sich 550 BVerfGE 68, 1,87. 551 Vgl. zur institutionellen und funktionellen Legitimation der Regierung: BVerfGE

68, I, 109. 552 So: Fritz Ossenbühl (FN 536), S. 197; Ernst-Wolfgang Böckenforde (FN 529), §22RNI5. 553 Claus Pegatzky (FN 20), S. 166. 5S4 Kar/-Peter Sommermann (FN 16), S. 441. 555 Claus Pegatzky (FN 20), S. 57. 556 So aber: Arnd Uh/e (FN 97), S. 378 f., der dazu auf den korrelativen Zusammenhang zwischen Zuweisung der Gesetzgebungsgewalt an das durch den Wahlakt unmittelbar legitimierte Parlament und sanktionierter sowie kontrolltechnisch abgesicherter Verantwortlichkeit der Exekutive für die Wahrnehmung der ihr eingeräumten Aufgabe

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die Einwirkungs- und Zurechnungsfonnen demokratischer Legitimation an der Entscheidungsstruktur für die Wahrnehmung einer Staatsaufgabe auszurichten haben. 557 Während die organisatorisch-personelle Legitimation die selbständige Mitwirkung des betreffenden Funktionsträgers auf der jeweiligen Stufe der staatlichen Willensbildung zum Inhalt hat, ist die sachlich-inhaltliche Fonn demokratischer Legitimation dazu bestimmt, die Ausübung der Staatsgewalt ihrem Inhalt nach vom Volk herzuleiten beziehungsweise mit dem Volkswillen zu vermitteln. 558 Im Gegensatz zur personellen Legitimationskomponente handelt es sich also bei der sachlich-inhaltlichen Legitimation nicht um eine originäre, sondern um eine abgeleitete und im Rahmen der parlamentarischen Demokratie durch das parlamentsbeschlossene Gesetz ins Werk gesetzte Legitimation. SS9 Spiegelbild dessen ist die verfassungsrechtliche Ausfonnung der Verordnungsgebung, die sich aus dem vorgegebenen sachlich-inhaltlichen Entscheidungsprogramm des Gesetzgebers und der auf eigener Handlungsrnacht beruhenden Entscheidungs- und Wertungsleistung des Verordnungsgebers zusammensetzt. Die mit der gesetzlichen Ermächtigung verliehene Rechtsetzungsrnacht der Exekutive korreliert folglich mit deren ausschließlicher Verantwortung für die von ihr erlassene Rechtsverordnung. Die Verantwortung des Parlaments hingegen endet mit der Schaffung einer gesetzgeberischen Verordnungsermächtigung, die in der Einhaltung der Bestimmtheitserfordernisse ihren Ausdruck fmdet. Indem die Verfassung bereits die besondere Entscheidungsstruktur bestimmt, in der die jeweiligen Organe Wirkungen normativer wie faktischer Art erzeugen können, ist es ausgeschlossen, deren Handeln in beliebiger Weise in andere Zusammenhänge zu übertragen, so daß auch das Komplementärverhältnis der beiden Legitimationskomponenten kompetenzrechtlich vorgeprägt ist. Nur wenn die Rechtsetzung durch Gesetz- und Verordnungsgeber als jeweils eigenständige Aufgabe begriffen wird, ist es möglich, deren Wahrnehmung in einen spezifischen Verantwortungs- und Kontrollzusammenhang einzubetten. 560 Auch die Vorstellung, das Parlament könne den Verordnungsgeber auch auf andere Weise als im Wege der Gesetzgebung programmieren, ist Folge eines verfehlten Gewaltenteilungsdenkens unter der spezifischen Sichtweise des Weverweist (dazu: Ernst-Wolfgang BöckenjOrde (FN 529), § 22 RN 22). Angesichts der lediglich Rahmen und Grenze exekutiven Handeins bezeichnenden Verordnungsermächtigung sei ein höheres Maß parlamentarischer Verantwortlichkeit und damit einhergehender Kontrolle unabdingbar, weshalb sich parlamentarische Beteiligungsformen unmittelbar auf das demokratische Prinzip zurückfuhren und unter diesem Aspekt legitimieren ließen (S. 379). 557 Dazu: Peter Badura (FN 547) § 23 RN 28. 558 Ernst-Wolfgang Böckenforde (FN 529), § 22 RN 21. 559 Dazu: Matthias Jestaedt (FN 529), S. 273 ff. (S. 274). 560 Wolfgang Sturmhöfel (FN309), S. 77; Claus Pegatzky (FN 20), S. 154 f.; Klaus Stern (FN 544), S. 15, wonach Demokratie eine Zuständigkeits-, Verteilungs- und Verantwortungsinterdependenz voraussetzt.

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sentlichkeitspostulats. 561 Indem der Vorbehalt des Gesetzes in einen Vorbehalt zugunsten des Parlaments als Organ und Entscheidungsträger uminterpretiert wird, kommt es zu einer unzulässigen Gleichsetzung von Parlament und Gesetzgeber, die auf einer Mißachtung der funktionell zur Verfügung stehenden Handlungsformen beruht. Wenn sich die parlamentarische Demokratie aber in ihrer verfassungsrechtlichen Ausgestaltung die Funktionengliederung der Staatsgewalten anverwandelt hat, kann allein aus der Tatsache, daß es sich um einen Beteiligungsakt des Parlaments handelt, keine Schlußfolgerung hinsichtlich seiner verfassungsmäßigen Legitimität gezogen werden. So wie das Parlament nicht über die Festlegungen der Kompetenzordnung disponieren kann, ist es ihm nicht gestattet, über die Methode seiner Willensbildung frei zu verfügen. 562 Aus gutem Grunde ist eine Rechtsetzung durch einfachen Parlamentsbeschluß weder im Grundgesetz noch in den Landesverfassungen vorgesehen, so daß eine Programmierung des Verordnungsgebers nur im Wege der Gesetzgebung erfolgen kann, in deren Rahmen sich zugleich die besondere demokratische Funktion des Parlaments realisiert. 563 Bestimmt sich das "Legitimationsniveau" nach dem organisationsrechtlichen Standort, den die Verfassung dem Funktionsträger zuweist, ist die Legitimationsstruktur der verfassungsrechtlichen Organisationsstruktur akzessorisch. 564 Zwar nimmt das Parlament auch hinsichtlich der sachlich-inhaltlichen Legitimation eine Vorrangstellung ein, als es nach der Verfassungsstruktur der parlamentarischen Demokratie über eine umfassende und prinzipiell unabhängige Gestaltungsbefugnis verfügt und die anderen Staatsorgane zumindest inhaltlich an seinen Willen zu binden imstande ist. Diese Stellung wohnt dem Parlament jedoch nicht denknotwendig inne, sondern wird ihm im Rahmen der demokratisch verfaßten Staatlichkeit durch die Verankerung des Gesetzgebungsrechts vermittelt und durch die Axiome von Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes gesichert. 565 Indem die rechtsstaatlichen Sicherungen der Kompetenzordnung als Funktionsbedingungen einer effektiven Organisation und Umsetzung des demokratischen Prinzips wirken, kann aus dem Demokratieprinzip auch kein Gewaltenmonismus zugunsten eines bestimmten Staatsorgans hergeleitet werden. 566 An Claus Pegatzky (FN 20), S. 139; Jürgen Staupe (FN 103), S. 327. Vgl. Michael Nierhaus, Bonner Kommentar zum GG, Art. 80 RN 205. 563 Stefan Studenroth (FN 170), S. 534; Jürgen Staupe (FN 103), S. 330; Claus Pegatzky (FN 20), S. 143. 564 Matthias Jestaedt (FN 529), S. 289. 565 So: Matthias Jestaedt (FN 529), S. 274 f.; Norbert Achterberg (FN 349); S. 95; Claus Pegatzky (FN 20), S. 168; vgl. auch: Helmut Quaritsch (FN 405), S. 8, wonach die Dispositionsbeschränkung des Parlaments hinsichtlich der Wahl seiner Handlungsformen dem demokratischen Prinzip nicht widerstreitet, sondern es manifestiert und zum Ausdruck bringt; in diesem Sine auch: Wolfgang Sturmhöfel (FN 309), S. 67. 566 BVerfDE 49, 89, 125; Detlef Merlen (FN 541), S. 50; Hans Meyer (FN 158), S. 89; Sachs, Michael (FN 548), S. 44. 561

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der Vorstellung einer demokratischen Prädominanz des Parlaments gegenüber der Regierung krankt aber letztlich die spezifische Deutung des Parlamentsvorbehalts durch die Vertreter des Kompensationsgedankens. Die synonyme Verwendung von Parlament und Gesetzgeber wird so zum Vehikel fiir eine grundlegende Abkehr von der Grundannahrne der Vorbehaltslehre, die das Parlament in seiner Funktion als Gesetzgeber anspricht und einen Vorbehalt zugunsten des parlamentarischen Gesetzgebers statuiert. 56? Betrachtet man vor diesem Hintergrund die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, erscheint auch diese eindeutiger als von den Vertretern der Kompensationstheorie mit der Rezeption der Entscheidungen zum ,,Preisgesetz" und zum Hamburger "Sexualkundebeschluß" vorgetragen. Diesen wird kein eindeutiges Lösungsschema fiir die Frage eines Ausgleichs von Bestimmtheitsdefiziten der Ermächtigungsnorm zugesprochen, da hier keine kompensatorische ,,Milderung" von Bestimmtheitsanforderungen, sondern eine ,,Freistellung" vom delegationsrechtlichen Bestimmtheitsgebot zur Diskussion stand. 568 Daß die in ihren formalen Sicherungen wirkende Kompetenzordnung nicht durch ein aus dem Demokratieprinzip abgeleitetes Entscheidungsmonopol des Parlaments in Form eines allumfassenden Parlamentsvorbehalts unterlaufen werden kann, hat das Gericht hingegen in seiner ,,Kalkar"-Entscheidung mit Nachdruck betont. Indem die Verfassung durch die ,,konkrete Ordnung der Verteilung und des Ausgleichs staatlicher Macht" die Bedingungen fiir die Ausübung demokratisch legitimierter Staatsgewalt schafft, ist es ausgeschlossen, "aus dem Grundsatz der parlamentarischen Demokratie einen Vorrang des Parlaments und seiner Entscheidungen gegenüber den anderen Gewalten als einen alle konkreten Kompetenzzuordnungen überspielenden Auslegungsgrundsatz herzuleiten. ,,569 Indem das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot durch das Formgebot einer gesetzlichen Ermächtigung ergänzt wird, kann das Parlament weder über die Methode seiner Willensbildung frei verfügen, noch auf eine normbezogene Willensbildung verzichten570 und wird so nicht nur vor inhaltlicher, sondern auch funktioneller Selbstentmachtung geschützt. 571 Die durch schlichten Parlamentsbeschluß ausgeübten Beteiligungsvorbehalte tragen nicht nur die Tendenz in sich, die gesetzgeberischen Anforderungen fiir den Erlaß des ermächtigenden 567 BVerfGE 34, 52, 59; 47, 194,200; 57, 295, 321 ff.; vgl. dazu auch: Jürgen Staupe (FN 103), S. 327. 568 BVerfGE 8, 274, 318 ff. (322); 47, 46,82, dazu: Gunter Kisker (FN 90), S. 41 ff.; vgl. auch: Thomas v. Danwitz (FN 38), S. 126 f. Zudem ging es bei der "Sexualkundeentscheidung" nicht um eine Parlamentsbeteiligung, sondern um die Mitwirkung einer von der Bürgerschaft gewählten und personell nur mittelbar demokratisch legitimierten Deputation. 569 BVerfGE 49,89, 125. 570 Helmut Quaritsch (FN 405), S. 38. 571 Jan Ziekow (FN 51), S. 964.

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E. Parlamentarische Beteiligung und Demokratieprinzip

Gesetzes auszuhöhlen, sondern führen auch zu einer Reduzierung der formalen Qualität des Rechtsetzungsverfahrens. 572 Bei dieser kawn binnenstrukturierten Entscheidung ist das Parlament nur in einer Lesung mit dem vorgelegten Verordnungsentwurf befaßt und kann über diesen auch nur insgesamt und ohne die oftmals entscheidenden Einzelberatungen beschließen. Demgegenüber enthalten die weitgehenden Verfahrensanforderungen des Gesetzgebungsverfahrens eine rationalisierende Wirkung, die diesem durch verschiedene Lesungen und wiederholte Ausschußberatungen eine höhere Legitimationswirkung als dem Verfahren einer nachträglichen Zustimmung oder Änderung zuweisen573 , weshalb sich das Argwnent vom demokratischen Mehrwert parlamentarischer Beteiligungsformen auch unter dem Aspekt formaler Sicherungen in sein Gegenteil verkehrt574 • Auch in der Beteiligung eines Ausschusses ist ein optimaler Interessenausgleich nicht in gleicher Weise verbürgt wie in der Entscheidung des Parlamentsplenums, wobei auf die Frage einer hinreichenden Repräsentation noch einzugehen ist. Dieser Mangel effektiver Kompensationswirkung wird jedoch auch verfassungsrechtlich relevant57S , wenn man sich vergegenwärtigt, daß bei einer einmaligen Abstimmung ohne diskursiver Gliederung des Rechtsetzungsverfahrens 576 faktisch allein die Parlamentsmehrheit beteiligt ist und angesichts ihrer politischen Identität mit der Regierung ein hinreichender Einfluß der Opposition weitgehend ausgeschaltet wird. Der Bestimmtheitsmaßstab vermittelt deshalb nicht nur einen Steuerungs- und Kontrollmaßstab für das Handeln der Exekutive, sondern wahrt auch den von der Verfassung vorgesehenen Einfluß der Opposition auf den jeweiligen Regelungsgegenstand. 577 Die verfahrensrechtliche Ausgestaltung der Delegationsnorm kann deshalb nicht dazu benutzt werden, bestimmte Sachentscheidungen vor der Opposition in Sicherheit zu bringen578 , sn Claus Pegatzky (FN 20), S. 139 f. Thomas v. Danwitz (FN 38), S. 67; Jürgen Staupe (FN 103), S. 329; allgemein: Konrad Hesse (FN 324), RN 525. 574 C/aus Pegatzky (FN 20), S. 140. m Es dürfte verfassungsrechtliches Gemeingut sein, daß die phasenweise Strukturierung des Gesetzgebungsverfahrens in zwei oder drei Lesungen zwar eine rationalisierende Wirkung rur die Urteilsfähigkeit der Parlamentsmehrheit bewirkt, verfassungsrechtlich aber nicht zwingend ist; vgl. BVerfGE I, 144, 148 ff. (151); 29, 221, 234; Hartrnut Maurer, Staatsrecht, 1999, § 17 RN 65; Peter Badura (FN 144), RN F 45. 576 Vgl. zu dessen grundsätzlicher verfassungsrechtlicher Verankerung nach Sinn und Zweck des Gesetzgebungsverfahrens: Klaus Stern (FN 9), § 37 III 5. m Vgl. instruktiv: Wilhelm Mößle, Inhalt, Zweck und Ausmaß - Zur Verfassungsgeschichte der Verordnungsermächtigung, 1990, S. 57 f., der darauf verweist, daß der Umfang der Verordnungsermächtigung auch darüber entscheidet, welche Gegenstände der Einflußnahme der Opposition entzogen werden. So auch: Konrad Hesse (FN 324), RN 525. 578 Wilhelm Mößle (FN 577), S. 58. 573

