Duales Studium aus arbeitsrechtlicher Perspektive: Dual Studierende im Spannungsverhältnis zwischen Arbeitsrecht und Hochschulrecht [1 ed.] 9783428587148, 9783428187140

Der Autor untersucht die arbeitsrechtliche Dimension des dualen Studiums, das sich als Hybridformat mit seiner systemati

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German Pages 352 [353] Year 2022

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Duales Studium aus arbeitsrechtlicher Perspektive: Dual Studierende im Spannungsverhältnis zwischen Arbeitsrecht und Hochschulrecht [1 ed.]
 9783428587148, 9783428187140

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Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht Band 374

Duales Studium aus arbeitsrechtlicher Perspektive Dual Studierende im Spannungsverhältnis zwischen Arbeitsrecht und Hochschulrecht

Von

Max Christian Loges

Duncker & Humblot · Berlin

MAX CHRISTIAN LOGES

Duales Studium aus arbeitsrechtlicher Perspektive

Schriften zum Sozial- und Arbeitsrecht Band 374

Duales Studium aus arbeitsrechtlicher Perspektive Dual Studierende im Spannungsverhältnis zwischen Arbeitsrecht und Hochschulrecht

Von

Max Christian Loges

Duncker & Humblot · Berlin

Die Juristische Fakultät der Georg-August-Universität Göttingen hat diese Arbeit im Jahre 2022 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2022 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Satz: 3w+p GmbH, Rimpar Druck: CPI books GmbH, Leck Printed in Germany

ISSN 0582-0227 ISBN 978-3-428-18714-0 (Print) ISBN 978-3-428-58714-8 (E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Die vorliegende Untersuchung wurde im Sommersemester 2022 von der Juristischen Fakultät der Georg-August-Universität Göttingen als Dissertationsschrift angenommen. Die Disputation fand am 9. Mai 2022 statt. Das im Mai 2021 vorgelegte Manuskript wurde für die Drucklegung auf den aktuellen Stand gebracht und geringfügig überarbeitet. Rechtsprechung, Literatur und Gesetzesänderungen konnten bis einschließlich Mai 2022 berücksichtigt werden. Mein aufrichtiger Dank gebührt zunächst meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Rüdiger Krause, der mir während meiner Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an seinem Lehrstuhl stets eine fördernde Stütze war. Er gewährte mir von der Themenfindung bis zum Abschluss der Arbeit die für die Hervorbringung eigener Denkansätze erforderliche wissenschaftliche Freiheit und lebte dabei zu jeder Zeit einen offenen Gedankenaustausch vor. Herrn Prof. Dr. Olaf Deinert danke ich sehr für die rasche Erstellung des Zweitgutachtens. Ebenso danke ich den Herausgebern für die Aufnahme in diese Schriftenreihe. Meinen Kolleginnen und Kollegen am Göttinger Institut für Arbeitsrecht sei für eine in jeder Hinsicht unvergesslich schöne und prägende Zeit gedankt. Die einzigartige Atmosphäre am Institut hat maßgeblich zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen. Auch möchte ich all jenen Freunden außerhalb des Instituts sowie allen Familienangehörigen danken, die mir in dieser Zeit nicht nur Mut gemacht, sondern auch für die erforderliche Ablenkung gesorgt haben. Einen ganz besonderen Dank verdient Frau Laura Marie Heyer, die mir seit über 15 Jahren liebevoll und mit aller Kraft bedingungslosen Rückhalt bietet. Ihr unermüdlicher, selbstloser und nicht zuletzt wertvoller fachlicher Beistand hat mich durch jede Phase der Promotionszeit und weit darüber hinaus getragen. Dafür bin ich ihr zutiefst dankbar. Zuletzt gilt ein großer Dank meinen Eltern, Frau C. Julia Loges und Herrn Peter Loges, die mich in allen Lebenslagen durch Rat und Zuspruch immerwährend großzügig unterstützen und unentwegt bestärken. Ohne sie hätte ich schon das Studium nicht erfolgreich bestreiten, erst recht aber nicht diese Arbeit abschließen können. Auch wenn es meinem Vater leider nicht vergönnt gewesen ist, aktiv an der letzten Phase meiner universitären Ausbildung teilzuhaben, so habe ich seinen Halt doch täglich gespürt. Hamburg, im Juni 2022

Max Christian Loges

Inhaltsverzeichnis Erster Teil Grundlagen

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§ 1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 A. Themenaufriss: Das duale Studium als Hybridformat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 B. Duale Studiengänge – damals und heute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 I. Ursprung und geschichtliche Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 1. Auslösender Faktor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 2. Entstehungs- und Etablierungsphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 II. Empirie des tatsächlichen Vorkommens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 1. Zahlenmäßige Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 2. Bundesweite Verbreitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 3. Verteilung des Fächerspektrums bei dualen Bildungsanbietern . . . . . . . . . 33 4. Allgemeine Folgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 C. Gang und Ziele der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 § 2 Duale Studiengänge aus bildungspolitischer Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 A. Bestrebungen der Bildungspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 I. Bekämpfung des Fachkräftemangels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 II. Erhöhung der Durchlässigkeit im Bildungssektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 III. Eindämmung der sozialen Selektivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 IV. Steigerung der Beschäftigungsfähigkeit im Zeitalter der Digitalisierung . . . 44 B. Kritik am dualen Studienangebot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 I. Fehlende Standardisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 II. Wissenschaftliche Mängel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 III. Gefahr unternehmensspezifischer Studiengänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 IV. Verdrängung der dualen Berufsausbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 V. Defizitäre Internationalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 VI. Begriffliche Unschärfe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 C. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 § 3 Allgemeine Interessenlage der Akteure . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 A. Motive der dual Studierenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 I. Anwendungsorientiertes Lernen durch Theorie-Praxis-Verknüpfungen . . . . 62 II. Zügige Abschlussfinalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63

8

Inhaltsverzeichnis III. Finanzielle Unabhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 IV. Attraktive Berufsperspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 B. Motive der Kooperationsunternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 I. Recruiting und Nachwuchssicherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 II. Employer Branding . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 III. Passgenaue Unternehmensintegration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 IV. Wissenstransfer durch Kooperation mit Akteuren des Wissenschaftssektors 69 V. Fluktuationsreduzierung nach Ausbildungsende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 C. Motive der Bildungseinrichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 I. Erhöhung der Lehrqualität durch den Ausbau von Praxisbezügen . . . . . . . . . 71 II. Imagesteigerung durch innovative Bildungsangebote . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 III. Ausbau des Kontakts zur Wirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 D. Motivüberschneidungen und -divergenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 I. Synergien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 II. Konflikte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75

Zweiter Teil Typologisierung, Differenzierung und rechtliche Einordnung dualer Studiengänge

78

§ 4 Charakteristika und Erscheinungsformen dualer Studiengänge . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 A. Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 I. Gesetzliches Begriffsverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 1. Legaldefinitorische Ansätze in den Hochschulgesetzen der Länder . . . . . 79 2. Detaillierte Regelungen in den Berufsakademiegesetzen der Länder . . . . 82 3. Baden-Württemberg in der Vorreiterrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 II. Definitorische Ansätze im Schrifttum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 III. Terminologische Annäherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 IV. Begriffseinhegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 B. Ausgestaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 I. Formate der Erstausbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 1. Ausbildungsintegrierende Studiengänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 2. Praxisintegrierende Studiengänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 II. Formate der Weiterbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 1. Berufsintegrierende Studiengänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 2. Berufsbegleitende Studiengänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 III. Sonderformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 1. Ausbildungsbegleitende Studiengänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 2. Praxisbegleitende Studiengänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99

Inhaltsverzeichnis

9

3. Triale Studiengänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 IV. Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 § 5 Abgrenzung des dualen Studienkonzepts von benachbarten Bildungsphänomenen . . 103 A. Duale Berufsausbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 I. Rechtsnatur des Berufsausbildungsvertrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 II. Wesentliche Regelungen zur Berufsausbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 III. Vergleich zum dualen Studium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 B. Praktikantenverhältnisse mit Studienbezug . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 I. Gesetzliche Regelungssystematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 II. Erscheinungsformen und Rechtsstatus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 1. Freiwillige Praktika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 a) „Schnupperpraktika“ als Einfühlungsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 b) Studienbegleitende Praktika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 aa) Rechtliche Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 bb) Vergleich zum dualen Studium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 2. Pflichtpraktika und verpflichtende Praxissemester . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 a) Rechtliche Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 b) Vergleich zum dualen Studium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 3. „Unechte“ Praktika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 a) Rechtliche Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 b) Vergleich zum dualen Studium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 4. Sonderfall: Werkstudierende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 C. Volontärverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 I. Grundlegendes Verständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 II. Gegenüberstellung von Volontariat und freiwilligem Praktikum . . . . . . . . . . 134 III. Vergleich zum dualen Studium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 IV. Sonderfall: Traineeverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 D. Zusammenfassung: Das Alleinstellungsmerkmal dualer Studiengänge . . . . . . . . 138 § 6 Rechtsstatus dual Studierender und Anwendbarkeit des BBiG . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 A. Tripolare Rechtsbeziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 B. Erwägungen zur rechtlichen Stellung dual Studierender im Kooperationsbetrieb 143 I. Arbeitsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 1. Arbeitnehmerbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 2. Arbeitnehmerstellung dual Studierender . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 a) Pflicht zur Arbeitsleistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 b) Persönliche Abhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 c) Die Bedeutung des Ausbildungszwecks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 d) Zwischenergebnis und etwaige Missbrauchsgestaltungen . . . . . . . . . . . 155 II. Berufsausbildungsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 1. Praxisintegrierende duale Studiengänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159

10

Inhaltsverzeichnis 2. Berufsintegrierende duale Studiengänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 3. Ausbildungsintegrierende duale Studiengänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 4. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 III. Anderes Vertragsverhältnis i. S. d. § 26 BBiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 1. Privatrecht versus öffentliches Recht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 a) Grundentscheidung BAG, Urt. v. 19. 6. 1974 – 4 AZR 436/73 . . . . . . . 167 aa) Leitlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 bb) Kritik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 (1) Privatrechtsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 169 (a) Kein Privatrechtsverhältnis bei Unselbstständigkeit der Praxisausbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 (b) Selbstständiges Privatrechtsverhältnis trotz parallel bestehender öffentlich-rechtlicher Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . 171 (2) Kompetenzrechtliche Dimension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 (a) Kompetenzzerlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 (b) Kompetenzzuordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 (3) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 cc) Bedeutung für duale Studiengänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 (1) Privatrecht neben öffentlichem Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 (2) Keine Überlagerung des Privatrechtsverhältnisses durch öffentliches Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 (a) Praxisphase als hochschulunabhängige Veranstaltung . . . . 183 (b) Keine Vereinnahmung des Privatrechtsverhältnisses durch die Bildungseinrichtungen mittels Musterverträgen . . . . . . 188 (c) Kooperationsvertrag zwischen Bildungseinrichtung und Ausbildungsbetrieb kein Vertrag zugunsten Dritter . . . . . . 190 (3) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 b) Zuspitzung durch BAG, Urt. v. 18. 11. 2008 – 3 AZR 192/07 . . . . . . . . 192 aa) Praxisphase kein Teil des Studiums . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 bb) Staatliche Anerkennung der Praxisphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 c) Flankierung durch BSG, Urt. v. 1. 12. 2009 – B 12 R 4/08 R . . . . . . . . 197 aa) Leitlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 bb) Reaktion des Gesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 d) Weitere relevante Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 aa) Höchstrichterliche Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 bb) Schiedsspruch zur Tarifsituation dual Studierender . . . . . . . . . . . . 205 e) Folgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 2. Der Tatbestand des § 26 BBiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 a) Kein Arbeitsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207

Inhaltsverzeichnis

11

b) Keine Berufsausbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 c) Einstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 d) Zum Erwerb beruflicher Fertigkeiten, Kenntnisse, Fähigkeiten oder Erfahrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 e) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 3. Die Bereichsausnahme des § 3 Abs. 2 Nr. 1 BBiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 a) Gesetzgeberischer Regelungshintergrund . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 b) Kein Ausschluss der Anwendbarkeit des BBiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 IV. Rechtsverhältnis sui generis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 V. Abschließende Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 C. Dual Studierende unter dem Schutzschirm des BBiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218

Dritter Teil Individual- und kollektivarbeitsrechtliches Schutzgeflecht für dual Studierende

221

§ 7 Allgemeine Rechtsfolgen der Statusfeststellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 A. Unmittelbare Rechtsfolgen nach dem BBiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 I. Vergütung in der Praxisphase . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 1. Die Vergütungsregelung des § 17 BBiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 a) „Angemessenheit“ als unbestimmter Rechtsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . 224 b) Angemessene Vergütung für dual Studierende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 2. Ausschluss des Mindestlohns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 a) Ausbildungsintegrierende Form als Mindestlohnausnahme des § 22 Abs. 3 MiLoG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 b) Praxisintegrierende Form außerhalb vom Anwendungsbereich des MiLoG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 c) Konklusion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 II. Sonstige Vorgaben des BBiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 1. Pflichtenkanon der §§ 13 – 16 BBiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 2. Beendigung nach den §§ 21, 22 BBiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 3. Unabdingbarkeitsregelung und Ausschluss der Weiterarbeitsregelung . . . 238 B. Mittelbare Rechtsfolgen über den Verweis des § 10 Abs. 2 BBiG . . . . . . . . . . . . 240 I. Anwendung arbeitsrechtlicher Rechtsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241 II. Anwendung arbeitsrechtlicher Rechtsgrundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 C. Zusammenschau . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 244 § 8 Bindungs- und Rückzahlungsklauseln als typische Instrumente der Vertragsgestaltung im Verhältnis dual Studierender und Kooperationsbetrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 A. Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246

12

Inhaltsverzeichnis B. Maßstab des BBiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 I. Nichtigkeit von Vereinbarungen über Entschädigungszahlungen für die Ausbildung nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 BBiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 II. Nichtigkeit tätigkeitsbeschränkender Vereinbarungen nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BBiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 1. Feste Bindungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 2. Verknüpfte Bindungs- und Rückzahlungsvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . 256 a) Abstrakt generelle Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 b) Konkret individuelle Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 aa) Übertragbarkeit richterrechtlicher Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . 263 bb) Übertragung der wichtigsten Grundregeln im Einzelnen . . . . . . . . 264 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 C. Allgemeines Kontrollregime des BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 I. Praxisphasenvertrag als Verbrauchervertrag i. S. d. § 310 Abs. 3 BGB . . . . . 271 II. Überraschende Klausel (§ 305c Abs. 1 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 III. Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 1. Umriss der Rahmenbedingungen für die Anschlussbeschäftigung . . . . . . 275 2. Rahmenmäßige Bestimmung der Rückzahlungslast . . . . . . . . . . . . . . . . . . 278 IV. Sonderfall: Vorzeitige Aufgabe des dualen Studiums . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 V. Rechtsfolgenbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 1. Verbot geltungserhaltender Reduktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 2. Ergänzende Vertragsauslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 a) Grundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 b) Ausnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 288 D. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289

§ 9 Kollektivarbeitsrechtlicher Rahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 A. Dual Studierende im Gefüge des Tarifvertragsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 I. Annäherung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 II. Tarifliche Regelungsbefugnis für die Praxisphase dualer Studiengänge . . . . 294 B. Betriebsverfassungsrechtliche Position dual Studierender . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 I. Persönlicher Geltungsbereich (§ 5 BetrVG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 II. Betriebsverfassungsrechtlicher Weiterbeschäftigungsanspruch (§ 78a BetrVG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 1. Abgrenzung zu § 24 BBiG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 2. Auszubildendenbegriff des BetrVG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 3. Geltung des § 78a BetrVG für dual Studierende . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 C. Rekapitulation des kollektivarbeitsrechtlichen Schutzumfangs . . . . . . . . . . . . . . 310

Inhaltsverzeichnis

13

Vierter Teil Schluss

312

§ 10 Resümee und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 A. Wesentliche Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 I. Phänomenologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 312 II. Rechtsstatusbestimmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 III. Arbeitsrechtlicher Schutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 314 B. Schlussbetrachtung – Quo vadis, duales Studium? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350

Abkürzungsverzeichnis a. A. ÄApprO ABl. abl. Abs. abw. AcP a. E. AEUV a. F. AG AGB AGBG AGG AiB Allg. Anh. Anm. AP APS AR ArbG ArbGG AR-Blattei AR-Blattei SD ArbR ArbRB ArbSchG ArbZG Art. AT AuA Aufl. AÜG AuR Ausschussdrs. BAAnerkG HE BAföG BAG

andere(r) Ansicht Approbationsordnung für Ärzte Amtsblatt ablehnend Absatz abweichend Archiv für die civilistische Praxis (Zeitschrift) am Ende Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union alte Fassung Aktiengesellschaft Allgemeine Geschäftsbedingungen Gesetz zur Regelung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz Arbeitsrecht im Betrieb (Zeitschrift) Allgemeine Anhang Anmerkung Arbeitsrechtliche Praxis – Nachschlagewerk des Bundesarbeitsgerichts (Loseblatt-Sammlung) Ascheid/Preis/Schmidt, Kündigungsrecht Dornbusch/Krumbiegel/Löwisch, Arbeitsrecht Kommentar Arbeitsgericht Arbeitsgerichtsgesetz Arbeitsrechts-Blattei AR-Blattei, Systematische Darstellungen Arbeitsrecht Arbeits-Rechtsberater (Zeitschrift) Arbeitsschutzgesetz Arbeitszeitgesetz Artikel Allgemeiner Teil Arbeit und Arbeitsrecht (Zeitschrift) Auflage Gesetz zur Regelung der Arbeitnehmerüberlassung Arbeit und Recht (Zeitschrift) Ausschussdrucksache Gesetz über die staatliche Anerkennung von Berufsakademien Hessen Bundesausbildungsförderungsgesetz Bundesarbeitsgericht

Abkürzungsverzeichnis BAG SH BAT BayHSchG BB BbgHG BBiG Bd. BDA BeckOGK BeckOK Beck-RS BEEG Begr. BerlHG Beschl. BetrVG BGB BGBl. BGH BHH BHHG BIBB BKS Bl. BLK BMAS BMBF BMMS BMWi BR-Drs. BremH BSG bspw. BT-Drs. Buchst. BUrlG BVerfG BVerfGE BVerfGK BWP bzw. ca. CDU CHE CKK

15

Schleswig-Holsteinisches Berufsakademiegesetz Bundes-Angestelltentarifvertrag Bayerisches Hochschulgesetz Der Betriebs-Berater (Zeitschrift) Brandenburgisches Hochschulgesetz Berufsbildungsgesetz Band Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände beck-online.Großkommentar Beck’scher Online-Kommentar Beck-Rechtsprechung Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz Begründer Berliner Hochschulgesetz Beschluss Betriebsverfassungsgesetz Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Berufliche Hochschule Hamburg Gesetz über die Errichtung und den Betrieb der Beruflichen Hochschule Hamburg Bundesinstitut für Berufsbildung Berg/Kocher/Schumann, Tarifvertragsgesetz und Arbeitskampfrecht Kompaktkommentar Blatt Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung Bundesministerium für Arbeit und Soziales Bundesministerium für Bildung und Forschung Braun/Mühlhausen/Munk/Stück, Berufsbildungsgesetz Kommentar Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Bundesratsdrucksache Bremisches Hochschulgesetz Bundessozialgericht beispielsweise Bundestagsdrucksache Buchstabe Bundesurlaubsgesetz Bundesverfassungsgericht Sammlung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Sammlung der Kammerentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Berufsbildung in Wissenschaft und Praxis (Zeitschrift) beziehungsweise circa Christlich Demokratische Union Centrum für Hochschulentwicklung Clemenz/Kreft/Krause, AGB-Arbeitsrecht Kommentar

16 CSU dass. DB ders. DGB d. h. DHBW DH-ErrichtG DHGE DHSH DHZ dies. DIHK DJT DKW DÖV DRiG Drs. DStR DSW ebd. EFZG Einf. EL ErfK etc. EU EuZA e. V. EzA f./ff. FA FAZ f-bb F&L Fn. FS Gbl. gem. GG ggf. GK-BetrVG GmbH GMP GS GVBl. GWBG

Abkürzungsverzeichnis Christlich Soziale Union dasselbe Der Betrieb (Zeitschrift) derselbe Deutscher Gewerkschaftsbund das heißt Duale Hochschule Baden-Württemberg Gesetz zur Errichtung der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Duale Hochschule Gera-Eisenach Duale Hochschule Schleswig-Holstein Deinert/Heuschmid/Zwanziger, Arbeitsrecht Handbuch dieselbe/dieselben Deutscher Industrie- und Handelskammertag Deutscher Juristentag Däubler/Klebe/Wedde, Betriebsverfassungsgesetz Kommentar Die öffentliche Verwaltung (Zeitschrift) Deutsches Richtergesetz Drucksache Deutsches Steuerrecht (Zeitschrift) Deutsches Studentenwerk ebenda Entgeltfortzahlungsgesetz Einführung Ergänzungslieferung Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht et cetera Europäische Union Europäische Zeitschrift für Arbeitsrecht (Zeitschrift) eingetragener Verein Entscheidungssammlung zum Arbeitsrecht (Loseblatt-Sammlung) folgende Seite(n) Fachanwalt Arbeitsrecht (Zeitschrift) Frankfurter Allgemeine Zeitung Forschungsinstitut Betriebliche Bildung Forschung und Lehre (Zeitschrift) Fußnote Festschrift Gesetzblatt gemäß Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland gegebenenfalls Wiese/Kreutz/Oetker u. a., Gemeinschaftskommentar Betriebsverfassungsgesetz Gesellschaft mit beschränkter Haftung Germelmann/Prütting/Matthes, Arbeitsgerichtsgesetz Kommentar Gedächtnisschrift Gesetz- und Verordnungsblatt Grunsky/Waas/Benecke/Greiner, Arbeitsgerichtsgesetz Kommentar

Abkürzungsverzeichnis HaKo ArbGG Halbbd. HandwO HdB HG HGB HHG HIS HK-ArbR HK-BBiG HK-MiLoG h. M. HMB HmbBAG HmbHG HochSchG RP HochschulR BW HRG Hrsg. HSG LSA HSG SH HSW HWK HwO IAB IG Metall IHK i. S. d. i. V. m. JA JAG HE JAG M-V JKOS jurisPR-ArbR JuS JZ KassKomm KMK KMU KOFA KR KSchG KSchR LAG LHG BW

17

Natter/Gross, Handkommentar Arbeitsgerichtsgesetz Halbband Handwerksordnung Handbuch Hochschulgesetz Handelsgesetzbuch Hessisches Hochschulgesetz Hochschul-Informations-System GmbH Däubler/Hjort/Schubert/Wolmerath, Handkommentar Arbeitsrecht Wohlgemuth/Pepping, Handkommentar Berufsbildungsgesetz Düwell/Schubert, Handkommentar Mindestlohngesetz herrschende Meinung Henssler/Moll/Bepler, Der Tarifvertrag Handbuch Hamburgisches Berufsakademiegesetz Hamburgisches Hochschulgesetz Hochschulgesetz Rheinland-Pfalz Hochschulrecht Baden-Württemberg Hochschulrahmengesetz Herausgeber Hochschulgesetz des Landes Sachsen-Anhalt Gesetz über die Hochschulen und das Universitätsklinikum SchleswigHolstein Das Hochschulwesen (Zeitschrift) Handwerkskammer; auch: Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar Handwerksordnung Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung Industriegewerkschaft Metall Industrie- und Handelskammer im Sinne des/der in Verbindung mit Juristische Arbeitsblätter (Zeitschrift) Juristenausbildungsgesetz Hessen Juristenausbildungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern Jacobs/Krause/Oetker/Schubert, Tarifvertragsrecht Juris PraxisReport Arbeitsrecht Juristische Schulung (Zeitschrift) Juristenzeitung (Zeitschrift) Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht Kultusministerkonferenz kleine und mittlere Unternehmen Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung Bubach/Gallner/Heinkel u. a., Gemeinschaftskommentar Kündigungsschutzrecht Kündigungsschutzgesetz Kündigungsschutzrecht Landesarbeitsgericht Landeshochschulgesetz Baden-Württemberg

18 LPK-SGB IV LT-Drs. MaSiG MiLoG MittAB MüKo MünchHdbArbR MuSchG m. w. N. NdsBAkadG n. F. NHG NJ NJAG NJOZ NJW NJW-RR NK-GA Nr. NRW n. v. NVwZ NWB NWS NZA NZA-RR NZfA o. Ä. öAT OdW OECD OVG PersR RAG RdA RdJB RegE RGBl. RL Rn. S. SaarlBAkadG SächsBAG SächsHSFG SAE SGB

Abkürzungsverzeichnis Winkler, Sozialgesetzbuch IV Kommentar Landtagsdrucksache Maschmann/Sieg/Göpfert, Vertragsgestaltung im Arbeitsrecht Mindestlohngesetz Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung Münchener Kommentar Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht Mutterschutzgesetz mit weiteren Nachweisen Niedersächsisches Berufsakademiegesetz neue Fassung Niedersächsisches Hochschulgesetz Neue Justiz (Zeitschrift) Niedersächsisches Gesetz zur Ausbildung der Juristinnen und Juristen Neue Juristische Online Zeitschrift (Zeitschrift) Neue Juristische Wochenschrift (Zeitschrift) Neue Juristische Wochenschrift – Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (Zeitschrift) Boecken/Düwell/Diller, Gesamtes Arbeitsrecht Nummer Nordrhein-Westfalen nicht veröffentlicht Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (Zeitschrift) Neue Wirtschafts-Briefe (Zeitschrift) Nationale Weiterbildungsstrategie Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht (Zeitschrift) Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht – Rechtsprechungs-Report Arbeitsrecht (Zeitschrift) Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht (Zeitschrift) oder Ähnliche(s) Zeitschrift für das öffentliche Arbeits- und Tarifrecht (Zeitschrift) Ordnung der Wissenschaft (Zeitschrift) Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Oberverwaltungsgericht Der Personalrat (Zeitschrift) Reichsarbeitsgericht Recht der Arbeit (Zeitschrift) Recht der Jugend und des Bildungswesens (Zeitschrift) Regierungsentwurf Reichsgesetzblatt Richtlinie Randnummer Seite; auch: siehe; auch: Satz Saarländisches Berufsakademiegesetz Sächsisches Berufsakademiegesetz Sächsisches Hochschulfreiheitsgesetz Sammlung arbeitsrechtlicher Entscheidungen Sozialgesetzbuch

Abkürzungsverzeichnis SHSG SOFI sog. SozR SPD SR SWK ArbR SZ ThürBAG ThürDHGE-ErrichtG ThürHG TVG TzBfG u. a. u. Ä. UBH Urt. v. VersR VG vgl. VwGO VwVfG W&B WLP WSI z. B. ZFA zit. ZRP ZSR

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Saarländisches Hochschulgesetz Soziologisches Forschungsinstitut Göttingen sogenannt(e/er) Sozialrecht Sozialdemokratische Partei Deutschlands Soziales Recht (Zeitschrift) Grobys/Panzer-Heemeier, StichwortKommentar Arbeitsrecht Süddeutsche Zeitung Thüringer Berufsakademiegesetz (aufgehoben) Thüringer Gesetz über die Errichtung der Dualen Hochschule GeraEisenach Thüringer Hochschulgesetz Tarifvertragsgesetz Teilzeit- und Befristungsgesetz und andere; auch: unter anderem und Ähnliche(s) Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht Kommentar Urteil vom; auch: von; auch: vor Versicherungsrecht (Zeitschrift) Verwaltungsgericht vergleiche Verwaltungsgerichtsordnung Verwaltungsverfahrensgesetz Wirtschaft und Berufserziehung (Zeitschrift); ab 2012 Wirtschaft und Beruf Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB-Recht Kommentar Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut der Hans-BöcklerStiftung zum Beispiel Zeitschrift für Arbeitsrecht (Zeitschrift) zitiert als Zeitschrift für Rechtspolitik (Zeitschrift) Zeitschrift für Sozialreform (Zeitschrift)

Erster Teil

Grundlagen § 1 Einführung A. Themenaufriss: Das duale Studium als Hybridformat Belastbarkeit, Anpassungsfähigkeit, Ziel- und Lösungsorientiertheit, Teamfähigkeit, Flexibilität – dies sind nur einige von zahlreichen essentiellen Soft Skills, die zunehmend auf dem Arbeitsmarkt Platz greifen und die heute bei Neueinstellungen von Kandidaten1 partout vorausgesetzt werden. Die Hard Skills, kurzum die für den jeweiligen Beruf erforderlichen, nüchternen Fachkompetenzen, treten zwar keineswegs in den Hintergrund, sie bauen aber erst auf den sozialen und kommunikativen Fähigkeiten auf. Ohne dieses Fundament ist die Wertigkeit der fachspezifischen Kenntnisse in der Arbeitsrealität der globalisierten und digitalisierten Welt deutlich reduziert. Für den „Kompetenzwettlauf“, der sich in vielen Branchen sprunghaft Bahn bricht, sind die Absolventen dualer Studiengänge bestens gerüstet; sind es doch gerade sie, die sich frühzeitig polyvalentes Wissen angeeignet und dieses unmittelbar in praxi unter Erprobung der benannten Soft Skills multifunktional angewendet haben. Was nach einer „Win-Win-Situation“ klingt, birgt indes auch vielschichtige Risiken. Die Kehrseite edelmütiger Motive sind raue ökonomische Interessen seitens der Kooperationsbetriebe, die zuvorderst ihren organisatorischen Einsatz amortisiert wissen wollen. Juristisch gilt es, die unterschiedlichen Strömungen rund um das duale Studium zu kanalisieren – entweder mit den Instrumenten des Arbeitsrechts oder den Mitteln des Hochschulrechts. Das Recht der beruflichen Bildung im Allgemeinen und duale Studiengänge im Speziellen führen in der juristischen Fachwelt ein Schattendasein. Demgegenüber entwickeln sich die dualen Studiengänge, die als Brücke zwischen den Säulen der beruflichen und akademischen Bildung fungieren,2 ungebrochen rasant. Empirisch lässt sich geradezu eine Art „Boom“ des dualen Studiums ermitteln,3 es ist die am 1 Zwecks besserer Lesbarkeit wird ausschließlich das generische Maskulinum verwendet. Gleichwohl sind dabei stets alle Personen unabhängig von ihrem Geschlecht (männlich, weiblich, divers) gleichermaßen eingeschlossen. 2 Faßhauer/Severing, in: dies. (Hrsg.), Verzahnung beruflicher und akademischer Bildung, 2016, 7, 14. 3 BIBB, AusbildungPlus 2019, 2020, 12 f.; dass., AusbildungPlus 2016, 2017, 8 f.; bezugnehmend auch auf frühere Statistiken etwa L. Becker, Duales Studium, 2011 (http://www.

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1. Teil: Grundlagen

schnellsten wachsende Studienform hierzulande.4 Mittlerweile hat die Anzahl dual Studierender die Marke von 100.000 überstiegen und sich damit in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt.5 Im Zuge dieses dynamischen Emporkommens ist die in der öffentlichen Wahrnehmung recht neuartige Bildungsform an der Nahtstelle zwischen beruflicher und akademischer Ausbildung auch verstärkt in den medialen Fokus gerückt – zumeist mit ausschließlich positiver Konnotation.6 Karrieremessen ohne Vorstellung der weithin als Erfolgsmodell geltenden dualen Studiengänge sind heutzutage undenkbar, sie genießen bei Nachwuchskräften wie Unternehmen gleichermaßen einen exzellenten Ruf. Didaktisch gilt das duale Studium als „Königsweg der integrierten Vermittlung von wissenschaftlichen und berufspraktischen Kompetenzen“.7 Duale Studienkonzepte sind geradezu dafür prädestiniert, die Chancen der Digitalisierung etwa auf dem Feld des blended learning,8 einem besonders flexiblen, integrativen Lernmodell, das Präsenzveranstaltungen systematisch mit selbstorganisiertem Online-Wissenstransfer (sogenanntes E-Learning) kombiniert, zu nutzen.9 Auf bildungspolitischer Ebene wird im quantitativen Wachstum dualer Studienangebote gar eine verheißungsvolle Antwort auf den bestehenden und noch mehr drohenden Fachkräftemangel in der Bundesrepublik Deutschland gesehen.10 faz.net/aktuell/beruf-chance/campus/duales-studium-souveraen-in-zwei-welten-11047.html? printPagedArticle=true#pageIndex_0) (geprüft am 31. 5. 2022); Göres, Das duale Studium boomt, 2017 (http://www.sueddeutsche.de/bildung/duales-studium-mit-zwei-truempfen-ins-berufs leben-1.3417664) (geprüft am 31. 5. 2022); Nickel/Püttmann/Schulz, Trends im berufsbegleitenden und dualen Studium, 2018, 16, 26. 4 L. Becker, FAZ 17. 7. 2012, 10; Lachmann/Sailmann, IAB-Forum 2014, 82; Spiewak, Die Zeit 8. 5. 2014, 65. 5 BIBB, AusbildungPlus 2019, 2020, 12; dass., AusbildungPlus 2016, 2017, 9; ja sogar von einem „Siegeszug des dualen Studiums“ spricht daher in übertragener Bedeutung Haug, OdW 2014, 67, 72. 6 Demmer, Welche Vorteile bietet ein duales Studium?, 2021 (https://www.sueddeutsche.de/ karriere/studium-duales-studium-ausbildung-uni-1.5282704) (geprüft am 31. 5. 2022); Göres, Das duale Studium boomt, 2017 (http://www.sueddeutsche.de/bildung/duales-studium-mitzwei-truempfen-ins-berufsleben-1.3417664) (geprüft am 31. 5. 2022); Grün, Alles auf einmal, 2019 (https://www.sueddeutsche.de/politik/duales-studium-alles-auf-einmal-1.4493989) (geprüft am 31. 5. 2022); Lechtape, Duales Studium, 2020 (https://www.faz.net/aktuell/karrierehochschule/hoersaal/duales-studium-niemals-richtig-semesterferien-16585759.html?printPaged Article=true#pageIndex_2) (geprüft am 31. 5. 2022); Nolte, Die Zeit Sonderheft „Chancen“ 9. 10. 2014, 16 ff.; Olbrisch, Duales Studium, 2011 (http://www.spiegel.de/lebenundlernen/uni/ duales-studium-doppelt-schuften-fuer-die-firmenkarriere-a-734847.html) (geprüft am 31. 5. 2022); Spiewak, Die Zeit 8. 5. 2014, 65 f.; Uhtenwoldt, Duales Studium, 2017 (https://www.faz. net/aktuell/karriere-hochschule/campus/ist-das-duale-studium-besser-als-sein-ruf-15274870. html?printPagedArticle=true#pageIndex_3) (geprüft am 31. 5. 2022). 7 Konegen-Grenier/Winde, Bildungsinvestitionen der Wirtschaft, 2016, 24. 8 Vgl. etwa jüngst den Fall LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 29. 1. 2019 – 5 Sa 105/ 18, NJ 2019, 261. 9 Vgl. auch CHE/f-bb, Duales Studium: Umsetzungsmodelle und Entwicklungsbedarfe, 2022, 330. 10 BT-Drs. 19/14431, 16; Berthold/Leichsenring/Kirst u. a., Demographischer Wandel und Hochschulen, 2009, 32 f.; Wolter/Kamm/Lenz u. a., Potenziale des dualen Studiums, 2014, 15.

§ 1 Einführung

23

Das duale Studium mit den hohen Erwartungen, die mit der gesamten Konzeption auf den vielschichtigen Ebenen für die unterschiedlichen Akteure verbunden werden, bedarf eines transparent abgesteckten Rechtsrahmens. Dabei gibt es duale Studiengänge bereits seit den 1970er-Jahren, sodass auf tatsächlicher Ebene nicht zwingend von einem erst neuartigen Phänomen zu sprechen ist.11 In rechtlicher Hinsicht ist der Bildungstypus des dualen Studiums nichtsdestoweniger weitgehend unerforscht. Dieses Vakuum gilt es zu füllen sowie das dadurch entstehende Gefühl von Rechtsunsicherheit unter den beteiligten Akteuren zu lösen,12 um dem Entstehen tiefgreifender Praxisprobleme bei der Behandlung dual Studierender vorzubeugen respektive bereits bestehende Konflikte auszuräumen. So reizen die Unternehmen etwa ihre bisher nicht exakt begrenzten Spielräume vor allem auf dem Feld der Vertragsgestaltung weit – und stellenweise auch über Gebühr – aus, um ihre getätigten Investitionen in die dualen Studienangebote durch Mitarbeiterbindung sowie Nachwuchssicherung in Profit umwandeln zu können. Partiell kommt es vor, dass für dual Studierende innerhalb desselben Studiengangs am gleichen Standort völlig unterschiedliche betriebliche Regelungen gelten.13 Bundesgesetzlich gibt es keinerlei Sondervorschriften für duale Studiengänge,14 insbesondere hält auch das Berufsbildungsgesetz (BBiG) keine ausdrückliche Normierung des hybriden Bildungsformats bereit. Dies wird von der Gewerkschaftsseite15 und im Berufsbildungsbericht 201916 ausdrücklich moniert und eine Erweiterung des Geltungsbereichs des BBiG auf dual Studierende gefordert.17 Auch

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So aber etwa HWK/C. S. Hergenröder, 2022, § 2 BBiG Rn. 1. Intransparenz bei der vertraglichen Absicherung dual Studierender und ein dadurch erhöhter arbeitsrechtlicher Informationsbedarf wurde auch deutlich in der Studie CHE/f-bb, Duales Studium: Umsetzungsmodelle und Entwicklungsbedarfe, 2022, 217 f., 317. 13 Krone, Stellungnahme für die Anhörung des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung, Ausschussdrs. 19(18)124e, 2019, 6, die einen gesteigerten Vereinheitlichungsbedarf sieht. 14 Einzig im Bereich des öffentlichen Dienstes wirkt die Richtlinie des Bundes für duale Studiengänge und Masterstudiengänge vom 1. September 2018 bundesweit. 15 DGB Bundesverband, Position zum Dualen Studium, 2019, 23 f. 16 BMBF, Berufsbildungsbericht 2019, 2019, 158, 160. 17 In dasselbe Horn stoßen etwa die SPD, DIE LINKE wie auch nachdrücklich der DGB im Vorfeld der BBiG-Novelle, vgl. SPD, Pressemitteilung 007/19, 2019 (https://www.spd.de/pres se/pressemitteilungen/detail/news/beschluss-des-spd-parteivorstands-am-28-januar-2019-berufs ausbildung-modernisieren-aber-richtig/28/01/2019/) (geprüft am 31. 5. 2022); siehe zum Vorbringen der SPD auch Gillmann, SPD will gleiche Regeln für Ausbildung und duales Studium – Kritik an Berufsbildungsgesetz, 2019 (https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/ausbil dung-spd-will-gleiche-regeln-fuer-ausbildung-und-duales-studium-kritik-an-berufsbildungsge setz/24497760.html) (geprüft am 31. 5. 2022); zum Antrag der Partei DIE LINKE BT-Drs. 19/ 10757, 2 f.; sowie DGB, Stellungnahme zum Referentenentwurf, 2019, 5; ebenso der Ausschussbericht der Sachverständigen Krone, Stellungnahme für die Anhörung des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung, Ausschussdrs. 19(18)124e, 2019, 9 f. 12

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1. Teil: Grundlagen

im Zuge der jüngsten Novellierung des BBiG, die zum 1. 1. 2020 in Kraft trat,18 ist das Thema etwaigen Regulierungsbedarfs im Bereich dualer Studiengänge verstärkt auf die Tagesordnung gerückt, wobei der Bundestag im Ergebnis einen Entschließungsantrag angenommen hat,19 nach dem die Bundesregierung aufgefordert wurde, wissenschaftlich untersuchen zu lassen,20 ob sich aus der bisherigen Entwicklung dualer Studiengänge ein Anlass für Regelungsbedarf herleitet und in welcher Form dieser gegebenenfalls besteht.21 Die von Oktober 2020 bis April 2022 durchgeführte Studie22 bietet dabei eine aktuelle Standortbestimmung,23 jedoch keine abschließend feststehende Entscheidungsgrundlage für etwaige Umgestaltungen des Arbeitsrechts.24 Zu hinterfragen ist daher weiterhin, ob der Gesetzgeber akut tätig werden muss oder ob die bereits bestehenden Rechtssätze – jedenfalls aus arbeitsrechtlicher Perspektive – einen ausreichenden Schutz gewährleisten. Schlüsselbedeutung kommt der Frage zu, wie das Rechtsverhältnis zwischen dual Studierenden und Kooperationsbetrieben zu qualifizieren ist. Dabei spielt auch das föderative Kompetenzgefüge eine beachtenswerte Rolle, könnte eine Ausdehnung des BBiG im Bereich dualer Studienangebote durch den Bundesgesetzgeber doch wegen verfassungswidriger Modifizierung des Hochschulrechts einen schwerwiegenden Eingriff in Länderkompetenzen (Art. 30, 70 GG) bedeuten.25 Die Beteiligten haben regelmäßig ein ausgeprägtes Interesse daran, rechtssicheren Boden bei Einstellungs- und Beschäftigungsfragen zu betreten. Häufig sind die Kooperationspartner aber selbst nicht umfassend über Rechte und Pflichten im 18 BT-Drs. 19/10815 (Gesetzesentwurf); BT-Drs. 19/14431 (Beschlussempfehlung und Bericht); BR-Drs. 559/19 (Beschluss); BGBl. 2019 I, 2522. 19 BT-Drs. 19/14431, 16 f. 20 Das Ziel der wissenschaftlichen Untersuchung sollte insbesondere darin bestehen, einen umfassenden Überblick („systematic review“) etwa über die vielfältigen Gestaltungsformen des dualen Studiums in den Ländern, die Verzahnungsmechanismen der unterschiedlichen Lernorte sowie die wirtschaftliche, rechtliche und soziale Stellung zu erlangen. Mit der Umsetzung der Studie wurden das Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) und das Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) beauftragt, BT-Drs. 19/31267, 1. 21 BT-Drs. 19/14431, 16 f.: Hierin anerkennt der Bundestag auch die hohe Bedeutung sowie den Mehrwert dualer Studienangebote und begrüßt das exponentielle Wachstum. 22 CHE/f-bb, Duales Studium: Umsetzungsmodelle und Entwicklungsbedarfe, 2022, passim. 23 BMBF, Berufsbildungsbericht 2022, 2022, 35. 24 Auf der Basis der Ergebnisse der Studie sollen der Hauptausschuss des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) sowie die Kultusministerkonferenz (KMK) nunmehr gemeinsam Empfehlungen zu geeigneten Rahmenbedingungen für duale Studiengänge erarbeiten; eine zügige Beratung der Ergebnisse des Evaluationsauftrags zum dualen Studium mit allen relevanten Akteuren wird angekündigt im Koalitionsvertrag zwischen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP – 20. Legislaturperiode, Mehr Fortschritt wagen, 7. 12. 2021, 52. 25 Warnend Hufen, Rechtsgutachten zur Ausdehnung des BBiG auf die Praxisphasen dualer Studiengänge, 2019, 35, der das duale Studium „durch die vom bundesweiten Arbeitsrecht ausgehenden Vereinheitlichungstendenzen zutiefst gefährdet“ sieht; a. A. Velikova, DGBGutachten zur Möglichkeit der Normierung von Schutzbestimmungen für die dual Studierenden – n.v., 2015, 10 ff.

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dualen Studium informiert und auch die höchstrichterliche Rechtsprechung trägt – wie noch herauszudestillieren sein wird – nur eingeschränkt zur Aufhellung bei. Eine besondere Herausforderung der Rechtsanalyse besteht in der Zusammenfassung unterschiedlichster Spielarten unter den Begriff des dualen Studiums, die eine Typologisierung notwendig macht, sowie der Frage der Anwendbarkeit individual- und kollektivarbeitsrechtlicher Normen an der Schnittstelle zwischen Privatrecht und öffentlichem Recht. Die Brisanz wird dadurch verstärkt, dass sich in der Praxis arbeitsrechtliche Konflikte einhergehend mit dem schwunghaften Wachstum dualer Studiengänge künftig immer häufiger ergeben werden, sodass es dringlich einer Klarstellung bedarf, inwieweit der Rechtsrahmen des Arbeitsrechts auf das duale Studium Anwendung findet. In diesem Zuge wird auch der Frage nachgegangen, ob neue Spezialregelungen erlassen werden müssen, um den Interessen der beteiligten Akteure gerecht zu werden. Das Ziel der Studie besteht dabei vorwiegend darin, den in einigen Teilbereichen diagnostizierten rechtlichen Schwebezustand aufzuheben und so einen Beitrag dafür zu leisten, eine Neuinterpretation des inkrementell florierenden dualen Studiums anzustoßen. Zentrales Charakteristikum des dualen Studiums ist die inhaltliche Verzahnung von wissenschaftlicher und praktischer Ausbildung an mindestens zwei curricular verbundenen Lernorten. Dies ist zum einen die Hochschule oder eine vergleichbare Institution wie eine Berufsakademie, bei der die Vermittlung theoretischen Wissens im Vordergrund steht, sowie zum anderen die kooperierende Ausbildungsstätte, die für die Vermittlung von Praxiswissen zuständig ist. Auch soziale Organisationen oder staatliche Einrichtungen kommen statt der privatwirtschaftlichen Kooperationsunternehmen als duale Studienakteure in Betracht.26 Es entsteht ein Konglomerat aus Theorie und Praxis, das die klassische grundständige Hochschulausbildung systematisch um zeitlich ebenso lange Praxisphasen im Unternehmen ergänzt. Dabei steht in erster Linie der Erwerb berufspraktischen Wissens im Mittelpunkt. So kommt es zeitlich zu einer Vorverlagerung der Vermittlung beruflicher Handlungsfähigkeit, die in § 1 Abs. 2 – 4 BBiG als ausdrückliches Ziel der Berufsbildung normiert ist und die unterdessen auch in der Hochschulausbildung27 vermehrt in den Fokus rückt,28 sowie damit einhergehend zu einer deutlichen Erhöhung der Beschäftigungsfähigkeit – die sogenannte Employability – der Absolventen dualer Studiengänge. 26

Im Folgenden werden soziale Organisationen und staatliche Einrichtungen unter die Begriffe „Kooperationsunternehmen“, „Ausbildungsunternehmen“ u. Ä. gefasst und damit der betrieblichen Seite (Lernort Betrieb) zugeordnet. 27 Siehe bundesgesetzlich etwa die §§ 2 Abs. 1 Satz 2, 10 Abs. 1 Satz 3 HRG. Im Zuge der Föderalismusreform 2006 ist die Rahmengesetzgebungskompetenz des Bundes (Art. 75 Abs. 1 Nr. 1a GG a. F.) weggefallen. Das HRG kann nicht mehr geändert werden, es gilt aber gemäß Art. 125a Abs. 1 GG als Bundesrecht fort und kann durch Landesrecht ersetzt werden; alle Bundesländer haben von ihrer Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht und Landeshochschulgesetze erlassen. 28 Vgl. BT-Drs. 15/3980, 43.

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1. Teil: Grundlagen

B. Duale Studiengänge – damals und heute In welchem Ausmaß das duale Studium als hybride Ausbildungsform29 im tertiären Bildungsbereich in seinen unterschiedlichen Erscheinungsformen breitgefächerte arbeitsrechtliche Problemstellungen aufwirft und inwieweit diesbezüglich auch die Gerichte Schwierigkeiten bei der Rechtsanwendung haben, wird Gegenstand der hiesigen Untersuchungen sein. Häufig werden dual Studierende seitens der Ausbildungsunternehmen als vollwertige Arbeitskräfte eingesetzt, obwohl das Hauptaugenmerk auf der Lernkomponente liegen sollte, um den jeweiligen Abschluss nicht zu gefährden. Bei der Erforschung der rechtlichen Spannungsfelder ist stets eine Brücke von der sozialen Ebene der Berufsbildung zum Berufsbildungsrecht zu schlagen, um einer Abschottung der Fachdiskurse entgegenzuwirken – eine isolierte rechtliche Betrachtung unter Außerachtlassen der soziologischen Aspekte ist in einer sich stets wandelnden, digitalisierten Arbeitswelt nicht zielführend. Duale Studiengänge wurden bereits aus soziologisch-empirischer30 und betriebswirtschaftlicher31 Sicht untersucht, die Suche nach einer rechtswissenschaftlich konzentrierten Abhandlung schlägt hingegen fehl.32 Eine solche ist indes angesichts fehlender Spezialregelungen und partiell unklarer Rechtslage dringend erforderlich. Erster Ansatzpunkt für das grundlegende Verständnis ist zunächst die historische Genese dualer Studiengänge.

I. Ursprung und geschichtliche Entwicklung Die Grundsteinlegung des Bildungsformats „duales Studium“ liegt deutlich länger zurück, als es in der öffentlichen Wahrnehmung scheint. Während in Anbetracht des derzeitigen Aufflammens des hybriden Konzepts großflächig die Annahme vorherrscht, duale Studiengänge gäbe es erst seit kurzer Zeit in der hiesigen Bildungslandschaft, existieren diese tatsächlich bereits seit mehr als vierzig Jahren.33

29 Graf, Hybridization of Vocational Training and Higher Education, 2013, 91: „hybrid organizational form“. 30 Purz, Duale Studiengänge, 2011, 149 ff.; Rennert, Duales Studium, 2017, 85 ff. 31 Boder, Rekrutierung und Bindung von Nachwuchskräften, 2016, passim. 32 In Teilen auch das duale Studium anreißend Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, wobei der Schwerpunkt der Untersuchung klar auf den Praktikantenverhältnissen im engeren Sinne liegt; für mehr Aufmerksamkeit im wissenschaftlichen Diskurs auch Hartwich, DÖV 2010, 969, die darauf hinweist, dass die Diskussion zur rechtlichen Ausgestaltung von dualen Studiengängen hauptsächlich von Praktikern geführt werde; ebenfalls jüngst für mehr Aufmerksamkeit werbend Düwell, NZA 2021, 28 ff. 33 So war bereits in den 1960er-Jahren vorherzusehen, dass es – retrospektiv geblickt – Ausbildungsformen, die theoretischen Anschauungsunterricht und praktische Arbeit miteinander verbinden, in steigendem Maße geben würde, vgl. Glaß, Forschungsbericht, 1964, 5.

