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German Pages 274 [276] Year 1983
de Gruyter Lehrbuch Jacobs • Einführung in die Kombinatorik
Konrad Jacobs
Einführung in die Kombinatorik
w DE
G
Walter de Gruyter Berlin • New York 1983
Dr. rer. nat. Konrad Jacobs Professor für Mathematische Statistik am Mathematischen Institut der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nümberg
Meinem verehrten Lehrer Wilhelm Maak
CIP-Kurztitelaufnähme der Deutschen Bibliothek Jakobs, Konrad: Einführung in die Kombinatorik / Konrad Jacobs. Berlin ; New York : de Gruyter, 1983. (De-Gruyter-Lehrbuch) ISBN 3-11-008736-7
© Copyright 1983 by Walter de Gruyter & Co., vormals G. J. Göschen'sche Verlagshandlung. J. Guttentag, Verlagsbuchhandlung. Georg Reimer, Karl J.Trübner, Veit & Comp., Berlin 30. Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Photokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Printed in Germany. Satz: Tutte Druckerei GmbH, Salzweg-Passau. Druck: Druckerei Gerike GmbH, Berlin. Bindung: Lüderitz & Bauer Buchgewerbe GmbH, Berlin.
Vorwort
Es gibt verschiedene Arten, Kombinatorik zu lernen. Will man Berufs-Kombinatoriker werden, so kann man z.B. (1) dem in der Rota-Schule gepflegten Trend zur Systematisierung kombinatorischer Schlußweisen folgen (Rota [1975]; sowie Aigner [1976/76], [1979], Graver-Watkins [1977]) oder (2) versuchen, Kombinatorik im indisch-israelisch-ungarischen Stil (liebevoll-dynamisches Stellen und Lösen von Einzelproblemen im Lichte großer Leitideen) zu treiben und zur Einübung etwa das Buch von Loväzs [1979] durcharbeiten. Das Literaturverzeichnis (S. 259) gibt einen Einblick in die Fülle der veröffentlichten Lehrbücher und Monographien. Das vorliegende Buch schließt soweit wie möglich an das Bändchen von Ryser [1963] an. Es wendet sich nicht so sehr an zukünftige Berufskombinatoriker, sondern vor allem an Mathematiker jeder Arbeitsrichtung, die einen knappen, vielseitigen Einblick in die Kombinatorik gewinnen und mit bescheidenem technischem Aufwand schnell an eine Vielzahl berühmter Resultate herankommen wollen. Damit sind insbesondere Studenten und auch Gymnasiallehrer angesprochen (die Kombinatorik wird wegen ihres Reizes und ihrer Direktheit in Zukunft eine wachsende Bedeutung im Schulunterricht haben). Ich habe deshalb, bildlich gesprochen, versucht, einen möglichst kleinen Kuchen mit möglichst vielen Rosinen zu backen. Die Themenauswahl ist aus dem Inhaltsverzeichnis ersichtlich. Kürzer behandelt sind einige Themen, die an sich nicht zum klassischen Themenkanon der Kombinatorik gehören, z.B. das Diktatorproblem und einige Symmetrie-Eigenschaften der Morse-Folge 01101001 . . . . Der Versuchung, immer das allgemeinste mögliche Resultat zu beweisen, habe ich zu widerstehen gesucht. Auch auf die Einführung vereinheitlichender Begriffe (z.B. Inzidenzstruktur) habe ich absichtlich verzichtet. Die Kombinatorik ist bunt und soll bunt bleiben. Ich habe vor allem nach dem Typischen getrachtet. So lernt man z. B. die typische Arbeitsweise der Ray-Chaudhuri-Schule hier zweimal, bei der vollständigen Widerlegung der Eulerschen Vermutung über orthogonale lateinische Quadrate und bei der vollständigen Behandlung des Kirkman'schen Schulmädchenproblems im Falle der Dreierreihen, gründlich kennen. Dagegen habe ich die umfassenderen Existenzsätze für Blockpläne und auflösbare Blockpläne nur zitiert und nicht bewiesen. Verschiedene Großgebiete der modernen Kombinatorik - Graphentheorie, endliche Geometrie, Code-Theorie, Blockplan-Theorie - werden nur in typischen, aber, wie ich hoffe, gründlichen Kostproben vorgeführt; jedes dieser Gebiete würde ein eigenes Studium erfordern. Eine Reihe kombinatorischer Themen mußte aus Platzgründen entfallen (z.B. Such-Theorie, Matroid-Theorie, Fluktuationstheorie, Gittergas-Kombinatorik, topologische und wahrscheinlichkeitstheoreti-
6
Vorwort
sehe Methoden, Hadamard-Matrizen, und auch die Permanententheorie, die mit dem Beweis der van-der-Waerden-Vermutung durch Egorychev [1981] und Falikman [1981] soeben einen schönen Schritt vorwärts getan hat, konnte ich nur streifen). An verschiedenen Stellen habe ich Resultate aus anderen mathematischen Theorien genutzt, aus der Gruppentheorie, aus der Theorie der endlichen Körper, aus der elementaren Zahlentheorie, aus der Funktionentheorie. Diese Resultate werden am betr. Ort durch hoffentlich ausreichende Erläuterungen herangeholt. Zwecks Pflege des Familiensinns unter Mathematikern habe ich das Literaturverzeichnis, soweit möglich und tunlich, mit Vornamen und Lebensdaten ausgestattet. Ich hoffe, es sind mir keine Fehler unterlaufen. Zur Bezeichnung: Satz III.5.1 bedeutet: Satz 5.1 aus Kap. III § 5. Das Symbol • bezeichnet das Ende eines Beweises. Zahlreichen Freunden und Kollegen bin ich zu Dank verpflichtet. Mein Doktorvater, Herr Wilhelm Maak, dem ich dies Buch widme, hat mir vor langen Jahren einen ersten Zugang zur Kombinatorik eröffnet. Fachkundigen Rat haben mir vor allem Thomas Beth, Hillel Furstenberg, Dietrich Kölzow, Klaus Leeb, Volker Strehl und Benji Weiss gegeben; Maria Reményi hat den Text kritisch gelesen und verbessert. Für die Herstellung der Reinschrift danke ich den Sekretärinnen des Erlanger Mathematischen Instituts, voran Frau Helga Zech, und dem Verlag de Gruyter für die sorgfaltige publikatorische Betreuung und die gute Zusammenarbeit. Erlangen, April 1983
