Eigentumsrecht und Enteignungsunrecht: Analysen und Beiträge zur Vergangenheitsbewältigung, Teil 2 [1 ed.] 9783428532124, 9783428132126

Auf der europäischen Eigentumsordnung lasten nach wie vor die Unrechtsakte der im Zuge von Vertreibungen nach dem Zweite

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German Pages 262 Year 2009

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Eigentumsrecht und Enteignungsunrecht: Analysen und Beiträge zur Vergangenheitsbewältigung, Teil 2 [1 ed.]
 9783428532124, 9783428132126

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Staats- und völkerrechtliche Abhandlungen der Studiengruppe für Politik und Völkerrecht Band 25/2

Eigentumsrecht und Enteignungsunrecht Analysen und Beiträge zur Vergangenheitsbewältigung Teil 2

Herausgegeben von Gilbert H. Gornig Hans-Detlef Horn Dietrich Murswiek

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Eigentumsrecht und Enteignungsunrecht

Staats- und völkerrechtliche Abhandlungen der Studiengruppe für Politik und Völkerrecht Herausgeber im Auftrag der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen, Bonn: Dieter Blumenwitz †, Karl Doehring, Gilbert H. Gornig, Hans-Detlef Horn, Bernhard Kempen, Eckart Klein, Hans v. Mangoldt, Dietrich Murswiek, Dietrich Rauschning

Band 25/2

Eigentumsrecht und Enteignungsunrecht Analysen und Beiträge zur Vergangenheitsbewältigung Teil 2

Herausgegeben von Gilbert H. Gornig Hans-Detlef Horn Dietrich Murswiek

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Die Bände 1 – 19 der „Staats- und völkerrechtlichen Abhandlungen der Studiengruppe für Politik und Völkerrecht“ erschienen im Verlag Wissenschaft und Politik, Köln

Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung, für sämtliche Beiträge vorbehalten # 2009 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 1434-8705 ISBN 978-3-428-13212-6 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die Kulturstaaten dieser Welt und namentlich die europäische Staatenfamilie erachten das Recht am Eigentum als unabdingbare Basis einer freiheitlichen Gesellschaft. Doch auf der europäischen Eigentumsordnung lasten nach wie vor die Unrechtsakte der im Zuge von Vertreibungen nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgten Enteignungen und Konfiskationen. Eine gerechte, nichtdiskriminierende Restitutionspolitik ist daher ein Kriterium für ein wirklich rechtsstaatliches und demokratisches Gemeinwesen. Während in Westeuropa kriegs- und vertreibungsbedingte Enteignungen in der Nachkriegszeit weitgehend, wenn auch nicht durchweg, rückgängig gemacht wurden, konnte in den Staaten Zentral- und Osteuropas erst nach dem Zusammenbruch der kommunistischen Regime in den Jahren 1989 bis 1991 eine menschenrechtskonforme Neuordnung der Eigentumsverhältnisse einsetzen. In dem Bewusstsein, dass dazu auch die Wiedergutmachung erlittenen Unrechts gehört, haben mittlerweile viele Staaten Gesetze auf den Weg gebracht, die eine Eigentumsrückgabe regeln. Doch andernorts stockt dieser Prozess oder ist allenfalls in den Anfängen begriffen. Die Rückgabe von Eigentum an die früher Berechtigten oder ihre Rechtsnachfolger birgt nicht selten viele Schwierigkeiten, trifft auf (Gerechtigkeits-) Probleme, stößt auf administrative Hindernisse und politische Vorbehalte. Eine Korrektur von Eigentumsrechten und Nutzungsbefugnissen, die über viele Jahre hinweg tatsächlich von anderen wahrgenommen wurden, kann im Einzelfall neue Wunden schlagen und Zerwürfnisse hervorrufen oder aus sonstigen Gründen unmöglich sein. So kann in entsprechenden Fällen an Stelle einer Naturalrestitution auch eine Entschädigungszahlung in Betracht kommen. Jedenfalls gibt es kein singuläres Programm für eine gerechte Rechtsordnung der Eigentumsrückgabe, das unterschiedslos für alle Situationen und Staaten Geltung beanspruchen könnte. Worum es aber gehen muss, das ist, den Dialog über die Gerechtigkeit der Eigentumsordnung im geeinten Europa der Freiheit und des Rechts wach zu halten. Dies impliziert im Besonderen, mit den Staaten und Völkern des ehemals hinter dem Eisernen Vorhang gehaltenen Ostblocks die Verständigung darüber herbeizuführen, dass und wie die bis heute anhaltenden Hinterlassenschaften des in vor-rechtsstaatlicher Vergangenheit geschehenen Enteignungsunrechts bereinigt werden können. Dieser Aufgabe sahen sich zwei Symposien der Studiengruppe für Politik und Völkerrecht im Oktober 2006 und im März 2008 verpflichtet. Die im ers-

6

Vorwort

ten Symposium gehaltenen Referate sind im Teilband 25/1 der Staats- und völkerrechtlichen Abhandlungen („Eigentumsrecht und Enteignungsunrecht“, 2008) dokumentiert. Der vorliegende Teilband 25/2 versammelt die überarbeiteten Beiträge der zweiten Tagung. Zu Wort kommen nicht nur deutsche Wissenschaftler des Völker-, Europa- und Verfassungsrechts, sondern auch Wissenschaftler und Experten aus den Ländern Zentral- und Osteuropas, die darlegen, wie dort die Fragen der Eigentumsrestitution politisch beurteilt werden, welche Ansichten im rechtswissenschaftlichen Schrifttum vorherrschen und welche praktischen Schritte man unternimmt, um das Unrecht an Privatpersonen wieder gut zu machen. Zum Auftakt betrachtet Alfred de Zayas die Tatbestände der Enteignung und Vertreibung im Lichte des Völkerrechts. Daran anschließend analysiert Bernhard Kempen das Enteignungsunrecht am Maßstab der Menschenrechtspakte der Vereinten Nationen. Hans-Detlef Horn setzt sich sodann – anknüpfend an seinen Beitrag im Teilband 25/1 – mit der Behandlung der Enteignungen in der sowjetischen Besatzungszone zwischen 1945 und 1949 auseinander. Darauf folgen mehrere Länderberichte zum Thema. Drei Autoren behandeln die Restitutionspolitik in Polen bzw. im deutsch-polnischen Verhältnis (Alexander Ilgmann, Aldona Szczeponek, Robert Grzeszczak). Die Situation in Estland schildert Lauri Mälksoo. Über den Stand der Restitutionsgesetzgebung in Kroatien berichten Šime Ivanjko und Mladen Kraljiü, über den Stand in Serbien József Szalma. Einen Erfahrungsbericht aus dem Banat und Siebenbürgen bietet Waltraut Eberle. Der – nachträglich aufgenommene – Beitrag von Jakob Cornides erörtert schließlich die Behandlung der Sudetendeutschen Frage in Tschechien. Die Herausgeber danken erneut den Mitarbeitern am Institut für Öffentliches Recht der Philipps-Universität Marburg für die vielfältige Mithilfe bei der Zusammenstellung des Bandes, insbesondere Dr. Aldona Szczeponek LL.M. sowie Marcus Heinemann, Petra Scherp, Denis Skariü und Nadine Stückrath, schließlich Dr. Ioana Rusu für die Unterstützung bei den Übersetzungen.

Marburg / Freiburg, im Februar 2009 Gilbert H. Gornig Hans-Detlef Horn Dietrich Murswiek

Foreword The cultural nations and in particular the European states regard the right of property as an indispensable basis of a free democratic society. However, the expropriations and confiscations due to expulsions after the Second World War still heavily weigh on the European legal system of property. A just and nondiscriminating restitution policy is therefore a criterion for a real democratic community under the rule of law. Whereas in Western Europe expropriations caused by war and expulsions were redressed to a large extent, the states in Central and Eastern Europe could only start a reorganization of the distributions of property in line with human rights principles after the breakdown of the communist regime in the years 1989 to 1991. Aware of the fact that this also requires a compensation of past injustice, many states have passed laws to settle the restitution of property. But elsewhere there is only little progress or the process has just begun. The restitution of property to the owners or legal successors often holds many difficulties, encounters problems of injustice, administrative obstacles and political reservations. A correction of property rights and authorized use which have been exercised by others for many years may lead to distortions, open up old wounds or may prove impossible for other reasons. Therefore in some cases a compensation payment may be taken into consideration instead of a natural restitution. At any rate there is no unique scenario for a just system of laws regarding restitution of property which could be applied without exception to all situations and states. It is important to maintain the dialogue about a just legal system concerning property in an united European union of freedom and law. This implies above all to bring about to the states and people of the Eastern bloc living behind the Iron Curtain in the past the awareness that and how the legacy of illegal expropriation can be dealt with. Two symposia of the Study Group for Politics and International Public Law wanted to take over this task in October 2006 and in March 2008. The seminar papers presented in the first symposium are documented in part 25/1 of the Treatises of National and International Law (“Staats- und völkerrechtliche Abhandlungen”, Vol. 25/1: ‘Law of Property and Injustice of Expropriation’, 2008). The now presented part volume 25/2 collects the revised contributions of the second conference. The subject was analysed not only by German scientists of international, European and constitutional law but also by scientists and experts from Central and Eastern Europe who pointed out in which way the

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Foreword

questions of property restitution are politically assessed, which points of view prevail in literature and which steps have been taken towards a compensation of the injustice concerning individuals. At the beginning Alfred de Zayas has a look at the facts of expropriation and expulsion from the point of view of International Public Law. Subsequently Bernhard Kempen analyzes the unlawful expropriations from the perspective of the human rights pacts of the United Nations. Taking up his article from part volume 25/1 Hans-Detlef Horn analyzes the handling of the expropriations in the Soviet zone of occupation between 1945 and 1949. Several international reports on the topic follow. Three authors deal with the restitution policy in Poland respectively the German-Polish relations (Alexander Ilgmann, Aldona Szczeponek, Robert Grzeszczak). The situation of Estonia is described by Lauri Mälksoo. Šime Ivanjko and Mladen Kraljiü report about the state of legislation of restitution in Croatia, József Szalma about Serbia. Waltraut Eberle gives a report about the situation in Banat and Transylvania. Finally, the additional included article of Jakob Cornides discusses the handling of the Sudeten German Question in the Czech Republic. The editors would like to express their thanks to the staff of the Institute for Public Law of the Philipps University of Marburg for their assistance regarding the compilation of the volume, especially to Dr. Aldona Szczeponek LL.M and Marcus Heinemann, Petra Scherp, Denis Skariü and Nadine Stückrath, as well as to Dr. Ioana Rusu for their assistance doing the translations. Marburg / Freiburg, in February 2009 Gilbert H. Gornig Hans-Detlef Horn Dietrich Murswiek

Inhaltsverzeichnis Alfred de Zayas Enteignung und Vertreibung im Lichte des Völkerrechts ......................................... 19 Abstract...................................................................................................................... 31

Bernhard Kempen Eigentumsrecht und Menschenrechtsschutz der Vereinten Nationen ....................... 33 Abstract...................................................................................................................... 48

Hans-Detlef Horn Menschenrechte und Konfiskationen – insbesondere zu den Enteignungen in der sowjetischen Besatzungszone.......................................................................... 49 Abstract...................................................................................................................... 75

Alexander Ilgmann Rechtsweg und Rechtsgrundlagen zur Rückabwicklung von Enteignungen in Polen ...................................................................................................................... 77 Abstract.................................................................................................................... 105

Aldona Szczeponek Staatsangehörigkeitsfragen in der deutsch-polnischen Restitutionsproblematik .... 107 Abstract.................................................................................................................... 134

Robert Grzeszczak Umsiedlungen und Entschädigungsforderungen polnischer Bürger aus den Gebieten der ehemaligen Sowjetunion (Litauen, Weißrussland und Ukraine) ....... 135 Abstract.................................................................................................................... 149

Inhaltsverzeichnis

10 Lauri Mälksoo

Der Umgang mit den Enteignungen in Estland nach dem Zweiten Weltkrieg........ 151 Abstract.................................................................................................................... 157

Šime Ivanjko / Mladen Kraljiü Der Stand der Gesetzgebung zu den Enteignungen in Kroatien – mit Praxisbeispielen................................................................................................. 159 Abstract.................................................................................................................... 172

József Szalma Enteignungen in Serbien nach dem Zweiten Weltkrieg und der Stand der Restitutionsgesetzgebung .................................................................................. 173 Abstract.................................................................................................................... 195

Waltraut Eberle Vermögensrückgaben im Banat und in Siebenbürgen – ein Erfahrungsbericht...... 197 Abstract.................................................................................................................... 211

Jakob Cornides The Sudeten German Question after EU Enlargement (Die Sudetendeutsche Frage nach der EU-Erweiterung)......................................... 213 Abstract.................................................................................................................... 240

Die Autoren .................................................................................................................. 243 Personenregister............................................................................................................ 255 Sachregister................................................................................................................... 257

Table of Contents Alfred de Zayas Expropriation and Expulsion in the Light of International Public Law .................... 19 Abstract...................................................................................................................... 31

Bernhard Kempen Expropriation and the UN Human Rights Protection System ................................... 33 Abstract...................................................................................................................... 48

Hans-Detlef Horn Human Rights and Confiscations – Particularly with Regard to the Expropriations in the Soviet Zone of Occupation .............................................................................. 49 Abstract...................................................................................................................... 75

Alexander Ilgmann Judicial Recourse and Legal Basis of Restitution of Property in Poland .................. 77 Abstract.................................................................................................................... 105

Aldona Szczeponek Questions of Nationality in German-Polish Restitution Matters............................. 107 Abstract.................................................................................................................... 134

Robert Grzeszczak Populations Transfers and Claims of Compensation of Polish Citizens from former Soviet Union States (Lithuania, Belarus, Ukraine)...................................... 135 Abstract.................................................................................................................... 149

Table of Contents

12 Lauri Mälksoo

The Legal Status of Expropriations in Estonia after the Second World War .......... 151 Abstract.................................................................................................................... 157

Šime Ivanjko / Mladen Kraljiü Latest Developments of Legislation Concerning the Expropriations in Croatia – Some Examples ....................................................................................................... 159 Abstract.................................................................................................................... 172

József Szalma Expropriations in Serbia after the Second World War and Latest Developments of Legislation on Restitution ................................................................................... 173 Abstract.................................................................................................................... 195

Waltraut Eberle Restitution of Property in Banat and Transylvania – a Practical Analysis.............. 197 Abstract.................................................................................................................... 211

Jakob Cornides The Sudeten German Question after EU Enlargement............................................ 213 Abstract.................................................................................................................... 240

The Authors .................................................................................................................. 243 List of Names................................................................................................................ 255 Index ............................................................................................................................. 257

Abkürzungsverzeichnis / List of Abbreviations A

Dokument der UN-Generalversammlung

a.A.

anderer Ansicht

ABGB

Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch, österreichisches

ABl.

Amtsblatt

Abs.

Absatz

Abt.

Abteilung

abw.

abweichend

AdG

Archiv der Gegenwart

AEMR

Allgemeine Erklärung der Menschenrechte

AJIL

American Journal of International Law

Anh.

Anhang

Anm.

Anmerkung

ArchVR

Archiv für Völkerrecht

Art.

Artikel

Aufl.

Auflage

AVNOJ

Antifaschistischer Rat der Volksbefreiung Jugoslawiens

AVR

Archiv für Völkerrecht

AWR

Forschungsgesellschaft für das Weltflüchtlingsproblem

Az.

Aktenzeichen

BBl.

Bundesblatt

Bd.

Band

BDGVR

Berichte der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BGBl.

Bundesgesetzblatt

BGE

Entscheidungen des schweizerischen Bundesgerichts, amtliche Sammlung

14

Abkürzungsverzeichnis / List of Abbreviations

BGH

Bundesgerichtshof

BGHZ

Entscheidungen des BGH in Zivilsachen

BT

Bundestag

BT-Drs.

Bundestags-Drucksache

BVerfG

Bundesverfassungsgericht

BVerfGE

Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, amtliche Sammlung

BVerfGG

Bundesverfassungsgerichtsgesetz

BVerfG-K

Bundesverfassungsgericht, Kammerentscheidung

BVerwGE

Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts, amtliche Sammlung

BYIL

British Yearbook of International Law

bzw.

beziehungsweise

cf.

confer

d.h.

das heißt

DDR

Deutsche Demokratische Republik

DM

Deutsche Mark

Doc., Dok.

Document, Dokument

DVBl.

Deutsche Verwaltungsblätter

ebda

ebenda

ECHR

European Convention on Human Rights

ECtHR

European Court of Human Rights

ed.

editor/edition

EG

Europäische Gemeinschaft

EGBGB

Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch

EGMR

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte

EGV

Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft

EMRK

Europäische Menschenrechtskonvention

EPIL

Encyclopedia of Public International Law

et. al.

et altera

ETS

European Treaty Series

EU

Europäische Union

Abkürzungsverzeichnis / List of Abbreviations

15

EuGH

Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften

EuGRZ

Europäische Grundrechte-Zeitschrift

EUV

Vertrag über die Europäische Union

EuZW

Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht

f. (ff.)

folgende

FAZ

Frankfurter Allgemeine Zeitung

Fn.

Fußnote

FP

Fakultativprotokoll

FS

Festschrift

GBl.

Gesetzblatt

GDR

German Democratic Republic

GG

Grundgesetz

GUS

Gemeinschaft Unabhängiger Staaten

HLKO

Haager Landkriegsordnung

HRLJ

Human Rights Law Journal

Hrsg.

Herausgeber

hrsg.

herausgegeben

HStR

Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland

ibid.

ibidum (ebenda)

ICCPR

International Covenant on Civil and Political Rights

ICJ

International Court of Justice

IDI

Institut de Droit International

IFLA

Informationsdienst für Lastenausgleich, BVFG und anderes Kriegsfolgenrecht, Vermögensrückgabe und Entschädigung nach dem Einigungsvertrag

IGH

Internationaler Gerichtshof

i.H.v.

in Höhe von

IKRK

Internationales Komitee vom Roten Kreuz

ILA

International Law Association

ILC

International Law Commission

ILM

International Legal Materials

ILR

International Law Reports

16

Abkürzungsverzeichnis / List of Abbreviations

IMT

Internationales Militärtribunal

IPBPR

Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte

IRRC

International Review of the Red Cross

IStGH

Internationaler Strafgerichtshof

i.V.m.

in Verbindung mit

JöR

Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart

JOR

Jahrbuch für Ostrecht

JuS

Juristische Schulung

JZ

Juristenzeitung

Kap.

Kapitel

KR

Kontrollrat, alliierter

KSZE

Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa

LG

Landgericht

lit.

litera

LNTS

League of Nations Treaty Series

NATO

North Atlantic Treaty Organization

NJ

Neue Justiz

NJW

Neue Juristische Wochenschrift

No.

Number/numéro

Nr.

Nummer

NVwZ

Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht

o.g.

oben genannt

OLG

Oberlandesgericht

OSZE

Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa

OVG

Oberverwaltungsgericht

ÖZöR

Österreichische Zeitschrift für öffentliches Recht

p.,pp.

page, pages

PCIJ

Publications of the Permanent Court of International Justice

Pkt.

Punkt(e)

Pos.

Position

Rdnr., Rn.

Randnummer

Abkürzungsverzeichnis / List of Abbreviations Res.

Resolution

RGBl.

Reichsgesetzblatt

RGSt

Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen

RGW

Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe

RIAA

Reports of International Arbitral Awards

ROW

Recht in Ost und West

Rs.

Rechtssache

Rspr.

Rechtsprechung

S.

Seite

s.

siehe

SBZ

Sowjetische Besatzungszone

Sér.

Séries

Slg.

Sammlung

SMAD

Sowjetische Militäradministration

SSR

Sozialistische Sowjetrepublik

StAG

Staatsangehörigkeitsgesetz

StAZ

Das Standesamt (Zeitschrift)

StIGH

Ständiger Internationaler Gerichtshof

u.a.

und andere

UdSSR

Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken

UN

United Nations

UNESCO

UN Education, Scientific and CulturalOrganization

UNHCR

UN High Commissioner for Human Rights

UNIDROIT

UN International Institute for the Unification of Private Law

UNO

United Nations Organization

UNTS

United Nations Treaty Series

US

United States

USSR

Union of Soviet Socialist Republics

usw.

und so weiter

v., vs.

versus

VBS

Satzung des Völkerbunds

17

18

Abkürzungsverzeichnis / List of Abbreviations

VermG

Vermögensgesetz

VG

Verwaltungsgericht

vgl.

vergleiche

VO

Verordnung

vol.

volume

VStGB

Völkerstrafgesetzbuch

VVDStRL

Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer

VwGO

Verwaltungsgerichtsordnung

WVK

Wiener Übereinkommen über das Recht der Verträge

YBILC

Yearbook of the International Law Commission

z.B.

zum Beispiel

ZaöRV

Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht

Ziff.

Ziffer

ZöffR

Zeitschrift für öffentliches Recht

ZOV

Zeitschrift für offene Vermögensfragen

ZP

Zusatzprotokoll

ZPO

Zivilprozessordnung

ZVölkR

Zeitschrift für Völkerrecht

Enteignung und Vertreibung im Lichte des Völkerrechts Von Alfred de Zayas

I. Die Normen Vertreibung und entschädigungslose Konfiskation fremden Eigentums sind völkerrechtswidrig, ebenso wie die entschädigungslose Konfiskation des Eigentums der eigenen Bürger, wenn die Vermögenseinziehungen im Kontext stehen mit einer unzulässigen Diskriminierung, z.B. nach rassischen oder sprachlichen Kriterien vorgenommen worden sind.1 Vertreibungen verletzen Normen des ius cogens und stellen nicht nur völkerrechtwidrige Handlungen dar, welche die Verantwortung des Verletzerstaates nach sich ziehen – sondern sind darüber hinaus internationale Verbrechen, deren Folgen unverjährbar sind. Vertreibungen verletzen das ganze Spektrum der Menschenrechte. Wie der erste UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Dr. José Ayala Lasso, am 6. August 2005 in seiner Ansprache an die deutschen Vertriebenen in Berlin feststellte: „Von den kollektiven Rechten ist für uns natürlich das Recht auf Selbstbestimmung von besonderer Bedeutung... . Andere kollektive Rechte einschließlich der Rechte von Minderheiten und des Rechts auf die eigene Heimat sind noch nicht vollständig umgesetzt. Das Recht auf die eigene Heimat ist allerdings nicht nur ein kollektives, sondern auch ein individuelles Recht und eine Grundvoraussetzung für die Ausübung zahlreicher bürgerlicher, politischer, wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Rechte.“2

Betrachten wir eine kleine Auswahl der völkerrechtlichen Normen, die zur Zeit des Zweiten Weltkrieges galten, sowie jene, die erst nach dem Zweiten Weltkrieg formuliert wurden: ___________ 1

Vgl. Alfred de Zayas, „Forced Resettlement“ und „Population, Expulsion and Transfer“ in: R. Bernhard (Hrsg.), Encyclopaedia of Public International Law, Bd. 2, 3, 1997, sowie „Forced Population Transfer“ in: R. Wolfrum (Hrsg.), Encyclopedia of Public International Law, 2008; ders., Das Recht auf die Heimat, ethnische Säuberungen und das Internationale Kriegsverbrechertribunal für das ehemalige Jugoslawien, in: Archiv des Völkerrechts, Bd. 35, 1997, S. 29 – 72; ders., 50 Thesen zur Vertreibung, 2008. 2 Alfred de Zayas, Die Nemesis von Potsdam. Die Anglo-Amerikaner und die Vertreibung der Deutschen, 1. Aufl. 1977, 8. erw. Aufl. 2005, S. 404.

Alfred de Zayas

20

1. Für die Kriegszeit gelten vor allem Artikel 42 – 56 der Haager Landkriegsordnung von 1907, insbesondere Artikel 46: „Die Ehre und die Rechte der Familie, das Leben der Bürger und das Privateigentum sowie die religiösen Überzeugungen und gottesdienstlichen Handlungen sollen geachtet werden. Das Privateigentum darf nicht eingezogen werden.“ Auch Artikel 50 ist besonders einschlägig: „Keine Strafe in Geld oder anderer Art darf über eine ganze Bevölkerung wegen der Handlungen einzelner verhängt werden, für welche die Bevölkerung nicht als mitverantwortlich angesehen werden kann.“ 2. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die 1949 Genfer Rotkreuz Konventionen verabschiedet. Artikel 49 der IV. Konvention besagt: „Einzel- oder Massenzwangsverschickungen sowie Verschleppungen von geschützten Personen aus besetztem Gebiet nach dem Gebiet der Besatzungsmacht oder dem irgendeines anderen besetzten oder unbesetzten Staates sind ohne Rücksicht auf deren Beweggrund untersagt.“ Um dem Abkommen mehr „Biss“ zu geben, legten die Verfasser in Artikel 146 fest, daß die Hohen Vertragsparteien gesetzgeberische Maßnahmen zur Festsetzung von angemessenen Strafbestimmungen für solche Personen treffen müssen, die irgendeine der in Artikel 147 des Abkommens umschriebenen „schweren Verletzungen“ begehen oder zu einer solchen Verletzung den Befehl erteilen. Als „schwere Verletzung“ gelten auch Verschleppung und Vertreibung. 3. Nach dem Artikel 6(b) des Nürnberger Statuts vom 8. August 1945 gelten Vertreibung und Verschleppung als Kriegsverbrechen. Nach dem Artikel 6(c) gelten sie als „Verbrechen gegen die Menschheit“. 4. Am 9. Dezember 1948, einen Tag vor der Verkündung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (die z.B. das Recht auf Leben in Artikel 3 und das Eigentumsrecht in Artikel 17 schützt), wurde die UN-Konvention zur Verhütung und Bestrafung des Verbrechens des Völkermordes verkündet. Vertreibung und Verschleppung können auch den Tatbestand des Völkermordes erfüllen. Laut Artikel II ist dafür entscheidend, dass die Verantwortlichen in der Absicht handeln, eine bestimmte Volksgruppe ganz oder auch nur teilweise zu zerstören und in dieser Absicht vorsätzlich Mitglieder dieser Gruppen töten, ihnen unerträgliche Lebensbedingungen auferlegen oder andere Tatbestände verwirklichen, die bei Vertreibungen oft erfüllt sind. Da zumindest einer dieser Tatbestände, nämlich die Zufügung schwerer seelischer Schäden, bei jeder Vertreibung erfüllt ist, sind alle Vertreibungen, die zur zumindest teilweisen Zerstörung einer nationalen, ethnischen, rassischen oder religiösen Gruppe führen sollen, zugleich auch Völkermorde.3 ___________ 3

Diese Zerstörungsabsicht steht außer Zweifel bei den jugoslawischen und tschechoslowakischen Staatschefs Josip Broz Tito und Edvard Beneš, wie ihre Reden und Dekrete hinreichend belegen, was die Vertreibung der Deutschen aus Jugoslawien und der ýSR als Völkermord qualifiziert. Aus dem Völkermordcharakter dieser Vertreibungen folgt ein absolutes Anerkennungsverbot auch der dabei durchgeführten Enteignungen. Es gilt gegenüber der gesamten internationalen Gemeinschaft (erga omnes) und oh-

Enteignung und Vertreibung im Lichte des Völkerrechts

21

5. Auch regionale Normen verbieten Vertreibungen. So z.B. Artikel 3 des Vierten Zusatzprotokolls zu der Europäischen Menschenrechtskonvention: „(1) Niemand darf aus dem Hoheitsgebiet des Staates, dessen Staatsangehöriger er ist, durch eine Einzel- oder eine Kollektivmaßnahme ausgewiesen werden. (2) Niemand darf das Recht entzogen werden, in das Hoheitsgebiet des Staates einzureisen, dessen Staatsangehöriger er ist.“ Die Entnationalisierung von Menschen auf Grund ihrer ethnischen bzw. religiösen Zugehörigkeit verstößt gegen verschiedene andere völkerrechtliche Normen, vor allem gegen das Diskriminierungsverbot. Artikel 4 des Europäischen Protokolls verbietet darüber hinaus „Kollektivausweisungen von Ausländern“. 6. Artikel 22(5) der Amerikanischen Menschenrechtskonvention legt fest, daß „niemand ... aus dem Hoheitsgebiet des Staates, dessen Staatsangehöriger er ist, ausgewiesen noch ihm das Recht entzogen werden (darf), in das Hoheitsgebiet dieses Staates einzureisen“. Artikel 22(9) verbietet „Kollektivausweisungen von Ausländern“. 7. Artikel 12(5) der Afrikanischen Charta der Rechte der Menschen und der Völker verbietet die „Massenausweisung von Ausländern“ bzw. Deportationen, die auf nationale, rassische, ethnische oder religiöse Gruppen gerichtet sind. 8. In Kriegs- sowie Friedenszeiten stellen Vertreibung und Verschleppung völkerrechtliche Verbrechen dar. Gemäß Artikel 8 des Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs von 1998 sind Vertreibungen Kriegsverbrechen, gemäß Artikel 7 Verbrechen gegen die Menschheit. Unter bestimmten Umständen erfüllen sie zudem den Tatbestand des Völkermordes gemäß Artikel 6. 9. Vertreibung und Verschleppung verletzen viele andere Normen des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte, des Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, und der Konvention über die Eliminierung aller Formen der Rassendiskriminierung. 10. Auch das 1998 abgeschlossene Europäische Rahmenabkommen zum Schutz nationaler Minderheiten würde in mehrfacher Hinsicht durch eine Vertreibung verletzt.

___________ ne zeitliche Befristung. Das Prinzip der „normativen Kraft des Faktischen“ ist im Falle von Völkermorden nicht anwendbar, ja selbst ein Unrecht. Vgl. auch Dieter Blumenwitz, Über die Verbrechen an den Deutschen in Jugoslawien 1944 – 1948, Rechtsgutachten, München 2002; Felix Ermacora, Die Sudetendeutschen Fragen, Rechtsgutachten, München, 1992.

Alfred de Zayas

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Neben den vielen Normen des „hard law“, die durch Vertreibungen verletzt werden, gibt es auch die Normen des „soft law“, nämlich Erklärungen und Resolutionen (de lege ferenda), die einen weltweiten Konsens über die Verurteilung von Vertreibungen illustrieren. Besonders einschlägig sind die Resolutionen der UN-Unterkommission, u.a. Nr. 2005/21 „Housing and property restitution for refugees and displaced persons“ vom 11. August 2005, die in Absatz 3 feststellt, dass „Flüchtlinge und Vertriebene einen Anspruch auf volle und effektive Entschädigung als ein Teil eines allgemeinen Restitutionsprozesses haben“, sowie die Resolution Nr. 2002/30 „The right to return of refugees and internally displaced persons“ vom 15. August 2002, die in Absatz 3 besagt: „Alle Vertriebenen haben das Recht auf Restitution ihrer Wohnungen und Eigentum, und wenn dies nicht mehr möglich sein sollte, auf angemessene Entschädigung.“ Diese Resolutionen gelten für alle Menschen. Sie sind nicht allein für die Zukunft verkündet, und sie schließen die Deutschen nicht aus. Noch wichtiger als diese Resolutionen sind die „Pinheiro Prinzipien on Housing and Property Restitution“ von 2005, vor allem die Prinzipien 18 (legislative measures), 19 (Prohibition of arbitrary and discriminatory laws), 20 (enforcement of restitution decisions and judgments) und 21 (compensation).4 Besonders einschlägig ist auch die 13-Punkte-Erklärung des UNSonderberichterstatters Awn Shawkat Al Khasawneh (heute Richter am Internationalen Gerichtshof in Den Haag), die als Anlage zu seinem 1997 verfassten Schlussbericht über die Völkerrechtswidrigkeit von Vertreibungen verkündet und anschließend von der UN-Menschenrechtskommission und vom UNWirtschafts- und Sozialrat 1998 angenommen wurde. Hier einige Auszüge aus den Artikeln 4, 5, 6, 7, 8, 9 und 10: Artikel 4 1. Jeder Mensch hat das Recht, in Frieden, Sicherheit und Würde in seiner Wohnstätte, in seiner Heimat und in seinem Land zu verbleiben. 2. Niemand darf dazu gezwungen werden, seine Wohnstätte zu verlassen. Artikel 5 Die Besiedlung eines besetzten oder umstrittenen Gebiets durch die Besatzungsmacht bzw. die es faktisch beherrschende Macht mit Teilen ihrer eigenen Zivilbevölkerung, sei es durch Transfer oder Anreize, ist rechtswidrig. Artikel 6 Jegliche Praxis oder Politik, die das Ziel oder den Effekt hat, die demographische Zusammensetzung einer Region, in der eine nationale, ethnische, sprachliche oder andere Minderheit oder eine autochthone Bevölkerung ansässig ist, zu ändern, sei es durch Vertreibung, Umsiedlung und/oder durch die Sesshaftmachung von Siedlern oder eine Kombination davon, ist rechtswidrig.

___________ 4

E/CN.4/Sub.2/2005/7.

Enteignung und Vertreibung im Lichte des Völkerrechts

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Artikel 7 Bevölkerungstransfers oder -austausche können nicht durch internationale Vereinbarungen legalisiert werden, wenn sie grundlegende Bestimmungen der Menschenrechte oder zwingende Normen des Völkerrechts verletzen. Artikel 8 Jeder Mensch hat das Recht, in freier Entscheidung und in Sicherheit und Würde in das Land seiner Herkunft sowie innerhalb dessen an den Ort seiner Herkunft oder freien Wahl zurückzukehren. Die Ausübung des Rückkehrrechts schließt das Recht der Opfer auf angemessene Wiedergutmachung nicht aus, einschließlich der Rückgabe von Gütern, die ihnen im Zusammenhang mit dem oder als Ergebnis des Bevölkerungstransfers entzogen wurden, der Entschädigung für jegliches Eigentum, das ihnen nicht zurückgegeben werden kann, und allfälliger anderer, völkerrechtlich vorgesehener Reparationen. Artikel 9 Die obengenannten Praktiken des Bevölkerungstransfers stellen Völkerrechtsverstöße dar, die sowohl staatliche Verantwortlichkeit als auch individuelle strafrechtliche Verantwortung begründen. Artikel 10 Wo durch diese Erklärung verbotene Taten oder Unterlassungen begangen werden, sind die internationale Gemeinschaft als ganze und die einzelnen Staaten dazu verpflichtet: a) die durch solche Taten geschaffenen Situationen nicht als rechtmäßig anzuerkennen; b) im Falle laufender Vorgänge die sofortige Beendigung und die Rückgängigmachung ihrer schädlichen Folgen sicherzustellen; c) dem Staat, der eine solche Tat begangen hat oder noch begeht, bei der Aufrechterhaltung oder Verstärkung der dadurch geschaffenen Situation keine Hilfe, Beihilfe oder Unterstützung zu gewähren, sei es finanziell oder in anderer Form.5

Auch die UN-Generalversammlung hat in den letzten 63 Jahren viele Resolutionen über das Recht der Minderheiten (vor allem 1992: Erklärung über die Rechte von Personen, die nationalen oder ethnischen, religiösen und sprachlichen Minderheiten angehören6) auf Rückkehr von Flüchtlingen und Vertriebenen und das Recht auf Restitution angenommen. Die Vertreibungen im ehemaligen Jugoslawien gaben der Generalversammlung der Vereinten Nationen, der Menschenrechtskommission und der Unterkommission reichlich Anlass, Resolutionen und Erklärungen zu verabschieden. So stufte die Generalversammlung in ihrer Resolution 47/121 vom 18. Dezember 1992 die „ethnischen Säuberungen“, die seinerzeit in Jugoslawien stattfanden, als Völkermord ein. Diese Resolution wurde in unzähligen späteren Resolutionen bestätigt und bekräftigt.7 ___________ 5

UNO Dok. E/CN.4/Sub.2/1997/23, Übersetzung in: de Zayas, Die Nemesis von Potsdam (Fn. 2), S. 402 f. 6 General Assembly Resolution 47/135 vom 18. Dezember 1992. 7 So in Nr. 48/143 vom Dezember 1993, Nr. 49/205 vom Dezember 1994, Nr. 50/192 vom Dezember 1995, Nr. 51/115 vom März 1997, u.a.

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II. Die Rechtsprechung In der angelsächsischen Rechtstradition des common law ist die Rechtsprechung die am häufigsten zitierte Quelle des Rechts. Was Vertreibung und Verschleppung betrifft, blieb es in Nürnberg eben nicht bei den Anklagepunkten 6 (b) und (c). Es wurde ein Präzedenzfall geschaffen. Die Rechtsprechung des Tribunals hat unmissverständlich die durch die Nazis durchgeführten Verschleppungen und Vertreibungen als Kriegsverbrechen und als Verbrechen gegen die Menschheit festgestellt und verurteilt. Das Urteil wurde durch die Resolution der UN-Generalversammlung 95(I) als geltendes Völkerrecht anerkannt. Der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien hat Aspekte der dortigen „ethnischen Säuberungen“ als Völkermord eingestuft und namentlich das Massaker von Srebrenica als Genozid bezeichnet. Im Prozess Bosnien und Herzegowina vs. Jugoslawien vor dem Internationalen Gerichtshof erging am 26. Februar 2007 ein Urteil, in dem das Verbrechen des Völkermordes – etwa in Srebrenica – ausdrücklich festgestellt wurde. Auf der Basis dieser Rechtsprechung lässt sich festhalten, dass die Vertreibung der Deutschen, die mit hunderttausendfachen Morden und Vergewaltigungen um ein Vielfaches schlimmer war als die Vorgänge im ehemaligen Jugoslawien, kaum weniger als genozidisch einzustufen ist. Auch der Brünner Todesmarsch, die Massaker von Saaz, Postelberg, Aussig und Prerau sowie die massenhaften Tötungen in den Lagern von Lamsdorf, Swientochlowice, Gakowo, Rudolfsgnad und viele andere Vertreibungsverbrechen waren genozidisch. Leider gibt es zurzeit noch keine Rechtsprechung über die Völkerrechtswidrigkeit der Vertreibung der Deutschen. Dies ist zwar in einer Weise verständlich, denn der Besiegte in einem Krieg ist außerstande, den Sieger vor Gericht zu stellen. Aber da das Völkerrecht im Prinzip für alle Völker und Nationen gleichermaßen gilt, muss der Wissenschaftler die Frage stellen und auch eine Antwort wagen. Was das Recht auf Restitution anbelangt, schuf die Rechtsprechung des Europäischen Menschenrechtshofes gültige Jurisprudenz – vor allem in den zypriotischen Fällen. Hier sei auf die Urteile von 1996 und 1998 im Fall Loïzidou vs. Türkei hingewiesen. Im Dezember 2003 musste die Türkei 1.3 Million Euro an Frau Titina Loïzidou wegen der Verletzung ihres Rechts auf Eigentum im zypriotischen Gebiet unter der türkischen Besetzung auszahlen. Auch die Human Rights Chamber für Bosnien und Herzegowina hat gültige Präzedenzfälle geschaffen. Etwa 15.000 Fälle wurden dort behandelt, und viele Beschwerdeführer erhielten ihre Wohnungen zurück oder zumindest eine angemessene Entschädigung zugesprochen. Auch der UN-Menschenrechtsausschuss schuf Präzedenzfälle im Bezug auf Sudetendeutsche, deren Eigentum auf der Basis der rassistischen Beneš-Dekrete konfisziert worden war. Zwar konnte der Men-

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schenrechtsausschuss ratione temporis die Enteignungen 1945 nicht direkt untersuchen und als ungültig erklären, aber er hat die Diskriminierung bei der ungleichen Anwendung der Restitutionsgesetzgebung von 1991 festgestellt und die Rückgabe des Eigentums verlangt.8

III. Die Organe Nur Staaten können vor dem Internationalen Gerichtshof klagen. In der Ausübung des diplomatischen Schutzes könnte die Bundesrepublik die Rechte der deutschen Vertriebenen vor internationalen Organen direkt vertreten oder jedenfalls unterstützen. Dies war in den Jahren 1949 bis 1989 kaum möglich. Jahrzehntelang haben die Politiker den deutschen Vertriebenen zwar immer wieder Hoffnungen gemacht. Als sich aber die Gelegenheit nach 1990 bot, endlich etwas Konkretes für die Vertriebenen zu tun, versagten sie, weil der politische Wille und der Mut fehlten. Staatenbeschwerden sind vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof und vor dem UN-Menschenrechtsausschuss möglich (Artikel 41 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte). Nur zum Vergleich sei bemerkt, dass bezüglich der Vertreibung durch das türkische Militär von etwa 200.000 griechischen Zyprioten aus dem Norden der Insel Zypern in den Süden im Juli/August 1974 die Republik Zypern mehrere erfolgreiche Klagen vor die Europäische Menschenrechtskommission und vor den Gerichtshof für Menschenrechte brachte. Hätte Deutschland eine Staatenbeschwerde in Straßburg gegen Polen, Tschechien, die Slowakei, Serbien einlegen können? Da die Ostdeutschen zwischen 1945 und 1948 vertrieben wurden, also lange bevor die Europäische Menschenrechtskonvention in Kraft trat, hätte Deutschland die eigentlichen Menschenrechtsverletzungen der Vertreibungen 1945 bis 1948 ratione temporis nicht direkt rügen können. Aber Deutschland hätte immerhin gegen die „continuing violations“ (fortdauernden Verletzungen) und gegen das Bestehen von diskriminierender Gesetzgebung (z.B. die Beneš-Dekrete) sowie das Fehlen angemessener Rehabilitierungs- und Restitutionsgesetze klagen können. Auch Individuen können vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte klagen. Allerdings will sich der Gerichtshof mit Fragen aus dem Zweiten Weltkrieg nicht auseinandersetzen und darum werden Restitutionsfälle als unzulässig ratione temporis abgewiesen.9 ___________ 8 Fall Nr. 747/1997 – Des Fours Walderode vs. Tschechische Republik, Fall Nr. 757/1997 – Pezoldova vs. Tschechische Republik, dazu auch Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 9. November 2001, S. 1 f. 9 Vgl. z.B. die Fälle Gratzinger et al. vs. Tschechien, Nr. 39794/98, im Jahr 2002 sowie von Maltzan et al. vs. Deutschland, Nr. 1916/01, 71917/01, 10260/02, im Jahr 2005.

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Im Prinzip verhält sich der UN-Menschenrechtsausschuss ähnlich, jedoch hat er in Fällen der Diskriminierung bei der Anwendung der Restitutionsgesetze für die Beschwerdeführer entschieden, so auch im Fall Peter Gratzinger vs. Tschechien (Nr. 1463/2006), wo der Menschenrechtsausschuss eine Verletzung des Artikels 26 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte feststellte. Es ist vorstellbar, dass deutsche Vertriebene nicht nur gegen die diskriminierende Behandlung bei der Anwendung der Restitutionsgesetzgebung klagen könnten, sondern darüber hinaus gegen die Verletzung des geschützten Rückkehrrechtes (Artikel 12 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte) durch Polen, die Tschechische Republik, die Slowakei usw. Dies ist bisher nicht geschehen. Die interessanteste Instanz für Flüchtlinge und Vertriebene aus dem Balkan war die nicht mehr bestehende Human Rights Chamber für Bosnien und Herzegowina, die 1996 bis 2003 eine reiche Jurisprudenz geschaffen und vielen Flüchtlingen und Vertriebenen bei der Umsetzung des Rückkehrrechts und des Rechts auf Wiedergutmachung geholfen hat.10

IV. Die Verfahren Wie gezeigt, gibt es eine Reihe von Verfahren, die zur Verurteilung von Vertreibungen und zur Durchsetzung des Eigentumsrechts in Anspruch genommen werden können. Zu nennen sind vor allem die Staatenbeschwerden, die Individualbeschwerden vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte sowie vor dem UN-Menschenrechtsausschuss. Das Verfahren der Staatenbeschwerde ist im Europäischen Bereich gut entwickelt. Aber bisher sind noch keine Staatenbeschwerden (Artikel 41 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte) vor den Ausschuss gebracht worden. Auch die Untersuchung der Staatenberichte durch den Menschenrechtsausschuss (Artikel 40 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte) bietet eine Gelegenheit, die Konsequenzen der Vertreibung zu untersuchen und zu verurteilen. So hat der Ausschuss im Jahre 2007 die Weigerung Tschechiens verurteilt, das deutsche Eigentum zurückzugeben.11 Eine weitere Möglichkeit bietet die „Advisory Opinion“-Prozedur des Internationalen Gerichtshofes. Gemäß Artikel 96 der UN-Charta kann die Generalversammlung bzw. der Sicherheitsrat über jede Rechtsfrage ein Gutachten vom Internationalen Gerichtshof anfordern. Die von der Vertreibung der Deutschen ___________ 10 Digest of Decisions on Admissibility and Merits 1996 – 2002, Human Rights Chamber for Bosnia and Herzegovina, Kehl, Strasbourg, 2003. 11 Concluding Observations, Czech Republic, 25. Juli 2007, CCPR/C/CZE/2, Abs.7.

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aufgeworfenen Rechtsfragen und die Notwendigkeit der Wiedergutmachung ex aequo et bono sind dafür durchaus geeignet.

V. Das Recht auf Wiedergutmachung Nach dem Prinzip ubi ius, ibi remedium haben Flüchtlinge und Vertriebene Anspruch auf Rehabilitierung und Wiedergutmachung. Sie haben ein Recht auf Rückkehr und Eigentumsrückgabe.12 Das Abkommen von Dayton, das den Krieg in Bosnien und Herzegowina 1995 beendete, hat diese Rechte im Text des Abkommens anerkannt und durch die Tätigkeit der Human Rights Chamber in Sarajevo teilweise verwirklicht. Wenn Privateigentum im Zusammenhang mit einem Verbrechen gegen die Menschheit oder einem Völkermord entzogen wird, muss sich der Staat, dessen Bürger die Opfer sind, für Wiedergutmachung durch Rückgabe oder Entschädigung einsetzen. Die Ausübung des diplomatischen Schutzes ist in diesen Fällen keine Ermessensfrage.13 Alle Vertriebenen haben ein Recht auf Wiedergutmachung. Weder ein Staat noch eine staatliche oder nichtstaatliche Organisation kann auf dieses stellvertretend für die Opfer verzichten, denn es geht um individuelle Rechte von Opfern eines unverjährbaren Verbrechens. Zur Verfolgung seines Rechts kann das Opfer zwar keine Beschwerde beim Internationalen Gerichtshof in Den Haag einreichen (nur Staaten sind dazu berechtigt), aber es kann sich an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte oder an den UN-Menschenrechtsausschuss wenden, nachdem der innerstaatliche Rechtsweg ausgeschöpft wurde. Opfer sollten generell auf ihren Rechten bestehen – nicht um materieller Vorteile willen, sondern um die allgemeine Geltung des Völkerrechts zu sichern. Recht und Rechtssicherheit würden Schaden nehmen, wenn Vertreibungen nicht wiedergutgemacht würden. Sie würden dann künftig als politisch aussichtsreiche Option angesehen werden í wie es faktisch bereits eine Folge des ___________ 12

Siehe UN-Unterkommission für Menschenrechte, Resolutionen 2002/30 und 2005/21, sowie den Schlussbericht der Unterkommission über Vertreibung und die Menschenrechte, UN Doc E/CN. 4/Sub. 2/1997/23, und die Ausführungen des ersten UN-Hochkommissars für Menschenrechte Dr. José Ayala Lasso vom 28. Mai 1995 in Frankfurt am Main und 6. August 2005 in Berlin, ferner International Commission of Jurists, The Right to a Remedy and to Reparation for gross Human Rights Violations, Genf 2006, ebenso die UN-Restitutionsprinzipien: Pinheiro Principles on Restitution, http://domino.un.org/pdfs/ ocha_pinheiro_principles.pdf. 13 Eckart Klein, Diplomatischer Schutz im Hinblick auf Konfiskationen deutschen Vermögens durch Polen, Bonn 1992; Dieter Blumenwitz, Das Offenhalten der Vermögensfrage in den deutsch-polnischen Beziehungen, Bonn 1992.

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Lausanner Abkommens14 war – und würden womöglich nicht einmal mehr als besonders verwerflich angesehen werden.

VI. Die Umsetzung des Völkerrechts Die Normen und die Mechanismen sind da. Aber das Völkerrecht ist kein mathematisches System. Normen allein und Rechtsprechung allein können die Umsetzung des Rechts nicht gewährleisten. Dafür ist politischer Wille unerlässlich. Viele Gelegenheiten haben sich ergeben, vor allem in der Zeit nach dem Zusammenbruch des Warschauer Paktes und der sowjetischen Machtordnung, als Polen und die Tschechoslowakei Anschluss an den Westen suchten. Gelegenheiten ergaben sich auch in den Jahren 2000 bis 2004, als sich Polen, die Tschechische Republik und die Slowakei um Mitgliedschaft in der Europäischen Union bemühten. Es wäre ein leichtes gewesen, den erstrebten Anschluss mit dem Westen mit bestimmten Bedingungen zu verknüpfen, etwa eine Geste der Gerechtigkeit den Vertriebenen gegenüber, vor allem in der Eigentumsfrage. Ebenfalls wäre es möglich gewesen, bei den Verhandlungen über die EUErweiterung zu verlangen, dass die Tschechische Republik die rassistischen Beneš-Dekrete abschaffen und die Entscheidungen des UN-Menschenrechtsausschusses umsetzen müsse. Nichts aber wurde verlangt, und nichts wurde freiwillig angeboten. Dieser merkwürdigen Situation ist Tobias Irmscher in seinem Beitrag anlässlich der Konferenz der Kulturstiftung im Jahre 2005 etwas näher nachgegangen.15 In der Eigentumsfrage stellt er vor allem auf das Gutachten von Eckart Klein zur Rechtslage des im heutigen Polen entzogenen Privateigentums Deutscher ab16 und kritisiert überzeugend das Gutachten zu Ansprüchen aus Deutschland gegen Polen von J. Barcz (Warschau) und J. Abr. Frowein (Heidelberg), das in Übereinstimmung mit der von Bundeskanzler Schröder in Warschau am 27. September 2004 gehaltenen Rede deutsche Individualansprüche auf Rückgabe oder Entschädigung für unbegründet hält. Irmscher erinnert dabei daran, dass „die entschädigungslose Enteignung deutschen Privatvermögens […] im Widerspruch zum geltenden Völkerrecht (stand und steht)“17, vor allem ___________ 14 G. Streit, Der Lausanner Vertrag und der griechisch-türkische Bevölkerungsaustausch, 1929. 15 Dieter Blumenwitz/Gilbert Gornig/Dietrich Murswiek (Hrsg.), Minderheitenschutz und Menschenrechte, 2006 S. 101 ff. 16 Potsdam, vom 15. Februar 2005; s.a. schriftliche Frage von MdB Erwin Marschewski, BT-Drs. 15/2897. 17 Blumenwitz, Das Offenhalten der Vermögensfrage (Fn. 13), S. 104.

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weil sie diskriminierend bzw. rassistisch erfolgte. Nicht nur Klein, sondern viele andere Völkerrechtler wie Christian Tomuschat und sämtliche deutsche Bundesregierungen zuvor haben stets auf die Rechtswidrigkeit der Vertreibung hingewiesen. Dabei ist die Wegnahme der Vermögenswerte unter keinem Gesichtspunkt zu rechtfertigen. Das Argument der Repressalie scheidet schon deshalb aus, weil diese als Zwangsmittel lediglich der Herbeiführung eines rechtmäßigen Zustandes dienen darf, daher zeitlich beschränkt und sofort beendet werden muss, wenn der Rechtsverstoß beendet und keine Wiederholung zu befürchten ist. Auch Reparationen kommen nicht in Betracht; sie sind Verpflichtungen des Staates und können als solche von der Besatzungsmacht grundsätzlich nicht den Angehörigen des Feindstaats auferlegt werden. Irmscher erinnert ferner daran, dass bei den Verhandlungen über den Warschauer Vertrag vom 7. Dezember 1970 die deutsche Delegation Wert auf die Feststellung gelegt hat, dass in dessen Abschluss keine Anerkennung der Rechtmäßigkeit der mit der Vertreibung zusammenhängenden Maßnahmen einschließlich der Eigentumseingriffe gesehen werden könne. Das Bundesverfassungsgericht stellte dementsprechend fest, dass dem Warschauer Vertrag eine solche Anerkennungswirkung nicht zukomme.18 Eine Änderung erfolgte auch nicht im Kontext des Zwei-plus-Vier-Vertrages und auch nicht im deutschpolnischen Grenzbestätigungsvertag vom 14. November 1990, ebenso wenig im Nachbarschaftsvertrag vom 17. Juni 1991. Irmscher untersucht, welche völkerrechtliche Wirkung der Verzichtserklärung Schröders von 2004 zukommen könnte. Nach dem Prinzip des „Estoppel“ kann die Bundesrepublik Deutschland als Staat keine Ansprüche mehr gegen Polen erheben. Dagegen verwirkt die einseitige Erklärung nicht die Ansprüche von Individualpersonen. Die Erklärung ist umso „bedauerlicher“, als der Staat eine Verpflichtung zum diplomatischen Schutz seiner Bürger gegenüber anderen Staaten hat, vor allem wenn seine Bürger Opfer von Kriegsverbrechen bzw. Verbrechen gegen die Menschheit geworden sind. Eine einseitige Erklärung, die die Vermögensfrage als erledigt und entsprechende Ansprüche als „rechtsgrundlos“ charakterisiert, läuft der völkerrechtlichen Sekundärpflicht zur Folgenbeseitigung und Wiedergutmachung zuwider. Ebenso wenig sind solche Ansprüche verjährt, was aus der Unverjährbarkeit der Folgen der Vertreibung als Verbrechen gegen die Menschheit folgt und sich daher auch auf die Vermögensansprüche erstreckt. Nur durch individuellen Verzicht können die völkerrechtlich begründeten Individualansprüche untergehen. ___________ 18 BVerfG, Beschl. v. 07.07.1975, Az.: 1 BvR 274/72 u.a., zitiert nach juris, Rn. 85 bis 90.

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Obwohl Irmscher die Preußische Treuhand in seinem wertvollen Beitrag nicht erwähnt, unterstützen seine überzeugenden Argumente die von ihr geltend gemachten völkerrechtlichen Ansprüche. Realpolitisch gesehen können aber die deutschen Individualansprüche nur mit der politischen Unterstützung der Bundesregierung durchgesetzt werden. Leider fehlt dieser Wille bei der CDU/CSU ebenso wie bei der SPD. Insofern hat die Bundesregierung dem Völkerrecht einen Bärendienst erwiesen, denn der einseitige Verzicht auf die völkerrechtliche Durchsetzung legitimer Ansprüche läuft auf eine Degradierung des Völkerrechts hinaus, infolge dessen zudem Kategorien von politisch korrekten und politisch inkorrekten Opfern entstehen und letzteren so ihre Rechte versagt werden.

VII. Schlussgedanken Lassen Sie mich meinen einstigen Chef, den UN-Hochkommissar José Ayala Lasso, aus seiner Rede in der Paulskirche am 28. Mai 1995 zitieren: „Ich bin der Auffassung, dass, hätten die Staaten seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges mehr über die Implikationen der Flucht, der Vertreibung und der Umsiedlung der Deutschen nachgedacht, die heutigen demographischen Katastrophen, die vor allem als ethnische Säuberungen bezeichnet werden, vielleicht nicht in dem Ausmaß vorgekommen wären. In diesem Zusammenhang möchte ich noch auf die Charta der deutschen Heimatvertriebenen zu sprechen kommen. Es ist gut, dass Menschen, die Unrecht gelitten haben, bereit sind, den Teufelskreis von Rache und Vergeltung zu brechen und sich auf friedlichen Wegen für die Anerkennung des Rechtes auf die Heimat und für den Wiederaufbau und die Integration Europas zu arbeiten. Eines Tages wird dieses Opfer besser gewürdigt werden.“

Und: „Das Recht, aus der angestammten Heimat nicht vertrieben zu werden, ist ein fundamentales Menschenrecht.“19

Zum Schluss möchte ich auf die Problematik hinweisen, die eine Lösung nicht nur der Eigentumsfrage, sondern auch der Identitätsfrage der Deutschen in vielerlei Hinsicht hindert. Dabei handelt es sich um die Verlogenheit der Geschichtsschreibung und der Medien. Solange die deutsche Obrigkeit und die „Eliten“ an der Kollektivschuldthese festhalten, solange sie auf der Alleinschuld Deutschlands am Ausbruch des Krieges beharren, so lange werden sie ihre eigenen Interessen nicht wahren. Wenn die historischen Prämissen falsch sind, kann man keine vernünftigen juristischen Handlungen von der Regierung erwarten. Wie Goethe es treffsicher sagte: „Wer das erste Knopfloch verfehlt, kommt bei dem Zuknöpfen nie zu Rande.“ ___________ 19

De Zayas, Die Nemesis von Potsdam (Fn. 2), S. 400 f.

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Der tschechische Professor Bohumil Dolezal hat es folgendermaßen formuliert: „Auch die Deutschen haben sich mit dem Zweiten Weltkrieg nicht wirklich auseinandergesetzt: Sie finden sich nur ab mit der Rolle des ewigen Prügelknaben. Doch eine spektakuläre Selbsterniedrigung zeugt noch nicht von wirklicher Reflexion.“20 Ich kann allen Deutschen nur wünschen, daß sie mit dem Zuknöpfen schließlich doch noch zu Rande kommen. * * *

Abstract Alfred de Zayas: Expropriation and Expulsion in the Light of International Public Law, In: Law of Property and Injustice of Expropriation. Coming to terms with the past. Vol. II. Ed. by Gilbert H. Gornig, Hans-Detlef Horn and Dietrich Murswiek (Berlin 2009) pp. 19-31. The contribution summarizes the norms and jurisdiction concerning the adversity of International Law of expulsions and forcible expropriations, shows the instruments and proceedings to push through rights on rehabilitation, restitution and return and stresses that the corresponding political intention is essential for the realization of the International Law.

___________ 20

Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 26. Juni 2005.

Eigentumsunrecht und Menschenrechtsschutz der Vereinten Nationen Von Bernhard Kempen

I. Menschenrechtsschutz in der Charta der Vereinten Nationen Der Menschenrechtsschutz ist eines der wichtigsten Ziele der Vereinten Nationen. Dies wird schon im Text der UN-Charta deutlich. Im zweiten Erwägungsgrund der Präambel zeigen sich die Vertragstaaten: „entschlossen, ihren Glauben an die Grundrechte des Menschen, an Würde und Wert der menschlichen Persönlichkeit, […], erneut zu bekräftigen“. Als eines der Ziele der Vereinten Nationen postuliert die Charta, „eine internationale Zusammenarbeit herbeizuführen, um internationale Probleme wirtschaftlicher, sozialer, kultureller und humanitärer Art zu lösen und die Achtung vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten für alle ohne Unterschied der Rasse, des Geschlechts, der Sprache, der Religion zu fördern und zu festigen“. Für sich allein betrachtet war dieser Förderungsauftrag zunächst noch vage und konturlos. Für das Verfehlen dieses Ziels ist zudem keine Sanktion vorgesehen. Dennoch hat sich auf Grundlage der UN-Charta ein komplexes System des internationalen Menschenrechtsschutzes entwickelt.1 Bereits in der Charta selbst wird der Menschenrechtsschutz noch einmal aufgegriffen. Es handelt sich um die Zielsetzungen des IX. Kapitels über „Internationale Zusammenarbeit auf wirtschaftlichem und sozialem Gebiet“. In Art. 55 UN-Charta heißt es: „Um jenen Zustand der Stabilität und Wohlfahrt herbeizuführen, der erforderlich ist, damit zwischen den Nationen friedliche und freundschaftliche, auf der Achtung vor dem Grundsatz der Gleichberechtigung und Selbstbestimmung der Völker beruhende Beziehungen herrschen, fördern die Vereinten Nation […] c) die allgemeine Achtung und Verwirklichung der Menschenrechte und Grundfreiheiten für alle ohne Unterschied der Rasse, des Geschlechts oder der Religion.“ In Art. 56 UN-Charta verpflichten sich alle Mitgliedstaaten, gemeinsam und jeweils für sich mit den Vereinten Nationen zusammen zu arbeiten, um die in Art. 55 dargelegten Ziele zu erreichen. Diese Verpflichtung zur Förderung der Menschenrechte entfaltet allerdings nur insofern Rechtswirkungen, als sie gemäß Art. 62 Abs. 2 UNCharta Gegenstand von Empfehlungen des Wirtschafts- und Sozialrates (ECO___________ 1

Kempen/Hillgruber, Völkerrecht, 2007, 10. Kap., Rn. 12.

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SOC) sein kann. Auch die Generalversammlung kann Empfehlungen zur Verwirklichung der Menschenrechte abgeben. Die Empfehlungen beider Organe sind jedoch rechtlich unverbindlich und können deshalb nicht zu einer mit Ausübung von Zwangsgewalt verbundenen Intervention in die inneren Angelegenheiten eines betroffenen Staates führen.2 Dennoch bilden diese Kompetenzregeln die Grundlage für eine Kodifikation der international gewährleisteten Menschenrechte durch die Vereinten Nationen und für die Herausbildung von Durchsetzungsmechanismen auf der UN-Ebene.

II. Eigentumsschutz nach Maßgabe der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte In der UN-Charta ist immer nur allgemein von „Menschenrechten“ die Rede. Die Charta enthält aber keinen eigenen Menschenrechtskatalog, der definiert, welche Rechte Menschenrechte sind. Ohne eine Ausfüllung des Begriffs Menschenrechte bleibt der Förderungs- und Schutzauftrag ein zahnloser Tiger. Der erste Schritt zur genaueren Ausgestaltung des UN-Menschenrechtsschutzes war die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEMR) von 1948 (Universal Declaration of Human Rights). Sie wurde ab 1947 im Auftrag der Menschenrechtskommission mit dem Ziel der Schaffung eines Menschenrechtskatalogs erstellt. Am 10. Dezember 1948 verkündete die Generalversammlung der Vereinten Nationen im Palais de Chaillot in Paris die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Von den damals 56 Mitgliedsstaaten stimmten 48 der Resolution zu. Wenn es auch im Rahmen der Verhandlungen naturgemäß zwischen den Staaten Differenzen über den genauen Schutzumfang gab, so fand die Erklärung doch nahezu universelle Akzeptanz, auch oder gerade weil sie in rechtlich unverbindlicher Form erging. Die AEMR bildet mit dem 1976 in Kraft getretenen Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und dem Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte die Universal Bill of Rights, die internationale Menschenrechtscharta. Die Präambel bestätigt den angesprochenen Zweck der Erklärung. Dort wird in Erinnerung gerufen, „dass die Mitgliedsstaaten sich verpflichtet haben, in Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen auf die allgemeine Achtung und Einhaltung der Menschenrechte und Grundfreiheiten hinzuwirken“. Konkret enthält die Menschenrechtserklärung in 30 Artikeln die grundlegenden Rechte, die jedem Menschen laut Art. 2 „ohne irgendeinen Unterschied, etwa nach Rasse, Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer oder sonstiger Überzeugung, nationaler oder sozialer Herkunft, Vermögen, Geburt oder sonstigem Stand“ und unabhängig davon, welchem Staat er angehört, zustehen. Im Einzelnen ___________ 2

Kempen/Hillgruber, Völkerrecht, 2007, 10. Kap., Rn. 14.

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enthält die Erklärung einen Katalog von klassischen Freiheitsrechten, aber auch einzelne wirtschaftliche und soziale Rechte. Die Frage des Eigentumsschutzes war bei der Erarbeitung der Erklärung stets umstritten. Gänzlich gegen den Schutz des Eigentums sprach sich allerdings kein Staat aus, nur über die Reichweite und die Einschränkungsmöglichkeiten herrschte Uneinigkeit.3 Sozialistische Staaten und auch Entwicklungsländer scheuten sich vor einem zu weitgehenden und konkreten Schutz des Eigentums. So kam es schließlich zu einer recht knappen und unbestimmten Formulierung in Art. 17 AEMR: „1. Jeder hat das Recht, sowohl allein als auch in Gemeinschaft mit anderen, Eigentum innezuhaben. 2. Niemand darf willkürlich seines Eigentums beraubt werden.“

Inhalt und Schranken des Eigentums bleiben dabei wie im deutschen Grundgesetz4 undefiniert. Es bleibt aber insbesondere auch unklar, was „willkürlich“ bedeutet, also unter welchen Voraussetzungen eine Enteignung möglich ist. Außerdem wird für den Fall von Enteignungen keine Entschädigungspflicht statuiert. Generell sind Resolutionen der UN-Generalversammlung nicht verbindlich5. Sie können zwar moralische Autorität entwickeln, entfalten aber keine unmittelbare Rechtswirkung gegenüber den Staaten. Nicht auszuschließen ist aber, dass der Inhalt bestimmter Resolutionen, wie auch der AEMR, als verbindliches Völkergewohnheitsrecht anzusehen ist. Dazu müsste der Inhalt der AEMR nicht nur der Rechtsüberzeugung der Staaten entsprechen, sondern in ihrem allgemeinen Handeln in der Staatenpraxis Beachtung gefunden haben.6 Gegen die völkergewohnheitsrechtliche Geltung der AEMR spricht zunächst die Tatsache, dass zum Zeitpunkt ihrer Verabschiedung am 10. Dezember 1948 die Zahl der Mitgliedstaaten der UN mit 56 noch nicht so groß war, um von der gemeinsamen Rechtsüberzeugung der gesamten Staatengemeinschaft sprechen zu können. Dagegen könnte nun wiederum eingewandt werden, dass später auch von einer größeren UN immer wieder Bezug auf die AEMR genommen wurde. Gegen die völkergewohnheitsrechtliche Geltung spricht ferner der er-

___________ 3 Dolzer, Eigentum, Enteignung und Entschädigung im geltenden Völkerrecht, 1985, S. 76 ff. 4 Abriss zur verfassungsrechtlichen Rechtslage bei Kempen, Der Eingriff des Staates in das Eigentum, 1991. 5 Siehe dazu Alvarez, International Organizations as Law-makers, 2006. 6 Vgl. Hailbronner, in: Graf Vitzthum (Hrsg.), Völkerrecht, 3. Auflage 2004, 3. Abschn. Rdnr. 223; Daillet/Pellet, Droit International Public, 2002, S. 660.

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kennbar programmatische Charakter der Resolutionsbestimmung.7 Schließlich bezeichnet die Präambel die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte „als das von allen Völkern und Nationen zu erreichende gemeinsame Ideal“. Die travaux préparatoires sprechen aber eher dafür, dass zumindest der Inhalt von Art. 17 als geltendes Recht angesehen wurde.8 Für die Geltung als Völkergewohnheitsrecht kann man insbesondere anführen, dass zahlreiche verbindliche internationale und auch regionale Menschenrechtspakte geschlossen wurden, aus welchen sich der internationale Konsens zur Einhaltung der Menschenrechte ergibt. Einerseits ist jedoch generell zu hinterfragen, ob bestehendes Vertragsrecht für den Bestand von Völkergewohnheitsrecht spricht. Immerhin ist in Betracht zu ziehen, dass die Staaten gerade eine Regelung durch Vertragsrecht für notwendig hielten, weil sie glaubten, hinsichtlich dieser Rechtsfragen durch Völkergewohnheitsrecht noch nicht gebunden zu sein. Andererseits muss eine völkergewohnheitsrechtliche Geltung nicht zwangsläufig für die ganze Erklärung bestehen, sondern ist für jede Regelung einzeln zu beurteilen. Gegen eine völkergewohnheitsrechtliche Geltung des Eigentum schützenden Art. 17 AEMR spricht insbesondere, dass Eigentumsschutz in den universellen UN-Menschenrechtspakten nicht direkt vorgesehen ist. Zwingend ist aber auch dieses Argument nicht. Entkräften kann man es mit dem Hinweis auf Art. 5 Abs. 2 IPbpR, der ausdrücklich klarstellt, dass der Pakt keine abschließende Aufzählung der Menschenrechte beinhaltet und die Geltung von nicht genannten Rechten nicht beeinträchtigt. Die Feststellung von Völkergewohnheitsrecht ist also nicht einfach. Im Ergebnis kann die Erklärung heute wohl zumindest zum Teil als verbindlich angesehen werden. Hinsichtlich einzelner Menschenrechte, wie etwa dem Verbot der Sklaverei, können wir recht sicher sein, bezüglich des Eigentumsschutzes bleiben aber Zweifel bestehen. Unabhängig davon, ob die völkergewohnheitsrechtliche Bindung wirklich besteht, ist die AEMR aber eine der Arbeitsgrundlagen der sog. charta-basierten Menschenrechtsmechanismen der Vereinten Nationen.

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Dolzer, Eigentum, Enteignung und Entschädigung im geltenden Völkerrecht, 1985, S. 79. 8 Dolzer, ebd.

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III. Charta-basierte Mechanismen des Eigentumsschutzes 1. Der UN-Menschenrechtsrat Die Menschenrechtskommission wurde im Jahr 2006 durch den neuen UNMenschenrechtsrat9 (UN Human Rights Council) abgelöst. Die Ablösung der Kommission nach 60 Jahren war ein Kernstück der UN-Reform,10 auf die sich die Staats- und Regierungschefs auf dem Weltgipfel im September 2006 verständigt hatten. Insbesondere sollte ein Neuanfang gemacht werden, nachdem die Menschenrechtskommission wegen ihrer Ineffektivität in die Kritik geraten war. Besonders problematisch war, dass viele Staaten, denen Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen werden, Mitglied der Kommission waren. Diesen Staaten war es so möglich, sich durch ihr Abstimmungsverhalten gegenseitig vor Feststellungen von Menschenrechtsverletzungen zu schützen. Im neuen Menschenrechtsrat soll diese Situation vermieden werden, indem künftig alle Mitglieder in geheimer Wahl und mit absoluter Mehrheit einzeln von der Generalversammlung gewählt werden. Bei der Wahl soll die Generalversammlung ausdrücklich den Beitrag der Kandidaten zur Förderung und zum Schutz der Menschenrechte berücksichtigen. Außerdem kann nun auch die Mitgliedschaft eines Staates von der Generalversammlung mit Zweidrittel-Mehrheit ausgesetzt werden. Dennoch waren bei der ersten Wahl wieder China, Kuba, Pakistan und Russland erfolgreich. Ferner soll das neue Gremium flexibler auf akute Menschenrechtsverletzungen reagieren können. Während die Menschenrechtskommission nur einmal jährlich sechs Wochen tagte, kommt der Menschenrechtsrat mindestens drei Mal jährlich insgesamt mindestens zehn Wochen lang zusammen und kann auf Antrag eines Drittels der Mitglieder auch Sondersitzungen einberufen. Im Rat sind 47 Mitgliedstaaten der UN vertreten. Bei der ersten Wahl der Mitglieder durch die Generalversammlung erhielt auch Deutschland einen Sitz und ist noch bis 2009 im Rat vertreten. Im Juni 2006 trat der Menschenrechtsrat erstmals zusammen. Wie zuvor auch die Kommission hat der Rat seinen Sitz in Genf. Das neue Gremium ist ein Nebenorgan der Generalversammlung. Formell erlangte es also eine Aufwertung in der Hierarchie der Vereinten Nationen ge___________ 9 Vgl. Theissen, Mehr als nur ein Namenswechsel. Der neue Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen, in: Vereinte Nationen 54 (2006), S. 138 ff.; Weiß, Der neugeschaffene Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen, in: MenschenRechtsMagazin 2006, S. 80 ff.; Klein/Breuer, (Un-)Vollendete Reformschritte in den Vereinten Nationen: die Beispiele Sicherheitsrat und Menschenrechtsrat, in: Münk (Hrsg.), Die Vereinten Nationen – sechs Jahrzehnte nach ihrer Gründung. Bilanz und Reformperspektiven, 2008, S. 75 ff. 10 Vgl. Corell, Reforming the United Nations, in: International Organizations Law Review 2 (2005) S. 373 ff.; Varwick, Die Reform der Vereinten Nationen – Weltorganisation unter Anpassungsdruck, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, 2004, Bd. 43.

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genüber der Menschenrechtskommission als Fachkommission des Wirtschaftsund Sozialrats. Diskutiert worden war sogar eine Stellung als vollwertiges Organ wie der Sicherheitsrat, allerdings wäre dazu eine Änderung der UN-Charta notwendig gewesen. Dieses Vorhaben wurde daher zunächst zurückgestellt. Eingerichtet wurde der Rat durch eine Resolution der Generalversammlung (vom 15.03.2006 – Res. 60/251) mit 170 zu 4 Stimmen11 bei drei Enthaltungen12. Die alte Menschenrechtskommission löste sich wenig später per Resolution selbst auf und überwies ihre Mandate an den Rat. Die mit Experten besetzte Menschenrechts-Unterkommission, die ein wichtiger Zuarbeiter und Ideengeber der alten Kommission war, blieb bestehen und soll als „Expertenrat“ (Human Rights Council Advisory Committee) in der Funktion eines „thinktanks“13 erhalten bleiben. Nach dem Wortlaut der Gründungsresolution soll der Rat für „die Förderung der allgemeinen Achtung des Schutzes aller Menschenrechte und Grundfreiheiten für alle, ohne irgendeinen Unterschied und auf faire und gleiche Weise, verantwortlich sein“ (Nr. 2 der Resolution). Er soll sich ferner „mit Situationen von Verletzungen der Menschenrechte, namentlich groben und systematischen Verletzungen, befassen und diesbezügliche Empfehlungen abgeben sowie außerdem die wirksame Koordinierung und die durchgängige Integration von Menschenrechtsfragen in allen Bereichen des Systems der Vereinten Nationen fördern“ (Nr. 3 der Resolution). Vor allem aber soll er auch eine „universelle, regelmäßige Überprüfung der Erfüllung der jedem Staat obliegenden und von ihm eingegangenen Verpflichtungen auf dem Gebiet der Menschenrechte“ durchführen (lit. e). Dieses regelmäßige Überprüfungsverfahren stellt die wesentliche verfahrensrechtliche Neuerung dar. In seiner fünften Sitzung im Juni 200714 stellte der Menschenrechtsrat fest, dass er bei der regelmäßigen Überprüfung der Menschenrechte drei verschiedene Quellen von Menschenrechtsgewährleistungen zu berücksichtigen hat: die UN-Charta, die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte und die Menschenrechtsverträge, deren Partei die betroffenen Staaten sind. In derselben Sitzung gestaltete das neue Gremium das Beschwerdeverfahren auf der Grundlage des bisherigen 1503-Verfahrens aus.15 Beschwerden können von Personen oder Personengruppen erhoben werden, die geltend machen, Opfer von Menschenrechtsverletzungen zu sein. Auch Nichtregierungsorganisationen, die im Sinne der Menschenrechte handeln, können Beschwerde erheben.16 Die Beschwerde ___________ 11 12 13 14 15 16

Israel, Marshallinseln, Palau, USA. Weißrussland, Iran, Venezuela. Report of the fifth session of the Human Rights Council, Nr. 65. A/HRC/5/L.2. Report of the fifth session of the Human Rights Council, Nr. 86. Report of the fifth session of the Human Rights Council, Nr. 87 d.

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muss eine tatsachenbezogene Beschreibung der Menschenrechtsverletzungen einschließlich einer Benennung der verletzten Rechte enthalten.17 Zwei Arbeitsgruppen mit je fünf Mitgliedern sind im Beschwerdeverfahren tätig. Die erste Arbeitsgruppe (Working Group on Communications) analysiert die Beschwerdeschrift und entscheidet über die Zulässigkeit der Beschwerde.18 Beispielsweise darf die Beschwerde nicht politisch motiviert sein, darf nicht in unangemessener Sprache verfasst sein und nicht allein auf Berichten von Massenmedien beruhen.19 Die zweite Arbeitsgruppe (Working Group on Situations) erstellt dem Rat dann einen Bericht über die der Beschwerde zu Grunde liegende tatsächliche Situation.20 Die Arbeitsgruppe und der Rat treten dabei auch in Dialog mit dem betroffenen Staat. Der Menschenrechtsrat stellt als Ergebnis des Verfahrens gegebenenfalls Menschenrechtsverletzungen fest.21 Durchsetzungsbefugnisse besitzt er nicht. Möglich ist aber, dass eine Feststellung des Menschenrechtsrats der Generalversammlung oder dem Sicherheitsrat Anlass bietet, das Thema aufzugreifen. Dass sich der Menschenrechtsrat in seinen bisher sieben Sitzungsperioden schon speziell mit Eigentumsunrecht beschäftigt hat, ist aus den veröffentlichten Materialien nicht ersichtlich. Zu beachten ist allerdings, dass das Beschwerdeverfahren vertraulich abläuft. In diesem Verfahren finden Veröffentlichungen also erst nach Abschluss der Untersuchung statt, und so ist nicht auszuschließen, dass inzwischen gleichsam unbemerkt auf dieser höchsten UNEbene eine neue völkerrechtliche Eigentumsdogmatik entsteht.

2. Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte Eine weitere direkt auf der Charta basierende Institution des UNMenschenrechtsschutzes ist der UN-Hochkommissar für Menschenrechte22 (UN High Commissioner for Human Rights, UNHCR). Seine Aufgabe ist der Schutz und die Förderung der Menschenrechte. Schon seit den Anfangstagen der Vereinten Nationen war die Schaffung eines solchen Amtes immer wieder im Gespräch, kam schließlich aber erst 1993 auf der UN-Weltkonferenz über

___________ 17

Report of the fifth session of the Human Rights Council, Nr. 87 b. Report of the fifth session of the Human Rights Council, Nr. 95. 19 Report of the fifth session of the Human Rights Council, Nr. 87. 20 Report of the fifth session of the Human Rights Council, Nr. 98. 21 Report of the fifth session of the Human Rights Council, Nr. 103. 22 Vgl. de Zayas, Menschenrechte, Zentrum für Menschenrechte/Hoher Kommissar für Menschenrechte, in: Volger (Hrsg.), Lexikon der Vereinten Nationen, 2000, S. 337 ff. 18

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Menschenrechte in Wien zum Durchbruch.23 Endgültig geschaffen wurde das Amt des Hochkommissars im Dezember 1993 durch eine einstimmig angenommene Resolution der Generalversammlung.24 Der Hochkommissar ist der prinzipiell Verantwortliche für die Menschenrechtsaktivitäten der Vereinten Nationen. Er wird vom UN-Generalsekretär mit Zustimmung der Generalversammlung ernannt und zwar für den Zeitraum von vier Jahren mit der Möglichkeit auf einmalige Wiederernennung. Der UNHCR ist mit einem Stab von etwa 850 Mitarbeitern ausgestattet und hat ein jährliches Budget aus dem UN-Haushalt von über 40 Millionen Dollar, dazu kommen freiwillige Leistungen von staatlichen und privaten Gebern, die stetig ansteigen und 2006 über 80 Millionen Dollar betrugen. Der Hauptsitz des Büros ist in Genf, daneben gibt es einen Sitz in New York, sowie elf Länderbüros und sieben Regionalbüros. Tätig wird der UNHCR unter anderem durch jährliche Berichte an die Generalversammlung und an den Menschenrechtsrat. Der UNHCR tritt in Dialog mit betroffenen Staaten, entsendet Beobachter dorthin und gewährt Staaten Hilfeleistung beim Schutz der Menschenrechte. Er unterstützt und koordiniert die Arbeit der anderen UN-Menschenrechtsmechanismen und fördert den Abschluss, die Verbreitung und die Einhaltung von Menschenrechtsverträgen. Seine Aufgabe ist es, den Menschenrechtsschutz bei jeder Tätigkeit der Vereinten Nationen Berücksichtigung finden zu lassen ( mainstreaming human rights“). ”

IV. Die Menschenrechtspakte Die Arbeit an verbindlichen Menschenrechtskonventionen wurde von der Menschenrechtskommission zur gleichen Zeit aufgenommen wie die Arbeit an der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.25 Die Schaffung rechtsverbindlicher Instrumente blieb jedoch zeitlich hinter der 1948 abgegebenen Erklärung zurück. Entsprechende Projekte auf regionaler Ebene schritten schneller voran. Die amerikanische Menschenrechtserklärung erging 1948, die Europäische Menschenrechtskonvention wurde 1950 verabschiedet. Im Rahmen der UN waren die „Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermords“ von 1948 und die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 zunächst die einzigen Verträge dieser Art. Erst 1965 kam dann das „Internationale Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form der Rassendiskriminierung“ zu Stande. Ein Jahr später entstanden die beiden internationalen Pakte als Instrumente um___________ 23

Vgl. Kedzia/Jerbi in: Baum/Riedel/Schaefer (Hrsg.), Menschenrechtsschutz in der Praxis der Vereinten Nationen, 1998, S. 86. 24 GA Res. 48/141. 25 Graefrath, Die Vereinten Nationen und die Menschenrechte, 1956, S. 85.

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fassenden Menschenrechtsschutzes. Dies sind der „Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte“26 (IPbpR) und der „Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte“27 (IPwskR). Interessant für den Bereich des Eigentumsschutzes ist vor allem der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte. 161 Staaten haben den Pakt ratifiziert und sind damit völkerrechtlich an den Pakt gebunden. Die Mitgliedsstaaten sind dazu verpflichtet, die gewährleisteten Rechte zu achten und sie allen in ihrem Territorium befindlichen und ihrer Herrschaftsgewalt unterstehenden Personen ohne Unterschied zu gewährleisten, sowie alle erforderlichen gesetzgeberischen und sonstigen Vorkehrungen zu treffen, um den gewährleisteten Rechten Wirksamkeit zu verleihen. Darüber hinaus haben 111 dieser Staaten das Fakultativprotokoll ratifiziert. Das Fakultativprotokoll dient der Verwirklichung der Ziele des Pakts, indem es den Menschenrechtsausschuss ermächtigt, Beschwerden von Personen über Verletzungen von Konventionsrechten entgegenzunehmen und zu prüfen. Beide internationalen Pakte enthalten allerdings keine ausdrückliche Bestimmung über den Schutz des Eigentums, und dies obwohl kein Staat in den Verhandlungen den Standpunkt vertreten hatte, dass der Schutz des Eigentums nicht in eine Menschenrechtskonvention gehöre. Die Menschenrechtskommission bemühte sich um die Formulierung eines entsprechenden Artikels, konnte allerdings in der konkreten Ausgestaltung zu keiner Einigung kommen. Manche Staaten wollten nur Eigentum zum persönlichen Gebrauch schützen, andere den Inhalt des Rechts auf Eigentum komplett der Ausfüllung durch nationale Regelungen überlassen. Einige Staaten wollten zur Beurteilung der Zulässigkeit einer Enteignung nur auf die Rechtmäßigkeit nach nationalem Recht und nicht auf Willkür abstellen.28 Für die sozialistischen Staaten war der Schutz des Volkseigentums wichtig. Kleinere Staaten sahen sich durch monopolähnliche Eigentumsrechte großer ausländischer Konzerne auf ihrem Territorium bedroht und wollten daher nicht auf ein Recht zur Enteignung verzichten.29 Am Ende war das Eigentums-Menschenrecht zerredet. Der Generalversammlung wurden die Konventionsentwürfe ohne einen Eigentumsartikel vorgelegt.30 ___________ 26

Vgl. Joseph/Schultz/Castan, The International Covenant on Civil and Political Rights – Cases, Materials, and Commentary, 2. Auflage 2004; Nowak, U.N. Covenant on Civil and Political Rights, CCPR Commentary, 2. Auflage 2005. 27 Vgl. Simma, Die internationale Kontrolle des VN-Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte: Neue Entwicklungen, in: Festschrift Bernhardt, 1995, S. 579 ff. 28 Dolzer, Eigentum, Enteignung und Entschädigung im geltenden Völkerrecht, 1985, S. 85 ff. 29 Graefrath, Die Vereinten Nationen und die Menschenrechte, 1956, S. 108. 30 Graefrath, ebd., S. 107.

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Bei eigentumsrechtlich relevanten Sachverhalten ist nur der Rückgriff auf andere Rechte möglich. Es lässt sich vertreten, dass das Recht auf Leben in Art. 6 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte nicht nur das rein physische Überleben schützt, sondern auch die Garantie des Existenzminimums gewährleistet.31 Dieser Schutz wäre dann jedoch auf das persönliche Eigentum beschränkt, im Sinne des für das tägliche Leben notwendigen Minimums an Gütern. Für einen weitergehenden Schutz ist die Anwendung des Diskriminierungsverbots in Art. 26 IPbpR in Betracht zu ziehen. Es handelt sich dabei um ein Gleichbehandlungsgebot bzw. Diskriminierungsverbot; vergleichbar mit Art. 3 des Grundgesetzes oder Art. 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention. Relevant im Hinblick auf Eigentumsunrecht kann es in zwei Konstellationen sein: Jedermann muss sowohl bei Enteignungen gleich behandelt werden, als auch bei Entschädigung und Wiedergutmachung. Der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte ist drei Monate nach Hinterlegung der 35. Ratifikationsurkunde beim UN-Generalsekretär am 23. Juni 1976 in Kraft getreten, Deutschland und Polen waren unter den Vertragsstaaten. Heute sind 161 Staaten Parteien des Pakts. Für Staaten, die erst später beitraten, trat der Pakt drei Monate nach Hinterlegung der Beitrittsurkunde in Kraft. Grundsätzlich gilt, dass völkerrechtliche Verträge keine Rückwirkung entfalten, sofern in dem Vertrag nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist. Der Pakt weist insoweit keine Ausnahmeregelung auf. Auf Unrecht, welches zu einem früheren Zeitpunkt begangen wurde, ist der Pakt also generell nicht anwendbar. Das Diskriminierungsverbot kann aber Prüfungsmaßstab für die heutige Restitutionsgesetzgebung und deren Anwendung sein. Dies hat auch das UN-Menschenrechtskomitee in mehreren Entscheidungen bestätigt.32 Nach Auffassung des Menschenrechtskomitees müssen auch dann, wenn eine vor Inkrafttreten des Paktes begangene Rechtsverletzung in Bezug auf Vermögensgüter entweder durch Restitution oder durch Entschädigung wiedergutgemacht wird, die Leistungen ohne Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot allen Betroffenen gleichermaßen zu Gute kommen. Allgemein kann festgehalten werden: „Der Gesetzgeber eines an den UN-Pakt gebundenen Staates hat beim Erlass von Gesetzen jedwede Diskriminierung zu unterlassen und darüber hinaus im Wege der Gesetzgebung materielle Gleichheit zu gewährleisten.“33 ___________ 31

Dolzer, Eigentum, Enteignung und Entschädigung im geltenden Völkerrecht, 1985, S. 92. 32 Entscheidung „Adam“ vom 23.07.1996, CCPR/C/57/D/586/1994; Entscheidung „Simunek, Hastings, Tuzilova“ vom 19.07.1995, CCPR/C/54/D/516/1992; jeweils bezüglich der Beneš-Dekrete. 33 Blumenwitz, Interessenausgleich zwischen Deutschland und den östlichen Nachbarstaaten: Die deutsch-tschechische Erklärung vom 21. Januar 1997 und die Ansprüche der deutschen Heimatvertriebenen, 1998, S. 69.

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Die Reichweite des Diskriminierungsverbots lässt sich gut anhand eines tschechischen Gesetzes, dem Akt 87/1991, beschreiben. Dieses Gesetz war mehrfach Gegenstand der Prüfung im Menschenrechtsausschuss. Es trat am 1. April 1991 in Kraft und berechtigt Personen, welche ihr Eigentum aufgrund von Beschlagnahmung verloren haben, dieses wiederzuerlangen oder, falls dies nicht möglich sein sollte, eine Entschädigungssumme zu verlangen. Zu diesem Zeitpunkt war die Tschechische Republik an den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte ratione tempore gebunden. Der tschechische Akt 87/1991 ist Gegenstand mehrerer Entscheidungen des UN-Menschenrechtsausschusses gewesen, etwa in den Sachen Adam, Simunek, Blazek und Walderode.34 Zuletzt entschied der Menschenrechtsausschuss Ende 2007 in der Sache Gratzinger.35 Die Fälle glichen sich: Tschechoslowakische Bürger mussten in der Zeit des Kommunismus wegen politischer Verfolgung in ein anderes Land fliehen. In dem Zufluchtland fanden sie zumeist eine neue Heimat und erhielten die dortige (US-amerikanische, australische) Staatsbürgerschaft, wodurch sie die tschechoslowakische Staatsbürgerschaft verloren. Ihr Eigentum, insbesondere ihr Immobiliarvermögen, wurde in der Tschechoslowakei von den kommunistischen Machthabern konfisziert. Nach dem Fall des kommunistischen Regimes wurden die politisch Verfolgten rehabilitiert (Akt 119/1991) und waren unter den Voraussetzungen des besagten Akts 87/1991 berechtigt, ihr Eigentum zurückzuverlangen bzw. Entschädigung zu verlangen. Doch dieser Akt 87/1991 setzte unter anderem voraus, dass die antragstellende Person die tschechoslowakische Staatsbürgerschaft inne haben muss. Die tschechischen Behörden hatten in den genannten Fällen eine Entschädigung abgelehnt, weil die Antragssteller nicht tschechoslowakische, respektive tschechische, Staatsbürger seien. Der UN-Menschenrechtsausschuss sah darin einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 26 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte. Im Einzelnen legte der Ausschuss dar, dass nicht jede unterschiedliche Behandlung als eine Diskriminierung gelten könne. Eine Unterscheidung, welche mit den Vorschriften des Paktes vereinbar sei und auf sachlichen Gründen beruhe, laufe nicht zwangsläufig auf eine verbotene Diskriminierung hinaus. Die Unterscheidung nach der Staatsbürgerschaft in Akt 87/1991 bilde aber im Zusammenhang von Restitution und Kompensation keinen sachlichen Grund. Die Antragssteller und viele andere hätten die Tschechoslowakei wegen ihrer politischen Überzeugung verlassen müssen und ihr ___________ 34 Communication No. 586/1994, Adam vs. Czech Republic, paragraph 12.6; Communication No. 516/1992, Simunek vs. Czech Republic, Views adopted on 19 July 1995, paragraph 11.6; Communication No. 857/1999, Blazek v. Czech Republic, Views adopted on 12 July 2001, paragraph 5.8, und Communication No. 747/1997, Des Fours Walderode vs. Czech Republic, Views adopted on 30 October 2001, paragraph 8.3. 35 Communication No. 1463/2006, Gratzinger vs. Czech Republik, Views adopted on 25 October 2007.

