Eine juristische Studie als Beitrag zu dem erwarteten Gesetz über das Vormundschaftswesen [Reprint 2021 ed.] 9783112396827, 9783112396810


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German Pages 79 [82] Year 1875

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Eine juristische Studie als Beitrag zu dem erwarteten Gesetz über das Vormundschaftswesen [Reprint 2021 ed.]
 9783112396827, 9783112396810

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Itiitii »ach altländisch-Prenhischem Rechte der Rormund eines Minderjährigen ans dessen Bermägcn ein Familienfideieommih errichte», 11116 cv. welche Formen sind zu beobachte», «m dir Errichtung für den Minderjährigen verbindlich zu machen?

Eine

als Beitrag

zu dem erwarteten Gesche über das Vormundschastswesen von

Heinrich Walter, Rechtsanwalt und Notar.

---- «OjftiOO

Bersin, 1875. Verlag von I. Guttentag.

(D. Collin.)

Dem Unter-StaatS-Sekretair im Justiz-Ministerium,

Wirklichen Geheimen Ober-Justizrathe

Herrn Dr. Heinrich Friedberg, Ritter hoher Orden

dankbarst

gewidmet.

Borwort.

Das Privatrccht weiset eine ansehnliche Reihe

eigenthümlich

gearteter Vermögensrechte auf, welche die wissenschaftliche Doctrin

„höchstpersönliche" zu nennen pflegt.

Dieselben haben theils Ver-

mögensverhältnisse 311111 Gegenstände, welche ein menschliches wußtsein und Handeln Seitens des

Erhaltung,

oder individuelle

Be­

ihrer

Berechtigten selbst zu

Willensbestimmung

zu

ihrer Be­

gründung unmittelbar voraussetzen, als: das Besitzrecht nebst den

possessorischen Rechtsmitteln, das Widerrussrccht bei Schenkungen, die actiones quae vindictam Spirant, die testamenti factio und

bergt. —, theils betreffen sie solche besondere Verhältnisse,

Vortheile oder Nachtheile für den leiblichen

welche

Menschen bezweckm,

wie z. B. alle persönlichm Privilegien oder das Nießbrauchsrecht. Die Zahl dieser

Rechte ist bisher ebensowenig ausreichend

stimmt, wie das eigentliche Wesen

berselben und

Beschaffmheit noch lange nicht hinlänglich aufgeklärt sind.

rechtswisfenschaftlichm

Xiamen

verdanken

diese

Ihren

Rechte lediglich

einem sehr äußerlichen Kennzeichen, nämlich dem Umstande,

sie

be­

ihre besondere

daß

der Regel nach von der Person des Inhabers nicht getrennt,

also auch auf Andere nicht

übertragen werden können,

sondern

beim Tode des Bcrechtigtm mit seiner Person untergehen, erlöschen

oder verschwinden, können.

und

mithin

auch nicht

hinterlassen werden

Das Preußische Landrecht spricht von ihnen als Rechten,

VI gewissen Stande,

einem

„welche nur der Person, —

Gewerbe anhaften, — antieben, — oder daran

Welche Rechte

aber im

— oder

gebunden sind."

darunter verstanden

Einzelnen

sollen, das ist eben die Frage, und gerade mit

werden

Bezug

meisten dieser Vermögensrechte äußerst zweifelhaft.

auf

die

Soviel steht

indessen unbedenklich fest, daß diese Rechte im Allgemeinen weder

ihrer Substanz, noch ihrer Ausübung nach cessibel sind, und die darunter begriffenen Befugnisse daher auch der Regel nach nicht durch Stellvertreter geltend gemacht werden können.

Moment der Unübertragbarkeit läßt

Gerade dieses wichtige

es dringend Wünschenswerth,

ja geboten

erscheinen,

sich

dieser

höchstpersönlichen Rechte in allen denjenigen Fällen recht klar und

ernstlich bewußt zu werden, wo die Ausübung von Rechten nicht

in ihrer ursprünglichen Gestalt, sondern erst in abgeleiteter Con­ sequenz auftritt, wie bei allen Mandatsverhältnissen, und nament­

lich bei der Vormundschaft,

allergrößten

diesem

Vollmachtsauf­

trage, insofern derselbe darauf gerichtet ist, die ganze vermögens­

rechtliche Persönlichkeit eines Menschen auf eine längere Dauerhin vollständig zu vertreten. titel des

Gleichwohl hat der Vormundschafts­

Allgemeinen Landrechts dieser „höchstpersönlichen" Rechte

nicht Erwähnung gethan, übergangen.

mit Stillschweigen

dieselben vielmehr

Es scheint, als hätten die Verfasser des Landrechts

für selbstverständlich gehalten, daß Rechte,

welche vermöge ihres

Gebundmseins an die Person Anderen überhaupt nicht aufgetragen werden können, eben auch seiner so berechtigten

nicht vom Vormunde in Vertretung

Mündel ausgeübt

Man

werden dürfen.

hat aber hierbei übersehen, daß das Landrecht

diese

Rechte

gar

nicht genau specifizirt und in kein übersichtliches System gebracht

hat,

nach

welchem

dieselben

richtig

und

ohne

Schwierigkeit

möchten erkannt werden können, und daß also aus diesem Grunde die

Vcrtretungsbefugniß

vormundschaftliche

Richtung hin nicht ausreichend erscheint.

Daß

Normirung schon

in

begrenzt,

Wirklichkeit

sehr

erhebliche

nach

der

betonten

nicht hinlänglich

dieser Umstand Zweifel

fixirt

mangelhafter

verursacht

hat,

Zweifel, welche auch in materiell-practischer Hinsicht nicht



ohne

VII Folgen von gewichtiger Tragweite geblieben sein mögen —, beweist der speciell über die

Bcfngniß des

Vormundes zur Errichtung

von Faiuilieusideiconnnissen aus dem Vermögen seines

Mündels

herrschende Rechtsstreit, welcher in widerspruchsvollen Meinungsverschiedenheiten sich gewisscrlnasscn verewigt hat.

Es

hiernach als eine dringliche Pflicht der Gesetzgebung, der vollkomnwnheit des Vormundes

nach der

angedcuteten

erscheint

Macht-

Richtung

hin bestimmte, hinlänglich ersichtliche Grenzen zu ziehen, zweifel­ los gewisse, unüberschreitbare Schranken zu setzen.

Allein auch

der zur Zeit dein Herrenhause vorliegende Entwurf eines Gesetzes über das Bormnndschaftslvesen läßt in der hervorgehobenen Be­

jede

besondere Festsetzung verinissen,

daß

auch in

Zukunft Streitfragen und Bedenken in dieser Hinsicht

sicherlich

ziehung

so

unausbleiblich sein werden.

Diese Erwägungen haben den liegende Arbeit zu veröffentlichen.

Verfasser

bestimmt,

die

vor­

Sollte es ihm gelingen, damit

zur Ausfüllung der bezeichneten Witte

in

der

Gesetzgebung

an­

zuregen, so hat die Arbeit ihren besten Zweck erreicht und sich in Wahrheit als ein Beitrag zur neuen VorinundschaftSordnung erprobt.

Neurode im Februar 1875.

Der Verfasser.

Znhalts-VerMchniß Einleitung § 1 Systematische Vorbemerkung § 2

•.

.

.

S. -

1

.

5

Hauptfrage. Präcisirung des Thema'S.

a. Wortanalyse § 3..............................................................

6

b. Sachanalyse § 4.............................................................

9

Eigentliche Abhandlung. 1. Erste Theilfrage.

A. a.

Vorbereitender Theil.

Allgemeine Charakteristik

der Vormundschaft §§ 5, 6.........................................

b. des Familienfideikommisses §§ 7—10

B.

Haupttheil.

a. Princip der kritischen Beurtheilung § 11

b. c.

14 18

.

Beantwortung im Allgemeinen § 12

.

.

29

...

31

Die einzelnen Beweisgründe.

I II III IV

Testamentscharakter jeder Fideicommißstiftung § 13

31

Vergleichung dec tutoria mit) patria potestas § 14

35

Veräußerungscharakter jeder Fideicommißerrichtung § 15

40

Recht zur entgeltlichen subhastationSfreien Veräußerung eines Immobile, als weiteste Grenze Vormundschaftlieber Gewalt § 16...................................................

42

V

Parallele zwischen Vormundschaft und gewöhnlichem VollmachtSauftrage § 17 . . . . .

43

VI

Die Befugn iß, ein Familienfideicommiß zu errichten, als höchstpersönliches Recht §§ 18, 19 . .

46

VII

Zur Entstehungsgeschichte des landrechtlichen Instituts der beständigen Familienfideikommisse § 20 .

56

2. Zweite Theilfrage §§ 21, 22

.........................................

59

Eventuelle Frage §§ 23, 21.................................

cs

Einleitung. § 1.

Wenn es richtig ist, — was nach

den neuesten

Re­

sultaten rechtsphilosophischer Forschungen übrigens keinem Bedenken mehr unterliegt, — daß den

Rechtsverhältnissen

die

immer gewisse

Rechtsinstitute

an bestimmte

Lebensinstitute sich anlehnen, kurz, daß das Recht

überhaupt in

Lebensverhältnisse

entsprechen,

directer oder indirecter Abhängigkeit vom Leben das letztere über­ all zn seiner nothwendigen Grundlage und Voraussetzung hat: so muß das Recht auch den concreten Bedingungen

der Zeit

und

des Raumes gehörig Rechnung tragen und — in Anbetracht der

unendlichen Vielgestaltigkeit der natürlichen Zustände und materiellen

Bedürfnisse sowohl deren factische Unterschiede, als auch derm besondere Eigenthümlichkeiten gebührend anerkennen und be­

rücksichtigen.

Das Recht muß deshalb, wenn es das umfangreiche

Gebiet seines verschiedenartigen concreten Inhalts annähernd decken und beherrschen soll, auf der einen

Seite Klassm

machen oder

generalisiren d. h. das Ungleiche gleich behandeln, um zu Be­ fugnissen oder Regeln dafür aufsteigen zu können,

und

auf

der

andern Seite zugleich der Eigenthümlichkeit des Besonderen nach­ gehen oder

individualisiren d. h. das Ungleiche

um die Befugnisse wieder zu

der Verhältnisse anzupassen. der Vermeidung derselben,

unterscheiden und der

anerkennen, Relativität

Beides hat seine Gefahren, und in

im glücklichen

Treffen der rechten,

goldenen Mittelstraße liegt wohl die größte Schwierigkeit für das

Recht, aber auch der höchste Triumph seiner Gerechtigkeit.