Konrad Jacobs
Inhalt
Kap. I. Das kleine Einmaleins der Kombinatorik §1. Mengen §2. Einfache Anzahlaussagen 1. Allgemeines 2. Die Formel | = |M||y| 3. Die Formel = «! 4. Die Formel \N\ = n =>
13 17 17 17 18 = Q
=
§ 3. Das Prinzip von der Ein- und Ausschließung 1. Das Prinzip der Ein- und Ausschließung für beliebige Gewichtsfunktionen 2. Zahlentheoretische Anwendungen der Siebformel 3. Das Menageproblem 4. Permanenten
19 23 24 26 28 30
Kap. II. Der Heiratssatz und seine Verwandten §1. Der Heiratssatz [1935] § 2. Zum Heiratssatz verwandte Sätze 1. Die Sätze von König [1916] und Dilworth [1950] 2. Die logische Äquivalenz des Heiratssatzes, des Satzes von König und des Satzes von Dilworth a) Aus dem Heiratssatz folgt der Satz von König b) Aus dem Satz von König folgt der Heiratssatz c) Aus dem Satz von Dilworth folgt der Satz von König d) Aus dem Satz von König folgt der Satz von Dilworth 3. Verwandte Ergebnisse a) Ein direkter Beweis des Satzes von Dilworth (nach Harper-Rota [1971]) b) Ein Resultat von Sperner [1928 a] 4. Der Satz von Menger [1927] 5. Unendliche Heiraten § 3. Das Schnitt-Fluß-Theo rem von Ford-Fulkerson [1956] 1. Einleitung 2. Orientierte Graphen 3. Netzwerke 4. Flüsse und Kapazitätsverteilungen
33 36 37 38 38 39 40 40 42 42 43 44 46 48 48 49 50 50
8
Inhalt
5. 6. 7. 8. 9.
Schnitte Flußmaximierung Das Schnitt-Fluß-Theorem [1956] Herleitung des Heiratssatzes aus dem Schnitt-Fluß-Theorem Der Satz von Baranyai [1975]
52 53 53 56 58
Kap. III. Orthogonale lateinische Quadrate § 1. § 2. § 3. §4. § 5.
Problemstellung und Historisches Grundbegriffe und einfache Existenzaussagen Normierung lateinischer Quadrate. N(n) ^ n — 1 N(ps) =p°- 1 N(p? ... psq>») = min {/>',!- 1 1} (MacNeish [1922]) § 6. Auflösbare orthogonale (k, w)-Anordnungen § 7. Ein Lemma von Ray-Chaudhuri § 8. Widerlegung der Euler'schen Vermutung
63 65 67 69 69 72 73 75
Kap. IV. Der Satz vom Diktator §1. Einleitung § 2. Mächtige Familien § 3. Auswege
77 79 83
Kap. V. 0-1-Folgen § 1. Die Morse-Folge 01101001 §2. Fastperiodizität
85 89
Kap. VI. Der Satz von Ramsey § 1. Die klassische, finite Version des Satzes von Ramsey [1930] § 2. Die unendliche Version des Satzes von Ramsey
93 97
Kap. VII. Die Sätze von van der Waerden [1926] und Hales-Jewett [1963] §1. § 2. § 3. §4.
Arithmetische Progressionen Schöne Mengen Der Satz von van der Waerden [1926] Umformungen des Satzes von van der Waerden 1. Die finite Version des Satzes 2. Die Interpretation der finiten Version als Färbungsproblem § 5. Zurückführung der chromatischen Version des Satzes von van der Waerden auf einen allgemeineren Satz
101 101 102 102 102 103 104
Inhalt §6. Beweis von Satz 5.1 § 7. Historische Bemerkungen 1. Die Vermutung von Erdös und Turän [1936] und der Satz von Szemeredi [1975] 2. Die Untersuchungen von Schur [1916], Rado [1933] und Deuber [1973] §8. Das Hales-Jewett-Theorem [1963] 1. Bezeichnungen 2. Formulierung des Hales-Jewett-Theorems 3. Beweisplan für das Hales-Jewett-Theorem 4. Beweis von (11) 5. Beweis von (12)
9 105 107 107 109 112 112 112 113 114 116
Kap. VIII. Codes §1. §2. § 3. §4.
Einleitung Sofort entzifferbare und eindeutig entzifferbare Codes Fehlerentdeckende und fehlerkorrigierende Codes Elemente der algebraischen Code-Theorie 1. Vorbemerkungen 2. Grundlegende Aussagen über Codes a) Allgemeine Anzahlabschätzungen für Codes b) Lineare Codes c) Hamming-Codes d) Zyklische Codes und Polynomideale 3. BCH-Codes
117 117 121 127 127 127 127 131 133 134 136
Kap. IX. Projektive Ebenen §1. Einleitung 1. Allgemeines 2. Einfache Anzahlaussagen 3. Ein Satz über Polaritäten §2. Das Freundschaftstheorem von Erdös-Renyi-S6s [1966] 1. Problemstellung 2. Ein Beispiel 3. Das Theorem von Erdös-Renyi-Sös [1966] § 3. Das Nichtexistenz-Theorem von Bruck-Ryser [1949]
139 139 140 141 144 144 145 146 148
Kap. X. Blockpläne §1. Einleitung §2. Definitionen und erste Beispiele §3. Grundlegende Anzahlaussagen
155 156 159
10
Inhalt
§4. Beispiele von (ggf. auflösbaren) Blockplänen §5. Kompositionssätze § 6. Allgemeine Lösung des Kirkman-Problems
161 167 174
Kap. XI. Partitionen § 1. §2. § 3. §4.