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1. Auslösender Faktor Die Gründe der damaligen Installation dualer Studienangebote liegen auf einer ähnlichen Ebene wie die Ursache für die im letzten Jahrzehnt vollzogene massive Ausbreitung des dualen Studiums. Damals wie heute war eine starke Expansion der Abiturientenzahlen („Abiturientenschwemme“) der wesentliche Impulsgeber.34 Die wiederum daraus resultierende Erhöhung der Hochschulabsolventenzahl brachte in den 1960er-Jahren die Befürchtung mit sich, dass zunehmend der Bedarf an graduierten Akademikern gedeckt sein und ein Fachkräftemangel aufkommen könnte.35 Infolge dessen ist der Gedanke entstanden, duale Ausbildungen außerhalb des Sekundarbereichs als alternatives tertiäres Bildungsformat mit dem Schwerpunkt auf anwendungsorientierter Lehre anzubieten, um einer prognostizierten Theorielastigkeit der Bildungsgänge entgegenzuwirken.36 Auf diese Weise sollten zum einen die Hochschulen entlastet, zum anderen die berufliche Bildung mehr in den Fokus gerückt werden.37 Auch der in der Zeit von 1965 bis 1975 formierte Bildungsrat empfahl in den Folgejahren eine Ergänzung der praktischen Ausbildung um mehr theoretische Bezüge sowie des theoretischen Lernens um mehr Praxisorientierung,38 was letztlich durch die Verabschiedung des HRG im Jahre 1976 als eine der wichtigsten Aufgaben der Studienreform eingestuft wurde.39 Gegenwärtig stellt die Erhöhung der Beschäftigungsfähigkeit nach wie vor die Hauptstärke des dualen Studiums dar, sodass die Sicherung des Praxisbezugs – beflügelt durch die 1999 in Gang gesetzte Bologna-Reform – weiterhin zentrales bildungspolitisches Motiv für die Unterstützung des interdisziplinären Studienformats ist.40 2. Entstehungs- und Etablierungsphase Zu Beginn waren duale Studienangebote noch außerhalb des Hochschulsystems angesiedelt. Spezielle Berufsakademien wurden schon in den 1970er-Jahren als 34

Wolter, in: Faßhauer/Severing (Hrsg.), Verzahnung beruflicher und akademischer Bildung, 2016, 39; anders hingegen Beschorner, W & B 2009, 13, der das Aufkeimen von mehr Praxisnähe in der wissenschaftlichen Ausbildung als Reflex auf die Politisierung der Universitäten nach der „68er-Bewegung“ begreift. 35 Boder, Rekrutierung und Bindung von Nachwuchskräften, 2016, 7; Brünner/Chvosta/ Oertel, in: Faßhauer/Severing (Hrsg.), Verzahnung beruflicher und akademischer Bildung, 2016, 63, 68 f.; Maschke, Duales Studium als Exportmodell, 2015, 4; Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Entwicklung des dualen Studiums, 2013, 15. 36 Ders., Duale Studiengänge an Fachhochschulen, 1997, 8; diesbezüglich zitiert Osswald, Die Berufsakademie Baden-Württemberg, 1988, 18 f. einen Brief der Daimler-Benz AG vom 23. 8. 1971 an das Kultusministerium, in dem das Unternehmen gesteigertes Interesse an einem dualen Studiensystem signalisiert. 37 Wolter, in: Faßhauer/Severing (Hrsg.), Verzahnung beruflicher und akademischer Bildung, 2016, 39. 38 Deutscher Bildungsrat, Strukturplan für das Bildungswesen, 1972, 35. 39 BT-Drs. 8/2061, 2 f.; H. A. Hesse, MittAB 1979, 138, 138 ff. 40 Siehe dazu noch unter § 2 A.

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1. Teil: Grundlagen

duale Studienanbieter errichtet, wobei das Land Baden-Württemberg die Rolle des Pioniers einnahm und 1974 die erste Berufsakademie als eigenständige Institution aufbaute.41 Die Idee der Schaffung von alternativen Ausbildungspfaden war indes nicht neu. Bereits 1968 haben die Länder als Alternative zum Universitätsstudium die Gründung von Fachhochschulen42 beschlossen,43 an denen bis heute eine praxisorientierte Ausbildung bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der wissenschaftlichen Basis stattfindet.44 In diese Zeit fällt auch das Inkrafttreten des BBiG, das als rechtliche Grundlage für die klassische Berufsausbildung im Jahre 1969 durch die große Koalition beschlossen wurde und die seinerzeitig zunehmende Beschäftigung mit dem Bildungswandel unterstreicht.45 Gestützt auf die damals hervorstechende Grundstimmung, eine verstärkt praktisch ausgerichtete Ausbildung ins Bildungssystem zu implementieren, wurden auch die dualen Studiengänge ins Leben gerufen.46 Als „Spiritus Rector“ können dabei die drei baden-württembergischen Großunternehmen Robert Bosch GmbH, Daimler-Benz AG und Standard Elektrik Lorenz AG angesehen werden, die infolge der beschriebenen bildungspolitischen Unwägbarkeiten ihren Nachwuchs frühzeitig eigeninitiativ rekrutieren und binden wollten.47 Ausgangspunkt des heutigen Verständnisses dualer Studiengänge war damit angesichts der in der Landeshauptstadt Baden-Württembergs ansässigen Unternehmen das sogenannte „Stuttgarter Modell“, das am 15. Juli 1972 verkündet wurde.48 Dieses praxisverknüpfende Studium fand an der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie Stuttgart statt und ebnete den Weg der Ausdehnung dualer Bildung 41 Wolter, in: Faßhauer/Severing (Hrsg.), Verzahnung beruflicher und akademischer Bildung, 2016, 39. 42 Inzwischen treten zunehmend synonyme Bezeichnungen wie z. B. „Hochschule“, „Hochschule für angewandte Wissenschaften“ oder die englische Version „University of Applied Sciences“ auf, wobei diese Formate ebenso Forschung und Lehre mit anwendungsorientiertem Schwerpunkt auf Wissenschaftsbasis betreiben, sodass im Folgenden der Begriff „Fachhochschule“ für alle vergleichbaren Hochschultypen gilt. 43 Epping, in: Hartmer/Detmer (Hrsg.), Hochschulrecht, 2017, Kapitel 2 Rn. 10. 44 Vgl. Boder, Rekrutierung und Bindung von Nachwuchskräften, 2016, 7; ausgehend von der Bologna-Reform kam es im Laufe der Jahre zu einer Annäherung von Universitäten und Fachhochschulen, weil beide in Anlehnung an die einheitliche Regelung des § 1 Satz 1 HRG institutionell zunehmend Praxisbezüge akzentuieren, vgl. BVerfG, Beschl. v. 13. 4. 2010 – 1 BvR 216/07, BVerfGE 126, 1 = NVwZ 2010, 1285, Rn. 44 f.; insoweit wurden die ehemals vorhandenen deutlichen Unterschiede aufgrund der Reform höchstrichterlich ausdrücklich aufgegeben BVerfG, Beschl. v. 20. 10. 1982 – 1 BvR 1467/80, BVerfGE 61, 210; BVerfG, Beschl. v. 29. 6. 1983 – 2 BvR 720/79, BVerfGE 64, 323 = AP GG Art. 33 Abs. 5 Nr. 3. 45 Vertiefend zur Historie des Berufsbildungsrechts B. Natzel, Berufsbildungsrecht, 1982, 3 ff.; zur grundlegenden Reform des BBiG im Jahre 2005 siehe zudem etwa I. Natzel, DB 2005, 610 ff. 46 Wissenschaftsrat, Stellungnahme zu den Berufsakademien, 1994, 6. 47 Berthold/Leichsenring/Kirst u. a., Demographischer Wandel und Hochschulen, 2009, 53; Gensch, Dual Studierende, 2014, 6; Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Entwicklung des dualen Studiums, 2013, 15. 48 Vgl. Gensch, Dual Studierende, 2014, 6.

§ 1 Einführung

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auf den Tertiärbereich.49 Auch in der Presse fand die Geburtsstunde der neuartigen Studienform positiven Anklang, sodass diese einer breiteren Öffentlichkeit bekannt gemacht werden konnte.50 Die nur zwei Jahre später im Oktober als Modellversuch ausgelegte Gründung der ersten Berufsakademie durch den Beschluss des Ministerrates vom 28. Mai 1974 war die logische Konsequenz dieser vorangegangenen Entwicklung. In den Folgejahren wurde das Projekt weiter verfeinert und sukzessive bundeslandübergreifend ausgeweitet.51 1981 kam es zur erstmaligen Übernahme des Konzepts an einer Fachhochschule in Nordrhein-Westfalen,52 bevor ein Jahr später das „Gesetz über die Berufsakademie im Land Baden-Württemberg“53 in Kraft trat und den Modellversuch zur Regeleinrichtung mutieren ließ.54 Das Fortschreiten des Ausbaus dualer Studiengänge stagnierte sodann zunächst, bis sich entscheidend auch der Wissenschaftsrat als zentrales Beratungsgremium auf dem Gebiet der deutschen Wissenschaftspolitik55 1993 für die Erweiterung dualer Studienangebote aussprach.56 Der Grund für die in den 1980er- und frühen 1990er-Jahren zu konstatierende Stagnation ist wohl darin zu erblicken, dass Zweifel hinsichtlich der wissenschaftlichen Qualität dualer Studiengänge vor dem Hintergrund einer etwaigen Annäherung an die klassische Berufsausbildung laut wurden.57 Diese Befürchtungen defizitärer wissenschaftlicher Fundierung konnten indes beseitigt werden, indem unter anderem der Wissenschaftsrat und die frühere Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (BLK) die Vorzüge des Formats explizit herausstellten.58 Seit Ende der 1990er-Jahre haben sich die dualen Studiengänge als fester Bestandteil des Bildungssystems als dritter Studiengangtypus etabliert,59 was maßgeblich damit zusammenhängt, dass die Kultusministerkonferenz 1995 die 49

Vgl. A. Becker, Duale Studiengänge, 2006, 13. Matthiesen, Die Zeit 22. 6. 1973, 17, 18. 51 Vgl. Bleich, FS 40 Jahre Duales Studium (Bd. 1), 2015, 75, 77; Budde, HSW 2010, 82, 83; Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Entwicklung des dualen Studiums, 2013, 15 f. 52 A. Becker, Duale Studiengänge, 2006, 14; Boder, Rekrutierung und Bindung von Nachwuchskräften, 2016, 8; Schlegel, W & B 2005, 9. 53 Gbl. Baden-Württemberg 1982, 133. 54 Vgl. Berthold/Leichsenring/Kirst u. a., Demographischer Wandel und Hochschulen, 2009, 53; Pastohr, Die Leistungsfähigkeit von Systemen tertiärer Bildung, 2009, 15. 55 Vertiefend zum Wissenschaftsrat als Instrument des kooperativen Förderalismus und der Politikberatung Benz, in: Flämig/Krimminich/Krüger u. a. (Hrsg.), Handbuch des Wissenschaftsrechts, 1996, 1667, 1667 ff. m. w. N. 56 Wissenschaftsrat, 10 Thesen zur Hochschulpolitik, 1993, 35 f.; dies wurde nochmals bestärkt in ders., Duale Studiengänge an Fachhochschulen, 1997, 52. 57 Vgl. Berthold/Leichsenring/Kirst u. a., Demographischer Wandel und Hochschulen, 2009, 13; Gensch, Dual Studierende, 2014, 6. 58 BLK, Perspektiven für die duale Bildung, 2003, 54 ff.; Wissenschaftsrat, Duale Studiengänge an Fachhochschulen, 1997, 52 ff. 59 Vgl. Budde, HSW 2010, 82, 83; aktuell auch BMBF, Berufsbildungsbericht 2022, 2022, 35. 50

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1. Teil: Grundlagen

Abschlüsse der Berufsakademien als vollwertig anerkannt hat.60 Jene Abschlüsse im tertiären Bildungssektor entsprachen damit auch den Vorgaben der europäischen Hochschuldiplomrichtlinie61 und erfuhren dementsprechend weiter überregionale Aufmerksamkeit. Dieser stetige Entwicklungsprozess ist nicht abgeebbt, mündete 2009 in die Errichtung der ersten Dualen Hochschule Deutschlands und könnte in den nächsten Jahren durchaus noch fortgeführt werden. Die Duale Hochschule Baden-Württemberg (DHBW), die aus den vormals acht Berufsakademien des Landes hervorgegangen ist und einen speziellen, in § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 des Landeshochschulgesetzes Baden-Württemberg (LHG BW) verankerten Hochschultyp darstellt,62 ist heute als prägender Schrittmacher der dualen Studienform zu bezeichnen. War der Erwerb berufspraktischer Kenntnisse und Fertigkeiten früher noch fester Bestandteil während der Berufseinstiegsphase, so hat sich dies heutzutage zunehmend in die Studienzeit vorverlagert.63

II. Empirie des tatsächlichen Vorkommens Dualen Studiengängen kommt sowohl aus Studierenden- als auch aus Unternehmenssicht angesichts der großen Bandbreite und der exponentiellen Zunahme von Angebot und Nachfrage eine immer wichtigere Bedeutung zu.64 Nicht nur die drei Kooperationspartner tragen zum Aufkeimen dieser Bildungsform bei, sondern auch die bildungspolitischen Akteure üben positiven Einfluss auf den Ausbau dualer Studiengänge aus. Sie verbinden mit dieser Strömung gesellschaftspolitische Hoffnungen und unterstützen das duale Studium großflächig. So entwickeln sich die dualen Studienangebote neben der dualen Berufsausbildung und dem Hochschulstudium immer mehr zu einem dritten möglichen Bildungsweg im Anschluss an die schulische Laufbahn.65

60 Punkt 1 des Beschlusses der Kultusministerkonferenz vom 29. 9. 1995, Berufsakademien im tertiären Bereich, 1. 61 RL 89/47/EWG, ABl. EG 1989 Nr. L 19, 16. 62 Vgl. Art. 1 des Gesetzes zur Errichtung der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DH-ErrichtG) vom 3. 12. 2008, GBl. Baden-Württemberg 2008, 435. Die DHBW ist eine rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts; siehe auch Gerber/Pautsch, in: Haug (Hrsg.), Das Hochschulrecht in Baden-Württemberg, 2020, Kapitel 4 Abschnitt D. Rn. 1048 f. 63 Vgl. auch Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 37. 64 Vgl. BMBF, Berufsbildungsbericht 2020, 2020, 30; siehe auch Autorengruppe Bildungsberichterstattung, Bildung in Deutschland 2020, 2020, 191. 65 Vgl. auch BIBB, AusbildungPlus 2019, 2020, 9: Etablierung des dualen Studiums als Studienprofil; ähnlich BMBF, Berufsbildungsbericht 2022, 2022, 35.

§ 1 Einführung

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1. Zahlenmäßige Entwicklung Die umfassende Verbreitung dualer Studiengänge wird durch statistische Datenerhebungen unterstrichen. Die teils starke Divergenz der Angebotsausformung im Bereich jenes Bildungstyps ergibt sich schon vor dem Hintergrund, dass Interessierte im Rahmen der Erstausbildung ausweislich der repräsentativen Datenbank „AusbildungPlus“ des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) zwischen mehr als 1.600 dualen Studiengängen mit über 50.000 beteiligten Kooperationsunternehmen wählen können.66 Im Jahr 2019 betrug die Zahl dual Studierender in der Bundesrepublik 108.202 – Tendenz fortan steigend.67 Dabei stellt das Datenverzeichnis „AusbildungPlus“ wegen der Freiwilligkeit der Auskünfte68 keine Vollerhebung dar, sodass die Werte tatsächlich durchaus noch höher ausfallen könnten.69 Indes ist zu beachten, dass der Erhebung keine einheitliche Definition des dualen Studiums zugrunde liegt. Angesichts dieser determinatorischen Unschärfe der Begrifflichkeit70 und der verschiedenen Ausprägungen des Studienformats71 besteht die Gefahr, sämtliche Ausbildungsvarianten mit jedweden Theorie-Praxis-Überschneidungen unter den Begriff des dualen Studiums zu fassen. Teilweise wird daran anlehnend von einer „empirisch sehr spärlich ausgeleuchteten Thematik“ gesprochen,72 wovon jedoch in Anbetracht der über einen langen Zeitraum hinweg gewonnenen, zahlreichen und differenziert verwerteten Daten des BIBB, das als (objektivitätswahrende) bundesunmittelbare rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts einzuordnen ist (vgl. §§ 89 ff. BBiG), und spätestens seit der umfassenden Studie des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) sowie des Forschungsinstituts Betriebliche Bildung (f-bb)73 nicht (mehr) ausgegangen werden kann.74 Vielmehr sind die Zahlen mit einem Weitblick zu deuten und allgemeingültige Schlussfolgerungen nur nach ge66 BIBB, AusbildungPlus 2019, 2020, 12; mittlerweile – unter Einbeziehung dualer Masterstudiengänge – von knapp 2.000 dualen Studienangeboten ausgehend CHE/f-bb, Duales Studium: Umsetzungsmodelle und Entwicklungsbedarfe, 2022, 77 f. 67 BIBB, AusbildungPlus 2019, 2020, 12, wenngleich der Zuwachs in den letzten Jahren etwas moderater ausfällt. Im Übrigen bleiben die Auswirkungen der gegenwärtigen CoronaPandemie auf duale Studienangebote abzuwarten. 68 Eine amtliche Statistik mit Meldepflicht existiert (noch) nicht, vgl. Weiß, in: Faßhauer/ Severing (Hrsg.), Verzahnung beruflicher und akademischer Bildung, 2016, 21, 22. 69 BIBB, AusbildungPlus 2019, 2020, 11 Fn. 3; dass., AusbildungPlus 2016, 2017, 8. 70 Zur näheren Begriffsbestimmung siehe § 4 A. 71 Zu den unterschiedlichen Erscheinungsformen siehe § 4 B. 72 Krone, Projekt Duale Studiengänge, 2013, 3; mit Kritik zur Qualität der Sekundärdaten auch CHE/f-bb, Duales Studium: Umsetzungsmodelle und Entwicklungsbedarfe, 2022, 25 f. 73 CHE/f-bb, Duales Studium: Umsetzungsmodelle und Entwicklungsbedarfe, 2022, passim. 74 Mit der Novellierung des BBiG im Jahr 2020 wurden die Voraussetzungen für eine Verbesserung der Datenlage zu ausbildungsintegrierenden dualen Studiengängen (hierzu siehe unter § 4 B. I. 1.) geschaffen (§ 88 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. l BBiG n. F.), siehe auch BMBF, Berufsbildungsbericht 2020, 2020, 30 f.; dass., Berufsbildungsbericht 2021, 2021, 36; dass., Berufsbildungsbericht 2022, 2022, 35.

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1. Teil: Grundlagen

nauer Prüfung zu ziehen. Dass die Datenlage indes tatsächlich recht unübersichtlich ist, liegt in erster Linie daran, dass die zahlreichen Untersuchungen75 neben dem BIBB-Projekt „AusbildungPlus“ von unterschiedlichen Erhebungsmethoden geprägt sind und Vergleiche der Datensammlungen untereinander die Beleuchtung umfangreicher Hintergrundinformationen erfordern.76 Die Erhebungen des BIBB, die aufgrund ihres regelmäßigen Turnus sowie bundesweiten Umfangs die größte Reputation bei der Datenauswertung genießen, sind insbesondere im Lichte der generellen Entwicklung dahingehend zu betrachten, dass immer mehr Menschen in Deutschland eine Hochschulzugangsberechtigung erwerben.77 Im Verhältnis zu den Studierenden klassischer Studiengänge ist der Anteil dual Studierender mit rund fünf Prozent eher gering.78 Das allgemeine Aufflammen der akademischen Ausbildung macht demnach auch vor dem dualen Studium keinen Halt, vielmehr passt sich die zahlenmäßige Entwicklung dualer Studienangebote dem Trend zur Höherqualifikation an. Dennoch vermag der anzulegende Gesamtrahmen die durch mehrere Forschungsprojekte belegten beeindruckenden Zahlen des dualen Studiums nicht nachhaltig zu trüben. Die Verdoppelung der Anzahl dual Studierender innerhalb der letzten zehn Jahre könnte bei einem annähernd anhaltenden proportionalen Zuwachs schon mittelfristig eine Verdreifachung erfahren – eine echte Stagnation ist derzeit nicht absehbar, wenngleich jüngst ein leichtes Abflachen der Steigungslinie zu beobachten ist.79 Im Zuge der aufkeimenden öffentlichkeitswirksamen Werbung für duale Studiengänge, die mittlerweile sogar in vielen deutschen Großstädten etwa in öffentlichen Verkehrsmitteln und unter anderem mittels positiver Erfahrungsberichte zu beobachten ist, sowie der schon jetzt hohen, weiter wachsenden Bewerberzahlen80 werden sich künftig immer mehr Unternehmen und Bildungseinrichtungen für dieses Format öffnen, um die steigende Nachfrage der Heranwachsenden zu stillen.

75 Statt vieler dass., Wirtschaftliche und soziale Lage der Studierenden 2012, 2013, 619; sowie Wegweiser Duales Studium, Duales Studium 2018, 2018, 7 ff.; vgl. darüber hinaus zusammenfassend Krone, in: dies. (Hrsg.), Dual Studieren im Blick, 2015, 15, 19 f. 76 Vgl. Meyer-Guckel/Nickel/Püttmann u. a., Qualitätsentwicklung im dualen Studium, 2015, 16; siehe zudem CHE/f-bb, Duales Studium: Umsetzungsmodelle und Entwicklungsbedarfe, 2022, 26. 77 Autorengruppe Bildungsberichterstattung, Bildung in Deutschland 2018, 2018, 55; dies., Bildung in Deutschland 2020, 2020, 67. 78 Dies., Bildung in Deutschland 2018, 2018, 158; dies., Bildung in Deutschland 2020, 2020, 206; CHE/f-bb, Duales Studium: Umsetzungsmodelle und Entwicklungsbedarfe, 2022, 133, 213; Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Entwicklung des dualen Studiums, 2013, 45. 79 Vgl. BIBB, AusbildungPlus 2019, 2020, 13. 80 Eine Umfrage des BIBB unter ausgewählten Kooperationsunternehmen hat vor einiger Zeit die hohe Nachfrage bestätigt – so bewerben sich durchschnittlich 33 Bewerber auf einen dualen Studienplatz, vgl. Kupfer/Köhlmann-Eckel/Kolter, Duale Studiengänge, 2014, 33 f.; aktuellere Erhebungen weisen im Vergleich dazu etwas niedrigere, gleichwohl in einer Gesamtbetrachtung weiterhin hohe Bewerberzahlen auf (der Median lag hier bei zehn Bewerbungen je dualem Studienplatz), vgl. CHE/f-bb, Duales Studium: Umsetzungsmodelle und Entwicklungsbedarfe, 2022, 265 ff.

§ 1 Einführung

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2. Bundesweite Verbreitung Die dualen Studiengänge verteilen sich flächendeckend auf das gesamte Bundesgebiet, wobei das Studienformat in absoluten Zahlen zuvorderst in BadenWürttemberg, Nordrhein-Westfalen, Berlin und Bayern besonders großen Anklang findet.81 Vor allem die DHBW zieht als bundesweit größter Anbieter dualer Studiengänge zahlreiche Nachwuchskräfte an, sodass in diesem Bundesland mittlerweile mindestens jeder zehnte Studienplatz dual ausgestaltet ist.82 Dass die vier aufgeführten Bundesländer als Taktgeber die Spitze der dualen Studienangebote bilden, dürfte zum einen freilich darin begründet liegen, dass Nordrhein-Westfalen, Berlin und Bayern die Vorreiterrolle Baden-Württembergs sowie die dortigen positiven Entwicklungen als erstes erkannt und daraufhin eigene Anstrengungen bei der Etablierung dualer Studiengänge unternommen haben. Zum anderen verfügen diese Länder über überdurchschnittlich viele Industrie- und Dienstleistungsunternehmen und damit über zahlreiche potenzielle Kooperationspartner. Aufgrund dieser wirtschaftsstrukturellen Unterschiede und standortspezifischer Eigenheiten entsteht eine Heterogenität83 im Bereich dualer Studienangebote, die an späterer Stelle einer Typenbildung bedarf.84 3. Verteilung des Fächerspektrums bei dualen Bildungsanbietern Äquivalent zur bundeslandübergreifenden Expansion des dualen Studiums weitet sich das Fächertableau zunehmend aus.85 Inzwischen sind nahezu alle akademischen Disziplinen beteiligt, nur klassische Professionen wie etwa Medizin oder Rechtswissenschaften sparen duale Studienkonzepte fast vollständig aus.86 Die beiden Kategorien Ingenieurwesen (36 %) und Wirtschaftswissenschaften (35 %) bilden seit jeher das Gros des Angebots an dualen Studiengängen, gefolgt von der Fachrichtung Informatik (13 %), dem Bereich Sozialwesen, Erziehung, Gesundheit und Pflege (10 %) sowie sonstigen, teils neuartigen Fachzweigen.87 Hinsichtlich der Verteilung dual Studierender auf die jeweiligen Fachbereiche zeichnet sich ein nur leicht verschobenes Bild: Nahezu die Hälfte der dual Studierenden ist auf dem Gebiet 81 BIBB, AusbildungPlus 2019, 2020, 29; dass., AusbildungPlus 2016, 2017, 22; CHE/f-bb, Duales Studium: Umsetzungsmodelle und Entwicklungsbedarfe, 2022, 213. 82 Vgl. BMBF, Wirtschaftliche und soziale Lage der Studierenden 2016, 2016, 15; neuere Zahlen bei BIBB, AusbildungPlus 2019, 2020, 28. 83 Vgl. jüngst die umfangreiche Studie CHE/f-bb, Duales Studium: Umsetzungsmodelle und Entwicklungsbedarfe, 2022, 1, 28, 127, 215, 218, 321 f. 84 Siehe dazu noch unter § 4 B. 85 Faßhauer/Severing, in: dies. (Hrsg.), Verzahnung beruflicher und akademischer Bildung, 2016, 7, 9. 86 Brünner/Chvosta/Oertel, in: Faßhauer/Severing (Hrsg.), Verzahnung beruflicher und akademischer Bildung, 2016, 63, 64. 87 BIBB, AusbildungPlus 2019, 2020, 18; zu leicht abweichenden Zahlen kommt die Studie CHE/f-bb, Duales Studium: Umsetzungsmodelle und Entwicklungsbedarfe, 2022, 86 ff., 129.

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1. Teil: Grundlagen

der Wirtschaftswissenschaften beheimatet, etwa ein Viertel findet sich im Fachbereich des Ingenieurwesens wieder.88 Besonders stark wächst die Bedeutung des dualen Studiums im Bereich der Gesundheitswissenschaften,89 wo sich die Zahl dual Studierender zwischen 2009 und 2014 nahezu verdreifacht hat.90 Duale Masterstudiengänge treten zwar selten auf, aber auch ihre Zahl steigt an.91 Das duale Studium wird von Fachhochschulen, Berufsakademien, Universitäten und den neu geschaffenen Dualen Hochschulen offeriert, wobei der Großteil der dualen Studienangebote auf die Fachhochschulen fällt und vergleichsweise wenige Universitäten aktiv beteiligt sind.92 Zu unterteilen ist hier fernerhin zwischen Institutionen mit staatlicher und privater Trägerschaft.93 Rund zwei Drittel der dual Studierenden sind bei staatlichen Einrichtungen eingeschrieben, ungefähr ein Drittel lässt sich bei den privaten Anbietern verzeichnen.94

4. Allgemeine Folgerung Die Zahlen demonstrieren, dass sich immer mehr Unternehmen, Bildungseinrichtungen und Heranwachsende mit dem dualen Studium beschäftigen und dieses Studienformat für sich gewinnbringend nutzen. Diese Entwicklung wird auch durch eine Verdoppelung der Unternehmensinvestitionen seit 2009 in das verschränkte Ausbildungsformat unterstrichen, die zwar auch auf die generelle Prosperität dualer Studiengänge zurückzuführen ist, in erster Linie jedoch in den höheren Investitionen pro Kopf begründet liegt.95 Duale Studiengänge werden damit immer mehr zu einer echten Alternative neben der klassischen Hochschulausbildung und nehmen eine in 88

BIBB, AusbildungPlus 2019, 2020, 20. Siehe dazu näher dass., AusbildungPlus 2019, 2020, 34 ff.; CHE/f-bb, Duales Studium: Umsetzungsmodelle und Entwicklungsbedarfe, 2022, 215. 90 Konegen-Grenier/Winde, Bildungsinvestitionen der Wirtschaft, 2016, 26. Gerade in diesem Bereich ist jedoch sicherzustellen, dass die dualen Studienabsolventen mittel- bis langfristig die Aussicht auf die Besetzung von Führungspositionen haben, damit die Entwicklung hier nicht wieder zurückgeht. 91 Wolter, in: Faßhauer/Severing (Hrsg.), Verzahnung beruflicher und akademischer Bildung, 2016, 39, 43; siehe auch CHE/f-bb, Duales Studium: Umsetzungsmodelle und Entwicklungsbedarfe, 2022, 79 ff., 127. 92 BIBB, AusbildungPlus 2019, 2020, 24; dass., AusbildungPlus 2016, 2017, 17; CHE/f-bb, Duales Studium: Umsetzungsmodelle und Entwicklungsbedarfe, 2022, 214; dass sich Universitäten bei dualen Studienangeboten weitgehend nicht beteiligen, liegt vor allem daran, dass sich die Praxisorientierung nur schwerlich mit dem auf Forschung konzentrierten Profil in Einklang bringen lässt, vgl. Weiß, in: Faßhauer/Severing (Hrsg.), Verzahnung beruflicher und akademischer Bildung, 2016, 21, 24. 93 Eingehend zu Verfassungsfragen der Privatisierung von Hochschulen bereits Erichsen, FS Söllner, 2000, 287, 291 ff. 94 BIBB, AusbildungPlus 2019, 2020, 24 f.; von über einem 80-prozentigen Anteil dualer Studienangebote in öffentlicher Trägerschaft ausgehend CHE/f-bb, Duales Studium: Umsetzungsmodelle und Entwicklungsbedarfe, 2022, 83 f., 128. 95 Konegen-Grenier/Winde, Bildungsinvestitionen der Wirtschaft, 2016, 23. 89

§ 1 Einführung

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ihrer Wichtigkeit nicht zu unterschätzende, fortwährend im Vordringen befindliche Rolle im deutschen Bildungssystem ein. Die Rechtsordnung darf sich vor diesem substanziellen Prozess nicht verschließen und muss anwendbare sowie passende (Schutz-)Normen für die Akteure dieses zumindest in rechtlicher Hinsicht nicht vollends erschlossenen Bildungstyps bereithalten.

C. Gang und Ziele der Untersuchung Dem Prolog (§ 1) schließt sich eine Aufbereitung der bildungspolitischen Perspektive mit den wesentlichen durch das duale Studienformat verfolgten Zielsetzungen an (§ 2 A.). Weiterhin ist zwecks Schärfung des Blickwinkels die Kritik am Aufflammen des dualen Studienangebots den allgemeinen Bestrebungen der Bildungspolitik gegenüberzustellen (§ 2 B.). Nach der übergeordneten bildungspolitischen Ebene werden die maßgeblichen Motive der drei Kooperationspartner dual Studierende, Wirtschaftsunternehmen und akademische Einrichtung beleuchtet, wobei im Anschluss Interessenüberschneidungen und Spannungsfelder akzentuiert werden, um Rückschlüsse auf potenziell und tatsächlich zutage tretende, gegebenenfalls auch schwelende Konflikte ziehen zu können (§ 3). In einem darauffolgenden Schritt werden die verschiedenen Erscheinungsformen dualer Studiengänge in den Fokus gerückt und typologisiert, um homogene Gruppen zu identifizieren. Ausgangspunkt dieses Parts ist die Begriffseinhegung als Basis der weiteren Bearbeitung (§ 4 A.). So können einige als duales Studium firmierende Formen nicht als dualer Studiengang im engeren Sinne verstanden werden (§ 4 B.). Daran anlehnend wird auch die Abgrenzung zu vergleichbaren Bildungsformaten wie etwa zur klassischen Berufsausbildung, zu Praktikantenverhältnissen oder zum Volontariat deutlich. Diese Konzeptionen werden rechtlich eingeordnet, um als spätere Vergleichsgrößen für die Zuordnung dualer Studiengänge dienen zu können (§ 5). Herausragende Bedeutung kommt sodann der rechtlichen Überprüfung der zugrunde liegenden Dreiecksbeziehung zwischen dem dual Studierenden, dem kooperierenden Unternehmen sowie der Bildungseinrichtung und den darauf beruhenden Rechtsfolgen zu. Zentral für die Beantwortung von rechtlichen Folgefragen etwa im Bereich der vielfältigen Vertragsgestaltungsmöglichkeiten, der tarifrechtlichen Stellung oder einer etwaigen Mindestlohnpflicht ist insbesondere die Klassifizierung des rechtlichen Status dual Studierender, die den Kern und somit Hauptteil der Arbeit bildet (§ 6). Zu erforschen ist, ob dual studierende Nachwuchskräfte unter zu konkretisierenden Umständen auch Arbeitnehmerstatus genießen könnten. Falls dies im Regelfall nicht anzunehmen sein sollte, stellt sich die Frage nach der alternativen Einstufung und entsprechenden Rechtsfolgen. Hierbei ist der Blick ganz besonders auf die kompetenzrechtliche Ebene zu richten, um das Zurücktreten des öffentlichen Hochschulrechts gegenüber dem privaten Arbeitsrecht herauszuarbeiten. Fraglich ist ebenso, ob bei Teilnehmern dualer Studiengänge, die

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1. Teil: Grundlagen

in spezieller Abhängigkeit zu ihrem Ausbildungsunternehmen stehen, in Bezug auf die allgemeinen Rechtsfolgen der Statusfeststellung rechtliche Besonderheiten etwa im Bereich des Kündigungsschutzes vor dem Hintergrund ihres jungen Alters sowie der Einstufung der Studienform als Erstausbildung oder hinsichtlich der Vergütung zu beachten sind (§ 7). Relevant wird auch sein, in welchem zulässigen Rahmen Bindungs- und Rückzahlungsabreden vereinbart werden können. Diese omnipräsenten Instrumente der Vertragspraxis bedürfen ebenfalls einer intensiven Durchdringung und stellen einen weiteren Schwerpunkt der Arbeit dar (§ 8). Auf kollektivarbeitsrechtlicher Ebene (§ 9) ist konkret zu hinterfragen, ob Tarifvertragsparteien die Vertragsverhältnisse von dual Studierenden im normativen Teil ihrer Tarifverträge regeln können. Darüber hinaus ist auch die betriebsverfassungsrechtliche Stellung dual Studierender von theoretischer wie praktischer Bedeutung – sie soll den Hauptteil abrunden. Die Untersuchung schließt mit einer Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse sowie mit einem rechtlichen wie auch bildungspolitischen Ausblick (§ 10). Die eingangs gestellte Frage, ob der Erlass von Spezialregelungen für den interdisziplinären Bildungstyp erforderlich ist, wird in diesem Rahmen einer abschließenden Betrachtung zugeführt. Ausweislich des aus dem Jahre 2016 stammenden Evaluierungsberichts zum BBiG bestehe hinsichtlich dualer Studiengänge – anders als im Berufsbildungsbericht 2019 deklariert96 – kein Bedarf für ergänzende Bestimmungen.97 Es wird zu klären sein, ob diese Beurteilung gegenwärtig aufrechterhalten werden kann. Auf der Grundlage eines breiten arbeitsrechtlichen Querschnitts wird die Absicht verfolgt, das immer stärker aufkeimende Bildungsphänomen des dualen Studiums einer festeren rechtlichen Einordnung zuzuführen und es somit aus seiner rechtlichen Grauzone zu entheben. Von einer vollumfänglichen Anwendbarkeitsüberprüfung sämtlicher Arbeitnehmerschutzrechte auf dual Studierende wurde indes bewusst Abstand genommen. Das bescheidenere Ziel der Arbeit besteht demnach vielmehr darin, die rechtliche Stellung von dual Studierenden in ihren unterschiedlichen Spielarten mit den wichtigsten Rechtsfolgen zu ventilieren, um einen Beitrag für mehr Rechtsklarheit im Dunstkreis eines immer populärer werdenden Bildungsformats zu leisten.

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BMBF, Berufsbildungsbericht 2019, 2019, 186, 189. Dass., Evaluation des BBiG, 2016, 50 f.; Ausgangspunkt war die von der Großen Koalition in der 18. Legislaturperiode getroffene Vereinbarung, das BBiG im Hinblick auf die Erhöhung der Durchlässigkeit, die Stärkung der Ausbildungsqualität und gestufter Ausbildungen, die Bildung von Berufsfamilien und die Sicherung des Ehrenamts in Prüfungsgremien zu evaluieren, vgl. Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD – 18. Legislaturperiode, Deutschlands Zukunft gestalten, 16. 12. 2013, 24. 97

§ 2 Duale Studiengänge aus bildungspolitischer Perspektive

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§ 2 Duale Studiengänge aus bildungspolitischer Perspektive A. Bestrebungen der Bildungspolitik Mit dem Ausbau dualer Studienangebote und der damit einhergehenden Diversifizierung der Hochschullandschaft werden ehrgeizige Zielsetzungen verbunden, in dessen Zentrum das Zusammenbringen der „monolithischen Säulen der dualen Ausbildung und des universitären Studiums“98 steht. Ausweislich des Koalitionsvertrages zwischen CDU, CSU und SPD vom 12. März 2018 sollte ausdrücklich das duale Studium gestärkt werden, indem hochschulisches und berufsbildendes Lernen in gemeinsamen Qualifizierungsangeboten zusammengeführt wird, um so die Übergänge zwischen der beruflichen und akademischen Bildung besser zu gestalten.99 Auch im aktuellen Koalitionsvertrag zwischen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP vom 7. Dezember 2021 wird das duale Studium aufgegriffen; die Ergebnisse des eingangs bezeichneten100 Evaluationsauftrags sollen mit den relevanten Akteuren zügig beraten werden.101 Federführend bei der Expansion ist indes weniger die Politik als vielmehr meist an Fachkräfterekrutierung interessierte Unternehmen, die mit innovativ ausgerichteten Bildungseinrichtungen Kooperationen eingehen und so eine bottom-up-Entwicklung der praxisorientierten dualen Studiengänge in Gang setzen.102 Die ambitionierten Bestrebungen der Unternehmen, Hochschulen sowie der Bildungspolitik, die in diesem Zusammenhang die Rolle des Trittbrettfahrers einnimmt, sind mit dem arbeitsrechtlichen Gesamtgefüge in Einklang zu bringen. Das duale Studium basiert auf der Grundüberlegung, den jedenfalls als weit verbreitet geltenden mangelnden Praxisbezug in der akademischen Bildung zu beheben. Dieses klassische Defizit wird heutzutage oftmals durch Praktika103 oder Trainee-Programme104 kompensiert. In der seit 2005 geführten105 öffentlichen, unterdessen weitgehend abgeflauten106 Debatte wird das Phänomen häufig unter dem

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Lemke/Faust, in: Hoppe (Hrsg.), Rohstoff Bildung, 2008, 247, 255. Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD – 19. Legislaturperiode, Ein neuer Aufbruch für Europa, Eine neue Dynamik für Deutschland, Ein neuer Zusammenhalt für unser Land, 12. 3. 2018, 30; begrüßend BeckOK ArbR/Hagen, 2021, § 1 BBiG Rn. 6a (62. Edition). 100 Siehe unter § 1 A. 101 Koalitionsvertrag zwischen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP – 20. Legislaturperiode, Mehr Fortschritt wagen, 7. 12. 2021, 52. 102 Graf, WZB-Mitteilungen 2012, 49, 50 (Heft 138). 103 Siehe dazu § 5 B. II. 104 Siehe dazu § 5 C. IV. 105 Zentraler Ursprung war ein Presseartikel, siehe Stolz, Die Zeit 31. 3. 2005, 61; prägnanter Überblick bei Sura, NZA 2019, 882. 106 Siehe dazu noch unter § 5 B. II. 3. 99

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1. Teil: Grundlagen

Stichwort „Generation Praktikum“107 diskutiert. Die Problematik besteht vielfach darin, dass eine hohe Anzahl von Praktikanten nach Abschluss ihrer Erstausbildung schlecht oder teils überhaupt nicht vergütet werden, gleichwohl aber mit umfangreichen Arbeitsaufgaben genauso wie normale Arbeitnehmer betraut werden, kurzum der eigentlich dominierende Ausbildungszweck in den Hintergrund tritt. Weil diese Nachwuchskräfte ohne Praxiserfahrung darauf angewiesen sind, sich durch Praktika eben diese praktischen Umsetzungskompetenzen anzueignen, stehen sie meist in einer besonderen Abhängigkeit zum Unternehmen. Die Folge dieser Entwicklung ist, dass derartige Praktikantenverhältnisse mittlerweile als „prekäre Beschäftigungsform“ eingestuft werden.108 Das duale Studium hingegen komplettiert die Ausbildung neben dem nicht zu vernachlässigenden Theorieteil um eine ebenso wertige praktische Komponente und verhindert damit proaktiv, dass die Neulinge auf dem Arbeitsmarkt zunächst ihre Defizite in der Praxis unter kritischen Bedingungen beseitigen müssen. Auf einer bereits im Jahre 1999 abgehaltenen Fachtagung der früheren BLK, bei der das duale Studium mit seinen Erfahrungen, Erfolgen und Perspektiven schon frühzeitig im Mittelpunkt stand, forderte der damalige niedersächsische Minister für Wissenschaft und Kultur, Thomas Oppermann (SPD), dass die Theorie unverzüglich dem Bewährungsdruck in der Praxis ausgesetzt werden solle.109 Was zunächst einer Hyperbel anmuten mag, zeigt zumindest doch den bereits seinerzeitig zunehmenden Stellenwert von Theorie-Praxis-Verflechtungen auf sämtlichen Bildungsebenen. Duale Studiengänge stellen nunmehr also eine weitere Bildungsvariante dar, die sich von Beginn an eine stärkere Praxisorientierung zum maßgebenden Charakteristikum genommen hat – sie projizieren dabei den Grundgedanken der dualen Berufsausbildung auf den tertiären Sektor.

I. Bekämpfung des Fachkräftemangels Das duale Studium als auf mehreren Ebenen verschränktes Studienkonzept wird vielfach als Instrument gegen den bereits bestehenden und insbesondere drohenden Fachkräftemangel eingestuft.110 Vor dem Hintergrund der sinkenden Geburtenrate 107 Siehe dazu den Projektbericht der Hochschul-Informations-System GmbH (HIS) Briedis/Minks, Generation Praktikum, 2007, 1 ff. 108 Grühn/Hecht, Generation Praktikum?, 2007, passim; etwa vergleichbar mit Befristungen und weiten Teilen der Leiharbeit: Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 173; dies., RdA 2009, 38; ebenso Burkard-Pötter/Sura, NJW 2015, 517, 518; Düwell, FA 2008, 138, 138 f. 109 BLK, Duales Studium, 2000, 11. 110 BT-Drs. 19/14431, 16; Anger/Werner, Duale Studiengänge, 2006, 11 f.; Berthold/ Leichsenring/Kirst u. a., Demographischer Wandel und Hochschulen, 2009, 32 f.; Graf, WZBMitteilungen 2012, 49, 50 (Heft 138); Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Gestaltung des Verhältnisses von beruflicher und akademischer Bildung, 2014, 96 f.; Wolter/Kamm/Lenz u. a., Potenziale des dualen Studiums, 2014, 15; vgl. auch den Abschlussbericht der im Juni 2018 vom Bundestag eingesetzten Enquete-Kommission „Berufliche Bildung in der digitalen Ar-

§ 2 Duale Studiengänge aus bildungspolitischer Perspektive

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und dem Umstand, dass eine große Alterskohorte alsbald ins Rentenalter eintreten wird,111 ist gerade (auch) im Ingenieur- und Technikerbereich nach übereinstimmenden Prognosen ein beachtlicher Ersatzbedarf auszumachen.112 Dieser Fachkräftemangel infolge der demografischen Entwicklung geht aufgrund der steigenden Anforderungen des Arbeitsmarktes zu einem Großteil auf den Ausfall an Höherqualifizierten zurück.113 Die Befürchtungen, die rund um einen academic drift in Gestalt einer möglichen fortschreitenden Entfernung von der Berufspraxis aufkommen, kann das duale Studium mit seinen ausbalancierten Praxisanteilen abmildern.114 Vor allem der rasante Zuwachs der dualen Studienangebote auf dem Gebiet des Gesundheitswesens veranschaulicht die Chance, dass dieses Ausbildungsformat ein Weg zur Akademisierung von bislang wenig akademisierten Sektoren sein kann.115 In Anbetracht der Tatsache, dass die Anforderungen an das Pflegepersonal etwa durch neuartige Krankheitsbilder, aufwendigere Apparaturen und ethische Fragestellungen immer komplexer werden,116 kann eine beruflichakademisch kombinierte Ausbildung durchaus Abhilfe schaffen.117 Indem das duale Studium die berufliche und akademische Ausbildung systematisch miteinander verknüpft, entzieht es sich weitgehend der immer wieder aufkeimenden Debatte über einen etwaigen „Akademisierungswahn“. Duale Studiengänge zeichnen sich dadurch aus, dass sie dem Arbeitsmarkt passgenau in kurzer Zeit qualifizierte Arbeitskräfte zuführen. Diese betriebsspezifische und akademische Qualifizierung von Fach- und Führungskräftenachwuchs kann dazu beitragen, der Wirtschaft zügig die erforderlichen Fachkräfte zur Verfügung zu stellen und somit dem gesamtwirtschaftlichen Risiko des Fachkräftemangels entgegenzuwirken. Schließlich ist der Mangel an geeignetem Fachpersonal beitswelt“, die den wichtigen Beitrag des dualen Studiums zur Fachkräftesicherung gerade in ländlicheren Regionen herausstellt, BT-Drs. 19/30950, 303. 111 Statistisches Bundesamt, Bevölkerung Deutschlands bis 2060, 2019, passim; dass., Ausblick auf die Bevölkerungsentwicklung in Deutschland und den Bundesländern nach dem Corona-Jahr 2020, 2021, passim. 112 Bundesagentur für Arbeit, Fachkräfteengpassanalyse, 2019, 6, 8 ff.; Burstedde/Malin/ Risius, Fachkräfteengpässe im Unternehmen, 2017, passim; Prognos AG, Arbeitslandschaft 2040, 2015, 61 f. 113 Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Gestaltung des Verhältnisses von beruflicher und akademischer Bildung, 2014, 29 f.; zur Unterscheidung der Begrifflichkeiten Hochqualifizierter und Akademiker siehe Boder, Rekrutierung und Bindung von Nachwuchskräften, 2016, 69 f., wobei in dieser Arbeit diesbezüglich keine Differenzierung vorgenommen wird. 114 Wolter, in: Faßhauer/Severing (Hrsg.), Verzahnung beruflicher und akademischer Bildung, 2016, 39, 58. 115 Konegen-Grenier/Winde, Bildungsinvestitionen der Wirtschaft, 2016, 26; Meyer-Guckel/Nickel/Püttmann u. a., Qualitätsentwicklung im dualen Studium, 2015, 19; frühzeitig auf eine branchenspezifische Akademisierungstendenz hinweisend Busse, Duale Studiengänge, 2008, 5; siehe auch BIBB, AusbildungPlus 2019, 2020, 34 ff. 116 Vgl. Spiewak, Die Zeit 8. 5. 2014, 65, 66. 117 Für eine Erweiterung der dualen Studienangebote im Bereich Gesundheit und Pflege auch CHE/f-bb, Duales Studium: Umsetzungsmodelle und Entwicklungsbedarfe, 2022, 328 f.

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1. Teil: Grundlagen

als eines der wesentlichen Innovationshemmnisse einzustufen.118 Vor allem Deutschland ist als zentraler Exportstaat mit seinem Schwerpunkt im industriellproduzierenden Bereich im Zuge eines fortschreitenden Globalisierungsdrucks bei technischen Innovationen gefordert, wobei duale Studiengänge in Zeiten eines Höherqualifikationstrends dem Bedarf an Flexibilisierung und Modernisierung verstärkt Rechnung tragen können.119 Das duale Studium ist demnach als Instrument zur Akademisierung neuer Zielgruppen dazu in der Lage, einen Beitrag dafür zu leisten, dem erheblichen Bedarf an Fachkräften infolge des Übergangs von der Produktions- zur Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft gerecht zu werden.120 Auch die Unternehmen haben diese Chance registriert und nennen die Behebung von Fachkräfteengpässen und die damit einhergehende Nachwuchssicherung als eines der wichtigsten Motive für ihre Unterstützung bei der akademischen Bildung.121 Schließlich müssen auch sie sich auf die Veränderung der Altersstruktur sowie auf die gestiegenen Anforderungen im Bereich des Personalmanagements einstellen, sodass die Bedeutung effektiver Instrumente zur Personalbindung und -entwicklung weiterhin steigt.122 Das Personal wird demzufolge zunehmend zu einer „erfolgskritischen Ressource“ eines Wirtschaftsunternehmens.123 Es erscheint folgerichtig, dass das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) das „Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung“ (KOFA) unterstützt, welches eine wichtige Handlungsempfehlung für Unternehmen hinsichtlich des dualen Studiums veröffentlicht hat.124 Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) förderte zudem ein illustratives Forschungsprojekt der Universität Duisburg-Essen zu den Entstehungsbedingungen, Interessenlagen und Umsetzungserfahrungen dualer Studiengänge.125 Der Wissenschaftsrat plädierte schon frühzeitig und weiterhin beharrlich für einen Ausbau dualer Studienangebote,126 auch stellte bereits im 118 Expertenkommission Forschung und Innovation, Gutachten 2016, 2016, 40; Krause, Gutachten 71. DJT, 2016, B 86. 119 Vgl. A. Becker, Duale Studiengänge, 2006, 6. 120 Vgl. Berthold/Leichsenring/Kirst u. a., Demographischer Wandel und Hochschulen, 2009, 31 f.; in diese Richtung auch Düwell, NZA 2021, 28, 30, der duale Studiengänge als geeignetes Mittel begreift, um der digitalen Transformation der Arbeitsgesellschaft bei zunehmender Akademisierung der Berufe gerecht zu werden. 121 Konegen-Grenier/Winde, Bildungsinvestitionen der Wirtschaft, 2016, 5, 55; Purz, Duale Studiengänge, 2011, 158 f. 122 Bachem/Pietschmann, Das duale Studium, 2011, 35, 115. 123 Dies., Das duale Studium, 2011, 182. 124 Achtenhagen/Janetzko, Handlungsempfehlung Duales Studium, 2012; zudem selbst vom BMWi herausgegeben dies., Fachkräfte sichern, 2012. 125 Krone, Projekt Duale Studiengänge, 2013, 9 ff.; die Studie lieferte dabei die empirischen Grundlagen für dies., Dual Studieren im Blick, 2015. 126 Wissenschaftsrat, 10 Thesen zur Hochschulpolitik, 1993, 34 f.; ders., Duale Studiengänge an Fachhochschulen, 1997, 32, 52; ders., Empfehlungen zur Entwicklung des dualen Studiums, 2013, 13; ders., Empfehlungen zur Gestaltung des Verhältnisses von beruflicher und akademischer Bildung, 2014, 96.