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Eigentum sei entweder wegen ihrer politischen Überzeugung oder wegen ihrer Ausreise beschlagnahmt worden. Unter Berücksichtigung, dass der Staat selbst für die Ausreise der Antragssteller verantwortlich war, wäre es mit dem Pakt unvereinbar, von den Antragsstellern zu verlangen, sich die tschechische Staatsbürgerschaft wieder zu beschaffen, um ihr Eigentum zurück zu erhalten. Die Entscheidungen des UN-Menschenrechtsausschusses haben lediglich eine feststellende und appellative Wirkung. Der Tschechischen Republik wurde in den Entscheidungen aufgegeben, den Antragsstellern entweder ihr Eigentum zurückzugeben oder wenigstens eine angemessene Entschädigung zu leisten. Vollstreckbar sind die Entscheidungen des Ausschusses freilich nicht. Die Betroffenen warten, soweit ersichtlich, bis heute darauf, dass ihnen Genugtuung widerfährt. Zusammenfassend lässt sich feststellen: Art. 26 des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte gewährt zwar keinen direkten Eigentumsschutz. Die Vertragsbestimmung verpflichtet aber zur Gleichbehandlung. Wird in einem Restitutionsgesetz Entschädigung für Eigentumsverlust gewährt, muss das Gesetz grundsätzlich alle Betroffenen gleich behandeln. Differenzierungen bedürfen eines sachlichen Grundes. Beinhaltet das Gesetz eine diskriminierende Voraussetzung, muss der Vertragsstaat die Diskriminierung abstellen.

V. Konventionsbasierte Mechanismen des Eigentumsschutzes In dem eben ausgeführten Beispiel wurde schon deutlich, dass die Vertragsstaaten des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte ein spezielles Gremium zur Verwirklichung der Ziele des Paktes errichtet haben. Dies ist der (gemäß Art. 28 IPbpR errichtete) „Ausschuss für Menschenrechte“ („Human Rights Committee“).36 Er besteht aus 18 Mitgliedern der Vertragsstaaten des Paktes, die Persönlichkeiten von hohem sittlichem Ansehen sein und Sachkenntnis auf dem Gebiet der Menschrechte haben müssen. Die Ausschussmitglieder werden für vier Jahre gewählt. Bei den Wahlen wird auf eine gerechte geographische Verteilung der Sitze und auf die Vertretung der verschiedenen Zivilisationsformen sowie der wesentlichen Rechtssysteme geachtet. Der Ausschuss ist kein Organ der Vereinten Nationen, sondern ein durch den Pakt geschaffenes, autonomes Konventionsorgan. Er hält gewöhnlich drei ordentliche Tagungen im Jahr ab, üblicherweise am Sitz der Vereinten Nationen in New York oder im Büro der Vereinten Nationen in Genf. Der Ausschuss ist kein Gericht; man kann ihn aber durchaus als quasi-richterliches Organ ansehen. Die Ausschussmitglieder erhalten Bezüge aus Mitteln der Vereinten Na___________ 36

Siehe dazu v. der Wense, Der UN-Menschenrechtsausschuss und sein Beitrag zum universellen Schutz der Menschenrechte, 1999.

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tionen. Die Höhe der Bezüge beläuft sich auf wenige tausend Dollar im Jahr (1989: 3.000 USD, Vorsitzender 5.000 USD). Die Staaten sind nach Art. 40 des Paktes verpflichtet, periodisch Berichte über die Menschenrechtslage in ihrem Land zu verfassen, mit denen sich der Menschenrechtsausschuss dann befasst. Des Weiteren besteht die Möglichkeit der Staatenbeschwerde, bei der ein Vertragsstaat geltend machen kann, ein anderer Staat verletze seine Verpflichtungen aus dem Pakt. Ihre Zulässigkeit setzt eine ausdrückliche Annahmeerklärung der Vertragsparteien voraus. Der Menschenrechtsausschuss hat in diesem Verfahren allerdings lediglich die Möglichkeit, eine gütliche Einigung zwischen den Staaten herbeizuführen. Nach dem Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte kann auch eine Einzelperson unmittelbar selbst die Verletzungen ihrer Rechte aus dem Pakt vor dem Ausschuss für Menschenrechte in Form einer sogenannten Mitteilung schriftlich rügen. Zurzeit haben 111 Staaten das Fakultativprotokoll ratifiziert. Dass das Individualbeschwerdeverfahren nicht im Pakt selbst, sondern in einem Fakultativprotokoll vereinbart wurde, liegt darin, dass viele Staaten (insbesondere die ehemaligen sozialistischen) der Individualbeschwerde ablehnend gegenüberstanden. Die Trennung hatte so den Vorteil, dass diese Staaten zumindest den Pakt ratifizierten. Bei dem Individualbeschwerdeverfahren handelt es sich um ein rein schriftliches Verfahren. Eine mündliche Verhandlung findet nicht statt. Die Sitzungen des Ausschusses sind nichtöffentlich und vertraulich. Die Mitteilungen an den Menschenrechtsauschuss dürfen nur durch Einzelpersonen in schriftlicher Form und nicht anonym eingereicht werden. Vom Individualbeschwerderecht sind demnach Personengruppen und Zusammenschlüsse ausgeschlossen. Diese Voraussetzung wird durch den Ausschuss streng gehandhabt, denn man befürchtet Popularbeschwerden durch z. B. nicht-staatliche Organisationen wie bspw. Amnesty International. Die mitteilende Einzelperson muss der Herrschaftsgewalt eines Vertragsstaates des Fakultativprotokolls unterliegen. Sie muss alle ihr zur Verfügung stehenden innerstaatlichen Rechtsbehelfe erschöpft haben. Welche Rechtsbehelfe dies sind, hängt vom Einzelfall ab. Grundsätzlich müssen alle administrativen, gerichtlichen und außergerichtlichen Behelfe genutzt werden, soweit und solange sie wirksam und uneingeschränkt zur Verfügung stehen und nicht allzu lange dauern. So kann beispielsweise eine Klage bis zum Bundesgerichtshof mit eventuell anschließender Verfassungsbeschwerde erforderlich sein. Dieselbe Sache darf nicht bereits in einem anderen internationalen Untersuchungs- oder Streitregelungsverfahren geprüft werden. Dieses sogenannte Kumulationsverbot bezieht sich nur auf Verfahren, die ein gewisses Minimum an Vergleichbarkeit mit dem Verfahren nach dem Fakultativprotokoll aufweisen, also beispielsweise ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

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Entscheidend ist, dass der Beschwerdeführer hinreichend substantiiert und schlüssig vorträgt (oder vortragen lässt), durch einen Vertragsstaat in einem der im Pakt garantierten Rechte verletzt zu sein. Die behauptete Rechtsverletzung muss des Weiteren nach Inkrafttreten des IPbpR für den Vertragsstaat eingetreten sein. Umstritten ist, ob der Zeitpunkt des Inkrafttretens des Fakultativprotokolls nur für die Einbringung der Beschwerde relevant ist, nicht aber für die darin behauptete Rechtsverletzung. Jedenfalls können die Vertragsstaaten die Individualbeschwerde durch einen Vorbehalt zum Fakultativprotokoll auf den Zeitpunkt nach der Ratifizierung beschränken. Auch sachliche Vorbehalte in Bezug auf ein Recht können erklärt werden. Die beim Menschenrechtssekretariat eingegangen Mitteilungen werden in der Reihenfolge ihres Eingangs behandelt und in eine Liste sowie in ein Register aufgenommen. Unter Umständen ersucht der Generalsekretär den Beschwerdeführer um Klarstellungen hinsichtlich seiner Mitteilung. Sodann informiert der Generalsekretär den Menschenrechtsausschuss über die zugegangenen Mitteilungen. Letzterer soll dann so bald wie möglich entweder Arbeitsgruppen einsetzen, die dem Ausschuss Empfehlungen unterbreiten, ob die soeben genannten Zulässigkeitsvoraussetzungen erfüllt sind, oder aber direkt selbst prüfen, ob die Zulässigkeitsvoraussetzungen erfüllt sind. Nach Eingang der Mitteilung fordert der Ausschuss, eine eingesetzte Arbeitsgruppe oder ein Sonderberichterstatter den betreffenden Vertragsstaat auf, innerhalb von sechs Monaten eine schriftliche Erklärung vorzulegen, die sich in der Regel sowohl auf die Zulässigkeit als auch auf die Begründetheit der Mitteilung beziehen soll. Dabei kann der Vertragsstaat innerhalb von zwei Monaten den schriftlichen Antrag stellen, die Mitteilung als unzulässig zurückzuweisen. Weiterhin kann innerhalb der festgesetzten Frist jeder Partei Gelegenheit gegeben werden, zu den vorgebrachten Äußerungen der anderen Partei Stellung zu nehmen. Ist eine Mitteilung zulässig, prüft der Ausschuss ob die Mitteilung begründet ist. Er prüft die Mitteilung im Lichte sämtlicher schriftlicher Angaben, die von der Einzelperson und dem betroffenen Vertragsstaat zur Verfügung gestellt werden. Auch hier können Arbeitsgruppen dem Ausschuss Empfehlungen unterbreiten. Eine mündliche Verhandlung findet nicht statt. Seine Entscheidung („Views“) teilt der Ausschuss dem Beschwerdeführer und dem betroffenen Vertragsstaat mit. Der Vertragsstaat ist gemäß Art. 2 des Paktes verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um eine festgestellte Rechtsverletzung abzustellen. Dazu kann der Ausschuss eine Frist setzten, innerhalb derer der Vertragsstaat über die getroffenen Abhilfemaßnahmen informieren muss. Zur weiteren Kontrolle benennt der Ausschuss einen Sonderberichterstatter, um festzustellen, ob und welche Maßnahmen der Vertragsstaat ergriffen hat, um der Auffassung des Ausschusses Folge zu leisten. Zwangsweise durchgesetzt werden können die Entscheidungen des Ausschusses jedoch nicht. Insofern gilt hier, dass es letztlich auf die Bereitschaft der

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Vertragsstaaten ankommt, wie ernst sie ihre vertraglichen Verpflichtungen nehmen. Größtenteils sind die Staaten bemüht, den Entscheidungen innerstaatliche Wirksamkeit zu verleihen.

VI. Sonstiger Eigentumsschutz der Vereinten Nationen Die vorangegangen Ausführungen haben gezeigt, dass der Schutz des Eigentums im System des Menschenrechtsschutzes der Vereinten Nationen nicht gerade deutlich ausgeprägt ist. Daher soll nicht verschwiegen werden, dass Eigentumsschutz im Rahmen der Vereinten Nationen häufig außerhalb des Kontextes der Menschenrechte im Bereich des internationalen Wirtschaftsrechts thematisiert wurde. In der Resolution 1803 (XVII) von 1962 einigte sich die Generalversammlung zum ersten Mal auf eine bestimmte Form des völkerrechtlichen Eigentumsschutzes. Enteignung sollte nur bei einem überwiegenden öffentlichen Interesse und nur gegen angemessene („appropriate“) Entschädigung möglich sein. Die in Resolution 3281 (XXIX) von 1974 verabschiedete „Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten“ („Charta of Economic Rights and Duties of States“) erlaubt in Art. 2 Abs. 2 lit. c) die Enteignung gegen angemessene Entschädigung nach Maßgabe der Gesetze des enteignenden Staates. Aber auch diese Resolutionen der Generalversammlung sind unverbindlich und stehen auch nicht mit dem Völkergewohnheitsrecht im Einklang, das eine prompte, effektive und angemessene Entschädigung nach objektiven Maßstäben fordert. Man wertet die Entwicklung nicht falsch, wenn man die These vertritt, das Eigentum habe nach 1948 im Rahmen der Vereinten Nationen seinen menschenrechtlichen Charakter eingebüßt.37

VII. Zusammenfassung Der Menschenrechtsschutz im System der Vereinten Nation ist hinsichtlich des Eigentumsschutzes eher schwach und unvollkommen. Insgesamt ist das Menschenrechtsschutzsystem der Vereinten Nationen wenig geeignet, Rechte effektiv durchzusetzen, sondern allenfalls geeignet, Menschenrechtsverletzungen öffentlich zu machen und dadurch politischen Druck auszuüben. Spätere Generationen werden möglicherweise das 20. und das beginnende 21. Jahrhundert in international-menschenrechtlicher Hinsicht als eine Übergangsphase eher kopfschüttelnd betrachten. Besser als nichts, und doch längst nicht gut genug – so wird man den Eigentumsschutz im System der Vereinten Nationen charakterisieren. Wir haben noch einen langen Weg vor uns. ___________ 37

* * *

Dolzer, Eigentum, Enteignung und Entschädigung im geltenden Völkerrecht, 1985, S. 124 ff.

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Abstract Bernhard Kempen: Expropriation and the UN Human Rights Protection System, In: Law of Property and Injustice of Expropriation. Coming to terms with the past. Vol. II. Ed. by Gilbert H. Gornig, Hans-Detlef Horn and Dietrich Murswiek (Berlin 2009) pp. 33-48. Within the United Nations system the protection of human rights is rather weak and imperfect with respect to the right of property. All in all the United Nations system of human rights protection is less appropriate to effective enforce human rights, but rather to make violations public and thereby apply political pressure. Concerning international human rights later generations will possibly see the 20th and the beginning of the 21st century rather with disapproval as a transition period. Better than nothing, but far from good enough – this would be a characterisation of the protection of property within the United Nations system. There is still a long way to go.

Menschenrechte und Konfiskationen – insbesondere zu den Enteignungen in der sowjetischen Besatzungszone Von Hans-Detlef Horn

I. Andauernde Lasten und offene Fragen 1. Prüfstein gerechter Eigentumsordnung Das 20. Jahrhundert, das Jahrhundert jener Ideologien, die den Himmel auf Erden verhießen und die Hölle auf Erde brachten, liegt zurück. Die Abgründe, die sich auftaten, sind überwunden. In ihnen versanken die Errungenschaften eines mehrhundertjährigen geistigen und politischen Schaffens am Werk eines humanen, friedlichen und freiheitlichen Beieinanderlebens der Menschen und Völker. Doch am Ende versanken auch die verantwortlichen Regime und Systeme. Über den Trümmerfeldern der Verwüstungen und Verführungen erneuerte sich wie Phönix aus der Asche die vernunftrechtliche Idee des Republikanismus und erhob sich das unwiderstehliche menschenrechtliche Projekt zur Vorgabe und Aufgabe jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt. Totaler Staat und totalitäre Ordnung bilden seither keine Alternative mehr, stehen außerhalb jeglicher Legitimationsmöglichkeit. Menschenwürde und Freiheitsrechte sind rehabilitiert als unabdingbare Grundlagen moderner, rechtsstaatlicher und demokratischer Gemeinwesen. Zu diesen Grundlagen zählt heute auch das Recht am Eigentum. Es ist im Kreise der westlichen Kulturstaaten, namentlich auch in der europäischen Staatenfamilie als Voraussetzung und als Folge der freien Entfaltung der Person anerkannt und jedem Individuum zuerkannt. Eine auf das Konzept primärer Privatnützigkeit und zugleich sozialer Verantwortlichkeit gegründete Menschenrechtsordnung des Eigentums ist ein untrügliches Kriterium für ein freiheitliches Gemeinwesen.1 Doch auf dem Wiederaufbau der europäischen Eigentumsgesellschaft lasten noch immer die Herausforderungen der Vergangenheit. ___________ 1

Vgl. H.-D. Horn, Der Eigentumsschutz des Grundgesetzes im völker- und europarechtlichen Kontext der Wiedergutmachung vor-rechtsstaatlichen Unrechts, in: G. Gornig/H.-D. Horn/D. Murswiek (Hrsg.), Eigentumsrecht und Enteignungsunrecht. Analysen und Beiträge zur Vergangenheitsbewältigung – Teil 1, 2008, S. 79 ff.; der hiesige Beitrag knüpft an die dort angestellten Überlegungen an.

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Die Hinterlassenschaften aus eigentumsnegierenden und eigentumsvernichtenden Zeiten während und nach dem Zweiten Weltkrieg sind längst nicht abgearbeitet. Sie provozieren die generationenübergreifende Gerechtigkeitsidee und irritieren die staatenübergreifende Gerechtigkeitsverantwortung. Vormals erlittenes Enteignungsunrecht trifft auf nachfolgend geduldetes Eigentumsrecht, Ansprüche auf Wiedergutmachung seitens der Konfiskationsopfer, d.h. auf Eigentumsrückgabe oder auf Entschädigung, reiben sich an Belangen der Rechtssicherheit, an Zweifeln über bestehende Einstandspflichten, an nationalen Vorbehalten oder schlicht an fiskalischen Interessen und politischer Empörung. Die Auseinandersetzungen finden nicht nur innerhalb, sondern auch zwischen den Staaten statt und involvieren zusätzlich Minderheitenfragen und andere Teilungsfolgen der europäischen Nachkriegsordnung. Zwar hat der „Kampf ums Eigentum“2 die Fratze der Gewalt abgelegt. Er ereignet sich im „Kampf ums Recht“.3 Doch nach wie vor begegnet in der Restitutionsfrage ein empfindlicher Probierstein für die Trittfestigkeit des Weges zu einer gemeineuropäischen Rechts- und Eigentumskultur. Die Suche nach einvernehmlichen Lösungen hält an. Die Dimension spiegelt sich eindrücklich in dem im Jahre 2007 vom Europäischen Parlament aufgelegten Forschungsauftrag, in den Staaten Ost- und Mitteleuropas einschließlich Deutschland die Rechtslage und Rechtspraxis der Rückgabe während oder nach dem Zweiten Weltkrieg konfiszierten Privateigentums zu untersuchen.4 Auch das U.S.-State Department hat Ende 2007 eine Untersuchung zur ” Property Restitution in Central and Eastern Europe“ veröffentlicht.5 Hinter solchen Projekten wie ganz allgemein hinter dem Fortdauern der Debatte steht die Überzeugung, dass nicht nur die rechtliche Gewährleistung des Eigentums, sondern auch eine gerechte, nicht-diskriminierende Politik der Rückgängigmachung vor-rechtsstaatlicher Eigentumsentziehungen ein Kriterium ist für die Effektivität des Rechts in modernen, demokratischen Gesellschaften.

___________ 2

W. Leisner, Eigentum, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland (HStR), Bd. VI, 2. Aufl. 2001, § 149 Rn. 1. 3 R. v. Jhering, Der Kampf ums Recht, 1872, Neudruck 1967. 4 Bekanntmachung der Ausschreibung des Europäischen Parlaments, Generaldirektion Innere Politikbereiche der Union, Bürgerrechte und Erfassungsfragen, Brüssel, Zur Rückgabe von Privateigentum in Ost- und Mitteleuropa, 2007/S 149-184533 vom 25. Juli 2007. – Der ausgeschriebene Forschungsauftrag war indessen thematisch derart umfangreich und terminlich derart kurzfristig, in beidem schier unbewältigbar bemessen, dass eine Zuteilung (voraussehbar) nicht erfolgen konnte. Dem Vernehmen nach soll indessen alsbald eine modifizierte Ausschreibung nachfolgen. 5 U.S. Department of State, Bureau of European and Eurasian Affairs, Washington, D.C., vom 3. Oktober 2007, abrufbar unter http://www.state.gov/p/eur/rls/or/93062.htm.

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2. Restitution und Rehabilitierung Dass indessen vielerorts Rechtsfrieden und Rechtszufriedenheit noch nicht eingekehrt sind, zeigt sich zumal am innerdeutschen Umgang mit den entschädigungslosen Enteignungen, die zwischen 1945 und 1949 in der sowjetischen Besatzungszone (SBZ), dem späteren Territorium der DDR, stattgefunden haben. Im Gegenteil: Die Behandlung der Opfer der so genannten Boden- und Industriereform durch den Gesetzgeber, die Verwaltungsbehörden und die Gerichte des wiedervereinigten Deutschlands scheinen mehr ein Menetekel, denn ein Vehikel der inneren Einheitsbildung aus Recht und Freiheit zu sein. Viele Erwartungen mündeten in herben Enttäuschungen, viele Gefühle wurden verletzt, auch das Rechtsgefühl. Die Folgen sind Empörung bei den einen, Resignation bei den anderen. Selbst nachdem sich alle Hoffnungen auf Rückgängigmachung oder angemessene Entschädigung der Eigentumsverluste auf das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) und auf den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) geworfen hatten, sehen sich die Betroffenen lediglich auf die unbefriedigenden Leistungen nach dem Entschädigungs- und Ausgleichsleistungsgesetz6 verwiesen. Einem schweren Irrtum unterläge allerdings, wer meinte, hier äußere sich lediglich die Unzufriedenheit einzelner Interessengruppen, namentlich der Alt-Eigentümer im Westen. Was sich in dem verbreiteten Akzeptanzdefizit vielmehr ausdrückt, das ist das feine Gespür der Zivilgesellschaft für das, was Recht ist, und für das, was Unrecht war. Ein beeindruckender Nachweis: Nicht allein die Opfer der Bodenreform und ihre Erben, sondern ebenso die im Einzelfall in den Jahren 1945 ff. begünstigten Zuteilungsempfänger von Bodenreformland beklagen mittlerweile zeitungsöffentlich das „eines Rechtsstaats unwürdige Verhalten“, mit dem der Staat – hier das Land Brandenburg – die Restitutionsproblematik erledigen will.7 Doch vielleicht ist das letzte Wort noch nicht gesprochen, der Vorhang doch noch nicht endgültig gefallen. Die Bodenreform-Entscheidungen von BVerfG und EGMR8 haben wohl das Bestehen von Restitutionsansprüchen aus den Eigentumsgarantien des Grundgesetzes und der EMRK, 1. ZP, verneint. Damit sind die Betroffenen der SBZ-Konfiskationen als Opfer von erlittenem Vermögensunrecht gescheitert. Indes erhebt sich die Frage, ob damit der rechtliche ___________ 6

Gesetz über die Entschädigung nach dem Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen und über staatliche Ausgleichsleistungen für Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage – EALG – vom 27. September 1994, BGBl. I, 2624, zuletzt geänd. durch Art. 4 Abs. 38 des Gesetzes vom 22. September 2005, BGBl. I, 2809. 7 Vgl. den Leserbrief von Dr. Werner Thomas, Rudolstadt, „Himmelschreiendes Unrecht durch unseren Staat“, in: FAZ vom 18. März 2008, zu dem Artikel von R. Müller, „Eines Rechtsstaats unwürdig“, in: FAZ vom 6. Februar 2008, S. 10. 8 BVerfGE 84, 90 ff.; 94, 12 ff.; 112, 1 ff.; EGMR (GK) vom 2. März 2005, Nr. 71916/01 u.a., NJW 2005, 2530 ff.

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Horizont, in dem sich das Restitutionsproblem bewegt, zur Genüge ausgeleuchtet ist. Mit anderen Worten: War insoweit der Ansatz richtig gewählt bzw. vollends entfaltet? Es geht doch nicht nur um Vermögensunrecht, das geschehen ist. Sondern um was es auch geht, das ist zumeist schweres Verfolgungsunrecht, das die Betroffenen erlitten haben und in dessen Kontext die Vermögenszugriffe erfolgt waren. Die entschädigungslosen Konfiskationen des sowjetischen Besatzungsregimes bezweckten nicht bloß eine sozialistische Bodenreform, mithin die Eliminierung jedweden Privateigentums an Grund und Boden (nicht nur von mehr als 100 ha Größe) und dessen Verteilung; auch die Ziele der Entnazifizierung und der (teilweisen) Befriedigung von Reparationsansprüchen greifen insoweit zu kurz. Vielmehr gingen die Eigentumsentziehungen nach Absicht und Tat der von der Sowjetmacht eingesetzten Bodenreformkommissionen gerade unter Missbrauch der rechtlichen Entnazifizierungsgrundlagen zugleich einher mit der Eliminierung der Privateigentümer und deren Vertreibung. Die Betroffenen, vulgo Junker und Großgrundbesitzer, wurden, wenn sie nicht verschleppt oder umgebracht wurden, in der Regel aus dem Kreis, in dem sie ihren Besitz hatten, ausgewiesen. Nicht selten mussten sie binnen weniger Stunden Haus und Hof verlassen und Hab und Gut zurücklassen, durften nur das Notwendigste mitnehmen und wurden unter menschenverachtenden Bedingungen aus ihren Heimatorten verjagt. An gerichtliche Rechtsschutzmöglichkeiten war nicht zu denken. Diese Sicht der Sachlage ist gewiss nicht neu. Auch in den Verfahren vor dem BVerfG und dem EGMR war sie durchaus vorgetragen worden. Jedoch gelangten sie dort nicht zu gerichtlicher Würdigung oder rechtlichem Gehör – und das, obwohl die Tatsachen der Massenverfolgung und -entrechtung spätestens im Zeitpunkt des zweiten Bodenreformbeschlusses des BVerfG (1996)9 amtlich aufgearbeitet vorlagen und bekannt waren.10 Allerdings muss in Rechnung gestellt werden, dass die diesen Verfahren zugrunde liegenden Rechtsmittel bzw. Beschwerden im Kern gegen jene Vorschriften des Einigungsvertrages (Art. 41 EV) und des Vermögensgesetzes (§ 1 Abs. 8 VermG) gerichtet waren, die den Restitutionsausschluss der SBZ-Enteignungen, also deren vermögensrechtliche Behandlung normieren. So wurde eine Erweiterung des rechtlichen Beurteilungshorizontes um die Dimension der Vertreibung als Verbrechen gegen die Menschlichkeit nicht näher ins Blickfeld genommen. Just diesen ___________ 9

BVerfGE 94, 12 ff. Vgl. Materialen der Enquête-Kommission des Deutschen Bundestages (12. Wahlperiode), Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED-Diktatur in Deutschland, Bd. IV, 1995, S. 337 ff.; s. auch Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion der SPD und weiterer Abgeordneter des Bundestages, BT-Drs. 13/7342. Vgl. J. Wasmuth/J.A. Kempe, Schwerwiegende rechtsstaatliche Defizite der Rechtsprechung strafrechtlicher Rehabilitierungsgerichte bei der Aufarbeitung von Repressionsunrecht infolge des sächsischen Volksentscheids, ZOV 2008, S. 232 (234). 10

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Blickwinkel aber einzunehmen, dazu veranlasst der rechtsstaatliche Anspruch auf Rehabilitierung der Opfer rechtsstaatswidriger (Unrechts-)Maßnahmen. Zwar hat die Bundesrepublik Deutschland hierfür mit dem Strafrechtlichen und dem Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz die (einfach-)gesetzlichen Grundlagen geschaffen.11 Doch deren Anwendung und Umsetzung durch die befassten Behörden und Fachgerichte kommt nur schleppend und vor allem defizitär in Gang. So musste erneut der Weg zum BVerfG und auch zum EGMR beschritten werden. Die beantragten Entscheidungen stehen indes noch aus. – Der bisherige Überblick über den Stand der Dinge wollte nicht mehr leisten als einen grobkörnigen Aufriss des Themas, um das es im Folgenden gehen soll. Die nähere Auseinandersetzung der involvierten Rechtsfragen geht in drei Schritten vor: Zunächst gilt es, in Kürze die bundesverfassungsgerichtliche Judikatur zum gesetzlichen Restitutionsausschluss der SBZ-Enteignungen in Erinnerung zu rufen. Der zweite Schritt widmet sich dem Stand der Rechtsprechung des EGMR. Die abschließenden Überlegungen behandeln sodann – drittens – die Restitutionsfrage unter dem Gesichtspunkt der straf- oder verwaltungsrechtlichen Rehabilitierung.

II. Der Restitutionsausschluss in den Bodenreform-Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Nach der in Verfassungsrang12 erhobenen Nr. 1 der „Gemeinsamen Erklärung der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik zur Regelung offener Vermögensfragen“ vom 15. Juni 199013 in Verbindung mit dem § 1 Abs. 8 lit. a) VermG erhalten die Betroffenen der sowjetzonalen Konfiskationen ihr Eigentum generell nicht zurück. Darin, d.h. in dieser Regelung, liegt nach der Rechtsprechung des BVerfG weder ein Verstoß gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG, noch werde das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG verletzt, von staatlichen Maßnahmen verschont zu bleiben, die sich nicht im Einklang mit der verfassungsmäßigen Ordnung des Grundge___________ 11 Gesetz über die Rehabilitierung und Entschädigung von Opfern rechtsstaatswidriger Strafverfolgungsmaßnahmen im Beitrittsgebiet – StrRehaG – vom 29. Oktober 1992, BGBl. I, 1814, neu gefasst durch Bek. vom 17. Dezember 1999, BGBl. I, 2664, zuletzt geänd. durch Art. 5 des Gesetzes vom 13. Dezember 2007, BGBl. I, 2904; Gesetz über die Aufhebung rechtsstaatswidriger Verwaltungsentscheidungen im Beitrittsgebiet und die daran anknüpfenden Folgeansprüche – VwRehaG – vom 23. Juni 1994, BGBl. I, 1311, neu gefasst durch Bek. vom 1. Juli 1997, BGBl. I, 1620, zuletzt geänd. durch Art. 6 des Gesetzes vom 13. Dezember 2007, BGBl. I, 2904. 12 Vgl. Art. 4 Nr. 5 EV i.V.m. Art. 143 Abs. 3 GG, 41 EV. 13 Veröffentlicht als Anlage III zum Einigungsvertrag, BGBl. 1990 II, 889 (1237); abgedr. bei K. Stern/W. Schmidt-Bleibtreu (Hrsg.), Verträge und Rechtsakte zur deutschen Einheit, Bd. 2, 1990, S. 823 ff.

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setzes einschließlich der allgemeinen Regeln des Völkerrechts befinden. Nach dem Vollzug der Eigentumsentziehungen, so wird in der Begründung ausgeführt, hätten keine Eigentumspositionen mehr bestanden, die dem Schutz des Grundgesetzes unterfielen. Indem sie auf einer völkerrechtlich legitim ins Leben getretenen Rechtsordnung beruhten, hätten sie unabhängig von der Frage nach ihrer Rechtmäßigkeit die förmliche Rechtsstellung des Eigentümers wirksam beendet.14 Auch dass sie ohne Entschädigung erfolgt seien oder dass ihnen sonst nach inländischer Gerechtigkeitsvorstellung ein Makel anhafte, reiche für sich allein nicht aus, um ihnen die Wirksamkeit abzusprechen.15 Ein weitergehender Verstoß gegen zwingende Völkerrechtsregeln, die die Macht der sowjetischen Besatzungsgewalt beschränkt hätten, könne zwar „nicht ausgeschlossen werden“.16 Vielmehr sprächen „verschiedene Gründe“17 dafür, dass die Konfiskationen elementaren Rechtsgrundsätzen des humanitären Völkerrechts, wie sie namentlich in der Haager Landkriegsordnung (HLKO) aufgenommen sind, widersprochen hätten. Insoweit bleibt zwar das ausdrückliche kriegsvölkerrechtliche Verbot der Konfiskation von Privateigentum in Art. 46 Abs. 2 HLKO unerwähnt. Unter Hinweis auf die Martens’sche Klausel wird aber immerhin die Erwägung formuliert, dass sich die sowjetischen Besatzungsmaßnahmen „ohne Differenzierung nach individueller Verantwortung gegen eine als ‚Klassenfeind’ bezeichnete Personengruppe richteten und auf deren wirtschaftliche oder gar physische Vernichtung zielten“.18 Doch dieser intentionale Zusammenhang der Konfiskationen mit Vernichtung und Vertreibung der Betroffenen wird weder inhaltlich vertieft noch im Weiteren relevant. Es bleibt bei dieser schlichten Erwägung. Es brauche „hier“, so das BVerfG, nicht entschieden zu werden, ob die Kompetenzgrenzen des Besatzungsregimes überschritten worden seien. Mit anderen Worten: Ob die Enteignungen ultra vires erfolgten und daher nichtig gewesen waren, wird ausdrücklich offen gelassen. Denn, so die Begründung: Erstens habe die Bundesrepublik Deutschland im Rahmen der Zwei-plus-Vier-Verhandlungen auf Schadensersatzansprüche wegen des verlorenen Eigentums verzichtet; der Schutz des Eigentums sei weder zum Zeitpunkt der Enteignungen noch zur Zeit der Wiedervereinigung Teil des universell geltenden Völkerrechts gewesen (im Sinne des ius cogens und des ius cogens superveniens); daher seien etwaige Individualansprüche auf Restitution dementsprechend belastet und beschränkt.19 Zweitens und infolgedessen habe die völkerrechtliche Pflicht der Bundesrepu___________ 14 15 16 17 18 19

BVerfGE 112, 1 (21). BVerfGE 84, 90 (123). BVerfGE 112, 1 (31). BVerfGE 112, 1 (29). BVerfGE 112, 1 (31). BVerfGE 112, 1 (32 – 35).

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blik Deutschland zur Korrektur von gravierenden Verstößen gegen das zwingende Völkerrecht – „zumal dann, wenn eine faktisch verfestigte Situation und verschiedene politische Interessen in Rede stehen“ (!) – lediglich in der Gestalt einer Pflicht zur erfolgsbezogenen Zusammenarbeit bestanden; in deren Rahmen und zu deren Erfüllung hätten die betroffenen Enteignungsopfer bzw. ihre Nachkommen auf die Gewährung von schlichten Ausgleichsleistungen verwiesen werden können.20 Der Ausschluss der Rückübertragung von Vermögenswerten, die auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage enteignet worden waren, sei daher von Verfassungs- und Völkerrechts wegen nicht zu beanstanden und hinzunehmen. – Eine ausführliche Darstellung und kritische Auseinandersetzung dieser Rechtsprechung ist an anderer Stelle unternommen worden; auf sie wird zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.21

III. Der Restitutionsausschluss in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte 1. Die Konventionsgarantie des Eigentumsrechts Wie aber steht es mit der Reichweite des konventionsrechtlichen Eigentumsschutzes? Die Frage stellte sich gerade deshalb in besonderer Weise, weil der Einwand des innerstaatlichen Grundrechtsschutzes gegen die (Sonder-)Behandlung der SBZ-Enteignungen vergeblich geblieben war. Die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) hingegen ist Teil jenes fortentwickelten europäischen Rechtssystems, das die Garantien und die Durchsetzung der Grund- und Menschenrechte nicht mehr allein den nationalen Verfassungen überlässt. Nach der Präambel und Art. 1 EMRK sichern vielmehr die Vertragsstaaten allen ihrer Hoheitsgewalt unterstehenden Personen die in dem Vertrag bestimmten Rechte und Freiheiten zu. Demnach ist jeder Konventionsstaat völkerrechtlich verpflichtet sicherzustellen, dass seine innerstaatliche Rechtsordnung, Rechtssetzung und Rechtsanwendung, mit den Freiheitsgewährleistungen der Konvention übereinstimmt.22 Mit dieser Maßgabe gehört auch der Schutz des Eigentumsrechts zu den Konventionsgarantien. Nach Art. 1 1. ZP hat jede Person ein „Recht auf Achtung ihres Eigentums“. Der Schutzbereich wird hierbei seinem völkerrechtlichen Kontext entsprechend etwas weiter bemessen als im nationalen Rahmen ___________ 20

BVerfGE 112, 1 (35 – 39). Vgl. in Teilband 1: H.-D. Horn (Fn. 1), S. 85 ff., 88 ff. (m.z.N.). 22 Vgl. C. Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention, 3. Aufl. 2008, § 3 Rn. 10 ff. 21

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des Grundgesetzes. So werden nicht nur „vorhandene Eigentumsrechte“ („existing possessions“) und andere vermögenswerte Rechtspositionen geschützt, sondern auch „berechtigte Erwartungen“ („legitimate expectations“); das sind unbedingt entstandene Ansprüche auf vermögenswerte Leistungen bzw. Forderungen, wie Rückgabe-, Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüche, auf deren Erfüllung der Berechtigte legitimerweise vertrauen durfte.23 Die deutsche Restitutionsgesetzgebung und -rechtsprechung stand und steht demnach auch unter dem Gebot der Vereinbarkeit mit dieser Konventionsgarantie des Eigentumsrechts, und zwar völkerrechtlich wie verfassungsrechtlich (Art. 25, 59, 20 Abs. 3 GG).24

2. Der Fall Jahn Dass auch ganz konkret der Eigentumsschutz auf europäischer Ebene im Einzelfall weiter reichen kann als die Gewährleistung auf nationaler Ebene, zeigte das Verfahren Jahn u.a. / Bundesrepublik Deutschland. Den Beschwerdeführern war mit ihren Klagen vor bundesdeutschen Gerichten kein Erfolg beschieden, hingegen bestätigte ihnen die nachfolgende Kammerentscheidung des EGMR vom 22. Januar 2004, dass der Eingriff in ihre Eigentumsrechte ungerechtfertigt gewesen war.25 Allerdings wurde diese Entscheidung später – auf Antrag und zu Gunsten der Bundesregierung – durch die Große Kammer korrigiert, wenngleich mit durchaus knapper Mehrheit der Richterstimmen (11:6).26 Wäre sie nicht wieder aufgehoben worden, hätte sie sicherlich als ein wichtiger Richtpunkt für die Abwicklung der Bodenreform in der sowjetischen Besatzungszone gelten können.27 In dem Verfahren ging es ebenfalls um Bodenreformgrundstücke, wenngleich in einer anderen Konstellation: Beschwerdeführer waren hier Erben der so genannten Neubauern, denen nach 1945 die zuvor weggenommenen „Junker“-Grundstücke zugeteilt worden waren. An diesen hatten sie schließlich ___________ 23

Vgl. m.z.N. aus der Rspr. statt vieler C. Grabenwarter, ebd., § 25 Rn. 3. Das Grundgesetz weist der EMRK innerstaatlich – wie jedem anderen völkerrechtlichen Vertrag – den Rang eines einfachen Bundesgesetzes zu (Art. 59 Abs. 2 GG). Dementsprechend sind die deutschen Staatsorgane, insbesondere die Gerichte, aus der Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) verpflichtet, bei der Auslegung und Anwendung des innerstaatlichen Rechts die Gewährleistungen der EMRK und die Entscheidungen des EGMR zu berücksichtigen; das gilt nach der Rechtsprechung des BVerfG auch bei der Auslegung und Anwendung des Grundgesetzes: vgl. BVerfGE 74, 358 (370), sowie jüngst BVerfGE 111, 307 (315 ff.). 25 EGMR (III. Sektion) vom 22. Januar 2004, Nr. 46720/99 u.a., NJW 2004, 923 ff. 26 EGMR (GK) vom 30. Juni 2005, Nr. 46720/99 u.a., NJW 2005, 2907 ff. 27 Zu Recht ebenso B. M. Malzahn, Bedeutung und Reichweite des Eigentumsschutzes in der Europäischen Menschenrechtskonvention, 2007, S. 313. 24

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nach dem so genannten Modrow-Gesetz der DDR-Volkskammer vom (6. bzw. 16.) März 1990 vollwertiges Eigentum erworben und waren nach der Wiedervereinigung dementsprechend im Grundbuch eingetragen worden. Aufgrund des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes von 199228 wurden sie jedoch dazu verpflichtet, ihre Grundstücke unentgeltlich an den zuständigen Landesfiskus aufzulassen. Damit sollte, so die Gesetzesbegründung, eine gerechte Eigentumszuordnung für die Fälle erreicht werden, in denen die Grundstücke (über einen gewissen Zeitraum hinweg) nicht mehr ihrem ursprünglichen Zuteilungszweck entsprechend landwirtschaftlich genutzt wurden. Dagegen erhobene Rechtsmittel und Verfassungsbeschwerden hatten keinen Erfolg.29 Der EGMR, auch die Große Kammer, ließ demgegenüber zwar keinen Zweifel daran, dass es sich bei der Auflassungsverpflichtung um eine Enteignungsmaßnahme handelt. Doch umstritten war, ob diese entschädigungslos erfolgen durfte. Anders als Art. 14 Abs. 3 GG sieht das Konventionsrecht im Fall einer Enteignung zwar nicht ausdrücklich das Junktim einer Entschädigungsleistung vor. Unterbleibt ein solcher Ausgleich, geht der EGMR jedoch regelmäßig von einem unverhältnismäßigen Eigentumseingriff aus.30 Indessen, nicht so im Fall Jahn. Entgegen der vorangegangenen Kammerentscheidung gesteht die Große Kammer des Gerichtshofs der Bundesrepublik Deutschland „außergewöhnliche Umstände“ zu, nämlich den „einzigartigen Zusammenhang der deutschen Wiedervereinigung“; dieser rechtfertige den Ausschluss jeglicher Entschädigung.31 In seiner abweichenden Meinung vermerkt der deutsche Richter Georg Ress dazu: „Wenn der Gerichtshof außergewöhnliche Umstände zulässt, um Eingriffe des Staates in die Rechte des Einzelnen zu rechtfertigen, handelt es sich um eine auf das Staatsinteresse eingestellte Denkweise, die weit von der Vorstellung des Schutzes der Menschenrechte entfernt ist.“32 Die Kritik trifft die Sache im Kern. Hier tut sich die grundsätzliche Spannung auf, die die Rechtsprechung des Gerichtshofs (und früher der Kommission) durchzieht: die Spannung zwischen einer am Effektivitätsgebot ausgerichteten Auslegung und Anwendung des betroffenen Konventionsrechts einerseits und einem dem Vertragsstaat zugebilligten Beurteilungsspielraum bzw. einer entsprechenden richterlichen Zurückhaltung andererseits. Auf der einen Seite steht das Gebot, einen effektiven Rechtsschutz des Eigentums sicherzustellen, auf der anderen Seite aber stehen die staatlichen Souveränitätsvorbehalte gegen jeden allzu weiten Eingriff in die nationalen Rechtsordnungen. Letztere gilt es zwar unzweifelhaft in Rechnung zu stellen, nicht zuletzt um die Zustimmung der Staaten als Schöpfer des kon___________ 28 29 30 31 32

BGBl. 1992 I, 1257. BVerfG vom 6. Oktober 2000, 1 BvR 1637/99, abrufbar unter www.bverfg.de. Nachw. bei C. Grabenwarter (Fn. 22), § 25 Rn. 19 f. EGMR (Fn. 26), NJW 2005, 2910 f., Absatz-Nr. 111 – 117. Ziff. 4 der abw. Meinung (insoweit nicht in NJW 2005, 2907 ff.).

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ventionsrechtlichen Schutzregimes zu erhalten. Doch ebenso unzweifelhaft wird dem Anspruch auf einen effektiven Menschenrechtsschutz nicht mehr Rechnung getragen, wenn der Gerichtshof unter Hinweis auf „außergewöhnliche Umstände“ im beklagten Vertragsstaat eine eingehende Rechtsprüfung unterlässt.33

3. Der Fall von Maltzan Vergleichbare Grundsatzkritik erhebt sich gegen die Judikatur zu den Enteignungen in der SBZ zwischen 1945 und 1949. Auch in diesen Verfahren vermisst man eine tiefgründige Auseinandersetzung mit den aufgeworfenen eigentumsrechtlichen Problemstellungen. Regelmäßig wurden die erhobenen Beschwerden bereits als unzulässig abgewiesen, ratione temporis, personae und materiae, und dabei dem Vertragsstaat Bundesrepublik Deutschland ein weiter Beurteilungsspielraum für die Frage eingeräumt, ob überhaupt und gegebenenfalls wie er das erlittene Enteignungsunrecht der Besatzungsmacht kompensieren wolle. Insbesondere sei der Konventionsgarantie des Eigentumsrechts in Art. 1 1. ZP insofern keine irgendwie geartete Beschränkung zu entnehmen.34 Dabei ging es nicht, wie im Fall Jahn, um die Rechtfertigung der Unentgeltlichkeit des Entzugs einer wirksamen Eigentumsposition, sondern um die Rechtfertigung der Nichtanerkennung schon der Existenz einer solchen Eigentumsposition. War dort die Wirksamkeit der gesetzlichen Eigentumsbegründung unstreitig, so war es hier die Unwirksamkeit einer ungesetzlichen Eigentumsentziehung, mithin die fortdauernde Wirksamkeit eines Eigentumsrechts, die in Streit stand und auf die die Beschwerdeführer die Behauptung ihres Konventionsrechts stützten. Im Mittelpunkt stand das Verfahren von Maltzan u.a. / Bundesrepublik Deutschland.35 Angegriffen waren die vermögensrechtlichen Regelungen, zumal des EALG und des VermG, mit denen der deutsche Gesetzgeber unter Billigung des BVerfG36 den Erben der in der SBZ enteigneten Grundstückseigentümer lediglich einen finanziellen Ausgleich gewährte. Dagegen wendeten die Beschwerdeführer ein, sie hätten zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung Eigentumsansprüche oder zumindest die berechtigte Erwartung im Sinne von Art. 1 1. ZP gehabt, entweder ihr Eigentum zurückzuerhalten oder angemessen entschädigt zu werden, weil die Enteignungen völkerrechtswidrig gewesen und sie dadurch fortdauernd in ihren Rechten verletzt seien. Doch der EGMR wies alle ___________ 33 34 35 36

Siehe auch zu Recht B. M. Malzahn (Fn. 27), S. 405 f. EGMR (Fn. 8), NJW 2005, 2532 – Absatz-Nr. 74 (d), 77, m.w.N. EGMR, ebd. Dazu auch schon H.-D. Horn (Fn. 1), S. 102 ff. Vgl. insbesondere BVerfGE 102, 254 ff.

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diese Einwände zurück. Damit bewegte er sich zwar weitgehend auf der Linie seiner vorherigen Rechtsprechung, aber keineswegs durchgehend; und es ist nicht zuletzt diese Beobachtung, die provoziert. Zunächst ist dem Gerichtshof sicherlich darin zuzustimmen, dass die Bundesrepublik Deutschland für die auf Veranlassung der sowjetischen Besatzungsmacht ergriffenen Maßnahmen nicht verantwortlich ist, diese ihr also nicht zugerechnet werden können.37 Das entspricht den Entscheidungen in den Sachen Weidlich, Mayer u.a. / Deutschland38, Malhous / Tschechien39 oder im Fall des Fürsten von und zu Liechtenstein40. Die Enteignungen selbst waren daher ratione personae und ratione temporis an der Konvention nicht zu messen. Dabei jedoch handelt es sich auch gar nicht um die entscheidende Frage. Worum es vielmehr geht, das ist, ob unter der Geltung der Konvention bzw. des Art. 1 1. ZP ein Vertragsstaat (hier die Bundesrepublik Deutschland) verpflichtet ist, frühere Eigentumsentziehungen, die von einer fremden Besatzungsmacht vollzogen worden waren, dann rückgängig zu machen, wenn sie gegen damals geltendes Völkerrecht verstießen, so dass Eigentum, das der Vertragsstaat auf diese Weise selbst erlangt hat, zurückzugeben ist oder zumindest Rückgaberegelungen zu bestimmen bzw. Bedingungen festzulegen sind, unter denen die enteigneten Personen ihre Eigentumsrechte zurückerhalten. Doch solche Verpflichtungen werden vom EGMR rundweg verneint. Auf „vorhandenes Eigentum“ könnten sich die Beschwerdeführer „eindeutig“ nicht stützen, und eine „berechtigte Erwartung“, die unter den Schutz von Art. 1 1. ZP fiele, könne nur dann und soweit entstanden sein, wie Deutschland nach der Ratifikation der Konvention und des Zusatzprotokolls Gesetze erlassen (oder in Kraft belassen) habe, die die völlige oder teilweise Rückgabe des vormals entzogenen Vermögens vorsehen würden. Hingegen sei der Entschluss, solche Gesetze zu verabschieden, und dabei namentlich auch die Entscheidung, bestimmte Kategorien ehemaliger Eigentümer von einem Rückgabeanspruch auszuschließen, von einer Gemengelage moralischer, rechtlicher, politischer und wirtschaftlicher Fragen bestimmt, in deren Beurteilung die Bundesrepublik Deutschland von jedweder konventionsrechtlichen Bindung freigestellt sei.41 Der näheren Begründung dieser Rechtsprechung fehlt es nicht nur an jener Überzeugungskraft, die ihre Akzeptanzfähigkeit herstellen könnte. Ihr fehlt es zuweilen schon an jener dogmatischen Konsistenz, die allein ihre Nachvollziehbarkeit gewährleisten sollte. So meint der Gerichtshof, um hier anzusetzen, im Anschluss an jene – unstreitige – Feststellung, dass die Bundesrepublik für ___________ 37 38 39 40 41

EGMR (Fn. 8), NJW 2005, 2532 f. – Absatz-Nr. 81, 82. EKMR vom 4. März 1996, Nr. 19048/91 u.a., NJW 1996, 2291 ff. EGMR vom 13. Dezember 2000, Nr. 33071/96. EGMR vom 12. Juli 2001, Nr. 42527/98, NJW 2003, 649 ff. EGMR (Fn. 8), NJW 2005, 2532 – Absatz-Nr. 79, 74 (d), 77.

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die Maßnahmen der sowjetischen Besatzungsmacht nicht verantwortlich sei: „Bei dieser Sachlage“ läge auch „keine fortdauernde Verletzung“ („continuing situation“) der Konvention vor, die nunmehr wegen der Verweigerung der Rückgabe der Bundesrepublik Deutschland zugerechnet werden könnte und sich folglich auf die zeitliche Begrenzung der gerichtlichen Urteilskompetenz auswirken würde.42 Denn, so wird zuvor gesagt, bei der Entziehung eines Eigentumsrechts handele es sich ungeachtet seiner tatsächlichen Dauerfolgen um einen „einmaligen Vorgang“ („instantaneous act“), der keinen fortdauernden Zustand der Rechtsentziehung begründe,43 demnach auch nicht, wie hinzuzufügen ist, unter der Geltung der Konvention aufrechterhalten werden könne. Diese Einschätzung scheint sich zwar ebenso in die Reihe der schon vorgenannten Rechtsprechung zu fügen.44 Doch reibt sie sich hart an den Entscheidungen zu den so genannten de facto-Enteignungen („de facto expropriation“)45 und sonstigen eigentumsrelevanten Maßnahmen, wie insbesondere im Fall Loizidou46. Diese waren als rechtsunwirksam erkannt und daher wegen der Aufrechterhaltung bzw. staatlichen Anerkennung ihrer faktischen Folgen als fortwirkende Verletzung bestehender Eigentumsrechte bewertet worden. Bei Anwendung dieser Rechtsprechung auf den Fall der SBZ-Enteignungen hätte die Schlussfolgerung zwingend lauten müssen: Die Eigentumsentziehungen mögen faktisch ein einmaliger, in der Vergangenheit abgeschlossener Vorgang sein, aber wenn sie ungesetzlich und daher unwirksam waren, dann haben sie im Rechtssinne gar nicht stattgefunden. Wären sie also wegen einer Verletzung von völkerrechtlichem ius cogens als nichtig zu erkennen, dann würden die ehemaligen Eigentumsverhältnisse fortbestehen, mit der Folge, dass den Betroffenen im relevanten Zeitpunkt völkerrechtlich begründete und als solche im nationalen Rechtsraum beachtliche Rückgabe- und Entschädigungsansprüche zuständen.47 Doch der EGMR verweigert sich solcher Überlegung. Für ihn kommt es gar nicht darauf an, ob die Maßnahmen der Besatzungsmacht überhaupt rechtswirksam waren. Sie werden vielmehr in konventionsrechtlicher Hinsicht als irrelevante Tatbestände „von gestern“ behandelt. Damit fällt der EGMR sogar ___________ 42

EGMR (Fn. 8), NJW 2005, 2533 – Absatz-Nr. 83. EGMR, ebd., 2531 – Absatz-Nr. 74 (a); so jetzt auch EGMR (IV. Sektion) vom 7. Oktober 2008, Nr. 47550/06, EuGRZ 2008, 685 ff. – Absatz-Nr. 57, 61, zu den Enteignungsmaßnahmen der Jahre 1945/46 in den ehemaligen deutschen Ostgebieten des heutigen Polens. 44 S. Fn. 38 – 40. 45 EGMR vom 26. Juni 1993, Nr. 14556/89 (Papamichalopoulos / Griechenland); EGMR vom 22. Mai 1998, Nr. 27053/95 (Vasilescu / Rumänien); EGMR vom 19. Juni 2001, Nr. 34049/96 (Zwierzynski / Polen); w.N. bei B. M. Malzahn (Fn. 27), S. 219 ff. 46 EGMR vom 18. Dezember 1996, Nr. 15318/89 (Loizidou / Türkei), EuGRZ 1997, S. 555 ff.; zum Ganzen s. auch B. M. Malzahn (Fn. 27), S. 366 ff. 47 Dazu eingehend in der Auseinandersetzung mit der Rspr. des BVerfG H.-D. Horn (Fn. 1), S. 96 ff. m.w.N. 43

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hinter die Rechtsprechung des BVerfG zurück. Anders als dieses zeigt sich jener in gar keiner Weise geneigt, die SBZ-Enteignungen auf ihre völkerrechtliche Wirksamkeit hin zu überprüfen. Zur Auffassung der Beschwerdeführer, die Enteignungen hätten dem Völkerrecht widersprochen, wird lediglich gesagt – in der Konsequenz der Argumentation des EGMR stellt dies nicht mehr als ein obiter dictum dar –: Bei der sowjetischen Besatzung 1945 – 1949 habe es sich nicht um eine „normale“, sondern um eine „Besatzung sui generis“ gehandelt, die „international allgemein anerkannt“ gewesen sei.48 Irgendwelche Schlussfolgerungen werden daraus aber nicht gezogen. Ob und inwieweit diese Eigenart einer occupatio sui generis dem Vorbringen der Beschwerdeführer soll widerstreiten können, wird nicht dargelegt. Da dem EGMR wohl kaum die Auffassung unterstellt werden kann, dass diese Eigenart der Besatzung, wenn man sie denn annähme, die Nichtgeltung des humanitären Völkerrechts implizierte, bleibt dafür nur diese Erklärung: Hier wird offenkundig und absichtsvoll – ganz entgegen dem Vorgehen im Loizidou-Verfahren – das Völkerrecht überhaupt und vollständig aus der Rechtsprüfung ausgeblendet. Dabei sei betont, dass sich dies durch den Hinweis auf Art. 34 EMRK nicht rechtfertigen lässt. Danach ist der Gerichtshof zwar nur befugt, über (a) die Einhaltung der Konvention (b) durch den angegangenen Vertragsstaat zu urteilen. Doch lässt das nach der Wiener Vertragsrechtskonvention (Art. 31 Abs. 3 lit. c.) seine Verpflichtung unberührt, auch eine vorgreifliche völkerrechtliche Frage, die entscheidungserheblich ist, zu untersuchen.49 Die demgegenüber restriktive, ja ignorante Haltung des EGMR sieht sich schließlich untermauert durch die Aussage, „vorhandenes“ (fortbestehendes) Eigentum an den Bodenreformgrundstücken sei „eindeutig“ nicht gegeben, weil die Betroffenen ihre Eigentumsrechte über ein halbes Jahrhundert praktisch nicht haben ausüben können.50 Dass schlechterdings nicht nachvollziehbar ist, wie die mangelnde Durchsetzbarkeit im geteilten Nachkriegs-Europa die materielle Existenz der Eigentumsrechte soll vernichtet haben können, wurde bereits angemerkt.51 So bleibt es dabei: Ob die Eigentumspositionen wegen der Völkerrechtswidrigkeit ihres Entzugs rechtlich noch fortbestehen, gilt dem EGMR als ganz und gar unerheblich, und zwar obwohl gerade dann ratione temporis und personae an die staatliche Restitutionspolitik „von heute“ der konventionsrechtliche Maßstab anzulegen wäre. ___________ 48

EGMR (Fn. 8), NJW 2005, 2532 – Absatz-Nr. 80 (1). Die zu dieser (Vor-)Frage getroffenen Feststellungen entfalten freilich lediglich inter partes rechtserhebliche Wirkungen (Art. 46 EMRK). Vgl. zum Ganzen eingehend B. M. Malzahn (Fn. 27), S. 371 ff. 50 EGMR (Fn. 8), NJW 2005, 2532 – Absatz-Nr. 79; vgl. gleichsinnig auch BVerfGE 84, 90 (124 f.). 51 H.-D. Horn (Fn. 1), S. 103 f. 49

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Die Art und Weise, wie damit die Frage nach „vorhandenem Eigentum“ im Zeitpunkt der deutschen Restitutionsgesetzgebung erledigt wurde, kann nur als unbegreiflich bezeichnet und letztlich nur aus diffusen politischen Rücksichtnahmen erklärt werden, unter denen aus dem Blick geriet, was doch geboten ist: gegenüber den Vertragsstaaten einen effektiven Menschenrechtsschutz zu wahren. Die Feststellung ist für die Betroffenen um so gravierender, als mit dieser Erledigungsweise natürlich zugleich die Ablehnung einer unter den Konventionsschutz fallenden „berechtigten Erwartung“, das entzogene Grundeigentum zurückzuhalten oder wenigstens eine dem tatsächlichen Wert entsprechende Entschädigung zu bekommen („legitimate expectation of obtaining effective enjoyment of a property right“), präjudiziert war. Denn eine solche Erwartung setzt nach ständiger Rechtsprechung den Nachweis einer entsprechenden Vertrauensgrundlage im nationalen Rechtsraum voraus. Die Garantie des Art. 1 1. ZP schützt weder den (Neu-)Erwerb eines Eigentumsrechts noch gewährleistet sie selbst einen etwaigen Rückgabe- oder Entschädigungsanspruch. So gesehen kann in der Tat gesagt werden, die Konvention verpflichte die Vertragsstaaten nicht unmittelbar dazu, Besatzungsunrecht aus der Nachkriegszeit wieder gutzumachen. Doch der Schluss, den der Gerichtshof daraus zieht, der greift wieder zu kurz: Mangels anderweitiger Vorgaben hätten die Beschwerdeführer nicht mehr an konventionsrechtlich geschützter Erwartung hegen können, als ihnen just die deutsche Restitutionsgesetzgebung und -rechtsprechung auf der Grundlage der Gemeinsamen Erklärung eingeräumt habe;52 weitergehende Erwartungen auf Rückgabe oder Wert angemessener Entschädigung seien nichts als eine „bloße“ oder „einfache Hoffnung“.53 Hier liegt Verdacht auf Zirkularität, auf eine schwerwiegende petitio principii vor.54 Denn das Gesagte kann eben nur so weit gelten, wie nicht schon zuvor ein entsprechender, durch die Gemeinsame Erklärung und durch eine ihr gemäße gesetzliche Regelung sodann vereitelter, völkerrechtlicher Restitutionsanspruch existiert hat. Zwar können neu entstandene Ansprüche, wie die des EALG, nur in jenem Umfang, in dem sie festgelegt wurden, einen geschützten Vermögenswert darstellen. Treffen diese neuen Ansprüche jedoch im Zeitpunkt ihrer Entstehung auf alte Ansprüche, die bereits bestanden haben, dann können die Beschränkungen jener zugleich eine Beschränkung dieser bewirken.55 In einem solchen Fall steht eben doch eine Verletzung der Konvention in Frage. Denn der Ausschluss der alten Rechte durch die neuen Restitutionsgesetze bedeutete dann nicht bloß die Nichterfüllung einer „bloßen“ oder „einfachen Hoffnung“, ein Vermögensrecht, das praktisch nicht ausgeübt werden konnte, werde anerkannt, sondern die konventionswidrige Verletzung einer „berechtigten Erwartung“. Gerade ___________ 52 53 54 55

EGMR (Fn. 8), NJW 2005, 2533 – Absatz-Nr. 84 ff. EGMR (Fn. 8), NJW 2005, 2531 – Absatz-Nr. 74 (c), 2535 – Absatz-Nr. 112. S. schon H.-D. Horn (Fn. 1), S. 105. Ebenso B. M. Malzahn (Fn. 27), S. 380.

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dieser Prüfung aber verschließt sich der Gerichtshof mit der Weigerung, die völkerrechtliche Wirksamkeit der SBZ-Enteignungen zu untersuchen, weil sie einen einmaligen, abgeschlossenen Vorgang darstellten und keinen fortdauernden Zustand der Entziehung begründeten. Wenn der EGMR zudem noch, gleichsam der Einfachheit halber, auf die Rechtsprechung des nationalen BVerfG verweist, nach der mit der Zuerkennung weitergehender Ansprüche nicht habe gerechnet werden können, im Übrigen auf den „einmaligen historischen Hintergrund“ der deutschen Wiedervereinigung und auf die „ungeheure Aufgabe“ des Gesetzgebers, diese zu bewältigen,56 dann verfehlt der Gerichtshof zur Gänze die Maxime des internationalen Rechtsschutzes und untergräbt das Vertrauen in dessen Effektivität. Auch einmalige historische Ereignisse, wie die Wiedervereinigung oder der Zerfall der kommunistischen Regime in Ost- und Mitteleuropa, können eine Relativierung der sich aus der EMRK ergebenden Verpflichtungen nicht rechtfertigen. Andersfalls käme der Schutz der in der Konvention verankerten Rechte nurmehr in relativ unbedeutenden Fällen zum Tragen.57 So aber blieb ungeachtet der (möglichen) Völkerrechtswidrigkeit der sowjetzonalen Konfiskationen eine Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland zur Regelung der Rückgabe der entzogenen Vermögenswerte verwehrt – und zwar selbst für den Fall, dass es der Staat selbst war, der in die Rechtsnachfolge dieser Güter eingetreten ist.

IV. Der vernachlässigte Aspekt: Vermögensunrecht aus Verfolgungsunrecht 1. Verwaltungsrechtliche Rehabilitierung Was nach alldem bleibt, ist die eingangs angedeutete Frage: Verspricht der Weg über die Geltendmachung eines Anspruchs auf Rehabilitierung mehr Erfolg? Hier ist zunächst zu unterscheiden: Im Kontext der Bewältigung vorrechtsstaatlichen Unrechts hat der gesamtdeutsche Gesetzgeber, wie erwähnt, zwei Gesetze verabschiedet, das Strafrechtliche und das Verwaltungsrechtliche Rehabilitierungsgesetz.58 Nach Letzterem kann die Rechtsstaatswidrigkeit von Verwaltungsentscheidungen oder anderen hoheitlichen Maßnahmen aus der Zeit nach 1945 festgestellt werden, wenn sie mit tragenden Grundsätzen eines Rechtsstaates schlechthin unvereinbar waren und aus Gründen der politischen Verfolgung zu einer schweren Herabwürdigung des Betroffenen im persönlichen Lebensbereich geführt haben (§§ 1a, 1 Abs. 1 VwRehaG). Die Stattgabe ___________ 56 57 58

EGMR (Fn. 8), NJW 2005, 2534 f. – Absatz-Nr. 109, 110. B. M. Malzahn (Fn. 27), S. 410. Oben, Fn. 11.

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eines solchen Rehabillitierungsantrages begründet durchaus auch Folgeansprüche vermögensrechtlicher Art. Doch sind vom Anwendungsbereich des Gesetzes von vornherein die in § 1 Abs. 8 VermG genannten Fälle ausdrücklich ausgeschlossen (§ 1 Abs. 1 Satz 3 VwRehaG), also namentlich auch die Enteignungsmaßnahmen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage (§ 1 Abs. 8 lit. a. VermG).59 Insoweit können demnach unter Anwendung des Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes Ansprüche auf Restitution nicht durchgesetzt werden. Rechtsmittel, die sich gegen die Regelung richteten, blieben ohne Erfolg. Entlang der vorgeschilderten Rechtsprechungslinie ist die Ausschlussklausel von BVerfG und EGMR als weder verfassungs- noch konventionswidrig bestätigt worden.60

2. Strafrechtliche Rehabilitierung Anders stellt sich an sich die Rechtslage nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz dar. Doch der Eindruck des ersten Anscheins trügt; die Rechtspraxis verhält sich äußerst restriktiv. Nach dem derzeitigen und verfestigten Stand der fachgerichtlichen Rechtsprechung wird den Bodenreformopfern eine strafrechtliche Rehabilitierung verwehrt. Über dagegen anhängig gemachte Verfassungs- und Individualbeschwerden ist noch nicht entschieden. Im Einzelnen:

a) Die Rechtsprechung der Rehabilitierungsgerichte Das Gesetz sieht vor, dass strafrechtliche Entscheidungen eines staatlichen deutschen Gerichts und strafrechtliche Maßnahmen, die keine gerichtliche Entscheidung sind, auf Antrag für rechtsstaatswidrig erklärt und aufgehoben werden können, soweit sie mit wesentlichen Grundsätzen einer freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbar sind (§ 1 Abs. 1, 5 StrRehaG). Sollte demzufolge im Einzelfall die Rechtsstaatswidrigkeit einer Vermögenseinziehung festgestellt werden, kommt als Folgeanspruch der Wiedergutmachung die Rückübertragung oder Rückgabe des betreffenden Vermögenswerts in Betracht; dies richtet sich wieder nach dem Vermögensgesetz (§ 3 Abs. 2 StrRehaG). Im Unterschied zur verwaltungsrechtlichen Rehabilitierung ist dabei auch eine Rückgängigmachung von SBZ-Enteignungen denkbar und möglich, ___________ 59

BVerwGE 116, 42 (44 ff.). BVerfG-K vom 4. Juli 2003 – 1 BvR 834/02, ZOV 2003, 304 f., VIZ 2004, 18 f.; vgl. auch BVerfG-K vom 9. Januar 2001 – 1 BvL 6/00 u.a., VIZ 2001, 228 ff.; vom 18. Juni 2002 – 1 BvR 996/02; EGMR (Fn. 8), NJW 2005, 2534 – Absatz-Nr. 97; EGMR (V. Sektion) vom 16. Oktober 2006, Nr. 2725/04. 60

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denn insofern fehlt es hier an einer ausdrücklichen Ausschlussklausel. In einem solchen Fall könnte also das Rückgabeverfahren nach dem Vermögensgesetz eingeleitet werden (§ 1 Abs. 7 VermG), was auch der zweite Halbsatz in § 1 Abs. 8 lit a) VermG ausdrücklich klarstellt. Die entscheidende Voraussetzung dafür aber ist, dass der durch die Konfiskationen eingetretene Vermögensschaden auf spezifisch strafrechtliche Maßnahmen zurückzuführen ist. Denn nur für das durch solche Maßnahmen erlittene Unrecht gewährt das Gesetz den Anspruch auf Rehabilitierung und Restitution. Doch just diese Voraussetzung wird von den insofern zuständigen Oberlandesgerichten vor Ort der neuen Bundesländer durchweg verneint.61 Lediglich ein Landgericht hatte, soweit ersichtlich, in einem Fall eine andere Auffassung vertreten, die aber ebenfalls obergerichtlich als rechtsfehlerhaft eingestuft wurde.62 Die Argumentation lautet cum grano salis: Rehabilitierungsfähig seien nur solche Vermögenseinziehungen, die sich als typische kriminalstrafrechtliche Maßnahmen erweisen, wie etwa aufgrund von Verurteilungen durch ein sowjetisches Militärtribunal63 oder durch ein deutsches Strafgericht aufgrund des SMAD-Befehls Nr. 201. Hingegen handele es sich bei den von den Bodenkommissionen durchgeführten Enteignungen um Maßnahmen der Verwaltung im Rahmen der so genannten Bodenreform. Diese seien nicht auf der Grundlage von spezifischen Strafnormen erfolgt, sondern hätten sich auf die Bodenreformverordnungen oder entsprechende SMAD-Befehle (insbes. Nrn. 124, 64) gestützt und seien daher unbeschadet ihres politisch-ideologischen Strafcharakters und ihrer tatbestandlichen Anknüpfungen an vorheriges Verhalten primär zum Zwecke der Umgestaltung der Eigentums- und Wirtschaftsordnung ergangen. Dieses verwaltungsrechtliche Verfolgungsunrecht unterscheide sich, wie auch das BVerfG betont,64 von der gesteigerten Qualität eines erlittenen strafrechtlichen Verfolgungsunrechts. Sofern ein solches nicht spezifisch nachweis___________ 61

Vgl. aus jüngerer Zeit etwa OLG Naumburg vom 2. März 2004 – 1 WS Reh 725/03; vom 9. August 2007 – 1 Ws Reh 135/07, NJ 2008, 34 (L); OLG Dresden vom 27. April 2004 – 4 Ws 4/04, VIZ 2004, 550 f.; OLG Brandenburg vom 9. Juni 2005 – 2 Ws (Reha) 10/05 (gegen diese Entscheidung ist Verfassungsbeschwerde zum BVerfG eingelegt); OLG Rostock vom 15. September 2008 – I WsRH 29/08, NJ 2008, 563 (L); LG Dresden vom 2. April 2008 – BSRH 0014/06; vom 18. Juli 2008 – BSRH 0050/00, ZOV 2008, 257. 62 LG Magdeburg vom 3. Januar 2007 – Reh 5642/06, Reh 5643/06; dagegen OLG Naumburg vom 9. August 2007 – 1 Ws Reh 135/07, NJ 2008, 34 (L); das landgerichtliche Urteil erlangte Rechtskraft allein wegen des auch im Rehabilitierungsverfahren zu beachtenden Verschlechterungsverbots (§§ 15 StrRehaG, 331 Abs. 1, 358 Abs. 2 Satz 1 StPO). 63 Nachfolgende Restitutionsansprüche nach dem Vermögensgesetz bestehen dann aber nur unter der Voraussetzung, dass die besatzungshoheitliche Vermögensentziehung unmittelbar im Zusammenhang mit dem Urteil des Militärtribunals erfolgte, vgl. BVerwGE 126, 175 ff.; 126, 213 ff. 64 BVerfG-K vom 4. Juli 2003 (Fn. 60), Absatz-Nr. 16 f.

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bar sei, biete daher das Strafrechtliche Rehabilitierungsgesetz keinen Weg zur Rückabwicklung der vermögensrechtlichen „Sanktionspraxis“ in der sowjetischen Besatzungszone. Diese enge Rechtsauslegung ruft indes Einwände hervor, die durchaus geeignet sind, aufs Neue die Vereinbarkeit der restriktiven Restitutionspolitik der Bundesrepublik Deutschland mit Verfassungs-, Völker- und Konventionsrecht in Frage zu stellen.65 Aus rein prozessualer Sicht steht dem die Rechtskraft der vorstehend aufgewiesenen Entscheidungen von BVerfG und EGMR nicht entgegen. Denn diese betrafen ihrem Verfahrensgegenstand nach die Regelungen des Restitutionsausschlusses (Gemeinsame Erklärung, VermG, EALG) allein unter dem Gesichtspunkt des durch sie möglicherweise verkannten Vermögensunrechts. Hier aber geht es unter dem Gesichtspunkt der möglichen Verkennung von Verfolgungsunrecht um die Anwendbarkeit dieser Regelungen nach dem strafrechtlichen Rehabilitierungsrecht. In der Sache freilich geben die bisherigen Positionsbestimmungen und Rechtsauffassungen der beiden Gerichte nicht mehr als eine nur geringe Aussicht auf eine Kehrtwendung. An Argumenten fehlt es indessen nicht: Die vermeintlich feinsinnige, um nicht zu sagen: verdächtig spitzfindige Differenzierung zwischen verwaltungsrechtlichem und strafrechtlichem Verfolgungsunrecht ruft den Widerspruch zwingenden Völkerrechts (ius cogens) hervor. Sie provoziert daher in der Folge den Vorhalt, gegen die Grundrechte der jeweils Betroffenen aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 25 GG zu verstoßen und eine berechtigte Erwartung im Sinne des Art. 1 1. ZP zur EMRK zu verwehren.

b) Die Konfiskationen als zusammengesetzte Handlungen Die Konfiskationspraxis in der SBZ von 1945 bis 1949 in einen schlicht verwaltungsrechtlichen und einen überschießenden strafrechtlichen Teil aufzusplitten, kann unter Anlegung realitätsnaher Maßstäbe kaum überzeugen. Die Vermögensentziehungen müssen vielmehr als das gesehen werden, was sie tatsächlich waren: immanenter Bestandteil eines unter Gesamtvorsatz betriebenen Tatgeschehens. Sie gingen einher mit dem kollektiven Schuldvorwurf für die Verbrechen des nationalsozialistischen Deutschlands, in der Folge dessen mit der völligen Rechtlosstellung der Betroffenen, ihrer systematischen Ächtung und Ausgrenzung aus der sozialen Friedensordnung, schließlich ihrer Vertreibung aus der angestammten Heimat bis hin zu körperlicher Misshandlung und Tötung. Dass es spezielle (individualisierte) Strafaktionen der SBZ-Gewalt ge___________ 65 Fundamentale Kritik bei T. Gertner, Völkerrechtlicher Anspruch auf strafrechtliche Rehabilitierung für die Opfer der Boden- und Industriereform?, IFLAInformationsdienst 2007, S. 109 ff., und J. Wasmuth/J.A. Kempe (Fn. 10).

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gen Kriegsverbrecher und aktive Nationalsozialisten gab, ändert nichts daran, dass auch im Übrigen die Liquidationen privaten, zumal junkerlichen Grundbesitzes, die Verhängung der Kreisverweise und die demütigenden Vertreibungen von Haus und Hof in programmatischem und intentionalem Zusammenhang standen mit den Strafverfolgungsermächtigungen des Kontrollratsgesetzes Nr. 1066 und der Kontrollratsdirektive Nr. 3867. Sie bezweckten nicht lediglich eine politische Neuordnung des Besatzungsgebiets und Vergesellschaftung des Privateigentums, sondern unter missbräuchlicher Anwendung des strafrechtlichen Entnazifizierungsinstrumentariums zugleich die systematische Liquidation der politischen und sozialen Existenz einer bestimmten Bevölkerungsgruppe, in der man den Kriegs- und Klassenfeind repräsentiert sah.68 „Ebenso wie es unrichtig wäre, einen Raub als eine in Tatmehrheit begangene Körperverletzung und Diebstahl strafrechtlich zu verfolgen“, wäre es unrichtig, diesen Gesamtzusammenhang zu ignorieren und die Eigentumsentziehungen allein als isolierte Einzelakte zu betrachten.69 Die tatsächliche Gemengelage der Maßnahmen muss vielmehr unter völkerrechtlichen Gesichtspunkten zu ihrer Qualifikation als so genannte zusammengesetzte Handlung („composite act“) im Sinne des Art. 15 der ILC-Artikel über die Staatenverantwortlichkeit70 führen. Deren Regeln waren materiell auch schon in den Jahren 1945 ff. Bestandteil zwingenden Völkerrechts. ___________ 66

Bestrafung von Personen, die sich Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen den Frieden oder die Menschlichkeit schuldig gemacht haben, Gesetz des Kontrollrats Nr. 10 vom 20. Dezember 1945, ABl. KR S. 50, abgedr. in: Schönfelder II, Nr. 215. 67 Verhaftung und Bestrafung von Kriegsverbrechern, Nationalsozialisten und Militaristen und Internierung, Kontrolle und Überwachung von möglicherweise gefährlichen Deutschen, Direktive des Kontrollrats Nr. 38 vom 12. Oktober 1946, ABl. KR S. 184, abgedr. in: Schönfelder II, Nr. 217. 68 Nachdrücklich ebenso J. Wasmuth/S. von Raumer, Zum Strafcharakter der Verfolgung Industrieller und Gewerbetreibender als Kriegs- und Naziverbrecher in OstBerlin, ZOV 2006, S. 103 ff.; J. Wasmuth/J.A. Kempe (Fn. 10), S. 235, 247 ff., mit zusätzlichem Hinweis auf den sächsischen Volksentscheid vom 30. Juni 1946 und den dazu vorangegangenen Richtlinien vom 21. Mai 1946. 69 Treffend T. Gertner (Fn. 65), S. 114. 70 Artikel der International Law Commission über die Verantwortlichkeit der Staaten für völkerrechtswidrige Handlungen, Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen 56/83 vom 12. Dezember 2001; dazu J. Crawford The International Law Commission’s Articles on State Responsibility, 3. Aufl. 2005, S. 141 ff. – Für die Enteignungsmaßnahmen im Zuge der Vertreibungen aus den damaligen deutschen Ostgebieten des heutigen Polen in den Jahren 1945/1946 hat der EGMR diese Sichtweise allerdings jetzt abgelehnt, vgl. EGMR (Fn. 43), EuGRZ 2008, 685 ff. – Absatz-Nr. 61: Danach sollen jeder Maßnahme jeweils „bestimmte Ereignisse“ zugrunde gelegen haben, „d. h. einzelne Gewalthandlungen, Vertreibungen, Besitzentziehungen und Beschlagnahmen oder Einziehungen von Vermögen …“, die zudem, „insgesamt betrachtet, nur als einmalige Akte angesehen werden“ könnten. Hier liegt freilich wiederum schwerwiegender Verdacht auf Zirkularität vor, geht es doch gerade darum, ob die je „bestimmten Ereignisse“ im Zusammenhang gesehen werden müssen.

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Diese Sichtweise wird noch durch folgende Überlegung bekräftigt: Es kann schwerlich davon ausgegangen werden, dass unter den Bedingungen des sowjetischen Besatzungsregimes in jedem Einzelfall vor der Exekution einer Enteignung und Vertreibung akkurat geprüft wurde, ob der Betroffene nach dem (rechtsstaatlichen, menschenrechtlichen und allgemein völkerrechtlichen) Grundsatz des individuellen Schuldprinzips wegen seines persönlichen Verhaltens in Krieg und NS-Staat gemäß den Bestimmungen des Kontrollrats strafrechtlich anzuklagen gewesen wäre. Vielmehr liegt es nahe anzunehmen, dass von solchen Anklagen vielfach ad hoc und willkürlich abgesehen wurde, weil das politisch gewünschte Ziel, die Enteignung, Entrechtung und Entfernung eines Angehörigen der angefeindeten Personengruppe, auch ohne solche Mühen des Nachweises persönlicher Schuld erreicht werden konnte. Stellt man aber dieses realitätsnahe Szenario in Rechnung, kann die Auffassung nicht richtig sein, nach der die Gesetzeslage des geltenden Rehabilitierungsrechts allein denjenigen Betroffenen strafrechtliche Rehabilitierung und vermögensrechtliche Restitution gewährleiste, die zu Unrecht persönlich beschuldigt und verurteilt worden waren, während denjenigen diese Wiedergutmachung verwehrt werde, die die gleiche Sanktion der Vermögensentziehung erfahren haben, ohne dass deren individuelle Verantwortlichkeit überhaupt ansatzweise einer förmlichen Untersuchung unterzogen worden war. Die willkürliche Praxis, mit der im Einzelfall in der SBZ strafrechtliche Anklagen erhoben und ebenso nicht erhoben wurden, kann nicht der Rechtsgrund sein, aus dem die unterschiedliche Rechtsfolge – zuzüglich der damit nicht selten einhergehenden Nutznießung der Bundesrepublik Deutschland – gerechtfertigt ist. Anders gewendet: Es kann schwerlich der (objektive) Wille des Gesetzgebers sein, dass den Konfiskationsopfern gerade deshalb die strafrechtliche Rehabilitierung verweigert werden soll, weil sie unter Verstoß gegen das rechtsstaatliche Prinzip der Haftung (nur) für persönliche Schuld bloß als Angehörige einer bestimmten Personengruppe Maßnahmen einer Kollektivbestrafung ausgesetzt worden waren.71

c) Qualifikation als Verbrechen gegen die Menschlichkeit Materiell erfüllte dieser composite act der massenhaften Entrechtung und Bestrafung den Tatbestand eines an den Opfern begangenen Verbrechens gegen die Menschlichkeit. Die Tatsache kann hier nicht dahingestellt bleiben, wie das BVerfG bislang meinte.72 Denn hier steht nicht allein die eigentumsrechtliche, ___________ 71 Vgl. eingehend die systematische Analyse des StrRehaG von J. Wasmuth/J.A. Kempe (Fn. 10), S. 239 ff. 72 S.o. bei Fn. 18.

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sondern die strafrechtliche Rehabilitierung in Frage. Die ausgedehnte und systematische Anknüpfung der Konfiskationen an die Kollektivverantwortung der Zivilbevölkerung für die NS-Verbrechen, der darin in jedem Einzelfall liegende Charakter persönlicher Ächtung, Sühne und Bestrafung ohne Nachweis persönlicher Schuld und ohne faires Verfahren, die mit den Konfiskationen gezielt einhergehende wirtschaftliche Vernichtung, politische Verfolgung, physische Vertreibung und gewaltsame Verschleppung: alle diese Handlungen sind Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Dass diese nicht als Maßnahmen eines legitim ins Leben getretenen Besatzungsregimes, nicht als Ausdruck besonderer Befugnisse einer Besatzung sui generis gerechtfertigt werden können,73 bedarf keiner weiteren Worte. Deren rechtliche Qualität als (schwerwiegende) Verletzungen zwingender Völkerrechtsnormen (im Sinne von Art. 53 WVK, Art. 40 Abs. 1 ILC-Artikel) auch schon zum Zeitpunkt der Tatbegehung ergibt sich aus der Haager Landkriegsordnung, dem Statut des Internationalen Militärtribunals (IMT) in Nürnberg oder auch dem schon erwähnten Gesetz Nr. 10 des Alliierten Kontrollrats. In jedem Fall aber handelt es sich um Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der ius cogens-Normen des Rom-Statuts des IStGH und des dazu ergangenen Völkerstrafgesetzbuchs (§ 7 VStGB).74

d) Staatenverantwortung und Dauerwirkung Mit dieser historisch angemessenen Beurteilung verdichtet sich der Rahmen der völkerrechtlichen Sekundärverantwortung. Im modernen Völkerrecht ist die Beendigung und Beseitigung von gravierenden Verstößen gegen das zwingende Völkerrecht längst zu einer Pflicht der (aller) Staaten („erga omnes obligation“) geworden. So kodifizieren auch die Artikel der International Law Commission über die Staatenverantwortlichkeit Rechtssätze, die bereits seit langem zum Bestandteil des ius cogens des Völkerrechts gehören, indem sie die (sekundären) Rechtsfolgen des Verstoßes eines Staates gegen die ihn treffenden (primären) zwingenden völkerrechtlichen Pflichten regeln.75 Zu diesen Rechtssätzen zählen auch die in den Art. 40 f. ILC-Artikel enthaltenen Handlungspflichten dritter Staaten. Danach sind die Staaten verpflichtet, an der Beendigung einer schwerwiegenden Verletzung zwingenden Völkerrechts bzw. eines durch eine solche Verletzung entstandenen Zustands mitzuwirken (Art. 41 Abs. 1). Insbe___________ 73 So noch zu den SBZ-Konfiskationen in ihrer (ahistorischen) Betrachtung als bloße Maßnahmen zur Neugestaltung der Eigentumsordnung BVerfGE 112, 1 (29, 31); EGMR (Fn. 8), NJW 2005, 2532 – Absatz-Nr. 80 (1). 74 Vgl. eingehend S. Meseke, Der Tatbestand der Verbrechen gegen die Menschlichkeit nach dem Römischen Statut des Internationalen Strafgerichtshofes, 2004; T. Gertner (Fn. 69), S. 110 ff. 75 Vgl. auch BVerfGE 112, 1 (35).

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sondere darf kein Staat eine durch eine solche Rechtsverletzung entstandene Lage als rechtmäßig anerkennen oder ihre Aufrechterhaltung unterstützen (Art. 41 Abs. 2). „Allerdings“, so meinte noch das BVerfG: Diese Pflichten betreffen „nur“ die völkerrechtliche (Sekundär-)Verantwortung für „schwerwiegende Verstöße“ („serious breach“) gegen zwingendes Völkerrecht, d.h. in den Fällen einer groben oder systematischen Verletzung (Art. 40 Abs. 1, Abs. 2).76 Nicht zuletzt diese Spezifizierung des Anwendungsbereichs des Art. 41 ILC-Artikel, mit der eine Hierarchie von Völkerrechtsverletzungen festgeschrieben wird, hatte das BVerfG dazu geführt, die Rechtsfolge, dass die besatzungshoheitlichen Enteignungen von der Bundesrepublik Deutschland als nichtig zu behandeln und rückgängig zu machen sind, abzulehnen und statt dessen lediglich – nochmals: „zumal dann, wenn eine faktisch verfestigte Situation und verschiedene politische Interessenlagen in Rede stehen“ – eine Pflicht der Bundesrepublik zur erfolgbezogenen Zusammenarbeit bei der Behandlung der 1945 bis 1949 geschaffenen Lage und der Milderung ihrer tatsächlichen Wirkungen anzunehmen.77 Mit der Qualifizierung der SBZ-Maßnahmen nicht bloß als Eigentumsentziehungen, sondern als immanenter Bestandteil von Verbrechen gegen die Menschlichkeit erweist sich indessen dieser Rechtsfolgerahmen als zu großzügig bemessen. Denn es kann keinem Zweifel unterliegen, dass diese Verbrechenshandlungen der Sowjetmacht den Tatbestand der schwerwiegenden, d.h. groben oder systematischen („gross or systematic“) Verletzung von ius cogens im Sinne des Art. 40 Abs. 2 ILC-Artikel erfüllen.78 Als Reaktion darauf bzw. auf den durch einen solchen Völkerrechtsverstoß herbeigeführten Zustand (” situation“ ) steht aber der Bundesrepublik wie jedem anderen Staat nur der Pflichtenrahmen des Art. 41 Abs. 2 ILC-Artikel zur Verfügung. Die Vorschrift erstreckt die völkerrechtliche Verantwortung über diejenige für die schwerwiegende ius cogens-Verletzung selbst hinaus auf die Anerkennung und Aufrechterhaltung des durch sie herbeigeführten Zustands. Dabei bestehen die beiden Pflichten, das Gebot der Nichtanerkennung als rechtmäßig („non-recognition als lawful“) und das Verbot der Beihilfe oder Unterstützung zur Aufrechterhaltung („aid or assistance in maintaining“), selbständig nebeneinander, d.h. unabhängig voneinander. Kein Staat darf zur Fortdauer der durch einen schwerwiegenden Bruch zwingenden Völkerrechts entstandenen Situation auf welche Weise auch immer beitragen, gleichviel ob damit deren Aner___________ 76 Dazu J. Crawford (Fn. 70), S. 242 ff., 245 ff.; N. Graaf, Staatenverantwortlichkeit. Vom „völkerrechtlichen Verbrechen“ zur „schwerwiegenden Verletzung einer zwingenden Völkerrechtsnorm“ anhand der ILC-Kodifikationsarbeit, 2008. 77 Vgl. oben, bei Fn. 20; BVerfGE 112, 1 (35 ff.); näher dazu H.-D. Horn (Fn. 1), S. 100 f. 78 Dazu J. Crawford (Fn. 70), S. 247 f.