Grundbegriffe Erzeugende Funktionen Erzeugende Funktionen von Partitions-Anzahlen Euler's Pentagonalzahlen-Theorem
181 182 183 186
Kap. XII. Pölya's Abzähltheorie §1. §2. § 3. § 4. §5.
Einleitung Der Zyklenindex einer Permutationsgruppe Der Satz von Burnside Der Satz von Polya Alkohole 1. Bäume und Strünke 2. Abzählung der Alkohol-Muster nach Polya
197 197 201 203 206 207 208
Kap. XIII. Kombinatorische Betrachtungen topologischen Ursprungs §1. §2. § 3. §4. § 5.
Einleitung Das Königsberger Brückenproblem Der Euler'sche Polyedersatz Der Fünffarbensatz Hamilton'sche Kreise 1. Einleitung 2. Die Sätze von Dirac und Ore 3. Der Satz von Posa § 6. Das Sperner'sche Lemma
211 211 214 216 222 222 224 224 228
Kap. XIV. Spiele auf Graphen §1. Einleitung §2. Das Kuhn'sche Gleichgewichts-Theorem für Baumspiele § 3. Spiele vom Typ „Nimm" 1. Eine einfache Variante des Nimm-Spiels 2. Das klassische Nimm-Spiel 3. Spiel-Graphen a) Spiel-Graphen b) Kerne von Spiel-Graphen c) Grundy-Funktionen
231 231 234 234 235 237 237 238 239
Inhalt
11
Kap. XV. Spezielle Folgen von ganzen Zahlen §1. § 2. § 3. § 4. § 5. § 6. § 7. § 8. §9.
Einleitung Die Fibonacci-Zahlen Die Rencontre-Zahlen Die menage-Zahlen Die Bell'schen Zahlen Die Partitionszahlen Die Catalan'schen Zahlen Die Stirling-Zahlen 2. Art Die Stirling-Zahlen l . A r t
Literatur Register
243 244 245 247 248 249 251 253 256 259 269
Kap. I. Das kleine Einmaleins der Kombinatorik
§ 1. Mengen Die Kombinatorik beschäftigt sich überwiegend mit endlichen Mengen. Das Unendliche kommt aber sogleich ebenfalls in die Kombinatorik hinein, weil sie Sätze zu beweisen sucht, die für Mengen ohne Beschränkung der Mächtigkeit ( = Element-Anzahl) gelten. Ferner bedient sich die Kombinatorik manchmal analytischer, topologischer oder stochastischer Methoden, wodurch sie es mit den reellen und den komplexen Zahlen oder auch mit topologischen Räumen zu tun bekommt; dieser Fall tritt besonders dann ein, wenn man sog. asymptotische Aussagen beweisen will. Schließlich lassen sich manche Fragestellungen und Ergebnisse der Kombinatorik von endlichen auf unendliche Mengen übertragen. In diesem Buch steht die Kombinatorik der endlichen Mengen im Vordergrund. Wo dieser Rahmen überschritten wird, werden wir die benötigten Hilfsmittel per Zitat ausdrücklich, aber ohne Beweis bereitstellen. Aber auch beim Umgang mit endlichen Mengen werden wir uns Resultate aus anderen Gebieten der Mathematik, insbesondere aus der Algebra der endlichen Körper und der Theorie der endlichen Gruppen - wieder per Zitat ohne Beweis - zunutzemachen. Wir setzen voraus, daß der Leser über gewisse Grundkenntnisse aus der naiven Mengenlehre, d. h. über Mengen und Abbildungen, verfügt. Es geht also nur noch darum, an gewisse Begriffsbildungen aus dieser Theorie zu erinnern und Bezeichnungen festzulegen. Die gesamte Kombinatorik ist, wie praktisch jeder Zweig der Mathematik, mit Hilfe der Begriffe „Menge" und „Abbildung" formulierbar. Die weiteren Abschnitte dieses Kapitels haben u. a. den Zweck, dies an einfachen Beispielen zu demonstrieren; dadurch soll insbesondere klar werden, daß zum Verständnis der Kombinatorik kein kombinatorischer Sonderverstand erforderlich ist; dennoch werden wir später die konsequente Formulierung kombinatorischer Aussagen rein mit Hilfe der Begriffe „Menge" und „Abbildung" oft nicht voll durchführen, nämlich dann, wenn eine andere, z. B. verbale Ausdrucksweise nach unserer Meinung besser geeignet ist, das Gemeinte klarzumachen. Von einem gewissen Stadium der Beschäftigung mit der Kombinatorik an sollte der Leser imstande sein, mengentheoretischen Klartext selbstständig herzustellen, falls er dies wünscht. Folgende Mengen werden uns ständig besonders beschäftigen: IKI
= {1, 2, 3 , . . . } = die Menge der natürlichen Zahlen.
Z
= { 0 , 1 , - 1 , 2 , - 2 , ...} = {.. . , - 1 , 0 , 1 , . . . } = die Menge der ganzen Zahlen
Z + = {0,1, 2 , . . . } = {n\neZ,«
^ 0}
= [Kl u {0} = Menge der ganzen Zahlen ab 0
14
Kap. I. Das kleine Einmaleins der Kombinatorik
Das Kongruenzenrechnen (mod m) in (Nl und Z wird als bekannt vorausgesetzt. Ferner benötigen wir immer wieder:
= die Menge (auch: der Körper) der rationalen Zahlen (wobei wir eigentlich Äquivalenzklassen von Brüchen meinen, die Klassenbildung aber meist nicht explizit benützen) IR
= die Menge (auch: der Körper) der reellen Zahlen.