§ 2 Duale Studiengänge aus bildungspolitischer Perspektive

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Jahre 1999 die frühere BLK die Vorzüge dieser alternativen Ausbildungsvariante heraus.127 Dies demonstriert, dass die gegenwärtigen und die in den 1990er Jahren vollzogenen Entwicklungen von den maßgebenden Akteuren der Berufsbildung erkannt wurden und dass auf dem Feld des dualen Studiums stets wirtschaftliche Potenziale ausgeschöpft werden sollen, um die Leistungsfähigkeit der Volkswirtschaft zu sichern. Dem Arbeitsrecht kommt die bedeutende Aufgabe zu, den dynamischen Strömungsverlauf zum Schutze der Akteure zu begradigen und insbesondere einen rechtlichen Rahmen für den Bereich der Bindungsfristen im Anschluss eines dualen Studiums bereitzuhalten, die als Mittel der Personalbindung in vielen Fällen verbunden mit entsprechenden Rückzahlungsklauseln vereinbart werden. Es besteht die Gefahr, dass solche vertraglichen Bindungs- und Rückzahlungspflichten vor dem Hintergrund der immer präsenteren Nachwuchssicherung ausufern und so die grundgesetzlich garantierten Freiheiten dual Studierender über Gebühr einschränken.128

II. Erhöhung der Durchlässigkeit im Bildungssektor In direktem Zusammenhang mit dem Mangel an hochqualifizierten Arbeitskräften steht das bedeutsame bildungspolitische Ziel, die Durchlässigkeit und damit die Elastizität im Bildungssystem zu erhöhen. Historisch haben sich die berufliche Bildung und die Hochschulbildung weitgehend als getrennte Sektoren entwickelt.129 Der Begriff „Durchlässigkeit“ meint in diesem Kontext nunmehr den Übergang zwischen beruflicher und akademischer Bildung.130 Im Zuge höherer Durchlässigkeit können in erster Linie Mismatches von erforderlichen Qualifikationsprofilen effektiver kompensiert werden,131 was insbesondere vor dem Hintergrund der Digitalisierung und der sich dadurch wandelnden Arbeitswelt von besonderer Bedeutung ist.132 Infolge technischer Neuerungen unterliegen tradierte Berufsbilder einer stetigen Veränderung und neue Berufsfelder entstehen, sodass eine erworbene Bildungsqualifikation durch Fortbildungen immer wieder auf den aktuellen Stand gebracht werden muss (Konzept des lebenslangen Lernens133 bzw. Prinzip des „life 127

BLK (Hrsg.), Duales Studium, 2000, 3. Zu den vertraglichen Bindungs- und Rückzahlungspflichten siehe unter § 8. 129 Baethge, SOFI-Mitteilungen 2006 Nr. 34, 13, 19 ff. 130 Kamm/Lenz/Spexard, in: Faßhauer/Severing (Hrsg.), Verzahnung beruflicher und akademischer Bildung, 2016, 117, 119. 131 Minks/Netz/Völk, Berufsbegleitende und duale Studienangebote, 2011, 6. 132 Vgl. Mucke, BWP 2004, 11, 12 f.; Spöttl, in: Kuda (Hrsg.), Akademisierung der Arbeit, 2011, 130, 138 ff. 133 Unter „lebenslangen Lernen“ wird alles Lernen während des gesamten Lebens, das der Verbesserung von Wissen, Qualifikationen und Kompetenzen dient und im Rahmen einer persönlichen, bürgergesellschaftlichen, sozialen bzw. beschäftigungsbezogenen Perspektive 128

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1. Teil: Grundlagen

long learning“).134 Die verankerte starre Trennung zwischen Berufsbildung und Hochschulbildung, plakativ als „Bildungsschisma“ bezeichnet,135 soll daher zunehmend aufgeweicht werden, um dynamische Übergänge zwischen den beiden ehemals disparaten Säulen zu ermöglichen und so dem erhöhten flexibilisierten Qualifikationsbedarf gerecht zu werden. Das duale Studium als Hybridform mit seinen charakteristischen Theorie-PraxisVernetzungen auf der Curriculumsebene erschafft institutionell eine neue Form der Durchlässigkeit – gar eine direkte Verbindung – zwischen den Segmenten beruflicher und hochschulischer Bildung.136 Sowohl aus dem beruflichen als auch dem akademischen Bildungsbereich erlangen dual Studierende breitgefächerte Kenntnisse über dessen Inhalt und Ausgestaltung, sodass durch den Austausch von Erfahrungen die Chance besteht, eine Angleichung der gesellschaftlichen Wertschätzung und Akzeptanz der beiden Bildungspfade zu erreichen.137 Dem Auseinanderdriften der beiden Pole und der Gefahr einer gesellschaftlichen Spaltung kann so durch das duale Studium entgegengewirkt werden. Auf einer anderen Ebene sind die zuweilen aufgekommenden Zweifel hinsichtlich zunehmender Durchlässigkeit aufgrund der weiterhin erforderlichen Hochschulzugangsberechtigung zu verorten.138 Zwar setzt die Aufnahme eines dualen Studiums grundsätzlich eine Hochschulzugangsberechtigung voraus, jedoch kann daraus nicht der Schluss gezogen werden, die Förderung der Durchlässigkeit schlage somit fehl. Vielmehr werden durch die dualen Studiengänge inhaltliche Verknüpfungen zwischen den Feldern der beruflichen und akademischen Bildung hergestellt, deren Beziehung bisher hauptsächlich von einem Nebeneinander geprägt war. Der Zuwachs dualer Studienangebote trägt somit zum Wandel des Verhältnisses der beiden Bildungspfeiler bei und implementiert trotz historisch gewachsener Strukturen in bemerkenswerter Weise eine zu goutierende Dynamik in das hiesige Bildungssystem.

erfolgt, verstanden, vgl. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Mitteilung der Kommission zum lebenslangen Lernen, 2001, 9. 134 Düwell/Ebeling, DB 2008, 406. 135 Baethge, SOFI-Mitteilungen 2006 Nr. 34, 13 ff. 136 Graf, WZB-Mitteilungen 2012, 49, 50 (Heft 138); Hemkes/Wilbers, in: Hemkes/Wilbers/Heister (Hrsg.), Durchlässigkeit zwischen beruflicher und hochschulischer Bildung, 2019, 11, 27; Kamm/Lenz/Spexard, in: Faßhauer/Severing (Hrsg.), Verzahnung beruflicher und akademischer Bildung, 2016, 117, 131; Kerst/Wolter, Berufsbildung 2017, 41, 43 f.; MeyerGuckel/Nickel/Püttmann u. a., Qualitätsentwicklung im dualen Studium, 2015, 10; Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Gestaltung des Verhältnisses von beruflicher und akademischer Bildung, 2014, 95. 137 Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Gestaltung des Verhältnisses von beruflicher und akademischer Bildung, 2014, 95. 138 A. Becker, Duale Studiengänge, 2006, 51; Dobischat/Fischell/Rosendahl, Auswirkungen der Studienreform, 2008, 51.

§ 2 Duale Studiengänge aus bildungspolitischer Perspektive

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III. Eindämmung der sozialen Selektivität Großes Potenzial bietet das duale Studium zudem bei der Gewinnung qualifizierter Nachwuchskräfte aus bildungsfernen Familien. Insbesondere in Deutschland sind die sozialen Mobilitätschancen stark vom jeweiligen Elternhaus abhängig.139 Entscheidend gilt es auf diesem Feld zu verhindern, dass Kinder schon in frühen Jahren auf ein festes „Bildungsgleis“ gesetzt werden und spätere Weichenstellungen die Ausnahme bleiben. Das duale Studienmodell zieht sogenannte First-GenerationStudents besonders an.140 Die Gründe können zum einen darin liegen, dass sich das duale Studium wegen der hohen Praxisanteile eher am Bildungsweg wie auch am sozialen Habitus der Eltern orientiert,141 zum anderen ist die finanzielle Belastung der Eltern bei einem dualen Studium wegen der üblicherweise gezahlten Vergütung weitaus geringer als bei einer konventionellen Hochschulausbildung.142 Auch die Bereitstellung des spezifisch ausgelegten Fächerangebots der dualen Studienanbieter mit der Vorstellung einer konkreteren Berufsaussicht trägt zum sozialen Öffnungseffekt bei.143 Hinzu kommt die hohe Beschäftigungssicherheit während und im Anschluss eines dualen Studiums.144 Auf diesem Wege kann der Ausbau dualer Studiengänge das akute Problem der sozialen Selektivität mit dem Ziel bekämpfen, dass der Bildungserfolg der Kinder unabhängiger von der Bildungspartizipation ihrer Eltern wird.145

139

Siehe nur Pollak, Studie zu sozialem Auf- und Abstieg, 2010, 38; vgl. aber auch mit Verweis auf Veröffentlichungen der OECD Krone, in: Hemkes/Wilbers/Heister (Hrsg.), Durchlässigkeit zwischen beruflicher und hochschulischer Bildung, 2019, 462, 465. 140 Berthold/Leichsenring/Kirst u. a., Demographischer Wandel und Hochschulen, 2009, 19 f.; Kamm/Lenz/Spexard, in: Faßhauer/Severing (Hrsg.), Verzahnung beruflicher und akademischer Bildung, 2016, 117, 124 f.; Krone, in: dies. (Hrsg.), Dual Studieren im Blick, 2015, 51, 57; differenzierte Betrachtung bei Woisch/Renneberg/Mentges, Wer nimmt ein duales Studium auf?, 2018, 7, die diese Annahme nur stützen, sofern die Analysegruppe generell gehalten und nicht etwa besonders stark von Akademikerkindern nachgefragte Fächergruppen wie Medizin oder Rechtswissenschaften bei der Gegenüberstellung ausgeschlossen werden. 141 Vgl. insoweit auch auf eine gewisse Unsicherheit derjenigen hinweisend, die aus bildungsferneren Schichten in das Hochschulsystem eintreten, BLK, Perspektiven für die duale Bildung, 2003, 37. 142 In diese Richtung auch Krone, Projekt Duale Studiengänge, 2013, 55. 143 Vgl. Wolter, in: Faßhauer/Severing (Hrsg.), Verzahnung beruflicher und akademischer Bildung, 2016, 39, 50 f. 144 Vgl. Krone, in: dies. (Hrsg.), Dual Studieren im Blick, 2015, 51, 57. 145 Berthold/Leichsenring/Kirst u. a., Demographischer Wandel und Hochschulen, 2009, 20, 27 ff.; Heidemann/J. Koch, WSI-Mitteilungen 1/2013, 52, 55; Krone/Mill, IAQ-Report 2012-03, 2012, 4; indes nicht von einem korrigierenden Einfluss auf die soziale Struktur der Studierenden ausgehend Wolter, in: Faßhauer/Severing (Hrsg.), Verzahnung beruflicher und akademischer Bildung, 2016, 39, 50, der gleichwohl das vorhandene Öffnungspotenzial dualer Studiengänge herausstellt; nach der auf das Bundesland Bayern konzentrierten Untersuchung von Gensch, Dual Studierende, 2014, 40 ff., 108 f., lässt sich demgegenüber keine Erhöhung der Bildungsbeteiligung von Studierenden mit bildungsfernem Hintergrund beobachten.

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1. Teil: Grundlagen

IV. Steigerung der Beschäftigungsfähigkeit im Zeitalter der Digitalisierung Als größtes Plus dualer Studiengänge wird letztlich die Erhöhung der Beschäftigungsfähigkeit, der sogenannten Employability, gesehen.146 Mit dem durchgehenden Praxisbezug und durch die damit einhergehenden stetigen Transferleistungen werden essenzielle Soft Skills sowie praktische Fertigkeiten vermittelt, die die sich stets im Wandel befindlichen beruflichen Anforderungen konkretisieren. Die immer stärker beruflich konzentrierte Hochschulbildung wurde im Rahmen des BolognaProzesses, der als legitimen Zweck die Schaffung eines europäischen Hochschulraums mittels Umstellung des Studiensystems auf konsekutive Bachelor- und Masterstudiengänge verfolgte,147 mit dem Bestreben versehen, dass der erste Studienabschluss an der Hochschule (Bachelor) berufsqualifizierend sein soll, sodass bereits reformbedingt eine Steigerung der Employability erreicht werden sollte.148 In diese Kerbe schlägt auch das duale Studium und liefert so einen Beitrag zu einem praxisaffinen, effektiven und flexiblen Bildungssystem.149 Besonders vor dem Hintergrund der Digitalisierung der Arbeitswelt ist die Thematik „Bildung 4.0“ auf die Tagesordnung gerückt. Qualifizierung und Weiterbildung sind von besonderer Wichtigkeit, um die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschlands auch zukünftig zu sichern.150 Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) prophezeit in dem Weißbuch „Arbeiten 4.0“ eine Veränderung des Aufgabenmixes innerhalb bestehender Berufsprofile durch den digitalen Wandel mit der Folge des Entstehens immer komplexerer Qualifikationsprofile.151 Von großer Bedeutung sei daher etwa das Erlernen sozialkommunikativer wie auch interkultureller Kompetenzen, das systematische und kreative Denken sowie die Fähigkeit zur Abstraktion.152 Im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen zumeist betriebliche Weiterbildungsmaßnahmen,153 die essen146 Berthold/Leichsenring/Kirst u. a., Demographischer Wandel und Hochschulen, 2009, 32; Koch-Rust/Rosentreter, NJW 2009, 3005. 147 BVerfG, Beschl. v. 7. 8. 2007 – 1 BvR 2667/05, BVerfGK 12, 17 = NVwZ-RR 2008, 33, 34; Die Europäischen Bildungsminister, Bologna-Erklärung – Der Europäische Hochschulraum, 19. 6. 1999 (https://www.hrk.de/fileadmin/redaktion/hrk/02-Dokumente/02-03-Studium/ 02-03-01-Studium-Studienreform/Bologna_Dokumente/Bologna_1999.pdf), 1 ff. (geprüft am 31. 5. 2022). 148 Vgl. Berthold/Leichsenring/Kirst u. a., Demographischer Wandel und Hochschulen, 2009, 32; Kerst/Wolter, Berufsbildung 2017, 41, 43. 149 In diesem Sinne vgl. auch Bode/Müller/Heinze, Duale Studiengänge, 2012, 3. 150 Krause, NZA 2016, 1004, 1007. 151 BMAS, Weißbuch Arbeiten 4.0, 2016, 105. 152 Dass., Weißbuch Arbeiten 4.0, 2016, 105. 153 Siehe etwa die Analyse der tariflichen Ansätze zur Förderung der betrieblichen Weiterbildung sowie die Möglichkeiten im Bereich von Betriebsvereinbarungen im Gutachten für das BMBF, vgl. Busse/Seifert, Tarifliche und betriebliche Regelungen zur beruflichen Weiterbildung, 2009, 17 ff., 33 ff.

§ 2 Duale Studiengänge aus bildungspolitischer Perspektive

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tiell dafür sind, dass die Arbeitnehmerschaft der technischen Entwicklung Schritt halten kann.154 Vor allem geht es – speziell auf die Employability bezogen – um die Sicherung der Beschäftigung der Arbeitnehmer sowohl im Unternehmen oder Konzern selbst (interner Arbeitsmarkt) als auch generell auf dem externen Arbeitsmarkt durch eine Anpassung an die sich wandelnden beruflichen Anforderungen.155 Dabei ist es kein grundlegend neues Phänomen, dass technischer Fortschritt zu einer unterschiedlich gearteten Bildungsentwertung führt. Erlernte Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse sind stets auf die Probe zu stellen und den aktuellen Entwicklungen anzupassen. Als Reaktion auf den strukturellen Wandel etwa im Bereich der Elektromobilität trat zu Beginn des Jahres 2019 das Qualifizierungschancengesetz in Kraft, das die Weiterbildungsmöglichkeiten von Arbeitnehmern erweitern soll.156 Zusätzlich wurde im Juni 2019 unter maßgeblicher Federführung des BMAS sowie des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) das Strategiepapier „Nationale Weiterbildungsstrategie“ (NWS) mit einem Maßnahmenbündel zur Förderung der beruflichen Weiterbildung in die Wege geleitet.157 Kürzlich in Kraft getreten ist zudem das „Gesetz zur Förderung der beruflichen Weiterbildung im Strukturwandel und zur Weiterentwicklung der Ausbildungsförderung“, das gleichfalls die Weiterbildungs- und Qualifizierungsmöglichkeiten in besonderen Situationen stärken soll.158 Im Zeitalter immer schneller werdender Prozesse159, kürzerer Innovationszyklen160, stärkerer Virtualisierung161 und der zunehmenden Verbreitung smarter Plattformen ist der zugespitzte Einsatz digitaler Weiterbildungsmodelle von besonderer Wichtigkeit.162 Insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die keine Personalabteilung führen, stellt dies oftmals eine nicht zu unterschätzende organisatorische sowie finanzielle Herausforderung dar. Auch aus diesem Grunde darf die berufliche Erstausbildung, zu der insbesondere 154

Krause, Gutachten 71. DJT, 2016, B 84. Vgl. ders., Gutachten 71. DJT, 2016, B 27. 156 Gesetz zur Stärkung der Chancen für Qualifizierung und für mehr Schutz in der Arbeitslosenversicherung (Qualifizierungschancengesetz), BGBl. I 2018, 2648. Eine zentrale Änderung ist die Eröffnung neuer Möglichkeiten zur Weiterbildungsförderung durch die Schaffung eines Rechtsanspruches auf Weiterbildungsberatung (§ 29 SGB III), die stärkere Förderung der Weiterbildungskosten der Beschäftigten unabhängig von ihrer Qualifikation, ihrem Alter und der Betriebsgröße (§ 82 Abs. 1 SGB III) sowie durch die Festsetzung von Zuschüssen für Arbeitgeber zum Arbeitsentgelt bei beruflichen Weiterbildungen (§ 82 Abs. 3 SGB III). 157 BMAS/BMBF, Nationale Weiterbildungsstrategie, 2019. 158 BGBl. I 2020, 1044. 159 Krause, Gutachten 71. DJT, 2016, B 8. 160 Ders., Gutachten 71. DJT, 2016, B 86. 161 Giesen/Kersten, Arbeit 4.0, 2017, 40. 162 Zu der Frage der Verteilung der Verantwortlichkeit für Qualifizierung und Weiterbildung sowie etwaigen gesetzgeberischen Lösungswegen instruktiv Krause, Gutachten 71. DJT, 2016, B 85 f., B 111; siehe zudem zum gesetzlichen Optimierungsbedarf ders., NZA 2016, 1004, 1007. 155

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1. Teil: Grundlagen

auch die wichtigsten Formate des dualen Studiums zählen,163 nicht aus dem Blickfeld geraten.164 Auf diesem Feld bieten sich vielgestaltige Lehrmöglichkeiten und das Verfolgen von Digitalisierungsstrategien an. Die Duale Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) schreitet etwa bei der digitalen Lehre voran, indem die dual Studierenden in die Lage versetzt werden, einen Teil der für ihr Studium erforderlichen Punkte durch die erfolgreiche Teilnahme an einem Micro-Masters-Programm des Massachusetts Institute of Technology zu erwerben.165 Unter den international anerkannten Micro-Masters sind im Allgemeinen fortschrittliche, mehrteilige prüfungspflichtige Kurse zu verstehen, die auf interdisziplinäre Weise in der Regel online stattfinden und im Masterstudium angerechnet werden können. Die intelligente Vernetzung von Menschen, Maschinen und industrieller Prozesse im Rahmen dualer Studiengänge trägt dem erhöhten Digitalisierungsdruck Rechnung und bereitet die dual Studierenden auf die heutzutage bedeutsamen Flexibilisierungsanforderungen im Berufsleben vor. Ein entscheidender Faktor bei der Technisierung ist die direkte Kommunikation zwischen Menschen und modernen Produktionsanlagen zur Optimierung der Wertschöpfungskette, wobei dual Studierende von Beginn an auf diesem praktischen Gebiet geschult werden können. In der digitalisierten Arbeitswelt sind die Ausbildungsanforderungen maßgeblich auf Maschinen- und Software-Kenntnisse fokussiert und diese lassen sich oft nur im betrieblichen Rahmen vermitteln.166 Das „Prinzip des lebenslangen Lernens“167 wird wegen der sich stetig verändernden Arbeitsprozesse zwar auch in Zukunft eine große Rolle spielen,168 sodass die Absolvierung eines dualen Studiums freilich keineswegs spätere Weiterbildungsaktivitäten entbehrlich macht, das duale Studienmodell entfaltet jedoch in dieser Hinsicht durch seine Essentialia „training on the job“ bzw. „learning by doing“ eine gewisse präventive Wirkung. Duale Studienabsolventen sind schließlich darin erprobt, Theoriewissen mit praktischer Umsetzungskompetenz parallel miteinander zu verknüpfen und haben daher – auch aufgrund ihrer autodidaktischen Fähigkeiten – hervorragende Voraussetzungen, im beschleunigten Digitalisierungszeitalter zu bestehen. Festzuhalten bleibt, dass das duale Studium dem Erwerb von Digitalisierungskompetenzen Vorschub leistet und somit eine ansprechende Vorbereitung auf die „Arbeit 4.0“ bietet.

163

Vgl. zu den verschiedenen Erscheinungsformen der Erstausbildung noch § 4 B. I. Zur Innovationsfähigkeit und fortwährenden Relevanz der dualen Berufsausbildung im digitalen Zeitalter eingehend Pfeiffer, Industrielle Beziehungen 2016, 25, 33 f. 165 Expertenkommission Forschung und Innovation, Gutachten 2019, 2019, 99. 166 Giesen/Kersten, Arbeit 4.0, 2017, 40. 167 Vgl. bereits 1. Teil, Fn. 133; heute wird häufig auch (synonym) vom „lebensbegleitenden Lernen“ gesprochen. 168 Siehe bereits Rieble, FS 50 Jahre BAG, 2004, 831: Die Vorstellung von einer einmaligen Berufsausbildung, die dem Arbeitnehmer Fähigkeiten für das ganze Berufsleben vermitteln soll („Schuster bleib bei deinen Leisten“), sei überholt. 164

§ 2 Duale Studiengänge aus bildungspolitischer Perspektive

47

B. Kritik am dualen Studienangebot Trotz der genannten positiven Effekte, die das duale Studium in den verschiedensten Sphären verspricht, ist es mitnichten frei von jeglicher Kritik. Eine kritische Betrachtungsweise trägt dazu bei, das exponentielle Wachstum dualer Studiengänge einordnen zu können und dabei die zutage tretenden Spannungen sowie Friktionen nicht aus den Augen zu verlieren. Die verschiedenen Kritikpunkte bedingen sich teilweise einander und können gegenseitig als Brandbeschleuniger wirken, sofern nicht rechtzeitig an den entsprechenden Stellschrauben gedreht wird.

I. Fehlende Standardisierung Zunächst ist zu konstatieren, dass auf der konzeptionellen Ebene an vielen Stellen noch Verbesserungspotenzial hinsichtlich der Betreuung und reibungslosen Durchführung dualer Studiengänge besteht. So hapert es oftmals an der didaktischen Abstimmung der Betriebe mit den Bildungsanbietern, sodass als Folge die Qualität des dualen Studiums leidet.169 Die für den Erfolg dieses hybriden Studientyps wesentlichen Theorie-Praxis-Verknüpfungen mit den dazu gehörenden Transferleistungen stellen nicht nur deren Alleinstellungsmerkmal im tertiären Sektor, sondern – gleichsam als „Achillesferse“ – auch deren größte Herausforderung dar170 und lassen sich nur dann realisieren, wenn die Koordination unter den beteiligten Akteuren auf einer systematischen Grundlage fußt.171 Bisher findet die Kopplung der beiden Lernorte Bildungseinrichtung und Ausbildungsbetrieb zu wenig statt,172 das Entstehen von Lücken oder – umgekehrt – Redundanzen bei der Wissensvermittlung gilt es zu verhindern. Dringend erforderlich ist demgemäß die Implementierung einer gewachsenen Betreuungsinfrastruktur, die zwar kosten- und organisationsintensiv, gleichwohl aber für das Zusammenführen der Kooperationspartner essentiell ist.173 Dem Konzept wohnt schließlich die Verheißung inne, dass der Strang der betriebspraktischen Phase und der Strang der wissenschaftlichen Ausbildung zu einem homogenen Ganzen verbunden werden kann. Häufig ist es demgegenüber noch so, 169 Zu einer didaktisch gelungenen Umsetzung des Theorie-Praxis-Transfers vgl. DemuthRösch/Sauter, FS 40 Jahre Duales Studium (Bd. 2), 2015, 33 ff.; siehe ebenso HochenbleicherSchwarz, FS 40 Jahre Duales Studium (Bd. 2), 2015, 137, 149 ff. 170 CHE/f-bb, Duales Studium: Umsetzungsmodelle und Entwicklungsbedarfe, 2022, 131; Hesser/Langfeldt, Das duale Studium, 2017, 71. 171 Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Entwicklung des dualen Studiums, 2013, 26 f., für den eine „strukturelle Verzahnung“ Voraussetzung für die „inhaltliche Verzahnung“ ist. 172 CHE/f-bb, Duales Studium: Umsetzungsmodelle und Entwicklungsbedarfe, 2022, 325 f.; Frommberger, in: Hemkes/Wilbers/Heister (Hrsg.), Durchlässigkeit zwischen beruflicher und hochschulischer Bildung, 2019, 36, 47 („beträchtlicher Modernisierungsbedarf“); Kupfer/Köhlmann-Eckel/Kolter, Duale Studiengänge, 2014, 21; in diese Richtung auch Meyer, in: Lange/Wegner (Hrsg.), Beruf 4.0, 2019, 103, 120 f. 173 Vgl. Falk, W & B 2007, 8, 13; Hesser/Langfeldt, Das duale Studium, 2017, 72 ff.

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1. Teil: Grundlagen

dass die dual Studierenden selbst als einziges Bindeglied respektive „integrative Instanz“174 in einem zerklüfteten, granularen Feld zwischen den beiden Lernorten Betrieb und Hochschule bzw. Akademie fungieren. Transferleistungen müssen so mangels integrativem Lernen individuell erfolgen – studienorganisatorische Unterstützungen sind selten, was auch darin begründet liegt, dass die Hochschulen mit einer Vielzahl von Unternehmen kooperieren und ein „gemeinsamer konzeptioneller Nenner“ häufig schwierig zu finden ist.175 Die vielmals defizitären internen Abläufe bedürfen aus diesem Grunde einer schematischen Vereinheitlichung, wobei insbesondere spezialisierte Verantwortungsträger für die Planung und Durchführung des dualen Studiums seitens der Betriebe, aber auch auf der Hochschulseite bereitgestellt werden sollten.176 Diese mit den besonderen Gegebenheiten des dualen Studiums vertrauten Experten wären potenziell auch dazu in der Lage, die größtenteils unzureichenden vertraglichen Rahmenbedingungen einer detaillierten Überprüfung zu unterziehen und sodann betriebs- bzw. hochschulspezifische Verbesserungsvorschläge rechtlicher Art zu erarbeiten, um die gemeinhin in vielen Teilbereichen bestehenden mangelhaften vertraglichen Absicherungen auszuräumen. Dass die Unternehmen den dualen Studiengängen vereinzelt mit Skepsis entgegentreten, hängt vor allem mit der bereits angedeuteten fehlenden rechtlichen Standardisierung der hybriden Studienform zusammen.177 Während die duale Berufsausbildung seit 1969 auf einem rechtlichen Fundament in Gestalt des BBiG aufgebaut ist, fehlt beim dualen Studium das stabile rechtliche Gerüst. Eine andere Sichtweise dergestalt, dass der hohe Flexibilitätsgrad des dualen Studiums gerade nicht durch Vereinheitlichung aufgehoben werden sollte und dementsprechend eine Entfernung von den Vorzügen der Studienform eintrete,178 kann nicht überzeugen. Die beteiligten Akteure haben gerade bei derartigen Dauerschuldverhältnissen ein Verlangen nach Rechtssicherheit, wobei zu betonen ist, dass sich die freilich ebenso vorhandenen Flexibilitätsbedürfnisse und die zu schaffende Rechtsklarheit keineswegs ausschließen.179 Für die dual Studierenden und den Umfang ihrer Schutzrechte kommt es darauf an, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Sicherheit und Flexibilität herzustellen. Qualitätssicherungs- und Systematisierungsmaßnahmen sind für

174

Holtkamp, Duale Studienangebote, 1996, 12. Vgl. Wolter, in: Faßhauer/Severing (Hrsg.), Verzahnung beruflicher und akademischer Bildung, 2016, 39, 54; ebenso Kupfer/Köhlmann-Eckel/Kolter, Duale Studiengänge, 2014, 28, die feststellen, dass die Kooperation zwischen Hochschule und Betrieb in vielen Fällen auf ein Mindestmaß beschränkt ist. 176 Vgl. Hesser/Langfeldt, Das duale Studium, 2017, 72; Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Entwicklung des dualen Studiums, 2013, 26 f. 177 Elsholz/Jaich/Neu, Folgen der Akademisierung der Arbeitswelt, 2018, 84. 178 Beschorner, W & B 2009, 13, 14 f., der für eine Senkung der Zugangsbarrieren für Unternehmen zu dualen Studiengängen plädiert. 179 Allgemein zur Flexibilität des Arbeitsrechts Däubler, FS Dieterich, 1999, 63, 65 ff.; Fuchs, GS Blomeyer, 2004, 55 ff.; Zöllner, ZFA 1988, 265, 268 ff. 175

§ 2 Duale Studiengänge aus bildungspolitischer Perspektive

49

das Gelingen des dualen Studienangebots unabdingbar,180 auch wenn diese – wie beispielsweise im Falle der Implementierung einer Betreuungsinfrastruktur – mit zusätzlichen Kosten verbunden sind und somit die Gefahr besteht, dass kleinere und mittlere Unternehmen aus dem Modell herausgedrängt werden. Die Befürchtung einer an der Vereinheitlichung anknüpfenden Verwissenschaftlichung des dualen Studiums kann nicht geteilt werden, vielmehr ist darauf Acht zu geben, dass duale Studiengänge als Bildungsform im tertiären Bereich dem Anspruch an Wissenschaftlichkeit zunehmend gerecht werden, damit sich diese nicht zu einer Art „Ausbildung plus“ entwickeln. Das Ziel muss darin bestehen, beide Elemente des dualen Studiums – Praxisausbildung unter wissenschaftlicher Reflexion sowie Vermittlung des theoretischen Teils unter Bezugnahme berufspraktischer Kontexte – qualitativ hochwertig miteinander zu verflechten und damit die Vielseitigkeit des hybriden Bildungsformats zu stärken, sodass sich die von den Unternehmen getätigten Investitionen in puncto Fachkräfterekrutierung und -sicherung mittel- bis langfristig auszahlen.

II. Wissenschaftliche Mängel Bezüglich der Lehrinhalte wird zudem auch die im Vergleich zum regulären Studium jedenfalls weniger ausgeprägte Fokussierung auf das breitere Reflektieren über den jeweiligen Fachbereich hinaus kritisiert. Zwar hat das duale Studium seine Stärken in der Vermittlung von Schlüssel- und Sozialkompetenzen, dafür bleibt für den „Blick über den Tellerrand“ oder dem Nachgehen eigener Gedanken aufgrund der eng abgestimmten Praxis- und Theoriephasen sowie der hohen zeitlichen Beanspruchung nahezu kein Raum.181 Zusätzliches zivilgesellschaftliches Engagement oder das Erweitern des Horizonts durch das Besuchen fachfremder Veranstaltungen treten im dualen Studium weitgehend in den Hintergrund. Auch mit wissenschaftlicher Forschung kommen dual Studierende nicht unmittelbar in Berührung. Somit ist die Ganzheitlichkeit der akademischen und beruflichen Bildung angesichts der zunehmenden Implementierung betriebsspezifischer Inhalte gefährdet.182 Es ist von besonderer Wichtigkeit, ein Augenmerk auf die Qualitätssicherung und damit auch auf die Aufrechterhaltung der Wissenschaftlichkeit zu legen.183 Die Aussicht, einen akademischen Titel nach Abschluss des dualen Studiums zu erlangen, erfordert die qualifikatorische Nähe zum grundständigen Studium und dessen

180

Vgl. Barth/Reischl, Leitfaden zur Qualitätssicherung, 2008, 7 ff.; Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Entwicklung des dualen Studiums, 2013, 26 ff. 181 BLK, Perspektiven für die duale Bildung, 2003, 41. 182 Graf, WZB-Mitteilungen 2012, 49, 51 (Heft 138). 183 Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Entwicklung des dualen Studiums, 2013, 29, der den wissenschaftlichen Anspruch als primären Baustein der Qualitätssicherung einstuft.

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1. Teil: Grundlagen

vermittelten Inhalten.184 Eine fortschreitende Entfremdung von der konventionellen universitären Ausbildung würde die Einordnung als akademischen Bildungstypus nicht mehr rechtfertigen.185 Die Hochschulseite ist dabei maßgebend dafür verantwortlich, die wissenschaftliche Qualifikation ihrer Absolventen zu sichern.186 Der wissenschaftliche Anspruch muss also stets in die Praxisphasen ausstrahlen.187 Qualifiziertes Lehrpersonal aus der Praxis zu gewinnen, ist zwar für die flächendeckende Wissensvermittlung in den Theoriephasen unerlässlich, jedoch ist besonders dafür Sorge zu tragen, dass der Anteil der hauptberuflichen Lehrkräfte, die die Einstellungsvoraussetzungen für Professoren erfüllen, nicht abnimmt.188 Gesetzlich ist etwa im Landeshochschulgesetz Baden-Württemberg für die DHBW in § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 LHG BW festgelegt, dass die nicht-akademischen Ausbildenden eine „praxisorientierte Ausbildung“ zu erbringen haben, nicht hingegen eine bloße „Praxisausbildung“. Damit verdeutlicht schon der Gesetzeswortlaut, dass bei einem dualen Studium nicht nur das praktische Arbeiten, sondern vielmehr die lernzielbezogene Wissensvermittlung durch die Praxis im Vordergrund steht.189 Weder bei der wissenschaftlichen noch bei der praktischen Ausbildung sollten Abstriche hingenommen werden,190 sodass neben mangelndem Praxisbezug auch fehlende Wissenschaftlichkeit bekämpft werden muss, um die Balance und somit die Qualität des hybriden Ausbildungstyps zu sichern. Nur auf diesem Wege lassen sich die besonderen Vorzüge des dualen Studiums – primär die Polyvalenz des Formats – auf den Arbeitsmarkt zukunftssicher übertragen. Im Zuge dieser wissenschaftskonzentrierten Qualitätssicherung würde mutmaßlich auch die bisher starke Zurückhaltung der Universitäten als duale Studienanbieter ein registrierbares Aufleben erfahren.

III. Gefahr unternehmensspezifischer Studiengänge Durch die gewöhnlich stattfindende curriculare Einflussnahme der Unternehmen191 offenbart sich die Gefahr der Etablierung von „Inhouse-Studiengängen“192, 184 Vgl. auch Wolter, in: Faßhauer/Severing (Hrsg.), Verzahnung beruflicher und akademischer Bildung, 2016, 39, 55. 185 Vgl. ders., in: Faßhauer/Severing (Hrsg.), Verzahnung beruflicher und akademischer Bildung, 2016, 39, 55. 186 Akkreditierungsrat, Handreichung, 2010, 5; BLK, Perspektiven für die duale Bildung, 2003, 40. 187 Sewerin, in: Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (Hrsg.), 20 Jahre Hochschule der Gesetzlichen Unfallversicherung, 2014, 201, 211. 188 Vgl. Akkreditierungsrat, Handreichung, 2010, 10, wonach dieser Anteil nicht unter 40 % fallen solle. 189 Haug, OdW 2014, 67, 70. 190 Vgl. auch Sewerin, in: Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (Hrsg.), 20 Jahre Hochschule der Gesetzlichen Unfallversicherung, 2014, 201, 211. 191 Dazu näher unter § 3 B. IV.

§ 2 Duale Studiengänge aus bildungspolitischer Perspektive

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auf die die Bildungseinrichtungen nur beschränkte Einwirkungsmöglichkeiten haben. Teilweise wird bereits gemutmaßt, dass die Hochschulen zur „verlängerten Werkbank der Unternehmen“193 werden könnten. Insbesondere Spezialstudiengänge,194 die vorwiegend den Unternehmensinteressen entsprechend bedarfsgerecht gegründet werden und oftmals nur volatiles Wissen vermitteln, können schon bei kleineren Konjunkturveränderungen nur kurze Zeit später veraltet sein.195 Unter diesen Umständen würden die beschriebenen Vorteile, die mit der flächendeckenden Verbreitung dualer Studiengänge entstehen sollten, durch die Einschränkung der Kompetenzfelder nivelliert.196 Auch vor diesem Hintergrund ist die Gewährleistung des wissenschaftlichen Anspruchs und die Stärkung der Vielseitigkeit des dualen Studienformats von besonderer Bedeutung, da die wissenschaftlichen Kernkompetenzen der Absolventen dualer Studiengänge in Form von Anpassungs- und Weiterbildungsfähigkeit als zeitlos gelten.197 In Anbetracht dynamischer wirtschaftlicher Entwicklungen im Zuge der Globalisierung wird hingegen bei den zu vermeidenden „Just-In-Time-Studiengängen“198 der Wert eines Abschlusses schlechterdings deutlich gemindert. Dies sollte auch den Anbietern dualer Studiengänge bewusst werden, da ein entsprechend generalisiert aufgestelltes Kompetenzprofil nicht nur den Absolventen dualer Studiengänge, sondern auch den zukünftigen Arbeitgebern zugutekommt.199 Im Zusammenhang mit der Befriedigung unternehmensspezifischer Kompetenzbedarfe lässt sich demgemäß auch eine Gefahr für die Wissenschaftsfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 GG sehen.200 Damit erlangt die institutionelle Ausgestaltung dualer Studiengänge sogar verfassungsrechtliche Relevanz. Auch wenn diese Arbeit eine im Grundsatz andere Konzeption – speziell bezogen auf die arbeitsrechtliche Dimension – verfolgt, soll dieses Problemfeld nicht gänzlich unbesprochen bleiben. Die verfassungsrechtlich garantierte Autonomie der Hochschule darf nicht über 192

Vgl. Kupfer/Köhlmann-Eckel/Kolter, Duale Studiengänge, 2014, 19. Diese Metapher anbringend Heimann, DSW-Journal 2017, 12, 16. 194 Vgl. Sewerin, in: Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (Hrsg.), 20 Jahre Hochschule der Gesetzlichen Unfallversicherung, 2014, 201, 213. 195 A. Becker, Duale Studiengänge, 2006, 6; Holtkamp, Duale Studienangebote, 1996, 11; Purz, Duale Studiengänge, 2011, 100; Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Entwicklung des dualen Studiums, 2013, 29. 196 Krone/Nieding/Ratermann-Busse, Dual studieren – und dann?, 2019, 260 f.; teilweise entwickeln die Unternehmen sogar eigene Karrierepfade für ihre dualen Studienabsolventen, vgl. ebd. 266 ff. 197 Vgl. Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Entwicklung des dualen Studiums, 2013, 29. 198 A. Becker, Duale Studiengänge, 2006, 6. 199 Vgl. Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Entwicklung des dualen Studiums, 2013, 32. 200 Vgl. Berthold/Leichsenring/Kirst u. a., Demographischer Wandel und Hochschulen, 2009, 24 f.; Sewerin, in: Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (Hrsg.), 20 Jahre Hochschule der Gesetzlichen Unfallversicherung, 2014, 201, 213 („überwindbar“); Scholz, F & L 2010, 802; Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Entwicklung des dualen Studiums, 2013, 31; allgemeiner Kocher, FS Klebe, 2018, 215, 217 f. 193

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1. Teil: Grundlagen

Gebühr eingeschränkt werden. Insbesondere schließt die Freiheit der Lehre deren Inhalt, den methodischen Ansatz sowie das Recht auf Äußerung von wissenschaftlichen Lehrmeinungen mit ein.201 Art. 5 Abs. 3 GG, der im übrigen auch die Lehre an Fachhochschulen und Berufsakademien umfasst,202 schützt zudem die Befugnis zum Erlass von Studien- und Prüfungsordnungen.203 Je mehr die curriculare Einflussnahme der Unternehmen steigt, desto enger wird der Kreis der akademischen Freiheit gezogen. Das BVerfG hat in seinem Hochschulurteil im Jahre 1973 entschieden, dass hauptberufliche Professoren in den Gremien stets einen maßgebenden Einfluss hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung der Lehre und in Forschungsfragen sogar einen ausschlaggebenden Einfluss haben müssten.204 Unter „maßgebenden Einfluss“ sei demnach das Vereinen der Hälfte der Stimmen und somit zumindest der Ausschluss einer Majorisierung der Hochschullehrergruppe zu verstehen, der weitergehende „ausschlaggebende Einfluss“ meine die Durchsetzungskraft der Hochschullehrer gegenüber den anderen Gruppen, mithin die Mehrheit der Stimmen.205 Die Unabhängigkeit der Wissenschaft ist deshalb von enormer Bedeutung, weil in der Wirtschaft die Handlungsstränge von Partikularinteressen dominiert werden206 und die Wissenschaft dagegen von einem ernsthaften planmäßigen Versuch der Wahrheitsermittlung getrieben wird.207 Kraft Natur der Sache ist die Mitgestaltungsmacht privater Akteure im Rahmen des dualen Studiums aufgrund der paritätischen Ausrichtung besonders ausgeprägt, sodass gleichwohl verstärkt darauf zu achten ist, die Garantie der Wissenschaftsfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 GG in einer den Vorgaben des BVerfG entsprechenden Weise zu wahren und die Wirtschaft nicht zum „weisungsbefugten Co-Produzenten“208 für Bildungsinhalte werden zu lassen. Im Falle der DHBW ist jüngst eine Verfassungsbeschwerde von Professoren, die sich in ihrem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 3 GG verletzt sahen, durch das BVerfG mit einem Nichtannahmebeschluss abgewiesen worden.209 Die Wissenschaftsfreiheit sei 201 BVerfG, Urt. v. 29. 5. 1973 – 1 BvR 424/71, BVerfGE 35, 79 = AP GG Art. 5 Abs. 3 Wissenschaftsfreiheit Nr. 1, unter C. II. 1.; BVerfG, Urt. v. 26. 6. 2015 – 1 BvR 2218/13, NVwZ 2015, 1444, Rn. 18. 202 Vgl. BVerfG, Beschl. v. 13. 4. 2010 – 1 BvR 216/07, BVerfGE 126, 1 = NVwZ 2010, 1285, Rn. 41 ff.; jüngst bestätigt durch BVerfG, Beschl. v. 5. 2. 2020 – 1 BvR 1586/14, BeckRS 2020, 4223, Rn. 13 f. 203 BVerfG, Beschl. v. 31. 5. 1995 – 1 BvR 1379, 2 BvR 1413/94, BVerfGE 93, 85 = NVwZ 1996, 709, unter B. 1. a); BVerfG, Urt. v. 26. 6. 2015 – 1 BvR 2218/13, NVwZ 2015, 1444, Rn. 18. 204 BVerfG, Urt. v. 29. 5. 1973 – 1 BvR 424/71, BVerfGE 35, 79 = AP GG Art. 5 Abs. 3 Wissenschaftsfreiheit Nr. 1. 205 Vertiefend Gärditz, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, 2021, Art. 5 Abs. 3 Rn. 226 ff. 206 Vgl. Kocher, FS Klebe, 2018, 215, 216. 207 Vgl. BVerfG, Urt. v. 29. 5. 1973 – 1 BvR 424/71, BVerfGE 35, 79 = AP GG Art. 5 Abs. 3 Wissenschaftsfreiheit Nr. 1, unter C. II. 1. 208 Göricke, Erst Bachelor, dann Praktikant, 2011 (https://www.sueddeutsche.de/bildung/be rufseinstieg-erst-bachelor-dann-praktikant-1.1046618) (geprüft am 31. 5. 2022). 209 BVerfG, Beschl. v. 5. 2. 2020 – 1 BvR 1586/14, BeckRS 2020, 4223.

§ 2 Duale Studiengänge aus bildungspolitischer Perspektive

53

durch die Regelungen zur Organisation der Hochschule nicht strukturell gefährdet.210 Zu beachten ist aber, dass es im konkreten Entscheidungsfall speziell um Vorgaben zur Wahl und Abwahl der zentralen Leitungsorgane sowie der örtlichen Rektorate ging211 und die generelle Aussagekraft im hiesigen Kontext deutlich begrenzt ist. Die Antragsteller beanstandeten zuvorderst die umfangreiche Zuweisung wissenschaftsrelevanter Kompetenzen an das Präsidium, während die mit Hochschullehrern und Mitarbeitern besetzten Senate weitgehend von den wesentlichen Entscheidungsbefugnissen ausgeschlossen seien.212 Das BVerfG stellt diesbezüglich aber klar, dass der baden-württembergische Landesgesetzgeber hinsichtlich der DHBW den ihm zustehenden Gestaltungsspielraum für Einrichtungen der Forschung und Lehre in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise genutzt hat.213 Letztlich kommt es darauf an, sämtliche einschlägigen bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften im Lichte der ausstrahlenden Wissenschaftsfreiheit, die eine gegenseitige Rücksichtnahme aller Akteure verlangt, verfassungskonform auszulegen.214 Zudem sollte der Rahmen über die institutionelle Herrschaft und Kontrolle vertraglich zwischen den Bildungsanbietern und den kooperierenden Betrieben abgesteckt werden, sodass das „letzte Wort“215 hinsichtlich Themen, Methoden und Prüfungen stets auf Seiten der Wissenschaftsakteure zu verorten ist.216

IV. Verdrängung der dualen Berufsausbildung Das veränderte Bildungsverhalten in der Bundesrepublik Deutschland ist in erster Linie auf die Akademisierung der Arbeitswelt zurückzuführen. Schon seit mittlerweile mehreren Jahren übertrifft die Studienanfängerquote den Anteil derjenigen, die eine Berufsausbildung beginnen,217 sodass eine zunehmende Verschiebung in

210

BVerfG, Beschl. v. 5. 2. 2020 – 1 BvR 1586/14, BeckRS 2020, 4223, Rn. 15, 35. BVerfG, Beschl. v. 5. 2. 2020 – 1 BvR 1586/14, BeckRS 2020, 4223, Rn. 1. 212 BVerfG, Beschl. v. 5. 2. 2020 – 1 BvR 1586/14, BeckRS 2020, 4223, Rn. 4. 213 BVerfG, Beschl. v. 5. 2. 2020 – 1 BvR 1586/14, BeckRS 2020, 4223, Rn. 15; die dem Präsidium zugesprochenen weitreichenden wissenschaftsrelevanten Entscheidungsbefugnisse würden durch Mitwirkungsrechte des Senats als kollegialem Vertretungsorgan sowie durch Mitwirkungsrechte der Gruppe der Grundrechtsträger bei der Kreation der Leitungsorgane ausreichend kompensiert (Rn. 19). 214 Hufen, Rechtsgutachten zur Ausdehnung des BBiG auf die Praxisphasen dualer Studiengänge, 2019, 22. 215 Es muss in jedem Fall garantiert sein, dass im Kern wissenschaftliche Entscheidungen der Wissenschaft selbst überlassen sind, vgl. BVerfG, Beschl. v. 5. 2. 2020 – 1 BvR 1586/14, BeckRS 2020, 4223, Rn. 16. 216 Kocher, FS Klebe, 2018, 215, 219 f., wobei sie auf der persönlichen Seite bzw. Kommunikation gesteigerte Einflussmöglichkeiten sieht. 217 Vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung, Bildung in Deutschland 2020, 2020, 177; dies., Bildung in Deutschland 2018, 2018, 149, 171; dies., Bildung in Deutschland 2014, 211

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1. Teil: Grundlagen

Richtung des tertiären Bildungssektors zu beobachten ist („shift from vocational training to higher education“218). Die Befürchtung, der Ausbau des dualen Studienangebots kannibalisiere die duale Berufsausbildung, konnte in der Praxis indes nicht nachgewiesen werden.219 Auch der Präsident des BIBB, Friedrich Hubert Esser, hält die betriebliche Berufsausbildung für nicht unmittelbar gefährdet und bestätigt die empirischen Ergebnisse: „Die Jugendlichen sehen das duale Studium als Alternative zum klassischen Bachelor-Studium, nicht aber zur Ausbildung.“220 Eine Verdrängungssituation mit der Berufsausbildung ist somit in Anbetracht der „Studierneigung“221 dual Studierender einstweilen nicht unmittelbar auszumachen.222 Vielmehr stellt das duale Studium hierzulande eine relevante Ergänzung zu den ehemalig getrennten Säulen der klassischen dualen Ausbildung und der einstmals rein universitären Hochschulausbildung dar und bildet damit eine Art mittleren Bildungsbereich.223 Allenfalls können Verdrängungseffekte zwischen klassischen Bachelor-Absolventen und den Absolventen dualer Studiengänge dergestalt auftreten, dass sich die Unternehmen im Bewerbungsverfahren tendenziell für Letztere aufgrund ihrer berufspraktischen Erprobung entscheiden und sich somit die 2014, 5 f., 125; BMBF, Berufsbildungsbericht 2017, 2017, 46; dass., Berufsbildungsbericht 2015, 2015, 47. 218 Baethge/Wolter, Journal for Labour Market Research 2015, 97, 99; Kerst/Wolter, Berufsbildung 2017, 41, 41 f. 219 Elsholz/Jaich/Neu, Folgen der Akademisierung der Arbeitswelt, 2018, 68 ff., 73, wobei es durchaus branchen- sowie unternehmensspezifische Unterschiede mit teils zu beobachtenden Verdrängungstendenzen gebe – diese lassen aber keine klaren übergeordneten Entwicklungen erkennen; in eine ähnliche Richtung gehend auch Heidemann/J. Koch, WSI-Mitteilungen 1/ 2013, 52, 54 f., die duale Studiengänge nach ihren Betriebsfallstudien eher als „Suchbewegungen“ der Unternehmen begreifen, um den Bedarf an betrieblich sozialisierten Fachkräften der mittleren Ebene zu sichern; differenziert zudem Krone/Mill, WSI-Mitteilungen 1/2014, 52, 56 f., deren Empirie gezeigt hat, dass duale Studiengänge von den Unternehmen grundsätzlich unter Beachtung branchenabhängiger Faktoren mehrheitlich als zusätzliche Option neben den klassischen Karrierepfaden aufgefasst werden, wobei Konkurrenzsituationen sich vor allem dann entwickeln würden, wenn die konkreten Ausbildungsgänge parallel verliefen und nicht voneinander getrennt würden; ähnlich Kuhlee/Irmscher, Berufs- und Wirtschaftspädagogik online 2018, 1, 18 f.; ebenso mit Blick auf ausgewählte Studien argumentiert Weiß, in: Faßhauer/Severing (Hrsg.), Verzahnung beruflicher und akademischer Bildung, 2016, 21, 31; im kaufmännischen Bereich werden etwaige Substituierungseffekte durch das duale Studium zulasten der dualen Berufsausbildung indes als „tendenziell“ hoch erachtet, vgl. Euler/Severing, Welche Berufsausbildungen sind durch akademische Bildungsangebote gefährdet?, 2017, 38. 220 Heimann, DSW-Journal 2017, 12, 14. 221 Hähn, in: Krone (Hrsg.), Dual Studieren im Blick, 2015, 29, 37. 222 A. A. („starke Konkurrenz“) Rose, in: Hess/Worzalla/Glock u. a. (Hrsg.), BetrVG, 2018, § 5 Rn. 84. 223 Noch weitergehend das Szenario zur zukünftigen Struktur des deutschen Bildungssystems skizziert von Elsholz/Jaich/Neu, Folgen der Akademisierung der Arbeitswelt, 2018, 12 f., wonach eine Dreiteilung in forschungs- und wissenschaftsorientierte Studiengänge, duale und praxisorientierte Studiengänge sowie die duale Berufsausbildung als Restbereich für leistungsschwache Jugendliche prognostiziert wird.