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weil andernfalls das im demokratischen Prinzip wurzelnde und für die gesamte parlamentarische Tätigkeit geltende Recht der parlamentarischen Minderheit, ihren Standpunkt in den Willensbildungsprozeß des Parlaments einzubringen, verletzt wäre. 579 In diesem Sinne ist auch das in der Mehrzahl der Landesverfassungen enthaltene Recht der Opposition auf "Chancengleichheit" zu verstehen580, das sich vorrangig auf das Verhältnis zur Regierungsmehrheit im Sinne von Regierung und den sie tragenden Fraktionen bezieht581 • Für das hier diskutierte Problem der Verfahrens- und Entscheidungsregeln politischer Willensbildung macht es deutlich, daß die oppositionsausübenden Gliederungen über die gleichen Möglichkeiten für die Ausfiillung ihrer spezifischen Funktion verfUgen müssen. Diese Gleichheit der Bedingungsfaktoren ist verletzt, " ... wenn nicht regierungstragenden Teilen des Parlaments parlamentarische Rechte verweigert werden, die den regierungstragenden zu Gebote stehen"S82. Gleichwohl muß beachtet werden, daß der Topos der "Chancengleichheit der Opposition" verfassungssystematisch problematisch erscheint, weil es keinen einheitlichen Begriff der "Opposition" als institutionellem Rechtsträger gibt und das Mehrheitsprinzip zumindest materiell ausgleichsfeindlich ist. 583 Da sich das Erfordernis formaler Chancengleichheit584 der parlamentarischen Funktionsträger bereits aus dem Diskriminierungsverbot der Abgeordnetengleichheit und der sie ergänzenden Garantie der Parteien- und Fraktionsgleichheit ergibt und die besonderen Rechte von oppositionsangehörigen Teilen des Parlaments inhaltlich nicht darüber hinausgehen können, erscheint die Aufnahme der "Oppositionschancen" in den Landesverfassungen eher als Deklaration ohne eigenständigen Regelungsgehalt. 585

S79 BVerfGE 70, 324, 363; vgl. auch das Sondervotum von Ernst-Wolfgang Böckenforde: BVerfGE 70, 380, 382 fT., fiir den der Grundsatz der gleichberechtigten Teilhabe auch nicht in sachlich begründeten Fällen zur Disposition der Parlamentsmehrheit steht, sondern ein strukturbestimmendes Prinzip repräsentativer Demokratie ist. SBO Art. 38 III BerI.Verf.; Art. 55 11 BrandVerf.; Art.78 11 BremVerf.; Art. 26 III M-VVerf.; Art. 19 IINdsVerf.; Art.4811 SaAnhVerf.; Art. 12 I SchlHVerf.; Art.59 11 ThürVerf.; i.d.S. auch: Art. 16 all BayVerf.; Art. 23a HmbVerf.; Art. 85 b 11 RhPfVerf. SBI So: Joachim Linck, in: LincklJutzilHopfe, Die Verfassung des Freistaates Thüringen - Kommentar, 1994, Art. 59 RN 5; Peter M Huber, Staatsrecht, in: ders. (Hrsg.), Thüringer Staats- und Verwaltungsrecht, 2000, RN 177; Heinzgeorg Neumann, Die Niedersächsische Verfassung - Handkommentar, 3. Auf. 2000, Art. 19 RN 19; Florian Edinger, in: GrimmlCaesar (Hrsg.), Verfassung fiir Rheinland-Pfalz - Kommentar, 2001, Art. 85 b RN 12; vgl. auch: Peter Badura (FN 144), RN E 19. SB2 SächsVerfGH, Urt. v. 17.2.1995, SächsVBI. 1995, S. 227,228. SB3 Vgl. dazu instruktiv: Pascale Cancik, Parlamentarische Opposition in den Landesverfassungen, 2000, S. 160 ff. S84 Vgl. zur Abgeordnetengleichheit in bezug auf die Mandatsausübung: BVerfGE 40, 296, 317 f.; sowie: Philip Kunig, Parteien, in: IsenseelKirchhof(Hrsg.), HdBStR, Bd. 11, 1987, § 33 RN 62 ff. SBS Pascale Cancik (FN 583), S. 160 u. 193. 8 SchwanengeJ

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E. Parlamentarische Beteiligung und Demokratieprinzip

Wenn aber im Ergebnis die Berufung auf ein wie auch innner geartetes demokratisches Konzept nicht von der Einhaltung der auf rechtsstaatlicher Formenstrenge beruhenden Kompetenzordnung enthebt, verfangt auch das Argument vom demokratischen Mehrwert einer parlamentarisch "geweihten" Rechtsverordnung nicht. s86 Beruht das rechtsstaatswidrige Ineinssetzen von Parlament und Gesetzgeber auf der Mißachtung der kompetenzrechtlichen Unterschiede von legislativer und exekutiver Entscheidungsträgerschaft, läßt sich das Erfordernis eines gesetzlich bestimmten Ermächtigungsrahmens auch nicht durch eine rechtliche Mitverantwortung des Parlaments an der Verordnungsgebung kompensieren, weil andernfalls der durch die Kompetenzzuweisung begründete Verantwortungs-, Legitimations- und Kontrollzusarnmenhang in Frage gestellt ist. Damit bleibt es bei dem rechtsstaatsprinzipiell begründeten Ergebnis, wonach die Wahrung der exekutiven Letztentscheidungsbefugnis die Zulässigkeitsschranke fiir den Vorbehalt parlamentarischer Mitwirkungsbefugnisse an der Verordnungsgebung bildet.

586 Michael Nierhaus. Bonner Kommentar zum GG, Art. 80 RN 206; Silke Thomsen (FN 170), S. 991; Stefan Studenroth (FN 170), S. 531; Olaf Konzak (FN 8), S. 110, dessen Auffassung, hierbei gehe es nicht um das Demokratie- sondern das Rechtsstaatsprinzip, allerdings die Wechselbeziehungen beider Prinzipen mißachtet; so auch: Hans Heinrich Rupp (FN 249), S. 758.

F. Die ermächtigungsgesetzliche Begründung parlamentarischer Beteiligungsvorbehalte zugunsten von Parlamentsausschüssen I. Der Kreis der Mitwirkungsberechtigten in Bund und Ländern Die bisherigen Erörterungen waren darauf gerichtet, die Verfassungskonformität der Beteiligungsrechte des Parlaments im Zusanunenhang mit dem Erlaß von Rechtsverordnungen zu erfassen. Damit ist aber noch nicht entschieden, ob die Wahrnehmung derartiger Mitwirkungsbefugnisse ermächtigungsgesetzlich allein dem Parlamentsplenum oder auch den Ausschüssen des Parlaments übertragen werden kann. Während die Einbindung des Parlaments in die Verordnungsgebung auf Bundesebene ausschließlich in der Form der Beteiligung des Parlamentsplenums erfolgtS87 , ist die Betrauung der Parlamentsausschüsse mit entsprechenden Mitwirkungsbefugnissen auf Landesebene nicht nur geläufige, sondern vorherrschende Praxis. Dies korreliert mit unterschiedlichen Beteiligungsformen von Gesamtparlament und Ausschuß. Während die Plenarvorbehalte auf Bundesebene vor allem die Gestalt von Zustinunungs- und Änderungsrechten haben und damit eine rechtsverbindliche Einflußnahme auf Erlaß und Inhalt einer Rechtsverordnung ermöglichen, zielt die Einbindung der Ausschüsse auf Landesebene durch Kenntnis- und Anhörungsvorbehalte vorrangig auf Konsultation und die Vermittlung sachlicher Positionen. In Einzelfällen wird dem zuständigen Fachausschuß des Landtages aber auch die Entscheidung über Wirksamkeit und Inhalt einer Rechtsverordnung übertragen, in dem der Erlaß der Verordnung an die vorherige und gegebenenfalls durch Maßgabebeschlüsse antizipierte Zustinunung des Ausschusses gebunden ist. 588 Damit erhebt sich die Frage, ob die zunächst nur auf die Zulässigkeit eines Plenarvorbehalts bezogeVgl. Arnd Uhle (FN 97), S.149 u. 510 f. In diesem Zusammenhang sei nochmals auf die zahlreichen Bestimmungen des Schulverwaltungsgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (FN 245) verwiesen. Darüber hinaus enthält auch das Schulfinanzgesetz des Landes (OVBI. 1970, S. 288) einen Zustimmungsvorbehalt zugunsten des Haushalts- und Finanzausschusses beim Erlaß einer Rechtsverordnung zur Übernahme von Schülerfahrtkosten (§ 7 III NWSchFO). Auch in Sachsen können Sach- und Personalkostenzuschüsse an staatlich anerkannte Ersatzschulen gern. § 15 II SächsPrivSchulO nur im "Einvernehmen" mit dem Haushaltsund Bildungssausschuß des Landtages wirksam durch Rechtsverordnung festgelegt werden. 587

588

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F. Beteiligung von Parlamentsausschüssen

nen Grenzen der verschiedenen Beteiligungsarten auch fiir die ermächtigungsgesetzliche Delegation an einzelne Parlamentsausschüsse zu gelten haben.

11. Die parlamentsrechtliche Stellung und Funktion der Landtagsausschüsse Auch wenn zwischen Bundestag einerseits und Landtagen andererseits systeminunanente Unterschiede bestehen, die auf der Wahrnehmung verschiedener Staatsinteressen beruhenS89, hat die Organisation des Ausschußwesens in den Parlamenten der Länder eine ähnliche Entwicklung wie im Bundestag erfahren59O • Grundsätzlich unterscheiden sich die Ausschüsse nach den Normen ihrer Bildung und Errichtung. Wie im Grundgesetz werden die Parlamentsausschüsse in den Landesverfassungen im Zusammenhang mit der Normierung des Zitier- und Zutrittsrechtes vorausgesetzt591 und auf Grundlage der parlamentarischen Geschäftsordnung gebildet, die Zusammensetzung und Arbeitsweise im einzelnen regelt und Ausdruck der inneren Organisationsgewalt des Parlaments ist. 592 Darüber hinaus enthalten einige Landesverfassungen eine ausdrückliche Ermächtigung zur Bildung von Fachausschüssen und bestimmen dabei mitunter deren Aufgaben und das Verfahren ihrer Besetzung. 593 So ist in allen Ländern die Befugnis des Parlaments zur Einsetzung von Untersuchungsausschüssen vorgesehen, und zwar unter Angabe der wichtigsten Verfahrensvorschriften. 594 Weiterhin geben die Landesverfassungen dem Parlament die Einrichtung bestimmter Pflichtausschüsse auf. Dies gilt hinsichtlich der Verankerung des Petitionsrechts der Bürger, wobei nur in Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen die Bildung eines Petitions ausschusses verfassungsgesetzlich nicht ausdrücklich

Norhert Achterherg (FN 349), S. 671. Joachim Vetter (FN 627), S. 15. 591 Art.34 BaWüVerf.; Art. 24 BayVerf.; Art. 49 BerlVerf.; Art. 66 BrandVerf.; Art. 98 BremVerf.; Art. 23 I HmbVerf.; Art. 91 HessVerf.; Art. 38 M-VVerf.; Art. 23 NdsVerf.; Art. 45 NWVerf.; Art. 89 RhPfVerf.; Art. 76 SaarIVerf.; Art. 49 SächsVerf.; Art. 52 SaAnhVerf.; Art. 21 SchIHVerf.; Art. 66 ThürVerf. 592 Vgl. dazu: Joachim Vetter (FN 627), S. 21; Erich Röper, Ausschüsse zwischen Parlaments- und Gesetzesrecht, ZParl. 1984, S. 529, 531. 593 Art. 44 I, 11 BerlVerf.; Art. 70 BrandVerf.; Art. 105 I BremVerf. (vgl. zu dem daraus abgeleiteten Gebot zur Errichtung von Fachausschüssen: BremStGHE 1, 161, 162); Art. 33 M-VVerf.; Art. 20 NdsVerf.; Art. 77 I SaarIVerf.; Art. 52 SächsVerf.; Art. 46 11 SaAnhVerf.; Art. 17 SchLHVerf.; Art. 62 ThürVerf. 594 Art. 35 BaWüVerf.; Art. 25 BayVerf.; Art. 48 BerlVerf.; Art. 72 BrandVerf.; Art. 105 V BremVerf.; Art. 25 HmbVerf.; Art. 92 HessVerf.; Art. 34 M-VVerf.; Art. 27 NdsVerf.; Art. 41 NWVerf.; Art. 91 RhPfVerf.; Art. 79 SaarIVerf.; Art. 54 SächsVerf.; Art. 54 SaAnhVerf.; Art. 18 SchIHVerf.; Art. 64 ThürVerf. 589 590