C
= die Menge (auch: der Körper) der komplexen Zahlen.
GF(q) = der endliche Körper mit q Elementen (q = Primzahlpotenz). Mengen mit genau r ( e Z + ) Elementen heißen auch r-elementige Mengen oder rMengen. Die leere Menge 0 ist die einzige O-Menge. Ist M eine Menge und reZ+, so bezeichnet ^ß (M) die Menge aller Teilmengen von M einschließlich der leeren Menge 0 ^3r(M) die Menge der r-elementigen Teilmengen von M. Man nennt
(M) auch die Potenzmenge von M.
n oo Die Mengenverknüpfungen u , n und Symbole wie (J Mj, Q Mk, (J Ml werden J=1 k=l ,eI als bekannt vorausgesetzt. Sind N, M Mengen, so nennt man M\N
= {x\x e M, x £ N) die Differenz von M und N (in dieser Reihenfolge)
MA N = (M\N) u (N\M) =
(MvN)\(MnN)
die symmetrische Differenz von M und N. Eine Menge von Mengen wird auch als ein Mengensystem bezeichnet. Eine Abbildung einer nichtleeren Menge / in eine Menge wird auch als eine Familie bezeichnet. I heißt dann die Indexmenge der Familie. Ist xt das Bild von i e I bei dieser Abbildung, so schreibt man die Familie auch
(*.).«/• Bei speziellen I verwendet man auch andere Schreibweisen: (xj)je{ 1,2} = (*i> x 2 ) foiteu
((geordnetes) Paar)
„) = (Ji, • • •, y„)
(n-tupel, «-Vektor)
§1. Mengen
uz+ = (zo> z1,...)=z0z1... WmeZ
=(...,«/_!,
M0, «!,...)
15
(Folge) = ... U_1U0U1 ...
(Folge)
u. dgl. Dies alles gilt insbesondere bei Mengenfamilien, d. h. Abbildungen einer Indexmenge in eine Menge von Mengen. Ist 931 eine nichtleere Menge von Mengen, so bezeichnet ( J M die Vereinigung aller Mengen aus 9JÎ, d. h. die Menge aller Elemente, die in mindestens einer Menge M e 931 vorkommen
A/e3R
H M den Durchschnitt aller Mengen aus 93?, d. h. die Menge aller Elemente, die in jeder Menge Me ICH vorkommen.
m6/ von / in ¡ei
ieI => x,e Mt. Hierbei heißt Mi auch der N,g:N^>P, so ist durch g°f:M->P,(gof)(x)= g(f(xj) (x e M) die Hintereinanderausföhrung oder das Produkt g°f der Abbildungen / und g („erst/dann g") definiert. Die Permutationen von M bilden mit diesem Produkt eine Gruppe, die man mit Su (bei M = {1,..., n} auch mit S„) oder perm (M) bezeichnet und die symmetrische Gruppe von M (oder: über n Elementen) nennt.
§ 2. Einfache Anzahlaussagen 1. Allgemeines Ist M eine Menge, so bezeichnet \ M\ die Anzahl ihrer Elemente. Der Kurz-Ausdruck „\M\—m" bedeutet ausführlich „M ist eine Menge und hat genau m Elemente". \M\ = 0 ist mit M = 0 gleichbedeutend. Für nichtleere M, N gilt \M\ = genau dann, wenn es eine Bijektion M N gibt. Eine Menge M heißt endlich, wenn es keine Injektion / \M -* M mit f(M) + M gibt (Dedekind'sche Definition der endlichen Mengen (Dedekind 1888)). M + 0 ist genau dann endlich, wenn es ein n e INJ und eine Bijektion M -* {1,..., n) gibt. Es gilt dann \M\ = n. Ist M nicht endlich, so schreiben wir | M\ = oo und kümmern uns nicht um die Unterscheidung verschiedener unendlicher Mächtigkeiten. Alle Anzahl-Untersuchungen der Kombinatorik kommen im Prinzip mit folgenden Grundtatsachen aus: (I) Gibt es zwischen zwei Mengen eine Bijektion, so haben sie gleichviele Elemente. (II) MnN = 0 => |AfuAT| = \ M\ + |JV| , kurz: bei disjunkter Vereinigung addieren sich die Mächtigkeiten. (III) | Af x JV| = | Af| -1 JV|, kurz: bei cartesischer Produkt-Bildung multiplizieren sich die Mächtigkeiten. Übung 2.1. Mittels vollständiger Induktion beweise man (II) und (III), und dehne beide Aussagen auf beliebigviele Mengen aus.
2. Die Formel \MN\ = |M||1V| resultiert aus der Verallgemeinerung von (III) auf N cartesische Faktoren als Spezialfall (lauter gleiche Faktoren). Durch geschickte Interpretation dieser Formel
18
Kap. I. Das kleine Einmaleins der Kombinatorik
gewinnen wir den Satz 2.2. Eine n-Menge besitzt genau 2" Teilmengen: \M\ = h =>
= 2".
Beweis. Aus |{0,1}| = 2 und \M\ = n folgt |{0,1} M | = 2" Die Elemente von {0,1}M sind die sämtlichen Abbildungen x von Min {0,1}. Die Zuordnung x^Ex
= {k\keM,x(k)
= i}
ist eine Bijektion zwischen {0,1}M und (die Elemente von {0,1}M sind die sog. Indikatorfunktionen von Teilmengen von M). Nach (I) sind wir fertig. •
3. Die Formel |S„| = «! beweist man am besten, indem man allgemeiner die Frage „Wieviele Injektionen einer Menge M in eine Menge N gibt es?" behandelt. Satz 2.3. Sei \M\=m,\N\ Injektionen von M in N.
