Ein musikalisches Stück Heimat: Ethnologische Beobachtungen zum deutschen Schlager [1. Aufl.] 9783839408643

Dieses Buch beschäftigt sich mit dem deutschen Schlager als kulturellem Werkzeug für die Konstruktion eines Heimatgefühl

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German Pages 388 Year 2015

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Table of contents :
Inhalt
Ein Indiojunge aus Peru (Einleitung)
Teil I
Unter fremden Sternen: Das »zivilisierte Denken« oder über das westliche Paradigma der (Musik-) Ethnologie und den Fremden als Ethnologen
Ein bisschen Spaß muss sein: Popularmusikforschung und Musikwissenschaft
Malinowskis Tod: Multilokalität, Feldforschung im Sessel und »nicht-teilnehmende Beobachtung"
Vom Warenfetischismus zur kulturellen Bedeutung der musikalischen Ware
Teil II
Das große Buch des deutschen Schlagers: Klänge lesen oder die musikalische Darstellung sozial erlernter Bilder
Liebe auf Triebe
Schlag auf Schlag: Der Schlager als Begriff
Ich find' Schlager toll: Der deutsche Schlager als Diskurs
Schlager gibt es immer wieder: Der Schlagerdiskurs durch die Zeit
Das Land des Lächelns
Dort, wo die Blumen blüh'n: Die entbettete Heimat und die Rebellion der Konservativen
So a Stücker! heile Welt oder die Konstruktion von Heimat mit dem deutschen Schlager
Wir wollen niemals auseinandergeh'n (Schlussworte)
Bibliographie
Im Text genannte audiovisuelle Medien
Liedverzeichnis
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Ein musikalisches Stück Heimat: Ethnologische Beobachtungen zum deutschen Schlager [1. Aufl.]
 9783839408643

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Julio Mendivil Ein musikalisches Stück Heimat

Studien zur Popularmusik hrsg. v. Thomas Phleps und Helmut Rösing

Julio Mendivil (Dr. phil.) ist Vertretungsprofessor für Musikethnologie am Musikwissenschaftlichen Institut der Universität zu Köln. Seine Forschungsschwerpunkte sind Musikarchäologie aus den Anden, Geschichte der Musikethnologie sowie Popwarmusik in Deutschland, Peru und Brasilien.

JULIO ME NO IVIL

Ein musikalisches Stück Heimat. Ethnologische Beobachtungen zum deutschen Schlager

[ transcript]

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http:/ fdnb.d-nb.de abrufbar.

© 2008 transcript Verlag, Bielefeld Die Verwertung der Texte und Bilder ist ohne Zustimmung des Verlages urheberrechtswidrig und strafbar. Das gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Verarbeitung mit elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung: Kordula Röckenhaus, Bielefeld Umschlagabbildung: Julio Mendivil Satz: Victor Mendivil Druck: Majuskel Medienprodulction GmbH, Wetzlar ISBN 978-3-89942-864·3 Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier mit chlorfrei gebleichtem Zellstoff. Besuchen Sie uns im Internet: http:jjwww.transcript-verlag.de Bitte fordern Sie unser Gesamtverzeichnis und andere Broschüren an unter: irifo@transcript·verlag.de

INHALT

Ein Indiojunge aus Peru (Einleitung)

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Teil I Unter fremden Sternen: Das ••zivilisierte Denken•• oder über das westliche Paradigma der (Musik-) Ethnologie und den Fremden als Ethnologen Ein bisschen Spaß muss sein: Popularmusikforschung und Musikwissenschaft Malinowskis Tod: Multilokalität, Feldforschung im Sessel und »nicht-teilnehmende Beobachtung" Vom Warenfetischismus zur kulturellen Bedeutung der musikalischen Ware

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Teil II Das große Buch des deutschen Schlagers: Klänge lesen oder die musikalische Darstellung sozial erlernter Bilder

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Liebe auf Triebe Schlag auf Schlag: Der Schlager als Begriff Ich find' Schlager toll: Der deutsche Schlager als Diskurs Schlager gibt es immer wieder: Der Schlagerdiskurs durch die Zeit

137 137 162

Das Land des Lächelns Dort, wo die Blumen blüh'n: Die entbettete Heimat und die Rebellion der Konservativen So a Stücker! heile Welt oder die Konstruktion von Heimat mit dem deutschen Schlager

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233 276

Wir wollen niemals auseinandergeh'n (Schlussworte)

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Bibliographie

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Im Text genannte audiovisuelle Medien

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Liedverzeichnis

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DANKSAGUNG

Meine Forschung und dieses Buch wären nicht möglich gewesen ohne die wertvolle Unterstützung zahlreicher Personen und Institutionen. Die Heinrich-Böli-Stiftung finanzierte einen großen Teil meiner Forschung und ermöglichte mir wichtige Kontakte zu Wissenschaftlern aller Disziplinen. Besonders danken möchte ich Christiane Bornstedt und Kerstin Simonis, die mich von Seiten der Stiftung betreut haben. Dem Rechenzentrum der Universität zu Köln verdanke ich die mehrmalige Wiedergutmachung meiner Tollpatschigkeit im Umgang mit der Datensicherung. Carl Mahlmann und Susanne Schulte von EMI Music Germany nahmen mich großzügig in das EMI-Team auf und führten mich in die für mich unbekannte Welt der Musikindustrie ein. Darüber hinaus scheuten sie keine Anstrengungen, mich in jeder Hinsicht zu unterstützen. Judith Coen verdanke ich den Eintritt in die mediale Welt des Schlagers. Geli Bozny-Wongard wies mich stets auf Informationen, CDs und DVDs für meine Forschung hin. Ihnen allen danke ich für ihre Geduld, für die erübrigte Zeit und vor allem für ihre Freundschaft. Patrick Frölicher und Nicola Laure-Al-Samarai haben aus der Distanz die Arbeit kapitelweise gelesen und mit ihren Anregungen bereichert. Meine Freunde und Kollegen, Oliver Seibt, Kerstin Klenke und Maurice Menget haben bei Musik und bei Wein unzählige Theorien und Methoden mit mir diskutiert und dadurch dieses Buch entscheidend beeinflusst. Besonders möchte ich mich bei Oliver Seibt bedanken, der das Buch in jeder Phase begleitet und das Manuskript korrigiert und kommentiert hat. Meinem Doktorvater, Prof. Dr. Rüdiger Schumacher, danke ich besonders dafür, dass er mich dezidiert unterstützt hat, obwohl meine Methoden wie auch mein Schreibstil nicht immer konventionell für die deutsche Musikethnologie sind. Jutta Krings danke ich für die mühsame Arbeit bei der Transkription von Interviews. Worte allein können nicht die Dimension der Dankbarkeit ausdrücken, die ich gegenüber meiner Frau Jana Jahnke fühle. Ohne ihre Unterstützung, ihr Verständnis, ihre Liebe und ihre fachlichen Anregungen hätte ich dieses Buch niemals geschrieben.

Es kennzeichnet die Deutschen, daß bei ihnen die Frage »was ist deutsch?« niemals ausstirbt. Friedrich Nietzsche

EINLEITUNG

EIN INDIOJUNGE AUS PERU

Während der Sommerferien des Jahres 1998 rief mich ein spanischer Freund an, der wie ich sein Studium in Deutschland mit verschiedenen Nebentätigkeiten finanzierte, und erzählte mir, dass er dieses Mal einen Job im Lager eines Kölner Musikverlages gefunden habe. Die Bezahlung sei gut und die Arbeit leicht, berichtete mein Freund. Seine neue Beschäftigung bestehe allein darin, die Bestellungen aufzunehmen, ins Lager zu gehen und die entsprechenden Exemplare aus den Bergen unverkaufter Musikbücher und Partituren auszugraben. Bei einer Suche, fügte er hinzu, habe er etwas gefunden, dass mich als Musiker und lange in Deutschland lebenden Peruaner sehr interessieren sollte. Als wir uns einige Tage später trafen , durfte ich feststellen, dass meine Befürchtungen, mein Freund würde mir eine gedruckte Version von EI Condor pasa auf Deutsch überreichen, unbegründet waren. Was ich erhielt, war die Partitur eines deutschen Liedes, das von einer mir damals unbekannten Sängerin namens Katja Ebstein gesungen und berühmt gemacht worden war. Ein Indiojunge aus Peru' - so der Titel des Liedes - war tatsächlich weit davon entfernt, eine deutsche Fassung des berühmten Stückes von Daniel Alomia Robles zu sein, selbst wenn es, wie das bekannte peruanisehe Stück, auch mit simulierten quenas und einem Quartsprung anfing. Der von den Herausgebern als »Moderato-Beat .. bezeichnete Song war in meinen Augen ein ganz gewöhnlicher deutscher Schlager. Gelegentlich hatte ich , während ich durch die deutsche Fernsehlandschaft zappte, einige Musiksendungen mit Schlagern oder volkstümlicher Musik erwischt, hatte aber auch im Verlaufe meiner Sozialisation als ausländischer Student in Deutschland von meinen Wie Wicke anmerkt, verbindet sich Popmusik »in der Regel mit Namen von Interpreten, während die Autoren in der Öffentlichkeit vielfach nahezu unbekannt sind« (Wicke 1997:429). Dadurch übernimmt der Interpret die Rolle eines Pseudoautors. Da ich die Perspektive der Informanten beibehalte, ordne ich die Lieder den Interpreten zu. Ausführliche diskographische Angaben zu den genannten Liedern findet der Leser im Liedverzeichnis im Anhang.

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EIN MUSIKALISCHES STÜCK HEIMAT

Kommilitonen gelernt, dass jene Musikrichtung, die das Adjektiv »deutsch« für sich reklamiert, politisch suspekt sei und deswegen nicht dem guten Geschmack »aufgeklärter, liberaler Leute" entspräche. Im Gegenteil: Für einen typischen Ausdruck spießbürgerlicher Deutscher gehalten, gilt der Schlager kaum als Musik, noch weniger als Kultur, sondern allein als rein wirtschaftliches Produkt der Musikindustrie, das, um Adernos Urteil zu benutzen, lediglich zerstreute und dekonzentrierte »Unterhaltungshörer" einfangen kann (vgl. Adorno 1992:3 1). Trotz des negativen Bildes, das ich von meiner Umgebung übernommen hatte, oder vielleicht gerade deswegen, sah ich mir flüchtig einige Sendungen an, denn als Musikethnologe war ich daran gewöhnt, mich der Faszination des Fremden hinzugeben. Und diese Aufzeichnungen mit ihren gutgelaunten, in »typischeVolksdichtung,, oder "Volksmusik,, in der deutschen Sprache noch heute eine eher positive Bedeutung auf (vgl. Wiora 1950, 1959; Haas 1957:88; Kayser 1975:10-11; Bandur 1995:388)3 • Das Populare dagegen wird meistens mit " Pöbelthe science of society whose subject-matter [is] the variety of human or social types« (Feuchtwang 1983: 177) versteht, ihr Subjekt immer noch anhand eines dualistischen Vokabulars konstruiert, das auf Dichotomien wie primitiv /modern oder simpel/komplex basiert, wodurch sie aus den kulturellen Unterschieden zeitlich getrennte evolutionistische Typologien macht: >>Civilization, evolution, development, acculturation, modernization (and their cousins, industrialization, urbanization) are all terms whose conceptual content derives [ .. .] from evolutionary Time [sie]. They all have an epistemological dimension apart from whatever ethical, or unethical, intentions they may express. A discourse employing termssuch as primitive, savage (but al so tribal, traditional, Third World, or whatever euphemism is current) does not think, or observe, or critically study, the >primitiveexotische« Kulturen zu beschreiben - die Nuer sind, die Nuer denken, die Nuer pflegen dies oder das zu tun, usw. -, was sie im Moment der Betrachtung einfriert (vgl. ebenda:81 ), verschiebt die

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Ethnologie den Anderen in eine andere Zeit, die ihn einsperrt, von der >>normalen« Welt ausschließt und ihn dabei zwingt, ein verlaufener >>Nomade« in der vom Westen erfundenen Weltchronologie zu werden (vgl. ebenda:144). Im Rahmen der Musikforschung verfolgte der wissenschaftliche Weg ähnliche Ziele, und genau wie in der Ethnologie definierten Begriffe wie " primitiVSelbst unter sehr ähnlichen materiellen Bedingungen können die kulturellen Ordnungen und Zweckbestimmungen ganz verschieden sein. Denn die materiellen Bedingungen sind, wenn auch immer unerläßlich, doch potentiell auf ganz verschiedene Weise >objektiv< und >notwendigKräften< werden. [... ] Jede Gesellschaft muß für die biologische Konti nuität der Bevölkerung sorgen, indem sie sie kulturell bestimmt, muß Schutz gewähren, indem sie Häuser baut, oder Nahru ng bereitstellen, indem sie das Eßbare vom Nichteßbaren unterscheidet. Dennoch >überl eben< die Mensche n nicht einfach nur. Sie überleben in einer bestimmten Art und Weise. Sie reproduzieren sich als bestimmte Männerund Frauen, bestimmte Gesellschaftsklassen und gruppen und nicht als biologische Organismen oder Anhäufungen von Organismen. >[... ] die gesellschaftliche Bedeutung eines Gegenstands, die ihn für eine bestimmte Kategorie von Menschen zu einem nützlichen macht, genausowenig aus seinen physischen Eigenschaften ersichtlich ist wie der Wert, der ihm im Tausch beigemessen werden kann. Der Gebrauchswert ist nicht weniger symbolisch oder beliebig als der Warenwert, denn die >Nützlichkeit< ist keine Qualität des Gegenstands, sondern eine Bezeichnun g der objektiven Qualitäten>Objektiven Qualitäten«, die eine gewisse Art von Menschen dazu bringt, eine bestimmte Art von Musik innerhalb eines musikalischen Feldes in einer konkreten Gesellschaft zu kaufen, auf irgendeine Weise mit einer Reihe von Normen, Ideen und Wünschen verbunden sind, die nicht trennbar sind von dem, was wir Ethnologen >>Kultur« nennen. Hinter diesen objektiven Vorzügen verstecken sich selbst Konzepte, Vorstellungen und subjektive Funktionalitäten. Und das

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ist genau, was der Musikethnologe unter fremden Sternen untersucht. Warum nicht das gleiche vor der eigenen Tür tun? Aber zu erforschen, woraus die symbolische Dimension besteht, die irgendwelche Leute dazu bewegt, den Konsum von Schlagermusik zu pflegen, brachte ein Problem mit sich: die Leute. ln einer häufig zitierten Stelle erwähnt Foucault die Unmöglichkeit, irgendeine Art von Wissen unabhängig von Macht zu produzieren; Foucault behauptet, »daß Macht und Wissen einander unmittelbar einschließen; daß es keine Machtbeziehung gibt, ohne daß sich ein entsprechendes Wissensfeld konstituiert, und kein Wissen, das nicht gleichzeitig Machtbeziehungen voraussetzt und konstituiert" (Foucault 1994:39). Sei es unter dem legalen Schutz eines Kolonialsystems (vgl. Asad 1973:17) oder der Nationalstaaten, die ihm einen logistischen Rahmen ermöglichen, bekommt der Ethnologe Zugang zu »Seinen" direkten Quellen, zu " seinen" Informanten, gesegnet durch den Heiligenschein einer Machtkonstellation, die zu seinen Gunsten steht. Von der Sozialhierarchie entbunden, die sie ermöglicht, ist die Ethnologie ein Martyrium, wenn nicht eine Karikatur ihrer selbst. Während der westliche Ethnologe in der sogenannten Dritten Welt bald zu einer Geldquelle für seine Informanten wird (vgl. Barley 1991 :71), schafft es der Dritte-Welt-Ethnologe auf deutschen Straßen kaum, dem Image des Einwanderer mit ausgestreckter Hand zu entgehen. Dies platziert ihn automatisch in eine niedrigere soziale Position im Vergleich zu seinen Informanten. Wie Laura Nader anhand von Untersuchungen in den Oberschichten der USA gezeigt hat, erschwert die Umdrehung der Machtbeziehungen bei dem ethnologischen Zusammentreffen den Zugang zu den Informanten und zu den Informationen (vgl. Nader 1974:301)20 • Meine Erfahrung mit den Sikuani aus Kolumbien oder mit Musikern aus den Anden war, dass für diese sozial marginalisierten 20 Während der 1960er bzw. 70er Jahre versuchte Laura Nader als Reaktion auf die unpolitische Tradition des Faches, das seine Bemühungen auf die Untersuchung der armen ethnischen Gruppen beschränkte und die Erforschung der mittleren bzw. oberen Schichten vernachlässigte, eine Ethnographie der herrschenden Gruppe in den USA. Die Verwirklichung des »Studying-up" , wie sie diese Art von Untersuchungen nannte, stößt jedoch auf konkrete Hindernisse, denn die Herrschaftsgruppen erlaubten den Ethnologen den Zugang zu ihrer »Kultur" nicht, noch weniger zu den Machtstrukturen des nordamerikanischen Staates (vgl. Nader 1974:302307). Das Beispiel zeigt die Probleme , die auftauchen, wenn der Ethnologe die »traditionelle,, Siedlungssituation verlässt und sich in das Feld der Machtstrukturen kapitalistischer Gesellschaftsformen bewegt.