§ 2 Duale Studiengänge aus bildungspolitischer Perspektive

55

Bachelor-Absolventen zunächst etwa über Praktika die berufliche Handlungsfähigkeit224 erarbeiten müssen.225 In der Beziehung des dualen Studiums zur dualen Berufsausbildung ist zu beachten, dass die sogar international anerkannten Stärken der deutschen Berufsausbildung226 – primär die vielfältigen Theorie-Praxis-Verklammerungen einhergehend mit einer frühzeitigen betrieblichen Sozialisation sowie einem umfassenden Erwerb beruflicher Handlungskompetenz als dessen Folge – auf einer Linie liegen mit den dargestellten Vorzügen dualer Studiengänge. Insofern ist trotz mannigfaltiger Unterschiede227 von einer partiellen Überlagerung der dualen Berufsausbildung mit den dualen Studiengängen auszugehen, die aufgrund des angerissenen unterschiedlichen soziokulturellen Hintergrunds der Nachfrager228 allerdings nicht zu einem Verdrängungswettbewerb der beiden Bildungsvarianten führt. Hinzu kommt, dass die dualen Studiengänge vermehrt leistungsstarke Schulabsolventen ansprechen229 und diese angesichts der gestiegenen Anforderungen im Zuge des digitalisierten und somit vielfach komplexer werdenden Zeitalters wegen ihres höheren Qualifikationsniveaus besonders nachgefragt sind.230 Das Verhältnis zwischen der klassischen Berufsausbildung und den zunehmend aufkeimenden dualen Studiengängen ist demzufolge eher durch ein „Nebeneinander“ denn von einem „Gegeneinander“ gekennzeichnet. Es gilt jedoch darauf zu achten, dass das Schutzniveau der dual Studierenden nicht ungebührlich weit hinter dem der Auszubildenden zurückbleibt. Sollte sich nämlich das Bestehen von Rechtsunsicherheiten infolge fehlender anwendbarer Rechtssätze für dual Studierende bestätigten, bestünde die Gefahr, dass Arbeitgeber vermehrt dual Studierende statt Auszubildende einstellen, um nicht an die hohen Standards des Berufsbildungsrechts gebunden zu sein. Ob das rechtliche Schutznetz für Auszubildende indes tatsächlich enger gespannt ist als das dual Studierender, bedarf erst noch einer gründlichen Aufarbeitung.231 Somit ist zunächst einmal keine schleichende Ablö224

Dazu noch im Folgenden unter § 5 B. Göricke, Erst Bachelor, dann Praktikant, 2011 (https://www.sueddeutsche.de/bildung/be rufseinstieg-erst-bachelor-dann-praktikant-1.1046618) (geprüft am 31. 5. 2022). 226 Vgl. etwa OECD, Bildung auf einen Blick 2020: Ländernotiz Deutschland, 2020, 1 ff.; so auch aus dem rechtswissenschaftlichen Schrifttum Däubler, Das Arbeitsrecht 2, 2012, Rn. 2059. 227 Zur Gegenüberstellung der dualen Berufsausbildung nach dem BBiG mit den dualen Studiengängen siehe noch unter § 5 A. III. 228 Siehe bereits § 2 A. III. 229 Differenziert Wolter, in: Faßhauer/Severing (Hrsg.), Verzahnung beruflicher und akademischer Bildung, 2016, 39, 46 f., 49 f., der indes auch betont, dass keineswegs nur die Leistungsspitze auf duale Studienangebote eingeht, sondern das mittlere Leistungsspektrum ebenfalls erfasst wird, wobei aufgrund der hohen Selektivität im Auswahlverfahren doch mehrheitlich Bewerber aus dem oberen Leistungsbereich rekrutiert werden (die Abschlussdurchschnittsnoten lägen bei 2,3 und entsprechend darüber). 230 Vgl. Elsholz/Jaich/Neu, Folgen der Akademisierung der Arbeitswelt, 2018, 76. 231 Siehe dazu noch unter § 6 B. 225

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1. Teil: Grundlagen

sung der dualen Berufsausbildung vorherzusehen, da diese angesichts des fortan bestehenden Bedarfs an Fachkräften des mittleren Qualifikationsniveaus prospektiv auf einem stabilen Sockel stehen wird.232 Auch die zum 1. 1. 2020 in Kraft getretene Novelle des BBiG mit der Einführung einer mit den Ausbildungsjahren sukzessive steigenden Mindestausbildungsvergütung in § 17 Abs. 2 BBiG n. F. als wichtigsten Baustein233 wird dazu beitragen, die Attraktivität der Berufsausbildung zu sichern oder gar zu erhöhen.234 Nichtsdestoweniger können die Karriere- und Aufstiegschancen der Absolventen der dualen Berufsausbildung durch die Expansion dualer Studiengänge verringert werden.235 Soweit es also nicht um Stellenerstbesetzungen geht, sondern der weitere Karriereweg ins Blickfeld genommen wird,236 sind durchaus Konkurrenzeffekte unter den beiden Bildungstypen dergestalt zu erwarten, dass die Absolventen dualer Studiengänge seitens der Unternehmen zuvorderst auf Positionen eingesetzt werden, die bislang von ehemaligen Auszubildenden eingenommen wurden.237 Damit ist insgesamt eher von einer „Ausstechsituation“ durch die Absolventen dualer Studiengänge in der Zeit nach dem Abschluss der jeweiligen Bildungsform auszugehen, nicht hingegen von einer unmittelbaren Verdrängung der dualen Berufsausbildung. Aber auch eine mittelbare Verdrängungssituation durch die unterschiedlichen Karriereaussichten ist mittel- bis langfristig nicht mit aller Sicherheit zu prognostizieren, weil die Anzahl von derzeit rund 100.000 dual Studierenden in absehbarer Zeit keine Gefahr für die circa 1,3 Millionen Auszubildenden238 darstellen wird.

232

Vgl. Elsholz/Jaich/Neu, Folgen der Akademisierung der Arbeitswelt, 2018, 85. Über die Höhe der Mindestausbildungsvergütung wurde im Gesetzgebungsverfahren freilich heftig debattiert, vgl. HK-BBiG/Pepping, 2020, Einleitung Rn. 9 m. w. N. 234 Ein weiteres zentrales Element der Novellierung ist die Einführung transparenter Fortbildungsstufen für die höherqualifizierte Berufsbildung. So werden neue Abschlussbezeichungen wie beispielsweise „Bachelor Professional“ oder „Master Professional“ festgesetzt (vgl. § 53a Abs. 1 BBiG), um einerseits die Gleichwertigkeit von beruflicher Bildung und Studium zu betonen und andererseits die internationale Verständlichkeit zu erhöhen. Flankiert werden diese Neuerungen unter anderem durch verbesserte Teilzeitregelungen (vgl. § 7a BBiG). Die BBiG-Reform nimmt damit die Zukunftssicherung der Berufsausbildung fortwährend in den Blick; zurückhaltend Malottke, ZRP 2019, 142 ff.; tendenziell etwas positiver Kleinebrink, DB 2020, 727 ff. 235 In diese Richtung auch die Interviewstudie von Kuhlee/Irmscher, Berufs- und Wirtschaftspädagogik online 2018, 1, 18 f. 236 Näher Krone/Nieding/Ratermann-Busse, Dual studieren – und dann?, 2019, 270 ff. 237 Busse, Duale Studiengänge, 2008, 8 f.; Dobischat/Fischell/Rosendahl, Auswirkungen der Studienreform, 2008, 80; Heidemann/J. Koch, WSI-Mitteilungen 1/2013, 52, 56. 238 Statistisches Bundesamt, Anzahl der Auszubildenden in Deutschland von 1950 bis 2020, 2021 (https://de.statista.com/statistik/daten/studie/156916/umfrage/anzahl-der-auszubildendenin-deutschland-seit-1950/) (geprüft am 31. 5. 2022). 233

§ 2 Duale Studiengänge aus bildungspolitischer Perspektive

57

V. Defizitäre Internationalisierung Beklagt wird des Weiteren die mangelnde internationale Ausrichtung dualer Studiengänge. Hier besteht wohl das größte Potenzial des dualen Studienangebots. Es gilt, auf diesem Feld die Chancen der Globalisierung zu begreifen und Auslandsaufenthalte etwa durch geförderte Programme in Abstimmung mit den ausbildenden Betrieben zu erleichtern. Vertiefte Sprachkenntnisse und interkulturelle Kompetenzen sind mittlerweile vielerorts Grundvoraussetzungen für die Einstellung bei global orientierten Unternehmen und auch auf Seiten der dual Studierenden steigt der Wunsch, die Möglichkeit einer integrierten Auslandserfahrung als Erweiterung des eigenen Horizonts wahrzunehmen.239 Angelehnt an § 2 Abs. 3 BBiG,240 der explizit nur für die duale Berufsausbildung gilt,241 ist eine komplikationslose Anerkennung und Anrechnung von Auslandsaufenthalten auch im Rahmen des dualen Studiums erstrebenswert.242 Die DHBW als Flaggschiff dualer Studiengänge fördert dementsprechend Auslandssemester und Praxisphasen im Ausland in mittlerweile zunehmendem Maße und verspricht das in der Regel reibungslose Anrechnen von im Ausland erbrachten Leistungen. Es sind aber dennoch eine Vielzahl von Hürden zu nehmen, wobei insbesondere auch die arbeitsrechtlichen Bedingungen eines Auslandsaufenthalts in der Praxisphase regelmäßig Unklarheiten unter den Interessierten evozieren. Die nationalen Rechtsordnungen unterscheiden sich teils deutlich voneinander – gerade auch auf in praktischer Hinsicht bedeutenden Gebieten wie der Zahlung von Mindestlohn oder Befristungen von Arbeitsverträgen.243 Hinzu kommt, dass das duale Studium weitgehend als deutsches Konstrukt gilt,244 das in anderen Staaten in der Form nicht existiert.245 Selbst die für Deutschland traditionelle duale Berufsausbildung ist im Ausland kaum verbreitet, sodass es vielerorts schon an den entsprechenden betrieblichen Ressourcen mangelt, um eine taugliche Praxisphase

239

Graf/Powell/Fortwengel u. a., in: Faßhauer/Severing (Hrsg.), Verzahnung beruflicher und akademischer Bildung, 2016, 97, 98. 240 Zur rechtsdogmatischen Einordnung von Auslandsaufenthalten während der dualen Berufsausbildung siehe Hartwich, NZA 2011, 1267, 1267 f. 241 Bisher haben insbesondere größere Unternehmen, die Standorte im Ausland betreiben, von der Möglichkeit der Ausbildung im Ausland Gebrauch gemacht, vgl. Lakies, BBiG, 2020, § 2 Rn. 3 ff. 242 Vgl. auch Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Entwicklung des dualen Studiums, 2013, 31. 243 Vgl. auch Graf/Powell/Fortwengel u. a., Duale Studiengänge im globalen Kontext, 2014, 21. 244 Zu diskutieren wäre, ob ein Export des dualen Studienkonzepts in andere Staaten überhaupt erfolgsversprechend wäre; zu Adaptionsmöglichkeiten des dualen Studienmodells in China vgl. Zhang, Das Studienmodell an der dualen Hochschule in Deutschland und seine Adaption in China, 2016, 127 ff. 245 Graf, WZB-Mitteilungen 2012, 49, 50 f. (Heft 138); Maschke, Duales Studium als Exportmodell, 2015, 2.

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1. Teil: Grundlagen

für „dual-track-students“246 anzubieten.247 Gleichwohl bietet ein breitflächiger Kooperations- und Netzwerkausbau die Chance, die Internationalisierung dualer Studiengänge und damit auch die internationale Mobilität dual Studierender trotz der straffen zeitlichen Organisation des Formats voranzutreiben.248 Die Dichte des dualen Studiums hat den Wissenschaftsrat dazu veranlasst, als Empfehlung eine Verlängerung des Studiums in Erwägung zu ziehen.249 Eine solche Verlängerung der Studiendauer liegt indes oftmals nicht im Interesse der Ausbildungsbetriebe, sodass sie dahingehend beschränkende Klauseln in den Verträgen mit den dual Studierenden festsetzen.250 Die arbeitsrechtlichen Kollektivorgane könnten auf diesem Gebiet einen elementaren Beitrag leisten, indem sie vermittelnd mit dem Ziel tätig werden, diejenigen Unternehmen, die Auslandsaufenthalte ihrer dual Studierenden aus verschiedenen eigennützigen Gründen nicht fördern, von den Vorzügen der Internationalisierung ihrer potenziell zukünftigen Fachkräfte zu überzeugen.251 Insofern stellt sich die noch näher zu erörternde Frage nach der rechtlichen Rolle von Kollektivorganen im Bereich des dualen Studiums.252

VI. Begriffliche Unschärfe Letztlich ist eine besondere Gefahr darin zu erblicken, dass aufgrund der determinatorischen Vagheit des Begriffs „duales Studium“ zahlreiche Studienformen aus dem Boden sprießen, die zwar mit dem Label „dualer Studiengang“ werben,253 jedoch keinerlei systematische Verzahnung von Studium und betrieblicher Praxis aufweisen.254 Exemplarisch sind hier Studiengänge anzuführen, bei denen die Hochschulen – vergleichbar mit einem Franchise-Modell – nur noch für die Ab246 Diesen Begriff anbringend Lücke, in: Hümmerich/Lücke/Mauer (Hrsg.), Arbeitsrecht, 2018, § 2 Rn. 296. 247 Maschke, Duales Studium als Exportmodell, 2015, 11. 248 Vgl. Weiß, in: Faßhauer/Severing (Hrsg.), Verzahnung beruflicher und akademischer Bildung, 2016, 21, 35; Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Entwicklung des dualen Studiums, 2013, 39, der das duale Studienkonzept auch international für zukunftsfähig hält. 249 Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Entwicklung des dualen Studiums, 2013, 30 f. 250 Praktiziert wird etwa die Vereinbarung folgender Klausel: „Ein Auslandsaufenthalt während der Vertragsdauer ist nach gesonderter Vereinbarung möglich, wenn sich die Studiendauer dadurch nicht verlängert. Die Praxisphase nach dem 4. Fachsemester steht dafür nicht zur Verfügung.“ Dadurch werden die Internationalisierungstendenzen dual Studierender erheblich beschränkt. 251 Graf/Powell/Fortwengel u. a., in: Faßhauer/Severing (Hrsg.), Verzahnung beruflicher und akademischer Bildung, 2016, 97, 106. 252 Hierzu explizit unter § 9. 253 Vgl. auch die Ergebnisse der Studie CHE/f-bb, Duales Studium: Umsetzungsmodelle und Entwicklungsbedarfe, 2022, 127. 254 Vgl. Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Entwicklung des dualen Studiums, 2013, 21 ff., der eine enge Interpretation der Begrifflichkeit für geboten hält; im Einzelnen zum Terminus siehe noch unter § 4 A.

§ 2 Duale Studiengänge aus bildungspolitischer Perspektive

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schlüsse zuständig sind und das Studium selbst auf die Unternehmen als private Dritte verlagern.255 In diesem Zusammenhang gilt es in erster Linie zu verhindern, dass die dual Studierenden in den Betrieben zur Minderung der vielfach vorherrschenden Personalknappheit eingesetzt werden. Als Qualitätssicherungsinstrumentarium haben duale Studiengänge ein länder- und hochschulübergreifendes Akkreditierungsverfahren zu durchlaufen, wobei anhand von ausgewählten Indikatoren überprüft wird, ob der jeweilige duale Studiengang dem Qualitätssiegel des Akkreditierungsrates genügt und als wissenschaftliche Hochschulbildung anerkannt werden kann.256 Insbesondere muss dabei auch die inhaltliche Abstimmung der Theorie- und Praxisphasen in einem in sich geschlossenen Studiengangkonzept nachgewiesen werden.257 Das Akkreditierungsverfahren, bei dem über einen langen Zeitraum externe Agenturen die Entscheidungen über entsprechende Akkreditierungen trafen, wurde zuletzt vom BVerfG überprüft, wobei die zugrunde liegenden konkreten nordrhein-westfälischen Landesregelungen über die Akkreditierung von Studiengängen für verfassungswidrig erklärt wurden.258 Im Zentrum der Begründung stand neben dem Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 1, 3 GG259 das Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG, das zwar grundsätzlich der Sicherung von Mindeststandards bei Studienangeboten nicht entgegenstehe, der Gesetzgeber müsse aber jedenfalls – dem Wesentlichkeitsvorbehalt entsprechend260 – in diesem grundrechtssensiblen Bereich die wesentlichen Entscheidungen bei der Akkreditierung selbst treffen, anstatt sie externen Einrichtungen zu überlassen.261 Ein Eingriff in die Lehrfreiheit ist jedenfalls im Fall der Versagung eines Akkreditats anzunehmen.262 Grundsätzlich sei aber auch schon die 255 Meyer-Guckel/Nickel/Püttmann u. a., Qualitätsentwicklung im dualen Studium, 2015, 15; Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Entwicklung des dualen Studiums, 2013, 31; Wolter, in: Faßhauer/Severing (Hrsg.), Verzahnung beruflicher und akademischer Bildung, 2016, 39, 42. 256 Vgl. Akkreditierungsrat, Handreichung, 2010, der angesichts der besonderen Herausforderungen differenzierter Studienformen umfassende Empfehlungen für Hochschulen, Agenturen und Gutachter hinsichtlich des Akkreditierungsverfahrens herausgegeben hat; diese Handreichung ist seit dem 1. 1. 2018 überholt, nunmehr hat sich die Akkreditierung an der Musterrechtsverordnung gemäß Art. 4 Abs. 1 – 4 Studienakkreditierungsstaatsvertrag zu orientieren (dazu sogleich) – duale Studiengänge stellen demnach kein eigenes Studienformat dar, sondern werden nach der Musterrechtsverordnung als Studiengänge mit besonderem Profilanspruch akkreditiert; vgl. auch Malottke, in: Lakies/Malottke (Hrsg.), BBiG, 2021, § 3 Rn. 15. 257 Akkreditierungsrat, Handreichung, 2010, 6. 258 BVerfG, Beschl. v. 17. 2. 2016 – 1 BvL 8/10, BVerfGE 141, 143 = NVwZ 2016, 675. 259 BVerfG, Beschl. v. 17. 2. 2016 – 1 BvL 8/10, BVerfGE 141, 143 = NVwZ 2016, 675, Rn. 59, 75, 83, 85, 87. 260 BVerfG, Beschl. v. 17. 2. 2016 – 1 BvL 8/10, BVerfGE 141, 143 = NVwZ 2016, 675, Rn. 75. 261 BVerfG, Beschl. v. 17. 2. 2016 – 1 BvL 8/10, BVerfGE 141, 143 = NVwZ 2016, 675, Rn. 59 ff. 262 BVerfG, Beschl. v. 17. 2. 2016 – 1 BvL 8/10, BVerfGE 141, 143 = NVwZ 2016, 675, Rn. 50 ff.

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1. Teil: Grundlagen

Freiheit der Bildungsanbieter, über die inhaltlichen Komponenten zu bestimmen, bei einem Akkreditierungszwang beschränkt, sodass der Eingriff in den Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG schwerwiegender Natur sei.263 Dieses vorbehalt-, aber nicht schrankenlos gewährleistete Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit könne nur unter dem Gesichtspunkt der Qualitätssicherung gerechtfertigt werden, indes nicht dann, wenn die maßgebliche Handhabe auf Seiten privater Agenturen liege.264 Um das Akkreditierungssystem neu zu organisieren,265 wurde im Jahr 2017 ein Studienakkreditierungsstaatsvertrag geschlossen, der den Vorgaben des BVerfG entspricht. Insbesondere liegt die Entscheidungsgewalt nunmehr beim Akkreditierungsrat selbst. Ausweislich der Rechtserläuterung zu § 12 Abs. 6 der Musterrechtsverordnung266 zur Studienakkreditierung müssen die Lernorte bei einem dualen Studium nunmehr „systematisch sowohl inhaltlich als auch organisatorisch und vertraglich miteinander verzahnt“ sein, damit der Studiengang überhaupt unter dem Prädikat „dual“ firmieren kann.267 Der Blick in die Zukunft ist dahin zu richten, taugliche (Kontroll-)Instrumente parat zu halten, um auch zukünftig sauber zwischen einer ernstzunehmenden Alternative im tertiären Sektor einerseits und einer schwerpunktmäßigen Marketingaktivität andererseits zu trennen.268

C. Bewertung Angesichts der vielschichtigen Hoffnungen, die mit der Erweiterung dualer Studienangebote verbunden werden, kann zwar „auf dem Papier“ von einem vielversprechenden hybriden Modell ausgegangen werden, das die unterschiedlichen Potenziale in der Praxis aber nur schwerlich vollständig ausschöpfen wird.269 Insofern ist die hohe bildungspolitische Erwartungshaltung dahingehend zu bremsen, dass das duale Studium zwar immense Beiträge zur Erreichung der analysierten Bildungsziele leisten, jedoch kein Allheilmittel zur Überwindung der breitgefächerten gesellschaftlichen Aufgaben darstellen kann. Insbesondere gilt dies vor dem 263

BVerfG, Beschl. v. 17. 2. 2016 – 1 BvL 8/10, BVerfGE 141, 143 = NVwZ 2016, 675, Rn. 53 ff. 264 Vertiefend Hufen, JuS 2016, 855 ff. 265 Zu den fortan bestehenden strukturellen Defiziten der Akkreditierungsprozesse in Bezug auf duale Studiengänge vgl. Krone, Stellungnahme für die Anhörung des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung, Ausschussdrs. 19(18)124e, 2019, 9. 266 § 12 Abs. 6 der Musterrechtsverordnung lautet: „Studiengänge mit besonderem Profilanspruch weisen ein in sich geschlossenes Studiengangskonzept aus, das die besonderen Charakteristika des Profils angemessen darstellt.“ 267 Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 7. 12. 2017, Begründung zur Musterrechtsverordnung gemäß Artikel 4 Absätze 1 – 4 Studienakkreditierungsstaatsvertrag, 21 f.; zur Begriffseinhegung siehe noch näher unter § 4 A. IV.; zu den Bewertungsmaßstäben vgl. Akkreditierungsrat, Zwischenbilanz, 2020, 24 ff. 268 Falk, W & B 2007, 8, 12. 269 Wolter/Kamm/Lenz u. a., Potenziale des dualen Studiums, 2014, 19.

§ 2 Duale Studiengänge aus bildungspolitischer Perspektive

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Hintergrund, dass zunächst die dargelegten Spannungen des dualen Studiums aufzulösen sind. Um die gesellschaftlichen Versprechungen jedenfalls zum Teil einlösen zu können, ist es von überragender Wichtigkeit, die bestehenden Kritikpunkte auszuräumen und qualitätssichernde Standards zu etablieren. Das dynamische Aufleben des dualen Studienprogramms geht einher mit einem deutlichen Verantwortungsanstieg der beteiligten Akteure. So gilt es etwa, die erörterten Abstimmungsprobleme zwischen den Kooperationspartnern in den Griff zu bekommen, um den bildungspolitischen Erwartungen überhaupt im Ansatz gerecht werden zu können. Vor allem fordert die Digitalisierung der Arbeitswelt mit ihrer zunehmenden Schnelligkeit und Komplexität der zu bearbeitenden Prozesse ein breitgefächertes Portfolio der dualen Studienabsolventen, nicht hingegen eine ausschließlich betriebsspezifisch ausgelegte Ausbildung, um dynamische Berufsbiografien überhaupt zu ermöglichen. Die Einzelheiten der technischen Entwicklung sind aus der ex-ante-Sicht nur ungenau zu umreißen, sodass die berufliche Qualifizierung in Zukunft noch agiler werden muss, um adaptive Reaktionen auf jedwede Veränderungen zu ermöglichen. Die Arbeitsteilung zwischen pragmatischem Tun und theoretischem Wissen verschwimmt zusehends.270 Insofern ist nach wie vor ein besonderes Augenmerk auf die Erhöhung der Durchlässigkeit im Bildungssektor zu legen, wofür das duale Studium geradezu prädestiniert erscheint. Eine Begriffsschärfung ist hingegen dringend geboten, um die Qualität dualer Studiengänge überwachen sowie erhöhen zu können und so den digitalen Transformationsprozess weiter anzukurbeln. Gelingt es, die benannten Friktionen zu bekämpfen und jedenfalls mittelfristig zu beseitigen, bietet das duale Studium als sinnvolle Ergänzung im Bildungssektor ungeahnte gesamtgesellschaftliche Chancen auf dem Weg zur „Industrie 4.0“. Durch das reflektierte „Hineinwachsen“ in das Berufsumfeld werden dual Studierende schließlich in die Lage versetzt, stets das Praxishandeln zu hinterfragen und innovative Handlungsmuster in den Berufsalltag zu transferieren, sodass sich ein gegenseitiger Öffnungseffekt der Kooperationspartner entwickelt.271 Entscheidend wird in diesem Zusammenhang auch sein, inwiefern die Akteure eigennützige Belange und Interessen272 gegenüber den erläuterten gesamtgesellschaftlichen Erwägungen zurückstellen können, damit aus den gegenwärtig bestehenden kleinen Haarrissen nicht klaffende Brüche werden, die freilich auf die rechtliche Ebene ausstrahlen.

270 Schlögl, in: Dobischat/Käpplinger/Molzberger u. a. (Hrsg.), Bildung 2.1 für Arbeit 4.0?, 2018, 303, 311. 271 Sewerin, in: Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (Hrsg.), 20 Jahre Hochschule der Gesetzlichen Unfallversicherung, 2014, 201, 202: Es entstehe damit „eine sich wechselseitig inspirierende Lernwelt“. 272 Dazu sogleich unter § 3.

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1. Teil: Grundlagen

§ 3 Allgemeine Interessenlage der Akteure Um eine rechtliche Einordnung der dualen Studiengänge zu ermöglichen, ist als weitere, nunmehr feingliedrigere wie auch individualisiertere Vorüberlegung die Motivlage der beteiligten Akteure zu beleuchten. Auf diese Weise lassen sich einerseits bestehende und zu erwartende Konfliktfelder sowie andererseits hervortretende Synergieeffekte fruchtbar machen, um so weiter hinter die Fassade des dualen Studiums blicken zu können. Darauf aufbauend lassen sich wiederum auch rechtliche Interessen der drei Kooperationspartner ableiten, die bisweilen möglicherweise konfligieren. Vorzufinden ist ein durchaus vielschichtiges Interessengeflecht.

A. Motive der dual Studierenden Der beschriebene Boom des dualen Studiums lässt sich nicht ergründen, ohne die Vorteile für die Heranwachsenden im Blick zu haben. Für die Wahl eines gemeinhin als attraktiv geltenden dualen Studiengangs sprechen aus Studierendensicht mehrere Gesichtspunkte. Allen voran können die Teilnehmer dualer Studiengänge in kurzer Zeit herausfinden, ob ihnen neben der Theorie auch die Praxis des zu erlernenden Berufsfeldes liegt.273

I. Anwendungsorientiertes Lernen durch Theorie-Praxis-Verknüpfungen Daran angeknüpft steht in erster Linie die Verbindung von Theorie und Praxis im Mittelpunkt des Interesses, wobei es für Heranwachsende besonders reizvoll erscheint, theoretisches Wissen unmittelbar in der Praxis anwenden zu können und so frühzeitig vielseitige Vernetzungen zwischen Theorie und Praxis durch eigenständige Transferleistungen herzustellen.274 Voraussetzung für einen solchen Transfer ist jedoch die bereits ausgeführte enge Abstimmung der Kooperationspartner untereinander,275 um eine inhaltliche und nicht bloß eine zeitliche Verknüpfung der Wissensvermittlung sicherzustellen. Ist die curriculare Verzahnung gewährleistet, können die dual Studierenden durch aktives Lernen zu besonderer Motivation geleitet werden. Belegt wird dies durch eine im Vergleich zu „herkömmlichen“ Stu273 So auch für die duale Berufsausbildung Leinemann/Thora, FS Leinemann, 2006, 127, 130; für duale Studiengänge siehe exemplarisch Krone, in: Hemkes/Wilbers/Heister (Hrsg.), Durchlässigkeit zwischen beruflicher und hochschulischer Bildung, 2019, 462, 467 ff. 274 Vgl. Kamm/Lenz/Spexard, in: Faßhauer/Severing (Hrsg.), Verzahnung beruflicher und akademischer Bildung, 2016, 117, 127; Purz, Duale Studiengänge, 2011, 161, 164. 275 Vgl. unter § 2 B. I.

§ 3 Allgemeine Interessenlage der Akteure

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diengängen besonders niedrige Abbruchquote,276 die gleichwohl auch vor dem Hintergrund der sorgfältigen Vorauswahl der Unternehmen zu erklären ist.277 Die zügige Integration in die praktische Berufswelt begünstigt die Förderung der Persönlichkeitsbildung und das Erlernen von wichtigen Schlüsselkompetenzen wie beispielsweise sozialkompetentes Verhalten oder etwa berufsspezifische Problemlösungsfähigkeit in einem frühen Stadium.278 Diese Soft Skills nehmen eine bedeutende Rolle beim Erwerb beruflicher Handlungskompetenz ein und steigern die Position der Absolventen auf dem Arbeitsmarkt in deutlichem Ausmaß. Gerade die Problematik „Generation Praktikum“279, bei der vielfach Nachwuchskräfte („unechte Praktikanten“280) nach Studienabschluss trotz Praktikantenbetitelung in der betrieblichen Realität als vollwertige Arbeitskräfte unter – wenn überhaupt – geringer Vergütung eingesetzt werden, trägt dazu bei, dass der Wert eines klassisch erworbenen Bachelorabschlusses sinkt281 und sich somit die Übergangsphase in den Beruf verlängert.282 Diese Entwicklung spricht aus Studierendensicht für die Aufnahme eines dualen Studiums, bei dem von Beginn an (auch) praktische Kernkompetenzen vermittelt werden. Dadurch wird der berufliche Qualifizierungsbedarf abgemildert und der Berufseinstieg vereinfacht.

II. Zügige Abschlussfinalisierung Der Umstand, dass die Studiendauer beim dualen Studium oftmals lediglich drei Jahre beträgt und somit überschaubar ist,283 trägt offenbar auch dazu bei, dass es dual Studierenden leichter fällt, einen Abschluss zu finalisieren und alsbald ins Erwerbsleben einzusteigen. Dieser durch die Zweigleisigkeit der Ausbildung gesicherte Zeitgewinn – verbunden mit Planungssicherheit, nach meist drei Jahren einen Abschluss erworben zu haben – ist für ambitionierte Heranwachsende nach der schulischen Laufbahn entscheidend, wenn sie das Bestreben haben, schnell als Berufseinsteiger in einem Betrieb Fuß zu fassen. Auch objektiv betrachtet ist in den 276

CHE/f-bb, Duales Studium: Umsetzungsmodelle und Entwicklungsbedarfe, 2022, 219 f. Vgl. Kupfer/Köhlmann-Eckel/Kolter, Duale Studiengänge, 2014, 35 f., bei deren Betriebsbefragung sich eine durchschnittliche Abbruchquote von weniger als 7 % ergab, wobei der Median bei 5 % der abbrechenden dual Studierenden zu verzeichnen war. 278 BLK, Perspektiven für die duale Bildung, 2003, 37; Falk, W & B 2007, 8, 12; Waldhausen, Berufsbildung 2005, 64. 279 Zum Phänomen siehe bereits unter § 2 A. 280 Zur rechtlichen Einordnung siehe noch unter § 5 B. II. 3. a). 281 Das auserkorene Ziel der Bologna-Reform, dass der Bachelor als erster berufsqualifizierender Abschluss zur vollen Berufsfähigkeit befähigen sollte, droht damit verpasst zu werden; Scholz/Buchheit, Chancen für Bachelor, 2010, 6, die ein unternehmensseitiges Tendieren zum dualen Studium oder zu Dauerpraktikantenstellen nach dem Bachelor ausmachen. 282 Vgl. bereits Wissenschaftsrat, Stellungnahme zum Verhältnis von Hochschulausbildung und Beschäftigungssystem, 1999, 22 f.; zudem Schiener, Transitionen, 2010, 42, 64 ff. 283 Vgl. BIBB, AusbildungPlus 2019, 2020, 17. 277

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1. Teil: Grundlagen

stetigen Theorie-Praxis-Verknüpfungen ein didaktischer Mehrwert zu sehen,284 sodass sich erlerntes Wissen zügiger verfestigt und ein schnelleres Verständnis der beiden Felder entwickelt werden kann.285 Der rasche Wissenserwerb wird neben den immanenten Transferleistungen auch dadurch begünstigt, dass die Lerngruppen am Lernort Hochschule zumeist klein sind und die Betreuung am Lernort Betrieb in der Regel überdurchschnittlich intensiv ist.286 Unter diesen regelmäßig guten Studienbedingungen haben die dual Studierenden die Möglichkeit, ihren Abschluss erfolgreich und innerhalb einer recht eng begrenzten Zeitspanne zu erlangen.

III. Finanzielle Unabhängigkeit Des Weiteren kommt den dual Studierenden zugute, dass sie bereits während ihres Studiums in der Regel ein eigenes Einkommen beziehen und daher finanziell unabhängiger stehen als Studierende klassischer Studiengänge.287 Letztere sind auf staatliche Leistungen nach dem BAföG, auf nur unter engen Voraussetzungen gewährte Stipendien, die finanzielle Unterstützung ihrer Eltern oder darauf angewiesen, sich durch Neben- oder „Semesterferienjobs“ selbst zu unterhalten. Insbesondere Nebentätigkeiten führen oftmals aufgrund der Parallelität mit den jeweiligen Lern- und Klausurphasen zu einer Verlängerung der Ausbildungszeit oder dazu, dass der Studierende angesichts des beschnittenen Lernpensums nicht sein volles Leistungspotenzial ausschöpfen kann. Finanzsorgen treten dagegen bei dual Studierenden angesichts der meist gewährten Vergütung regelmäßig nicht in größerem Ausmaß auf,288 sodass auch das monetäre Motiv im Allgemeinen als hoch zu gewichten und als „Treibstoff“ für die Zeit vom Aufnahmeentschluss bis hin zum Studienabschluss zu identifizieren ist.

IV. Attraktive Berufsperspektive Ein weiterer maßgeblicher Anziehungspunkt des dualen Studiums ist in der grundsätzlich gesicherten Karriereperspektive zu erblicken.289 So können die anti284 Näher zu betrieblichen und hochschulischen Lernkulturen Meyer, in: Hemkes/Wilbers/ Heister (Hrsg.), Durchlässigkeit zwischen beruflicher und hochschulischer Bildung, 2019, 423 ff. 285 BDA/Stifterverband, Erfolgsmodell Duales Studium, 2018, 5; Lachmann/Sailmann, IAB-Forum 2014, 82, 86. 286 Bachem/Pietschmann, Das duale Studium, 2011, 72. 287 Wolter, in: Faßhauer/Severing (Hrsg.), Verzahnung beruflicher und akademischer Bildung, 2016, 39, 52 f. 288 Zur Vergütungsfrage siehe noch unter § 7 A. I. 289 Kamm/Lenz/Spexard, in: Faßhauer/Severing (Hrsg.), Verzahnung beruflicher und akademischer Bildung, 2016, 117, 127; siehe auch die Untersuchung Ostermann/Patzina, IABKurzbericht 25/2019, 2019, 4 ff., wonach die Absolventen dualer Studiengänge ähnlich hohe

§ 3 Allgemeine Interessenlage der Akteure

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zipierten Übernahmechancen unternehmensübergreifend als sehr gut eingestuft werden. Dies bestätigt auch eine Umfrage des BIBB, wonach 45 % der befragten Betriebe alle Absolventen übernehmen und nahezu weitere 28 % mehr als Dreiviertel der dual Studierenden nach erfolgreichem Studienabschluss weiterbeschäftigen.290 Als Grenzgänger291 zwischen dem akademischen und beruflichen Bildungspfad erhalten sie bei Stellenbesetzungen im Unternehmen gegenüber klassisch-grundständig Studierenden angesichts des Wegfalls längerer Einarbeitungsphasen oftmals den Vorzug.292 Trotz dieser ausgezeichneten Übernahmeaussichten im ausbildenden Unternehmen haben die Studierenden dualer Studiengänge in der Regel ein reges Interesse daran, nach dem Abschluss des Studiums beruflich möglichst flexibel zu bleiben und optimaler Weise keine frühzeitigen Verpflichtungen hinsichtlich langfristiger Unternehmensbindung einzugehen, um so ihre erlangten Kenntnisse und Fertigkeiten auf dem Arbeitsmarkt – gegebenenfalls auch bei einem anderen Unternehmen – gewinnbringend einsetzen zu können. Dabei sind dual Studierende aufgrund ihrer Begehrtheit auf dem Arbeitsmarkt oftmals nicht auf die Übernahme im Ausbildungsunternehmen angewiesen, denn ein statistischer Vergleich von Absolventen dualer und klassisch-grundständiger Studiengänge unterstreicht die umschriebene Attraktivität des dualen Studiums dergestalt, dass dual Studierende tendenziell eine gegenüber regulär Studierenden bessere Abschlussnote erzielen und im Allgemeinen zufriedener mit ihrer Arbeitssituation sind.293 Damit geht nicht nur eine höhere Leistungs- und Lernbereitschaft einher, sondern es ergibt sich auch generell ein großes Plus für die dual Studierenden auf dem Arbeitsmarkt. Die Ausbildungsunternehmen tun demnach gut daran, rechtlich konsistente Bleibever-

Beschäftigungsquoten wie klassische Universitätsabsolventen aufweisen und zu Beginn ihres Erwerbslebens sogar etwas besser in den Arbeitsmarkt integriert sind; siehe auch BMBF, Berufsbildungsbericht 2020, 2020, 30; einschränkend Krone/Nieding/Ratermann-Busse, Dual studieren – und dann?, 2019, 263 ff., die Verbesserungsbedarf in der konkreten Ausgestaltung des Berufseinstiegs dualer Studienabsolventen sehen. 290 Goeser/Isenmann, Betriebsumfrage 2011, 2011, 19; die hohe Übernahmequote jedenfalls regional unterstreichend auch die Unternehmensbefragung IHK Hannover/Hochschule Hannover, Duale Studienangebote aus Unternehmenssicht, 2017, 9, wonach nur einer von 34 Betrieben die Absolventen mehrheitlich nicht übernommen hat; ähnlich hohe Übernahmequoten zeigte zudem die Studie Boder, Rekrutierung und Bindung von Nachwuchskräften, 2016, 169, nach der 67 % der befragten Unternehmen mindestens 80 % der Absolventen weiterbeschäftigen; noch höhere Zahlen aufweisend die Betriebsbefragung Kupfer/KöhlmannEckel/Kolter, Duale Studiengänge, 2014, 36, nach der durchschnittlich rund 90 % der dualen Absolventen in ein Arbeitsverhältnis übernommen werden. 291 Kamm/Lenz/Spexard, in: Faßhauer/Severing (Hrsg.), Verzahnung beruflicher und akademischer Bildung, 2016, 117, 118. 292 Vgl. Wolter, in: Faßhauer/Severing (Hrsg.), Verzahnung beruflicher und akademischer Bildung, 2016, 39, 53. 293 Gensch, Erfolgreich im Studium, 2016, 29 f., 71 f., 86, deren Befragungsergebnisse allerdings nicht uneingeschränkt als repräsentativ zu werten sind, lediglich für das Bundesland Bayern gelten und daher nur eine Tendenz ausstrahlen können.

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1. Teil: Grundlagen

pflichtungen vertraglich festzusetzen, um einer drohenden Abwerbung zur Konkurrenz vorzubeugen, sofern dies rechtlich als zulässig bewertet werden kann.294

B. Motive der Kooperationsunternehmen Die Bereitstellung dualer Studienangebote ist auf Seiten der Unternehmen etwa im Hinblick auf das Anfallen erhöhter Personalkosten oder der gewöhnlichen Übernahme der Semesterbeiträge295 mit einem hohen finanziellen sowie hinsichtlich der stark ausgeprägten Zusammenarbeit mit den Bildungseinrichtungen auf der konzeptionellen Ebene mit einem nicht zu unterschätzenden organisatorischen Aufwand verbunden.296 Die dualen Ausbildungsbetriebe sind für die Organisation und Durchführung der Praxisphasen zuständig.297 Dennoch sind die Wachstumsraten der beteiligten Kooperationsunternehmen beträchtlich,298 sodass es zu klären gilt, welche Motive Unternehmen konkret dazu veranlassen, Ausbildungsmöglichkeiten für dual Studierende anzubieten.

I. Recruiting und Nachwuchssicherung Die Unternehmen sehen sich insbesondere mit Blick auf den zunehmenden Fachkräftemangel immer mehr dazu gezwungen, eigene innovative Personalstrategien zu entwickeln. Die plakative Bezeichnung „War for Talents“299 umschreibt den Prozess, dass Recruiting und Nachwuchsbindung zu den beiden zentralen Bausteinen der Personalpolitik geworden sind. Konkurrierende Unternehmen stehen insbesondere in Industrienationen wie Deutschland miteinander in einem globalen Nachwuchskräftewettbewerb.300 War es aus Unternehmensperspektive früher noch üblich, verstärkt in den Bereich der Fortbildungen zu investieren, haben sich die getätigten Investitionen nunmehr schwerpunktmäßig auf die Ausbildung vorverlagert.301 Auch so lässt sich die beschriebene, deutliche Expansion dualer Studiengänge ergründen, die sogar seitens höchstrichterlicher Rechtsprechung als Teil unternehmerischer

294

Zu den vertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten siehe noch unter § 8. Dazu CHE/f-bb, Duales Studium: Umsetzungsmodelle und Entwicklungsbedarfe, 2022, 94 ff., 130. 296 Dezidierte Analyse des unternehmerischen Aufwands im Rahmen von dualen Studienkooperationen bei Boder, Rekrutierung und Bindung von Nachwuchskräften, 2016, 50 ff. 297 Malottke, in: Lakies/Malottke (Hrsg.), BBiG, 2021, § 3 Rn. 15. 298 BIBB, AusbildungPlus 2019, 2020, 12 f.; dass., AusbildungPlus 2016, 2017, 9. 299 Grbavac, Employer Branding, 2009, 3; dem folgend Boder, Rekrutierung und Bindung von Nachwuchskräften, 2016, 58 f. 300 Vgl. Purz, Duale Studiengänge, 2011, 24. 301 Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 148. 295

§ 3 Allgemeine Interessenlage der Akteure

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Rekrutierungspolitik eingeordnet werden.302 Vor allem multinationale Großunternehmen, aber auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU) zeigen im „Run auf die Besten“ zunehmendes Interesse an dualen Studienangeboten.303 Letztere sind oftmals nicht dazu in der Lage, eine aufwändige Personalbeschaffungsstrategie zu entwickeln oder eigene Traineeprogramme für Hochschulabsolventen zu finanzieren, sodass sie es besonders schätzen, bereits in einem frühen Stadium zukünftige Fachkräfte mit wertschöpfender Arbeitskraft304 zu beschäftigen und ins Betriebsumfeld projektorientiert einzuarbeiten.305 Damit stellt die Nachwuchssicherung aus der Unternehmensperspektive das Hauptmotiv für die Beteiligung an dualen Studiengängen dar.306 Durch die mittels empirischer Forschung belegte stärker ausgeprägte emotionale Bindung dual Studierender,307 längere Unternehmenszugehörigkeit sowie annähernd gleicher Entwicklung nach der Übernahme im Vergleich mit klassischen Hochschulabsolventen kann das duale Studium als geeignetes Instrument zur langfristigen Fach- und Führungskräftesicherung eingestuft werden.308

II. Employer Branding Hinzu kommt, dass sich kooperierende Unternehmen – in diesem Fall speziell Großunternehmen – durch ihr Angebot dualer Studiengänge regelmäßig eine positive Außenwirkung als attraktive Arbeitgebermarke erhoffen.309 Das öffentliche Image eines Unternehmens geht zu einem nicht unerheblichen Teil auf dessen Rolle im Bereich der Nachwuchsausbildung zurück. Duale Studienangebote können aus Unternehmenssicht demnach als Employer-Branding-Strategie310 genutzt werden.311 Kleinere und mittlere Unternehmen (KMU), die in der Regel nicht als überregionale Arbeitgebermarke bekannt sind, haben speziell in diesem Bereich ein großes Potenzial dadurch auszuschöpfen, dass ihnen durch die Kooperation mit den Bildungsinstitutionen eine zusätzliche Möglichkeit eröffnet wird, an Informationstagen der Universitäten, Fachhochschulen oder Berufsakademien teilzunehmen und auf 302

BAG, Urt. v. 18. 11. 2008 – 3 AZR 192/07, NZA 2009, 435, Rn. 37 f. Anger/Werner, Duale Studiengänge, 2006, 6 f. 304 Boder, Rekrutierung und Bindung von Nachwuchskräften, 2016, 48; Purz, Duale Studiengänge, 2011, 156 f. 305 Vgl. Anger/Werner, Duale Studiengänge, 2006, 7, 18; Bode/Alig, W & B 2012, 20, 21. 306 So auch Krone, Projekt Duale Studiengänge, 2013, 59; Purz, Duale Studiengänge, 2011, 158 ff. 307 Näher zur Verstärkung des organisatorischen Commitments Boder, Rekrutierung und Bindung von Nachwuchskräften, 2016, 133 ff. 308 Ebenso dies., Rekrutierung und Bindung von Nachwuchskräften, 2016, 169 ff., 248; zudem Voß, W & B 2006, 21, der von einer „Signalwirkung“ dualer Studienangebote ausgeht. 309 Vgl. Purz, Duale Studiengänge, 2011, 154 f., 157. 310 Zur Begrifflichkeit vgl. Boder, Rekrutierung und Bindung von Nachwuchskräften, 2016, 119 f. 311 Achtenhagen/Janetzko, Fachkräfte sichern, 2012, 4; Bode/Alig, W & B 2012, 20, 22 f. 303

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1. Teil: Grundlagen

diese Weise offensive Mitarbeiterrekrutierung zu betreiben.312 Demgemäß versuchen die Kooperationsunternehmen in zunehmendem Maße, sich als attraktive Ausbildende ins Scheinwerferlicht zu stellen, um so in der Öffentlichkeit ein innovatives und modernes Bild von sich zu erzeugen.

III. Passgenaue Unternehmensintegration Die flächendeckende Beliebtheit in der Wirtschaft steht auch damit im Zusammenhang, dass die Unternehmen auswählen können, mit welcher potenziellen (fach-) hochschulzugangsberechtigten Nachwuchskraft sie den Kooperationsvertrag abschließen und nehmen damit eine Art „Gatekeeper-Funktion“ an der Nahtstelle zwischen Abitur und tertiärem Bildungsbereich ein.313 Die von den Unternehmen oftmals in Gestalt von Assessment-Centern durchgeführte Bestenauslese ist dabei als den dualen Studiengängen immanentes Konzept zu sehen.314 Nach dem dualen Studium sind die Berufseinsteiger den betrieblichen Anforderungen und Standards entsprechend passgenau ausgebildet, was wiederum längere Einarbeitungsphasen, wie sie bei Studierenden klassischer Studiengänge die Regel sind, entbehrlich werden lässt.315 Auch das BAG stellt explizit heraus, dass das duale Kooperationsunternehmen in eigenem Interesse in das berufliche Wissen des dual Studierenden investiere und sich im Zuge dessen die Möglichkeit der Gewinnung einer auf den eigenen Betrieb zugeschnittenen Arbeitskraft eröffne.316 Die Entscheidungsträger des jeweiligen Unternehmens haben zudem nebenbei die Möglichkeit, die dual Studierenden über einen ausgedehnten Zeitraum im berufspraktischen Einsatz kennenzulernen und sind so besser dazu in der Lage, Potenziale zu bewerten und individuelle Zukunftsperspektiven einzuschätzen.317 Auf der anderen Seite bietet sich auch für die dual Studierenden der Vorteil, bereits frühzeitig die eigene betriebliche Sozialisation voranzutreiben und sich so schnell ins unternehmerische 312

Bode/Alig, W & B 2012, 20, 23. Krone/Mill, WSI-Mitteilungen 1/2014, 52, 54; kritisch Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Entwicklung des dualen Studiums, 2013, 27, der sich für eine Letztentscheidungskompetenz der Hochschule bei der Auswahl der Bewerber ausspricht und damit für mehr Transparenz eintritt. 314 Vgl. Holtkamp, Duale Studienangebote, 1996, 12 f.; Kupfer, BWP 2013, 25, 28; Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Entwicklung des dualen Studiums, 2013, 14; mit kritischem Einschlag hinsichtlich vermeintlich geringerer Chancengleichheit Krone/Nieding/RatermannBusse, Dual studieren – und dann?, 2019, 254 f. 315 Berthold/Leichsenring/Kirst u. a., Demographischer Wandel und Hochschulen, 2009, 10, 20; Krone, Projekt Duale Studiengänge, 2013, 59; Weyand, jurisPR-ArbR 6/2011 Anm. 5, unter C.; Wissenschaftsrat, Duale Studiengänge an Fachhochschulen, 1997, 29; Wolter, in: Faßhauer/Severing (Hrsg.), Verzahnung beruflicher und akademischer Bildung, 2016, 39, 53. 316 BAG, Urt. v. 18. 11. 2008 – 3 AZR 192/07, NZA 2009, 435, Rn. 36. 317 Boder, Rekrutierung und Bindung von Nachwuchskräften, 2016, 47; Wissenschaftsrat, Duale Studiengänge an Fachhochschulen, 1997, 29. 313

§ 3 Allgemeine Interessenlage der Akteure

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Umfeld zu integrieren, was wiederum dem Unternehmen zugutekommt.318 Diese Sozialisierungsfunktion des dualen Studiums wird begünstigt durch die in der Regel mehrfach wechselnden Einsatzgebiete der Studierenden im jeweiligen Betrieb mit dem Vorteil des Kennenlernens unterschiedlicher Abteilungen. Dual Studierende gelten dabei als besonders motiviert und belastbar,319 da sie grundsätzlich ohne Semesterferien auskommen und von Beginn an multifunktional fest in die betrieblichen Abläufe parallel zu ihren lernintensiven Theoriephasen eingebunden werden.320 Aufgrund ihres im Zuge der Absolvierung des dualen Studiums erworbenen hohen Spezialisierungsgrades321 kann der betriebsspezifische Einsatz zügiger erfolgen als bei Berufseinsteigern nach Abschluss eines grundständigen, meist eher generalistisch angelegten Studiengangs.

IV. Wissenstransfer durch Kooperation mit Akteuren des Wissenschaftssektors Ein weiterer Anreiz besteht für die Unternehmen darin, Kooperationen mit akademischen Einrichtungen auszubauen und auf diese Weise – zumindest unterschwellig322 – Einfluss323 auf die Curriculumsebene nehmen und diese mitgestalten zu können.324 Dadurch sind die Unternehmen bei langfristig angelegten Fragestellungen in der Praxiswelt, die sich unter Umständen erst in der Entstehungsphase befinden, dazu in der Lage, eine gewisse Sensibilität in der Lehre zu wecken, sodass auf diese Weise versucht werden kann, Konflikte aufzulösen respektive ihrer Ausbreitung vorzubeugen. Hinzu kommt, dass der stärkere Wissensaustausch zwischen Unternehmen einerseits und Hochschulen andererseits Synergien im Umgang mit dem breit angelegten Gesellschaftswandel bereithält und gerade in Zeiten schnell-

318 BT-Drs. 19/30950, 306; vgl. auch Krone, Projekt Duale Studiengänge, 2013, 58; Wolter, in: Faßhauer/Severing (Hrsg.), Verzahnung beruflicher und akademischer Bildung, 2016, 39, 53. 319 Vgl. BT-Drs. 19/30950, 306. 320 Vgl. Dobischat/Fischell/Rosendahl, Auswirkungen der Studienreform, 2008, 50; KochRust/Rosentreter, NJW 2009, 3005, 3006; Kupfer/Köhlmann-Eckel/Kolter, Duale Studiengänge, 2014, 32; Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Entwicklung des dualen Studiums, 2013, 14. 321 Berthold/Leichsenring/Kirst u. a., Demographischer Wandel und Hochschulen, 2009, 21. 322 Vgl. Gensch, Dual Studierende, 2014, 17 f. 323 In diesem Zusammenhang ist jedoch besonders auf die verfassungsrechtlich garantierte Wissenschaftsfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 GG Acht zu geben, vgl. dazu bereits unter § 2 B. III. 324 Achtenhagen/Janetzko, Fachkräfte sichern, 2012, 2, 4; Anger/Werner, Duale Studiengänge, 2006, 19; BDA/Stifterverband, Erfolgsmodell Duales Studium, 2018, 5; Scholz, F & L 2010, 802; Voß, W & B 2006, 21.