= n,m ^n. Dann gibt es genau n(n — 1)...(« — m + 1)
Beweis. Wir setzen Induktion über m an. Ist m = 1 ^ n, so ist genau ein Element abzubilden; als Bilder stehen die n Elemente von N zur Verfügung; die gesuchte Anzahl ist n = n — 1 + 1, wie behauptet. Angenommen, man ist für m — 1 fertig und hat nun \M\=m, \N\ = n^. m > 1. Wir wählen ein beliebiges Element j0 e M und zerlegen die Menge I der Injektionen von M in N disjunkt: h = {f\f -M^N
injektiv, /(/ 0 ) = k} (keN)
Diese Zerlegung hat n Bestandteile. Bestandteil Ik ist durch die Abbildung „Einschränkung auf M\{/ 0 }" bijektiv auf die Menge der Injektionen von M\{j 0 } in N\{k} bezogen. Man hat \M\{j0} | = m - 1, |N\{k) \ = n - 1. Nach Induktionsannahme und (I) gilt also | Ik \ = in — 1)... (« — m + 1). Nach (II) folgt nun \I\ = n • {n — 1)... in — m + 1), d. h. die Behauptung. • Corollar 2.4. Für n = 1,2,... gilt |SJ = « ! = * ( « - ! ) . • • 2-1
§ 2. Einfache Anzahlaussagen
19
Beweis. Hier ist M = N und die Injektionen sind - im wesentlichen nach der Dedekind'schen Definition der Endlichkeit - Bijektionen. • Wir haben beim obigen Beweis die Zurückführung aller Beweismittel auf (I), (II), (III) bis auf das formale Anschreiben gewisser Abbildungen vollständig durchgeführt, damit der Leser einmal an einem Beispiel sieht, wie man das macht. In Zukunft werden wir uns oft einer kürzeren Ausdrucksweise bedienen. In dieser kürzeren Ausdrucksweise nimmt obiger Beweis etwa folgende Form an: wir können M = {1,..., m] annehmen; für die Abbildung von 1 bestehen n, für die Abbildung von 2 dann noch n — 1,..., für die Abbildung von m dann noch n — m + 1 Möglichkeiten; also ist die gesuchte Anzahl n(n — \)... (n — m +
4. Die Formel
= n => |%(A0I = Q
=
k,("[k)'-
Mittels naheliegender Bijektionen und (I) sieht man: die Mächtigkeit von = {M\M ^N, \M\ — k} hängt nur von k und der Mächtigkeit von N ab. Satz 2.5. Ist \N\ = n,0^k^n,so
(1)
=
gilt
n\ k\(n — k)\
Beweis durch Induktion nach n. Für n = 0 sind beide Seiten = 1. Angenommen, n > 0 und man ist für n — 1 (und alle k mit 0 ^ k ^ n — 1) schon fertig. Sei nun | M | = n. Der Fall k = 0 erledigt sich trivial (beide Seiten von (1) sind = 1). Sei nun 0 < k ^n. Wir wählen ein j0eN und zerlegen disjunkt in folgende zwei Mengen P, Q: P = {M\M SN, \M\ = k, j0 e M} Q = {M\M czN, \M\ = Pist durch M
M\{j0} bijektiv auf
k,j0£M}. t
(M\{j0}) bezogen, hat also nach (I) und
Induktionsannahme die Mächtigkeit — — P . Q ist tyk(N\{j0}), hat also (k — 1)! (n — k)\ nach Induktionsannahme die Mächtigkeit - — ~ — — . Nach (II) bekommen k\(n — 1 — k)\ wir (n — 1)! (k — 1)!(« — £)! (n-i)\(k + n-k) k\(n-k)\
(n — 1)! k\(n — A: — 1)!
_ n\ ~ k\(n — k)\ *
20
Kap. I. Das kleine Einmaleins der Kombinatorik
Man schreibt traditionell « F i ) i = 0 setzt noch
(•si„«s»s»),
= 0 für k > n, und nennt die (j^j Binomialkoeffizienten. Natürlich
gilt ( ^ j = ^ "
Die obige Rechnung enthält die Aussage
®
fclMVK)
Diese ermöglicht die sukzessive Berechnung der
durch einen Algorithmus, der
mit bloßen Additionen auskommt und wegen einer gern benutzten Schreibanordnung das Pascal'sehe Dreieck genannt wird: in
:) ° g ,o) (?) )G ;) G ) 0 G )
3
o )
U - i ;
;)
v k )
(:)
U - i
w
(;)
sind die randständigen y ^ j gleich 1 und sonst jedes ( ^ j die Summe seiner beiden oberen Nachbarn ^
^
und ^ ^
Dieser Algorithmus hat zudem den fn\
Vorteil, sofort die Ganzzahligkeit der I
I zu liefern, die man der Formel
n\ n\ k) I = k\(n — ,— k)\ ja nicht unmittelbar ansieht. Numerisch ergibt sich für die ersten
§2. Einfache Anzahlaussagen
21
6 Zeilen des Pascal'schen Dreiecks 1 1 1 1 1
1
1 3 4
2
1 3
6
5
10
1 4
10
1 5
1
Diese Überlegungen legen es nahe, unsere Theorie andersherum aufzuzäumen. Man definiert zunächst die ( j ^ j rekursiv mittels des Pascal'schen Dreiecks (also (2)) /n\ n\ und beweist dann rekursiv mittels (2) die Formel I , I = —— —-. Sodann be\kj k!(n — k)l trachtet man im Pascal'schen Dreiecks-Schema von der Spitze aus absteigende „Zickzackpfade" w
/ •
•
•
•
\ /
••• •
\
• •••
•
Ein bis zur (n + l)-ten Etage herabführender Zickzackpfad wird eineindeutig durch eine Folge von n Anweisungen „links", „rechts" festgelegt. Kam genau fc-mal „rechts" vor, so landet der Pfad an der
vorbehaltenen Stelle. Eine Folge von n
Anweisungen „links", „rechts" entspricht eineindeutig einer Teilmenge von {1,..., «}, nämlich der Menge {j\ 1 ^ n, diey'-te Anweisung lautet „rechts"}. Damit ist die Menge der bei
landenden Zickzackpfade bijektiv auf
... ,n}) bezogen. Nun beweist man rekursiv, daß diese Anzahl gerade ( " \k ist: stimmt es für n — 1, so nehme man sich ^ ^ vor und teile die dort landenden Zickzackpfade in diejenigen, die mit „links", und diejenigen, die mit „rechts" eintreffen, ein. Es ergibt sich (2), woraus die Behauptung folgt. Offenbar haben wir
•
22
Kap. I. Das kleine Einmaleins der Kombinatorik
damit alle Ergebnisse von Satz 2.5 inclusive (2) aufgesammelt und noch Informationen über Zickzackpfade hinzugewonnen. Übung 2.6. Man beweise durch Induktion mittels (2) den sog. binomischen Lehrsatz (3) Anmerkung 2.7. Setzt man in (3) a = 1 = b, so steht
da, d. h. ein neuerlicher Beweis für Satz 2.2. Übung 2.8. Man beweise durch Induktion: Ist n > 0, r > 1, und sind « ! , . . . , «P > 0 mit «j -+- ... -+- « r — « gegeben, so gibt es genau
disjunkte Zerlegungen einer «-Menge in eine «j-Menge, eine « 2 -Menge,..., eine «rMenge. (Man nennt die Zahlen (4) auch Multinomialkoeffizienteri). Übung 2.9. Man beweise den sog. Multinomialsatz (a1+...