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kennung als rechtmäßig verbunden ist oder nicht.79 Anders gewendet: Das Verbot besteht auch dann, wenn der Staat, hier die Bundesrepublik Deutschland, die entstandene Lage, also die durch Vertreibung und Enteignung eingetretene Tatsache des Eigentumsverlusts, nicht als rechtmäßig anerkennt oder behandelt. Auch handelt es sich bei diesem Verbot um eine Pflichtennorm, die selbständig neben der völkerrechtlichen Verantwortung steht, die Art. 16 ILC-Artikel für die Beihilfe oder Unterstützung bei der Begehung einer völkerrechtswidrigen Handlung begründet. Art. 41 Abs. 2 ILC-Artikel formuliert vielmehr die erga omnes-Pflichten, die nach der begangenen Tat im Hinblick auf die eingetretenen Fakten bestehen. Die Staatenverantwortung, die die Norm begründet, hängt in keiner Weise von der Zurechnung des vorangegangenen Völkerrechtsverbrechens und / oder der durch sie eingetretenen Folgen ab, bzw. deren Verletzung setzt in keiner Weise eine solche Zurechnung voraus.80 Schließlich treten die sekundären Rechtsfolgen des Art. 41 Abs. 2 ILCArtikel ein, ohne dass es darauf ankommt, ob die zugrunde liegende primäre Völkerrechtsverletzung als in der Vergangenheit abgeschlossener, „einmaliger Vorgang“ („not having a continuing character“, Art. 14 Abs. 1 ILC-Artikel) oder als eine bis in die Gegenwart „fortdauernde Situation“ („having a continuing character“) zu qualifizieren ist.81 Die Staatenpflichten, die in Bezug auf den Zustand bestehen, die der Primärverstoß herbeigeführt hat, sind dauerhafte Pflichten, indes sie nicht voraussetzen, dass der Primärverstoß selbst ein dauerhafter ist. Unbeschadet dessen kann es keinem Zweifel unterliegen, dass Verbrechen gegen die Menschlichkeit keinen einmaligen, in der Gegenwart irrelevanten Vorgang darstellen. Dies folgt aus dem UN-Übereinkommen von 1968 über die Nichtanwendbarkeit gesetzlicher Verjährungsfristen auf Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit.82 Das Übereinkommen schließt es aus, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die zum Zeitpunkt ihrer Begehung von der Völkergemeinschaft geächtet waren, als abgeschlossene Vorgänge der Vergangenheit zu behandeln.83 An dieser Einsicht nehmen notwendig auch die im untrennbaren Zusammenhang mit diesen Verbrechen erfolgten Eigentumsentziehungen teil. Die völkerrechtliche Anerkennung, dass die Strafbarkeit solcher Verbrechen nicht verjährt, impliziert, dass auch die Ächtung und Sanktionierung der damit einher gegangenen Konfiskationen nicht verjährt, diese also einen fortdauernden Zustand der Entziehung von Eigentumsrechten begründen. ___________ 79

Vgl. J. Crawford (Fn. 70), S. 252. Vgl. J. Crawford, ebd. 81 Vgl. J. Crawford, ebd. 82 Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen Nr. 23/91 vom 26. November 1968. 83 Ebenso T. Gertner (Fn. 69), S. 114. Anders jedoch die – zirkuläre – Argumentation des EGMR in der Entscheidung vom 7. Oktober 2008 (Fn. 70). 80

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e) Übergegangene Restitutionspflicht Aus den Unterlassungspflichten des Art. 41 Abs. 2 ILC-Artikel ergibt sich allerdings noch nicht sogleich die Rechtsfolge, dass die besatzungshoheitlichen Enteignungen von der Bundesrepublik Deutschland rückgängig zu machen sind. Weder das Gebot der Nicht-Anerkennung als rechtmäßig noch die Verbote, an deren Aufrechterhaltung teilzunehmen, implizieren per se die Pflicht zur Restitution. Diese Rechtsfolge ergibt sich erst unter Anstrengung der weiteren Überlegung, die nach der Beschaffenheit des Zustands fragt, auf den sich das Verbot der Aufrechterhaltung bezieht. Das verlangt die Betrachtung des gleichsam völkerrechtlichen „Schicksals“, das die betroffenen Vermögensgüter seit ihrer im Kontext von Verbrechen gegen die Menschlichkeit erfolgten Konfiskation genommen haben. Dabei kann es hier dahingestellt bleiben, ob die Enteignungen überhaupt völkerrechtliche Wirksamkeit entfalten konnten, mithin ob die vormaligen Eigentumsrechte unberührt geblieben sind und also (in der Hand der Rechtsnachfolger) noch fortbestehen.84 Denn jedenfalls knüpft sich nach den Regeln zur Staatenverantwortlichkeit an den Völkerrechtsverstoß die Verpflichtung des Verletzerstaates zur Wiedergutmachung, primär durch Restitution, sekundär durch Schadensersatz. Das folgt aus Art. 34, 35, 36 ILCArtikel. Vergleichbar erhebt sich eine Schadensersatzverpflichtung, soweit die Besatzungsmaßnahmen auch als Verletzungen der Haager Landkriegsordnung zu bewerten sind (Art. 3 i.V.m. Art. 46, 50 HLKO). Demnach waren die betroffenen Vermögenswerte in diesem Sinne von Anfang an restitutionsbelastet. Die daraus folgende Pflicht, den vor der Begehung der Konfiskationen herrschenden Zustand wiederherzustellen oder, soweit dies tatsächlich unmöglich ist oder außer Verhältnis zu dem Nutzen steht, der durch Restitution anstelle von Schadensersatz entsteht, den durch die Konfiskationen verursachten Vermögensschaden zu ersetzen, traf zunächst die Sowjetunion (Art 4 ff. und ggf. i.V.m. Art. 17, 18 ILC-Artikel). Dem steht die (vermeintliche) Eigenart des Besatzungsregimes der Jahre 1945 ff. nicht entgegen. Mag dieses nach der Kapitulation auch völkerrechtlich legitim ins Leben getreten sein, so fand doch die Besatzungsmacht unbestreitbar ihre Grenze in den zwingenden Normen des allgemeinen Völkerrechts, wie dem Verbot von Verbrechen gegen die Menschlichkeit, und zumal in dem Verbot, diese in schwerwiegender Weise zu verletzen. Aus der daraus folgenden Staatenverantwortlichkeit in Form der Restitution ist die UdSSR zwar mit dem Ende der Besatzungszeit ausgeschieden. Doch weder die DDR als zunächst zurückgekehrter Souverän noch späterhin die Bundesrepublik Deutschland, geschweige denn beide im vertraglichen Zusammenwirken, konnten in die Rechtswidrigkeit der Konfiskationen als ius cogens___________ 84 Dazu aber in Auseinandersetzung mit der Rspr. des BVerfG H.-D. Horn (Fn. 1), S. 94 ff. m.w.N.

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Verletzungen einwilligen und damit der Restitutionsverantwortung den Boden entziehen. Das wiederum folgt aus der völkerrechtlichen Staatenverantwortung gemäß Art. 26 i.V.m. Art. 20 ILC-Artikel. Demzufolge ist die Pflicht zur Wiederherstellung des status quo ante in Anbetracht der konfiszierten Vermögensgüter über die Gründung der DDR 1949 und die deutsche Wiedervereinigung 1990 hinweg erhalten, gleichsam an den Vermögensgütern haften geblieben und nach dem Grundsatz des „res transit cum onere suo“85 als Belastung des (gesamtdeutschen) Fiskalvermögens in die Verantwortung der Bundesrepublik Deutschland übergangenen. Ein Verzicht der Bundesrepublik Deutschland auf diese völkerrechtliche Wiedergutmachungspflicht hinsichtlich der unter ihre Handlungssouveränität gelangten Bodenreformgrundstücke kam auch im Rahmen der Zwei-Plus-VierVerhandlungen nicht in Betracht. Dem stehen nicht nur die ILC-Artikel, sondern auch die Genfer Konventionen entgegen, die es den Vertragsstaaten verwehren, (sich oder) einen anderen Staat von der Verantwortlichkeit für „schwere Verletzungen“ des Völkerrechts zu befreien (Art. 51 der I. Genfer Konvention, Art. 52 der II. Genfer Konvention, Art. 131 der III. Genfer Konvention, Art. 148 der IV. Genfer Konvention).86 Es besteht überdies auch keine Veranlassung anzunehmen, dass die Bundesrepublik Deutschland stillschweigend oder ausdrücklich im Zwei-Plus-Vier-Vertrag, in der Gemeinsamen Erklärung, im Einigungsvertrag oder durch ihre Gesetzgebung zu den offenen Vermögensfragen die noch andauernden Folgen der Verbrechen gegen die Menschlichkeit anerkennen oder zu ihrer Aufrechterhaltung beitragen wollte. Der erklärte Ausschluss der Restitution von Vermögenswerten, die auf besatzungshoheitlicher oder besatzungsrechtlicher Grundlage enteignet worden waren, bezieht sich nur auf den vorgefundenen vermögensrechtlichen Zustand, also das widerfahrene Vermögensunrecht. Aber er bezieht sich nicht und kann sich nicht auf einen Zustand beziehen, der herbeigeführt wurde durch Maßnahmen des Verfolgungsunrechts, die unter Missbrauch des Besatzungs-Strafrechts exekutiert wurden und sich als schwerwiegende Verletzungen zwingender Völkerrechtsnormen darstellen. Zu Recht kehrt auch das BVerfG den Unterschied zwischen dem bloßen Vermögensunrecht und dem „Unrecht anderer Art“, in dem der Vermögenszugriff nur untergeordneter Teil einer schweren Menschenrechtsverletzung ist, deutlich hervor.87 Und in der so genannten Stichtags-Entscheidung formuliert das Gericht, dass für die Fälle, „in denen von der sowjetischen Besatzungsmacht … schwere Menschenrechtsverletzungen verübt und in diesem Zusammenhang Vermögenswerte eingezogen wurden“, ebenso wie in den Fäl___________ 85

Dazu allgemein K. Ipsen, Völkerrecht, 5. Aufl. 2004, § 25 Rn. 3, 29. Vgl. dazu BVerfGE 112, 1 (33). 87 BVerfGE 94, 12 (45), sowie BVerfG-K vom 4. Juli 2003 (Fn. 60), Absatz-Nr. 16 f.; dazu auch J. Wasmuth/J.A. Kempe (Fn. 10), S. 245 ff. 86

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len der nationalsozialistischen Übergriffe, „der Gesetzgeber das Restitutionsinteresse der Verfolgten als überragenden Gemeinwohlbelang ansehen“ konnte.88 Schließlich macht auch die Ziffer 9 der Gemeinsamen Erklärung89 deutlich, dass Vermögensentziehungen im Zuge rechtsstaatswidriger Strafverfolgungen keine Duldung durch die Vertragsparteien erfahren sollten.

f) Fazit Nach alldem kann das Fazit nur lauten, dass es sich bei den Verfolgungsakten der SBZ-Gewalt, infolge derer den Opfern auch ihr Eigentum entzogen wurde, nicht bloß um Enteignungen von Vermögenswerten auf besatzungshoheitlicher oder besatzungsrechtlicher Grundlage handelte, sondern um missbräuchliche, gegen Normen des zwingenden Völkerrechts schwerwiegend verstoßende Strafmaßnahmen der sowjetischen Besatzungsmacht, die nach § 1 Abs. 1 StrRehaG rehabilitierungsfähig sind und damit das Restitutionsverfahren nach dem VermG eröffnen können. Wird den Betroffenen hingegen weiterhin durch die restriktive Gesetzesauslegung und -anwendung der Fachgerichte die strafrechtliche Rehabilitierung und deswegen die Möglichkeit zu vermögensrechtlicher Genugtuung verweigert, begegnet die Rechtspraxis der Bundesrepublik Deutschland dem Einspruch, damit den Zustand aufrechtzuerhalten, der durch das an den Betroffenen begangene Verfolgungsunrecht entstanden ist, und infolgedessen dem Vorwurf, ihrerseits das Völkerrecht der Staatenverantwortlichkeit zu verletzen.90 Auf die Wahrung der völkerrechtlichen Elementarregeln durch die staatlichen Organe aber hat der Einzelne nach der Rechtsprechung des BVerfG einen subjektiven Anspruch.91 Zugleich sieht sich durch diese Praxis jene berechtigte Erwartung auf Wiedergutmachung und Restitution zerstört, die das Strafrechtliche Rehabilitierungsgesetz (§ 3 Abs. 2) in Verbindung mit dem Vermögensgesetz (§ 1 Abs. 7) – bei rechtmäßiger Anwendung – begründet und demgemäß durch die menschenrechtliche Garantie des Eigentumsschutzes nach Art. 1 1. ZP EMRK geschützt ist. * * *

___________ 88

BVerfGE 101, 239 (268). „Soweit es zu Vermögenseinziehungen im Zusammenhang mit rechtsstaatswidrigen Strafverfahren gekommen ist, wird die Deutsche Demokratische Republik die gesetzlichen Voraussetzungen für ihre Korrektur in einem justizförmigen Verfahren schaffen.“ 90 Im Ergebnis ebenso T. Gertner (Fn. 69), S. 116. 91 BVerfGE 112, 1 (22). 89

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Abstract Hans-Detlef Horn: Human Rights and Confiscations – Particularly with Regard to the Expropriations in the Soviet Zone of Occupation, In: Law of Property and Injustice of Expropriation. Coming to terms with the past. Vol. II. Ed. by Gilbert H. Gornig, Hans-Detlef Horn and Dietrich Murswiek (Berlin 2009) pp. 49-76. The treatise builds a connecting factor to the article regarding the “Constitutional Protection of Property in the Context of the Compensation of Former Unlawful Expropriations. Aspects of International Public and European Law” in part volume 25/1, p. 79 ff. The question of restitution of the properties confiscated in the course of the expulsions after the Second World War is still on the agenda of the European states. Up to now there is only an equalization payment granted to the victims, respectively to their legal successors, affected by the confiscations made by the Soviet occupying power between 1946 and 1949 in the territory of later GDR. The German Federal Constitutional Court and the European Court for Human Rights have refused further claims on retransference. The judgements had caused great indignation in many places, and have to be disapproved in the author’s opinion as well. Above all the article shows that the confiscations do not only deal with unlawful expropriations but serious crime against humanity. This aspect has not yet been considered enough. Because of that, however, the basis of legal assessment is changing. As so-called composite act the measures were meant as a collective punishment and expulsion of a certain group described as ‘class enemy’ (“Klassenfeind”) without making distinctions according to individual responsibility. These are the facts of a serious breach of obligations under a peremptory norm of general international law. However, according to the Articles on State Responsibility no state shall recognize as lawful a situation created by those serious breaches nor render aid or assistance in maintaining that situation. It is precisely explained that the victims of expropriation have a right on criminal rehabilitation and in further consequence on restitution of expropriated goods. By rejecting this claim, the Federal Republic of Germany is suspected of violating international law of state responsibility and offending against the human right of property.

Rechtsweg und Rechtsgrundlagen zur Rückabwicklung von Enteignungen in Polen Von Alexander Ilgmann

I. Einleitung Die nachfolgende Darstellung innerpolnischer Anspruchsgrundlagen zur Rückabwicklung von Enteignungen während und nach dem Zweiten Weltkrieg nebst ihrer prozessualen Umsetzung ist in gewisser Weise auch eine Replik auf die durch die Preußische Treuhand GmbH & Co. KG a. A. eingereichten 23 Individualbeschwerden zum EGMR vom November 2006. Darin war vertreten worden, dass die Rechtswegerschöpfung1 als Zulässigkeitsvoraussetzung des Art. 35 Abs. 1 EMRK deshalb entfalle, weil aufgrund der derzeitigen rechtlichen Verfasstheit der Republik Polen ein Durchlaufen des innerstaatlichen Rechtsweges des Enteignerstaates entbehrlich ist. Dies zum einen deshalb, weil die Verlautbarung von Restitutionsansprüchen strafrechtlich verfolgt werde. Zum anderen aber weil ein längst überfälliges Reprivatisierungsgesetz noch immer nicht Teil der polnischen Rechtsordnung geworden sei. Während Ersteres sich auf ein ephemeres obiter dictum eines in der nächsten Instanz aufgehobenen Urteils stützt2, zeichnet das zweite Argument ein in Polen noch recht lebendiges begriffsjuristisches Relikt des alten Harmoniedogmas nach, dass, wo eine spezialgesetzlich ausformulierte Anspruchsgrundlage fehle, der Anspruch nur vielleicht existent, jedenfalls aber nicht durchsetzbar sei. Im Übrigen wurde auf das von den Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen mit einmütiger Zielsetzung in Auftrag gegebene Barcz-FroweinGutachten3 verwiesen. Tatsächlich gibt es in Polen keine flächendeckende Restitution und Entschädigung für begangenes Enteignungsunrecht, wohl aber ein kasuistisches und teilweise uneinheitliches und widersprüchliches Netz von ___________ 1

Dasselbe Subsidiaritätsprinzip gilt im Übrigen für die Gewährung diplomatischen Schutzes. 2 Beschluss des Appellationsgerichts Breslau vom 25.02.05, Az. II AKz 78/05, eigenes Mandat des Verfassers; rechtskräftige Verurteilung dann mit anderer Begründung durch das Appellationsgericht Breslau vom 07.04.06, Az. III K 109/05, derzeit anhängig beim EGMR; Hösl-Daum vs. Poland, Az. 10613/07. 3 Barcz/Frowein, Gutachten zu Ansprüchen aus Deutschland gegen Polen im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg, ZaöRV 2005, 625 ff.

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Einzelfallentscheidungen, nach denen dann aber doch restituiert und entschädigt wurde, z. T. auch zugunsten deutscher Anspruchsteller. Ursache dafür ist die Haltung, dass der Fiskus sich nur dann in Anspruch nehmen lassen will, wenn der Geschädigte seine Ansprüche gegen alle Widerstände der Materie (z.B. Beweislast) und des Systems (z.B. Gerichtskosten – 5% pro Instanz) durchzusetzen vermochte. Am 7. Oktober 2008 hat nun der EGMR erwartungsgemäß entschieden4, dass die Treuhand-Beschwerden unzulässig seien. Dies aber nicht, wie vom Verfasser vertreten, wegen des Subsidiaritätsprinzips, sondern aus anderen hier nicht zu diskutierenden Gründen. Dieses unsystematische Vorgehen ist wegen Art. 35 Abs. 2 lit. b) EMRK fatal – der EGMR hat sich so eine Vorlage geschaffen, sich seiner in Art. 34 EMRK festgeschriebenen Zuständigkeit zu entziehen. Damit gewinnt die innerpolnische Ausgestaltung der Restitutionsmöglichkeiten entschieden an Relevanz. Im Mai 2008 unternahm das Ministerium für Staatsvermögen einen neuen Anlauf zur Kodifizierung eines Gesetzes über die Wiedergutmachung der Folgen der Vermögensübernahme durch den Staat in den Jahren 1944 – 19625, um den es aber mittlerweile wieder still geworden ist. Dieser Entwurf sieht vor, dass angesichts der Tatsache, dass der Fiskus die enteigneten Vermögensgegenstände in aller Regel bereits abverkauft und nur noch Restbestände im Besitz hat, eine Entschädigung in Geld der Regelfall sein soll. In der Diskussion sind zehnjährige Ratenzahlungen in einer Gesamthöhe von 5% – 15% des in speziellen Einheitswerttabellen festzustellenden Marktwertes. Der Alteigentümer soll seine Rechtsstellung durch Grundbuchauszüge oder bei deren Fehlen durch sonstige Urkunden nachzuweisen haben. Diese Regelung orientiert sich an den für den polnischen Fiskus erfolgreichen Entscheidungen des EGMR in Sachen Wolkenberg und Witkowska-Toboáa6. Um eine Entschädigung deutscher Alteigentümer in den Oder-NeißeGebieten bei gleichzeitiger Beachtung des Diskriminierungsverbots aus Art. 32 ___________ 4 Preußische Treuhand GmbH & Co. KG a.A. vs. Poland, Az. 47550/06 vom 07.10.2008. 5 Projekt Ministerstwa Skarbu PaĔstwa ustawy o zadoĞüuczynieniu skutkom przejĊcia przez PaĔstwo mienia w latach 1944 – 1962; Gazeta Wyborcza 16.05.08 – Marek Wielgo: Jaka reprywatyzacja; Gazeta Wyborcza 04.06.2008 – Marek Wielgo: Reprywatyzacja jak po grudzie. 6 Wolkenberg u.a. vs. Poland 50003/99, Witkowska-Toboáa vs. Poland Az. 11208/02 vom 04.12.2007, Krasuski vs. Poland Az. 74958/01 vom 11.12.2007 betr. die Streichung einer Individualbeschwerde im Piloturteilsverfahren aufgrund der beiden vorgenannten Entscheidungen – ohne Ersatz von Prozesskosten und Immaterialschäden (eigener Fall des Verfassers). Entsprechend wurde bei den weiteren Piloturteilsverfahren und weiteren 286 Verfahren entschieden.

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VerfRP7 und Art. 14 EMRK zu verhindern, waren bislang zwei8 Regelungsmodelle in der Diskussion: Eines schlug eine territorial beschränkte Geltung des Reprivatisierungsgesetzes auf die innerhalb der Grenzen vom 31. August 1939 belegenen heutigen polnischen Gebiete vor. Dies entspräche recht genau Abschn. IX lit. b) des Protokolls der Potsdamer Konferenz9, widerspräche aber dem Dogma der territorialen Integrität und Souveränität Polens einschließlich der Oder-Neiße-Gebiete. Der aktuelle Gesetzesentwurf folgt dem zweiten Regelungsmodell, das die Entschädigungsberechtigung von einer zumindest im Enteignungszeitpunkt bestehenden polnischen Staatsangehörigkeit abhängig machen will, ohne auf die aktuell bestehende Staatsangehörigkeit des Anspruchsinhabers oder seiner Erben zu rekurrieren, allerdings unter Ausschluss testamentarischer Erben. Eine solche Regelung schließt Reichsdeutsche aus, die zu einem Zeitpunkt enteignet worden sind, zu dem die Oder-Neiße-Gebiete bereits als polnisches Hoheitsgebiet betrachtet wurden. Polnische Staatsangehörige, die die Deutsche Volksliste unterzeichnet hatten, wurden durch Anordnung des Vermögensverfalls in negativen Rehabilitationsentscheidungen enteignet und dürften daher unabhängig von der Volkszugehörigkeit nicht in Genuss des neuen Gesetzes kommen. Rehabilitierte Volksdeutsche und als polnische Volkszugehörige verifizierte Reichsangehörige dürften gleichberechtigt mit sonstigen polnischen Staatangehörigen anspruchsberechtigt sein. Da das betreffende Dekret10 noch in Kraft ist, sollte eine Rehabilitierung auch zum jetzigen Zeitpunkt noch möglich sein.11 Da für den Fall des Inkrafttretens eines solchen Gesetzes nach der Rechtsprechung des EGMR die EMRK ratione temporis anzuwenden wäre12, wird sich die Frage stellen, wie sich die Differenzierung nach der Staatsangehörigkeit zu den o. g. Diskriminierungsverboten verhält. Möchte man nicht mit der Figur der Feindstaatsangehörigen wegen des mangels Frie___________ 7 Konstytucja Rzeczypospolitej Polskiej z dnia 2 kwietnia 1997, Dz.U. 1997 nr 78 poz. 483. 8 Der Entwurf eines „Gesetzes über Rekompensationen für durch den Staat übernommene Immobilien und einige andere Vermögensbestandteile“, Sejm-Drucksache 133, sah den Ausschluss von Personen vor, deren Vermögen durch den polnischen Staat im Zusammenhang mit der Ausführung des Potsdamer Vertrages und anderer internationaler Akte als Polen zustehende Kriegsreparationen übernommen wurde. 9 Amtsblatt des Alliierten Kontrollrats in Deutschland, Supplement Nr. 1, Berlin 1946, S. 13-20. 10 Dekret z dnia 28 czerwca 1946 r. o odpowiedzialnoĞci karnej za odstĊpstwo od narodowoĞci w czasie wojny 1939-1945 r. (Dz.U. 1946 nr 41 poz. 237). 11 Hieraus ergibt sich eine für Volksdeutsche aus Altpolen relevante Konstellation, bezüglich derer allerdings zu berücksichtigen bleibt, dass ein Eigentumsverlust zwischenzeitlich auch aus anderen Gründen eingetreten sein kann; etwa wegen Verlusts der polnischen Staatsangehörigkeit durch Ausreise oder durch Ersitzung. 12 Preußische Treuhand GmbH & Co. KG a.A. vs. Poland, Az. 47550/06 vom 07.10.2008, § 55 ff.; Broniowski vs. Poland, Az. 31443/96, § 74 ff., Loizidou vs. Turkey, Reports of Judgments and Decisions 1996-VI, § 41 ff.

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densvertrags nicht formal beendeten Zweiten Weltkriegs operieren, ist eine sachliche Rechtfertigung einer Differenzierung nach Staatsangehörigkeit nicht in Sicht, da das geplante Gesetz ja gerade nicht die Restitution, also Wiederherstellung des Zustandes vom 31. August 1939 bzw. 8. Mai 1945 bezweckt, sondern die rezente Entschädigung für ein altes Enteignungsgeschehen. Da diese Erkenntnis vermutlich auch dem polnischen Gesetzgeber nicht verborgen bleiben wird, ist damit zu rechnen, dass ein Reprivatisierungs- oder Entschädigungsgesetz dieser Art13 vermutlich nie in Kraft treten wird. Die polnischen Enteignungen werden bis auf Weiteres nach der bisherigen innerstaatlichen Praxis abgewickelt werden, die im Folgenden überblicksartig dargestellt werden soll. Teilweise bestehen spezialgesetzliche Regelungen. Teilweise wird, was eine systematische Selbstverständlichkeit darstellt, auf die allgemeinen Regeln rekurriert, was häufig Beweisschwierigkeiten mit sich bringt. Das Fehlen einer spezialgesetzlichen Regelung ist also keineswegs mit dem Fehlen eines Anspruchs oder Rechtswegs per se gleichzusetzen. Dieser besteht auch für den Fall der Legalenteignungen deutscher Staatsangehöriger aus den Oder-Neiße-Gebieten aufgrund der Vertreibungsdekrete – allerdings ist dem Verfasser kein Fall bekannt, der bis zur Rechtshängigkeit gelangt wäre. Entsprechende Mandate des Verfassers endeten sämtlich in der Beratungsphase.

II. Immobilienwirtschaftsgesetz Das Gesetz vom 21. August 1997 über die Immobilienwirtschaft (Immobilienwirtschaftsgesetz – IWG)14 regelt u. a. den Verkehr mit in Staatseigentum befindlichen Immobilien sowie die Enteignung und Rückübertragung enteigneter Immobilien. Es sieht zwei Institute der Rückabwicklung vor – einen Erwerbsvorrang für den Alteigentümer beim Abverkauf staatlicher Immobilien und eine Rückabwicklung von Enteignungen bei Zweckverfehlung.

___________ 13 Denkbar wäre statt territorialer oder personaler Differenzierung eine temporale Differenzierung, etwa dass erst nach einem durch den Gesetzgeber zu bestimmenden Datum vollzogene Enteignungen entschädigt würden, z.B. nach Inkrafttreten der sog. Kleinen Verfassung vom 19.02.1947 (Maáa Konstytucja, Dz.U. 1947 nr 18 poz. 71), der Verfassung vom 22.07.1952 (Konstytucja Polskiej Rzeczypospolitej Ludowej, Dz.U. 1952 nr 33 poz. 232), der Einführung der Sonderverwaltung der Oder-Neiße-Gebiete (Dekret z dnia 13 listopada 1945 r. o zarządzie Ziem Odzyskanych, Dz.U. 1945 nr 51 poz. 295), ihrer Aufhebung (Ustawa z dnia 11 stycznia 1949 r. o scaleniu zarządu Ziem Odzyskanych z ogólną administracją paĔstwową, Dz.U. 1949 nr 4 poz. 22). 14 Ustawa o gospodarce nieruchomoĞciami z dnia 21 sierpnia 1997, Dz.U. z 1997 roku, nr 115 poz. 741.

Rückabwicklung von Enteignungen in Polen

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Das Alteigentümerprivileg ist in Art. 34 ff. IWG geregelt und gilt für alle vor dem 5. Dezember 1990 vollzogenen Enteignungen, die der Gesetzgeber offenbar als potentiell unbillig eingestuft hat. Es ist weder territorial noch personell (mit Ausnahme des Vorbehaltes des Art. 216 a IWG – s. u.) beschränkt. Es liegt daher im Interesse der Alteigentümer, die Publikationen ihrer Heimatkommunen zu überwachen. Art. 34 – 1. W przypadku zbywania nieruchomoĞci osobom fizycznym i prawnym pierwszeĔstwo w ich nabyciu, z zastrzeĪeniem art. 216a, przysáuguje osobie, która speánia jeden z nastĊpujących warunków: [...]

Art. 34 – 1. Im Falle der Veräußerung von Immobilien an natürliche und juristische Personen steht, unter Vorbehalt des Art. 216a, der Person ein Vorrang zu, die eine der nachfolgenden Bedingungen erfüllt: [...]

2. jest poprzednim wáaĞcicielem zbywanej nieruchomoĞci pozbawionym prawa wáasnoĞci tej nieruchomoĞci przed dniem 5 grudnia 1990 r. albo jego spadkobiercą, jeĪeli záoĪy wniosek o nabycie przed upáywem terminu okreĞlonego w wykazie, o którym mowa w art. 35 ust. 1; termin záoĪenia wniosku nie moĪe byü krótszy niĪ 6 tygodni, licząc od dnia wywieszenia wykazu, [...]

2. sie ist der vorherige Eigentümer der zu veräußernden Immobilie oder dessen Erbe, dem das Eigentum an dieser Immobilie vor dem 5. Dezember 1990 entzogen wurde, wenn sie einen Antrag auf Erwerb vor Ablauf der in der in Art. 35 Abs. 1 genannten Aufstellung bestimmten Frist stellt; die Antragsstellungsfrist darf nicht kürzer als 6 Wochen, gerechnet ab dem Tage des Aushanges der Aufstellung sein [...]

3. Zbycie nieruchomoĞci nie moĪe nastąpiü, jeĪeli toczy siĊ postĊpowanie administracyjne dotyczące prawidáowoĞci nabycia nieruchomoĞci przez Skarb PaĔstwa lub jednostkĊ samorządu terytorialnego. [...]

3. Die Veräußerung einer Immobilie kann nicht erfolgen, wenn ein Verwaltungsverfahren über die Ordnungsmäßigkeit des Erwerbes der Immobilie durch den Fiskus oder die Einheit der territorialen Selbstverwaltung läuft. [...]

5. Osoby, o których mowa w ust. 1 i ust. 6, korzystają z pierwszeĔstwa w nabyciu nieruchomoĞci, jeĪeli záoĪą oĞwiadczenie, Īe wyraĪają zgodĊ na cenĊ ustaloną w sposób okreĞlony w ustawie. [...]

5. Die in Abs. 1 und Abs. 6 genannten Personen können ihren Vorrang beim Erwerb der Immobilie ausüben, wenn sie eine Erklärung abgeben, dass sie ihr Einverständnis mit dem in der durch dieses Gesetz bestimmten Preis erklären. [...]

7. Zbycie nieruchomoĞci zabudowanej domem wielolokalowym na rzecz innych osób niĪ wymienione w ust. 1 pkt 1 i 2 nie moĪe nastąpiü z pominiĊciem pierwszeĔstwa w nabyciu lokali mieszkalnych przysáugującego najemcom tych lokali.

7. Die Veräußerung einer mit einem Mehrfamilienhaus bebauten Immobilie an andere als die in Abs. 1 Pkt. 1 und 2 genannten Personen darf nicht unter Übergehung des Vorranges der Mieter dieser Wohnräume erfolgen.

8. Przepisów ust. 1 i 7 nie stosuje siĊ, jeĪeli zbycie nastĊpuje miĊdzy Skarbem PaĔstwa a jednostką samorządu terytorialnego albo miĊdzy tymi

8. Die Vorschriften der Abs. 1 und 7 werden nicht angewendet, wenn die Veräußerung zwischen dem Fiskus und einer Einheit der territorialen Selbstverwaltung

Alexander Ilgmann

82 jednostkami publicznych.

dla

realizacji

celów

oder zwischen diesen Einheiten zur Verwirklichung öffentlicher Aufgaben erfolgt.

Art. 35 – 1. WáaĞciwy organ sporządza i podaje do publicznej wiadomoĞci wykaz nieruchomoĞci przeznaczonych do sprzedaĪy, do oddania w uĪytkowanie wieczyste, uĪytkowanie, najem lub dzierĪawĊ. Wykaz ten wywiesza siĊ na okres 21 dni w siedzibie wáaĞciwego urzĊdu, a ponadto informacjĊ o wywieszeniu tego wykazu podaje siĊ do publicznej wiadomoĞci przez ogáoszenie w prasie lokalnej oraz w inny sposób zwyczajowo przyjĊty w danej miejscowoĞci, a takĪe na stronach internetowych wáaĞciwego urzĊdu. [...]

Art. 35 – 1. Die zuständige Behörde fertigt eine Aufstellung der zur Veräußerung, zu Errichtung eines Erbnießbrauchrechts, eines Miet- oder Pachtverhältnisses vorgesehenen Immobilien und gibt sie öffentlich bekannt. Diese Aufstellung ist für einen Zeitraum von 21 Tagen am Sitz des zuständigen Amtes auszuhängen und überdies ist sie öffentlich durch Anzeige in der lokalen Presse sowie in anderer in der betreffenden Ortschaft üblicherweise praktizierten Weise und überdies auf den Internetseiten des zuständigen Amtes bekanntzumachen. [...]

Art. 36 – W przypadku naruszenia przez wáaĞciwy organ przepisów art. 34 ust. 1-5 i 7 Skarb PaĔstwa lub jednostka samorządu terytorialnego ponoszą odpowiedzialnoĞü na zasadach ogólnych.

Art. 36 – Für den Fall der Verletzung der Vorschriften des Art. 34 Abs. 1, 5 und 7 durch die zuständige Behörde haftet der Fiskus oder die Einheit der territorialen Selbstverwaltung nach allgemeinen Grundsätzen.

Nach Art. 136 Abs. 3 IWG kann der Alteigentümer die Rückgabe der enteigneten Immobilie oder eines Teiles verlangen, wenn sie für den im Enteignungsbescheid genannten Zweck entbehrlich geworden ist. Das ist dann der Fall, wenn innerhalb von sieben Jahren ab Bestandskraft des Enteignungsbescheids nicht mit der Realisierung des Enteignungszwecks begonnen wurde bzw. er nicht innerhalb von zehn Jahren erreicht wurde. Wenn der Fiskus über die Immobilie bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes von 1997 verfügt hat, entfallen Rückübereignungs- und Entschädigungsanspruch. Wenn die Verfügung später stattfand, entfällt der Rückübereignungsanspruch und wird durch einen Entschädigungsanspruch ersetzt. Ansonsten, d.h. solange der Fiskus Eigentümer der enteigneten Immobilie ist, können Ansprüche zeitlich unbegrenzt geltend gemacht werden. Art. 136 Abs. 3 Immobilienwirtschaftsgesetz ist also geeignet, sowohl Vor- als auch Nachkriegsenteignungen als auch völlig rezente Enteignungen rückabzuwickeln, soweit der Enteignungszweck verfehlt wurde. Deutsche Opfer polnischer Enteignungen wurden meist nicht zur Erreichung eines bestimmten Zwecks und auch nicht im Verwaltungswege enteignet. Vielmehr dekretierte der Gesetzgeber hier in aller Regel eine Legalenteignung,

Rückabwicklung von Enteignungen in Polen

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auf die Art. 136 Abs. 3 IWG per se nicht anwendbar ist. Wo aber doch einmal diese Konstellation vorliegen sollte, wird anstandslos rückübereignet.15 Art. 136 – 1. NieruchomoĞü wywáaszczona nie moĪe byü uĪyta na cel inny niĪ okreĞlony w decyzji o wywáaszczeniu, z uwzglĊdnieniem art. 137, chyba Īe poprzedni wáaĞciciel lub jego spadkobierca nie záoĪą wniosku o zwrot tej nieruchomoĞci.

Art. 136 – 1. Eine enteignete Immobilie darf nicht zu anderen Zwecken verwendet werden als den in dem Enteignungsbescheid, unter Berücksichtigung des Art. 137, genannten, es sei denn dass der vorherige Eigentümer oder sein Erbe keinen Antrag auf Rückgabe der Immobilie stellen.

2. W razie powziĊcia zamiaru uĪycia wywáaszczonej nieruchomoĞci lub jej czĊĞci na inny cel niĪ okreĞlony w decyzji o wywáaszczeniu, wáaĞciwy organ zawiadamia poprzedniego wáaĞciciela lub jego spadkobiercĊ o tym zamiarze, informując równoczeĞnie o moĪliwoĞci zwrotu wywáaszczonej nieruchomoĞci.

2. Falls die zuständige Behörde die Absicht hat, die enteignete Immobilie oder einen Teil derselben zu anderen als den im Enteignungsbescheid genannten Zwecken zu verwenden, setzt sie den vorherigen Eigentümer oder dessen Erben von dieser Absicht in Kenntnis und informiert gleichzeitig über die Möglichkeit der Rückgabe der enteigneten Immobilie.

3. Poprzedni wáaĞciciel lub jego spadkobierca mogą Īądaü zwrotu wywáaszczonej nieruchomoĞci lub jej czĊĞci, jeĪeli, stosownie do przepisu art. 137, staáa siĊ ona zbĊdna na cel okreĞlony w decyzji o wywáaszczeniu. Z wnioskiem o zwrot nieruchomoĞci lub jej czĊĞci wystĊpuje siĊ do starosty, wykonującego zadanie z zakresu administracji rządowej, który zawiadamia o tym wáaĞciwy organ. Warunkiem zwrotu nieruchomoĞci jest zwrot przez poprzedniego wáaĞciciela lub jego spadkobiercĊ odszkodowania lub nieruchomoĞci zamiennej stosownie do art. 140. [...]

3. Der vorherige Eigentümer oder sein Erbe können die Rückgabe einer enteigneten Immobilie oder eines Teiles derselben verlangen, wenn sie, gemäß der Vorschrift des Art. 137, für den im Enteignungsbescheid genannten Zweck entbehrlich geworden ist. Der Antrag auf Rückgabe der Immobilie ist an den Starosten [Landrat] in Ausübung der Zentralverwaltung zu richten, der darüber die zuständige Behörde in Kenntnis setzt. Bedingung für die Rückgabe der Immobilie ist die Rückerstattung der Entschädigung oder Ersatzimmobilie nach Art. 140 durch den vorherigen Eigentümer oder dessen Erben. [...]

5. W przypadku niezáoĪenia wniosku o zwrot wywáaszczonej nieruchomoĞci lub jej czĊĞci w terminie 3 miesiĊcy od dnia otrzymania zawiadomienia o moĪliwoĞci zwrotu, uprawnienie do zwrotu nieruchomoĞci lub jej czĊĞci wygasa. [...]

5. Im Falle, dass innerhalb von 3 Monaten ab Erhalt der Benachrichtigung über die Möglichkeit der Rückgabe kein Antrag auf Rückgabe der Immobilie oder ihres Teiles gestellt wird, erlischt die Berechtigung zur Rückgabe der Immobilie oder ihres Teiles [...].

___________ 15 Vgl. Starostwo Powiatowe w Jeleniej Górze, GKN.III.7221/7/03/04: Rückabwicklung der Enteignung aus den 1970ern zum Zwecke des Wohnungsbaus zugunsten der Erbin einer heimatverbliebenen Deutschen (eigener Fall des Verfassers).

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Art. 137 – 1. NieruchomoĞü uznaje siĊ za zbĊdną na cel okreĞlony w decyzji o wywáaszczeniu, jeĪeli:

Art. 137 – 1. Eine Immobilie gilt als für den in dem Enteignungsbescheid genannten Zweck entbehrlich, wenn:

1) pomimo upáywu 7 lat od dnia, w którym decyzja o wywáaszczeniu staáa siĊ ostateczna, nie rozpoczĊto prac związanych z realizacją tego celu albo

1) trotz Ablaufs von 7 Jahren ab dem Tag, an dem der Enteignungsbescheid bestandskräftig wurde, die im Zusammenhang mit der Verwirklichung dieses Zwecks verbundenen Arbeiten nicht begonnen wurden oder

2) pomimo upáywu 10 lat od dnia, w którym decyzja o wywáaszczeniu staáa siĊ ostateczna, cel ten nie zostaá zrealizowany. [...]

2) trotz Ablaufs von 10 Jahren ab dem Tag, an dem der Enteignungsbescheid bestandskräftig wurde, dieser Zweck nicht erreicht wurde [...].

Art. 140 – 1. W razie zwrotu wywáaszczonej nieruchomoĞci poprzedni wáaĞciciel lub jego spadkobierca zwraca Skarbowi PaĔstwa lub wáaĞciwej jednostce samorządu terytorialnego, w zaleĪnoĞci od tego, kto jest wáaĞcicielem nieruchomoĞci w dniu zwrotu, ustalone w decyzji odszkodowanie, a takĪe nieruchomoĞü zamienną, jeĪeli byáa przyznana w ramach odszkodowania. [...]

Art. 140 – 1. Im Falle der Rückgabe einer enteigneten Immobilie erstattet der vorherige Eigentümer oder sein Erbe dem Fiskus oder der zuständigen Einheit der territorialen Selbstverwaltung, je nachdem wer Eigentümer am Tage der Rückgabe ist, die in dem Bescheid festgelegte Entschädigung zurück, ebenso eine Ersatzimmobilie, falls eine solche im Rahmen der Entschädigung gewährt wurde [...].

Das heute gültige IWG ist das Nachfolgegesetz jenes Gesetzes über die Bodenwirtschaft und Enteignung von Immobilien vom 29. April 199516, mit dem das sog. Märzdekret vom 8. März 1946 über die verlassenen und ehemals deutschen Vermögen17 außer Kraft gesetzt wurde. Absolut herrschende Meinung in der polnischen Lehre und Rechtsprechung ist, dass es sich dabei um abgeschlossene, punktuelle Enteignungsvorgänge handelt, deren Aufrechterhaltung nicht der Fortexistenz der damals als Rechtsgrundlage dienenden Vorschriften bedarf. Diese Rechtsauffassung wurde mehrfach durch den polnischen Verfassungsgerichtshof18 und das Oberste Gericht19 für innerpolnische Fälle und jüngst durch den EGMR für die Vertreibungsenteignungen bestätigt.20 21 ___________ 16 Art. 89 Pkt. 1 Ustawa z dnia 29 kwietnia 1985 r. o gospodarce gruntami i wywáaszczaniu nieruchomoĞci, Dz.U. 1985 nr 22 poz. 99. 17 Dekret z dnia 8 marca 1946 r. o majątkach opuszczonych i poniemieckich, Dz.U. 1946 nr 13 poz. 87. 18 Postanowienie Trybunaáu Konstytucyjnego z dnia 28 listopada 2001 r., sygn. SK 5/01, mit einem ausführlichen und instruktiven Minderheitenvotum von Richter Marian Zdyb; Postanowienie Trybunaáu Konstytucyjnego z dnia 12 grudnia 2005 r., sygn. akt SK 4/03. 19 Wyrok Sądy NajwyĪszego z dnia 27.08.08, sygn. akt II CSK 132/08. 20 Preußische Treuhand GmbH & Co. KG a.A. vs. Poland, Az. 47550/06 vom 07.10.2008, § 61. Allerdings fehlen Ausführungen, ob der polnische Staat bereits im

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Im Einklang damit sind auch die Einführungsbestimmungen des Immobilienwirtschaftsgesetzes von 1997 aufgebaut. Weil das neue Gesetz zeitlich wie personell unbeschränkte Wirkung entfaltet, ergab sich die Frage, inwieweit es auf Altenteignungen anzuwenden sei. Art. 216 IWG enthält dazu bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes einen Positivkatalog von Normen – zumeist Enteignungsvorschriften aus den 1950er und 1960er Jahren – auf die die Rückübereignungsvorschriften über Vorschriften des Kapitels 6 Abschnitt III IWG (inkl. Art. 136 Abs. 3 IWG) hinaus anwendbar sind. Diese Vorschrift wurde zweimal novelliert, einmal mit Wirkung ab dem 15. Februar 200022, sodann wurde mit Wirkung zum 22. September 2004 noch ein Abs. 2 hinzugefügt23. Art. 216 – 1. Przepisy rozdziaáu 6 dziaáu III niniejszej ustawy stosuje siĊ odpowiednio do nieruchomoĞci przejĊtych lub nabytych na rzecz Skarbu PaĔstwa na podstawie art. 6 ustawy z dnia 12 marca 1985 r. o zasadach i trybie wywáaszczania nieruchomoĞci (Dz.U. z 1974 r. Nr. 10, poz 64 i z 1982 r. Nr. 11, poz. 79), ustawy z dnia 22 maja 1958 r. o terenach dla budownictwa domów jednorodzinnych w miastach i odiedlach (Dz.U. Nr 31, poz. 138, z 1961 r. Nr 7, poz. 47 i Nr 32, poz. 159 oraz z 1972 r. Nr 27, poz. 192), ustawy z dnia 31 stycznia 1961 r. o

Art. 216 – 1. Die Vorschriften des 6. Kapitels des III Teils dieses Gesetzes sind entsprechend auf Immobilien anzuwenden, die durch den Fiskus aufgrund Art. 6 des Gesetzes vom 12. März 1985 über die Grundsätze und Art und Weise der Enteignung von Immobilien (GBl. aus 1974, Nr. 10, Pos. 64 und aus 1982, Nr. 11, Pos. 79), aufgrund des Gesetzes vom 22. Mai 1958 über die Flächen für den Bau von Einfamilienhäusern in Städten und Siedlungen (GBl. Nr. 31, Pos. 138, aus 1961, Nr. 7, Pos. 47 und Nr. 32, Pos. 159 sowie aus 1972, Nr 27, Pos. 192), aufgrund des

___________ Zeitpunkt des Enteignungsaktes die volle Souveränität über die ihm anvertrauten Teile des deutschen Staatsgebiets ausübte oder diese erst mit Austausch der Ratifikationsurkunden zum Deutsch-Polnischen Grenzvertrag (BGBl. II 1991 Nr. 33) am 16.01.92 erlangt haben soll. Nicht überzeugend auch die Argumentation, dass es sich bei der Aussiedlung der deutschen Bevölkerung aus den Oder-Neiße-Gebieten bzw. der Verweigerung der Rücksiedelung um „einzelne Fälle von Gewalt, Vertreibung, Räumung und Beschlagnahme oder Konfiskation von Vermögen“ gehandelt haben soll. Dies ließe sich ggf. von der nach Abschluss der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen fortgesetzten Repression und Vermögensentzug behaupten, also gerade von jenen Maßnahmen, gegen die der polnische Staat selbst eine Rehabilitierungspraxis eingerichtet hat. 21 Bemerkenswerterweise zählte Lech Garlicki sowohl zum Spruchkörper des polnischen Verfassungsgerichtshofs als auch des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Lech Garlicki war Mitglied der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei PZPR und seit 1987 bis zur Wende Mitglied des Legislativen Rates beim Vorsitzenden des Ministerrates. Seine Zusammenarbeit mit dem kommunistischen Sicherheitsdienst Anfang der 1970er Jahre scheint von kurzer Dauer gewesen zu sein. 22 Ustawa z dnia 7 stycznia 2000 r. o zmianie ustawy o gospodarce nierucho– moĞciami oraz innych ustaw, Dz.U. 2000 nr 6 poz. 70. 23 Ustawa z dnia 28 listopada 2003 o zmianie ustawy o gospodarce nierucho– moĞciami oraz o zmianie niektórych innych ustaw, Dz.U. 2004 nr 141, poz. 1492.

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Alexander Ilgmann

terenach budowlanych na obszarach wsi (Dz.U. z 1969 r. Nr 27, poz. 216, z 1972 r. Nr 49, poz. 312 i z 1985 r. Nr 22, poz. 99), art. 22 ustawy z dnia 14 lipca 1961 r. o gospodarce terenami w miastach i osiedlach (Dz. U. z 1969 r. Nr 22, poz. 159, z 1972 r. Nr 27, poz. 193 oraz z 1974 r. Nr 14, poz. 84), ustawy z dnia 6 lipca 1972 r. o terenach budownictwa jednorodzinnego i zagrodowego oraz o podziale nieruchomoĞci w miastach i osiedlach (Dz.U. Nr 27, poz. 192, z 1973 r. Nr 48, poz. 282 i z 1985 r. Nr 22, poz. 99) oraz do nieruchomoĞci wywáaszczonych na rzecz paĔstwowych i spóádzielczych przedsiĊbiorstw gospodarki rolnej, jak równieĪ do gruntów wywáaszczonych na podstawie odrĊbnych przepisów z związku z potrzebami TarzaĔskiego Parku Narodowego. [...]

Gesetzes vom 31. Januar 1961 über die Bauflächen im dörflichen Bereich (GBl. aus 1969, Nr. 27, Pos. 216, aus 1972, Nr 49, Pos. 312 uns aus 1985, Nr. 22, Pos. 99), aufgrund Art. 22 des Gesetzes vom 14. Juli 1961 über die Flächenwirtschaft in Städten und Siedlungen (GBl. aus 1969, Nr. 22, Pos. 159, aus 1972, Nr. 27, Pos. 193 sowie aus 1974, Nr. 14, Pos. 84), aufgrund des Gesetzes vom 6. Juli 1972 über die Bauflächen für Einfamilienhaus- und Siedlungsbebauung sowie die Teilung von Immobilien in Städten und Siedlungen (GBl. Nr. 27, Pos. 192, aus 1973, Nr. 48, Pos. 282 und aus 1985, Nr. 22, Pos. 99) übernommen oder erworben wurden sowie auf zugunsten staatlicher und genossenschaftlicher Unternehmen der Landwirtschaft enteignete Immobilien, und ebenso auf aufgrund gesonderter Vorschriften bezüglich des Bedarfs des TatraNationalparks enteigneter Liegenschaften [...].

2. Przepisy rozdziaáu 6 dziaáu III stosuje siĊ odpowiednio do nieruchomoĞci nabytych na rzecz Skarbu PaĔstwa na podstawie:

2. Die Vorschriften des 6. Kapitels des III Teils sind entsprechend auf durch den Fiskus aufgrund [folgender Vorschriften] erworbene Immobilien anzuwenden:

1) art. 5 i art. 13 ustawy z dnia 25 czerwca 1948 r. o podziale nieruchomoĞci na obszarach miast i niektórych osiedli (Dz.U. Nr 35, poz. 240 oraz z 1957 r. Nr 39, poz. 172),

1) Art. 5 und Art. 13 des Gesetzes vom 25. Juni 1948 über die Teilung von Immobilien auf dem Gebiet der Städte und einiger Siedlungen (GBl. Nr. 35, Pos. 240 sowie aus 1957, Nr. 39, Pos. 172),

2) art. 9 dekretu z dnia 26 kwietnia 1949 r. o nabywaniu i przekazywaniu nieruchomoĞci niezbĊdnych dla realizacji narodowych planów gospodarczych (Dz.U. z 1952 r. Nr 4, poz. 31),

2) Art. 9 des Dekrets vom 26 April 1949 r. über den Erwerb und die Überstellung der zur Realisierung der nationalen Wirtschaftspläne benötigten Immobilien (GBl. aus 1952, Nr. 4, Pos. 31),

3) ustawy z dnia 29 kwietnia 1985 r. o gospodarce gruntami i wywáaszczaniu nieruchomoĞci (Dz.U. z 1991 r. Nr 30, poz. 127, z póĨn. zm.).

3) Gesetz vom 29. April 1985 r. über die Flächenwirtschaft und Enteignung von Immobilien (GBl. aus 1991, Nr. 30, Pos. 127, mit sp. Änd.).

Mit der ersten Novelle, die Ende 1999 das Gesetzgebungsverfahren recht zügig durchlief (2. Dezember 1999 Sejm, 16. Dezember 1999 Senat, Sejm 7. Januar 2000, Präsident 20. Januar 2000, GBl. 31. Januar 2000) wurde auch folgender Art. 216a IWG angefügt, der einen Negativkatalog von Normen, auf die das gesamte IWG (also nicht nur Kapitel 6 Abschnitt III IWG) und damit auch Art. 34 Abs. 1 Pkt. 2 IWG ausdrücklich nicht anzuwenden ist. Unter den hier

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aufgeführten sieben Gesetzen finden sich u. a. das Gesetz vom 6. Mai 1945 über den Ausschluss feindlicher Elemente aus der polnischen Gesellschaft, das Gesetz vom 6. Mai 1945 über die verlassenen und aufgegebenen Vermögen und ausdrücklich wiederum das Dekret vom 8. März 1946 über die verlassenen und ehemals deutschen Vermögen. Art. 216a – Przepisu art. 34 ust. 1 pkt 2 nie stosuje siĊ do nieruchomoĞci, o których mowa w:

Art. 216a – Die Vorschrift des Art. 34 Abs. 1 Pkt. 2 wird nicht auf die in [folgenden Vorschriften] genannten Immobilien angewendet:

1) art. 2 ust. 1 lit. b) dekretu Polskiego Komitetu Wyzwolenia Narodowego z dnia 6 wrzeĞnia 1944 r. o przeprowadzeniu reformy rolnej (Dz.U. z 1945 r. Nr 3, poz. 13, z 1946 r. Nr 49, poz. 279, z 1957 r. Nr 39, poz. 172 oraz z 1968 r. Nr 3, poz. 6),

1) Art. 2 Abs. 1 lit. b) des Dekrets des Polnischen Komittees der Nationalen Befreiung vom 6. September 1944 über die Durchführung der Agrarreform (GBl. aus 1945, Nr. 3, Pos. 13, aus 1946, Nr. 49, Pos. 279, aus 1957, Nr. 39, Pos. 172 sowie aus 1968, Nr. 3, Pos. 6),

2) ustawie z dnia 6 maja 1945 r. o wyáączeniu ze spoáeczeĔstwa polskiego wrogich elementów (Dz. U. Nr 17, poz. 96, Nr 34, poz. 203 i Nr 55, poz. 307 oraz z 1946 r. Nr 11, poz. 73),

2) Gesetz vom 6. Mai 1945 über den Ausschluss feindlicher Elemente aus der polnischen Gesellschaft (GBl. Nr. 17, Pos. 96, Nr. 34, Pos. 203 und Nr. 55, Pos. 307 sowie aus 1946, Nr. 11, Pos. 73),

3) art. 38 w związku z art. 2 ustawy z dnia 6 maja 1945 r. o majątkach opuszczonych i porzuconych (Dz. U. Nr 17, poz. 97, Nr 24, poz. 144 i Nr 30, poz. 179),

3) Art. 38 in Verbindung mit Art. 2 des Gesetzes vom 6. Mai 1945 r. über die verlassenen und aufgegebenen Vermögen (GBl. Nr. 17, Pos. 97, Nr. 24, Pos. 144 und Nr. 30, Pos. 179),

4) art. 2 ustawy z dnia 3 stycznia 1946 r. o przejĊciu na wáasnoĞü PaĔstwa podstawowych gaáĊzi gospodarki narodowej (Dz.U. Nr 3, poz. 17, Nr 71, poz. 389 i Nr 72, poz. 394, z 1947 r. Nr 2, poz. 7, z 1956 r. Nr 58, poz. 270, z 1958 r. Nr 45, poz. 224 oraz z 1969 r. Nr 13, poz. 95),

4) Art. 2 des Gesetzes vom 3. Januar 1946 über die Übernahme der grundlegenden Zweige der Volkswirtschaft in Staatseigentum (GBl. Nr. 3, Pos. 17, Nr. 71, Pos. 389 und Nr. 72, Pos. 394, aus 1947, Nr. 2, Pos. 7, aus 1956, Nr. 58, Pos. 270, aus 1958 Nr. 45, Pos. 224 sowie aus 1969, Nr. 13, Pos. 95),

5) art. 2 dekretu z dnia 8 marca 1946 r. o majątkach opuszczonych i poniemieckich (Dz. U. Nr 13, poz. 87, Nr 49, poz. 279, Nr 71, poz. 389 i Nr 72, poz. 395, z 1947 r. Nr 19, poz. 77 i Nr 66, poz. 402, z 1948 r. Nr 57, poz. 454 oraz z 1969 r. Nr 13, poz. 95),

5) Art. 2 des Dekrets vom 8. März 1946 r. über die verlassenen und ehemals deutschen Vermögen (GBl. Nr. 13, Pos. 87, Nr. 49, Pos. 279, Nr. 71, Pos. 389 und Nr. 72, Pos. 395, aus 1947, Nr. 9, Pos. 77 und Nr. 66, Pos. 402, aus 1948, Nr. 57, Pos. 454 sowie aus 1969, Nr. 13, Pos. 95),

6) art. 1 dekretu z dnia 5 wrzeĞnia 1947 r. o przejĞciu na wáasnoĞü PaĔstwa mienia pozostaáego po osobach przesiedlonych do

6) Art. 1 des Dekrets vom 5. September 1947 über den Übergang des von in die UdSSR ausgesiedelten Personen zurück-

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ZSRR (Dz.U. Nr 59, poz. 318, z 1949 r. Nr 53, poz. 404 i z 1969 r. Nr 13, poz. 95),

gelassenen Vermögens (GBl. Nr. 59, Pos. 318, aus 1949, Nr. 53, Pos. 404 und aus 1969, Nr. 13, Pos. 95),

7) art. 38 ust. 3 ustawy z dnia 14 lipca 1961 r. o gospodarce terenami w miastach i osiedlach (Dz.U. z 1969 r. Nr 22, poz. 159, z 1972 r. Nr 27, poz. 193 oraz z 1974 r. Nr 14, poz. 84).

7) Art. 38 Abs. 3 des Gesetzes vom 14. Juli 1961 r. über die Flächenwirtschaft in Städten und Siedlungen (GBl. aus 1969, Nr. 22, Pos. 159, aus 1972, Nr. 27, Pos. 193 sowie aus 1974, Nr. 14, Pos. 84).

Da sich nur Art. 136 Abs. 3 im Kapitel 6 Abschnitt III IWG befindet und Art. 34 Abs. 1 IWG vom 1. Januar 1998 bis zum 15. Februar 2000 nicht unter dem Vorbehalt des Art. 126a IWG stand, hätten in diesem Zeitfenster auch deutsche Alteigentümer einen Erwerbsvorrang geltend machen können. Eine uneinheitliche höchstrichterliche Rechtsprechung bzgl. ähnlich gelagerter Rechtsfragen24 hätte zumindest gewisse Aussichten auf Erfolg gewährt. Bezeichnend ist, dass der Gesetzgeber dem am 1. August 1985 außer Kraft getretenen Märzdekret zum 15. Februar 2000 wieder zu aktueller Geltung verholfen hat, zu einem Zeitpunkt also, als Polen der EMRK bereits sieben Jahre beigetreten war. Es bleibt abzuwarten, ob dieser Anknüpfungspunkt nach Erschöpfung des polnischen Rechtsweges durch den EGMR entschieden werden wird, oder ob der Alteigentümervorrang wegen des Vorrangs des Vertragsvölkerrechts vor eigenem Verfassungsrecht25 bereits innerpolnisch durchgesetzt werden kann. Wirtschaftlich dürfte die Geltendmachung des Alteigentümerprivilegs nur in den Fällen relevant werden, in denen die zuständige Behörde von dem fakultativen Art. 68 Abs. 1 Pkt. 4 IWG Gebrauch gemacht hat und eine Vergünstigung26 auf den gemäß Art. 67 Abs. 1 IWG gutachterlich in Höhe des Marktpreises festzusetzenden Kaufpreis vorsieht oder es sich um ein Baudenkmal handelt, sodass gemäß Art. 68 Abs. 3 IWG regelmäßig 50% Vergünstigungen zu gewähren sind. Der so ermittelte Kaufpreis kann nach Art. 70 Abs. 2 in Raten über zehn Jahre abgezahlt werden, wodurch auch extrem leistungs___________ 24 Wyrok Sądu NajwyĪszego z dnia 13.12.2005 r., IV CK 304/05, Postanowienie Sądu NajwyĪszego z dnia 11.01.65 r., II CR 523/64 (OSNCP 1965, Nr 7-8, poz. 135) gegen eine extensive Auslegung restriktiver Vorschriften; Wyrok Sądu NajwyĪszego z dnia 20.06.2002 r., I CKN 782/00 (Izba Cywilna 2003, Nr. 3, S. 48) dafür. 25 Art. 91 Abs. 2 Konstytucja Rzeczypospolitej Polskiej z dnia 2 kwietnia 1997, Dz.U. 1997 nr 78 poz. 483. 26 Der Abverkauf staatlichen Immobilienbesitzes erfolgt in der Form, dass zunächst der Marktwert ermittelt wird, der für jedermann gilt. In einem zweiten Schritt werden dann an bestimmte Personengruppen – meist langjährige Mieter – bonifikata genannte Vergünstigungen von bis zu 97% gewährt. Es ist dies unausgesprochen eine der Methoden, enteignete Immobilien über den Schutz des öffentlichen Glaubens des (in Polen nur deklaratorischen) Grundbuches dem Alteigentümer endgültig zu entziehen. Vor diesem Hintergrund sind die diskutierten Entschädigungspauschalen i.H.v. 5% – 20% zu verstehen.

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schwache Käufer in die Lage versetzt werden sollen, die ihnen durch den Gesetzgeber eingeräumten Privilegien zu nutzen.

III. Erbnießbrauchumwandlungsgesetz Das derzeit gültige und wiederholt novellierte Gesetz vom 29. Juli 2005 über die Umwandlung des Erbnießbrauchrechts in Immobiliareigentumsrecht (Erbnießbrauchumwandlungsgesetz – ENUG)27 stellt neben dem IWG und Art. 111 des Gesetzes vom 15. Dezember 2000 über die Wohnungsgenossenschaften (Wohnungsgenossenschaftsgesetz – WGG)28 ein zentrales Instrument zur Überführung von Staats- in Privateigentum dar. Der polnische Erbnießbrauch entspricht im Wesentlichen dem deutschen Erbbaurecht, kann jedoch nicht unter Privaten, sondern nur durch den Fiskus begründet werden. Der Erbnießbrauch wurde in dieser Form erst 1961 in die polnische Rechtsordnung eingeführt29 und sollte insbesondere in den Oder-Neiße-Gebieten und der Hauptstadt Warschau als Eigentumssurrogat nach weitgehend flächendeckenden Enteignungen fungieren. Auch bei dieser Transformation der Eigentumsordnung wurden erhebliche Vergünstigungen für die aktuellen Rechtsinhaber geschaffen. Mit der jüngsten Novelle vom 7. September 200730 wurden auch Restitutionsgesichtspunkte eingeführt. Art. 1 – 1. Osoby fizyczne bĊdące w dniu wejĞcia w Īycie ustawy uĪytkownikami wieczystymi nieruchomoĞci zabudowanych na cele mieszkaniowe lub zabudowanych garaĪami albo przeznaczonych pod tego rodzaju zabudowĊ oraz

Art. 1 – 1. Natürliche Personen, die am Tage des Inkrafttretens des Gesetzes Erbnießbrauchsberechtigte an bebauten Immobilien zu Wohnzwecken oder mit Garagen bebauten oder zu einer derartigen Bebauung vorgesehenen sowie landwirt-

___________ 27

Ustawa o przeksztaáceniu prawa uĪytkowania wieczystego w prawo wáasnoĞci nieruchomoĞci z dnia 29 lipca 2005, Dz.U. z 2005 roku, Nr 175, poz. 1459. 28 Ustawa z dnia 15 grudnia 2000 r. o spóádzielniach mieszkaniowych, Dz. U. z 2003 r. Nr 119, poz. 1116. Eine Umwandlung dieses sozialistischen Eigentumssurrogats (grundbuchfähiges, belastbares und vererbbares beschränktes dingliches Recht) in Volleigentum zu den damit verbundenen Verwaltungskosten brachte die Novelle vom 14.06.2007 (Ustawa o zmianie ustawy o spóádzielniach mieszkaniowych oraz o zmianie niektórych innych ustaw z dnia 14 czerwca 2007, Dz.U. z 2007 roku, nr 125 poz. 873). 29 Ustawa z dnia 14.07.1961 r. o gospodarce terenami w miastach i osiedlach (Dz.U. z 1969 r. nr 22 poz. 159), derzeit geregelt in Art. 232 ff. ZGB (ustawa z dnia 23.04.1964 Kodeks Cywilny, Dz.U. nr 16 poz. 93) und Art. 27 ff. IWG. 30 Ustawa o zmianie ustawy o przeksztaáceniu prawa uĪytkowania wieczystego w prawo wáasnoĞci nieruchomoĞci oraz niektórych innych ustaw z dnia 7 wrzeĞnia 2007, Dz.U. z 2007 roku, nr 191 poz. 1371.

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nieruchomoĞci rolnych mogą wystąpiü z Īądaniem przeksztaácenia prawa uĪytkowania wieczystego tych nieruchomoĞci w prawo wáasnoĞci. Przez nieruchomoĞü rolną rozumie siĊ nieruchomoĞü rolną w rozumieniu Kodeksu cywilnego, z wyáączeniem nieruchomoĞci przeznaczonych w miejscowym planie zagospodarowania przestrzennego albo w decyzji o warun-kach zabudowy na cele inne niĪ rolne.

schaftlichen Grundstücken sind, können die Umwandlung des Erbnießbrauchrechts an diesen Grundstücken in Eigentum verlangen. Unter einer landwirtschaftlichen Immobilie ist eine landwirtschaftliche Immobilie im Sinne des Zivilgesetzbuchs mit Ausnahme von im örtlichen Flächennutzungsplan oder im Bauvorbescheid für andere als landwirtschaftliche Zwecke vorgesehenen Immobilien zu verstehen.

1a. Z Īądaniem przeksztaácenia prawa uĪytkowania wieczystego w prawo wáasnoĞci nieruchomoĞci mogą wystąpiü równieĪ osoby fizyczne bĊdące w dniu wejĞcia w Īycie ustawy uĪytkownikami wieczystymi nieruchomoĞci, niezaleĪnie od jej przeznaczenia, jeĪeli uĪytkowanie wieczyste uzyskaáy:

1a. Die Forderung der Umwandlung des Erbnießbrauches in Immobiliareigentum können auch natürliche Personen erheben, die unabhängig von seiner Widmung am Tage des Inkrafttretens des Gesetzes Erbnießbrauchberechtigte an einem Grundstück sind, wenn sie das Erbnießbrauchsrecht durch [folgende Ereignisse] erlangt haben:

1) w zamian za wywáaszczenie lub przejĊcie nieruchomoĞci gruntowej na rzecz Skarbu PaĔstwa na podstawie innych tytuáów, przed dniem 5 grudnia 1990 r.;

1) im Gegenzug für eine Enteignung oder Übernahme einer Liegenschaft durch den Fiskus aufgrund sonstiger Titel vor dem 5. Dezember 1990;

2) na podstawie art. 7 dekretu z dnia 26 paĨdziernika 1945 r. o wáasnoĞci i uĪytkowaniu gruntów na obszarze m.st. Warszawy (Dz. U. Nr 50, poz. 279).

2) aufgrund von Art. 7 des Dekrets vom 26. Oktober 1945 über das Eigentum und den Nießbrauch der Liegenschaften auf den Gebiet der Hauptstadt Warschau (GBl. Nr. 50, Pos. 279).

2. Z Īądaniem przeksztaácenia prawa uĪytkowania wieczystego nieruchomoĞci, o którym mowa w ust. 1, w prawo wáasnoĞci nieruchomoĞci, mogą równieĪ wystąpiü:

2. Die in Abs. 1 genannte Forderung der Umwandlung des Erbnießbrauchs an einer Immobilie in Immobiliareigentum kann auch erhoben werden von:

1) osoby fizyczne i prawne bĊdące wáaĞcicielami lokali, których udziaá w nieruchomoĞci wspólnej obejmuje prawo uĪytkowania wieczystego;

1) natürlichen und juristischen Personen, die Eigentümer von Räumen sind, deren Anteil an der gemeinsamen Immobilie ein Erbnießbrauchsrecht umfasst;

2) spóádzielnie mieszkaniowe bĊdące wáaĞcicielami budynków mieszkalnych lub garaĪy.

2) Wohnungsgenossenschaften, die Eigentümer von Gebäuden oder Garagen sind.

3. Z Īądaniem przeksztaácenia prawa uĪytkowania wieczystego w prawo wáasnoĞci nieruchomoĞci mogą równieĪ wystąpiü osoby fizyczne bĊdące nastĊpcami prawnymi osób, o których mowa w ust. 1 i 1a oraz osoby fizyczne i

3. Die Forderung der Umwandlung des Erbnießbrauchs in Immobiliareigentum kann auch erhoben werden von natürlichen Personen, die Rechtsnachfolger von den in Abs. 1 und 1a genannten juristischen Personen, sowie natürlichen und ju-

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prawne bĊdące nastĊpcami prawnymi osób, o których mowa w ust. 2.

ristischen Personen, die Rechtsnachfolger der in Abs. 2 genannten juristischen Personen sind.

4. Przepisy ust. 1a pkt 2 i ust. 2 pkt 1 stosuje siĊ równieĪ do osób, które prawo uĪytkowania wieczystego albo udziaá w tym prawie uzyskaáy po dniu wejĞcia w Īycie ustawy.

4. Die Vorschriften des Abs. 1a Pkt. 2 und Abs. 2 Pkt. 1 werden auch auf Personen angewendet, die das Erbnießbrauchsrecht oder einen Anteil an diesem Recht nach dem Tage des Inkrafttretens dieses Gesetzes erlangt haben.

5. Osoby, o których mowa w ust. 1-4, mogą wystąpiü z Īądaniem przeksztaácenia prawa uĪytkowania wieczystego w prawo wáasnoĞci nieruchomoĞci do dnia 31 grudnia 2012 r.

5. Die in Abs. 1 – 4 genannten Personen können ihre Forderung der Umwandlung des Erbnießbrauchsrechtes in Immobiliareigentum bis zum 31. Dezember 2012 geltend machen.

Art. 5 – Przeksztaácenie prawa uĪytkowania wieczystego w prawo wáasnoĞci nieruchomoĞci na rzecz uĪytkowników wieczystych, o których mowa w art. 1 ust. 1a, albo ich nastĊpców prawnych, nastĊpuje nieodpáatnie.

Art. 5 – Die Umwandlung des Erbnießbrauchsrechtes in Immobiliareigentum erfolgt unentgeltlich zugunsten der in Art. 1 Abs. 1a genannten Erbnießbrauchsberechtigten oder ihrer Rechtsnachfolger.

Art. 1 Abs. 1 ENUG verfolgt lediglich den Zweck, das Institut Erbnießbrauch als solches zu reduzieren. Art. 1 Abs. 1a ENUG hingegen zeigt eine interessante Differenzierung des Restitutionsgedankens: Während Pkt. 1) einen ganz allgemein empfundenen Handlungsbedarf für aufgrund kommunistischer Enteignungen entstandenen Erbnießbrauch erkennen lässt, beinhaltet Pkt. 2) die positivrechtlich ausgestaltete vollständige Rückabwicklung eines Enteignungsdekrets, ohne dieses selbst aufzuheben. Die Maßnahmen in den sog. Warschauer Grundstücken waren neben den in den Oder-Neiße-Gebieten durchgeführten Enteignungen die einzige flächendeckende Maßnahme zur Errichtung einer neuen Eigentumsordnung, sodass hier eine gewisse Vergleichbarkeit besteht. Ein wesentlicher Unterschied besteht darin, dass ein bestehendes Erbnießbrauchsrecht Anspruchsvoraussetzung ist. Dass der Gesetzgeber sich bewusst war, durch die Einführung restitutiver Gedanken in das neue Gesetz womöglich einer Vielzahl von Enteignungsopfern die Wiedereinsetzung in ihr Eigentum zu gewähren, erhellt aus den sehr selektiven Vorgaben des Art. 1 Abs. 4 ENUG.

IV. Verwaltungsverfahrensgesetzbuch Art. 156 § 1 Pkt. 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzbuchs (VwVfGB) vom 14. Juni 196031 ist Dreh- und Angelpunkt der allermeisten erfolgreichen Fälle. Allerdings ist nach § 2 Var. 2 die Feststellung der Nichtigkeit dann ausge___________ 31 Kodeks postĊpowania administracyjnego z dnia 14 czerwca 1960, Dz.U. z 1960 roku, nr 30 poz. 168.

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schlossen, wenn irreversible Rechtsfolgen eingetreten sind. Für diesen Fall bestimmt Art. 158 § 2, dass dann die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts festzustellen ist. Bis 2004 bestimmte Art. 160 eine Entschädigungspflicht, die im Zusammenhang mit der zu diesem Zeitpunkt erfolgten grundsätzlichen Reform des Staatshaftungsrechts32 in den noch zu besprechenden Art. 417¹ § 2 des Zivilgesetzbuchs verpflanzt wurde. Die in Art. 154 VwVfGB vorgesehene Möglichkeit einer Neubescheidung aus Billigkeitsgründen spielt demgegenüber in der Praxis keine Rolle. Art. 154 – § 1. Decyzja ostateczna, na mocy której Īadna ze stron nie nabyáa prawa, moĪe byü w kaĪdym czasie uchylona lub zmieniona przez organ administracji publicznej, który ją wydaá, lub przez organ wyĪszego stopnia, jeĪeli przemawia za tym interes spoáeczny lub sáuszny interes strony.

Art. 154 – § 1. Ein bestandskräftiger Verwaltungsakt, aufgrund dessen die Partei keine Rechte erlangt hat, kann durch die öffentliche Verwaltungsbehörde, die ihn erlassen hat, oder die höherrangige Behörde jederzeit aufgehoben oder geändert werden, wenn dafür ein gesellschaftliches Interesse oder das billige Interesse der Partei spricht.

§ 2. W przypadkach wymienionych w § 1 wáaĞciwy organ wydaje decyzjĊ w sprawie uchylenia lub zmiany dotychczasowej decyzji. [...]

§ 2. In den in § 1 genannten Fällen erlässt die zuständige Behörde einen Verwaltungsakt über die Aufhebung oder die Änderung des bisherigen Verwaltungsakts […].

Art. 156 – § 1. Organ administracji publicznej stwierdza niewaĪnoĞü decyzji, która:

Art. 156 – § 1. Die öffentliche Verwaltungsbehörde stellt die Nichtigkeit eines Verwaltungsakts fest, der:

1) wydana zostaáa z naruszeniem przepisów o wáaĞciwoĞci,

1) unter Verletzung der Zuständigkeitsvorschriften erlassen wurde,

2) wydana zostaáa bez podstawy prawnej lub z raĪącym naruszeniem prawa,

2) ohne Rechtsgrundlage oder unter grober Verletzung des Rechts erlassen wurde,

3) dotyczy sprawy juĪ poprzednio rozstrzygniĊtej inną decyzją ostateczną,

3) eine Sache betrifft, die zuvor bereits durch einen anderen bestandskräftigen Verwaltungsakt entschieden wurde,

4) zostaáa skierowana do osoby nie bĊdącej stroną w sprawie,

4) an eine Person, die in der Sache nicht Partei war, adressiert wurde,

5) byáa niewykonalna w dniu jej wydania i jej niewykonalnoĞü ma charakter trwaáy,

5) am Tage seines Erlasses nicht ausführbar war und deren Unausführbarkeit dauerhafter Art ist,

___________ 32 Ustawa o zmianie ustawy – Kodeks cywilny oraz niektórych innych ustaw z dnia 17 czerwca 2004 Dz.U. z 19 lipca 2004 roku, nr 162 poz. 1692.

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6) w razie jej wykonania wywoáaáaby czyn zagroĪony karą,

6) im Falle seiner Ausführung eine mit Strafe bedrohte Tat hervorrufen würde,

7) zawiera wadĊ powodującą niewaĪnoĞü z mocy prawa.

jej

7) einen Mangel enthält, der seine Nichtigkeit ex lege bedingt.

§ 2. Nie stwierdza siĊ niewaĪnoĞci decyzji z przyczyn wymienionych w § 1 pkt 1, 3, 4 i 7, jeĪeli od dnia jej dorĊczenia lub ogáoszenia upáynĊáo dziesiĊü lat, a takĪe gdy decyzja wywoáaáa nieodwracalne skutki prawne.

§ 2. Die Nichtigkeit eines Verwaltungsakts aus den in § 1 Pkt. 1, 3, 4 und 7 genannten Gründen wird nicht festgestellt, wenn ab dem Tag seiner Zustellung oder Verkündung zehn Jahre vergangen sind, und auch nicht, wenn der Verwaltungsakt unumkehrbare Rechtsfolgen hervorgerufen hat.

Art. 158 – § 1. RozstrzygniĊcie w sprawie niewaĪnoĞci decyzji nastĊpuje w drodze decyzji.

Art. 158 – § 1. Die Bescheidung in Sachen der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts erfolgt in Form eines Verwaltungsakts.

§ 2. JeĪeli nie moĪna stwierdziü niewaĪnoĞci decyzji na skutek okolicznoĞci, o których mowa w art. 156 § 2, organ administracji publicznej ograniczy siĊ do stwierdzenia wydania zaskarĪonej decyzji z naruszeniem prawa oraz wskazania okolicznoĞci, z powodu których nie stwierdziá niewaĪnoĞci decyzji.

§ 2. Wenn die Nichtigkeit eines Verwaltungsakts aufgrund der in Art. 156 § 2 genannten Ursachen nicht festgestellt werden kann, beschränkt sich die öffentliche Verwaltungsbehörde auf die Feststellung, dass der angegriffene Verwaltungsakt unter Verletzung des Rechts erlassen wurde, sowie den Nachweis der Umstände, aufgrund derer sie die Nichtigkeit des Verwaltungsakts nicht festgestellt hat.

Art. 156 § 1 Pkt. 2 VwVfGB ist von kaum zu überbietender Allgemeinheit. Da es in der polnischen Rechtsordnung kaum spezialgesetzliche Restitutionsund Entschädigungsvorschriften für erlittenes Enteignungsunrecht gibt, muss auf solche allgemeinen Grundsätze zurückgegriffen werden. Dies zeigt exemplarisch, dass die Nichtexistenz eines Spezialgesetzes keineswegs den Schluss auf einen fehlenden Rechtsweg rechtfertigt. Durch stetes Nachbohren und Vertiefen der Materie wurden dem Staat ganze Fallgruppen von Entscheidungen abgerungen, die heute eine weit verzweigte und oft widersprüchliche Kasuistik bilden, die in ihrer Gesamtheit an die Qualität einer spezialgesetzlichen Regelung heranreichen. Eine erfolgsträchtige Fallgruppe stellt das Dekret vom 26. Oktober 1945 über Eigentum und Nießbrauch an den Grundstücken auf dem Gebiet der Hauptstadt Warschau33 dar. Der Ansatz war in der Regel, dass der im Dekret vorgesehene Nießbrauch (Eigentum auf Zeit) rechtsfehlerhaft nicht eingeräumt wurde oder Anträge einfach nicht bearbeitet wurden. Die Verwaltung setzte ___________ 33 Dekret z 26.10.1945 r. o wáasnoĞci i uĪytkowaniu gruntów na obszarze miasta stoáecznego Warszawy, Dz.U. nr 50 poz. 279.

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auch nach dem Systemwechsel auf Verschleppung des Verfahrens. Nachdem der zitierte Art. 1 Abs. 1a Pkt. 2) ENUG jene Alteigentümer wieder einsetzt, die ein Erbnießbrauchsrecht durchsetzen konnten, arbeiten das Ministerium für Staatsvermögen und die Warschauer Stadtverwaltung an einer legislativen Lösung, die auf eine Restitution in natura zielt. Eine weitere aussichtsreiche Fallgruppe sind die Fälle der Volksdeutschen mit „altpolnischer“ Staatsangehörigkeit und der Spätaussiedler unabhängig davon, ob sie bereits eine polnische Staatsangehörigkeit hatten oder diese erst in der Zeit nach den Zweiten Weltkrieg verliehen bekamen. Aufgrund des Staatsratsbeschlusses 37/5634 sollte mit Ausreise aus der Volksrepublik Polen die polnische Staatsangehörigkeit verloren gehen. Der Verlust der Staatsangehörigkeit bewirkte nach Art. 39 Abs. 3 des Bodenwirtschaftsgesetzes für Städte und Siedlungen35 unmittelbar den Verlust des auf dem Gebiet der Volksrepublik zurückgelassenen Eigentums. Da jedoch das damalige Staatsangehörigkeitsgesetz36 (StAG) die Entscheidung über den Verlust der polnischen Staatsangehörigkeit einem Beschluss des Staatsrates vorbehielt und eine Delegation dieser Kompetenz an den Außenminister mangels Promulgation des Beschlusses 37/56 nicht wirksam erfolgte, geht die herrschende Meinung davon aus, dass der nach diesem Beschluss scheinbar eingetretene Verlust der polnischen Staatsangehörigkeit in grobem Widerspruch zum damals geltenden Recht steht.37 Die Feststellung der polnischen Staatsangehörigkeit im Verwaltungsweg eröffnet die Restitution38 des damit nicht wirksam auf den Fiskus übergegangenen Immobiliarvermögens im Verwaltungs- oder, falls ein Grundbuch besteht, Grundbuchberichtigungsverfahren. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang eine jüngste Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts39, nach der der Verlust der polnischen Staatsangehörigkeit nicht allein durch die Zeichnung der Deutschen Volksliste und den Militärdienst in der deutschen Wehrmacht eingetreten sei, sondern sämtliche Verlusttatbestände im Einzelfall ab-

___________ 34 Uchwaáa Rady PaĔstwa z dnia 16.05.1959 nr 37/56 w sprawie zezwolenia na zmianĊ obywatelstwa repatriantom niemieckim. 35 Ustawa z dnia 14.07.1961 r. o gospodarce terenami w miastach i osiedlach, Dz.U. 1961 nr 32 poz. 159. 36 Art. 13 Abs. 1 Ustawa z dnia 8 stycznia 1951 r. o obywatelstwie polskim, Dz.U. 1951 nr 4 poz. 25; ebenso Art. 16 Abs. 1 Ustawa z dnia 15.02.1962 r. o obywatelstwie polskim, Dz.U. 1962 nr 10 poz. 49. 37 Wyrok Sądu NajwyĪszego z dnia 17.09.2001 r., sygn. akt III RN 56/01, OSNP 2002 Nr. 13 poz. 299, Antwort des Unterstaatssekretärs im Justizministerium vom 08.04.2008 auf die Abgeordneteninterpellation Nr. 1837. 38 Wyrok Sądu NajwyĪszego z dnia 13.12.2005 r., IV CK 304/05. 39 Wyrok Naczelnego Sądu Administracyjnego z dnia 12.12.2008 r., sygn.akt II OSK 1328/07.

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zuprüfen seien,40 was einen wesentlichen Gewinn an Einzelfallgerechtigkeit für Personen aus den bereits vor 1945 zu Polen zählenden Gebieten bedeutet. Einer der möglichen Verlusttatbestände ist die Ausbürgerung deutscher Volkszugehöriger mit festem Wohnsitz im Ausland per Legaldefinition in Art. 4 Ziff. 3 des StAG von 1951, es sei denn dessen Ehegatte sei polnischer Staatsangehöriger und lebe im Inland.41 Allerdings betrifft der ebenfalls ex lege angeordnete Eigentumsverlust aufgrund Art. 39 Abs. 3 des o. g. Flächenwirtschaftsgesetzes ausdrücklich nur Personen, die die polnische Staatsangehörigkeit durch Verifikation der polnischen Volkszugehörigkeit nach 1945 erhielten. Es ist also im Einzelfall genau das Datum des Erwerbs und Verlustes der polnischen Staatsangehörigkeit im Verhältnis zum Datum des Verlassens des polnischen Staatsgebietes einschließlich der Oder-Neiße-Gebiete zu prüfen. Die Ursachen, die zu einer Feststellung der Nichtigkeit oder Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsakts führen, sind angesichts einer dreistelligen Zahl von Enteignungsnormen sehr vielgestaltig. Häufig sind es Nichtbescheidung, Zustellungsmängel, Unzuständigkeit der bescheidenden Behörde und andere für die kommunistische Verwaltungspraxis typische Mängel. Häufig kann auch eine falsche Anwendung der Norm selbst nachgewiesen werden, wobei hervorzuheben ist, dass nicht nur die kommunistische Norm angewendet wird, sondern dies auch in aller Regel im Sinne einer dem Enteignungszeitpunkt entsprechenden Auslegung geschieht. Es mehren sich jedoch Literaturmeinungen, dass die damit einhergehende Sanktionierung des kommunistischen Unrechts durch den gegenwärtigen Rechtsstaat nicht hinnehmbar sei; es müsse daher menschen- und völkerrechtskonform ausgelegt werden. Soweit es sich um innerpolnische Sachverhalte handelt, kann eine solche Tendenz auch tatsächlich beobachtet werden. Im Zusammenhang mit deutschen Ansprüchen ist jedoch ein extensiv verstandenes Retroaktionsverbot zentrales Argument zur Aufrechterhaltung der bestehenden Eigentumsordnung. Nachdenklich stimmt in diesem Zusammenhang die formaljuristische Argumentation des Obersten Gerichts, wonach, da die Volksrepublik Polen unzweifelhaft kein Rechtsstaat gewesen sei, deren Handeln auch nicht nach Maßstäben der Rechtsstaatlichkeit beurteilt werden könne.42 ___________ 40

Absichtserklärungen der Regierung, für Deutsche und Juden gleichermaßen das neue Rechtsinstitut der Wiedereinsetzung der Staatsangehörigkeit zu schaffen, sind bislang bis zu einem Gesetzentwurf gediehen, demzufolge dies Bürgern des Staates Israel auf deren Antrag ermöglicht werden soll – Senatsdrucksache 256 X vom 06.11.2008. Die Frage nach der Gleichheit vor dem Gesetz wird zu stellen sein. 41 Ustawa z dnia 8 stycznia 1951 r. o obywatelstwie polskim, Dz.U. 1951 nr 4 poz. 25. 42 Uchwaáa Sądu NajwyĪszego z 20.12.2007r., sygn. akt I KZP 37/07: polnische Richter wendeten während des Kriegsrechtes Strafvorschriften zu Recht rückwirkend an, weil die Verfassung der VRP kein Retroaktionsverbot enthielt.

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Durch Art. 156 § 1 Pkt. 2 VwVfGB werden nur Administrativenteignungen erfasst, Legalenteignungen können so nicht aufgearbeitet werden. Sofern jedoch ein grob rechtswidriger Verwaltungsakt vorliegt, stehen zwei Verwaltungs- und zwei Verwaltungsgerichtsinstanzen zu seiner Kontrolle bereit. Im positiven Fall schließt sich daran noch ein Zivilverfahren an, etwa auf Entschädigung oder auf Grundbuchberichtigung. Legalenteignungen müssen direkt im Zivilverfahren angegriffen werden.

V. Zivilgesetzbuch Die zentralen zivilrechtlichen Entschädigungsnormen sind Art. 417 und Art. 4171 des Zivilgesetzbuches (ZGB) vom 23. April 196443, wobei Art. 4171 ZGB gegenüber Art. 417 lex specialis ist, sodass auf letzteren immer noch zurückgegriffen werden kann, wenn Art. Art. 4171 nicht greift. Die in Art. 418 enthaltene Haftungsbeschränkung des Fiskus auf straf- oder disziplinarrechtlich rechtskräftig festgestelltes Unrecht des handelnden Beamten wurde bereits 2001 durch das Verfassungsgericht aufgehoben.44 Die Normen haben gegenwärtig folgenden Wortlaut: Art. 417 – § 1. Za szkodĊ wyrządzoną przez niezgodne z prawem dziaáanie lub zaniechanie przy wykonywaniu wáadzy publicznej ponosi odpowiedzialnoĞü Skarb PaĔstwa lub jednostka samorządu terytorialnego lub inna osoba prawna wykonująca tĊ wáadzĊ z mocy prawa. [...]

Art. 417 – § 1. Für einen durch ein rechtswidriges Handeln oder Unterlassen bei Ausübung der öffentlichen Gewalt hervorgerufenen Schaden haftet der Fiskus oder die Einheit der territorialen Selbstverwaltung oder andere juristische Person, die diese Gewalt auf Grund eines Gesetzes ausübte [...].

Art. 4171 - § 1 JeĪeli szkoda zostaáa wyrządzona przez wydanie aktu normatywnego, jej naprawienia moĪna Īądaü po stwierdzeniu we wáaĞciwym postĊpowaniu niezgodnoĞci tego aktu z Konstytucją, ratyfikowaną umową miĊdzynarodową lub ustawą.

Art. 4171 – § 1 Wenn der Schaden durch den Erlass eines normativen Aktes verursacht wurde, kann seine Wiedergutmachung nach Feststellung der Unvereinbarkeit dieses Aktes mit der Verfassung, einem ratifizierten internationalen Vertrag oder einem Gesetz in dem einschlägigen Verfahren verlangt werden.

§ 2. JeĪeli szkoda zostaáa wyrządzona przez wydanie prawomocnego orzeczenia lub ostatecznej decyzji, jej naprawienia moĪna Īądaü po stwierdzeniu we wáaĞciwym postĊpowaniu ich niezgod-

§ 2. Wenn der Schaden durch den Erlass einer rechtskräftigen [Gerichts]entscheidung oder eines bestandskräftigen Verwaltungsakts verursacht wurde, kann seine Wiedergutmachung

___________ 43 44

Kodeks cywilny z dnia 23 kwietnia 1964, Dz.U. z 1964 r., nr 16 poz. 93. Wyrok TK, Dz.U. z 2001 r. nr 145 poz. 1638.

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noĞci z prawem. Odnosi siĊ to równieĪ do wypadku, gdy prawomocne orzeczenie lub ostateczna decyzja zostaáy wydane na podstawie aktu normatywnego niezgodnego z Konstytucją, ratyfikowaną umową miĊdzynarodową lub ustawą.

nach Feststellung von deren Unvereinbarkeit mit dem Recht in dem einschlägigen Verfahren verlangt werden. Dies bezieht sich ebenso auf den Fall, dass die rechtskräftige Entscheidung oder der bestandskräftige Bescheid aufgrund eines mit der Verfassung, einem ratifizierten internationalen Vertrag oder einem Gesetz unvereinbaren normativen Akt ergingen.

§ 3. JeĪeli szkoda zostaáa wyrządzona przez niewydanie orzeczenia lub decyzji, gdy obowiązek ich wydania przewiduje przepis prawa, jej naprawienia moĪna Īądaü po stwierdzeniu we wáaĞciwym postĊpowaniu niezgodnoĞci z prawem niewydania orzeczenia lub decyzji, chyba Īe przepisy odrĊbne stanowią inaczej.

§ 3. Wenn der Schaden durch den Nichterlass einer [Gerichts]entscheidung oder eines Verwaltungsakts verursacht wurde und deren Erlass durch eine Rechtsvorschrift vorgesehen ist, kann seine Wiedergutmachung nach Feststellung der Unvereinbarkeit des Nichterlasses der Entscheidung oder des Verwaltungsakts in dem einschlägigen Verfahren verlangt werden.

§ 4. JeĪeli szkoda zostaáa wyrządzona przez niewydanie aktu normatywnego, którego obowiązek wydania przewiduje przepis prawa, niezgodnoĞü z prawem niewydania tego aktu stwierdza sąd rozpoznający sprawĊ o naprawienie szkody.

§ 4. Wenn der Schaden durch den Nichterlass eines normativen Aktes verursacht wurde und eine Rechtsvorschrift die Verpflichtung zu dessen Erlass vorsieht, stellt das mit dem Schadensersatz befasste Gericht die Unvereinbarkeit des Nichterlasses dieses Aktes mit dem Recht fest.