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1. Teil: Grundlagen

lebiger Entwicklungen dazu beitragen kann, Veränderungen in der Praxiswelt zeitnah in die theoretische Ausbildung zu implementieren.325

V. Fluktuationsreduzierung nach Ausbildungsende Den erheblichen zeitlichen und finanziellen Aufwand, der mit der hauseigenen Ausbildung hochqualifizierter Arbeitskräfte einhergeht, möchten die Kooperationsunternehmen meist dergestalt kompensieren, dass unterschiedlich geartete Bleibeverpflichtungen vertraglich vereinbart werden, um so die qualifizierten Talente im Anschluss an das duale Studium möglichst über einen langen Zeitraum an das Unternehmen binden zu können. Das Interesse des Arbeitgebers, dass sich seine getätigten Aufwendungen amortisieren, ist beim dualen Studium aufgrund der passgenauen Unternehmensintegration besonders ausgeprägt. Derartige Bindungsfristen werden über in ihrer konkreten Ausgestaltung differierende Rückzahlungsklauseln abgesichert,326 die im Falle eines vorzeitigen Ausscheidens aus dem jeweiligen Unternehmen greifen. Mittels dieser im Rahmen der klassischen Berufsausbildung durch § 12 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BBiG ausgeschlossenen vertraglichen Instrumente327 soll die für die Berufsausbildung typische Fluktuation unterbunden werden, die dort jedoch oftmals darin begründet liegt, dass die Absolventen häufig konsekutiv die Aufnahme eines Studiums anstreben.328 Dieser Grund wird nach dem Abschluss eines dualen Studiums schon dadurch entfallen, dass in diesem Studienkonzept bereits ein Bachelor-Abschluss – gegebenenfalls neben einem Berufsausbildungsabschluss – erworben werden kann. Nichtsdestoweniger sind die ausbildenden Betriebe aufgrund der beschriebenen Arbeitsmarktattraktivität dualer Absolventen und den entsprechenden Abwerbeversuchen der Wettbewerber dahingehend sensibilisiert, dass sie ihre Investitionen letztlich nicht zum Vorteil eines Konkurrenzunternehmens tätigen möchten. Auch sind diesbezüglich die regionalen Besonderheiten nicht zu vernachlässigen. So zieht es junge Menschen heute oftmals in größere Ballungsräume mit der Gefahr, dass einige ländliche Regionen „qualifikatorisch austrocknen“.329 Insofern steht die Mitarbei325 BDA/Stifterverband, Erfolgsmodell Duales Studium, 2018, 5; Berthold/Leichsenring/ Kirst u. a., Demographischer Wandel und Hochschulen, 2009, 21 f.; in diese Richtung bereits BIBB, Duale Studiengänge – ein Beitrag zum Ausbau des beruflichen Bildungsweges?, 2000, 150. 326 Siehe ausführlich zu Bindungs- und Rückzahlungsklauseln unter § 8. 327 Hierzu siehe auch noch unter § 5 A. II. sowie unter § 8 B. 328 Vgl. Boder, Rekrutierung und Bindung von Nachwuchskräften, 2016, 47; Holtkamp, Duale Studienangebote, 1996, 3; Wissenschaftsrat, Duale Studiengänge an Fachhochschulen, 1997, 28 f. 329 Vgl. Holtkamp, Duale Studienangebote, 1996, 4; zudem das Potenzial des dualen Studiums außerhalb von Ballungsräumen im Bereich Fachkräftesicherung, Unternehmensnachfolge sowie Mitarbeiterbindung unterstreichend BIBB, Empfehlung des Hauptausschusses des BIBB, 2017, 1.

§ 3 Allgemeine Interessenlage der Akteure

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terbindung nach dem Studienende aus der Unternehmensperspektive an einer durchaus gehobenen Position.

C. Motive der Bildungseinrichtungen Zuletzt ist die Triebfeder der für die theoretische Wissensvermittlung zuständigen Hochschulen, darunter Duale Hochschulen, Fachhochschulen und Universitäten, sowie Berufs-, Verwaltungs- bzw. Wirtschaftsakademien zu beleuchten, die ebenso wie die Kooperationsunternehmen und die dual Studierenden selbst zu den Profiteuren im Zuge der Verbreitung des dualen Studiums zählen wollen. Auch die Bildungsinstitutionen müssen sich den gesellschaftlichen Wandlungen anpassen und verfolgen nicht ganz uneigennützige Interessen beim Ausbau des dualen Studienangebots. Die DHBWals stärkster Magnet und stetiger Förderer dualer Studiengänge sticht mit seinen rund 34.000 dual Studierenden besonders hervor. Dieser eigenständige Hochschultyp (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 LHG BW) wurde im Jahr 2009 installiert, um einerseits der gestiegenen Nachfrage Rechnung zu tragen, andererseits erfolgte die Institutionalisierung aber auch, um die Hochschullandschaft mit innovativen Ansätzen zu bereichern. Daran angelehnt lässt sich eine Differenzierung in extrinsische und intrinsische Motivationsfaktoren vornehmen, wobei erstere von außen hauptsächlich durch Unternehmen hervorgerufen werden.330 Die kooperierenden Studieneinrichtungen haben mit Blick auf die intensive Kooperation mit den Unternehmen einen erheblichen finanziellen sowie organisatorischen Aufwand zu schultern, sodass aber in erster Linie zu untersuchen ist, welche intrinsischen Eigeninteressen dies kompensieren.

I. Erhöhung der Lehrqualität durch den Ausbau von Praxisbezügen Zunächst sind sämtliche Bildungseinrichtungen naturgemäß verstärkt daran interessiert, die Qualität der Lehre auf einem möglichst konstant hohen Level zu halten bzw. auf ein solches zu bringen. Das Erreichen dieses stetigen Ziels wird durch motivierte Studierende, die selten ihr Studium abbrechen,331 begünstigt.332 Dass zunehmend auch die Herstellung von Bezügen zur Praxis als wesentlicher Indikator für ein gehobenes Lehrniveau gilt, hängt insbesondere mit dem allgemeinen Diskurs rund um die Entfremdung des verbreitet als zu theorielastig wahrgenommenen Hochschulstudiums von der praktischen Arbeitswelt zusammen.333 Das Nebenein330

Kupfer/Köhlmann-Eckel/Kolter, Duale Studiengänge, 2014, 19. Dies., Duale Studiengänge, 2014, 35 f. 332 Lachmann/Sailmann, IAB-Forum 2014, 82, 84. 333 Vgl. Creutzburg, FAZ 13. 4. 2018, 18; DIHK, Wirtschaftspolitische Positionen, 2018, 22 f.; Heidenreich, Erwartungen der Wirtschaft an Hochschulabsolventen, 2011, 13, nach dessen Umfrage die Unternehmen, die sich von Mitarbeitern während der Probezeit getrennt 331

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1. Teil: Grundlagen

ander von Theorie und Praxis soll vermehrt aufgeweicht werden, um problem- und projektorientiertes Lernen weiter auszubauen. Diese Entwicklung trägt dazu bei, die Etablierung von Praxisbezügen in der akademischen Ausbildung zu sichern.334 Nicht zuletzt werden im Zuge des Ausbaus dualer Studienangebote auch Tore für die Gestaltung neuer Forschungsprojekte geöffnet, die sowohl aus Sicht der Lehre als auch aus dem Blickwinkel von Praktikern durchgeführt werden und so die Förderung von eigenen Nachwuchswissenschaftlern vorantreiben.335

II. Imagesteigerung durch innovative Bildungsangebote Nicht nur Wirtschaftsunternehmen befinden sich im gegenseitigen Wettbewerb, sondern auch die Bildungsinstitutionen versuchen, sich selbst an die Spitze der Nachfrage und Beliebtheit zu bringen, um so ihrerseits die entsprechenden Konkurrenten im Bildungssektor auszustechen – sei es etwa auf der Ebene der Exzellenzinitiative bzw. -strategie des Bundes und der Länder zur Förderung von Wissenschaft und Forschung336 oder in Bezug auf die anderweitige Generierung zusätzlicher Geldmittel.337 Gerade auch Hochschulen in privater Trägerschaft sind darum bemüht, durch eine bessere Effizienz und ungehindert staatlicher Detailsteuerung die staatlichen Hochschulen herauszufordern.338 Die im Vordringen befindlichen, immer populärer werdenden Hochschulrankings wie beispielsweise jenes vom Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) haben duale Studiengänge bei der Beurteilung zwar zum Teil lange ausgespart,339 weil passende und vergleichbare Indikatoren zur Bewertung des dualen Studienkonzepts fehlten und viele Hochschulen wie auch Akademien aus diesem Grunde ihre Teilnahme ablehnten.340 Gleichwohl wird schon seit Längerem zunehmend medienwirksam über die Qualität des dualen Studiums berichtet,341 sodass die Öffentlichkeitsarbeit der Anbieter dualer Studiengänge entscheidend ist. Von zentraler Bedeutung für das Image der Bilhaben, mangelnde Umsetzung der Theorie in die Praxis als häufigsten Trennungsgrund angaben. 334 Berthold/Leichsenring/Kirst u. a., Demographischer Wandel und Hochschulen, 2009, 25; Meyer-Guckel/Nickel/Püttmann u. a., Qualitätsentwicklung im dualen Studium, 2015, 32. 335 Berthold/Leichsenring/Kirst u. a., Demographischer Wandel und Hochschulen, 2009, 25. 336 Die 2005/2006 ins Leben gerufene Exzellenzinitiative wurde 2017/2018 durch die Exzellenzstrategie abgelöst. 337 Bachem/Pietschmann, Das duale Studium, 2011, 88; A. Becker, Duale Studiengänge, 2006, 30 f. 338 Erichsen, FS Söllner, 2000, 287, 289. 339 Mittlerweile finden sich im CHE-Hochschulranking indes immer mehr Angaben zu den Dualen Hochschulen sowie dualen Studiengängen bei den jeweiligen weiteren dualen Bildungsanbietern. 340 Bleich, FS 40 Jahre Duales Studium (Bd. 1), 2015, 75, 84 ff. 341 Vgl. bereits die Einführung § 1.

§ 3 Allgemeine Interessenlage der Akteure

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dungseinrichtungen ist die Absicherung respektive der Ausbau der Studierendenzahlen der jeweiligen Institution.342 Insofern kommt es wiederum auf eine Profilschärfung sowie die Lehrqualität an den unterschiedlichen Standorten an. Die beschriebenen hohen Erfolgs- sowie die geringen Abbruchquoten beim dualen Studium tragen jedenfalls dazu bei, in der Öffentlichkeitswahrnehmung positive Konnotationen hervorzurufen.343 Die Generierung neuer Forschungsmittel ist wiederum die logische Folge eines professionell ausgerichteten Hochschulmarketings, das auch die Erschließung des internationalen Bildungsmarkts zunehmend ins Auge fasst. Der steigende Wettbewerb im Hochschulsektor soll dabei eine stimulierende Wirkung entfalten.

III. Ausbau des Kontakts zur Wirtschaft Die intensive Kooperation mit Wirtschaftsunternehmen bietet für die Bildungseinrichtungen schließlich die Chance, bei der inhaltlichen Wissensvermittlung möglichst nah am Praxisumfeld zu bleiben und die anwendungsorientierte Forschung zu beleben.344 Als Profilschärfung kann es vor diesem Hintergrund sinnvoll sein, in duale Studienangebote mit ausgeprägter Praxiskooperation zu investieren.345 In der Regel lassen sich durch diesen engeren Kontakt zur Wirtschaft wegen hervortretender Netzwerkeffekte einfacher externe Lehrbeauftragte aus der Praxis für die jeweilige akademische Einrichtung gewinnen,346 deren Engagement für die breitflächige Abdeckung des Lehrangebots essentiell ist. Nicht selten unterstützen die Wirtschaftsunternehmen auch die Hochschulen in finanzieller Hinsicht bei der Ausstattung von Laboren oder Bibliotheken.347 Zudem wird durch die Ausweitung des Portfolios auf duale Studiengänge die Durchlässigkeit zwischen akademischer und beruflicher Bildung gesteigert, was nicht nur im Interesse der einzelnen Bildungsinstitutionen liegt, sondern insbesondere auch von der Bildungspolitik forciert wird.348 Insofern kann sich durch die Kooperation ein wertvoller „Steinbruch“ offenbaren.349 342

Vgl. Kupfer/Köhlmann-Eckel/Kolter, Duale Studiengänge, 2014, 19. BDA/Stifterverband, Erfolgsmodell Duales Studium, 2018, 6. 344 Dies., Erfolgsmodell Duales Studium, 2018, 6; Meyer-Guckel/Nickel/Püttmann u. a., Qualitätsentwicklung im dualen Studium, 2015, 31 f. 345 Vgl. Berthold/Leichsenring/Kirst u. a., Demographischer Wandel und Hochschulen, 2009, 25; Kupfer/Köhlmann-Eckel/Kolter, Duale Studiengänge, 2014, 19; Wissenschaftsrat, Duale Studiengänge an Fachhochschulen, 1997, 28; Wolter, in: Faßhauer/Severing (Hrsg.), Verzahnung beruflicher und akademischer Bildung, 2016, 39, 52. 346 Pohl, Evaluation dualer Studiengänge, 2011, 78; das Gros des Lehrpersonals sollte indes aus hauptberuflichen, idealer Weise promovierten Lehrkörpern bestehen, vgl. Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Entwicklung des dualen Studiums, 2013, 29. 347 Vgl. Pohl, Evaluation dualer Studiengänge, 2011, 78. 348 Siehe bereits unter § 2 A. II.; BDA/Stifterverband, Erfolgsmodell Duales Studium, 2018, 6. 343

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1. Teil: Grundlagen

D. Motivüberschneidungen und -divergenzen Eine Zusammenführung der allgemeinen Interessenlage der beteiligten Akteure des dualen Studiums führt zu einem ambivalenten Bild. Einerseits kristallisieren sich zahlreiche – teils schon angerissene – Synergieeffekte heraus, andererseits bietet die Bildungsform auch Konfliktpotenzial unter den drei Kooperationspartnern.350 Die den dualen Studiengängen inhärente Dualität umspannt nicht nur die Verbindung von theoretischen und berufspraktischen Elementen an zwei verschiedenen Lernorten, sondern bezieht die Koordinierung widerstreitender Interessen schon begriffslogisch mit ein. Insbesondere aus den Motivdivergenzen und der daraus resultierenden differierenden Gemengelage lassen sich rechtliche Schlüsse herausdestillieren, die essentiell für eine umfassende Würdigung der individual- und kollektivarbeitsrechtlichen Behandlung dualer Studiengänge sind.

I. Synergien Positive Wechselwirkungen sind vor allem im Verhältnis der Kooperationsunternehmen mit den Bildungsanbietern zu verzeichnen. Neben den bereits erörterten Überschneidungen in Bezug auf den Netzwerkausbau sowie Wissenstransfer des Wirtschaftssektors mit den verschiedenen Bildungseinrichtungen geht auch die jeweils auf Innovationsfähigkeit ausgerichtete Herangehensweise der beiden Akteure in dieselbe Richtung. Denkbar ist etwa, ein besonderes Augenmerk auf aktuelle unternehmensbezogene Themen in studentischen Abschlussarbeiten zu legen, um dadurch ein synergetisches Modell sowohl für die Unternehmen als auch für die Bildungsinstitutionen sowie für die Studierenden zu schaffen.351 Das vordergründige Ziel besteht darin, sich durch proaktives Handeln, modernen Ansätzen und damit einhergehender Imagesteigerung von Wettbewerbern abzuheben – ganz gleich, ob in der Unternehmens- oder Hochschullandschaft. Einzig die Einflussnahme der beteiligten Unternehmen auf die Lehrpläne und die damit im Zusammenhang stehende konkrete Abstimmung der Lehrinhalte könnten Spannungen mit den Hochschulen und Akademien bereithalten, wohingegen die Zusammenarbeit auch aussichtsreiche Facetten mit Blick auf die Verbesserung der Lehrqualität durch die Erweiterung von Praxisbezügen verspricht. Zentrales verbindendes Motiv unter allen beteiligten Akteuren ist zudem die befruchtende Verzahnung der Elemente Theorie und Praxis, die als gemeinsamer Anknüpfungspunkt für die dreigestirnige Kooperation dient. 349 Vgl. auch Sewerin, in: Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (Hrsg.), 20 Jahre Hochschule der Gesetzlichen Unfallversicherung, 2014, 201, 211. 350 Anders indes Purz, Duale Studiengänge, 2011, 165, 249, die keine konfligierenden Motive nachweisen konnte. 351 Vgl. Pohl, Evaluation dualer Studiengänge, 2011, 78; ein Mitspracherecht bei der Themenauswahl seitens des Betriebs ließe sich vertraglich vereinbaren, vgl. MaSiG/Mroß, 2020, C.292 Dualer Studiengang Rn. 23.

§ 3 Allgemeine Interessenlage der Akteure

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II. Konflikte Im Verhältnis der Kooperationsunternehmen mit den dual Studierenden springt bei detaillierter Analyse das auseinanderdriftende Motivspektrum im Bereich der Nachwuchssicherung sowie Fluktuationsreduzierung nach Studienende auf der Seite der Unternehmen und das ausgeprägte Flexibilitätsbedürfnis seitens der Studierenden ins Auge. Während die Ausbildungsunternehmen hohe Investitionen in duale Studienangebote tätigen, um ihrerseits qualifizierte Fachkräfte möglichst langfristig an sich zu binden, möchten die dual Studierenden regelmäßig nach Studienende hinsichtlich ihres weiteren Karrierewegs frei in ihren (Zukunfts-)Entscheidungen bleiben.352 Während ein beträchtlicher Teil der dualen Absolventen intrinsisch motiviert im Unternehmen verbleiben möchte, planen wiederum andere einen gegebenenfalls mit einem Umzug verbundenen Arbeitsplatzwechsel, ein anschließendes Masterstudium oder – wiederum darauffolgend – eine Promotion.353 Freilich verläuft dagegen die Interessenlinie der Unternehmen und der dual Studierenden hinsichtlich der Nachwuchssicherung einerseits und des vereinfachten Berufseinstiegs andererseits auf konvergenter Linie,354 jedoch ist nicht zu verkennen, dass sich die Interessenlage nach dem Abschluss des dualen Studiums und dem – unterstellt – erfolgreichen Berufseinstieg verschiebt. Der Wettbewerb unter den konkurrierenden Unternehmen auf dem Gebiet der Mitarbeiterrekrutierung und -bindung endet nicht nach Abschluss des dualen Studiums, sondern nimmt erst dann Fahrt auf. Anwerbungsversuche von der Konkurrenz steigern die Arbeitsmarktposition der jeweiligen, nunmehr hochqualifizierten Arbeitnehmer. Bei Zugrundelegung eines Weitblicks lässt sich somit feststellen, dass das berufliche Flexibilitätsbedürfnis in der Zeit nach dem Studienende am höchsten einzuschätzen ist. Für diese Phase ist das Hervortreten von tatsächlichen und rechtlichen Konflikten evident. Hinzu kommt der Umstand, dass das duale Studium aufgrund der beschriebenen kurzen Dauer bis zur Abschlussfinalisierung naturgemäß viele ambitionierte Heranwachsende anspricht,355 die auch im Hinblick auf die weitere Karriereplanung gehobene Ansprüche an ihre Arbeitgeber stellen und sich beispielsweise zumeist die Möglichkeit eines etwaigen Arbeitsplatzwechsels aus Gründen besserer Verdienstchancen oder sich ergebener Optionen zur Weiterqualifizierung in einem neuen Betrieb offenhalten möchten. Es erscheint folgerichtig, dass die Unternehmen zunehmend Wert auf die vertragliche Vereinbarung umfassender Bleibeverpflichtungen legen, um die in vielen Fällen diametral entgegengesetzte Interessenlage in diesem Bereich zu ihren Gunsten abzufedern. Dass dagegen die emotionale Bindung an das Ausbildungsunternehmen in der Zeit der Absolvierung des dualen Studiums steigt, mildert das Verlangen nach beruflicher Flexibilität etwas ab. Demgemäß sticht als verbindendes Motiv konkret 352

Vgl. auch Koch-Rust/Rosentreter, NZA 2013, 879, 881. Vgl. Wolter, in: Faßhauer/Severing (Hrsg.), Verzahnung beruflicher und akademischer Bildung, 2016, 39, 55. 354 Purz, Duale Studiengänge, 2011, 165. 355 Vgl. Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Entwicklung des dualen Studiums, 2013, 14. 353

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1. Teil: Grundlagen

hervor, dass ein einfacher Berufseinstieg insbesondere durch die passgenaue Betriebsintegration und -sozialisation ermöglicht wird, was wiederum zu einer erhöhten Bleibemotivation führt.356 Längerfristiges Personalmanagement und Studieneffizienz lassen sich demzufolge verknüpfen.357 Nichtsdestoweniger wird dadurch die Motivdivergenz zwischen den Unternehmen in Gestalt der langfristigen Fachkräftesicherung und den dual Studierenden in Form der offenen Karriereperspektive nicht aufgehoben, sodass die Vertragsgestaltung insbesondere vor dem Hintergrund mangelnder Erfahrung der Rechtsprechung im Bereich dualer Studiengänge für die Akteure oftmals einem Vabanquespiel – der Inbegriff eines riskanten Unterfangens – gleichkommt.358 Die hohe Gewichtung des monetären Motivs dual Studierender führt schließlich dazu, dass sich die Ausbildungsunternehmen dazu gezwungen sehen, ein gewisses Entgelt an die herangehenden Fachkräfte zu leisten. Dabei variiert die Vergütungssituation im dualen Studium teilweise beträchtlich.359 Die Höhe des in der Regel gewährten Entgelts hängt maßgeblich von den jeweiligen Fachbereichen und insbesondere von den regional konkurrierenden Unternehmen ab, die sich an dualen Studiengängen beteiligen. Ist die Konkurrenzsituation überschaubar, wie es in zahlreichen eher ländlich geprägten Regionen mit vielen kleinen Betrieben oder in den neuen Bundesländern oftmals der Fall ist, stellen sich dementsprechend Fragen rund um eine etwaige Mindestlohnpflicht im Rahmen der Praxisphasen dualer Studiengänge.360 Darüber hinaus haben die Unternehmen ein Interesse daran, den konzeptionellen und organisatorischen Aufwand möglichst gering zu halten, wohingegen die dual Studierenden explizit auf eine gelungene Abstimmung zwischen den beiden Lernorten Betrieb und Hochschule angewiesen sind. Um derartige Abstimmungsprobleme inhaltlicher Art zu vermeiden, braucht es auf Seiten der Kooperationsunternehmen eine für das duale Studienangebot verantwortliche Person als Koordinator und Ansprechpartner,361 die wiederum vorhandene Ressourcen in Anspruch nimmt respektive die Bereitstellung neuer Mittel erfordert. Zur Sicherung der Qualität des dualen Studiums ist zu überprüfen, inwieweit den dual Studierenden selbst auf der kollektivrechtlichen Ebene betriebliche Mitwirkungsund Mitgestaltungsmöglichkeiten zukommen,362 um der Entstehung oder Fort356 Vgl. Hähn, in: Krone (Hrsg.), Dual Studieren im Blick, 2015, 29, 35; Purz, Duale Studiengänge, 2011, 165. 357 Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Entwicklung der Fachhochschulen, 2002, 112. 358 Siehe dazu noch unter § 8 D. 359 Siehe nur die Erhebungen von Gensch, Dual Studierende, 2014, 45 ff., die zwar auf das Bundesland Bayern bezogen sind, jedoch in diesem Kontext tendenziell bundesweit ebenso gelten. 360 Siehe dazu unter § 7 A. I. 2. 361 Vgl. auch CHE/f-bb, Duales Studium: Umsetzungsmodelle und Entwicklungsbedarfe, 2022, 324 f. 362 Zu den kollektivarbeitsrechtlichen Fragestellungen siehe noch explizit unter § 9.

§ 3 Allgemeine Interessenlage der Akteure

77

wirkung etwaiger Missstände zu begegnen. Festzuhalten bleibt, dass die ökonomischen Interessen der Unternehmen oftmals den Anforderungen an eine qualifizierte Ausbildung gegenüberstehen.363

363

130.

So auch für die duale Berufsausbildung Leinemann/Thora, FS Leinemann, 2006, 127,

Zweiter Teil

Typologisierung, Differenzierung und rechtliche Einordnung dualer Studiengänge § 4 Charakteristika und Erscheinungsformen dualer Studiengänge Die Ausprägungen dualer Studiengänge sind durchaus vielfältiger Natur. Es lässt sich nicht vereinfacht von dem dualen Studium sprechen,1 sondern es bedarf eines Blicks hinter die Fassade des differenzierten Bildungsformats, um Rückschlüsse für die spätere rechtliche Einordnung ziehen zu können. Bevor die diversen Erscheinungsformen einer näheren Betrachtung zugeführt werden, ist zunächst als Basis die Begrifflichkeit zu umgrenzen. Nicht zuletzt ist dies deshalb von besonderer Bedeutung, weil die Qualitätssicherung nur dann erfolgreich betrieben werden kann, wenn die Studienform in einem trennscharf abgesteckten Rahmen einbettet ist.2 Insofern sind „allgemeingültige Mindeststandards (sine qua non)“3 des dualen Studiums festzulegen, die in die Form einer Arbeitsdefinition gegossen werden sollen. Darauf aufbauend lassen sich wiederum in weiteren Schritten generelle Lösungsansätze für die Behandlung der benannten Rechtsprobleme entwickeln.

A. Begriff Das duale Studium als weit verbreitete Begrifflichkeit wird durch die beteiligten Akteure selbst oftmals uneinheitlich gebraucht. Damit ist der Nährboden für das großflächige Sprießen neuer Ausbildungsformen, die aus Marketinggründen mit dem Etikett „duales Studium“ Abiturienten anlocken, gelegt, sodass duale Studiengänge mittlerweile eine Art „Begriffsfolie“4 und Blaupause für verschiedentlich 1 Hufen, Rechtsgutachten zur Ausdehnung des BBiG auf die Praxisphasen dualer Studiengänge, 2019, 6: „Begriff und Typen des dualen Studiums sind keinesfalls abschließend geklärt“; ähnlich BeckOK ArbR/Hagen, 2021, § 1 BBiG Rn. 6a (62. Edition): „Zum derzeitigen Stand lässt sich festhalten, dass eine umfassende und genaue Katalogisierung fehlt“. 2 Ebenso Lachmann/Sailmann, IAB-Forum 2014, 82, 85. 3 Vgl. Klumpp/Rybnikowa, Differenzierte Studienformen, 2010, 186. 4 Treffend Wolter, in: Faßhauer/Severing (Hrsg.), Verzahnung beruflicher und akademischer Bildung, 2016, 39, 41.

§ 4 Charakteristika und Erscheinungsformen dualer Studiengänge

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ausgestaltete Konfigurationen geworden sind.5 Gemein haben diese Studienvarianten meist lediglich das Vorhandensein praktischen Anwendungsbezugs, wohingegen die Art und Weise, wie die Einbeziehung beruflicher Praxisanteile erfolgt, deutlich differiert. Es ist besonders darauf Acht zu geben, dass der Kreis der von der Definition der dualen Studiengänge erfassten Formate nicht zu weit gezogen wird, um die Mindeststandards nicht zu untergraben. Aus diesem Grund wird im Folgenden ein restriktives Verständnis, ergo eine Begriffsschärfung hergeleitet und eine Abgrenzung zu ähnlichen Ausbildungsformaten vorgenommen. Die juristische Begriffsbildung wird in erster Linie von den drei „Autoren“ Gesetzgeber, Rechtsprechung sowie dem rechtswissenschaftlichen Schrifttum dominiert.6 Daran orientieren sich auch die nachfolgenden Ausführungen, auch wenn die später entwickelte Arbeitsdefinition im Ergebnis primär eine griffige Umgrenzung des tatsächlichen Phänomens darstellen soll und weniger den Anspruch einer rechtlich erschöpfenden Begriffsbildung erhebt.

I. Gesetzliches Begriffsverständnis Aus den gesetzlichen Regelungen lässt sich kein eindeutiges Begriffsverständnis hinsichtlich des dualen Studiums ableiten. Findet das Format bundesgesetzlich keine Begriffsdetermination, weisen doch mehrere landesgesetzliche Bestimmungen7 legaldefinitorische Ansätze auf, jedoch werden darin teils die Kerncharakteristika dualer Studiengänge ausgespart. 1. Legaldefinitorische Ansätze in den Hochschulgesetzen der Länder Im Bayerischen Hochschulgesetz (BayHSchG) sind duale Studienangebote zwar in Art. 56 Abs. 5 erwähnt, sie werden dort aber nur knapp als Studium umschrieben, das die Praxisanteile eines Studiengangs vertieft oder eine berufliche Ausbildung in Form eines Verbundstudiums integriert. Trotz recht hoher Beliebtheit dualer Studienmodelle in Bayern8 kommt das Bundesland demnach mit einer bündigen hochschulgesetzlichen Regelung aus. Die Kopplung zwischen theoretischer und praktischer Ausbildung wird dagegen etwa in § 18 Abs. 1 Satz 3 des Hessischen 5

Siehe dazu auch bereits kritisch unter § 2 B. VI. Wank, Juristische Begriffsbildung, 1985, 63 ff. 7 Ein Überblick über die Regelungsdichte der landesgesetzlichen Bestimmungen zum dualen Studium findet sich in der Studie CHE/f-bb, Duales Studium: Umsetzungsmodelle und Entwicklungsbedarfe, 2022, 30 ff. 8 In Bayern werden seit 2006 unter der Dachmarke „hochschule dual“, die vom Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst getragen wird, sämtliche dualen Studienangebote zusammengefasst. Im Wintersemester 2021/2022 waren weit über 8.000 dual Studierende in den Kooperationshochschulen der Initiative „hochschule dual“ eingeschrieben, was die Beliebtheit des dualen Studiums in Bayern unterstreicht. 6

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2. Teil: Typologisierung, Differenzierung und rechtliche Einordnung

Hochschulgesetzes (HHG) deutlicher hervorgehoben: „Studiengänge können eine zwischen den Lernorten Hochschule und Praxis wechselnde, aufeinander abgestimmte Ausbildung vorsehen (duales Studium).“ Der Klammerzusatz deutet dabei auf eine Legaldefinition hin.9 Auch in Rheinland-Pfalz10 folgte vor der jüngsten Novellierung des Hochschulgesetzes im Jahr 202011 der Begriffsumschreibung – wie auch in weiteren Bundesländern – eine Klammer: „Die Fachhochschulen richten Studiengänge ein, in die eine berufliche Ausbildung oder ein an deren Stelle tretendes berufliches Praktikum integriert wird und die durch einen Wechsel von Studien- und Praxisphasen gekennzeichnet sind (duale Studiengänge).“ Diese Regelung des § 19 Abs. 5 HochSchG RP a. F. begrenzte den Anwendungsbereich auf Fachhochschulen, deutete aber eine inhaltliche Verquickung der beiden in zeitlicher Hinsicht alternierenden Phasen durch das Wort „integriert“ an. Nunmehr werden in Rheinland-Pfalz die dualen Studiengänge in § 20 Abs. 3 Sätze 1, 2 HochSchG RP n. F. als „besondere Studienart“ substantiierter beschrieben. Demnach sind duale Studiengänge jene Studiengänge, „in die eine berufliche Ausbildung (ausbildungsintegrierte Studiengänge) oder an deren Stelle tretende betriebliche Praxisphasen (praxisintegrierte Studiengänge) integriert werden und die durch eine inhaltliche, organisatorische und vertragliche Verzahnung von Studien- und Ausbildungs- oder Praxisphasen gekennzeichnet sind.“12 In Satz 3 der Vorschrift folgt der Zusatz „Die Studiengänge nach den Sätzen 1 und 2 sind duale Studiengänge.“ So hat sich nicht nur die Regelungstechnik geändert, sondern auch das Begriffsverständnis als solches ist konkreter geworden. Im Vergleich zur alten Fassung des § 19 Abs. 5 HochSchG RP fällt auf, dass der Begriff „integriert“ weiterhin zentraler Bestandteil der Regelung ist und nunmehr inhaltlich durch die ausdrücklich genannte „Verzahnung von Studien- und Ausbildungs- oder Praxisphasen“ angereichert wird. Damit deutet das Gesetz die besondere Verquickung der Theorie- und Praxisphase nicht mehr nur an, sondern erklärt sie zum konstitutiven Merkmal dualer Studiengänge.13 Nach der im September 2021 in Kraft getretenen Novelle des Berliner 9

Vgl. etwa Herberger/Simon, Wissenschaftstheorie für Juristen, 1980, 308. Auch in Brandenburg, Hessen sowie Rheinland-Pfalz wurden – ähnlich wie in Bayern – Dachmarken für das duale Studium gegründet: Während in Brandenburg die „Agentur Duales Studium Land Brandenburg“ und in Rheinland-Pfalz die „Duale Hochschule Rheinland-Pfalz“ das duale Studienangebot zusammenfassen, hat Hessen im Jahr 2008 die Kampagne „Duales Studium Hessen“ gestartet – die Konstrukte führen zu einer einheitlicheren Behandlung bzw. der Verhinderung von „Wildwuchs“ im Bereich dualer Studiengänge. Zu weiteren Dachmarken und -verbänden siehe BIBB, AusbildungPlus 2019, 2020, 30 ff. 11 Gbl. Rheinland-Pfalz 2020, 461. 12 Neu sieht § 20 Abs. 3 Satz 2 HochSchG RP auch die Einführung dualer Masterstudiengänge vor, für die hinsichtlich der Verzahnung ausdrücklich die gleichen Anforderungen gelten (Hs. 2). 13 In Rheinland-Pfalz wurde zudem eine spezielle Landeskomission für duale Studiengänge eingerichtet (vgl. § 78 HochSchG RP), die die Aufgabe hat, „Empfehlungen für die Einrichtung und Ausgestaltung der dualen Studiengänge sowie deren Änderung an die Hochschulen für angewandte Wissenschaften zu geben.“ 10

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Hochschulgesetzes (BerlHG)14 hat sich auch in Berlin der Regelungsumfang jüngst deutlich geändert. § 23 Abs. 7 Satz 1 BerlHG enthält folgende Regelung, die in technischer Hinsicht als Legaldefinition ausgestaltet ist, jedoch mehr als Einrichtungsbefugnis für die Hochschulen wirkt: „Die Hochschulen können in Zusammenarbeit mit Trägern beruflicher Ausbildung Studiengänge einrichten, die neben dem Hochschulabschluss auch zu einem beruflichen Ausbildungsabschluss führen oder in anderer Weise besondere berufspraktische Kompetenzen vermitteln (duale Studiengänge).“ In den Sätzen 2 und 3 folgen sodann die eigentlichen legaldefinitorischen Ansätze: „Duale Studiengänge integrieren wissenschaftliche und berufspraktische Qualifikationen. Ein Studiengang darf als dual bezeichnet werden, wenn die Lernorte, mindestens Hochschule und Betrieb oder Praxispartner, systematisch sowohl inhaltlich als auch organisatorisch und vertraglich miteinander verzahnt sind.“ Damit hat nun auch der Stadtstaat Berlin die Kerncharakteristika des dualen Studiums – ähnlich wie Rheinland-Pfalz – in seinem Hochschulgesetz verankert. In § 58 Abs. 1 Satz 3 des Saarländischen Hochschulgesetzes (SHSG) wird zwar ebenso die wechselnde Ausbildung zwischen den Lernorten Hochschule und Praxis betont, von einer strukturellen Verknüpfung ist indes keine Rede. Anders hingegen sieht das Hamburgische Hochschulgesetz (HmbHG) in § 56 Abs. 2 eine solche inhaltliche oder organisatorische Abstimmung der beiden Lernorte für duale Studiengänge, „in denen eine berufspraktische Ausbildung oder Tätigkeit mit dem Studium verbunden wird“, ausdrücklich vor.15 In diesen vorgenannten Landesgesetzen werden duale Studiengänge beschrieben, ohne dass eine genuine Behandlung des Formats erfolgt. Noch dezimierter fallen die Vorschriften in Brandenburg und Bremen aus. Im Brandenburgischen Hochschulgesetz (BbgHG) wird in § 14 Abs. 3 Nr. 4 lediglich erwähnt, dass der Abschluss eines Ausbildungsvertrags Zulassungsvoraussetzung für das duale Studium ist.16 In § 4 Abs. 12 Satz 2 und 3 des Bremischen Hochschulgesetzes (BremHG) wird – etwas genauer – die Möglichkeit eröffnet, duale Studiengänge, „die studienbegleitend eine berufspraktische Ausbildung sowie einen entsprechenden Abschluss vermitteln“, einzurichten, wobei die Einzelheiten durch vertragliche Vereinbarung der Hochschulseite mit den Unternehmen bestimmt werden sollen. Über eine Kurzbeschreibung des dualen Studienmodells gehen diese hochschulgesetzlichen Regelungen aber nicht hinaus. Noch weniger aussagekräftig ist die Regelung des sachsen-anhaltischen § 9 Abs. 1 Satz 6 HSG LSA. Hier findet das duale Studium lediglich eine Erwähnung dergestalt, dass die Hochschulen in enger Zusammenarbeit mit der Wirtschaft derartig hybride Bildungsmöglichkeiten entwickeln. Die auf duale Studienprogramme gerichteten hochschulrechtlichen 14

GVBl. Berlin 2021, 1039. Zum Sonderfall der Beruflichen Hochschule Hamburg (BHH), die im Jahr 2020 als Hochschule eigenen Typs gegründet wurde und für die das Gesetz über die Errichtung und den Betrieb der Beruflichen Hochschule Hamburg (BHHG) gilt, vgl. CHE/f-bb, Duales Studium: Umsetzungsmodelle und Entwicklungsbedarfe, 2022, 35. 16 Ergänzungen institutioneller Art finden sich in Brandenburg zu den Berufsakademien in § 87 BbgHG, ohne dabei indes bei der Begriffseinhegung Maßstäbe zu setzen. Zu beachten ist insoweit zudem, dass in Brandenburg aktuell keine Berufsakademien existieren. 15

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Vorgaben können demnach auf dem Weg zu einer exakten Begriffseinhegung nur minimal weiterhelfen. Allein die rheinland-pfälzischen und berlinischen Neuregelungen bieten hierfür konkretere Anknüpfungspunkte. 2. Detaillierte Regelungen in den Berufsakademiegesetzen der Länder In einigen Bundesländern ist das duale Modell – zusätzlich17 oder allein – in speziellen Berufsakademiegesetzen verankert. Neben Fachhochschulen werden duale Studiengänge an Berufsakademien am häufigsten angeboten. In Niedersachsen, Sachsen, Schleswig-Holstein, Hessen, Hamburg und dem Saarland fußt das duale Studium vornehmlich auf gesonderten Gesetzen für Berufsakademien,18 die im Vergleich zu den Hochschulgesetzen gerade in institutioneller Hinsicht einen konkreteren Rahmen bilden. Den Berufsakademien kommt in diesen Ländern kein Hochschulstatus zu, die Zugehörigkeit zum tertiären Bildungssektor wird indes ausdrücklich hervorgehoben.19 Die Berufsakademiegesetze umgrenzen die Begrifflichkeiten im Anfangsteil und stellen dabei recht genau heraus, welche Merkmale für derartige duale Studienangebote von besonderer Bedeutung sind. So wird die Abstimmung zwischen den Theorie- und Praxisphasen stets unterstrichen. In Sachsen liegt dem Bildungsmodell sogar eine maßgeblich darauf abstellende Legaldefinition in § 12 Abs. 1 Satz 3 SächsBAG zugrunde: „Das Studium gliedert sich in wissenschaftlich theoretische und praktische Studienabschnitte, die inhaltlich und organisatorisch aufeinander abzustimmen sind (duales Studium).“ Ähnliches wird in anderen Berufsakademiegesetzen mit der Betonung auf die beschriebene Abstim-

17 In § 49 Abs. 1 Satz 4 des Hochschulgesetzes Schleswig-Holsteins (HSG SH) ist etwa bestimmt, dass die Hochschulen duale Studiengänge errichten können, „in denen eine berufspraktische Ausbildung oder Tätigkeit systematisch mit dem Studium verbunden wird und beide Lernorte strukturell verzahnt sowie inhaltlich und organisatorisch aufeinander abgestimmt sind.“ Zusätzlich zu diesem detaillierten Verständnis steht in Schleswig-Holstein ein Berufsakademiegesetz (BAG SH) bereit, das einen ausdifferenzierten Rahmen für diese spezielle Art der dualen Bildungseinrichtung aufstellt. Ganz ähnlich ist die Rechtslage dualer Studiengänge in Hamburg ausgestaltet, wo nicht nur § 56 Abs. 2 des Hamburgischen Hochschulgesetzes (HmbHG), sondern auch das Berufsakademiegesetz (HmbBAG) Regelungen mit Einzelheiten zum dualen Studienformat enthalten. 18 Insbesondere in Schleswig-Holstein tritt im Bereich dualer Studienangebote das Berufsakademiegesetz neben das Landeshochschulgesetz, vgl. zuvor 2. Teil, Fn. 17. In Hessen wird das duale Studium in § 18 Abs. 1 Satz 3 des Hessischen Hochschulgesetzes (HHG) im Vergleich dazu viel knapper beschrieben und im Berufsakademiegesetz (BAAnerkG HE) institutionell näher eingekleidet. Gleiches gilt für das Saarland, wo das duale Studium in § 58 Abs. 1 Satz 3 des saarländischen Hochschulgesetzes (SHSG) kurz erwähnt wird, Näheres hingegen erst im Berufsakademiegesetz (SaarlBAkadG) verankert ist. In Niedersachsen (NHG) und Sachsen (SächsHSFG) findet sich dagegen keine Regelung zum dualen Studium im jeweiligen Landeshochschulgesetz. 19 § 1 Abs. 2 NdsBAkadG, § 1 Abs. 1 Satz 1 SächsBAG, § 1 Abs. 3 Satz 1 BAG SH, § 1 Abs. 1 Satz 1 BAAnerkG HE, § 1 HmbBAG, § 1 Abs. 2 SaarlBAkadG.

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mung und dem Klammerzusatz „duale Ausbildung“ terminiert,20 wobei die Benennung aufgrund der begrifflichen Nähe zur dualen Berufsausbildung, die gerade nicht dem tertiären Bildungsbereich zuzuordnen ist, missverständlich erscheint. Eine exakte Abgrenzung des dualen Studiums von der dualen Berufsausbildung21 fängt bereits bei der begrifflichen Differenzierung an und hat zum Ziel, Missverständnissen vorzubeugen. In Thüringen existierte bis 2016 ebenfalls ein eigenes Berufsakademiegesetz (ThürBAG) für die beiden staatlichen Berufsakademien Gera und Eisenach, bis am 2. 7. 2016 die damals zweite Duale Hochschule der Bundesrepublik neben der DHBW22 – die Duale Hochschule Gera-Eisenach (DHGE) – gegründet wurde.23 Diese erfuhr eine Implementierung in das Thüringer Hochschulgesetz (vgl. §§ 111 ff. ThürHG) und genießt gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 10 ThürHG regulären Hochschulstatus. Zwar umfasst die Novelle des ThürHG eine Reihe von hochschulrechtlichen Spezialvorschriften zur DHGE, eine begriffliche Präzisierung oder gar einen legaldefinitorischen Ansatz des dualen Studiums findet sich dort aber nicht. Die für duale Studiengänge wesentliche strukturelle Abstimmung der einzelnen Studienabschnitte wird lediglich im allgemeinen Teil unter der Überschrift „Regelstudienzeit“ in § 52 Abs. 6 Satz 4 ThürHG festgelegt. In systematischer Hinsicht hätte die Normierung dieses Kerncharakteristikums an zentralerer Stelle erfolgen sollen. In Berlin wurde zwar keine Duale Hochschule installiert, jedoch gab es auch hier ein spezielles Berufsakademiegesetz, das inzwischen durch das Gesetz zur Eingliederung der Berufsakademie Berlin in die Fachhochschule für Wirtschaft Berlin abgelöst wurde.24 Weder dort noch in der alten Fassung des BerlHG sind bzw. waren signifikante begriffliche Grundlagen zum dualen Studienformat verankert. Dies hat sich erst nach der im September 2021 in Kraft getretenen Novelle des BerlHG geändert. Nunmehr wird das duale Studium auch in Berlin deutlich umfassender als zuvor geregelt.25 Mecklenburg-Vorpommern sowie das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen, in dem keine saatlichen, sondern nur privat geführte „Berufakademien“ bzw. Berufsfachschulen existieren, weisen trotz vielfach vorhandener 20 § 1 Abs. 1 Satz 2 NdsBAkadG, § 4 Abs. 1 Satz 1 BAG SH, § 2 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 1 HmbBAG, § 1 Abs. 1 Satz 2 SaarlBAkadG. 21 Siehe dazu noch § 5 A. III. 22 Im Jahr 2018 wurde zudem die Duale Hochschule Schleswig-Holstein (DHSH) gegründet und staatlich anerkannt; sie ist aus der Berufsakademie Schleswig-Holstein hervorgegangen. Auch die Berufsakademie Sachsen wird nunmehr zur Dualen Hochschule entwickelt, vgl. https://www.ba-sachsen.de/berufsakademie-sachsen/aktuelles/aktuelles-detailseite/be rufsakademie-sachsen-wird-zur-dualen-hochschule-weiterentwickelt (geprüft am 31. 5. 2022). 23 Vgl. Art. 1 des Thüringer Gesetzes über die Errichtung der Dualen Hochschule GeraEisenach (ThürDHGE-ErrichtG) vom 2. 7. 2016; Gbl. Thüringen 2016, 205. 24 Gbl. Berlin 2003, 490. 25 Siehe zum erweiterten Regelungsumfang hinsichtlich des dualen Studiums im BerlHG bereits oben unter § 4 A. I. 1.

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dualer Studienangebote weder ein eigenes Berufsakademiegesetz auf noch wird im jeweiligen Landeshochschulgesetz auf duale Studiengänge Bezug genommen. In diesen beiden Bundesländern ist das duale Studium demnach keiner näheren gesetzlichen Umschreibung unterlegen, die Details von Studium und Prüfung sind dort auf der Rechtsgrundlage des Hochschulrechts in den Studien- und Prüfungsordnungen der Hochschulen zumeist in der Rechtsform von autonomen Satzungen geregelt.26 3. Baden-Württemberg in der Vorreiterrolle Die ausführlichsten hochschulgesetzlichen Regelungen sind im Ursprungsland Baden-Württemberg zu finden. Hier wird der duale Studientyp in § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 LHG BW mit Bezug auf die DHBW als Studium definiert, das durch die Verbindung der theoretischen Ausbildung an der Studienakademie mit der praxisorientierten Ausbildung in den beteiligten Ausbildungsstätten die Fähigkeit zu selbstständiger Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden in der Berufspraxis vermittelt. Konkretisiert wird das Modell durch zahlreiche weitere Vorschriften im LHG BW. Die Verflechtung von Theorie und Praxis wird institutionell akzentuiert, indem etwa festgelegt ist, dass die DHBW sowohl auf den staatlichen Studienakademien (§ 27a LHG BW) als auch auf den privatwirtschaftlichen oder öffentlichen Ausbildungsstätten (§ 65c LHG BW) beruht. Kostitutiv für die DHBW ist damit, dass Studium und Ausbildung „aus einer Hand“ erfolgen.27 Zudem spricht § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 in der Aufgabenzuschreibung von „kooperativer Forschung“, was erneut die Verzahnung im Allgemeinen sowie die gleichmäßige Beteiligung von hauptberuflichen Professoren und Praktikern im Speziellen verdeutlicht.28 Die detaillierten Bestimmungen haben auch das Zusammenwirken in den Hochschulgremien zum Gegenstand, vgl. § 16 Abs. 1 Satz 3 Hs. 2, § 20 Abs. 1 Satz 3 Nr. 12 – 15, § 20a LHG BW. Das Erfordernis eines Ausbildungsvertrages ist in § 60 Abs. 2 Nr. 7 LHG BW ausdrücklich normiert. Damit steht fest, dass BadenWürttemberg im Ländervergleich auch bei der Regelungsdichte für duale Studienformate voranschreitet,29 die landesgesetzlichen Regelungen insgesamt aber einem Flickenteppich gleichen.30 26 Vgl. Hufen, Rechtsgutachten zur Ausdehnung des BBiG auf die Praxisphasen dualer Studiengänge, 2019, 24. 27 BeckOK HochschulR BW/Gerber/Krausnick, 2022, § 2 LHG Rn. 30. 28 Haug, OdW 2014, 67, 68. 29 Vor allem Berlin, Rheinland-Pfalz und Thüringen haben sich zuletzt hinsichtlich der Regelungsdichte an Baden-Württemberg angenähert. 30 So nun auch CHE/f-bb, Duales Studium: Umsetzungsmodelle und Entwicklungsbedarfe, 2022, 30, wobei die Studie im Ergebnis von einer eher geringen Regelungsdichte (S. 71 ff.) und dennoch von einer komplexen Regelungsstruktur ausgeht, die künftig übersichtlicher gestaltet werden sollte (S. 320). So solle das Ziel verfolgt werden, die verschiedenen Regelungen an möglichst wenigen Stellen im jeweiligen Landesgesetz zu bündeln.

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Um der schier unüberschaubaren Vielfalt an dualen Studienangeboten einen gewissen Rahmen zu verschaffen, wird von der Gewerkschaftsseite teils erwogen, eine bundesgesetzliche Definition des dualen Studiums zu normieren.31 Ob diese Forderung begründet ist, wird sich erst zum Schluss nach der Analyse der rechtlichen Problemfelder, insbesondere des Rechtsstatus dual Studierender, beantworten lassen. Ausweislich des Evaluierungsberichts des BBiG bestehe für Änderungen respektive Ergänzungen hinsichtlich des dualen Studiums kein gesetzgeberischer Anlass.32

II. Definitorische Ansätze im Schrifttum Reine Definitionen zum dualen Studium sind seitens der Rechtsprechung – soweit ersichtlich – nicht und im (nicht bloß rechtswissenschaftlichen) Schrifttum selten zu finden. In aller Regel wird das Format trotz diverser Verästelungen in einem Satz erläutert, ohne konkrete Voraussetzungen und statuierende Begrenzungsmerkmale zu nennen. So greift beispielsweise die Annahme, duale Studiengänge als „Studium neben einer beruflichen Tätigkeit und dementsprechend in der gesamten Studienorganisation an eine solche Beruflichkeit angepasst“33 aufzufassen, zu kurz. Auch der Ansatz, das duale Studium sei „die Kombination aus einer wissenschaftlichen Ausbildung an einer öffentlichen oder privaten Hochschule oder Berufsakademie (Lernort Theorie) und einer praktischen Ausbildung in einem Unternehmen (Lernort Praxis)“34 kommt über einen hauptsächlich beschreibenden Charakter nicht hinaus, beansprucht für sich aber auch nicht, eine vollumfängliche Begriffsbestimmung zu sein. In Kurzform wird das duale Studium generell auch als „zeitliche und inhaltliche Verknüpfung von Berufsausbildung oder Praxisphasen mit einem regulären Hochschulstudium“ umschrieben.35 Das BIBB begreift duale Studiengänge demgegenüber schon etwas konkreter als „etabliertes Format, in dem die Vermittlung von wissenschaftlich-theoretischem Wissen mit der Aneignung berufspraktischer Kompetenzen verbunden wird, um ein spezifisches Qualifikationsprofil der Studierenden bzw. Absolventen zu erreichen.“36 Es erfolge demnach in organisatorischer und curricularer Hinsicht entweder eine Verbindung beruflicher Ausbildungen mit dem Studium oder eine Integration längerer Praxisphasen in das Studium. 31 DGB Bundesverband, Position zum Dualen Studium, 2019, 21; diese könne in der Regelung des § 26 BBiG erfolgen, so Sura, ZRP 2021, 212, 214. 32 BMBF, Evaluation des BBiG, 2016, 50 f. 33 Klumpp/Rybnikowa, Differenzierte Studienformen, 2010, 25. 34 Koch-Rust/Rosentreter, NJW 2009, 3005, wobei die Autoren später auf S. 3006 noch näher auf die Voraussetzungen dualer Studiengänge eingehen, dabei indes keine Definition festhalten. 35 Hähn/Krone, RdJB 2015, 309; Krone, in: dies. (Hrsg.), Dual Studieren im Blick, 2015, 15, 16. 36 BIBB, Empfehlung des Hauptausschusses des BIBB, 2017, 1.