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UNTER FREMDEN STERNEN

Gruppen allein das Interesse an ihrer kulturellen Produktion eine Art von Anerkennung war. Daher ihre Bereitschaft, die ethnographische Arbeit zu unterstützen. Aber weder Produzenten noch Interpreten oder Konsumenten des Schlagers hielten es für nötig, eine Ethnographie seiner musikalischen Konzeptionen zu ermöglichen, so dass ihre Bereitschaft, mir Arbeit zu ersparen, größer war als diejenige, mir Arbeit zu machen. Nicht einmal der gute Ruf der Wissenschaften half mir, denn meine potentiellen Informanten misstrauten wissenschaftlichen Untersuchungen genau so sehr wie den neuen Reformen der Bundesregierung. Sobald ich den Zugang zu »meinem Stamm" mithilfe der bereits erwähnten Tricks (EMI-Ausweis, Visitenkarten als Ethnologe etc.) endlich erhalten hatte, stieß ich mir den Zeh an einem anderen Stein: den juristischen Persönlichkeitsrechten seiner Angehörigen. Napoleon Chagnon verwandelte die friedlichen Yanomami aus Brasilien und Venezuela mit so großem Erfolg in grausame Krieger (vgl. Chagnon 1968), dass es heutzutage kaum ein ethnologisches Lehrbuch gibt, dass sie nicht als Beispiel für Streitsüchtigkeit benutzt (vgl. Harris 1989:219; Peoples Et Bailey 1994:24). Chagnon musste sich dabei keine Sorge um die Meinung der Yanomami machen, denn sie waren vom Diskurs ausgeschlossen. ""Der Deutsche>Voraussetzung dazu bleibt demgemäß das Beobachten und Leben als Lernprozeß über einen längeren Zeitraum in der sogenannten >stationären FeldforschungStationärer Feldforschung< wird etwa das Partizipieren und die teilnehmende Beobachtung am Leben einer ethnischen Gruppe über einen längeren Zeitraum verstande n, um Daten über die normativen Verhaltensregeln und über die Gedankenwelt der Menschen dieser Gruppe zu erlangen. Die stationäre Feldforschung ist einerseits gefordert, damit gewisse Beobachtungs- und Erfahrungsmuster sich dabei wiederholen können und eine Max im ierung der Gewißheit und Zuverlässigkeit in e inem fortwährenden Lernprozeß erarbeitet wird, andererseits aber auch, daß von der Oberflächenbeobachtung zur Tiefenbeobachtung vorangeschritten werden kann, gilt es doch, vorerst die eigenkulturellen Wertvorstellungen mit den fremdkulturellen zu durchschauen, inadäquate Prämissen abzubauen, Kontakte herzustellen und eigene Verhaltensmechanismen wie Denkweisen, die störend sind, zu rationalisieren und aufzudecken.« (Baumann 1981:14)

Wie ich bereits im vorherigen Kapitel erwähnt habe, ist die ethnographische Schreibpraxis in den letzten Jahren von einigen Autoren in Frage gestellt worden. Diesen Autoren zufolge werden in ethnographischen Texten die Machtbeziehungen, die einer Feldforschung zugrunde liegen und aus ihr resultieren, die subjektiven Bedingungen, unter denen diese Forschung stattfindet, sowie die persönlichen Wahrnehmungen, welche die Objektivität der Beschreibung gefährden können, zugunsten einer ethnographischen Autorität ausgeblendet (vgl. Clifford 1986:15, Geertz 1988:8-10; Niekisch 2002:47-50). Ebenfalls habe ich erwähnt, dass die Ethnologie nicht selten aufgrund ihrer Komplizenschaft mit Kolonialmächten oder mit undemokratischen Regierungen politisch verdächtigt wurde (vgl. Asad 1973: 18; Smith 1999:21 -44; Marcus & Fischer 1999:34-35) . Aber über die Krise der Repräsentation und die postkoloniale Kritik hinaus gibt es einen anderen Bereich, in dem das malinowskische Modell der teilnehmen-

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den Beobachtung stark problematisiert wird. Ich meine damit das, was man als »Krise der vi/lage situation, bezeichnen könnte. Wie Cohen bemerkt, ist die Ethnographie a la Malinowksi eher für kleine Gemeinden als für städtische Phänomene geeignet: »lt involves a >microsociological < focus upon the beliefs, values, rituals, and general patterns of behaviour underlying social relationship or networks, hence anthropologists' concern with concepts of relatedness embodied in terms such as >kinshipethnicityidentitysocietyculture< and >community>Nun ergibt sich jedoch in der Feldforschung, daß wir im Prinzip die umgekehrte Folge vor uns haben. Wir gehen von C aus, um über M zu Z zu kommen, d.h. der Ethnomusikologe macht vorerst die Feststellung , hier tanzen Campesinos und führen die musikalische Handlung C aus (Ebene der Beobachtung); der Ethnograph muß danach nach dem Mittel M fragen (Ebene der Befragung), um den Zweck Z zu verstehen, resp. zu erklären versuchen (Ebene des Verstehens, bzw. des Erklärens).>Der erste dieser beiden Ausdrücke bezieht sich auf Vertrauensbeziehungen, deren Aufrechterhaltung oder Äußerung in sozialen Zusammenhängen erfolgt, die durch Situationen gemeinsamer Anwesenheit hergestellt werden. Der zweite dieser beiden Ausdrücke betrifft die Entwicklung des Glaubens an symbolische Zeichen oder Expertensysteme, die ich zusammengenommen als abstrakte Systeme bezeichnen werde.« (Giddens 1999:103, Hervorhebung im Original)

Abb. 5. Zentripetaler Moment: Die Vikinger während eines Live-Auftritts in Rust

Während Konzerte oder andere Arten von Veranstaltungen wie Pressekonferenzen und Autogrammstunden einen zentripetalen Charakter haben, in dem sie mindestens vorübergehend eine Lokalität setzen, die Publikum und Forscher zu sich holt und demzufolge eine »traditionelle'' Feldforschungssituation, d. h. eine gesichtsabhängige teilnehmende Beobachtung ermöglicht, haben medial vermittelte Veranstaltungen einen zentrifugalen Charakter, d.h. sie werden von einem Zentrum zu den Peripherien ausgestrahlt und durch die Medialität gesichtsunabhängig. Für den Feldforscher stellt sich genau die umgekehrte Situation: Während er sich bei der gesichtsabhängigen teilnehmenden Beobachtung zum musikalischen Ereignis hinbewegen muss, kann er bei der gesichtsunabhängigen teilnehmenden Beobachtung die ausgestrahlte musikalische Praxis zu sich nach Hause holen, indem er den Apparat einschaltet bzw. in dem er das Medium sprechen lässt. Es liegt auf der Hand, dass gesichtsabhängige Situationen eine direkte Interaktion mit den Beteiligten zulassen. Obwohl es auch

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TV-Shows gibt, bei denen Zuschauer anrufen und »direkt" interagieren können, schreibt man in der Fachliteratur deswegen eher dem Konzertbesucher als dem medialen Hörer eine aktive Teilnahme zu: klatschen, schunkeln oder mitsingen stünden als cogitative Rezeption der Reduktion des Hörens auf die bloße Klangwahrnehmung gegenüber (vgl. Klusen 1981 :97; Rauhe 1972:346, von Schoenebeck 1998:288). 27 Diese Vorstellung steht in direkter Verbindung mit einer These der Kulturindustriekritiker, nämlich der, dass es die Aufgabe der Medien sei, den passiven Konsum, d.h. die kontemplative und nicht kreative Haltung der Konsumenten, zu fördern (vgl. Adorno 1947: 171-172; Attali 1977:204). Ist das wirklich so?

Abb. 6. Zentrifugaler Moment: Künstler posieren in der Pause einer Fernsehaufzeichnung für die Zuschauer

27 Wie Klenke (2000:107-108) in überzeugender Weise gezeigt hat, wurde diese Vorstellung in der Musikethnologie unhinterfragt übernommen und auf die mediale Musik nicht europäischer Gesellschaften übertragen: mediale Musik sei in diesem Fall auch nicht erlebte Musik, sondern eine Bedrohung für das Weiterleben traditioneller Musikkulturen (vgl. Klenke 2000:106). Sei es im Konzert bei der sogenannten europäischen Kunstmusik oder im Ritual bei der traditionellen Musik, die Musikwissenschaft .,fror" das Musikereignis als zeitliche Einheit gleichsam ein und betrachtete die live Performance als den einzig möglichen Raum für die Interaktion von Musikern und Publikum (vgl. Carvalho 1996:258).

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Laut Schulze ist ein Publikum »jedes Personenkollektiv [ . . . ], das durch den gleichzeitigen Konsum eines bestimmten Erlebnisangebots abge· grenzt ist« (Schulze 1992:460). An diese Definition anknüpfend kommt Grabowski zum Schluss, dass wenn ein Publikum keine gemeinsame erlebbare Umgebung erfordert, die Teilnahme an einem Event nicht von einer gleichzeitigen Präsenz abhängig sein kann: »Ein Publikum wird wohl durch den gleichzeitigen Konsum eines bestimmten Angebots mehrerer Individuen konstituiert. Doch müssen diese Individuen nicht am selben Ort sein: Fernsehen, Modezeitschriften, selbst Kleidung kann ihre Publika haben" (Grabowski 1999:95). Ich glaube, dass der Ethnograph wie der Konzertbesucher an einer Musikszene teilnimmt, wenn er im Sessel sitzt und dass aus diesen Gründen seine gesichtsunabhängigen Beobachtungen genauso wichtig wie die gesichtsabhängigen sein können. Der wichtigste Unterschied zwischen beiden Formen der Betrachtung, den ich bei meiner Feldforschung feststellte, war allerdings, dass ich bei den gesichtsab· hängigen Beobachtungen schunkeln , klatschen und mitsingen musste. Warum soll man diese »nicht·teilnehmende« Instanz dann untersu· chen? Weil das systematisierte Wissen für die Praxis in der Popularmusik - vor allem in bezug auf Repertoire und Formen oder Strategien der Repräsentation - meistens in diesem Korpus und nicht in den wissenschaftlichen Büchern zum Ausdruck kommt. Wie ich in der Einleitung erwähnt habe, wollte ich ursprünglich die Repräsentation ausländischer Figuren in Schlagern und Heimatliedern untersuchen. Als ich mein Projekt erweiterte, merkte ich schnell, dass ich die Produktion des aktuellen Schlagers überhaupt nicht kannte. Ich fragte mich wiederholt, wie ich das kollektive Gedächtnis der Schlagerhörer kennen lernen könnte? Ich fing an, Radiosendungen mit Schlagern zu hören. Bald merkte ich aber, dass ich diese Lieder nicht in einem historischen Kontext unterbringen konnte, da ich die Geschichte des Schlagers auch nicht kannte. Ich fing demzufolge an, mich hörend in die Geschichte des Schlagers einzuarbeiten. Ich ging auf Flohmärkte und kaufte jede Menge LPs mit Schlagern der letzten fünf Jahrzehnte. Sobald ich nach Hause kam, ging ich zu meinem Feldforschungssofa, hörte mir das Ganze auf meiner Stereo·Anlage an und machte mir Notizen über Figuren, Themen, musikalische Motive und über den typischen Sound, der vielen Liedern eigen ist. Ähnlich verfuhr ich mit den Fernsehsendungen. Im Sessel sitzend sah ich mir Schlagersendungen an und versuchte, sie systematisch zu analysieren.

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So füllte ich zahlreiche Zettel mit meinen Impressionen davon , wie Interpreten sich selber repräsentieren und wie Orte und Lokalitäten konstruiert werden. Ich besuchte ebenfalls die Gästebücher auf den Websites der Künstler und nahm aktiv teil an einigen Diskussionen im Internet und suchte nach Themen, die in den Liedern oder in den Repräsentationen vom Schlager immer wieder vorkommen, wie Liebe, Sehnsucht, die Opposition Natur /Kultur oder die Angst vor der Reflexivität der Moderne. Selbstverständlich waren alle diese Eindrücke subjektiver Natur. Aber sie erlaubten mir, Hypothesen zu erstellen. Es ist nicht übertrieben zu behaupten, dass diese medialen Texte die übliche bibliographische Arbeit, die jeder Feldforschung vorangeht, ergänzen, wenn nicht sogar ersetzen, indem sie als ein imaginäres Bildarchiv fungieren, welches mit dem empirisch gesammelten Material verglichen werden kann.

Abb. 7. Melodien für Millionen: Vorbereitungen für die Ausstrahlung einer Musiksendung

Gesichtsabhängige Feldforschungssituationen bleiben deswegen unersetzbar für die ethnographische Forschung, weil sie als Kompass dienen, der rechtzeitig Bescheid geben kann, wenn die Winde der eigenen Interpretationen das Schiff der Untersuchung zu sehr von seiner Reiseroute abbringen. Sie stellen sozusagen eine Art Bindeglied dar zu dem, was man als »Soziale Realität" betrachten könnte.

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Als ich in den letzten Jahren einige Vorträge über den Schlager hielt, wurde ich häufig kritisiert, weil ich meine gesichtsunabhängige Beobachtung als Teil meiner Feldforschung proklamierte. Kollegen warfen mir vor, dass ich keine echte teilnehmende Beobachtung dürchgeführt hätte, solange ich nicht bei der Oma um die Ecke gesessen hätte, um mit ihr Melodien für Millionen im Fernsehen anzugucken. Man könnte dieses Argument eigentlich sehr schnell als eine Reduktion des Schlagerpublikums disqualifizieren. Selbst wenn Sechzigjährige einen bedeutenden Bestandteil des Schlagerpublikums darstellen, ist die »Oma-Fixierung" mancher Forscher nichts anderes als ein Mythos: Nicht nur alte Frauen sitzen vor der »Glotze,,, wenn Florian Silbereisen auf dem Bildschirm "grient" , sondern ein erheblich differenzierteres Publikum, das ganz unerwartete Personen, mitunter sogar peruanisehe Musikethnologen, einschließen kann. Nichtsdestotrotz verdienen solche Einwände mehr Aufmerksamkeit, denn sie gestatten uns, den dritten Bereich der Krise der village Situation zu thematisieren: den Komplex der Zugangsstrategien des Ethnologen. Für den Empiriker soll die ethnographische Arbeit im idealen Fall panoptisch sein. Man geht davon aus, dass der Informant in der Lage ist, eine gewisse Praxis unabhängig von der Anwesenheit von Außenseitern exakt zu reproduzieren. Wie bei den bolivianischen campesinos ist hier auch die gleichzeitige Anwesenheit von Akteuren und Ethnograph die erste Voraussetzung für die Beobachtung. Problematisch ist dennoch, dass während bei den campesinos in Llaura Lokolloko die Interaktion um die Musik in öffentlichen Räumen stattfindet, diese Interaktion beim Konsum von Popularmusik sowohl in öffentlichen als auch in privaten Räumen stattfinden kann. Wie man einen Einblick in diesen Bereich des Privaten gewinnen kann, ist eine der größten Probleme der Popularmusikforschung. 28 Ich habe tatsächlich keinen Konsumenten beim Fernsehen-Gucken beobachten können. Dennoch: Je mehr ich darüber nachdenke, desto überzeugter bin ich davon, dass dies in keiner Weise meiner Feldforschung und noch weniger der Gültigkeit meiner Schlüsse geschadet hat, solange ich nur diesen Mangel mit Interviews ausgeglichen habe. Denn was hätte ich bei dem Konsumenten beobachtet? Morley, der sich intensiv mit der Ethnographie des Fernsehpublikums beschäftigt, sagt zu der idealisierten teilnehmende Beobachtung von Konsumenten: 28 Siehe dazu das vorherige Kapitel, in dem ich ausführlich auf die Probleme eingehe, welche die private Sphäre in der kapitalistischen Gesellschaft für die Ethnologie darstellt.