Diese Normen wurden in einer großen Reform des Staatshaftungsrechts neu gefasst bzw. eingefügt und sind am 1. September 2004 in Kraft getreten. Laut Art. 5 des Novellierungsgesetzes45 wirken sie als Anspruchsgrundlage bis zu diesem Datum zurück. Frühere Zeiträume könnten ggf. unmittelbar aufgrund geltenden Verfassungsrechts erfasst werden46, was allerdings nur dahingehend eingeschränkt gelten soll, als dies nicht mit anderen Grundsätzen der verfassungsmäßigen Ordnung kollidiert.47 Sofern administrativ enteignet wurde, greift Art. 160 VwVfGB in Verbindung mit Art. 4171 ZGB aufgrund dessen Zweistufigkeit auch weiter zurück.48 ___________ 45

Ustawa o zmianie ustawy - Kodeks cywilny oraz niektórych innych ustaw z dnia 17 czerwca 2004, Dz.U. z 19 lipca 2004 roku, nr 162 poz. 1692. 46 Wyrok Sądu NajwyĪszego z dnia 06.02.2002 r., sygn. V CKN 1248/00, BSN 6/2002; Wyrok Sądu NajwyĪszego z dnia 24.09.2003, sygn.akt I CKN 143/03. 47 Uchwaáa Sądu NajwyĪszego z dnia 24 listopada 2005 r., III CZP 82/05, durch Wyrok Trybunaáu Konstytucyjnego z dnia 04.12.2001 r., sygn.akt SK 18/00, relativierte Entscheidung. 48 z.B. Wyrok Sądu NajwyĪszego z dnia 8 stycznia 2002 r., I CKN 581/99, für einen Fall aus den 1980-er Jahren.

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Die Garantie einer vollen Entschädigung für staatliches Handeln in Art. 77 Abs. 1 der gegenwärtigen Verfassung wirkt nicht hinter das Datum deren Inkrafttretens zurück, so dass Ereignisse vor dem 16. Oktober 1997 nicht erfasst werden können. Dies geht aus dem Wortlaut der Vorschrift hervor, aus dem im Lauf der Arbeiten der Kommission der Verfassungsgebenden Nationalversammlung der Zusatz „und Unterlassen“ gestrichen worden war, so dass nur gesetzgeberisches Handeln unmittelbar verfassungsrechtliche Anspruchsgrundlage sein soll. Diese mittlerweile herrschende Meinung geht davon aus, dass ein Staatshaftungsrecht 1997 quasi aus dem Nichts geschaffen wurde und vorher nicht existent gewesen war. Durch eine jüngere Entscheidung wurde ausgeschlossen, dass vor dem Inkrafttreten der spezialgesetzlichen Anspruchsgrundlage des Art. 4171 ZGB liegendes gesetzgeberisches Unterlassen ab dem 1. September 2004 eine Schadensersatzpflicht auslöst. Es handelte sich um den Fall, dass in einem innerpolnischen Enteignungsgesetz49 eine Entschädigungspflicht angeordnet wurde, jedoch niemals Ausführungsbestimmungen dazu erlassen wurden50 und folglich auch nicht entschädigt wurde. Die Formulierung des Art. 5 des Novellierungsgesetzes vom 17. Juni 2004 spricht allerdings dafür, dass der Gesetzgeber gerade ausschließen wollte, Altfällen zur Gerechtigkeit zu verhelfen.51 Im Gegensatz zu der indirekten Wiederinkraftsetzung etwa durch Art. 216a Pkt. 3 IWG dürfte hier allerdings eine Ausformulierung der nonretroactio legis vorliegen. Ob diese Strategie des polnischen Verfassungs- und Gesetzgebers, Polen als „Rechtsstaat ex nunc“ aufzubauen, einer menschenrechtlichen Überprüfung standhalten wird, wird eine für demnächst zu erwartende EGMREntscheidung erweisen;52 vorteilhaft an der Konstellation des zu entscheidenden Falls ist, dass sie keine völkerrechtlichen Bezüge hat53, wohl aber eine Relevanz für deutsche Enteignungsopfer. Nach Kenntnis des Verfassers wurde in der Praxis noch nicht versucht, sich gestützt auf die unmittelbare Anwendung von Verfassungsrecht (s. o.) auf die ___________ 49 Art. 7 Abs. 4 und 6 Ustawa z dnia 3 stycznia 1946 r. o przejĊciu na wáasnoĞü PaĔstwa podstawowych gaáĊzi gospodarki narodowej, Dz.U. nr 3 poz. 17. 50 Uchwaáa Sądu NajwyĪszego z dnia 24.11.2005 r., sygn.akt III CZP 82/05, OSNC 2006/9/148. Das Appellationsgericht Warschau sieht für heute noch anhaltendes, altes gesetzgeberisches Unterlassen auch nach der Novelle keine Anspruchsgrundlage, ebenso Wyrok Sądu NajwyĪszego z dnia 05.12.2007, Sygn. akt I CSK 273/07. Ähnliches könnte sich aus dem Urteil das EGMR vom 04.11.2008 in Sachen BruczyĔski vs. Poland, Az. 19206/03, ergeben. In dieser Sache erfolgte jedoch eine Verurteilung der Republik Polen, weil sie es unterlassen habe, einen gangbaren Rechtsweg zu schaffen. 51 Wyrok Sądu NajwyĪszego z dnia 05.12.2007, Sygn. akt I CSK 273/07. 52 Ogórek vs. Poland, Az. 28490/03, eigene Recherche des Verfassers über adw. J. Forystek; Argumentation sehr ähnlich, d.h. über Art. 6 EMRK, wie in der Sache BruczyĔski vs. Poland, Az. 19206/03. 53 Die Helsinki Foundation for Human Rights hat sich auf Seiten des Beschwerdeführers angeschlossen.

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in Art. 99 der sog. Märzverfassung54 jedem Einwohner (nicht: Staatsbürger) gewährleistete Eigentumsgarantie zu berufen und die dort obligatorisch vorgesehene Entschädigung einzuklagen. Die autoritäre Aprilverfassung55 erhielt in ihrem Art. 81 den Art. 99 der Märzverfassung ausdrücklich aufrecht. Das Julimanifest des Polnischen Komitees der Nationalen Befreiung56 setzte ausdrücklich die Märzverfassung bis auf Weiteres wieder in Kraft und versprach die Wiedereinsetzung der rechtmäßigen Eigentümer in ihre durch die deutsche Besatzungsmacht entzogenen Rechte; Großbetriebe, Industrie, Handel, Banken, Transport sowie Wälder sollten unter einstweilige Staatsverwaltung gestellt werden und im Maße der Ordnung der wirtschaftlichen Verhältnisse rückerstattet werden. Erst die Verfassung der Volksrepublik von 1952 beschränkte in Art. 12 u. 13 die Eigentumsgarantie auf das persönliche Eigentum natürlicher Personen mit polnischer Staatsangehörigkeit und strich jegliche Staatshaftung aus der verfassungsmäßigen Ordnung. Die große Masse der Nachkriegsenteignungen müsste sich demnach an Art. 99 der Märzverfassung von 1921 messen lassen.57 Eine allgemeine und seit jeher im polnischen Zivilrecht verankerte, also eine keinen Rückwirkungsproblemen unterworfene Anspruchsgrundlage ist der allgemeine Vindikationsanspruch des Art. 222 § 1 ZGB. Art. 222 – § 1. WáaĞciciel moĪe Īądaü od osoby, która wáada faktycznie jego rzeczą, aĪeby rzecz zostaáa mu wydana, chyba Īe osobie tej przysáuguje skuteczne wzglĊdem wáaĞciciela uprawnienie do wáadania rzeczą.

Art. 222 – § 1. Der Eigentümer kann von einer Person, die die tatsächliche Herrschaft über seine Sache ausübt, verlangen, dass ihm die Sache herausgegeben werde, es sei denn, dass dieser Person ein gegenüber dem Eigentümer effektives Recht zur Herrschaft über die Sache zusteht.

§ 2. Przeciwko osobie, która narusza wáasnoĞü w inny sposób aniĪeli przez

§ 2. Gegenüber einer Person, die das Eigentum in anderer Weise verletzt als da-

___________ 54

Ustawa z 17 marca 1921 r. Konstytucja Rzeczypospolitej Polskiej, Dz. U. R. P. nr 44 poz. 267; nr 79 poz. 550; nr 101 poz. 935. 55 Konstytucja Rzeczpospolitej Polskiej z 23 kwietnia 1935 r., Dz. U. 1935 nr 30 poz. 227. 56 Manifest Polskiego Komitetu Wyzwolenia Narodowego (PKWN) z dnia 22 lipca 1944 r., Dz. U. 1944 nr 1 poz. 1. 57 Insofern könnte sich ein Zurückgreifen auf Kriegsvölkerrecht (Art. 46 Abs. 2 HLKO) oder Friedensvölkerrecht (gewohnheitsrechtliches Verbot der entschädigungslosen Enteignung fremder Staatsangehöriger) ggf. erübrigen. Zu einem anderen Ergebnis kommt man, wenn man das Potsdamer Protokoll und das polnisch-sowjetische Reparationsabkommen als Deutschland bindende völkerrechtliche Verträge begreift. Zumindest hinsichtlich des Privateigentums dürfte der deutsch-polnische Nachbarschaftsvertrag angesichts des Notenwechsels Genscher-Skubiszewski aber keine Sanktionierung durch die Bundesrepublik Deutschland bewirkt haben.

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pozbawienie wáaĞciciela faktycznego wáadztwa nad rzeczą, przysáuguje wáaĞcicielowi roszczenie o przywrócenie stanu zgodnego z prawem i o zaniechanie naruszeĔ.

durch, dass sie den Eigentümer der tatsächlichen Herrschaft über die Sache beraubt, hat der Eigentümer einen Anspruch auf Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustands und auf Unterlassung der Beeinträchtigung.

Art. 223 – § 1. Roszczenia wáaĞciciela przewidziane w artykule poprzedzającym nie ulegają przedawnieniu, jeĪeli dotyczą nieruchomoĞci.

Art. 223 – § 1. Die im vorangehenden Artikel vorgesehenen Ansprüche des Eigentümers unterliegen nicht der Verjährung, wenn sie eine Immobilie betreffen.

Dazu lässt sich sagen, dass die weitaus meisten oder alle auf diese Anspruchsgrundlage gestützten Klagen abgewiesen wurden, da die Vorschriften des Art. 156 VwVfGB vorrangig seien. Dem ist zuzustimmen, aber im Fall von Legalenteignungen bildet Art. 222 § 1 Zivilgesetzbuch den Ausgangspunkt des dafür bestehenden Zivilrechtswegs. Art. 223 § 1 ZGB schließt die Verjährung aus, sofern es sich um Immobilien handelt. Das ist insofern wichtig, als Entschädigungsansprüche der zehnjährigen bzw. ab Kenntniserlangung dreijährigen Verjährungsfrist des Art. 442 § 1 ZGB unterliegen, die sich nach § 2 bei Vermögensschäden aufgrund eines Verbrechens oder Vergehens auf zehn Jahre kenntnisunabhängig verlängert; die Verjährungsresistenz von vermögensrechtlichen Folgen eines Völkermordgeschehens ist an dieser Stelle zu erwähnen. Die Dauer des vorgeschalteten Verwaltungsverfahrens unterbricht oder hemmt die Verjährung nach neuerer Rechtsprechung nicht, auch soll es nach einer Entscheidung des Obersten Gerichts nicht sittenwidrig sein, wenn der Fiskus sich trotz überlangen Verwaltungsverfahrens (Verzögerungstaktik) auf die unterdessen eingetretene Verjährung beruft, denn das Entschädigungsverfahren hätte ja rechtzeitig anhängig gemacht werden können.58 Bezüglich der Ablaufhemmung des Art. 121 Ziff. 4 ZGB wegen höherer Gewalt nimmt die Rechtsprechung an, dass ab Juni 1989 eine Geltendmachung von Enteignungsschäden möglich gewesen wäre, sodass die Verjährung ab diesem Datum zu laufen begann und demnach spätestens am 31. Mai 2009 endet. Etwas anderes mag für den Fall gelten, dass man die ei-

___________ 58 Wyrok Sądu NajwyĪszego z dnia 11.02.1997 r., sygn. II CKN 78/96; Wyrok Sądu NajwyĪszego z dnia 04.12.2007 r., sygn. IV CSK 280/07. In seinem Urteil vom 13.12.2001, sygn. IV CKN 165/01, nahm das Oberste Gericht an, dass eine allgemeine Praxis der Verwaltungsbehörden, die dem Berechtigten die Realisierung seiner Ansprüche unmöglich macht, der höheren Gewalt gleichsteht. Eine Argumentation, dass auch im heutigen polnischen Rechtsstaat eine solche Verwaltungspraxis zuungunsten deutscher Vertriebener besteht, ließe sich zumindest dann hören, wenn taugliche Versuche zur Geltendmachung solcher Ansprüche unternommen worden wären.

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gentliche Verletzungshandlung nicht in der treuhänderisch59 erfolgten Enteignung, sondern in treubrüchigem Abverkauf der Immobilie erblicken will. Das polnische Grundbuchwesen unterscheidet sich vom deutschen in zwei wesentlichen Punkten: Erstens sind Grundbücher nicht obligatorisch, d.h. für manche Immobilien wird kein Grundbuch, sondern nur eine Urkundensammlung geführt. Zweitens ist der Grundbucheintrag für die meisten Rechte, so auch das Eigentum, nicht konstitutiv sondern lediglich deklaratorisch.60 Das führt dazu, dass der Fiskus, wenn man einen Enteignungsbescheid erfolgreich aus der Welt geschafft hat, noch ohne Weiteres einen anderen heranführen oder sich auf eine Legalenteignung berufen kann. Sollte für die betreffende Immobilie allerdings ein Grundbuch angelegt sein, müsste dann der öffentliche Glaube an dessen Richtigkeit im Wege eines Grundbuchberichtigungsverfahrens erschüttert werden. Zur Ersitzung als dem immobiliarsachenrechtlichen Äquivalent zum schuldrechtlichen Institut der Verjährung hatte sich eine ständige Rechtsprechung herausgebildet, der zufolge zu unterscheiden war, ob der Fiskus den Besitz der entsprechenden Immobilie hoheitlich (imperium) oder in anderer Art und Weise erlangte (dominium). Bei hoheitlicher Erlangung des Besitzes soll eine Ersitzung durch den Fiskus nicht in Frage gekommen sein.61 Die jüngere Rechtsprechung postulierte, dass es auf die Art der Besitzerlangung für die Qualifikation des Besitzes als Eigenbesitz nicht ankomme.62 Eine jüngste Entscheidung entschied sich für die letztgenannte Position, jedoch mit der Maßgabe, dass gemäß Art. 121 ZGB i.V.m. Art. 175 ZGB die Ersitzungsfrist so lange unterbrochen sein sollte, wie der Eigentümer nicht die Möglichkeit hatte, seine

___________ 59 Vgl. Wyrok Sądu NajwyĪszego z dnia 19.09.2002 r., sygn.akt II CK 51/02, bzgl. Wiedereinsetzung in den Besitz verlassener Immobilien. 60 Die Konsequenz daraus ist, dass die Tatsache, dass Bescheinigungen der Verwaltung über die Feststellung, das Eigentum sei ex lege auf den Fiskus übergegangen, mangels Verwaltungsakt-Charakters nicht im Verwaltungsweg überprüft werden können (Wyrok Sądu NajwyĪszego z dnia 25.03.1999 r., III RN 165/98, OSNP 2000/3/90), für den damit einschlägigen Zivilrechtsweg belanglos ist. Dies verschweigt Góralski in seinem Gutachten (Góralski, Witold M.: PrzejĊcie wásasnoĞci niemieckiej przez PaĔstwo Polskie po drugiej wojnie Ğwiatowej na Ziemiach Zachodnich i Póánocnych a niemieckie roszczenia odszkodowawcze, Warszawa 2004. III.1.a) und d)), wird aber in der Rechtsprechung in recht versteckter Form so bestätigt (Wyrok Wojewódzkiego Sądu Administracyjnego w GdaĔsku z dnia 24.07.2008, sygn.akt. II SA/Gd 201/08). 61 Uchwaáa Sądu NajwyĪszego z dnia 18.11.1992 r., sygn.akt III CZP 133/92 (OSP 1993, nr 7-8, poz. 153); Uchwaáa skáadu 7 sĊdziów Sądu NajwyĪszego z dnia 21.09.1993 r., III CZP 72/93 (OSNCP 1994, nr 3, poz. 49). 62 Postanowienie Sądu NajwyĪszego z dnia 09.05.2003 r. sygn.akt. V CK 13/03 (OSP 2004, nr 4, poz. 53); Postanowienie Sądu NajwyĪszego z dnia 09.05.2003 r., sygn.akt. V CK 24/03.

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Rechte effektiv zu verfolgen.63 Die Ersitzungsfrist des Art. 172 ZGB nach altem Recht betrug zehn Jahre im guten und zwanzig Jahre im bösen Glauben. Im Rahmen der Stärkung der Alteigentümerrechte Anfang der 1990er Jahre wurde sie auf zwanzig Jahre im guten und dreißig Jahre im bösen Glauben verlängert; gleichzeitig wurde das Privileg des Fiskus aufgehoben, nach dem zu dessen Lasten eine Ersitzung nicht möglich war.64 Nach dieser jüngsten Rechtsprechung wird die Zeitspanne, die bis zum 4. Juli 1989 abgelaufen war, mit der Hälfte auf die dreißigjährige Frist angerechnet, sodass eine massenhafte Ersitzung fremder Immobilien durch den Fiskus zum 4. Juli 2019 stattfinden wird. In Analogie zu dieser Rechtsprechung muss bei gutgläubiger Erlangung des Besitzes durch den Fiskus mit einer Ersitzung zum 4. Juli 2014 gerechnet werden. Ersitzungsverfahren mit Zustellung zur Akte waren ein beliebtes Instrument mit quasi enteignender Wirkung, das zu Lasten im Ausland lebender, im Grundbuch ausgewiesener Eigentümer Anwendung fand. Gegen derart erschlichene Gerichtsbeschlüsse ist, bei allen Beweisschwierigkeiten im Einzelnen, die Wiederaufnahme statthaft, so dass ggf. auch noch im Nachhinein im „alten“ Verfahren eine neue Entscheidung unter Berücksichtigung der oben geschilderten Rechtslage möglich ist.

VI. Strafrecht Über die Legal- und Administrativenteignungen hinaus wurde der Entzug des Eigentums häufig in Form von Strafurteilen unter Anordnung des Vermögensverfalls durchgeführt. Selten beriefen sich diese Urteile auf die Vorschriften des allgemeinen Strafgesetzbuches65, meist handelte es sich um Sonderstrafrecht von zum Teil offen diskriminierendem Charakter.66 Oft wurden die Strafnormen sowohl Polen wie Deutschen gegenüber völlig überzogen und ___________ 63 Uchwaáa peánego skáadu Izby Cywilnej Sądu NajwyĪszego z dnia 2610.07 r., sygn. akt III CZP 30/07. 64 Ustawa z dnia 28 lipca 1990 r. o zmianie ustawy – Kodeks cywilny, Dz.U. 1990 nr 55 poz. 321. 65 Rozporządzenie Prezydenta Rzeczypospolitej z dnia 11 lipca 1932 r. – Kodeks karny, Dz.U. 1932 nr 60 poz. 571. 66 Militärstrafgesetzbuch (Dekret Polskiego Komitetu Wyzwolenia Narodowego z dnia 23 wrzeĞnia 1944 r. – Kodeks Karny Wojska Polskiego, Dz.U. 1944 nr 6 poz. 27), anwendbar auch auf Kriegsgefangene; sog. Kleines Strafgesetzbuch (Dekret z dnia 13 czerwca 1946 r. o przestĊpstwach szczególnie niebezpiecznych w okresie odbudowy paĔstwa, Dz.U. 1946 nr 30 poz. 192; vormals Dekret Polskiego Komitetu Wyzwolenia Narodowego z dnia 30 paĨdziernika 1944 r. o ochronie PaĔstwa, Dz.U. 1944 nr 10 poz. 50), Gesetz über den Ausschluss feindlicher Elemente aus der polnischen Gesellschaft (Ustawa z dnia 6 maja 1945 r. o wyáączeniu ze spoáeczeĔstwa polskiego wrogich elementów, Dz.U. nr 17 poz. 96, nr 34 poz. 203 und nr 55 poz. 307, und 1946 r. nr 11, poz. 73) u.v.a.m.

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willkürlich angewendet. Es waren die Geburtswehen der stalinistischen Gesellschafts- und Eigentumsordnung. Ein Rehabilitationsinteresse hat der polnische Gesetzgeber – unabhängig von der Staatsangehörigkeit – nur Personen zugestanden, die wegen ihres Einsatzes für die Unabhängigkeit des polnischen Staates verfolgt wurden. Nur diese können nach Art. 10 Abs. 1 des betreffenden Gesetzes vom 23. Februar 199167 die Unwirksamkeit der sie betreffenden Strafurteile gerichtlich feststellen lassen und so den Weg zu Haftentschädigungsansprüchen öffnen. Mit der Rechtskraft der Verurteilung entfallen auch die im Urteil ausgesprochenen Vermögensstrafen. Allen anderen Personen stehen nur die allgemeinen Rechtsinstitute zur Verfügung.68 Zu nennen wäre hier die Kassation nach Art. 521 i.V.m. Art. 524 § 2 Strafprozessgesetzbuch (StPGB)69, die fristlos durch den Justizminister als Generalstaatsanwalt und den Ombudsmann für Bürgerrechte eingelegt werden kann, sofern sie eine grobe Rechtsverletzung (Verletzung des damaligen Rechts, s. o.) zu erkennen vermögen. Diese Ermessensentscheidungen sind auf dem Verwaltungsgerichtsweg justiziabel. Die Kassation der Partei wäre innerhalb einer Frist von 30 Tagen ab Zustellung der innerhalb von sieben Tagen zu beantragenden Urteilsbegründung einzureichen – Art. 524 § 1 StPGB. Nicht abhängig von einer Frist und dem Ermessen politisch besetzter Behörden ist die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß Art. 540 § 1 StPGB. Diese ist u. a. dann möglich, wenn nach der Verurteilung neue Beweismittel bekannt werden, die glaubhaft machen, dass der Verurteilte die Tat z.B. nicht begangen hat. Erschwert wird diese Glaubhaftmachung durch eine Entscheidung des Obersten Gerichts70 , die die Grenze der Wiederaufnahme propter falsa und propter nova verwischt, indem das Existentwerden einer Verurteilung z.B. wegen Falschaussage zugleich das Entstehen eines neuen Beweismittels bedeuten soll. Das macht es notwendig, zunächst eine Entscheidung über die Fälschung von Beweismitteln und Verfälschung von Vernehmungsprotokollen bzw. Abpressung von Aussagen mittels Folter durch Beamte des Sicherheitsdienstes zu erwirken.71 In derart spezifisch gelagerten Fällen kann die Wiederaufnahme des ___________ 67 Ustawa z dnia 23 lutego 1991 r. o uznaniu za niewaĪne orzeczeĔ wydanych wobec osób represjonowanych za dziaáalnoĞü na rzecz niepodlegáego bytu PaĔstwa Polskiego, Dz.U. 1991 nr 34 poz. 149. 68 Wyrok Sądu NajwyĪszego z dnia 17.09.2004 r., V CK 100/04. 69 Ustawa z dnia 6 czerwca 1997 r. - Kodeks postĊpowania karnego, Dz.U. 1997 nr 89 poz. 555. 70 Postanowienie Sądu NajwyĪszego z dnia 18.10.1978 r., sygn.akt Wp 3/78, OSNKW 1978, Nr. 12, Pos.150. 71 Z.B. im Falle eines damals jugendlichen Deutschen, der aus dem Transport nach Mitteldeutschland heraus wegen angeblichen Kriegswaffenbesitzes verhaftet, sodann in einen Schauprozess zum Tode verurteilt und anschließend zu zehnjähriger Zwangsarbeit

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Strafprozesses zum Freispruch und damit zur Aufhebung der Vermögensstrafe führen.

VII. Schlussbetrachtung Es gibt in der polnischen Rechtsordnung kein spezielles Reprivatisierungsgesetz. Mit einem solchen ist trotz anders lautender Regierungserklärungen auch nicht zu rechnen, weil es die nach polnischer, vom EGMR unterstützter Doktrin derzeit nicht justiziablen Altfälle vor dem Hintergrund des Diskriminierungsverbots doch einer verfassungs- und menschenrechtlichen Beurteilung zugänglich machen würde. In der Praxis bedeutet das, dass es bei einer sehr unübersichtlichen und stetig evolvierenden Rechtsprechung bleibt. Die jüngste Tendenz, zeitlich etwa seit dem EU-Beitritt Polens, ist eine Abkehr der Justiz und Legislative von der restitutionsfreundlichen Linie der 1990er Jahre und deren Tendenz, durch Abverkauf an gutgläubige Dritte, entgeltliche Umwandlung in Volleigentum, Verjährung und Ersitzung irreversible Rechtsfolgen hervorzurufen bzw. zu sichern. Die Alteigentümer werden auf den allgemeinen Rechtsweg mit voller Beweislast und allenfalls auf der Höhe nach beschränkten Rekompensationen verwiesen. Das Fehlen einer flächendeckenden Regelung ermöglicht jedoch in den dafür geeigneten Fällen die volle Restitution, die erst ein Reprivatisierungsgesetz ausschließen könnte. Die gegenwärtige polnische Rechtsordnung hält verwaltungsrechtliche, zivilrechtliche und strafrechtliche Instrumente bereit, mit denen – ohne damit eine Aussage über innerpolnische Erfolgsaussichten treffen zu wollen – jeder Enteignungsfall über mindestens zwei Instanzen gerichtlich überprüft werden kann. Erst das Durchlaufen des innerpolnischen Rechtswegs eröffnet einen subsidiären Schutz durch den polnischen Verfassungsgerichtshof und den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Die Behauptung, die polnische Rechtsordnung halte keinen Rechtsweg für Restitution und Entschädigung bereit und genüge daher nicht rechtsstaatlichen Anforderungen, ist definitiv unrichtig. Die Behauptung, die Beschreitung des polnischen Rechtsweges sei von vornherein aussichtslos, ist nur bedingt richtig. Zentrale Bedeutung kommt dabei der Frage zu, ob es der Republik Polen gelingt, eine „Rechtsstaatlichkeit ex nunc“ zu etablieren, oder ob die Erfüllung der Postulate eines Völker- und Menschenrechte achtenden Rechtsstaates nicht trotz des legalistischen Rückwirkungsverbotes eine systemische Rückwirkung erzeugt. Der Verfasser vertritt die Auffassung, dass die Einführung der Rechtsstaatlichkeit in Polen einen sich selbst verstärkenden Prozess ausgelöst hat, der letztlich auch altes Enteignungsunrecht er___________ begnadigt wurde, Sąd Rejonowy w Woáowie, sygn.akt II Kp 92/06 (eigenes Mandat des Verfassers).

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fassen würde, wenn nicht Verjährungs- und Ersitzungsfristen schneller abliefen bzw. schon abgelaufen sind als dieser Prozess sein natürliches Ziel findet. * * *

Abstract Alexander Ilgmann: Judicial Recourse and Legal Basis of Restitution of Property in Poland, In: Law of Property and Injustice of Expropriation. Coming to terms with the past. Vol. II. Ed. by Gilbert H. Gornig, Hans-Detlef Horn and Dietrich Murswiek (Berlin 2009) pp. 77-106. There is no special reprivatisation law within the polish legal system. One has, despite of governmental declarations to the contrary, not to reckon with a such, because it would open the according to polish and ECHR doctrine not actionable at present old cases to constitutional and human right judgement after all. In practice this indicates, that the confusing and steadily evolving jurisdiction will persist. The youngest tendency, temporarily since about Poland’s EU accession, is an estrangement of legal authorities and legislative power from the restitution friendly line of the 90-ties as well as the tendency to create on rather secure irreversible legal consequences by selling out to third persons being in good faith, gratuitous conversion in full property, limitation and adverse possession. The former owners are to be referred to the general course of law with full burden of proof and at most limited by amount compensation. But the lack of an all covering solution enables full restitution in the suitable cases, which only a reprivatisation act could exclude. The present polish legal system ensures instruments of administrative, civil and penal law, by which – without giving statement about inner-polish chances of success – every case of expropriation can by verified through at least two instances. Only having passed the polish course of law the subsidiary legal protection by polish Constitution Court and European Court of Human Rights will be opened. The assertion, that the polish legal system ensured no legal course for restitution and compensation and did not fulfill the demands of a state founded on the rule of law, is definitely not true. The assertion, that recourse to legal action in polish courts is hopeless from the beginning, is true only conditionally. Of central significance will be the question, if Republic of Poland succeeds in establishing a “state founded on the rule of law ex nunc”, or if the fulfilling of postulates to being an state founded on the rule of law respecting the human rights and international law will create a systemic retroactive effect despite of the legalistic prohibition of retroaction of law. The author holds the opinion, that implementing the rules of a state of law in Poland evoked a self increasing process, which in the end would reach old expropriation injustice as well, if not the times of limitation

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and adverse possession would run out or have already ran out quicker than this process will reach it’s natural goal.

Staatsangehörigkeitsfragen in der deutsch-polnischen Restitutionsproblematik Von Aldona Szczeponek

I. Einführung Als Staatsangehörigkeit bezeichnet man allgemein eine besondere, dauerhafte Beziehung zwischen dem Staat und dem Einzelnen, die sowohl im Völkerrecht als auch im nationalen Recht geregelt wird. Das Völkerrecht lässt den Staaten eine relativ große Freiheit, Angelegenheiten der Staatsangehörigkeit innerstaatlich zu regeln, gleichzeitig setzt es aber den Staaten gewisse Grenzen bei der Regelung. Die Feststellung, welche Staatsangehörigkeit ein Individuum besitzt, bringt viele praktische Konsequenzen mit sich. Bei den Restitutionsfragen kann die Staatsangehörigkeit besonders dann von Bedeutung sein, wenn ein Restitutionsgesetz die Rückgabe der enteigneten Güter vom Besitz der Staatsbürgerschaft des Landes abhängig macht.1 Da Polen immer noch kein Reprivatisierungsgesetz hat und lediglich Projekte bekannt sind, in denen teilweise das Kriterium der Staatsangehörigkeit eine Rolle spielt, kann man nur vermuten, dass dieses Kriterium auch in der Zukunft von Bedeutung sein wird. Es ist deshalb wichtig für die Betroffenen, ob sie zu den polnischen Staatsbürgern gehören. Die Staatsangehörigkeit wirkt sich auf die Vermögensfragen im deutschpolnischen Verhältnis auch in den Fällen aus, in denen das Eigentum den in späterer Zeit (50er bis 80er Jahre) nach Deutschland Ausreisenden entzogen ___________ 1 Vgl. zu den einzelnen Restitutionsgesetzen in Slowenien, Ungarn und Rumänien: Kralijü, M., Die Entschädigung der deutschen Vertriebenen durch den slowenischen Staat, in: Gornig/Horn/Murswiek (Hrsg.), Eigentumsrecht und Enteignungsunrecht, Bd. I, S. 229 ff.; Zeller, J., Das Entschädigungsgesetz Ungarns unter besonderer Berücksichtigung der Donauschwaben, in: Gornig/Horn/Murswiek (Hrsg.), Eigentumsrecht und Enteignungsunrecht, Bd. I, S. 255 ff.; Oancea, D., Gesetzliche Vorschriften in Rumänien nach 1989 über die Entschädigung Enteigneter unter besonderer Berücksichtigung der nationalen Minderheiten in: Gornig/Horn/Murswiek (Hrsg.), Eigentumsrecht und Enteignungsunrecht, Bd. I, S. 271 ff.

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wurde. Die Konfiskation war nach dem damals geltenden Recht u. a. vom Verlust der polnischen Staatsangehörigkeit abhängig. Die deutsch-polnische Nachkriegsgeschichte mit zunächst der Vertreibung der deutschen Bevölkerung sowie später mit dem Verlassen Polens durch viele deutschstämmige Personen zeigt, dass Staatsangehörigkeitsfragen (Verlust und Erwerb, Doppelstaatigkeit, Kompetenz der staatlichen Gewalt bei Regelungen der Staatsangehörigkeit) sehr komplex sein können. In diesem Beitrag wird die polnische Regelung der Staatsangehörigkeit in Bezug auf Vertriebene und Ausreisende näher dargestellt, wobei die völkerrechtlichen Grenzen der staatlichen Handlungen Berücksichtigung finden.

II. Das Völkerrecht und die Staatsangehörigkeit 1. Historische Entwicklung a) Vor dem Zweiten Weltkrieg Die völkerrechtliche Regelung der Staatsangehörigkeit entwickelte sich zunächst gewohnheitsrechtlich. Erst im 20. Jahrhundert fand sie ihren Niederschlag in Verträgen. Bis zu dieser Zeit gehörte die Staatsangehörigkeit zu den inneren Angelegenheiten einzelner Staaten, die über die Verhältnisse zu ihren Bürgern selbst entschieden.2 Jedoch schon in der ersten Konvention über die Staatsangehörigkeit aus dem Jahr 19303 wurden dem nationalen Gesetzgeber völkerrechtliche Grenzen auferlegt, indem er bei der Entscheidung über die Staatsangehörigkeit völkerrechtliche Verträge, Gewohnheitsrecht und allgemein anerkannte Rechtsgrundsätze beachten sollte. Zu den bekannten, allerdings nicht unumstrittenen völkerrechtlichen Grundsätzen bezüglich der Staatsangehörigkeit gehörten u. a. das Verbot, eine fremde Staatsangehörigkeit zu regeln, das Territorialprinzip, das Verbot einer Zwangseinbürgerung sowie einer Zwangsausbürgerung und das Recht des Einzelnen auf Verzicht auf Staatsbürgerschaft. Vor dem Zweiten Weltkrieg hielten aber die Staaten generell an ihrem souveränen Recht fest, über die Angelegenheiten der Staatsbürgerschaft selbst zu entscheiden.

___________ 2 Vgl. das Gutachten des IStGH vom 07.02.1923 zu Staatsangehörigkeitsregelungen in Tunesien und Marokko, in dem der Gerichtshof betonte, dass die Entscheidung über die Verleihung und Entziehung der Staatsbürgerschaft allein in der Kompetenz des nationalen Gesetzgebers liegt (CPJI Serie B, Nr. 4, S. 24). 3 Haager Protokoll über bestimmte Fälle von Staatenlosigkeit vom 12.04.1930.

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b) Nach dem Zweiten Weltkrieg Die Entwicklung des Völkerrechts bezüglich der Staatsangehörigkeit nach dem Zweiten Weltkrieg behandelte eher ihre praktischen Aspekte, wie die Vermeidung der Staatenlosigkeit oder die Regelung der Mehrstaatigkeit.4 Es hat sich auch das Prinzip herausgebildet, nach dem über die Staatsangehörigkeit mit Berücksichtigung des Willens der betroffenen Person entschieden werden durfte. In der Europäischen Staatsangehörigkeitskonvention zur Verhütung und Verringerung der Staatenlosigkeit vom 15. Mai 19975 wurden die europäischen Standards zur Staatsangehörigkeit festgelegt, wie das Recht einer Person auf Staatsangehörigkeit, das Verbot eines willkürlichen Entzugs der Staatsangehörigkeit oder das Diskriminierungsverbot. In den in Art. 7 genannten Fällen (freiwillige Annahme einer fremden Staatsangehörigkeit, freiwilliger Militärdienst in ausländischen Streitkräften, Erwerb der Staatsangehörigkeit durch arglistiges Verhalten oder falsche Angaben, keine tatsächliche Bindung eines im Ausland ansässigen Bürgers mit dem Heimatstaat, Verhalten, das den wesentlichen Interessen des Vertragsstaats in schwerwiegender Weise abträglich ist) soll den Staaten erlaubt sein, die Staatsangehörigkeit zu entziehen. Gleichzeitig wurde die Kompetenz der Staaten bestätigt, in ihrer Gesetzgebung die Staatsangehörigkeitsfragen, insbesondere die Entscheidung, wer zu den Staatsangehörigen zählt, zu regeln (Art. 3 Abs. 1). Nach Art. 3 Abs. 2 ist diese Kompetenz von den anderen Staaten anzuerkennen, soweit sie mit entsprechenden internationalen Übereinkommen, dem Völkergewohnheitsrecht und den mit Bezug auf die Staatsangehörigkeit allgemein anerkannten Rechtsgrundsätzen in Einklang steht. Die vertraglichen Prinzipien zum Erwerb der Staatsangehörigkeit wurden in Art. 6 festgelegt. Es wurde ebenfalls die Individualisierung der Entscheidung betont.

___________ 4

Vgl. das Übereinkommen der Vereinten Nationen von 1954 über die Rechtsstellung der Staatenlosen, das Übereinkommen der Vereinten Nationen von 1957 über die Staatsangehörigkeit verheirateter Frauen, das Übereinkommen der Vereinten Nationen von 1961 zur Verringerung der Fälle von Staatenlosigkeit, den Internationalen Pakt von 1966 über bürgerliche und politische Rechte, das Internationale Übereinkommen von 1966 zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung, das Übereinkommen von 1973 der Internationalen Kommission für das Zivilstandswesen zur Verringerung der Fälle von Staatenlosigkeit, das Übereinkommen von 1979 zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau und das Übereinkommen der Vereinten Nationen von 1989 über die Rechte des Kindes. 5 Reihe Europäischer Verträge Nr. 166. Die Konvention wurde in Deutschland im Jahre 2005 ratifiziert, Polen unterzeichnete sie 1999, ratifizierte sie aber noch nicht.

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2. Sukzession der Staatsangehörigkeit Besonderheiten bei der Regelung der Staatsangehörigkeit existieren in Fällen der Übernahme von Gebietsteilen eines anderen Staates. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts waren die völkerrechtlichen Standards in diesem Bereich umstritten.6 Als zulässig wurde in diesem Fall die Praxis der Staaten angesehen, über die Staatsangehörigkeit der in diesen Gebieten ansässigen Menschen generell zu entscheiden und ihnen die Staatsangehörigkeit des Nachfolgestaates zu verleihen.7 Der individuelle Wille der Betroffenen wurde hier nur in begrenztem Umfang berücksichtigt, indem sie das sog. Optionsrecht ausüben durften. Dies bedeutete, dass die auf dem übernommenen Gebiet Ansässigen automatisch die Staatsangehörigkeit des Nachfolgestaates bekamen.8 Wenn sie jedoch ihre Bindung mit dem „alten“ Staat aufrechterhalten wollten, war ihnen das Optionsrecht eingeräumt. Die Einzelheiten waren üblicherweise im völkerrechtlichen Vertrag (meistens im Friedensvertrag) geregelt, wobei die Option normalerweise mit dem Wechsel des Wohnortes ins Territorium des bisherigen Staates verbunden war. In der Europäischen Staatsangehörigkeitskonvention von 1997 sind die heutigen Standards in Bezug auf die Sukzession der Staatsangehörigkeit enthalten (Art. 18 – 20). Es wird festgelegt, dass „jeder betroffene Vertragsstaat in Staatsangehörigkeitsangelegenheiten in Fällen einer Staatennachfolge, insbesondere um Staatenlosigkeit zu vermeiden, die Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit, die Vorschriften im Bereich der Menschenrechte und die in den Artikeln 4 und 5 sowie in Absatz 2 dieses Artikels enthaltenen Grundsätze beachtet. Bei der Entscheidung über die Verleihung oder Beibehaltung der Staatsangehörigkeit in Fällen der Staatennachfolge berücksichtigt jeder betroffene Vertragsstaat insbesondere: die echte und tatsächliche Bindung des Betroffenen an den Staat, den gewöhnlichen Aufenthalt des Betroffenen zur Zeit der Staatennachfolge, den Willen des Betroffenen, die territoriale Herkunft des Betroffenen.“

___________ 6 Vgl. CzapliĔski, Obywatelstwo polskie na Ziemiach Zachodnich i Póánocnych, in: Barcz (Hrsg.), Historyczne, polityczne i prawne aspekty tez RFN, S. 171 ff. 7 Vgl. CzapliĔski, Obywatelstwo w procesie normalizacji stosunków RFN-PRLNRD, S. 22 ff. 8 Vgl. CzapliĔski, Zmiany terytorialne w Europie ĝrodkowo-Wschodniej i ich skutki miĊdzynarodowoprawne (1997), S. 186 f.; CzapliĔski, Obywatelstwo polskie na Ziemiach Zachodnich i Póánocnych, in: Barcz (Hrsg.), Historyczne, polityczne i prawne aspekty tez RFN, S. 174 ff. Das Automatismusprinzip als eine völkergewohnheitsrechtliche Norm bedeutet, dass im Fall einer Staatensukzession alle auf dem Gebiet des Sukzessors ansässigen Personen automatisch seine Staatsbürgerschaft bekommen. Der Vorgänger ist verpflichtet, diese Personen von seiner Staatsbürgerschaft zu befreien.

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III. Staatsangehörigkeitsfragen in den deutsch-polnischen Beziehungen 1. Nach dem Ersten Weltkrieg Nach dem Ersten Weltkrieg erlangte Polen die Staatlichkeit und Souveränität nach 123 Jahren der Nichtexistenz wieder. In seinen Grenzen fanden sich damals viele Bürger der bisherigen Besatzungsstaaten, u. a. des Deutschen Reichs. Für die Reichsbürger bedeutete die Zession der Reichsgebiete an Polen die Änderung ihrer Staatsangehörigkeitsverhältnisse, d. h. mit dem Wirksamwerden der Gebietsübernahme erfolgte der Wechsel der Staatsangehörigkeit.9 Die in den nun polnischen Gebietsteilen wohnhaften Reichsdeutschen verloren gemäß Versailler Vertrags ihre deutsche Staatsangehörigkeit und erwarben ipso iure die polnische Staatsangehörigkeit (Art. 91 Abs. 1). Denjenigen Personen, die ihre deutsche Staatsangehörigkeit behalten wollten, wurde in Art. 91 Abs. 3 ein Optionsrecht eingeräumt, dessen wirksame Ausübung allerdings vom Wechsel des Wohnsitzes (aus Polen nach Deutschland) abhängig war (Art. 91 Abs. 6). Im Art. 278 Versailler Vertrags verpflichtete sich Deutschland, die neue Staatsangehörigkeit anzuerkennen und die betroffenen Reichsangehörigen „von jeder Pflicht gegenüber ihrem Heimatlande zu entbinden“.10 Diese völkerrechtliche Bestimmung stellte also fest, dass die Regelung eines fremden Staates über die neue Staatsangehörigkeit der bislang deutschen Staatsbürger für Deutschland verbindlich ist. Mit der Wiedererlangung der Souveränität durch Polen nach dem Ersten Weltkrieg wurden also viele bislang deutsche Staatsbürger zu polnischen Staatsangehörigen. Es stellt sich die Frage um das Weiterbestehen ihrer polnischen Staatsangehörigkeit, wenn sie nach dem Zweiten Weltkrieg vertrieben wurden.

___________ 9

Vgl. CzapliĔski, Obywatelstwo w procesie normalizacji stosunków RFN-PRLNRD, S. 115. 10 Art. 278: „Deutschland verpflichtet sich, die neue Staatsangehörigkeit, die von seinen Angehörigen gemäß den Gesetzen der alliierten und assoziierten Mächte und gemäß den Entscheidungen der zuständigen Behörden dieser Mächte, sei es auf dem Wege der Einbürgerung, sei es auf Grund einer Vertragsbestimmung etwa erworben ist oder erworben wird, anzuerkennen und auf Grund der neuerworbenen Staatsangehörigkeit diese Reichsangehörigen in jeder Richtung von jeder Pflicht gegenüber ihrem Heimatlande zu entbinden.“

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2. Nach dem Zweiten Weltkrieg a) Staatsangehörigkeitsstatus der Vertriebenen nach deutschem Recht Für die Vertriebenen und die sog. Spätaussiedler war zunächst ihre deutsche Staatsangehörigkeit von primärer Bedeutung. Für Personen, die in den ersten Nachkriegsjahren in der Bundesrepublik Zuflucht gefunden haben, galt anfangs der Status als „Deutsche im Sinne des Grundgesetzes“ (Art. 116 Abs. 1 GG). Das Gesetz zur Regelung von Fragen der Staatsangehörigkeit (StARegG 1955)11 ermöglichte den Heimatvertriebenen deutscher Volkszugehörigkeit, durch Abgabe einer Erklärung die deutsche Staatsangehörigkeit zu erwerben. Gleichzeitig wurde in § 25 StARegG festgehalten, dass die Regelungen der Staatsangehörigkeit durch das Heimatrecht nicht berührt werden.12 Dies bedeutete, dass die Vertriebenen durch die Einbürgerung als Deutsche nicht in ihrem Recht auf Rückkehr und Zugehörigkeit zur alten Heimat beeinträchtigt werden sollten.13 In der Praxis der späteren Jahre wurde jedoch der Gedanke der „als ob“ Behandlung als Deutsche im Sinne des Art. 116 Abs. 2 GG durch die uneingeschränkte Aufnahme der Vertriebenen als Teil des deutschen Staatsvolkes verdrängt.14

b) Die polnische Haltung zur Staatsangehörigkeit der Vertriebenen Nach polnischer Lehre war es gemäß dem völkerrechtlichen Standard bis zur ersten Hälfte des 20 Jahrhunderts zulässig, fremde Bevölkerungsteile umzusiedeln, um potenziellen Konflikten vorzubeugen.15 Nach dieser Ansicht haben die Alliierten die Zwangsaussiedlung der Deutschen aus den ehemaligen deutschen Gebieten als notwendig angesehen, was in den Bestimmungen von Jalta und Potsdam ausgedrückt wurde. Die Staatsangehörigkeit wurde aber in diesen Akten, anders als früher beim Versailler Vertrag, nicht geregelt. Diesmal wollte man, so die polnische Lehre, die nationalen Konflikte durch Aussiedlung der ___________ 11

Das sog. Erste Staatsangehörigkeitsgesetz vom 22.02.1955, BGBl. I, S. 65. „Das Heimatrecht der Vertriebenen und die sich aus ihm künftig ergebenden Regelungen ihrer Staatsangehörigkeit werden durch die auf Grund dieses Gesetzes abgegebenen Erklärungen nicht berührt.“ 13 Vgl. dazu Silagi, Vertreibung und Staatsangehörigkeit, 1999, S. 14 ff. Die polnische Lehre betrachtete die Regelung des Art. 116 GG als völkerrechtswidrig (sie widerspräche dem Automatismusprinzip) und sei gegen den Normalisierungsprozess mit sozialistischen Staaten gerichtet. Vgl. CzapliĔski, Obywatelstwo w procesie normalizacji stosunków RFN-PRL-NRD, S. 163 f. 14 Vgl. z.B. die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1990, BVerfGE 83, 37. 15 Vgl. Klafkowski, Umowa poczdamska a sprawy polskie 1945-1970, S. 215 ff. 12

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Bevölkerung lösen, da die Idee eines national gemischten Staates, wie sie noch nach dem Ersten Weltkrieg galt, offensichtlich versagt hat. Als krasses Beispiel nannte man die aktive Mitwirkung der deutschen Minderheit in der Tschechoslowakei an der nationalsozialistischen Aggression. Für die polnische Lehre war also die Umsiedlung konsequent mit den in Potsdam getroffenen Entscheidungen verbunden.16 Der polnische Staat konnte über die Staatsbürgerschaft auf den „Neugewonnenen Gebieten“ souverän entscheiden und die Deutschen hatten danach keinen Anspruch, in Polen eingebürgert zu werden.17 Der Feststellung der polnischen Staatsangehörigkeit diente die sog. nationale Verifikation. Die Situation bezüglich der Ausreisen aus Polen hat sich in den späteren Jahren allerdings radikal verändert. Dies war hauptsächlich mit der historischen Entwicklung des „Kalten Krieges“ und zunehmender Isolierung Polens und anderer sozialistischer Staaten verbunden. Nun war die Ausreise nach Deutschland (vor allem in die Bundesrepublik) ein Traum vieler in Polen gebliebener Personen, die zwar als Bürger polnischer Nationalität eingestuft wurden, sich aber eher als Deutsche identifizierten. In vielen Fällen war die nationale Zugehörigkeit nicht eindeutig bestimmbar und die Entscheidung, sich als Deutscher zu bekennen, hatte eher eine praktische wirtschaftliche Dimension.

c) Spätere Ausreisen in die DDR und in die Bundesrepublik Deutschland Da in den sozialistischen Staaten die DDR zunächst als einziger Vertreter ganz Deutschlands betrachtet wurde, wurden die Ausreisen aus Polen zuerst mit diesem Staat geregelt.18 Personen, die die deutsche Staatsangehörigkeit besaßen oder deutscher Nationalität waren (es zählte der Stand vom 1. September 1939) und denen die polnische Staatsangehörigkeit entzogen wurde, sollten in ___________ 16

Dies bedeutet nicht, dass das „Automatismusprinzip“ gar nicht galt, sondern nur, dass es an die Nationalität anknüpfte, um die Erfüllung internationaler Pflichten (als solche wird die Umsiedlung der deutschen Bevölkerung angesehen) zu ermöglichen. Polen als Nachfolgerstaat konnte also in seiner Gesetzgebung selbständig bestimmen, welche Personen, die das neue Territorium besiedeln, seine Staatsbürgerschaft bekommen. Vgl. CzapliĔski, Obywatelstwo w procesie normalizacji stosunków RFN-PRL-NRD, S. 129 ff. 17 Vgl. CzapliĔski, Obywatelstwo w procesie normalizacji stosunków RFN-PRLNRD, S. 119 ff.; CzapliĔski, Obywatelstwo polskie na Ziemiach Zachodnich i Póánocnych, S. 180 ff, S. 194 ff. Zwar wird die Wirkung des „Automatismusprinzips“ von dem Autor nicht bestritten, dieses Prinzip wurde aber durch die „völkerrechtlich vereinbarten“ Umsiedlungen der deutschen Bevölkerung verdrängt. 18 Die Gespräche fanden statt Anfang 1950 und wurden in Protokollen dokumentiert, die dann Grundlage für die Überlieferung waren. Die Protokolle und Informationen über das Ausmaß der Ausreisen sind im Archiv des Innenministeriums und des Außenministeriums Polens aufbewahrt.

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die DDR ausreisen dürfen. Diejenigen, die Familien in den westlichen Zonen hatten, sollten dorthin übergeben werden. Die auf dieser Grundlage organisierten Ausreisen dauerten bis Ende 1954, danach wurde festgehalten, dass über die Ausreise nur individuell entschieden werden sollte. Mit der DDR unterzeichnete Polen am 12. November 1975 ein Abkommen über die Regelung der doppelten Staatsangehörigkeit. Nach Art. 7 des Abkommens konnten sich alle erwachsenen Personen von doppelter Staatsangehörigkeit innerhalb eines Jahres entscheiden, welche von den beiden Staatsangehörigkeiten sie behalten möchten. Dafür war eine Erklärung vor den zuständigen Organen notwendig. Personen, die keine Erklärung bis zum Ablauf der vorgegebenen Frist abgegeben hatten, behielten kraft Vertrags die Staatsangehörigkeit des Staates, in dem sie ihren festen Wohnsitz hatten, und verloren automatisch die andere.19 Die in der DDR wohnhaften Deutschen verloren also gemäß der Konvention ihre polnische Staatsangehörigkeit. Die Ausreisen in die Bundesrepublik Deutschland waren seit Mitte der 1950er Jahren zunächst über die sog. Abkommen des Roten Kreuzes geregelt, denn eine intergovernmentale Regelung war wegen fehlender diplomatischer Beziehungen nicht möglich.20 Diese Ausreisen wurden „aus humanitären Gründen“ durch die polnische Regierung toleriert und dienten hauptsächlich dem Familienzusammenschluss.21 Im Laufe der Jahre erfolgte eine langsame Normalisierung der deutschpolnischen Beziehungen, ein völkerrechtlicher Vertrag bezüglich der Ausreise und Staatsangehörigkeit fehlte jedoch nach wie vor. Die polnische Regierung erklärte sich anlässlich der Verhandlungen über einen Normalisierungsvertrag bereit, in Form eines einseitigen Aktes („Information der Regierung der Volksrepublik Polen“), u. a. Personen von „unzweifelhafter deutscher Nationalität“ die Ausreise zu ermöglichen.22 Im Jahr 1975 wurde eine vorher vereinbarte

___________ 19 Aus polnischer Sicht stellte der Vertrag eine völkerrechtliche Bestätigung des Beschlusses 37/56 dar, nach dem die Ausreisenden ihre polnische Staatsangehörigkeit verloren. 20 Vgl. Korbel, Emigracja do RFN, S. 21 ff. 21 Insgesamt sollen zwischen 1956 und 1982 633.000 Personen in die Bundesrepublik Deutschland ausgereist sein, davon aufgrund des Beschlusses 37/56 603.000 (nach Barcz, Problem utraty obywatelstwa polskiego, in: Góralski, (Hrsg.) Transfer, obywatelstwo, majątek, S. 126). 22 Dieser Akt (Information...) hatte eine begrenzte völkerrechtliche Bedeutung, weil die polnische Seite die Ausreisen nur unter Vorbehalt der Beachtung nationaler Vorschriften gestatten wollte. Die Kriterien für die Ausreise wurden in der Praxis sehr willkürlich ausgelegt, so dass die Ausreise in vielen Fällen schwierig oder gar unmöglich war.

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Protokollarische Aufzeichnung23 unterzeichnet, in der sich der Außenminister Polens verpflichtete, bei der Regierung die Erlaubnis der Ausreise zu fordern. Die völkerrechtliche Natur dieser Akte wird in der polnischen Literatur als nicht eindeutig bezeichnet und es wird betont, dass die Regelungen „politischer oder pragmatischer Natur“ seien und trotz ihrer internationalen Verankerung keine unmittelbaren Wirkungen im polnischen Recht hervorrufen könnten.24 Ihre Ausführung sei von der innerstaatlichen polnischen Regelung abhängig, deshalb könnten sie nicht zur Beurteilung der Völkerrechtsmäßigkeit der getroffenen Maßnahmen herangezogen werden. Die Staatsangehörigkeitsfragen zwischen Polen und der Bundesrepublik Deutschland sind bis heute in keinem besonderen Vertrag geregelt. Weder im Zwei-plus-vier-Vertrag noch im Grenzvertrag noch im Nachbarschaftsvertrag wurde die Staatsangehörigkeit angesprochen. Lediglich im Briefwechsel zum Nachbarschaftsvertrag wird angemerkt, dass sich der Vertrag mit der Staatsangehörigkeit und mit den Vermögensfragen nicht beschäftigt.

3. Polnische Gesetzgebung und Praxis in deutsch-polnischen Staatsangehörigkeitsfragen a) Nationale Verifikation In den ersten Nachkriegsjahren wurde in Polen die sog. nationale Verifikation der Einwohner der neu erworbenen Gebiete durchgeführt. Als völkerrechtliche Grundlage dafür nennt man das Potsdamer Abkommen, das die Staatsangehörigkeit zwar nicht regelte, aber die Aussiedlung der Deutschen nach polnischer Auffassung „anordnete“. Nun musste festgestellt werden, wer als „Deutscher“ galt.25 Die Verifikation sollte hier zur Klärung der Staatsangehörigkeit ___________ 23

Die Protokollaufzeichnung (zapis protokolarny) wurde vom polnischen Botschafter mit dem deutschen Staatssekretär ausgehandelt und später durch die Außenminister unterzeichnet. Von der Genehmigung der Ausreisen hing die Erteilung der deutschen Kredite an Polen ab. Polen verpflichtete sich, in den nächsten vier Jahren bis 125.000 Personen ausreisen zu lassen. 24 Siehe Barcz, Problem utraty, S. 128. Nach Barcz kann man die protokollarische Aufzeichnung als einen „Vertrag sui generis“ und die „Information…“ als Verpflichtung ex gratia qualifizieren. 25 In der polnischen Literatur wird hervorgehoben, dass die Regelung der deutschen Staatsangehörigkeit primär dem deutschen Staat obliegt. Da aber der völkerrechtliche Status Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg unsicher war, konnte eine Regelung in diesem Bereich erst nach dem Abschluss des vorgesehenen Friedensvertrags vorgenommen werden (als solcher wird der sog. Zwei-plus-vier-Vertrag betrachtet). Solange es keinen Friedensvertrag gab, war Deutschland nach dem „Automatismusprinzip“ verpflichtet, die im Potsdamer Abkommen getroffene Regelung (also in diesem Fall Umsiedlung und Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit) zu akzeptieren.

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beitragen, indem die Betroffenen ihre nationale Identität erklärten und sich zur polnischen oder deutschen Nationalität bekannten.26 Die Bescheinigung über die polnische Nationalität war praktisch mit der Feststellung polnischer Staatsbürgerschaft gleich.27 Andere, negativ eingestufte Personen, waren dagegen zur Ausreise verpflichtet. Gesetzliche Grundlagen für die Durchführung der Verifikation waren in folgenden Akten enthalten:  Anordnung des Ministers für Öffentliche Verwaltung vom 20. Juni 1945 über die Ausstellung vorläufiger Bescheinigungen über die Zugehörigkeit zum Polnischen Volk,28  Anordnung des Ministers für Neugewonnene Gebiete über die Feststellung der nationalen Zugehörigkeit von in den Neugewonnenen Gebieten wohnhaften Personen vom 6. April 1946,29  Gesetz über die Staatsangehörigkeit des Polnischen Staates von in den Neugewonnenen Gebieten Personen polnischer Nationalität vom 28. April 1946,30  Rundschreiben Nr. 46 des Ministers für Neugewonnene Gebiete vom 11. Mai 1946 als Ausführungsakt für das o.g. Gesetz.31 Darüber hinaus wurde im Dekret vom 13. September 1946 über den Ausschluss aus der polnischen Gesellschaft für Personen deutscher Nationalität32 der Entzug polnischer Staatsangehörigkeit geregelt.33 ___________ 26

Vgl dazu CzapliĔski, W., Obywatelstwo polskie na Ziemiach Zachodnich i Póánocnych, in: Barcz (Hrsg.), Historyczne, polityczne i prawne aspekty tez RFN o niemieckiej mniejszoĞci narodowej w Polsce (1988), S. 171 ff.; CzapliĔski, Obywatelstwo w procesie normalizacji stosunków RFN-PRL-NRD, S. 119 ff. 27 Über den Zeitpunkt des Erwerbs der polnischen Staatsbürgerschaft ist man sich in der Lehre nicht einig (es scheint die Meinung zu überwiegen, dass die Feststellung der polnischen Nationalität für die Bürgerschaft einen deklaratorischen Charakter hatte). Vgl. CzapliĔski, Obywatelstwo w procesie normalizacji stosunków RFN-PRL-NRD, S. 128 ff. 28 Krakowski Dziennik Wojewodzki 1945, Nr. 2, Pos. 5. Auf dieser Grundlage wurden anfangs lokale, woiwodschaftsbezogene Vorschriften über die Verifikation erlassen. 29 Dz.Urz. Min. Ziem Odzyskanych 1946, Nr. 4, Pos. 26. 30 Dz.U. RP 1946, Nr. 15, Pos. 106. 31 Dz.Urz. Min. Ziem Odzyskanych 1946, Nr. 4, Pos. 30. 32 Dz. U. 1947, Nr. 55, Pos. 310. 33 Die Regel über die Rehabilitierung und Bestrafung von Personen, die während des Krieges in die Volksliste aufgenommen wurden, ist schon vorher im Gesetz über den Ausschluss feindlicher Elemente aus der polnischen Gesellschaft (vom 06.05.1945, Dz.U. Nr. 17, Pos. 96) festgelegt worden. In diesem Gesetz wurden Staatsangehörigkeitsfragen nicht direkt geregelt, allerdings schwere Strafen (Freiheitsstrafe, Geldstrafe, Entzug von Bürgerrechten und Enteignung) für Personen, die in die Volksliste freiwillig

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Das Staatsangehörigkeitsgesetz vom 28. April 1946 regelte in Art. 1, dass die polnische Staatsangehörigkeit demjenigen dient, der vor dem 1. September 1945 seinen ständigen Wohnsitz in den Neugewonnenen Gebieten hatte, seine polnische Nationalität vor einer Verifikationskommission bewiesen und eine von der zuständigen Verwaltungsbehörde ausgestellte Bescheinigung vorgelegt hat sowie eine Treueerklärung für den polnischen Staat und Volk abgibt. Eine abschließende Regelung der polnischen Staatsangehörigkeit fand im Staatsangehörigkeitsgesetz vom 8. Januar 195134 (weiter: StAG 1951) statt, in dem für polnische Staatsangehörige u. a. Personen gehalten werden, die eine aufgrund des Gesetzes vom 28. April 1946 ausgestellte Bescheinigung über die polnische Nationalität bekamen (Art. 2 P. 3). Das StAG 1951 stellte also praktisch die polnische Nationalität mit der polnischen Staatsangehörigkeit gleich. Die Praxis in der Feststellung der nationalen Zugehörigkeit war in Polen in vielen Fällen nicht frei von Willkür; einige Personen bekannten sich zur polnischen Nationalität selbständig aus pragmatischen Gründen (da sie nicht ausreisen wollten), andere wurden dagegen sogar gegen ihren Willen eingebürgert (da sie für den Wiederaufbau des Staates unerlässlich waren).35 Die Verifikation konnte also in vielen Fällen nicht die endgültige Entscheidung über die Nationalität herbeiführen.

b) Verlust der polnischen Staatsangehörigkeit nach dem Gesetz vom 8. Januar 1951 Das StAG 1951 stellte in Art. 4 fest, dass Personen, die zwar am 31. August 1939 polnische Staatsbürger waren, aber ständig im Ausland leben und deutscher Nationalität sind, keine polnischen Staatsbürger mehr sind, es sei denn ihr Ehemann (-frau) ist polnischer Staatsbürger und wohnt in Polen (Art. 4 P. 3). Der Verlust war also zum einen mit dem Kriterium deutscher Nationalität und zum zweiten mit dem ständigen Wohnsitz im Ausland verbunden.36 ___________ aufgenommen wurden oder derer Rehabilitierungsantrag abgelehnt wurde, verhängt. Dies hatte zur Folge, dass viele Volksdeutsche flüchteten. 34 Dz.U. 1951, Nr. 4, Pos. 25. 35 In diesem Zusammenhang soll man auf Art. 3 des StAG 1951 hinweisen, der den polnischen Organen als polnische Staatsbürger solche Personen zu betrachten erlaubte, die zwar nicht die Anforderungen des Art. 2 erfüllen, aber in Polen mindestens seit 09.05.1945 wohnhaft sind, es sei denn, sie kamen nach Polen als Ausländer und sind als solche in Polen behandelt worden. 36 Die Bedeutung dieser Vorschrift war begrenzt, da die meisten Personen deutscher Nationalität ihre polnische Staatsangehörigkeit gemäß dem Dekret vom 13.09.1946 verloren haben. Vgl. Ramus, Prawo o obywatelstwie, S. 245.

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Der Verlust polnischer Staatsangehörigkeit konnte auch noch im Zusammenhang mit dem Erwerb einer fremden Staatsangehörigkeit (Art. 11 – Verlust ex lege) oder aufgrund einer individuellen Entscheidung in den in Art. 12 genannten Fällen erfolgen (es handelte sich hier um polnische Staatsbürger, die im Ausland lebten und gegen die Interessen Polens agierten). Der Erwerb einer fremden Staatsangehörigkeit war nur nach Erteilung einer Genehmigung zum Wechsel durch die „polnische Gewalt“ möglich (Art. 11 Abs. 1). Über die Verleihung und den Verlust der polnischen Staatsangehörigkeit entschied nach Art. 13 der Staatsrat. Der Erwerb fremder Staatsangehörigkeit führte nach Art. 11 Abs. 5 automatisch zum Verlust der polnischen.37 Nach Art. 1 konnte ein polnischer Staatsangehöriger nicht gleichzeitig Staatsangehöriger eines fremden Staates sein.

c) Verlust der polnischen Staatsangehörigkeit nach dem Gesetz vom 15. Februar 1962 Das Staatsangehörigkeitsgesetz vom 15. Februar 196238 änderte den Verlust der polnischen Staatsangehörigkeit im Zusammenhang mit dem Erwerb einer fremden Staatsangehörigkeit (Art. 13) nur gering, indem es einige Bestimmungen in Bezug auf den Genehmigungsantrag der Eltern und seine Auswirkung für deren Kinder präzisierte und die Rechte von Frauen regelte, die eine Ehe mit einem Ausländer eingingen. Den Verlust der polnischen Staatsangehörigkeit konnte man nach diesem Gesetz ebenfalls durch Abgabe einer Erklärung herbeiführen, die durch das zuständige Verwaltungsorgan angenommen werden musste (Art. 14). Ähnlich wie in Art. 12 des StAG 1951 war auch eine individuelle Entziehung der polnischen Staatsangehörigkeit nach Art. 15 StAG 1962 möglich. In Art. 13 Abs. 1 wurde festgelegt, dass ein polnischer Staatsbürger eine fremde Staatsangehörigkeit nur mit Genehmigung eines zuständigen polnischen Organs annehmen kann (Satz 1) und dass der Wechsel der Staatsangehörigkeit den Verlust der polnischen Staatsangehörigkeit nach sich zieht (Satz 2). Nach Art. 16 Abs. 1 war der Staatsrat zur Entscheidung über die Verleihung, Genehmigung zum Wechsel und den Verlust der polnischen Staatsangehörigkeit zuständig.39 Ein polnischer Staatsbürger konnte in Polen nach Art. 1 des Gesetzes ___________ 37

Das Gesetz enthielt diese Regelung, um einer mehrfachen Staatsangehörigkeit vorzubeugen. Allerdings, ein Erwerb fremder Staatsangehörigkeit ohne Genehmigung bedeutete keinen automatischen Verlust der polnischen Staatsangehörigkeit. 38 Dz.U. 1962, Nr. 10, Pos. 49. 39 Die Genehmigung auf Wechsel der Staatsangehörigkeit erteilte nach StAG 1962 auf Antrag des Innenministers der Staatsrat. Der Außenminister konnte durch den

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nicht gleichzeitig als Staatsangehöriger eines fremden Staates betrachtet werden.

d) Beschluss des Staatsrates Nr. 37/56 Zum wirksamen Verlust der polnischen Staatsangehörigkeit war sowohl nach dem StAG 1951 (Art. 11) als auch nach dem StAG 1962 (Art. 13) neben dem Erwerb einer fremden Staatsangehörigkeit eine Genehmigung zum Wechsel der Staatsangehörigkeit notwendig.40 Die Probleme, die mit dieser Regelung zusammenhängen, stellen bis heute einen zentralen Anhaltspunkt bei der Feststellung des Besitzes oder Verlustes der polnischen Staatsangehörigkeit dar. In beiden Staatsangehörigkeitsgesetzen wurde der Staatsrat als zuständiges Organ in den Staatsangehörigkeitsfragen genannt. Er erließ am 16. Mai 1956 einen Beschluss „bezüglich der Genehmigung zum Wechsel der polnischen Staatsangehörigkeit für deutsche Repatrianten“ (Beschluss Nr. 37/56). Der Beschluss lautete:41 „Aufgrund des Art. 13 Abs. 1 und 2 des Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 8. Januar 1951 (Dz.U. Nr. 4, Pos. 25) beschließt der Staatsrat: Man erlaubt den polnischen Staatsbürgern, die das Gebiet der Volksrepublik Polen verließen oder verlassen und sich als Repatrianten in die Deutsche Demokratische Republik oder in die Bundesrepublik Deutschland begaben oder begeben, den Wechsel der polnischen Staatsangehörigkeit in die deutsche. Die Genehmigung erstreckt sich auf Kinder, die unter elterlicher Sorge der im Abs. 1 genannten Personen stehen und die mit den Eltern das Gebiet der Volksrepublik Polen verließen oder verlassen. Die im Abs. 1 und 2 genannten Personen verlieren die polnische Staatsangehörigkeit nach der Überschreitung der Grenze der Volksrepublik Polen.“

Der Beschluss des Staatsrates Nr. 37/56 spielte in der Praxis der Ausreisen eine gravierende Rolle. Um die Grenzen Polens verlassen und nach Deutschland ausreisen zu dürfen, musste man einen begründeten Antrag auf Erteilung eines Reisedokuments an das zuständige Ministerium stellen. Im Reisedokument war dann die Feststellung des Staatsangehörigkeitverlustes mit dem Grenzübertritt enthalten. ___________ Staatsrat bevollmächtigt werden, die Genehmigung für im Ausland lebende Personen zu erteilen, diese Ermächtigung durfte er auf Leiter der Konsularämter übertragen. 40 Diese Formulierung wird in dem Sinne ausgelegt, dass nur ein mit Genehmigung erfolgter Staatsangehörigkeitswechsel zum Verlust der polnischen Staatsangehörigkeit führte. Vgl. Barcz, Problem utraty, S. 123. 41 Eigene Übersetzung der Autorin. Polnischer Text siehe Góralski (Hrsg.), Transfer, obywatelstwo, majątek, S. 464.

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aa) Rechtlicher Charakter des Beschlusses Die rechtliche Qualifikation des Beschlusses Nr. 37/56 ruft bis heute viele Kontroversen hervor. Der Beschluss wurde als „Genehmigung“ im Sinne des Art. 11 Abs. 1 und 5 des StAG 1951 bezeichnet, allerdings war es eine „generelle Genehmigung“ des Staatsangehörigkeitswechsels für Personen, die das Territorium der Volksrepublik Polen verließen oder verlassen (werden) und als Repatrianten in die DDR oder in die Bundesrepublik Deutschland ausreisen. Die Individualisierung erfolgte, indem die Person, die ausreisen wollte, einen Antrag stellte und ein „Reisedokument“, welches die Ausreise bewilligte, bekam. Die Genehmigung des Wechsels der Staatsangehörigkeit war allerdings schon vorher in Form des Beschlusses vorhanden. Man kann also sagen, dass alle Personen, deren Ausreise genehmigt wurde, automatisch ihre Staatsangehörigkeit wechseln durften und mit dem Verlassen Polens die polnische Staatsangehörigkeit verloren. Der Beschluss stellte also keinen konkret-individuellen Verwaltungsakt, sondern eher eine abstrakt-generelle Entscheidung dar, in der lediglich die Zielgruppe bestimmt war. Dieser unklare rechtliche Charakter des Aktes kann aus der heutigen Perspektive verwundern, in der Volksrepublik Polen war aber eine solche Praxis kein Einzelfall. Der Grund dafür lag in dem offenen Charakter des Rechtsquellensystems dieses sozialistischen Staates, in dem neben klassischen Gesetzen und Verordnungen auch Beschlüsse, Rundschreiben, allgemeine Entscheidungen und ähnliche Akte die Lebensverhältnisse der Bürger regelten und praktisch, da es keine verbindliche, verfassungsrechtlich verankerte Hierarchie der Rechtsquellen gab, gesetzesähnliche Kraft haben konnten. Zusätzliche Zweifel erweckt die Tatsache, dass der Beschluss nicht veröffentlicht wurde. Dies verstößt gegen das Rechtsstaatsprinzip, in einer vorrechtsstaatlichen Praxis der Volksrepublik war es aber kein Einzelfall. Darüber hinaus kann gegen den Beschluss eingewendet werden, dass er sich, obwohl die Ermächtigungsgrundlage (StAG 1951) durch das StAG 1962 ersetzt wurde (also nicht mehr existierte), rechtlich „verselbständigte“ und bis 1984 galt.42

bb) Inhaltliche Mängel Neben den formellen Mängeln muss auch der Inhalt des Beschlusses kritisiert werden. ___________ 42 Er wurde durch den Beschluss Nr. 26/84 vom 08.03.1984 ersetzt. Beide Beschlüsse wurden nicht veröffentlicht. Text siehe Góralski (Hrsg.), Transfer, obywatelstwo, majątek, S. 464.

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Erstens wurden im Beschluss Betroffene „Repatrianten“ genannt, also Personen, die in ihr Vaterland zurückkehren. Es stellt sich die Frage, ob dieses Kriterium auch für die Spätaussiedler zutrifft. Es handelte sich hier einerseits um Menschen deutscher Nationalität, die in ihrer Heimat geblieben sind, ihr „deutsches Vaterland“ aber nicht kannten. Oft waren aber hier andererseits Personen betroffen, die polnischer oder gemischter Nationalität waren und Polen aus wirtschaftlichen Gründen verlassen wollten. Diese Personen mussten die Kriterien für die Genehmigung der Ausreise erfüllen und sich gleichzeitig für die deutsche Staatsangehörigkeit entscheiden (der Verzicht auf die polnische Staatsangehörigkeit war also in vielen Fällen erzwungen und hatte den Charakter einer „Bestrafung“ für das Verlassen der Volksrepublik). Zweitens ist zu überlegen, ob der „Wechsel“ der Staatsangehörigkeit auch solche Situationen umfasst, in denen die Betroffenen schon vorher eine andere als polnische Staatsangehörigkeit besaßen, es also zu keinem „aktiven“ Wechsel kam.43 Es stellt sich die Frage, ob auch diese Personen mit der Ausreise ihre polnische Staatsangehörigkeit verloren. Es müsste hier unterschieden werden, ob diese Personen nach Art. 4 oder nach Art. 11 StAG 1951 ihre polnische Staatsangehörigkeit verlieren konnten. Für die nach dem Inkrafttreten des StAG 1951 ausgereisten Personen mit doppelter Staatsangehörigkeit kann Art. 11 einerseits bedeuten, dass sie spätestens mit dem Inkrafttreten des Beschlusses ihre polnische Staatsangehörigkeit verloren. Andererseits sollen nach Art. 11 Abs. 5 StAG 1951 nur Personen, die mit Genehmigung ihre Staatsangehörigkeit wechseln, die polnische Staatsangehörigkeit verlieren. Deshalb kann man eine bestehende fremde Staatsangehörigkeit nicht als „Wechsel mit Genehmigung“ qualifizieren. Die Anwendung des Art. 4 bedeutet dagegen, dass sie die polnische Staatsangehörigkeit ex lege mit dem Inkrafttreten des Gesetzes verloren. Sie betrifft aber nur Personen, die ihren ständigen Wohnsitz im Ausland haben. Drittens bestimmte der Beschluss den Zeitpunkt des Staatsangehörigkeitsverlustes mit dem Moment des Grenzübergangs. Diese Regelung stimmte nicht mit dem gesetzlich festgelegten Termin überein: nach Art. 11 Abs. 5 sollte der Verlust der polnischen Staatsangehörigkeit mit dem Erwerb einer fremden Staatsangehörigkeit erfolgen. Bezüglich des Zeitpunkts des Verlustes kann man sich zwei unterschiedliche Situationen vorstellen: 1) wenn eine Person die deutsche Staatsangehörigkeit schon vor der Ausreise bekam (oder besaß) oder 2) wenn eine Person erst nach der Ausreise in Deutschland eingebürgert wurde. ___________ 43 Dieses Problem hat große praktische Bedeutung, denn nach deutschem Recht behielten alle Deutschen, die nach den Zweiten Weltkrieg in den Reichsgrenzen von 1937 lebten, ihre deutsche Staatsangehörigkeit (Art. 116 GG). Eine spätere Bestätigung der Staatsangehörigkeit hatte also nur deklaratorischen Charakter.

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In der ersten Situation steht die Ausreise noch bevor und Personen, die doch nicht ausreisen, sollten nach dem Beschluss ihre polnische Staatsangehörigkeit behalten.44 Nach dem Gesetz (Art. 11 Abs. 5) dagegen war der Verlust schon mit dem Zeitpunkt des Erwerbs (bzw. mit der Erteilung der Genehmigung) vollzogen. Bei Personen, die erst nach der Ausreise ihre Staatsangehörigkeit wechselten, verstößt der Beschluss gegen das Prinzip der Vermeidung der Staatenlosigkeit, da diese Personen mit dem Grenzübertritt ihre polnische Staatsangehörigkeit verloren und die fremde noch nicht bekamen. In diesen Fällen muss man den Bestimmungen des Gesetzes Vorrang geben und als Zeitpunkt des Staatsangehörigkeitsverlustes den Tag des Erwerbs von fremder Staatsangehörigkeit annehmen. Die Abweichung im Beschluss 37/56 hatte also praktische Gründe – Personen, die eine deutsche Staatsangehörigkeit erwerben und Volksrepublik Polen verlassen, sollen mit dem Grenzübertritt ihre polnische Staatsangehörigkeit verlieren, wenn sie aber im Lande bleiben, bleiben sie auch weiterhin polnische Staatsbürger.

4. Gegenwärtige Rechtsprechung polnischer Gerichte in Staatsangehörigkeitsfragen Zu den Fragen des Staatsangehörigkeitsverlustes nahmen in letzter Zeit öfters die obersten Gerichtsinstanzen im Verfahren über die Feststellung des Besitzes der polnischen Staatsangehörigkeit Stellung. Die Entscheidungen der Verwaltungsorgane und Gerichte in Sachen der Staatsangehörigkeit zeigen allerdings bislang keine einheitliche Linie zu Problemen des Staatsangehörigkeitsverlustes von Personen, die nach Deutschland ausgereist sind. Grundsätzlich herrscht in der Verwaltung die Überzeugung von der Wirksamkeit des aufgrund des Beschlusses Nr. 37/56 erfolgten Verlustes, allerdings gibt es, wie oben aufgezeigt, eine ganze Reihe von Zweifeln und Unstimmigkeiten in Bezug auf den Beschluss selbst und auf die damalige Praxis. Dies spiegelt sich in der Rechtsprechung des Obersten Verwaltungsgerichts (NSA) und des Obersten Gerichtshofs (SN) wider.

___________ 44 Eine Inkonsequenz bestand darin, dass ein Reisedokument nach geltenden Vorschriften (Art. 24 des Dekrets des Staatsrates vom 14.08.1954 und Art. 1 Abs. 4 des Passgesetzes vom 17.06.1959) ausschließlich Ausländern ausgestellt werden durfte.

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a) Urteil des NSA vom 11. August 200045 und des SN vom 17. September 200146 Die Urteile des NSA (Oberverwaltungsgericht) (2000) und des SN (Oberstes Gericht) (2001) stellen einen wichtigen Beitrag zur Klärung der Frage dar, ob der Verlust der polnischen Staatsangehörigkeit nach dem Beschluss Nr. 37/56 wirksam war. aa) Sachverhalt In dieser konkreten Sache stellte ein gewisser R., der mit seiner Familie 1971 nach Berlin (West) ausgereist ist, im Jahre 1999 beim zuständigen Woiwoden in Oppeln einen Antrag auf Feststellung des Besitzes polnischer Staatsangehörigkeit. Der Antrag wurde mit der Begründung abgelehnt, dass R. die deutsche Staatsangehörigkeit erworben und seinen ständigen Aufenthalt in Deutschland habe. R. habe vor seiner Ausreise die Genehmigung zum Wechsel der polnischen Staatsangehörigkeit beantragt und sich dabei auf seine deutsche Nationalität und auf die Absicht, in Deutschland seinen ständigen Wohnort zu begründen, berufen. Das für R. ausgestellte Reisedokument enthielt die Feststellung des Verlustes polnischer Staatsangehörigkeit nach dem Grenzübertritt der Volksrepublik Polen. R. legte beim Innenminister Berufung ein, der Minister erhielt aber die Entscheidung des Woiwoden aufrecht. In der Begründung wies der Minister darauf hin, dass der Verlust der polnischen Staatsangehörigkeit im Lichte der damals geltenden Vorschriften zu beurteilen sei, d.h. aufgrund des Art. 13 des StAG 1962, in dem der Verlust erstens von der Genehmigung zum Wechsel der Staatsangehörigkeit und zweitens vom Erwerb einer fremden Staatsangehörigkeit abhängig war. Die Genehmigung wurde von R. beantragt. Für die nach Deutschland Ausreisenden war damals aufgrund des Beschlusses Nr. 37/56 keine individuelle Entscheidung nötig und die Erteilung der Genehmigung war im Reisedokument enthalten. Des Weiteren erwarb R. die deutsche Staatsangehörigkeit, womit die zweite Bedingung erfüllt worden ist. R. verlor also die polnische Staatsangehörigkeit mit dem Erwerb der deutschen. R. legte eine Beschwerde beim NSA ein, in der er der Entscheidung die Verletzung der Art. 13 Abs. 1 und Art. 16 Abs. 1 und 2 des StAG 1962 vorwarf, da ein Antrag auf Wechsel der Staatsangehörigkeit nicht mit dem Verlust der Staatsangehörigkeit gleichgestellt werden könne. Der Beschluss Nr. 37/56 könne hier keine Grundlage sein, da er unter dem StAG 1951 erlassen wurde und niemals veröffentlicht war. Es sei also in diesem Fall keine Genehmigung vorhanden. ___________ 45 46

V SA 117/00. III RN 56/01.

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Als Antwort auf die Beschwerde hob der Innenminister hervor, dass R. die Genehmigung aufgrund des Beschlusses bekam – der Beschluss selbst stellte einen „besonderen Akt generellen Charakters“ dar, aufgrund dessen kein individueller Verwaltungsakt für die von diesem Beschluss betroffenen Personen (die seine Voraussetzungen erfüllten) notwendig war. Diese Personen bekamen also automatisch die Genehmigung.

bb) Urteil des NSA Das NSA hob in seinem Urteil vom 11. August 2000 die Entscheidung des Innenministers und des Woiwoden auf. Das Gericht stellte fest, dass das StAG 1962 den Verlust der polnischen Staatsangehörigkeit in Verbindung mit dem Erwerb einer fremden Staatsangehörigkeit von einer Genehmigung des Staatsrates abhängig machte (Art. 13 Abs. 1 i.V.m. Art. 16 Abs. 1 StAG 1962). Dies bedeutet, dass ein Erwerb fremder Staatsangehörigkeit ohne eine solche Genehmigung nicht zum Verlust der polnischen Staatsangehörigkeit führte. Der Beschluss 37/56, unabhängig von seinem Inhalt, konnte im Fall R. nicht als eine solche Genehmigung fungieren, da er in diesem Zeitpunkt nicht galt. Er wurde als Ausführungsakt zum StAG 1951 erlassen und mit dem Inkrafttreten des StAG 1962 verlor er seine Kraft, da auch das StAG 1951 außer Kraft getreten ist. Die Meinung der Verwaltungsorgane, der Beschluss habe eine besondere rechtliche Natur, die ihn von der Existenz der gesetzlichen Grundlage unabhängig mache, ist also nach Ansicht des NSA falsch. Gegen dieses Urteil wurde vom Justizminister eine außerordentliche Revision beim SN eingelegt. In der Begründung betonte der Minister, dass ein Ausführungsakt zwar nicht unabhängig von seiner Gesetzesermächtigung gelten dürfe, in diesem konkreten Fall müsse man aber die besondere Natur des Beschlusses 37/56 im „systematischen Zusammenhang“ berücksichtigen. Das StAG 1951 enthalte in Art. 13 keine ausdrückliche Ermächtigung zum Erlass von Ausführungsakten, deshalb könne man den Beschluss nicht als „Ausführungsakt“ bezeichnen. Das StAG 1962 enthalte darüber hinaus keine besondere Regelung bezüglich der Beschlüsse des Nationalrates, die im Zusammenhang mit dem StAG 1951 erlassen worden seien. Die Beschlüsse des Staatsrates als normative Rechtsquellen hätten in der Volksrepublik eine andere, höhere Position als Ausführungsakte des Ministerrates, deshalb solle der Beschluss Nr. 37/56 als ein selbständiger Akt betrachtet werden, der in seiner Geltung vom StAG 1951 unabhängig geworden sei. Des Weiteren soll der Beschluss nach Ansicht des Ministers im systematischen Zusammenhang mit der im Moment der Antragstellung auf Feststellung der polnischen Staatsangehörigkeit geltenden Verfassung aus dem Jahre 1997 betrachtet werden. Die Verfassung sieht vor, dass einem polnischen Staatsbürger die polnische Staatsangehörigkeit nicht entzogen werden darf, es sei denn er verzichtet auf sie (Art 34 Abs. 2). Im Fall R. stehe fest, dass R. mit dem Antrag auf Genehmigung des Staatsangehö-

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rigkeitswechsels im Jahr 1971 seinen Verzicht auf die polnische Staatsangehörigkeit erklärt hat, zumal er sich selbst auf seine deutsche Nationalität und die Absicht, in Deutschland zu leben, berufen hat und seit 30 Jahren als Deutscher in Deutschland wohnt.

cc) Urteil des SN Das SN wies die Revision des Justizministers zurück und stellte in seinem Urteil vom 17. September 2001 fest, dass eine Genehmigung des Nationalrates zum Staatsangehörigkeitswechsel nach Art. 13 Abs. 1 i.V.m. Art. 16 Abs. 1 und 2 des StAG 1962 „ein individueller, an einen bestimmten Adressaten gerichteter Akt“ sein sollte. Über den Antrag sollte also in jedem Fall einzeln entschieden werden und die Entscheidung müsste einen individuell-konkreten Charakter haben. Im Fall R. fehle eine solche Genehmigung. Desgleichen, obwohl R. den Antrag gestellt und eine fremde Staatsangehörigkeit erworben habe, habe er seine polnische Staatsangehörigkeit nicht verloren. Der Beschluss Nr. 37/56 konnte also eine individuelle Genehmigung nicht wirksam ersetzen. Weder das StAG 1962 noch die damals geltende Verfassung sahen eine solche abweichende Regelung und eine Ermächtigung für den Staatsrat zum Erlass eines solchen Beschlusses vor. Ein Beschluss des Staatsrates dürfe darüber hinaus die geltenden gesetzlichen Normen über den Staatsangehörigkeitsverlust nicht abändern. Für die Beurteilung des Falles dürfe auch die vom Justizminister genannte „systematische“ Auslegung im Kontext der seit 1997 geltenden Verfassung nicht herangezogen werden. Der heute geltende Verzicht auf die polnische Staatsangehörigkeit sei im Jahre 1971 nicht bekannt und könne mit der damaligen Regelung nicht gleichgestellt werden. Das Oberste Gericht nahm auch Stellung zum angeblichen Verzicht des R. auf die polnische Staatsangehörigkeit im Antrag auf Genehmigung des Staatsangehörigkeitswechsels. Das Gericht betonte, dass „weder Nationalität noch ethnische Zugehörigkeit, noch ein ausländischer Wohnsitz einer Person eine Vermutung des Verzichts auf eine Staatsangehörigkeit begründen können“. R. stellte diesen Antrag nur, weil es sonst keine andere Möglichkeit gab, einen Pass zu bekommen und auszureisen. Er hatte aber nie die Absicht, auf seine polnische Staatsangehörigkeit zu verzichten. Mit seinem Antrag wurde das Verfahren aus Art. 13 und 16 StAG 1962 eingeleitet, das jedoch nicht erfolgreich beendet wurde, da keine individuelle Entscheidung des Staatsrates, wie sie nach StAG 1962 vorgesehen war, getroffen wurde. Nach Ansicht des SN darf man heutzutage keine Rechtfertigung für die rechtswidrigen Handlungen der damaligen Staatsorgane beispielsweise in der geltenden Verfassung vom 1997 suchen. Die Praxis des Staatsrates und des Innenministeriums der 60er und 70er Jahre sei rechtwidrig und fehlerhaft gewesen. Der angebliche Wille des Betroffenen und das ausgestellte Reisedokument dürfen diese Fehler nicht ausräumen, zumal das den Verlust der polnischen Staatsangehörigkeit feststel-

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lende Reisedokument rechtswidrig vom Innenministerium und nicht vom hier zuständigen Organ – dem Staatsrat – ausgestellt wurde.

dd) Zwischenergebnis Die Urteile des NSA und des SN stellen eindeutig fest, dass die aufgrund des Beschlusses Nr. 37/56 erfolgten Ausbürgerungen rechtswidrig waren. Mit diesen Urteilen kann man damit rechnen, dass die meisten Probleme der damaligen Praxis in Bezug auf den Verlust der polnischen Staatsangehörigkeit ausgeräumt sind. Sie zeigen den Betroffenen einen Weg auf, das Weiterbestehen ihrer polnischen Staatsangehörigkeit vor polnischen Verwaltungsorganen und Gerichten begründen zu können. Spätere Entscheidungen47 des NSA bestätigten, dass der Beschluss Nr. 37/56 keine individuelle Genehmigung ersetzen konnte, allerdings war die Praxis der Verwaltungsgerichte bislang nicht immer einheitlich.48

IV. Völkerrechtliche Würdigung der Ausbürgerungen In Bezug auf die Regelung des Verlustes der polnischen Staatsangehörigkeit nach dem Zweiten Weltkrieg stellt sich die Frage nach ihrer Völkerrechtskonformität. Die Zwangsaussiedlungen der deutschen Bevölkerung führten dazu, dass die Staatsangehörigkeit der Vertriebenen von der deutschen Doktrin anders als von der polnischen Doktrin betrachtet wird. Man kann hier, um die Prüfung der Völkerrechtsmäßigkeit in Bezug auf konkrete mit der Regelung der Staatsangehörigkeit zusammenhängende Handlungen durchzuführen, unterschiedliche Personengruppen gesondert betrachten:

1. Vertriebene, die vor dem Krieg keine polnischen Staatsbürger waren Nach polnischer Ansicht haben Deutsche, die aufgrund der Ausführung der Potsdamer Bestimmungen umgesiedelt worden sind, keine polnische Staatsan___________ 47

Vgl. z.B. Urteile NSA vom 14.10.2005 (II OSK 965/05, ONSA i wsa 2006/2/67), vom 13.06.2007 (II OSK 1065/06), vom 25.07.2007 (II OSK 1250/06), vom 19.04.2007 (II OSK 603/06), vom 28.03.2007 (II OSK 513/06). 48 Vgl. z.B. Urteile des Woiwodschaftsverwaltungsgericht (WSA) in Warschau vom 21.06.2005 (IV SA/Wa 571/05) und vom 03.08.2005 (IV SA/Wa 503/05), in denen an der Wirksamkeit des Beschlusses 37/56 gehalten wurde. In anderen Entscheidungen folgte das Gericht jedoch der NSA-Rechtsprechung – vgl. u.a. Entscheidungen vom 12.07.2005 (IV SA/Wa 576/05, IV SA/Wa 488/05), vom 15.07.2005 (IV SA/Wa 613/05), vom 10.01.2006 (IV SA/Wa 1147/05).