+ar)-=
n\ X nj Xäo nr20 «j! ...«,! «1 +... +«r = «
Übung 2.10. Man beweise (« = 1 , 2 , . . . (« = 0 , 1 , . . . (« = 1 , 2 , . . . (« = 2, 3 , . . .
§3. Das Prinzip von der Ein- und Ausschließung
°
(ngerade)
(:)(:) 2
n 0)
= ( nh)
->(")
(WUnSerade)
Übung 2.11. Man beweise: I s t p eine Primzahl, so sind
^
d u r c h p teilbar.
Übung 2.12. Sei |iV| = n, re N. Sei Nr={f\f:N^Z
+
, I / ( A ) = r}. keN
Man beweise fn W
=
l
+
r —
n - \
1\
fn
)
\
+
r — 1 r
(Hinweis: ( ^ (ist die Anzahl der Möglichkeiten, unter n + r — 1 in einer V n - 1 ) Reihe aufgestellten Gegenständen n— 1 Stück zu „Scheidewänden" zu ernennen). Übung 2.13. Seien ne IN, blyb2,... e Z + , b + 2 b + ... = n. Man bestimme die Anzahl derjenigen Permutationen aus S„, die genau bt Fixpunkte, genau b2 Zweierzyklen, genau b3 Dreierzyklen,... besitzen. i
2
§ 3. Das Prinzip von der Ein- und Ausschließung Sei AT eine Menge von n Elementen. Seien P ,..., P Eigenschaften von Elementen von N. Oft ist es von Interesse, herauszufinden, wieviele der Elemente von N genau s ( g r ) von diesen Eigenschaften haben. Eine Methode, dies Problem exakt zu formulieren, geht so: sei 1
r
Ne = {k\k e N, k hat die Eigenschaft Pe}. Für jede Teilmenge M von N definiere _ f l für 1m(
(0 für
k
e
M
k $ M
24
Kap. I. Das kleine Einmaleins der Kombinatorik
die sog. Indikatorfunktion von M. Unser obiges Problem besteht darin, die Mächtigkeit der Menge {*i i
=
8=1
zu bestimmen. Im ersten Unterabschnitt dieses Paragraphen lernen wir eine Lösungsformel für ein etwas verallgemeinertes Problem kennen, in den darauffolgenden Unterabschnitten verschiedene Anwendungen.
1. Das Prinzip der Ein- und Ausschließung fiir beliebige Gewichtsfunktionen Sei | JV| = n e IM und K ein Körper. Wir wählen eine Abbildung w : N -* K und nennen für jedes k e N das Element w(k) von A"das Gewicht von k. Wird auch als Gewichtsfunktion bezeichnet. In vielen Anwendungen ist K = (Q und w — const = 1. Für jedes M ^N sei w(M) = £ w(k) keM das sog. Gewicht von M (bei w). Satz 3.1. Sei\N\ = neM,reKN1 s = 0 , 1 , . . . , r sei
Nr £ N undf=
lNl + ... +
Für jedes
Se s, k e E, das w(k) rechts in (*) mit dem Gesamtfaktor 0 dasteht. Nun ja, es taucht bei der Bildung von W(t +1),..., fV(n) gar nicht auf, bei der Bildung von W(t) genau einmal, bei der Bildung von W(t — 1) genau ^ Bildung von W(s) genau I
' ^ - m a l , . . . , bei der
1-mal. Das ergibt rechts in (*) bei w(&) für dies k einen
Gesamtfaktor + Nun rechnet man für s ^ k ^ / t\(k\_
i!
kl
k ) \ s ) ~ k!(t-k)!s!(k-s)!
(t-s)!
e!
i!(/ - i)!(? - k)!((/ - s) - (t - k))\
so daß unser Gesamtfaktor die Gestalt t- s
t-s\
,
t-s
0 erhält. Nach dem binomischen Lehrsatz ist diese eckige Klammer = (1 — 1)' = 0 (t > s), wie gewünscht. • Corollar 3.2. Unter den Voraussetzungen von Satz 3.1 ist {**)
w(N\ (J Ne) = ^ ( 0 ) - W{ 1) ± ...+(e= i
l) r W(r)
Bemerkung 3.3. Spezialisiert man sich auf w = const = 1, so geht (**) in (A)
\N\i)Ne\=£ e=i
£ ,=o s
n! rr
gilt und Gleichheit nur für "1 n
1 n
A= '
eintritt. Diese Vermutung wurde von Egorychev [1981] und Falikman [1981] bewiesen.