II. Stellung und Funktion der Ausschüsse

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vorgeschrieben ist. 595 Zudem erhalten eine Reihe weiterer Ausschüsse eine ausdriickliche verfassungsrechtliche Fundierung596, wobei zu beachten ist, daß es sich beim sogenannten Zwischenausschuß597 nicht wie bei den anderen Ausschüssen um ein Hilfsorgan des Landtages, sondern um ein eigenständiges oberstes Staatsorgan handelt. 598 Hinzuweisen ist schließlich auf Spezialausschüsse, wie die Wahlprufungs- und Datenschutzausschüsse, die durch Landesgesetz errichtet und mit besonderen Regelungen hinsichtlich Zusammensetzung und Verfahren ausgestattet sind. 599 Neben den Fraktionen bilden die häufig spiegelbildlich zur Ressortgliederung der jeweiligen Regierung eingesetzten Fachausschüsse das zweite dominierende Ordnungs- und Gliederungsprinzip des Parlaments. 600 Zu den wichtigsten Aufgaben dieser ständigen Ausschüsse zählt deren Mitwirkung an der Gesetzgebung. Dabei zwingt die Vielzahl und Komplexität der Regelungsmaterien das Parlamentsplenum zu einer Entlastung, indem es einerseits Rechtsetzungskompetenz in Gestalt von Verordnungen auf die Exekutive überträgt und andererseits den Parlamentsausschüssen weitgehende Aufgaben innerhalb der Gesetzgebungsarbeit zuweist. 601 Vor allem aber der unabweisliche Zwang arbeitsteiliger Spezialisierung als Gegengewicht zum Sachverstand der Ministerialbü-

595 Petitionsausschüsse: Art. 35 a BaWüVerf.; Art. 46 BeriVerf.; Art. 71 BrandVerf.; Art. 105 VI BremVerf.; Art. 25 b HmbVerf.; Art. 35 M-VVerf.; Art. 41a NWVerf.; Art. 90 a RhPFVerf.; Art. 78 SaarIVerf.; Art. 53 SächsVerf.; Art. 61 SaAnhVerf.; Art. 19 SchIHVerf.; Art. 65 ThürVerf. 596 Art. 46 a BerlVerf. (Verfassungsschutzausschuß); Art. 105 I u. VII BremVerf. (Geschäftsordnungsausschuß, Haushalts- und Finanzausschuß, Ausschuß für Hafenangelegenheiten); Art. 80 SaarlVerf. (Ausschuß rur Grubensicherheit); Art. 20 SchiHVerf. (Parlamentarischer Einigungsausschuß). 597 Art. 36 BaWüVerf.; Art. 26 BayVerf.; Art. 93 HessVerf.; Art. 40 NWVerf.; Art. 92 RhPfVerf. 598 Vgl. Heinhard Steiger (FN 620), S.135; weiterhin zum Zwischenausschuß nach Art. 26 BayVerf: Theodor Meder (FN 49), Art. 26 RN 1; sowie BayVerfGHE 35, 105, 113. 599 Vgl. zur gesetzlichen Regelung innerparlamentarischer Organisationsentscheidungen kontrovers: Gerald Kretschmer, Zur Organisationsgewalt des Deutschen Bundestages im parlamentarischen Bereich, ZParl. 1986, S. 334, 337 ff. (These 3 u. 4), der dem Parlament zur Regelung interner Organisations- und Verfahrensprobleme grundsätzlich Wahlfreiheit zwischen Gesetz und Geschäftsordnung einräumt; Horst Dreier, Regelungsform und Regelungsinhalt des autonomen Parlamentsrechts, JZ 1990; S. 310, 312 ff., der Regelungen in Gesetzesform für grundsätzlich systemwidrig erachtet, sofern nicht die Verfassung selbst diese vorsieht. 600 Horst Dreier (FN 599), S. 318; vgl. zur Parallelität von Ausschußsystem und Regierungsgliederung auf Bundesebene, einschließlich der historischen Genese: Wolfgang Zeh, Das Ausschußsystem im Bundestag, in: Schneider/Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis in der Bundesrepublik Deutschland - Ein Handbuch, 1989, § 39 RN 7 ff. 601 V gl. dazu: Hans-Joachim Mengel, Gesetzgebung und Verfahren, 1997, S. 301.

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F. Beteiligung von Parlamentsausschüssen

rokratie hat dazu gefiihrt, daß die an sich lediglich empfehlend tätig werdenden Ausschüsse einen Großteil des Entscheidungsprozesses im Plenwn faktisch vorwegnehmen, so daß man von einem dezentralisierten Rechtserzeugungsprozeß sprechen kann. 602 Neben der Gesetzgebung gehört im parlamentarischen Regierungssystem die Kontrolle der Regierung zu den verfassungsmäßigen Hauptfunktionen des Parlaments603 und ist damit auch wichtiges Element der Beratungs- und Beschlußpraxis der Fachausschüsse. Aber auch in der Handhabung der parlamentarischen Exekutivkontrolle haben sich die Fachausschüsse zunehmend von der Vorbereitungsarbeit fiir die WiIlensbildung des Plenums emanzipiert, indem sie ihre Kontrolltätigkeit von der repressiven Überprüfung zur präventiven Begleitung laufender Regierungs- und Verwaltungstätigkeit des dem Ausschuß korrespondierenden Ministeriums verlagerte. 604 Hinsichtlich des arbeitsteiligen Verhältnisses von Plenwn und Ausschüssen sind aber auch die Unterschiede zwischen Bundestag und Landtagen zu beachten. Der deutsche Exekutivföderalismus60s hat zu seit langem beklagten Kompetenzverlusten der Landesparlamente gefiihrt. 606 Diese Auszehrung der Gesetz-

602 Vgl. dazu: Udo Di Fabio (FN 163), S. 606; Peter Badura, Die parlamentarische Volksvertretung und die Aufgaben der Gesetzgebung, ZG 1978, S. 300, 306; Horst Dreier (FN 599), S. 318, für den das Plenum die endgültige Entscheidung nicht originär herstellt, sondern darstellt und demokratisch verantwortet. 603 Die Parlamentsfunktionen sind in den Verfassungsgesetzen der Länder z.T. ausdrücklich definiert: Art. 27 11 BaWWerf.; Art. 20 I M-VVerf.; Art. 7 NdsVerf., Art. 65 11, III SaarVerf.; Art. 39 11 SächsVerf.; Art. 41 I SaAnhVerf.; Art. 10 I SchIHVerf.; Art. 48 II ThürVerf.; vgl. zur klassischen Unterscheidung zwischen Gesetzgebungs-, Kreations-, Kontroll- und Repräsentationsfunktion: Klaus Stern (FN 9), § 26 II 2a. 604 Joachim Vetter (FN 627), S. 106 ff. u. 266 f.; Wolfgang Zeh (FN 600), § 39 RN 30. 60S Vgl. aus der überbordenden Literatur nur: Ste/an Oeter (FN 152), S. 143 ff. u. 405 ff.; Rupert Scholz, Landesparlamente und Bundesrat, in: Bömer/JahrreißlStem (Hrsg.) Einigkeit und Recht und Freiheit - Festschrift für Karl Carstens, Bd. II Staatsrecht, 1984, S. 831 ff.; Uwe Berlit, Verfassungsrechtliche Perspektiven des Föderalismus, in: v. AmimlFärberlFisch, Föderalismus - Hält er noch, was er verspricht?, 2000; S. 63 ff.; Hans Herbert v. Arnim, Das föderale System in Deutschland - Motor oder Hemmschuh notwendiger politischer Reformen?, in: ebda; S.19, 21 ff. 606 Vor allem die Konferenz der Landtagspräsidenten hat immer wieder Vorschläge für eine Kompensation der Kompetenzverluste der Landesparlamente unterbreitet. V gl. zuletzt: Beschlußentwurf der Konferenz der Präsidentinnen und Präsidenten der deutschen Landesparlamente "Weiterentwicklung und Stärkung des Föderalismus", ZG 2000, Sonderheft, S. 5 ff. und Kommentierung: Albert Janssen, Wege aus der Krise des deutschen Bundesstaates, ebda, S. 41 ff Neben den am Grundsatz der Subsidiarität (S. 5 f.) orientierten Vorschlägen zur Änderung der Kompetenzkataloge und zur Novellierung der Finanzverfassung ist das Minderheitsvotum für einen Kompetenzkatalog der Länder ein beachtenswertes Element dieses Diskussionspapiers (Anlage 3, S. 35 ff), da es einerseits der mangelnden Effektivität einer ,,Bundesratslösung" Rechnung trägt und angesichts zunehmender Europäisierung andererseits helfen soll, "auch im Primärrecht der Europäischen Union (EU) Kompetenzkataloge zugunsten der Ebene unterhalb der Mitgliedsstaaten zu verankern" (S. 39).

III. Probleme parlamentsinterner Delegation

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gebungskompetenzen hat naturgemäß auch Auswirkungen für die Ausschußarbeit der einzelnen Parlamente. Während der Anteil der Gesetzesberatung an der Tätigkeit der Ausschüsse des Bundestages durchaus zunehmende Tendenz aufweist, ist für den Bereich der Landesparlamente ein Rückgang der Gesetzgebungsarbeit zu verzeichnen. 607 Dies trägt naturgemäß dazu bei, daß die Landesparlamente ihren nachlassenden Einfluß durch eine Ausweitung ihrer Kontrollfunktion zu kompensieren trachten, wobei sich offenkundig die Erkenntnis durchsetzt, daß der Schwerpunkt einer vorrangig mitwirkenden Kontrolle aus Gründen der EffIzienz und Sachkompetenz in den Fachausschüssen liegen müsse. 6OS Dabei ist jedoch zu beachten, daß den Ausschüssen aus dem umfangreichen Arsenal parlamentarischer Kontrollinstrumente allgemein nur das Zitierrecht als originäre Befugnis zusteht609, so daß sich für den Bereich der ohnehin marginalisierten Landeskompetenzen die ermächtigungsgesetzliche Verankerung von Ausschußvorbehalten beim Erlaß von Rechtsverordnungen als geeignetes Instrument zur Artikulation von Anregungen und Gestaltungswünschen erweist. Da die Grenzen für die Einbindung des Parlaments in die Verordnungsgebung auch für die Mitwirkungsberechtigung der jeweiligen Parlamentsorgane zu gelten haben, ist fraglich, ob die Wahrnehmung prinzipiell statthafter Beteiligungsbefugnisse ermächtigungsgesetzlich auch den Ausschüssen übertragen werden kann.

III. Plenar- und Ausschußvorbehalte als Problem parlamentsinterner Delegation Die Wahrnehmung parlamentarischer Beteiligungsvorbehalte durch die Ausschüsse des Landtages ist nicht bloß eine Frage der Zweckmäßigkeit und Arbeitstechnik, sondern hat verfassungsrechtliches Gewicht und wird vor allem mit Blick auf die rechtsverbindlichen Einwirkungsbefugnisse in der Literatur kontrovers diskutiert. 61o Die Befürworter sehen in der Einschaltung der Parlamentsausschüsse vor allem eine Verlängerung und Optimierung der parlamentaSo bereits: Joachim Vetter (FN 627), S. 104. Vgl. Joachim Vetter (FN 627), S. 268 f; Wolfgang Zeh (FN 600), § 39 RN 11. 609 Zwar kann auch die Interpellation denkmöglich von den Mitgliedern eines Ausschusses eingebracht werden, allerdings handelt es sich nicht um ein originäres Ausschußrecht; vgl. dazu: Norbert Achterberg (FN 349), S. 673. 610 Für die Zulässigkeit: Arnd Uhle (FN 97), S. 517 ff. (S. 523); Rupert Scholz/Hans Bismark (FN 6), S. 121 ff. (126 f.); Fritz Ossenbühl (FN 6) § 64 RN 58; Albert Hüser (FN 123), S. 177 ff. (S. 181); Theodor Maunz, in: Maunz)Dürig, GG-Kommentar, Art. 80 RN 60; Brun-Otto Bryde, in: v. MünchlKunig, GG-Kommentar, Art. 80 RN 5; im Ergebnis auch: Thomas v. Danwitz (FN 38), S. 120 f; dagegen: Gunter Kisker (FN 90), S. 33 ff. (S. 36 f.); Ste/an Studenroth (FN 170), S. 536 f; Dieter Wilke (FN 259), S. 228; ders., in: v. MangoldtIKlein, GG-Kommentar, Art. 80 Anm. V 9. 607 608