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gehörigkeit erlangt und desgleichen konnten sie sie nicht verlieren.49 Die Zwangsaussiedlungen waren nach polnischer Lehre völkerrechtsmäßig und in Bezug auf die Staatsangehörigkeit galten deshalb andere Regeln als z.B. nach dem Ersten Weltkrieg. Die deutsche Doktrin vertritt dagegen, dass die Vertreibungen rechtswidrig waren und beharrt auf die Anwendung der HLKO. Für die Staatsangehörigkeitsfragen könnte dies bedeuten, dass die Vertriebenen das Bleiberecht in ihrer Heimat und eventuell einen Anspruch auf die Einbürgerung hätten.50 Da aber die polnische Stellung in dieser Frage eindeutig ist, hat die Erhebung eines solchen Anspruchs keine Chancen auf Erfolg.51

2. Vertriebene, die vor dem Krieg polnische Staatsbürger waren, jedoch nach dem Krieg nicht mehr in ihrer Heimat lebten Vertriebene, die vor dem Krieg polnische Staatsbürger waren, jedoch nach dem Krieg nicht mehr in ihrer Heimat lebten, verloren ihre polnische Staatsangehörigkeit nach Art. 4 des StAG 1951. Eine Regelung im völkerrechtlichen Vertrag war nur zwischen Polen und der DDR vorhanden. Diese Regelung sah ebenfalls den Verlust der polnischen Staatsangehörigkeit für die in der DDR wohnhaften Doppelstaater vor. Die polnische Lehre vertritt in Bezug auf die Ausbürgerungen dieser Personen die Ansicht, dass es allein dem polnischen Staat überlassen wurde, wen er als eigenen Staatsbürger qualifiziert. Die Folgen des Krieges für Polen waren so schwerwiegend, dass es von den Staatsbürgern, die zwar vor dem Krieg polnische Staatsangehörige waren, aber deutsche Nationalität hatten und ständig im Ausland lebten, Abstand nehmen wollte. Aus denselben Gründen war auch die nationale Verifikation zulässig und sogar notwendig (sie diente – nach polnischer Lehre – der Ausführung völkerrechtskonformer Potsdamer Bestim___________ 49

Eine Besonderheit stellt hier die Staatsangehörigkeit der Volksdeutschen dar, die während des Krieges in die Volksliste eingetragen wurden und denen nach dem Krieg die polnische Staatsangehörigkeit entzogen wurde. 50 In § 25 StARegG statuierte das Gesetz das Prinzip der Nichtberührung der Regelung der sich aus dem Heimatrecht ergebenden Staatsangehörigkeit. Diese Bestimmung wurde in dem Sinne interpretiert, dass „ein stiller Verzicht auf das Heimatrecht“ und „ein Sichabfinden mit einer völkerrechtswidrigen Ausbürgerung“ vom Gesetzgeber nicht gewollt sind (so Herbert Czaja in seiner Ausführung im Bundestag [BT-Prot., 2 WP, Bd. 21/2553 B/C].) Nach Ansicht von Czaja widerspräche die vorgenommene Ausbürgerung bzw. auch die Aberkennung des Staatsangehörigkeitsrechts durch Polen den allgemeinen Prinzipien des Völkerrechts, insbesondere der Haager Landkriegsordnung, da sie gegen den Willen der Betroffenen vollzogen wurde. 51 Die Geltendmachung des sog. „Automatismusprinzips“ (Vgl. CzapliĔski, Obywatelstwo polskie na Ziemiach Zachodnich i Póánocnych, S. 174 ff.) wäre also nur dann möglich, wenn Polen die Vertreibungen als Verstoß gegen das Völkerrecht anerkennen würde.

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mungen). Die völkerrechtliche Begründung für diese Ausbürgerung wird ebenfalls im Fehlen der tatsächlichen Beziehung zum polnischen Staat (genuin link) gesehen.52 Der Ausschluss von Personen deutscher Nationalität in Art. 4 des StAG 1951 könnte aber dadurch gegen das Völkerrecht verstoßen, dass hier die potenzielle Gefahr der Staatenlosigkeit bestand und keine individuellen Entscheidungen vorlagen.

3. Personen deutscher Nationalität, die nach dem Krieg die polnische Staatsangehörigkeit erlangten Bezüglich der Personen, die nach der Verifikation polnische Staatsbürger geworden sind, jedoch später ausgereist sind, stellt sich die Frage, ob die innerstaatliche polnische Regelung (insbesondere Beschluss Nr. 37/56) über den Verlust der polnischen Staatsangehörigkeit völkerrechtlich und nationalrechtlich wirksam war. Nach der deutschen Doktrin entscheidet über den Verlust der bisherigen Staatsangehörigkeit bei Annahme der deutschen durch die Spätaussiedler allein das Staatsangehörigkeitsrecht des Heimatstaates.53 Die Regelung des Gesetzes vom 8. Januar 1951 bezüglich des Verlustes polnischer Staatsangehörigkeit spiegelte die Tendenz wider, doppelte Staatsangehörigkeit zu vermeiden.54 Da erst mit dem Erwerb einer fremden Staatsangehörigkeit der/die Betroffene ihre polnische Staatsangehörigkeit verlor, bestand keine Gefahr der Staatenlosigkeit. Zweifel erwecken allerdings der rechtliche Charakter und die Praxis der Genehmigung des Staatsrates. Völkerrechtlich gesehen, kann man den Beschluss Nr. 37/56 zwar nicht als direkten Ausführungsakt für die internationalen Pflichten Polens ansehen, er war aber völkerrechtsrelevant (völkerrechtlich veranlasst).55 Obwohl die völkerrechtliche Natur der Verpflichtungen zwischen Polen und der Bundesrepublik Deutschland (Abkommen des Roten Kreuzes, Information … und Protokollarische Aufnahme), wie oben erwähnt, nicht eindeutig war und diese Akte ___________ 52 Zwar mögen diese Personen mit ihrer „Heimat“ verbunden sein, daraus resultiert aber keine Verbindung zum polnischen Staat (der von denen eher verhasst ist). 53 So auch Nr. 11 der sog. Friedlandrichtlinien (Richtlinien des Bundesinnenministers für die Prüfung der Staatsangehörigkeit und Namensführung der Aussiedler im Grenzdurchgangslager Friedland vom 29.07.1976, abgedruckt in: StAZ 1979, S. 256; Schenckendorff, Vertriebenen- und Flüchtlingsrecht 1998, C 20.1.5.). Es wurde hier empfohlen, zur Vermeidung von Interessenkonflikten auf die bisherige Staatsangehörigkeit zu verzichten. 54 Barcz, Problem utraty obywatelstwa, S. 120 f. 55 Vgl. Szczeponek, Die Umsetzung des Völkerrechts, S. 11. Durch den Beschluss sollte in Polen ebenfalls die völkerrechtliche Regel, die Ausweisung eigener Staatsbürger verbietet, beachtet werden. Vgl. CzapliĔski, Obywatelstwo w procesie normalizacji stosunków RFN-PRL-NRD, S. 135.

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keine unmittelbaren Wirkungen im polnischen Recht hatten, waren sie von großer politischer Bedeutung. Deshalb kann auch der Beschluss 37/56 als politisch und völkerrechtlich relevant eingestuft werden, denn er bestimmte innerstaatlich, wie die Ausreisen zu gestalten sind. Die Volksrepublik Polen setzte also im nationalen Recht (StAG 1951 und 1962, Beschluss Nr. 37/56 und Instruktion des Innenministers Nr. 1/57 vom 6. Februar 1957), also gemäß der damaligen Struktur und Rechtssystem, ihre Verpflichtungen um. Die Genehmigung des polnischen Staates, die Staatsangehörigkeit zu wechseln, konnte allerdings ausschließlich für den innerstaatlichen Bereich von Bedeutung sein und durfte nicht über den Erwerb einer fremden Staatsangehörigkeit entscheiden, da diese Kompetenz allein einem fremden Staat obliegt. Ein wirksamer Erwerb anderer als polnischer Staatsangehörigkeit mit dieser Genehmigung zog aber den Verlust der polnischen Staatsangehörigkeit ex lege (Art. 11 Abs. 5) nach sich.56 Wer ohne Genehmigung eine andere Staatsangehörigkeit erwarb, behielt allerdings die polnische Staatsangehörigkeit. In Polen wurde eine solche Person ausschließlich als polnischer Staatsbürger behandelt. Diese Praxis muss man im konkreten historisch-politischen Kontext beurteilen: In der Volksrepublik Polen waren die Möglichkeiten der Auslandsreisen im Allgemeinen sehr begrenzt. Durch die Bedingung, im Moment der Annahme einer fremden Staatsangehörigkeit aus der polnischen Staatsangehörigkeit „entlassen“ zu werden, versuchte der Staat, zusätzliche Hindernisse und Nachteile, die mit dem Staatsangehörigkeitsverlust verbunden sind, zu schaffen und die Bürger von der Ausreise abzuhalten. Aus völkerrechtlicher Sicht muss man diese Regelung allerdings als zulässig einstufen, da die Regelung der Staatsangehörigkeit grundsätzlich dem polnischen Staat zustand und keine Gefahr der Staatenlosigkeit existierte. Die Genehmigung zum Wechsel der Staatsangehörigkeit musste individuell beantragt werden; die sich im Völkerrecht entwickelnde Tendenz zur Individualisierung war also gewährt. Gegen die Zulässigkeit der Genehmigungspraxis spricht aber die Tatsache, dass eine legale Ausreise ohne Verlust der polnischen Staatsangehörigkeit nicht möglich war; die Betroffenen hatten also keine Wahl, welche Staatsangehörigkeit sie behalten wollten. Sie könnte in diesem Kontext also als Rechtsmissbrauch angesehen werden. Wie oben gezeigt, bestehen in der Praxis große Chancen auf die Feststellung des Bestehens der polnischen Staatsangehörigkeit von Personen, die aufgrund des Beschlusses Nr. 37/56 ausgebürgert wurden und zwar nicht wegen Versto___________ 56 Die Genehmigung sollte vor dem Erwerb anderer Staatsangehörigkeit erteilt werden, der Verlust der polnischen Staatsangehörigkeit war aber erst mit dem Erwerb wirksam. Wenn die Genehmigung erst nach dem Erwerb anderer Staatsangehörigkeiten erteilt wurde, erfolgte der Verlust der polnischen mit der Erteilung der Genehmigung.

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ßes gegen das Völkerrecht, sondern weil diese Praxis als rechtswidrig im nationalen polnischen Recht angesehen wird.

V. Staatsangehörigkeit und Vermögensfragen Die polnische Staatsangehörigkeit von Personen, die aufgrund der territorialen Verschiebung die ehemaligen deutschen Gebiete nach dem Zweiten Weltkrieg verließen, hat bezüglich der Vermögensfragen eine gravierende Bedeutung. Zunächst muss hier aber zwischen den „Vertriebenen“ und den in späteren Jahren „Ausreisenden“ unterschieden werden, da sowohl die polnischen Gesetze als auch die Rechtsprechung und Lehre die beiden Gruppen gesondert betrachten. Als „Vertriebene“ werden Deutsche qualifiziert, die aufgrund der Bestimmungen von Jalta und Potsdam die „ehemaligen deutschen Ostgebiete“ verlassen mussten. Es wird angenommen, dass diese Aussiedlungen offiziell im Jahre 1950-51 beendet waren, da zu diesem Zeitpunkt die nationale Verifikation der Bevölkerung durchgeführt wurde. Personen deutscher Nationalität waren verpflichtet, Polens Gebiet zu verlassen. Sie waren auch nie polnische Staatsbürger geworden (es stellt sich lediglich die Frage nach dem Einbürgerungsanspruch nach der HLKO, die aber eher theoretischer Natur bleibt). Personen, die vor dem Krieg polnische Staatsangehörigkeit hatten, aber nicht mehr in Polen lebten, verloren diese nach Art. 4 des StAG 1951. Diejenigen, die sich zur polnischen Nationalität bekannten, durften dagegen als polnische Staatsbürger in Polen bleiben. Wie aber die Geschichte zeigt, führte diese Lösung nicht selten zu Situationen, in denen sich die Menschen einerseits aus praktischen Gründen oder weil sie nicht wussten, welcher Nationalität sie tatsächlich waren (was z.B. in Schlesien bis heute gilt), polnische Staatsbürger wurden; andererseits waren die „Zwangseinbürgerungen“ von Personen, die für den Wiederaufbau benötigt wurden oder als Gefangene in Polen blieben, nicht selten. Dies führte dazu, dass in Polen viele Personen blieben, die nach der deutschen Doktrin „Deutsche im Sinne des Grundgesetzes“ waren. Für diese Personen gilt, dass sie polnische Staatsbürger waren oder wurden und in den späteren Jahren in die DDR oder in die Bundesrepublik Deutschland ausreisten („Ausreisende“).

1. Eigentumsfragen und Staatsangehörigkeit in Projekten des Reprivatisierungsgesetzes 2005 und 2008 In Polen gibt es bis heute kein Reprivatisierungsgesetz und die politischen Diskussionen darüber werden immer schwieriger, da mit der Zeit immer mehr Probleme auftauchen, die nicht nur mit dem „ehemaligen deutschen Eigentum“

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zusammenhängen (obwohl diese Frage immer wieder die Gemüter erhitzt), sondern auch u. a. die Höhe der Entschädigung, ihre Form, den Berechtigtenkreis und die Völkerrechts- und Europarechtskonformität betreffen.57 Auch die Staatsangehörigkeitsfrage wird in Bezug auf die Entschädigung in den Vorschlägen und Diskussionen über die Reprivatisierung erörtert. Das Projekt des polnischen Restitutionsgesetzes aus dem Jahre 2005 sah vor, dass einer Person  „deren Eigentum vom Polnischen Staat ohne Entschädigung im Zusammenhang mit der Ausführung des Potsdamer Abkommens und anderer internationaler Akte als Polen zustehende Kriegsreparationen übernommen wurde,  die die polnische Staatsangehörigkeit aufgrund des Dekrets vom 13. September 1946 über den Ausschluss aus der polnischen Gesellschaft Personen deutscher Nationalität58 oder  die die polnische Staatsangehörigkeit aufgrund des Art. 4 P. 3 des Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 8. Januar 1951 verloren hat sowie deren Erben keine Entschädigung für das entzogene Eigentum zusteht“ (Art. 8 Abs. 1, P. 2-4). Dieses Gesetz trat zwar nicht in Kraft, die polnische Haltung bezüglich des als Kriegsreparationen übernommenen Eigentums (auch des Privateigentums) ist aber bislang eindeutig. In der Begründung des Entwurfs wird von einer „allgemeinen Selbstverständlichkeit“ dieser Regelung gesprochen.59 Bezüglich der Staatsangehörigkeit hat dieses Projekt, im Gegensatz zum Projekt aus dem Jahr 200160, auf das Kriterium der polnischen Staatsangehörigkeit als entscheidend für die Reprivatisierung verzichtet. Dieses Kriterium wäre, so in der Begründung zum Projekt, mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen (vor allem mit der EMRK) nicht zu vereinbaren. Es stellt sich deshalb die Frage, inwieweit der ausdrückliche Ausschluss von in Art. 8 P. 3 und 4 des Entwurfs genannten Personen aufrechterhalten werden kann. Die Projektgeber betrachten den Ausschluss dieses Personenkreises ebenfalls als „Konsequenz des Zweiten Weltkrieges“, welcher keiner zusätzlichen Begründung bedarf. Das Gesetz soll nach der Begründung nicht das Eigentum von Personen deutscher Nationalität betreffen, die Polen später verlassen haben. Die Auflistung

___________ 57

Vgl. dazu Ilgmann, in diesem Band. Dz. U. 1947, Nr. 55, Pos. 310. 59 Es wird auf das Gutachten Barcz/Frowein hingewiesen, wonach als Adressat eventueller Restitutionsansprüche ausschließlich der deutsche Staat in Frage kommt. 60 Das Gesetz wurde damals wegen des Veto des Präsidenten nicht verabschiedet. 58

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der Rechtsakte, aus denen sich nach dem Gesetz ein Restitutionsanspruch ergibt, ist in Art. 4 enthalten.61 Auch der Gesetzesentwurf über die Wiedergutmachung der im Zusammenhang mit den Nationalisierungsprozessen in den Jahren 1944–1962 entstandenen Schäden62, der 2008 im Ministerium für das Staatsvermögen erarbeitet wurde, berücksichtigt das Kriterium der Staatsangehörigkeit bei der Entschädigung für das entzogene Eigentum. Demnach sollen die Personen entschädigungsberechtigt sein, die im Zeitpunkt der Nationalisierung polnische Staatsbürger waren (Art. 1 Abs. 3 P. 1 b), unabhängig von ihrer späteren Staatsangehörigkeit. Nicht berechtigt sind dagegen Personen, die aufgrund des Dekrets vom 13. September 1946 über den Ausschluss aus der polnischen Gesellschaft Personen deutscher Nationalität ihre polnische Staatsangehörigkeit verloren haben (Art. 1 Abs. 4 P. 2). Nach Art. 3 Abs. 5 gilt das Gesetz nicht für Vermögen, das im Zusammenhang mit der Ausführung internationaler Verpflichtungen, insbesondere des Potsdamer Abkommens vom 2. August 1945, vom polnischen Fiskus übernommen wurde.

2. Staatsangehörigkeit und Enteignungen in Bezug auf Ausreisende Personen, die nach 1951 Polen verließen, haben nicht immer ihre Eigentumsverhältnisse geregelt, indem sie ihr Vermögen z. B. verkauft oder verschenkt haben. Es entstand deshalb das Problem, wie mit dem verlassenen Eigentum nach polnischem Recht zu verfahren ist. Einerseits wurden die Probleme auf zivilrechtlichem Wege gelöst (Eigentumsaufgabe), andererseits wurde in Art. 38 Abs. 3 des Gesetzes über die Bodenwirtschaft für Städte und Siedlungen vom 14. Juli 196163 bestimmt, dass „das Eigentumsrecht an Immobilien, die nach dem Dekret vom 6. März 1946 ,über das verlassene und ehemals deutsche Vermögen‘ das Eigentum von Personen waren, die angesichts der Feststellung ihrer polnischen Nationalität polnische Staatsangehörigkeit erlangten, ex lege in das Staatseigentum übergehen, wenn diese Personen im Zusammenhang mit der Ausreise aus Polen ihre polnische Staatsangehörigkeit verlieren.“ Es stellt sich hier die Frage, inwieweit die Feststellung, dass der Verlust der ___________ 61 Es ist irreführend, da das Eigentum diesen Personen zwar aufgrund des Gesetzes aus dem Jahr 1961 entzogen wurde, dieses Gesetz aber in solchen Fällen die Anwendung des Dekrets vom 08.03.1946 gebietet. 62 Projekt Ministerstwa Skarbu PaĔstwa ustawy o zadoĞüuczynieniu z tytuáu krzywd doznanych w wyniku procesów nacjonalizacyjnych w latach 1944 – 1962. Vgl. http://bip.msp.gov.pl/portal/bip/76/2475/Projekt_ustawy_o_zadoscuczynieniu_z_tytulu_ nacjonalizacji_nieruchomosci_w_latach.html. Version vom 08.12.2008. 63 Ustawa z dnia 14.07.1961 r. o gospodarce terenami w miastach i osiedlach, Dz.U. 1961, Nr. 32, Pos. 159.

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polnischen Staatsangehörigkeit (in den meisten Fällen nach dem Beschluss Nr. 37/56) rechtswidrig war, einen Einfluss auf die Wirksamkeit der Eigentumsübernahme hat. Der Verweis auf die Vorschriften des Dekrets aus dem Jahre 1946 zeigt, dass diese Enteignungen als Kontinuität der früheren Enteignungsmaßnahmen betrachtet wurden. In der Lehre wird jedoch ein solcher Zusammenhang stark kritisiert.64 Das später entzogene Eigentum kann nicht als Kriegsreparation angesehen werden und die Enteignungen hatten keine völkerrechtlichen Grundlagen, sondern erfolgten ausschließlich nach nationalem Recht. Angesichts der immer größeren Anzahl der Restitutionsansprüche und der ersten Erfolge der deutschen Aussiedler in Entschädigungsfragen entstand in Polen ein großer politischer Druck, die Eigentumsverhältnisse im Zusammenhang mit dem Verlust oder Weiterbestehen der polnischen Staatsangehörigkeit gesetzlich neu zu regeln.65 Die Feststellung, dass die Ausbürgerung im konkreten Fall rechtwidrig war, kann also als Anfechtungsgrund für die Wirksamkeit der Enteignung dienen, es ist deshalb empfehlenswert, in diesen Fällen den Besitz oder Verlust der polnischen Staatsangehörigkeit zu klären. In diesem Zusammenhang ist es auch auf die Entscheidung des Obersten Gerichts vom 13. Dezember 200566 hinzuweisen, nach der der Eigentumsverlust der Immobilie nach Art. 38 Abs. 3 des o.g. Bodenwirtschaftsgesetzes für Städte und Siedlungen ausschließlich die Personen betrifft, die nach der Feststellung der polnischen Nationalität und Erlangung der polnischen Staatsangehörigkeit das Eigentum an einer ihnen vor 1. Januar 1945 gehörenden Immobilie behielten, aber im Zusammenhang mit der Ausreise die polnische Staatsangehörigkeit verloren; dies betrifft nicht ihre rechtlichen Nachfolger.

VI. Schluss Sowohl die Eigentumsfragen als auch die Staatsangehörigkeitsfragen stellen in den deutsch-polnischen Beziehungen ein besonders schwieriges Thema dar. Eine einfache und eindeutige Lösung ist hier bislang nicht gegeben. Um die Frage nach einem Weiterbestehen oder Verlust der polnischen Staatsangehörigkeit für interessierte Personen zu klären, ist die Einleitung eines Verfahrens vor dem zuständigen Verwaltungsorgan (Woiwode) notwendig.67 Die Einzel___________ 64 Siehe z.B. Gutachten Barcz/Frowein, in dem eine Trennung zwischen den „Potsdamer“ Enteignungen und späteren Enteignungen betont wird. 65 Vgl die Diskussionen im Parlament http://www.gover.pl/k5/poslowie/szczegoly Interpelacji/posel/staron-lidia/interpelacja/zapytanie-w-sprawie-roszczen-niemieckich. 66 IV CK 304/05. 67 Der Woiwode ist auch in Fällen der Anfechtung von Entscheidungen über den Entzug der polnischen Staatsangehörigkeit gemäß Dekrets vom 13.09.1946 zuständig

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heiten sind im geltenden Staatsangehörigkeitsgesetz aus dem Jahre 1962 (Art. 17 Abs. 4) und in den Verwaltungsgesetzen geregelt. Nur auf diese Weise kann das Bestehen der polnischen Staatsangehörigkeit sichergestellt werden, allerdings kann dies in einigen Fällen ein langwieriger Weg werden. Die obersten Gerichtsinstanzen bestätigten aber, dass der Verlust der polnischen Staatsangehörigkeit, insbesondere nach dem Beschluss Nr. 37/56, als rechtswidrig und somit unwirksam erklärt werden kann. * * *

Abstract Aldona Szczeponek: Questions of Nationality in German-Polish Restitution Matters, In: Law of Property and Injustice of Expropriation. Coming to terms with the past. Vol. II. Ed. by Gilbert H. Gornig, Hans-Detlef Horn and Dietrich Murswiek (Berlin 2009) pp. 107-134. Both the fortune questions and the nationality questions in the GermanPolish relationship are very complex and concern not only the persons expelled directly after the war, but also those who left Poland shortly afterwards. According to article 17 of the Polish law on nationality if ambiguity exists on the continuation or loss of the Polish nationality, the introduction of an action before the competent Polish administrative organ (Woiwode) is recommended.

___________ (vgl. Urteil des Warschauer Woiwodschaftsverwaltungsgerichts vom 28.03.2008, IV SA/Wa 120/08).

Umsiedlungen und Entschädigungsforderungen polnischer Bürger aus den Gebieten der ehemaligen Sowjetunion (Litauen, Weißrussland und Ukraine) Von Robert Grzeszczak

I. Umsiedlung der Polen aus ehemaligen polnischen Ostgebieten nach Polen 1. Historischer Abriss der Umsiedlungen aus den östlichen Gebieten Polens Als Folge des Zweiten Weltkrieges kam es zur Westverschiebung Polens. Auf der Konferenz von Jalta im Februar 1945 setzte Stalin die Abtrennung der bereits 1939 bis 1941 sowjetisch besetzten polnischen Ostgebiete an die UdSSR durch. Dies hat vielfach zu der Annahme geführt, die de-factoAnnexion der deutschen Ostgebiete durch Polen sei von Anfang an als ein Ausgleich für den Verlust im Osten gedacht gewesen. Doch diese Erklärung wurde erst später Teil der sowjetischen Rechtfertigungspolitik. Die polnischen Ostgebiete waren ethnisch sehr heterogen, wobei in den Großstädten wie Lemberg und Wilna die Polen dominierten, auf dem Land Weißrussen und Ukrainer sowie Litauer. Polen, Weißrussen und Ukrainer stellten die größten Volksgruppen, wobei keine von ihnen im Gesamtgebiet die Mehrheit bildete. Offizielle polnische Daten, die die Bevölkerungsstruktur im Jahre 1939 beschrieben, belegen, dass im August 1939 in dem von der UdSSR besetzten Gebiet des polnischen Staates insgesamt 13,2 Mio. Menschen wohnten. Nach der Muttersprache teilte sich diese Bevölkerung folgendermaßen auf: Polnisch 5,274 Mio., Ukrainisch 4,529 Mio., Weißrussisch 1,945 Mio., Jiddisch und Hebräisch 1,109 Mio., Russisch 134.000, Deutsch 89.000, Litauisch 84.000 und Tschechisch 35.000.1

___________ 1 Concise Statistical Yearbook of Poland, September 1939 – June 1941. Das statistische Jahrbuch, 1941, S. 9.

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2. Ostpolen (Kresy Wschodnie) Worum handelt es sich bei den Ostgebieten? Der Bedeutungsinhalt dieses Begriffes unterlag im Laufe der Geschichte wesentlichen Änderungen2. Ursprünglich wurde der Begriff Kresy in der polnischen Literatur auf schwach kontrollierte Gebiete in den südöstlichen Grenzregionen der polnischlitauischen Adelsrepublik beider Nationen (poln.: Rzeczpospolita Obojga Narodów) angewendet. „Ostgebiete“ bezeichnete also die Grenzregion zwischen Polen und den am Dnepr lebenden Tataren (damals auch Dzikie Pola, deutsch: „Wilde Felder“ genannt). Im 18. Jahrhundert verstand man darunter die äußerlichen, östlichen Grenzregionen von Polen-Litauen. In der Zeit der zweiten polnischen Republik (1918-1939) verstand man unter „Kresy“ die östlich der Curzon-Linie gelegenen Gebiete3. Im September 1939 begann die sowjetische Besetzung Ostpolens (1939 bis 1941). Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden diese Gebiete als Teil der Ukrainischen SSR, Weißrussischen SSR und Litauischen SSR annektiert. Nach dem Zerfall der UdSSR entstanden in den Grenzen dieser annektierten Gebiete unabhängige Staaten.

II. Einleitung Als 1944 die Kommunisten in Polen die Macht übernahmen, sprachen sie sich für einen national homogenen Staat aus. Die Repatriierung von Bevölkerungsteilen und die damit verbundenen Schadensersatzansprüche betreffen Personen, die von 1944 bis 1952 nach Polen umgesiedelt worden sind. Am 27. Juli 1944 schloss das von den Kommunisten dominierte Polnische Komitee der Nationalen Befreiung (poln.: Polski Komitet Wyzwolenia Narodowego, PKWN) unter dem Diktat des Kreml mit der Regierung der UdSSR einen Vertrag über die polnisch-sowjetische Staatsgrenze ab, in dem man übereinkam, als Grundlage für diese Grenze die so genannte Curzon-Linie (mit gewissen Korrekturen zugunsten Polens) zu nehmen. ___________ 2 Siehe ausführlich zu diesem Thema u.a.: J. Kolbuszewski, Kresy (Die polnischen Ostgebiete), 1995; R. WapiĔski, Polska i maáe ojczyzny Polaków z dziejów ksztaátowania siĊ ĞwiadomoĞci narodowej XIX i XX wieku (Polen und die Heimatländer der Polen. Zur Geschichte der Herausbildung des Nationalbewusstseins im 19. und im 20. Jahrhundert), 1994. 3 Die Curzon-Linie (benannt nach dem ehemaligen britischen Außenminister Lord Curzon) war nach dem Ersten Weltkrieg am 08.12.1919 in Paris unter Bezugnahme auf die Muttersprache der jeweiligen Mehrheitsbevölkerung als polnisch-russische Demarkationslinie vorgeschlagen worden. Am Verlauf der nach dem Ersten Weltkrieg vorgeschlagenen Grenzlinie orientiert sich der Deutsch-Sowjetische Nichtangriffspakt von 1939 und der Deutsch-Sowjetische Grenz- und Freundschaftsvertrag.

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Infolge der Festlegungen über den Verlauf der Ostgrenze Polens fielen Entscheidungen, die das Schicksal der polnischen, aber auch ukrainischen, weißrussischen, litauischen und jüdischen Bevölkerungsgruppen betrafen, die auf beiden Seiten der neuen Grenzlinie wohnten. Folge der Entscheidungen waren die beinahe identischen Verträge zwischen dem PKWN und den Regierungen der Weißrussischen und der Ukrainischen SSR (am 9. September 1944) sowie mit der Litauischen SSR (am 22. September 1944). Unterschiede betrafen nur das geografische Gebiet der Gültigkeit der Verträge, die Fristen der Realisierung der Umsiedlungsoperationen und die Unterbringung der Umsiedlungsbehörden. Alle drei Verträge regelten sowohl die Fragen der Umsiedlung der Bevölkerung nach Polen als auch die der Bevölkerung aus Polen in die entsprechenden Sowjetrepubliken.4 Das Recht zur Umsiedlung aus den sowjetischen Republiken erhielten diejenigen Polen und Juden, die bis zum 17. September 1939 polnische Staatsbürger waren. Zusammen mit den Umsiedelnden konnten ihre Familien ausreisen (Ehepartner, Eltern, Kinder, Enkel und Pflegekinder), aber auch andere Hausbewohner, sofern sie mit den Umsiedelnden einen gemeinsamen Haushalt führten. Teil dieser so genannten Republikanischen Abkommen war, dass der Wert des „hinter dem Bug“ oder in „Gebieten jenseits des Bug“ zurückgelassenen Vermögens von der polnischen Regierung zurückerstattet werden sollte. Diese Entschädigungen wurden den so genannten „ZabuĪan“, also denen, die „hinter dem Bug“ wohnten, zum größten Teil in den ersten Nachkriegsjahren gewährt. Die Hochphase der Entschädigungszahlungen begann Ende der 1940er Jahre und dauerte die 1950er Jahre über an. Konkret wurde dabei der Wert des zurückgelassenen Vermögens zunächst geschätzt. Dieser Wert wurde dann bei dem Kauf einer neuen Immobilie, die vom Staat erworben werden konnte, auf den Kaufpreis oder auf den Preis für das so genannte ewige Nießbrauchsrecht angerechnet. Obwohl der größte Teil der „ZabuĪan“ eine solche Entschädigungsleistung erhalten hat, gab es im Jahre 2005 schätzungsweise noch etwa 80.000 Anspruchsberechtigte, die bislang nicht von den Vergünstigungen profitiert hatten. Unter diesen Anspruchsberechtigten befanden sich nicht nur die Generation der Repatriierten selbst, sondern bereits schon deren Erben. Einer der Gründe für diese Tatsache ist, dass der Staat eine nicht ausreichende Anzahl an Immobilien für diesen Zweck vorgesehen und zur Verfügung gestellt hatte. Ein anderer Grund war, dass das Verfahren zur Realisierung einer Entschädigung sehr kompliziert war. Es sah zum Beispiel die Teilnahme an Versteigerungen vor, was wiederum damit verbunden war, dass man zumindest ansatzweise den Gang einer Versteigerung kennen oder kennenlernen musste. ___________ 4 S. Ciesielski (Hrsg.), Umsiedlung der Polen aus den ehemaligen polnischen Ostgebieten nach Polen in den Jahren 1944 – 1947, 2006, S. 29.

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Um das Entschädigungsproblem endgültig zu lösen, wurde am 8. Juli 2005 das Gesetz über das Recht auf Entschädigung wegen des Zurücklassens von außerhalb der heutigen Grenzen der Republik Polen gelegenen Immobilien (Gesetzesblatt Nr. 05.169.1418) verabschiedet. Darin wurde der Wert der Entschädigungen auf 20% des ursprünglichen Werts der zurückgelassenen Immobilie festgesetzt, auf einen Höchstbetrag als Limit der Entschädigung wurde verzichtet. Das vorhergehende Gesetz aus dem Jahre 2003 sah noch eine Entschädigung in Höhe von 15% des ursprünglichen Werts vor, beschränkte die Entschädigung jedoch nach oben hin auf eine Quote von maximal 50.000 PLN. Diese quotenmäßige Beschränkung wurde jedoch vom Polnischen Verfassungsgericht als nicht verfassungsgemäß angesehen, weshalb es zur Änderung kam. Zudem wurde in dem neuen Gesetz festgelegt, dass Entschädigungsforderungen wirksam nur bis zum 31. Dezember 2008 angemeldet werden können. Zum jetzigen Zeitpunkt können die „ZabuĪan“ nicht nur das Recht auf Anrechnung des Werts der zurückgelassenen Immobilie auf den Preis einer neuen, vom Staat erworbenen Immobilie geltend machen, sondern sie können ebenfalls eine Entschädigung in Geld erhalten. Die aktuell geltende Fassung der gesetzlichen Entschädigungsregelungen für die „ZabuĪan“ ist das Ergebnis langjähriger Gestaltungsversuche, die man im Hinblick auf die Durchführung und den Umfang dieser Ansprüche unternommen hatte. Das nunmehr geltende Gesetz entspricht den Anforderungen und der dahinter stehenden Philosophie der letzten Urteile des Polnischen Verfassungsgerichts, zum einen hinsichtlich der Höhe der Schadensersatzansprüche – wie bereits erwähnt, hat es hier eine Anhebung von 15% auf 20% gegeben –, zum anderen hinsichtlich der Aufhebung einer konkreten Höchstbetragsgrenze für Entschädigungen. Berücksichtigt ist ferner der vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg geschlossene Vergleich Polens in der Sache Broniowski (2002), aufgrund dessen Polen zahlreiche Strafen wegen erheblicher Verfahrensverzögerungen zahlen musste.

III. Begriffe 1. Vermögen hinter dem Bug (poln.: mienie zabuĪaĔskie): Diese Bezeichnung steht für das Vermögen, das von den Repatriierten in den Jahren von 1944 bis 1952 auf den Gebieten, die vor dem Zweiten Weltkrieg zu Polen gehörten, zurückgelassen worden ist. Das sind die so genannten früheren polnischen Ostgebiete bzw. „Gebiete jenseits des Bug“ oder „das Land hinter dem Bug“. Daher stammt auch die damalige Bezeichnung der ehemals repatriierten Personen als ZabuĪanie, also als so genannte Bewohner der Gebiete hinter dem Bug. Neben den ursprünglichen Repatriierten umfasst dieser Begriff nunmehr auch deren Erben.

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2. Republikanische Abkommen (Septemberverträge): Dies ist ein Begriff, hinter dem sich insgesamt drei internationale Verträge verbergen. Diese Verträge wurden 1944 vom Polnischen Komitee der Nationalen Befreiung (PKWN) mit drei sowjetischen Republiken, nämlich Weißrussland, Ukraine und Litauen abgeschlossen. Auf Grundlage dieser Verträge sind die Repatriierungen von Personen polnischer Nationalität und Juden mit polnischer Staatsangehörigkeit aus den östlichen Gebieten Polens, die nach dem Zweiten Weltkrieg zu Gebieten der ehemaligen Sowjetunion wurden, vorgenommen worden. Die litauische, weißrussische und vor allem ukrainische Bevölkerung wurde in die entsprechenden sowjetischen Republiken umgesiedelt. Die genaue Bezeichnung dieser Verträge lautet für den polnischukrainischen Vertrag: Abkommen zwischen dem Polnischen Komitee der Nationalen Befreiung und der Regierung der Ukrainischen Sozialistischen Sowjetrepublik betreffend der Evakuierung polnischer Staatsangehöriger vom Territorium der UdSSR und der ukrainischen Bevölkerung vom Territorium Polens. Die Abkommen mit der Ukraine und mit Weißrussland wurden am 9. September 1944, das Abkommen mit Litauen am 22. September 1944 abgeschlossen. Die Abkommen sanktionierten den Verlust der polnischen Ostgebiete zugunsten der Republiken der Sowjetunion, bevor die Entscheidungen formal während der Konferenzen von Jalta und von Potsdam getroffen wurden. In den polnisch-sowjetischen Verträgen von 1944 und 1945 wurde der Bevölkerungsaustausch zwischen UdSSR und Polen euphemistisch als „Evakuierung“ bezeichnet und fand gemäß den Abkommen auch freiwillig statt. Die umgesiedelte Bevölkerung war auf dieser Basis „evakuierte Bevölkerung“. Es liegt jedoch klar auf der Hand, dass in der damals vorherrschenden politischen Situation das freiwillige Verlassen der Heimat tatsächlich nur eine Illusion war. Diese Terminologie taucht daher in internen Dokumenten der polnischen Seite verhältnismäßig selten auf. Dort wird jene Operation im Allgemeinen „Repatriierung“ genannt, unabhängig davon, ob von der Umsiedlung der Bevölkerung aus den westlichen Republiken der UdSSR auf der Grundlage der Verträge von 1944 oder aus dem Inneren der Sowjetunion auf der Basis des Vertrags vom Juli 1945 die Rede ist. Die Bezeichnung „Umsiedler“ war damals für Binnenmigrationen reserviert, das heißt für Personen, die innerhalb der Grenzen Polens nach dem Potsdamer Abkommen umgesiedelt wurden; also Umsiedler aus den vor 1939 zu Polen gehörenden Gebieten, die nach 1945 weiterhin polnisch blieben.5 In der Literatur begegnet man in letzter Zeit Versuchen, den Begriff

___________ 5 S. Ciesielski (Hrsg.), Umsiedlung der Polen aus den ehemaligen polnischen Ostgebieten nach Polen in den Jahren 1944 – 1947, 2006, S. 27.

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„Vertreibung“ auf die Beschreibung des Bevölkerungstransfers aus den Ostgebieten nach Polen in seinen neuen Grenzen anzuwenden.6 Die Repatriierten durften Bekleidung, Schuhe, Unterwäsche, Bettwäsche und Bettzeug, Nahrung und Haushaltsgegenstände, Lebensmittel, landwirtschaftliches Inventar und andere Gegenstände des häuslichen Gebrauchs mit einem Gewicht von bis zu zwei Tonnen pro Familie mitnehmen. Unter keinen Umständen aber durften sie Bargeld (von mehr als 1000 Rubel pro Person) oder sonstige Banknoten, Gold, Platin in Barren, lose oder in Stücken, nicht gefasste Edelsteine, Kunstgegenstände, sofern sie nicht im Eigentum der umsiedelnden Familie standen, Waffen (außer Jagdflinten), Autos und Motorräder, Fotos (außer persönlichen Aufnahmen), Landkarten und Pläne oder Möbel mitnehmen. Für die „hinter dem Bug“ zurückgelassenen Wertgegenstände, und zwar sowohl die zuvor genannten mobilen als auch die nicht mobilen, wie Häuser, Grundstücke, Bauernhöfe usw., sollten die Repatriierten einen Wertersatz von der polnischen Regierung erhalten. Den Umsiedlern (Repatriierten) wurden auch alle dem Staat zustehenden Rückstände in Form von Naturalien, Geldsteuern und Versicherungsentgelten erlassen. Es wurde zudem angekündigt, dass sie für 1944 und 1945 an ihrem neuen Wohnort von Steuern- und Versicherungsanzahlungen befreit blieben. Außerdem sahen die Verträge vor, dass jedem umsiedelnden Bauern, der dem Staat, aus dem er ausreist, die Ernte überlässt, deren Wert am Niederlassungsort in identischer Größe ersetzt werden solle.7 3. Ewiges Nießbrauchsrecht: Dies ist (ab 1961) ein besonderes Rechtsinstitut des polnischen Zivilrechts. Neben dem Eigentum und den beschränkten dinglichen Rechten handelt es sich um ein weiteres Sachenrecht in Bezug auf eine Immobilie. Das ewige Nießbrauchsrecht ist eine Rechtsform, die zwischen dem Eigentum und den beschränkten dinglichen Rechten einzuordnen ist, wobei es eher dem Eigentum nahesteht. Das Recht entsteht nach Abschluss eines entsprechenden Vertrages, der zwingend in notarieller Form geschlossen werden muss; daneben ist noch der Eintrag ins Grundbuch erforderlich. Der Rechtsinhaber erhält beim ewigen Nießbrauchsrecht das Recht, eine Immobilie, die im Eigentum des Staates oder einer Gemeinde steht, zu nutzen. Der Eigentümer des Grundstücks erhält dafür vom ewigen Nießbraucher eine jährliche ___________ 6

Siehe W. Borodziej, Historiografia polska o „wypĊdzeniu“ Niemców (Die polnische Historiografie über die Vertreibungen der Deutschen), in: Polska 1944/45 – 1989. Studia i materiaáy, Nr. 2 (1997); sowie Ph. Ther, Deutsche und polnische Vertriebene. Gesellschaft und Vertriebenenpolitik in der SBZ/DDR und in Polen 1945 – 1956, 1998. 7 S. Ciesielski (Hrsg.), Umsiedlung der Polen aus den ehemaligen polnischen Ostgebieten nach Polen in den Jahren 1944 – 1947, 2006, S. 30.

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Nutzungsgebühr. Das ewige Nießbrauchsrecht kann für eine Dauer von bis zu 99 Jahren, jedoch nicht weniger als 40 Jahre, gewährt werden. Nach dem Fall der Volksrepublik Polen begann die Diskussion über den Grund, dieses Rechtsinstitut zu erhalten, das vom Sinn und Zweck her den Schutz und die Erhaltung des staatlichen Eigentums zum Ziel hatte. Das Hauptargument der Verfechter dieses Rechtsinstituts ist, dass das ewige Nießbrauchsrecht die Immobilienwirtschaft stimuliere, da die Erwerber dieses Rechts nicht den beim Kauf höheren Kaufpreis für die Immobilie, sondern lediglich eine jährliche Gebühr zu zahlen haben. Denn diese liegt bei 15% bis 25% des Werts des Grundstücks für die erste Gebühr, die folgenden liegen bei 1% des Grundstückswerts. Sie heben zudem auch hervor, dass ähnliche Rechtsinstitute in anderen Staaten, wie Deutschland, Frankreich, USA und Schweden existierten, also nicht nur ein Relikt aus vergangenen Zeiten seien. Die Befürworter der Abschaffung des ewigen Nießbrauchs wenden ein, dass das Bestehen des ewigen Nießbrauchs neben dem Institut des Eigentums nur Verunsicherung schaffe. Insbesondere für die Nießbraucher von Immobilien, die auf den Polen nach dem Krieg zugesprochenen Gebieten liegen und vor 1945 deutsche Eigentümer hatten, bestehe eine gewisse Unsicherheit im Hinblick auf eventuelle Herausgabeansprüche. Die Befürchtungen der Gesellschaft, die mit Reprivatisierungsvorhaben und dem sich nähernden Eintritt Polens in die Europäische Union verbunden waren, führten 1997 zur Verabschiedung eines Gesetzes, das den ewigen Nießbrauch als solchen nicht abschaffte, aber auf Antrag des ewigen Nießbrauchers die Umgestaltung des ewigen Nießbrauchs in Eigentum vorsah. Der Antrag musste bis zum 31. Dezember 2000 gestellt werden, wobei im Jahre 2001 die Antragsfrist um zwei weitere Jahre verlängert wurde. Die mit dem ewigen Nießbrauchsrecht verbundenen Befürchtungen verstärkten sich während der Phase des Beitritts Polens zur Europäischen Union. 4. Rekompensationsfonds: Dieser wurde im Jahre 2005 eingerichtet, um Entschädigungen an Personen, die aufgrund des Zweiten Weltkrieges ihre Immobilien außerhalb der jetzigen Staatsgrenzen Polens zurückgelassen haben, auszuzahlen. Haupteinnahmequelle dieses Fonds ist der Verkauf von Immobilien, die dem Staat gehören und der Landwirtschaft gewidmet sind.

IV. Verfahren der Entschädigung 1. Rechtliche Grundlage und allgemeine Bedingungen Einschlägig für alle Entschädigungen der „hinter dem Bug“ verbliebenen Vermögen sind das Verwaltungsverfahrensgesetz und das Gesetz von 2005 über die Durchsetzung des Rechts auf Entschädigungen für außerhalb der jetzigen Staatsgrenze Polens zurückgelassene Immobilien.

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Das Gesetz aus dem Jahre 2005 regelt die Grundsätze, nach denen sich die Antragsteller um Entschädigung wegen des infolge von Flucht oder Vertreibung Zurücklassens von außerhalb der jetzigen Staatsgrenzen der Republik Polen liegenden Immobilien bemühen können. Das Gesetz wird auf Personen, die aufgrund anderer mit dem Zweiten Weltkrieg verbundener Umstände gezwungen waren, die ehemaligen polnischen Staatsgebiete zu verlassen, entsprechend angewendet. Gemäß dem Grundgedanken dieses Gesetzes müssen kumulativ folgende Bedingungen erfüllt sein:  Der Eigentümer war am 1. September 1939 polnischer Staatsangehöriger, wohnte zu diesem Zeitpunkt auf dem ehemaligen Staatsgebiet Polens und hat dieses aufgrund der oben genannten Gründe verlassen.  Der Eigentümer ist polnischer Staatsangehöriger.

2. Antragstellung Der Antrag auf Feststellung des Anspruchs auf Entschädigung oder Rekompensation ist beim zuständigen Wojewoden zu stellen. Zuständig ist der Wojewode, in dessen Wojewodschaft  der Antragsteller, der Eigentümer der außerhalb der jetzigen Staatsgrenze der Republik Polens zurückgelassenen Immobilien war, seinen Wohnort hat oder  die Person, die Eigentümer der außerhalb der jetzigen Staatsgrenze der Republik Polens zurückgelassenen Immobilien war, ihren letzten Wohnort hatte, falls der Antrag von den Erben dieser Person gestellt wird oder  einer der Antragsteller, der Miteigentümer einer außerhalb der jetzigen Staatsgrenze der Republik Polens zurückgelassenen Immobilien war und von den übrigen Miteigentümern zur Antragstellung bestimmt wird, seinen Wohnort hat und die übrigen Miteigentümer in anderen Wojewodschaften wohnen oder  der Antrag gestellt wird und eine Zuständigkeit gemäß Punkt 1 bis 3 nicht gegeben ist. Dem Antrag sind beizufügen:  Beweise, die davon zeugen, dass der Antragsteller eine Immobilie außerhalb der heute geltenden Grenzen der Republik Polen zurückgelassen hat und dies aufgrund von Vertreibung von den ehemaligen polnischen Gebieten oder aufgrund der Flucht aus diesen Gebieten wegen des 1939 ausgebrochenen Krieges geschah;  Beweise dafür, dass die Eigentümer der zurückgelassenen Immobilien die polnische Staatsangehörigkeit hatten;

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 Beweise für den Wohnort oder die Wohnorte des Antragstellers; in den Fällen, in denen sich die Erben um die Rekompensation bemühen, sind auch Beweise für die Wohnorte der ursprünglichen Eigentümer der Immobilien auf dem jetzigen Staatsgebiet der Republik Polen nach dem Eintreffen in Polen anzufügen; in den Fällen, in denen diese Beweise fehlen, ist eine Erklärung des Antragstellers über den oder die Wohnorte dieser Personen anzufügen;  Erklärung der Miteigentümer darüber, welche Personen zur Rekompensation berechtigt sein sollen; diese Erklärung kann jedoch nur rechtswirksam abgegeben werden, wenn die Unterschriften der Miteigentümer notariell oder vor einem Organ der öffentlichen Verwaltung beglaubigt worden sind oder aber auch, wenn die Erklärungen in einem polnischen Konsulat abgegeben worden sind;  Erklärung über den bisherigen Stand der Realisierung des Rechts auf Rekompensation. In der Praxis hat sich gezeigt, dass als Beweis für den Verlust von im Osten zurückgelassenem Vermögen z.B. amtliche Beschreibungen dieses Vermögens, Beschlüsse und Urteile, die von der Staatlichen Behörde für Repatriierung (entstand im Jahre 1944) erlassen worden sind, andere amtliche Unterlagen (darunter gerichtliche) sowie Unterlagen, die aus den Staatsarchiven der Republiken Weißrussland, Litauen, der Russischen Föderation, der Ukraine oder anderer Staaten stammen, geeignet sind und im Regelfall vorgelegt werden können. Der Beweis der polnischen Staatsangehörigkeit kann auch durch die Vorlage von durch polnische Amtsträger ausgegebenen Unterlagen erfolgen. Eine wesentliche Frage war von Anfang an, wie die Realisierung der Entschädigung für den in den Ostgebieten zurückgelassenen Besitz ablaufen soll. Formale Grundlage für die Ansiedlung von Umsiedlern waren ihre Umsiedlungskarten sowie die Beschreibungen der im Osten zurückgelassenen Habe. Aus vielerlei Gründen hatte jedoch ein bedeutender Teil überhaupt keine Besitzdokumente oder nur solche, die nicht die erforderliche Rechtskraft besaßen. Für den Fall, dass solche Unterlagen und Beweise nicht vorhanden oder nicht im Besitz der Antragsteller sind, kann man sich vor Gericht auf zwei Zeugenaussagen berufen. Für den Fall, dass der Eigentümer bereits verschieden ist, steht das Rekompensationsrecht all seinen Erben oder einigen ausgewählten Erben, die von den übrigen Erben benannt werden, zu, wenn sie die polnische Staatsangehörigkeit besitzen. In diesen Fällen sind dem Antrag außerdem folgende Unterlagen hinzuzufügen:

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 Ein Erbschein oder ein sonstiges Dokument, das die Erbschaft bescheinigt;  Erklärung der übrigen Erben, dass ein bestimmter Erbe allein zur Durchsetzung des Anspruchs berechtigt sein soll. Die Person, die aufgrund gesonderter Vorschriften im Rahmen der Entschädigung bereits Eigentum oder ewigen Nießbrauch an einer Immobilie des Staates erworben hat bzw. deren Rechtsvorgänger ein solches Recht erworben haben, sollte die dazugehörigen amtlichen Unterlagen vorlegen, die den Erwerb bestätigen.

3. Verfahren In der ersten Phase wird geprüft, ob der Antragsteller verfahrensberechtigt ist, ob der Antrag formgerecht eingereicht wurde und ob die eben erwähnten Bedingungen erfüllt und die notwendigen Beweise vorgelegt worden sind. Falls der Antrag diese Bedingungen nicht erfüllt, fordert der Wojewode den Antragsteller auf, die festgestellten Mängel innerhalb einer Frist von 6 Monaten ab Zustellung der Aufforderung zu beseitigen. Wird die Frist nicht eingehalten, erlässt der Wojewode einen Bescheid, in dem die Bestätigung des Rechts auf Entschädigung abgelehnt wird. Wird der Antrag dagegen positiv beurteilt, erlässt der zuständige Wojewode einen Bescheid, der das Recht des Antragstellers bestätigt.

4. Der Bescheid In dem positiven Bescheid wird der Antragsteller vom Wojewoden aufgefordert, eine der möglichen Rekompensationsformen zu wählen. Die beiden möglichen Formen sind die Anrechnung des Werts der zurückgelassenen Immobilie auf  den Kaufpreis oder den Preis für das ewige Nießbrauchsrecht einer im Staatseigentum stehenden Immobilie oder  die Gebühren für das ewige Nießbrauchsrecht für im Staatseigentum stehende Grundstücke und den Kaufpreis für die sich darauf befindenden Gebäude, Anlagen oder Lokale,  die Gebühren für die Umwandlung des ewigen Nießbrauchsrechts in Eigentum an im Staatseigentum stehende Immobilien  oder – als zweite Möglichkeit – die Auszahlung einer Geldsumme, die aus den Mitteln des Rekompensationsfonds ausgezahlt wird.

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Für den Fall der Wahl der Auszahlung einer Geldsumme ist die Bankverbindung anzugeben, falls eine Überweisung gewünscht wird. In der Praxis hat sich gezeigt, dass die Überweisungen über die Bank der Staatswirtschaft in Warschau abgewickelt werden, deren Überweisungspraxis allerdings allgemein kritisiert wird, da es in den meisten Fällen zu erheblichen Verzögerungen kommt. In jedem Fall kommt es auf den Wert der zurückgelassenen Immobilie an, der sich aus der Bezifferung eines – im Antragsverfahren vorzulegenden – Wertgutachtens eines Wirtschaftsprüfers oder sonst anerkannten Gutachters ergibt. Im Falle eines negativen Bescheids hat der Antragsteller ein Widerspruchsrecht und anschließend die Möglichkeit, auf dem Klageweg vor dem Wojewodschaftsverwaltungsgericht (das in etwa dem Oberverwaltungsgericht entspricht) seinen Anspruch durchzusetzen. Der abschließende, stattgebende Beschluss des Wojewoden enthält folgende Bestimmungen:  die Person oder Personen, denen das Recht auf Entschädigung bestätigt wird;  den Wert der hinter den derzeitigen Grenzen der Republik Polen zurückgelassenen Immobilie unter Berücksichtigung der Wertsteigerung zum Tag der Erteilung des Beschlusses;  die Höhe der Rekompensation bzw. Entschädigung;  die gewählte Form der Verwirklichung der Rekompensation. Nach dem polnischen Verwaltungsverfahrensgesetz hat die Behörde bis zu einem Monat Zeit, um die Angelegenheit zu erledigen, in besonders komplizierten Fällen bis zu zwei Monaten.

V. Die Rolle des Verfassungsgerichts in Warschau und des Gerichtshofs in Straßburg Trotz der Auszahlung von Entschädigungen entschloss sich in den 1990er Jahren ein Teil der Repatriierten aus den „Gebieten jenseits des Bug“, den polnischen Staat auf Entschädigung von 100% des Eigentumswertes zu verklagen. Die Forderungen der Personen wurden u. a. auf der Grundlage von Artikel 77 der polnischen Verfassung in Verbindung mit Artikel 417 des polnischen Bürgerlichen Gesetzbuches erhoben. Die Kläger behaupteten, dass die Gesetze selbstausführende Normen enthielten, die eine Grundlage für ihre Forderungen darstellten. Diese Klagen machen einen großen Anteil der Rechtssachen aus, die seit Jahren vom polnischen Staat verhandelt werden. Gegenwärtig wird die Mehrheit dieser Rechtssachen an die Generalstaatsanwaltschaft weitergegeben. So verhandelte die Generalstaatsanwaltschaft am 31. Dezember 2006 166 Rechtssachen mit dem Gesamtwert des Streitgegenstandes von 510 Millionen

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PLN. Die Urteile der polnischen Gerichte, vor allem die des Verfassungsgerichtes und des Höchsten Gerichtshofes, lehnen allerdings in ständiger und einheitlicher Rechtsprechung die Klagen wegen der beschränkten Entschädigungsverantwortung des polnischen Staates ab.

1. Das polnische Verfassungsgericht Das Verfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 19. Dezember 2002 erkannt, dass die so genannten „Republikanischen Abkommen“ keine unmittelbare Anspruchsgrundlage für Entschädigungsforderungen wegen des Verlusts von hinter dem Bug zurückgelassenen Vermögens darstellten. Die Abkommen hätten jedoch die polnische Legislative dazu verpflichtet, die Abrechnungen der Entschädigungen mit den polnischen Staatsbürgern, die ihre Immobilien wegen der Änderung der Grenzen aufgrund des Krieges verloren haben, durch innerstaatliche Gesetze zu regeln. Das Gericht hat dabei freilich die schon eingangs angesprochenen Zweifel geäußert, dass einige Vorschriften des Gesetzes aus dem Jahre 2003 (des Vorgängergesetzes des eben besprochenen Gesetzes) geeignet seien, das Ziel der so genannten „Republikanischen Abkommen“, die Entschädigung der Opfer, zu verwirklichen. Außerdem hat es hinzugefügt, dass die Verpflichtung zur Entschädigung aufgrund internationaler Verträge auf dem polnischen Staat laste, der polnische Staat aber zudem die Verpflichtung habe, einen effektiven und echten Rechtsschutz zu gewähren, der die Durchsetzung der Entschädigungsansprüche ermögliche.

2. Der Europäische Gerichtshof in der Sache Broniowski gegen Polen Der Kläger, Jerzy Broniowski, ist polnischer Staatsbürger, der 1944 geboren wurde und in Wieliczka (Polen) wohnt. In der Sache ging es um die Nichtbefriedigung von Entschädigungsansprüchen für Vermögen (Wohnhaus und Grund) in Lwów (Lemberg), das vor dem Zweiten Weltkrieg, als diese Gebiete noch Teil Polens waren, seiner Großmutter gehörte. Der Anspruch ist zunächst im Wege der Erbfolge auf die Mutter des Klägers und nach deren Tod im Jahre 1989 auf den Kläger selbst übergegangen. Die Großmutter des Klägers, wie auch viele andere Personen, die die östlichen Gebiete Vorkriegspolens bewohnt hatten, die jetzt große Teile des jetzigen Weißrussland, der Ukraine und der Umgebung von Wilna in Litauen ausmachen, wurden umgesiedelt, nachdem nach dem Zweiten Weltkrieg die östliche Grenze Polens bis an die Bug verschoben worden war. Nachdem das Polnische Komitee der Nationalen Befreiung mit den Regierungen der damaligen sowjetischen Republiken Litauen, Weißrussland und Uk-

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raine die so genannten „Republikanischen Abkommen“ abgeschlossen hatte, verpflichtete sich Polen, die Verluste derer auszugleichen, die von den Gebieten hinter der Bug „repatriiert“ worden sind und ihr Vermögen dort zurücklassen mussten. In den Jahren von 1944 bis 1953 wurden etwa 1.240.000 Menschen aufgrund dieser Abkommen „repatriiert“. Ab 1946 wurde dann gesetzlich im polnischen Recht verankert, dass Personen, die repatriiert worden sind, einen Anspruch auf den Erwerb einer staatlichen Immobilie erhalten und den Wert des zurückgelassenen Vermögens auf den Kaufpreis für das Eigentum oder das ewige Niessbrauchsrecht anrechnen lassen können. Nach dem Inkrafttreten des Gesetzes vom 10. Mai 1990 – Einführungsgesetz zum Gesetz über die Selbstverwaltung von Gebietseinheiten und zum Gesetz über die Arbeitnehmer der Selbstverwaltung sowie anderer späterer Gesetze, die die Anzahl der zur Befriedigung der Ansprüche der ZabuĪan vorgesehenen Immobilien verringerten – war der Staat jedoch nicht in der Lage, die Ansprüche zu befriedigen, da er über eine zu geringe Anzahl an Immobilien verfügte. Zudem wurden die ZabuĪan sehr häufig entweder von den Versteigerungen staatlicher Immobilien ausgeschlossen oder deren Teilnahme wurde an verschiedene unerfüllbare Bedingungen geknüpft. Das Äquivalent, das dem Kläger für die hinter dem Bug von seiner Großmutter zurückgelassenen Wertgegenstände zustand, wurde in den 1980er Jahren auf 1.949.560 PLN festgesetzt. Seiner Mutter wurde das ewige Nießbrauchsrecht an einem nicht allzu großen Baugrundstück eingeräumt, das sie schließlich im Jahre 1981 vom polnischen Staat erwarb. Dem Gutachten zufolge, das der polnische Staat vorgelegt hat, beträgt der Wert derzeit 390.000 PLN. Damit hatte er lediglich etwa 2% der ihm zustehenden Entschädigung erhalten. Im Jahre 2002 hat das polnische Verfassungsgericht festgestellt, dass die Vorschriften, die die Möglichkeit der Befriedigung der Ansprüche der ZabuĪan durch Immobilien, die zuvor militärischen und landwirtschaftlichen Zwecken gewidmet waren, einschränkten, nicht verfassungsgemäß sind. Die Folge war jedoch nicht der Verkauf oder die Einräumung des ewigen Nießbrauchs an diesen Immobilien zugunsten der ZabuĪan, sondern der Stopp aller Versteigerungen dieser Immobilien durch die jeweils zuständigen staatlichen Agenturen. Diese begründeten den Stopp damit, dass die Ausführung des Urteils der Verabschiedung weiterer verfassungskonformer Gesetze bedürfe. Damit verkomplizierte sich die Situation nach dem Urteil noch zusätzlich. Nachdem das Gesetz von 2003 in Kraft getreten war, also das Vorgängergesetz des derzeit geltenden Gesetzes von 2005 (über die Realisierung des Rechts auf Rekompensation wegen des Zurücklassens von Immobilien hinter den jetzigen Grenzen der Republik Polens), vertrat der Staat (der Gesetzgeber) die Ansicht, dass die Verpflichtung des polnischen Staates gegenüber dem Kläger sowie allen anderen ZabuĪan, die überhaupt irgendeine Rekompensation aufgrund der vorher geltenden gesetzlichen Regelung erhalten haben, nicht mehr

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bestünde, da diese Personen mit dieser Entschädigungsleistung vollends befriedigt worden seien. Den Personen, die bislang keine Entschädigung erhalten hatten, gestand das Gesetz von 2003 ein Äquivalent in Höhe von 15% des Werts des hinter dem Bug zurückgelassenen Vermögens zu, das jedoch auf bis zu maximal 50.000 PLN beschränkt worden war – also tatsächlich einem bloßen Almosen gleichkam. Der Kläger erhob nun den Vorwurf, dass der polnische Staat weder dem Entstehen des Problems der nicht ausreichenden Anzahl an Immobilien entgegengewirkt hat, noch dieses Problem durch die Schaffung entsprechender gesetzlicher Vorschriften gelöst habe. Der polnische Staat habe vielmehr noch Gesetze eingeführt, die im Grunde die Möglichkeit der Erlangung einer Immobilie vom Staat für die ZabuĪan vollkommen ausschließen würden. Der Kläger warf dem polnischen Staat hier die Verletzung des Artikels 1 des Protokolls Nr. 1 zur Europäischen Menschenrechtskonvention (Eigentumsgarantie) vor. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte daraufhin in der Sache Broniowski das Recht der ZabuĪan in Bezug auf deren verlorenes Eigentum bestätigt – mit weitreichenden Folgen für die polnische Gesetzeslage. Der Gerichtshof hat festgestellt, dass das in Polen in den Jahren 1985 bis 2004 geltende rechtliche System ungeeignet und uneffektiv zur Befriedigung von derartigen Ansprüchen ist. Die polnische Legislative hatte durch die schrittweise Einführung von immer weiter einschneidenden Beschränkungen des „Rechts auf Anrechnung“ sowie durch die Anwendung von Praktiken, die dieses Recht in der Praxis undurchsetzbar und wertlos machten, das Recht tatsächlich ausgehöhlt. Dieser Zustand war unvereinbar mit den Bestimmungen des Artikels 1 des Protokolls Nr. 1 zur Europäischen Menschenrechtskonvention. Der Straßburger Gerichtshof hat in dieser Sache zum ersten Mal das neue Instrument der Streitbeilegung angewendet und angeordnet, dass der Staat mit den Geschädigten erneut verhandeln soll, anstatt die Entschädigung der Geschädigten anzuordnen. Der Gerichtshof gab dem polnischen Staat sechs Monate Zeit, die Sache Broniowski durch einen Vergleich abzuschließen. Beim Gerichtshof waren zu dem Zeitpunkt weitere 167 ähnliche Klagen von ZabuĪan anhängig. Der Gerichtshof setzte daraufhin diese Klagen auf die Dauer von ebenfalls sechs Monaten aus, um dem polnischen Staat die Gelegenheit zu geben, sein Recht der neuen Rechtslage anzupassen. Im Endeffekt führte dies zu den hier besprochenen Neuregelungen und dem veränderten Entschädigungsverfahren. Polen führte zudem ein neues Staatshaftungsgesetz für die Fälle von überlanger Verfahrensdauer ein, was zu einer erheblichen Entlastung des Gerichtshofs in Straßburg führte.

Umsiedlungen und Entschädigungsforderungen polnischer Bürger

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VI. Zusammenfassung Bis Ende 1947 ließen sich in den in Polen so genannten „wiedergewonnenen Gebieten“ 121.846 Repatriierte aus Litauen, 247.936 aus Weißrussland und 612.405 aus der Ukraine nieder. Die meisten Ankömmlinge siedelten sich in den Wojewodschaften Breslau, Danzig, Allenstein und Stettin an. Ende der 1990er Jahre ist die Diskussion zum Thema der Umsiedlung bzw. Repatriierung oder Vertreibung der Polen aus den Ostgebieten und ihrer Folgen erneut aufgeflammt. Die polnische Legislative hat sich im Rahmen der Entschädigungen von einigen wichtigen Faktoren beeinflussen lassen. Auf der einen Seite standen die eingeschränkten finanziellen Möglichkeiten des Staatshaushalts, weil aufgrund der Republikanischen Abkommen diese finanzielle Last nur dem polnischen Staat zufiel, denn ein Rückgriff auf die Staatshaushalte von Litauen, Weißrusslands oder der Ukraine oder die direkte rechtliche und damit gerichtliche Inanspruchnahme dieser Staaten kam nicht in Betracht. Auf der anderen Seite kann sich ein Rechtsstaat nicht auf seine schlechte finanzielle Lage berufen, wenn er die Durchsetzung der Rechte seiner Staatsangehörigen blockiert. Um das Entschädigungsproblem endgültig zu lösen, wurde am 8. Juli 2005 das Gesetz über das Recht auf Entschädigung wegen des Zurücklassens von außerhalb der heutigen Grenzen der Republik Polen gelegenen Immobilien verabschiedet. Darin wurde der Wert der Entschädigungen auf 20% des ursprünglichen Werts der zurückgelassenen Immobilie festgesetzt. Auf einen Höchstbetrag als Limit der Entschädigung wurde verzichtet. Allerdings wurde in dem neuen Gesetz zudem festgelegt, dass Entschädigungsforderungen wirksam nur bis zum 31. Dezember 2008 angemeldet werden können. * * *

Abstract Robert Grzeszczak: Populations Transfers and Claims of Compensation of Polish Citizens of former Soviet Union States (Lithuania, Belarus, Ukraine), In: Law of Property and Injustice of Expropriation. Coming to terms with the past. Vol. II. Ed. by Gilbert H. Gornig, Hans-Detlef Horn and Dietrich Murswiek (Berlin 2009) pp. 135-150. In the aftermath of the Second World War, Poland experienced significant territorial losses. From the formerly Polish Eastern territories, which were lost to the Soviet Union, more than a million people were repatriated in the years 1944-1952. By virtue of international treaties concluded in 1944 the compensations for the property of the Bug river inhabitants were agreed upon. The bulk

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of the compensations were satisfied in the 1940s and 1950s. They assumed a form of the value inclusion of the abandoned property into the price of a new property purchased from the Treasury Department or a payment by the government for the right of perpetual usufruct. However, as a result of insufficient real estate resources of the Polish government and the complicated system of the entitlement realization many Bug river claimants were not compensated. In an attempt to resolve the problem, the Polish Parliament decided on 08.07.2005 to pass a law concerning the restitution of property outside the current Polish territory. By virtue of that law compensations were limited to 20% of the value of the original property. In his case, there was no upper limit for the compensation, whereas the previous law of 2003 awarded an amount representing 15% of the entitlement, but no more than 50.000 PLN. However, this law was considered unconstitutional by the Polish Constitutional Court. Currently, the river Bug claimants are entitled not only to the inclusion of the value of their original property into the price of new property purchased from the Treasury Department, but also to pecuniary compensations. The deadline for the property restitution is the 31.12.2008.

Der Umgang mit den Enteignungen in Estland nach dem Zweiten Weltkrieg Von Lauri Mälksoo

I. Historische Einleitung Die Geschichte der ehemaligen baltischen Ostseeprovinzen, des heutigen Estland und Lettland, unterscheidet sich in mancher Hinsicht vom Rest Ostund Ostmitteleuropas. Die deutschen und dänischen Kreuzritter hatten diese Länder Anfang des 13. Jahrhunderts erobert und dort deutsche Kolonien gegründet. Dabei blieb die Mehrheit der Bevölkerung immer estnisch- bzw. lettischsprachig. Diese deutschen Kolonien (das so genannte Alt-Livland) haben ihre unabhängige Staatlichkeit bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts erhalten. Danach wurden die Provinzen von Schweden und ab Anfang des 18. Jahrhunderts von Russland regiert. Die Deutschen haben aber durch die Accord-Punkte, die die baltischen Stände mit Peter dem Großen im Jahre 1710 verhandelt haben, de facto ihre Autonomie und Vormacht in den „deutschen Ostseeprovinzen Russlands“ behalten können. Die nationale Emanzipation der Esten und Letten seit Mitte des 19. Jahrhunderts war paradoxerweise stark von den deutschbaltischen Estophilen und den romantischen Ideen von deutschen Denkern wie Herder beeinflusst. Eine eigene Sprache hat jetzt ein Volk konstituiert; statt frühere „Nichtdeutsche“ waren plötzlich Esten und Letten da. Früher, z.B. im Mittelalter, wie der deutschbaltische Historiker Paul Johansen bewiesen hat, waren die Unterschiede zwischen den estnisch- bzw. lettischsprachigen und der deutschsprachigen Bevölkerung vor allem ständisch. Estnisch und Lettisch waren Bauernsprachen – wenn ein tüchtiger Bauernsohn Karriere machen wollte, besuchte er die Schule in der Stadt und gliederte sich in die deutschsprachige Oberschicht ein, sobald das möglich war. Mehrere deutschbaltische adlige Familien, wie z.B. Maydel, waren ursprünglich estnische Familien. Jedoch war die nationale Emanzipation der Esten und Letten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Vielem gegen die deutsche Vormacht gerichtet. Die estnischen und lettischen politischen Wortführer fanden vor allem ungerecht, dass 5% der Bevölkerung, die Barone, fast über das ganze Land Besitz

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hatten. Ich kann es in den Memoiren meines Urgroßvaters nachlesen,1 wie feindlich die Esten aus sozialen Gründen damals gegenüber den deutschen Landbesitzern eingestellt waren. Mein Urgroßvater gehörte zur ersten Generation von Esten, die schon am Anfang der Unabhängigkeitszeit in Tartu Jura studieren durften. Diese Emanzipationsentwicklung mündete darin, dass im Jahre 1918 die Freistaaten bzw. Republiken Estland und Lettland proklamiert wurden. Einer der ersten großen politischen Schritte dieser Regierungen war die Landreform von 1919, wodurch den deutschen Baronen, u.a. Groß-Landbesitzern, fast das ganze Land weggenommen wurde. Kompensationen wurden zwar bezahlt, aber die Freistaaten selbst haben schon gar nicht versucht zu behaupten, dass die Kompensationen, wie wir heute sagen würden, dem damaligen „Marktwert“ entsprachen. Die baltischen Regierungen haben die Landreform vor allem mit dem Argument der Gerechtigkeit – so wie sie sie gesehen und interpretiert haben – begründet. Ihrer Meinung nach war es nicht ungerecht, dass das Land den deutschen Gutsbesitzern weggenommen wurde, sondern dass es überhaupt so lange in ihren – „landfremden“ – Händen gewesen war. Die deutschen Landbesitzer fanden es hingegen überhaupt nicht gerecht oder „rechtstaatlich“, dass das Land, welches ihnen schon seit Jahrhunderten gehörte, plötzlich enteignet wurde. In meinem Heimatort Abja im Kreis Viljandi hat der Baron Charles von Stackelberg den Bauern empfohlen: „Wenn ihr Häuser auf meinem Land bauen werdet, baut sie gleich auf Räder, denn dann können sie später einfacher weggerollt werden.“ Die deutsche Volksgruppe war unter den Auswirkungen der Unabhängigkeit Estlands und Lettlands ziemlich zerstreut worden. Jedoch hatten, auch unter dem Einfluss des Völkerbundes, die Regierungen den Deutschen und anderen Minderheiten weitgehende Minderheitenrechte eingeräumt. Das estnische Gesetz über die Kulturautonomie der Minderheiten von 1925 gehörte zu den fortschrittlichsten und großzügigsten seiner Zeit. Das behaupteten zumindest deutschbaltische bzw. deutsche Völkerrechtler wie Rudolf von Laun, Dietrich Loeber und Boris Meissner, der selbst in Tartu Jura studiert hatte. Sofern es historisch ernsthafte Reibereien zwischen der deutschen Volksgruppe und den Freistaaten Estland und Lettland bezüglich der Enteignungen gegeben hat, so gab es sie damals im Jahre 1919 und danach wegen der Agrarreform. In den baltischen Städten Riga, Reval (Tallinn), Dorpat (Tartu) und Pernau (Pärnu) hingegen verblieben viele der besten Grundstücke den Deutschbalten. In den Städten wurden keine programmatischen Enteignungen durchgeführt. Der schwedische Reisende Carl Mothander, der eine Deutschbaltin heiratete, beschreibt in seinem Buch „Barone, Bauern und Bolschewiken in ___________ 1

Die Memoiren von August Leps, Manuskript im Privatbesitz.

Der Umgang mit den Enteignungen in Estland nach dem Zweiten Weltkrieg

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Estland“2 bildhaft das einerseits privilegierte, andererseits zum Teil selbstghettoisierte adlige Leben der Deutschbalten auf dem Revaler Domberg in der Zwischenkriegszeit. Wenn die Deutschbalten weniger erfolgreich behaupten konnten, dass ihnen die Rechte auf das (fast) ganze baltische Agrarland zustünden, dann war die Lage doch anders in den Städten. Die historischen Stadtkerne von Reval (Tallinn) und Riga sahen damals und sehen heute noch sehr hanseatisch und „deutsch“ aus; wenngleich sie mit Hilfe der einheimischen Bevölkerung gebaut wurden, so wurden sie doch von den Deutschen geplant. Wenn zuvor gesagt worden war, dass sich die Geschichte des Baltikums von der Geschichte z.B. Polens oder der Tschechoslowakei unterscheidet, dann ist damit auch die Geschichte der Deutschbalten gemeint. Die deutsche Volksgruppe in Polen und in der Tschechoslowakei wurde ja im Grunde – als eine Art spontane oder geplante „Kollektivstrafe“ für die Gräueltaten des Nationalsozialismus – vertrieben. Dabei wurden Verbrechen gegen die Menschlichkeit an der deutschen Volksgruppe begangen – auch wenn diese z.B. bei den Nürnberger Prozessen selbstverständlich nicht thematisiert wurden. Im Baltikum war das anders. Da hat Hitler-Deutschland zuerst mit Stalin-Russland eine Art von Geheimabkommen bezüglich der politischen Zukunft „Zwischeneuropas“ erreicht und die Gegend, wie es unter anderem Gilbert Gornig verurteilt hat, völkerrechtswidrig geteilt. Da Berlin wusste, was unter den Sowjets passieren würde, und dies in gewisser Hinsicht mit orchestrierte oder mindestens mitverantwortete, war die deutsche Regierung damals als Schutzmacht der deutschen Volksgruppe aufgetreten. Im Rahmen der so genannten Umsiedlung der Jahre 1939 – 1940 und der Nachumsiedlung im Jahre 1941 wurde die deutsche Volksgruppe aus dem sowjetisch annektierten Estland ausgewiesen und meistens in die von Polen annektierten Gebiete umgesiedelt.3 Deutschland und die UdSSR haben am 10. Januar 1941 ein völkerrechtliches Abkommen geschlossen, wonach diejenigen Deutschbalten, die ihre Grundstücke hinterlassen hatten, von der deutschen Reichsregierung Kompensation erhalten würden. Soweit bekannt – aber es ist nicht genug bekannt darüber, zumindest nicht im Baltikum – wurden solche Kompensationen den Beteiligten auch erteilt. Schon Ende Juni 1941 hat Deutschland die UdSSR angegriffen. Wie Rafael Lemkin in seinem Klassiker „Axis Rule in Occupied Europe“ darstellt, wurden die Grundstücke, die von den Sowjets schon enteignet worden waren, jedoch auch vom Deutschen Reich während der Besatzungszeit meistens nicht den ehemaligen Eigentümern zurückgegeben. ___________ 2 Original auf Schwedisch. Die neueste deutsche Ausgabe herausgegeben von Konrad Anton, 2005. 3 Die beste Darstellung dieser historischen Ereignisse findet man bei Dietrich A. Loeber, Diktierte Option: Die Umsiedlung der Deutsch-Balten aus Estland und Lettland 1939 – 1941, 1972.

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II. Der Umgang mit den Enteignungen nach der Wiederherstellung der Unabhängigkeit Wie ist Estland nun mit den Enteignungen nach der Wiederherstellung der Unabhängigkeit im August 1991 umgegangen? Die staats- und völkerrechtliche Grundidee des heutigen Estland ist die rechtliche Kontinuität mit der Republik der Vorkriegszeit.4 Im Bereich Eigentum bedeutete das die Wiederherstellung (Restitution) der Eigentumsrechte der Eigentümer der Vorkriegszeit oder ihrer Kinder. Wie das aber fast immer mit derart abstrakten Rechtsideen der Fall ist, wird ihre Umsetzung besonders spannend – auch schwierig – in den Zweifelsfällen, in den „rechtlichen Grauzonen“. Dort kann es auch zu deutlichen Ausnahmen von den Grundsätzen kommen. Schon am 13. Juni 1991 wurde das Grundlagengesetz der Eigentumsreform der Republik Estland verabschiedet.5 Artikel 7 dieses Gesetzes, welches noch heute gültig ist, benennt die Berechtigten einer Vermögensrestitution. Dabei werden die so genannten Nachumsiedler von 1941, also meistens die Deutschbalten, als eine Art Sonderfall behandelt. Artikel 7 Absatz 3 legt fest, dass „die Anträge für die Restitution des Eigentums von den Personen, die Estland auf der Grundlage der Abkommen mit dem Deutschen Reich verlassen haben, durch internationale Abkommen geregelt werden“. Es ist unklar, was der estnische Gesetzgeber mit dieser Bestimmung überhaupt sagen oder erreichen wollte. Die Grundidee scheint jedoch verständlich zu sein: Die deutschen Nachumsiedler sind kein automatischer Fall der Restitution des Eigentums. Vielleicht war damals noch auf irgendein ” trade-off “ über eine Gegenleistung oder Kompensation von Seiten der Bundesrepublik gehofft worden. Das heutige Deutschland hat aber diesbezüglich kein besonders großes Interesse gezeigt, und im Grunde kam so ein Abkommen zwischen Estland und Deutschland nie zustande. Sofern mir bekannt ist, wollten die deutschen Behörden mit der estnischen Regierung auch nicht die Information teilen, ob und inwiefern die Nachumsiedler im Jahre 1941 und danach schon in Deutschland entschädigt worden waren. Argumentiert wurde mit den Bedürfnissen des Datenschutzes und des Schutzes der Privatsphäre der bundesdeutschen Bürger. Das Ergebnis war eine Art rechtliches „Niemandsland“ bezüglich der Grundstücke, die vor 1941 den Nachumsiedlern gehört hatten. Sie konnten weder einfach restituiert noch zugunsten der Vermieter während der Sowjetzeit privatisiert werden, so lange nicht ein Abkommen zwischen Deutschland und Estland Klarheit geschaffen hätte. Da jedoch lediglich klar wurde, dass ein sol___________ 4

Siehe z.B. L. Mälksoo, Illegal Annexation and State Continuity: the Case of the Incorporation of the Baltic States by the USSR, Leiden/Boston, 2003. 5 Staatsgesetzblatt (Riigi Teataja) 1991, 21, 257; im Internet auf Estnisch: https://www.riigiteataja.ee/ert/act.jsp?id=12784518.

Der Umgang mit den Enteignungen in Estland nach dem Zweiten Weltkrieg

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ches Abkommen in absehbarer Zukunft nicht zustande kommen würde, lautete die Frage: Was jetzt? Es wurde zu Recht kritisiert, dass ein rechtliches „Niemandsland“ nicht ewig gelten dürfe, und gefordert, dass der Gesetzgeber unter diesen Umständen neu entscheiden müsse.

III. Der estnische Staatsgerichtshof als de facto-Gesetzgeber Der estnische Gesetzgeber konnte in dieser Sache aber nie aktiv werden. Die rechtskonservativen und liberalen Parteien im estnischen Parlament (Riigikogu) haben mehrmals versucht, das Gesetz von 1991 insofern zu ändern, dass auch die deutschen Nachumsiedler von 1941 klar als Restitutionsberechtigte anerkannt würden. Ihre Argumente waren Bedürfnisse der Rechtsklarheit und Schutz des Eigentums, aber auch die Betonung der staatlichen Kontinuität; alles, was nach dem Hitler-Stalin-Pakt (1939) und der Besetzung Estlands (1940) passiert war, bleibe vom Standpunkt Estlands aus Unrecht. Vor allem dürften die Verträge, die Nazi-Deutschland und die UdSSR unter sich verhandelt hatten, Estland nicht binden. Der „Schlachtruf“ dieser Parteien war: ex iniuria ius non oritur. Diejenigen politischen Kräfte im Riigikogu, die gegen solche Gesetzesänderung waren, haben ihre Positionen mit anderen Argumenten fundiert. Direkt antideutsche Rhetorik wurde zwar sehr selten benutzt, aber es wurde in Frage gestellt, ob die Nachumsiedler von 1941 „einfach“ und „genauso“ als Opfer der Besetzungen anzusehen seien wie der Rest der Bürger Estlands. Unter anderem hatte Estland auch infolge der deutschen Politik damals seine Staatlichkeit verloren, und Deutschland hatte seine Volksgenossen vom sowjetbesetzten Estland quasi gerettet und ihnen für ihr verloren gegangenes Vermögen noch Kompensation bezahlt. Auch das Argument des sozialen Neids war da. Es wurde behauptet, dass mindestens in West-Deutschland die Nachumsiedler ein materiell besser versorgtes Leben genießen konnten als die sowjetisierten Staatsbürger des sowjetbesetzten und -annektierten Estland. Zudem war mindestens eine große Linkspartei (Zentrumspartei) nicht nur gegenüber der Restitution für deutsche Nachumsiedler kritisch gesinnt, sondern gegenüber Restitution generell. Diese Partei positionierte sich mehr auf der Seite der Benutzer und Vermieter des Eigentums. Der „Schlachtruf“ dieser Partei war: ex factis oritur ius. Schließlich konnte eine Entscheidung erst durch den Staatsgerichtshof der Republik Estland herbeigeführt werden. Am 12. April 2006 beschloss der Staatsgerichtshof, dass das Parlament Riigikogu sechs Monate Zeit hat, die Sonderbestimmung in Artikel 7 Absatz 3 des Grundlagengesetzes der Eigentumsreform der Republik Estland mit der Verfassung Estlands in Einklang zu

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bringen.6 Da das Parlament dieser Forderung nicht nachkam, wurde Artikel 7 Absatz 3 des Grundlagengesetzes der Eigentumsreform der Republik Estland ab dem 12. Oktober 2006 ungültig. In seiner Entscheidung vom 6. Dezember 2006 beschloss der Staatsgerichtshof,7 dass in der Konsequenz dieser Ungültigkeit das Vermögen der Nachumsiedler jetzt restituiert, kompensiert oder zugunsten der Vermieter privatisiert werden muss, ebenso wie in allen anderen Fällen der Eigentumsreform. Das lässt die unterschiedlichen Möglichkeiten noch „diplomatisch“ offen; inhaltlich aber wurde damit die Grundsatzentscheidung der Restitution zugunsten der Nachumsiedler getroffen. Das war jedoch nicht das letzte Mal, dass der Staatsgerichtshof sich zu dieser Frage geäußert hat: In den so genannten Transformationsländern funktionieren manche kommunale Selbstverwaltungen manchmal wie „Staaten im Staat“. Der Staatsgerichtshof hat zwar seine Entscheidung getroffen, jedoch kann eine kommunale Selbstverwaltung die Durchsetzung der Grundsatzentscheidung behindern, wenn der politische Wille fehlt. Am 10. März 2008 hat der Staatsgerichtshof daher beschlossen8, dass die kommunalen Staatsverwaltungen verpflichtet sind, die Anträge der Nachumsiedler in das Verfahren aufzunehmen. Die Organe der kommunalen Selbstverwaltungen dürfen solche Anträge nicht zurückweisen, ungeachtet der Frage, ob die Anträge schon vorher gestellt worden waren oder nicht. Diese Entscheidung hat den kommunalen Selbstverwaltungen den letzten Grund genommen, in der Frage noch „unabhängige Politik“ zu machen.

IV. Schluss Viele Völker kennen das Sprichwort, dass sich die Räder der Mühlen der Gerechtigkeit nur sehr langsam drehen. In Estland haben wir jetzt erfahren, dass die Räder der Gerechtigkeit (der Gerichte) am Ende schneller waren als manche Räder der Politik. Um genau festzustellen, wie die Früchte der Arbeit dieser Gerichtsräder in die Praxis umgesetzt werden, müssen wir noch ein bisschen abwarten. * * * ___________ 6

No 3-3-1-63-05, Klage von Beate Bodemann und Thomas Bodemann, 12.04.2006, auf Estnisch http://www.nc.ee/?id=11&tekst=222483989 und auf Englisch http://www. nc.ee/?id=678. 7 No 3-3-1-63-05, 6.12.2006, auf Estnisch http://www.nc.ee/?id=11&tekst=222495 250 und auf Englisch http://www.riigikohus.ee/?id=735. 8 No 3-3-2-1-07, Klage von Karin Elisabeth Adelheid Edenberg, 10.03.2008, auf Estnisch http://www.nc.ee/?id=11&tekst=222508 306 und auf Englisch http://www.nc. ee/?id=892.

Der Umgang mit den Enteignungen in Estland nach dem Zweiten Weltkrieg

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Abstract Lauri Mälksoo: The Legal Status of Expropriations in Estonia after the Second World War, In: Law of Property and Injustice of Expropriation. Coming to terms with the past. Vol. II. Ed. by Gilbert H. Gornig, Hans-Detlef Horn and Dietrich Murswiek (Berlin 2009) pp. 151-157. In Estonia, the Supreme Court solved in 2008 the final pending question in the process of property restitution – the issue of the property rights of the German “Nachumsiedler“ of 1941. In this article, it is described and analysed how that happened; the political and historical background is also explained.

Der Stand der Gesetzgebung zu den Enteignungen in Kroatien – mit Praxisbeispielen Von Šime Ivanjko und Mladen Kraljiü

I. Einleitung Nach der Unabhängigkeit der Republik Kroatien am 25. Juni 1991 ging man zur Festigung der demokratisch und marktwirtschaftlich orientierten Gesellschaftsordnung über. Die Kriegsereignisse in Kroatien haben den Prozess der Entwicklung einer neuen demokratischen Ordnung verlangsamt, auch konnte das Rechtssystem unter Kriegsbedingungen nicht recht wirksam sein. Erst nach Abschluss des Dayton-Abkommens, mit dem die Kriegshandlungen endeten, konnte man die Regelung der Beseitigung der Folgen des sozialistischen Systems in Angriff nehmen. Vor allem war es nötig, die für eine moderne Zivilisation unakzeptablen Gesetzesvorschriften, die seit den Beschlüssen des AVNOJ (Antifaschistischer Rat zur Volksbefreiung Jugoslawiens) vom 21. November 1944 galten, zu beseitigen. Nach diesen Beschlüssen waren enteignet worden:  das gesamte Vermögen des Deutschen Reichs und seiner Staatsangehörigen, das sich im Hoheitsgebiet Jugoslawiens und damit Kroatiens befand,  das gesamte Eigentum deutscher Volkszugehöriger mit einigen Ausnahmen,  das gesamte Eigentum der Kriegsverbrecher und ihrer Gehilfen,  gerichtlich enteignetes Vermögen. Die Verfahren der Enteignung wurden allerdings nicht immer durchgeführt, denn manche Behörden haben sich an die allgemeinen Bestimmungen gehalten; so wurde manches Vermögen (vor allem von Abwesenden) einfach verstaatlicht. Das betroffene Vermögen wurde auch nicht in das Register der Enteignungen eingetragen.1 Später, am 16. März 1951, wurde aber vom Justizministerium des damaligen Jugoslawiens ein Rundschreiben herausgegeben, dass Vermögen abwesender Ausländer konfisziert werden kann. 1954 hat dann der Bundesexekutivrat die Anweisung erteilt, dass mit der Vorbereitung der endgülti___________ 1

www.projuris.org/nacionalizacija _i_denacionalizacija.htm.