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Häufig wird darüber hinaus eine Vielzahl von Merkmalen vorgestellt, die kumulativ gegeben sein müssten, um das Vorliegen eines dualen Studiums zu bejahen.37 Hierzu gehören vordergründig (1.) eine stärkere Praxisorientierung als bei den klassischen Hochschulstudiengängen, (2.) das Vorhandensein mindestens zweier Lernorte, (3.) die inhaltliche und koordinative Verflechtung von beruflicher Praxis und theoretischem Studium sowie (4.) das Vorliegen eines Vertragsverhältnisses zwischen dual Studierendem und Ausbildungsbetrieb.38 Diese konstitutiven Kriterien spiegeln die Wesenszüge des verschränkten Studientyps jedenfalls in den Grundzügen wider. Es erscheint angezeigt, die maßgeblichen Indikatoren in eine griffige Definitionsform zu gießen. Auch der Wissenschaftsrat hat sich in seinem umfassenden Positionspapier einer Definition angenähert, indem er die zwei Wortbestandteile „dual“ und „Studium“ umrissen hat.39 Diese im Folgenden dargestellte, auf den Begriffsursprung zielende Untersuchung verdient Zustimmung.

III. Terminologische Annäherung Oftmals synonym mit der Sammelbezeichnung „duale Studienangebote“ gebrauchte Termini wie etwa „kooperatives Studium“, „Verbundstudium“, „Studium mit vertiefter Praxis“ oder „Studium im Praxisverbund“ haben sich nicht durchsetzen können.40 Das mag darin begründet liegen, dass die Begriffskomponente „dual“ im Allgemeinen positivere Anklänge durch die so offenkundig werdende Zweigleisigkeit mit sich bringt.41 Beim Definieren geht es insgesamt darum, die Bedeutung eines Ausdrucks festzulegen.42 Hier sind gleich zwei Wörter – „dual“ und „Studium“ – zu ergründen und deren Bedeutungen letztlich zusammenzupflegen. Dabei spielt auch in der Rechtssprache die Umgangssprache eine nicht unerhebliche Bedeutung,43 wenngleich rein linguistische Definitionen im Regelfall zu vermeiden sind und die juristisch-fachsprachliche Bedeutung eines Ausdrucks entscheidend ist.44 An dieser Stelle geht es indes vornehmlich um die Annäherung an eine Arbeitsdefinition für das Bildungsphänomen „duales Studium“. „Dual“ rührt aus dem lateinischen Begriff dualis und bedeutet „eine Zweiheit bildend“ bzw. „zwei 37 Vgl. etwa BLK, Perspektiven für die duale Bildung, 2003, 12; Pohl, Evaluation dualer Studiengänge, 2011, 27. 38 Prägnant BIBB, AusbildungPlus 2012, 2013, 19. 39 Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Entwicklung des dualen Studiums, 2013, 22 f. 40 Im Englischen wird zumeist von „cooperative education“ und „dual-track-students“ gesprochen. 41 Vgl. Schwiedrzik/Mucke, Duale Studiengänge, 2000, 5, 6. 42 Wank, Juristische Begriffsbildung, 1985, 51. 43 Vgl. ders., Juristische Begriffsbildung, 1985, 19 f. 44 Ders., Die Auslegung von Gesetzen, 2005, 62; ders., Methodenlehre, 2020, § 8 Rn. 39.

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Möglichkeiten, Verfahrensweisen aufweisend“.45 Durch das zweite Element „Studium“, näher umschrieben als „die durch wissenschaftliche Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten erfolgende Ausbildung“ von Studierenden an Hochschulen,46 wird die akademische Betätigung betont47 und das Format dem tertiären Bildungsbereich zugeordnet. Neben der Vermittlung spezialisierten Wissens geht es in einem wissenschaftlichen Studium auch um die Schärfung des Urteilsvermögens, von Methodik und Systematik, Reflexionsfähigkeit, Offenheit gegenüber Kritik und Alternativen, Rationalität sowie Argumentationsfähigkeit.48 Durch die Zusammensetzung mit der berufspraktischen Ausbildung ergibt sich eine multizentrische Struktur des akademischen Bildungstyps, wobei sich Theorie- und Praxisphasen meist pendelartig49 zu gleichen Teilen abwechseln. Zu beachten ist, dass der Gleichlauf zwischen theoretischer und praktischer Wissensvermittlung nicht automatisch zur Annahme eines dualen Studiums führt. Zwei zwar zeitlich parallel, aber inhaltlich getrennt voneinander erfolgende Vermittlungswege würden noch keine „Zweiheit“ bilden, da dafür wiederum eine gewisse Zusammengehörigkeit von zwei Dingen Voraussetzung ist.50 Schon begriffstechnisch ist demnach unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung eine curriculare Vernetzung der beiden Säulen Theorie und Praxis erforderlich,51 an der es bei zahlreichen als „dual“ firmierenden Studienangeboten mangelt. Dass sich „dual“ nur auf den in einer bestimmten Variante des dualen Studiums52 kennzeichnenden doppelten Abschluss oder die duale Berufsausbildung als dessen Bestandteil beziehen könnte, kann nicht überzeugen.53 Schließlich erwerben dual Studierende nicht in jeder Erscheinungsform einen 45 Dudenredaktion, „dual“ (https://www.duden.de/rechtschreibung/dual) (geprüft am 31. 5. 2022). 46 Köbler, Juristisches Wörterbuch, 2022, 454. 47 Dudenredaktion, „Studium“ (https://www.duden.de/rechtschreibung/Studium) (geprüft am 31. 5. 2022). 48 BeckOK HochschulR BW/Gerber/Krausnick, 2022, § 2 LHG Rn. 39. 49 Im dualen Studium sind verschiedene Zeitmodelle denkbar, diese skizziert Malottke, in: Lakies/Malottke (Hrsg.), BBiG, 2021, § 3 Rn. 14b, wonach sowohl Blockmodelle (Theorieund Praxisphasen wechseln sich blockweise ab, wobei die Länge der Blöcke zwischen 8 – 16 Wochen variiert) als auch Rotationsmodelle (meist Aufteilung der Wochen in betriebliche Praxistage und Tage mit Lehrveranstaltungen) praktiziert werden; somit ist neben einem wöchentlichen auch ein semesterweise erfolgender Wechsel denkbar, vgl. Baumstümmler/ Schulien, Berufsbildungsrecht, 2022, § 26 Rn. 38; dazu auch Krone, Stellungnahme für die Anhörung des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung, Ausschussdrs. 19(18)124e, 2019, 3; dominierend sind die Blockmodelle, vgl. BIBB, AusbildungPlus 2019, 2020, 16; CHE/f-bb, Duales Studium: Umsetzungsmodelle und Entwicklungsbedarfe, 2022, 128 f. 50 Dudenredaktion, „Zweiheit“ (https://www.duden.de/rechtschreibung/Zweiheit) (geprüft am 31. 5. 2022). 51 Vgl. auch Kupfer/Köhlmann-Eckel/Kolter, Duale Studiengänge, 2014, 20. 52 Siehe zu den ausbildungsintegrierenden dualen Studiengängen § 4 B. I. 1. 53 Diese missverständliche Interpretation ebenso herausstellend BLK, Perspektiven für die duale Bildung, 2003, 12.

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doppelten Abschluss und auch die der Sekundarstufe II zugehörige duale Berufsausbildung ist nicht stets Bestandteil dualer Studiengänge.54 Dieses Verständnis scheidet zudem deshalb aus, weil auf diese Weise kein Wesenszusammenhang zum Begriffsteil „Studium“ hergestellt werden kann – die duale Berufsbildung einerseits und das Studium andererseits sind unterschiedlichen Sektoren zugeordnet und können nicht durch den Zusatz „dual“ ineinandergefügt werden. Wichtigstes Merkmal der „Dualität“ ist damit richtiger Weise die innere, strukturell und organisatorisch-systematisch verankerte Verzahnung zweier Variablen, hier zweier Lernorte.55 Zum einen muss für diese inhaltliche Verknüpfung sichergestellt sein, dass die praktischen Lerninhalte wissenschaftlich reflektiert werden, zum anderen sind die theoretischen Lerninhalte stets auch in praktische Kontexte einzugliedern.56 Erforderlich ist also, dass die Kooperationsunternehmen einen maßgeblichen Teil zur Ausbildung beitragen.57 Auf dieser Linie bewegt sich auch der Akkreditierungsrat, der die „bewusste inhaltliche, zeitliche und organisatorische Integration“ als zentrales Attribut dualer Studienformen heraushebt.58 Der Ansatz wird konsequenter Weise auch in der Rechtserläuterung zu § 12 Abs. 6 der Musterrechtsverordnung59 zur Studienakkreditierung fortgeführt: Die Lernorte müssen demnach bei einem dualen Studium „systematisch sowohl inhaltlich als auch organisatorisch und vertraglich miteinander verzahnt“ sein, damit der Studiengang überhaupt unter dem Prädikat „dual“ firmieren kann.60 Die jeweiligen Studienakkreditierungsverordnungen der Länder enthalten entsprechende Regelungen.61 Damit ist die Messlatte für die Vergabe des Gütesiegels des Akkreditierungsrats sogar deutlich erhöht worden.62

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Zur Pluralität dualer Studienmodelle siehe § 4 B. So auch Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Entwicklung des dualen Studiums, 2013, 22; Berg, Die Hochschule 2014, 88, 90 f.; Busse, Duale Studiengänge, 2008, 3; Haug, OdW 2014, 67, 67 f. 56 Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Entwicklung des dualen Studiums, 2013, 27 f. 57 Berthold/Leichsenring/Kirst u. a., Demographischer Wandel und Hochschulen, 2009, 36. 58 Akkreditierungsrat, Handreichung, 2010, 3. 59 § 12 Abs. 6 der Musterrechtsverordnung lautet: „Studiengänge mit besonderem Profilanspruch weisen ein in sich geschlossenes Studiengangskonzept aus, das die besonderen Charakteristika des Profils angemessen darstellt.“ 60 Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 7. 12. 2017, Begründung zur Musterrechtsverordnung gemäß Artikel 4 Absätze 1 – 4 Studienakkreditierungsstaatsvertrag, 21 f.; siehe dazu auch schon unter § 2 B. VI.; die im Juni 2018 vom Bundestag eingesetzte EnqueteKommission „Berufliche Bildung in der digitalen Arbeitswelt“ sieht darin eine „wesentliche Grundlage für eine bundeseinheitliche Qualitätssicherung“, vgl. BT-Drs. 19/30950, 303. 61 Gegebenenfalls allgemeinere Dualdefinitionen der Landeshochschulgesetze werden durch die jeweilige Landesrechtsverordnung verbindlich konkretisiert, vgl. Akkreditierungsrat, Auf welcher Rechtsgrundlage wird das Profilmerkmal „dual“ überprüft? (§ 12 Abs. 6 MRVO), 2020 (https://www.akkreditierungsrat.de/de/node/184) (geprüft am 31. 5. 2022). 62 So CHE/f-bb, Duales Studium: Umsetzungsmodelle und Entwicklungsbedarfe, 2022, 66, 76; zu den Bewertungsmaßstäben vgl. Akkreditierungsrat, Zwischenbilanz, 2020, 24 ff. 55

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Das zweite konstitutive Merkmal, dass es sich um ein „Studium“ handeln muss, sorgt für die Aufrechterhaltung des vertieften Wissenschaftsbezugs im Sinne der Vorgaben der Kultusministerkonferenz63 für den Tertiärbereich.64 Die Gewährleistung dieser Wissenschaftlichkeit ist für die Qualitätssicherung von überragender Wichtigkeit.65 Es entsteht folglich eine qualifizierte Zusammenballung von Theorie und Praxis in einem wissenschaftsbasierten Studium. Plakativ lässt sich von einem „Sandwichstudium“ sprechen,66 jedoch nicht, ohne dabei die beschriebenen substanziellen Wesensmerkmale des hybriden Studientyps vor Augen zu haben. Sie dienen als Grundpfeiler der folgenden Begriffseinhegung.

IV. Begriffseinhegung Eine einheitliche Begriffsbestimmung, die die zentralen Charakterzüge des dualen Studiums in einem Satz komprimiert, existiert nicht. Dies liegt vor allem an der Studienrealität, die ihrerseits weit von einem konsensuellen Gerüst entfernt ist.67 Dennoch ist ein übereinstimmendes Grundverständnis im Allgemeinen von rechtlich besonderer Relevanz, um die juristische Behandlung dual Studierender klar zu umsäumen. Erst recht ist es speziell für die hiesige Studie bedeutsam, den Untersuchungsgegenstand mit einer Arbeitsdefinition klar einzuhegen. Dabei besteht die Gefahr, auch die äußersten Grenzfälle von benachbarten Konfigurationen kleinteilig abgrenzen zu wollen, was freilich zulasten der Eingängigkeit gehen würde.68 Stattdessen ist auf eine präzise Begriffsbestimmung Wert zu legen, ohne dabei im Vorfeld – geradezu im „luftleeren Raum“ – tief in die Methodik der Definitionslehre abzudriften.69

63 Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 15. 10. 2004, Einordnung der Bachelorausbildungsgänge an Berufsakademien in die konsekutive Studienstruktur (http://archiv.akkredi tierungsrat.de/fileadmin/Seiteninhalte/KMK/Vorgaben/KMK_Berufsakademien.pdf) (geprüft am 31. 5. 2022). 64 Vgl. Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Entwicklung des dualen Studiums, 2013, 22, der damit ebenso eine detaillierte begriffliche Aufarbeitung des dualen Studiums vollzieht. 65 Ebenso ders., Empfehlungen zur Entwicklung des dualen Studiums, 2013, 29; zudem bereits Barth/Reischl, Leitfaden zur Qualitätssicherung, 2008, 10. 66 Diesen Begriff verwendet Wolter, in: Faßhauer/Severing (Hrsg.), Verzahnung beruflicher und akademischer Bildung, 2016, 39, 52. 67 Holtkamp, Duale Studienangebote, 1996, 6. 68 Typisches Beispiel eines ungelenken Definitionsversuchs ist die Eisenbahndefinition des Reichsgerichts, vgl. RG, Urt. v. 17. 3. 1879 – I 23/80, RGZ 1, 247, 252; hierzu Wank, Juristische Begriffsbildung, 1985, 67 f.; generell zu unzulässigen Definitionen ders., Methodenlehre, 2020, § 8 Rn. 38 ff. 69 Hierzu instruktiv Herberger/Simon, Wissenschaftstheorie für Juristen, 1980, 303 ff.; prägnant auch Wank, Juristische Begriffsbildung, 1985, 60 ff.; vgl. zudem Bydlinski, Juristische Methodenlehre und Rechtsbegriff, 1991, 300 ff.

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2. Teil: Typologisierung, Differenzierung und rechtliche Einordnung

Im Sinne einer Arbeitsdefinition, die den Gegenstand der Studie fixieren soll, der aber naturgemäß kein Allgemeinverbindlichkeitsanspruch innewohnt, lässt sich das duale Studium wie folgt eng umspannen: Das duale Studium ist ein hybrides Bildungsformat, das sich durch die systematische Integration umfangreicher Praxisphasen auszeichnet, die mit einem eigenständigen Theorieteil curricular-inhaltlich sowie organisatorisch-strukturell verzahnt sind.

Ausgangspunkt rechtlicher Fragestellungen kann indes auch sein, ob der jeweiligen Nachwuchskraft der Status eines dual Studierenden zukommt. Der Begriff eines dualen Studienteilnehmers lässt sich anlehnend an die vorstehend beschriebenen Wesensmerkmale dualer Studiengänge demgemäß folgendermaßen bestimmen: Dual Studierender ist, wer ein Studium absolviert, das sich durch die systematische Integration umfangreicher Praxisphasen auszeichnet, die mit einem eigenständigen Theorieteil curricular-inhaltlich sowie organisatorisch-strukturell verzahnt sind.

Damit wird hinreichend deutlich, dass bei dual Studierenden eine in spezifischer Weise geartete Vermittlung multizentrischen Wissens zur Vorbereitung auf eine qualifizierte berufliche Tätigkeit stattfindet. Dies erfolgt meist pendelartig abwechselnd, jedenfalls aber zu gleichen Teilen an zwei verschiedenen Lernorten. Die theoretisch-wissenschaftsbasierten Elemente bei der tertiären Bildungseinrichtung werden systematisch durch praktisch-berufliche Inhalte bei einem Kooperationsunternehmen ergänzt. Für die Integration der Praxisphasen ist die innere Abstimmung in Gestalt einer curricular-inhaltlichen sowie einer organisatorisch-strukturellen Verzahnung der beiden Lernorte charakteristisch;70 eine rein zeitliche Parallelität von Theorie und Praxis genügt indes nicht.71 Allgemein gegen ein derartig enges Verständnis des dualen Studiums ließe sich anführen, dass so zukünftig die Vielfalt des dualen Studienangebots gefährdet ist und eine Verödung der freien Konzeption droht,72 jedoch erscheint dies angesichts derzeit schwammiger Grenzen mit der Folge des Entstehens diffiziler Studiengänge im „Unterholz“,73 die zwar mit der Marke „dual“ werben, dabei aber nur ein zeitlich synchrones Nebeneinander von Theorie und Praxis anbieten, hinnehmbar. Das derartige Beschneiden von Handlungsspielräumen ist in dieser Hinsicht verstärkt erforderlich, auch wenn damit bewusst in Kauf genommen wird, dass das starke 70 Von diesem Verständnis weicht auf Landesebene etwa das HmbHG ab, wenn dort in § 56 Abs. 2 von einer inhaltlichen oder organisatorischen Abstimmung die Rede ist, vgl. auch CHE/ f-bb, Duales Studium: Umsetzungsmodelle und Entwicklungsbedarfe, 2022, 45. 71 Im Ergebnis auf einer Linie: Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 7. 12. 2017, Begründung zur Musterrechtsverordnung gemäß Artikel 4 Absätze 1 – 4 Studienakkreditierungsstaatsvertrag, 21 f.; vgl. hierzu bereits unter § 2 B. VI. 72 Vgl. Darstellung bei Meyer-Guckel/Nickel/Püttmann u. a., Qualitätsentwicklung im dualen Studium, 2015, 11 f. 73 Auch die Empirie zeigt eine zunehmende Ausdifferenzierung durch den nicht unbeachtlichen Anstieg von Mischformen, siehe BIBB, AusbildungPlus 2019, 2020, 14 f.

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Engagement der Wirtschaft auf dem Gebiet dualer Studienformen ins Wanken geraten könnte.74 Nicht zuletzt leistet ein engeres Begriffsverständnis einen elementaren Beitrag dazu, die Qualität differenzierter Studienformate zu sichern und ein Ausufern dualer Studientypen entgegenzuwirken.75 Anderenfalls kann die Gefahr virulent werden, dass die duale Studienkonzeption gleichsam zu einem Fähnchen im bildungspolitischen wie konjunkturellen Wind verkommt. Es geht stattdessen entscheidend darum, die Vielfalt als besonderes „Asset“ des hybriden Bildungsprogramms „duales Studium“ in geregelte Bahnen zu lenken. Die Bildungsakteure sind demnach gefordert, ihre Marketingstrategien auf ein zurückhaltenderes Maß herabzusetzen. Innerhalb der Grenzen der hier entwickelten Arbeitsdefinition bleibt genügend Raum, um den typischen Flexibilitätsbedürfnissen gerecht zu werden, ohne das Format dabei in toto zu ersticken.

B. Ausgestaltung Die verschiedentlich ausgeformten dualen Studienangebote lassen sich zwecks Bildung einer Typologie in mehrere Kategorien sezieren. Methodisch sind übergeordnete Merkmale herauszukristallisieren, um sodann eine Zuordnung vornehmen zu können. Zwei zentrale Grundformen stechen hervor: Formate der Erstausbildung, die sich in der Regel an die Beendigung der allgemeinen Schulausbildung anschließen, sind von beruflichen Weiterbildungsprogrammen zu trennen. Erstes Distinktionsmerkmal ist somit der Aufnahmezeitpunkt im Bildungsprozess der Lernenden.76 Diese beiden Gattungen bedürfen aber einer noch näheren Ausdifferenzierung: Wie bereits dargetan sind die Beziehungen der Lernorte zueinander verschiedentlich ausgestaltet. Zum einen gibt es bloß zeitlich parallele Modelle ohne inhaltlichen Bezugsrahmen, die sich – zu Unrecht – als duales Studium verstehen, zum anderen haben systematisch verzahnte Konzepte Eingang in die hiesige Bildungslandschaft gefunden. Insoweit lassen sich auf einer Unterebene integrierende Studiengänge mit vorhandener inhaltlicher Verquickung auf der einen Seite von begleitenden Studiengängen auf der anderen Seite unterscheiden, bei denen die Praxisanteile ohne inneren Bezug zur Theorievermittlung verselbstständigt sind.77 Dass sich derartig unterschiedliche Programme dualer Studiengänge etabliert haben, liegt vornehmlich an der föderalistischen Struktur der Bundesrepublik. Nach Art. 30, 70 GG handeln die Bundesländer im Hochschulwesen aufgrund der verfassungs74

Vgl. allgemein mit dieser Befürchtung I. Natzel, BB 2011, 1589, 1593. Die Qualitätssicherung ohne zu starke Regulierung als Herausforderung begreifend Stifterverband für Deutsche Wissenschaft, Hochschulbildung in der Transformation, 2022, 35; Vorbehalte gegenüber einer zu starren Regulierung wurden auch deutlich in der Studie CHE/ f-bb, Duales Studium: Umsetzungsmodelle und Entwicklungsbedarfe, 2022, 132, 322 f. 76 Krone, in: dies. (Hrsg.), Dual Studieren im Blick, 2015, 15, 16. 77 Vgl. Berg, Die Hochschule 2014, 88; Koch-Rust/Kolb/Rosentreter, NZA 2015, 402, 403; Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Entwicklung des dualen Studiums, 2013, 8. 75

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rechtlich verankerten Kompetenzverteilung im Wesentlichen autonom.78 Die Vornahme einer Differenzierung unter den Studienvarianten ist unter rechtlichen Gesichtspunkten in Ansehung uneinheitlicher Behandlung dringend geboten.79 Das BSG hat sich einer Klassifizierung im Rahmen seiner im Jahre 2009 ergangenen Entscheidung zur Sozialversicherungspflicht dualer Studiengänge angenähert.80 Eine trennscharfe Abgrenzung der verschiedenen Arten ist jedoch nicht in jedem Einzelfall möglich,81 die Übergänge sind fließend. Dennoch wird der Versuch unternommen, dem dualen Studium klare Konturen zu verleihen.

I. Formate der Erstausbildung 1. Ausbildungsintegrierende Studiengänge Im Rahmen der Erstausbildung wird bei sogenannten ausbildungsintegrierenden dualen Studiengängen eine vollwertige Berufsausbildung i. S. d. BBiG systematisch in einen akademischen Studiengang geflochten.82 Freilich müssen sich beide Komponenten – Ausbildungsberuf gemäß §§ 4, 1 Abs. 3 BBiG sowie Studium – fachlich nahestehen (z. B. Erzieher als Ausbildungsberuf und Soziale Arbeit als Studiengang). Teile der Ausbildung werden unmittelbar als Studienleistung angerechnet.83 Kennzeichnend ist die strukturell-institutionelle Verknüpfung von Studium und dualer Berufsausbildung.84 Letztlich können bei diesem Modell zwei Abschlüsse erworben werden85: Neben dem Studienabschluss (heute in der Regel Bachelor, früher Diplom) erreichen Absolventen auch einen Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf vor der nach § 71 BBiG zuständigen Kammer (z. B. IHK- oder HWK-Abschluss).86 Sowohl in der Bildungseinrichtung als auch im 78 Einzig auf dem Gebiet des Zulassungsrechts steht dem Bund gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 33 GG die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz zu, wobei der Bundesgesetzgeber von dieser Kompetenz noch keinen Gebrauch gemacht hat. 79 Die Notwendigkeit der Unterscheidung wurde auch jüngst deutlich im Fall LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 29. 1. 2019 – 5 Sa 105/18, NJ 2019, 261: Hier ging es um die Abgrenzung des praxisintegrierten dualen Studiums vom ausbildungsintegrierten dualen Studium und letztlich um die entscheidende Frage der Anwendbarkeit des BBiG, zu Letzterem siehe noch § 6 B. III. 80 BSG, Urt. v. 1. 12. 2009 – B 12 R 4/08 R, BSGE 105, 56, 61, Rn. 19; zur Entscheidung siehe noch näher unter § 6 B. III. 1. c). 81 Vgl. bereits Holtkamp, Duale Studienangebote, 1996, 7. 82 Vgl. BSG, Urt. v. 1. 12. 2009 – B 12 R 4/08 R, BSGE 105, 56, 61, Rn. 19. 83 Vgl. BLK, Perspektiven für die duale Bildung, 2003, 15; Waldhausen, Berufsbildung 2005, 64. 84 Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Entwicklung des dualen Studiums, 2013, 9. 85 Siehe auch LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 29. 1. 2019 – 5 Sa 105/18, NJ 2019, 261, Rn. 24. 86 Vgl. BSG, Urt. v. 1. 12. 2009 – B 12 R 4/08 R, BSGE 105, 56, 61, Rn. 19; Ballauf, AiB 2016, 43; Grimm/Freh, ArbRB 2015, 316; HWK/C. S. Hergenröder, 2022, § 2 BBiG Rn. 1;

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Kooperationsbetrieb werden den dual Studierenden die dafür erforderlichen Qualifikationsvoraussetzungen in straffer Organisation vermittelt.87 Die bildliche Bezeichnung des ausbildungsintegrierenden dualen Studiums als „Zweisäulenmodell“88 ist durchaus treffend, wird so doch erkennbar, dass sich diese Form aus zwei Trägerelementen – der Hochschulsäule und der Berufsausbildungssäule mit jeweils eigenem Abschluss – zusammensetzt. Vor dem Hintergrund der Selbstständigkeit der beiden Elemente den Begriff „integrierend“ bei dieser Fallgruppe anzuzweifeln,89 geht indes aufgrund der zwingenden mehrschichtigen Verzahnung zu weit. Aus Studierendensicht liegt das übergeordnete Ziel darin, die Gesamtausbildungszeit durch das Ineinandergreifen von Berufsausbildung und Hochschulstudium zu verkürzen.90 Zu beachten ist, dass eine Vielzahl von Konzepten entstanden ist, die sich zwar als „ausbildungsintegrierend“ verstehen, ohne jedoch eingetragene Ausbildungsverhältnisse zum Gegenstand zu haben.91 Derartige Muster, bei denen letztlich kein regulärer Ausbildungsabschluss erworben wird, lassen sich zwar vermehrt beobachten, sind aber von der echten ausbildungsintegrierenden Form, der ein Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf immanent ist, deutlich abzugrenzen. Im Verhältnis zwischen Praxispartner und dual Studierenden ist beim ausbildungsintegrierenden Zweig ein Ausbildungsvertrag i. S. d. § 10 Abs. 1 BBiG notwendige Voraussetzung.92 Zwecks Verknüpfung von Berufsausbildungsverhältnis und Studium wird zudem regelmäßig ein Rahmenvertrag geschlossen, der den beschriebenen zweistufigen Aufbau des ausbildungsintegrierenden dualen Studiengangs näher in den Einzelheiten konkretisiert.93

Kleinebrink, ArbRB 2011, 58; Koch-Rust/Rosentreter, NZA 2021, 1604, 1605; dies., NJW 2009, 3005, 3006; Taubert, BBiG, 2021, § 3 Rn. 11. 87 Vgl. Waldhausen, Berufsbildung 2005, 64. 88 Hufen, Rechtsgutachten zur Ausdehnung des BBiG auf die Praxisphasen dualer Studiengänge, 2019, 5. 89 In diesem Sinne ders., Rechtsgutachten zur Ausdehnung des BBiG auf die Praxisphasen dualer Studiengänge, 2019, 19, der die Betitelung als „begleitende Studiengänge bzw. studienbegleitende Berufsausübung“ präferiert. 90 Vgl. Falk, W & B 2007, 8, 9; Wissenschaftsrat, Duale Studiengänge an Fachhochschulen, 1997, 12 f. 91 BMBF, Evaluation des BBiG, 2016, 48. 92 Görge, W & B 2012, 66; Kleinebrink, ArbRB 2011, 58, 60; Malottke, in: Lakies/Malottke (Hrsg.), BBiG, 2021, § 3 Rn. 14a; Methler, Kompass 2011, 14, 15; M. Schmidt, NWB 2011, 3548, 3550. 93 Grimm/Freh, ArbRB 2015, 316; Kleinebrink, ArbRB 2011, 58, 60; Koch-Rust/Kolb/ Rosentreter, NZA 2015, 402, 403; I. Natzel, NZA 2008, 567, 568.

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2. Praxisintegrierende Studiengänge In den meisten Fällen ebenso Teil der Erstausbildung sind praxisintegrierende duale Studiengänge,94 die durch umfangreiche Praxisphasen im Betrieb charakterisiert sind, dabei aber keine Berufsausbildung im engeren Sinne enthalten.95 Die lehrplanmäßige Abstimmung zwischen dem Lernort Hochschule und dem Lernort Betrieb ist von zentraler Bedeutung, damit die Teilnehmer die für den Abschluss erforderlichen Kompetenzen direkt im Unternehmen erwerben können („Praxisstudium“).96 Auch hier sind demnach Studium und Praxisanteile strukturell-institutionell miteinander verbunden,97 es wird im Vergleich zur ausbildungsintegrierenden Variante aber nur der Studienabschluss erworben.98 Allenfalls möglich, keinesfalls aber obligatorisch ist der Erwerb eines fachlich nahestehenden Ausbildungsabschlusses in Gestalt der sogenannten Externenprüfung gemäß § 45 Abs. 2 BBiG.99 Eine Abgrenzung des praxisintegrierten dualen Studiums vom ausbildungsintegrierten Studiengang kann somit nicht allein danach erfolgen, ob die Teilnehmer am Ende einen zusätzlichen Berufsabschluss erwerben oder nicht. Gleichwohl ist das jeweilige Studienziel des dualen Studienteilnehmers – der Erwerb eines Abschlusses oder zweier Abschlüsse – ein starkes Indiz für die Differenzierung des praxisintegrierenden Modells vom ausbildungsintegrierenden Format. Zweifel daran, dass praxisintegrierende Studiengänge als dual bezeichnet werden können, wurden damit begründet, dass in der Regel nicht zwei aufeinander aufbauende Abschlüsse erworben werden, sondern nur ein Hochschulabschluss.100 Wie bereits aufgezeigt101 bezieht sich der Begriff „dual“ allerdings nicht bloß auf die Kumulation zweier Abschlüsse, sondern vielmehr auf die inhaltliche Verschachtelung von Theorie und Praxis, sodass praxisintegrierende Studiengänge heute allgemein als duales Studium anerkannt sind.102 Am ehesten lässt sich die Unterscheidung zwi94 Möglich sind aber auch Weiterbildungsmodelle, siehe etwa jüngst den Fall LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 29. 1. 2019 – 5 Sa 105/18, NJ 2019, 261. 95 Vgl. Koch-Rust/Rosentreter, NJW 2009, 3005, 3006. 96 Bleich, FS 40 Jahre Duales Studium (Bd. 1), 2015, 75, 78. 97 Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Entwicklung des dualen Studiums, 2013, 9. 98 Koch-Rust/Rosentreter, NJW 2009, 3005, 3006. 99 Durch die Externenprüfung nach § 45 Abs. 2 BBiG bzw. § 37 Abs. 2 HwO wird denjenigen, die keine mehrjährige Berufsausbildung absolviert haben, der Erwerb eines Berufsabschlusses ermöglicht, wenn die Kandidaten nachweisen können, dass sie das Eineinhalbfache der vorgeschriebenen Ausbildungszeit im einschlägigen Beruf tätig waren. Zu den Ausnahmen der nach § 45 Abs. 2 Satz 1 BBiG vorgeschriebenen Mindestzeit (vgl. § 45 Abs. 2 Satz 3 BBiG) in Bezug auf die Teilnehmer dualer Studiengänge vgl. Malottke, in: Lakies/Malottke (Hrsg.), BBiG, 2021, § 45 Rn. 23 ff. 100 So offenbar Schlegel, W & B 2005, 9, 10; ähnlich Falk, W & B 2007, 8, 9, der jedoch – insoweit jedenfalls nach heutigem Verständnis unzutreffend – von einer schlichten Ergänzung des Vollzeitstudiums durch betriebliche Tätigkeiten während der Semesterferien ausgeht. 101 Siehe bereits unter § 4 A. III. 102 Siehe nur Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Entwicklung des dualen Studiums, 2013, 9, 22 f.

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schen der ausbildungsintegrierenden und praxisintegrierenden Erscheinungsform neben der indiziellen Wirkung der Anzahl an möglichen Abschlüssen an Folgendem festmachen: Während beim ausbildungsintegrierenden Modell das Studium als eigenständiger Mitspieler zur vollwertigen Berufsausbildung hinzutritt, dominieren beim praxisintegrierenden Programm von vornherein die akademischen Studienelemente im Zusammenspiel mit den wertigen und autonomen betriebspraktischen Phasen, die die theoretische Komponente bereichern, ohne dass dabei eine klassische Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf durchlaufen wird.103 Demgemäß handelt es sich hierbei phänomenologisch um ein „Einsäulenmodell“104. Dadurch, dass die dual Studierenden in den Praxisphasen keine Auszubildenden sind, ist ihr Status rechtlich weitgehend ungeklärt. Für die umfassenden Praxiselemente ist ein Vertragsverhältnis zwischen dem Kooperationsbetrieb und dualem Studienteilnehmer vonnöten, das jedoch erst im Zuge der Erörterung des Rechtsstatus näher klassifiziert werden kann.105 Exemplarisch und nicht abschließend nennt das BSG als konkrete Verzahnungsinstrumente etwa Rahmenausbildungspläne der kooperierenden Betriebe, Abstimmungsverfahren zwischen den Betrieben und Hochschulen sowie Zielvereinbarungen oder Grundsätze für die Eignung von Kooperationsbetrieben.106 Diesbezüglich ist zu beachten, dass das unter den dualen Akteuren auf dem Gebiet der „echten“ Verzahnung gemeinhin bestehende Verbesserungspotenzial noch viel stärker auszuschöpfen ist.107 Ausbildungsintegrierende und praxisintegrierende duale Studiengänge sind in der Bundesrepublik am weitesten verbreitet.108 Während beim praxisintegrierenden Format ein schnelles Wachstum zu beobachten ist und sich die Zahlen hier seit 2011 mehr als verdoppelt haben,109 sinkt der Anteil ausbildungsintegrierender Modelle an der Gesamtzahl dualer Studiengänge mittlerweile leicht.110 Zuvor machten die ausbildungsintegrierenden Studiengänge den Großteil des dualen Studienangebots 103

Vgl. auch I. Natzel, NZA 2008, 567, 568. Hufen, Rechtsgutachten zur Ausdehnung des BBiG auf die Praxisphasen dualer Studiengänge, 2019, 5; ob indes in rechtlicher Hinsicht eine Aufspaltung der theoretischen und betriebspraktischen Teile angezeigt ist, bedarf an späterer Stelle einer eingehenden Untersuchung, vgl. hierzu unter § 6 B. III. 105 Siehe dazu noch ausführlich unter § 6 B. 106 BSG, Urt. v. 1. 12. 2009 – B 12 R 4/08 R, BSGE 105, 56, 61, Rn. 19; vgl. auch Koch-Rust/ Rosentreter, NJW 2011, 2852, 2853. 107 Vgl. etwa die Fallstudien von Kupfer/Köhlmann-Eckel/Kolter, Duale Studiengänge, 2014, 21 ff. 108 Vgl. BIBB, AusbildungPlus 2019, 2020, 13 ff.; dass., AusbildungPlus 2016, 2017, 10 f. 109 Der Anteil dualer Studienanfänger in der praxisintegrierenden Variante soll mittlerweile knapp 75 Prozent erreicht haben, vgl. CHE/f-bb, Duales Studium: Umsetzungsmodelle und Entwicklungsbedarfe, 2022, 215. 110 BIBB, AusbildungPlus 2019, 2020, 14; vgl. auch schon dass., AusbildungPlus 2016, 2017, 11, wobei klargestellt wird, dass ohne die DHBW und der Berufsakademien, die hauptsächlich praxisintegrierende Studiengänge anbieten, das ausbildungsintegrierende Format überwiegt. 104

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aus.111 Als Grund für diese Überholung wird vor allem die Anforderungs- und Belastungskumulation durch die Einbettung in zwei Prüfungsreglements im Bereich des ausbildungsintegrierenden Prototyps angeführt.112 Dennoch ist festzuhalten, dass beide dualen Studienvarianten, die jeweils im Einzelfall anhand der dargelegten Merkmale trennscharf voneinander abgegrenzt werden müssen,113 insgesamt auf einer ähnlichen Beliebtheitsstufe stehen und daher für das hiesige Bildungssystem von ebenbürtigem Gewicht sind. Grundlage beider Modelle ist ein Kooperationsvertrag zwischen den beiden Lernorten, also der Studieneinrichtung und dem Ausbildungsbetrieb.114 Dort werden die organisatorischen Abläufe sowie die konkreten Ausbildungsinhalte möglichst exakt geregelt, um eine enge Verflechtung von theoretischer und praktischer Ausbildung sicherzustellen.115 Zwar machen die Studienmodelle der Erstausbildung den Großteil dualer Studiengänge aus, aber auch die nachfolgend dargestellten Weiterbildungskonzepte, unter denen sich in seltenen Fällen auch praxisintegrierende Formate mit umfassenden Praxisanteilen außerhalb einer Berufstätigkeit befinden,116 spielen im Bildungssektor eine bedeutende und im Zuge politisch aufkeimender Weiterbildungsstrategien117 immer stärkere Rolle.

II. Formate der Weiterbildung 1. Berufsintegrierende Studiengänge Als berufliche Weiterbildungsart können zunächst berufsintegrierende duale Studiengänge eingeordnet werden, bei denen eine Kombination der beruflichen Praxis (meist) in einer Teilzeittätigkeit mit einem Studium prägend ist.118 Darunter fällt beispielsweise eine zweite wissenschaftliche Ausbildung an einer Hochschule mit dem Ziel der Erlangung eines Masterabschlusses, die zeitlich neben einer Berufstätigkeit angestrengt wird.119 Diese Berufstätigkeit ist regelmäßig mit dem Studium fachlich verwandt, sodass auch hier leichte Verzahnungsmerkmale zwi111

Dass., AusbildungPlus 2019, 2020, 15; dass., AusbildungPlus 2016, 2017, 11. Wolter, in: Faßhauer/Severing (Hrsg.), Verzahnung beruflicher und akademischer Bildung, 2016, 39, 43. 113 So auch Hufen, Rechtsgutachten zur Ausdehnung des BBiG auf die Praxisphasen dualer Studiengänge, 2019, 40. 114 Vgl. Däubler TVG/Klein, 2022, § 1 Rn. 941; Koch-Rust/Rosentreter, NJW 2009, 3005, 3006; Rose, in: Hess/Worzalla/Glock u. a. (Hrsg.), BetrVG, 2018, § 5 Rn. 84. 115 Riechert/Nimmerjahn, MiLoG, 2017, § 22 Rn. 73. 116 Vgl. Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Entwicklung des dualen Studiums, 2013, 9, 23. 117 Vgl. dazu bereits unter § 2 A. IV. 118 Vgl. BSG, Urt. v. 1. 12. 2009 – B 12 R 4/08 R, BSGE 105, 56, 61, Rn. 19. 119 Vgl. Kleinebrink, ArbRB 2011, 58, 59. 112

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schen Theorie und Praxis wesentlich sind, um die Synergieeffekte auszureizen.120 Die Hochschullehrveranstaltungen können inhaltlich auf bereits erlangten Erfahrungen oder Vorkenntnissen im Beruf aufbauen.121 Der Arbeitgeber ist hinsichtlich des beruflichen Weiterbildungsziels des Studierenden informiert und unterstützt dieses in der Regel durch einen produktiven Austausch.122 Es erfolgt eine Anpassung der beruflichen Tätigkeit – beispielsweise mittels Freistellungen oder Arbeitszeitreduzierungen – an die Erfordernisse des Studiums.123 Eine Anrechnung der Praxiselemente als Studienleistung kann durchaus erfolgen.124 Der Anspruch muss stets sein, die berufliche Praxis inhaltlich in das Studium zu integrieren.125 Das berufsintegrierende Studium ist besonders geeignet, wenn es darum geht, eine Weiterqualifikation ohne Unterbrechung der Erwerbstätigkeit zu ermöglichen.126 Dies kommt einerseits den Studierenden aufgrund der Erweiterung des Qualifikationsprofils zugute, andererseits nützt es aber auch den Unternehmen, die ihre Mitarbeiter während der Weiterqualifikationsphase nicht verlieren. Das Weiterbildungsformat des berufsintegrierenden dualen Studiums ist zudem prädestiniert für das Verfassen von betrieblich verankerten, möglicherweise sogar einen unmittelbaren Unternehmensbezug aufweisenden Abschlussarbeiten.127 Im Gegensatz zu den ersten beiden Arten wird zwischen den beiden Lernorten regelmäßig kein Kooperationsvertrag geschlossen, der die Studieninhalte mit den praktischen Erfordernissen des Betriebs im Detail abstimmt.128 Stattdessen fußt das Konstrukt auf einer Rahmenvereinbarung zwischen den drei Hauptakteuren, in der die Modalitäten wie beispielsweise der zeitliche Umfang der Freistellung von der Tätigkeit im Betrieb festgelegt sind.129 Um als berufsintegrierendes duales Format wahrgenommen zu werden, ist im Lichte der oben aufgestellten Begriffsbestimmung130 des dualen Studiums einzelfallabhängig genauestens zu untersuchen, ob curricular-inhaltliche Verzahnungselemente zwischen den Studieninhalten und der betrieblichen Tätigkeit vorhanden sind.131 Ent120

Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Entwicklung des dualen Studiums, 2013, 9. Vgl. Pohl, Evaluation dualer Studiengänge, 2011, 33. 122 Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Entwicklung des dualen Studiums, 2013, 9. 123 Berthold/Leichsenring/Kirst u. a., Demographischer Wandel und Hochschulen, 2009, 39; Koch-Rust/Rosentreter, NJW 2009, 3005, 3006. 124 Vgl. Bleich, FS 40 Jahre Duales Studium (Bd. 1), 2015, 75, 78. 125 Vgl. BLK, Perspektiven für die duale Bildung, 2003, 22. 126 Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Entwicklung der Fachhochschulen, 2002, 112. 127 Vgl. Malottke, in: Lakies/Malottke (Hrsg.), BBiG, 2021, § 3 Rn. 14a; ein Mitspracherecht bei der Themenauswahl seitens des Betriebs ließe sich vertraglich vereinbaren, vgl. MaSiG/Mroß, 2020, C.292 Dualer Studiengang Rn. 23. 128 Vgl. A. Becker, Duale Studiengänge, 2006, 54. 129 Ders., Duale Studiengänge, 2006, 54; Maschke, Duales Studium als Exportmodell, 2015, 3. 130 Siehe unter § 4 A. IV. 131 A. A. offenbar Malottke, in: Lakies/Malottke (Hrsg.), BBiG, 2021, § 3 Rn. 14a, die eine derartige curriculare Verzahnung bei berufsintegrierenden dualen Studiengängen nicht für zwingend erachtet. 121

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scheidend kommt es darauf an, ob der Praxisphase bzw. der Berufstätigkeit in concreto ein eigenständiger Ausbildungswert dergestalt beizumessen ist, dass ein Teil der für den Abschluss erforderlichen Kompetenzen direkt im Betrieb erworben und bewertet wird.132 2. Berufsbegleitende Studiengänge Berufsbegleitende Studiengänge zählen auch zur Kategorie der beruflichen Weiterbildung und zeichnen sich dadurch aus, dass die Studierenden neben ihrer Voll- oder auch Teilzeittätigkeit im Betrieb parallel ein Selbststudium absolvieren, unabhängig davon, ob eine fachliche Nähe zwischen Berufstätigkeit und Studium gegeben ist.133 Eine direkte Beteiligung des Betriebes in Form einer aktiven Planung der konzeptionellen Studienphasen erfolgt hier gerade nicht.134 Bildungseinrichtung und Kooperationsbetrieb arbeiten nicht zusammen, es besteht keinerlei vertragliche Verbindung zwischen den beiden Lernorten. Damit ist der Beitrag der Unternehmen in dieser Erscheinungsform am geringsten.135 Eine betriebliche Mitwirkung kann allenfalls darin zu sehen sein, dass dual Studierende qua Vereinbarung für gewisse Zeiten (beispielsweise für einen Wochenarbeitstag) von der Arbeit freigestellt oder betriebliche Arbeitsmittel bereitgestellt werden.136 Bei diesem Typus finden also die zwei Elemente Theorie und Praxis zeitlich gleichläufig,137 nicht aber inhaltlich abgestimmt statt.138 Es erfolgt hier regelmäßig keine Anrechnung der in der Berufspraxis zu erwerbenden Kompetenzen.139 Die durch den Begriffsteil „dual“ garantierte Integration beider Lernorte liegt bei begleitenden Studiengängen gegenüber integrierenden Studiengängen demnach nicht vor. Derartige Formate sind eher vergleichbar mit einem privat organisierten Abend- oder Fernstudium140 und insbesondere nicht als duales Studium im Sinne der obigen Arbeitsdefinition zu verstehen. Dennoch ist auf der Weiterbildungsebene zu beachten, dass berufsbegleitende Studiengänge in der Praxis nur schwierig von berufsintegrierenden Modellen kontrastiert werden können – die Grenzen zwischen leichten Verzahnungselementen

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Ähnlich in einem allgemeineren Kontext Seeger, „Generation Praktikum“, 2012, 67. Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Entwicklung des dualen Studiums, 2013, 9. 134 A. Becker, Duale Studiengänge, 2006, 55; Busse, Duales Studium, 2009, 6; Purz, Duale Studiengänge, 2011, 121. 135 Maschke, Duales Studium als Exportmodell, 2015, 4. 136 BIBB, AusbildungPlus 2012, 2013, 19; Purz, Duale Studiengänge, 2011, 121. 137 Lindner, in: Hartmer/Detmer (Hrsg.), Hochschulrecht, 2017, Kapitel 11 Rn. 177. 138 Vgl. BSG, Urt. v. 1. 12. 2009 – B 12 R 4/08 R, BSGE 105, 56, 61, Rn. 19. 139 BLK, Perspektiven für die duale Bildung, 2003, 23; Bleich, FS 40 Jahre Duales Studium (Bd. 1), 2015, 75, 78. 140 BSG, Urt. v. 1. 12. 2009 – B 12 R 4/08 R, BSGE 105, 56, 61, Rn. 19; BLK, Perspektiven für die duale Bildung, 2003, 23; Boder, Rekrutierung und Bindung von Nachwuchskräften, 2016, 34; Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 142. 133

§ 4 Charakteristika und Erscheinungsformen dualer Studiengänge

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und bloß zeitlicher Parallelität sind oftmals fließend.141 Im Rahmen einer umfassenden Gesamtschau sämtlicher Umstände des Einzelfalls ist eine Abwägung anhand der praktizierten Studiengestaltung vorzunehmen. Im Zweifel ist der Begriff des dualen Studiums eng zu fassen, um Programme mit einem geringen Verzahnungsniveau von dem besonderen Schutz der Akteure dualer Studiengänge, der durch die engstirnige Dreieckskonstellation142 geboten erscheint, ausschließen zu können.

III. Sonderformen 1. Ausbildungsbegleitende Studiengänge Vereinzelt finden sich auch Teilnehmer ausbildungsbegleitender Studiengänge. Diese absolvieren in zeitlichem Gleichlauf ein Vollzeitstudium sowie eine Berufsausbildung, ohne dass dem Modell systematische Verknüpfungselemente zugrunde liegen oder eine gegenseitige Anrechnung von Leistungen erfolgt.143 Die zu erbringenden Leistungspunkte sind vollständig an der Hochschule zu erwerben.144 Hierin liegt der maßgebliche Unterschied zum ausbildungsintegrierenden Format. Auch diese Form genügt nicht den Anforderungen, die die Begrifflichkeit „dual“ mit sich bringt.145 Bei ausbildungsbegleitenden Studiengängen lässt sich daher nicht von einem dualen Studium im hier vertretenen Sinne sprechen. 2. Praxisbegleitende Studiengänge Recht selten kommen ebenfalls praxisbegleitende Studiengänge vor, bei denen ein Studium zwar durch umfangreiche Praxisphasen ergänzt wird, im Gegensatz zum praxisintegrierenden Konzept aber keinerlei Verzahnung oder gar Leistungsanrechnung erfolgt.146 Meist durchlaufen die Teilnehmer verselbstständigte, unabhängig von der Hochschule gestaltete Praktika. Wie auch bei ausbildungsbegleitenden Studiengängen werden die für den Studienabschluss erforderlichen Leistungspunkte vollumfänglich an der Hochschule erworben.147 Auch dieses begleitende Format kann mangels systematischer Verzahnungselemente nicht als dualer Studiengang im engeren Sinne verstanden werden.

141 Vgl. Weiß, in: Faßhauer/Severing (Hrsg.), Verzahnung beruflicher und akademischer Bildung, 2016, 21, 25. 142 Dazu noch unter § 6 A. 143 Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Entwicklung des dualen Studiums, 2013, 9. 144 Bleich, FS 40 Jahre Duales Studium (Bd. 1), 2015, 75, 78. 145 Siehe zur wörtlichen Begriffsannäherung § 4 A. III. 146 Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Entwicklung des dualen Studiums, 2013, 9. 147 Bleich, FS 40 Jahre Duales Studium (Bd. 1), 2015, 75, 78.