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F. Beteiligung von Parlamentsausschüssen

rischen Kontrolle 611 , die auf einer vorhergehenden Delegationsentscheidung des Plenums beruht und deshalb die genuin-politische Gestaltungsbefugnis des Parlaments nicht in Frage stellt, sondern ausdrücklich betont und sicherstellt6l2, indem sie funktionsgerecht auf den spezifischen Sachverstand der Ausschüsse zurückgreift613 • Demgegenüber wiid die Zulässigkeit einer ermächtigungsgesetzlichen Übertragung rechtsverbindlicher Beteiligungsbefugnisse auf die Ausschüsse prinzipiell verneint, da diese lediglich Instrumente der Informationsbeschaffung und -verarbeitung sind und grundsätzlich nicht über nach außen gerichtete Entscheidungsbefugnisse verfügen. 614 Außerdem könne das zur Rechtsetzung berufene Plenum im Rahmen der Verordnungsermächtigung nicht mehr Befugnisse delegieren als ihm das bei der Gesetzgebung möglich wäre. 61S Auch wenn die parlamentarische Beteiligung an der Verordnungsgebung ein Thema der Funktionentrennung ist, kann die Frage der Übertragung verordnungsspezifischer Beteiligungsvorbehalte auf die Ausschüsse des Parlaments nicht anhand des Art. 80 I S. I GG beantwortet werden. Gegenstand dieser Regelung ist die Übertragung von Rechtsetzungsbefugnissen des Parlaments auf ein außerhalb des Parlaments stehendes Staatsorgan und ist in seiner Zwecksetzung damit auf eine kompetentielle Grenzziehung zwischen Verfassungsorganen gerichtet. Die Delegation von Beteiligungsbefugnissen durch das Parlamentsplenum auf die Parlamentsausschüsse als "Teile seiner selbst" betrifft indes die Zulässigkeit einer parlamentsinternen Zuständigkeitsverlagerung616 , die von der mit Art. 80 I S. I GG bezweckten Eingrenzung der Exekutivorgane mit Verordnungsgewalt nicht erfaßt wird. 617 Der in Art. 80 I S. 1 GG und in lediglich vier Landesverfassungen618 enthaltene numerus clausus möglicher Ermächtigungsadressaten kann deshalb ebenso wenig gegen die Einräumung von Ausschußvorbehalten ins Feld geführt werden, wie umgekehrt die fehlende Benen-

611 So ausdrücklich: Fritz Ossenbühl (FN 6) § 64 RN 58; Brun-Otto Bryde, in: v. MünchlKunig, GG-Kommentar, Art. 80 RN 5, der dies überdies mit der a maiore ad minus-Argumentation rechtfertigt. 612 Rupert Scholz/Hans Bismark (FN 6), S. 125. 613 Thomas v. Danwitz (FN 38), S. 120. 614 Gunter Kisker (FN 90), S. 36. 615 Ste/an Studenroth (FN 170), S. 536; der dabei (offenkundig) im Zustimmungsvorbehalt ebenfalls nur eine Begrenzung der vom Gesetzgeber vorgenommenen Delegation eigener Rechtsetzungsgewalt in Gestalt eines ,,Minus" sieht. 616 Vgl. dazu: Norbert Achterberg (FN 349), S. 679 f. 617 Arnd Uhle (FN 97), S. 517; Ste/an Studenroth (FN 170), S. 116; Fritz Ossenbühl (FN 6) § 64 RN 58; Gunter Kisker (FN 90), S. 35. 618 Art. 64 I BerlVerf. (Senat); Art. 124 BremVerf. (Senat); Art. 53 HambVerf. (Senat); Art. 118 HessVerf. (Landesregierung).

III. Probleme parlamentsinterner Delegation

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nung möglicher Delegatare in der Mehrzahl der Landesverfassungen für die Statthaftigkeit der Beteiligung von Parlamentsausschüssen spricht6l9 • Das Problem der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit parlamentsinterner Zuständigkeitsübertragung berührt vielmehr die parlamentsrechtliche Frage, ob anstelle der Vollversammlung ein Ausschuß statt mit lediglich vorbereitender Tätigkeit auch mit eigenen Entscheidungsbefugnissen betraut werden darf. Die Zuweisung unmittelbarer Entscheidungsbefugnisse an Ausschüsse wird allgemein als Übertragung von Aufgaben des Plenums an die Ausschüsse angesehen. 620 Ausgangspunkt für die Beantwortung dieser Frage ist das dem Parlament durch die verfassungsrechtliche Verankerung der Geschäftsordnungsautonomie62 I verliehene Recht der Selbstorganisation. 622 Danach überläßt die Verfassung die Regelung der eigenen Verhältnisse des Parlamentes dessen autonomer Satzungsgewalt. Diese grundsätzlich lückenlose Parlamentsautonomie623 erstreckt sich auf das Recht, eine Geschäftsordnung zu erlassen, eine beliebige Anzahl von Ausschüssen zu bestellen, das Recht der Selbstverwaltung und Selbstorganisation sowie eine Reihe weiterer Befugnisse, die sich aus der Stellung des Parlaments als Verfassungsorgan ergeben. 624 Als Instrument der Ausgestaltung parlamentarischer Arbeit625 dürfte auch die parlaments interne Delegation von Aufgaben auf Untergliederungen des Parlaments, namentlich auf seine Ausschüsse, vom Recht der Selbstorganisation gedeckt sein. 626

619 So im Ansatz: Rupert ScholziHans Bismark (FN 6), S. 131; die aber im Grundsatz parlamentarischer Demokratie eine über das bundesstaatliche Homogenitätsgebot wirkende Grenze rur eine über das Grundgesetz hinausreichende Durchbrechung des Plenarvorbehalts sehen. 620 Heinhard Steiger, Organisatorische Grundlagen des parlamentarischen Regierungssystems, 1973, S.136. 621 Art. 40 I S. 2 GG; Art. 20 III BayVerf.; Art. 41 I BerIVerf.; Art. 68 BrandVerf.; Art. 106 BremVerf.; Art. 99 HessVerf.; Art. 29 I S. 2 M-VVerf.; Art. 21 I NdsVerf.; Art. 38 I S. 2 NWVerf.; Art. 85 I RhPfVerf.; Art. 70 I SaarIVerf.; Art. 46 I SächsVerf.; Art. 46 I SaAnhVerf.; Art. 14 I S. 2 SchIHVerf.; Art. 57 V ThürVerf. 622 Vgl. zum Erfordernis einer verfassungsrechtlichen Ermächtigung: Norbert Achterberg (FN 349); S. 325. 623 Theodor Maunz, in: Maunz/Dürig, GG-Kommentar, Art. 40 RN 2 u.16. 624 Vgl. dazu: Peter Badura (FN 144), RN E 43; Wi/fried Berg, Zur Übertragung von Aufgaben des Bundestages auf Ausschüsse, Der Staat, Bd. 9 (1970), S. 21, 23. 625 Vgl. dazu: Hans-Joachim Cremer, Anwendungsorientierte Verfassungsauslegung - Der Status der Abgeordneten im Spiegel der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, 2000, S. 237 f., rur den die Ausgestaltungsfunktion der Geschäftsordnung ein notwendiger Ausdruck der betont als "Mitgliedschaftsrecht" zu verstehenden Statusrechte des Abgeordneten ist, um eine sachgerechte Aufgabenerflillung zu ermöglichen. 626 Gunter Kisker (FN 90), S. 35; Arnd Uhle (FN 97), S. 517.

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F. Beteiligung von Parlamentsausschüssen

Dieses Recht wird jedoch nicht schrankenlos gewährt, sondern durch den Vorrang der parlamentarischen Plenarentscheidung begrenzt. Die Bestimmung der verfassungsrechtlichen Reichweite dieses sogenannten ,,Plenarvorbehalts" bereitet jedoch Schwierigkeiten, da weder Grundgesetz noch Landesverfassungen eine Übertragung von Aufgaben und Befugnissen des Plenums auf seine Ausschüsse ausdrücklich erlauben noch grundsätzlich verbieten. Insbesondere haben die Verfassungen keinen Katalog übertragbarer oder nicht übertragbarer Aufgaben aufgestellt und den wesentlichen Bereich der dem Plenum vorbehaltenen Kompetenzen nicht in einer Art Generalklausei umschrieben. 627 Auch wenn die Verfassungen die Ausschüsse infolge ihrer funktionalen Abhängigkeit vom Plenum vorrangig als Organe der InformationsbeschafIung und -verarbeitung behandeln, die das Recht und die Pflicht haben, der Vollversammlung bestimmte Beschlüsse zu empfehlen, darf die Herausstellung dieser vorbereitenden Tätigkeit nicht als Ausschluß entscheidender Aufgaben verstanden werden. 628 Dagegen spricht bereits die Tatsache, daß die Verfassungen selbst eine Außenwirkung der Ausschußtätigkeit offenbaren, so daß diese nicht grundsätzlich dysfunktional sein kann. 629 So können die Petitionsausschüsse mitunter selbständig und ohne Einschaltung des Plenums über Petitionen befmden630 , und auch die Untersuchungsausschüsse können gemäß ihrer verfassungsrechtlichen Verankerung über den Internbereich des Parlaments hinausgreifen und unmittelbar jeden Bürger zur Mitwirkung an ihrem Verfahren verpflichten. 631 Umgekehrt ergibt sich jedoch aus einer Reihe von Einzelvorschriften, daß für bestimmte Aufgaben ein Verbot parlamentarischer Delegation besteht. Unstreitig gilt dies zunächst für alle diejenigen Fälle, in denen die Verfassung für die Beschlußfassung die Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder der Volksvertretung verlangt. Dies gilt nicht nur für den endgültigen Gesetzesbeschluß632, sondern für alle Entscheidungskompetenzen im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens. Ein Delegationsverbot besteht aber auch hinsichtlich der Kompetenz der

627 Norbert Achterberg (FN 349), S. 679 f.; Wilfried Berg (FN 624), S. 25; Joachim Vetter, Die Parlamentsausschüsse im Verfassungssystem der Bundesrepublik Deutschland, 1986, S. 133. 628 Norbert Achterberg (FN 349), S. 678. 629 Rupert ScholziHans Bismark (FN 6), S. 124; Gunter Kisker (FN 90), S. 36; Heinhard Steiger (FN 620), S. 130 u. 135. 630 Aber auch in den Ländern, in denen die Einrichtung und Befugnis des Petitionsausschusses nicht ausdrücklich geregelt ist, wird eine Delegation der Erledigungskompetenz offenkundig als zulässig erachtet. So ist nach Auffassung des BayVerfGH (E 10, 20, 25 f.) die geschäftsordnungsrechtIiche Delegation verfassungsgemäß, da sie vom Verfassungsgeber vorgefunden und mitgedacht worden sei; kritisch dazu: Gabriele Wiesend, Das Ausschußwesen des Bayerischen Landtags, 1989, S. 23 ff. 631 Vgl. dazu: Joachim Vetter (FN 627), S. 112 u. 132. 632 So ausdrücklich: Art. 70 III BayVerf.; Art. 105 III BremVerf.

III. Probleme parlamentsinterner Delegation

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Landtage zur Wahl des Regierungschefs633 , der Entscheidung über ein Mißtrauensvotum oder die Vertrauensfrage634 sowie der Möglichkeit einer Abgeordneten- beziehungsweise Ministeranklage63S , soweit dies landesverfassungsrechtlich vorgesehen ist. Darüber hinaus gibt es eine Reihe weiterer, schlechthin delegationsfeindlicher Materien. So kann das Parlament die Wahl seiner Organe nur im Plenum vornehmen, und auch der Erlaß seiner Geschäftsordnung ist nicht auf Parlamentsausschüsse übertragbar. 636 Aus der Aufzählung einigermaßen eindeutiger Übertragungsverbote kann indes nicht der Umkehrschluß gezogen werden, daß in allen übrigen Fällen eine Delegation zulässig sei.637 Gegen eine solche Auslegung spricht bereits die Tatsache, daß nicht in allen Fällen, in denen die Verfassung ausdrücklich vom Plenum spricht zugleich ein Plenarvorbehalt gemeint ist. 638 Wenn aber die Verfassungen die Übertragung von Aufgaben des Plenums auf Ausschüsse abschließend weder zu erlauben noch zu verbieten pflegen, läßt sich die Reichweite des Plenarvorbehalts auch nicht durch eine Enumeration verfassungsgesetzlich explizit zugeordneter Parlamentsbefugnisse begrenzen. 639

633 Art. 46 I S. 1 BaWüVerf.; Art. 44 I BayVerf. (kein Quorum); Art. 56 I BerlVerf. (Abstimmungsmehrheit); Art. 83 I BrandVerf.; Art. 107 11 BremVerf. (Senatsmitglieder); Art. 34 I HmbVerf.; Art. 101 I HessVerf.; Art. 42 I M-VVerf.; Art. 29 I NdsVerf.; Art. 52 I NWVerf.; Art. 98 11 RhPfVerf.; Art. 87 I SaarIVerf.; Art. 60 I SächsVerf.; Art. 65 I, 11 SaAnhVerf.; Art. 26 11, III SchLHVerf.; Art. 70 III ThürVerf. 634 Art. 54 I BaWüVerf.; Art. 44 III S. 2 BayVerf. (kein förmliches Mißtrauensvotum); Art. 5711, III BerIVerf.; Art. 86 I u. 87 BrandVerf.; Art. 110 BremVerf.; Art. 35 III u. 36 I HmbVerf.; Art. 114 HessVerf.; Art. 50 11 u. 51 M-VVerf.; Art. 32 NdsVerf.; Art. 61 NWVerf.; Art. 99 RhPfVerf.; Art. 88 SaarIVerf.; Art. 69 SächsVerf.; Art. 72 u. 73 SaAnhVerf; Art. 35 u. 36 SchlHVerf. (Vertrauensfrage ohne Quorum); Art. 73 u. 74 ThürVerf. 635 Art. 42 11, 57 11 BaWüVerf.; Art. 59 BayVerf. (kein Quorum); Art. 61 BrandVerf.; Art. 85 I (Ausschluß aus der Bürgerschaft) und 111 BremVerf.; Art. 115 HessVerf.; Art. 17 u. 40 NdsVerf.; Art. 63 I NWVerf.; Art. 85 u. 94 SaarlVerf. 636 Wi/fried Berg (FN 624), S. 25 f.; Rupert ScholziHans Bismark (FN 6), S. 125; Joachim Vetter (FN 627), S. 133. 637 Wi/fried Berg (FN 624), S. 26. 638 Norbert Achterberg (FN 349), S. 680; Wilfried Berg (FN 624), S. 34. 639 So aber: Arnd Uhle (FN 97), S. 518.