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Šime Ivanjko / Mladen Kraljiü

gen Liquidierung des Status des betroffenen Vermögens fortgefahren werden solle. Der Koordinationsrat des Bundesexekutivrats hat aber schließlich mit den Beschlüssen Nr. 102/1958 festgelegt, dass hinsichtlich der Personen deutscher Volkszugehörigkeit der Erlass der endgültigen Beschlüsse aufgeschoben und der faktische Besitzzustand nicht berührt werden solle. Diese Verfahren wurden später eingestellt.2 Eine der ersten Vorschriften in dieser Richtung war das Gesetz über die Ersatzleistungen für Vermögen, das in der Zeit der jugoslawischen kommunistischen Herrschaft enteignet wurde.3 Das Gesetz wurde am 11. Oktober 1996 verabschiedet und trat am 1. Januar 1997 in Kraft. Mit diesem Gesetz wurden die Bedingungen und das Verfahren der Ersatzleistungen für Vermögen normiert, das den früheren Eigentümern seitens der jugoslawischen kommunistischen Herrschaft durch Beschlagnahme, Nationalisierung, Agrarreform und anderen Vorschriften sowie nach weiteren in diesem Gesetz genannten Methoden entzogen und ins Volks-, Staats- oder Genossenschaftseigentum übertragen worden war (Art. 1 Abs. 1). Die Ersatzleistung wird in Geld oder Wertpapieren, ausnahmsweise auch in Natur geleistet (Art. 1 Abs. 2). Es kann auch etwas Anderes als Ersatz für das enteignete Vermögen zurückgegeben werden, wenn die Verteidigung oder das nationale Interesse die Rückgabe in Natur nicht zulassen (Art. 1 Abs. 3). Berechtigt sind natürliche oder juristische Personen, deren Vermögen aufgrund eines von 32 Gesetzen, die zwischen 1945 und der Selbständigkeit Kroatiens verabschiedet wurden, enteignet worden war (Art. 2).4

II. Grundlagen für die Konfiszierung, Nationalisierung und die Agrarreform Aufgrund der genannten 32 Gesetzesvorschriften wurde zwangsweise das Eigentum natürlicher und juristischer Personen enteignet und in staatliches Vermögen überführt, und nach 1950 wurde dieses Vermögen zu Gesellschaftseigentum.5 Der Übergang des Vermögens vom Privateigentum ins Gesell___________ 2

Ibidem. Bek in Narodne Novine (Gesetzblatt) Nr. 92/96, 39/99, 42/99, 43/00, 131/00, 27/01, 65/01, 118/01, 80/02 und 81/02. 4 Art. 2 zählt alle Vorschriften auf. 5 Gesellschaftseigentum bildete die Grundlage der jugoslawischen Selbstverwaltung, die auf Verfassungsrechtsnormen gründete, wonach niemand Eigentümer des Produktionseigentums war; jedoch hatten einzelne Personengruppen, die in Organisationsformen gefasst wurden – Arbeitsorganisationen und andere – besondere Rechte an diesem Vermögen, wie das Recht auf Arbeit, das Recht auf Verwaltung, das Recht auf Verfügung (in den Rechtsverkehr bringen) und das Recht auf Konsum (Verbrauch). Die genannten Rechte wurden verfassungsmäßig garantiert – dem Einzelnen und den Gruppen (eigentumsloses Konzept der Produktionsmittel). 3

Der Stand der Gesetzgebung zu den Enteignungen in Kroatien

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schaftseigentum wurde aufgrund dieser 32 Vorschriften vollzogen, vorwiegend zwischen 1945 und 1958 im Wege der Konfiszierung, der Nationalisierung und der Agrarreform. Die Konfiszierung war als Strafe für die Kriegsgegner gedacht. Eine Konfiszierung ist die Zwangsenteignung von beweglichem und unbeweglichem Vermögen aufgrund des Gesetzes und/oder aufgrund eines Gerichtsurteils. Konfiszierungen aufgrund des Gesetzes wurden sofort 1945 durchgeführt und zwar am Vermögen natürlicher und juristischer Personen deutscher Volkszugehörigkeit. Ebenso umfassten die Konfiszierungen das Vermögen der damaligen jugoslawischen Staatsangehörigen, die im Krieg aktiv den deutschen Besetzern geholfen hatten. Grundlage war das Gesetz über die Konfiszierung des Vermögens und die Durchführung der Konfiszierung.6 Ein großer Teil der Konfiszierungen wurde auch aufgrund des Strafgesetzbuchs als Rechtsfolge der strafrechtlichen Verurteilungen mit Haftstrafen von mehr als fünf Jahren vorgenommen. Die Beschlagnahme des Vermögens der Verurteilten war vor allem für Straftaten politischer Natur in Verbindung mit Straftaten im Krieg beziehungsweise unmittelbar nach dem Krieg vorgesehen. Die Beschlagnahme erfolgte natürlich ohne Entgeltung des Vermögenswerts. Die Nationalisierung war als sozialistische Maßnahme der Beseitigung des Privateigentums und der Formung des Gesellschaftseigentums gedacht und wurde aufgrund zahlreicher Gesetze durchgeführt, wie z. B. das Gesetz über die Nationalisierung privater Handelsunternehmen7 und das Gesetz über die Nationalisierung von Mietshäusern und Baugrundstücken8. Für die Nationalisierung ist wesentlich, dass es sich dabei um eine Zwangsenteignung von Privateigentum gegen Bezahlung handelt. Die Bezahlung wurde gesondert als gesetzliche Verpflichtung des Staates geregelt, den Schätzwert des nationalisierten Vermögens innerhalb von 20 Jahren zurückzuerstatten. Die Agrarreform gründet ebenfalls auf mehreren gesetzlichen Grundlagen, vor allem auf dem Gesetz über die Agrarreform und die Kolonisierung9. Mit diesen Gesetzen wurde die Begrenzung des Eigentums an landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Grundstücken eingeführt. Die das so genannte Grundstücksmaximum überschreitenden Grundstücke wurden gegen eine minimale Bezahlung verstaatlicht, manchmal auch ohne Entgelt. ___________ 6 Bek. in Službeni list DFJ, Nr. 40/45 und 70/45. Ein anderes Gesetz dazu war das Gesetz über den Entzug des Kriegsgewinns in der Zeit der feindlichen Besetzung (Službeni list DFJ, Nr. 36/45). 7 Bek. in Službeni list FNRJ, Nr. 98/46 und 35/48. 8 Bek. in Službeni list FNRJ, Nr. 52/58. 9 Bek. in Službeni list DFJ, Nr. 64/45, Službeni list FNRJ, Nr. 24/46, 101/47, 105/48, 21/56 und 55/57, wie auch Službeni list SFRJ, Nr. 10/65.

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Die Expropriation war ebenfalls eine Maßnahme des Entzugs von Privatliegenschaften durch Zusammenlegung von Grundstücken gegen Bezahlung bzw. durch Tausch. Wegen der Vielfältigkeit der Verfahren und Vorschriften, aufgrund derer Vermögen enteignet wurde, kann hier nicht jede Vorschrift genauestens angeführt werden, insbesondere weil es auch in anderen Verfahren zu Enteignungen aufgrund von Gerichts- und Verwaltungsentscheidungen kam.

III. Regelung der Rückgabe und der Rückerstattung Das Gesetz über die Ersatzleistungen für Vermögen, das in der Zeit der jugoslawischen kommunistischen Herrschaft enteignet wurde, legt die Rechtsgrundlagen für die Rückgabe des Vermögens bzw. die Erstattung seines Werts, das Verfahren und insbesondere die Berechtigten und die Zahlungsverpflichteten fest.10 Das Gesetz regelt nicht die Frage der Rückgabe des Vermögens, das durch Zivil- oder Kriegsorgane zur Kriegszeit vom 4. April 1945 bis 15. Mai 194511 entzogen wurde (Art. 3 und 4). Das Gesetz bestimmt, dass die Berechtigten vorwiegend in Geld ausbezahlt werden, nicht aber in Natur, es sei denn für die Fälle der Konfiszierung von Vermögen aufgrund von Gerichtsurteilen (Art. 1 Abs. 4).

IV. Grundlage durch das Verfassungsgericht Das Verfassungsgericht der Republik Kroatien hat auf Antrag zahlreicher (16) Betroffener aus Kroatien am 21. April 1999 die Entscheidung in der Sache U-I-639/1996 erlassen. Darin wird sehr gründlich die Entscheidung, mit der eine Reihe von Bestimmungen des Gesetzes über die Ersatzleistungen für Vermögen, das in der Zeit der jugoslawischen kommunistischen Herrschaft enteignet worden war, abgeschafft wurde, begründet. Neben der Öffnung für ausländische Antragsteller hat das Verfassungsgericht außer Kraft gesetzt:

___________ 10 Gesetz über die Entschädigung für das in der Zeit der jugoslawischen kommunistischen Herrschaft enteignete Vermögen (Zakon o naknadi za imovinu oduzetu za vrijeme jugoslavenske komunistiþke vladavine), Narodne novine, Nr. 92/96, 39/99, 42/99, 92/99, 43/00, 131/00, 27/01, 65/01, 118/01, 80/02 i 81/02. 11 Das verursacht insbesondere Probleme bei der Rückgabe von jüdischem Vermögen, das in der Zeit der NDH (Unabhängiger Staat Kroatien) und der Besetzer entzogen wurde.

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a) Art. 9 Abs. 1: Beschränkung der Berechtigung auf kroatische Staatsangehörige; b) Art. 11: Ausschluss von der Berechtigung für juristische Personen, außer wenn durch Abkommen anderes geregelt ist; c) Art. 65 Abs. 4: Es werden alle Bestimmungen abgeschafft, die sich auf die Folgen der Fristsetzung für ausländische natürliche Personen wegen des Versäumnisses des Antrags nach dem geltenden Gesetz beziehen. Das Verfassungsgericht hat aber auch ausdrücklich hervorgehoben, dass es keine verfassungsrechtliche Grundlage in der Verfassung der Republik Kroatien für die Begründung des Rechts auf Rückgabe des Vermögens gibt. Deshalb hat es sich nicht auf die Bewertung des Umfangs dieser Rechte eingelassen, ebenfalls nicht auf die Bedingungen. Nach Ansicht des Verfassungsgerichts fällt die Rückgabe des Vermögens in die Zuständigkeit der kroatischen Gesetzgebung, die dabei nicht diskriminierend sein darf. Nicht strittig ist, dass der Staat Schadensersatz in Geld oder Wertpapieren zahlen kann, ebenso ist nicht strittig, dass nicht der Marktwert, sondern eigene Kriterien für die Bewertung herangezogen werden können. So führt das Verfassungsgericht in Absatz 2/5 der Begründung an, dass „keines der Transitionsländer, in denen die Denationalisierung (im weitesten Sinne) geregelt und durchgeführt wird, die wirtschaftliche Kraft besitzt, alles enteignete Vermögen in Natur (wenn dies rechtlich und praktisch möglich wäre) zurückzugeben, um alle Schäden der Enteignung zu beseitigen“. Nach Meinung des Verfassungsgerichts sind alle Grundbestimmungen des Gesetzes das Ergebnis eines Kompromisses und des Ausgleichs gegensätzlicher Rechte und Interessen der ehemaligen Eigentümer, der Träger der am enteigneten Vermögen erworbenen Rechte und der wirtschaftlichen und anderen Interessen des Staates und der Gesellschaft. Das Verfassungsgericht hat auch die Verfassungsmäßigkeit der Vorschriften, aufgrund derer das Vermögen entzogen wurde, nicht beurteilt, da die Verfassung der Republik Kroatien nicht als Maßstab für Rechtsakte des ehemaligen Staates her-angezogen werden kann. Insbesondere hat es in Bezug auf Ausländer festgestellt, dass es keine unmittelbare internationale rechtliche Verpflichtung der Republik Kroatien gebe, die Kroatien die Rückgabe des enteigneten Vermögens bzw. die Formen, den Umfang und die Höhe der Rückgabe des enteigneten Vermögens auferlege.12 „Es ist von der Einschätzung und vom Willen des Gesetzgebers ___________ 12 Zahlreiche Antragsteller haben verschiedene internationale Akte, wie z. B. die Allgemeine Menschenrechtserklärung, den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte angeführt, jedoch war das Verfassungsgericht der Meinung, dass keines dieser Abkommen eine Pflicht auferlege, dass Kroatien dieses Vermögen zurückgeben oder Schadenersatz zahlen müsse. Dabei führt es nur eine Ausnahme an, und zwar Annex 19 zur Deklaration über die Grundprinzipien für Kriegsopfer und Machtmissbrauch, welche die Staaten dazu auffordert, die Bestrafung des Machtmissbrauchs und die entsprechenden Rechtsmittel für die Opfer zu regeln und zwar besonders „die Rück-

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abhängig, ob bestimmte Regelungen vorgeschrieben und in welchem Umfang der Ersatz oder die Rückgabe des Vermögens festgelegt werden. Diese Regeln sind prinzipiell nicht auf ihre Verfassungsmäßigkeit hin zu prüfen“ (Punkt 2/1 des Urteils).13 Des Weiteren ist zu erwähnen, dass das Verfassungsgericht darauf hingewiesen hat, dass „internationale Akte, insbesondere Deklarationen (auf die sich die Antragsteller berufen haben), keine unmittelbare Wirkung für die Bürger und andere Rechtskörperschaften haben, sondern eine Verpflichtung seitens der Republik Kroatien begründen, dass die Prinzipien dieser Akte in den Gesetzen, anderen Vorschriften und der Praxis der Staatsbehörden eingebettet werden“.

V. Berechtigte der Ersatzleistungen Nach der ersten Regelung hatten nur Personen, die am Tag der Verabschiedung dieses Gesetzes die kroatische Staatsangehörigkeit hatten, ein Recht auf Ersatzleistungen. Hinsichtlich dieser Bestimmung wurde ein Verfassungsstreit eingeleitet. Das Verfassungsgericht14 erkannte, dass die Unterscheidung von Menschen nach der Staatsangehörigkeit in Vermögensfragen verfassungswidrig ist und hat der Regierung der Republik Kroatien aufgetragen, die genannte Einschränkung zu beseitigen und die Kriterien für die Ersatzleistungen festzulegen. Dies erfolgte durch das Gesetz über die Änderungen und Ergänzungen des Gesetzes über die Ersatzleistungen für Vermögen, das in der Zeit der jugoslawischen kommunistischen Herrschaft enteignet wurde. Das Gesetz wurde am 5. Juli 2002 verabschiedet und trat am selben Tag in Kraft (Art. 1).15 Mit diesem Gesetz werden besonders die Denationalisierungsfragen für Ausländer geregelt, wobei aus dem Kreis der Berechtigten alle diejenigen, die jeglichen Schadensersatz aufgrund der internationalen Abkommen, die von der FNRJ oder SFRJ oder Kroatien geschlossen wurden, erhalten haben, ausgeschlossen werden.16 Mit diesem Gesetz wird auch die Frist für die Anmeldung der Ansprüche festgelegt, wenn dabei der Antrag zurückgewiesen oder abge___________ gabe und/oder Entschädigung und die nötige materielle und psychologische Hilfe und Unterstützung“. Auch diese Bestimmung ist allerdings von allgemeinem Charakter und berührt das kontrollierte Gesetz nicht. 13 In der Rechtslehre ist die Rede von einem zeitlich begrenzten Recht, das von potestativem Charakter ist und nur dem vorigen Eigentümer und dem Erben des ersten Erbranges zusteht. Siehe genauer Petar Simonetti, Pravo na denacionalizaciju i prava iz denacionalizacije, Pravo i porezi, Zagreb Nr. 6/2004, S. 43. 14 Entscheidung Nr. 673/1996. Bek. in Narodne Novine, Nr. 39/99. 15 Bek. in Narodne Novine RH, Nr. 80/02. 16 Mit einigen Staaten hat bereits die SFRJ Reparationsabkommen geschlossen, wie z. B. mit den USA.

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lehnt wurde, wobei der Antrag innerhalb von sechs Monaten, d.h. vom 5. Juli 2002 bis zum 5. Januar 2003 gestellt werden musste. Berechtigt waren:  der vorherige Eigentümer mit kroatischer Staatsangehörigkeit, der am Tag der Verabschiedung des Gesetzes über die Ersatzleistungen keine kroatische Staatsangehörigkeit hatte,  die vorigen Eigentümer, wenn dies in einem zwischenstaatlichen Abkommen geregelt ist,  die vorigen Eigentümer, die nach dem Einwohnergesetz von 1991 den Wohnsitz in den besetzten Gebieten der Republik Kroatien hatten. Art. 11 des Gesetzes über die Ersatzleistungen für Vermögen, das in der Zeit der jugoslawischen kommunistischen Herrschaft enteignet wurde, hatte hingegen bestimmt, dass ausländische natürliche und juristische Personen kein Recht auf Denationalisierung haben sollten; Ausnahmen konnten nur durch zwischenstaatliche Abkommen geregelt werden.

VI. Verpflichtete der Ersatzleistungen Zur Rückgabe waren juristische und natürliche Personen verpflichtet, die Besitzer des enteigneten Vermögens waren, wenn gesetzlich nichts anderes festgelegt wurde. Da Vermögen, das sich im Eigentum natürlicher Personen befand, nicht zurückgegeben werden konnte, trat als Verpflichteter der kroatische Privatisierungsfonds auf, wenn es um Schadensersatz für enteignete Unternehmen und Schiffe in Form von Aktien ging. Handelte es sich um Ersatz in Geld und Schuldbriefen, trat der kroatische Ersatzfonds auf. Dabei ist zu erwähnen, dass im Umfang des Gesetzes über das Verbot der Übertragung des Verfügungs- und Nutzungsrechts an bestimmten Liegenschaften in Gesellschaftseigentum17 jeglicher Verkehr untersagt wurde. Ziel dieses Gesetzes war es, dieses Vermögen vor Missbrauch zu schützen. Das Schadenersatzgesetz sieht sodann keine Auszahlung des Marktwertschadenersatzes vor, sondern legt die Genugtuung für die erlittenen Ungerechtigkeiten in der Zeit der jugoslawischen kommunistischen Herrschaft gemäß der Wirtschaftskraft der Republik Kroatien fest. Durch die Bestimmung des Art. 64 Schadenersatzgesetz wird unter anderem vorgeschrieben, dass das Verfahren, falls nicht durch das Gesetz selbst etwas anderes vorgesehen ist, auf Antrag des vorigen Eigentümers durchgeführt wird und dass der Antrag beim zuständigen Amt nach dem Ort des Standorts der Liegenschaft, welche Gegenstand des Ersatzes ist, zu stellen ist. Des Weiteren wird durch die Bestimmung des Art. 69 dieses Gesetzes vorgeschrieben, dass nach der Beendigung des Verfahrens, in dem die für die Entscheidung in ___________ 17

Bek. in Narodne Novine Nr. 53/90 und 61/91.

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der Sache notwendigen Tatsachen festgestellt werden, das zuständige Amt der Staatsbehörde den Beschluss über die Entschädigung für das entzogene Vermögen fasst. Folglich wird das Verfahren über die Entschädigung für das entzogene Vermögen vom zuständigen Amt der Staatsbehörde nach dem Ort des Standorts des Vermögens geführt.

VII. Versuch der Regelung mit bilateralen Abkommen Aufgrund der Schwierigkeiten, die durch die Feststellung des Verfassungsgerichts, dass die Staatsangehörigkeit kein Kriterium für den Ausschluss von den Denationalisierungsrechten sein kann, hervorgerufen wurden, hat die Regierung versucht, in den vergangenen Jahren Abkommen mit den einzelnen Staaten auszuarbeiten. Es wurde aktiv an einem Abkommen mit Österreich gearbeitet, da die Staatsangehörigen der Republik Österreich die meisten Anträge gestellt haben, insgesamt 646. Das Abkommen mit Österreich sollte als Modell für ähnliche Abkommen dienen, welche die Regierung vor allem mit Italien, wo 1.043 Anträge gestellt wurden, und Deutschland, wo 143 Anträge gestellt wurden, sowie den USA, wo 140 Anträge gestellt wurden, schließen wollte. Vor kurzem hat man jedoch festgestellt, dass die Schließung solcher Abkommen keine angemessene Methode für die Regelung dieser Fragen ist, da der Druck der einzelnen EU-Mitgliedstaaten auf Kroatien im Beitrittsverfahren Kroatiens zur EU zu groß ist und die Gefahr besteht, dass für Kroatien ungünstige Abkommen geschlossen würden.18 Die kroatische Regierung meint, dass in diesem Moment die Schließung von Abkommen nicht in Frage kommt und hat am 19. März 2008 den Beschluss gefasst, dass mit Österreich kein Abkommen diesbezüglich geschlossen wird. Ebenso wird die Regierung auch keine anderen bilateralen Abkommen schließen, sondern ein besonderes Gesetz verabschieden, in dem für alle ausländischen Staatsangehörigen die Kriterien und das Verfahren der Geltendmachung der Denationalisierung geregelt werden sollen. Der Öffentlichkeit sind einige grundlegende Informationen über den Inhalt der künftigen Regelung bekannt geworden, wie:  in Natur wird Vermögen in Form von Liegenschaften in der Land- und Forstwirtschaft, u. a. unbebaute Baugrundstücke, rückerstattet werden – in der Regel, wenn bisher kein neues Privateigentum daran erworben wurde;  ausländische natürliche Personen werden das Recht auf Rückgabe von Vermögen in Geld und Wertpapieren haben; ___________ 18 Vgl. dagegen das slowenisch-tschechische Vorgehen: Slowenien und die Tschechische Republik haben ähnliche Regelungen getroffen und dem politischen Druck nicht nachgegeben.

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 Nachkommen werden das Recht auf Schadensersatz haben, jedoch nur solche im ersten Erbrang19;  juristische Personen sollen kein Recht auf Schadensersatz haben. Es wird damit gerechnet, dass Kroatien Schadensersatz in Höhe von ca. 100 Millionen Euro ausbezahlen muss.20 Diesen Betrag soll die Regierung berechnet haben (756.868.848 Kuna). Bisher sind insgesamt 4.211 Anträge eingetroffen. 1.211 Anträge sind unbekannten Ursprungs. Die Gesetzesvorlage soll nach Auskunft der Veröffentlichungen vorsehen, dass alle Ausländer gleichgestellt und im Prinzip auch mit den kroatischen Staatsangehörigen gleichgestellt sein sollen. Wer bereits entschädigt wurde, hat kein Recht mehr, etwas zu fordern. Es herrscht dabei viel Polemik und nicht alle politischen Parteien unterstützen dieses Gesetz. Die Rückgabe in Natur ist deshalb die schnellste Form der Rückgabe. Bis zum 31. Dezember 2008 ist dieses Gesetz allerdings noch nicht in das Gesetzgebungsverfahren des kroatischen Parlaments eingetreten und der Öffentlichkeit ist noch nicht bekannt, wann seine Verabschiedung zu erwarten ist.

VIII. Aktivität des Entschädigungsfonds für das entzogene Vermögen Aufgrund des Gesetzes über die Entschädigung für das in der Zeit der jugoslawischen kommunistischen Herrschaft entzogene Vermögen ist ein Sonderfonds zur Realisierung der durch dieses Gesetz auferlegten Aufgaben gegründet worden. Der Fonds übt fachliche und verwaltungstechnische Geschäfte aus, die sich beziehen auf:  die Auszahlung der Entschädigung in Geld und Schuldverschreibungen der Republik Kroatien an die Berechtigten aufgrund der durch die zuständigen Ämter der Staatsbehörden gefassten rechtskräftigen Beschlüsse über die Entschädigung für das entzogene Vermögen, wenn gegenüber dem vorigen Eigentümer nach den Bestimmungen des Gesetzes über die Entschädigung für die Zeit der jugoslawischen kommunistischen Herrschaft eine Entschädigung in dieser Form vorgesehen wird; ___________ 19

Dieses Prinzip ist strittig, weil das auch für kroatische Berechtigte gilt. Das bedeutet, dass z. B. der Enkel nicht berechtigt ist. In diesem Fall bleibt das Vermögen im Staatseigentum. 20 Angaben darüber wurden im Artikel von Slavica Lukiü in Globus, „Geheime Berechnung für das enteignete Vermögen“, Nr. 806/2008, veröffentlicht; www.globus. com.hr.

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 den Verkauf verstaatlichter und konfiszierter Wohnungen an die Träger des Wohnrechts unter den durch das Gesetz über die Entschädigung für die Zeit der jugoslawischen kommunistischen Herrschaft und das Gesetz über den Entschädigungsfonds für das entzogene Vermögen vorgeschriebenen Bedingungen und Arten;  die Sammlung der durch den Wohnungsverkauf erworbenen Mittel, die Evidenz der verkauften Wohnungen und die Verfolgung der hypothekarischen Schuldner und die Ausarbeitung der Löschungsbewilligungen;  die Mitarbeit in den Verwaltungsverfahren, in denen der Fonds nach dem Entschädigungsgesetz die Stellung einer Partei bzw. eines Entschädigungspflichtigen hat;  die Mitarbeit in den Gerichtsverfahren, in denen dieser Fonds Kläger oder Beklagter ist, wenn sich die Prozesse auf den Verkauf der nationalisierten und konfiszierten Wohnungen beziehen;  die Ausgabe der globalen Schuldverschreibungen der Republik Kroatien für die Entschädigung für das in der Zeit der jugoslawischen kommunistischen Herrschaft entzogene Vermögen.

IX. Praxisbeispiele In der fachlichen Öffentlichkeit sind nicht viele Angaben über die Verfahren der Rückgabe des Vermögens an die Begünstigten nach diesem Gesetz bekannt gemacht worden. Die meisten Angaben beziehen sich auf Urteile des Verwaltungsgerichtshofs der Republik Kroatien, der endgültig über die Verwaltungsverfahren befindet.21 Vor dem Verwaltungsgerichtshof der Republik Kroatien stellte sich die Frage, ob die Personen, denen das Vermögen aufgrund des Gesetzes über die Behandlung von Vermögen, dessen Eigentümer im Laufe der Besetzung das Land verlassen mussten, und Vermögen, das ihnen seitens des Besetzers und seiner Gehilfen entzogen wurde, Bezugsberechtigte sind, wenn es den früheren Eigentümern zurückgegeben wird. Das Gericht hat diese Frage verneint.22 Des Weiteren stellte sich in der Praxis des Verwaltungsgerichtshofs die Frage, ob im Fall der Eigentumsübertragung an einem Gebäude, das sich auf einem Grundstück im öffentlichen Eigentum befand und auf den Berechtigten ___________ 21

Siehe genauer Ljubica Karlovþan-Ĉuroviü, Zakon o naknadi za imovinu oduzetu za vrijeme jugoslavenske komunistiþke vladavine – Praksa upravnog suda Republike Hrvatske, Zbornik Pravnog fakulteta Sveuþilišta u Rijeci Nr. 1/2008. 22 Siehe Urteil Nr. Us-6813/2000 vom 14. November 2002.

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übergeht, auch das Benutzungsrecht für das Grundstück auf ihn übergeht. Zu dieser Frage vertrat das Gericht die Rechtsauffassung, dass im Fall der Übertragung des Eigentumsrechts an einem Gebäude, das sich auf einem Grundstück im öffentlichen Eigentum befindet, an dem das Nutzungsrecht im Sinne des Art. 37 Nationalisierungsgesetz über Mietgebäude und Baugrundstücke bestand (Službeni list [Gesetzblatt] FNRJ, Nr. 52/58), auch dieses Nutzungsrecht für das Grundstück auf den Erwerber des Gebäudes übergeht.23 Auf die gestellte Frage, auf welches Vermögen sich das erwähnte Entschädigungsgesetz beziehe, nahm das Gericht den Standpunkt ein, dass es sich (nur) auf das Vermögen beziehe, das sich im Hoheitsgebiet der Republik Kroatien befindet.24 Vor dem Gericht tauchte ferner die Frage auf, ob der vorherige Eigentümer das Recht auf eine Entschädigung nach dem Entschädigungsgesetz für ein Grundstück, das ihm aufgrund des Enteignungsgesetzes entzogen wurde, habe, wenn ihm aufgrund der Enteignung eine Entschädigung für dieses Grundstück bezahlt worden war. Das Gericht entschied hierzu, dass der vorherige Eigentümer das Recht auf eine Entschädigung nach dem Entschädigungsgesetz für ein Grundstück, das ihm aufgrund der in Art. 2 Entschädigungsgesetz genannten Vorschriften entzogen wurde, behält, auch wenn ihm für dieses Grundstück eine Entschädigung nach dem Enteignungsgesetz vom 22. März 1978 gezahlt worden war.25 Die Rechte aus dem Gesetz werden nur den Rechtsnachfolgern des ersten Erbrangs des vorigen Eigentümers des entzogenen Vermögens zuerkannt, und so wird der Ehegatte des Erblassers in dem Fall, dass der Erblasser keine Kinder hat, in den zweiten Erbrang versetzt. Damit stellte sich die Frage, ob der Ehegatte des vorherigen Eigentümers ohne Nachkommen nach dem Entschädigungsgesetz Bezugsberechtigter ist.26 Das Gericht ging hier davon aus, dass es bei der Anwendung des Entschädigungsgesetzes nicht um die Rechtsnachfolge des vorherigen Eigentümers des entzogenen Vermögens geht, sondern um die Anerkennung eines Rechts, das unter den durch dieses Gesetz vorgeschriebenen Bedingungen bestimmten Personen zuerkannt wird. Nach den Bestimmungen des Entschädigungsgesetzes bedeutet die Tatsache, dass der Ehegatte durch das Nichtvorhandensein von Nachkommen des Erblassers in den zweiten Erbrang versetzt wird, nicht, dass der Ehegatte in diesen Fällen nicht bezugsberechtigt wäre. Deshalb hat das Gericht erkannt, dass es sowohl im Gegensatz ___________ 23

Siehe Entscheidung Nr. Us-11242/2000 vom 20. November 2003. Siehe Urteil Nr. Us-10019/2001 vom 15. Februar 2006. 25 Siehe Urteil Nr. Us-4389/2003 vom 6. April 2006. 26 Mehr über die Erbfolgeregeln bei Kraljiü/Geþ-Korošec in: Henrich/Schwab (Hrsg.), Familienerbrecht und Testierfreiheit im europäischen Vergleich, Band 7, 2001, S. 273 ff. 24

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zum Entschädigungsgesetz als auch zum Erbgesetz stünde, dem Ehegatten kein Entschädigungsrecht zuzuerkennen, falls der vorherige Eigentümer des entzogenen Vermögens keine Nachkommen hatte. 27 Außerdem stellte sich hinsichtlich der Anwendung des Art. 9 Entschädigungsgesetz die Frage, ob die Witwe des vorherigen Eigentümers Bezugsberechtigte der Entschädigung sein kann, wenn sie später eine neue Ehe geschlossen hat. Das Gericht bejahte die Frage.28 Vor dem Verwaltungsgerichtshof stellte sich sodann die Frage danach, ob die Kinder der Ehegattin des vorherigen Eigentümers, die sein Vermögen erbte, Bezugsberechtigte der Entschädigung sind. Das verneinte das Gericht, sofern diese Kinder keine Erben des ersten Erbgangs nach dem vorherigen Eigentümer sind.29 Eine der strittigsten Fragen, die nach der Verabschiedung des Gesetzes über die Änderungen und Ergänzungen des Entschädigungsgesetzes aufgetreten sind, ist diejenige nach dem Recht auf Entschädigung ausländischer Staatsangehöriger. Vorerst hat der Verwaltungsgerichtshof der Republik Kroatien den Standpunkt eingenommen, dass das Bestehen eines zwischenstaatlichen Abkommens die Bedingung dafür sein sollte, dass ein ausländischer Staatsangehöriger das Recht auf Entschädigung nach dem Gesetz über die Entschädigung für das in der Zeit der jugoslawischen kommunistischen Herrschaft entzogene Vermögen erwirbt. „Die Tatsache, dass die Schließung eines zwischenstaatlichen Abkommens mit dem Staat X in naher Zukunft vorauszusehen ist, ist weder rechtlich relevant, noch hat sie Einfluss auf die Beurteilung der Gesetzmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses, da ausländische Staatsangehörige die im zitierten Gesetz vorgeschriebenen Rechte nur unter der Bedingung, dass dies mit einem zwischenstaatlichen Abkommen festgelegt wird, erwerben, was in diesem Fall zweifellos nicht erfüllt wird.“30 Vor dem Gericht sind gleichfalls einige an das Optantenvermögen gebundene Fragen gestellt worden, und es wurde in konkreten Rechtssachen beschlossen, dass der Regierung Italiens eine Entschädigung gezahlt wird, wenn es sich um enteignetes Vermögen eines italienischen Staatsangehörigen nach dem Abkommen zwischen der FNRJ und Italien über die definitive Regelung aller gegenseitigen Verpflichtungen wirtschaftlichen und finanziellen Charakters handelt, die aus dem am 18. Dezember 1954 in Belgrad geschlossenen Friedensvertrag und der nachfolgenden Vereinbarung hervorgeht. Beide wurden mit dem Ratifizierungsgesetz zu dem Abkommen von 1954 ratifiziert. ___________ 27 28 29 30

Siehe Urteil Nr. Us-11266 vom 22. Dezember 1999. Siehe Urteil Nr. Us-11486/1999 vom 6. September 2001. Urteil Nr. Us-12375/2001 vom 8. Dezember 2005. Urteil Nr. Us-10052/2004 vom 28. April 2006, 16.

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Die Verfahren der Denationalisierung dauern am längsten, wenn es sich um Wohnungen handelt, in denen nicht die Enteigneten als Mieter wohnen, sondern andere Mieter mit dem sog. Wohnrecht, die ihre Wohnung nicht aufgeben wollen. Der berechtigte Eigentümer kann nur schwer Eigenbedarf anmelden. Die Beschwerden gegen die Entscheidungen des jeweiligen zuständigen Ministeriums enden meist vor dem Verwaltungsgericht. Die Verfahrensdauer überschreitet nicht selten sechs Jahre. Ein Fall von 1997 ist bis heute nicht geklärt. Hier ist der Wohnberechtigte nicht in der Lage, die Wohnung zu unterhalten, obwohl die Miete 1997 0,23 €/m2 betrug und sich bis 2005 kaum änderte (0,32 €/m2). Bei vielen zurückgegebenen Liegenschaften wurde zudem das neue Privateigentum noch nicht ins Grundbuch eingetragen, weil die Behörden damit im Rückstand sind.31 Viele Berechtigte stellen schließlich überhaupt keinen Antrag, weil die Mieter gesetzlich geschützt sind und ein Wohnrecht haben.32 In der Öffentlichkeit sind die Lösungswege, die der Gesetzgeber in Bezug auf die noch offenen Fragen der Privatisierung bzw. Denationalisierung der zuvor entzogenen Vermögen wählen soll, nach wie vor umstritten. Es steht zu erwarten, dass diese Fragen noch eine Reihe von Jahren ungelöst bleiben.

X. Zusammenfassung Nach der Unabhängigkeit Kroatiens am 25. Juni 1991 stellte sich die Frage, wie die überkommenen jugoslawischen Enteignungsvorschriften, die zwischen 1945 und der Unabhängigkeit Kroatiens ergangen sind, durch rechtsstaatlich befriedigende Regelungen zu ersetzen seien. Wichtigste Norm zur Bewältigung dieser Aufgabe ist das Gesetz über die Ersatzleistungen für Vermögen, das in der Zeit der jugoslawischen kommunistischen Herrschaft enteignet wurde. Dargestellt werden die verfassungsgerichtliche Auseinandersetzung mit diesem Gesetz sowie die Aktivitäten der Hauptverpflichteten für die Ersatzleistungen. Schließlich werden Probleme der Entschädigungspraxis in Kroatien anhand von Rechtsprechungsbeispielen dargestellt und aufgezeigt, dass in der Öffentlichkeit nach wie vor umstritten ist, welche Lösungswege im Bezug auf noch offene Fragen der Privatisierung bzw. Denationalisierung entzogener Vermögen bestritten werden sollen. ___________ 31

Kurze Übersicht der Rückgabe von Liegenschaften und auch des Besitzeigentums, das in der Zeit des Kommunismus bis 1990 enteignet wurde und des Standes nach der Selbständigkeit der Republik Kroatien: www.udruga-proljece.hr/Dopisi/Pregled %20povrata%20nkretnina.doc. 32 Quelle: www.mvpei.hr, dort über gestellte Fragen der Bevölkerung zur EUIntegration Kroatiens.

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Abstract Šime Ivanjko / Mladen Kraljiü: Latest Developments of Legislation Concerning the Expropriations in Croatia – Some Examples, In: Law of Property and Injustice of Expropriation. Coming to terms with the past. Vol. II. Ed. by Gilbert H. Gornig, Hans-Detlef Horn and Dietrich Murswiek (Berlin 2009) pp. 159-172. After Croatian independence on May 26, 1991, the question arose how to abolish old Yugoslavian expropriation laws enacted from 1945 up to Croatian independence and how to replace them with compensation laws in accordance with the rule of civilized law. The most important law to cope with this challenge is the law of compensation for expropriations during the communist regime. The authors describe the examination under constitutional law with this statute as well as the activities of the principal obligors for the payment of compensation. Finally problems of the compensation in Croatia are described on the basis of legal practice and it is shown that in public it is still disputed which approach should be made with regard to the questions of privatization respectively denationalization of withdrawn assets still open.

Enteignungen in Serbien nach dem Zweiten Weltkrieg und der Stand der Restitutionsgesetzgebung Von József Szalma

I. Enteignungsgesetzgebung im ehemaligen Jugoslawien und Serbien – Unterschied zu der klassischen Enteignung (zu Gunsten des Gemeinwohls) Nach dem Zweiten Weltkrieg, vorwiegend von 1945 bis 1957, aber auch später bis zum Jahre 1970, ist im ehemaligen „zweiten“ Jugoslawien eine ganze Reihe von Enteignungsvorschriften oder -gesetzen in Kraft getreten1, die sei___________ 1

Im ehemaligen zweiten Jugoslawien sind im Jahre 1945 die folgenden Enteignungsgesetze in Kraft getreten: 1) Entscheidung von AVNOJ (Antifaschistischer Rat der Volksbefreiung von Jugoslawien) über die Enteignung des Feindes (Amtsblatt DFJ/ Demokratisches föderales Jugoslawien Nr. 2/1945). Dieses Gesetz enteignete oder sequestrierte das Eigentum von Personen, die das Land verlassen hatten sowie das Eigentum, welches „die Okkupationsmächte durch Gewalt angeeignet hatten“. 2) Gesetz über Agrarreform und Kolonisierung (Amtsblatt DFJ Nr. 64/1945, Änderungen im Amtsblatt der SNRJ/Sozialistische Volksrepublik Jugoslawien Nr. 24/1946, 101/1947, 105/1948, 21/1956, 55/1957, 10/1965. Auf diese föderalen Gesetze folgten auch Gesetze in der Republik Serbien: 3) Gesetz über Agrarreform und innere Kolonisierung (Gesetzblatt der Volksrepublik Serbien Nr. 39/1945, 4/1946, 5/1948, 1/1949, 34/1956). 4) Entscheidung über die Gründung des Gerichts zur Prozessuierung von Straftaten von Personen, welche die serbische Nationalehre verletzt haben (Gesetzblatt der Volksrepublik Serbien Nr. 1 und 3/1945). Weiterhin die föderalen Gesetze: 5) Gesetz über die Täter von rechtswidrigen Spekulationen und wirtschaftlichen Sabotagen (Amtsblatt DFJ Nr. 26/1945). 6) Gesetz über das Verbot der Entfachung von nationaler, rassen- und religiöser Intoleranz (Amtsblatt DFJ Nr. 36/1945). 7) Gesetz über den Schutz und die Verwaltung des Volkseigentums (Amtsblatt DFJ 36/1945). 8) Gesetz über Konfiskation und deren Vollstreckung (Amtsblatt DFJ Nr. 40/1945, Amtsblatt SNRJ Nr. 61/1946 und 74/1946). 9) Gesetz über die Konfiskation des Kriegsgewinns während der feindlichen Okkupation (Amtsblatt SNRJ Nr. 36/1946 und 52/1946). 10) Gesetz über die Staatsbürgerschaft (Amtsblatt DFJ Nr. 64/1945, Amtsblatt SNRJ 105/1948). 11) Gesetz über die Aufhebung der Staatsangehörigkeit von Offizieren des ehemaligen königlichen Jugoslawien, die nicht in ihr Heimatland zurückkehren wollen, sondern die im Dienst der Okkupatoren waren, die ins Ausland geflüchtet sind (Amtsblatt DFJ Nr. 64/1945, Amtsblatt SNRJ Nr. 86/1946). 12) Gesetz über Straftaten gegen das Volk und den Staat (Amtsblatt DFJ Nr. 66/1945, Amtsblatt SNRJ 56/1946, 86/1946). 13) Gesetz über die Bekämpfung von verbotenem Handel, Spekulationen und wirtschaftlicher Sabotage (Amtsblatt SNRJ Nr. 56/1946, 74/1946). 14) Gesetz über die Sequestration (Konfiskation) des Eigentums von feindlich gesinnten und abwesenden Personen und dessen Verwandlung in staatli-

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József Szalma

tens des damaligen föderalen Gesetzgebers sowie der Gesetzgeber in den Republiken (demnach auch in der Republik Serbien) und dann auch seitens der Behörden in Form von „faktischen“ Zwangsenteignungsmaßnahmen erlassen oder eingeleitet wurden. Gegenstand der Gesetzesregelungen waren verschiedene Kategorien des Privateigentums (wie landwirtschaftlicher Boden, Gebäude und andere Liegenschaften, Betriebe, usw.) und kraft dieser Gesetze wurden die Eigentümer ohne Garantien auf einen Rechtsweg bzw. ein gerichtliches Verfahren und ohne Entschädigung enteignet. An diesen Gegenständen wurde das sog. gesellschaftliche oder staatliche Eigentum konstituiert. Die gemeinsame Zielsetzung dieser Gesetzgebung war die Aufhebung des Privateigentums, der freien, auf der Vertragsautonomie basierenden Marktwirtschaft und die Gestaltung eines verstaatlichten, dirigierten Wirtschaftssystems – in seinem Konzept stark beeinflusst vom damaligen sowjetischen sog. Planwirtschaftssystem, das sich auch in anderen ehemaligen sozialistischen Ländern verbreitete. ___________ ches Eigentum (Amtsblatt SNRJ Nr. 63/1946, 74/1946). 15) Gesetz über das Verfahren bezüglich des Eigentums, dessen Inhaber das Land während der Okkupation verlassen mussten, und des Eigentums, welches seitens der Okkupatoren und deren Helfer enteignet wurde (Amtsblatt SNRJ Nr. 64/1946). 16) Gesetz über den Schutz von Volkseigentum unter staatlicher Verwaltung (Amtsblatt SNRJ 86/1946). 17) Gesetz über die Verstaatlichung (Enteignung) von Betrieben in Privateigentum (Amtsblatt SNRJ Nr. 98/1946, 35/1948). 18) Verordnung über die Bildung von landwirtschaftlichen Gütern, deren Wirkung sich auf Nutznießer bzw. Interessenten erstreckt, die auf anderem Wege keinen entsprechenden landwirtschaftlichen Boden bekommen haben (Amtsblatt SNRJ Nr. 99/1949). 19) Entscheidung des Nationalen Befreiungskommitees über das zeitweilige Verbot der Rückkehr von Kolonisten in ihren früheren Wohnort (Amtsblatt DFJ Nr. 13/1945). 20) Gesetz über die Verwaltung von landwirtschaflichem Boden, welcher von Kolonisten in der Provinz Kosovo und Metohija verlassen wurde (Amtsblatt SNRJ 9/1947). 21) Verordnung über die Änderung der Verordnung über die Zuteilung von landwirtschaftlichem Boden auf dem Gebiet des Kosovo zu Nutzen von Kolonisten und Agrarinteressenten (Amtsblatt SNRJ Nr. 89/1946). 22) Gesetz über die Außerkraftsetzung des Gesetzes über die Agrarreform über Großbesitze bis zum 6. April 1946 auf dem Gebiet der autonomen Provinz Vojvodina. 23) Grundgesetz über Expropriation (Amtsblatt SNRJ Nr. 28/1947). 24) Grundlegendes Gesetz (föderales Gesetz) über die Verwaltung von enteignetem und konfisziertem Eigentums über Wälder (Amtsblatt SNRJ Nr. 61/1946). 25) Strafgesetzbuch (Amtsblatt SNRJ 13/1951). 26) Gesetz über die Vollstreckung von Strafurteilen (Amtsblatt SNRJ Nr. 47/1951). 26) Verordnung über die Reorganisation und Einrichtung von Eigentumsverhältnissen in landwirtschaftlichen Kooperativgenossenschaften (Amtsblatt SNRJ Nr. 14/1953). 27) Gesetz über die Bildung eines landwirtschaftlichen Volksfonds und die Übergabe von landwirtschaftlichem Boden an landwirtschaftliche Organisationen (Amtsblatt SNRJ 22/1953). 28) Gesetz über die Nationalisierung von Miethäusern und Baugrundstücken (Amtsblatt SNRJ 52/1958). 29) Grundlegendes Gesetz über die Nutzung von landwirtschaftlichem Boden (Amtsblatt SNRJ Nr. 43/1959, Änderungen Amtsblatt SNRJ 53/1962, 10/1965, 25/1965, 12/1967 und 14/1970). 30) Gesetz über den Abkauf von privaten Apotheken (Amtsblatt SNRJ Nr. 50/1949).

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Diese Enteignungen waren nicht nur „ökonomisch“, sondern auch stark politisch motiviert. Sie waren zwar nach Art und Weise keineswegs klassische Nationalisierungen, welche auch eine Form der generellen Enteignung (also eine größere Zahl von Eigentümern betreffend) sind, durchgeführt im öffentlichen Interesse, die aber immer mit einer Entschädigung der betroffenen Eigentümer verbunden sind. Diese Enteignungen unterscheiden sich von der klassischen Enteignung im engeren Sinne auch dadurch, dass sie alle Objekte eines Wirtschaftszweigs (z.B. den ganzen landwirtschaftlichen Boden) erfassen. Im Gegensatz dazu ist beim klassischen Enteignungsverfahren der Gegenstand der Enteignung nur eine bestimmte Liegenschaft und ihr Eigentümer ist in das rechtliche Verfahren (Rechtsweg) eingebunden. In diesem (klassischen) Enteignungsverfahren stellt das Gericht (oder das Verwaltungsamt) basierend auf dem Grundsatz des beiderseitigen rechtlichen Gehörs fest, ob die gesetzlich vorgeschriebenen Voraussetzungen des öffentlichen Interesses, des Gemeinwohls bestehen oder nicht (z.B. der Bau einer neuen Eisenbahnlinie). Derselbe Grundsatz wird auch bei der Bestimmung der Entschädigungssumme für den einzelnen Eigentümer angewandt. Dies geschieht also nicht kraft Gesetzes, sondern auf dem Rechtsweg, individuell geführt gegen den Eigentümer, initiiert seitens des Vertreters des öffentlichen Interesses, vor Gericht und auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung. Wegen des Fehlens des Rechtsweges und der individuellen Entscheidung bei den Nationalisierungen bzw. Enteignungen im ehemaligen Jugoslawien bestand auch keine Möglichkeit der Nutzung von Rechtsmitteln sowie, bei administrativen Maßnahmen, keine Möglichkeit der gerichtlichen Überprüfung von rechtskräftigen Verwaltungsbeschlüssen. In manchen von den oben angeführten föderalen Gesetzen und den Gesetzen in den Republiken erfolgte die ex lege Verstaatlichung (Enteignung) oder Konfiskation des Eigentums von generell bestimmten Personengruppen (Volksfeinde, Klassenfeinde usw.), wobei diese sonst bekannte Strafmaßnahme (Konfiskation) vorher nicht im Strafgesetzbuch vorgeschrieben war.

II. Enteignung und klassische bürgerliche Gesetzbücher – über die Ziele der Eigentumsumwandlung in Reformländern In klassischen bürgerlichen Gesetzbüchern werden Inhalt und Schutz von Privateigentum festgelegt. So bestimmt der französische Code civil (1804), dass das Eigentum im Sinne der freien Verfügung des Eigentümers über den Gegenstand des Eigentums durch Gesetze und andere rechtliche Vorschriften

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als vollständiges (absolutes) Recht geschützt wird.2 Der Code civil sieht vor, dass das Eigentum nicht gegen den Willen des Eigentümers enteignet werden kann, außer im Interesse des Gemeinwohls. In letzterem Fall muss aber eine gerechte Entschädigung an den Eigentümer erfolgen.3 Die französische Literatur erachtet, dass der Eigentümer ausnahmsweise ein Recht auf eine volle Entschädigung hat (positiver Schaden – damnum emergens und entgangener Gewinn – lucrum cesans).4 Der bekannte französische Zivilist Morandière betont, dass die Nationalisierungen, die in den 40er und 50er Jahren des 20. Jahrhunderts erfolgten, nichts anderes bedeutet haben, als die Aufhebung von Privateigentum und die staatliche Kontrolle über dieses Eigentum. Er führt an, dass die Nationalisierung nicht nur ein wirtschaftliches, soziales und politisches Problem sei, sondern gleichzeitig auch ein rechtliches. Zur Nationalisierung kam es zuerst in der Sowjetunion im Jahre 1917 und von dort verbreitete sie sich durch die Ausweitung des sowjetischen Reiches in zahlreiche andere Länder.5 Ein Teil der französischen Literatur auf dem Gebiet des Zivilrechts erachtet die Verstaatlichung als rechtswidrig, auch wenn eine Entschädigung an den Eigentü___________ 2 Code civil, cent-deuxième édition (Red. A. Tisserand, G. Wiederkehr, F. Jacob, X. Henri, G. Venandet), Dalloz, Paris 2003, S. 564, Art. 544. 3 Ibid., S. 572, Art. 545. 4 Vgl. Konstantin Katzarov, Théorie de la nationalisation – Préface de L. Julliot de la Morandière, Travaux et recherches de l´Institut de droit comparé de l´université de Paris, Édition de la Baconnière – Neuchatel, 1960, S. V-VI. Vgl. Weiß, De L’expropriation pour cause d’utilité publique, 1897; Baudry G., Rousselet-Patin-Ancel, L’expropriation por Cause d’utilité publique, 2-e éd., Paris,1947; Baudry G. RouseletPatin- Ancel, L’expropriation pour cause d’utilité publique, 2. Aufl., Paris, 1947; Gendarme, R., L’Experience françàise de la Nationalisation industrielle et ses Enseignements économiques, Paris, 1950; Hammel, J., La nationalisation des grandes banques de dépôt: Résultat de quatre années d’experiences, Droit social, 1950, no. 1, S. 1/10; Jaquignon, Le régime des Biens des Enterprises nationales, Paris,1947. Aus internationaler juristischer Sicht bezüglich der franz. Nationalisierung: La Pradelle, A. de, Les Effets internationaux des Nationalisations, Annuaire de l’Institut de Droit International, Session Bath, 1950, S. 7-12; Roblot, La Politique des Nationalisations et le Droit international, Droit social, 1946, No 1, S. 1-10; Lavergne, B., Le problème des nationalisations, Paris, 1946.; Lasserre G., Aspects économiques des Nationalisations françaises, Travaux du colloque des facultés de Droit de France, Paris, 1956, S. 31-47. Historische Betrachtungen: Maillet J., Aspects historiques des Nationalisations française, Travaux coloque des Facultéts de Droit de France, Paris, 1956, S. 15/30; Pangon H., La Nationalisation de l’Industrie électrique, Répertoire Commaile, Revue Pratique de Droit général, 1950, No 5, 85-89; Roblot R., Nationalisation du Gaz et de l’electricité, Droit social, 1946, No 5, 179-188. Über die Wirkungen der Nationalisierung des Eigentums von Ausländern: Sarraute R.-Tager P., Hier et Aujourd’hui, Les Effets en France des nationalisations étrangères, Journal de Droit international, 1952, No 2, pp. 496-561.; A. Scelle G., Nationalisation du Canal de Suez et le Droit international, Annuaire de Droit international, t. II, 1956, S. 4-16. 5 Vgl. Morandière, in: Konstantin Katzarov, Théorie de la nationalisation – Préface de L. Julliot de la Morandière, Travaux et recherches de l´Institut de droit comparé de l´université de Paris, Édition de la Baconnière – Neuchatel, 1960, Vorwort, S. V-VI.

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mer erfolgt ist, weil der Staat die in der Verfassung garantierte Kontinuität des Eigentums verletzt, d. h. die Garantie der Nichtverjährbarkeit des Eigentums.6 Ähnlich wird im deutschen BGB vorgeschrieben: „Der Eigentümer einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen, mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen“7. In den 50er Jahren des 20. Jahrhunderts sind bedeutende Werke zur Nationalisierung in der deutschsprachigen Literatur entstanden, in der auch festgestellt wird, dass besonders in den osteuropäischen Staaten die Nationalisierung auf die volle Aufhebung des Privateigentums gerichtet war. Aber diese Erscheinungen bestanden vereinzelt auch in den westlichen Ländern.8 Auch nach den Regeln der österreichischen Rechtsordnung werden grundsätzlich die privaten Rechte anerkannt und geschützt. In Ausnahmefällen greift aber der Staat in die bestehende Güterordnung ein, um besonderen Interessen der Allgemeinheit zum Durchbruch zu verhelfen.9 Nach den geltenden Regelungen des ABGB heißt es: „Wenn es das allgemeine Beste erheischt, muß ein

___________ 6

Vgl. Morandière, ebd. Hans Prütting, Gerhard Wegen, Gerd Weinrich, BGB Kommentar, 2. neu bearbeitete und erweiterte Auflage, 2007, § 903, S. 1712. 8 Duden, K., Enteignung deutschen Auslandsvermögens, Festschrift für Leo Raape, 1948, S.113-130; Gmür, E.A., Zur Frage der gerichtlichen Immunität fremder Staaten und Staatsunternehmungen, Schweiz. Jahrbuch für internationales Recht, Bd. VII, 1950, S. 9-76. In der schweizerischen Literatur wird die Nationalisierung als problematisch erachtet: Jewekes, J., Verstaatlichung in mehrfachem Dilemma (Volksbeschäftigung, Inflation und Planwirtschaft), Zürich, 1951, – im Gegensatz dazu, dass die Gründe der Nationalisierungserscheinungen die Inflation und die Arbeitslosigkeit waren und als Folge dessen das Ziel der Nationalisierung die Beseitigung der Arbeitslosigkeit und die Planung der Wirtschaftstätigkeit waren. Vgl. weiter: Leverkuehn, P., Die Nationalisierung und das Privateigentum, Beiträge zum öffentlichen Recht, 1950, S. 773-790; Lewald, Wirkungen der Enteignung durch einen fremden Staat, Beiträge zum bürgerlichen Recht, 1950, S. 416-446; Lewald, Das internationale Enteignungsrecht im Lichte des neuen Schriftums, Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht, 1956, S. 119-144; Makaroff, A. N., Die Nationalisierungsmaßnahmen und die Entschädigung der betroffenen Ausländer in der internationalen Praxis des letzten Jahres. Um Recht und Gerechtigkeit, Festgabe für Erich Kaufmann, 1950, S. 249-264; Niederer, Völkerrechtlicher Schutz des Privateigentums, Festschrift für Hans Lewald, 1953, S. 547-554; Niederer, W., Einige Grenzfragen des Ordre Public in Fällen entschädigungsloser Konfiskationen, Schweizerisches Jahrbuch für internationales Recht, 1954, XI, S. 91-104; De Nova, R., Völkerrechtliche Betrachtungen über Konfiskationen und Enteignungen, Die Friedenswarte, Bd. 52, 1954, S. 116-141; Seidl-Hohenveldern, I., Völkerrechtswidrige staatliche Eigentumseingriffe und deren Folgen, Die Friedenswarte, 1956, Nr. 1, S. 1-27. 9 Helmut Koziol, Rudolf Welser, Bürgerliches Recht, Bd. 1, Kleteþka, Allgemeiner Teil Sachenrecht, Familienrecht, 13. Aufl., Wien, 2006, S. 340. 7

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Mitglied des Staates gegen eine angemessene Schadloshaltung selbst das vollständige Eigentum einer Sache abtreten“.10 Die sog. Planwirtschaftssysteme haben in den ehemaligen sozialistischen Staaten lange existiert, von 1945 bis 1989. Diese Systeme negierten die Marktwirtschaft und somit auch das Privateigentum. In den osteuropäischen Ländern hatte die schließliche Umwandlung der Systeme das Ziel, die Marktwirtschaft wieder herzustellen mit der vollen rechtlichen Garantie des Privateigentums, was die Auflösung des staatlichen Eigentums beinhaltete sowie den Rückzug des Staates aus der Wirtschaftssphäre. Aus diesem Grund ergingen die Privatisierungsgesetze, die einerseits den Verkauf des staatlichen Eigentums vorsahen und andererseits die Restitution oder Entschädigung zu Gunsten der vorherigen Eigentümer desjenigen Teils des staatlichen Eigentums, der durch die Nationalisierung von privatem Eigentum entstanden ist, ermöglichten. Wegen der rechtlichen Sicherheit der Evidenz des Eigentums an Liegenschaften führte der Gesetzgeber auch das Grundbuch oder Liegenschaftkataster (wie in Serbien11) ein, welches vor der Privatisierung in der Periode des staatlichen Eigentums eine relativ kleine Rolle gespielt hatte. Auch die Entwicklung der gesetzgeberischen Regelung des Pfandrechts ist wichtig, die in Serbien beispielsweise mit dem Gesetz über die Hypothek im Jahre 2005 durch sondergesetzliche Regelungen eingeführt wurde.12 Diese hat eine große Bedeutung für die Sicherung von obligationsrechtlichen Forderungen durch die Schaffung von Hypotheken auf Liegenschaften im Besitz des Schuldners. In Serbien ist die vollständige Zivilrechtskodifikation noch nicht in Kraft getreten – obwohl das serbische Parlament im Jahre 2007 eine Entscheidung über eine vollständige Kodifikation getroffen hat bzw. die Bildung einer Kodifikationskommission. Das ganze Sachenrecht wurde durch ein Sondergesetz, das die Grundlagen der Eigentums-

___________ 10 Vgl. Kodex des österreichischen Rechts, Herausgeber Werner Doralt, Redaktion Anica Doralt, Bürgerliches Recht bearbeitet von Franz Mohr, Bundesministerium für Justiz, ABGB, Lexis Nexis ARD Orac, 30. Aufl., Stand 1.9.2007, Par. 365, S. 55. 11 Vgl. Gesetz über Liegenschaftenkataster und über Eintragungen der Rechte an Liegenschaften (Zakon o državnom premeru i katastru i upisima prava na nepokretnostima), Gesetzblatt Serbiens (Službeni Glasnik Republike Srbije), Nr. 83/1992, 53/1993, 67/1993, 48/1994, 12/1996, 15/1996, neue Fassung: Nr. 34/2001, 25/2002 und 101/2005. In Art. 1 und 3 dieses Gesetzes wurde geregelt: die staatliche Vermessung der Liegenschaften, Kataster der Liegenschaften, Kataster der (unterirdischen) Gas-, Strom-, Wasser-, Kanalisations-, Heizungs-, Erdöl- und anderer Leitungen und die Rechte an Liegenschaften. Nach Art. 3 versteht man unter Liegenschaften Boden, Gebäude, Wohnungen, Geschäftsräume, Teile der Gebäude, Baugebäude, unterirdische Leitungen. 12 Vgl. Hypothekengesetz von Serbien (Zakon o hipoteci), Gesetzblatt Serbiens Nr. 115/2005.

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verhältnisse regelt, zuletzt gründlich verändert und im Jahre 2005 in Kraft gesetzt.13 In den Umwandlungsländern, so auch in Serbien, stellte sich die Frage, welche Methode der Privatisierung angewandt werden soll. Da der Staat seinerzeit auch in Serbien mit einem Federstrich das Privateigentum durch Verstaatlichung aufgelöst hatte, könnte im Prinzip die Umwandlung des Systems bzw. die Einführung der Marktwirtschaft die früheren Eigentumsverhältnisse an den Liegenschaften wiederherstellen. Auf Grund der Nichtigkeitserklärung der vorherigen Gesetze (welche die Verstaatlichung des Privateigentums verwirklichten) käme es so zur Anerkennung der vor der Verstaatlichung bestehenden Eigentumseintragungen in den Grundbüchern, bei den Betrieben im Firmenregister und damit zur nötigen Rückgabe des Eigentums zu Gunsten der früheren Eigentümer oder deren rechtlichen Nachfolger. Dementsprechend hat die Literatur über die Privatisierung in den Reformländern die Umwandlung als Denationalisierung bzw. Eigentumsrestitution bezeichnet. Auf diese Weise erschien die rechtliche Änderung als eine Umkehrung, welche die nachteiligen rechtlichen Folgen in Zeiten des Fehlens eines Rechtsstaates beseitigen sollte. Aber in den meisten Reformländern ist es aus verschiedenen rechtlichen Gründen nicht zur vollständigen Restitution gekommen, namentlich weil bestimmtes Eigentum nicht mehr existierte oder weil es zur Entfremdung dieses Eigentums durch entgeltliche Geschäfte gekommen ist, wie dies bei den sog. gemischten Firmen der Fall war bzw. Firmen mit gemischtem Kapital (teils staatliches, teils privates Kapital). Eine Gemeinsamkeit war, dass im Falle der Unmöglichkeit der naturellen Rückgabe eine geldliche Entschädigung erfolgte. Die zweite Richtung der Privatisierung in den Reformländern erfolgte durch den Verkauf von möglichst demjenigen Teil des staatlichen Kapitals, besonders auf dem unternehmerischen Gebiet, das seinerzeit nicht als Resultat der Nationalisierung entstanden ist, sondern auf eine andere Art. Vom theoretischen Standpunkt aus kann man sagen, dass, wie die Verstaatlichung (Enteignung zu Gunsten des Staates) durch Gesetz das Privatkapital aufgehoben hat, so auch die Restitution unmittelbar durch gesetzliche Regelungen geschehen sollte. Im Falle der Liegenschaften (Gebäude, landwirtschaftlicher Boden) sollte man auf Grund der Evidenz (Eintragungen) in den Liegenschaften oder Grundbüchern die vor der Verstaatlichung bestehenden Eigentumsrechte des Eigentümers oder seiner Nachfolger wiederherstellen. Bei Betrieben sollte man den Eigentumsstand der vorherigen Eigentümer, der vor der Verstaatlichung bestanden hat, auf Grund der Evidenz im Firmenregister wieder___________ 13 Gesetzblatt SFRJ Nr. 6/1980 und 36/1990; Sluzbeni list SRJ (Gesetzblatt SRJ) Nr. 29/1996; neue Fassung in Gesetzblatt RS 115/2005.

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herstellen. Beide Wege favorisieren die Naturalrestitution. Doch die Privatisierung erfolgte in den meisten mittel- und südeuropäischen Ländern überwiegend nicht auf diese Weise, also durch Eigentumsrestitution an denselben Sachen oder Rechten, welche enteignet waren, sondern im Falle von landwirtschaftlichem Boden oder Gebäuden durch eine geldliche Entschädigung, im Falle der Betriebe durch unentgeltliche Aktien, am Anfang, z.B. im ehemaligen Jugoslawien, zu Gunsten der Arbeitnehmer.14 Die Ausnahme war die Bundesrepublik Deutschland, weil nach der Wiedervereinigung durch eine verfassungsrechtliche Entscheidung alle Verstaatlichungen (Enteignungen), die von der ehemaligen DDR durchgeführt worden waren, als nichtig erklärt wurden. Die spätere Durchführung wurde in einem besonderen Bundesgesetz über die Restitution des enteigneten Eigentums detailliert geregelt. Charakteristisch für die Privatisierung in den ehemaligen sozialistischen Ländern ist, dass die Verkaufs- und anderen Privatisierungen parallel mit der Entschädigung an die Eigentümer des früher verstaatlichten Kapitals liefen, gemäß den gesonderten Regeln für beide Privatisierungsarten. In Serbien hingegen, wie wir im Folgenden sehen werden, erging nach Inkrafttreten des Pri___________ 14 Beispielsweise erfolgte in Ungarn die Privatisierung in erster Linie durch den Verkauf des ehemaligen Staatseigentums. Es kam zur Eigentumsrückgabe und in geringerem Maße zur Entschädigung der früheren Eigentümer. In Ungarn wurden einige Gesetze verabschiedet, mit denen es zur Entschädigung wegen der unberechtigten Wegnahme von Eigentum oder wegen der Verletzung von persönlichen Rechten gekommen ist. Das erste Entschädigungsgesetz, das Gesetz XXV aus dem Jahre 1991, gewährte eine Entschädigung nur für diejenigen Eigentumsverletzungen, zu denen es nach dem 8. Juni 1949 gekommen war. Das zweite Entschädigungsgesetz, das Gesetz XXIV aus dem Jahre 1992, erweiterte die zeitliche Anwendung auch vor den 8. Juni 1949. Das dritte Entschädigungsgesetz, das Gesetz XXXII aus dem Jahre 1992, sieht eine Entschädigung nicht für Eigentumsverletzungen, sondern für die Verletzung von persönlichen Rechten vor. Das vierte Entschädigungsgesetz, das Gesetz X aus dem Jahre 1997, hat in erster Linie auch die Entschädigung für die Verletzung von persönlichen Rechten festgelegt. Zu nennen ist auch das fünfte Entschädigungsgesetz, das XXXIII. Gesetz aus dem Jahre 1997. Auf dem Gebiet der Eigentumsentschädigung hat sich der ungarische Verfassungsgerichtshof mit dieser Frage in mehreren Entscheidungen befasst (21/1990 X.4., AB hat. 16/1991 IV.20, AB hat., 27/1991 V.20 usw.); vgl. in: Barnabás Lenkovics, A polgári jog vázlata, Jogi TovábbképzĘ Intézet – Osiris Kiadó, Budapest, 2001, S. 67-68; Dr. György Bíró, Dr. Péter Makó, Kárpótlással és privatizációval összefüggĘ problémák Magyarországon (Probleme der Entschädigung und Privatisierung in Ungarn) in: Vagyon-visszaszármaztatás és privatizáció a rendszerváltó országokban (Privatisierung und Restitution in Umwandlungsländern – in rechtsvergleichender Hinsicht), Red.: József Szalma, Vajdasági Magyar Tudományos Társaság, (Vereinigung der ungarischen Wissenschaftler in der Vojvodina), Újvidék/Novi Sad/Neusatz, Atlantis, 2005, S. 68-70; siehe dort auch die rechtsvergleichenden Aspekte für Reformländer, József Szalma, Vagyon-visszaszármaztatás és privatizáció a rendszerváltó országokban (Restitution des enteigneten Eigentums und die Privatisierung in Umwandlungsländern), op. cit. S. 7-59 (die Forschungen aus dieser Forschungsgruppe wurden finanziert von der Ungarischen Akademie der Wissenschaften, Abteilung für ausländische wissenschaftliche Zusammenarbeit – Stiftung Arany János).

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vatisierungsgesetzes nicht gleichzeitig das Restitutionsgesetz bzw. das Gesetz über die Rückgabe des Kapitals oder die Entschädigung an die ehemaligen Eigentümer.

III. Privatisierungsgesetzgebung Serbiens mit besonderer Berücksichtigung der Restitutionsgesetze Obwohl schon vorher Initiativen seitens der Wissenschaft unternommen worden waren (z.B. im Rahmen der wissenschaftlichen Tagungen der Kopaoniker-Schule des natürlichen Rechts mit internationaler wissenschaftlicher Teilnahme),15 haben die Privatisierungsprozesse in Serbien erst im Jahre 2001 begonnen, nach der Verabschiedung des Privatisierungsgesetzes.16 In diesem Gesetz war die Verkaufsprivatisierung der früheren sog. gesellschaftlichen (staatlichen) Betriebe vorgesehen, durch den sog. Tenderverkauf mit der Bildung einer staatlichen Agentur zum Verkauf des staatlichen Kapitals. Dieses Gesetz umfasste nicht das restliche gesellschaftliche bzw. staatliche Kapital wie Gebäude, Grundstücke usw. Vom Standpunkt der Reprivatisierung bzw. Restitution des ehemaligen Eigentums ist dieses Gesetz bedeutsam, weil in einem Artikel erwähnt wird, dass ein Teil der Mittel aus dem Verkauf der Betriebe zur Entschädigung der Eigentümer der verstaatlichten Betriebe dienen soll, und zwar nach der Verabschiedung des Gesetzes über die Restitution (Eigentumsrückgabe). Zu diesem Zweck wird jedoch nur ein kleiner Teil der Mittel (5%) aus dem Verkauf vorgesehen.17 Außerdem konnte die geldliche Entschädigung aus diesen Mitteln nicht gleichzeitig mit der Verkaufsprivatisierung beginnen, sondern erst nach der Regelung des zukünftigen Restitutionsgesetzes.

___________ 15 Vgl. z.B. Vladimir Todoroviü, Bivši vlasnici i novi investitori (Ehemalige Eigentümer und neue Investitoren), Juristenkongress in Vrnjaþka banja/Serbien am 22.5.2002. Vgl. die weitere serbische Literatur: M. Dragaševiü, Anÿelko Lojpur, Poruka privatizacije – da li, kako i kuda dalje u procesu tranzicije (Botschaften der Privatisierung – ob, wie und wohin weiter im Transitionsprozess), Pravni život, Pravni þasopis pravnika Srbije, Nr. 10/2001, Beograd, S. 209-214. 16 Gesetz über Privatisierung (im Folgenden: GP), Gesetzblatt Serbiens (Službeni glasnik Republike Srbije), Nr. 38/2001, 18/2003, 45/2005, 123/2005, und die neue Fassung in: Nr. 123/2007. Nach Art. 1 dieses Gesetzes sind Gegenstand der gesetzlichen Regelung die Voraussetzung und das Verfahren für die Veränderung (Umwandlung) des gesellschaftlichen und staatlichen Kapitals (Privatisierung). Nach Art. 2 wird die Privatisierung nach folgenden Grundsätzen geführt: 1) Herstellung der Voraussetzungen für die Entwicklung der Wirtschaft und für die soziale Stabilität; 2) Sicherung der Öffentlichkeit; 3) Flexibilität; 4) Verkauf gemäß dem Marktwert des Gegenstandes. 17 Vgl. GP, Art. 61 Abs. 1 UAbs. 3.

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Im Kapitel über den Zweck der finanziellen Mittel aus dem Privatisierungsprozess sieht das serbische Privatisierungsgesetz vor18, dass die Mittel aus der Verkaufsprivatisierung zu folgenden Zwecken dienen sollen: 1. Renten- und Invaliditätsversicherungsfonds der Arbeitnehmer, 2. Unterstützung der Entwicklung, 3. Zahlung an Personen, deren Eigentum nationalisiert worden war, 4. Rückzahlung von Schulden, deren Schuldner bzw. Garant die Republik Serbien ist, 5. Förderung der Entwicklung der Wirtschaft und des Umweltschutzes durch die lokalen Selbstverwaltungen, 6. andere Zwecke. Im nächsten Artikel19 werden diese Zwecke mit genauen Prozentsätzen bestimmt. Nach den Regelungen des Gesetzes werden die Mittel aus der Privatisierung auf folgende Art verteilt: 1. 10% der Mittel an den Renten- und Invaliditätsversicherungsfonds der Arbeitnehmer, 2. 50% für die Finanzierung der Restrukturierung und Entwicklung der Wirtschaft in der Republik Serbien; falls das Privatisierungssubjekt seinen Sitz auf dem Gebiet der autonomen Provinz Vojvodina hat, gehen 50 % der Mittel für die Restrukturierung und Entwicklung in diese Provinz, 3. 5% der Mittel sind für die Zahlung der Entschädigungen an die Personen vorgesehen, deren Eigentum nationalisiert wurde. Aus diesen gesetzlichen Regelungen geht hervor, dass ein sehr kleiner Prozentsatz der Mittel aus der Privatisierung für die Entschädigung des einst nationalisierten Eigentums bestimmt ist, ohne dass wir bestreiten möchten, dass auch die anderen Zwecke berechtigt sind. Wir bemerken aber, dass die Proportionen nicht ganz akzeptabel sind, besonders hinsichtlich der Restitution. Es scheint uns auch, dass ein zu geringer Prozentsatz vom Verkauf der Betriebe auf dem Territorium der Vojvodina zur Finanzierung der wirtschaftlichen Entwicklung in der Provinz Vojvodina vorgesehen ist. Positiv bei diesem Verkaufsprivatisierungsgesetz ist hingegen, dass die Käufer einheimische sowie auch ausländische Bürger sein können.20 Die Institutionen der Privatisierung sind: ___________ 18 19 20

GP, Art. 60. GP, Art. 61. Vgl. GP, Art. 12.

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1. Privatisierungsagentur, 2. Aktienfonds, 3. Zentralregister für Wertpapiere. Weiterhin wird beim Privatisierungsverfahren ein Privatisierungsregister (seitens des Ministeriums für Privatisierung)21 als eine zentrale Stelle der Evidenz emittierter Aktien anlässlich des Verkaufs geführt.22 Im Privatisierungsregister wird ein Teil des Kapitals des Privatisierungssubjekts, ausgedrückt in Aktien, festgeschrieben und an die Bürger ohne Entgelt im Einklang mit dem Gesetz übertragen23. Hinsichtlich des Privatisierungsmodells werden zwei Modelle vorgesehen24: 1. Verkauf des Kapitals, 2. Übertragung des Kapitals ohne Entgelt. Der Verkauf des Kapitals bzw. des Eigentums des Privatisierungssubjekts erfolgt auf zwei Wegen25: 1. öffentlicher Tender, 2. öffentliche Auktion. Die Übertragung des Kapitals ohne Entgelt erfolgt nach dem Verkauf des Kapitals26 durch: 1. Übertragung der Aktien an die Angestellten, 2. Übertragung der Aktien an die Bürger. Im Jahre 2007 wurde das Gesetz über die Rechte an unentgeltlichen Aktien und geldlichem Entgelt, welches die Bürger im Privatisierungsverfahren realisieren können, erlassen.27 Dieses Gesetz regelt [im Einklang mit dem Privatisierungsgesetz]28 die Verwirklichung der Rechte der Bürger auf ein geldliches ___________ 21

Vgl. GP, Art. 8 Abs. 2. Vgl. GP, Art. 4 Abs. 1 UAbs. 3 und Art. 7 und 8. 23 GP, Art. 8 Abs. 1. 24 GP, Art. 9. 25 GP, Art. 10. 26 GP, Art. 11. 27 Gesetz über die Rechte an unentgeltlichen Aktien und geldlichem Entgelt, welche die Bürger im Privatisierungsverfahren realisieren können (Zakon o pravu na besplatne akcije i novþanu naknadu koju graÿani ostvaruju u postupku privatizacije), Gesetzblatt Serbiens (Službeni glasnik RS), Nr. 123/2007. 28 Oben erwähntes Privatisierungsgesetz Serbiens (Gesetzblatt Serbiens, Nr. 38/2001, 18/2003 und 45/2005). Über den Gegenstand der Regelung des Gesetzes über die Rechte an unentgeltlichen Aktien und geldlichem Entgelt, welche die Bürger im Privatisierungsverfahren realisieren können siehe Art. 1 dieses Gesetzes. 22

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Entgelt auf Grund der Verwertung (Verkauf) der Aktien, wie sie im Privatisierungsregister evidentiert sind. Durch dieses Gesetz wird auch die Verwirklichung von Rechten von Angestellten und ehemaligen Angestellten in Betrieben und wirtschaftlichen Gesellschaften auf die Übertragung ohne Entgelt der Aktien dieser Betriebe oder wirtschaftlichen Gesellschaften geregelt29. Auch werden die Träger dieser Rechte bestimmt. Das sind die Personen, welche die folgenden Voraussetzungen erfüllen30: 1. Dass sie bis zum 31. Dezember 2007 volljährig geworden sind und dass sie am Tage der Erlangung des Status des Trägers von Rechten in die Wählerliste der zuständigen Gemeindeorgane eingetragen wurden. 2. Dass sie am Tage des Inkrafttretens des Gesetzes Staatsbürger der Republik Serbien waren. 3. Dass sie am 30. Juni 2007 ihren Wohnsitz auf dem Territorium der Republik Serbien hatten bzw. den Status von zeitweilig umgesiedelten Personen aus Kosovo und Metohija. 4. Dass sie das Recht auf Aktien auf keinem anderen Wege verwirklicht haben, vollständig oder zum Teil, im Einklang mit dem Gesetz über die Eigentumstransformation31 oder auf Grund des Privatisierungsgesetzes. 5. Dass sie in ein Register der Träger dieser Rechte gesetzmäßig eingetragen sind. Personen, die diese Bedingungen erfüllen, erlangen den Status des Trägers des Rechts am Tage der Eintragung in das Register. Mit diesem Tage verlieren sie das Recht auf den Erhalt von Kapital ohne Entgelt, welches die Angestellten des Privatisierungssubjekts haben. Zudem wird die Gleichberechtigung bei der Verwirklichung dieser Rechte vorgeschrieben,32 indem Personen, die alle genannten Voraussetzungen erfüllen, das Recht auf die gleiche Höhe des geldlichen Entgelts haben oder auf die gleiche Zahl von Aktien von jedem Betrieb bzw. jeder wirtschaftlicher Gesellschaft, die im Gesetz bestimmt sind. Das Gesetz schreibt ferner die Nichtübertragbarkeit des Rechts vor,33 so dass das Recht auf die Erlangung des Status des Trägers des Rechts nicht übertragbar ist und es nicht Gegenstand einer Erbschaft sein kann. ___________ 29

Gesetz über die Rechte an unentgeltlichen Aktien und geldlichem Entgelt, welche die Bürger im Privatisierungsverfahren realisieren können, Art. 1 Abs. 1. 30 Ibid., Art. 2. 31 Gesetz über die Eigentumstransformation, Gesetzblatt der Republik Serbien Nr. 32/1997 und 10/2001. 32 Gesetz über die Rechte an unentgeltlichen Aktien und geldlichem Entgelt, welche die Bürger im Privatisierungsverfahren realisieren können, Art. 3. 33 Ibid., Art. 4.

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Das Recht auf ein geldliches Entgelt und das Recht auf die Übertragung von Aktien sind ab dem Tage der Eintragung in das Register der Träger des Rechts bis zum Tage des Erhalts des geldlichen Entgelts bzw. der Eintragung als gesetzmäßiger Besitzer der Aktien nicht übertragbar und können nicht Gegenstand irgendeiner Verfügung sein, auch nicht der Verpfändung oder anderer Rechtsgeschäfte mit gleicher oder ähnlicher Wirkung. Weiterhin wird die Veröffentlichung der Träger des Rechts in einer öffentlichen elektronischen Datenbank vorgeschrieben, welche von einer besonderen Agentur durchgeführt wird.34 Es wird ferner vorgeschrieben, dass die Anmeldung zur Eintragung in das Register der Träger des Rechts im Einklang mit der öffentlichen Ausschreibung eingereicht wird35. Dort wird die Anmeldefrist festgelegt. Diese kann nicht kürzer als sechs Monate ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung der öffentlichen Ausschreibung sein.36 Der Träger des Rechts befriedigt sein Recht auf geldliches Entgelt aus den Mitteln, die vom Verkauf der Aktien bzw. der im Privatisierungsregister evidentierten Anteile realisiert werden.37 Das Gesetz regelt das Verfahren dieses Verkaufs von Aktien und Anteilen.38 Er wird von dem Aktienfonds durchgeführt. Die Aktien der offenen Aktiengesellschaften werden verkauft: 1. auf dem organisierten Markt, 2. durch die Annahme eines Übernahmeangebots, 3. durch eine öffentliche Auktion. Aktien und Anteile von geschlossenen Aktiengesellschaften werden durch eine öffentliche Auktion verkauft. Aktien bzw. Anteile können nur ausnahmsweise auch durch das Sammeln von Angeboten erfolgen. Die Entscheidung über den Verkauf von Aktien und Anteilen wird von der Privatisierungsagentur getroffen. Der Preis für eine Aktie, zu welchem der Aktienfonds die Aktien bzw. Anteile verkauft, kann nicht kleiner sein als der Preis je Aktie, welchen der Käufer des Kapitals im Rahmen der Privatisierung bezahlt hat. Der Aktienfonds kann mit dem vorherigen Einverständnis der Agentur den Verkauf von Aktien bzw. Anteilen durch einen Vertrag einer einheimischen oder ausländischen finanziellen Organisation bzw. Broker-Gesellschaften anvertrauen. Der Aktienfonds ist verpflichtet, die Aktien und Anteile bis zum 31. Dezember 2008 zu verkaufen bzw. spätestens innerhalb von sechs Monaten ab dem Tage

___________ 34 35 36 37 38

Ibid., Art. 5. Ibid., Art. 6 Abs. 1. Ibid., Art. 6 Abs. 2. Ibid., Art. 11. Ibid., Art. 12.

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der Übertragung der Aktien oder Anteile in das Privatisierungsregister, sofern die Übertragung nach dem 30. Juni 2008 erfolgt war.39 Das Verfahren des Verkaufs von Aktien bzw. Anteilen wird von der Regierung näher bestimmt. Die Umwandlung von offenen Aktiengesellschaften in geschlossene Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit begrenzter Haftung ist verboten.40 Es ist vorgesehen, dass die Dividende auf Grund der Aktien bzw. der Gewinn auf Grund der Anteile, die im Privatisierungsregister evidentiert sind, an den Republik-Fonds ausgezahlt wird, der für die Renten- und Invaliditätsversicherung der Angestellten zuständig ist. Bis zur Beendigung des Verkaufsverfahrens der Aktien bzw. Anteile erfolgt dies im Einklang mit diesem Gesetz.41 Der Verkauf von Aktien oder Anteilen unterliegt keiner Zahlung von Steuern auf den Umsatz von absoluten Rechten.42 Die Träger der Rechte verwirklichen das Recht auf unentgeltliche Aktien in den vom Gesetz bestimmten sog. öffentlichen Betrieben bzw. wirtschaftlichen Gesellschaften, welche eine Tätigkeit von gemeinem Interesse ausüben43: 1. Ölindustrie von Serbien als Aktiengesellschaft – Naftna industrija Srbije AD Novi Sad, 2. Telefongesellschaft Serbiens als Aktiengesellschaft – Telekom Srbije AD Beograd, 3. Stromindustrie Serbiens als öffentlicher Betrieb – Elektroprivreda Srbije Beograd, 4. Fluggesellschaft Serbiens als öffentlicher Betrieb – Jat Airways, 5. Flughafen von Belgrad als öffentlicher Betrieb – Flughafen Nikola Tesla, 6. Pharmagesellschaft als Aktiengesellschaft – Galenika AD Beograd. In den genannten Betrieben und wirtschaftlichen Gesellschaften beträgt das Kapital zur Verteilung von unentgeltlichen Aktien 15% vom Grundkapital. Unentgeltliche Aktien von einzelnen Betrieben werden an die Träger des Rechts innerhalb von sechs Monaten nach der erfolgten Privatisierung des betreffenden Betriebs, spätestens bis zum 31. Dezember 2010 im Einklang mit der Akte der Regierung übertragen.44 ___________ 39 40 41 42 43 44

Ibid., Art. 13. Ibid., Art. 14. Ibid., Art. 15 Abs. 1. Ibid., Art. 16. Ibid., Art. 18. Ibid., Art. 19.

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Von der Zeit des Inkrafttretens des Privatisierungsgesetzes (2001) bis heute hat die Republik Serbien allerdings das im Privatisierungsgesetz „versprochene“ Gesetz über die Restitution und Entschädigung an die früheren Eigentümer oder ihre Nachfolger, denen das Eigentum ohne Entschädigung durch Nationalisierungsgesetze enteignet wurde, nicht verabschiedet, weder im Bereich des sog. Unternehmerkapitals noch auf dem Gebiet der Liegenschaften oder beim Betriebskapital. Inzwischen aber hat der Gesetzgeber in Serbien zwei neue positive, zwar kleinere, aber wichtige Schritte beim Privatisierungs- bzw. Reprivatisierungsprozess gemacht: Im Jahre 2005 ist das Enquete-Gesetz über die Interessierten an der Restitution des enteigneten Eigentums in Kraft getreten.45 Und im Jahre 2006 wurde das Gesetz über die Restitution des enteigneten Eigentums der Religionsgemeinschaften verabschiedet.46 Das „Enquete-Gesetz“ bzw. das Gesetz über die Anmeldung und Evidenz des nationalisierten (enteigneten) Eigentums regelt nicht die Restitution des nationalisierten Eigentums, sondern nur das vorgreifliche Anerkennungsverfahren. Es ist vorgesehen, dass das Verfahren der Anmeldung und Evidenz des Eigentums festgelegt wird, welches auf dem Territorium von Serbien ohne Entschädigung in Höhe des Marktpreises oder ohne ein gerechtes Entgelt enteignet wurde, durch die Anwendung der Vorschriften und Nationalisierungsmaßnahmen, der Agrarreform, der Konfiskation, Sequestration, Expropriation und anderer Vorschriften, die nach dem 9. März 1945 erlassen und angewandt wurden.47 Nach der Terminologie des Gesetzes wird unter dem Begriff des Eigentums das Eigentumsrecht über Liegenschaften und bewegliche Sachen festgelegt, sowie andere Vermögensrechte.48 Die Anmeldung des verstaatlichten Eigentums erfolgt seitens der natürlichen Personen, denen das Eigentum durch die Anwendung der Vorschriften dieses Gesetzes enteignet wurde, oder von deren rechtlichen Nachfolgern.49 Die Anmeldung wird an die Republik-Direktion für das Eigentum gerichtet, auf einem vorgeschriebenen Formular.50 Die Evidenz des auf diese Weise angemeldeten Eigentums in Form des Registers über das enteignete Eigentum wird als öffentliche und elektronische Datenbank geführt.51 Das Gesetz sieht aber eine sehr ___________ 45 Gesetz über die Anmeldung und die Evidenz des enteigneten Eigentums, Gesetzblatt Serbiens 45/2005. 46 Gesetz über die Rückgabe (Restitution) des Eigentums an Kirchen und Religionsgemeinschaften, Gesetzblatt Serbiens Nr. 46/2006. 47 Gesetz über die Anmeldung und die Evidenz des enteigneten Eigentums, Art. 1. 48 Ibid., Art. 2. 49 Ibid., Art. 3 Abs. 1. 50 Ibid., Art. 3 Abs. 2. 51 Ibid., Art. 3 Abs. 3.