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>>Das Problem liegt darin, dass die Beobachtung von Verhaltensformen immer an Interpretationen gebunden ist. Wenn ich vor dem Fernseher sitze und auf den Bildschirm starre, kann sich darin völlige Faszination ebenso ausdrücken wie totale Langeweile- und diese Unterscheidung wird nicht unbedingt aus dem Verhalten selbst herleitbar sein. Wenn man also begreifen möchte, was ich tue, könnte man mich ebenso gut selber fragen. Ich könnte natürlich aus irgendwelchen Gründen lügen oder meine Gedanken und Gefühl e auf andere Weise falsch darstellen, aber zumindest wird man aufgrund meiner sprachlichen Reaktionen irgend einen Zugang zu der Sprache, den Unterscheidungskriterien und Kategorisierun gstypen finden, mittels derer ich meine (bewusste) Welt konstruiere. Ohne solche Hinweise wird mein Fersehen-Gucken (oder andere Verhaltensweisen) nur umso undurchsichtiger bleiben.tube< soit aujourd'hui

accessible, ni qu'un disque classe en tete an hit-parade et programme plusieurs fois par jour se vende necessairement mieux que ceux qui ne Je sont pas. Les contre-exemples sont innombrables de disques >matraques< sans succes, ou de

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disques delaisses par les programmateurs qui se vendent par centaines de milliers d'exemplaires. Mais. au moment ou Je nombre de titres nouveaux atteint Ia centaine par jour, Ia selection du succes peut etre statistique, aleatoire. « (Attali 1977:215-216)

Dies würde implizit bedeuten, dass Konsumenten keine freie Entscheidung bezüglich ihrer Musikpräferenzen treffen können , da sie skrupellos von einer Musikindustrie manipuliert werden, die sich nicht mal die Mühe gibt, ihre Briefe zu öffnen (vgl. Attali 1977:213). Schlechtverkaufte Musikstücke ließen sich nach diesem Schema als die Konsequenz eines Fehlers in der Produktion der Nachfrage und nicht als eine Reaktion der Konsumenten auf ein bestimmtes Produkt erklären. Hier treffen wir wieder den von Adorno anhand nicht-empirisch erhobener Daten konstruierten Unterhaltungshörer, " auf den die Kulturindustrie geeicht ist>Let us approach commodities as things in a certain Situation, a Situation that can characterize many different kinds of things, at different points in their social Jives. This means looking at the commodity potential of all things rather than searching fruitl essly for the magic distinction between commodities and other sorts of things. It also means breaking significantly with the production-dominated Marx ian view of the commodity and focusing on its total trajectory from production, through exchange/distribution, to consumption. « (Appadurai I 986:13)

Betrachtet man Waren als lebensfähige Objekte, die unterschiedliche Lebensphasen durchlaufen, so fällt auf, dass sie über ihre Warenphase hinaus andere Phasen erleben können, in denen sie, wie der Kartoffelschäler/ Käsehobel von Herrn Lopez, in bestimmte soziale oder kulturelle Kontexte integriert werden und dadurch zu Werkzeugen für die Produktion von kulturell oder subkulturell relevanten Bedeutungen werden können. Und wenn man nun die Waren aus der Perspektive eines »methodologischen Fetischismus" betrachtet (vgl. Appadurai 1896:5), fällt sofort ins Auge, dass diese Adaptationen der Objekte an verschiedene Situationen eine Art »Biographie" der jeweiligen Dinge bilden. Ich bin der Meinung, dass dieser methodelogische Fetischismus auf den Schlager übertragbar ist, da Lieder auch unterschiedliche Lebensphasen erleben, als Ware, als Gebrauchsgegenstand oder als Zeichen über sich selbst hinaus weisen. Ich schlage demzufolge vor, diese Lebenswege der Lieder als das zu betrachten, was ich in Anlehnung an Appadurai als die soziale Biographie der Lieder bezeichnen möchte. 37 Mit »Sozialer Biographie eines Liedes" meine ich die unterschiedlichen Bedeutungsveränderungen, die einem Lied zugeschrieben werden können , wenn es über seinen Warencharakter hinaus an bestimmte Kontexte gebunden wird. Damit meine ich außerdem, wie Schepping formuliert, die 37 ln Anlehung an Kopytoff unterscheidet Appadurai zwischen »the cultural biography [ ...] [which] is appropiate to specific things, as they move through different hands, contexts, and uses, thus accumulating a specific biography or set of biographies·· und »the social history of things", die er definiert als " longer-terms schifts [ ... ] and larger-scales dynamics that trascend the biographies of particular members of that class or type" (Appadurai 1986:34). Da die Bezeichnung "cultural" zu der irreführenden Annahme verleiten kann, dass es innerhalb einer Kultur nur eine Rezeptionsmöglichkeit eines Liedes geben und dies weitere Differenzierungen ausschließen könnte, habe ich mich für eine leichte Umstellung der Begriffe entschieden. So benutze ich hier das Adjektiv "sozial" statt " kulturell" für die Summe der differenzierten Interpretationen in einer Gesellschaft.

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»Wechselwirkungen eines konkreten Liedes zu bestimmten Menschen und zur Zeitgeschichte" (Schepping 1984:435). Es gibt tatsächlich zahlreiche Stücke, die eine besondere Bedeutung für viele Deutsche haben, weil ihnen, aus welchen Gründen auch immer, die Intention zugeschrieben wurde, ein kulturelles oder subkulturelles Subjekt zu repräsentieren. Ich will keine Schokolade von Trude Herr gilt beispielweise als ein Lied, welches das moderne Bewusstsein der Frauen in den 1960er Jahren widerspiegelt, während das Lied Er gehört zu mir von Marianne Rosenberg als Hymne des braven Mädchens der 1970er angesehen wird. 38 Gerade deshalb, weil diesen Liedern eine ,,ursprüngliche" Bedeutung zugeschrieben wird, bieten sie sich als optimales Material an, um unerwartete Bedeutungen zu generieren, indem das Subjekt oder der Kontext der Aussage durch ein anderes bzw. einen anderen ersetzt wird: So kann die »ursprüngliche" , für einen heterosexuellen Kontext gedachte Botschaft der Lieder zugunsten einer neuen, differenzierten Bedeutung umgeschrieben werden; so können z.B. die unpolitisch formulierten Aussagen der Lieder zu einem politischen Motto bzw. zum homosexuellen Outing werden, wenn Schwule sich diese Aussagen aneignen, »aussprechenvergeistigten, Übergangsobjekte ist ihre Flüchtigkeit. Sie leben für einen Augenblick und können gleich wieder vergessen werden. [ ... ] So läßt sich die überdimensionale Popularität des Kriegsschlagers Li/i Marleen nicht aus seiner musikalischen Qualität erklären, sondern aus seiner Funktion als Übergangsobjekt. Lili Marleen, gesungen von Lale Andersen, stellt das musikalische Schnuckeltuch einer von Frauen entwöhnten Männergesellschaft dar. Dieses sentimentale Liedehen eignete sich gerade wegen der Unbestimmtheit seines Textes und seiner anspruchlosen wehmütigen Melodie als Objekt der projektiven Selbstbefriedigung. Nachdem die

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Gegen Attalis Vorstellung, dass kommerzielle Lieder in Vergessenheit geraten, sobald sie von neuen Waren aus der Hitparade katapultiert werden, kann ich behaupten, dass Lieder unabhängig von ihrer Position in den Charts eine soziale Biographie entwickeln können, wenn sie ein wichtiger Bestandteil des kulturellen Gedächtnisses werden. Das Lied Sierra Modre de/ Sur, welches von Ronny 1970 zum ersten Mal aufgenommen wurde, ist z.B. mehr als 100Male von unterschiedlichen, sogar von renommierten Interpreten wie Heino, Tony Marschall, Anton aus Tirol, den Kastelruther Spatzen oder den Schürzenjägern aufgenommen worden, ohne ein einziges Mal in die Chartlisten gelangt zu sein (vgl. http: I lwww. ronny-fan-club. de/sierra_madre_interpreten.htm). Aber obwohl es keine nennenswerte Position in der Hitparade erreichte, ist das Lied immer noch sehr präsent in der heutigen Szene des volkstümlichen Schlagers, da es von vielen Interpreten häufig in Konzerten gespielt wird. So wissen beispielweise die Fans der Gruppe Schürzenjäger, für die das Stück zu einer Art Hymne der Gruppe geworden ist, dass ein Konzert nicht zu Ende geht, solange Sierra Modre del Sur, das " Schürzenjägerlied" schlechthin, nicht gespielt worden ist. Ebenso gilt das Lied Aber Dich gibt's nur einmal für mich, das von den Nilsen Brothers im Jahr 1965 erstmals aufgenommen wurde, heutzutage als ein Klassiker im Schlagerbereich, obwohl es sich niemals in den Top 100 Single-Charts platzieren konnte. Dies gelang nicht einmal Coverversionen von berühmten Persönlichkeiten der Schlagerszene wie Die Flippers, Guildo Horn oder Stefanie HerteL Tanzgruppenmusiker sagten mir außerdem, dass das Lied ein »Muss" bei Hochzeiten oder anderen Feiern sei, da es ein beim Publikum sehr ·akute transitorische· Phase (nämlich der Zweite Weltkrieg) vorüber war, wurde das Lied bei uns schnell wieder vergessen. Aber überall dort, wo Krieg geführt wurde, in Korea, Vietnam usw., tauchte das Lied Li/i Marleen als ·Übergangsobjekt· für die kämpfenden Männer wieder auf, wobei der Text in die jeweilige Sprache der Soldaten übersetzt wurde." (Flender & Rauhe 1989:40). Es kann sein, dass ich etwas verpasst habe, aber so weit ich weiß, gab es in den letzten 60 Jahren keinen Krieg in Deutschland. Trotzdem tauchte das Lied hier ständig neu auf und wurde mehrmals mit neuen Bedeutungen ausgestattet. So ist es kein Wunder, dass das Lied bis heute sehr präsent im kollektiven Gedächtnis der Deutschen ist. Außerdem ist die Behauptung, dass Lili Marleen überall dort auftaucht, wo Krieg geführt wird, dermaßen überflüssig, dass sie nicht mal einer empirischen Überprüfung bedarf, ganz abgesehen von den Gefahren, die so eine Überprüfung mit sich bräuchte.

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beliebter Song sei. Aber Dich gibt's nur einmal für mich ist außerdem seit Jahren präsent in den Ballermanndiskotheken, wo die Versionen von den Partygeiern, Frank Lars oder Sound Convoy u.a. ständig gespielt werden. Dass ein Lied also in der Erinnerung der Hörer bleibt, hat anscheinend nicht unbedingt mit seiner Verkäuflichkeit zu tun. Demzufolge hat die Kurzlebigkeit eines Liedes nichts mit ihrem Warencharakter, sondern mit anderen subjektiven Kriterien zu tun, wie z.B. der Schwierigkeit/Unmöglichkeit, sich unproblematisch in neue Kontexte integrieren zu lassen. Daraus kann man zweierlei schließen: Erstens, dass Lieder keine fertigen , sondern anfertigungsbedürftige Produkte sind, und zweitens, dass sie sich wie der Kartoffelschäler/Käsehobel von Herrn Lopez immer wieder in etwas anderes verwandeln müssen, um weiter zu leben. Die soziale Biographie eines Liedes ist untrennbar vom dem, was ich die »verpersönlichte" Biographie der Lieder nennen möchte. Laut Baudrillard werden Objekte des Konsums von der Sphäre des Technischen in diejenige des Kulturellen überführt, indem sie einer " funktionellen" Entwicklung unterworfen werden (vgl. Baudrillard 2001 :26).Die Funktionalität des modernen Gegenstandes wird Historizität beim alten Gegenstand [... ]. Das alte Objekt [... ] ist in seinem Verhältnis zur Vergangenheit ausschließlich mythologisch. Es hat keine praktische Inzidenz mehr, es steht nur noch da, um >anzudeutenmusicmusic< is in Western society, it performs certain social functions. In that case, some poetics is necessary: if cultural life is to be mapped, then it is important to recognize that representation (in its broader meaning within critical theory) is not simply a >whathowhow< involves, at least, the particular arrangements of so und. naturgegebenQuasiUniversalität< erworben: Obwohl alles darauf hinweist, daß selbst augenscheinlich >natürliche< visuelle Kodes kulturspezifisch sind. Dies bedeutet jedoch nicht, daß keine Kodes dazwischengeschaltet sind, sondern vielmehr, daß die Kodes gründlich naturalisiert worden sind. Das Wirken naturalisierter Kodes offenbart nicht die Transparenz und >Natürlichkeit< der Sprache, sondern die Tiefe, den Gewöhnungsgrad und die Quasi-Universalität der angewandten Kodes.« (Hall 1999:99)

Die schon erwähnte Rose gilt in der westlichen Tradition als Symbol der Liebe schlechthin. Dieses Bild, das tatsächlich sehr verbreitet ist, gilt für viele als universal. Dies allerdings nur, wenn man übersieht, dass es Traditionen gibt, in denen die Rose zwar mit der Liebe assoziiert wird, aber auf negativ Weise. ln der heutigen Quechua-Dichtung wird beispietweise die Geliebte immer als eine Blume bezeichnet. Es fällt aber auf, dass unter den am häufigsten erwähnten Blumen unsere Rose gar nicht auftaucht (vgl. Montoya 1987:37). Die Tatsache, dass sie bei den Mestize-Liedern aus den Anden wieder auftaucht, könnte man voreilig als von den Spaniern ausgeübten westlichen Einfluss auf die indianischen Traditionen verstehen. Aber selbst da erscheint die Rose nicht als Zeichen für die schöne, positiv konnotierte Liebe, sondern als Zeichen für eine trügerische Liebe, deren Schönheit zwar anziehend ist, aber deren Stachel verletzen. Sollte sich der Leser an dieser Stelle fragen, was diese Überlegungen mit dem Schlager zu tun haben, so möchte ich diese Frage schnell beantworten. Liest man die Literatur über die Texte des Schlagers, dann fällt sofort auf, dass Motive und Elemente des konzeptuellen Systems des Schlagers nicht selten auch im wissenschaftlichen Diskurs als »natürlich>Damit das Fernsehen populär sein kann, muss es eine enorme Vielfalt an Publika ansprechen, und damit es von diesen aufgenommen werden kann, muss es ein >offener< Text [... ] sein, der es den verschiedenen Subkulturen ermöglicht, aus diesem Text Bedeutungen zu generieren, die den Bedürfnissen ihrer eigenen subkulturellen Identitäten entsprechen. Es muss also polysem sein. Der Fernsehtext ist jedoch nicht auf eine anarchische Weise offen, die jede beliebige Deutung erlaubt. Die verschiedenen Subkulturen in einer Gesellschaft werden ausschließlich über ihre (möglicherweise oppositionellen) Beziehungen zu den Zentren der Herrschaft definiert, und so lassen sich auch die multiplen Bedeutungen eines Texts, der in dieser Gesellschaft populär ist, allein über die (möglicherweise oppositionellen) Beziehungen zur dominanten Ideologie definieren, die in diesen Text strukturiert ist. [... ] Diese Theorie hat die Vorstellung zum Mittelpunkt, dass alle Fernsehtexte unaufgelöste Widersprüche enthalten müssen, um populär sein zu können - Widersprüche, die der Zuschauer/die Zuschauerin nutzen kann, um darin strukturelle Ähnlichkeiten mit seinen oder ihren sozialen Beziehungen und seiner oder ihrer Identität zu entdecken.« (Fiske 2001 :86-87)