Beim

Generalisiren liegt die Gefahr darin, daß durch zu breite

Aus-

dehuung der Gebietsschranken das seiner Natur und Bestimmung

2

nach Verschiedene unter dieselbe Rubrik gebracht und

einen Kamm geschoren wird,

also

über

beim Jndividualisiren darin, daß

durch zu strenge, fast bis zur Jsolirung verengte Begrenzung der große Sinn des Allgemeinen zersplittert, das Recht kleinlich und

durch die Last des Besonderen unfaßbar wird. Vergl. Arnold, Cultur und Rechtsleben, Berlin 1865.

Seite 210. 212 ff. Gilt dies vom Rechte im obiektivm Sinne überhaupt, so gilt

es auch ganz besonders und vornehmlich

und reflectirten Eingreifen des

Rechts

Rechte in seiner

vom

logischen und begrifflichen Gliederung d. h.

auf

von dem bewußten

das

wirthschaftliche

Leben in Form der Gesetzgebung. Daß die Verfasser unseres Preußischen Gesetzbltches, des All­ gemeinen Landrechts, der durch zu strenge Jndividualisirung des

Rechtsstoffes drohmden Gefahr durchschnittlich nicht entgangen sind,

ist leider eine hinlänglich bekannte Thatsache.

Doch liegt die

Schuld hiervon nicht sowohl an der eigentlichm Ausführung der

Codifikation, als vielmehr an den leitenven Motiven ihrer stehung.

Ent­

Indem nämlich von der einseitigen Ansicht ausgegangen

wurde, daß lediglich Rechtsunkenntniß die Hauptursache des bürger­ lichen Unfriedens sei, ist man geflissentlich bestrebt gewesen, nicht

— ein in seinen Grundzügen vollständiges, systematisch-übersicht­

liches,

wissenschaftlich

durchgearbeitetes

Gesetzbuch zu schaffen,

sondern — ein allgemeines Lehrbuch, einen juristischen Rathgeber

zu schreiben, dessen Inhalt unter ausdrücklicher Verbannung aller technischen s. g. Kunst-Ausdrücke

vielmehr

durch

einen gewissen

populären Ton Jedermann verständlich und darum leicht zugäng­ lich sein sollte.

Ganz naturgemäß hing mit

jener Ansicht

auch wesentlich das Streben zusammen, womöglich

jeden

nun Fall,

der zu Streitigkeiten irgend Veranlassung geben könnte, bestimmt vorzusehm und zu entscheiden, mit andern

Worten, die

Unend­

lichkeit der verschiedenen einzelnen Fälle zu specifiziren und mög­ lichst zu erschöpfm.

hafter

Verfolgung

Daß dieses Bemühen, über dessen gewissen­

obendrein

ein

das

Ganze

tragender

und

3

durchdringender Grundgedanke beinahe gänzlich verloren gegangen,

nicht von entsprechenden, ersprießlichen Erfolgen gekrönt, im großen Ganzen sogar ein vergebliches neuer

unwiderleglich-sprechender

gewesen,

das

ein

daß

selbst die

Leben zu

erschöpfen

Beweis dafür,

glänzendste Logik nicht im Stande ist,

sondern

nur

ist

und im Recht allen Beziehungen desselben nach den verschiedenen

Richtungen zugleich gerecht zu werden. bis in das feinste Detail sauber

Denn ungeachtet der oft

ausgearbeiteten

Casuistik, dieses

Grundcharakterznges des Prenßischm Landrechts,

sind gleichwohl

noch eine namhafte Anzahl practisch wichtiger Fälle, welche einer selbstständigen Rormirung bedurft hätten, unentschieden geblieben.

Diesen durch bestimmte Borschrift nicht ausdrücklich vorgesehenen Rechtsfragen reiht sich denn auch die interessante Controverse an,

deren Beleuchtung Gegenstand der vorliegenden Abhandlung sein sollZwar ist das Gebiet der von dieser Controverse beherrschten

concreten Fälle nicht eben von bedeutendem Umfange, die practische Bedürfnißfrage

also

nicht gerade von besonderer Erheblichkeit.

Allein nicht minder spärlich, mangelhaft und offenbar unzulänglich

sind auch andererseits die allgemeinen rechtlichen Principien, welche für die Entscheidung entweder als

sichere Stütz-

Anhalte-

und

Punkte geeignet oder doch wenigstens in dem Maaße verwendbar

sein möchten, daß auf Grund derselben

einer Beweisführung

durch

Abstraction



vielleicht

mit Hilfe

oder Analogie



die

zweifelhafte Rechtsfrage ihrer richtigen Lösung bis zu durchsichtiger Klarheit befriedigend nahe gebracht werden könnte.

Kein Wunder

daher, daß die juristische Literatur hier äußerst gering ist, daß die Rechtswissenschaft sich höchst selten und in der Regel nur

reichend mit der unfruchtbaren Controverse

unzu­

beschäftigt hat, und

daß, wo sic es einigermaßen eingehender gethan, die Meinungen über vollständige oder theilweise Bejahung beziehentlich Verneinung der Frage meist außerordentlich getheilt sind, ja oft in wesentlicher

widerspruchsvoller Berschicdenheit weit auseinander gehen. Indeß,

je spärlicher und unergiebiger sich

die

literarischen

Hilfsquellen

erweisen, von denen nur Koch’s Kommentar zum A. L. R. und „Dr. William Lewis, das

Recht des Familienfideikommisses" 1*

4 dem Verfasser zu Gebote gestanden, — je öder und unfruchtbarer

im Allgemeinen das wissenschaftliche Gebiet erscheint, welchem die Aufgabe angehört, in desto höherem Maaße steigert sich der Werth und die Verdienstlichkeit der Arbeit.

aufrichtigen Streben theilung

der

Controverse

Der Verfasser ist von dem

gewesen, bei Prüfung und Beur­

erfüllt

mit

peinlicher

Genauigkeit,

ja

fast

pedantischer Gründlichkeit zu verfahren, und dem neu gefundenen

Grundsätze durch die gebieterische Gewalt überzeugender Gründe

eine möglichst allgemeine Anerkennung zu erzwingen, um für die dem Herrschaftsbereiche der Controverse unterworfenen practischm Fälle unter Beseitigung der bisherigen Schwankungm eine endgiltige, sichere, einheitliche

Behandlung

herbeizuführen.

Sollte

gleichwohl dem Verfasser seine Aufgabe nicht durchgehmds geglückt

und sein ernster Wille eben nur ein bescheidener Versuch geblieben sein, so rechnet er, namentlich mit Rücksicht

auf

die hervorge-

hobmm Bedenklichkeiten des Unternehmens, auf die Nachsicht und das Wohlwollen seiner Leser.

Systematische VorbemerkiW. § 2.

Die

Aufgabe zergliedert

sich,

schon

wie

der

bloße

Augenschein lehrt, in zwei Hauptbestandtheile: eine Principale und

eine eventuelle Frage liegen uns znr

Beantwortung

vor.

Die

erstere, die Hauptfrage, gehört dem materiellen Rechte an. Sie

will wissen, ob der Vormund nach der gefragten Richtung hin gesetzlich befugt sei oder nicht, resp,

ob

die

vormundschaftliche

Gewalt sich gesetzlich so weit erstrecke.

Die zweite, die eventuelle,

ist eine Zusatzfrage und dem Gebiete

des

formellen

Rechtes

Sie setzt die Bejahung der Principalen Frage als

untergeordnet.

unerläßliche Bedingung einer berechtigten Existenz voraus.

Sie

ist ihrem inneren Wesen und ihrer practischen

nach

durchaus von

Bejahung jener

diesen Fall in

Bedeutung

Frage abhängig,

Erfahrung bringen,

welche

und will

für

Formen nach den

Gesetzen erforderlich sind, um die durch Ausübung jener fraglichen

vormundschaftlichen Befugniß im Vermögen des Pflegebefohlenen hervorgebrachten Veränderungen für diesen letzteren rechtlich wirk­

sam und verbindlich zu machen.

Sie zerfällt als müßiges Postulat

in sich selbst, sobald eben die ihr lediglich Leben und Werth verleihende Prinzipalfrage verneint wird.

Vorderhand haben wir es

also vornehmlich mit der

Hauptfrage zu thm: Kann nach altliindisch-prenßischem Rechte der Vormund riete Minderjährigen aus dessen Vermögen rin Familienfideicommiß errichten?

Systematische VorbemerkiW. § 2.

Die

Aufgabe zergliedert

sich,

schon

wie

der

bloße

Augenschein lehrt, in zwei Hauptbestandtheile: eine Principale und

eine eventuelle Frage liegen uns znr

Beantwortung

vor.

Die

erstere, die Hauptfrage, gehört dem materiellen Rechte an. Sie

will wissen, ob der Vormund nach der gefragten Richtung hin gesetzlich befugt sei oder nicht, resp,

ob

die

vormundschaftliche

Gewalt sich gesetzlich so weit erstrecke.

Die zweite, die eventuelle,

ist eine Zusatzfrage und dem Gebiete

des

formellen

Rechtes

Sie setzt die Bejahung der Principalen Frage als

untergeordnet.

unerläßliche Bedingung einer berechtigten Existenz voraus.

Sie

ist ihrem inneren Wesen und ihrer practischen

nach

durchaus von

Bejahung jener

diesen Fall in

Bedeutung

Frage abhängig,

Erfahrung bringen,

welche

und will

für

Formen nach den

Gesetzen erforderlich sind, um die durch Ausübung jener fraglichen

vormundschaftlichen Befugniß im Vermögen des Pflegebefohlenen hervorgebrachten Veränderungen für diesen letzteren rechtlich wirk­

sam und verbindlich zu machen.

Sie zerfällt als müßiges Postulat

in sich selbst, sobald eben die ihr lediglich Leben und Werth verleihende Prinzipalfrage verneint wird.