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kurze Frist für die Anmeldung vor, nämlich vom 6. August 2005 bis zum 30. Juni 2006.52 Es war jedoch schwer, die vom Gesetz geforderten Dokumente in dieser Frist zu komplettieren und fristgemäß einzureichen. Die Bestimmungen dieses Gesetzes gelten allerdings nicht für die früheren Eigentümer oder deren Erben bzw. Rechtsnachfolger, die gesetzmäßig oder durch ein internationales Abkommen eine Entschädigung für das nationalisierte Eigentum zu Lasten eines ausländischen Staates bekommen haben.53 Das betrifft nach Auffassung des Gesetzes zumal die Fälle, die auf Grund des Vertrages zwischen dem ehemaligen Jugoslawien und der Bundesrepublik Deutschland in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts schon entschädigt worden waren.54 Die Rechtsgrundlage und die Rechte bezüglich der Rückgabe des Eigentums oder Entschädigung des nationalisierten Eigentums sowie das Verfahren zur Verwirklichung dieses Rechts sollen in einem gesonderten Gesetz geregelt werden.55 Dabei werden nur diejenigen Personen ein Recht auf Restitution haben, die ihr Gesuch fristgemäß eingereicht haben.56 Das Anmeldegesetz war insofern nicht ohne Nutzen, da der Gesetzgeber Informationen über die Prätendenten auf eine Entschädigung und über die Objekte, die entschädigt werden sollen, bekommen hat. Dennoch war das Gesetz im Grunde überflüssig, denn in den Teilen des Landes, wo früher Grundbücher bestanden haben, wie der Vojvodina, wurden alle Grundstücksänderungen ohnehin evidentiert, somit auch die Nationalisierungen bzw. Enteignungen nach den damals bestehenden gesetzlichen Grundlagen. Im Unterschied zum Gesetz über die Anmeldung, das die Restitution nur für die Zukunft verspricht, wird die Restitution durch das Gesetz über die Restitution des Eigentums der Kirchen und Religionsgemeinschaften aus dem Jahre 2006 auch tatsächlich verwirklicht. Nach den Bestimmungen dieses Gesetzes sind Gegenstand der Regelungen die Bedingungen, die Art und das Verfahren der Restitution des Eigentums, das auf dem Territorium der Republik Serbien den Kirchen und religiösen Gemeinschaften sowie deren Stiftungen und Gesellschaften weggenommen worden war, aufgrund der Vorschriften über die Agrarreform, Nationalisierung, Sequestration und anderer Vorschriften, die im ___________ 52

Gesetz über die Anmeldung und die Evidenz des enteigneten Eigentums, Art. 6. Ibid., Art. 4. 54 Nach den Daten von Vladimir Todoroviü, eines Belgrader Rechtsanwalts, hat das ehemalige Jugoslawien internationale Abkommen über die Entschädigung wegen enteignetem Eigentum mit der Bundesrepublik Deutschland, Argentinien, der ehemaligen Tschechoslowakei, Dänemark, Frankreich, Griechenland, Holland, Italien, Ungarn, Norwegen, den USA, der Schweiz, Schweden, der Türkei und mit Großbritannien abgeschlossen. Vgl. www.projuris.org 55 Ibid., Art. 9. 56 Ibid., Art. 9 Abs. 2. 53

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Zeitraum nach 1945 erlassen und angewandt wurden, sowie durch alle anderen Akte, die das Eigentum ohne ein Marktentgelt enteignet hatten. Als positiv kann man die Regelung bewerten, die festlegt, dass die Rückgabe des enteigneten Eigentums auf dem Grundsatz der gleichen rechtlichten Behandlung von allen Religionsgemeinschaften, ihrer Willensautonomie zur Einleitung des Verfahrens, dem Schutz der Rechtssicherheit der jetzigen gutgläubigen Eigentümer und Drittpersonen sowie auf dem Grundsatz des beschleunigten Verfahrens beruht.57 Was die Form der Restitution angeht, so wird der Naturalrestitution der Vorrang eingeräumt58, d.h. dass in der Regel das nationalisierte Eigentum als solches zurückgegeben wird. Alternativ wird nach Marktwert entschädigt, aber nur, wenn die Restitution in Natur oder in einer anderen Form von Eigentumsrückgabe nicht möglich ist. Es ist vorgesehen, dass eine Restitutionsdirektion gebildet wird, die als eine gesonderte Organisation für die Realisierung des Restitutionsverfahrens zuständig ist.59 Bezüglich der Privatisierung bzw. der Rückgabe des enteigneten Eigentums an landwirtschaftlichem Boden hat Serbien mehrere Vorschriften erlassen, von denen einige der teilweisen Denationalisierung bzw. Restitution von landwirtschaftlichem Boden gewidmet sind und andere der Umwandlung von gesellschaftlichem Eigentum an landwirtschaftlichem Boden in andere Eigentumsformen. Das Gesetz, mit dem die teilweise Restitution von enteignetem landwirtschaftlichem Boden erfolgte, wurde in der Republik Serbien im Jahre 1991 erlassen.60 Nach den Bestimmungen dieses Gesetzes wird der landwirtschaftliche Boden, der auf Grund des Gesetzes über den Fonds von landwirtschaftlichem Boden in gesellschaftlichem Eigentum und der Zuteilung von landwirtschaftlichem Boden an landwirtschaftliche Organisationen (landwirtschaftliche Genossenschaften)61 enteignet, und der Boden, der wegen der Nichterfüllung von ___________ 57 Gesetz über die Restitution des Eigentums der Kirchen und Religionsgemeinschaften, Art. 2. 58 Ibid., Art. 4. 59 Ibid., Art. 21. 60 Vgl. Zakon o naþinu i uslovima priznavanja prava i vraüanju zemljišta koje je prešlo u društvenu svojinu po osnovu poljoprivrednog zemljišnog fonda i konfiskacijom zbog neizvršenih obaveza iz obaveznog otkupa poljoprivrednih proizvoda (Gesetz über die Art und die Bedingungen für die Anerkennung des Rechts und die Rückgabe von landwirtschaftlichem Boden, der in gesellschaftliches Kapital übergegangen ist auf Grund des Fonds von landwirtschaftlichem Boden und durch die Konfiskation wegen der Nichterfüllung der Verpflichtungen bezüglich des Pflichtabkaufs von landwirtschaftlichen Produkten), Gesetzblatt der Republik Serbien Nr. 18/1991, Änderungen und Ergänzungen 20 /1992 und 42/1998. 61 Gesetz über den Fonds von landwirtschaftlichem Boden in gesellschaftlichem Eigentum und der Zuteilung von landwirtschaftlichem Boden an landwirtschaftliche Organisationen, Službeni list Federativne narodne republike Jugoslavije (Gesetzblatt der Fö-

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Verpflichtungen aus dem Pflichtabkauf von landwirtschaftlichen Produkten gemäß den Vorschriften über den Pflichtabkauf (seitens des Staates) konfisziert worden war, dem früheren Eigentümer bzw. seinem rechtlichen Nachfolger unter bestimmten, festgelegten Bedingungen zurückgegeben.62 Das Gesetz aus dem Jahre 1991 war positiv aufgenommen und akzeptiert worden. Auf das Gesetz folgte die Durchführungsverordnung, deren Grundtext im Jahre 1991 veröffentlicht und 1992 und 1997 geändert wurde.63 Diese Verordnung wurde vom Verfassungsgerichtshof der Republik Serbien für verfassungsgemäß erachtet.64 Auch hier gilt der Grundsatz der Naturalrestitution, d.h. der enteignete landwirtschaftliche Boden wird dem früheren Eigentümer zurückgegeben, außer wenn auf diesem Boden Objekte bzw. ein Hydro-Meliorisationssystem gebaut worden sind. Das zweite Gesetz aus dem Jahre 1992, mit Änderungen im Jahre 1996 bzw. 2006, welches die Eigentumsverhältnisse bezüglich des landwirtschaftlichen Bodens regelt, hat nicht die Restitution, sondern die Umwandlung des früheren landwirtschaflichen Bodens in gesellschaftlichem Eigentum (genutzt von landwirtschaftlichen Genossenschaften) in andere Eigentumsformen zum Ziel.65 Nach den Regelungen dieses Gesetzes geht der landwirtschaftliche Boden in gesellschaftlichem Besitz, welchen die Rechtsperson (landwirtschaftliche Genossenschaft) auf Grund des Gesetzes über die Agrarreform und der Vorschriften über die Nationalisierung genutzt hat, in staatliches Eigentum über.66 Der landwirtschaftliche Boden, welchen die Rechtsperson auf Grund eines entgeltlichen Rechtsgeschäfts erlangt hat, ist das gesellschaftliche Kapital dieses Betriebs.67 Der Betrieb kann landwirtschaflichen Boden nicht vor der Evidentierung des landwirtschaftlichen Bodens in gesellschaftlichem (staatli___________ derativen Volksrepublik Jugoslawien Nr. 22/1953), Službeni list SFRJ (Gesetzblatt der Sozialistischen föderativen Volksrepublik Jugoslawien) Nr. 10/1965, Službeni glasnik SRS (Gesetzblatt der Sozialistischen Republik Serbien) Nr. 51/1971, Službeni glasnik SAPV (Gesetzblatt der Sozialistischen autonomen Provinz Vojvodina) Nr. 28/1972. 62 Gesetz über die Art und die Bedingungen für die Anerkennung des Rechts und die Rückgabe von landwirtschaftlichem Boden, der in gesellschaftliches Kapital übergegangen ist auf Grund des Fonds von landwirtschaftlichem Boden und durch die Konfiskation wegen der Nichterfüllung der Verpflichtungen bezüglich des Pflichtabkaufs von landwirtschaftlichen Produkten, Art. 1. 63 Verordnung zur Realisierung des Gesetzes, Gesetzblatt RS Nr. 41/1991, 44/1991, 4/1992, 8/1997. 64 Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs Serbiens, Gesetzblatt RS Nr. 103/2003. 65 Gesetz über die Umwandlung von gesellschaftlichem bzw. staatlichem Eigentum an landwirtschaftlichem Boden in andere Eigentumsformen, Gesetzblatt RS Nr. 49/1992, 54/1996, neue Fassung 62/2006. 66 Ibid., Art. 1. 67 Ibid., Art. 1 Abs. 2.

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chem) Besitz veräußern.68 Der Betrieb kann das gesellschaftliche (bzw. „staatliche“) Kapital vor der erfolgten Evidentierung des landwirtschaftlichen Bodens in gesellschaftlichem Besitz und den entsprechenden Änderungen in Grundbüchern und anderen öffentlichen Büchern auch nicht in andere Eigentumsformen umwandeln.69 Die alte Verfassung Serbiens aus dem Jahre 1990 bestätigt die Eigentumstransformation70, die 1957 durch das Gesetz über die Nationalisierung von Mietgebäuden und Baugrundstücken erfolgt war. Dort war festgelegt, dass Baugrundstücke in Städten und Siedlungen mit Stadtcharakter gesellschaftliches Kapital sind. Vom Standpunkt des Zivilrechts war diese Bestimmung nicht haltbar, denn sie war ein Akt der Nationalisierung von bebauten Grundstücken. Wenn man den zivilrechtlichen Grundsatz superficies solum cedit anlegt, präsumiert das Gesetz, dass das Eigentum an dem Gebäude dem Inhaber des Grundstücks zusteht. Dazu ist es zwar nicht gekommen, weil der Gesetzgeber den Begriff des Nutzungsrechts zu Gunsten des Besitzers des Gebäudes auf dem Baugrundstück, welches in städtischem Eigentum steht, eingeführt hat. Einige Autoren in der serbischen Literatur haben zu Recht die genannten Bestimmungen der Verfassung aus dem Jahre 1990 kritisiert.71 In der neuen Verfassung der Republik Serbien aus dem Jahre 200672 wird das Recht auf Eigentum gewährleistet mit den Worten: Es wird die ungestörte Nutzung des Eigentums und anderer Vermögensrechte garantiert, die auf Grund von Gesetzen erworben wurden.73 Es wird zudem bestimmt, dass das Eigentum nur in öffentlichem Interesse entzogen oder begrenzt werden kann74, und zwar auf Grund des Gesetzes und unter Voraussetzung einer Entschädigung, die nicht geringer als der Marktwert sein darf.75 Demzufolge wurde das neue Gesetz über Exprop___________ 68

Ibid., Art. 6. Ibid., Art. 6 Abs. 2. 70 Verfassung der Republik Serbien, Art. 60 Abs. 1, 3 und 6. 71 Vgl. Vladimir Todoroviü, www.projuris.org. 72 Verfassung der Republik Serbien, Gesetzblatt RS Nr. 98/2006. 73 Ibid., Art. 58 Abs. 1. 74 Ibid., Art. 58 Abs. 2. 75 Die neue geltende Verfassung der Republik Serbien erklärt in den Bestimmungen über die wirtschaftliche Organisation, in Art. 82 – in dem sie die Grundsätze dieser Organisation festlegt –, dass die ökonomische Organisation in der Republik Serbien auf der Marktwirtschaft, einem offenen und freien Markt, der unternehmerischen Freiheit, der Selbständigkeit der wirtschaftlichen Subjekte und der Gleichberechtigung von Privatkapital und anderen Formen von Kapital beruht. In Art. 84 wird festgelegt, dass Akte verboten sind, mit denen entgegen dem Gesetz der freie Wettbewerb begrenzt wird, durch die Bildung oder den Missbrauch von Kapital oder eine dominante Stellung auf dem Markt. Derselbe Artikel bestimmt weiterhin, dass die Rechte aus der Investierung von 69

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riation (Enteignung) von 1995 erlassen.76 Auf Grund dieses Gesetzes können Liegenschaften nur dann enteignet oder Eigentum nur dann begrenzt werden, wenn eine gerechte Entschädigung, die nicht geringer als der Marktwert der Liegenschaft sein darf, gewährt wird.77 In der Verfassung ist weiter bestimmt, dass die Nutzung und Verfügung über landwirtschaftlichen Boden, Wälder und städtische Baugrundstücke frei ist.78 Somit scheint die neue Verfassung das Konzept aufgegeben zu haben, dass städtische Baugrundstücke gesellschaftliches Eigentum sind. Die Regierung der Provinz Vojvodina hat im Jahre 2002 die Entscheidung über die Bildung einer Fachkommission zur Ausarbeitung eines Entwurfes des Gesetzes über die Restitution von nationalisiertem Eigentum getroffen.79 Der erste von der Kommission vorgelegte Entwurf dieses Gesetzes wurde auf Grund von rechtsvergleichenden Analysen der Transitionsvorschriften in den Reformländern, mit besonderer Berücksichtigung der Entschädigungs- und Restitutionsregeln in der Republik Ungarn, gefertigt. Die Eckpunkte dieses Entwurfs waren: 1. Favorisierung der Naturalrestitution, besonders bezüglich des landwirtschaftlichen Bodens. 2. Entschädigung in Geld an die ehemaligen Eigentümer für den Fall, dass faktische oder rechtliche Hindernisse einer Rückgabe entgegenstehen. Dabei wird im Entwurf im Einzelnen festgelegt, wann solche Hindernisse bestehen (z. B. wenn das betreffende Objekt nicht mehr besteht oder wenn das nationalisierte Objekt durch ein entgeltliches Rechtsgeschäft schon in Privateigentum übergegangen ist). 3. Bei der Entschädigung in Geld soll der Wert des enteigneten Eigentums zur Zeit der Nationalisierung in den jetzigen Wert umgerechnet werden. Wenn es zur Erhöhung des Eigentumswerts auf Grund von gesellschaftlichen (bzw. staatlichen) Investitio___________ Kapital durch Gesetz nicht vermindert werden können. Ausländische Personen sind auf dem Markt bezüglich ihrer Rechte mit den einheimischen Personen gleichgesetzt. Bezüglich der Eigentumsrechte von ausländischen Personen wird in Art. 85 Abs. 1 bestimmt, dass ausländische natürliche und Rechtspersonen Eigentumsrechte über Liegenschaften im Einklang mit dem Gesetz oder internationalen Abkommen erwerben können. In Abs. 2 desselben Artikels wird bestimmt, dass ausländische Personen Konzessionsrechte über Naturschätze und öffentliche Güter von allgemeinem Interesse erwerben können, sowie andere durch das Gesetz festgelegte Rechte. 76 Gesetz über Expropriation, Gesetzblatt RS Nr. 53/1995; Gesetzblatt SRJ Nr. 16/2001, in welchem die Entscheidung des damals noch bestehenden Bundesverfassungsgerichtshofes veröffentlicht wurde, mit welcher die Regelung dieses Gesetzes über das gerechte Entgelt, gemessen an den administrativen Preisen der Liegenschaft, als nichtig erklärt wurde, und es blieb die Regelung, dass die Entschädigung auf Grund des Marktwerts festgelegt wird. 77 Gesetz über Expropriation, Art. 1. 78 Verfassung der Republik Serbien, Gesetzblatt Serbiens Nr. 98/2006, Art. 88. 79 Mitglieder der Kommission waren Dr. József Szalma, Dr. Stevan Šogorov (beide Professoren der Rechtswissenschaftlichen Fakultät in Novi Sad) und Todor Gajinov, ehemaliger Richter des Obersten Gerichtshofs der Vojvodina.

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nen gekommen ist, dann soll Wertsteigerung von der Entschädigung abgezogen werden. Nach dem ursprünglichen Entwurf, der von Prof. Szalma vorbereitet worden war, sollte für nationalisierte Betriebe entweder eine Entschädigung in Geld oder die Anerkennung von Anteilen für die früheren Eigentümer vorgesehen werden, und in der endgültigen Fassung des Entwurfs wurde dies von Prof. Šogorov akzeptiert, wonach bestimmt wird, dass eine Entschädigung durch Voucher erfolgen soll. 4. Das Prinzip der Gleichberechtigung von ausländischen und einheimischen Interessenten bei der Restitution bzw. Entschädigung. Es ist bekannt, dass im Rahmen der Nationalisierung das Eigentum oder die Liegenschaften auch von Teilen der einheimischen Bevölkerung enteignet wurde, die von den damaligen Machthabern kollektiv ausgesiedelt wurde – insbesondere die deutschstämmige Bevölkerung aus dem Banat und aus der Batschka – und dies war verbunden mit dem Verlust der Staatsbürgerschaft des damaligen Jugoslawien, weil die damaligen Vorschriften keine doppelte Staatsbürgerschaft ermöglichten. Wenn jemand auf Grund von bilateralen Abkommen aus irgendeinem Grund nicht entschädigt wurde, sollte er nach dem Gesetz, das in Vorbereitung ist, das Recht auf Restitution haben. Bei der Ausarbeitung des ursprünglichen Konzepts ging man davon aus, dass der Gegenstand der Verkaufsprivatisierung nicht dasjenige staatliche Eigentum sein sollte, welches durch die Nationalisierung geschaffen worden war, sondern dasjenige, welches auf anderem Wege entstanden ist. Es ist interessant zu erwähnen, dass die Republik Montenegro – damals noch Teil der Bundesrepublik Jugoslawien – die Verkaufsprivatisierung desjenigen Eigentums suspendiert hat, welches einst nationalisiert worden war. Auf diesem Wege würde man aber das Eigentum als Gegenstand der Verkaufsprivatisierung von dem Eigentum trennen und anders behandeln, welches Gegenstand der Reprivatisierung ist bzw. den ehemaligen Eigentümern auf Grund des zukünftigen Gesetzes über Restitution zurückgegeben wird. Das Parlament der Vojvodina hat im Jahre 2003 mit kleineren Änderungen den Entwurf der Fachkommission akzeptiert und ihn zur weiteren Entscheidung an das Parlament der Republik Serbien weitergeleitet, aber bis heute hat sich dieses Parlament nicht zu diesem Entwurf geäußert. Es gab aber auch Initiativen von Seiten serbischer Organisationen zur Restitution von nationalisiertem Eigentum, deren Experten ebenfalls einen Vorschlag für das Gesetz über die Restitution von nationalisiertem Eigentum vorbereitet haben. Diese haben ihren Vorschlag auch beim Parlament der Republik eingereicht. Ihr Konzept betont ebenso den Vorrang der Naturalrestitution, besonders hinsichtlich der nationalisierten Bauobjekte und des landwirtschaftlichen Bodens, und im Falle der geldlichen Entschädigung schlagen auch sie ein volles Entgelt für den entgangenen Gewinn vor. Unter den Restitutionsprojekten für das verstaatlichte Eigentum sollte man schließlich auch das Projekt aus dem Jahre 2002 von Prof. Dr. Dragor Hiber

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von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät in Beograd erwähnen. Er vertritt ebenfalls den Standpunkt, dass eine Entschädigung der früheren Eigentümer des nationalisierten Eigentums zu erfolgen habe. Aber auch über diese privaten Vorschläge hat sich das Parlament der Republik bislang nicht geäußert. Das einzige Resultat dieser Initiativen war das schon erwähnte Gesetz über die Anmeldung und die Evidenz des nationalisierten (enteigneten) Eigentums.

Zusammenfassung In der Republik Serbien wurden beginnend ab 2001 durch gesetzliche Vorschriften und deren Implementierung bzw. Anwendung bedeutende Resultate auf dem Gebiet der Privatisierung erzielt. Besonders viel wurde im Bereich der Verkaufsprivatisierung des früheren gesellschaftlichen bzw. staatlichen (Betriebs- bzw. unternehmerischen) Kapitals erreicht. Aber der Gesetzgeber befindet sich in gewissem Verzug bezüglich der Restitutionsvorschriften und der Entschädigungsvorschriften zu Gunsten derjenigen früheren Eigentümer bzw. ihrer rechtlichen Nachfolger, denen das Eigentum durch die Vorschriften über die Nationalisierung, Sequestration, Konfiskation, durch Gesetze des ehemaligen Jugoslawiens bzw. Serbiens im Zeitraum zwischen 1945 und 1970 entgeltlos und ohne Entschädigung sowie ohne die Sicherung eines Rechtsweges enteignet worden war. Positiv ist, dass in der Zwischenzeit das Gesetz über die Restitution von verstaatlichtem kirchlichen Eigentum erlassen wurde und dass zu Beginn der 1990er Jahre der landwirtschaftliche Boden an die Landwirte zurückgegeben wurde, deren Boden wegen der Nichterfüllung der planmäßigen Direktiven im Rahmen des Zwangs-/Plichtverkaufs von Erträgen zu direktiven Preisen an den Staat konfisziert worden war. Hinsichtlich der gesetzlichen Garantien für Eigentum bzw. dessen Sicherung wurden im Jahre 2005 mehrere Sondergesetze erlassen oder verändert: das Gesetz über grundlegende Eigentumsverhältnisse wurde verändert, ebenso das Gesetz über die Evidenz von Rechten an Liegenschaften, und es wurde das Gesetz über die Hypothek erlassen. Serbien hat im Jahre 2006 eine neue Verfassung verabschiedet, in welcher der volle Schutz von Privateigentum und anderen Eigentumsformen gewährleistet wird; es wird die unternehmerische Freiheit und die volle Gleichberechtigung auf dem Markt von ausländischen und inländischen wirtschaftlichen Subjekten garantiert. Damit diese Garantien in der Zukunft noch glaubwürdiger sind, ist es notwendig, dass die Privatisierung und Reprivatisierung tatsächlich vollendet wird und dass man die Gesetzgebung über die Restitution und Entschädigung für das früher nationalisierte Eigentum zu Gunsten der ehemaligen Eigentümer und ihrer rechtlichen Nachfolger auf den Weg bringt. * * *

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Abstract József Szalma: Expropriations in Serbia after the Second World War and Latest Developments of Legislation on Restitution, In: Law of Property and Injustice of Expropriation. Coming to terms with the past. Vol. II. Ed. by Gilbert H. Gornig, Hans-Detlef Horn and Dietrich Murswiek (Berlin 2009) pp. 173-195. From 2001 onwards notable results have been achieved in the Republic of Serbia in the field of privatization through statutory norms and their implementation and application, especially in the field of privatization of formerly corporate or state capital by a method of sale. However, the legislator is in considerable delay in respect of adopting statutes relating to restitution and compensation of former owners, or their lawful successors, from whom their property had been forfeited without consideration or compensation and without due process, according to rules of law of statutes of former Yugoslavia and Serbia, respectively, in the period between 1945 and 1970, on nationalization, sequestration and confiscation. Nonetheless, some progressive steps have still been made in the meantime: the Law on the Restitution of Nationalized Property of the Churches was adopted, on one hand, and in the beginning of the 90s the agricultural land was given back to former landowners, on the other, from whom the agricultural land had been confiscated in the past on behalf of the state, because they were unable to meet the crop-quotas, required to deliver mandatorily at prices prescribed by the state. Moreover, in 2005 several particular statutes were enacted in Serbia which have the aim to strengthen further the statutory guarantees of property. Namely, the Law on the Foundations of Property Law Relations has been amended, so as the Law on the Registry of Immovables and Registration of Rights relating to Immovables, and an entirely new law, the Mortgage Law, was enacted as well. In 2006 a new Constitution was promulgated in which a comprehensive protection of private ownership and other forms of ownership was declared, as well as the freedom of entrepreneurship and principle of equal access of all companies to market, be them domestic or foreign. In order to make these guarantees even more stronger in the future, it is indispensable to bring the process of privatization and re-privatization to end, which certainly means a requirement to complement these processes by having the formerly nationalized property restituted to its former owners, or to their lawful successors, or to provide them with just compensation.

Vermögensrückgaben im Banat und in Siebenbürgen – ein Erfahrungsbericht Von Waltraut Eberle

I. Vorbemerkungen Die Feststellung, dass Rumänien eine Vielzahl von Restitutionsgesetzen verabschiedet hat, verleitet zunächst zu der hoffnungsvollen Annahme, dass ein durchaus redlicher Wille besteht, für das Unrecht, das durch die Immobilienenteignungen in den Jahren 1945–1989 entstanden ist, gerade zu stehen und Wiedergutmachung zu gewähren. Nach Auswertung von hundertfünfzig Rückgabeverfahren von ehemaligen Landsleuten aus dem Banat und Siebenbürgen, von denen ich während meiner ehrenamtlichen Tätigkeit Daten gesammelt habe, aber auch nach Bewertung der Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, scheinen jedoch Zweifel angesagt. Die Zweifel sind begründet, denn in fast allen der mir berichteten und bekannten Fällen, in denen gemäß dem Restitutionsgesetz 10/2001 Anträge auf Rückerstattung von Immobilien – Gebäude und Grundstücke innerhalb geschlossener Ortschaften – gestellt worden sind, waren diese – wenn überhaupt – ohne gerichtliche Auseinandersetzung nicht durchzusetzen. Auch sind bis heute die meisten Verfahren noch nicht abgeschlossen. Auch mit den Rückforderungen von land- und forstwirtschaftlichen Flächen nach dem Gesetz 247/2005 verhält es sich ähnlich, im Besonderen, wenn der Antragsteller die rumänische Staatsbürgerschaft nicht mehr innehat. Die Restitutionsgesetze sind widersprüchlich und nicht klar und eindeutig formuliert. Das führt dazu, dass die Lokalbehörden, die für die Rückgabebewilligungen zuständig sind, aber auch die Gerichte, diese ganz unterschiedlich auslegen. Die dadurch eintretende Rechtsunsicherheit und die sehr langen Verfahren haben zur Folge, dass viele der Angehörigen der Generation, die um ihr Vermögen gebracht wurde, aber auch deren Erben, es scheuen, den harten Weg der Vermögensrückforderung zu beschreiten.

II. Vertreibung und Enteignung in Rumänien Im Unterschied zu anderen osteuropäischen Ländern hat Rumänien bei Kriegsende die Volksdeutschen aus dem Land nicht vertrieben. Es ist jedoch

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belegbar, dass es Überlegungen der rumänischen Regierung zu zwanghafter Aussiedlung, Umsiedlung, Vertreibung gegeben hat. Diese wurden dann aber aus Beweggründen, die hier nicht näher erläutert werden, nicht in die Tat umgesetzt.1 Ein nicht unerheblicher Anteil der damals in Rumänien lebenden über 700.000 Volksdeutschen hatte bereits 1944, mit dem Rückzug der deutschen Front, aus Angst vor dem Vormarsch der Roten Armee, das Land in organisierten Trecks verlassen, in der Absicht, zu gegebenem Zeitpunkt in die Heimat wieder zurückzukehren. Eine Rückkehr war dann aber sowohl kurzfristig als auch langfristig nicht durchführbar, da der Weg zurück in die Heimat zunächst versperrt war. Später war dann die Rückkehr perspektivlos, denn die zurückgelassenen Vermögen waren zwischenzeitlich vom rumänischen Staat beschlagnahmt worden. Beispielsweise sind von den 1944 in Liebling lebenden 4.160 Einwohnern am 22. September 1944 insgesamt 2.158 Personen geflüchtet, lediglich 99 sind nach Liebling wieder zurückgekehrt.2 Der Treck führte die Flüchtlinge zunächst nach Österreich, von wo aus sie bis zu Beginn der 1950er Jahre dann weiter nach Deutschland, USA, Kanada, Brasilien, Argentinien, Australien usw. auswanderten. Den im Land verbliebenen Volksdeutschen wurde kein besseres Schicksal zuteil. Männer und Frauen deutscher Herkunft wurden zur Zwangsarbeit nach Russland deportiert. Viele der an der Grenze zu Ungarn und Jugoslawien lebenden Volksdeutschen wurden zu Beginn der 1950er Jahre in die im Südosten des Landes gelegene Baragan-Tiefebene zwangsumgesiedelt, um vermeintlichen konspirativen Tätigkeiten an der Westgrenze des Landes entgegenzuwirken. Von den über 700.000 Volksdeutschen sind bis heute nach den massiven Auswanderungen, die besonders nach der Wende in Rumänien ihren zahlenmäßigen Höhepunkt erreicht haben, noch etwa 60.000 Personen im Land verblieben. In den Jahren ab 1945 setzten die Enteignungen in großem Stil ein, wobei die Bevölkerung deutscher Herkunft im Besonderen hiervon betroffen war. Den vorwiegend von der Landwirtschaft lebenden deutschen Bauern aus dem Banat, der ehemaligen Kornkammer von Österreich-Ungarn, und auch den deutschen Bauern aus Siebenbürgen wurde durch die vollständige Enteignung der Felder die Existenzgrundlage entzogen. Als „Rechtsgrundlage“ dafür galt das Bodenreformgesetz 187/1945:

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Siehe hierzu die Sammlung der Dokumente über Regierungsgespräche von Hannelore Baier, Germanii din Romania 1944 – 1956, Sibiu 2005. 2 Siehe hierzu Konrad Blum, Liebling – Geschichte einer schwäbischen Gemeinde des Banats.

Vermögensrückgaben im Banat und in Siebenbürgen

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Kapitel I. Zweck des Gesetzes. Allgemeine Verfügungen. Art. 1. Die Agrarreform ist für unser Land eine nationale, wirtschaftliche und soziale Notwendigkeit. Die Landwirtschaft Rumäniens wird sich auf starke, gesunde und produktive Wirtschaften stützen, Wirtschaften, die ein Privateigentum derjenigen darstellen, die sie besitzen. Art. 3. Zwecks Verwirklichung der Agrarreform gehen, um an begünstigte Bauern verteilt zu werden und […] Reserven zu bilden, folgende landwirtschaftliche Güter mit dem ihnen angeschlossenen toten und lebenden Inventar auf den Staat über: – die Bodenflächen und landwirtschaftlichen Besitztümer jeder Art, die deutschen Staatsangehörigen sowie rumänischen Staatsangehörigen, physischen und juristischen Personen deutscher Nationalität (Volksabstammung) gehören, die mit HitlerDeutschland zusammengearbeitet haben; – die Bodenflächen derjenigen, die in Länder geflohen sind, mit denen Rumänien sich im Kriegszustand befindet, oder die nach dem 23. August 1944 ins Ausland geflüchtet sind […].

Bei dieser Gesetzgebung wurde freilich die historische Wahrheit außer Acht gelassen, dass im Zweiten Weltkrieg Rumänien zeitweise Verbündeter HitlerDeutschlands war, denn 1942 trat Rumänien dem 1940 von Deutschland, Italien und Japan geschlossenen Dreimächtepakt bei und wandte erst im Spätsommer 1944 die Waffen gegen Hitler-Deutschland.

III. Gesetzliche Rahmenbedingungen für die Rückforderung von enteigneten Immobilien 1. Gesetze zur Rückforderung des Vermögens an land- und forstwirtschaftlichen Flächen Das erste Restitutionsgesetz 18/1991 über den Grund- und Bodenbestand von Rumänien wurde am 19. Februar 1991 verabschiedet. Gemäß Art. 8 war es für die Mitglieder von landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) oder deren Erben bestimmt, die landwirtschaftliche Flächen in diese eingebracht hatten oder denen die LPG die Flächen weggenommen hatte. Aber auch LPG-Mitglieder, die kein Feld eingebracht hatten, und auch weitere Personen konnten Eigentum an Feldgrundstücken beantragen. Gemäß Art. 47 konnten sich jedoch nur natürliche Personen mit rumänischer Staatsbürgerschaft und zugleich mit Wohnsitz in Rumänien auf dieses Gesetz berufen. Innerhalb von 30 Tagen nach Inkrafttreten des Gesetzes konnten die Berechtigten Antrag auf Rückgabe bzw. Zuteilung von mindestens 0,5 ha Feld je Person, jedoch maximal 10 ha je Familie stellen. Art. 16 sah sogar vor, dass rumänische Staatsbürger, die der deutschen Minderheit angehören, die deportiert oder umgesiedelt und nach 1944 enteignet worden waren, bei ihren Eigentumsrückfor-

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derungen mit Vorrang zu behandeln seien. Damit wurde Bezug genommen auf jene in Rumänien verbliebene deutsche Minderheit von 60.000 Personen. Es folgte das Gesetz 169/1997 vom 27. Oktober 1997, eine Änderung und Fortschreibung des Gesetzes 18/1991. Gemäß Art. 9 konnte ein Antrag auf Wiederherstellung oder Herstellung von Eigentum an landwirtschaftlichen Flächen gestellt werden, jedoch nur für maximal 50 ha. Gemäß Art. 27 konnte ein Antrag auf Wiederherstellung oder Herstellung von Eigentum an forstwirtschaftlicher Fläche bis zu 30 ha je Familie gestellt werden. Eine Erleichterung bestand darin, dass ein berechtigter Antragsteller gemäß Art. 42 zwar rumänischer Staatsbürger sein musste, aber der Wohnsitz in Rumänien nicht mehr zur Bedingung gemacht wurde. Darüber hinaus konnten gemäß Art. 21 Abs. 6 kirchliche Institutionen die Wiederherstellung des Eigentumsrechts an landwirtschaftlichen Flächen beantragen, wobei je nach Art der kirchlichen Institution zwischen 10 und 200 ha zurückgefordert werden konnten. Das Gesetz 1/2000 vom 11. Januar 2000 eröffnete sodann gemäß Art. 33 eine erneute Frist zur Rückforderung von land- und forstwirtschaftlichen Flächen. Die Antragstellung hatte innerhalb von 60 Tagen ab Inkrafttreten des Gesetzes zu erfolgen. Als Bemessungsgrundlage war die Fläche, die sich im Besitz des enteigneten Eigentümers befunden hatte, maßgebend. Mit Art. 3 wurde die landwirtschaftliche Fläche, für die Antrag auf Wiederherstellung oder Herstellung des Eigentums gestellt werden konnte, auf 50 ha je enteignetem Eigentümer angehoben, mit Art. 24 die forstwirtschaftliche Fläche auf 10 ha je enteignetem Eigentümer festgesetzt, und den Kirchen und Klöstern wurde mit Art. 29 das Recht auf Rückforderung von maximal 30 ha forstwirtschaftlicher Flächen zugebilligt. Schließlich hat das Gesetz 247/2005 vom 19. Juli 2005 die o. g. Restitutionsgesetze 18/1991, 169/1997, 1/2000 geändert und vervollständigt und eine erneute Antragsfrist für die Rückforderung von land- und forstwirtschaftlichen Flächen zum 30. November 2005 eingeräumt. Über die Antragsberechtigung der geflüchteten oder ausgewanderten Volksdeutschen, die zwischenzeitlich nicht mehr rumänische Staatsbürger waren, weil sie fast ausnahmslos bei Ausreise ihre rumänische Staatsbürgerschaft hatten abgeben müssen, und denen sowohl im Banat als auch in Siebenbürgen der Großteil der landwirtschaftlichen Flächen bis zur Enteignung gehört hatten, schweigt sich dieses Gesetz aus. Dennoch, die im Jahr 2003 neu aufgelegte Verfassung von Rumänien sieht vor, dass ausländische Staatsbürger und Staatenlose das Recht auf privates Eigentum über Grund und Boden durch gesetzliche Erbschaft erhalten können: Art. 44 der Verfassung 2003 (2) Das private Eigentum ist durch Gesetz garantiert und gleichermaßen geschützt, unabhängig von dem Inhaber. Ausländische Staatsbürger und Staatenlose können das Recht auf privates Eigentum über Grund und Boden nur erhalten unter den Bedin-

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gungen, die aus dem Beitritt Rumäniens zur Europäischen Union oder aus anderen internationalen Verträgen resultieren, deren Partei Rumänien ist, auf der Basis von Gegenseitigkeit und nach Maßgabe verfassungsgesetzlicher Bestimmungen, sowie aufgrund gesetzlicher Erbfolge.

Demzufolge haben die Bürgermeisterämter aufgrund des Gesetzes 247/2005 auch Anträge der ehemaligen rumänischen Staatsbürger angenommen. In einigen wenigen Fällen sind auch schon an sie Rückgaben von landwirtschaftlichen Flächen erfolgt. Dabei haben sich die in soweit befassten Gerichte in Rumänien u. a. auf die von der Nationalen Behörde für die Rückgabe der Eigentümer („Autoritatea Nationala de Restituire a Proprietatilor“) formulierte juristische Auslegung der Restitutionsgesetze und auf die Verfassung von Rumänien von 2003 berufen. Gemäß dieser Auslegung sei der Nachweis der rumänischen Staatsbürgerschaft nicht erforderlich. Darüber hinaus wurden im Rahmen des Gesetzes 247/2005 auch das Gesetz 10/2001 über die Rückforderung der in der Zeitspanne 6. März 1945 bis 22. Dezember 1989 missbräuchlich übernommenen Immobilien (dazu noch unten), die Dringlichkeitsverordnung der Regierung 94/2000 über die Rückerstattung von Immobilienvermögen, die den kirchlichen Glaubensgemeinschaften gehört haben, die Dringlichkeitsverordnung der Regierung 83/1999 über die Restitution von Immobilienvermögen, die den Gemeinschaften der nationalen Minderheiten aus Rumänien gehört haben, novelliert. Zudem wurde noch eine Verordnung über die Festsetzung und Zahlung von Entschädigungsleistungen durch den Eigentumsfonds „Fondul Proprietatea“ für missbräuchlich übernommene Immobilien verabschiedet (auch dazu noch unten). Im Jahr 2007 wurde schlussendlich ein weiteres Gesetz 193/2007 erlassen, wonach bis zu 100 ha landwirtschaftliche Flächen je enteignetem Eigentümer zurückgefordert werden konnten, wenn diese Flächen Wiesen oder Weideflächen waren.

2. Gesetze zur Rückforderung des Vermögens an Gebäuden Für die Rückforderung von Wohnhäusern, die zwischen dem 6. März 1945 und dem 22. Dezember 1989 in das Eigentum des Staates oder anderer juristischer Personen übergegangen waren, wurde das Gesetz 112/1995 auf den Weg gebracht und am 29. November 1995 veröffentlicht. Gemäß Art. 4 konnten nur rumänische Staatsbürger die in diesem Gesetz vorgesehene Wiedergutmachung beanspruchen und Anträge hierzu innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes stellen. Gemäß Art. 9 wurde die Möglichkeit eröffnet, dass jene Wohngebäude, die innerhalb der Frist vom ehemaligen Eigentümer nicht zurückgefordert worden waren, vom rumänischen Staat an den Mieter verkauft werden durften.

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Die schätzungsweise etwa 150.000 Wohnhäuser der Volksdeutschen, die nach ihrer Flucht beschlagnahmt oder nach dem Gesetz 92/1950 nationalisiert worden waren oder bei späterer Auswanderung zu einem symbolischen Wert an den Staat abgetreten werden mussten, waren von diesem Gesetz nicht erfasst. Auch für die rumänischen Staatsbürger war das Gesetz nicht „gut“. In vielen Fällen kam es zu langwierigen Gerichtsverfahren, denn einerseits war für viele der ehemaligen Eigentümer die 6-Monatsfrist zur Antragstellung zu knapp bemessen, andererseits wurden Wohnungen auch dann an die Mieter verkauft, wenn bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes bei Gericht eine Klage gemäß dem Zivilgesetzbuch auf Rückgabe eingereicht worden war. Häufig haben dann die angerufenen Gerichte die Rückgabe „in natura“ der Immobilie abgelehnt mit der Begründung, der Mieter hätte „guten Glaubens“ die Immobilie erworben. Zehntausende Gerichtsverfahren in dieser Sache laufen auch heute noch, 13 Jahre nach dem Inkrafttreten des Gesetzes. Es soll hier erwähnt werden, dass die Mieter die Wohngebäude zu einem geringen Preis, weit unter dem Verkehrswert, erstehen konnten. So z.B. verlangte in einem konkreten Fall der Staat im Jahre 1997 für eine Villa mit 2000 m2 Grundstück in einer mittelgroßen Stadt im Banat vom Mieter einen Kaufpreis von 4.700 DM. Der ehemalige Eigentümer hatte keine Berechtigung nach Gesetz 112/1995, die Rückgabe der Villa, die ihm enteignet worden war, zurückzufordern, da er Banater Schwabe war und, weil ausgewandert, keine rumänische Staatsbürgerschaft mehr innehatte. Dazu ein Zitat des Rechtsanwalts Michael Miess, Experte in der Restitutionsproblematik, langjährig ehrenamtlich tätig für den Verband der Siebenbürger Sachsen (ehemals Landsmannschaft der Siebenbürger Sachsen): „Aufgrund dieses Gesetzes wurde der Mieter zum Eigentümer, ein einmaliger Vorgang weltweit. Und ein einmaliger Vorgang ist auch die Bestrafung mit Enteignung derjenigen Personen, die – unabhängig von ihrer Volkszugehörigkeit – von ihrem verfassungsmäßigen Recht Gebrauch gemacht haben, nämlich ihren Wohnsitz wo immer in der Welt frei zu wählen. Dies hat sich kein anderer ehemaliger Ostblockstaat geleistet.“

Mit dem Gesetz 10/2001 vom 8. Februar 2001 wurde aber dann das erste Restitutionsgesetz verabschiedet, in dem der Nachweis der rumänischen Staatsbürgerschaft nicht mehr zur Bedingung gemacht wurde, um Antragsberechtigter im Sinne des Gesetzes zu sein. Antragsberechtigt waren danach Personen, die zum Zeitpunkt der Enteignung rechtmäßige Eigentümer der Immobilienvermögen waren, desgleichen deren Erben, und zwar sowohl rumänische Staatsbürger als auch Personen, die ihre rumänische Staatsbürgerschaft nicht mehr besaßen. Zu den Immobilien im Sinne des Gesetzes gehörten Haus, Hof und Garten, Fabriken, Industrieanlagen, Mühlen, Kaufhäuser, Banken, Versicherungen (keine land- und forstwirtschaftlichen Flächen), die in der Zeitspanne vom 6. März 1945 bis 22. Dezember 1989 missbräuchlich weggenommen worden waren. Die ursprünglich festgesetzte Antragsfrist wurde verlängert und auf den 14. Februar 2002 endgültig festgeschrieben.

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Vorgesehen war grundsätzlich die Rückgabe der Immobilie „in natura“. Für den Fall, dass diese nicht erfolgen konnte, regelte der Art. 10 Abs. 6, dass die berechtigte Person Anspruch auf Entschädigungsleistungen in Höhe des Marktwertes der Immobilie habe. Ein Großteil der Wohnhäuser war jedoch bereits durch das o. g. Gesetz 112/1995 an die Mieter verkauft worden. So z. B. waren von den knapp tausend Häusern der vor dem Krieg fast rein deutschen Gemeinde Liebling, im Jahre 2001 bis auf sieben Häuser alle schon vom Staat an die Mieter veräußert worden. Die im erwähnten Artikel 10 angebotenen Entschädigungsleistungen sind aber in den allermeisten Fällen bis heute, auch sechs Jahre nach Fristende der Antragstellung, noch nicht erfolgt. Der für die Gewährung der Entschädigungen zuständige Eigentumsfonds „Fondul Proprietatera“ wurde erst im Jahre 2005 eingerichtet. Sein Kapital besteht aus Eigentumsanteilen an staatlichen Unternehmen. Er hat inzwischen über zweihunderttausend Anträge auf Gewährung der Entschädigungsleistungen vorliegen. Die Entschädigungsleistungen sollten ursprünglich nur in Form von ausgegebenen Aktien dieses Fonds an die Anspruchsberechtigten erfolgen. Im Jahre 2007 hat dann der rumänische Gesetzgeber festgesetzt, dass „je Aktie“ eine Entschädigungszahlung bis zu einer maximalen Höhe von 500.000 ROL erfolgen wird, das entspricht heute etwa 150.000 Euro. Erst darüber hinausgehende Ansprüche sollen mit Aktienanteilen am Eigentumsfonds „Fondul Proprietatea“ abgegolten werden. Es ist noch abzuwarten, wie zu gegebenem Zeitpunkt der Begriff „Aktie“ ausgelegt werden wird, ob sich diese auf jeden einzelnen Anspruchsberechtigten bezieht oder auf die beanspruchte Immobilie, für die beispielsweise drei Anspruchsberechtigte zeichnen.

3. Klagen auf Rückgabe des Immobilienvermögens nach dem Zivilgesetzbuch von Rumänien Sämtliche oben zitierten Restitutionsgesetze geben eine zeitlich eng begrenzte Antragsfrist vor, die von den Anspruchsberechtigten aus verschiedenen Gründen nicht wahrgenommen werden konnte. Dessen ungeachtet können nach wie vor bei Gericht auf der Grundlage des Zivilgesetzbuches von Rumänien Klagen auf Rückgabe des enteigneten Vermögens eingereicht werden. Diese Möglichkeit soll durch die am 4. Oktober 2007 von der Generalstaatsanwältin, Laura Codruta Kövesi, bei dem Obersten Gerichtshof von Rumänien eingereichte „Berufung im Namen des Gesetzes“ zukünftig verhindert werden. Nach Meinung der Generalstaatsanwältin sei die Klage auf Rückgabe nach dem Zivilgesetzbuch Art. 480 und 481 nach dem Inkrafttreten des Gesetzes 10/2001 unzulässig. Nach Auffassung des Dekans der Rechtsanwaltskammer aus Bukarest, Cristian Iordanescu, bedeutet diese „Berufung im Namen des Gesetzes“

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einen Schlag gegen die Demokratie und eine Missachtung des Rechts auf Eigentum. Es bleibt abzuwarten, wann hierzu eine Entscheidung ergehen wird.

IV. Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte Hoffnung geben die vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) gefällten Urteile in Sachen Restitutionsverfahren in Rumänien. Dazu werden vier beispielhaft ausgesuchte Gerichtsurteile nachfolgend vorgestellt.

1. Fall Străin u.a. gegen Rumänien, Nr. 57001/00, Entscheidung vom 21. Juli 2005 Die Eigentümer und Erben einer Immobilie in Arad haben am 22. November 1999 den EGMR angerufen. Gemäß Dekret Nr. 92/1950 war ihr Haus 1950 nationalisiert worden. Am 27. September 1993 hatten zwei der Beschwerdeführer Klage auf Rückgabe der Immobilie bei dem Gericht in Arad eingereicht, unter anderem auch mit der Begründung, dass sie nicht zu dem Personenkreis gehört hätten, für die das Nationalisierungsgesetz hätte angewendet werden dürfen. Am 12. April 1994 wurde die Klage abgewiesen, mit der Begründung, dass eine Wiedergutmachung nur aufgrund eines speziellen, noch zu verabschiedenden Gesetzes erfolgen könne. Die zweite Instanz hat dieses Urteil bestätigt. 1996 haben die vier Mieter des Hauses beantragt, ihre jeweilige Wohnung nach Gesetz 112/1995 kaufen zu dürfen. Drei Mieter haben einen ablehnenden Bescheid erhalten, der vierte Mieter, ein ehemaliger Fußballstar, hat zusammen mit seiner Frau am 18. Dezember 1996 seine Wohnung vom rumänischen Staat gekauft. Die Beschwerdeführer sind in Berufung gegangen, und am 28. November 1997 hat das Gericht von Arad festgestellt, dass die Nationalisierung rechtswidrig war, und hat den Kaufvertrag zwischen dem Staat und den FußballerEheleuten für nichtig erklärt. Am 30. Juni 1999 hat das Berufungsgericht von Timisoara die Ungültigkeitserklärung des Kaufvertrages wieder verworfen mit der Begründung, dass der Staat beim Verkauf der Auffassung war, dass er selbst Eigentümer der Wohnung war. Ein weiterer Versuch, mit Hilfe des Gerichts Recht zu bekommen, scheiterte, denn am 13. Dezember 2001 wurde die neuerliche Klage vom Gericht in Arad abgewiesen, und zwar mit Verweis auf Artikel 46, Gesetz 10/ 2001: „Der Verkauf und die Schenkung von Immobilienvermögen, die der Staat auf illegale Weise erworben hat, sind absolut nichtig, mit der Ausnahme, dass diese Verträge in gutem Glauben abgeschlossen wurden.“

Der EGMR stellte dazu fest, dass dies eine Verletzung des Art. 1 1. ZP zur EMRK sowie des Art. 6 Abs. 1 EMRK darstellte, und entschied, dass der Staat

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den Beschwerdeführern innerhalb von drei Monaten ab Rechtskraft ihre Wohnung zurückgeben muss. Ist dazu die Möglichkeit nicht gegeben, muss der Staat folgende Summen an die Beschwerdeführer ausschütten: 80.000 Euro materielle Entschädigung; 5.000 Euro moralische Entschädigung; 1.600 Euro Gerichtskosten.

2. Fall Hollitzer gegen Rumänien, Nr. 24175/03, Urteil vom 10. Januar 2008 Am 10. Januar 2008 hat der EGMR im Rückforderungsverfahren Hollitzer gegen den rumänischen Staat diesen auf Rückgabe der 1986 enteigneten und danach an den Mieter weiterverkauften Immobilie verurteilt, alternativ zur Zahlung von 60.000 Euro zuzüglich Spesen in Höhe von 2.533 Euro. Der Gerichtshof führt dazu aus, dass der Tatbestand der rechtswidrigen Beschlagnahme des Vermögens ebenso wie auch das Fehlen eines Titels des Staates über eben dieses Vermögen zur Folge hat – indirekt und auch rückwirkend –, dass das Recht auf Eigentum des Antragstellers anzuerkennen ist. Darüber hinaus stellt der Gerichtshof fest, dass dieses Recht unwiderruflich ist und dass es bis heute nicht bestritten und nicht entkräftet wurde. Zudem wird ausdrücklich bestätigt, dass nach der rumänischen Gesetzgebung, in der die Klagen auf Herausgabe der Immobilienvermögen und die Rückgabe des durch das kommunistische Regime nationalisierten Vermögens geregelt sind, der staatliche Verkauf des Vermögens eines anderen an Dritte in gutem Glauben, auch wenn dieser stattfindet, bevor ein Gericht endgültig das Recht auf Eigentum des anderen bestätigt hat, gleichzusetzen ist mit dem Verlust des Vermögens. Ein solcher Verlust, verbunden mit dem Ausbleiben einer Entschädigungsleistung, widerspricht aber dem Art. 1 1. ZP zur EMRK.

3. Fall Brumarescu gegen Rumänien, Nr. 28342/95, Urteil vom 28. Oktober 1999 Im Jahre 1930 haben die Eltern des Klägers, Brumarescu, in Bukarest ein Wohnhaus gebaut, im Jahre 1939 haben sie das Erdgeschoss den Gebrüdern Mirescu vermietet. Im Jahre 1950 ging die Immobilie gemäß Nationalisierungsdekret 92/1950 in den Besitz des Staates über. Die Gründe hierfür wurden den Eltern nie mitgeteilt, aber sie durften eine der Wohnungen, als Mieter des Staates, nutzen. Im Jahre 1974 hat der Staat gemäß Gesetz 4/1973 den Gebrüdern Mirescu, die Wohnung, in der diese bisher Mieter waren, verkauft. Der Sohn und die Tochter einer der Gebrüder haben die Wohnung 1988 geerbt, 1997 verblieb dann der Sohn, Mircea Dan Mirescu, als einziger Erbe zurück.

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Im Jahre 1993 hat der Kläger in der Eigenschaft als Erbe der zum Zeitpunkt der Enteignung rechtmäßigen Eigentümer der Immobilie bei Gericht in Bukarest beantragt, dass die Nationalisierung für ungültig erklärt wird, da für seine Eltern, die Angestellte waren, das Gesetz 92/1950 nicht hätte angewandt werden dürfen. Mit Urteil vom 9. Dezember 1993 hat das Gericht festgestellt, dass eine falsche Anwendung des Dekrets 92/1950 stattgefunden hatte. Das Gericht hat entsprechend verfügt, dass das Bürgermeisteramt von Bukarest dem Kläger die Immobilie zurückerstatten müsse; das Urteil wurde rechtskräftig und unwiderruflich. Am 31. März 1994 hat der Bürgermeister infolgedessen die Rückerstattung angeordnet, am 27. Mai 1994 wurde sie vollzogen, so dass der Kläger ab diesem Zeitpunkt keine Miete mehr gezahlt, jedoch die fälligen Immobiliensteuern abgeführt hat. Zu einem nicht präzisierten Datum hat aber dann der Generalstaatsanwalt von Rumänien, infolge einer Petition des Sohnes, Mircea Dan Mirescu, Berufung gegen die Entscheidung des Gerichts vom 9. Dezember 1993 eingelegt, mit der Begründung, dass die Richter ihre richterlichen Kompetenzen überschritten hätten als sie die Gesetzmäßigkeit der Anwendung des Dekrets 92/1950 geprüft hätten. Am 1. März 1995 hat das Oberste Gericht die Entscheidung vom 9. Dezember 1993 aufgehoben und den Antrag des Klägers abgewiesen. Beginnend mit dem 2. April 1996 ging daraufhin die Immobilie wieder in das Staatseigentum über. Sodann hat der Kläger gemäß Gesetz 112/1995 einen Antrag auf Rückerstattung der Immobilie gestellt. In einem Protokoll vom November 1997 hat die nach Gesetz 112/1995 eingerichtete Bewertungskommission den Gesamtwert der Immobilie auf 274.621.286 Lei geschätzt, von denen 98.221.701 Lei den Wert der Wohnung darstellen, die der Kläger bewohnte. Mit Beschluss vom 24. März 1998 hat die Kommission dem Kläger die Wohnung, in der er zwischenzeitlich wieder als Mieter wohnte, zurückerstattet und hat ihm für den Rest des Wohnhauses eine Entschädigungsleistung zugestanden. Gemäß Gesetz 112/1995 war die Entschädigungshöhe begrenzt, zu jenem Zeitpunkt 1997 auf einen Betrag von 225.718.800 Lei, die Kommission hat jedoch ermittelt, dass in diesem konkreten Fall die Höchstgrenze bei 147.497.099 Lei liegen würde. Am 14. Mai 1998 hat der Kläger gegen die Entscheidung der Kommission Klage eingereicht und sich beschwert, dass ihm die Rückgabe des restlichen Hauses „in natura“ verweigert worden sei. Denn in seinem Fall habe es sich um eine unrechtmäßige Enteignung gehandelt. Da er schon durch das Gerichtsurteil vom 9. Dezember 1993 bestätigt bekommen hätte, dass er der Eigentümer der Immobilie sei, habe er angenommen, dass er eine weitere Klage in dieser Sache nicht einreichen könne. In Folge dessen habe er die Anerkennung seines Eigentumsrechts an der Immobilie aufgrund des Gesetzes 112/1995 beantragt, womit er aber keine Entschädigungsleistung verlangt hätte.

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Die Klage wurde mit Urteil vom 21. April 1999 abgewiesen. Der Kläger ist in Berufung gegangen. Dieses Verfahren war zum Zeitpunkt der Beschwerdeeinreichung bei dem EGMR noch bei Tribunalul Municipiului Bucureúti anhängig: Am 9. Mai 1995 hat der Kläger, Brumarescu, den EGMR angerufen und beantragt festzustellen, dass in seinem Fall eine Verletzung des Art. 6 Abs. 1 und des Art. 1 1.ZP zur EMRK vorliegt, und dass man ihm eine angemessene Entschädigung gemäß Art. 41 der Konvention gewährt. Der EGMR bestätigt dem Kläger, dass sein Recht auf ein faires Verfahren dadurch missachtet worden war, dass der rumänische Generalstaatsanwalt ein schon rechtskräftig gewordenes Urteil noch nachträglich zu Fall bringen könne; und auch einen Verstoß gegen die Konventionsgarantie des Eigentums stellte der Gerichtshof fest und gab den Parteien auf, Vorschläge für eine angemessene Entschädigung innerhalb von drei Monaten schriftlich einzureichen. Mit der darauf folgenden Entscheidung vom 23. Januar 2001 verurteilte der Gerichtshof den rumänischen Staat, innerhalb von sechs Monaten dem Kläger die strittige Immobilie zurückzuerstatten, soweit das nicht schon geschehen war. Für den Fall, dass dies nicht geschehe, seien an den Kläger innerhalb von sechs Monaten 136.205 USD für materiellen Schaden zu zahlen. Darüber hinaus habe der Staat innerhalb von drei Monaten an den Kläger folgende Beträge in Lei zu zahlen: 15.000 USD für moralischen Schaden; 2.450 USD abzüglich 3.900 FFR, die der Kläger bereits für Gerichtskosten erhalten hat. In der Resolution CM/ResDH(2007)90 vom 20. Juni 2007 über die Vollstreckung der Urteile des EGMR in dem Fall Brumarescu und 30 anderen gegen Rumänien, anhängig in der Zeit vom 9. Juli 2002 bis 3. Mai 2005, hat der rumänische Staat schließlich die in den oben genannten Fällen vorgenommenen Entschädigungsleistungen bekannt gegeben. Der in dieser Resolution enthaltenen Tabelle ist zu entnehmen, dass zwischen dem 27. April 2001 und dem 20. Juli 2001 der rumänische Staat an den Kläger Brumarescu den Betrag von 59.500 USD, abzüglich der schon gewährten 3.900 FFR ausgezahlt und einen weiteren Teil der Immobilie „in natura“ zurückerstattet hat. In der Tabelle sind darüber hinaus auch die Entschädigungssummen aufgeführt, die den 30 anderen Klägern (Anghelescu, Surpaceanu, Vasiliu, Hodos, Ciobanu, Curutiu, Mateescu, State, Chiariacescu, Nagy, Dragnescu, Gavrus, Boc, Popescu, Savulescu, Oprescu, Grigore, Tarbasanu, Popa, Ghitescu, Erdei und Wolf, Dickmann, Potop, Popescu, Tandreu, Sofletea, Paulescu, Golea, Chivorchian, Iacob) vom EGMR zugestanden worden waren. Sie betrugen bis zu 253.000 Euro und sind allesamt vom rumänischen Staat, fast ausnahmslos fristgerecht, gezahlt worden. Erwähnenswert ist auch, dass aufgrund dieses Urteils des EGMR der Art. 330 des Gesetzbuches zu Zivilverfahren durch den Artikel 1 § 17 der Dringlichkeitsverordnung Nr. 58 vom 25. Juni 2003 ersetzt wurde. Dementsprechend ist es in Rumänien nicht länger möglich, endgültige Gerichtsurteile bezüglich

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des Rechts, nationalisiertes Eigentum zurückerstattet zu bekommen, wieder aufzuheben. Die Regierung erklärt, dass sie ähnliche Verletzungen der Menschenrechte zukünftig vermeiden will.

4. Fall Bock und Palade gegen Rumänien, Nr. 21740/02, Urteil vom 15. Februar 2007 Am 30. Mai 2002 haben die Kläger Bock und Palade, hier B/P genannt, den EGMR angerufen und Beschwerde eingereicht. Am 10. Februar 1944 hatten die Eltern der Kläger B/P eine Immobilie mit 18 Wohnungen in Arad und das dazugehörige Grundstück gekauft. Infolge der Bombardierung im April 1944 wurde die Immobilie zu großen Teilen zerstört. Im Jahre 1950 hat der Staat den Besitz über die Immobilie übernommen, indem er sich auf das Dekret 92/1950 berufen hat, jedoch hat er sein Eigentumsrecht nicht in das Grundbuch eingetragen. Im Jahre 1952 wurde das Gebäude durch die Direktion des Bahnwesens von Timisoara wieder aufgebaut, danach wurde es in das Eigentum des Stadtrats von Arad übertragen. Am 8. Juni 1994 haben B/P ihr Eigentumsrecht als Erben in das Grundbuch gemäß den geltenden Gesetzen eingetragen. Sie haben auch begonnen, die Immobiliensteuern zu bezahlen, haben aber nur eine Wohnung im Erdgeschoss in Besitz nehmen können, die sie dann an eine Handelsgesellschaft vermietet haben. Die anderen Wohnungen waren vom Stadtrat an Privatpersonen vermietet. Am 15. Februar 1999 hat der Stadtrat von Arad, vorgebend dass er der rechtmäßige Eigentümer der Immobilie und des dazugehörenden Grundstücks sei, bei der ersten Instanz des Gerichts in Arad sein Recht auf Eigentum an der wiederhergerichteten Immobile sowie die Richtigstellung der Grundbucheinträge zu seinen Gunsten eingeklagt. Die B/P haben jedoch (als Beklagte) die Nationalisierung als solche nicht anerkannt, weil der Staat sein Eigentumsrecht nicht ins Grundbuch eingetragen hatte. Im Übrigen haben sie eingewendet, dass eine Nationalisierung nach Dekret 92/1950 unrechtmäßig war, denn das Vermögen von Angestellten konnte nicht nationalisiert werden. Die anderen Bewohner der Immobilie haben in ihrem eigenen Interesse und in dem des Stadtrats ebenfalls Einspruch eingelegt. Durch ein Urteil vom 16. März 1999 hat die erste Gerichtsinstanz ihre Urteilskompetenz zugunsten des übergeordneten Gerichts abgegeben. Am 30. Juni 1999 hat das zuständige Gericht dem Stadtrat teilweise Rechte zugesprochen. Es hat die Grundbucheintragungen der B/P annuliert und auch die Eintragung, wonach B/P die rechtmäßigen Eigentümer der Immobilie samt Grundstück seien, zurückgewiesen. Nach Auffassung des Gerichts handele es sich aufgrund des Wiederaufbaus der Immobilie nicht um dieselbe Immobilie, die deren Eltern gekauft hatten, im Übrigen widerspreche es dem öffentlichen Interesse, die B/P als Erben dieser Immobilie anzuerkennen. Im Gegenzug hat das Gericht

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aber auch die Anerkennung des Rechts auf Eigentum des Stadtrats verweigert, weil der Staat es versäumt hatte, seine Eigentumsrechte in das Grundbuch einzutragen. Auch die Einsprüche der anderen Mieter wurden abgewiesen. Und schließlich hat das Gericht die Eintragung des Eigentumsrechts des Stadtrats in Höhe von 83,33 % Anteilen an der Immobilie wegen des selbst vorgenommenen Wiederaufbaus des Gebäudes sowie das Nutzungsrecht an dem dazugehörigen Grundstück zugunsten des Stadtrats angeordnet. Daraufhin hatten zwar beide Parteien Berufung bei dem Obersten Gerichtshof in Bukarest eingelegt, doch sie wurden abgewiesen. Am 28. Mai 2002 hat der Stadtrat sodann die Teilung der Immobilie bei dem Gericht der 1. Instanz in Arad beantragt. Mit Urteil vom 13. Mai 2003 hat dieses Gericht die Teilung gemäß dem Verhältnis, das am 26. April 2000 festgesetzt worden war, vorgenommen und hat den Klägern zwei Geschäftsräume im Erdgeschoss zugesprochen und den Rest der Wohnungen dem Stadtrat. Nachdem sich die Kläger schließlich an den EGMR gewendet haben, stellte dieser am 15. Februar 2007 fest, dass das Vorgehen der rumänischen Gerichte und Behörden gegen Art. 1 1. ZP zur EMRK verstoßen habe. Die B/P hätten nicht angestrebt, dass ihnen die Beibehaltung des ehemaligen Eigentumsrechts anerkannt, sondern dass ihnen das Recht auf Ausübung eines Eigentumsrechts anerkannt würde, das sie von ihren Eltern gemäß dem Erbschein vom 11. Oktober 1993 erhalten haben und welches sie am 8. Juni 1994 in das Grundbuch eingetragen haben. Durch weiteres Gerichtsurteil vom 21. Februar 2008 hat der EGMR sodann den gegenwärtigen Verkehrswert der Immobilie auf 900.000 Euro geschätzt und den rumänischen Staat verpflichtet, die 83,33 Anteile an der Immobilie den B/P „in natura zurückzuerstatten. Geschieht dies nicht in einer Frist von drei Monaten, muss der rumänische Staat den Geldbetrag in Höhe von 750.000 Euro (83,33% aus 900.000 Euro) an die B/P binnen gleicher Frist auskehren. ”

Durch dieses Urteil ist der bisher höchste Geldbetrag durch den EGMR einem Kläger, der Beschwerde gegen den rumänischen Staat erhoben hat, zugesprochen worden. Die ebenso beantragte Wiedergutmachung für den Nutzungsausfall für die Zeitspanne 1973 und 2005 wurde vom EGMR jedoch abgelehnt.

V. Neue Tendenzen in der Restitutionsproblematik Mit dem Beschluss Nr. 630 vom 26. Juni 2007 hat das Verfassungsgericht von Rumänien die von den Klägern Janos aus Bistritz vorgebrachte Einwendung hinsichtlich der Verfassungswidrigkeit der Verfügungen des Art. 48 des Gesetzes über den Grund- und Bodenbestand Nr. 18/1991 abgewiesen.

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Die Kläger hatten die Einwendung damit begründet, dass den ausländischen Staatsbürgern, die ihre rumänische Staatsbürgerschaft nicht wiedererlangt haben, das Recht auf Eigentum über land- und forstwirtschaftliche Flächen verwehrt würde, weil sie aus dem Kreis der Personen ausgeschlossen seien, die solche Anträge stellen könnten. Die Verfügung des Art. 48 aus dem Gesetz Nr. 18/1991 lautet: „Rumänische Staatsbürger mit Wohnsitz im Ausland wie auch ehemalige rumänische Staatsbürger, die ihre rumänische Staatsbürgerschaft wieder erworben haben, unabhängig davon, ob sie ihren Wohnsitz im Land haben oder nicht, können die Wiederherstellung ihres Eigentumsrechts an land- und forstwirtschaftlichen Flächen beantragen […], die ihnen im Eigentum gehört haben, aber nur bis zu den Grenzen […] aus dem Gesetz Nr. 187/1945 […]“.

Das rumänische Verfassungsgericht erkennt darin keinen Verstoß gegen Art. 44 Abs. 2 der Verfassung. Dort ist das Recht ausländischer Staatsangehöriger und Staatenloser verankert, Privateigentum an Flächen in Rumänien durch gesetzliche Erbfolge zu erlangen. Doch sei es das Ziel des Gesetzes Nr. 18/1991, die Herstellung oder Wiederherstellung von Eigentumsrechten an Flächen im Grund- und Bodenbestand Rumäniens zugunsten von Personen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes nicht Eigentümer der Grundstücke waren, von der rumänischen Staatsbürgerschaft dieser Personen abhängig zu machen. Demgegenüber garantiere Art. 44 Abs. 2 der Verfassung ausländischen Staatsbürgern nur eine Möglichkeit des Grundeigentumserwerbs, nämlich die durch gesetzliche Erbfolge. Demzufolge könne nicht eingewandt werden, dass die Anwendung des Gesetzes Nr. 18/1991 die verfassungsmäßigen Eigentumsrechte der Kläger verletze, sofern diese nicht – wie vorliegend – zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes als gesetzliche Erben der fraglichen Flächen anerkannt gewesen seien. Dieser Beschluss Nr. 630 wurde mit einer vergleichbaren Begründung nochmals bestätigt in dem Beschluss Nr. 1002 vom 6. November 2007, obgleich dieser Beschluss auf eine Vorlage des Gerichts „Tribunalul Timis“ erging, das die Verfassungswidrigkeit der Verfügungen aus Art. 48 des Gesetzes Nr. 18/1991 wegen Verstoßes gegen das Prinzip der Nichtdiskriminierung (Art. 21 der Verfassung) und gegen die Garantie des Privateigentums (Art. 44) ausführlich begründet hatte.

VI. Schlussbemerkungen Es bleibt festzustellen, dass die Restitutionsproblematik in Rumänien noch nicht zum Abschluss gebracht worden ist und auch viele Fragen noch offen sind. Gegenwärtig sind bei den Gerichten in Timisoara, Arad, Kronstadt und Hermannstadt, also den Bezirken, in denen die Banater Schwaben und Siebenbürger Sachsen vorwiegend gelebt haben, 1.565 Verfahren wegen Geltendma-

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chung von Ansprüchen nach dem Gesetz 18/1991 und 1.252 Verfahren wegen Geltendmachung von Ansprüchen nach dem Gesetz 10/2001 anhängig. Besonders was die Rückgabe der den Volksdeutschen enteigneten land- und forstwirtschaftlichen Flächen angeht, ist jedoch zu befürchten, dass diese von den Lokalbehörden, aber auch von Gerichten, in der Folge der zuvor angeführten verfassungsgerichtlichen Beschlüsse Nr. 630 und Nr.1002 restriktiv behandelt werden. Urteile des EGMR zu einer Rückgabepflicht des Staates von enteigneten land- und forstwirtschaftlichen Flächen an ausländische Staatsbürger liegen bis heute noch nicht vor. Dafür ist die Zeit, die seit Inkrafttreten des Gesetzes 247/2005 verstrichen ist, noch zu kurz. Erfahrungsgemäß dauert der Durchlauf aller Instanzen in Rumänien bis zu zwei Jahre, und auch der EGMR behandelt die Beschwerden nicht in einem kürzeren Zeitrahmen. Auch die oben erwähnte, von der Generalstaatsanwältin von Rumänien, Laura Codruta Kövesi, bei dem Obersten Gerichtshof eingereichte Berufung zur zukünftigen Unterbindung der Zulässigkeit von Zivilklagen auf Rückgabe des Vermögens, lässt gegenwärtig befürchten, dass Rumänien sich zukünftig von seiner Wiedergutmachungsabsicht distanziert, obwohl die allermeisten Restitutionsverfahren, auch 17 Jahre nach Inkrafttreten des ersten Restitutionsgesetzes, bisher noch nicht abgeschlossen sind. Es bleibt zu hoffen, dass trotz der hier geschilderten Problematik in der Durchführung der Vermögensrückgaben die enteigneten Volksdeutschen, aber auch all diejenigen, die anderen Nationalitäten angehören, die Durchsetzung ihrer berechtigten Ansprüche gegenüber Rumänien weiterhin nachdrücklich verfolgen. * * *

Abstract Waltraut Eberle: Restitution of Property in Banat and Transylvania – a Practical Analysis, In: Law of Property and Injustice of Expropriation. Coming to terms with the past. Vol. II. Ed. by Gilbert H. Gornig, Hans-Detlef Horn and Dietrich Murswiek (Berlin 2009) pp. 197-212. In Romania in the years of the communistic regime possessions were disseized on a large scale. After the revolution the Romanian state declared in the law 10/2001 all expropriations in the communistic period from the 6 March 1945 to the 22 December 1989 as illegal. The provisions of Art. 1, Paragraph 1 state: “The arbitrary inherit of estate by the state; collectives and other capacities will be revoked normally ‘in natura’.” But until today there have been only a few of the over 100000 re-

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claims which were requested by the folks of the Transylvanian Saxons and the Banat Swabians handled. Furthermore proceedings of restitution are in general intricate and long-winded. The report demonstrates the causes of this circumstance and readjusts the network of very extensive and conflicting laws. It scrutinizes whether the Romanian government earnestly intends with these laws to make amends for all disseized people. The report also tries to clarify if there are possibilities to get amends in the future albeit the application period by law has elapsed. The report consists of the analysis of data of 150 emigrated Transylvanian Saxons and Banat Swabians and their proceedings of restitution. Moreover the report is composed of information as to judgements of these cases from Romania and of the European Court of Human Rights. Finally it must be stated that in Romania the proceedings for the amends will not be finished in near future. Besides the laws of restitution are obviously discriminatory because ethnic Germans who are not citizens of the Romanian state any longer do not get back their landholdings. Due to the significant contrariness of laws and the grave competence to decide of the local authorities the restitutions are handled arbitrarily. Hardly any restitution was made without a lawsuit. According to the judgement of the European Court of Human Rights in the case of Brumarescu there is still esperance that the European Union could serve up justice. So it is to desire that the disseized Transylvanian Saxons and the Banat Swabians will claim their legitimate demands for restitution in spite of the described difficulties.

The Sudeten German Question after EU Enlargement By Jakob Cornides*

I. Is there a “Sudeten Exception” to the “Law of the Holocaust”? In a recently published paper1, Timothy W. Waters has commented on the controversy in the EU when Sudeten Germans demanded that the Czech Republic, prior to being admitted to the EU, apologize for having expelled them after World War II. According to Waters, the expulsion of ethnic Germans from Czechoslovakia and Poland after the war was, objectively speaking, “ethnic cleansing”2, but paradoxically all relevant participants in the recent debate quickly “decided that it did not constitute ethnic cleansing” and “reconfirmed the legality of the expulsions”. He concludes that the rejection of claims made ___________ * The views expressed in this paper are those of the author, and are not in any way attributable to the institution in which he is employed. 1 Timothy W. Waters, “On the Legal Construction of Ethnic Cleansing”, Virginia Journal of International Law, Vol. 47, No. 63, 2006. 2 It should be noted that the term “ethnic cleansing”, which Waters uses to characterise both the Holocaust and the expulsion of the Sudeten Germans, is of very recent origin: it made its grand entry into English and international usage during the Balkan Wars the early 1990s. Its typical usage was developed in the Balkans, to be a less objectionable code-word meaning genocide. The notion of “cleansing” presupposes that the perptrators consider the minority concerned as “dirt”, which definitely reminds of the Nazi-jargon that termed cities from which Jews had been deported as “judenrein”. Nevertheless, using the term “ethnic cleansing” to describe the events before or immediately after 1945 appears somewhat anachronistic; it would be better to use the term genocide, although the ECtHR, in the case Jorgiü vs. Germany (Appl. 74613/01), selectively quoting from a ruling of the ICJ, found that not every case of ethnic cleansing was tantamount to genocide. According to the ECtHR, genocide aims at the physical destruction of a group, whereas ethnic cleansing aims only at its dissolution. According to this theory, the Holocaust could be described as “genocide”, whereas the expulsion of the Sudeten Germans (with ca. 3 million deported, but, according to varying estimates, “only” between 40.000 and 250.000 dead) would constitute “ethnic cleansing”. Such differentiation is in reality an attempt to narrow the scope of the UN Genocide Convention and carries the risk of banalising (and, to some extent, legitimizing) facts that “only” correspond to the criteria for “ethnic cleansing”. Whatever the difference, it should be clear that both genocide and ethnic cleansing are universally recognized to constitute severe violations of human rights, and that there are no circumstances that would be apt to justify either of them.

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by Sudeten Germans has consequences for what he calls the “Law of the Holocaust”, namely: “that despite our otherwise absolute commitment against ethnic cleansing, the Sudeten case identifies a Corollary, an identifiable and predictable limit on our willingness to oppose ethnic cleansing; and that the same case establishes limits on our commitment to restitution for mass violence.” Waters then sets the general acceptation of claims for restitution and/or compensation made by Holocaust victims into a contrast with the general rejection met by the claims of the expelled Germans and finds that, while other rationales (such as the antiquity of the facts giving raise to such claims, or institutional limitations on competence, e.g. of the European Court of Human Rights) provide no convincing reason for such difference in treatment (the “antiquity” of the Holocaust, for example, being greater than that of the expulsion of the Sudeten Germans), the difference lies in the “cause-and-effect”-argument, i.e. in the fact that the Sudeten Germans are collectively identified as collaborators with the Nazi occupation regime, and the retributions against them therefore considered as legitimate or, at least, acceptable in the specific ambiance of the time. Which implications, asks Waters, does this have on the international ban against ethnic cleansing? Do we have to conclude that there is an exception in the otherwise general agreement on ethnic cleansing being inadmissible under all circumstances? And, most importantly: does this exception solely apply to the case of the expulsion of Germans from Central and Eastern Europe, or could it apply to other cases as well, possibly even to cases lying in the future? Waters clearly argues in favour of considering the case of the Sudeten Germans as a singular case, the moral implications of which cannot and must not be transferred to any other historic or contemporary circumstance, like many guardians of contemporary political correctness insist on the singular character of the Nazi Holocaust, forbidding any parallel to be drawn between the crimes of the Nazi Regime and those of Stalin, Mao, Pol Pot, and other perpetrators, or between the claims of Holocaust victims and those of other victims of crimes against humanity. Indeed, the theory of the singularity of the Sudeten ethnic cleansing seems to directly depend on the theory of the singularity of the Holocaust: the Sudeten Germans are portrayed as a specifically horrible and morally contemptible ethnic minority who, having thrown in their lot with the Nazis3, were themselves responsible for what subsequently happened to them. Certainly, the seemingly condoning attitude of the international community, including the Governments of Germany and Austria (who are assumed to represent the “victims” in this instance of ethnic cleansing), invite such conclusions. ___________ 3 MEP Philip Whitehead, quoted in Waters’ paper at FN 228. However, such views seem to be those of an isolated minority, alien to the general moral sentiment.

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However, if universally accepted, they could be used to justify future cases of ethnic cleansing, on the grounds that the victims, in one way or the other, deserve what is done to them. Was not already the Armenian genocide of 1915 carried out under the pretext that the Armenians were collaborating with Russia, then at war with the Ottoman Empire? And in the context of the recent ethnical cleansing in former Yugoslavia, was it not always accompanied by allegations that the victims had themselves committed similar crimes, Croats being portrayed as “Ustashi”, Serbs as “Chetniks”, and Bosniak Muslims as “Djihadists”? How can we, if we assume that – alleged or real – guilt can justify ethnical cleansing, expect that such justifications will not be always be available to whoever needs them? The assertion made by Waters that “all relevant participants … decided that (the expulsion of the Sudeten Germans) did not constitute ethnic cleansing” and “reconfirmed the legality of the expulsions” is somewhat too far-reaching. There is a need to carefully differentiate between, on the one hand, the issue of mass expulsions (or, in the case of the Holocaust, mass murder), and, on the other hand, the issue of claims for restitution or compensation made by victims. While ethnic cleansing and genocide are, as such, universally condemned, that does not mean that, under the current status of international law, restitution or compensation claims are universally recognised. But this applies equally to the victims of the Nazi Holocaust and to the Sudeten Germans. The difference lies in the attitude of the former “perpetrators” (with Germany, for example, being more generous than the Czech Republic), and, beyond this, in the political clout the victims have managed to mobilise. A further differentiation must be made with regard to the Jewish victims of the Holocaust. Only those Jews who, before the war, lived in Germany and were German citizens can be said to have been persecuted by their own state (therefore, only the case of these “German” Jews is comparable to that of the Sudeten Germans); all other Holocaust victims were persecuted by what for them was an occupying power. And even if the Holocaust was unprecedented as a crime both regarding size and quality, it is not new that a war-faring country, after having lost the war, is forced to pay compensation to their “victorious” adversaries. So Germany paid compensation to the Allied Powers (and the annexation of German territory by Poland and the USSR was, inter alia, understood to be part of this compensation). But a new “Law of the Holocaust”, obliging a state to pay compensations to the victims of ethnic cleansing, could therefore only have arisen with regard to the compensation paid to German Jews. However, such compensation to its own (former) citizens would appear to be an internal affair of Germany. And indeed, the first and foremost concern of the Federal Republic was to compensate Jews originating from Western

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Germany, whereas Jews stemming from the GDR received compensation only after the reunification of Germany4. Has Germany finally paid full compensation to all Holocaust victims? Not even this is sure. The point of view of survivors’ organisations seems to be very different: they claim that the compensation granted was far from satisfactory, and that many victims still have not received any compensation.5 Yet if this should be true, how can it be said that there is a universally accepted “Law of the Holocaust”, obliging Germany to compensate the victims of ethnic cleansing? Instead, we must conclude that either such law does not exist at all, or, if it exists, neither is it respected by Germany, nor do third countries undertake any significant effort to enforce it. Insofar as Germany has compensated Nazi victims, she did so on the basis of her own domestic legislation, not on the basis of any general obligation enshrined in international law. The compensation provided for by Germany for Holocaust victims is in part based on bilateral agreements between Germany and the State of Israel6, in part on domestic legislation adopted by the German Bundestag7. But this alone is not sufficient to establish that there was now an internationally recognised principle that all victims of all historical injustice had to receive compensation – at best, this was a starting point from which such a principle could develop. But there still are many historical wrongs for which the “responsible” people or their governments have never made any excuses, let alone paid any compensation. The slave trade of the eighteenth and nineteenth centuries has at least been acknowledged to have been a crime, but when Brit___________ 4 The reason for this was that the GDR consistently refused to consider itself a legal successor of the Third Reich – instead, East Germany pretended to be the state founded by those Germans who had fought against and overcome Nazi fascism. 5 This appears to be the view of both the Jewish Claims Conference and State of Israel, both of which continue addressing Germany with requests for more compensation payments. See for example the section on negotiations on the JCC’s website, http://www.claimscon.org. 6 The most important of these agreements is the Luxemburg agreement of 1952. Given that the victims of the Holocaust, while alive, had never been Israeli citizens, whereas of the survivors only a part settled down in Israel, the legitimacy for Israel to make claims on behalf of Holocaust survivors had to be based on the assumption that Israel had absorbed and resettled roughly 500,000 Holocaust survivors (and therefore was entitled to cash in their part of the compensation). Besides that, Israel received payments from Germany as hypothetical ‘legal successor of Jewish Holocaust victims without heirs’, an assumption that also may seem questionable. At the time, these compensation payments were of great importance for financing the creation of the new Jewish state – but, consequently, not much of it was actually paid out to individual Holocaust victims. 7 The restitution of property stolen by the Nazis was mainly based on statutes adopted by the Allied Powers occupying Germany between 1947 and 1949. The bulk of compensation payments (44.5 billion €) was made on the Basis of the Bundesentschädigungsgesetz (Federal Compensation Act).

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ain abolished it, it was the slaveholders, not the slaves, who received financial compensation. The Turkish government still refuses to acknowledge any historic responsibility for the Armenian genocide, let alone to compensate the victims or their descendants. Russia has never compensated the victims of the GULAG, be they Russian or foreign, or to persons deported from the Baltic countries, nor have those Poles who were, after 1945, expelled from their homes in contemporary Belarus and Ukraine (and who were re-settled in areas cleansed of their former German inhabitants) received any compensation. More recently, there does not seem to have been any compensation for the survivors of the genocides in Cambodia or Rwanda. And, of course, Israel has never compensated expelled Palestinians, but cynically points to the example of the Sudeten Germans, saying that the Palestinians, too, should stop considering themselves as refugees, but integrate themselves (and be integrated) into the societies of the countries to which they have fled. (This integration into a different society would of course mean for the expelled to give up their identity – whereby the purpose of genocide or ethnic cleansing, the disappearance of a nation or ethnic group, would finally be achieved.) Against this background, I fail to understand what Waters means when he speaks of a “Law of the Holocaust”. If he says that there is universal consensus on ethnical cleansing being a crime, it is not probable that anyone will contradict him (even if such crimes, often government-sponsored, continue to occur with deplorable frequency). If he means to say that there is a consensus that victims of past mass violence are entitled to compensation, then, I am afraid, reality disproves him. It is the treatment of the Holocaust victims, not that of the German victims of post-war expulsions from Czechoslovakia or elsewhere, which is exceptional. Of course, no decent person will object to a government compensating victims of mass violence for which, given the historic context, it recognises to have a moral responsibility.8 On the contrary, many will find it highly desirable that all victims of historic injustices should receive compensation.9 But the decisive question is not whether or not a government commits itself to pay such ___________ 8

At least not when compensation is paid to the actual victims. By contrast, there are good reasons to question the idea of settling “historic injustice” through lump sum payments to persons or groups that are neither identical with the historic victims, nor their legal successors: this practice carries the risk of encouraging the rent seeking of “professional victims”. 9 Cf. Resolution 1096 (1996) adopted by the Parliamentary Assembly of the Council of Europe (quoted below) or US House of Representatives Resolution 562 dated October 13, 1998, which calls upon “countries which have not already done so to return wrongfully expropriated properties to their rightful owners or, when actual return is not possible, to pay prompt, just and effective compensation, in accordance with principles of justice...to remove restrictions which limit restitution or compensation ...to persons who reside in or are citizens of the country...”.

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compensation, but whether or not the international community is willing to impose such obligation on the government at question. And while the Allied Powers, after World War II, tried to obtain from Germany compensation for damages inflicted to themselves and their own citizens, the compensation of Holocaust victims (at least if these had been of German origin) was not really on top of their agenda. The current state of international law is that a claim for compensation can only be brought against a state if that state itself, prior to the facts, has subscribed to an obligation not to deprive without compensation a person of its rightful possessions, as it is, for example, foreseen in Article 1 of the 1st Supplementary Protocol of the European Convention on Human Rights. Today, such respect for property is, at least in Europe, a Human Rights standard – but it was neither in 1933, when the Nazis started stripping German Jews of their property and driving them out of the country, nor in 1945, when ethnic Germans and Hungarians in Czechoslovakia were collectively expropriated. For Czechoslovakia, the European Convention on Human Rights (ECHR) entered into force only in 1992, wherefore all claims relating to expropriations prior to that date are ratione tempore excluded from the scope of application of the Convention, and from the jurisdiction of the European Court of Human Rights (ECtHR). But obviously, the absence of an obligation to pay compensation does not, in itself, legitimise the historic facts.

II. The European Union and the Beneš-Decrees 1. The Contribution of the EU Integration Process to Reconciliation At this point, it is necessary to do justice to the European Union, to (former Enlargement) Commissioner Verheugen, and to the Governments of Germany and Austria: by accepting the Czech Republic and Slovakia as new Member States of the EU, they have by no means “confirmed the legality” of the postwar expulsion of ethnic Germans and Hungarians, nor have they said that the victims should not be compensated. They only decided not to make the accession of the Czech Republic and Slovakia depend on a formal repeal of the Beneš-Decrees (some of which still are in the statute books). They did so bona fide under the assumption that these Decrees, albeit theoretically still in force, were extinct, i.e. that they could not be used as a basis for new expulsions or new expropriations.10 The three experts on whose legal opinion11 this decision ___________ 10

The Commission relied on the statements made by the Czech Republic in this regard. In April 2002, the Czech Parliament stated that the Decrees are not currently applicable, indicating that they “were implemented in the period after they had been issued and no new legal norms can be established on their basis today.” In May 2002, Prime

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was based, have found that the continuing existence of the Decrees, under these conditions, was not in contradiction with the obligations of the new Member States arising from their accession to the EU – but at the same time, the three experts have firmly condemned the ethnic cleansing of the post-war years as such12, and there can be no doubt that their verdict reflects a general sentiment not only in the EU, but world-wide. For people valuing principles higher than political interest, the decision not to insist on a formal repeal of the Beneš-Decrees and on a compensation for the victims of the expulsion may seem regrettable. But they should see that the EU, including the German and Austrian Governments, made that decision in full conscience and on the basis of their (perceived) self-interest: integrating the Czech Republic and Slovakia as new Member States of the EU, with all the benefit of political and economic integration, free movement of goods and services, of persons and capital, was of greater benefit than any compensation to the victims granted by unwilling governments. And indeed, even if it is very likely that the Czech Republic and Slovakia would have given in to pressure (rather than paid the price of staying outside the EU), their respective governments could have claimed to be victims of “extortion”, which would certainly not have helped the task of re-conciliation. On the whole, the policy of not in___________ Minister Zeman asserted that “[o]ur analysis shows there is no discrimination today” and that consequently the Czech Republic considers the Decrees “extinct” an interpretation deriving from a ruling of the Czech Constitutional Court (Dreithaler, 8 March 1995). In a joint statement, Zeman and EU Commissioner for Enlargement Günter Verheugen likewise declared that the “Decrees are not part of the Accession Negotiations and should have no bearing on them” because they “no longer produce legal effects.” 11 Legal Opinion concerning Beneš-Decrees and related issues prepared by Prof. Dr. Dres. h.c. Jochen A. Frowein, Prof. Ulf Bernitz, The Rt. Hon. Lord Kingsland QC. 12 Frowein, op.cit., § 16 (with further references): “It is open to doubt whether in 1945 and 1946 confiscations in the context of a forcible transfer of populations were justifiable under public international law, even taking into account the specific nature of reactions to the German actions during World War II”. Bernitz (sec. 4, 5): “From the viewpoint of modern standards of humanitarian law, this legislation (i.e. the BenešDecrees) and its application deserves harsh criticism. (…:)the ways in which the execution of the confiscations and the physical expulsion of the people were conducted seem to have been particularly harsh and radical in many instances. The measures taken show the characteristics of collective punishment. Presumably, they hit many individuals who were innocent. It is unclear to what extent, if at all, the individuals were given the possibility to defend their particular case and have it investigated impartially, preferably by the courts. (…) The United Nations Charter, proclaiming a number of very important principles of international humanitarian law in the Charter´s first Articles on fundamental aims and principles, had taken effect on October 24, 1945, i.e. before the full enforcement of the Decrees. The provisions of this Charter was an expression of the revival and nearly universal recognition of international law which took place already immediately after the War. The Rt. Hon. Lord Kingsland QC (§ 23): “the expropriation of property by virtue of the Beneš-Decrees, if done today, would probably constitute a breach of the European Convention on Human Rights.”

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sisting on the repeal of the Beneš-Decrees may have been the best choice available. The Czech Government itself, as Waters’ paper does not fail to mention, expressed regret over the post-war expulsions.13 And while it is true that the wording of the relevant parts of this declaration sounds like the mumbled apologies of a bashful adolescent who must still learn how to present his excuses graciously, it would be unfair to the Czech Government to interpret their declaration, as Waters does, in the sense that it regretted only certain crimes committed in the context of the expulsions, but not the ethnic cleansing as such. Even if the wording may indeed be somewhat blurred, the benefit of doubt compels us to assume that the Czech Government, like that of any civilised country, condemns ethnic cleansing under all circumstances, and to read its statement in that way. Indeed, a common statement with the government of Germany would be a strange place to assert the legality of ethnic cleansing. Concerning the situation of the “victims” (i.e. the expelled Sudeten Germans and their descendants), it should be noted that, consequent to the EU enlargement, they enjoy full freedom to travel to their former homes, to settle down there, to acquire immovable property, etc. In addition, I personally know many persons expelled in 1945 (or descendants of such persons) who have reacquired the Czech citizenship after 1989. This does not appear to have been difficult – on the contrary, the Czech(oslovak) authorities appear to have acted quite generously in that regard. All this has been achieved through the process of EU accession, which once more proves the value of the EU as a mechanism for reconciliation.

2. Only the Property Issue Remains Unresolved Compensation/restitution is thus the only major issue where the victims of the post-war expulsions (or their descendants) may find the current situation unsatisfactory. Maybe, this should be seen as a good rather than a bad sign. While the EU enlargement has been helpful in all other contexts, it has not helped in resolving this particular problem. Also, Sudeten Germans’ hopes that international conventions like the European Convention on Human Rights could provide a remedy have been disappointed: their restitution claims are ___________ 13 In the 1997 Czech-German Declaration, the Czech side “regrets that, by the forcible expulsion and forced resettlement of Sudeten Germans from the former Czechoslovakia after the war as well as by the expropriation and deprivation of citizenship, much suffering and injustice was inflicted upon innocent people, also in view of the fact that guilt was attributed collectively. It particularly regrets the excesses which were contrary to elementary humanitarian principles as well as legal norms existing at that time …”.