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2. Teil: Typologisierung, Differenzierung und rechtliche Einordnung

3. Triale Studiengänge In wenigen Branchen sind zudem triale Studiengänge als Erstausbildungskonzept auf dem Vormarsch. Hier wird neben dem Ausbildungsabschluss (z. B. Kraftfahrzeugtechniker) und dem Hochschulabschluss (z. B. Handwerksmanagement) zusätzlich ein beruflicher Fortbildungsabschluss (z. B. Meister) in das duale Studium integriert.148 Allein schon aufgrund der Tatsache, dass in den meisten Fächern keine dritte mögliche Abschlussart existiert, bleiben derartige auf das Handwerk spezialisierte Studiengänge eine Ausnahmeerscheinung.149 Gleichwohl gilt es, solche Bildungsangebote vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels zu fördern, da sich auch im Handwerk ein Digitalisierungsruck vollzieht und die beschriebenen Vorzüge des dualen Studiums in dieser Branche etwa mit Blick auf den Wandel in der Elektromobilität besonders zur Geltung kommen können.150 Die Begriffskomponente „trial“ bezieht sich in der Regel – anders als „dual“151 – nur auf die Kumulation mehrerer Abschlüsse.152 Ebenso wie bei einem dualen Studiengang wird im Rahmen des trialen Programms die theoretische Wissensvermittlung in tiefere Praxisphasen verschachtelt. Das triale Studium lässt sich insoweit am ehesten mit dem ausbildungsintegrierten dualen Studium vergleichen,153 da beim praxisintegrierenden dualen Modell grundsätzlich kein Ausbildungsabschluss erworben wird154 und ein solcher Voraussetzung für den Meisterbrief ist. Andere Varianten, in denen sich „trial“ hingegen auf die Anzahl an Kooperationspartnern beziehen soll,155 sind gleichfalls als duale Studiengänge zu klassifizieren. Hier tritt die Berufsschule als weiterer Lernort hinzu und wirkt gleichsam als „Scharnier“156 zwischen Hochschule und Betrieb, ändert aber an der Einordnung als (ausbildungsintegrierendes) duales Studium nichts. Für die weitere Bearbeitung sind triale Studiengänge daher als ausbildungsintegriertes duales Studium zu verstehen.

148 Vgl. Weiß, in: Faßhauer/Severing (Hrsg.), Verzahnung beruflicher und akademischer Bildung, 2016, 21, 26. 149 BIBB, AusbildungPlus 2016, 2017, 12; dass., Duales Studium im Handwerk, 2018, 11; vgl. dazu auch dass., AusbildungPlus 2019, 2020, 16. 150 Vgl. etwa BIBB, Duales Studium im Handwerk, 2018, 4. 151 Siehe bereits unter § 4 A. III. 152 BDA/Stifterverband, Erfolgsmodell Duales Studium, 2018, 9; BIBB, AusbildungPlus 2019, 2020, 16. 153 BDA/Stifterverband, Erfolgsmodell Duales Studium, 2018, 9; BIBB, AusbildungPlus 2016, 2017, 12; dass., Duales Studium im Handwerk, 2018, 11; dass., AusbildungPlus 2019, 2020, 16. 154 Siehe dazu bereits unter § 4 B. I. 2. 155 Vgl. Meyer-Guckel/Nickel/Püttmann u. a., Qualitätsentwicklung im dualen Studium, 2015, 12. 156 Kupfer/Köhlmann-Eckel/Kolter, Duale Studiengänge, 2014, 21.

§ 4 Charakteristika und Erscheinungsformen dualer Studiengänge

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IV. Bewertung Duale Studiengänge gleichen in der Praxis angesichts der zutage geförderten Nuancen bei der Differenzierung der unterschiedlichen Erscheinungsformen einem Dickicht und bedürfen aufgrund der rechtlich unterschiedlichen Behandlung einer Systematisierung. Nachdrücklich ist festzuhalten, dass sich das duale Studium als innovatives Bildungskonstrukt durch die Zweigleisigkeit der Ausbildung dergestalt auszeichnet, dass die dual Studierenden sowohl theoretisches Hochschulwissen, wissenschaftliche Methoden und Arbeitsweisen als auch Praxiserfahrung durch die Mitarbeit in einem Kooperationsbetrieb in verschränkter Art und Weise erwerben.157 Daraus lässt sich folgern, dass inhaltlich weitgehend eindimensionale Formate wie die begleitenden Studiengänge, die lediglich lose Verbindungen zwischen Studium und Praxis aufweisen158 und bei denen die Betriebe teils nicht einmal über das Studium ihrer Beschäftigten informiert sind,159 nicht unter das duale Studium im engeren Sinne zu fassen sind. Vielmehr muss die betriebliche Tätigkeit mit den jeweiligen Studieninhalten eng korrespondieren. Dem Betrieb kommt hierbei eine klare Funktion als Lernort im Rahmen des zugrunde liegenden Studiengangkonzepts zu.160 Ohne diese ausdrückliche Grenzziehung würden sich neue Unterformen, die mit dem positiv besetzten Attribut „dual“ werben, bis ins Uferlose bilden. Dies gilt es zwecks Qualitäts- und Transparenzsicherung zu verhindern. Selbst die Bezeichnung der begleitenden Programme als „duales Studium im weiteren Sinne“161 führt zu Missverständnissen und ist daher abzulehnen. Sie enthalten nicht die konstituierenden Verschmelzungsmerkmale, die das Konzept dualer Studiengänge so speziell macht. Ohne tiefgreifende Verzahnungselemente treten die beschriebenen Synergieeffekte, die mit echter Dualität einhergehen, nicht hervor. In diese Kerbe schlagen auch der Wissenschaftsrat162, der BIBB-Hauptausschuss163 sowie die im Juni 2018 vom Bundestag eingesetzte Enquete-Kommission „Berufliche Bildung in der digitalen Arbeitswelt“,164 die – anders als die BLK165 – nur die integrierenden Studiengänge als „dual“ anerkennen und das duale Studium damit auf drei Ausprägungsformen beschränken: Ausbildungsintegrierende, praxisintegrierende und berufsintegrierende duale Studiengänge. Dieser rigiden Einordnung ist im Ergebnis beizupflichten. Auch in den hochschulrechtlichen Bestimmungen der 157

Vgl. Bode/Müller/Heinze, Duale Studiengänge, 2012, 2. Vgl. Maschke, Duales Studium als Exportmodell, 2015, 4. 159 Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Entwicklung des dualen Studiums, 2013, 8. 160 Malottke, in: Lakies/Malottke (Hrsg.), BBiG, 2021, § 3 Rn. 14a. 161 So Riechert/Nimmerjahn, MiLoG, 2017, § 22 Rn. 73. 162 Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Entwicklung des dualen Studiums, 2013, 22 f. 163 Sich ausdrücklich dem Wissenschaftsrat anschließend BIBB, Empfehlung des Hauptausschusses des BIBB, 2017, 2. 164 Vgl. den Abschlussbericht BT-Drs. 19/30950, 29 f., 303 ff. 165 BLK, Perspektiven für die duale Bildung, 2003, 13 f., 23, wobei stets ein tatsächlicher Bezug zwischen Studium und Berufspraxis gefordert wird. 158

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2. Teil: Typologisierung, Differenzierung und rechtliche Einordnung

Länder sollte sich diese Entwicklung stärker wiederfinden.166 Damit wird auch nicht die begrüßenswerte Heterogenität des Formats gesprengt, sondern lediglich ein äußerer Rahmen geschaffen, in dem sich vielfältige duale Variationen entwickeln können. Der Einwand, dem dualen Studium würden so die Stärken im Bereich der Polymorphie durch eine zu starre Begrenzung beraubt,167 schlägt nicht durch. Sämtliche Bedarfe aller dualen Akteure können durch die verbleibenden Angebote befriedigt werden. Die begleitenden Programme können auch künftig für Zielgruppen, die hohe Flexibilisierungsbedürfnisse haben, wertvoll sein und gesellschaftlich relevante Qualifikationsinstrumente darstellen,168 eine Kennzeichnung als „dual“ kommt allerdings ausdrücklich nicht (mehr) in Betracht. Zuzugeben ist indes die Schwierigkeit, dass insbesondere die Abgrenzung dualer berufsintegrierender Formate von nicht-dualen berufsbegleitenden Studiengängen sehr feinfühlig ist. Insoweit ergeben sich auch im Schrifttum zuweilen indifferente Klassifizierungen.169 Während teilweise in diesem Zusammenhang schlicht Vollzeittätigkeiten als berufsbegleitend und Teilzeitbeschäftigungen als berufsintegrierend deklariert werden,170 können ausweislich des Wissenschaftsrats Teilzeit- und Vollzeittätigkeiten für beide Studienausprägungen in der Weiterbildung vorzufinden sein.171 Richtig ist, dass eine Differenzierung ausschließlich anhand der Beschäftigungsart nicht erfolgen kann. Vielmehr sind weitere Umstände zu berücksichtigen. Die Kategorisierung in Teilzeit- oder Vollzeittätigkeiten kann gleichwohl als Indiz bei der Unterscheidung herangezogen werden, denn die maßgeblichen Verzahnungselemente lassen sich bei Teilzeitbeschäftigungen weitaus leichter realisieren als bei beruflichen Vollzeittätigkeiten. Entscheidend muss es letztlich aber darauf ankommen, dass die dargestellten Dualitätserfordernisse als Alleinstellungsmerkmal172 dualer Studiengänge erfüllt sind. Grundsätzlich ist es in beiden Beschäftigungsarten möglich, akademische und berufspraktische Kompetenzen systematisch miteinander zu verbinden und dieses entstehende Konglomerat in den Fokus zu rücken. Im Rahmen von Vollzeittätigkeiten ist dies jedoch aufgrund zeitlicher 166 Insbesondere das praxisintegrierende duale Studium als verbreitetste Form ist derzeit unzureichend in den Landesgesetzen umgrenzt, vgl. auch CHE/f-bb, Duales Studium: Umsetzungsmodelle und Entwicklungsbedarfe, 2022, 320 f. 167 Vgl. in einem etwas anderen, kompetenzrechtlichen Zusammenhang Hufen, Rechtsgutachten zur Ausdehnung des BBiG auf die Praxisphasen dualer Studiengänge, 2019, 37, der in der großen Vielfalt gerade den „föderativen Reiz“ sieht. 168 Vgl. auch CHE/f-bb, Duales Studium: Umsetzungsmodelle und Entwicklungsbedarfe, 2022, 323 f. 169 Vgl. etwa Riechert/Nimmerjahn, MiLoG, 2017, § 22 Rn. 73, die berufsintegrierende und berufsbegleitende Formate zusammenfassen und in beiden Konzepten keine Verzahnungselemente sehen; ähnlich Koch-Rust/Rosentreter, NJW 2009, 3005, 3006, die offenbar keine Differenzierung der beiden Weiterbildungsformate vornehmen und ebenso Verknüpfungsmerkmale verneinen. 170 Brand, in: ders. (Hrsg.), SGB III, 2021, § 25 Rn. 35a. 171 Vgl. Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Entwicklung des dualen Studiums, 2013, 9. 172 Explizit dazu auch noch unter rechtlichen Gesichtspunkten unter § 5 D.

§ 5 Abgrenzung des dualen Studienkonzepts

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Engpässe genauer zu untersuchen, um ein berufsintegrierendes duales Modell in diesem Rahmen überhaupt positiv feststellen zu können. Widersprüchlich erscheint nach diesen Erkenntnissen die vom Wissenschaftsrat vorgenommene Einordnung berufsintegrierender Modelle als nicht-dual.173 Diese wurden im Bereich der Weiterbildung sowohl in der Spalte „verzahnt“ als auch – insoweit nicht überzeugend – unter der Überschrift „parallel“ (insoweit ist nur zeitliche Parallelität ohne inhaltliche Verzahnung gemeint) einsortiert.174 Berufsintegrierende Studiengänge zeichnen sich im Unterschied zu berufsbegleitenden Formen gerade durch inhaltliche Verzahnungsinstrumente aus, weil nur dann die Betitelung als „dual“ gerechtfertigt werden kann. Das hat der Wissenschaftsrat selbst in dieser Weise festgelegt und so die integrierenden von den begleitenden Arten abgegrenzt.175 Demzufolge ist dafür zu plädieren, eine Vereinheitlichung dahingehend zu schaffen, dass das duale Studium nach obiger Arbeitsdefinition maßgeblich durch die beschriebenen mehrschichtigen Verzahnungselemente bestimmt sein muss – diesen Anforderungen genügen nur die integrierenden Studiengänge (ausbildungsintegrierend, praxisintegrierend, berufsintegrierend), nicht hingegen die begleitenden Konzepte (ausbildungsbegleitend, praxisbegleitend, berufsbegleitend).

§ 5 Abgrenzung des dualen Studienkonzepts von benachbarten Bildungsphänomenen Noch deutlicher treten die Besonderheiten dualer Studiengänge hervor, wenn man eine Differenzierung zu zumindest äußerlich ähnlich gelagerten Bildungstypen vornimmt. Durch das explizierte engere Begriffsverständnis werden die Wesensmerkmale des dualen Studiums präzise aufgezeigt. Primär fallen als Vergleichsgrößen die duale Berufsausbildung, Praktikantenverhältnisse mit Studienbezug in ihren vielfältigen Variationen sowie das Volontariat ins Auge. Schließlich stellen diese Formen auch den Ausbildungszweck in den Mittelpunkt und sehen jedenfalls in Ansätzen eine Kombination von Theorie und Praxis vor. Es lassen sich – wie im Folgenden zu demonstrieren sein wird – sowohl Unterschiede als auch Gemeinsamkeiten zwischen dem dualen Studium und den genannten Bildungsformaten herausfiltern. Im Zuge dessen wird auch überprüft, ob duale Studiengänge einem Bildungsprogramm besonders nahestehen, um darauf aufbauend eine Brücke für die Beurteilung der rechtlichen Stellung dual Studierender schlagen zu können. Neben der Ausleuchtung der Phämonenologie ist eine Darstellung der normativen Einordnung vorzunehmen, um das Untersuchungsobjekt „duales Studium“ schärfer anvisieren und Querbezüge rechtlicher Art herstellen zu können. 173 174 175

Ähnlich Boder, Rekrutierung und Bindung von Nachwuchskräften, 2016, 35. Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Entwicklung des dualen Studiums, 2013, 9, 23. Ders., Empfehlungen zur Entwicklung des dualen Studiums, 2013, 22 f.

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2. Teil: Typologisierung, Differenzierung und rechtliche Einordnung

Liefen die Berufsausbildungsverhältnisse des Lehrlings,176 Praktikanten und Volontärs vor den 1960er-Jahren noch weitgehend fernab der juristischen Aufmerksamkeit177 und wurden – wenn überhaupt – nur am Rande angesprochen,178 so wurde den unterschiedlichen Qualifizierungsformen in den Folgejahren179 bis heute180 auch in rechtlicher Hinsicht zunehmende Beachtung geschenkt. Dies hat dazu geführt, dass die Regelungsdichte hinsichtlich der genannten Bildungsformen in den letzten Jahrzehnten deutlich zugenommen hat.181 „Kernstück des Berufsbildungsgesetzes“ ist die duale Berufsausbildung.182

A. Duale Berufsausbildung Die duale Berufsausbildung, die als „Erfolgsmodell und Markenzeichen Deutschlands“ gilt,183 hat seinen Ausgangspunkt in § 1 Abs. 3 BBiG, der den Erwerb beruflicher Handlungsfähigkeit184 als Zielelement betont. Darunter lässt sich im 176

Seit dem Inkrafttreten des BBiG im Jahre 1969 wurde der Terminus des Lehrlings vom Begriff des Auszubildenden abgelöst. Nur noch das Gesetz zur Ordnung des Handwerks (HandwO) gebraucht den Ausdruck des Lehrlings in § 21 Abs. 1 für die Berufsausbildung im Handwerk; vgl. ausdrücklich auch BAG, Urt. v. 16. 10. 2002 – 4 AZR 429/01, AP TVG § 1 Tarifverträge: Metallindustrie Nr. 181, unter B. II. 3. a); kritisch zur Wahl der Bezeichnungen nach Inkrafttreten des BBiG B. Natzel, DB 1970, 1319. 177 Vgl. Fangmann, AuR 1977, 201. 178 Grundlegend indes Molitor, NZfA 1932, 17, 17 ff.; E. Hoffmann/Ditlmann, BB 1959 Beilage zu Heft 26, 1, 1 ff.; sowie auch Schnorr von Carolsfeld, RdA 1959, 206, 206 ff. 179 Hueck/Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts Bd. 1, 1963, 83 ff.; Nikisch, Arbeitsrecht Bd. 1, 1961, 869 ff.; Walle, Lehrlingsrecht in der BRD, 1965, 25 ff., 139 ff.; B. Natzel, Berufsbildungsrecht, 1982, 316 ff.; Roscher, BB 1978, 1119, 1119 ff.; Stuhr/Stuhr, BB 1981, 916, 916 ff.; zudem einbettend in einen verfassungsrechtlichen Rahmen H. P. Ipsen, Berufsausbildungsrecht für Handel, Gewerbe und Industrie, 1967, passim. 180 Vgl. etwa die Qualifikationsschriften Faulhaber, Praktikanten und Volontäre, 2008, passim; Hoins, Kündigung von Berufsausbildungsverhältnissen, 2009, passim; Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, passim; Popella, Praktikanten zwischen MiLoG und BBiG, 2017, passim; Seeger, „Generation Praktikum“, 2012, passim; Schnelle, Volontäre und Praktikanten, 2010, passim; N. Wagner, Sicherung angemessener Arbeitsbedingungen für Praktikanten, 2012, passim. 181 Seinerzeitig diskutiert wurde ein etwaiger in den 1960er-Jahren eingeläuteter Verrechtlichungsprozess bzw. eine Überreglementierung der Berufsbildung, siehe etwa Ebertzeder, Verrechtlichung des beruflichen Bildungswesens durch das Berufsbildungsgesetz?, 1983, 47 ff. 182 BT-Drs. 15/3980, 42. 183 BMBF, Pressemitteilung 077/2013, Duale Ausbildung ist ein Erfolgsmodell (https: //www.bmbf.de/bmbf/shareddocs/pressemitteilungen/de/duale-ausbildung-ist-ein-erfolgsmo dell.html) (geprüft am 31. 5. 2022); andeutungsweise auch bereits vor Inkrafttreten des BBiG Monjau, DB 1966, 1848. 184 Dabei geht der Gesetzgeber von einem vollumfänglichen Erwerb der beruflichen Handlungsfähigkeit nach erfolgreichem Abschluss des jeweiligen Ausbildungsberufs aus, vgl. BT-Drs. 15/3980, 5.

§ 5 Abgrenzung des dualen Studienkonzepts

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Allgemeinen die Einheit von Fach-, Sozial- und Humankompetenz verstehen. Die Berufsausbildung findet zwar ebenso wie duale Studiengänge regelmäßig im Anschluss an die schulische Laufbahn wechselweise an zwei verschiedenen Lernorten – hier speziell Ausbildungsbetrieb und berufsbildende Schule (vgl. § 2 Abs. 1 BBiG) – zum Zwecke der Verknüpfung theoretischen und praktischen Wissens statt (duales System),185 unterscheidet sich aber neben der konkreten Lernortgestaltung in weiteren Punkten vom hybriden Bildungskonzept des dualen Studiums.186 Zunächst sind aber die Grundlagen von Berufsausbildungsverhältnissen zu beleuchten, um an späterer Stelle darauf rekurrieren zu können.

I. Rechtsnatur des Berufsausbildungsvertrages Durch den Abschluss eines Berufsausbildungsvertrages (vgl. § 10 Abs. 1 BBiG) wird das Ausbildungsverhältnis begründet. Aufgrund der Verweisungsnorm des § 10 Abs. 2 BBiG werden für den Berufsausbildungsvertrag die für den Arbeitsvertrag geltenden Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätze ausdrücklich für anwendbar erklärt, soweit sich aus dem Wesen und dem Zweck des Berufsausbildungsverhältnisses und aus den Spezialregelungen des BBiG nichts anderes ergibt. Die Verweisung dient als gesetzestechnisches Mittel dazu, umständliche Wiederholungen in anderen Rechtssätzen zu vermeiden.187 Mit § 10 Abs. 2 BBiG wird praktisch auf das gesamte Arbeitsrecht verwiesen.188 Aus dem letzten Halbsatz der Norm ergibt sich, dass etwa das KSchG wegen der Spezialregelung in § 22 BBiG grundsätzlich nicht zur Anwendung gelangt.189 Weitestgehend gelten die arbeitsrechtlichen Schutzbestimmungen190 aber auch für Auszubildende. In zahlreichen Rechtsquellen des Arbeitsrechts werden Auszubildende zudem als „zur Berufsausbildung Beschäftigte“ ausdrücklich in den jeweiligen Geltungsbereich aufgenommen (vgl. etwa § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, § 5 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, § 6 Abs. 1 Nr. 2 AGG). Insoweit kommt § 10 Abs. 2 BBiG vielfach bloß ein deklaratorischer Charakter zu.191 Den185

BT-Drs. V/4260, 2; AR-Blattei SD/Bauschke, 2007, 110.2 Rn. 93; Behmenburg, Kompetenzverteilung bei der Berufsausbildung, 2002, 36; Gamillscheg, Arbeitsrecht I, 2000, 496; Lakies, BBiG, 2020, § 1 Rn. 12; I. Natzel, BB 2011, 1589, 1590. 186 BeckOK ArbR/Hagen, 2022, § 1 BBiG Rn. 6a. 187 Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 1995, 82. 188 Wank, Methodenlehre, 2020, § 5 Rn. 306. 189 Siehe dazu auch noch unter § 7 A. II. 2. 190 Auch die von der Rechtslehre und Rechtsprechung erarbeiteten arbeitsrechtlichen Rechtsgrundsätze gelten im Ausbildungsverhältnis aufgrund des § 10 Abs. 2 BBiG; so auch etwa die privilegierten Haftungsgrundsätze (Einschränkung der Arbeitnehmerhaftung), das Ausbildungsverhältnis führt dabei freilich nicht zu einer noch weiterreichenden Haftungsfreistellung, vgl. BAG, Urt. v. 18. 4. 2002 – 8 AZR 348/01, NZA 2003, 37 unter II. 2. b) ee) sowie LAG Hamm, Urt. v. 16. 5. 2012 – 3 Sa 1229/11, BeckRS 2012, 71351. 191 Eigenständige Bedeutung kann § 10 Abs. 2 BBiG dennoch haben. So gilt aufgrund dieser Verweisungsnorm etwa § 613a BGB für den Betriebsübergang von Ausbildungsver-

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noch lässt sich aus der Verweisungstechnik dieser Regelung per Gegenschluss folgern, dass das Berufsausbildungsverhältnis kein Arbeitsverhältnis i. S. d. § 611a Abs. 1 BGB192 ist – ansonsten wäre die Verweisungsnorm obsolet,193 denn die arbeitsrechtlichen Regeln würden anderenfalls bereits eo ipso Anwendung finden.194 Gleiches gilt für die Hinzunahme der „zur Berufsausbildung Beschäftigten“ in den Geltungsbereich zahlreicher Arbeitsgesetze. Dieser Regelungen hätte es nicht bedurft, wenn Berufsausbildungsverhältnisse schon per se als Arbeitsverhältnisse zu qualifizieren wären.195 Hinzu kommt, dass der Ausbildungszweck im Ausbildungsverhältnis konstitutives sowie insbesondere vordergründiges Merkmal ist (vgl. §§ 13, 14 BBiG) und vor die Erbringung einer Arbeitsleistung tritt.196 Nach seiner Rechtsnatur enthält das Ausbildungsverhältnis außerdem zumindest in Teilen Elemente eines „Erziehungsverhältnisses“197; deutlich wird dies durch die besonders ausgeprägte Fürsorgepflicht des Ausbildenden, der gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 5 BBiG im betrieblichen Bereich für eine charakterliche Förderung des Auszubildenden zu sorgen hat.198 Gleichwohl ist anzumerken, dass ein modernes Verständnis von Berufsausbildung199 dafür spricht, die Umschreibung „Unterstützungs- bzw. Förderungsverhältnis“ vorzuziehen, um bei volljährigen Auszubildenden die Eigenständigkeit als vollwertige Rechtssubjekte und bei minderjährigen Auszubildenden die hältnissen, obwohl die nationale Betriebsübergangsvorschrift nach seinem Wortlaut grundsätzlich nur Arbeitsverhältnisse erfasst, vgl. BAG, Urt. v. 13. 7. 2006 – 8 AZR 382/05, NZA 2006, 1406, Rn. 16 f. zu der Vorgängervorschrift des § 10 Abs. 2 BBiG (§ 3 Abs. 2 BBiG a. F.); zum Ganzen siehe auch Mehlich, NZA 2002, 823, 824 f. 192 Zum Arbeitnehmerbegriff siehe noch grundlegend unter § 6 B. I. 1. 193 Vgl. BAG, Urt. v. 21. 9. 2011 – 7 AZR 375/10, NZA 2012, 255, Rn. 15; ebenso ErfK/ Schlachter, 2022, § 10 BBiG Rn. 3a; I. Natzel, SAE 2012, 39, 41. 194 Schirmann, Pflichtenstellung des Lehrlings, 1987, 226. 195 So auch Taubert, BBiG, 2021, § 10 Rn. 6, wobei dies allein nicht als Argument taugt, da auch ein deklaratorischer Charakter der Vorschriften möglich erscheint. 196 Vgl. LAG Düsseldorf, Urt. v. 26. 6. 1984 – 8 Sa 617/84, VersR 1985, 675. 197 BAG, Urt. v. 17. 7. 2007 – 9 AZR 1031/06, NZA 2008, 416, Rn. 27; Baumstümmler/ Schulien, Berufsbildungsrecht, 2022, § 10 Rn. 37; Gericke, Die Rechtsgrundlagen des Ausbildungsverhältnisses, 1965, 32; Glaß, Forschungsbericht, 1964, 61 f.; Herkert/Töltl, BBiG, 2022, § 10 Rn. 78; Knopp/Kraegeloh, BBiG, 2005, § 10 Rn. 6; Monjau, DB 1966, 1848, 1849; B. Natzel, DB 1970, 1319, 1324; Nikisch, Arbeitsrecht Bd. 1, 1961, 870; MüKo BGB/Spinner, 2020, § 611a Rn. 1267 („Erziehungszweck“); Zöllner/Loritz/C. W. Hergenröder, Arbeitsrecht, 2015, § 7 Rn. 26; sowie eingehend Walle, Lehrlingsrecht in der BRD, 1965, 141 ff.; dies zumindest infrage stellend MünchHdbArbR/I. Natzel, 2018, § 147 Rn. 34 (4. Aufl.). 198 Konkret beschränken sich die Erziehungselemente darin, dass der Ausbildende charakterliche Fehlentwicklungen oder Gefahrenmomente auf Seiten des Auszubildenden erkennt und entsprechend gegensteuert, vgl. Hund, in: Tschöpe (Hrsg.), Arbeitsrecht Handbuch, 2021, 1. Teil B. – Vertragstypisierung Rn. 129; Schwarzbach, PersR 2008, 435, 436. 199 Zur historischen Entwicklung des Lehrlingswesens und insbesondere zum im Mittelalter vorherrschenden patriarchalischem Verhältnis zwischen Meister und Lehrling vgl. MayerMaly, FS Schmitz, 1967, 161, 168 f.; exemplarisch von einer „väterlichen Stellung des Lehrherrn“ und einer „väterlichen Zucht“, gleich einer „patria potestas“, ausgehend Dankwardt, in: Jhering/Unger (Hrsg.), Jahrbücher für die Dogmatik des heutigen römischen und deutschen Privatrechts, 1875, 228, 278 f.

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Vorrangigkeit des verfassungsrechtlich geschützten Elternrechts aus Art. 6 Abs. 1 GG zu respektieren.200 Der Unterschied zum Arbeitsverhältnis wird durch diese Besonderheit des Berufsausbildungsverhältnisses dennoch deutlich.201 Auszubildende sind damit keine Arbeitnehmer.202 Dies wurde vor allem in der Vergangenheit oftmals anders beurteilt.203 Teilweise werden aber auch heute noch Nachhutgefechte ausgetragen.204 Es wird hierbei insbesondere verkannt, dass sich Auszubildende nach § 13 Satz 1 BBiG lediglich zu bemühen haben, berufliche Handlungsfähigkeit zu erwerben; die Leistung von Arbeit wird gerade nicht gefordert.205 Der Erwerb beruflicher Handlungsfähigkeit dient vielmehr dazu, in einem nachgelagerten Arbeitsverhältnis Arbeit leisten zu können.206 Eine ähnliche Stoßrichtung kommt der Formulierung in § 10 Abs. 1 BBiG zu, wonach der Berufsausbildungsvertrag „zur Berufsausbildung“ eines anderen und gerade nicht zum Zwecke der Leistung abhängiger Arbeit abgeschlossen wird.207 Die zu erbringende Ausbildungsleistung muss also deutlich von einer echten Arbeitsleistung, die im Arbeitsverhältnis synallagmatisch mit der Vergütungspflicht des Arbeitgebers verknüpft ist, getrennt

200 Den Begriff „Erziehungsverhältnis“ ebenfalls als Relikt aus vergangener Zeit begreifend Lakies, in: Wedde (Hrsg.), Arbeitsrecht, 2022, § 14 BBiG Rn. 11; Lakies, BBiG, 2020, § 14 Rn. 16 f.; Schnelle, Volontäre und Praktikanten, 2010, 138; siehe auch bereits Frädrich, Berufsausbildungsverhältnis, 1988, 85; Schirmann, Pflichtenstellung des Lehrlings, 1987, 233 ff.; eindringlich zudem Faulhaber, Praktikanten und Volontäre, 2008, 54 ff. 201 Im Ergebnis vgl. ebenfalls LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 8. 3. 2017 – 3 Sa 275/16, BeckRS 2017, 111927, Rn. 47. 202 So auch Krause, Arbeitsrecht, 2020, § 2 Rn. 37; ebenfalls (im Kontext des MiLoG) Deinert, in: Mosler/Pfeil (Hrsg.), Mindestlohn im Spannungsfeld zwischen Kollektivvertragsautonomie und staatlicher Sozialpolitik, 2016, 11, 23. 203 Zu den oszillierenden Rechtsauffassungen in der Vergangenheit B. Natzel, Berufsbildungsrecht, 1982, 126 f.; siehe auch Hueck/Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts Bd. 1, 1963, 83, die die Arbeitnehmerstellung von Auszubildenden zwar annahmen und dabei gleichwohl die Unterschiede zum Normalarbeitsverhältnis herausstellten; ähnlich differenzierend Monjau, DB 1966, 1848, 1849; sich für die Arbeitnehmereigenschaft aussprechend, aber gleichwohl die Unabhängigkeit von der Frage des Bestehens eines Arbeitsvertrages betonend Sinzheimer, Grundzüge des Arbeitsrechts, 1927, 41 f.; offen dagegen Glaß, Forschungsbericht, 1964, 8, der dem Streit nur theoretische Bedeutung beimisst, damit er nicht zur Begriffsjurisprudenz führe. 204 Temming, in: Preis/Temming (Hrsg.), Individualarbeitsrecht, 2020, § 9 Rn. 264; Zöllner/ Loritz/C. W. Hergenröder, Arbeitsrecht, 2015, § 7 Rn. 26 f., § 30 Rn. 1; von einem „Arbeitsverhältnis atypischen Inhalts“ spricht Erman/Edenfeld, 2020, § 611 Rn. 131; uneindeutig ARBlattei SD/Bauschke, 2007, 110.2 Rn. 94, der zwar ein Rechtsverhältnis sui generis annimmt, gleichzeitig das Berufsausbildungsverhältnis aber als Arbeitsverhältnis bezeichnet; ebenfalls von einem Arbeitsverhältnis ausgehend Gamillscheg, Arbeitsrecht I, 2000, 497; Otto/Bieder, Arbeitsrecht, 2020, § 3 Rn. 120. 205 Eindringlich Bickel, FS Wolf, 1985, 35, 41 ff.; vgl. zudem MünchHdbArbR/Schneider, 2021, § 147 Rn. 34 ff., die die Unterschiede von Arbeits- und Ausbildungsvertrag anhand einer Fülle verschiedener Vorschriften ausführlich begründet. 206 Taubert, BBiG, 2021, § 10 Rn. 6. 207 Darauf stellt auch BAG, Beschl. v. 26. 1. 1994 – 7 ABR 13/92, NZA 1995, 120 ab.

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werden.208 Einer Gleichsetzung steht auch schon entgegen, dass der Gesetzgeber in § 10 Abs. 2 BBiG zwei unterschiedliche Begriffe verwandt hat – „Berufsausbildungsvertrag“ und „Arbeitsvertrag“ – und damit im Wortlaut eine unterschiedliche Interpretation der Rechtsverhältnisse erkennen lässt. Die Feinheiten in der gesetzlichen Formulierung setzen sich fort: Ist die Ausbildungsphase gemeint, werden Begriffe wie „Ausbildungsstätte“ (statt „Betrieb“, „Unternehmen“ oder „Arbeitsplatz“) und „Ausbildungsmaßnahmen“ gebraucht (vgl. § 13 Satz 2 Nr. 2, 4 BBiG), wohingegen für die Zeit nach dem Ausbildungsende etwa die Bezeichnung „Arbeitsverhältnis“ fällt (vgl. § 24 BBiG).209 Festzuhalten bleibt demnach, dass Ausbildungsverhältnisse keine Arbeitsverhältnisse sind.210 Diese Erkenntnis wird für die Untersuchung des Rechtsstatus dual Studierender noch von Bedeutung sein.211 Allenfalls ein Mischcharakter212 ist dem Berufsausbildungsverhältnis vor dem Hintergrund dessen beizumessen, dass neben dem vordergründigen Ausbildungszweck auch die für einen Arbeitnehmer typische Betriebsorientierung in der Ausbildung (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 1 BBiG) sowie gewissermaßen das Zurverfügungstellen der Arbeitskraft nach Weisung des Betriebsinhabers wesentlich ist.213 Die Beschreibung dieser Elementevermischung ist jedoch von der Frage, ob ein Arbeitsverhältnis

208 MünchHdbArbR/I. Natzel, 2018, § 147 Rn. 47 (4. Aufl.): „Der Auszubildende (…) lernt an der Arbeit und mit der Arbeit.“. 209 So MünchHdbArbR/Schneider, 2021, § 147 Rn. 32. 210 BAG, Urt. v. 13. 12. 1972 – 4 AZR 89/72, AP BGB § 611 Lehrverhältnis Nr. 26 unter 2.; BAG, Urt. v. 17. 8. 2000 – 8 AZR 578/99, NZA 2001, 150 unter 2. e); ausdrücklich bestätigt von BAG, Urt. v. 10. 7. 2003 – 6 AZR 348/02, NZA 2004, 269 unter 2. a) bb); BAG, Urt. v. 21. 9. 2011 – 7 AZR 375/10, NZA 2012, 255, Rn. 15; zuletzt BAG, Urt. v. 19. 11. 2015 – 6 AZR 844/ 14, NZA 2016, 228, Rn. 18; AR/Beckers/Vetter, 2021, § 10 BBiG Rn. 3; Behmenburg, Kompetenzverteilung bei der Berufsausbildung, 2002, 39; Bickel, FS Wolf, 1985, 35, 46; Herkert/ Töltl, BBiG, 2022, § 10 Rn. 78; Kamanabrou, Arbeitsrecht, 2017, 46, Rn. 157; Lakies, BBiG, 2020, § 10 Rn. 2; ders., in: Lakies/Malottke (Hrsg.), BBiG, 2021, § 10 Rn. 4; Hund, in: Tschöpe (Hrsg.), Arbeitsrecht Handbuch, 2021, 1. Teil B. – Vertragstypisierung Rn. 116; I. Natzel, SAE 2012, 39, 41; Staudinger BGB/Richardi/Fischinger, Neubearbeitung 2020, § 611a Rn. 313; Schirmann, Pflichtenstellung des Lehrlings, 1987, 226; Taubert, BBiG, 2021, § 10 Rn. 6; KR/Weigand, 2022, §§ 21 – 23 BBiG Rn. 5; abw. dagegen speziell in Bezug die Anwendbarkeit des KSchG BAG, Urt. v. 23. 7. 2015 – 6 AZR 490/14, NZA-RR 2015, 628, Rn. 48; ebenfalls abw. speziell in Bezug auf den Arbeitnehmerbegriff des § 1 Abs. 2 EFZG BAG, Urt. v. 20. 8. 2003 – 5 AZR 436/02, NZA 2004, 205, unter II. 4. b), wobei der grundsätzliche Unterschied durchaus erkannt wird, vgl. bereits unter II. 2. b). 211 Siehe dazu noch unter § 6 B. 212 Plakativ spricht Gericke, Die Rechtsgrundlagen des Ausbildungsverhältnisses, 1965, 26 von einer „Doppelehe“, die Lehrherr (heute: Ausbildender) und Lehrling (heute: Auszubildender) miteinander führen, wobei die Rechte und Pflichten aus der „Arbeitsehe“ im Kollisionsfall durch die Rechte und Pflichten aus der „Ausbildungsehe“ als die spezielleren verdrängt würden; das Ausbildungsverhältnis als „wesensähnlich“ mit dem Arbeitsverhältnis betrachtend zudem Frädrich, Berufsausbildungsverhältnis, 1988, 52. 213 Zur praktischen Relevanz der Beurteilung des Rechtscharakters des Berufsausbildungsverhältnisses siehe MünchHdbArbR/Schneider, 2021, § 147 Rn. 43 ff. m. w. N.

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einschlägig ist, scharf zu trennen.214 Missverständliche Umschreibungen etwa dergestalt, dass das Ausbildungsverhältnis kein reines Arbeitsverhältnis215 oder kein Arbeitsverhältnis im üblichen Sinn216 sei, tragen nicht zur Erhellung der Thematik bei und sind daher zu vermeiden. Vielmehr kann das Berufsausbildungsverhältnis mit seinen durchaus vorhandenen arbeitsrechtlichen Komponenten mit dem entsprechenden Adjektiv, mithin als „arbeitsrechtliches Berufsausbildungsverhältnis“ bezeichnet werden.217 Letztlich ist im Regelfall trotz der fehlenden Arbeitnehmerstellung aufgrund des § 10 Abs. 2 BBiG von der grundsätzlichen Anwendbarkeit arbeitsrechtlicher Vorschriften auszugehen.218 Auszubildende sollen in mindestens gleichem Maße wie Arbeitnehmer dem Schutz des Arbeitsrechts unterliegen.219 Schwerpunktmäßig geht es aber um die Ausbildung für eine spätere qualifizierte Tätigkeit. Im Rahmen einer Gewichtung schlägt das Pendel demnach zugunsten des Ausbildungszwecks und zulasten der Pflicht zur Erbringung einer etwaig geschuldeten Arbeitsleistung aus. Das Berufsausbildungsverhältnis ist demzufolge ein eigenständiges Beschäftigungsverhältnis, das auf einer übergeordneten Ebene einem atypischen Dienstverhältnis entspringt.220

II. Wesentliche Regelungen zur Berufsausbildung Dem BBiG, das die duale Berufsausbildung flankiert, wird der Charakter einer arbeitsrechtlichen lex specialis221 oder eines Sonderarbeitsrechts für Auszubildende und Ausbildende222 zugeschrieben. Markante Umrahmungen stellen neben den bereits aufgeführten Regelungen etwa die folgenden Vorschriften dar, auf die zumindest ein erstes Streiflicht zu werfen ist: In staatlich anerkannten Ausbildungsberufen (vgl. § 4 Abs. 1 BBiG) darf zwecks Einheitlichkeit nach dem Ausschließlichkeitsprinzip des § 4 Abs. 2 BBiG nur nach der Ausbildungsordnung (vgl. § 5 BBiG), die die wesentliche normative Grundlage

214 Zum Streitstand allgemein vgl. Faulhaber, Praktikanten und Volontäre, 2008, 47 ff., 58 ff., 79 f. 215 BAG, Urt. v. 2. 12. 1999 – 2 AZR 139/99, NZA 2000, 720. 216 BAG, Urt. v. 27. 5. 2003 – 9 AZR 290/02, NJOZ 2004, 747, unter II. 3. 217 Ähnlich für Praktikantenverhältnisse Faulhaber, Praktikanten und Volontäre, 2008, 80. 218 Vgl. etwa BAG, Urt. v. 19. 3. 2015 – 8 AZR 67/14, NZA 2015, 1057; Benecke, in: Benecke/C. S. Hergenröder (Hrsg.), BBiG, 2021, § 10 Rn. 2. 219 R. Weber, BBiG, 1996, 23. 220 So auch Staudinger BGB/Richardi/Fischinger, Neubearbeitung 2020, § 611a Rn. 313; BeckOGK/Maties, 2022, § 611a BGB Rn. 1978; vgl. auch Kamanabrou, Arbeitsrecht, 2017, 46, Rn. 157; AR/Beckers/Vetter, 2021, § 10 BBiG Rn. 3. 221 AR-Blattei SD/Bauschke, 2007, 110.2 Rn. 94. 222 BT-Drs. 19/14431, 20; BMBF, Evaluation des BBiG, 2016, 7; dass., Berufsbildungsbericht 2019, 2019, 189; Düwell, NZA 2021, 28.

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für die spezifischen Ausbildungsinhalte darstellt,223 ausgebildet werden. Damit wird deutlich, dass für einen anerkannten Ausbildungsberuf die Ausbildung zwingend in einem Berufsausbildungsverhältnis stattzufinden hat224 und dies kann im Übrigen auch nicht durch die Begründung eines sonstigen Vertragsverhältnisses i. S. d. § 26 BBiG etwa auf der Basis eines „Anlernvertrages“ umgangen werden.225 Der Minderjährigenschutz ist durch § 4 Abs. 3 BBiG sogar dahingehend festgesetzt, dass Jugendliche unter 18 Jahren grundsätzlich nur in anerkannten Ausbildungsberufen ausgebildet werden dürfen. Die Berufsausbildung hat ferner gemäß § 1 Abs. 3 BBiG in einem geordneten Ausbildungsgang stattzufinden. Darunter ist die Gewährleistung der Qualität durch einen systematischen sachlichen und zeitlichen Rahmen zu verstehen.226 Ausdruck dessen sind der Ausbildungsplan in der Vertragsniederschrift gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 1 BBiG sowie die aufgeführte Ausbildungsordnung nach § 5 BBiG. Im Unterschied zu anderen Vertragsverhältnissen, bei denen ebenfalls die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Zentrum steht (beispielsweise bei Praktikanten- oder Volontärverhältnissen227), gilt für die Berufsausbildung die Weiterarbeitsregelung des § 24 BBiG, wonach die Fortsetzung des Ausbildungsverhältnisses über den Beendigungszeitpunkt hinaus die Begründung eines auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Arbeitsvertrages fingiert. Dass sich § 24 BBiG allein auf die Berufsausbildung bezieht, verdeutlicht der klare Wortlaut des noch näher zu erörternden228 § 26 BBiG, der in seinen Verweisungen die Vorschrift des § 24 BBiG bewusst ausspart und damit die gesetzgeberische Entscheidung erkennen lässt, dass die gesetzliche Fiktion des Abschlusses eines Arbeitsvertrages nur im Anschluss an eine duale Berufsausbildung gelten soll.229 Die Vertragsgestaltungsmöglichkeiten im Rahmen der Berufsausbildung sind überdies etwa dahingehend beschränkt, dass gemäß § 12 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BBiG Bleibeverpflichtungen und Rückzahlungsklauseln nicht wirksam vereinbart werden können.230 Jeglicher unmittelbare sowie mittelbare Druck auf den Auszubildenden und seine berufliche Bewegungsfreiheit ist zu vermeiden.231 Insoweit wird das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG durch die einfachgesetzliche Schutzbestimmung im BBiG konkretisiert.232 Zu beachten ist, dass die Regelungen zur Vertragsgestaltung gemäß § 25 BBiG zwingend sind und nicht zuungunsten des Auszubildenden ab223

Behmenburg, Kompetenzverteilung bei der Berufsausbildung, 2002, 46. Lakies, in: Lakies/Malottke (Hrsg.), BBiG, 2021, § 10 Rn. 3. 225 BAG, Urt. v. 27. 7. 2010 – 3 AZR 317/08, AP BBiG § 4 Nr. 3, Rn. 21 ff. 226 Benecke, in: Benecke/C. S. Hergenröder (Hrsg.), BBiG, 2021, § 1 Rn. 13. 227 Dazu siehe noch sogleich unter § 5 B., C. 228 § 26 BBiG wird insbesondere bei der Einordnung des Rechtsstatus dual Studierender relevant, vgl. hierzu ausführlich unter § 6 B. III. 229 Vgl. Maties, RdA 2007, 135, 137; Knopp/Kraegeloh, BBiG, 2005, § 26 Rn. 5. 230 Vgl. zum Ganzen prägnant Lakies, BBiG, 2020, § 12 Rn. 2 ff. 231 BAG, Urt. v. 25. 4. 2001 – 5 AZR 509/99, NZA 2002, 1396, unter I. 232 MünchHdbArbR/Schneider, 2021, § 147 Rn. 5. 224

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bedungen werden können (sog. Unabdingbarkeitsklausel). Damit sind Abweichungen in individual- und kollektivvertraglicher Form ausschließlich zum Vorteil des Auszubildenden zulässig. Für die Auszubildenden ist letztlich auch der in § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG normierte Vergütungsanspruch von erheblicher Relevanz, wobei zu beachten ist, dass Auszubildende wegen § 22 Abs. 3 MiLoG nicht dem gesetzlichen Mindestlohn unterfallen. Mit der Novelle des BBiG im Jahre 2020 wurde in § 17 Abs. 2 BBiG n. F. hingegen eine stufenweise mit den Ausbildungsjahren steigende Mindestausbildungsvergütung für die duale Berufsausbildung gesetzlich verankert.233 Dies ist durchaus als Meilenstein in der über fünfzigjährigen Geschichte des BBiG zu bezeichnen.234 Das seit 1969 in seinen Grundfesten bestehende BBiG zeigt, dass der klassische Ausbildungsweg zuverlässig und in bewährter Weise rechtlich umzäunt ist. Es stellt sich die übergeordnete Frage, ob dasselbe auch für das duale Studium gilt, wobei es entscheidend darauf ankommt, ob dual Studierende unter den Geltungsbereich des BBiG fallen.

III. Vergleich zum dualen Studium Während die klassische Berufsausbildung dem sekundären Bildungssektor zuzuordnen ist, gehört das an akademischen Einrichtungen stattfindende duale Studium, das in der Regel mit dem Bachelor-Grad abgeschlossen wird,235 zum Tertiärbereich.236 Als Zulassungsvoraussetzung ist bei dualen Studiengängen die allgemeine oder die Fachhochschulreife gefordert,237 bei der dualen Ausbildung wird eine Hochschulzugangsberechtigung hingegen nicht benötigt. Insoweit ist der maßgebliche Unterschied zwischen den beiden Formen wiederum bereits auf der begrifflichen Ebene festzumachen: Während das Merkmal „dual“ die Lernortkooperation als zentrale Gemeinsamkeit aufzeigt,238 verdeutlichen die Begriffe „Berufsausbildung“ auf der einen und „Studium“ auf der anderen Seite die differierende Herangehensweise der Bildungswege. Mit der dualen Berufsausbildung wird demnach zuvörderst der Erwerb berufspraktischen Wissens in den Fokus gerückt, während im Rahmen dualer Studiengänge der Schwerpunkt auf einem wissenschaftlichen Ansatz 233

Zu den Einzelheiten vgl. Kleinebrink, DB 2020, 727 ff. Vgl. auch Bauschke, öAT 2020, 67, 68: „Herzstück der Reform“. 235 Im Bereich der Erstausbildung werden duale Studiengänge stets mit dem Bachelor abgeschlossen, bei weiterbildenden dualen Studienmodellen kann auch der Masterabschluss erworben werden. 236 Vgl. Brecht-Heitzmann, RdA 2008, 276. 237 Malottke, in: Lakies/Malottke (Hrsg.), BBiG, 2021, § 3 Rn. 14a. 238 Die sogenannte Lernortkooperation, also das Zusammenwirken bei der Durchführung des Ausbildungsprozesses, wird im Bereich der dualen Berufsausbildung sogar ausdrücklich von § 2 Abs. 2 BBiG vorausgesetzt. 234

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beruht. Zu beachten ist aber, dass es mit dem ausbildungsintegrierenden dualen Studium auch eine duale Studienvariante gibt, in der eine klassische Berufsausbildung in das duale Studium inkludiert ist.239 Hier sind die Grenzen zwischen einer Theorie-Praxis-Kombination, bei der das Praxiswissen Kernstück ist, einerseits und einer Theorie-Praxis-Kombination mit der theoretischen Wissensvermittlung als Hauptaugenmerk andererseits noch fließender als ohnehin. Auch im Rahmen des dualen Studiums ist eine gewisse Ordnung und Standardisierung der Ausbildung erforderlich, weil ansonsten der vordergründige Ausbildungszweck nicht sichergestellt sein kann, jedoch ist die qualitätssichernde Hürde hier niedriger als bei der gesetzlich ausgestalteten Berufsausbildung.240 Für die duale Berufsausbildung existiert nämlich mit dem BBiG eine umfassende bundeseinheitliche Reglementierung, die auch den Schutz durch das allgemeine Arbeitsrecht über die Verweisung in § 10 Abs. 2 BBiG ins Auge fasst, wohingegen es für duale Studiengänge keine ausdrückliche Normierung gibt. Im dualen Studium bestehen keine festen übergreifenden Konzepte im Hinblick auf das betriebliche Lernen, das Format ist stattdessen einerseits aus rechtlicher Perspektive individueller gestaltet, andererseits aus einem tatsächlichen Blickwinkel von einer stärkeren Abhängigkeit mehrerer kooperierender Akteure untereinander geprägt.241 Die Anwendbarkeit des BBiG auf die Praxisphasen des dualen Studiums ist eine zentrale Fragestellung dieser Untersuchung und daher an späterer Stelle noch dezidiert zu überprüfen.242 Hiervon hängt es ab, ob duale Studiengänge – etwa über die Verweisungsnorm des § 10 Abs. 2 BBiG – einer klaren arbeitsrechtlichen Zu- und Einordnung zugänglich gemacht werden können. Insbesondere wird darauf aufbauend zu klären sein, ob die Vertragsgestaltung im Rahmen des dualen Studiums ähnlich stark wie bei der Berufsausbildung beschränkt ist und ob ebenso ein Vergütungsanspruch – gegebenenfalls sogar anders als bei der Berufsausbildung ein Anspruch auf die Zahlung von Mindestlohn – der dual Studierenden besteht. Gemein haben die beiden Modelle wiederum den ähnlich ausgestalteten Steuerungsmechanismus, dass den Ausbildungsunternehmen die konkrete Bewerberauswahl hinsichtlich der Auszubildenden bzw. dual Studierenden zukommt.243 Ferner tritt der Auszubildende bzw. der dual Studierende in zwei Vertragsbeziehungen: Einerseits in das allem Anschein nach privatrechtlich ausgestaltete Vertragsverhältnis zum Betrieb (prima facie), andererseits in die öffentlich-rechtliche Rechtsbeziehung zur berufsbildenden Schule bei der klassischen Ausbildung bzw. der

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Zum ausbildungsintegrierenden dualen Studium siehe bereits näher unter § 4 B. I. 1. Vgl. in einem etwas anderen, auf die Vergleichbarkeit der Berufsausbildung mit Praktikantenverhältnissen zugeschnittenen Kontext Schnelle, Volontäre und Praktikanten, 2010, 86 f. 241 BIBB, Empfehlung des Hauptausschusses des BIBB, 2017, 2. 242 Eingehend dazu unter § 6 B. III. 243 Bereits als „Gatekeeper-Funktion“ umschrieben, siehe unter § 3 B. III. 240

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akademischen Bildungsinstitution beim dualen Studium.244 Beide Modelle rücken dabei den Ausbildungs- und Lernzweck als konstituierendes Merkmal ins Scheinwerferlicht. Duale Studiengänge sind daher als „Mischform“ zwischen der dualen Berufsausbildung und der grundständigen Universitätsausbildung einzustufen,245 wobei die Nähe zur dualen Berufsausbildung insbesondere vor dem Hintergrund der Zweigleisigkeit deutlich hervorsticht.246 Diese durchaus vorhandene Verwandtschaft des dualen Studiums mit der dualen Berufsausbildung spricht dafür, eine Anwendbarkeit des BBiG ins Auge zu fassen.247

B. Praktikantenverhältnisse mit Studienbezug Unter dem Begriff „Praktikum“ verbirgt sich eine Fülle von Qualifizierungstätigkeiten, die ebenso den Ausbildungs- und Lernzweck in den Vordergrund rücken.248 Es bedarf auch an dieser Stelle aufgrund der Vielzahl an Varianten einer typisierenden Betrachtung. Von der dualen Berufsausbildung unterscheiden sich Praktikantenverhältnisse durch eine weniger umfangreiche theoretische Ausbildung und dadurch, dass sie nicht auf einer Ausbildungsordnung nach § 5 BBiG beruhen.249 Das erfolgreiche Bestehen einer Abschlussprüfung ist bei Praktikantenverhältnissen – anders als bei der Berufsausbildung (vgl. § 37 Abs. 1 BBiG) – nicht vorgesehen.250 Auch das Merkmal des geordneten Ausbildungsgangs (vgl. § 1 Abs. 3 Satz 1 BBiG) ist entbehrlich.251 Während die duale Berufsausbildung eine vollwertige Ausbildung im Sinne des Erwerbs beruflicher Handlungsfähigkeit vorsieht, nehmen Praktika kurzzeitiger eine gezielte Teilausbildung in den Blick.252 Demnach unterscheiden sich Praktikantenverhältnisse von der Berufsausbildung in dem Ausbildungsziel, der Dauer sowie der Organisation. Für die Praktikanten selbst geht es hauptsächlich 244 Vgl. für die duale Berufsausbildung Lakies, Rechte und Pflichten in der Berufsausbildung, 2014, 28; I. Natzel, BB 2011, 1589, 1590; zudem bereits frühzeitig Walle, Lehrlingsrecht in der BRD, 1965, 64 ff.; sowie für die dualen Studiengänge dezidiert Brecht-Heitzmann, AuR 2009, 389, 390; ferner Malottke, in: Lakies/Malottke (Hrsg.), BBiG, 2021, § 3 Rn. 17; zur Einordnung der zugrunde liegenden Rechtsverhältnisse beim dualen Studium siehe noch ausführlich unter § 6 B. 245 Koch-Rust/Rosentreter, NJW 2009, 3005. 246 Vgl. Brecht-Heitzmann, AuR 2009, 389. 247 Zur ausführlichen Untersuchung der Anwendbarkeit des BBiG auf die Praxisphasen dualer Studiengänge siehe unter § 6 B. III. 248 Vgl. BAG, Urt. v. 13. 3. 2003 – 6 AZR 564/01, EzB-VjA BBiG § 19 Nr. 33a unter II. 2. b). 249 AR-Blattei SD/Lakies, 2007, 1740, Rn. 3; ähnlich B. Natzel, Berufsbildungsrecht, 1982, 316. 250 HK-BBiG/Pepping, 2020, § 26 Rn. 20; Scherer, NZA 1986, 280, 281. 251 Fangmann, AuR 1977, 201, 203. 252 AR-Blattei SD/Lakies, 2007, 1740, Rn. 18; Maties, RdA 2007, 135, 138; Pschorr, Jura 2017, 1403, 1405; L. Schmitt, in: Fütterer (Hrsg.), Arbeitsrecht – für wen und wofür?, 2015, 37, 40.