Vorderhand haben wir es

also vornehmlich mit der

Hauptfrage zu thm: Kann nach altliindisch-prenßischem Rechte der Vormund riete Minderjährigen aus dessen Vermögen rin Familienfideicommiß errichten?

6

PrScisinmg der Frage. a. Wortanalhfe. § 3.

anders

Wie jeder

wissenschaftlichen

erfolgversprechend

sein

soll,

wenn

Besprechung,

nothwendig

sie

eine gehörige

Präcisirung des Themas vorangehen muß, so wird es auch

hier

vor Allem geboten erscheinen, die Controverse in ihren einzelnen

Wortzeichen, soweit dieselben Vieldeutigkeiten

enthalten

möchten

und darum zu Mißverständnissen leicht Veranlassung geben könnten, zu analysiren, alles Zweifelhafte auszuscheiven, durch

bestimmte,

unzweideutige Ausdrücke zu ersetzen und so Sinn und Bedeutung in unverrückbar feste Grenzen des Gedankens zu bannen. Der Ausdruck: „altländisch-Preußisches Recht" soll das Thema

in territorialer Hinsicht begrenzen.

Er führt uns zur Bestimmung

desjenigen nationalen oder particuläreu Rechtes, innerhalb dessm

Sphäre die Beurtheilung der Controverse sich bewegen und deren Entscheidung erfolgen soll.

Wie

schon

in der Einleitung

an­

gedeutet worden, soll hier unter „altländisch-Preußischem Rechte" das heutige, den

altländisch-Preußischen

Recht verstanden werden, im

Provinzen

Gegensatze zu dem

Rechte eines Theiles der Rheinprovinz und

gemeinsame

französischen

namentlich zu

dem

particularistischen Rechte der verschiedenen durch die Gesetze vom

20. September und 24.

Dezember 1866 mit

Monarchie vereinigten neuerworbenen

der

Landestheile,

Preußischen mit andern

Wortenalsodas Preußische Allgemeine Landrecht einschließ­

lich der zusätzlichen für das Geltungsgebiet desselben nachträglich ergangenen, abändernden oder ergänzenden gesetzlichen Bestimmungen.

Das Allgemeine Landrecht hat nämlich in

den

alten Provinzen

bis auf sehr vereinzelte, unbedeutende und örtlich scharf begrmzte

Ausnahmen als allein entscheidende Rechtsqnelle verbindliche Kraft, gesetzliche Autorität.

Es gilt dies namentlich und aus­

nahmelos im Bereiche des ö ffentlichen Rechtes, und also auch für die vorliegende Controverse, insofern dieselbe in überwiegendem

Maaße staatsrechtlicher Natur

ist

und

darum

weit berechtigter

und correcter unter das jua publicum zu rubriziren sein dürfte,

7 Denn beide

als unter das eigentliche jus privatum. sowohl das der

Familienfideicommisse

als

Institute,

namentlich das

der

Vormundschaft, sind, oer neueren Rechtsanschanung

entsprechmd,

heutzutage

Regeln

entschieden

zur

Mehrzahl

aus

solchen

und

Befugnissen zusammengesetzt, welche näher das Gemeinweseit als

solches angehen,

einflußreicher den

staatlichen

Organismus be­

rühren, als die Rcchtssphäre des einzelnen Privaten — avort zu ertheilen,

um dieselbm rechtsverbindlich zu machen.

Nun ist es ganz augen­

scheinlich und offenkundig, daß die letztere Thätigkeit

d.

h.

das

bloße Genehmigen der Handlungsweise des Pflegebefohlenen ent­

schieden ein geringeres Maaß von rechtlicher Machtvollkommen-

heit enthält und beurkundet,

tretungsbefugniß

der ganzen

als die

vollständige, freie Ver-

vermögensrechtlichen

Persönlichkeit.

33 16 ganz

Hiernach geht aber aus der Bestimmung des citirten §

unverkennbar und unzweideutig hervor, daß der Vormund

befugt ist, über Pupillengüter zu testiren.

nicht

Denn wenn inhalts

jener Bestimmung ganz selbstständig und aus

Antriebe

eigenem

errichtete Testamente der Bevormundete» nicht einmal der vor­ mundschaftlichen Genehmigung zu ihrer Giltigkeit bedürfen, um

wie viel weniger darf dann der Vormund sehen werden, für sich

allein

und

für ermächtigt ange­

ohne Zuziehung

des

Pflege­

befohlenen über dessen Vermögen letztwillig zu verordnen? Uebrigens

bei der juristischen

folgt die Unzulässigkeit einer Stellvertretung

Handlung des Testirens schon aus dem Wesen

der

Sache, wie

weiter unten noch ausführlich gezeigt werden wird.

Ganz mit

Recht bemerkt daher auch Koch in seinem

Erbrechte

„Die Entbehrlichkeit der väterlichen, wie der

167:

S.

vormundschaftlichen

Einwilligung ist nach der Natur der testamenti factio, die, wo sie fehlt, nicht durch die auctoritas irgend eines Andern ertheilt werden kann, und, wo sie vorhanden ist, keiner Be­

kräftigung von Seiten eines Anderen bedarf, sowie nach der Natur eines letzten Willens, der des Testators ureigener,

sein muß und

von

Niemand

beeinflußt

selbstständiger

oder

bestätigt

werden kann, eine sich ganz von selbst verstehende Sache."

Dieselben materiellen Vorschriften, welche das Gesetz für die Errichtung der Testamente aufgestellt hat, müssm

aber auch in

Ansehung der Errichtung von Familienfideicominissen gelten, so­ weit es sich dabei namentlich

nur

um

die

persönliche

Be­

Dafür liefert die

fähigung zur Errichtung derselben handelt.

völlig gleiche Behandlung, welche beide Institute in dieser

Be­

ziehung im Landrechte erfahren haben, den schlagendsten Beweis. Jede Familienfideicommißstiftung, unter Lebenden oder

von

gleichviel,

welchem

Todeswegen dieselbe

ihre

Geschäfte Entstehung

verdankt, ist der Natur der Sache nach immer zugleich ein letzter

Wille, und

also,

wenn die

Errichtung

einseitig

geschieht, ein

Testament, insofern es zum Wesen einer Fideicommißnrkunde ge­ hört, daß darin über das Schicksal der Güter nach dem Tode des

Stifters vorsorglich Bestimmung getroffen ist.

Sie

muß daher

3

34

namentlich, wie jede letztwillige Verordnung, eine Erbeseinsetzung enthalten d. h. der Stifter mich

eine

Person namhaft gemacht

haben, auf welche die Fideicommißgüter nach dem ersten Besitzers vererbt werden sollen.

schon die Natur und das Wesen der

Abgänge des

Dies bedingt, wie gesagt, Stiftung,

wenn die

auch

ausdrücklichen Vorschriften der §§ 134 ff. Tit. 4, Th. II A. L. R.ö dies nicht hinlänglich erkennbar gemacht hätten.

Das Preußische

Landrecht ist nach dieser Richtung hin sogar noch weiter gegangen. Denn es verlangt nicht nur

successors des

ersten

die

Anordnung

Fideicomniißbesitzers,

Jndividnal-

eines

eine

sogar

sondern

vollständige Disposition über die Art und Weise, wie die Güter

noch in den spätesten Zeiten der anderen

Worten:

die

sollen, mit

Familie zukommen

Bestimmung

einer

Successionsordnung.

(Vergl. § 142 Tit. 4 Th. II nnd § 525 Tit. 12 Th. I A. L.R.) Wie aber in materieller Hinsicht

beider Institute die völlige

dem inneren

aus

Gleichberechtigung

Wesen

der Familienfidei-

commißstiftung mit dem Testamente in Ansehung ihrer Errichtungsmodalitäten klar erhellt, so geht dieselbe auch

formaler Hin­

in

sicht aus der äußeren Stellung unverkennbar hervor, welche das

Landrecht dem Familienfideicominisse im System angewiesen hat, resp, aus den auch äußerlich

ganz

Gesichtspunkten, unter welchen es die fideicommisse betrachtet.

oder

conformen

Errichtung

adäquaten

der Familien-

Es behandelt nämlich die Familienfidei-

commisse genau, wie die fideicommissarischen Substitutionen, d. h.

also wie die unter diesem Namen bekannte, besondere Errichtungs­ modalität eines Testamentes.

Dies

§ 47 Tit. 4, Th. II A. L. R.ö

ist in

namentlich

dem

allegirten

oft

und

ausgesprochen

nebenbei dadurch zuverlässig erkennbar gemacht, daß dort auf die nähere Bestimmung des Titels von den letztwilligcn Verordnungen

insbesondere auf die §§ 53 ff. ausdrücklich verwiesen wirb.

Den

Unterschied

einer

eines beständigen Fainilienfideicommisscs

von

gewöhnlichen fideicommissarischen Substitution statuirt das recht, abgesehen von der Form, lediglich durch

die

eigens vorgeschriebene, besondere Qualifikation des

Umstand,

welcher

für die

Beurtheilung

der

für

Land­

ersteres

Objectes,

ein

persönlichen Er-

35 richtungsbefugniß hier ohne jeglichen Belang ist.

Was nun aber

die Errichtung einer fideieommissarischen Substitution

überhaupt

anlangt, so sind dafür nach Inhalt des zwölften Titels ganz

die nämlichen Vorschriften

maßgebend

und

welche

entscheidend,

für die persönliche Befähigung zur Errichtung

letztwilliger Ver­

ordnungen überhaupt ergangen sind. Wenn daher der Vormund schon für nicht befugt angesehen werden muß, über Pupillengüter überhaupt zu testiren, und wenn

er folglich in gleicher Weise auch nicht für befugt gelten kann,

in

Ansehung

des

Vermögens

seines

Mündels

eine

so

Substitution vorzunehmen,

commissarische

fidei-

ergiebt sich

hieraus dann weiter mit zwingender Schlußfolgerichtigkeit, daß er

erst recht und ganz und gar nicht befugt erscheint,

paraten

Vermögen

seines

Pflegebefohlenen

ein

aus

dem

beständiges

Familienfideicommiß zu errichten.

II. § 14.

Jin

fünften Abschnitte

Vormundschaftsordnung

der

findet sich auch folgende Bcstimmnng: § 240.