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routinely rejected by the ECtHR as inadmissible ratione temporis. And, feeling completely unrestrained in its freedom to decide whether or not to compensate, the Czech Republic, despite the regrets it expressed over the expulsion of Sudeten Germans, exhibits resolute unwillingness to offer even a symbolic compensation. What has created additional bitterness is the fact that restitution/compensation has been provided to the Czech victims of expropriations that took place after the 1948 communist putsch, whereas the overwhelming majority of ethnic Germans and Hungarians driven out of the country after 1945 received no compensation14. Both waves of expropriation are nearly equally distant in time, and the victims of the 1948 expropriations outnumbered those of 1945. It seems thus quite implausible to argue that a compensation/restitution for all victims of the 1945 compensations would be technically impossible, or that by correcting old wrongs, it would create new ones, given that the same argument is not made with regard to the victims of the post-1948 expropriations. In addition, as Christopher Kutz has lucidly pointed out, if a legal and/or moral difference is to be made between the 1948 expropriations and those of 1945, the former could be described as “failed and humanly costly political mistakes, but not as crimes”, whereas the expropriation and expulsion of the Sudeten Germans doubtlessly was a crime even by the low standards of the time.15 Under that perspective, there are good reasons to argue that, if any differentiation between the treatment of victims of the 1945 expulsion and the 1948 expropriations had to be made, priority should have been given to the victims of ethnic cleansing, rather than to the victims of the failed socialist experiment. The Czech Republic, however, rather than treating all victims of confiscations equally, has adopted a selective policy with regard to the restitution of confiscated property, and it does not seem unfair to say that the one decisive criterion employed here is ethnicity: Czech or Slovak victims have received compensation, others not. It is this differential treatment, which, in the view of some observers, undermines the credibility of the official expressions of regret over the past. Without any acts following the words, the Czech government remains vulnerable to the reproach of having paid mere lip-service to the moral rejection of ethnic cleansing, while at the same time trying to secure the booty acquired through the crimes of its predecessors. ___________ 14 Act 243/1992 has created the possibility to obtain restitution for ethnic Germans who had stayed in Czechoslovakia after 1945 and subsequently re-obtained the Czechoslovak citizenship. In this context, it must be noted that not all Germans were driven out of the country. Some of them were allowed to stay – not because they were considered less ‘guilty’ than the others, but because they (a) were married to ethnic Czechs or Slovaks or (b) disposed of specific skills needed to re-build the Czechoslovak economy. 15 Christopher Kutz, “Justice in Reparations: The Cost of Memory and the Value of Talk”, Philosophy and Public Affairs 32, No. 3 (2004): 285-6.

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Not in the relationship between states, but in the relationship between peoples, the compensation/restitution issue is thus likely to remain a bone of contention. There is, however, some reason to question the economic rationale of this dispute: for even if they were offered full restitution, it is very unlikely that many Sudeten Germans (even less the second or third generations) would actually give up their lives in Germany or elsewhere in order to settle in Bohemia. Indeed, much of Northern Bohemia, which (before the war) was not only the wealthiest part of the country, but also the part where most of the ethnic German population lived, has been completely devastated under communist rule, and transformed into an ecological and social disaster zone.16 There is not much left to be given back to former owners, except destroyed homes in a destroyed landscape (not to mention the inhabitants17), and settling back there would, for many nostalgic Sudeten Germans, quickly turn out be a nightmare rather than a dream. It may thus be asked whether Sudeten Germans should not, rather than making claims, accept that their home is lost forever, and that the fairy country of their childhood remembrances simply does not exist anymore. Inversely, one would suppose that the Czech Government, following its pure self-interest, should be keen to invite former owners back into the country, especially in view of their emotional attachment to a region that, due to its saddening state, seems no more capable to attract any stranger’s attachment. It is very unlikely that any other investor would take the same risks and make the same sacrifice to rebuild the country than a former owner returning to his home. The Czech Republic’s decision not to provide restitution to the Sudeten Germans, even assuming it is not in violation of international law, appears thus unwise.

3. Property Restitution and Economic Transition If a state does not want to restitute confiscated property to former owners, two alternatives are available: either the state can keep the property, or it can try to privatize it through methods other than restitution, for example by selling it. Both alternatives have disadvantages. The state usually is less capable than a private owner to use property efficiently. If, by contrast, state-held property is privatised through other methods than restitution to prior owners, it is not ___________ 16 Cf. Eagle Glassheim, “Ethnic Cleansing, Communism, and Environmental Devastation in Czechoslovakia’s Borderlands, 1945–1989”, The Journal of Modern History 78 (March 2006): 65–92. 17 Glassheim, op.cit., p. 65, quoting a study by Tomáš Kostelecký, Regionální diferenciace sociálních problémĤ vs..ýeské Republice (Prague, 1994): “North Bohemia had Czechoslovakia’s highest mortality rates and ranked at or near the top in alcoholism, crime, and suicide.”

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unlikely that the best pieces will be sold at “special conditions” to the cronies of the political nomenklatura. It was for these reasons that the Council of Europe, in a Resolution adopted in 199618, advised “that property, including that of churches, which was illegally or unjustly seized by the state, nationalized, confiscated or otherwise expropriated during the communist totalitarian regimes in principle be restituted to its original owners in integrum, if possible, without violating the rights of current owners who acquired the property in good faith or the rights of tenants who rented the property in good faith, and without harming the progress of democratic reforms. In cases where this is not possible, fair compensations should be given”.

In the same Resolution, the Council of Europe warned against the dangers of a failed transition process: “At best, oligarchy will reign instead of democracy, corruption instead of the rule of law and organized crime instead of human rights. At worst, the result could be the ‘velvet restoring’ of a totalitarian regime, if not a violent overthrow of democracy.”

III. The Practical Implications of the Beneš-Decrees for the Legal Order of Today Such warning should not be shrugged off carelessly. While it would, of course, be an exaggeration to say that the Czech Republic was facing the imminent threat of falling victim to a new totalitarianism, the apparent unwillingness to repeal the Beneš-Decrees does set a question-mark behind the country’s professed eagerness to build its future on the values of human rights and democracy. And while such repeal was neither technically nor politically a precondition for acceding to the EU, there is an evident self-contradiction between the Czech assertions that (a) the Decrees are “extinct” and that (b) they are the foundation of the Czech legal order, wherefore it is impossible to repeal them. This raises a serious question: what are the practical implications of such legislation for the legal system of the country keeping them in its status books? Is it possible to be a civilised nation and, at the same time, not repeal legislation that clearly is un-civilised? In other words, what does Europe accept by accepting the Beneš-Decrees? In order to answer this question, it is necessary to understand that the seeming “acceptance”, by the international community, of the expropriations effected by the Beneš-Decrees, combined with the seeming “admissibility” of a ___________ 18 Parliamentary Assembly of the Council of Europe, Resolution 1096 (1996) on measures to dismantle the heritage of former communist totalitarian systems, §§ 3 and 10.

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selective and discriminatory approach towards restitution, creates a situation of moral hazard. If restitution was granted either to all or to no one, the scope for arbitrary legislative or administrative decisions would be much smaller – the intermediate option of granting restitution to some (but not all) former owners, is the approach with the greatest risk of generating legal uncertainty: if restitution is not a right, it quickly is turned into a favour19. The power to grant or to deny such favours is controlled not only by the legislative branch (i.e. the politicians carving the restitution laws according to the needs and wishes of the political parties), but also by the executive branch (i.e. the government agencies applying such legislation, who can use wide margins of interpretation). It is, of course, legitimate for a public authority dealing with claims for restitution to avoid exposing itself to the reproach of carelessly giving away stateowned property; therefore it is clear that the competent authorities must verify carefully whether a claimant has a solid legal entitlement. However, the manner in which the Czech judiciary and administrative authorities handle restitution claims in some cases appears to go far beyond such commendable caution. Under the current legal situation, Sudeten Germans wishing to recover their confiscated property must either show that they had retained or re-acquired their Czechoslovak citizenship before 1953, or, alternatively, that the confiscation had not been carried out on the basis of a correct application of the BenešDecrees and therefore was invalid. In the first case, they may claim restitution by virtue of Act 243/1992, in the latter case their remedy is the rei vindicatio, through which the rightful owner obtains restitution of his property from someone whose claim is based on a weaker title or no title at all. When taking decisions on such claims, the Czech authorities of today face the task of applying the historic Decrees to the historic circumstances according to the criteria of the time. This is in itself problematic, given that, in the meanwhile, the Czech Republic is undoubtedly bound to respect the human rights standards of today, to which the Beneš-Decrees stand in radical contradiction. The fact that Czech administrative and judiciary authorities today still make decisions on the basis of the Decrees is like if Germany still used the criteria of the Nuremberg Laws to find out who was a Jew and who was not. But even if we frown at the idea, this “historic” application of the Beneš-Decrees is proba___________ 19 On the restitution policy adopted by the Czech Republic cf. Rhodri C. Williams, The Contemporary Right to Property Restitution in the Context of Transitional Justice, International Center for Transitional Justice (ed.), New York 2007: “expatriates are excluded for failure to return, Sudeten Germans are excluded despite their stated intent to return (…) The apparent arbitrariness of Czech restitution highlights the challenges posed by intergenerational restitution, particularly where the unclear status of the underlying confiscations invites political criteria for the admissibility of claims…the lack of clear procedure and political consensus around restitution enable restitution and denial of claims to be based on truly flexible readings of the laws, or even upon no laws at all”.

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bly a necessity – it could only be avoided by annulling the Decrees with extunc-effect; the mere repeal ex nunc would not be sufficient. However, in a number of cases this leads to a bizarre situation: rather than retracing what had been decided by historic decision-makers, the competent authorities make new decisions20, based on assumptions on what should have been decided at the time. And when it comes to making such new decisions, the dilemma arises how the Decrees should be interpreted: according to the human rights standards of today (but how can one apply such standards to the BenešDecrees, except by saying that both are incompatible?), or according to the wrathful spirit of the time? Accepting the latter would mean to give licence (even oblige) the administrative and judicial authorities of today to adopt decisions that deliberately violate human rights. The Czech authorities of today appear to give to the Decrees the widest possible interpretation, confirming the validity of denaturalisations and confiscations even in questionable cases. Examples for such ‘wide interpretation’ (historical and contemporary) include cases where the Beneš-Decrees were used to confiscate the property of persons who were no Germans or Hungarians21, or the property of one of the most outspoken opponents of the Nazis22, or of Jews ___________ 20

One such case is the case of (Count) Hugo Salm, who owned large estates in Moravia. When Decree 33/1945 was issued deprive ethnic Germans and Hungarians of their Czechoslovak citizenship, he introduced an application under § 2 of that Decree, requesting the confirmation that he was not affected by that measure. He died in 1946 before his application had been decided upon. Today the restitution claim of his successors depends on the question whether or not he lost his citizenship in 1945. And instead of deciding the case favorably on the formal grounds that, given that his application had not been rejected and the legal base for the procedure had fallen away in the meantime, the Czech authorities of post-1990 have started a new procedure based on Decree 33/1945 (never minding the fact that the Decree had been abrogated in 1949). In this procedure, the burden of proof is put on the successors, who have been requested to supply proofs that Hugo Salm had remained loyal to the Czechoslovak State (i.e. that he had actively participated in the struggle for liberation), so that the authorities may assess whether he merited to retain his citizenship. Technically, this means that it is the public authority of today that applies the Decree in a new decision. Cf. the statement made by Commissioner Verheugen in reply to a Written Question (P-0721/04) from a Member of the European Parliament, which directly refers to the Salm case and indicates that today the task of judges should be to “establish certain historical facts, not order a new withdrawal of citizenship, let alone a new expropriation” (Official Journal of the EU, C 88 E/709). 21 One case is that of the Prince of Liechtenstein, who, as the Sovereign of the Principality situated between Austria and Switzerland, was of course neither German nor Hungarian (and had never in his life possessed any of these two citizenships). This did not prevent the Czech authorities to confiscate his properties on the basis of a Decree that foresaw the confiscation of property owned by (only) Germans and Hungarians. 22 During the years of occupation, Prince Adolph Schwarzenberg had publicly exhibited such a strong attachment to the Czech nation, and such contempt for the Nazi ideology, that the idea of applying the Beneš-Decrees against him and his family was impos-

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who had actually themselves been persecuted by the Nazis.23 In some cases, confiscations appear to have been tainted with such severe procedural errors that it is impossible to consider them as valid legal acts24 – what remains then is that the state grabbed the property concerned without any legal base at all, an act that, even under the low standards set by the Beneš-Decrees (and even if the legality of the Decrees were beyond doubt), cannot be described otherwise than as armed robbery. Given the chaotic political situation and the general atmosphere of lawlessness immediately after the war, it is not surprising that many of the confiscations of former Sudeten German property were affected by such procedural vices: property was confiscated from a person who was not (and never had been) the owner, or from a deceased person, or from a hereditas iacens25, or without respecting the procedural requirements (for example, the ___________ sible. This did not prevent the State from confiscating his property – not under Decree 12/1945 (under the pretext that he had sympathised with the German occupiers), but under a special law (Act No. 143/1947) called the “Lex Schwarzenberg”, without even an attempt of a justification. Contrary to Decree 12/1945, this law is not covered by any of the restitution laws enacted in the Czech Republic since 1990. Absurdly, therefore, his property can today not be returned to his successors precisely because he was never suspected of collaboration. In other cases, known (ethnic German) opponents of the Nazis were expropriated and expelled on the grounds that their opposition to the Nazi regime was not ‘sufficient’, i.e. that it did not involve active participation in armed resistance. The application of the relevant provisions in the Beneš-Decrees was arbitrary and self-contradictory at the time, and it remains so today. Even today, the Czech authorities issue decisions in which they explicitly acknowledge the “courage”, “bravery”, etc. of individual German victims of expulsion, but nevertheless refuse to give back their confiscated property, using a standard of ‘proven loyalty’ to the Czechoslovak Republic that hardly any Czech or Slovak, if put under the same scrutiny, would have been able to fulfil. This rigorist posture gives a strange impression, given that the judges making such decisions on other person’s loyalty and bravery can know the occupation period only from hearsay. Of those having started their careers in the communist era, many seem to have missed their own occasion to show bravery in opposing a totalitarian regime. 23 An example is the case of Robert Brok, decided by UN Human Rights Committee in Brok vs. The Czech Republic. Robert Brok was a Jew and the only member of his family surviving the Holocaust. Upon returning from Auschwitz, he found that the house formerly owned by his family had been confiscated by the Czechoslovak States on the basis of the Beneš-Decrees: it was considered ‘German Property’ because the Nazis had taken it from the Brok family and transferred it to a German company. Despite the UN Committee ruling in Brok’s favour, the house has not been restituted until today, nor has any compensation been paid. For details see Patrick Macklem, “Rybná 9, Praha 1: Restitution and Memory in International Human Rights Law”, European Journal of International Law, Vol. 16 No. 1, 1–23. 24 In one case, the public authority in 1945 had addressed deeds of confiscation to a person that had (1) never owned the property at question, and (2) died already in 1919! It should be obvious that, even in the Czechoslovak Republic of 1945, it was not possible to confiscate from deceased persons a property they had never owned. The act of confiscation is therefore void. Nevertheless the property at question has not been given back to the family. 25 As a successor state of the Austro-Hungarian Empire, Czechoslovakia applied the (Austrian) General Civil Code (Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch – ABGB). Under

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owner was not notified). Yet even in these cases, where it is impossible to imagine by virtue of which legal title the state might have acquired the property at question, demands for restitution are rejected. While it would seem obvious that the owners of property that was not validly confiscated, instead of having to rely on specific legislation providing for restitution (making it depend on a number of conditions, such as nationality, residence, and the filing of a claim within a tight deadline), must have the possibility to get their property back through a rei vindicatio (the legal action used by a legitimate owner to re-obtain his property from a person having no entitlement to it, which is not subject to any of these conditions), a recent decision of the Constitutional Court26 deprives them of that possibility. According to this decision, which has been described as a “Copernican turnaround” in the history of law, the Restitution Act must be understood as excluding all other laws, and specifically the Civil Code, from serving as a basis for claims regarding property in state possession, irrespective of the (absence of a) title of possession.27 This means that henceforth all claimants for restitution must first prove that their property has been validly confiscated – if, by contrast, the confiscation turns out to have been invalid, there can be no claim for restitution either! By ___________ the ABGB, the property of a deceased man is a separate legal person, described as hereditas iacens. Such hereditas iacens belongs neither to the deceased (who, being dead, is considered unable of “owning” anything, hence also unable of being expropriated), nor to his heirs (who acquire the property only following a decision by a law court, which transfers the property from the hereditas iacens to the presumptive heir). It is not itself a property, but it is a legal person sui generis that is capable of owning property. Not being a natural person, a hereditas iacens could not have a German, or Czech, or other nationality. Nor was it able of having committed any act that merited retribution. In view of the wording and the ratio legis of Decree 12/1945 (which is a punitive measure, addressing natural persons and their property) it seem absurd to apply that Decree to property owned by a hereditas iacens: the former owner, even supposing he merited retribution, was dead and could not be punished any more; the confiscation of property owned by the hereditas iacens was therefore at the expense of the presumptive heirs. Ironically, it occurred more than once (for example in the case of Karl Des Fours Walderode, cf. ECtHR, Appl. 40057/98) that these heirs were of Czech or Slovak nationality, which, following the logic inherent in Decree 12/1945, meant that the wrong “targets” were hit. 26 Plenary of the Constitutional Court (Pl. ÚS – st. 21/05): Findings of the Constitutional Court of 1 November 2005 on property acquired by the State prior to 1948 - Stanovisko Ústavního Souda z 1. listopadu 2005, ve vČci majetku zabaveného státem pĜed r. 1948, available on the Courts website (http://www.concourt.cz). A summary of this Legal Opinion (in German) is found in an article in the Frankfurter Allgemeine Zeitung, edition of 26 November 2005, p.3: „Dies wird auf der ganzen Welt Diebstahl genannt.“ 27 This interpretation, which is in contradiction to previous findings of the same Constitutional Court, was not based on the wording either of the Restitution Act or of the Civil Code. Instead, the Constitutional Court based its reasoning solely on the title of the Restitution Act: if a law was called “Restitution Act”, it argued, this meant that all claims to recover property from the state must exclusively be made on the basis and following the procedures foreseen in that law.

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this opinio legis, which is of general application, the Restitution Act, in absurd contradiction to its name, is, in fact, itself turned into an act of confiscation. Or in other words: the confiscation of the property at question has taken place not in 1945, but either at the moment when the Restitution Act was enacted, or on the day when the Constitutional Court issued its “creative interpretation” of that Act.28 Here, at the latest, a point is reached where the situation becomes worrying not only for the holders of historical claims, but also for contemporary property owners: if taken at face value, the decision means that the state may grab property without even carrying out any confiscation procedure at all, and keep it as long as it does not adopt any specific law to restitute it. What will come next? And who can be sure that he could not be the next victim? Such appears to be the state of the law in the Czech Republic today. But, as if this were not sufficient, there also have been numerous reports about the wiretapping of the offices of advocates representing persons who claimed restitution of confiscated property, the involvement of the Secret Services in procuring information that the State could use against such claimants29, or even the use of false documents in court to evidence “confiscations” that, as it seems, had not actually taken place.30 At the same time, former owners have found it difficult to obtain access to relevant documents if these are in state possession: ___________ 28 Two Constitutional Court Judges, Eliska Wágnerová and Miloslav Výborný, submitted a Dissenting Opinion, in which they commented: “Oproti tomu z žádného citovaného rozhodnutí Evropského soudu pro lidská práva nelze dovodit, že by tento soud pĜiznal státu možnost zákonem legalizovat vlastnictví státu k vČci, kterou získal bez právního dĤvodu, což je akt, který v pĜípadČ obdobného jednání ze strany fyzických osob je v celém civilizovaném svČtČ nazýván krádeží.” (Transl.: In contradiction to all of the quoted case-law of the ECHR, this Court has recognised to the State the possibility of legalising the appropriation to itself of property, which it possesses without any legal title – which act, if it is committed by physical persons, is called “theft” throughout the entire civilized world.) 29 Cf. Frankfurter Allgemeine Zeitung (edition of 3 April 2007, p.3): „Verletzung der Privatsphäre, Telefonabhörung, Überwachung von Anwälten, polizeiliche Verwendung nachrichtendienstlicher Erkenntnisse sind anderswo in der EU auch dann heftig umstritten, wenn es um die Abwehr von Terroranschlägen und den Kampf gegen das organisierte Verbrechen geht. In der Tschechischen Republik werden sie eingesetzt, um rechtmäßigen Eigentümern den Zugang zu ihrem Vermögen zu versperren.“ (Transl.: violation of the private sphere, wiretapping, surveillance of attorneys, the police making use of the findings of secret services – in other countries of the EU, such practices are heavily disputed even when their purpose is the prevention of terrorist attacks or the combat against organised crime. In the Czech Republic, they are used to prevent rightful owners from getting access to their property). 30 In one case, the Office for the Defence of State Property allegedly submitted to the court a “deed of confiscation” dated 1946, which, as it turned out, stemmed from a local authority that had been set up 3 years later, in 1949(!!). A photograph of the (false?) document was reproduced in a widely reputed newspaper, the Frankfurter Allgemeine Zeitung (edition of 3 April 2007, p.3). Unfortunately, the Czech authorities have not yet identified the origin of the document.

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often, the files are “lost”, or have “disappeared” in the state-owned archives – and yet it is not the state, but the claimant, who carries the burden of proof. There have also been reports on cases where law courts and administrative bodies have simply not taken account of documentary evidence that was submitted to them by applicants seeking restitution. For example, in one case recently brought before the European Court of Human Rights, an applicant, in order to prove his grandfather’s loyalty to the Czechoslovak Republic during the war, had submitted to the court the affidavit of an eyewitness who testified that the grandfather had hidden arms and radio equipment for Czech resistance fighters in his house. The court passed over this testimony in complete silence. When the applicant appealed against this decision, the Supreme Administrative Court decided that the court had not committed any fault, because the affidavit was not in the file any more (no explanation was given, and no attempt was made to find out, when and by whom it had been removed). When the applicant made a last appeal to the Constitutional Court (the highest instance in the Czech Republic), that appeal was rejected31 on the ground that the affidavit had been taken into account by an administrative body before the case had been brought to the courts. If the document had left no trace in the file of that administrative body, this was because that body had considered it irrelevant. In any case, the failure to deal with one such piece of evidence was, according to the Constitutional Court, “outweighed by the overall quality of the procedure”(!). Strangely, what had escaped from the Constitutional Court’s attention was that (1) the affidavit had never been submitted to the administrative body that had (allegedly) taken it into account in its decision, and that (2) that decision had indeed been issued by the administrative body (in January 2003) long before the affidavit had been drawn up and signed (in November 2003) – which, evidently, is a logical impossibility. In short, it is not only the material law, but also the way in which applications for restitution handled procedurally, which creates an (extremely) uneven playing ground. The question is, whether such procedural practices, if accepted in the context of restitution claims, will not ultimately also be used in other contexts, thereby undermining the entire administrative and judicial system as such? The unwillingness of Czech law courts and administrative authorities to adjudicate restitution of confiscated property (and, inversely, their willingness to rely even on the most extravagant legal doctrines in order to prevent restitution) must to some extent be attributed to a public opinion that is generally hostile to claimants dubbed as “foreign” or “rich”, or both. The political class of the country is not ashamed of inciting and exploiting this sentiment. For example, ___________ 31

The Constitutional Court’s decision carries the reference IV. ÚS 1658/07.

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when nobleman František OldĜich Kinský was accorded restitution of a small plot of land by a subordinate law court in 2003, uproar went through the country and the Czech government held an emergency meeting32, discussing possible measures to “ensure that the Beneš-Decrees be henceforth applied correctly”(!). Likewise, when (Count) Karel Des Fours Walderode obtained restitution of his estate in 1993, it was Prime Minister Václav Klaus in person who picked up his pen and wrote a letter to the competent district authorities in Semily, in which he stated that the restitution, even if it should be “legal”, was “unacceptable”. These words were followed by facts: the decision that had been issued in favour of Mr. Des Fours was annulled, the law on which it had been based was modified with retroactive effect, and the claim for restitution was rejected.33 In the meanwhile, the independence of the judiciary has also been put at question by attempts of the political class to gain control over it. In clear violation of the principle of separation of powers, President Václav Klaus issued a decision to remove of Supreme Court Chief Justice Iva Brožová from office in February 2006. The Constitutional Court (despite its willingness, shown at other occasions, to faithfully execute the will of the government) subsequently invalidated Klaus’ directive, but, far from respecting this judgment, the government makes attempts to circumvent it. The very day the Constitutional Court invalidated the removal of Brožová, Justice Minister JiĜí Pospíšil announced that his ministry would propose a new statute allowing for the removal of chief

___________ 32

The meeting was held in Prague on 9 July 2003 (participants included State President Klaus, Prime Minister Špidla the Presidents of both Chambers of Parliament, Zaoralek and Pithart), as an immediate reaction to a decision of a local law court in Ústí nad Orlicí (of 24 June 2003), by which a plot of land had been returned to Kinský. The fact was widely reported in Czech (for example, the Prague Post, 10 July 2003) and foreign newspapers (for example, the Neue Zürcher Zeitung of 9 July and the Frankfurter Allgemeine Zeitung of 11 July 2003). Prior to the meeting, Czech Minister for Culture Pavel Dostal proposed an amendment to the Constitution that would explicitly forbid all further restitutions. 33 A full account of these events is given in: UN Human Rights Committee, Communication No. 747/1997, Des Fours Walderode vs. Czech Republic, paragraph 2.4 and following. The Committee, on 30 October 2001, found a violation of the ICCPR and requested the Czech Republic to “provide (the complainant) with an effective remedy, entailing in this case prompt restitution of the property in question or compensation therefor, and, in addition, appropriate compensation in respect of the fact that the author (was) deprived of the enjoyment of their property since its restitution was revoked in 1995. The State party should review its legislation and administrative practices to ensure that all persons enjoy both equality before the law as well as the equal protection of the law.” Nothing of this has happened. Today, in 2008, the complainant’s surviving widow is still waiting to obtain restitution.

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judges by the justice minister, a plan that was blatantly at odds with the constitutional reasoning the court had just announced.34 The independence of the judiciary is further weakened by the nomination of high-ranking politicians to become judges of the Supreme Court or the Constitutional Court. For example, the man selected to replace Mrs. Brožová was Jaroslav Bureš, former Minister of Justice. The current President of the Constitutional Court, too, is a former politician: prior to assuming this office, Pavel Rychetský served as Minister of Justice. His views on restitution of property to former owners, especially members of the former nobility, can be deduced from a statement he made to the press in 200335, shortly before his nomination: “The aristocracy in this country is basically an occupying force. They all arrived after the battle of Bílá Hora.”36 Such statements may provide some explanation for the strange decisions made by the court over which Mr. Rychetský presides: there seems to be a social and ethnic prejudice against some of the former landowners. From all this, it must be concluded that, even if there is currently no political pressure from outside, the successor states of Czechoslovakia would be well advised to reconsider the issue of the Beneš-Decrees. Albeit “extinct”, the Decrees appear to have the potential of slowly and surreptitiously transforming these countries into a sort of legal no-go-zone, where the rule of law and the independence of the judiciary are weak and unreliable, and where property owners face considerable uncertainty. The detriment caused by this development would be much greater for the Czech Republic itself than for the handful of Sudeten Germans who are discouraged from returning to their former homes and from contributing to the reconstruction of a devastated region. So far, the state has succeeded in fending off the vast majority of the claims, – but was this really a victory? And is it going to last?

___________ 34 Mark Gillis, “A Delicate Balance”, The Prague Post 19 September 2007, commented: “To find another country where similar steps have been taken against a judicial official of that stature, one has to look to Pakistan. Pakistani President Pervez Musharraf, a man who came to power in a military coup, recently “suspended” the country’s chief justice. But, even in a military dictatorship, the rule of law prevailed. When the Pakistani Supreme Court ruled that his decision was illegal, Musharraf accepted the ruling. Not so in the Czech Republic...”. 35 Marek Tomin, “Nobility on Trial”, The Prague TV Zine 20 June 2003, http://prague.tv/articles/zine/nobility-on-trial. 36 The battle of Bílá Hora (the “White Mountain”, a hill on the western edge of Prague), which took place in 1620, during the Thirty Year War, was a dire blow to the Czech landed gentry. While many of them lost their property and had to leave the country, the Czech lands were divided up amongst those favoured by the new rulers and, for many of these, Bohemia became a new home.

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IV. Sudeten Claims for Compensation and the Case-Law of International Human Rights Institutions While it is true that the attempts of former property owners to obtain restitution through international courts and quasi-adjudicative bodies have so far not been successful, it is not excluded that this situation could change in the future. There are two main reasons why, until now, such claims were rejected. One is that the right to property, contrary to what many non-lawyers believe, enjoys a rather low standard of protection. Neither the Universal Declaration of Human Rights nor the International Covenant on Civil and Political Rights (ICCPR) recognise property as a “human right”, and even classical doctrine on natural law considers the right to property to constitute only a secondary directive of the natural moral order: property is never an absolute right, but always subject to and limited by societal purposes. It is therefore, in principle, admissible for a state to order expropriations even without compensation (in fact, every tax that is levied is nothing else than this: an expropriation). The only limitation is that the institution of property should as such be recognised, and that expropriations should not be arbitrary. The European Convention on Human Rights, in Article 1 of the 1st Supplementary Protocol, does recognise a Right to Property, but the interpretation given to that right by the European Court of Human Rights is rather narrow: protection is granted only where the person making the claim had actually possessed the property at question, or where it had a “legitimate expectation” to acquire property. Such “legitimate expectation” is not recognised where the claimant is, in fact, asking for the law to be changed in his favour (i.e. a restitution law to be enacted).37 In other words, the Convention does not oblige a state to return property confiscated prior to the entry into force of the Convention in the country at question, even if that confiscation was manifestly unjust, or if it was carried out for such despicable motives as ethnical hatred or racism. But that approach follows a purely legal reasoning, and I would be surprised if it were different for Holocaust victims than for Sudeten Germans. The second reason to reject Sudeten claims is that the relevant provision of international law (i.e. the 1st Supplementary Protocol to the ECHR) entered into force in Czechoslovakia only in 1992, long after the expropriations had taken place. Claims based on an alleged violation of the right to property are thus inadmissible at least ratione temporis (with regard to the Convention38), but also ___________ 37 ECtHR, Gratzinger and Gratzingerová vs. the Czech Republic (Appl. 39794/98), §§ 72, 73. 38 Cf. ECtHR, Malhous vs. Czech Republic (Appl. 33071/96); Des Fours Walderode vs. Czech Republic (Appl. 40057/98), Prince Hans Adam II of Liechtenstein vs. Ger-

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ratione materiae (if they are based on any other legal text, such as the ICCPR39). However, if the confiscations of 1945 and 1948 as such are exempt from judicial review, the same is not necessarily true of the legislation adopted since the downfall of Communism, including the legislation on restitution, and decisions implementing or applying such legislation. As we have seen, besides (and maybe even more than) with the right to property, confiscations often come into conflict with the principle of equality before the law. The same conflict arises where confiscated property is restituted to certain former owners, but not to others. It appears worthwhile to briefly consider the relevant case-law of competent international judiciary bodies, i.e. the UN Human Rights Committee (which receives complaints on a state’s failure to comply with the ICCPR) and the ECtHR. Both the ECHR (in its Article 14) and the ICCPR (in its Article 26), contain provisions prohibiting discrimination. In the context of legislation on restitution, this raises the question whether, once a country has decided to adopt such legislation, it is admissible to discriminate between different groups of victims.

1. The Case-Law of the UN Human Rights Committee The Czech Republic, as we have mentioned, has adopted such a selective approach. In a first step, it was decided to provide restitution only to the victims of the post-1948 expropriations, and, within this group, only to persons who were Czechoslovak citizens at the time they applied for restitution. This excluded many persons who had fled from communist rule and who, as a consequence, had been deprived of their citizenship. The UN Human Rights Committee decided that this discrimination between citizens and non-citizens was in violation of Article 26 of the ICCPR: “Taking into account that the State party itself is responsible for the author’s ... departure, it would be incompatible with the Covenant to require the author … to obtain Czech citizenship as a prerequisite for the restitution of [his] property or, alternatively, for the payment of appropriate compensation.”40 In the meantime, the Czech Republic had (retroactively!) further restricted the requirements, ___________ many (Appl. 42527/98), Harrach vs. Czech Republic (Appl. 77532/01), and for the ICCPR: Communication No. 520/1992, E. and A.K. vs. Hungary. 39 Communication No. 566/1993, Somers vs. Hungary. 40 See Communication No.586/1994, Adam vs. Czech Republic, paragraph 12.6; Communication No.857/1999, Blazek vs. Czech Republic, Views adopted on 12 July 2001, paragraph 5.8, and Communication No. 1463/2006, Peter and Eva Gratzinger vs. Czech Republic, views adopted on 25 October 2007.

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granting restitution only to persons who had never lost or given up their Czechoslovak citizenship between 1948 and 1990, which resulted in another condemnation41 by the UN Human Rights Committee. The findings of the UN Human Rights Committee do not seem to have helped any of the successful complainants to re-obtain their confiscated property. Given the fact that the findings of the Committee cannot be enforced against a state, the Czech Republic turns a blind eye on them. Nevertheless, the Committee’s findings have clearly established that it is inadmissible to discriminate within one and the same group of victims, e.g. within the group of those affected by the post-1948 confiscations. The question remains whether it remains admissible to discriminate between two different groups of victims, i.e. those expropriated before and those expropriated after 1948. The Committee’s case-law is somewhat ambiguous in this regard: while in Des Fours Walderode the Committee had ruled in favour of a complainant whose property had been confiscated under Decree 12/194542, it noted in the case of Schlosser vs. the Czech Republic43 that “in the present case, legislation adopted after the fall of the Communist regime in Czechoslovakia to compensate the victims of that regime does not appear to be prima facie discriminatory ... merely because ... it does not compensate the victims of injustices allegedly committed by earlier regimes”. Not prima facie. But what if we take a second look? The reference to “injustices allegedly committed by earlier regimes” makes believe that the confiscations under the Beneš-Decrees and those following the communist putsch of 1948 have nothing to do with each other, or that they took place in completely different historical circumstances – as if there were a gap of three centuries, rather than two and a half years, between them. This, however, has little to do with reality. The rationale behind the 1945 confiscations was not only ethnic cleansing, but also the furthering of the strategic aims of the Communist Party, which, even before the 1948 putsch, had already taken control over the key posts in the Czechoslovak Government. The communists’ purpose was to seize as much property as possible (irrespective of whether the former owners were Germans/Hungarians or not, whether they had shown sympathies for the Nazis or not, etc.), to appropriate it to the state and, subsequently, to such persons who would then become supporters of the Communist Party – either out of gratitude for such patronage, or because they knew that ___________ 41

Communication No. 747/1997, Des Fours Walderode vs. Czech Republic, Views adopted on 30 October 2001. 42 Cf. Communication No. 747/1997, paragraph 2.2. 43 Communication No. 670/1995, Schlosser vs. Czech Republic, Views adopted on 3 November 1998.

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only communist rule, rather than integration into the free world, would permanently secure their ownership in the possessions confiscated from the expelled Sudeten Germans. (This gratitude expressed itself in votes: in the democratic elections of May 1946, the Communist Party obtained between 50 and 60% of the votes in the circumscriptions of Northern Bohemia, and even today electoral support for the Communist Party is still by far superior here than in other regions of the Czech Republic.) In short, by expelling Germans and Hungarians from Czechoslovakia, Edvard Beneš threw himself and his country into the arms of Soviet communism, and his correspondence with Stalin provides ample proof that he made this choice consciously: it is amazing to see how ethnical hatred can lead a person or even an entire nation to inflict immeasurable damage on itself.44 Clearly, the confiscation of German and Hungarian property through the Beneš-Decrees was a first and decisive step towards the communist seizure of power. Thus, from any other than a legalistic point of view, the confiscations of 1945-1948 and those after 25 February 1948 are two chapters of one and the same story.45 Setting aside these historical issues, it must also be noted that, of the two decisions, Des Fours Walderode is posterior to Schlosser. In addition, the Schlosser decision was based on the factual assumption46 that “whereas a law has been enacted to provide compensation to Czech citizens for properties confiscated in the period from 1948 to 1989, no compensation law has been en___________ 44

In 2004, as part of a political effort to fend off criticism against the BenešDecrees, the Czech National Assembly adopted a law to honour President Edvard Beneš. It consisted of only one sentence: “President Edvard Beneš has acquired merits for the state.” Given the factual, and not normative, character of this sentence, one is tempted to wonder whether this law could actually be considered a law and, if so, what its legal effects would be: would it be illegal, in the Czech Republic, to publish an article like the present one? If so, how would this be compatible with elementary freedoms guaranteed by the Czech constitution, such as the freedom of expression? It was probably due to such considerations that President Václav Klaus refused to sign this law, which he considered to be “strange and unnecessary” (source: “Die Presse”, 22 June 2008). Even if the law has thus not entered into force, this episode does raise concerns with regard to the political and legal culture of the country from which it originates, and the values that, by such actions, are inculcated into the minds of the next generation. If Beneš is honoured as a national hero, does this not create a risk that, should situations like in 1938 or 1945 ever occur again, his successors might draw inspiration from his actions, which consisted in (1) not ordering military resistance against the Nazi invasion, (2) after the war expropriate and expel a defenceless national minority, and (3) handing his own country over to the Soviets, again without any attempt of self-defence? 45 This connectivity is further corroborated by the fact that the Beneš-Decrees were used not only against Germans and Hungarians, but also against persons not pertaining to either of these nationalities (such as the Prince of Liechtenstein), and that already prior to 1948 specific legislation was adopted to expropriate the Schwarzenberg family, despite their pronounced anti-Nazi stance. Cf. supra notes 21, 22 and 23. 46 Cf. paragraph 6.4 of the Committee’s views.

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acted for ethnic Germans for properties confiscated in 1945 and 1946 following the Beneš decrees”. This assumption is erroneous: the Czech legislation does grant restitution to some of the victims of the Beneš-Decrees, namely to those who had stayed in Czechoslovakia and, between 1945 and 1953, re-acquired the Czechoslovak citizenship47. The application in Des Fours Walderode was based on precisely that provision, and the Committee found that the applicant had been discriminated against on the grounds of his citizenship. The question whether it is admissible to provide restitution to the one group (i.e., victims of post-1948 confiscations) and to withhold it from the other (i.e., victims of earlier confiscations) remains thus theoretical. There is actually no need for Sudeten Germans in quest of restitution to compare themselves with the victims of the communist nationalisations. For if it has been established, with regard to the post-1948 victims, that discrimination within that group is prohibited, such prohibition within the group of the victims of the 1945 confiscations must be equally inadmissible – this is the true significance of the Des Fours Walderode decision. As we have seen, Act 243/1992 foresees compensation for some dispossessed Sudeten Germans, but not for all. What is the decisive criterion here? Once again, it is citizenship and residence, this time in a law stemming from 1992. It clearly results that the UN Human Rights Committee has already resolved the question (albeit in a different way than Waters48 appears to believe): if some Sudeten Germans have received restitution, which indeed they have, all others must have the same entitlement.

2. The Case-Law of the European Court of Human Rights As I mentioned, the views of the UN Human Rights Committee, even if they give a hint on what is conform to Human Rights and what is in violation of them, do not necessarily help the applicants: they cannot be enforced. Let us ___________ 47

Cf. Act 243/1992, § 2 (1): “Entitled [to restitution] are citizens of the Czech and Slovak Federal Republic, who have their residence on the territory of the Czech Republic, and who lost their property under [Decree 12/1945 or Decree 108/1945 – (i.e. the relevant Beneš-Decrees)], and who have never committed any crimes against the Czechoslovak State, and who re-acquired their citizenship under [Act 245/1948, Act 194/1949 or Act 34/1953], if they had not already retained it by virtue of [Decree 33/1945 – i.e. another of the Beneš-Decrees].” Through an amendment passed in 1996, the condition of permanent residence was removed (following a judgement of the Constitutional Court, holding the residence requirement to be unconstitutional), but a new condition was added, of uninterrupted Czechoslovak/Czech citizenship from the end of the war until 1 January 1990. 48 Op.cit. (Fn.1), p. 45: “the Committee based this view on its objection to the requirement in the legislation that claimants currently be Czech (or Slovak) citizens, and it has never extended that logic to the massive denaturalizations prior to 1948.”

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therefore turn to the case-law of the ECtHR, the role of which is to interpret the European Convention on Human Rights. Article 14 of the Convention prohibits discrimination not in general, but only regarding the “enjoyment of the rights and freedoms set forth in this Convention”. The Convention recognises a Right to Property – but this, in principle, does not include a right to obtain restitution of a property confiscated prior to the entry into force of the Convention in the country at question. However, if a state legislator enacts legislation on compensation/restitution for victims of confiscations, ethnic cleansing or other historical misdeeds, such legislation does create a “legitimate expectation” to acquire property, i.e. a property right in the sense of the Convention49, at least for those to whom such entitlement is explicitly accorded. The question remains whether persons who, despite having suffered exactly the same injustice at exactly the same time through exactly the same measure, but to whom discriminatorily no entitlement is given, have not the same “legitimate expectation”. In other words, does Article 14 of the Convention protect only those against discrimination who are not victims of discrimination? This would not make much sense. And indeed, recent case-law of the ECHR shows that Article 14 of the Convention can be used by citizens to obtain rights that for some reason the domestic legislator did not intend to give them. One example is the recent decision in the case of E.B. vs. France50, where the ECHR condemned France for not having granted permission to adopt a child to an unmarried lesbian person. Although the Convention does not guarantee to anyone the right to adopt children, a country explicitly foreseeing in its legislation the possibility for single (i.e. unmarried) persons to adopt could not, according to the Court, withhold this right from certain persons because of their sexual orientation. In that context, the Court explicitly highlighted that “the application of Article 14 does not necessarily presuppose the violation of one of the substantive rights protected by the Convention. It is necessary but it is also sufficient for the facts of the case to fall “within the ambit” of one or more of the ___________ 49 “Once a Contracting State has enacted legislation for the restitution or compensation of property expropriated under the previous regime, and it has remained in force after the State ratified the Convention, including Protocol No. 1, that legislation may be regarded as having created a new property right protected by Article 1 of Protocol No. 1 for those persons satisfying the legislative conditions” (ECtHR, Bergauer and 89 Others vs. Czech Republic, no. 17120/04). The Court has therefore competence to examine “whether Article 1 of Protocol No. 1 was violated by reason of the (…) State's acts and omissions in relation to the implementation of the applicant's entitlement to (…) property, which was vested in him by (that State's) legislation on the date of the Protocol's entry into force and which subsisted on 12 March 1996, the date on which he lodged his application with the Commission.” (ECtHR, Broniowski vs. Poland [GC], no. 31443/96, § 125). 50 ECtHR, E.B. vs. France (Appl. 43546/02).

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Articles of the Convention” and that “prohibition of discrimination enshrined in Article 14 thus extends beyond the enjoyment of the rights and freedoms which the Convention and the Protocols thereto require each State to guarantee. It applies also to those additional rights, falling within the general scope of any Convention Article, for which the State has voluntarily decided to provide.” There is good reason to believe that the right to obtain restitution, if granted to one group of potential applicants, falls “within the ambit” of the right to property, and that, therefore, such a right must not be handed out discriminatorily. In another case51, Austria was condemned for having provided, in its legislation, to the surviving partner of an unmarried male/female couple to take over the apartment rental contract concluded by his/her deceased partner, without foreseeing the same possibility for same-sex partners. Again, the Convention itself does not guarantee to anyone such a right to step into the deceased partner’s rental contract – yet if a national legislator foresees such a right, he must do so, says the Court, without discrimination. This case is of specific interest here because the right to take over an ancient rental contract can be of considerable economic value (especially in Austria, where tenant-friendly legislation prevents landlords from raising rents according to the laws of the market) – in true fact, therefore, this right is a “property” in the economic sense, which the claimant had not been deprived of before filing his complaint with the ECtHR, but which he had never possessed and could acquire only as a consequence of the Court’s ruling. The real interest of the applicant was therefore not, as the reference to Article 8 of the ECHR might suggest, to defend his right to private life (in fact, he himself disclosed his homosexual relationship to the deceased tenant in order to draw a benefit from it), but to obtain an economic advantage. To some extent, this departs from the ECtHR’s prior case-law according which property was only protected if it had already been in the possession of the applicant at the time the Convention entered into force, and subsequently withdrawn from him. As it seems, the Convention can be used to obtain new property. Now, it would surely be very strange if the ECtHR were to use Article 14 of the Convention only in order to help homosexuals acquire new possessions, but not to help the victims of ethnic cleansing recuperate what once was theirs. So far, only one application to the ECtHR raised the issue of discrimination between different groups of persons expropriated under the Beneš-Decrees, some of which received compensation whereas others did not. But that application, Bergauer and 89 others vs. The Czech Republic, was declared inadmissible due to the applicants’ failure to exhaust domestic remedies, so that the fundamental ___________ 51

ECtHR, Karner vs. Austria (Appl. 40016/98).

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issue was not examined. The court’s curt remark “that Article 1 of Protocol No. 1 (cannot) be interpreted (...) as imposing any restrictions on their freedom to determine the scope and conditions of any property restitution to former owners”, and that “given the absence of any general obligation to restore property which was expropriated before ratification of the Convention (...) it cannot be argued that the Czech Republic is obliged under the Convention to restore the property confiscated under the Presidential Decrees to the former owners”, is a mere obiter dictum, and was apparently not the result of a thorough examination of the case.52 If the Court really believed a state to enjoy completely unrestricted freedom to provide restitution to some victims, and not to others, the consequences would be absurd, and the Court would deprive itself of the possibility of condemning even the most blatant cases of discrimination. For the same would have to apply to any kind of benefit handed out by a state, not only to restitutions: nothing would then prevent a state from handing out higher salaries to male than to female public servants, or free medical treatment to tall and curly-haired, but not to chubby and bold men. After all, a salary not yet paid out, or a medical treatment not yet received are no “property” – at least not if there is no legal entitlement to them. The result would be that discrimination is prohibited only when the state is taking, not when it is giving. Given that recent ECtHR case-law rejects such arbitrary approaches, it appears that it might be not the right to property as such, but the ban against discrimination, which could become the main tool for Sudeten German to obtain compensation. This would reflect what Rhodri C. Williams53 has found to be a general principle in transitional justice: “clearly governed by contemporary human rights law is the requirement of fairness and equal treatment in any contemporary restitution procedures that governments voluntarily provide.”

V. Conclusion Be that as it may, the interpretation that by accepting the Czech Republic and Slovakia as new members the EU has “reconfirmed the legality” the expulsion of the Sudeten Germans, or considered it as a “righteous retribution for collective guilt”, is clearly mistaken. On the contrary, it may safely be assumed that the international community rejects “ethnic cleansing” under all circumstances, irrespective of an alleged or real “guilt” of the victims. And this is, of course, good so. The only – the real – issue here is the claims for restitution made by some Sudeten Germans. While it remains open whether these claims will ultimately ___________ 52 53

Cf. ECtHR, Bergauer and 89 Others vs. Czech Republic, no. 17120/04. Op.cit. (Fn. 19), p. 15.

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be satisfied, it is clear that neither the EU, nor Germany, nor Austria have “rejected” these claims. They only decided that the satisfaction of these claims should not be made a pre-condition for the EU accession of the Czech Republic. Should such claims remain unsuccessful before the competent international judiciary bodies, this will be due to their falling outside the temporal and/or material scope of the relevant international conventions on human rights, and would in no way prove that “ethnic cleansing” was, in the case of the Sudeten Germans, legitimate. The dangerous implications of a theory according which our absolute commitment against ethnic cleansing would suddenly be subject to exceptions are self-evident; there is no reason why the case of the Sudeten Germans should remain the only and last such exception. Unfortunately, the theories developed by peaceful intellectuals can have awful consequences when they are put into practice by more practically-minded people.54 * * *

Abstract Jakob Cornides: The Sudeten German Question after EU Enlargement, In: Law of Property and Injustice of Expropriation. Coming to terms with the past. Vol. II. Ed. by Gilbert H. Gornig, Hans-Detlef Horn and Dietrich Murswiek (Berlin 2009) pp. 213-241. The decision of the European Union not to make the accession of the Czech Republic and Slovakia dependent on a formal repeal of the Beneš-Decrees and restitution and/or compensation to dispossessed and expelled Sudeten Germans does not mean that there is now an exception to the prohibition of ethnic cleansing. Instead, the EU’s decision is based on a pragmatic approach to the delicate task of correcting wrongs of bygone days: after EU enlargement, Sudeten Germans are free to return to Bohemia, settle down there, and acquire land property or set up businesses. Restitution and/or compensation is therefore the only remaining issue. By not making the fulfilment of restitution claims a pre___________ 54 Incredibly, not even the Nazi Holocaust is a taboo anymore: On 29 February 2008, Matan Vilnai, Israel's deputy defence minister, told army radio that “the more Qassam [rocket] fire intensifies and the rockets reach a longer range, they [i.e. the Palestinians] will bring upon themselves a bigger shoah because we will use all our might to defend ourselves”. What is underlying these threats is the assumption that the Palestinians, by firing Qassam rockets on Israeli civilians, deserve such a treatment, i.e. that a “bigger shoa” would be justified in their case.

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condition of EU enlargement, the EU has neither confirmed nor rejected the validity of these claims. More generally, while international law forbids ethnic cleansing under whatever circumstances, it does not usually foresee an obligation for states to provide reparation to individual claimants with regard to past suffering. However, if a state adopts measures to provide such reparation to the victims of historic injustice, it must do so without discrimination. Die Entscheidung der Europäischen Union, den Beitritt der Republik Tschechien und der Slowakei nicht von der formellen Aufhebung der Beneš-Dekrete und von der Restitution oder Entschädigung der enteigneten und vertriebenen Sudetendeutschen abhängig zu machen, bedeutet nicht, dass nun eine Ausnahme vom Verbot ethnischer Säuberungen geschaffen wurde. Durch die Entscheidung wollte man sich stattdessen pragmatisch der sensiblen Aufgabe nähern, vergangenes Unrecht wieder gutzumachen: Nach der EU-Erweiterung dürfen die Sudetendeutschen in ihre Heimat zurückkehren und sich dort niederlassen, Eigentum erwerben und Geschäfte machen. Eigentumsrestitution oder Enteignungsentschädigung sind daher die einzigen noch verbliebenen Problemfelder. Damit, dass die EU-Erweiterung nicht von der Erfüllung entsprechender Forderungen abhängig gemacht worden war, hat die EU deren Berechtigung weder bestätigt noch bestritten. Allgemeiner gewendet: Obwohl das Völkerrecht ethnische Säuberungen unter welchen Umständen auch immer verbietet, sieht es in der Regel keine Pflicht der Staaten vor, individuellen Klägern eine Entschädigung für vergangenes Leid zu gewähren. Allerdings, wenn ein Staat Maßnahmen zur Entschädigung der Opfer historischen Unrechts ergreift, muss er dies ohne jede Diskriminierung tun.

Die Autoren / The Authors

Dr. Jakob Cornides Jakob Cornides (geb. 1969) studierte Rechtswissenschaften an der Universität Wien. Er ist Beamter der Europäischen Kommission, wo er, zunächst in der Generaldirektion Verbraucherschutz, dann in der Generaldirektion Handel, seit 1997 tätig ist. Jakob Cornides (born 1969), Doctor of Law (University of Vienna), is an official of the European Commission, where he has been working on consumer protection and on trade policy since 1997.

Bibliographie / Publications: Frühere Veröffentlichungen betreffen ein breites Spektrum juristischer Themen, das Verbraucherschutz, Geistiges Eigentum und Internationales Handelsrecht ebenso umfasst wie Fragen der Grundrechte. Former publications concern a broad variety of legal issues, including consumer law, intellectual property, international trade law, contract law, tort law, and human rights.

Kontaktadresse / Contact Address: Rue de l’Aqueduc 27 B – 1060 Bruxelles / Belgique Telefon: +32 (0)2 296 11 39, +32 (0)499 88 36 71 e-mail: [email protected] Internet: http://works.bepress.com/jakob_cornides/

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Die Autoren / The Authors

Dipl. Ing. Architektin Waltraut Eberle Persönliche Angaben / Personal Data: Waltraut Eberle (geb. 1956): 1976-1977 Studium an der Technischen Hochschule Temeswar, Fakultät Architektur; 1978-1984 Studium an der Technischen Universität München, Fakultät Architektur; 1981-1988 Mitarbeit in Münchener Architekturbüro; seit 1989 Tätigkeit als selbständige Architektin in Deutschland und Rumänien, seit 2004 ehrenamtlicher Einsatz für die Erhaltung des deutschen Kulturerbes im Banat und Siebenbürgen; seit 2007 ehrenamtliche Beratung von Betroffenen im Hinblick auf Rückgabebegehren von enteignetem Vermögen (Immobilien) in Banat und Siebenbürgen. Waltraut Eberle (born 1956): 1976-1977 studied at the Technical University of Timiúoara, Department of Architecture; 1978-1984 study at the Technical University of Munich, Department of Architecture; 1981-1988 worked for an architecture company in Munich; since 1989 independent architect in Germany and Romania, since 2004 honorary engagement for the preservation of the German cultural heritage in Banat and Transylvania; since 2007 honorary counselling in cases of expropriations of real estate in Banat and Transylvania.

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Dr. Robert Grzeszczak Persönliche Angaben / Personal Data: Robert Grzeszczak (geb. 1974): 1992-1998 Magisterstudium an der Universität in Wrocáaw / Fakultät für Recht und Verwaltung; 1998-2002 Doktorandenstudium am Lehrstuhl für Völkerrecht und Europäisches Recht der Universität in Wrocáaw; 2003: Dr. iur.; 2000-2002 Studienaufenthalte an der Humboldt Universität Berlin und an der Universität in Perugia; seit 2002 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Willy Brandt Zentrum für Deutschland- und Europastudien und an der Fakultät Rechtswissenschaften, Lehrstuhl für Völker- und Europarecht der Universität Wroclaw und am Lehrstuhl für Europarecht der Universität Warschau. Robert Grzeszczak (born 1974): 1992-1998 Master degree from the University of Wrocáaw, Faculty of law and administration; 1998-2002 PhD study at the chair for international law and European law of the University of Wrocáaw; 2003: PhD in law; 2000-2002 study stays at the Humboldt University of Berlin and at the University in Perugia; since 2002 member of the scientific staff of the Willy Brandt Centre for German and European studies and at the Law faculty, chair for International Public and European Community law of the University of Wroclaw and at the chair for European law of the University of Warsaw.

Die Autoren / The Authors

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Forschungsschwerpunkte / Research Interests: Verfassungsrecht, Europäisches Recht, Parlamentarismus. Constitutional law, European law, Parliamentarism.

Auswahlbibliographie / Selected Publications: Prawo europejskie (Das Recht der Europäischen Union), Akademisches Lehrbuch, (zusammen mit M. Grochalski), 2008; Europa na rozdroĪu (Europa am Scheideweg), 2006; Parlamenty narodowe paĔstw czáonkowskich w Unii Europejskiej (Parlamente der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union), 2004. Grzeszczak, R. and Piotrowska, M. (Hrsg.), Perspektywy Unii Europejskiej po niemieckiej prezydencji (Die Perspektiven der Europäischen Union nach der deutschen Präsidentschaft), Acta Universitatis Wratislawiensis No 28; Grzeszczak, R. and Brodecki, Z. and Pyü, D. (Hrsg.), Acquis communautaire t. VII, Regiony (Gemeinschaftlicher Besitzstand, 7. Band, Die Regionen, Akademisches Lehrbuch), 2005. Zahlreiche Buch- und Zeitschriftenbeiträge, zahlreiche Konferenzbeiträge zur Entwicklung des europäischen Integrationsprozesses.

Kontaktadresse / Contact Address: Wydziaá Prawa, Administracji i Ekonomii Katedra Prawa MiĊdzynarodowego i Europejskiego Ul. Uniwersytecka 22/26 PL 50-145 Wrocáaw

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Prof. Dr. Hans-Detlef Horn Persönliche Angaben / Personal Data: Hans-Detlef Horn (geb. 1960): 1980-1982 Ausbildung zum Bankkaufmann; 19821987 Studium der Rechtswissenschaften; 1987 Erste Juristische Staatsprüfung; 1989 Promotion (Dr. iur.); 1992 Zweite Juristische Staatsprüfung; 1992-1998 Wissenschaftlicher Assistent an der Universität Bayreuth; 1998 Habilitation (Dr. iur. habil.), Lehrbefugnis für Öffentliches Recht; 1998/1999 Lehrstuhlvertretung an der LudwigMaximilians-Universität München; seit 1999 Professor für Öffentliches Recht an der Philipps-Universität Marburg/Lahn; seit 2003 Richter am Hessischen Verwaltungsgerichtshof. Hans-Detlef Horn (born 1960): 1980-1982 training and qualification as a bank clerk; 1982-1987 studies in Jurisprudence; 1987 First State Examination in Law; 1989

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Die Autoren / The Authors

Doctorate (Dr. iur.); 1992 Second State Examination in Law; 1992-1998 research assistant at University of Bayreuth; 1998 Habilitation in Public Law (Dr. iur. habil.); 1998/1999 Professor as a replacement at University of Munich; since 1999 Professor of Public Law at University of Marburg/Lahn; since 2003 judge at Superior administrative Court of Hessen.

Forschungsschwerpunkte / Research Interests: Staats- und Verfassungsrecht, Allgemeines und Besonderes Verwaltungsrecht, insbesondere Öffentliches Wirtschaftsrecht, Sicherheits- und Polizeirecht, Verwaltungsprozessrecht, Verfassungstheorie, Staatsphilosophie, Europarecht. State and Constitutional Law, General and Special Administrative Law, Public Law related to the Economy, Police Law, Law of Administrative Procedure, Constitutional Theory, State Philosophy, European Law.

Auswahlbibliographie / Selected Publications: Experimentelle Gesetzgebung unter dem Grundgesetz, 1989; Die grundrechtsunmittelbare Verwaltung. Zur Dogmatik des Verhältnisses zwischen Gesetz, Verwaltung und Individuum unter dem Grundgesetz, 1999; Recht im Pluralismus, 2003; Eigentumsrecht und Enteignungsunrecht – Teil 1 (Mithrsg.), 2008; Erosion demokratischer Öffentlichkeit?, in: Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer 68 (2009); zahlreiche Aufsätze, Kommentar- und Handbuchbeiträge.

Kontaktadresse / Contact Address: Institut für Öffentliches Recht Philipps-Universität Marburg Universitätsstraße 6 D-35037 Marburg / Deutschland Telefon: +49 (0)6421-28-23-810, -126 Fax: + 49 (0)6421-28-23-839 e-mail: [email protected] Internet: http://www.uni-marburg.de/fb01/lehrstuehle/oeffrecht/horn/index.html

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RA Mag. Alexander Ilgmann Persönliche Angaben / Personal Data: Alexander Ilgmann (geb. 1971): 1991-1996 Studium der West- und Ostslawistik sowie der Indogermanistik in Freiburg i.Br., Prag und Berlin, zugleich Studium der

Die Autoren / The Authors

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Rechtswissenschaften; 1999 Erstes juristisches Staatsexamen; 2001 Zweites juristisches Staatsexamen; seit 2003 Rechtsanwalt in Breslau mit Zulassung in Deutschland und Polen, Spezialisierung im Enteignungs- und Staatshaftungsrecht sowie im Erbrecht; daneben Tätigkeit als geprüfter und vereidigter Dolmetscher und Übersetzer für die polnische Sprache. Alexander Ilgmann (born 1971): 1991-1996 studied western and eastern Slavic languages and Indo-Germanic in Freiburg i.Br., Prague and Berlin, parallel to Law studies; 1999 First Legal State Examination; 2001 Second Legal State Examination; since 2003 attorney in Breslau with permission to practice in Germany and Poland, specialised in the expropriation and state liability law; activity as examined and sworn in interpreters and translator for the Polish language.

Kontaktadresse / Contact Address: Pl. ĝw. Krzysztofa 1 PL-50-077 Wrocáaw Donauwörther Str. 3 D-86368 Gersthofen E-Mail: [email protected]

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Dr. Šime Ivanjko Persönliche Angaben / Personal Data: Šime Ivanjko (geb. 1940): 1962-1965 Studium der Rechtswissenschaften in Ljubljana; 1964/1965 juristisches Diplom; 1970 Mag. iur.; 1974 Dr. iur.; seit 1970 Hochschuldozent an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Maribor; mehrere Jahre Vizerektor der Universität Maribor; langjähriger Präsident der Mariborer Juristenvereinigung; Vizepräsident der slowenischen Juristenvereinigung; sieben Jahre unter die zehn einflussreichsten Juristen Sloweniens gewählt; Hauptredakteur der Zeitschrift Davþno finanþne prakse (Steuerfinanzpraxis) sowie Initiator der Zeitschrift Pravna praksa (Rechtspraxis); Ehrenkonsul der Republik Kroatien; umfangreiche Bibliographie an Monographien, Aufsätzen und Artikeln. Šime Ivanjko (born 1940): 1962-1965 studied aw in Ljubljana; 1964/1965 legal diploma; 1970 Master degree in law ; 1974 PhD in law; since 1970 university lecturer at the law faculty of the University of Maribor; several years vice-rector of the University of Maribor; President of the Maribor lawyer’s association; Vice-president of the Slovenian lawyer’s association; selected for seven years among the ten most influential lawyers of Slovenia; Editor-in-chief of the magazine Davþno finanþne prakse (Practice of

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Die Autoren / The Authors

tax finance) as well as founder of the magazine Pravna praksa (Law practice); Honorary consul of the Republic of Croatia; author of diverse literature and publications.

Forschungsschwerpunkte / Research Interests: Wirtschafts- und Handelsrecht, Versicherungsrecht, Steuerrecht. Economic and trade law, insurance law, tax law.

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Prof. Dr. Bernhard Kempen Persönliche Angaben / Personal Data: Bernhard Kempen (geb. 1960): 1983 Erste Juristische Staatsprüfung; 1986 Zweite Juristische Staatsprüfung; 1988 Dr. iur.; 1994 Habilitation, Lehrbefugnis für Öffentliches Recht und Völkerrecht; 1995-2001 Inhaber des Lehrstuhls für Staatsrecht, Völkerrecht, Internationales Wirtschaftsrecht und Wirtschaftsverwaltungsrecht an der Universität Würzburg; seit 2001 Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht und Völkerrecht und zugleich Vorstand des Instituts für Völkerrecht und ausländisches öffentliches Recht sowie Direktor des Instituts für deutsches und europäisches Wissenschaftsrecht der Universität zu Köln; Direktor am International Investment Law Centre Cologne; seit 2004 Präsident des Deutschen Hochschulverbandes. Bernhard Kempen (born 1960): 1983 first legal state examination; 1986 second legal state examination; 1988 PhD in law; 1994 German Habilitation, teaching permission for public and international public law; 1995-2001 chair for public law, international public law, international commercial law and economic administration at the University of Wuerzburg; since 2001 chair for public and international public law and at the same time executive committee of the Institute for International and Foreign Public Law as well as director of the Institute for German and European Law of the University of Cologne; Director at the International investment Law Centre Cologne; since 2004 president of the German Association of University Professors and Lecturers.

Forschungsschwerpunkte / Research Interests: Staatsrecht; Völkerrecht; Europarecht; Wirtschaftsverwaltungsrecht, Wissenschaftsrecht. State law, International Public Law, EU Law, Law of Economic Administration, Science Law.

Die Autoren / The Authors

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Auswahlbibliographie / Selected Publications: Der Eingriff des Staates in das Eigentum, 1991; Die deutsch-polnische Grenze nach der Friedensregelung des Zwei-plus-Vier-Vertrages, 1997; Bodenreform 1945-1949: Eine juristische Neubewertung (gemeinsam mit Dr. Yvonne Dorf), 2004; Völkerrecht (gemeinsam mit Christian Hillgruber), 2007; Herausgeber der „Kölner Schriften zu Recht und Staat“ (38 Bände); Zahlreiche Aufsätze und Kommentarbeiträge.

Kontaktadresse / Contact Address: Institut für Völkerrecht und ausländisches öffentliches Recht Gottfried-Keller-Str. 2 50931 Köln

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Mladen Kraljiü Persönliche Angaben / Personal Data: Mladen Kraljiü (geb.1972): abgeschlossenes Jurastudium; 1992 Mitarbeit am Projekt zur Reform des Internationalen Privatrechts und Prozessrechts in Slowenien; 1993 Mitarbeit am wissenschaftlichen Projekt über die individuelle Durchsetzbarkeit des Umweltschutzes; 2000 Leiter des Referats für internationale Beziehungen der Universität Maribor; 2001 anerkannter Übersetzer und Dolmetscher; 2006 Sekretär der Fakultät für Kunst der Universität Maribor. Übte u.a. folgende Funktionen aus: Koordinator für Socrates-Erasmus; Mitglied des Nationalen Rates für Socrates-Erasmus; Mitglied des Nationalen Komitees zur Bewertung des CEEPUS-Projekts; 2000/2001 Sekretär der Konferenz der Donau-Pfarrer; 2002/2003 Sekretär der Konferenz der Alp-Adriatic Pfarrer; 2003-2004 Sekretär der Quadriga Europaea; 2004-2006 Sekretär der Maribor Gruppe. Mladen Kraljiü (born 1972): university degree in law, 1992 cooperation in a research project on the Reform of the International Private Law and Proceedings Act of Slovenia, 1993 cooperation in an scientific project on Individual execution of environmental protection, 2000 Head of the International Relations Office of the University of Maribor, 2001 Official Translator and Interpreter, 2006 Secretary of Faculty of Arts of the University of Maribor. Functions: Institutional Coordinator Socrates-Erasmus; Member of National Council Socrates-Erasmus; Member of National Committee for evaluation of CEEPUS projects; 2000/2001 secretary of the Danube Rectors' Conference; 2002/2003 secretary of the Alps-Adriatic Rectors' Conference; 2003/2004 secretary of the Quadriga Europaea; 2004/2006 secretary of Maribor Group.

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Die Autoren / The Authors

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Dr. Lauri Mälksoo LL.M. Persönliche Angaben / Personal Data: Lauri Mälksoo (geb. 1975): Dozent für Völkerrecht an der Universität Tartu; Inhaber des Lehrstuhls für Völkerrecht; Baccalaureat in Jura 1998 (Tartu Universität); LL.M. Georgetown University 1999; Dr. iur. Humboldt Universität Berlin 2002; Gastforscher an der New York University Law School (2004-2005) und Universität Tokyo (20062007). Lauri Mälksoo (born 1975): Lecturer in international public law at the University of Tartu; chair for international public law; degree in law 1998 (Tartu University); LL.M. Georgetown University 1999; PhD Humboldt University of Berlin 2002; guest researcher at the New York University Law School (2004-2005) and University of Tokyo (2006-2007).

Auswahlbibliographie / Selected Publications: Illegal Annexation and State Continuity: the Case of the Incorporation of the Baltic States by the USSR. A Study of the Tension between Normativity and Power in International Law, in: Martinus Nijhoff Publishers/Brill, Erik Castrén, Institute Monographies, Leiden 2003; Soviet Genocide? Communist Mass Deportations in the Baltic States and International Law, Leiden Journal of International Law 2001, 14, pp. 757–787, Von der Demokratie bis zur Diktatur: ein verborgener Dialog zwischen Artur-Tõeleid Kliimann und Carl Schmitt, in: Der Staat (43) 2004, S. 57-82.

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Prof. Dr. József Szalma Persönliche Angaben / Personal Data: József Szalma (geb. 1948): bis 1970 Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Novi Sad; 1976 Mag. iur. Universität Belgrad; 1979 Dr. iur. Universität Belgrad; 1980-1985 Dozent, 1985-1990 außerordentlicher Professor, ab 1990 ordentlicher Professor am Lehrstuhl für Zivilrecht der Fakultät der Rechtswissenschaften der Universität in Novi Sad, Fachbereich Obligationenrecht; ab 1997 Gastprofessor (beim Internationalen Sommerseminar) an der Eötvös Lóránd Universität Budapest; 2002-2003 Gastprofessor am Lehrstuhl für Zivilrecht der Fakultät der Rechtswissenschaften der Universität in Miskolc; ab 1994 Forschungs-Mitarbeiter des Ludwig Boltzmann Instituts (Zivil-

Die Autoren / The Authors

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rechtliche Kodifikationsgeschichte) an der Fakultät der Rechtswissenschaften der Universität Wien; ab 2007 Mitglied der Forschungsstelle für europäische Rechtsentwicklung und Privatrechtsreform der Universität Wien - Rechtswissenschaftliche Fakultät; ab 2004 Korrespondiertes Mitglied der Akademie der Wissenschaften der Wojvodina und Leiter der Abteilung der Geisteswissenschaften und Kultur; ab 2006 Präsident des Vereins der ungarischen Wissenschaftler in der Wojvodina. József Szalma (born 1948): Up until 1970 study of the law at the University of Novi Sad; 1976 Master degree from the University of Belgrade; 1979 PhD in law, University of Belgrade; 1980-1985 lecturer, 1985-1990 extraordinary professor, from 1990 ordinary professor at the chair in civil law of the faculty of the law of the University in Novi Sad, specialist in law of obligations; from 1997 guest professor (with the international summer seminar) to the Eötvös Lóránd University of Budapest; 2002-2003 guest professor at the department of civil law of the faculty of law of the University in Miskolc; from 1994 researcher at the Ludwig Bolzmann Institute (history of civil codification), at the faculty of law of the University of Vienna; from 2007 member of the Research Centre for European law development and private law reform of the University in Vienna - law faculty; starting from 2004 member of the Academy of Sciences of the Wojvodina and director of the department of social sciences and culture; starting from 2006 president of the association of the Hungarian scientists in the Wojvodina.

Forschungsschwerpunkte / Research Interests: Obligationsrecht (allgemeine Theorie des Vertragsrechts, Schadenersatzrecht), vergleichendes und europäisches Zivilrecht, Kodifikationstheorie und Geschichte, Grundbuchrecht; Verfassungsrecht; Menschenrechte und Minderheitenrechte. Obligation law (general theory of contract law, compensation law), comparative and European of civil law, theory of codification and history, land register law; Constitutional law; Human rights and minority rights.

Auswahlbibliographie / Selected Publications: Obligaciono pravo (Obligationenrecht), 2007; Pravni znaþaj zemljišnih knjiga i hipoteke (Die Rolle des Grundbuchrechts und die Hypothek bzw. das Pfandrecht), 2007; A kettĘs állampolgárságról – újabb tanulmányok, kérdések és válaszok a kettĘs állampolgárságról (Zur doppelten Staatsangehörigkeit), 2006; Ingatlan-nyilvántartás – Telekkönyvi jog és eljárás (Grundbuchrecht in Ungarn, Österreich und in den Nachbarstaaten), 2005; A polgári jogi (szerzĘdésen kívüli és szerzĘdési) felelĘsség alapelvei (Grundprinzipien des Schadensersatzrechts), Kötelmi jogi kodifikációs tanulmányok (Studien über Kodifikationen des Obligationsrechts), 2003-2005; Vagyonvisszaszármaztatás és privatizáció a rendszerváltó országokban (Privatisierung und Entschädigung in den Umwandlungsländern – mit besonderer Berücksichtigung der Erfahrungen in Serbien), 2005; Európai Unió – Emberi és kisebbségi jogok (EU – Die Menschen- und Minderheitenrechte), 2004; Okozatosság és polgári jogi felelĘsség – az

Die Autoren / The Authors

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európai és a magyar jogban (Kausalität im Schadensersatzrecht), 2000; Pravna zaštita životne sredine (Umweltrecht), 1991; Simulovani ugovori - prilog teoriji o zabrani izigravanja prava (Die Scheingeschäfte – Beiträge zur Theorie über die Umgehung des Gesetzes), 1987; Eksproprijacija - Instituti, sudska praksa i zakonski propisi (Enteignungen – Rechtsinstitute, Rechtsprechung und gesetzliche Vorschriften), 1987; weitere zahlreiche Aufsätze und Artikel.

Kontaktadresse / Contact Address: Prof. Dr. József Szalma Narodnog fronta 93/III/134 21000 Novi Sad Serbien tel: +381 21 4740256 e-mail: [email protected]

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Dr. Aldona Szczeponek LL.M. Persönliche Angaben / Personal Data: Aldona Szczeponek (geb. 1978). 1997-2002 Studium der Rechtswissenschaften an der Universität in Wroclaw; 2002-2003 Masterstudium (LL.M.) an der PhilippsUniversität Marburg; seit 2004 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Öffentliches Recht, Abt. Völkerrecht in Marburg; 2008 Promotion zum Thema: „Die Umsetzung des Völkerrechts und des europäischen Gemeinschaftsrechts in Polen“; Stipendiatin der Konrad-Adenauer- Stiftung. Aldona Szczeponek (born 1978): 1997-2002 - study of law at the University of Wroclaw, 2002-2003 master study (Magistra Legum, LL.M.) at the Philipps Universität Marburg. Since 2004 scientific and research assistant at the Institute for Public Law, Department of International Law in Marburg. 2008 doctorate: “The application of international law and the European Community law in Poland”. Scholarship of the Konrad Adenauer Foundation.

Auswahlbibliographie / Selected Publications: Enteignung der Deutschen durch Polen nach dem Zweiten Weltkrieg aus polnischer und völkerrechtlicher Sicht, in: Gornig, G. / Horn, H.-D. / Murswiek D. (Hrsg.), Eigentumsrecht und Enteignungsunrecht –Teil 1, 2008, S. 187 ff.; Die Umsetzung des Völkerrechts und des europäischen Gemeinschaftsrechts in Polen unter Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Lösungen anderer europäischer Staaten, 2008.

Die Autoren / The Authors

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Kontaktadresse / Contact Address: Institut für Öffentliches Recht Philipps-Universität Marburg Universitätsstraße 6 D-35037 Marburg / Deutschland Telefon: +49 (0)6421-28-23-809 e-mail: [email protected]

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Prof. Dr. Alfred de Zayas Persönliche Angaben / Personal Data: Alfred de Zayas (geb. 1947): Studium der Geschichte und Rechtswissenschaft in Harvard; 1970 Promotion Harvard Law School; 1970-1973 Rechtsanwalt in New York; 1974 Fulbright Stipendiat in Deutschland; 1977 Dr. phil. Universität Göttingen; 19812003 Tätigkeit am Zentrum für Menschenrechte der Vereinten Nationen in Genf, u.a. als Sekretär der UN-Menschenrechtskommission und Chef der Beschwerdeabteilung im Büro des UN-Hochkommissars für Menschenrechte; seit 1991 Präsident des UNSchriftstellervereins in Genf; seit 2006 Präsident des P.E.N-Clubs der Schweiz; seit 2003 mehrere Gastprofessuren, u.a. an der University of British Columbia in Vancouver, der DePaul University in Chicago und der Geneva School of Diplomacy. Alfred de Zayas (born 1947): Study of History and Law, Harvard; 1970 Law Degree, Harvard Law School; 1970-1973 Lawyer, New York; 1974 Fulbright Graduate Fellow, Germany; 1977 Dr. phil. University of Göttingen; 1981-2003 UN Centre for Human Rights, Geneva, Secretary of UN Human Rights Committee and Chief of Petitions at Office of the UN High Commissioner for Human Rights; since 1991 President of UN Writers Association, Geneva; since 2006 President of P.E.N-Club Switzerland; since 2003 Visiting Professor, inter alia University of British Columbia, Vancouver, DePaul University, Chicago, Geneva School of Diplomacy.

Forschungsschwerpunkte / Research Interests: Völkerrecht; Menschenrechte; Flüchtlingsrecht; Vertreibungsunrecht; Kriegsverbrechen; Zweiter Weltkrieg; moderne Zeitgeschichte; Literaturübersetzungen (Rilke, Hesse). International Law, Human Rights, Law of Refugees, Expulsions, War Crime, Second World War, Modern History, literally translations (Rilke, Hesse).

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Die Autoren / The Authors

Auswahlbibliographie / Selected Publications: Die Nemesis von Potsdam, engl. 7. Aufl. 2003, dt. 14. Aufl. 2005; Die WehrmachtsUntersuchungsstelle, engl. 1989, dt. 7. Aufl. 2001; Die deutschen Vertriebenen, engl. 3. Aufl. 2006, dt. 5. Aufl. 2006; Heimatrecht ist Menschenrecht, 2001; 50 Thesen zur Vertreibung, 2008; The Case-Law of the United Nations Human Rights Committee 1977 – 2007 (with Jakob Möller), 2008; zahlreiche Artikel in Harvard International Law Journal, American Journal of International Law, German Yearbook of International Law, Archiv des Völkerrechts, Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Oxford Encyclopedia of Public International Law, Oxford Encyclopedia of Human Rights u.a.; Herausgeber der UN-Literaturzeitschrift Ex Tempore. Nemesis at Potsdam, english 7th ed. 2003, german 14th ed. 2005; The Wehrmacht War Crimes Bureau, english 1989, german 7th ed. 2001; A Terrible Revenge, english 3th ed. 2006, german 5th ed. 2006; Heimatrecht ist Menschenrecht, 2001; 50 Thesen zur Vertreibung, 2008; The Case-Law of the United Nations Human Rights Committee 1977 – 2007 (with Jakob Möller), 2008; numerous articles in Harvard International Law Journal, American Journal of International Law, German Yearbook of International Law, Archiv des Völkerrechts, Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Oxford Encyclopedia of Public International Law, Oxford Encyclopedia of Human Rights u.a.; Editor of UN magazine of literature Ex Tempore.

Kontaktadresse / Contact Address: 23 Crêts de Pregny CH-1218 Grand Saconnes, Geneva e-mail: [email protected]; [email protected]

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Personenregister / List of Names Ajala Lasso, José 19, 30 Al Khasawneh, Awn Shawkat, Richter am Internationalen Gerichtshof 22

Iordanescu, Cristian, Dekan der Rechtsanwaltskammer Bukarest 203 Irmscher, Tobias 28, 29, 30

Barcz, J. 29, 77 Beneš, Edvard 235

Johansen, Paul 151

Bernitz, Ulf 219 Broniowski, Jerzy 146 Brožová, Iva 230 Brumarescu, Kläger in einem Enteignungsverfahren 205, 207, 212

Kingsland QC, Lord 219 Kinský, František OldĜich 230 Klaus, Václav, Präsident 230 Klein, Eckart 28

Bureš, Jaroslav, Justizminister 231 Laun, Rudolf von 152 Codruta Kövesi, Laura, Generalstaatsanwältin 203, 211

Dolezal, Bohumil 31

Lemkin, Rafael 153 Loeber, Dietrich 152

Maltzan 58 ff. Meissner, Boris 152

Frowein, J. Abr. 29, 77, 219

Miess, Michael, Rechtsanwalt 202 Mirescu, Mircea Dan 205, 206

Goethe, Johann Wolfgang von 31 Gornig, Gilbert 153

Morandière, französischer Zivilrechtslehrer 176 Mothander, Carl 152

Herder, Gottfried 151 Hiber, Dragor, Jurist 193 f.

Peter der Große, Zar 152

Hollitzer, Kläger in einem Enteignungsverfahren 205

Pinheiro 22 Pospíšil, JiĜí 230

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Personenregister / List of Names

Ress, Georg, Richter am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte 57

Szalma, József, Jurist 193

Rychetský, Pavel 231

Tomuschat, Christian 29

Schröder, Gerhard, Bundeskanzler 29

Verheugen, Günter 218

Schwarzenberg, Adolph 226 Stackelberg, Charles von 152

Waters, Timothy W. 213 ff.

Sachregister / Index Afrikanische Charta der Rechte der Menschen und Völker 21 Agrarreform in Kroatien 161 f. Allgemeine Erklärung der Menschenrechte 34 ff.

Brumarescu-Fall 205 ff.

Charta der deutschen Heimatvertriebenen 30 Curzon-Linie 136

Alteigentümerprivileg 80 f. Altlivland 151

Dayton-Abkommen 27, 159

Amerikanische Menschenrechtskonvention 21

DDR 73, 216

Antifaschistischer Rat zur Volksbefreiung Jugoslawiens (AFNOJ) 159

Dekret über die verlassenen und ehemals deutschen Vermögen, polnisches 80, 84, 86, 88

Ausreisende 130, 132 ff. Ausschuss für Menschenrechte 44 ff.

Dekret über Eigentum und Nießbrauch an den Grundstücken auf dem Gebiet der Hauptstadt Warschau, polnisches 93

Beneš-Dekrete 24, 25, 28, 218 ff.

Deportationen 21

Beschluss des Staatsrats Nr. 37/56 bezüglich der Genehmigung zum Wechsel der polnischen Staatsangehörigkeit für deutsche Repatrianten, polnischer 119 ff.

Des Fours Walderode-Fall 230 ff.

Bevölkerungsaustausch 139

Diskriminierungsverbot 21, 42 f., 79

Deutschbalten 151 ff. diplomatischer Schutz 25, 27, 29

Bock und Palade-Fall 208 ff. Bodenreform 51, 52

Eigentum, Recht auf 49 f.

Bodenreformbeschluss des Bundesverfassungsgerichts 52 ff.

Eigentumsentzug durch polnische Strafurteile 102 f.

Bodenwirtschaftsgesetz für Städte und Siedlungen, polnisches 94

Eigentumsreform der Republik Estland 154 ff.

Bosnien und Herzegowina 24, 27

Einigungsvertrag 52

Brok-Fall 226

Enquête-Gesetz über die Interessierten an der Restitution des enteigneten Eigentums, serbisches 187 f.

Broniowski-Fall 146 ff.

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Sachregister / Index

Enteignung  in Estland, Umgang nach der Wiederherstellung der Unabhängigkeit 154 ff.

Forderung des Vermögens an landund forstwirtschaftlichen Flächen in Rumänien 199 ff.

 klassische 175

Gebiete jenseits des Bugs 138

 nach deutschem Recht 177

Genfer Flüchtlingskonvention 40

 nach französischem Recht 176 f.

Gesetz über den Ausschluss feindlicher Elemente aus der polnischen Gesellschaft, polnisches 86

 nach kroatischem Recht 159 ff.  nach österreichischem Recht 177 f.  nach polnischem Recht 77 ff.  nach rumänischem Recht 197 ff.  nach serbischem Recht 173 ff. Enteignungsgesetzgebung im ehemaligen Jugoslawien 173 ff. Entschädigung 24 Entschädigung ausländischer Staatsangehöriger in Kroatien 170 f. Entschädigungsfonds, kroatischer 167 ff.

Gesetz über die Restitution des enteigneten Eigentums der Religionsgemeinschaften, serbisches 187 Gesetz über die verlassenen und aufgegebenen Vermögen, polnisches 86 Gratzinger-Fall 26, 43, 232 Grenzbestätigungsvertrag, deutschpolnischer 29, 115 Grundlagengesetz der Eigentumsreform der Republik Estland 154 ff.

Entschädigungspflicht 35

Hollitzer-Fall 205

Erbnießbrauch, polnischer 89 ff.

Holocaust 214 ff.

Erbnießbrauchumwandlungsgesetz, polnisches 88 ff.

Human Rights Chamber für Bosnien und Herzegowina 26

Ersitzung in Polen, 101 f.

Human Rights Committee 44 ff.

Estland 151 ff. ethnische Säuberungen 23, 24, 213 ff. EU-Erweiterung 218 ff., 240 Europarat 223 Europäisches Rahmenabkommen zum Schutz nationaler Minderheiten 21

Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte 45 Flächenwirtschaftsgesetz, polnisches 95

Immobilienwirtschaftsgesetz, polnisches 80 ff. Individualbeschwerdeverfahren 45 ff. Internationaler Gerichtshof 25 Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte 34, 40 ff. Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte 21, 40 ff., 233 ff. Internationaler Strafgerichtshof 21

Sachregister / Index Internationales Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form der Rassendiskriminierung 40 Jahn-Fall 56 ff. Jugoslawien 23, 24 Kollektivausweisungen 21 Komitee der nationalen Befreiung, Polnisches 99, 136, 139, 147

Nachbarschaftsvertrag, deutschpolnischer 29, 115 Nationalisierung 175 ff. Nationalisierungen im ehemaligen Jugoslawien 173 ff. Nießbrauchsrecht, ewiges 140 f., 147

occupatio sui generis 61

Konferenz von Jalta 139

Pakistan 37

Konferenz von Potsdam 139

Planwirtschaftssysteme 178 f.

Konfiskationen 52, 175

Polen 28, 77 ff., 107 ff., 135 ff.

Konvention über die Eliminierung aller Formen der Rassendiskriminierung 21

Potsdamer Abkommen 139

Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermords 40

Preußische Treuhand 77, 84 Privateigentum 20 Privatisierung 179

Kresy Wschodnie 136

 Art und Weise 180

Kriegsverbrechen 21

 in Montenegro 193

Kroatien 159 ff.

Privatisierungsfonds, kroatischer 165 ff.

Kuba 37 Land hinter dem Bug 138

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Privatisierungsgesetz, serbisches 181 ff., 187

Landreform der Republiken Estland und Lettland 152

Recht auf die Heimat 19, 22 f., 30

Lausanner Abkommen 28

Rehabilitierung 51 ff., 53, 63 f.

Lettland 151 ff.

 strafrechtliche 64 ff.

Litauen 139

Rehabilitierungsgesetz 53, 63

Loïzidou-Fall 24, 60 f.

Rekompensationsfonds 141 Reparationen 29

Mehrstaatigkeit 109 Menschenrechte und Vereinte Nationen 33 ff. Minderheitenschutz 23 Modrow-Gesetz 57

Repatriierung 139 Reprivatisierungsgesetz, polnisches 107, 130 ff. Republikanische Abkommen 146, 147, 149

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Sachregister / Index

Republikanismus 49

Staatsangehörigkeit

Restitution 51 ff.

 doppelte 114

Restitution von enteignetem landwirtschaftlichen Boden in Serbien 189 ff.

 Erwerb der deutschen 112

Restitutionsausschluss 53 ff., 66

 polnische 93 ff.

 der SBZ-Enteignungen 52 f.

 Verlust der polnischen 93 ff.

 in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte 55 ff.

Staatsangehörigkeitsfragen in den deutsch-polnischen Beziehungen 111 ff.

Restitutionsgesetz, rumänisches 197 ff.

Staatsangehörigkeitsgesetz, polnisches 93 ff.

Restitutionsgesetzgebung in Serbien 173 ff., 181 ff. Rückforderung land- und forstwirtschaftlicher Flächen in Rumänien 200 Rückgabe des Immobilienvermögens nach dem rumänischen Zivilgesetzbuch 203 ff. Rückgabe und Rückerstattung enteigneten Vermögens in Kroatien 162 Rückkehrrecht 26 Rumänien 197 ff. Russland 37

Schlosser-Fall 234 ff. Septemberverträge 139 Slowakei 28 Sowjetunion 72, 73, 135, 136, 139 Staatenlosigkeit 109 Staatennachfolge und Staatsangehörigkeit 110 ff. Staatenverantwortlichkeit 72 f.

 Erwerb und Verlust 117 ff.

Staatsangehörigkeitskonvention zur Verhütung und Verringerung der Staatenlosigkeit, europäische 109 Staatsangehörigkeitsrecht, polnisches 107 ff. Străin-Fall 204 f. Sudetendeutsche 24, 213 ff. Tschechische Republik 27 f., 43, 44, 213 ff. Tschechoslowakei 28, 43, 113 Ukraine 139 Umsiedlung 113, 139, 153 Umsiedlung aus ehemaligen polnischen Ostgebieten nach Polen 135 ff. UN-Hochkommissar für Menschenrechte 39 f. UN-Konvention zur Verhütung und Bestrafung des Verbrechens des Völkermordes 20 UN-Menschenrechtspakt 34, 40 ff. UN-Menschenrechtsrat 37 ff.

Sachregister / Index UN-Übereinkommen über die Nichtanwendbarkeit gesetzlicher Verjährungsfristen auf Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit 71

Verbrechen gegen die Menschlichkeit 71, 72, 73 Verfassungsgericht, tschechisches 227 ff. Verfolgungsunrecht 52 Verkaufsprivatisierung in Serbien 180, 181 f., 194 „Vermögen hinter dem Bug“ 138

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Völkermord 20, 21, 23, 24 Volksdeutsche in Rumänien 198 Volkszugehörigkeit  deutsche 112  polnische 95

Warschauer Vertrag 29 Weißrussland 139 Wikowska-Toboáa-Fall 78 Wohnungsgenossenschaftsgesetz, polnisches 89 Wolkenbergfall 78

Vermögensgesetz 52, 65 Vermögensrückgaben im Banat und in Siebenbürgen 197 ff.

ZabuĪanie 137, 138, 147, 148

Verschleppung 20, 24

Zivilgesetzbuch, polnisches 96 ff.

Vertreibung 19, 20, 21 ff, 139 f., 197 ff.

Zwangsaussiedlung der Deutschen 112

Vertreibung in Rumänien 197 ff.

Zypern 25

Zwei-plus-Vier-Vertrag 29, 73, 115