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F. Beteiligung von Parlamentsausschüssen

IV. Die Statthaftigkeit der Ausschußbeteiligung beim Erlaß von Rechtsverordnungen 1. Die Zuständigkeitsverlagerung im Kontext parlamentarischer Repräsentation Die Betonung der parlamentsrechtlichen Dimension in der Diskussion um die Statthaftigkeit von Beteiligungsvorbehalten zugunsten von Parlamentsausschüssen geht auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zurück. In einer frühen Entscheidung, die sich mit der Frage befaßte, ob ein Zustimmungsvorbehalt zugunsten eines Ausschusses des Wirtschaftsrates im Hinblick auf den Übergang der Ennächtigung nach Art. 129 I S. 1 GG als Zustimmungsvorbehalt zugunsten eines Ausschusses des Bundestages zu werten sei, hatte das Gericht eher beiläufig angemerkt, daß "die Ausschüsse der gesetzgebenden Körperschaften nach der Ordnung des Grundgesetzes keine Befugnis mehr (haben), selbständig an der Rechtsetzung mitzuwirken".640 Diese generell verneinende Stellungnahme hat das Gericht später mit der Anerkennung des Erfordernisses einer auf ,,Arbeitsteilung gegründeten Funktionsruchtigkeit des Parlaments" in differenzierender Weise weiterentwickelt.641 Zunächst verweist das Gericht erneut auf den Regelfall des parlamentarischen Plenarvorbehalts, wonach "das Prinzip der repräsentativen Demokratie ... auf das parlamentarische Entscheidungsverfahren (einwirkt), indem es grundsätzlich die Mitwirkung aller Abgeordneten bei der Willensbildung des Parlaments erfordert und bei der Schaffung der äußeren Bedingungen, unter denen die Parlamentsbeschlüsse zustande kommen, Berücksichtigung verlangt".642 Andererseits sei aber auch der Zwang zur Arbeitsteilung im parlamentarischen System selbst angelegt, da für einen funktionsfähigen Parlamentsbetrieb das politische Engagement und der Sachverstand des einzelnen Abgeordneten unverzichtbar sind.643 Diesem Erfordernis trägt die Einrichtung von Ausschüssen Rechnung, 640 BVerfGE 4, 193,203. Während Studenroth, anknüpfend an der prinzipiellen Zulässigkeit der Zustimmungsverordnung als bloßer Wirksarnkeitsvoraussetzung, hieraus ein Verbot der Übertragung dieser Entscheidungsbefugnis auf Parlamentsausschüsse ableitet, erscheint ein darauf gegründetes Unzulässigkeitsdiktum für Kisker angesichts der gebotenen Überprüfung dieser frühen und keinesfalls eindeutigen Meinungsäußerung zumindest vorschnell; vgl. SteJan Studenroth (FN 170), S. 536, sowie: Gunter Kisker (FN 90), S. 33 f 641 BVerfGE 44,308,315 ff.; sowie: BVerfGE 80, 188,211; vgl. dazu auch: Arnd Uhle (FN 97), S. 511 f; Rupert ScholziHans Bismark (FN 6), S. 123 f; Thomas v. Danwitz (FN 38), S. 118 f.; sowie zur Bedeutung des Topos der ,,Funktionstüchtigkeit": Martin Morlok, Parlamentsrechtliches Geschäftsordnungsrecht zwischen Abgeordnetenrechten und politischer Praxis, JZ 1989, S. 1035, 1041. 642 BVerfGE 44, 308, 316. 643 BVerfGE 44, 308, 316; vgl. hierzu und zur Notwendigkeit einer am Sachinteresse orientierten Ausschußbesetzung: Hans-Joachim Cremer (FN 625), S. 253 f

IV. Ausschußbeteiligung beim Verordnungserlaß

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deren Bedeutung fiir eine effektive parlamentarische Arbeit das Gericht als Ausfluß des Systems der parlamentarischen Demokratie hervorhebt644 , so daß auch dieser Institution "unter dem Gesichtspunkt der Repräsentation des Volkes durch das Parlament erhebliches Gewicht (zukonunt),,64S. Hieraus resultiert das grundsätzliche Recht des Parlamentsplenums, sich selbst zur Sicherstellung einer sachgerechten Tätigkeit im Wege parlamentsinterner Delegation zu entlasten. 646 Ausgehend vom Regeltatbestand der parlamentarischen Plenarverantwortung setzt eine parlamentsinterne Zuständigkeitsverlagerung jedoch voraus, "daß die endgültige Beschlußfassung über ein parlamentarisches Vorhaben dem Plenum vorbehalten bleibt, die Mitwirkung der Abgeordneten bei der Vorbereitung der Parlamentsbeschlüsse außerhalb des Plenums ihrer Art und ihrem Gewicht nach der Mitwirkung im Plenum im wesentlichen gleich zu erachten ist und der parlamentarische Entscheidungsprozeß institutionell in den Bereich des Parlaments eingefügt bleibt,,647. Die Interpretation dieser verfassungsgerichtlichen Argumentationslinie hat jedoch angesichts einer mangelnden Konturierung der Entscheidungskriterien zu einem unterschiedlichen Meinungsstand in der Literatur geführt. 648 Entgegen der Auffassungen im Schrifttum ist der Leitentscheidung aber weder die Maßgeblichkeit des Kriteriums eines institutionell in das Parlament eingeordneten Entscheidungsprozesses649 noch die grundsätzliche Gleichrangigkeit der Abgeordnetentätigkeit außerhalb des Plenums unter der kumulativen Voraussetzung eines Letztentscheidungsrechts des Plenums6so zu entnehmen. Vielmehr hat das Gericht im Lichte des demokratischen Repräsentationsprinzips6s1 ein gestuftes Anforderungsprofil fiir Kompetenzabgrenzung von Plenum und Ausschuß und die Delegation nach außen wirkender Entscheidungsbefugnisse entwickelt. Ausgehend von dem Aspekt der grundsätzlich gleichen demokratischen Legitimation aller Abgeordneten6s2 werden die Ausschüsse nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts über ihre Aufgabenstellung in das den gesamten BeSo auch ausdrücklich in: BVerfGE 80,188,211. BVerfGE 44, 308, 318. 646 So auch: Amd Uhle (FN 97), S. 517; Rupert ScholziHans Bismark (FN 6), S. 125. 647 BVerfGE 44,308,317. 648 Vgl. Thomas v. Danwitz (FN 38), S. 119. 649 Rupert ScholziHans Bismark (FN 6), S. 123 f. 650 Arnd Uhle (FN 97), S. 512; Thomas v. Danwitz (FN 38), S. 118. 651 Vgl. zu den verfassungsgeschichtlichen und verfassungstheoretischen Grundlagen der parlamentarischen Repräsentation als ein die Verwirklichung der Volkssouveränität näher bestimmendes Verfassungsprinzip: Peter Badura (FN 547) § 23 RN 35 ff.; sowie zur Repräsentation als Leitgedanke parlamentarischer Organisation und Erklärungs- und Rechtfertigungsprinzip der parlamentarischen Entscheidungs- und Handlungsvollmacht: ders. (FN 144), RN EIL 652 Vgl. Norbert Achterberg (FN 349), S. 680. 644

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reich der parlamentarischen Willensbildung prägende Repräsentationsprinzip einbezogen6S3 , so daß sich mit einer Delegation von Entscheidungsbefugnissen auf die Ausschüsse "auch die Repräsentation in diese Institutionen ,vorverlagert",.6S4 Dies setzt jedoch eine wirksame Repräsentationsfunktion voraus, die nur bei einer institutionellen Einfiigung der Ausschußtätigkeit in den Bereich des Parlaments gegeben ist, die damit das Mindesterfordernis einer parlamentsinternen Delegation umschreibt. 6ss Andererseits dürfen derartige Delegationen aber den ebenfalls im Gedanken der Repräsentation verankerten Vorrang parlamentarischer Plenarentscheidung nicht unterlaufen. Um eine Einbindung der Ausschußkompetenzen in und an die vorrangige Plenarentscheidung sicherzustellen, müssen sie der Kontrolle, Aufhebung oder Ersetzung durch das Parlamentsplenum unterliegen. 656 Die Begründung parlamentsexterner Zuständigkeiten ist deshalb nur unter dem Vorbehalt einer endgültigen Entscheidungsbefugnis des Plenums zulässig. 6S7 Innerhalb dieses Rahmens können die Ausschüsse jedoch nicht uneingeschränkt als Repräsentanten des Plenums angesehen werden658 , da andernfalls die parlamentsinterne Delegation als Frage bloßer Etikettierung erscheint und die substantiellen Unterschiede der Partner des Delegationsaktes negiert. 659 Da Funktion und Organstruktur sachlich aneinander gebunden sind, besteht ein prinzipielles Verbot der Zuweisung von Funktionen, die der Struktur des Organs und der von ihm wahrzunehmenden Grundfunktionen nicht entsprechen. 66O Eine Repräsentation des Plenums in den Ausschüssen ist deshalb nur dann gegeben, wenn die Ausschußtätigkeit ihrer Art und ihrem Gewicht nach der Mitwirkung im Plenum entspricht. Allerdings läßt sich dieses Argumentationsraster nicht ohne weiteres auf die hier in Frage stehende ermächtigungsgesetzliche Begründung eines Ausschußvorbehalts beim Erlaß von Rechtsverordnungen übertragen. Während das Kriterium einer Einfiigung der Ausschußtätigkeit in den Parlamentsbereich auch bei der Wahrnehmung derartiger Beteiligungsbefugnisse gegeben ist66 \ kann auf 653

BVerfGE 80, 188, 211.

654 BVerfGE 44, 308, 319, da sich die Repräsentation im parlamentarischen Bereich

vornehmlich dort vollzieht, wo die Entscheidung fallt. 655 Daran knüpft das BVerfG (E, 47, 46, 82) mit seinen Beschluß zur Sexualkunde an, indem es betont, daß die Hamburger Deputation angesichts ihrer Zusammensetzung gerade kein in den Bereich des Parlaments eingeordnetes Gremium und damit auch keinen Parlamentsausschuß verkörpert. 656 Rupert Scho/ziHans Bismark (FN 6), S. 125. 657 So auch: Wilfried Berg (FN 624), S. 30 f., der deshalb vorbehaltslose Sperrvermerke und Zustimmungsvorbehalte zugunsten der Mitentscheidung von Ausschüssen beim Haushaltsvollzug für verfassungswidrig erachtet (S. 41). 658 Gunter Kisker (FN 90), S. 36. 659 Wilfried Berg (FN 624), S. 27. 660 Konrad Hesse (FN 324), RN 489. 661 Arnd Uh/e (FN 97), S. 512; Thomas v. Danwitz (FN 38), S. 119.

IV. Ausschußbeteiligung beim Verordnungserlaß

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die durch Rechtssatz begründete Ermächtigung der Ausschüsse, anstelle des Plenums die maßgebliche Entscheidung über eine Zustinunungs- oder Änderungsverordnung zu treffen, nicht ohne weiteres ein Unzulässigkeitsdiktum gegründet werden. Einerseits bezieht sich die Bindungswirkung auf das parlamentsinterne Verhältnis von Plenar- und Ausschußkompetenz und kann deshalb nicht auf die unzulässige Funktionsverlagerung rechtsetzender Gewalt gestützt werden, wie umgekehrt die Wahrung der exekutiven Letztentscheidungsbefugnis nicht als Tatbestand gewertet werden kann, der das Vorliegen einer "endgültigen Beschlußfassung" ausschließt. 662 Andererseits ist fraglich, ob sich die Beteiligung am Verordnungserlaß als "parlamentarisches Vorhaben" charakterisieren läßt. Je nachdem, ob man auf die mangelnde Rechtsetzungsqualität des Beteiligungsaktes abstellt oder dessen Handhabung als parlamentarische Exekutivkontrolle einstuft, lassen sich die Beteiligungsvorbehalte den Parlamentsfunktionen zuordnen und als "parlamentarische Vorhaben" im Sinne der Leitentscheidung anerkennen oder verwerfen. 663 Verallgemeinert man indes die Kriterien dieser Rechtsprechung, kann eine parlaments interne Zuständigkeitsverlagerung dann bejaht werden, wenn ein dem Plenum möglichst gleichartiges Verfahren und eine ordnungsgemäße Wahrnehmung der Aufgabe garantiert ist, die Ausschüsse sich als sachgerechte Delegatare anbieten und sich die Ausschußkompetenz derjenigen des Plenums als überlegen erweist, ohne dabei jedoch die parlamentarische Repräsentation wesentlich zu verkürzen. 664 Als entschejdender Maßstab fiir die Zulässigkeit von Beteiligungsvorbehalten zugunsten von Parlamentsausschüssen erweist sich damit das Erfordernis funktionsgerechter und organadäquater Aufgabenzuordnung. 66s Dieses löst einen zusätzlichen Rechtfertigungsbedarf fiir die ermächtigungsgesetzliche Begründung eines Ausschußvorbehalts aus. Hierzu gilt es, die organschaftlichen Unterschiede zwischen Plenum und Ausschüssen hinsichtlich Zusammensetzung, Arbeitsziel, Arbeitsweise und Arbeitsauswirkungen in den Blick zu nehmen und anhand dieser Kriterien die funktionale Richtigkeit der hier problema-

662 So aber: Thomas v. Danwitz (FN 38), S. 119; Rupert ScholziHans Bismark (FN 6), S. 127 f. 663 Vgl. dazu: Amd Uhle (FN 97), S. 512 f. Das BVerfG (E, 44, 308, 317) sah im vorliegenden Fall keinen Anlaß, die Konturen dieses Kriteriums näher darzulegen. 664 Vgl. dazu: Norbert Achterberg (FN 349), S. 681; Wilhelm Kewenig, Staatsrechtliche Probleme parlamentarischer Mitregierung am Beispiel der Arbeit der Bundestagsausschüsse, 1970, S. 55; im Ergebnis auch: Joachim Vetter (FN 627), S. 134. 66S SO auch: Thomas v. Danwitz (FN 38), S.119.