In Beziehung auf die Pflegebefohlmen vertreten die

§ 242.

Der Vormund kann

Vormünder zunächst die Stelle der Eltern. sich

über

die

Person seines

Pflegebefohlenen keine mehreren Befugnisse an­

maßen, als die Gesetze einem Vater über die noch unter seiner Gewalt stehenden Kinder beilegen.

In der

Redewendnug

„über

die Person

seines Pflegebe­

fohlenen" muß der richtigen Interpretation nach unter „Person"

nicht blos „das rein Persönliche", sondern „die gesammte ver­ mögens rechtliche Persönlichkeit" des standen werden.

Pflegebefohlenen ver­

Dies geht schon daralls zur Genüge hervor, daß

die bezogene Vorschrift in dem Abschnitte, welcher von den Rechten nnd Pflichten der Vormünder überhaupt, also im Allgemeinen

handelt, ihre Stellung erhalten hat, nnd

nicht vielmehr in den

folgenden sechsten Abschnitt, lvclchcr über die Sorge für die Person

3*

36 der Pflegebefohlenen die nöthigen gesetzlichen Bestimmungen trifft, verwiesen worden ist, wohin diese Vorschrift sonst der Regel nach

gehörm würde, hätte man unter „Person" hier blos das Persönliche verstanden

wissen wollen.

Aus demselben

muß die Vorschrift auch für eine generelle, Vormundes zum

Pflegebefohlenen ganz

ReinGrunde

das Verhältniß

des

im Allgemeinen be­

treffende angesehen werden, welche demgemäß

für die all­

auch

gemeine Beurtheilung einzelner Befugnisse des Vormundes mit maßgebender Bedeutung und entscheidendem Gewichte in Anwendung gebracht wcrdm darf.

Die Vorschrift zieht

unverkennbar

eine

vergleichende Parallele zwischen der vormundschaftlichen Gewalt und dem väterlichen Imperium, zwischen der tutoria und der patria potestaa, und besagt, daß sie beide homogener Natur

und daher auch ihrem Umfange oder ihrer Tragweite nach völlig Da diese

kongruent oder adäquat seien. beider Gewalten nach Inhalt und

Gleichberechtigung

Begrenzung nun auch

für

unsere vorliegende Streitfrage unbedenklich statuirt werden muß, so liegt uns blos ob, zu prüfen, ob dem Vater die einzuräumen

sein

möchte,

aus

dem

Befugniß

freien Vermögen

Hauskinder ein Familienfideicommiß zu errichten.

seiner

Antwort

Die

auf diese Frage nämlich würde alsdann zugleich die vorliegende Controverse, ob dem Vormunde die fragliche Befugniß bezüglich des Vermögens seiner Pflegebefohlenen zustehe, vermöge der be-

vorworteten Congruenz vollständig decken und also übereinstimmend zum Austrag bringen.

Daß hierbei nur von dem freien

Ver­

mögen der Hauskinder die Rede sein kann, beweist einerseits die totale Verschiedenartigkeit der Stellung des Vaters zu dem freien,

und resp, zu dem nicht-freien Vermögen

seiner Kinder,

sowie

andrerseits der Umstand, daß ebm nur die Stellung des Vaters zum freien Vermögen seiner Kinder der Stellung des Vormundes zum Pupillenvermögen in Wirklichkeit völlig

richtig

und darum mit Grund vergleichbar sein dürfte. sicht werden

nämlich

Beide, Vater und

bevorzugte Verwalter des

entsprechend

In dieser Hin­

Vormund,

als gleich

betreffenden Vermögens



mit

verhältnißmäßig geringerer Controlbelästigung und leichterer Ver-

37

antwortungsverbindlichkeit — angesehen, währmd die Rechte des

Vaters über das nicht-freie Vermögen seiner Kinder viel reichen, insofern ihm beispielsweise daran

ein

weiter

uneingeschränktes

Nießbranchsrecht zusteht, welches der Vormund für sich

in

An­

sehung des Vermögens seines Pflegebefohlenen nicht in Anspruch

nehmen kann, da im Gegentheil jede Nutzung des

Pupillengutes

von Seiten des Vormundes für seine Person untersagt ist. Vergl.

§§ 486 und 925 Tit. 18, Th. II A. L. R. Die

bevorwortete

Congruenz

der

Stellungen:

beiden

des

Vaters znm freien Vermögen des Hauskindes und des Vormundes zum Vermögen seines Mündels, giebt auch das Landrecht dadurch unzweideutig zu erkennen, daß es die dem Vater gebührende Ver­

waltung des freien Vermögens seiner minderjährigen Kinder im § 159

Tit.

2,

Th.

II

geradezu

und

ausdrücklich

als

eine

„vormundschaftliche" bezeichnet hat.

Was nun die Frage anlangt,

ob dem

Vater die Befugniß

einzuräumen, aus dem freien Vermögen seiner

Hauskinder ein

Familienfideicommiß zu errichten, so muß dieselbe nach den über

die Rechte des Vaters an dem

freien

Vermögen seiner Kinder

bestehenden gesetzlichen Vorschriften unbedenklich verneint werden. Denn wollte man dem Vater diese Befugniß zusprechen, so müßte man ihm auch das Recht zuerkennen, über das freie seiner Kinder bis zu deren Tode,

deren

über

ja

völlig frei und uneingeschränkt zu disponirm.

Vermögen

Tod

hinaus

Denn dies ist die

nothwendige und schlüssige Folgerung aus dem, was zu I (§ 13) bereits eingehend beleuchtet worden, daß nämlich jede Fiveicommißstiftung immer zugleich eine letztwillige Verordnung ist, insofern

sie nicht blos den

Jndividualsuccessor

des

ersten Fideicommiß-

besitzers namhaft machen, sondern sogar noch auf spätere hinaus eine bestimmte Successionsordnung,

als

Zeiten

Richtschnur

für

eine geregelte Verfällung des Fideicommißgutes vorschreiben soll.

Eine so weit reichende Verfügungsbefugniß

mögen des Hauskindes kann Umständen zuerkannt werden.

jedoch

über das freie Ver­

dem Vater unter keinerlei

Dies geht aus den §§

231

und

38 275, Tit. 2, Th. II A. L. R.s ganz unverkennbar hervor, Vor­ schriften, welche mit

einer gegentheiligen

Widerspruch treten, ja durch

eine solche

Annahme in

directen

geradezu unausführbar

und illusorisch gemacht werden würden.

In dem citirten § 231

wird nämlich der Vater für schuldig erklärt, nach aufgehobener väterlicher Gewalt dem Kinde das bisher unter seiner waltung gestandene eigenthümliche

Ver­

Vermögen desselben heraus­

zugeben, und im § 275 wird dieses Vermögen als eine „Schuld" des väterlichen Nachlasses bezeichnet, als welche es, sobald es sich

um die Erbfolge des Kindes in den väterlichen Nachlaß handelt,

von diesem zuvörderst abgesondert

werden

muß.

Hier ist

also

ausdrücklich verordnet, daß die Rechte des Vaters über das freie Vermögen seiner Kinder nicht weiter reichen sollen,

Aufhebung der väterlichen Gewalt Vaters, falls derselbe

vor

Beendigung der

verstirbt, mit anderen Worten, daß die

als bis zur

bis zum Tode des

resp,

väterlichen

betreffenden

Gewalt

Rechte des

Vaters mit dem Momente des Anfhörens des väterlichen rium ebenfalls ihre Endschaft erreichen.

Impe­

Da nun aber notorisch

das Leben der Kinder die zeitlichen Grenzen der patria potcetas

in Wirklichkeit der Regel nach überdauert, so muß die präsumtive Annahme, daß dem Vater

über besagtes

Vermögen Befugnisse

in einem bis über das Leben der Kinder hinausreichenden

Um­

fange zuständen, durch die Bestimmungen der §§ 231 und 275 cit. für vollständig widerlegt gelten, oder man müßte jene Para­

graphen für gegenstandslos erachten.

Da nun letztere Vermuthung

in Wirklichkeit nicht zutreffen kann, weil sie mit den bestehenden

Auslegungsregeln der Gesetze unvereinbar sein würde,

so

muß

hiernach als erwiesen angenommen werden, daß dem Vater jene weitreichende Befugniß nicht einzuräumen ist, derselbe also nicht

berechtigt erscheint, aus

dem

freien

ein Familienfideicommiß zu errichten.

Vermögen seiner Kinder Hiermit ist aber zugleich

bewiesen, daß auch dem Vormunde die fragliche Befuzuiß in An­ sehung des Pupillengutes nicht zustehen

darf, weil nach

Inhalt

unseres § 242 Tit. 18 cit. die tutoria potestas unter allen Um-

39

ständen nicht weiter gehen samt, als die patria potcstas gegangen sein würde. Diese Ansicht wird auch durch die 83 861 ff. Tit. 18

bestätigt

und

insbesondere

durch § 880

analoger Weise, wie § 231 Tit. 2 cit,

geendigter Vormundschaft dem

verordnet,

gewesenen

cit.

welcher

daselbst,

daß

in

nach

Pflegebefohlenen,

oder dessen Erben, sein gesammtes Vermögen von dem Vormunde ausgeantwortet werden müsse.

Die Bestimmung dieses Para­

graphen tvürde ganz ebenso, wie die des citirten

231

§

Tit.