Kap. II. Der Heiratssatz und seine Verwandten
§ 1. Der Heiratssatz [1935] Der Heiratssatz ist ein Satz über gewisse eineindeutige Zuordnungen, die man als Verheiratungen interpretieren kann (Eineindeutigkeit = Monogamie). Dieser Satz wurde 1935 von Hall [1935] bewiesen. Gleichzeitig bewies Maak [1935] einen gleichstarken Satz. Nachträglich stellte sich heraus, daß der Heiratssatz implizit bereits in einem Satz von König [1916] aus dem Jahre 1916 enthalten war. Die Bezeichnung „Heiratssatz" und die entsprechende Interpretation stammt von Weyl [1949], der im Folgenden wiedergegebene Beweis von Haimos-Vaughan [1950] (vgl. auch Maak [1950]). Beim Heiratssatz hat man es mit folgender Situation zu tun. Gegeben sind zwei endliche Mengen D ( = Menge der „Damen") und H (Menge der „Herren"). Ist jedem de D eine Teilmenge F(d) von //zugeordnet, so sagt man, es sei ein Befreundungssystem /"gegeben. Man interpretiert F(d) als Menge der Freunde der Dame d. Mathematisch ist ein Befreundungssystem nichts weiter als eine Abbildung F :D ^ß (//)• Eineindeutige ( = injektive) Abbildungen h : D H werden auch Heiraten genannt; man stellt sich vor, daß die Dame dden Herrn h(d) heiratet; die Injektivität ist als Monogamie zu interpretieren. Man sagt, die Heirat h : D H sei mit dem Befreundungssystem F : D ( / / ) verträglich, wenn jede Dame einen ihrer Freunde heiratet, wenn also h(d)e F(d) (de D) gilt. Man sagt, die Befreundung F erfülle die Bedingung P ( = „Party-Bedingung"), wenn auf keiner von einigen Damen veranstalteten Party Herrenmangel herrscht, d.h. wenn (/>)
I U F(d)\^\D0\
(D0^D)
de D0
gilt. Es gilt nun der Satz 1.1. (Heiratssatz [1935]). Seien D, H endliche Mengen. Dann sind für jedes Befreundungssystem F : D (H) folgende Aussagen äquivalent: 1. Es gibt mindestens eine mit F verträgliche 2. Es gilt die Bedingung P. Beweis. 1. => 2. Sei h eine mit F : D jedes D0 ^D
Iu
de Oq
Heirat.
(H) verträgliche Heirat. Dann folgt für
u {A(l;
1. Wir führen den Beweis durch Induktion nach der Anzahl \ D\ der Damen. Für \ D\ = 1, etwa D = {d} ist | FC*/) | ^ \d\ = 1 laut Bedingung P, also kann man durch Wahl eines beliebigen h e F(d) und Festsetzung h(d) = h eine mit /"verträgliche Heirat h definieren. - Angenommen \D\^2 und 2. => 1. ist in allen Fällen mit < | D | Damen schon bewiesen. Sei f e i n die Bedingung Perfüllendes Befreundungssystem. Fall I. Die Bedingung P ist in folgendem Sinne übererfüllt : (*)
0+Do^D
| U F ( d ) l è l A > l + lìbDq
Dann wählen wir d0eD beliebig und wählen irgendein h0 e F(d0). Das geht wegen |.F(i/0)| 2; |ì/ 0 | + 1 = 2 (Spezialfall von (*)), sogar auf mindestens 2 Arten. Wir stellen uns vor, wir hätten Dame d0 mit Herrn h0 bereits verheiratet und stünden nun vor der Aufgabe, die verbliebenen Damen mit Freunden + h 0 zu verheiraten. Hierzu wenden wir die Induktionsannahme auf D' = D0\ H' = H\ {h0}, F'(d) = F(d) n H' an. Das geht, weil das Befreundungssystem F' : D' -* & (//') tatsächlich die Bedingung P erfüllt: 0 *D'0 S D ' => | (J F'(d)| deD'o U F(d)]\{h0}\^ deD'o
\ U Hd) 1 - 1 deD'o
nach (*). Also gibt es eine mit F' verträgliche Heirat h' : D' -» H'. Durch k
^
\h0 [h'(d)
für d= d0 für d+ d0
entsteht nun eine mit F verträgliche Heirat h : D -* H. Fall II. Es gibt ein 0 * D 0 £ D mit D0 4= D und | (J deDf
=
Natürlich können wir wegen |D 0 | < |Z)| die Induktionsannahme auf D0, H0 = (J F(d), F0 = Einschränkung von F auf D0 anwenden, denn die Bedingung P ist de D0 für F0 erfüllt, weil sie für F gilt. Wir erhalten eine mit F0 verträgliche Heirat h0 :D0^> H0. Nun bilden wir Dx = D \ D 0 , H^ = H\H0, Fi (d) = F(d)\H0(de D^). Wir können wegen | Dt \ < \ D | auch hier die Induktionsannahme anwenden, wenn es uns gelingt, auch für Fy die Bedingung P nachzuwei-
§1. Der Heiratssatz [1935]
35
sen. Angenommen, P ist für F1 nicht erfüllt. Dann gibt es ein 0 =1= D10 £ Z)x mit lAol >1 U deD
Dann aber bilden wir
D = D
0
u D
i 0
und finden
io
i u F(d)\ = i u deD
m v
deDQ =
\ H
0
u
m i
deD IQ
u [
U deD10
= |H0v
U
F ( d ) \ H
0
] \
tmx^oll
deD10
= |ä 0 I + I U deD10 |£>| mindestens
r\
1/)|);
verschiedene mit F verträgliche Heiraten. Übung 1.3. Man beweise: Sei F : D -* &(H) ein Befreundungssystem mit (nP)
\
|J
F ( d ) \ ^ n \ D
0
\
( D
0
^ D ) .
de Do
Dann gibt es mindestens eine Abbildung h : D -* & (H) mit folgenden Eigenschaften: 1)
d + d '
=> h ( d ) n h ( d ' ) = 0
2)
\h(d)\ = n
3)
h(d) ^F(d)
( d e D )
(deD)
(Hinweis: Man ver-n-fache jede Dame).