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tisierten Übertragung parlamentarischer Beteiligungsvorbehalte beim Erlaß von Rechtsverordnungen zu prüfen. 666

2. Die Funktionsgerechtigkeit der Ausschußbeteilung beim Erlaß von Rechtsverordnungen Die Anerkennung der praktischen Bedeutung der Ausschüsse flir eine treuhänderische Wahrnehmung der Aufgaben des Gesamtorgans schlägt hinsichtlich ihrer Zusammensetzung in das normative Gebot der "Spiegelbildlichkeit" um667, wonach "grundsätzlich jeder Ausschuß ein verkleinertes Abbild des Plenums" sein muß. 668 Rein zahlenrnäßig entsprechen die Ausschüsse dem politischen Kräfteverhältnis des Plenums jedoch nur annähernd, da vornehmlich kleinere Fraktionen ein sowohl unter- als auch überproportionales Gewicht erlangen können. 669 Allerdings kommt man nicht weiter, wenn man die Unzulässigkeit einer Ausschußbeteiligung auf die Rüge mangelnder Pluralität der Ausschußbesetzung stützen will, da auch hinsichtlich der Spiegelbildlichkeit von Parlament und Ausschuß auf den Ausgangsbefund der grundsätzlich gleichen Legitimation aller Abgeordneten flir das Wirken in den Ausschüssen verwiesen werden kann. 67o Demgemäß ist es dem Parlament rechtlich unbenommen, "flir Ausschüsse ... eine Mitgliederzahl vorzusehen, die bei Anwendung der üblichen Regeln flir die Sitzverteilung eine Berücksichtigung aller parlamentarischen Gruppierungen nicht ermöglicht".671 Ein bedeutenderer Einwand als die rein zahlenrnäßige Verschiebung ergibt sich aus der Auswahl der Ausschußmitglieder durch die Fraktionen, die gerade nicht unter dem Gesichtspunkt der allgemeinen Repräsentanz des Plenums erfolgt, sondern Kriterien wie Sachkenntnis, Interessengebundenheit, Anciennität oder parlamentarische Stellung der Abgeordneten in bezug auf das politische

666 Vgl. dazu: Norbert Achterberg (FN 349), S. 680 f.; Wi/fried Berg (FN 624), S. 27; Heinhard Steiger (FN 620), S. 139; sowie: BVerfDE 68, 1,86. 667 Hans-Joachim Cremer (FN 625), S. 242. 668 BVerfDE 80, 188,221 f.; 84, 304, 323. 669 Norbert Achterberg (FN 349), S. 681; Wilfried Berg (FN 624), S. 27. Dabei ist jedoch zu beachten, daß die mathematische Umrechnung häufig nach dem sogenannten "Proportionalverfahren" erfolgt, das eine Benachteiligung kleinerer Fraktionen weitgehend minimiert; vgl. dazu: Wolfgang Zeh (FN 600), § 39 RN 16. 670 Fritz Ossenbüh/ (FN 6), § 64 RN 58; sowie: Arnd Uh/e (FN 97), S. 519; Thomas v. Danwitz (FN 38), S. 117 f., die jedoch mit dem Verweis auf die mangelnde Pluralität der parlamentarischen Besetzung überhaupt den Sinn der allein auf das Plenum bezogenen (parlamentsintemen) Spiegelbildlichkeit verkennen. 671 BVerfDE 70,324,364.

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Gewicht des jeweiligen Ausschusses berücksichtigt.672 Nun mag der Aspekt der fachlichen Ausschußkompetenz gerade als Argument dienen, um die auf das Selbstorganisationsrecht gestützte Übertragung parlamentarischer Beteiligungsvorbehalte zu begründen, da die Fachausschüsse regelmäßig besser in der Lage sein werden, den Inhalt eines vorgelegten Verordnungsentwurfs zu begutachten. 673 Es greift jedoch zu kurz, allein aus dem Umstand des in den Ausschüssen konzentrierten Sachverstandes auf die Sachgerechtigkeit der Ausschußbeteiligung beim Erlaß von Rechtsverordnungen zu schließen. Kritik ruft vor allem die starke Repräsentanz der Exekutive in den Ausschußsitzungen hervor, die auf dem parlamentarisch kaum beeinflußbaren, verfassungsrechtlich verbürgten Zutrittsrecht der Regierung und der von ihr beauftragten Ressortbeamten beruht. 674 Beachtet man, daß sich Ausschüsse zunehmend zu einer homogen Gruppe von Interessenvertretem oder zumindest Fachexperten entwickelt haben67S , führt der enge Kontakt der Ministerialbürokratie mit "ihrem" Ausschuß zu einer Vereinheitlichung der Wertungs- und Betrachtungsweise676 , die den Unterschied zwischen der verantwortlichen Regierung und dem kontrollausübenden Parlament verwischt677 • Die ermächtigungsgesetzliche Übertragung bindender Entscheidungsbefugnisse erlaubt es der Regierung, die Ausschüsse als Rückversicherung fiir die in eigener Verantwortung zu treffende Verordnungsentscheidung zu nutzen678 und sich damit letztlich auch von parlamentarischer Verantwortung freizustellen. Indem die Entscheidung über Zustinnnung oder Änderung eines Verordnungsentwurfs einem Ausschuß durch Rechtssatz abschließend und maßgebend über672 Wilfried Berg (FN 624), S. 27; Heinhard Steiger (FN 620), S. 127; Peter R. Dach, Das Ausschußverfahren nach der Geschäftsordnung und in der Praxis, in: Schneider/Zeh (Hrsg.), Parlamentsrecht und Parlamentspraxis in der Bundesrepublik Deutschland - Ein Handbuch, 1989, § 40 RN 13 tT., der instruktiv die unterschiedlichen Kriterien der Ausschußbesetzung darstellt und davor warnt, die Abgeordneten ausschließlich als Exponenten ihrer Sozialdaten zu begreifen, da neben der besonderen Beziehung zu bestimmten gesellschaftlichen Gruppen und Berufskreisen auch Aspekte der Karriereplanung oder des politischen Gewichts innerhalb der Fraktion den Ausschlag für die Tätigkeit in einem Ausschuß geben. 673 Rupert Scholz/Hans Bismark (FN 6), S. 127; Arnd Uhle (FN 97), S. 520. 674 Wolfgang Zeh (FN 600), § 39 RN 26; vgl. auch: Hartmut Maurer, Die Mitwirkung der Exekutive bei der Gesetzgebung: in: Bauer (Hrsg.), Entwicklungstendenzen des Allgemeinen Verwaltungsrechts und des Städtebaurechts, 1999, S. 109, 115, wonach der Einfluß der Ministerialbürokratie in den Ausschüssen zwar kaum meßbar und von Fall zu Fall verschieden sein wird, allerdings nicht ignoriert werden darf. 67S Heinhard Steiger (FN 620), S. 127. 676 Gunter Kisker (FN 90), S. 37. 677 Joachim Vetter (FN 627), S. 271; vgl. auch: Waldemar Schreckenberger, Gesetzgebung als Prozeß von Öffentlichkeit, in: Lüder (Hrsg.), Staat und Verwaltung, 1997, S. 180,201. 678 Vgl. dazu: Joachim Vetter (FN 627), S. 272. 9 Schwanengel

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F. Beteiligung von Parlamentsausschüssen

tragen wird, kann dieser das Gesamtparlament an seine Entscheidung und angesichts der Außenwirkung auch an die des Verordnungsgebers binden. Dies fiihrt fiir das Parlament als Ganzes zu einem Verlust an Kontrollmöglichkeiten und Gestaltungsmöglichkeiten, da die Sanktionsmittel parlamentarischer Kontrolle ausschließlich dem Plenum zustehen, dieses aber kaum in der Lage sein wird, die Regierung fiir eine Maßnahme verantwortlich zu machen, die sein Ausschuß zuvor formell gebilligt hat. 679 Die vorbehaltslose Übertragung von Zustimmungs- und Änderungsvorbehalten auf Parlamentsausschüsse birgt damit die Gefahr eines Pyrrhussieges in sich, die den Zugewinn sachkundiger Kontrolle des Verordnungserlasses mit einem Verlust parlamentarischer Verantwortung des Verordnungs gebers erkauft. 680 Dieser Befund verstärkt sich mit Blick auf das Arbeitsziel der Ausschüsse. Während die Beratungen der Ausschüsse der Erarbeitung sachlicher Lösungsvorschläge, der Detailerörterung und der Abstimmung mit den Fachverbänden dienen, steht beim Plenum die politische Richtung im Vordergrund, so daß dessen Arbeit weitaus stärker auf Integration und den Ausgleich divergierender Interessen gerichtet iSt. 681 Indem der Gesetzgeber Verordnungsermächtigungen mit einem parlamentarischen Beteiligungsvorbehalt versieht, verfolgt er das Ziel, in politisch sensiblen Bereichen eine Kontrolle über die delegierte Rechtsetzung zu behalten sowie das Manko inhaltlicher Bestimmtheit und die damit verbundenen DefIzite parlamentarischer Steuerung auszugleichen. 682 Die parlamentarische Mitwirkung an der Verordnungsgebung ist damit vorrangig auf die politisch gestaltende Einflußnalune der exekutiven Rechtsetzung gerichtet. Im Hinblick auf die Tätigkeit der Ausschüsse ist aber zu berücksichtigen, daß diese vielfach nicht von politischen Überlegungen geprägt ist, sondern häufIg in den Bannkreis bürokratischer Kategorien und Denkweisen gerät, so daß die Auffassung der Fachausschüsse nicht in jedem Fall mit der Mehrheitsmeinung des Gesamtparlaments übereinstimmen muß. 683 Außerdem stellt die Verlagerung umstrittener Sachfragen von der Koalitions- auf die Ausschußebene fiir die Regierung bisweilen ein probates Mittel dar, um eigene Vorstellungen zu forcieren 679 Joachim Vetter (FN 627), S. 134 f.; Wi/fried Berg (FN 624), S. 40 f., der darauf verweist, daß das Parlament zumindest politisch die Freiheit verliert, der Regierung wegen einer Entscheidung, die sie mit ausdrücklichem, gesetzlich vorgeschriebenen Einverständnis des zuständigen Ausschusses getroffen hat, das Vertrauen zu versagen oder das Mißtrauen auszusprechen. 680 Vgl. Rupert ScholziHans Bismark (FN 6), S. 128, tUr die der Fachausschuß lediglich eine zusätzliche kontrollpolitische Aufgabe übernimmt, die die Summe der parlamentarischen Zuständigkeiten nicht mindert, sondern mehrt. 68\ Joachim Vetter (FN 627), S. 140; Norbert Achterberg (FN 349), S. 681; Heinhard Steiger (FN 620), S. 140. 682 Vgl. Friederike Kraatz (FN 318), S. 245; Karl-Peter Sommermann (FN 16), S.434. 683 Joachim Vetter (FN 627), S. 275.

IV. Ausschußbeteiligung beim Verordnungserlaß

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und zumindest punktuell im endgültigen Verordnungstext unterzubringen. Wenn aber die parlamentsinterne Zuständigkeitsverlagerung nicht von der Zwecksetzung des Mitwirkungsrechts dispensieren kann684 und eine Ausschußentscheidung nicht die gleiche politische Wirkung besitzt wie eine solche, die im Plenwn verabschiedet wurde, erscheint auch unter diesem Gesichtspunkt die parlamentarische Plenarbeteiligung sachgerechter. Mit dem Arbeitsziel korreliert die Ausgestaltung des Arbeitsverfahrens. Während das Plenwn öffentlich tagt, beraten die Ausschüsse im allgemeinen nichtöffentlich. Die Verhandlungsöffentlichkeit ist Ergänzung des freien Mandats und gehört damit zur Repräsentationsfunktion des Parlaments, indem sie eine Information, nicht nur über die getroffene Entscheidung, sondern auch über deren Gründe, über ihr Zustandekommen und über die mitwirkenden Kräfte ermöglicht. 685 Die tradierte Nichtöffentlichkeit der Ausschußsitzungen sichert hingegen den notwendigen Freirawn fiir eine sachgerechte Entscheidungsfmdung, indem sie eine ergebnisoffene, konsensuale und durch gegenseitiges Nachgeben geprägte Diskussion ohne vordergründige Rücksichtnahme auf die das öffentliche Beratungs- und Abstimmungsverhalten bestimmende Partei- und Fraktionsstrategie erlaubt. 686 Bereits das quantitative und qualitative Gewicht nichtöffentlicher Ausschußsitzungen in Vorbereitung einer Plenarberatung wird seit jeher als latente Gefährdung und merkwürdiger Gegensatz des Erfordernisses parlamentarischer Publizität verstanden. 687 Will das Parlament im Rahmen seiner Geschäftsordnungsautonomie aber die Wahrnehmung endgültiger und außenwirksamer Zuständigkeiten aus dem Plenwn heraus verlagern und damit der dort gegebenen Öffentlichkeit entziehen, muß es Lösungen fmden, wn den Gedanken der Repräsentation und Transparenz des demokratischen Entscheidungsprozesses zu sichern. 688 Das im Demokratieprinzip verankerte Gebot öffentlicher Diskussion und Entscheidungsfmdung689 ist verfassungsexplizit zwar nur fiir die Verhandlungen des Plenums angeordnet, die ermächtigungsgesetzliche Einbindung der Parlamentsausschüsse in den Verordnungserlaß weist jedoch hinsichtlich der Zustimmungs- und Änderungsvorbehalte die Qualität eigener Entscheidungsbefugnisse auf. Diese können zwar die Beschlußfassung So: Thomas v. Danwitz (FN 38), S. 122. Heinhard Steiger (FN 620), S. 141; Joachim Linck, Die Parlamentsöffentlichkeit, ZParl. 1992, S. 673, 675. 686 Wolfgang Zeh (FN 600), § 39 RN 25; Heinhard Steiger (FN 620), S. 142; Norbert Achterberg (FN 349), S. 680; Wilfried Berg (FN 624), S. 28. 687 Vgl. Wolfgang Zeh (FN 600), § 39 RN 27; Hans-Peter Schneider, Das parlamentarische System, in: Benda/MaihoferNogel, HdBdVerfR, 2. Aufl. 1994, § 13 RN 64 ff. 688 Vgl. Konrad Hesse (FN 324), RN 575, für den die Verlagerung parlamentarischer Behandlung in die nichtöffentlich tagenden Ausschüsse eine demokratische Anteilnahme nicht zu vermitteln vermag. 689 BVerfGE 70, 324, 355. 684 685