2

völlig unverständlich, widerspruchsvoll oder gegenstandslos erscheinen,

wenn inan annehmen

tvolltc, daß dem Vormunde gesetzlich ge­

stattet fein dürfte, in Ansehung des

Pnpillengutes Dispositionen

zu treffen, welche in ihren umviderrnflich

verbindlich machenden

Wirkmigeu nicht nur den Großjährigkeitstermin, sondern sogar die

Lebensdauer des Mündels bei

und

überschreiten,

Weitem

also,

falls der Vormund von solcher Befugniß Gebrauch gemacht hat, die befürwortete Herausgabe des Vermögens nicht blos zu dem

angegebenen Termine, sondern überhaupt und im Principe gerade­ zu unatisführbar erscheinen lassen würden. Auch aus 8 695 Tit. 18 cit., welcher verordnet: „Die Vorsorge des

Staats für seine

Pflegebefohlenen

„darf nicht länger fortgesetzt werde»,

„stände dauern, voelche sic nothwendig muß mit Zuverlässigkeit entnommen

werden,

die Um-

als

gemacht haben,"

daß die Machtvoll­

kommenheit des Vormnndes, wie wir auch bereits im vorbereitenden Theile (8 6) angedeutet haben, in ihren

Wirknngen

über den

Volljährigkeitstermin resp, über den innerhalb der Minder­ jährigkeit

etivan

eintretenven

Todestag

reichend nicht gedacht werben könne.

der

Tuenden hinaus­

Da nun

aber

die Be-

fugniß, ein Familicnfidetcommiß zu errichten, in dieser relativen, zeitlich völlig nnbestimmten und unabsehbaren Beschränktheit aus bekannten Gründen juristisch geradezu undenkbar ist, und also gar nich:

existcuzbcrechtigl,

ja nicht

einmal daseinsfähig er-

scheirt, so folgt auch hieraus unever mit Nothwendigkeit, daß das

40 Gesetz die fragliche Befugniß dem Vormunde jedenfalls nicht hat beigelegt oder zugesprochen wissen wollen.

III. § 15.

Der §

233

der

seiner Pflegebefohlenen Bestimmung. § 233.

trifft im

Bormundschaftsordnung

über die Rechte des

Allgemeinen

Vormundes

Vermögen

am

Es heißt dort:

Die Sorge für das Vermögen erstreckt sich auf die Sicherstellung und Erhaltung, auf die ordent­

liche wirthschaftliche Administration und auf

die Verbesserung desselben. Doctrin und Praxis stimmen im Allgemeinen darin überein, daß der Vormund hiernach, wie auch Koch hierzu

ganz richtig

anmerkt, zu unentgeltlichen Veräußerungen in keinem Falle ermächtigt sei.

widersprochen worden,

Dieser Ansicht ist zwar

indem man ausgeführt hat, daß die Grenzen der des Vormundes bei

Ermächtigung

der Vermögensverwaltung dadurch

feien, daß der Vormund als

gegeben

guter Hansvater handeln soll:

soweit also eine unentgeltliche Veräußerung

den

concreten Um­

ständen nach der Verwaltung eines boni patrisfamiliaa entspreche, werde sie für

zulässig

zu

erachten sein.

Dieser vagen,

stimmten Behauptung gegenüber ist jedoch

Princip aufrecht zu

erhalten.

äußerung d. h. eine Freigebigkeit,

Denn

jener Satz

unbe-

als ein

eine unentgeltliche

Schenkung, ist unter

Ver­ schien

„concreten Umständen" ein Verwaltungsact, und nur auf die

Verantwortlichkeit aus V erwaltungöhaudlungeu bezieht sich jene aus dem §

438 Tit.

guten Hausvater.

18, Th. II hervorgelangte Regel

vom

Der Vormund hat nicht einmal mit obrig­

keitlichem Decrete die Macht, Schenkungen, welche der

Mündel

selbst gemacht hat, durch seine auctoritas

machen,

zu

wirksam

noch viel weniger kann er auf eigene Hand nach

seinem

Gut­

finden Eigenthum des Mündels verschenken. Wenn aber der Vormund Pupillengnt nicht unentgeltlich

veräußern befugt ist, so kann er auch nicht berechtigt

zu

erscheinen.

41 daraus ein Familiensideicommiß zu errichten.

fideicommißstiftung involvirt äußerung.

zugleich

eine

Denn jede Familien-

unentgeltliche

Ver­

Wir wollen hier ganz von dem Falle, welcher keines

weiteren Beiveises bedarf,

absehen, daß

nämlich der Bormnnd

zum Besten einer anderen Familie, als der seines Mündels aus

dessen Vermögen ein Familiensideicommiß errichtete, was ja nach § 47 Tit. 4, Th. II ebenfalls zulässig ist unb wozu der Vor­

mund daun ja auch für befugt gelten müßte, wollte man jene Befngniß im Principe ftatniren. Denn schon in dem Falle, wenn die Errichtung des FamilienfideicommisseS zn Gunsten der eigenen Familie des Mündels geschähe, würde darunter eine

zum Nachtheile des Mündels d. h. des wahren Eigenthümers vorgenommene unentgeltliche Veräußerung begriffen sein. Mit dem Momente nämlich, wo die Stiftung in Kraft tritt, hört der

frühere, wahre uneingeschränkte Eigenthümer des nunmehr in Fidei-

commißgut verwandelten Vermögens auf, Allemeiguer der Proprietät zu fein. Die Rechte desselben beschränken sich dann nur noch auf ein nutzbares Untereigenthum; er wird blos Miteigner der Proprietät, inses er n das Obereigenthum der begünstigten Familie anheimfällt, er darf daher mit der Substanz ohne Ge-

nehmigmig der alsdann berechtigten Familieninteressenten keiner­ lei Veränderimgen vornehmen, weder inter vivos noch mortis causa, und verliert also natürlich auch das Vermögen, über das Fideicommißgut letztivillig zu verordnen. Alles dies bringt die

Natur und das Wesen der Familienfideicommißstiftung so mit sich, wie die §§ 72, 73, 78 ff. Tit. 4, Th. II, A. L. R. hinlänglich

überzeugend darthun.

Dem Pflegebefohlenen werden mithin durch

die Verwandlung seines Vermögens in Fideicommißgut wesentliche, integrirende Bestandtheile seines früheren uneingeschränkten Eigen­

thumsrechtes ohne jedes entsprechende Aequivalent d. h. unent­ geltlich entzogen. Hierbei fällt noch mit entscheidendem Gewichte in die Wagschale, worauf

wir

bereits

in

dem vorbereitenden

Theile (§ 10) des Näheren hingewiesen haben, daß nämlich jede

Fideicommißstiftnng mit alleiniger Ausnahme der durch Testament errichteten, also erst mit dem Tode des Stifters in Kraft tretenden,

42 welche in ihrer Jsolirtheit als maßgebend hier nicht in Betracht kommen kann, unwiderruflich ist,

daß

also

es

Pflege­

dem

befohlenen auch nach erlangter Großjährigkeit nicht einmal gönnt sein würde, die ihn

ver­

völlig

einengenden

schweren Folgen einer solchen Handlungsweise des

Borinnndes

vcrmögensrechtlich

zu beseitigen oder zu paralhsiren.

Er müßte

vielmehr

im

an-

genonnnencn Falle die unentgeltliche Veräußerung des Borinnndes und deren nachtheilige

vermögensrechtlichc Wirkungen rlihig und

ohne Widerrede, ohne jede helfende Rechtsansflucht, über sich er­ gehen lassen.

Auch diese zweifelsfreien

Erwägungen constatiren

insgesammt, daß der Bormund nicht für

aus

dem

Vermögen seines

befugt gelten

ein

Pflegebefohlenen

kann,

Fainilicnfidei-

commiß zu errichten.

IV. 8 16.

Unter allen Befilgnissen, welche den Vormündern laut

ausdrücklicher Bestimmung der Vormundschaftsordnung,

also

unstreitig, in Ansehung des Vermögens der Pflegebefohlenen bei­ gelegt werden, ist entschieden die nach 8 586 Tit. 18, Th. II in

Verbindung mit 8 14 der gestattete

Ermächtigung

Verordnung vom

zur

1849

2. Januar

snbhastationsfreien, entgelt­

lichen Veräußerung eines Mündclgrnndstückes die am weitesten reichende.

Darauf deuten sowohl die

mit 8

550

beginnenden,

äußerst eingehenden Vorschriften über die Beränßerlmg unbeweg­

licher Pupillengütcr

überhaupt,

wie auch insbesondere die den

subtilsten Modalitäten Rechnung

tragenden

Anordnungen

einer

beschränkenden Oberaufsicht Leitens der vormundschaftlichen Be­ hörden bei solchen Anlässen, in ganz unverkennbarer Weise

Run ist aber nach

den

zu

pflogenen Erörterungen die

III

hin.

im vorigen Paragraphen ge­

Befugnis;,

ein

Familiensiveieominiß

zu errichten, ein noch viel weiter gehender Act selbstständiger

Handlungsfähigkeit, insofern dieselbe sogar daS Recht zur unent­

geltlichen Veränßernng unbeweglicher Güter unbedingt voraus­ setzt.

Wir haben in der Einleitung

nicht

ohne

Grund

darauf

43 aufmerksam gemacht, daß eine oft bis in's feinste Detail aus­ gearbeitete Kasuistik ein Grnndcharakterzug des Allgemeinen Landrecht's ist, insofern die Verfasser desselben eifrigst bemüht gewesen sind, jeden auch nur einigermaßen zweifelhaften Rechtsfall durch eine bestinnnte, jedes Bedenken ansschließeuve und darum auch jedes eigenmächtige Verstanves-Klügelrt unbefugter Interpreten von vornherein beseitigende ^Zoriit vorzrtsehen. Unter solchen Umständen und in Anbetracht der gerade auf dem besprochenen Rechtsgebiete vorherrschenden, oben betonten, umständlich specifizirenden Easniftik müßte es int höchsten Grave ausfallend und befremdend erscheinen, ja dem angedettteten, offenkundigen Charakter der landrechtlichen Gesetzgebung geradezu widersprechen, daß das Landrecht der in Rede stehenden, so zweifelhaften Befugniß, wentt es dieselbe hätte gestattet wissen wollen, nicht nur keine eingehende Beachtung durch eine genaue uud zuverlässige Rormirung gewidmet, sondern überhaupt davon gar keine Rotiz genounneu hat. Vermöge der hier um so statthafteren Beloeioführung o contrario müssen wir daher gerade aus deut Umstande, daß das Landrecht sich über die vorliegende Eoutroverse vollständig stillschweigend verhält, schließen, daß es die fragliche Befugniß des Vorntttudes nttter keinen concreten Umständen habe statuirt wissen wollen. Zu dem nämlichen Resultate gelangen wir auf einem etwas weiteren Umwege durch die ttnmittelbar folgende Argnntentation.