Was den Schlager populär macht, ist nicht das Spekulieren »auf den Schein des Bekannten", das den Hörer, um die krasse Formulierung von Reimund Hess zu benutzen, »in die Rolle des Pawlowschen Hundes« (Hess 1972:41) verweist, sondern dass er, wie das Fernsehen, polyseme Texte liefert, innerhalb derer jeder beliebigen Äußerung eine Vielzahl von unterschiedlichen »BedeutungenDeutsche Popmusik', da die englischsprachige Populärmusik auch nichts anderes als >Schlager, ist" (Martin, 31 ). Ein anderer Informant gestand, dass er nicht in der Lage sei, mir zu sagen, was der Schlager ist, denn es gebe selbst für ihn ein Fragezeichen: ,,Bevor du kamst, habe ich darüber nachgedacht", sagte er zu mir. ,,Schlager, was ist das eigentlich? Das ist ja sehr schwer einzugrenzen. Warum ist >Sie liebt dich yeah , yeah, yeah, kein Schlager, sondern Pop oder so was?" (Gerd, 49). Den Begriff deutschen Schlager zu definieren, fällt den Produzenten genauso schwer wie den Konsumenten. Jennifer, eine Produktmanagerin im Schlagerbereich, sagte mir, dass sie Schwierigkeiten habe, den Schlager als musikalische Gattung einzugrenzen. Prinzipiell sei für sie der Schlager ein Marktsegment, das sich von anderen Segmenten wie Pop und Rock unterscheidet. Während das

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ganz klar zu sein schien, bestand das Problem darin zu bestimmen, was zu diesem Segment gehörte und was nicht. Freddy Quinn, Caterina Valente, Roy Black, die Flippers, Claudia Jung oder Andrea Berg gehörten ohne Zweifel dazu. Aber Mickie Krause oder DJ Ötzi? Ist das wirklich Schlager? »DJ Ötzi, Marco Kloss und all diese Ballermannmusik," antwortete sie, "wird auch unter der Kategorie •deutscher Schlager< vermarktet. Aber ich glaube, dass diese Musik eigentlich nicht dazu gehört, obwohl sie [diese Künstler] auch auf Deutsch singen [ .. . ] Ballermann ist etwas anderes, kein Schlager. Ich würde das ·Musik für Fun-Gastronomie, nennen, nicht Schlager''· Überschneidungen mit anderen Bereichen erwähnte sie ebenfalls. " Andre Rieu oder Helmut Lotti sind keine Schlagerinterpreten. Aber da überschneiden sich auch die Bereiche. Helmut Lotti überschneidet sich z. B. schon sehr mit den Schlagersachen. Deshalb nennt sich der Bereich [von Helmut Lotti] ja auch Schlager-Cross-Over. Helmut Lotti müsste man eigentlich mit Cross-Over bezeichnen, weil er mit populärer Klassik [sie] begonnen hat. Die Zielgruppen sind dennoch gar nicht so weit auseinander [ .. . ] Helmut Lotti liegt bei den Zielgruppen zwischen Michelle und den Vikingern". 48 Trotz dieser labyrinthischen Verweise, bat ich Jenny, mir eine einfache Definition zu liefern. Sie antwortete mir: »Es ist mehr als Musik. Da gehört natürlich eine Philosophie dazu,, (Interview am 18.11.2002). Woraus diese Philosophie besteht, konnte sie dann aber auch nicht sagen. All diese Definitions- und Kategorisierungsversuche von Konsumenten, Produzenten und Interpreten erwiesen sich als unzureichend für eine ethnographische Untersuchung, da sie in der Regel konfus und unsystematisch formuliert waren. Deswegen wandte ich mich der wissenschaftlichen Literatur zu. Wissenschaftliche Definitionen und Charakterisierungen des Schlagers sind tatsächlich logischer und sys48 ln seinem Artikel Struktur des deutschen Marktes. Repertoirebereiche und Konsumenten vermeidet auch Gerd Gebhardt eine klare Definition des Bereiches " Schlager". Laut Gebhardt bildeten die Kategorien " Pop Deutsch,, und "Schlager" bis 1990 eine einzelne Kategorie für die deutsche Musikindustrie (vgl. Gebhardt 1997:98). Während sich die deutsche Popmusik durch die Etablierung selbstständiger Szenen- Neue Deutsche Welle, HipHop, Deutsch Rock- vom Schlager entfernte, rückten ihm andere Bereiche wie derjenige der Volksmusik oder des Klassik-eross-Overs näher. Dementsprechend lässt sich Herbert Grönemeyer leicht vom Schlager abgrenzen. Dagegen überschreiten Interpreten wie Helmut Lotti oder die Schürzenjäger ständig die Grenzen zwischen Schlager und anderen nahstehenden Bereichen.

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tematischer als die der Konsumenten oder der an der Produktion beteiligten Personen. Das heißt aber noch lange nicht, dass sie zwangsläufig brauchbarer sind. Der Germanist Burkhard Busse stellt bei seiner Beschäftigung mit dem Schlager beispielsweise Folgendes fest: " Jeder Schlager- mit Ausnahme reiner Instrumentalstücke- setzt sich aus Text und Musik zusammen" (Busse 1976:3). Ein anderer Forscher definiert ihn als ein »durch technische Medien in Massenproduktion verbreitete, urheberrechtlich geschützte, geflissentlich auf den Augenblickerfolg zielende Tanz- oder Stimmungslied>Vom Schlager zu trennen ist das Chanson. Zielt der Schlager als typische Ware der Amüsierindustrie auf das Einverständnis der Masse, derem fragwürdigen Geschmack er sich bereitwillig anpaßt, so ist dem Chanson an künstlerischer Wahrhaftigkeit, an Ehrlichkeit der Aussage mehr gelegen als an jeder Anbiederung.« (Worbs 1963: 15)

Aber nicht nur die Gegensatzskala Kunst-Kommerz dient der Verortung des Schlagers im sozialen Raum, sondern auch die Dichotomie Kultur»Nicht-Kultur« [-nicht im Sinne Matthew Arnolds, aber im ethnologischen (vgl. Arnold 1961 :6 )-], wie folgendes Zitat des deutschen Musikforschers Walter Wiora exemplarisch zeigt: »lm Zuge des Niedergangs der alten Traditionen und eigenen Lebensstile des Volkes verfällt auch das alte Volkslied[ ...] Mit der Ausweitung der Salonerotik und Amüsierindustrie werden fortschreitend mehr Massensongs ausgestreut, die dem >letzten Menschen< die >Lüstchen für den Tag und für die Nachtfade Nichts>Erst als die Komponisten dazu übergingen, ihre Kompositionen an den einmal zu Erfolg gekommenen Stücken zu orientieren, und die Verleger begannen, ihre Produkte gleich von vornherein mit dem Erfolgsprädikat >Schlager< zu versehen, um damit als Kaufanreiz für die Notendrucke jene Popularität zu suggerieren, die diese Lieder ja eigentlich erst einzulösen hatten, verwandelte sich der kommerzielle Begriff in eine musikalische Gattungsbezeichnung. Um die Jahrhundertwende beginnt sich der Begriffsgebrauch auf jene Form des populären Liedes zu verengen, die sich im Zusammenhang mit der nun auch kulturell, musikalisch und ästhetisch durchgesetzten Erfolgsorientierung herausgebildet hat. Das allerdings ist eine auf den deutschen Sprachraum begrenzte Besonderheit. Zwar durchlief das populäre Lied im Zusammenhang mit der Kommerzialisierung des Musikbetriebs überall die gleichen oder zumindest doch vergleichbare Wandlungen. Die Gattungsbezeichnung als popular song, als chanson oder canzione blieb davon jedoch unberührt. So ist das englischsprachige Äquivalent zum deutschen Begriff Schlager, der Hit, nicht nur konsequent ein kommerzieller Erfolgsbegriff geblieben, sondern er wurde eben für diese Funktion in die deutsche Sprache integriert, nachdem aus dem Schlager eine musikalische Gattungsbezeichnung geworden war.Aus der Überzeugung oder dem Vom11eil , daß ein musikalisches Werk, um überhaupt existieren zu können, einer Gattung angehören müsse, resultie11e in der Musiktheorie der Zwang, den Begriff der Gattung so vage und weitgespannt zu bestimmen, daß er alles zu umfassen ve1mag unddamm wenig oder nahezu nichts besagt. « (Dahlhaus 1974:62 1)

Selbst Dahlhaus, der dafür plädiert, »GattungDas ist unheimlich schwer zu definieren, weil der Name ja eigentlich was aussagt. Volkstümliche Musik oder Volksmusik ist in meinen Augen eigentlich Blasmusik oder Oberkrainer-Musik. Also alles, was so diese ursprüngliche Musik ist. Das ist aber schon längst nicht mehr das, was wir machen [sie und ihr Lebensgefährte Stefan Mross]. Wir machen Unterhaltungsmusik. Wir wollen die Leute unterhalten und dementsprechend sind wir mit dem Trend mitgegangen. Das, was ich heute mache, ist ganz klar Schlager. Ich würde persönlich dies nie mehr als volkstümliche Musik oder als Volksmusik bezeichnen. Ich baue natürlich auch Volksmusik mit in meine Live-Konzerte ein. Hoch auf dem gelben Wagen oder solche Lieder, das ist in meinen Augen Volksmusik. Aber das, was ich mache, ist längst keine Volksmusik oder volkstümliche Musik mehr.« (Interview in Hofam 15.02.2003)

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Das Lexikon des deutschen Schlagers unterscheidet auch nicht zwi-

schen beiden Musikrichtungen und listet dementsprechend Interpreten beider Bereiche nebeneinander auf (vgl. Bardong, Demmler und Pfarr 1993:43-44). Auch im wissenschaftlichen Rahmen werden die Bereiche nicht streng getrennt. So spricht Grabowski vom " volkstümlichen Schlager" (vgl. 1999), während Höfig die volkstümliche Musik als eine Variante des deutschen Schlagers betrachtet: >>Im Fernsehen gelingt es nicht immer, zwischen Schlagerparaden und Volksmusiksendungen zu unterscheiden. Offenbar besteht jedoch gar nicht das Bedürfnis nach einer solchen Trennung, denn sehr häufig finden sich dieselben Interpreten in Sendungen, die als Schlagerpräsentationen angekündigt werden, wie in Sendungen, die der sogenannten Volksmusik gewidmet sind. [...] Da es letztlich sogar innerhalb der aktuellen Volksmusik- und Schlagertexte schwer zu sein scheint, genaue Abgrenzungen zu f01mulieren und zu vertreten, ist es legitim, die heutige kommerzialisiet1e Volksmusik lediglich als eine Variante des Schlagers zu betrachten.« (Höfig 2000: 105-1 06)

Natürlich existieren nach wie vor zahlreiche Distinktionsmerkmale, wie instrumentale Besetzung, die Thematik der Lieder, das Image der Interpreten usw.; nach wie vor können sich beide Musikrichtungen je nach Bedarf sowohl in musikalischer als auch in außermusikalischer Weise unterscheiden 59 und sogar in Konflikt miteinander geraten: Ein Komponist volkstümlicher Musik bezeichnete z.B. Chanson-Einflüsse bei einer sehr erfolgreichen Schlagersängerin als ein klares Zeichen von »Wichtigtuerei". Gleichzeitig bezeichnete er seine eigene Musik als »nicht kommerziellDie neuen Impulse, die Eingang in den Schlager der 20er Jahre gefunden hatten, signalisierten in erster Linie einen Bruch mit der traditionellen deutschen Musik- und Tanzkultur. Moderne Schlagermusik und neue Tänze galten nun vielfach als Symbol des Fortschritts und als Protestmittel gegenüber dem gutbürgerlichen Getue der Vorkriegszeit. Polka, Walzer, Gavotte usw. wurden hauptsächlich durch amerikanische Rhythmen (Jazz) ersetzt ... « (Schär 1991 :234)

Aber nicht alles wurde durch die rosarote Brille gesehen. Die Verbreitung afroamerikanischer Musik und Tänze erweckte eine »Tanzbesessenheit« (Worbs 1963:53), die heftige Diskussionen in bezugauf Körperlichkeit und Moral in Deutschland auslöste. 69 Die »barbarischen Urwaldtänze" (vgl. Sperr 1978:91) und die Amerikanisierung 69 Die neuen Rhythmen verstießen gegen die Konventionen der europäischen Musiktradition, die einen Prozess der Entkörperlichung erlebt und die Melos und Harmonie zur wahren Essenz der Musik erklärt hatte, wie Kurt Blaukopf darstellt: " Bei der Betrachtung der spezifisch christlich-mittelalterlichen Musikästhetik wird das Gewicht meist auf die Unterordnung unter das Wort gelegt. Doch dies ist nur eine Seite der Innovation, die durch die Tendenz zu Entsinnlichung und Entkörperlichung bewirkt wurde. Die andere besteht darin, daß die Loslösung des musikalischen Ablaufs von Gebärde und Tanz zugleich auch die Grundlage abgibt für die Besinnung auf das spezifisch Musikalische. Gerade die >Körperfeindlichkeit< des Christentums, die auf

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der Musik überhaupt wurden im Rahmen dieser Diskussionen immer wieder als unanständig und als Zeichen des kulturellen Verfalls attackiert. Wurde also bis dahin der Schlager ausschließlich als musikalisches Konsumprodukt disqualifiziert, begannen seine Gegner während der Weimarer Republik ihn zudem zunehmend aus moralischen und chauvinistischen Gründen zu verachten. Es ist symptomatisch, dass gerade das Substrat des Erfolgs eines Schlagers, das Volk selbst - »populärDabei dürften wir uns grundsätzlich nicht beeinflussen lassen, wenn in unseren Tagen so viel vom >Volkstümlichen< in der Musik gesprochen wird und >Kitsch< und >Unkultur< gemeint ist. Noch haften besonders unserer Unterhaltungs- und Tanzmusik eine ganze Reihe Merkmale aus der Nachkriegszeit an, und wir haben deshalb mit allem Ernst darüber zu wachen, daß nicht wieder irgendwelche falschen Propheten die Empfänglichkeit des deutschen Volkes für das wahre Wesen der Musik in Zweifel ziehen oder künstlich herabzumindem suchen.« (Ihlert 1935:11)

Waren bis dahin chauvinistische Attacken der Bevölkerung gegen den Schlager nur eine Reaktion unter vielen anderen gewesen , so erhielten sie nun im Rahmen der neuen Kulturpolitik eine offizielle Legitimation. Aus dieser Situation heraus etablierte sich im Schlagerdiskurs eine Periode der »Germanisierung", in der alle ausländischen