(„Harem-Theorem")
36
Kap. II. Der Heiratssatz und seine Verwandten
Übung 1.4. Man zeige: ist G eine endliche Gruppe und U eine Untergruppe von G, so besitzen die linken und rechten Nebenklassen von G nach U ein gemeinsames Repräsentatensystem (Miller [1910]). (Hinweis: Man interpretiere die linken Nebenklassen als „Damen", die rechten als „Herren" und spreche von Freundschaft, wenn Dame n Herr == | 0). Übung 1.5. Sei ß eine nichtleere, nicht notwendig endliche Menge und T ^ ^ ( ß ) so beschaffen, daß es C/j,..., UneT mit ß = L^ u . . . u t/„ gibt (man denke etwa an offene Überdeckungen eines Kompaktums). Man setze N = min {n \ es gibt Uu...,
Un eT
mit
l/,u...ut/„=i3}
und nenne V ^ T minimal, wenn (J U=Q,
\U\ = N
VeU
gilt. Man zeige: sind U,V c T minimal, so gibt es Durchzählungen V = {U1 UN}, V = {V1?..., VN} mit i / 1 n K 1 + 0 , . . . , [ / J v n K J V * 0 . (Hinweis: Man nenne Ue V und Ve V befreundet, wenn Un F=#0 ist). Übung 1.6. Sei P = (Pjk)jik =i Eigenschaften: Pjk = ® ¿ ^
t=l
(J,k =
= i = tp„ ¡=1
„ eine n-reihige quadratische Matrix mit folgenden \,...,«) C / , / = 1,---,»)
(„doppelt-stochastische Matrix"). Man zeige: es t : { 1 , . . . , n} -* { 1 , . . . , « } (d.h. eine Bijektion) mit P
J,rU)>°
gibt
eine
Permutation
0 ' = 1. • •>")•
(Hinweis: Man setze D = {1, ...,n} = H und nenne j, k befreundet, falls Pjk > 0 ist; man wende den Heiratssatz an; mit Hilfe des obigen Ergebnisses beweist man leicht den bekannten Satz, daß die Permutationsmatrizen die Extremalpunkte der Menge der doppeltstochastischen Matrizen sind).
§ 2. Zum Heiratssatz verwandte Sätze Der Heiratssatz ist ein tiefes und reizvolles mathematisches Resultat. Es ist aber zugleich eine von mehreren Varianten eines Grundgedankens, der eine heute „matching theory" genannte umfassendere mathematische Theorie beherrscht: unter gewissen Bedingungen lassen sich zwei Gegensätze vereinen (vgl. die Monogra-
§ 2. Zum Heiratssatz verwandte Sätze
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phien Harper-Rota [1971] und Mirsky [1971]). In diesem Abschnitt wollen wir einen Teil der weiteren Varianten dieses Gedankens kennenlernen: die Sätze von König [1916] und Dilworth [1950]. Wir werden zeigen, daß der Heiratssatz, der Satz von König und der Satz von Dilworth logisch äquivalente Aussagen sind. Im nächsten Abschnitt werden wir das Schnitt-Fluß-Theorem von Ford-Fulkerson [1956] beweisen und den Heiratssatz nochmals aus ihm herleiten. Weitere Resultate des gegenwärtigen Abschnitts sind der Menger'sche Satz (Menger [1927]) und die unendliche Version des Heiratssatzes.
1. Die Sätze von König [1916] und Dilworth [1950] Der erste Satz, den wir zu dem Heiratssatz in Beziehung setzen wollen, ist der Satz von König [1916]. Er entstammt der Graphentheorie. König (1884-1944) hat 1936 die erste Monographie über Graphentheorie publiziert. Wir werden sehen, daß sein Satz zum Heiratssatz logisch äquivalent ist. Wenn man so will, hat also König 1916 bereits ein Äquivalent des 1935 von Hall [1935] (vgl. auch Maak [1935]) bewiesenen Heiratssatzes zutage gefördert. Um den Satz von König zu formulieren, stellen wir das benötigte Minimum an Grundkenntnissen aus der Graphentheorie zusammen. Seien A, E zwei endliche, disjunkte, nichtleere Mengen. Die Mengen {a, e} mit aeA,eeE bezeichnen wir als ^-¿•-Kanten. Ist A^eine Menge von ¿4-£-Kanten, so wird das Tripel (A, E, K) als ein zweigeteilter (engl, bipartite) Graph bezeichnet. Ist (A, E, K) ein zweigeteilter Graph, so heißt a) eine Menge S ^A uE ein Schnitt für (A, E, K), wenn {a, e}eK=> {a,e}nS+0 gilt. Wir setzen s(A,E,K) = min {| S \ | S ist ein Schnitt für (A, E, K)}. b) eine Menge L ^ K ein Lattenzaun für (A, E, K), wenn die Mengen aus L paarweise disjunkt sind. Wir setzen / ( A , E, K) = max {|L| \L ist ein Lattenzaun für ( . A , E , K ) } . Der Satz von König lautet nun Satz 2.1.(König [1916]) Sei (A, E, K) ein zweigeteilter Graph. Dann gilt s(A,E,K)
=
l{A,E,K).
Ein weiterer Satz, der sich als logisch äquivalent zum Heiratssatz erweisen wird, wurde 1950 von Dilworth publiziert. Er handelt von halbgeordneten Mengen. Wir erinnern kurz an die Grundbegriffe der Theorie der Halbordnungen. Sei Xeine nichtleere Menge. Teilmengen R von X x Xheißen auch Relationen in X. Wir wollen hier statt R auch g und statt (x, y)eR auch x