V. §17. Durch den Vertrag können abgeleitete Rechtsverhält­ nisse entstehen, welche sich erst aus eurem ursprünglichen dttrch eine solche Uebertragung bilden, daß in der Person eines Andern der Wille des Ersteren auftritt mtd sich geltend macht: wir niciitcit das Institut des Vollntachtsattftrages. Diese Verhältnisse der Stellvertretung, welche int gewöhnlichen Verkehre des bürger­ lichen Lebens alltäglich vorkomuten, körnten in höheren Verhält­ nissen, immer durch die besonderen Zrvecke bestimmt, lviederkehren, so beispielsweise für das Zamilienrecht üt der Vormundschaft.

44 Wir haben dieses BergleichungspunkteS bereits im vorbereitenden

Theile gelegentlich der allgemeinen

Charakteristik unseres Bor­

mundschaftswesens im Großen und Ganzen gedacht.

Wir habm

dort hervorgehoben, daß die Vormundschaft jetzt aufgehört hat zu

sein, was sie zunächst ititb ursprünglich gewesen ist, nämlich Sache der Familie, indem der Staat sich neuerlich nicht mehr blos da­

so

rauf beschränkt hat, über die ausgedehnte und

leicht

gewiß­

brauchte Vollmacht zu wachen und je nach Befinden der Umstände diese Aufsicht zu schärfen oder zu mildern, sondern vielmehr unter

Zugrundelegung der Fiction, daß er die unselbstständige Persön­ lichkeit des Pflegebefohlenen fortzusetzen und berufen sei, sich selbst zum

resp, zu

Obervormunde und die

ergänzen

Vormünder

Wenn wir nnn

lediglich zu feinen Stellvertretern gemacht hat.

die angefangene zwischen Vormundschaft und gewöhnlichem

Boll-

machtsauftrage aufgestellte Gleichung in ihren Consequenzen weiter

»erfolgen, und demgemäß auch die weiteren daraus

abgeleiteten

Verhältnisse dm entsprechmdm gesetzlichen Vorschriften über

ge­

Theil I A. L. R.S

wöhnliche Vollmachtsaufträge im Titel 13

assimilirmd anpassm und cum grano salis letztere auf erstere in Anwmdung bringen, so erscheint zunächst der seine Pflegebefohlenm

repräsmtirende Staat, oder, für den richtiger genommen, der durch den

einzelnen

concreten

Fall

Pflege­

Staat repräsentirte

befohlene als der Machtgeber oder Mandant, der Vormund hin­ gegen als der Bevollmächtigte oder Mandatar, und zwar, da ihm

die Besorgung aller Angelegenheiten des Pflegebefohlenen obliegt, als ein Generalmandatar desselben.

Wir müssen dann folge­

richtig auch die vom Staate in Repräsentation

seiner

Pflegebe­

fohlenen erlassene resp, ausgegangene Vormundschaftsordnnng als die dem Vormunde ertheilte Generalvollmacht im Sinne

des

§ 118 Tit. 13 cit. auffassen, oder doch in Verfolg jmer Parallele

beide einander vergleichend zur Seite stellen. betont, daß durch

die Errichtung

eines

Wir habm

obm

Familienfideicommisses

Seitens des Vormundes dem Pflegebefohlenen gewisse Eigenthums-

rechte an seinem Vermögen entzogen und resp.

treten werden.

Nun bestimmt § 105 Tit.

Anderen

abge­

13 cit., daß, wenn

45 ein Recht des Machtgebers einem Dritten abgetreten

oder

Ver­

zicht darauf geleistet werden soll, hierzu eine Specialvollmacht erforderlich sei, und § 118 ib. giebt zu erkennen, daß auch

Generalmandatar seinen Machtgeber durch

ein

Handlungen, welche

eine Specialvollmacht erfordern, nur in sofern verpflichte, als die­ selben in seiner

Generalvollmacht ausgedrückt sind.

Wollte

also hier in unserem streitigen Falle der Generalbevollmächtigte d. h. der Vornmnd seinen Machtgeber d. h. den Pflegebefohlenen

durch Errichtung eines FamilienfideicommisseS aus

dessen

Ver­

mögen giltig verpflichten, so müßte die Befugniß zur Vornahme

dieser Handlung in der Generalvollmacht d. h. in der Bormund­

schaftsordnung namentlich ausgedrückt

sein.

Nun ist aber be­

kanntermaßen die Befugniß, aus dem Bermögm des

Mündels

ein Familienfideicommiß zu errichten, dem Vormunde in der Bormundschaftsordnung

nicht

nur

nicht

ausdrücklich

sonder« überhaupt nicht einmal erwähnt.

zugestanden,

Mithin erscheint auch

nach dieser Argumentation wiederum der Vormund

nicht befugt,

aus dem paraten Vermögen seines Pflegebefohlenen ein Familien-

fideicommiß zu errichten.

Obwohl wir uns schließlich bei dieser Gelegenheit mit Ent­

schiedenheit gegen die Zumuthung verwahren niüssen, als ob wir die Statthaftigkeit der zwischen Vormundschaft auftrag gezogenen Parallele im

und Vollmachts­

Prinzipe und im

Allgemeinen

befürworten wollten, so halten wir doch dafür, daß die aus der täuschenden Aehnlichkeit beider Institute speciell für unsere Argu-

mentation hervorgesuchten treffenden Gleichungen nicht gerade jeg­ licher Berechtigung als beweisführende Factoren entbehren möchten,

zur Vergleichung

gestellten

Momente, insofern sie in logischem Zusammenhänge

mit den

und glaubten daher die vorstehend

voranfgehenden Motiven unsere Ansicht aufs Neue in augenschein­ lichster Weise bestätigen, blos deshalb nicht unerwähnt taffen zu dürfen, weil sie nur auf einer in

allen Einzelnheiten nicht ganz

unbedenklich sicheren Unterlage beruhen.

46 VI. Durch daS ganze Privatrechtsgebiet hindurch erstrecken

§ 18.

sich zwei große Halsten, wesentlich verschiedener subjectiver Rechte Die eine Hälfte bestimmt und charaktcrisirt die

oder Befugnisse.

Persönlichkeit an sich, das S ein der Person; die andere Hälfte

bezieht sich auf

Haben.

die äußere

Erweiterung der Person, auf das

Hiernach unterscheiden wir „Eivilstandsrechte" und „Ver­

mögensrechte."

Erstere, welche auch Personenrechte oder

eminenten Sinne —

— im

reinpersönliche Rechte heißen, beschäftigen

sich lediglich mit Personen als

solchen,

deren verschiedenartige

Stellung und gegenseitige Beziehungen zu einander ihren Gegen­ stand

ausmachen.

Letztere,

auch Sachenrechte genannt, haben

ihren Grund in der Erweiterung der ursprünglichen Grewzen des

Rcchtssubjectes über das

Rechtscbject, über die den Menschen

umgebende unfreie Natur, „über die äußere, ungeistige Welt in

ihrm räumlichen Begrenzungen."

Sie beschäftigen sich demgemäß

mit den verschiedenartigen Beziehungen der Person

Den ersteren liegt das Sachliche, die

zur Sache.

unfreie Natur vollständig

fern, bei letzteren ist das sachliche, unfreie Element znincist das

Wesentliche. Die Person als Subject des rechtlichen Willens verwirklicht

die ihr nothwendige Freiheit gegen die Sache, die als ungeistig und unpersönlich keine Beziehung ans sich selbst und daher ihre

Bestimmung lediglich darin hat, der Person unterworfen zu leerten, ihrem Zwecke

zu dieneu.

Der in der Person

als

Träger

von

Befugnissen ruhende RcchtSiville giebt sich im Object sein Dasein.

Dieses Object, das sachliche Element, kann hierbei bald mehr bald

weniger vorherrschend erscheinen, je nachdem

die

Beziehung der

Person zur Sache eng oder locker vermittelt, mit anderen Worten:

je nachdem das Verhältniß des RechtSsnbjectcS zum RcchtSobject

ein unmittelbares oder mittelbares ist. der Inhalt des Vermögensrechtes in

In ersterem Falle besteht

einer ursprünglichen,

ganz

directen Beziehung der Person zur Sache, die Person legt ihren Willen

ohne

Berücksichtigung

irgend eines anderen rechtlichen

47 Willens in die Sache selbst, itub dann haben wir ein s.g. ding­

liches Recht; int zweiten Falte

besteht der

Inhalt

zunächst in einem Verhältnisse zweier Personen

welches die Sache

des Rechtes

zu einander, für

nur die mittelbare Voraussetzung bildet,

Person kann hier nnr durch das Medium

einer

die

ihr gegenüber­

stehenden Person die Sache als Dbjeet ihres Rechts erreichen, und

dann haben wir ein Dbligationenrecht, uneigentlich gleichfalls persönliche s Recht genannt.

Während nun die

reinpersönlichen

unbeweglich sind,

Rechte

insofern sie von der Person ihres Inhabers nicht losgelöst werden

können, vieliuchr in dieser Person

ihren festen, unveränderlichen

Stand haben, sind die Vermögensrechte fast an su ahme los be­

weglich und waitdelbar, indem sie von der Person ihrer Inhaber

getrennt und beliebig auf Andere übertragen inerten können.

Wir

sagten: „fast ausnahmelos"; denn nicht alle zur Klasse der Ver­

mögensrechte gehörige Befugnisse sind in ambulatorisch, vielmehr

bestehen

der angegebenen

Weise

gewisse Ausnahmcrechte, welche

weder ihrer Sustanz, noch ihrer Ausübung nach auf Andere über­

tragen werden dürfen. treffenden

Diese Rechte hat die

Rainen: jura

liche Rechte bezeichnet.

mit dem

Theorie

pcrsonalisshna, höchstpersön­

Welche Rechte jedoch

im Einzelnen da­

runter verstanden werden sollen, beziehentlich zur Klasse der höchst­ persönlichen zu rechnen seien, dariiber ist man noch

ebenso int

Unklaren, wie über die wesentliche innere Ratnr und Beschaffen­

heit derselben.

Das Allgemeine Landrecht ergeht sich in mannig­

fachen Umschreibungen zur

Bezcichmlng solcher höchstpersönlicher

Rechte, Uiuschrcibtlugen, welche,

indem sie

auf

den

Kern

der

Sache einzugehen ängstlich vermeiden, auch daö eigentliche Wesen

nicht

berühren

und

die innere Ratnr und Beschaffenheit des

Rechtes keineswegs aufdecken, sondern ihren bestimmenden Inhalt

vielmehr lediglich

einem rein

äußerlichen Kennzeichen, nämlich

der oben bereits vermerkten juristischen Thatsache der Unzertreunlichkeit ihres Besitzes von dem Besitzer entlehnen.