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F. Beteiligung von Parlamentsausschüssen

des Verordnungsgebers nicht ersetzen, diesem aber rechtsverbindlich bestimmte Verhaltensweisen vorgeben, so daß für deren verfassungsrechtliche Zulässigkeit die Herstellung der Öffentlichkeit konstitutiv ist. 690 Muß die Einräumung bindender Beteiligungsvorbehalte aber dem Veröffentlichungseffekt691 der Beratung und Beschlußfassung Rechnung tragen, wird die fachpolitische Orientierung durch die allgemeinpolitische Perspektive ersetzt, wie sie dem Ziel derjenigen Beteiligungsvorbehalte entspricht, die dem Parlamentsplenum eingeräumt werden. Vor diesem Hintergrund ist die Frage nach der Statthaftigkeit einer Einbindung der Parlamentsausschüssen in die Verordnungsgebung differenziert zu beantworten. Als unbedenklich erweisen sich Konsultionsvorbehalte, da sie keine rechtlich verbindliche Einflußnahme des Ausschusses auf die Ausgestaltung einer Rechtsverordnung erlauben. 692 Überdies ist das Parlament im Falle einer Kenntnis- oder Begriindungsverordnung jenseits der schlichten Entgegennahme der verordnungsgeberischen Information zu keiner aktiven Meinungsbildung oder -äußerung aufgerufen693 , so daß eine ausdrückliche und gesetzlich ausschließliche Ausschußbeteiligung rechtlich zwar möglich erscheint, sachlich aber nicht geboten ist. Vielmehr ist es ausreichend, wenn der überstellte Verordnungsentwurf beziehungsweise dessen Begründung den Mitgliedern des Plenums als Landtagsdrucksache zur Kenntnis gegeben wird, zumal eine eingehendere Beratung des vorgelegten Verordnungsentwurfs im zuständigen Fachausschuß durch Überweisung der Vorlage oder im Rahmen einer selbständigen Befassung nicht ausgeschlossen ist. 694 Die aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung erfolgende parlamentarische Anhörung stellt ihrer Rechtsnatur nach einen parlamentarischen Realakt dar, der jenseits der Konsultationspflicht ebenfalls zu keiner rechtlichen Bindung des Verordnungsgebers an die Auffassung des Parlaments fiihrt. 695 Von daher ist es zulässig, wenn die parlamentarische Stellungnahme zu den verordnungsgeberischen Ansichten und dem Inhalt der geplanten Verordnung dem für die fragliche Regelungsrnaterie fachlich kompetenten Parlamentsausschuß übertragen wird. Ebensowenig wie die Stellungnahme zu einer Inpflichtnahme des Verordnungsgebers fiihrt, vermag die Übertragung 690 So ausdrücklich auch die Befürworter einer Ausschußbeteiligung: Arnd Uh/e (FN 97), S. 522 f; Thomas v. Danwitz (FN 38), S. 122. 691 Gunter Kisker (FN 90), S. 47 f 692 So auch die herrschende Meinung im Schrifttum: Rupert ScholziHans Bismark (FN 6), S. 129; Ste/an Studenroth (FN 170), S. 536 f.; Albert Hüser (FN 123), S. 173 f 693 Vgl. Arnd Uhle (FN 97), S. 214. 694 Hinsichtlich der Beratung nicht überwiesener Angelegenheiten des eigenen Geschäftsbereichs ist jedoch zu beachten, daß das Selbstbefassungsrecht der Ausschüsse nur eine Berichterstattung, nicht jedoch ein Vorschlags- oder Antragsrecht gegenüber dem Plenum umfaßt. Vgl. dazu: Heinhard Steiger (FN 620), S. 132 fT. 69S Vgl. Arnd Uhle (FN 97), S. 212.

IV. Ausschußbeteiligung beim Verordnungserlaß

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des Anhörungsrechts das Parlamentsplenum an die Entscheidung seines Ausschusses zu binden. Auch wenn die Anregungen und Bedenken des Ausschusses eine faktische Bedeutung besitzen, rechtlich vermittelt die Ausschußanhörung weder eine die Parlamentsbefugnisse einschränkende noch die exekutive Verordnungsentscheidung legitimierende Wirkung. Diese auf Landesebene vorherrschende Praxis erscheint vielmehr sinnvoll, um eine auf unentbehrlicher Detailinformation beruhende Erörterung und Abstimmung exekutiver und parlamentarischer Positionen zu ermöglichen. Anders als die Konsultationsverordnung oder die Übertragung im Eigenbereich des Parlaments fUhrt die gesetzliche Delegation von Zustimmungs- und Änderungsvorbehalten zu einer ausschließlichen und endgültigen Entscheidungsbefugnis des Ausschusses. An die Stelle einer Willensäußerung des Plenums tritt der Wille eines Gremiums, das im Hinblick auf seine andersartige Funktion und Organstruktur nicht in der Lage ist, die mit der parlamentarischen Beteiligung verfolgte Durchsetzung des gesetzgeberischen (Plenar-)Willens im exekutiven Konkretisierungsbereich zu sichern. Als unzulässig erweist sich damit die errnächtigungsgesetzliche Übertragung von Zustimmungs- und Änderungsvorbehalten, weil diese rechtsverbindliche Einwirkungsbefugnis zu einer endgültigen und damit konstitutiv-entscheidenden Beteiligung des jeweiligen Ausschusses fUhrt. 696 Da die Ausschüsse aber nicht an die Stelle des Plenums treten können, muß sich ihre Tätigkeit auf das Parlament selbst beziehen. In diesem Sinne erscheint eine Mitwirkung des zuständigen Fachausschusses an der Vorbereitung der auf einfachem Parlamentsbeschluß beruhenden Plenarentscheidung sachgerecht, um den Inhalt und die Detailregelungen eines vorgelegten Verordnungsentwurfs zu begutachten und begründete Formulierungsvorschläge fiir die parlamentarisch gewünschten Änderungen zu unterbreiten. Will der Landtag sicherstellen, daß Zustimmungs- oder Änderungsbeschlüsse nicht unvorbereitet zustande kommen, könnte er dies durch eine geschäftsordnungsrechtliche Zuweisung der Vorbereitungstätigkeit dokumentieren. 697

Gunter Kisker (FN 90), S. 37; sowie im Ergebnis: Stefan Studenroth (FN 170), S. 536. Eine entsprechende, allerdings auf die rechtsfOrmliche Prüfung beschränkte, Regelung enthält § 33 VI BayGeschO (GVBI. 1985, S. 705 i.d.F. vom 16.7.1997, GVBI. S. 423). Danach prüft der Ausschuß für Verfassungs-, Rechts- und Parlamentsfragen als endberatender Ausschuß alle zustimmungsbedürftigen Rechtsverordnungen auf ihre Verfassungs- und Gesetzmäßigkeit. 696

697

G. Zusammenfassung Das Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip weist grundsätzlich dem parlamentarischen Gesetzgeber die Aufgabe der Rechtsetzung zu und bestehen auf dem Vorrang des formellen Gesetzes. Gleichwohl wäre eine Monopolisierung der Rechtsetzung beim Parlament eine wirklichkeitsfremde Vorstellung, weshalb die Verfassung dem Gesetzgeber den Weg einer partiellen Übertragung von Rechtsetzungsgewalt auf die Exekutive eröffuet. Als abgeleitete (derivative) Rechtsquelle ist die Rechtsverordnung Ausdruck einer delegierten, von der Legislative der Exekutive verliehenen Rechtsetzungsmacht. Dabei klaffen Regelungsbedarf des Gemeinwesens und Regelungskapazität des Gesetzgebers zunehmend auseinander, weshalb die Staatspraxis in die flexiblere Regelungsform der Rechtsverordnung ausweicht und den Verlust legislativer Steuerungskraft durch eine parlamentarische Einflußnahme auf die Verordnungsgebung zu kompensieren versucht. Die Strukturen der abgestuften Geltungs- und Kompetenzordnung sind fiir den Bereich des Grundgesetzes in Art. 80 GG determiniert. Auch die Verfassungen der Länder enthalten fiir ihren Kompetenzbereich Regelungen zur Verordnungsermächtigung, die sich jedoch nicht immer mit den grundgesetzlichen Ermächtigungsvoraussetzungen decken. So wie Art. 80 GG selbst nur eine modifIzierte Form der Gewaltenteilung zum Inhalt hat, erscheint eine abweichende Ausformung im Lichte des Homogenitätsprinzips des Art. 28 I GG grundsätzlich zulässig, soweit diese sich im Rahmen der fundamentalen, aber konkretisierungsfähigen und -bedürftigen Strukturprinzipen der Verfassung hält. Demnach ist eine andersartige Regelung des Kreises möglicher Ermächtigungsadressaten unbedenklich, während das in Art. 80 I S. 2 GG kodifIzierte Bestimmtheitsgebot als Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips auch fiir den Landesgesetzgeber verbindlich ist und sich im Kern bereits aus dem allgemeinen Vorbehalt des Gesetzes ergibt. Die in einigen Landesverfassungen ausdrücklich normierte oder auf einfachem Parlamentsbeschluß beruhende Pflicht der Landesregierung zur Unterrichtung des Parlaments über geplante Verordnungsvorhaben erklärt sich zunächst aus der in Art. 80 IV GG enthaltenen Kompetenz zum Erlaß verordnungsvertretender Gesetze. Diese Vorschrift ermöglicht es dem Landtag, die bundesgesetzlich erteilte Ermächtigung der Landesregierung zum Erlaß von Rechtsverordnungen an sich zu ziehen und durch Gesetz auszufüllen. Als derivative Rechtsetzung im Bereich der Gesetzgebungskompetenzen des Bundes ist damit keine Erweiterung materieller Gestaltungsspielräume auf Landesebene verbunden.

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Die kompetentielle wie inhaltliche Abhängigkeit von der bundesgesetzlichen Ermächtigung ist überdies mit dem Leitbild des Gesetzes als originärer Rechtsetzung im eigenen Kompetenzbereich unvereinbar und läßt die Länderparlamente zu Ausfiihrungsorganen des Bundes werden. Lediglich innerhalb der Länder kann die Regelung des Art. 80 IV GG eine Stärkung der Parlamente gegenüber der Regierung bewirken. Daneben existiert eine Vielzahl weiterer parlamentarischer Einflußformen, wobei zwischen der Einflußnahme durch Gesetz und einer Mitwirkung an der Verordnungsgebung aufgrund ermächtigungsgesetzlich begründeter Beteiligungsvorbehalte zu unterscheiden ist. Während das Parlament bei der Einflußnahme durch Gesetz in seiner Legislativfunktion aktiviert wird, erfolgt die Ausfüllung der parlamentarischen Beteiligungsvorbehalte durch schlichten Parlamentsbeschluß. Die Grundtypen der Kenntnis-, Zustimmungs-, Änderungs- und Aufhebungsvorbehalte lassen sich dabei nach dem Maß ihrer Beteiligungsintensität in eine Stufenfolge einordnen, die Ausgangspunkt für die Beurteilung ihrer verfassungsrechtlichen Zulässigkeit ist. Neben der Zustimmungsverordnung fmden sich auf Landesebene vor allem Kenntnis- und Anhörungsrechte als adäquate Form einer auf Bundesebene unbekannten Beteiligung von Parlamentsausschüssen. Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit einer Verordnungsänderung durch Gesetz erklärt sich aus dem Vorrang des Gesetzes, wonach die Übertragung der Rechtsetzungsbefugnis auf die Exekutive kein Kompetenzverlust des Gesetzgebers bewirkt. Dabei ist die gesetzesrangige ,,Änderung" von Rechtsverordnungen als Verfahrensweise zu interpretieren, die nicht unmittelbar in den Normbestand der betreffenden Verordnung eingreift, sondern mittelbar über das Vorrangprinzip bislang geltendes Verordnungsrecht verdrängt. Beachtenswert sind zudem sogenannte "Entsteinerungsklauseln", die eine gesetzesrangige Änderungsbestirnrnung dem erneuten Zugriffsrecht des Verordnungs gebers unterstellen. Wegen der Nachrangigkeit des Verordnungsrechts können sie indes keine Befugnis der Exekutive zum Erlaß gesetzesändernder Rechtsverordnungen begründen. Die "gesetzesverdrängende" Wirkung beruht vielmehr auf einer mit der gesetzlichen Ermächtigung verbundenen Subsidiarität des Gesetzesbefehls. Zulässigkeitsschranken für die parlamentarische Beteiligung an der Verordnungsgebung ergeben sich aus der verfassungsrechtlichen Zuordnung der ermächtigungsgesetzlich begründeten Verordnungskompetenz zur Exekutive und der damit korrespondierenden Verantwortung für das exekutive Regelwerk. Entgegen der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts stellt die Verankerung parlamentarischer Teilhaberechte auch kein ,,Minus" zur uneingeschränkten Delegation der Rechtsetzungsbefugnis dar. Diese Argumentation beruht auf der formellen Zurechenbarkeit des Verordnungsbeschlusses und verkennt, daß der nach außen bestehenden Verantwortung des Delegatars ein interner Entschei-