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Einflüsse als " Perversitäten« verpönt wurden. 70 Ein paradigmatisches Beispiel solcher Diskursivitätsformen bietet das folgende Zitat aus der Zeitschrift Musik-Woche aus dem Jahr 1940: >>Der Niedergang der Operette, die zur Revue wurde, förderte die Neigung zur Schamlosigkeit so, daß es auch Menschen, die sonst in künstlerischen Dingen ein Gewissen hatten, unempfindlich dagegen m achte, daß man sich an den Meisterwerken der Operettenkunst vergriff und sie durch Bearbeitungen, die nur den Zweck hatten, dem verrotteten Zeitgeschmack Zugeständnisse zu machen, entstellte und damit Riesensummen verdiente. Der entscheidende Einfluß bei allem, worauf es hier ankam, lag bei den Juden. Jüdisch waren sehr viele Unterhaltungsmusiker, waren sehr viele Kapellenleiter, waren fast alle Vermittler von Kapellen, fast alle Unternehmer von Unterhaltungsmusikveranstaltungen und vor allem die weitaus meisten Komponisten der Musikstücke, die da gespielt wurden.« (zit. nach Wulf 1963:263)

Die wiederholten Klagen über Jazzelemente im Schlager zeigen allerdings, dass die vollkommene »Arisierung" der Unterhaltungsmusik nicht erreicht wurde (vgl. Sanders 1988: 18). Selbst die von Goebbels kontrollierte UFA (Universum Film Aktiengesellschaft) produzierte 1941 die Foxtrotts der schwedischen Sängerin Zarah Leander, und der damalige Jazzmusiker Horst Winter veröffentlichte erfolgreiche Swingschlager, während deutsche U-Boote auf amerikanische Schiffe schossen. Solche »Ausnahmen« waren allerdings nicht etwa der Nachlässigkeit eines Beamten zu verdanken, sondern auch den wirtschaftlichen Interessen der Nationalsozialisten. Wie Wicke treffend anmerkt, richtete sich die Bekämpfung des »Hottentotten-Kral[s]" nicht nur gegen " Off-BeatS>Es gab erfolgre iche Beatgruppen wie die RATTLES und die LORDS und zahlreiche andere mehr. Doch knapp zwanzig Jahre nach Kriegsende war es offensichtlich noch immer nicht möglich, ihr neu aufkeimendes Lebensgefühl in einer Sprache auszudrücken, der sich einst braune Horden mit ihrem >Flamme emporÜberschüler interessierten sich grundsätzlich mehr für ausländische Musik, und andere, etwas darunter angesiedelte Bildungsschichten, tendierten mehr zum deutschen Schlager. Der war ja häufig von ähnlicher Einfalt wie der englische Schlager, nur bei dem englischen fiel's nicht so auf. Außerdem spielte das Sozialprestige eine Rolle. Die englischen Schlager hatten ja oft amüsante Kürzel, die sich nicht übersetzen ließen. Und die Kürzel konnte man schon mal einfließen lassen; dann gehörte man dazu. Aber mit Rex Gildo war nicht viel zu gewinnen, den verstand ja eh jeder. [... ] Die Wahrheit aber war, daß der deutsche Interpret heimlich gekauft wurde, nur um sich nicht dem Verdacht auszusetzen, man hätte einen Schnulzengeschmack Denn die vorherrschende Meinung war schon : Schlager sind doof! >Der Begriff Deutscher Schlager hat sich heute weitgehend als Bezeichnung durchgesetzt für die deutschsprachige Schlagermusik nach 1945 . In den 50er Jahren entwickelte sich der Deutsche Schlager in der Trad ition der deutschen Unterhal tungsmusik als Gegenpol zur englischen Popmusik.« (Mahlmann 2001:o/s)

Was diese Definition vordergründig so nichtssagend erscheinen lässt, ist, dass Mahlmanns Aussagen jenen in den 1950er Jahren vollzogenen Bruch im Diskurs widerspiegeln , der bis heute häufig nicht bewusst wahrgenommen wird. Die Benutzung der Wendungen " Deutscher Schlager" und »deutschsprachige Schlagermusik« im Zitat wirkt tautologisch. Des Rätsels Lösung liegt wohl darin, dass Mahlmann mit der ersten Wendung den Gattungsbegriff meint, wie er heute umgangssprachlich meistens benutzt wird. Mit »Schlagermusik« meint er jedoch jede Form von Popularmusik, entsprechend der bis 1945 allgemein üblichen Verwendung. "Deutschsprachige Schlagermusik nach 1945« meint also deutschsprachige Popularmusik im Gegensatz zur englischsprachigen, wie Mahlmann selbst ja auch im folgenden Satz expliziert. Das englische Äquivalent zum deutschen Begriff Schlager, der Hit, wurde- um Wicke zu paraphrasieren - für diese Funktion erst zu einem Zeitpunkt in die deutsche Sprache integriert, als die Vokabel »Schlager" den oben erklärten Bedeutungswandel erlebt hatte (vgl. Wicke 1998:1064). Wie bereits erwähnt, verweist der Begriff " Schlager« seit den 1950er Jahren nicht auf "eine" Musik, sondern auf einen bestimmten Bereich im deutschen Musikfeld, der sich als Gegenpol zur englischsprachigen Musik und i hrer deutschen Varianten - Deutsch-Rock, Deutsch-Pop oder deutscher HipHop - versteht. Ich habe bereits gezeigt, dass die heutige Prägung des Diskurses auf einen dreiteiligen Raum im deutschen Musikfeld verweist, in dem »das Deutsche« repräsentiert wird. Im Folgenden möchte ich zeigen, dass diese Repräsentation eine direkte Verbindung zu der Konstruktion von Heimat aufweist

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~

p S~hlager

KOilS\8lWilten Produzenten/ Interpreten Komponisten

Fonnierung und Etablierung des Diskurses (Q. 1850- 1900)

Amerikanisieruns

(1900- 1933)

Musik aus dem Volk

MusikspeziaHsten/ Wissenschaftler

JounaHsten

erfolgsorientierte Musik

" zündende Melodien .. , populäre Stücke

Handelsware, Zersetzungsprodukt, »Bazille der Musikultur..

Handelsware, »Bazille der Musikultur

N

w ...... Germanisierung

(1933 - 1945)

deutscher Verdeutschung Schlager (1945- 1963)

Musik für das Volk

deutsche Musik, neues Volkslied

Musik, die Gefühle des Volkes wiedergibt

Handelsware " Zersetzungsprodukt" , »Urwaldtänze.., »Negermusik" , »Judenmusik"

entfremdete Musik aus dem Volk

musikalische Ware, Popularmusik (als negativer Begriff), »Sinnbild der wurzellosen Konsumentenmassen«

kommerzielle deutsche Musik, Jugendmusik

Musiker anderer

Gattulgen oder

Ri~htungen

Musikri~htungen

»lekhte Musik« (E-Musiker)

Walzer, Polkas, Galopps, Possen, Operettenlieder, Polonaisen, Gassenhauer, Couplets, Opernarien »Urwaldtänze.., Onestep, Twostep, »Negermusik«, Ragtime, Foxtrott, (Vertreter deutscher Shimmy, Charleston, Musiktraditionen) ein- Walzer, Polka, fache Musik Operettenlieder, IE-Musikerl Jazz Walzer, Polkas, amerikanische Musik Operettenlieder, Polonaisen, (Volksmusiker), einfache Musik Opemarien, (E-Musiker) romantisches Lied, I (»Jazz..) »Schnulze.. (Rocker) Rock' n' Roll romantisches Lied schlechte populäre Walzer, Polkas, Musik (Operettenkomponis- Stimmungslied ten) einfache Musik (E-Musiker)

Tabelle 3: Uberblick über Perioden und Aussagen im Schlagerdiskurs durch die Zeit (Fortsetzung nächste Seite)

r ;;; ~ ".

c."

;;I ;;; ~

~e

Konso.anenten

Pe

...

Vergreisung deutscher (1963- 1969) Schlager

N

w N

Zentralisierung und Verschwiegersohnisierung (1969- 1981) Verlust der hegemonialen Repräsentativität für das Deutsche (1981 - 1992)

Vereinigung von deutschem Schlager und volkstümlicher Musik (1992- heute)

deutsche Musik

deutsche Musik, Musik für das Volk

deutsche Musik, gute Musik, eingängige Musik, deutsche Unterhaltungsmusik

Produzenten! Interpreten Komponisten deutsche Musik

deutsche Musik

deutsche Musik

deutsche Musik

deutsche Musik

deutsche Musik für das Volk, deutsche Unterhaltungs musik

deutsche Musik, Musik für das Volk

deutsche Musik, deutsche Unterhaltungsmusik

Journalisten

amerikanische bzw. deutsche kommerzielle Musik,Popularmusik (als negativer Begriff) »Entfremdungswerkzeug der Musikindustrie« Handelsware, »Entfremdungswerkzeug der Musikindustrie«

Handelsware, deutsche Musik, Jugendmusik, »Omamusik«

»Schnulze.., »Musik für Omas« (BeatMusiker), »einfache Musik« (E-Musiker)

Beat, romantisches Lied oder Sweet

deutsche Musik, deutsche Jugendmusik,

»Schnulze.., »Musik für Omas« (Rocker), »einfache Musik« (EMusiker)

romantisches Lied, Disco, Rock, Funk, Stimmungslied, Volksmusik

Handelsware, »Entfremdungswerkzeug der Musikindustrie«

deutsche konservative Musik, »Entfremdungswerkzeug der Musikindustrie••

Musiker anderer Ridltungen

Gattungen oder Musikri>Der Großstadt und der modernen Zivilisation wurde die traditionelle und angeblich noch >heile< dörfliche Welt als Idealbild in den >Dorfgeschichten< und >Heimatromanen< gegenübergestellt [ ... ] Der Begriff des >Gesunden< als moralischer Wert tauchte auf und das Dorf wurde zum Refugium der Verwicklung in Tugend. Mit der Gegenüberstellung von Stadt und Dorf wurde gewissermaßen dem Kontrast zwischen der für die Mehrheit der Bürger existierenden und der gewünschten Realität Rechnung getragen. Die

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EIN MUSIKALISCHES STÜCK HEIMAT

so präsentierte Idylle stellte ein Gegenbild zur bestehenden Wirklichkeit dar.« (Höfig 2000:36)

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde der Begriff zudem zum Maßstab einer von romantischen Autoren getragenen Dichtung, welche die Dichotomie zwischen »Eigenem" und »Fremdem,, thematisiert und dabei eine dialektische Beziehung zwischen Geborgenheit verheißendem Ort und gleichzeitiger Offenheit gegenüber der restlichen Welt schaffen sollte. ln dieser Dichtung scheint sich die Sehnsucht nicht mehr ausschließlich auf eine räumliche Dimension zu beziehen: die Suche nach alten Mythen, Volksgesängen und Sagen impliziert , dass sie auch eine zeitliche Dimension innehatte. Es handelte sich dennoch nicht um ein regressives, politisches Programm, das feudale Strukturen wiederherstellen wollte. Wie Celia Applegate zutreffend anmerkt, sehnten sich romantische Autoren nicht nach einer konkreten , historischen Heimat, sondern vielmehr nach einer Vergangenheit, die niemals existiert hatte und die wenig mit der realen Heimat zu tun hatte (vgl. Applegate 1990:8) . Da im Heimatdiskurs die real existierende Heimat nicht wiedergegeben werden sollte, suchten ihre Verfechter nach Komponenten , die dem Diskurs Legitimation und ein bisschen lokales Kolorit geben konnten. Infolgedessen wurde die Heimatvorstellung auf die ganze Landschaft, das stille Tal, das Bächlein, den Fluss, das Häuschen neben der Mühle, die Blumen und Vögel, also auf klischeehafte Naturbilder ausgeweitet, womit der imaginäre Inhalt des Begriffes an Bedeutung gewann. Wie Bausinger formuliert, übernahm die Heimat dann mehr und mehr die Rolle einer Besänftigungstandschaft bzw. eines Kompensationsraumes, »in dem die Versagungen und die Unsicherheiten des eigenen, [realen] Lebens ausgeglichen werden,, (Bausinger 1990:79-80). War es da nicht zu erwarten, dass sich in der Zeit der Restauration eine deutliche Tendenz abzeichnete, die Heimat mit einer »hübschen, aber gehaltlosen Naturkulisse" (Höfig 2000:36) in Verbindung zu bringen, und dass, je weiter die Verstädterung der deutschen Gesellschaft voranschritt, im Heimatdiskurs das Dorfleben und die deutsche Landschaft bzw. die »deutsche Natur>The Heimat movement reflected the reality of centralization, urbanization, and industrialization by reacting against each one of them. But even that is too simple a characterization of its contemporaneity, for its undoubted nostalgia for older ways of life and smaller communities could go hand in hand with an enthusiastic receptivity of present glories, to big, vital cities, to technological wonders, and, most of all, to national prestige.« (Applegate 1995:62)

Diese glorreiche Zukunft lag direkt um die Ecke. Die von neoromantischen Gedanken geleitete Vorstellung der Heimatbewegung, es gäbe ein »Wesen des deutschen Volkes" , das sich in seiner Geschichte, Sprache und Kultur ausdrücke, und das es zu bewahren gelte, hatte Beifall von Autoren wie Hans Grimm (1926) und Johanna Wolff (1931) gefunden, die das "weltbürgerliche", "heimatlose,, Gesellschaftsbild der Weimarer Republik ablehnten und dagegen ein bewusstes, auf eine geschichtlich-kulturelle und biologische Zugehörigkeit basiertes Deutschtum ausriefen (vgl. Ditt 1990: 144-145). Es war daher nur eine Sache der Zeit, dass solche Heimatvorstellungen eine Entsprechung im politischen Leben fanden (vgl. Bausinger 1990:85). Heimat wurde erwartungsgemäß ein propagandistischer Faktor im nationalsozialisti88 Für eine ausführliche Darstellung der Heimatbewegung siehe Ditt (1990), für eine Darstellung regionaler Entwicklung der Heimatbewegung dagegen Applegate (1995).

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sehen Deutschland, der die Bereitschaft der Bevölkerung, sich für das deutsche Vaterland zu opfern, verstärken sollte, wie folgendes Zitat aus der ersten Nummer der im Jahr 1933 neu gegründeten Zeitschrift Die Heimat deutlich zeige': >>Volk und Heimat sind durch das Werden eines neuen Staates wieder zu einem Begriff geworden. Blut und Boden sind wieder Träger einer gestaltenden Staatsidee, die bewußt alle Tradition und Geschichte gewordene Vergangenheit an alle gutwilligen, eigenstarken Kräfte der Gegenwati bindet, ein sauberes, sicheres Haus deutscher Zukunft zu bauen. Dieser Neubau bedingt die Ausscheidung und Ausstoßung unwertiger Kräfte und untauglichen Baustoffes. Er verlangt aber auch glaubensfrohe, arbeitswilligeMithelferund Mitstreiter, soll das Haus der deutschen Volksgemeinschaft werden. Aus Blut und Boden soll das neue Reich erstehen, auf dem Boden deutscher Heimat soll das Werk sich erheben, aus der Blutsgemeinschaft soll die Volksgemeinschaft werden. Dieser Aufgabe will, in Hingabe an Werk und Ziel, zu ihrem Teil auch Die Heimat dienen, deren erstes Heft hinausgeht: Blut und Boden, Volk und Heimat sollen ihre Leitgedanken sein.« (zit. nach Lindemann 1992:23, Hervorhebung im Original)

Diese Gleichsetzung mit Blut und Boden impliziert jedoch nicht, dass Heimat im Nationalsozialismus allein einen territorialen Charakter und eine programmatische Funktion hatte. Ältere Bedeutungen des Wortes als Besänftigungstandschaft bzw. als Kompensationsraum wurden nicht nur geduldet, sondern sogar von der von Joseph Goebbels< Propagandaministerium kontrollierten Kulturindustrie bewusst gefördert (vgl. Bausinger 1990:84-85). Selbst in Kriegszeiten wurde in Filmen und in der Musik ein Heimatbild konstruiert, in dem die Bergwelt und die bunten Trachten als Kulisse fungierten, um auf unterhaltsame Weise die rassische und kriegerische Ideologie der Nationalsozialisten zu verbreiten. Lieder wie Wir ziehen durch die Heimat mit Musik oder Auch in Frankfurt am Main besangen die Heiterkeit einer heilen Welt, die wenig mit der realen , durch den Krieg zerstörten Heimat zu tun hatte (vgl. Port le roi 1998:24-28). Der totale Krieg wurde vom totalen Zirkus begleitet. Dies erklärt einigermaßen, wieso im Deutschland der Nachkriegszeit noch mal eine Tradition von Heimat an Bedeutung gewann, die sie als idyllische, kulturelle Landschaft und nicht als bloßes Territorium feierte. Medial inszeniert und später auf die Leinwand projiziert, 89 Der deutsche Nationalismus um 1860-1880 scheint den Heimatdiskurs nicht direkt beeinflusst zu haben. ln der Literatur lassen sich keine neuen diskursiven Formationen erkennen.