In dieser Be­

ziehung spricht denn das Landrecht von ihnen, als Rechten,

„welche

48 an eine bestimmte Person oder an gewisse Eigenschaften derselben gebunden sind"

oder

„welche nur der

Person ankleben"

„welche blos an der Person haften," im Gegensatze gen Vermögensrechten,

oder

zu denjeni­

„welche zum freien Eigenthume gerechnet

werden."

Vergl. §§ 99, 102, 103, Eint.; § 360, Tit. 9; § 382 Tit.

11, Th. I A.L. R. An einigen anderen Stellen

schreibenden

allgemeinen

verengt das

für

Ausdrücke

Rechte in die Bezeichnung eines

Landrecht die um­ höchstpersönlichen

dieser Gattung, indem

Theils

es an diesen Stellen von Rechten,

die

„welche blos an den Stand

gebunden, einem gewissen Stande oder

Gewerbe

eigen sind,"

redet, obwohl es auch hier der richtigen Interpretation nach nicht

eine neue, besondere Unterabtheilung höchstpersönlicher Rechte auf-

stellen, sondern höchstpersönliche Rechte überhaupt und im Allge­ meinen darunter verstanden und begriffen wissen will.

hellt schon

zur

Genüge aus

einer einfachen

Dies er­

Vergleichung

des

§ 104 cit. der Eint, mit § 382 Tit. 11 Th. I, sowie des § 40 Tit. 2 Th. I mit § 360 Tit. 9 ib.

In den zur

Vergleichung

gestellten Paragraphen ist nämlich je ein Mal für den nämlichen Thatbestand oder Sachverhalt derselbe

Grundsatz

ausgesprochen,

an die nämliche spccies facti dieselbe regula Juris geknüpft, und doch die verschiedene

Umschreibung

für höchstpersönliche

Rechte,

nämlich das eine Mal „Rechte, die blos an den Stand gebun­

den sind," und das andere Mal „Rechte, welche an die Person des Inhabers gebunden sind" in Anwendung gebracht.

Aus die­

sem promiscuc-Gebrauchen der diversen Redewendungen ist der

folgerichtige Schluß zu ziehen, daß das Landrecht mit den angeführten mannigfachen,

ja selbst verschiedentlichen Varianten doch

ohne Unterschied die gesammte Gattung derjenigen unübertrag­ baren Vermögensrechte bezeichnen will, welche die Theorie ebenJura peraonalissima

zu nennen beliebt.

So wenig klaren Auf­

schluß die eitirten Umschreibungen nun auch über das eigentliche

Wesen dieser Rechte gewähren,

so geht doch

Eines unbedenklich

49

daraus hervor: sie haben insgesammt ein charakteristisches Merkmal

welches

gemeinschaftlich,

nämlich darin

besteht,

daß sie von ihrem Subjecte nicht getrennt und darum auf Andere nicht übertragen oder ihnen abgetreten werden können. Siehe §§ 99,

104

der

Einl. und

§

382

Tit.

11,

Th. I eit.

Airs demselben Grunde des Gebnndenscins an ihren Inhaber hat Ulan denn folgerichtig auch die weitere Regel abgeleitet,

höchstpersönliche Rechte nicht durch

werdeu können.

daß

Stellvertreter ausgeübt

Diescll Grundsatz hat denn auch das Allgemeine

Landrecht anerkannt und in Gemäßheit des 8 31 Tit. 13, Th. I in sich anfgenoininen, indem cö dort verordnet, daß „Rechte, die einem gewissen Stande oder Gewerbe eigen sind," — d. h. der richtigen Interpretation nach eben „höchstpersönliche Rechte" über­

haupt — „Anderen nicht aufgetragen noch von

denselben über­

nommen lvcrden könnm."

Wird nun nachgewiesen, daß die Befilgniß, ein Familienfidcicommiß

zn

errichten,

sei, so ist damit gleichzeitig der

ein

höchstpersönliches

überzeugende Beweis

Recht

geliefert,

daß diese Befngniß nur von beut Stifter selbst, nicht aber durch einen Stellvertreter, also auch nicht voin Vormunde Namens und in Vertretung seines Mündels ausgeübt lverden kann.

Den Begriff des höchstpersönlichen Rechtes aus seinem eigent­ lichen Inhalte, seiner inneren Natur und Beschaffenheit heraus,

also mit anderen Worten dem Wesen, der Substanz nach gründ­ lich zu erkennen und präcise zu bestimmen, ist unseres Erachtens

ernstlich noch nicht versucht lvordcn. Unbeküminert um diese tiefer

liegenden Beziehungen hat mall

sich

bisher

eben

lediglich mit

dem äußerlich erkennbaren und nur für die Ausübung des Rechtes in Betracht kolumenden, charakteristischen Merkmale der Unüber­

tragbarkeit begnügt und beholfen.

Im Leben und Verkehr ist inan

damit auch fast immer vollständig ausgekomlnen, weil das prac-

tische Bedürstnß in der Regel keine machte.

Unser Borlvurf,

weiterreichenden Ansprüche

unser thema probandum,

erheischt

50 jedoch in seiner mehr wissenschaftlichen Richtung

ein

unbedingt

tieferes Eindringen auf den Kern der Sache. § 19.

Forschen wir nach dem Wesen eines Vermögensrechtes

überhaupt, so erkennen wir darin,

bereits

wie

worden, zwei Elemente oder Factoren, die in

oben

angedeutet

einem bestimmten

Verhältnisse zu einander stehen: nämlich das persönliche Element oder Subject des Rechtes mit der individuellen Freiheit des lebendigen

Willens, und das sachliche Element oder Object des Rechtes mit der generellen

Stofflichen, der

todten

Materie.

Die sehr verschiedene, besondere Art mtb Weise

dieses

Verhält­

Unfreiheit des

nisses, man könnte sagen, der

Proportionsgrad oder der

Bruch­

theil, in welchem die beiden Elemente im einzelnen Falle sich

einander verhalten, verleiht auch dem

einzelnen

zu

Vermögensrechte

je seine besondere Beschaffenheit und eigenthümliche Natur. Diese

Behauptung ist jedoch in ihrer Allgemeinheit so vorbehaltlos nicht

ganz richtig.

Denn bei todterer

sorgfältiger Prüfung und

wissenhafter Vergleichung der verschiedenen

Vermögensrechte

ge­ be­

merken wir gar bald ein entschiedenes Mißverhältniß der beiden Recht bildenden Elemente oder Factoren, ja ivir machen im gründ­ lichen

Verfolg

dieser

Untersuchung

die

nehmung einer, und zwar der folgeuden

überraschende

Wahr­

fast allen Vermögens­

rechten gem einsamen, und darum desto auffallendercu Erscheinung. Wir finden nämlich bei jedem gewöhnlichen Verinögensrechte das

sachliche Element dem persönlichen gegenüber in so übernnegeudem Maaße vorherrschend, daß das letztere von ersterem stets und unter

allen Unlständen nach irgend einer Richtung hin geradezu bestimmt, beeinflußt und in gewissen

Schranken

gcblluden

gehalten

wird,

und zwar selbst dann, toeini sich die Beziehung der Person zur

Sache, wie bei der Obligation,

mittelbare oder zufällige darstcllt.

eine so mächtige und

entschiedene,

nur

als

eine ganz

entfernte,

Diese prävalente Wirkung ist die Herrschaft des unfreien

Objectes über den freien Willen des Subjectes eine so unbedingte

und widerstandslose, daß man gerade das

sachliche

Element bei

jedem gewöhnlichen Vermögensrechte als das eigentliche essentiale

betrachten muß, welches je nach der verschiedenen Intensivität und

51 Tragweite seines Einflusses dem einzelnen seinen charakteristischen

Stempel

Weise werden daher die Vermögensrechte

gewissermaßen

Rechte

In ganz

anfdriickt.

correcter auch

Allgemeinen

im

gerade vorzugsweise: „Sachen-Rechte" genannt.

Das Verhältniß kann nun aber auch gerade umgekehrt denkbar

feilt, d. h. der persönliche Factor, das Subject

kann

zugte, herrschende Stellung einnehmen, während

völlig abhängiger, der individuellen Willkür der schränkt untern'orfencr

Einwirkung auf das

Stellung nicht nur

Element

freie

jeder

entbehrt,

die bevor­

das

Object

Person

in

unbe­

unmittelbaren

sondern

gewisser­

maßen nur das dienende Werkzeug, das zur Bildung des Ganzen

eben unvermeidliche Mittel vorstellt, und also lediglich durch seine Epistenz, durch

sein bloßes

Vorhandensein

ohne irgend welche

sonstige Kraftäußerung oder maßgebende Bestiinmung als wirkender,

In diesem übrigens

beziehentlich mitwirkender Factor erscheint.

keineswegs blos intelligiblcn, sondern mit ganz concreter Realität

ausgestattcten Falle, in welchem eben ausschließlich das persönliche

Element, das

unbegrenzte Spiel der freien

des Subjectes, dem jedesmaligen

wie den äußeren thümliche,

Wirkungen

Färbung verleiht,

haben

seiner Ausübung nach die Prägung

charakteristische

Willensbestimmung

Rechte sowohl seiner Existenz,

wir es

anfdrückt,

mit derjenigen

eigen­

die specifische

von

Gattung

Rechten zn thun, welche die wissenschaftliche Doctrin so bezeichnend „höchstpersönliche" ;n heißen pflegt.

Um hierbei jeder absichtslosen Mißdeutung vorzubengen, wollen lvir an einigen Beispielen concreter Fälle versuchen, die vorstehend

gemachten

abstracten Ausführungen zu

erläutern,

und dadurch

gerechten

Beurtheilung

einem richtigen Verständnisse, ivte einer derselben leichteren Zugang zu verschaffen.

Greifen wir auö der reichen Auswahl von Vermögensrechten

irgend Eins heraus: nehmen nur beispielsweise die Kanfsobligation! Der freie Wille, resp, die

verschiedenen

Willensrichtungen

des

Käufers beziehentlich des Verkäufers repräsentire» den persönlichen,

Sache und Preis den sachlichen Factor.