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dungs- und Gestaltungsspielraum entsprechen muß. Die Zuordnung von Kompetenz und Verantwortung für die Verordnungsgebung fordert, daß die Exekutive trotz Bindung an den parlamentarischen Beteiligungsakt in Ausübung ihrer Letztentscheidungskompetenz über die Übernahme des Resultats dieses Mitwirkungsaktes eigenverantwortlich befmden kann. Unbedenklich sind demnach Konsultationsvorbehalte, wie die auf Landesebene favorisierte Anhörung in Gestalt des ,,Benehmens", da sie auf Vermittlung sachlicher Positionen ohne Festlegung des Kompetenzträgers zielen. Hingegen erscheint die These von der qualitativen Andersartigkeit parlamentarischer Zustimmungsvorbehalte als bloßer Wirksamkeitsvoraussetzun~ und parlamentarischer Änderungsvorbehalte als inhaltlicher Gestaltungsbefugnis unplausibel. Während der Änderungsvorbehalt das Parlament in den Stand versetzt, unmittelbar auf den Inhalt einer Rechtsverordnung Einfluß zu nehmen, geschieht dies bei Zustimmungsvorbehalten über den konstruktiven Umweg antizipierter Zustimmung. Diese Maßgabebeschlüsse sind jedoch selbst nur Ausdruck einer effektiven Verfahrensgestaltung. so daß bereits der Vorbehalt der Zustimmung das Potential in sich trägt, den Ermächtigungsadressaten zu einer parlamentarisch gewünschten Form des Verordnungserlasses anzuhalten. Zu einer verfassungswidrigen Aufhebung exekutiver Letztentscheidungsbefugnis kommt es indes nur bei gleichzeitiger Pflicht zum Verordnungserlaß, weil sich der Verordnungsgeber andernfalls in Wahmehmung seines verordnungsgeberischen Willens zur Übernahme der parlamentsbeschlossenen Änderungen entscheiden oder sich auf den Nichterlaß des Verordnungsentwurfs zurückziehen kann. Soweit der Gesetzgeber jedoch - ausdrücklich oder konkludent - einen Verordnungserlaß gebietet, ist in beiden Fällen eine mit dem Kompetenzgefüge der Verordnungsgebung unvereinbare, rechtsetzende Mitautorschaft des Parlaments ermächtigungsgesetzlich angelegt, so daß bereits der Vorbehalt eines Zustimmungs- oder Änderungsrechts verfassungswidrig ist. Die ermächtigungsgesetzliche Verankerung parlamentarischer Beteiligungsformen läßt sich überdies nicht als eine kompetenz- und legitimationsvermittelnde Verfahrensform abbilden, bei der die parlamentarische Mitwirkung an der Verordnungsgebung zu einem Ausgleich delegationsrechtlicher BestimmtheitsdefIzite führt. Hierbei wird der AusgleichsWÜfdigkeit eines defIzitären Rechtszustandes eine Rechtfertigungsfunktion zugewiesen, ohne die Ausgleichsfähigkeit des verfassungsrechtlich verankerten Bestimmtheitsgebots zu beachten. Soweit die Gesetzeskomplettierung auf einem praktisch unvermeidbaren RegelungsdeflZit beruht, ist bereits ein Kompensationsbedürfuis fraglich, da die sachmaterienhaft erzwungene Offenheit der Delegationsnorm unter vorbehaltsrechtlichem Aspekt grundsätzlich nicht zu beanstanden ist. Die nachträgliche Parlamentsbeteiligung ist auch in funktioneller Hinsicht kein Äquivalent zur V orwirkung der gesetzlichen Ermächtigung und der dabei zu erfüllenden Be-

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stimmtheitserfordernisse, da sie zu einer Umwidmung der gesetzgeberischen Leitentscheidung in eine parlamentarische Folgeentscheidung fiihrt. Auch lassen sich die Beteiligungsrechte des Parlaments nicht mit einem Zugewinn demokratischer Legitimation rechtfertigen, da sich die Verfassung bei der Ausgestaltung des Demokratieprinzips der Funktionenordnung als Bauplan seiner Legitimationsstruktur bedient, so daß auch nur jene Akte demokratisch legitimiert sind, die in Übereinstimmung mit dieser Struktur vollzogen werden. Da das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot durch das Formgebot der gesetzlichen Ermächtigung ergänzt wird, in dessen Rahmen sich die besondere demokratische Funktion des Parlaments realisiert, kann der Vorbehalt des Gesetzes auch nicht in einen Vorbehalt zugunsten des Parlaments als Organ und Entscheidungsträger uminterpretiert werden. Verzichtet der Gesetzgeberaber aber auf seine originäre Rechtsetzungsfunktion zugunsten einer bloßen Kontrolle der verordnungsrangigen Regierungsvorlage, wird letztlich der Weg für eine weitere Selbstentmachtung des Parlaments gebahnt. Während die Einbindung des Parlaments in die Verordnungsgebung auf Bundesebene ausschließlich in der Form der Beteiligung des Parlamentsplenums erfolgt, wird die Wahrnehmung parlamentarischer Beteiligungsvorbehalte auf Landesebene häufig den Parlamentsausschüssen übertragen. Diese ermächtigungsgesetzliche Zuständigkeitsverlagerung stützt sich auf das Recht der Selbstorganisation, das jedoch nicht schrankenlos gilt, sondern durch den Vorrang der im demokratischen Repräsentationsprinzip verankerten Plenarentscheidung begrenzt wird. Da eine Übertragung von Aufgaben und Befugnissen des Plenums auf seine Ausschüsse verfassungsrechtlich weder ausdrücklich erlaubt noch grundsätzlich verboten ist, erweist sich das Erfordernis der funktionsgerechten und organadäquaten Aufgabenzuordnung als entscheidendes Zulässigkeitskriterium für die parlamentsinterne Delegation prinzipiell statthafter Beteiligungsvorbehalte. Es greift jedoch zu kurz, allein aus dem Umstand des in den Ausschüssen konzentrierten Sachverstandes auf die Sachgerechtigkeit der Ausschußbeteiligung beim Erlaß von Rechtsverordnungen zu schließen, da die Zuständigkeitsübertragung nicht von der Zwecksetzung des Mitwirkungsrechts dispensiert und die Ausschüsse im Hinblick auf ihre andersartige Funktion und Organstruktur nicht in der Lage sind, die mit der parlamentarischen Beteiligung verfolgte Durchsetzung des gesetzgeberischen (Plenar-)Willens im exekutiven Konkretisierungsbereich zu sichern. Vor diesem Hintergrund erweisen sich die in der Praxis vorherrschenden Konsultationsvorbehalte als unbedenklich, da sie keine rechtlich bindende Einflußnahme des Ausschusses auf die Ausgestaltung einer Rechtsverordnung erlauben und damit weder eine die Parlamentsbefugnisse einschränkende noch die exekutive Verordnungsentscheidung legitimierende Wirkung besitzen. Hingegen führen Zustimmungs- und Änderungsvorbehalte zu einer ausschließlichen und für das Gesamtparlament konstitutiven Entscheidungsbefugnis, die mit Blick auf Zusammensetzung, Arbeitsziel und Arbeits10 Schwanengel

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weise der Ausschüsse eine Verkürzung parlamentarischer Repräsentanz und einen Verlust von Kontroll- und Gestaltungsmöglichkeiten des Parlaments als Ganzes bewirken, so daß die gesetzliche Einräumung bindender Ausschußvorbehalte unzulässig ist.

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Stichwortverzeichnis Änderungsgesetz 41 Änderungsvorbehalt - Rechtscharakter 53, 73 jJ. - Zulässigkeit 76 f., 129 f., 133 Anhörungsvorbehalt - Benehmen 44 f. - Rechtscharakter 44 - Zulässigkeit 70 f., 132 f. Aufhebungsvorbehalt - Rechtscharakter 54 - Zulässigkeit 72 f. Ausfilhrungsverordnung 22 f. Ausschüsse 112, 115 jJ. - Arbeitsverfahren 131 f. - Arbeitsziel130 f. - Aufgaben 117 f. - Besetzung 128 f. - Beteiligungsfonnen 115 - Entscheidungsbefugnisse 121 - Organisation 116 f. Ausschußvorbehalte 119 f., 126 f., 129 f., 132jJ.

Delegation 12 f., 17, 19,38,55, 83f. - bedingte 62 ff. - derivative 12jJ., 33,40,66,82 - kooperative 61 Delegationsverbot 91 Demokratieprinzip 91 f., 104 jJ.

Bestimmtheitsgebot 18jJ.,25 f., 58 f. (siehe auch Verordnungsennächtigung) - Bestimmtheitsdefizite 90 f., 94 - Bestimmtheitsfonneln 20 ff. - Bestimmtheitsgrad 19 ff., 29, 94 - Bestimmtheitstrias 21 ff. - Landesrecht 22 ff. Beteiligung, parlamentarische 14,30,60, 62,91,101, 108 f. - Beteiligungsfonnen 38 f., 42 f. - Beteiligungsintensität 42 f., 44 - Zulässigkeit 65 ff.

Gesetzgeber 19, 58 - Entlastung 24, 53 - Landesgesetzgeber 35 f. - Leitentscheidung 13,33,67,85, 101 f. Gesetzgebung, verordnungsvertretende 32 ff. Gesetzgebungskompetenz 35, 55 Gesetzgebungsverfahren 112 Gestaltungsfreiheit - des Gesetzgebers 17,35 - des Verordnungsgebers (a.a.O.)

Einflußnahme, gesetzliche 40 f., 55 jJ. Einheit, funktionale 83 f., 87 EntsteinerungsklauseI4lf., 57 jJ. Ennächtigungsadressaten 16 jJ., 59 - Erstdelegatare 16 f., 34 - Landesrecht 17 f. - Subdelegation 17 Exekutivföderalismus 118 f. Fonnenstrenge 74, 109 ff. Funktionengliederung 13, 24, 66 f., 107 f., 110 (siehe auch Gewaltenteilungsprinzip ) Funktionsgerechtigkeit 127 ff.

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Stichwortverzeichnis

Gewaltenteilungsprinzip 12 f., 15,61, 65 jJ. (siehe auch Funktionengliederung) Homogenitätsprinzip 15,22 f., 24 Informationspflicht, exekutive 30 jJ.. 37 f. Kenntnisvorbehalt - Rechtscharakter 43 f. - Zu lässigkeit 70, 132 Kompensation 90 jJ.. III - Begriff 93 f. - Kompensationsbedürfuis 93, 94 jJ. - Kompensationswirkung 93, 98 jJ. Kompetenzabgrenzung 20 f., 66 f., 85 Kompetenzordnung 11 f., 61, 93 Kompetenzvermischung 68 f., 75 f. Landesgesetz 17, 34 Landesparlament 32 f., 37,118 f. Landesregierung 17 Landtagsausschüsse (siehe Ausschüsse) Legitimation, demokratische 13,91 f., J04jJ. - Legitimationsformen 105, 108, 109 Maßgabeschluß (siehe Zustimmung, antizipierte) Mitentscheidungsgewalt, parlamentarische 53, 63 f., 65, 74 Mitwirkung / -entscheidung (siehe Beteiligung) Opposition 112 f. Parlamentsbeschluß 14,46,53, 73, 74 f., III f. Parlamentsgesetz 24, 34 Parlamentssuprematie 29, 110 f. Parlamentsvorbehalt 25 f. Plenarvorbehalt 115, 122

Rechtssicherheit 56, 74 Rechtsstaatsprinzip 12,22 f., 60, 67, 106f. Regelungsdichte 13 f., 103 Regelungsmaterie 20, 22, 59, 97 Regierungsvorlage 103 Repräsentationsprinzip 125 f., 128 f. Schulrecht 45, 52, 95 f. Selbstorganisationsrecht, parlamentarisches 121 f., 129 Steuerungsmodell, neues 50 Verantwortungszurechnung 62, 68, 76 Verordnung, gesetzesmodifizierende 57 Verordnungsänderung 40 f., 55 f., 57 jJ. Verordnungsbefugnis 14 f., 80 Verordnungserlaß 14, 53 - Erlaßpflicht 40, 77, 79, 82 ff, 86 - Wirksamkeitsvoraussetzung 43, 46 Verordnungsermächtigung 13, 15ff, 38, 53, 59 (siehe auch Bestimmtheitsgebot) - Auslegung 84, 87 - Begriff 82 - Entlastungsfunktion 99, 101 f. - Ermächtigungserfordemisse 21 f., 99 f. - Programmierungsfunktion 99,101 Verordnungsgeber 19,29,41,65 - Entscheidungsbefugnis 69 f., 76 f., 79 f., 85 - Entschließungsfreiheit 82, 84 J, 88 - Gestaltungsfreiheit 19 f., 22 f., 80ff, 82,84 Verordnungskompetenz 66jJ., 76 f., 80 Vetovorbehalt 46 Vorbehalt des Gesetzes 20 f., 24 f., 27 Vorrang des Gesetzes 12,55 f., 58, 88 Wesentlichkeitstheorie 24 ff. 91, 109 f. Zuständigkeitsverlagerung, parlamentsinterne 120 f., 125

Stichwortverzeichnis Zustimmungsvorbehalt - Funktion 49 f. - Rechtscharakter 46 f., 72 - Zu lässigkeit 77 jJ., 129 f., 133

- Zustimmung, antizipierte 47,53,78, 103, 115 Zweckprogrammierung 21 f., 100

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