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wurde Heimat in der unmittelbaren Nachkriegszeit erneut zum Lieblingsthema der Filmindustrie bzw. zum unbewussten Antidot gegen die nachwirkenden Schrecken des verlorenen Krieges: >>In the face ofthe division ofGetmany and the Cold War, Heimatfilms served to re-establish German identity based on a regional sense ofbelonging and on local traditions. Images of cultural continuity signified by folk festivals, costumes, and music masked the reality ofpolitical discontinuity [... ]Heimatfilms specialize in sunsets shot through lakeside reeds, blue skies, and purple beatbland or the towering grandeur of the Alps which serve to screen out recent memories of cities in ruins.>Heimat und offene Gesellschaft schließen sich nicht mehr aus : Heimat als Aneignung und Umbau gemeinsam mit anderen, Heimat als selbst mitgeschaffene kleine Welt, die Verhaltenssicherheit gibt, Heimat als mensch lieh gestaltete Umwelt [... ] Heimat ist nicht mehr Gegenstand passiven Gefl.ihl s, sondem Medium und Ziel praktischer Auseinandersetzung; Heimat kann nicht ohne weiteres auf größere staatliche Gebilde bezogen werden, sondern betrifft die unmittelbare Umgebung, Heimat erscheint gelöst von nurländlichen Assoziationen und präsentiert sich als urbane Möglichkeit; Heimat

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ist nichts, das sich konsumieren läßt, sondern sie wird aktiv angeeignet.Der Kempunkt ist eine Definition von Heimat als ein inneres Verhältnis von Personen zu ihrer Umgebung. Es geht um ein >MaßMaß< entwickelt sich in der individuellen Biographie auf eine individuelle Weise - die E1fahrung mit und die B indung an bestimmte, biographisch bedeutsame Orte , Personen, Gewohnheiten bildet den Hinter- oder auch Untergrund dafür, w ie neue Beziehungen zu anderen Orten und Personen aussehen können. [... ] Heimat

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wird zu einer imaginären Konstruktion, einem Vor-Bild [sie] fiir die Gestaltung realer Orte, das viele, teilweise auch w idersprüchliche und ambivalente Erfahrungen integrieren kann ... « (Mitzscherlich 2000: 137)

Mit Beheimatung meint Mitzscherlich die Strategien, die angewandt werden, um ein Ambiente innerhalb eines physischen Raumes herzustellen, all jene Strategien also, welche die realen Gegebenheiten eines Ortes so umschreiben, dass er heimatlich wird , da dort alle Gefahren der Außenwelt domestiziert werden können! ' Es ist zweifelsohne diese häusliche, persönliche Dimension von Heimat, die sie mit dem ebenfalls als typisch deutsch geltenden Begriff der Gemütlichkeit verbindet. Was ist schließlich gemütlich? Bausinger antwortet: >> ••• gemütlich

ist, was das Gemüt anspricht, was Zufriedenheit und eine gute Stimmung auslöst, ohne daß dem eine besondere Leistung vorausgegangen wäre. Nicht nur Bequemlichkeit ist gemeint, sondern ein Klima der Behaglichkeit, eine >anheimelnde< Atmosphäre, die eine besondere Gefühlsbindung erzeugt.wegenDeinetwegenwegen dirdeinetwegen< lautet. Denn was Udo Jürgens singt, ist immer bestes Hochdeutsch. Ein Jahr lang ging er mit >DeinetwegenWegen dir< im Titel führten. Und hier war der dritte Fall nicht mehr mit Dialekt zu entschuldigen; denn die Sänger artikulierten sich in Hochdeutsch, beziehungsweise in etwas, das sie dafür hielten. Im Sängerkrieg der Schlagerbarden ist der Genitiv unterlegen. >Wenn es irgend m öglich ist. dann wird ein fremdsprachiger Schl ager durch die romantischen Stichwörter wiedergegeben. [... ] Doch läßt es sich an mehreren Beispiele n nachweisen, w ie ei n anschauli ches Bild der Vorlage durch die rom antischen Stichwörter übersetzt wird, und das zeugt immerhin von der Bedeutung der romantischen Stichwörter innerhalb des deutschen Schlagers.« (Haupt 1957:53)

Am Beispiel einer Übersetzung des 2001 von Robbie Williams und Nicole Kidman gecoverten Hits Somethin' Stupid von Frank und Nancy Sinatra, dem Schlager Was kann ich denn dafür möchte ich diese Strategie näher erläutern" 2 : Original I know I stand in line Until you think you have the time To spend an evening with me And if we go someplace to dance I know that there's a chance You won't be leaving with me Then afterwards we drop into a quiet little place And have a drink or two And then I go and spoil it all By saying something stupid Like I Iove you I can see it in your eyes You still despise the same old lines You heard the night before And though it's just a line to you For me it's true

Deutsche Version Was kann ich denn dafür, dass ich so gerne nur mit Dir allein spazieren geh '. Was kann ich denn dafür, das ich so gerne nur mit Dir allein die Sterne seh'. Tagaus, tagein nur zärtlich sein, das wär' so schön. Doch was ich sag' und was ich tu' , Du schaust nicht hin, du hörst nicht zu. Wenn ich Dir sage Darling Du, ! Iove you.

Viel zu oft hast Du gehört, das man dir schwört. Ich bin in Deinen roten Mund verliebt, für Dich ist jede Liebelei nur Schwindelei. Du glaubst nicht, dass es Liebe gibt.

112 Der Übersichtlichkeit halber habe ich die " romantischen" Begriffe des Schlagers kursiv markiert.

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And never seemed so right before I practice every day to find some clever lines to say To make the meaning come true But then I think I' ll wait until the evening gets late And l'm alone with you

The time is right Your perfume fill s my head The stars get red And oh the night's so blue And then I go and spoil it all By saying something stupid Like I Iove you I Iove you ...

Was kann ich denn dafür, dass ich nur glücklich bin mit Dir, denn du bist wunderbar. Was kann ich denn dafür, dass ich Dich liebe, glaube mi r, für alle Zeit sogar. Wenn wir heut' Abend tanzen geh' n, wenn w ir uns in die Augen seh' n beim Rendezvous. Dann schau mich an und hör mir zu, wenn ich Dir sage Darling Du, J Iove you. Wenn wi r heut' Abend tanzen geh' n, wenn wir uns in die Augen seh' n beim Rendezvous. Dann schau mich an und hör mir zu, wenn ich Dir sage Darling Du, J Iove you, J love you, J Iove you ...

Wie man anhand der Texte sehen kann , ist das Thema der Originalversion, eine nicht erwiderte Liebe, beibehalten worden. Die Darstellung ist jedoch diametral entgegengesetzt. ln der Originalversion wird die Liebe allein durch die Annährungsversuche des Ich-Erzählers angedeutet. Romantisch sein, wahre Gefühle ausdrücken dagegen stellt sich als schädlich heraus und bewirkt das Scheitern des Erzählers. ln der Schlagerversion ist die Liebe, wie im Schlagerdiskurs üblich, eine >>harmonische Symbiose von Mann und Frau« (Hallberg 1998:128), eine entkörperlichte Liebe. Die Sinnlichkeit, welche in der englischen Version deutlich suggeriert wird, wird dem Schlagerdiskurs entsprechend in der Übersetzung dadurch gemildert, dass die aus der Romantik stammenden Stichwörter - Sterne, roter Mund, Liebe, Augen, Rendezvous - neben typischen Adjektiven des Schlagerargots wie zärtlich, schön , glücklich und wunderbar in den Vordergrund gerückt werden. So wird das, was im Original ironisch wirken soll, nämlich dass sich die Proposition »I Iove you« als bloße Formel entpuppt, die für das besungene Subjekt keinen Inhalt mehr enthält, in der Übersetzung umformuliert: Es ist nicht das Aussprechen der »romantischen«Formel, womit hier die Möglichkeit der Liebe zerbricht, sondern die misstrauische Einstellung des besungenen Subjekts zur Liebe überhaupt. Das Bekenntnis zu den eigenen Gefühlen bleibt dabei trotz des Misserfolgs positiv beladen; das Romantische ist gerettet.

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Ein weiteres Beispiel dieser Art von Übersetzung bietet das Lied My Happiness, welches 1959 von Connie Francis für den internationalen Markt, von Gitta Lind und Christa Williams unter dem Titel My Happiness (Immer will ich bei der sein) für den deutschen Markt aufgenommen wurde: Original

Deutsche Version

Evening shadows make me blue When each weary day is through How I long to be with you, my happiness

Immer will ich bei dir sein immer will ich bei dir sein und ich lass dich nie allein, my happiness

Every day I reminisce Dreaming of your tender kiss Always thinking how I miss my happiness

Bist Du auch malfern von mi r finde ich doch den Weg zu dir wenn ich nicht dein Herz verlier', my happiness

A million years it seems Have gone by since we shared our dreams But I'll ho ld you again There'll be no blue memories then

Ein Märchen, wunderbar wurde endlich heut für mich wahr seit ich weiß, wer es ist der so oft im Traum mich geküsst ...

Whether skies are grey or blue Any place on earth will do Just as long as I'm with you, my happiness

Immer will ich bei dir sein immer will ich bei dir sein alles will ich dir verzeih' n, my happiness

Whether skies are grey or blue Any place on earth will do Just as long as I'm with you, my happiness

Immer will ich bei dir sein immer will ich bei dir sein alles will ich dir verzeih ' n, my happiness

Vergleicht man die Originalfassung mit der eingedeutschten Version, fällt sofort ins Auge, dass im deutschen Text nicht nur Begriffe wie Herz, Märchen oder Traum eingeführt werden, die ebenfalls auf die Dichtungstradition der deutschen Romantik zurückgehen, sondern dass durch ihre Einführung ganz andere Motive als im Original thematisiert werden, nämlich Treue und Ferne. Diese, oberflächlich betrachtet, leichten Veränderungen im Text ziehen weitere Konsequenzen nach sich, denn allein durch die Präsenz dieser Themen wird auch das im Titel angedeutete Motiv des Liedes umgedeutet: Kann der Ausdruck my happiness im Originaltext sowohl auf das Glück als auch auf eine geliebte Person verweisen, verliert er durch die Übersetzung an Ambiguität und wird zugunsten einer eindeutigen Interpretation gebändigt, in der

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das herkömmliche Motiv der Schlagerdichtung, die Liebesbeziehung zwischen singendem und besungenem Subjekt in der Form des Ich und Du, an die Oberfläche gehoben wird. Diese Art von Übersetzung hat eine lange Tradition im Schlager. Ich könnte an dieser Stelle zahlreiche Beispiele anführen, möchte aber nur kurz auf einige aufmerksam machen, die in der Schlagerliteratur thematisiert wurden und die meine Betrachtungen bestätigen: Memories Are Made Of This von Dean Martin, das vom Liebeslied auf Englisch zum Heimweh auf Deutsch mutierte (vgl. Geldschläger 1958:109, 110), Baby Sittin' Boogie von Buzz Clifford, das 1961 von Ralf Bendix als Babysitter Boogie eingedeutscht wurde und bei dem das als baby besungene Liebesobjekt der englischen Version in ein etwa einjähriges Kind verwandelt wurde (vgl. Wicke 2000:207-209) oder Tom Jones' Hit Just he/p yourself, in dessen Übersetzung Komm und bedien' dich die sinnlichen Komponenten des Originals- »just help yourself to my lips, to my arms I just say the ward, and they are yours>Für mich spielt eine ganz große Rolle die Sprache und über die Sprache halt die Kultur. Insofern könnte ich mir zum Beispiel ganz schwer vorstellen, für immer im Ausland zu leben, weil mir da eben dieses Stückehen Heimat fehlen würde, nämlich in der Kultur. Dass ich mich in einer Sprache, in dem Fall eben im Deutschen, genau so ausdrücken kann, wie ich es möchte, das heißt, dass ich eine relativ hohe Wahrscheinlichkeit habe, dass das, was ich sage, auch so ankommt, wie ich es möchte, ist mir sehr wichtig. Und dass ich eben auch alles so verstehe. Das gilt eben vor allem für Literatur und Medien, aber natürlich auch für Musik. Und das ist mir schon wichtig. Heimat ist auf jeden Fall etwas nicht unbedingt Ortsgebundenes, sondern sozusagen etwas Virtuelles zum Beispiel, was über Kultur und Sprache läuft.>Der Schlager bietet Geborgenheit durch seine Vertrautheit, meist schon aus der Kinderzeit, durch die Verwendung der deutschen Sprache, durch die Verwendung vertrauter musikalischer Mittel. Auf dieser Basis kann man sich leichter auf das Ungewohnte und Neue einlassen, das der gute Schlager immer auch bietet. [...] In Bezug auf Heimat, kann ich sagen: Ich fühle mich im Schlager genauso zu Hause wie in meiner Familie, meinem Dorf, meinem Land - oder unserem Fernsehprogramm.>Durch seine gestalterische Kraft grenzt der Mensch aus dem ihn umgebenden Raum Räume aus, als umzäunte, umhegte, bebaute, umbaute, überbaute, allgemein: als gestaltete. Es ist kollektive und individuelle Erfahrung, daß diese gestalteten Räume nur unter der Bedingung von kontinuierlicher Kultur, Pflege, Bearbeitung dauern. Und es ist schmerzliche Erfahrung, daß sie auch dann nur eine Zeitlang dauern. Die von Menschen gehegten, gebauten Räume sind labil, verfallen, werden zerstört. Der Mensch baut sich in ausgegliederten, neugegliederten Räumen Heimat, Heimaten ...« (Piepmeier 1990:98-99)

Ich möchte kurz auf dieses Zitat eingehen, da es in zweierlei Hinsicht interessant ist. Auf der einen Seite behauptet Piepmeier, dass Heimat eine ständige Gestaltung von Orten als erlebte Räume ist, auf der anderen Seite zeigt er, dass diese Heimataufgrund der heutigen Mobilität in der modernen Gesellschaft nur begrenzt erlebt werden kann. Aus diesem Grund fühlt sich der Mensch gezwungen, sich immer wieder neue Heimaten zu schaffen. Es liegt auf der Hand, dass die Gestaltung einer neuen Heimat sich auf bereits bestehende Heimatbilder beziehen muss und dass diese Neugestaltung immer die Sehnsucht nach einem als »Ursprung" betrachteten Ort enthält, denn die Bilder, die reproduziert werden, sind eben diejenigen, die das Subjekt als erste Erfahrungen von Heimat geprägt haben: 296

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>>Heimat wäre somit automatisch der Geburtsort bzw. die Umgebung der frühen Kindheit, des ersten Lächelns, der ersten Schritte, der ersten Worte, des ersten Schultags, der ersten Liebe- quasi lebenslang würde sich Heimat mit den Merkmalen der damals nahen Personen, Wohnung und Landschaft verbinden. Diese wirken von allein als physiologisch konkrete Sinnesreize: Geruch, Geschmack, Klang, Licht- und Temperaturverhältnisse - und bilden das unbzw. vorbewußte Bezugssystem, auf das hin alle späteren Erfahrungen organisiert werden.« (Mitzscherlich 2000:106)