Gleich ans den 4*

ersten

52 oberflächlichen Blick erscheint ganz unverkennbar der Kaufgegenstand, also das sachliche Element, als

Preis

und

das Wesentliche,

als das Bestimmende; nach ihnen richten und strecken sich

die

freien Willen der dabei betheiligten Rechtssubjecte, des Käufers

und Verkäufers; durch sie werden die

beiden Willen auf

eine

im großen Ganzen in Voraus streng vorgezeichnete Bahn gewiesen,

in dieser Bahn frei von jeder

abwegigen

Schwankung je nach

einer bestimmten Richtung hin einander entgegengeführt, und auf dem Punkte, wo sie schließlich Zusammentreffen — Willensübereinstimmung —, gebunden gehalten — daher obligatio, Band,

Verbindlichkeit.

Nicht die Verschiedenheit der Sirbjecte, -sondern

der Unterschied des Objectes begründet auch die charakteristische

Verschiedenheit der Kaufsobligation.

Mögen Käufer

käufer noch so oft wechseln, die Rechte derselben

oder Ver­

bleiben

die nämlichen, solange Sache und Preis indentisch sind.

immer

Daher

beruhen auch lediglich auf dem Objecte die vielfachen, vom Gesetz

aufgestellten und

anerkannten

da sind: Kauf von Mobilien

Unterscheidungen der Käufe,

als

oder Immobilien, Renten-Gülten-

Erbschafts-Kauf n. s. f. Ueberall ist

es das

sachliche Element,

welches den entscheidenden Ausschlag giebt, während das persönliche Element, nur nebensächlich sich darstellt. — Ganz die nämliche Erscheinung finden wir, wie bei jedem Obligationenrechte, so auch

bei jedem dinglichen Rechte.

Nicht die Personen des Verpfänders

oder Pfandnehmers bedingen beispielsweise die spezifische Eigen­ artigkeit eines Pfandrechtes, sondern vielmehr lediglich und aus­

schließlich die

verschiedene

dasselbe beweglich

Beschaffenheit des

oder unbeweglich



daher

Pfandobjectes,

Hypothek, ob körperlich oder nnkörpcrlich, ob Schiff mannshandlung ist u. s. w., mld zwar erstreckt sich

den Unterschied des Sachlichen hervorgerufene fürwortete Unterscheidung

Abstufungen hinab.

des

Rechts bis in

ob

Faustpfand und

und

oder

Kauf­

diese

durch

gesetzlich be­

die detaillirtesten

So ist es bekannterwcise z. B. sehr wesentlich,

ob eine verbriefte oder eine nicht verbriefte Forderung Gegenstand des Pfandrechtes ist oder sein soll.

Ueberall zeigt das sachliche

Element den besonderen Charakter des Rechts an.

53 Allein ganz anders verhält cs sich nun mit den Rechten, welche ivir nach unserer obigen Begriffsbestimmung als „höchstpersönliche"

Betrachten wir beispielsweise die

ansehen und erkennen müssen.

Befngniß 'gi testiren, die s. g. testamenti factio activa.

kommt es ans die

testirt werden

soll,

nicht

liche Charakter des

ringsten

im Blindesten

üiechtes ist

Das

abhängig.

Der eigenthüm-

an.

vom Sachlichen

sachliche

Hier

über welche

Sachen,

der

Verschiedenartigkeit

Element

nicht im Ge­ nur,

hier

>virkt

insofern es da ist; cs concurrirt ohne Rücksicht auf seine sonstige

factische oder juristische Beschaffenheit; es Denn,

Existenz.

ob

Jemand

über

genügt

einen

lediglich

seine

Pfennig oder

eine

Biillion Thaler, ob über Grundstücke, Schafherden oder Renten­

briefe testirt, das alterirt weder die Befngniß an sich,

noch das

Testament, als die uninittelbare juristische Folge ihrer Ausübung. Das persönliche Element ist das Alleinentscheidende; die freie, das

Object hier

vollständig

beineistcrnde,

uneingeschränkte

Willens-

bestinlinnng des Subjectes ist hier dasjenige gewichtige Moment,

ivelches sowohl der Befngniß selbst ihren giebt, als

auch

den

durch

eigenthümlichen

zur

dercu Ausübung

Inhalt

äußeren

Er­

scheinung gebrachten Wirkungen ihre ganz besondere Gestalt und Wesenheit verleiht.

Wer zur Erbschaft berufen

wird,

ob

Kind

oder Fremder, ob der Rotherbe übergangen oder namentlich enterbt wird, wer mit Legaten bedacht, ob dem Erben

ein zweiter sub-

stituirt wird, kur; Alles dasjenige, was die Person und nur diese angeht, was auf dem freien Willen des

von

Subjectes beruht, was

der höchstpersönlichen Willensbestimmnng

abhängt und dadurch bedingt wird, —

des

Testirenden

das ist hier das

einzig

maßgebende, gesetzlich anerkannte Criterium, das beredte, sprechende Zeugniß für den eigentlichen

Charakter

des

Rechtes.

Dasselbe gilt ferner ;. B. von dem Rechte des Besitzes, von

dem Widerrufsrechte bei Scheukuugeu, von allen Klagerechten, welche die Neuern actioncs qnac vindictain spirant nennen, — weil alle diese Rechte Bermögensverhältnisse zum Gegcustandc haben, welche

ein mcnschlischcs Bewußtsein und Handeln zur Erhaltung, oder individuelle

Willensbestimmnng

zur

Begründung

un-

54

mittelbar voraussetzen, also vorherrschend durch den persönlichen Factor bedingt werden. Es kann daher keinem Zweifel unterliegen, daß die Befugniß zu testiren ein höchstpersönliches Recht ist.

Dasselbe will auch

Koch constatiren, wenn er in seinem Erbrechte § 16

S. 159,

160 bemerkt: „die testamenti factio ist von jeder Privatwillkür

unabhängig; sie ist von der Person desjenigen, dem sie zusteht, untrennbar, folglich auch auf keinen Andern übertragbar."

Commentar

Vergl. übrigens auch Koch,

zum A. L. A.

Note 102 zu § 99 und Note 105 zn § 103 der Einleitung:

ferner, sein Erbrecht, § 5, S. 45, 46 und § 7, S. 77 ff.

Der Befugniß zu testiren steht aber die Befugniß ein Familien-

fideicommiß zu errichten, soweit es dabei auf die innere

Ratnr,

den eigentlichen Inhalt des Rechtes an sich aukömmt, vollkonunen

gleich, wie bereits die unter I im § 13 gepflogenen Erörterungen zur Genüge gezeigt haben. Rechte, sowie deren

Die

völlige

beider

Gleichstellung

Natur hat

höchstpersönliche

außerdem das

Allgemeine Landrecht auch noch deutlich erkennbar gemacht

eine scheinbar ganz gleichgiltige,

durch

selbstverständliche Redewendung

in Form einer kurzen Einschaltung, welche jedoch prüfenden Blicke, ohne aufzufallen, nicht entgehen

dem

sorgfältig

§

samt.

1,

Tit. 12, Th. I und resp. § 47, Tit. 4, Th. II enthalten näm­

lich die allgemeinen, einleitenden Erklärungen beider Befugnisse. In beiden Paragraphen findet man

der

gegebenen Erläuterung

den bezeichnenden Ausdruck: „nach Gutbefinden" resp, „nach

eigenem Gutbefinden" beigefügt.

Man darf nicht annehmen,

daß dieser Zusatz ohne tiefere Bedeutung sei.

solche Bedeutung, so kann Dieselbe unseres

Hat er aber eitle

Erachtens

eben

nur

darin bestehen, daß das in beiden Befugnissen gleich überwiegend vorherrschende persönliche

Element

d.

h.

die durch

Sachliches verkümmerte, nneingeschränkte Freiheit der Willensbestimmung durch die Bemerkttng

„nach

eigenem

befinden" ganz besonders hat betont, recht prägnant hat

werden sollen.

Nichts

subjectiven

Nach dieser Auslegmig gewinnt der

(gut­

markirt

sonst leicht

55

überflüssig erscheinende Zusatz sichtlich an motivirter Berechtigung und hervorragender, juridischer Bedeutung.

von

Aus allen diesen (Gründen ntitf; nnninehr das Thema,

welchem wir ausgegangcn, daß die

Befugniß ein

Familienfidei-

commiß zu errichten in gleicher Weise, wie die Befugniß zu tesüren,

ein höchstpersönliches

stecht

sei,

für

nachgewiesen

überzeugend

Ist dies aber der Fall, so muß auch, den obigen

gelten.

Aus­

führungen gemäß, in Ansehung beider Befugnisse deren Ausübung

durch

Stellvertreter

entschieden

für

unstatthaft

angesehen

Mit Bezug auf die Testamentserrichtung hat übrigens

werden.

das tzandrecht dies noch ausdrücklich vorgeschrieben, insofern § 66

Tit. 12, Th. I bestimmt, daß „jedes Testament oder Codizill in der Regel vom Testator selbst den Gerichten zu gerichtlichem Protokolle

erklärt

übergeben oder

müsse."

werden

Man

würde gröblich gegen das Princip der Analogie verstoßen, wollte man für die homogene Befugniß, ein Familienfideicommiß zu er­

Hiermit ist aber

richten, ctivas hiervon Abweichendes statuircn.

auch zugleich der unumstößlich klare Beweis dafür geliefert, daß der Bormund nicht befugt erscheint, Namens und in Vertretung

seines Mündels ans dessen

Vermögen ein

Familienfideicommiß

zu errichten. Uebrigens bckcnunt sich indirecter Weise auch das Königliche Obertribnual zu der Ansicht, daß die Befugniß ein Familienfidei­

commiß zu errichten ein höchstpersönliches Recht sei,

wenn man

nämlich mit Kierulff, v. Savigny, Koch, Förster und anderen namhaften juristischen Autoritäten der Annahme

beipflichtet,

daß

außer den persönlichen Eigenschaften und Befugnissen eines Menschen

tut Sinne des S 23 der Einleitung zum A. X*. R. auch die s. g.

höchstpersönlichen Reckte nach dem Persoualstatute seien.