Wir haben im vorherigen Kapitel am Beispiel der Abenteuer des in Köln lebenden Peruaners Pepo gesehen, dass die Reproduktion von als »ursprünglich" geltenden Situationen im fremden Rahmen einen Heimatzustand generieren kann und dass Musik als Träger von Kultur ein wichtiger Teil des Beheimatungsprozesses ist. Wie Stokes anmerkt, kann Musik unsere Wahrnehmung eines Ortes dermaßen prägen, dass sie ihn neu gestaltet. Indem diese mit Musik konstruierten Orte Vorstellungen von Differenz und sozialen Grenzen umfassen, sagt Stokes zudem, verhandelt und transformiert Musik soziale Hierarchien (vgl. Stokes 1994:35). Der deutsche Schlager als ein Diskurs, der den Anspruch erhebt, das Deutsche zu repräsentieren , bietet sich daher als ein sehr geeignetes Medium, fremde Orte in erlebte bzw. in heimatliche Orte umzuformen. Wie Orte mit Musik umgeschrieben werden, kann am Beispiel der berühmt-berüchtigten Ballermannszene auf der Insel Mallorca erörtert werden, die ein spanisches Stück Land vorübergehend in ein deutsches Territorium verwandelt. Mallorca war bis zum Ende der 1980er Jahre vor allem für deutsche Prominente ein Begriff gewesen. Aber mit dem Erfolg des in den 1960er Jahren von den deutschen Konzernen Quelle und Neckermann initiierten Massentourismus' verwandelte sich die Insel in den 1990er Jahren zum Lieblingsziel deutscher Urlauber. Die Insel bot optimale Bedingungen dafür: Eine deutsche Kolonie von Prominenten, die die Insel bereits mit ihren deutschen Bräuchen geprägt hatte, und ein in Deutschland unvorstellbares, herrliches Wetter. Seit den 1970er Jahren gab es dort deutsche Buden und Imbissstände an der Playa de Palma, die den Touristen unter Palmen und Sonne deutsches Fastfood anboten (vgl. Der Spiegel 1997,33:38). Aber erst als 1994 Andre Engelhardt, einer dieser deutschen Unternehmer, seine Kneipe »Ballermann 6" in eine Art Openair-Discotheke umbaute, wurde der Ballermann zum Inbegriff für deutsche Kultur auf der Insel. Damit schuf Engelhardt ein Konzept, welches das Image der gesamten Insel komplett verändern sollte: Currywurst und Pommes, deutsches Bier und laute deutsche Schlagermusik eroberten die Schinken- bzw. die Bierstraße

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und avancierten schnell zum Träger einer, wenn man will, ethnischen Differenzierung gegenüberden Einheimischen und anderen Gruppen von Touristen. Seitdem ist die Bezeichnung »Ballermann" ein Synonym für Party und Spaß auf der Insel einerseits, für Proleten-Tourismus anderseits (vgl. Der Spiegel2004,32:106) 115• ln seinem Spaßroman Ballermann 6. Keiner verläßt die Theke beschreibt Jörg Mehrwald die deutsche Atmosphäre am Ballermann folgendermaßen: >>Hier schien auf ein paar hundert Metern Straße die Leuchtreklame ei ner mittleren Kleinstadt zu sein. Tresen an Tresen präsentierte sich jede Kneipe mindestens doppelt so groß wie zu Hause in Deutschland. E in ganzer Straßenzug als riesengroßer stimmungsvoller Ausschank. Überall brutzelten Würste, Steaks und alle erdenklichen Fleischgerichte. Wie in ganz Arena! war alles auf deutsche Besucher eingerichtet: man sprach Deutsch, man schrieb Deutsch und man trank deutsches Bier.« (Mehrwald 1997:29-30)

Ich habe bereits im vorherigen Kapitel gezeigt, dass Orte durch die Reproduktion kultureller Elemente in neuen Kontexten mit neuen Bedeutungen besetzt werden und dass diese mit neuen Bedeutungen besetzten Orte immer eine Projektion von Wünschen und Sehnsüchten sind. Man kann daher Ballermann und Umgebung als einen Ort betrachten, der durch die Invasion einer als deutsch geltenden Kultur verändert wurde. ln diesem Sinne fungiert die Evozierung eines räumlich entfernten Ortes an einem fremden Ort als die Konstruktion eines erlebten Raums, in dem sich die " eindringenden,, Subjekte sicher und zugehörig fühlen , da sie ihr zu Hause reproduzieren. Wie der Beschreibung auf der offiziellen Webseite des mittlerweile legendären Lokals Ballermann 6 zu entnehmen ist, spielt der deutsche Schlager dabei eine beachtliche Rolle: >>Am Ballermann 6 ist am meisten los. Party pur, heiße Flirts, >oben ohneVamos a Ia Playa< von Costa CordaUs und starke Hits von 115 Die Bezeichnung " Ballermann,, entstand laut zahlreicher Internetquellen aus dem spanischen Wort Balneario (Badeort), nachdem es einer Lautverschiebung unterlegen war. Ballermann 6 wäre dementsprechend nichts anderes als eine Verdeutschung von Balneario 6, eines der 16 Balnearios an der Küste Mallorcas, an dem sich das Lokal Ballermann 6 befindet. Laut der offiziellen Webseite von Ballermann 6 wird die Bezeichnung in Zusammenhang mit dem deutschen Ausdruck " einen ballern,, erklärt, welcher als Euphemismus für den Konsum von Alkohol benutzt wird. Wie auf der Seite ausdrücklich formuliert, war der Ballermann von Anbeginn ein Ort, an dem mehr " getrunken als gegessen wurde,, (http://www.ballermann6.de).

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Jürgen Drews, das ist Ballermann 6! [... ]Gespielt wird überwiegend Deutscher Schlager, wobei die tobende Menge oft mitsingt. An der Promenade wird Sangria mit meterlangen Strohhalmen aus Putzeimern geschlürft. Aufgrund der großen Hitzeeinstrahlung der Sonne dauert es oft nicht lange, bis der eine oder andere nicht mehr alle Sinne beisammen hat. Jetzt beginnt der Spaß erst richtig - die Hemmungen fallen , und bei Songs wie >Er gehört zu mir. ..< ist das Publikum außer Rand und Band. Jeder gröhlt [sie] so laut er kann, schließlich gilt die Devise: >Egal ob man gesehen wird, hier kennt einen ja niemand!< [... ] Der Dj [sie] und die legendäre Live-Band Helmut & die Dominoes spielen alles, was das deutsche Herz begehrt. Auch Schlagerstars treten meist 3 x pro Woche hier auf, so z.B Jürgen Drews, Ibo oder Costa Cordalis. Extrem gute Stimmung und etliche Polonesen [sie] sind fast immer auf dem Tagesprogramm.. « (http://www.bal1ermann6.de, Hervorhebung von mir)

Hier ist der deutsche Schlager ein wesentlicher Teil einer deutschen Atmosphäre, denn er vermittelt den Besuchern aufgrund seines populären Charakters ein Gefühl von Vertrautheit und gleichzeitig von Zugehörigkeit zu einer deutschen Gemeinde. Wenn ich hier über den deutschen Schlager spreche, dann unter dem Vorbehalt, dass ich sowohl den »herkömmlichen" deutschen Schlager als auch die Musikproduktionen der Ballermann-Szene meine. Ich habe bereits gezeigt, dass die Präsenz deutscher Schlager aus den 1970er bzw. 1980er Jahren in der BallermannSzene nicht selten ist. Ich habe ebenfalls bereits erwähnt, dass seit den 1990er Jahren eine Art von Liedern, die vom »konservativen" deutschen Schlager sehr differiert, dennoch unter der Kategorie " deutscher Schlager" vermarktet wird. Vielleicht ist es die abwechselnde Präsenz beider Schlagerformen in der Szene, die eine Verbindung ermöglicht, die eher durch diskursive Tricks als durch musikalische oder textliche Affinitäten hergestellt wird. Eine flüchtige Analyse des BallermannRepertoires soll dies erläutern. Betrachtet man das Repertoire auf den unter der Bezeichnung »Ballermann HitSlebende Schaufensterpuppen>Wir spielten allerdings nicht nur Blasmusik, sondern auch deutsche Schlager. [.... ]Sie [die Blumenauer] haben die alten Sachen gekannt, die neuen Sachen doch nicht, ganz einfach, weil die Kommunikation mit Deutschland nicht da war. Wir [die Band Nussel Birq-Buam] haben die neuen Sachen gebracht und dann haben sie bemerkt: >Ahh, so ist des, so wird des gespielt>Nicht, daß ich nun auch noch von meiner Oma erzählen will, die schon lange nicht mehr lebt. Trotzdem ganz kurz. Es war die Zeit des >Sterns< [gemeint ist hier die Platte von Frank Schöbe! Wie ein Stern]. Leider war sie die letzten 3 Jahre ihres Lebens vom Rollstuhl abhängig. Aber der Sinn für Schönes, besonders für Musik, war noch nicht ganz verloren, obwohl ihr Leben durch die Krankheit zerbrochen war. Die Aufmerksamkeit für Frank Schöbe! war noch da. Es glich einer Andacht beim Zuhören, wenn sie den >SternWenn ich Frank Schöbe! sehe und höre, habe ich das Gefühl, daß ich wieder laufen kann!>Die schönsten Schlager unserer Heimat. Das war unsere Musik. Große Gefühle, tiefe Erinnerungen und Sehnsüchte an eine vergangene Zeit werden nun wieder wach. Erinnerungen an unser Heimatland. Diese Titel haben uns im richtigen Augenblick die passenden Melodien geliefert! Ob in traurigen oder fröhlichen, geselligen Zeiten - sie waren mit ihren Texten und Liedern bei uns« (www.shop24direct.de, Hervorhebung im Original)

Dass dabei eine kulturelle Trennung zwischen West- und Ostdeutschland vorgenommen wird , soll nicht überraschen, denn Heimat ist Identität. ln diesem Sinne funktioniert der deutsche Schlager als ein sozialer Raum, in dem kulturelle ldentitäten verhandelt werden. Wie Barth anmerkt, definieren sich menschliche Gruppen nicht durch die Anerkennung objektiv festgestellter ethnischer Merkmale, sondern durch die Herstellung arbiträr festgelegter Grenzen, die als natürlich entstandene, ethnische Merkmale dargestellt werden. Diese ethnische Identität, sagt Barth zudem , lässt sich aber nur anhand einer Dichotomisierung des Anderen vornehmen, der als Gegenbild zur eigenen Identität fungiert (vgl. Barth 1970:15). Wir wissen aus der Ethnologie, dass die Beschreibung des Fremden - gewollt oder ungewollt - immer einen Kontrastcharakter aufweist (siehe S. 42) und dass sie dadurch eine Funktion als Negation des Eigenen erhält (vgl. Fabian 1983:41 ; Niekisch 2002:40). ln seinem Buch Orientalism hat Edward Said gezeigt, dass Beschreibungen dieser Art tatsächlich auf einer binären Logik basieren, welche die Welt in zwei Kategorien einordnet: "wir sind so" und " sie sind anders« (vgl. Said 1979:237). Was ich damit sagen möchte, ist einfach, dass indem man berichtet, wie die anderen sind, man gleichzeitig über das berichtet, was man selber nicht ist. ln Anknüpfung daran möchte ich zunächst die These aufstellen, dass die Beschreibung des Anderen im deutschen Schlager eine Funktion der Abgrenzung für die Konstruktion eines deutschen Subjekts der Heimat übernimmt. Man hat dem deutschen Schlager zur Genüge vorgeworfen, sich f remder Orte wie Italien, der Südsee oder der Karibik zu bedienen, um das typisch deutsche Bedürfnis zu befriedigen, von einem idyllischen

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Paradies zu träumen (vgl. Malamud 1964:62ff; Werner 1975:181; Terkessidis 1996:131; Höfig 2000:138). Diese Vorwürfe basieren auf der Annahme, dass der deutsche Schlager nichts über die Realität vermittelt, von der er spricht. Das beste Beispiel für solche Arbeiten ist das Buch Samba, Samba. Eine politikwissenschaftliche Untersuchung zur fernen Erotik Lateinamerikas in den Schlagern des 20. Jahrhunderts des Österreichischen Politologen Wolfgang Dietrich, der sich darin mit der Repräsentation Lateinamerikas im Schlager beschäftigt. Dietrichs zentrale These ist, dass Lateinamerika im Schlager ein leeres Zeichen ist, welches nichts über die substanzielle Beziehung der deutschsprachigen Gesellschaft zum Subkontinent aussagt. Laut Dietrich wird Lateinamerika von den Produzenten des deutschen Schlagers als ein Zeichen gesetzt, um beim Publikum auf ein bestimmtes Spektrum unbefriedigter Sehnsüchte zu zielen: »Der kommerzielle Anbieter,,, schreibt er, "zielt darauf ab, das inhaltsleere Zeichen, das Klischee, so unverbindlich und verführerisch zu setzen, daß das Publikum bereit ist, diese Leere mit den Bedeutungsinhalten des eigenen unbefriedigten Begehrens zu füllen.« (Dietrich 2000:221 ). Aufgrund einer Textanalyse eines von ihm zusammengestellten Korpus' von Schlagern aus dem gesamten 20. Jahrhundert, in der er die Lateinamerikabilder mit den geschichtlichen Fakten vergleicht, kommt Dietrich zu dem Schluss, dass seine These zumindest für den Schlager der Nachkriegszeit- zutrifft, worin er wiederum Adernos Thesen über die affirmative politische Funktion des Schlagers bezüglich des Herrschenden bestätigt sieht: >>Ist diese Leere systemstabilisierende Ideologie im Sinne Adornos? Ich würde die Frage bejahen, denn es geht in keinem Fall um die konkrete Lebenswelt in Lateinamerika, sondern durchwegs um das Bild, das die Schlagerkonsumenten sich von ihr machen - sollen. Dabei schlägt der Überlegenheitsanspruch des Wirtschaftswunders gegenüber den >anderen< voll durch. Ob dies nun in der spöttisch-abschätzigen Art des Popocateppetl Twist oder der Ananas aus Caracas geschieht, oder eher im empathischen Stil des Habanera oder von Santo Domingo macht dabei keinen großen Unterschied. In jedem Fall setzt das leere Zeichen >Lateinamerika< die Überlegenheit des eigenen politischen Systems. In den Kontext eines Booms am Schlagermarkt gestellt, [... ] wohnt dieser Leere eine stark affirmative politische Wirkung inne.« (Dietrich 2000:227, Kursiv im Original)

Was mir an einem solchen Ansatz nicht gefällt, ist, dass von der Prämisse ausgegangen wird, dass es eine »reale" Beziehung zwischen

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einem Signifikant und einem Signifikat gäbe, was ich aus einer poststrukturalistischen Position vehement bestreiten würde. Mir scheint es einfach nicht angebracht, vom deutschen Schlager eine Aufklärung bezüglich anderer Kulturen oder Regionen zu erwarten, eine Erwartung übrigens, welche auch die Ethnologie nicht besser als der Schlager befriedigen kann. Den Schlager als ein Glied einer ideologiestabilisierenden Maschinerie zu sehen, scheint mir ebenso unangebracht wie die oben erwähnte Einstellung. Angenommen, die Musikindustrie wäre ein homogenes Ganzes- was siede facto nicht ist-, kann ich beim besten Willen keine Erklärung dafür finden, warum sie grauenhafte Diktatoren in Lateinamerika oder unmenschliche Mafiosi in Italien beschützen sollte? Das Besingen des Anderen im deutschen Schlager nimmt aber einen ganz anderen Charakter an, wenn man sich von der Vorstellung verabschiedet, dass das Bezeichnende irgendeine Beziehung mit dem Bezeichneten aufweisen muss. Geht man von einem konnotativen Charakter der Sprache aus, verwandelt sich diese Beschreibung des Anderen in eine Strategie für die Konstruktion des Eigenen. Ich möchte dies anhand des berühmten Schlagers Griechischer Wein von Udo Jürgens veranschaulichen , der in der Schlagerszene noch immer sehr präsent ist, obwohl er bereits 1974 veröffentlicht wurde. 1972 hatte Jürgens die Musik zum Lied nach einem Urlaub in Rhodas komponiert, was die Anlehnung an Elemente der griechischen Musik erklärt. ln Deutschland genießt Udo Jürgens den Ruf eines liberalen Interpreten mit anspruchsvollen, künstlerischen Intentionen. Es war daher kein Zufall, dass er keinen Text wollte, der die Klischees einer Italien-Welle mechanisch auf Griechenland transponiert. Nachdem er zwei Jahre lang mit unterschiedlichen Textern daran gearbeitet hatte, überraschte er sein Publikum 1974 mit einem Text von Michael Kunze, der sich mit der Situation der Gastarbeiter in Deutschland auseinander setzte, mit einem Thema also, das damals sehr aktuell war und über das viel diskutiert wurde. Griechischer Wein war ein großer Erfolg und wurde als einer der ersten deutschen Schlager gefeiert, die sich mit den sozialen Umständen im Lande beschäftigen. 125 Ich habe bei Gesprächen mit Informanten bestätigt 125 ln Wirklichkeit hatte sich der Schlager immer an der politischen Konjunktur der Bundesrepublik bedient (vgl. Häusennann 1978; Pfarr 1997; Port le roi 1998;Wicke 2000). Auch die Figur des Gastarbeiters war nicht zum ersten Mal von den Schlagerautoren aufgegriffen worden. Für die Konstruktion eines Mythos sind solche Kleinigkeiten jedoch selbstverständlich überhaupt nicht von Belang.

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gefunden, dass Griechischer Wein noch immer als ein sozialkritischer, progressiver Schlager gilt, was stets mit den künstlerischen Intentionen Udo Jürgens' in Zusammenhang gesetzt wird. 126 Wissenschaftler sind mit dem Lied wohl etwas kritischer umgangen als Udo Jürgens' Fans. Daher ist es kein Wunder, dass sie ihm - als Pseudoautor - vorwerfen, die Realität nicht treu wiedergegeben zu haben, wie es Eckhardt Höfig im folgenden Zitat tut: >>Der Inhalt des Erfolgsschlagers von UDO JÜRGENS [... ] ist auf den ersten Blick eher Protestsongs als Schlagern zuzuordnen. Es geht um die Situation der griechischen Gastarbeiter in der Bundesrepublik Deutschland, die von diesen als bedruckend empfunden wird. Keiner der Liedrezipienten wird allerdings tatsächlich mit einer ihm unangenehmen Wahrheit konfrontiert, lediglich allgemein ruhrende Feststellungen und Beschreibungen von Lebenssituationen werden getroffen, für die der Hörer beim besten Willen nicht verantwortlich gemacht werden kann.« (Höfig 2000:142, Hervorhebung im Original)

Blendet Jürgens aus Höfigs Sicht die unangenehmen Seiten einer hierarchischen Beziehung aus, geht Elmar Kraushaar noch weiter in seiner Kritik und bezeichnet diesen Schlager als ein verfälschtes Zeugnis der jungen Geschichte der Bundesrepublik, da er die Lebensumstände griechischer Gastarbeiter sogar auf den Kopf stellte: >>Der Schlager geht bei diesem Beispiel insoweit auf eine reale Entwicklung der Gastarbeitersituation ein, indem er ihnen ei-nen Platz zuweist in ihren eigenen Kneipen und sie nicht mehr, wie bei >Zwei kleine Italiener< am Bahnhof stehen läßt. Doch ansonsten kommt er nicht umhin, sie mit den abgedroschensten Klischees zu charakterisieren >mit braunen Augen und mit schwarzem Haarund wenn ich dann traurig werde/ liegt es daran / daß ich immer träume von daheim/ du mußt ver-zeih' nnaturgegebenes< südländisches Heimweh scheint es ihm unmöglich zu machen, auf das freundliche Entgegen-kommen seiner deutschen Nachbarn einzugehen. Die gesellschaftli che Realität der ausländischen A rbeitnehmer und ihrer Familien, sowohl für deutsche Behörden al s auch für die meisten deutschen Mitbewohner nur unliebsame Eindringlinge zu sein, verkehrt sich im Schlager ins Gegenteil.Sobald soziale Anerkennung als Forderung oder Vorhaben konkret wird, wirkt sie und schließt insofern aus . In jedem impliziten Modell der Anerkennung des Anderen finden sich Annahmen darüber, was >Wir< sind oder sein sollten. Jedes Anerkennungsmodell muss darüber Auskunft geben, was und wer anerkannt werden kann und nicht. [... ] Jede Politik der Anerkennung kann folglich in dem Sinne als produktiv bezeichn et werden, dass sie die Grenze der Anerkennbarkeit benennt und durch diese Benennung die imaginäre Linie zieht, bis zu der wir noch von Wir sprechen können. [... ] Mit der Benennung und dem Ausschluss des radikal Anderen findet zugleich eine Stärkung des Eigenen statt.« (Mecheril 2003:51, Hervorhebung im Original)

Lieder wie Griechischer Wein oder Ein Indiojunge aus Peru , in denen ausländische Figuren repräsentiert werden und von denen es, nebenbei gesagt, im Schlagerrepertoire eine große Anzahl gibt, haben meines Erachtens nicht (nur) die Aufgabe, kurz und bündig die romantische Welt der Italiener, des einsam reitenden Cowboys, des fröhlichen Mexikaners oder das Leiden der Gastarbeiter in Deutschland für die große Masse zu erklären. Was solche Lieder auch transportieren , ist die - bewusste oder unbewusste - Proklamierung und Perpetuierung einer konservativen Politik der Reinheit, die Mecheril kritisiert, weil durch sie versichert wird, dass der Grieche Grieche und der Deutsche Deutsche bleibt. Es liegt auf der Hand, dass es hier ein deutsches Subjekt ist, wel ches über die Macht verfügt, den anderen zu benennen. ln diesem Zusammenhang möchte ich an Poutignat & Streiff-Fenarts Aussage erinnern, dass es die Macht ist, etwas benennen zu dürfen , die Ethnizität produziert (vgl. Poutignat & Streiff-Fenart 1997: 142ff). Aber Identität ist nicht nur Ausschließung, sie kann auch umfassend sein und demzufolge affirmativ werden, etwa wenn der Andere angeeignet wird. Sybille Niekisch hat in Anlehnung an Foucault die These formuliert, dass jede Beschreibung, jede Einordnung des Anderen immer eine Intention der Kontrolle und demzufolge der Unterwerfung

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enthält (vgl. Niekisch 2002: 39). Davon habe ich bereits im ersten Kapitel etwas ausführlicher berichtet. Was mich an dieser Stelle interessiert, ist, zu zeigen, dass Beschreibungen und Benennungen von fremden Orten im Schlagerdiskurs auch ein Teil der Aneignung und der Unterwerfung sind und dass sie dadurch mit der Konstruktion von Heimat verknüpft sind. Wie wir gesehen haben, war das Heimatbild der Deutschen lange eine idealisierte deutsche Natur, eine Idee vom Paradies, die meistens mittels des kleinbürgerlichen Lebens im Dorf oder auf dem Land dargestellt wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg, als Deutschland als das Land des Schreckens und des Massenmordes erklärt wurde, versetzte dies dem Heimatdiskurs einen Schlag: Auf einmal durfte man sich nicht mehr auf die reale Heimat beziehen, ohne den Verdacht des Nationalismus auf sich zu ziehen. Das ist der Grund, aus dem Interpreten des deutschen Schlagers sich gezwungen fühlten , eine Strategie zu entwickeln, mittels derer sie die Heimat weiter besingen konnten. So geschah es, dass die deutsche Heimat deplaciert und in andere Ecken der Welt verlagert wurde. Befreit von ihrem "ursprünglichen" raumzeitlichen Kontext, ging die idealisierte deutsche Heimat des Schlagers in die Welt hinaus, und ihr gelang mit größerem Erfolg, was das kriegerische Bestreben Großdeutschlands nicht erreicht hatte: große Teile der Welt für sich zu erobern. Italien, Griechenland, Spanien oder Mexiko mit ihren idyllischen Landschaften unter blauem Himmel, die Anden und die osteuropäischen Städte mit ihren melancholischen Melodien in moll bevölkerten die virtuelle, nicht mehr geographisch lokalisierte Heimat des deutschen Schlagers und halfen bei der Konstruktion eines Heimatgefühls oder zumindest dabei , es herbeizusehnen. Fremde Länder, Städte und Orte können daher im Schlager die gleichen Assoziationen erwecken, die mit der Vokabel Heimat assoziiert werden : Zärtlichkeit, Geborgenheit, Vertrautheit, romantisches Gefühlserleben. Die Orte werden auf diesem Weg zur Projektionsfläche einer Sehnsucht, die ebenfalls von allen territorialen Bedingungen befreit wird, bis nur ein ungefähres lrgendwo als Referent für die Heimat bleibt, oder eben die exotischen Namen von fremden Orten, welche die Heimat beschwören sollen (vgl. Stölting 1975:63) . Strahlende Tage, milde Nächte, laue Winde, exotische Düfte (vgl. Malamud 1964:62) fungieren als diskursive Mittel, um die in den Liedern erwähnten Orte, unabhängig von ihren realen

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Bedingungen, umzugestalten und sie in imaginäre Räume zu verwandeln. Die deutsche Sehnsucht nach Heimat wird dementsprechend anhand der alten Vorstellungen, aber in einer verfremdeten Umgebung, neu verhandelt: »Es fällt auf, daß die Erwartungen, die an die Ferne ge-stellt werden, denen der Heimat recht ähnlich sehen. Auch die jeweiligen Beschreibungen, seien sie nun von der Ferne oder dem herbeigesehnten Zuhaus, ähneln sich in ihrer Idylle, die das Detail zum Gefühlsträger macht. Hier Pal-men - dort Birken, und der blaue Himmel ist beiden gemeinsam. In beiden Vertretern dieses Schlagertyps hofft man zu Hause oder im fremden Land auf dieselbe Erfüllung: ein Land zu finden, das einen in Geborgenheit und Vertrautheit aufnimmt. Heimweh und Fernweh meine n in ihrer Grundstruk-tur dasselbe: den Wunsch nach Natur, wobei das erträumte Erleben mal Abenteuer, mal Idylle heißt. Beiden eigen ist der Traum von einem Paradies, wo man die Liebe findet oder zu ihr zurückkehrt, was gleichbedeutend ist mit der Hoffnung auf erfülltes Glück.« (Stölting 1975:64)

Italien-, Griechenland- oder Cowboylieder haben demzufolge nicht die Aufgabe, über eine fremde Welt zu berichten. Die Funktion solcher deutscher Schlager ist eine ganz andere: diese fremden Orte für die Heimatthematik zu gewinnen. Eine Variante dieser Aneignung der Welt für die Heimat stellen solche deutschen Schlager dar, die man einem »dionysischen Typ>Es wird nicht klar, wer der Sänger ist, zu dessen Abschied die Massen in Mexiko strömen. Daß ein Tourist e in so rauschendes Fest organisiert, scheint wenig wahrscheinlich, obwohl etliche Zeilen dem Urlaubsgenre entliehen sind. Mit einem Mexikaner hat man es aber wohl auch nicht zu tun, denn nichts weist darauf hin, daß der Sänger dort verwurzelt (und folglich ein Idiot) "' wäre. Eher ist er wohl einer, der immer wieder kommt, um fröhlich zu sein und kleine Romanzen zu erleben. [...] Dem Diffusen dieses Verhältnisses darf man schöpferische Berechnung unterstellen, denn in letzter Konsequenz geht es hier nicht um Mexiko, das auf Tequila, Sombrero und Gitarre reduziert wird, sondern um das Bierzelt, in dem der Sänger von der Bühne herab seinem Publikum zurufen kann: >Wir machen Fiesta, Fiesta mexicana ... < [ ••• ] Die Suche nach dem Inhalt dieses 127 Laut Dietrich werden Mexikaner im Schlager in Anlehnung an das Bild der Italo-Western als Idioten dargestellt (vgl. Dietrich 2002:117). Solche »Feststellungen" gehören nicht zum Schlagerdiskurs, sondern eher zum wissenschaftlichen Diskurs über den Schlager und kommen zustande, weil Wissenschaftler mit ganz anderen Kategorien im Kopf an den Schlager herangehen als Schlagerautoren und -rezipienten. Gegen solche Schlussfolgerungen kann man argumentieren, dass es genügend Schlager gibt, in denen Deutsche genauso dargestellt werden wie Mexikaner in dem besprochenen Lied. Als Lateinamerikaner in Deutschland bin ich bei meiner Feldforschung mehrmals mit dem Bild der Mexikaner im Schlagerdiskurs konfrontiert worden. Tatsächlich stellt man sich einen Mexikaner mit Sombrero und Gitarre vor, also einen fröhlichen Mensch, der gerne singt und mit Tequila feiert. Das ist selbstverständlich ein Stereotyp und entspricht keiner Realität. Ich finde trotzde m ke ine n Grund dafür zu de nken, dass Mexikane r als Idiote n angesehen werden. Es ist vielmehr die aufgeklärte, in Elias' Sinne .,zivilisierte,, Haltung des Wissenschaftlers, die dieses Verhalten als idiotisch abstempelt.

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Liedes endet ergebnislos. Wie schon in einigen vergleichbaren Fällen. läßt sich darüber nichts aussagen.« (Dietrich 2002: 188)

Betrachtet man Fiesta Mexicana als einen deutschen Schlager dionysischen Typs lässt sich die Situation im Lied auch ganz anders erklären: Subjekt des Liedes ist ein deutscher Mann, der sich in einer fremden Umgebung, einem Dorf irgendwo in Mexiko, befindet, der dieses aber aus nicht weiter ausgeführten Gründen zumindest vorübergehend verlassen muss. Daher gibt er eine Abschiedsparty, zu der alle im Dorf kommen. Allein der Umstand, dass der Fremde derjenige ist, der als Gastgeber fungiert, gibt Auskunft darüber, inwieweit dieses Dorf bereits von dem deutschen Subjekt besetzt ist. Um seine Vertrautheit mit dem Ort zu veranschaulichen, nennt das Subjekt bezeichnenderweise die Leute im Lied beim Namen. Aber der Ort des Geschehens, die P/aza als pars pro toto für das gesamte Dorf, ist nicht nur der Ort des Festes, sondern vor allem der Ort der Liebe, denn dort hat der Deutsche, wie in Anita, die Liebe einer Einheimischen, Carmencita, erobert. Wieder einmal findet die Aneignung des fremden Ortes zum Zwecke der Projektion von Heimat statt. Dadurch, dass das deutsche Subjekt den Ort der Liebe und des Glücklichseins verlassen muss, verwandelt es ihn darüber hinaus in ein Objekt der Sehnsucht und dadurch wiederum in einen Ersatz für die eigene Heimat. Das Lied bedient sich zweier konträrer Strategien der Konstruktion des Eigenen, um Heimat zu produzieren. Auf der einen Seite richtet es sich nach einer Politik der Reinheit, etwa, wenn Mexiko als das Land des Feierns, der fröhlichen Freunde und der romantischen Liebe in Opposition zum Deutschen dargestellt wird; auf der anderen Seite schreibt es durch die Deplatzierung der eigenen Identität Kategorien wie "deutsch