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2. Teil: Typologisierung, Differenzierung und rechtliche Einordnung

darum, einen direkten Einblick in den Arbeitsalltag zu gewinnen, um etwaige Berufswünsche zu überprüfen und gegebenenfalls zu verändern oder zu erweitern.253 Denkbar ist auch, dass Praktika in einem späteren Stadium bei einer beruflichen Neuorientierung helfen oder einen Quereinstieg erleichtern.254 Gegenstand der hiesigen Untersuchung sollen aber ausschließlich Praktika sein, die mit einem Studium in unmittelbarem Zusammenhang stehen, um den stetigen Bezug zu dualen Studiengängen zu wahren und somit eine zielorientierte Abgrenzung zwischen den Bildungsformaten vornehmen zu können. Praktika etwa während der Schulzeit (meist „schulische Betriebspraktika“ genannt)255 oder auf der Grundlage von Ausbildungsordnungen bleiben daher genauso wie Orientierungspraktika vor der Aufnahme einer Berufsausbildung respektive eines Studiums außer Betracht. Übergeordnetes Ziel der Darstellung ist somit, die einzelnen Phänomene auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede mit dem dualen Studium abzuklopfen, wobei neben der realen Ebene auch die normative Einordnung für den im nächsten Schritt zu untersuchenden Rechtsstatus dual Studierender aufschlussreich sein kann.

I. Gesetzliche Regelungssystematik Mit dem Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes (MiLoG) im Jahre 2014 und der Einführung des flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohns ab dem 1. Januar 2015 hat erstmalig eine Legaldefinition der Praktikanten Eingang ins arbeitsrechtliche Normengefüge gefunden, die konkrete Anforderungen an das Praktikantenverhältnis stellt.256 Nach § 22 Abs. 1 Satz 3 MiLoG ist Praktikant unabhängig von der Bezeichnung des Rechtsverhältnisses, wer sich nach der tatsächlichen Ausgestaltung und Durchführung des Vertragsverhältnisses für eine begrenzte Dauer zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Erfahrungen einer bestimmten betrieblichen Tätigkeit zur Vorbereitung auf eine berufliche Tätigkeit unterzieht, ohne dass es sich dabei um eine Berufsausbildung i. S. d. BBiG oder um eine damit vergleichbare praktische Ausbildung handelt.257 Mit den vergleichsweise umfänglichen Regelungen in § 22 253

Dollmann, ArbRB 2006, 306. L. Schmitt, in: Fütterer (Hrsg.), Arbeitsrecht – für wen und wofür?, 2015, 37. 255 Bei derartigen Schülerpraktika fehlt es bereits an einem Vertragsverhältnis zwischen dem Schülerpraktikanten und der Praktikumsstelle, da es sich um eine reine Schulveranstaltung bei bloßer Veränderung des Lernortes handelt. Das allgemeine Arbeitsrecht findet in diesem Bereich keine Anwendung. 256 Angeregt wurde die neue Definition durch die Empfehlung des Rates der EU vom 10. 3. 2014: Empfehlung des Rates zu einem Qualitätsrahmen für Praktika, 2014/C 88/01, Erwägungsgrund 27; näher dazu Popella, Praktikanten zwischen MiLoG und BBiG, 2017, 192 ff. 257 Insoweit durchaus konkretisierter als der erstmalige Versuch einer juristischen Begriffsbildung durch BAG, Urt. v. 5. 8. 1965 – 2 AZR 439/64, juris Rn. 20, wonach unter einem Praktikanten im Allgemeinen jemand verstanden wurde, „der eine Zeitlang in einem Betrieb praktisch arbeitet, um sich die zur Vorbereitung auf einen – meist akademischen – Beruf notwendigen praktischen Kenntnisse und Erfahrungen anzueignen“. 254

§ 5 Abgrenzung des dualen Studienkonzepts

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Abs. 1 Satz 2 und 3 MiLoG wird das Ziel verfolgt, dem Missbrauch von Praktikantenverhältnissen entgegenzutreten, ohne dabei das bewährte Mittel des Praktikums durch eine uneingeschränkte Anwendbarkeit des Mindestlohns zurückzudrängen.258 Die vier Ausnahmetatbestände in § 22 Abs. 1 Satz 2 MiLoG nehmen dementsprechend mehrere Praktikumsformen aus dem Geltungsbereich des Gesetzes heraus, um eine prohibitive Wirkung auf die Anbieter abzuwehren.259 Vor der Begründung des MiLoG existierte keine bundesgesetzliche Erwähnung der Praktikanten. Der gesetzliche Einzug dieser Legaldefinition soll in erster Linie der Rechtsklarheit dienen.260 Zuvor wurde in § 26 BBiG die zentrale Regelung für Praktikanten gesehen.261 Diese gleichfalls für dual Studierende entscheidende Norm262 erklärt bestimmte Vorschriften des BBiG auch hinsichtlich „anderer Vertragsverhältnisse“ für anwendbar, bei denen die Einstellung zum Zwecke des Erwerbs beruflicher Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen erfolgt, dabei aber kein Arbeits- oder Berufsausbildungsverhältnis zugrunde liegt. Jedenfalls für die Praktikantenverhältnisse wurde § 26 BBiG von § 22 Abs. 1 Satz 3 MiLoG als erster gesetzlicher Anlaufpunkt abgelöst, auch wenn die Schutzrichtung des MiLoG263 vorwiegend den Schutz von Arbeitnehmern vor Niedriglöhnen unter Existenzsicherungsgesichtspunkten fokussiert264 und damit freilich eine speziellere als die des BBiG ist. Vor diesem Hintergrund ist die Gesetzessystematik kritisch zu betrachten.265 Die Verortung einer eigenständigen Praktikantendefinition im BBiG wäre sicherlich sachnäher gewesen,266 eine entsprechende Verweisungsnorm im MiLoG hätte sodann den Weg ins BBiG leiten können.267 Stattdessen wird das Zusammenspiel von MiLoG und BBiG nunmehr dadurch verkompliziert, dass § 22 Abs. 1 Satz 2 MiLoG, der Praktikanten grundsätzlich als Arbeitnehmer i. S. d. MiLoG fingiert268 und damit unter den Geltungsbereich des Gesetzes fasst269, auf § 26 BBiG 258

BT-Drs. 18/1558, 42; MünchHdbArbR/Krause, 2021, § 61 Rn. 10. MünchHdbArbR/Krause, 2021, § 61 Rn. 10. 260 BT-Drs. 18/2010 (neu), 24. 261 Vgl. BT-Drs. 15/3980, 47; Erman/Edenfeld, 2020, § 611 Rn. 133; Knopp/Kraegeloh, BBiG, 2005, § 26 Rn. 2; I. Natzel, BB 2011, 1589, 1591; Orlowski, RdA 2009, 38, 39; damals noch zu § 19 BBiG (Vorgängernorm des § 26 BBiG) E. Schmidt, BB 1971, 313. 262 Siehe noch unter § 6 B. III. 263 Zur Zwecksetzung des MiLoG siehe nur Staudinger BGB/Richardi/Fischinger, Neubearbeitung 2020, § 611a Rn. 1393 ff. 264 Zu den Gesetzeszwecken im Einzelnen MünchHdbArbR/Krause, 2021, § 61 Rn. 1 ff. 265 Kritisch zur Systematik auch BeckOK ArbR/Greiner, 2022, § 22 MiLoG Rn. 12; Staudinger BGB/Richardi/Fischinger, Neubearbeitung 2020, § 611a Rn. 317; L. Schmitt, in: Fütterer (Hrsg.), Arbeitsrecht – für wen und wofür?, 2015, 37, 64; Sura, NZA 2019, 882, 884; ders., ZRP 2021, 212. 266 L. Schmitt, in: Fütterer (Hrsg.), Arbeitsrecht – für wen und wofür?, 2015, 37, 64. 267 Vgl. auch Schweibert/Leßmann, DB 2014, 1866, 1867. 268 Brecht-Heitzmann, FS Kohte, 2016, 697, 703; betont wird, dass es sich dabei freilich nicht um eine umfassende, sondern lediglich um eine mindestlohnrechtliche Gleichstellung handelt, vgl. Greiner, NZA 2016, 594, 596; BeckOK ArbR/ders., 2022, § 22 MiLoG Rn. 11. 259

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2. Teil: Typologisierung, Differenzierung und rechtliche Einordnung

als früheren Ansatzpunkt verweist, jedoch in Satz 3 den Praktikantenbegriff wiederum eigenständig determiniert.270 Damit werden gleich zwei Hürden geschaffen, die Praktikanten zu nehmen haben, um den Mindestlohn geltend zu machen: Zum einen müssen nach § 22 Abs. 1 Satz 2 MiLoG die Voraussetzungen des § 26 BBiG erfüllt sein; zum anderen darf es an keinem der in der Legaldefinition des § 22 Abs. 1 Satz 3 MiLoG aufgestellten Tatbestandsmerkmale mangeln.271 Die damit einhergehende Doppelung der tatbestandlichen Anknüpfungspunkte272 wirkt konfus und kann aus Gründen mangelnder Rechtsklarheit – immerhin ausgemachtes Ziel des § 22 Abs. 1 Satz 3 MiLoG273 – nicht vollends überzeugen.274 Zumindest wird aber durch den Verweis des § 22 Abs. 1 Satz 2 MiLoG auf § 26 BBiG zum Ausdruck gebracht, dass der Anwendungsbereich der Legaldefinition nicht auf das MiLoG beschränkt ist. Vorzugswürdig wäre dennoch die systematische Implementierung der Praktikantenlegaldefinition unmittelbar in das BBiG gewesen. Im MiLoG hätte sodann ein Verweis auf die entsprechende BBiG-Vorschrift erfolgen können.

II. Erscheinungsformen und Rechtsstatus Eine Kategorisierung der verschiedensten Erscheinungsformen ließe sich in Vor-, Zwischen und Nachpraktika mit jeweiligem Hochschulbezug vornehmen. So kommt es vor, dass angehende Studierende bereits vor Studienbeginn zur Ableistung eines Vorpraktikums verpflichtet sind, um sich überhaupt erfolgreich an der jeweiligen Hochschule zu immatrikulieren.275 Zwischenpraktika mit Studienbezug werden während der akademischen Ausbildung entweder verpflichtend oder freiwillig absolviert.276 Nachpraktika kommen im Anschluss eines Studiums in Betracht, wenn diese die Chancen für den Berufseinstieg erhöhen.277 Da eine Vergleichbarkeit mit dualen Studiengängen, bei denen eine zeitlich enge, meist sogar parallele Verknüpfung von Theorie und Praxis auf akademischer Basis wesentlich ist, von vornherein ausscheidet, wird auf eine tiefergehende Analyse von Vor- und Nachpraktika bewusst verzichtet. Sogenannte „unechte Praktika“, die in der Regel glei269 Die Ausnahmetatbestände („es sei denn“) sind in § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 – 4 MiLoG enumerativ aufgezählt. Damit wird ein Regel-Ausnahme-Verhältnis begründet sowie eine Verschiebung der Darlegungs- und Beweislast auf den Arbeitgeber bewirkt. 270 § 26 BBiG enthält demgegenüber keine eigene Definition des Praktikums, sondern setzt vielmehr ein bestimmtes Begriffsverständnis voraus, siehe jüngst auch BAG, Urt. v. 19. 1. 2022 – 5 AZR 217/21, NZA 2022, 556, Rn. 15. 271 Sagan/Witschen, jM 2014, 372, 378. 272 Bayreuther, NZA 2014, 865, 871 Fn. 55. 273 BT-Drs. 18/2010 (neu), 26. 274 Ebenso kritisch Sagan/Witschen, jM 2014, 372, 378; Schweibert/Leßmann, DB 2014, 1866, 1867 Fn. 10. 275 Schade, Praktikumsrecht, 2011, 3, 12. 276 Vgl. dazu sogleich. 277 Schade, Praktikumsrecht, 2011, 3, 11 f.

§ 5 Abgrenzung des dualen Studienkonzepts

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chermaßen im Anschluss an eine akademische Ausbildung stattfinden und bei denen Arbeitsverhältnisse unter der Tarnung eines den Ausbildungszweck in den Mittelpunkt rückenden Praktikantenverhältnisses praktiziert werden, sollen wegen der naheliegenden Gefahr der Adaption auf duale Studiengänge hingegen kurz skizziert werden. Im Rahmen von Zwischenpraktika ist zunächst zwischen freiwilligen und verpflichtenden Praktika zu unterscheiden. Die Frage nach der Rechtsstellung ist für jede Erscheinungsform gesondert zu beantworten.278 1. Freiwillige Praktika Freiwillige Praktika werden aufgrund des zugrunde liegenden autonomen Entschlusses zum Teil als Volontärverhältnisse eingestuft;279 hier soll indes eine Differenzierung vorgenommen werden, die nicht zuletzt durch das Inkrafttreten des MiLoG erforderlich geworden ist.280 Auf freiwilliger Basis stattfindende Praktika dienen im Allgemeinen primär der beruflichen Orientierung sowie der persönlichen Gesichtskreiserweiterung, wobei wiederum zwischen zwei landläufigen Varianten zu unterscheiden ist. a) „Schnupperpraktika“ als Einfühlungsverhältnis Zum einen können freiwillige Praktika in Form eines Einfühlungsverhältnisses281 („Schnupperpraktikum“282, „Gastpraktikum“283 oder „Hospitanz“284) absolviert werden, bei dem keinerlei Leistungspflichten begründet werden.285 Diese kurzfristige berufliche Tätigkeit ist für Interessierte sinnvoll, um die berufliche Arbeitsatmosphäre in Ansätzen exemplarisch kennenzulernen.286 In dieser unverbindlichen Kennenlernphase, die als „loses Rechtsverhältnis eigener Art“287 üblicher Weise

278

H. Weber, Anm. zu BAG, Urt. v. 19. 6. 1974 – 4 AZR 436/73, AP BAT § 3 Nr. 3, unter I. Schnelle, Volontäre und Praktikanten, 2010, 128, siehe dazu noch unter § 5 C. III. 280 Siehe noch unter § 5 C. II. 281 Zum Einfühlungsverhältnis siehe explizit Löw, RdA 2007, 124, 124 f. 282 Dollmann, ArbRB 2006, 306, 307. 283 AR-Blattei SD/Lakies, 2007, 1740, Rn. 103; Schnelle, Volontäre und Praktikanten, 2010, 127. 284 Temming, in: Preis/Temming (Hrsg.), Individualarbeitsrecht, 2020, § 9 Rn. 277. 285 Vgl. AR-Blattei SD/Lakies, 2007, 1740, Rn. 24. 286 Vgl. Nebeling/Dippel, NZA-RR 2004, 617, 618. 287 LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 17. 3. 2005 – 4 Sa 11/05, BeckRS 2005, 41256, unter 2.; vgl. auch Dollmann, ArbRB 2006, 306, 307; Gaul, NZA-Beilage 2016, 56, 57; a. A. Maties, RdA 2007, 135, 142, der in einem solchem Einfühlungsverhältnis ein „vertraglich vereinbartes verlängertes Bewerbungsverfahren“ erblickt; zudem ein Gefälligkeitsverhältnis mit rechtsgeschäftlichem oder rechtsgeschäftsähnlichem Charakter in Betracht ziehend Faulhaber, Praktikanten und Volontäre, 2008, 10. 279

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nicht über einen Zeitraum von einer Woche hinausgehen darf,288 unterliegen die Teilnehmer lediglich dem Hausrecht, nicht dagegen dem Direktionsrecht des Betriebsinhabers.289 Zur Zahlung einer Vergütung ist der Arbeitgeber nur im Falle einer ausdrücklichen Vereinbarung verpflichtet.290 Daher geht es für den Interessierten lediglich darum, die Möglichkeit zu erhalten, sich für einen kurzen Zeitraum im Betrieb umzusehen, während er sich seinerseits dazu verpflichtet, die betriebliche Ordnung einzuhalten.291 Ein über die Überblicksverschaffung hinausgehender Zweck ist derartigen Einfühlungsverhältnissen nicht immanent, sodass ein wie auch immer gearteter Ausbildungszweck keineswegs prägend sein kann. Die Einstufung eines solchen „Schnupperpraktikums“ als echtes Praktikantenverhältnis ist aus diesen Gründen abzulehnen.292 b) Studienbegleitende Praktika Möglich ist auf der anderen Seite aber auch der Abschluss eines privatrechtlichen Praktikantenvertrages, aus dem tiefergehende Rechte und Pflichten nach dem BBiG erwachsen können. Dies ist meist bei freiwilligen studienbegleitenden Praktika der Fall. Diese finden regelmäßig in der vorlesungsfreien Zeit oder während eines Urlaubssemesters statt. Die Dauer eines solchen Praktikums beträgt daher selten mehr als drei Monate. Das Ziel besteht zumeist darin, theoretische Kenntnisse durch praktische Erfahrungen zu ergänzen, um gedankliche Verfestigungsprozesse in Gang zu setzen.293 Denkbar ist auch, dass der Studierende bereits die vorgesehene Anzahl an Pflichtpraktika nachweisen kann und dennoch auf freiwilliger Basis berufspraktische Kenntnisse erwerben möchte oder gar ein Praktikum in einem fachfremden Arbeitsbereich absolviert, um sein Kompetenzprofil zu erweitern.294

288 Barth, BB 2009, 2646, 2647; Löw, RdA 2007, 124; Temming, in: Preis/Temming (Hrsg.), Individualarbeitsrecht, 2020, § 9 Rn. 277; Däubler, Das Arbeitsrecht 2, 2012, Rn. 2087a („nicht länger als einige Tage“); a. A. offenbar Dollmann, ArbRB 2006, 306, 307 f., der auch ein Zeitraum von wenigen Wochen für möglich hält, solange keine Pflichten bestehen und das arbeitgeberseitige Weisungsrecht nicht ausgeübt wird; ähnlich großzügig Benecke, NZA 2012, 646, 649 (zwei bis drei Wochen). 289 LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 17. 3. 2005 – 4 Sa 11/05, BeckRS 2005, 41256, unter 2.; LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 25. 4. 2007 – 13 Sa 129/05, BeckRS 2011, 65869, unter I. 2. a) aa); Däubler, Das Arbeitsrecht 2, 2012, Rn. 2087; Gaul, NZA-Beilage 2016, 56, 57; HK-BBiG/ Pepping, 2020, § 26 Rn. 36; Stelzel, Generation Praktikum, 2009, 75. 290 Dollmann, ArbRB 2006, 306, 307. 291 Vgl. Faulhaber, Praktikanten und Volontäre, 2008, 10. 292 So auch etwa Seeger, „Generation Praktikum“, 2012, 64. 293 Vgl. Zöllner/Loritz/C. W. Hergenröder, Arbeitsrecht, 2015, § 6 Rn. 22. 294 Vgl. N. Wagner, Sicherung angemessener Arbeitsbedingungen für Praktikanten, 2012, 86.

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aa) Rechtliche Einordnung Fraglich ist, ob solche auf freiwilliger Basis abgeschlossenen Praktikantenverhältnisse als „andere Vertragsverhältnisse“ i. S. d. § 26 BBiG qualifiziert werden können mit der Folge, dass zentrale Vorschriften aus dem BBiG Platz greifen würden – unter anderem auch § 10 Abs. 2 BBiG, der wiederum auf die meisten arbeitsrechtlichen Rechtsvorschriften und Rechtsgrundsätze verweist. Die erstgenannten „Schnupperpraktika“ fallen aufgrund der nicht vorhandenen Leistungspflichten von vornherein aus dem Anwendungsbereich des § 26 BBiG heraus.295 Die durch § 26 BBiG vorgeschriebene „Einstellung“ setzt schließlich voraus, dass der zu schützende Vertragspartner durch ein Mindestmaß an Pflichtenbindung am Betriebszweck mitwirkt.296 Wird hingegen ein echtes Praktikantenverhältnis dergestalt begründet, dass der Praktikant freiwillig auf vertraglicher Grundlage für einen begrenzten Zeitraum praktisch im Betrieb tätig wird und dabei die Ausbildungsabsicht im Vordergrund steht, ist § 26 BBiG anzuwenden.297 Das durch das BBiG vorgegebene Schutzniveau kommt diesen Praktikanten zugute. Die theoretisch recht klare Abgrenzung zum Arbeitsverhältnis kann im Einzelfall schwer fallen.298 Beim Praktikum steht der Kenntniserwerb an erster Stelle, Arbeitsverhältnisse werden zur Erledigung laufend anfallender Arbeiten geschlossen, wobei zu beachten ist, dass auch Praktikanten verwertbare Leistungen, die wiederum einen Beitrag zur betrieblichen Gesamtleistung liefern, erbringen können.299 Zu eng ist daher das Verständnis, wonach Praktikanten lediglich zuschauen, zuhören, mitlaufen, etwas selbst ausprobieren und dabei nicht in die tägliche Planung der betrieblichen Arbeitsabläufe eingebunden sind.300 Das durchaus von Praktikanten erzielbare Arbeitsergebnis ist jedoch bloß als „Reflex“ der Ausbildung anzusehen301 bzw. ergibt sich gleichsam nur „bei Gelegenheit“. Die Quintessenz, dass der Ausbildungszweck bei einem Praktikum hervorstechen muss, hat sich durch die Legaldefinition des § 22 Abs. 1 Satz 3 MiLoG nicht geändert.302 Durch die in § 22

295

Vgl. AR-Blattei SD/Lakies, 2007, 1740, Rn. 24. BAG, Urt. v. 17. 7. 2007 – 9 AZR 1031/06, NZA 2008, 416, Rn. 24; im Ergebnis auch Faulhaber, Praktikanten und Volontäre, 2008, 10. Zum Einstellungsbegriff des § 26 BBiG siehe noch unter § 6 B. III. 2. c). 297 Alexa, AuR 2014, 136, 136 f.; Orlowski, RdA 2009, 38, 40. 298 AR-Blattei SD/Lakies, 2007, 1740, Rn. 16. 299 LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 10. 8. 2006 – 4 Sa 386/06, BeckRS 2007, 41825, unter II.; ErfK/Schlachter, 2022, § 26 BBiG Rn. 3; I. Natzel, BB 2011, 1589, 1591. 300 So aber Horstmeier, AiB 2006, 230, 231; wie hier dagegen HWK/Thüsing, 2022, § 611a BGB Rn. 113. 301 Vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 10. 8. 2006 – 4 Sa 386/06, BeckRS 2007, 41825, unter II.; Orlowski, RdA 2009, 38, 41; L. Schmitt, in: Fütterer (Hrsg.), Arbeitsrecht – für wen und wofür?, 2015, 37, 48. 302 LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 20. 5. 2016 – 6 Sa 1787/15, BeckRS 2016, 72890, Rn. 42. 296

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Abs. 1 Satz 2 MiLoG enthaltene Fiktion303 („gelten als“) wurde vielmehr verdeutlicht, dass Praktikanten keine Arbeitnehmer sind.304 Zur Abgrenzung müssen die jeweiligen Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden: Je breiter das Spektrum der vermittelten Einblicke in die betrieblichen Arbeitsabläufe ist und je mehr Ansprechpartner dem Praktikanten zwecks Vermittlung betriebspraktischer Kenntnisse zur Seite gestellt werden, desto eher ist ein Praktikantenverhältnis mit dem primären Ausbildungszweck als dessen zentraler Wesenszug anzunehmen und ein Arbeitsverhältnis entsprechend abzulehnen.305 Als ebenso wichtiges Abgrenzungskriterium vermag fernerhin die Verantwortlichkeit für das Arbeitsergebnis herzuhalten: Je mehr Feedbackgespräche stattfinden und je ausgiebiger die Arbeitsergebnisse mit einem Betreuer im Nachhinein besprochen werden, desto eher liegt ein Praktikantenverhältnis vor.306 Durch die äußerliche Ähnlichkeit solcher Praktika mit Arbeitsverhältnissen entsteht ein „Graubereich zwischen ,Arbeit‘ und ,Ausbildung‘“ mit der Folge, dass der „Nährboden für die Wahl rechtsmissbräuchlicher Gestaltungsformen“ gelegt ist.307 Über §§ 26, 10 Abs. 2 BBiG gelangen große Teile des Arbeitnehmerschutzrechts zur Anwendung. Lediglich eine Verkürzung der gesetzlichen Probezeit (§ 20 BBiG) sowie der Verzicht auf die Vertragsniederschrift (§ 11 BBiG) sind gemäß § 26 BBiG möglich. Zudem kann kein Schadensersatz bei vorzeitiger Beendigung des Praktikums (§ 23 BBiG) verlangt werden. Der Verzicht auf die Vertragsniederschrift greift jedoch für mindestlohnpflichtige Praktika, die nicht vom Bereichsausnahmenkatalog des § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 – 4 MiLoG erfasst werden, aufgrund der schriftlichen Nachweispflicht des im Zuge des MiLoG eingeführten § 2 Abs. 1a NachwG nicht durch.308 Demnach hat derjenige, der einen Praktikanten einstellt, unverzüglich nach Abschluss des Praktikantenvertrages, spätestens jedoch vor Aufnahme der Praktikantentätigkeit, die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen sowie dem Praktikanten auszuhändigen (vgl. § 2 Abs. 1a Satz 1 NachwG). Dahinter steht die Erwägung, den vom Geltungsbereich des MiLoG umfassten Praktikanten die Durchsetzung ihrer Mindestlohnansprüche zu erleichtern und Schwierigkeiten in der Beweisführung auszuräumen.309 303 BAG, Urt. v. 19. 1. 2022 – 5 AZR 217/21, NZA 2022, 556, Rn. 12; Hlava, in: Husemann/ Wietfeld (Hrsg.), Zwischen Theorie und Praxis – Herausforderungen des Arbeitsrechts, 2015, 95, 102. 304 So auch BeckOGK/Maties, 2022, § 611a BGB Rn. 1987. 305 LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 8. 2. 2008 – 5 Sa 45/07, NZA 2008, 768, Rn. 31. 306 Orlowski, RdA 2009, 38, 42; N. Wagner, Sicherung angemessener Arbeitsbedingungen für Praktikanten, 2012, 98 f. 307 Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 213. 308 Dies entspricht im Wesentlichen der schon länger bestehenden Forderung, die Schriftform für Praktikumsvereinbarungen durchzusetzen, vgl. insbesondere Kramme, AiB 2008, 251, 254; Orlowski, RdA 2009, 38, 43 f.; N. Wagner, Sicherung angemessener Arbeitsbedingungen für Praktikanten, 2012, 191 f. 309 BT-Drs. 18/2010 (neu), 27; kritisch jedenfalls im Hinblick auf die systematische Stellung L. Schmitt, in: Fütterer (Hrsg.), Arbeitsrecht – für wen und wofür?, 2015, 37, 63.

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bb) Vergleich zum dualen Studium Vergleicht man freiwillige Praktika mit den Praxisphasen in den unterschiedlichen Erscheinungsformen dualer Studiengänge, so lässt sich zunächst feststellen, dass es bei Ersteren keinerlei hochschulrechtliche Vorschriften gibt, die sich auf das Praktikantenverhältnis in verschiedener Weise auswirken. Bei dual Studierenden ist die Absolvierung von Praxisphasen hingegen durch Rechtssätze vorgesehen. In dieser Beziehung stehen die Praxisphasen im Rahmen dualer Studiengänge eher Pflichtpraktika310 nah. Schließlich beruht die Absolvierung der dualen Praxisphasen – nach bereits erfolgter freiwilliger Aufnahme des dualen Studiums – auf keinem autonomen Entschluss des dualen Studierenden, sondern ist integraler und verpflichtender Bestandteil des Studienmodells. Überdies ist den freiwilligen Praktika trotz denkbarer Überschneidungen keine systematisch angelegte Theorie-PraxisVerzahnung immanent. Vielmehr laufen Studium respektive Berufsausbildung inhaltlich und organisatorisch getrennt voneinander ab. Gemein haben die beiden Modelle indes – abgesehen von den unverbindlichen „Schnupperpraktika“ – den Abschluss eines eigenständigen Vertrages mit dem ausbildenden Betrieb. Inwieweit dieser im Rahmen dualer Studiengänge auch von hochschulrechtlichen Vorschriften tangiert oder sogar überlagert wird und ob darin ein zentraler Unterschied zu den verpflichtenden Praktika besteht, muss an späterer Stelle untersucht werden, wenn es um die Frage geht, ob dual Studierende von § 26 BBiG erfasst werden.311 Hier lässt sich aber jedenfalls abschließend festhalten, dass freiwillige Praktika im Gegensatz zu den Praxisphasen im dualen Studium mangels übergeordneter Koordinierung individueller gehalten sind sowie unabhängiger von der hintergründigen Ausbildung stattfinden. 2. Pflichtpraktika und verpflichtende Praxissemester Einen ähnlichen Zweck wie freiwillige Praktika verfolgen auch die durchaus häufiger auftretenden verpflichtenden Studien- bzw. Hochschulpraktika, die durch das Hochschulrecht gesetzlich vorgeschrieben sind312 und damit einen integralen Bestandteil des Studiengangs darstellen.313 Bereits erworbene Theoriekenntnisse sollen hierbei in der Berufspraxis vertieft werden. Konkret steht der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten, Fähigkeiten und Erfahrungen im Vordergrund.314 Es erfolgt ein Einbezug in die laufende Betriebsarbeit. Vor allem in wirtschaftswissenschaftlichen Studiengängen sind Pflichtpraktika ubiquitär oder jedenfalls doch sehr weit verbreitet,315 aber auch in anderen Fachdisziplinen hält der berufspraktische 310 311 312 313 314 315

Dazu im Folgenden unter § 5 B. II. 2. b). Siehe dazu ausführlich unter § 6 B. III. Etwa juristische Pflichtpraktika gemäß § 5a Abs. 3 Satz 2 DRiG. Nebeling/Dippel, NZA-RR 2004, 617. HK-BBiG/Pepping, 2020, § 26 Rn. 20. Popella, Praktikanten zwischen MiLoG und BBiG, 2017, 36.

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2. Teil: Typologisierung, Differenzierung und rechtliche Einordnung

Pflichteinsatz Studierender vermehrt Einzug.316 Ohne die Absolvierung eines solchen obligatorischen Studierendenpraktikums kann das jeweilige Studium nicht erfolgreich abgeschlossen werden.317 a) Rechtliche Einordnung Es stellt sich auch hier die Frage, ob jene Pflichtpraktika in den Anwendungsbereich des § 26 BBiG fallen. „Wegweisend“318 war in diesem Kontext die Entscheidung des BAG vom 19. 6. 1974,319 das die Anwendbarkeit des damaligen § 19 BBiG (§ 26 BBiG n. F.) für in der Studienordnung vorgesehene Praxissemester im Rahmen eines Fachhochschulstudiengangs ablehnte. Als Begründung führte das BAG primär kompetenzrechtliche Gründe an. Soweit es um die Regelung der praktischen Ausbildung im Rahmen einer den Schulgesetzen der Länder im weitesten Sinne unter Einschluss der landesrechtlichen Bestimmungen für Hochschulen und Fachhochschulen unterliegenden Berufsausbildung gehe, fehle es bereits an der Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes (vgl. Art. 30, 70 GG). Das Gericht stufte das Pflichtpraktikum demnach als Bestandteil der Hochschulausbildung ein, obwohl die Studierenden mit dem Betrieb ausweislich des Tatbestandes schriftliche „Beschäftigungsverträge“320 geschlossen hatten. Für maßgeblich wurde der Umstand erachtet, dass öffentlich-rechtliche Vorschriften des Hochschulrechts das verbindliche Absolvieren der Praxissemester während des Studiums anordneten und die Studienordnung obligatorische Konkretisierungen zur Durchführung der Praxisausbildung enthielt. Für die dem Studienziel dienende Tätigkeit der Pflichtpraktikanten sei also der Studierendenstatus – nicht hingegen die Praktikanteneigenschaft – entscheidend, sodass sich die Rechte und Pflichten ausschließlich aus dem öffentlich-rechtlichen Gewaltverhältnis zur Ausbildungsstätte ableiten würden. Das Arbeits- und Ausbildungsrecht finde demzufolge keine Anwendung.321 Diese gleichfalls für dual Studierende relevante Ausgangsentscheidung des BAG, die nach einer späteren höchstrichterlichen Entscheidung auch für Medizinstudierende im sogenannten „Praktischen Jahr“ entsprechend gilt,322 wird bei der zentralen Frage ihres Rechtsstatus – um im Bilde zu bleiben – „auf Herz und Nieren“ unter-

316 Den Zusammenhang mit dem Bologna-Prozess unter Heranziehung von Empirie ausführlich erläuternd Schubarth/Speck/Seidel u. a., in: Schubarth/Speck/Seidel (Hrsg.), Nach Bologna: Praktika im Studium – Pflicht oder Kür?, 2011, 79, 82 ff., 101 ff. 317 Vgl. auch Pschorr, Jura 2017, 1403, 1404. 318 Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 250. 319 BAG, Urt. v. 19. 6. 1974 – 4 AZR 436/73, AP BAT § 3 Nr. 3. 320 BAG, Urt. v. 19. 6. 1974 – 4 AZR 436/73, AP BAT § 3 Nr. 3, zum Tatbestand siehe juris Rn. 2, 3. 321 Vgl. zum Vorstehenden die Urteilsbegründung BAG, Urt. v. 19. 6. 1974 – 4 AZR 436/73, AP BAT § 3 Nr. 3. 322 BAG, Urt. v. 25. 3. 1981 – 5 AZR 353/79, AP BBiG § 19 Nr. 1.

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sucht.323 Dort erfolgt auch eine Auseinandersetzung324 mit den kritischen Stimmen des Judikats,325 die in erster Linie die vom BAG hervorgehobene mangelnde Gesetzgebungskompetenz des Bundes in Zweifel ziehen. Bis heute geht die herrschende Ansicht in Anlehnung an die Grundsatzentscheidung des BAG davon aus, dass Praktika mit Pflichtcharakter aufgrund der hochschulrechtlichen Überlagerung des Privatrechtsverhältnisses der Vorschrift des § 26 BBiG nicht unterfallen.326 Dies soll seit der vorletzten Novelle des BBiG im Jahre 2005 auch durch § 3 Abs. 2 Nr. 1 BBiG, wonach das BBiG nicht für die Berufsbildung gelten soll, die in berufsqualifizierenden oder vergleichbaren Studiengängen an Hochschulen auf der Grundlage des Hochschulrahmengesetzes und der Hochschulgesetze der Länder durchgeführt wird, klarstellend zum Ausdruck gebracht worden sein, wobei damit längst nicht alle Zweifel ausgeräumt wurden.327 Die rechtliche Einordnung dualer Studiengänge ist abhängig von deren Erscheinungsform und könnte – je nach konkreter Ausgestaltung – anders zu beurteilen sein. Zu hinterfragen bleibt dabei insbesondere, ob ein getrennter Blick auf die betriebliche Ausbildung einerseits und auf die theoretische Ausbildung andererseits geboten ist. Dafür sind jedoch zunächst die Gemeinsam323

Siehe dazu § 6 B. III. 1. a). Zum Streitstand im Allgemeinen auch schon Scherer, NZA 1986, 280, 282 f. 325 AR-Blattei SD/Bauschke, 2007, 110.2 Rn. 96; Däubler, Das Arbeitsrecht 2, 2012, Rn. 2082; Fangmann, AuR 1977, 201, 203 f.; Frädrich, Berufsausbildungsverhältnis, 1988, 113; B. Natzel, Berufsbildungsrecht, 1982, 315 Fn. 12 („berechtigte Kritik“); Horstmeier, Prekäre Beschäftigungsverhältnisse, 2009, 60 ff.; HK-BBiG/Maring, 2020, § 17 Rn. 8; Pschorr, Jura 2017, 1403, 1405 ff.; GK-BetrVG/Raab, 2022, § 5 Rn. 63; Roscher, BB 1978, 1119, 1121 f.; Säcker/Streckel, Anm. zu BAG, Urt. v. 19. 6. 1974 – 4 AZR 436/73, AR-Blattei D Berufsausbildung, Entscheidung 9; Schade, NZA 2012, 654, 655; ders., NJW 2013, 1039, 1041; Stuhr/Stuhr, BB 1981, 916, 918 f.; DKW/Trümner, 2020, § 5 Rn. 140; H. Weber, Anm. zu BAG, Urt. v. 19. 6. 1974 – 4 AZR 436/73, AP BAT § 3 Nr. 3, unter IV.; DDZ/Wroblewski, 2020, § 26 BBiG Rn. 7a; insbesondere kritisch zur kompetenzrechtlichen Ebene Faulhaber, Praktikanten und Volontäre, 2008, 83 ff.; umfassend Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 263 ff., 293 f., 326 f.; differenzierend zudem Schnelle, Volontäre und Praktikanten, 2010, 108 ff. 326 BAG, Urt. v. 25. 3. 1981 – 5 AZR 353/79, AP BBiG § 19 Nr. 1; BAG, Urt. v. 3. 9. 1998 – 8 AZR 14/97, BeckRS 1998, 30371274; LAG Hamm, Urt. v. 24. 5. 1976 – 8 Ta 44/76, NJW 1976, 1806; LAG Berlin, Urt. v. 31. 1. 1978 – 8 Sa 71/77, BeckRS 1978, 31394835; LAG Hamburg, Urt. v. 5. 9. 1980 – 3 Sa 37/80, EzB § 19 Nr. 1; LAG Düsseldorf, Urt. v. 8. 11. 2005 – 3 Sa 877/05, BeckRS 2007, 46972; Benecke, in: Benecke/C. S. Hergenröder (Hrsg.), BBiG, 2021, § 26 Rn. 2, 21; Burkard-Pötter/Sura, NJW 2015, 517, 518 f.; Dollmann, ArbRB 2006, 306, 307; Götz, Berufsbildungsrecht, 1992, 108; HWK/C. S. Hergenröder, 2022, § 26 BBiG Rn. 3; HKArbR/Herrmann, 2017, § 26 BBiG Rn. 3; Hirdina, NZA 2008, 916; Knopp/Kraegeloh, BBiG, 2005, § 26 Rn. 3; Lakies, in: Lakies/Malottke (Hrsg.), BBiG, 2021, § 26 Rn. 15; Maties, RdA 2007, 135, 139; Orlowski, RdA 2009, 38, 39; Popella, Praktikanten zwischen MiLoG und BBiG, 2017, 80 f.; Pres, Studentisches Arbeitsverhältnis, 2008, 38; ErfK/Schlachter, 2022, § 26 BBiG Rn. 4; MünchHdbArbR/Schneider, 2021, § 149 Rn. 212; BMMS/Stück, 2004, § 19 Rn. 5; Taubert, BBiG, 2021, § 26 Rn. 13; tendenziell auch Seeger, „Generation Praktikum“, 2012, 70; einschränkend hingegen LAG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 7. 12. 2006 – 9 Sa 304/06, BeckRS 2009, 56009, unter II. 1. b). 327 Vgl. etwa HK-BBiG/Maring, 2020, § 17 Rn. 8. 324

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2. Teil: Typologisierung, Differenzierung und rechtliche Einordnung

keiten und Unterschiede zwischen Pflichtpraktika und dem dualen Studium aufzuzeigen. b) Vergleich zum dualen Studium Teils werden die zu absolvierenden Praxisphasen vor allem im Rahmen praxisintegrierender dualer Studiengänge als studienintegriertes Pflichtpraktikum oder Betriebspraktikum328 begriffen. Insoweit wird oftmals keine exakte Differenzierung zwischen dem dualen Studium und derartigen Praktikantenverhältnissen unternommen. Die Praxisphasen in dualen Studiengängen werden demnach vielfach als besondere Praktikumsform eingestuft. Eine Abgrenzung zwischen Pflichtpraktika im Rahmen eines Hochschulstudiums und den Praxisphasen beim praxisintegrierenden dualen Studium bereitet im Einzelnen zwar erhebliche Schwierigkeiten, ist aber dringend erforderlich. Eine trennscharfe Unterscheidung ist insbesondere zu klassischen (Fach-) Hochschulstudiengängen vorzunehmen, bei denen die Absolvierung von Praxissemestern von den Ausbildungsgesetzen der Länder bzw. von der jeweiligen Studienund Prüfungsordnung vorgeschrieben ist.329 Bei diesen ebenfalls im Tertiärbereich angesiedelten Varianten erfolgt im Gegensatz zu dualen Studiengängen keine Kooperation der beiden Lernorte und auch keine enge inhaltliche Verquickung von Theorie und Praxis.330 Damit einhergehend wird das theoretisch erworbene Wissen in der Regel nicht unmittelbar systematisch in der Praxis umgesetzt und angewendet.331 Während also bei gängigen Studienangeboten mit obligatorischen Praxissemestern die Lerninhalte bloß addiert werden, erfolgt beim dualen Studium eine gegenseitige Anerkennung der erbrachten Leistungen und praktischen Erfahrungen.332 Im Rahmen dualer Studienkonzepte werden die für den Abschluss erforderlichen Kompetenzen neben der Bildungsinstitution auch direkt im Betrieb erworben und bewertet, sodass der Praxisphase ein gewichtiger Ausbildungswert zukommt.333 Dies wird dadurch erreicht, dass sich Hochschule und Betrieb als Kooperationspartner verstehen, die stets einen gegenseitigen Austausch forcieren und die eine Abstimmung 328 Malottke, in: Lakies/Malottke (Hrsg.), BBiG, 2021, § 3 Rn. 14; MaSiG/Mroß, 2020, C.292 Dualer Studiengang Rn. 9: Überschrift „Studienbegleitendes Praktikum“; I. Natzel, NZA 2008, 567; ähnlich Hufen, Rechtsgutachten zur Ausdehnung des BBiG auf die Praxisphasen dualer Studiengänge, 2019, 38: „Praktikum im praxisintegrierenden dualen Studium“. 329 Zumeist handelt es sich dabei um Studiengänge, die von Fachhochschulen angeboten werden. 330 Vgl. BSG, Urt. v. 1. 12. 2009 – B 12 R 4/08 R, BSGE 105, 56, 61, Rn. 19; M. Schmidt, NWB 2011, 3548, 3549; Koch-Rust/Rosentreter, NZA 2021, 1604, 1604 f.; dies., NZA 2013, 879. 331 Vgl. Seeger, „Generation Praktikum“, 2012, 68. 332 Waldhausen, W & B 2007, 15, 18. 333 Koch-Rust/Rosentreter, NJW 2009, 3005, 3006; Seeger, „Generation Praktikum“, 2012, 67.

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der Ausbildungsinhalte in gemeinsamen Planungsausschüssen etabliert haben.334 An den Fachhochschulen wird hingegen eine andere Vorgehensweise praktiziert: Dort muss der Praxisbezug schwerpunktmäßig in der hochschulischen Lehre sichergestellt werden, da hierfür – anders als beim dualen Studium – keine gleich langen Praxisphasen zur Verfügung stehen.335 Damit erfüllen duale Studiengänge grundsätzlich qualitativ weitergehende Ansprüche als Studiengänge mit verbindlichen Praxissemestern. Ein besonderer Wesenszug von Praktika ist die begrenzte Dauer (vgl. § 22 Abs. 1 Satz 3 MiLoG).336 Hier ist ein weiterer Unterschied zum dualen Studium festzumachen: Duale Studiengänge sind zwar auch nicht von unbeschränkter Dauer, jedoch durchaus langfristiger ausgelegt als „gewöhnliche“ Praktika. Das Tatbestandsmerkmal der „begrenzten Dauer“ ist ein auslegungsbedürftiger unbestimmter Rechtsbegriff und insoweit vergleichbar mit dem Merkmal „vorübergehend“337 im Rahmen der Leiharbeit nach § 1 Abs. 1 Satz 4 AÜG,338 wobei diesbezüglich seit dem 1. 4. 2017 eine Höchstdauer von 18 Monaten in § 1 Abs. 1b Satz 1 AÜG gesetzlich vorgesehen ist. Freilich lässt sich eine derartige Obergrenze nicht auf Praktikantenverhältnisse übertragen, geht es bei der Leiharbeit doch grundsätzlich um die Überbrückung von jederzeit konjunkturabhängig auftretenden Personalengpässen durch einen flexiblen Arbeitskräfteeinsatz als mittlerweile dauerhafter Bestandteil der Personalpolitik von zahlreichen Unternehmen,339 wohingegen im Rahmen von echten Praktikantenverhältnissen340 der Ausbildungszweck für die Gruppe angehender Arbeitskräfte sowohl aus betrieblicher als auch individueller Perspektive vorrangig ist.341 Im Vergleich zur dualen Berufsausbildung sind Praktika üblicher Weise von deutlich kürzerer Dauer.342 Je nach Ausbildungsberuf dauert die Berufsausbildung mindestens zwei und maximal dreieinhalb Jahre.343 Die Dauer von dualen Studiengängen beträgt in der Regel sogar drei bis fünf Jahre.344 Bei einer 334

Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 158. Vgl. Gerber/Pautsch, in: Haug (Hrsg.), Das Hochschulrecht in Baden-Württemberg, 2020, Kapitel 4 Abschnitt D. Rn. 1069. 336 Popella, Praktikanten zwischen MiLoG und BBiG, 2017, 168. 337 Für Praktika auf das Kriterium „vorübergehend“ auch nach Inkrafttreten des MiLoG zurückgreifend LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 20. 5. 2016 – 6 Sa 1787/15, BeckRS 2016, 72890, Rn. 57. 338 HK-MiLoG/J. Schubert/Jerchel, 2017, § 22 Rn. 19. 339 Krause, Tarifverträge zur Begrenzung der Leiharbeit und zur Durchsetzung von Equal Pay, 2012, 13. 340 „Unechte Praktika“ bzw. „Scheinpraktika“ können hingegen auch Bestandteil einer Unternehmensstrategie werden, um Personalkosten zu senken und dem Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil zu sichern, vgl. im Folgenden unter § 5 B. II. 3. 341 Popella, Praktikanten zwischen MiLoG und BBiG, 2017, 167 f. 342 HK-MiLoG/J. Schubert/Jerchel, 2017, § 22 Rn. 19. 343 Vgl. Lakies, BBiG, 2020, § 4 Rn. 3. 344 BIBB, AusbildungPlus 2019, 2020, 17; Malottke, in: Lakies/Malottke (Hrsg.), BBiG, 2021, § 3 Rn. 14a. 335

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2. Teil: Typologisierung, Differenzierung und rechtliche Einordnung

zumeist in Intervallen erfolgenden, zeitlich gleichmäßigen Verteilung von Theorieund Praxisphasen345 bleiben mindestens eineinhalb Jahre für die berufspraktische Ausbildung im Kooperationsbetrieb. Das ist jedenfalls nicht deutlich weniger als bei der kürzesten Berufsausbildung. Damit fallen dual Studierende aufgrund des abzulehnenden Tatbestandsmerkmals der „begrenzten Dauer“346 nicht unter die Legaldefinition des Praktikanten nach § 22 Abs. 1 Satz 3 MiLoG. Dafür sprechen auch systematische Erwägungen dergestalt, dass § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2, 3 MiLoG für andere Praktikumsformen jeweils Zeiten von bis zu drei Monaten vorsehen.347 Damit bringt der Gesetzgeber zwar zum Ausdruck, dass es grundsätzlich längerfristige Praktika gibt, jedoch kann dieser zeitliche Rahmen nicht überdimensional ausgeweitet werden, sondern muss als mit Augenmaß erweiterbarer Orientierungspunkt bei der Auslegung der „begrenzten Dauer“ herangezogen werden. Auch der Rat der Europäischen Union, der auf der Grundlage von Art. 153, 166 und 256 AEUV Empfehlungen zu einem einheitlichen Qualitätsrahmen für Praktika348 verabschiedet hat, sieht als Orientierungsgröße eine Praktikumshöchstdauer von sechs Monaten vor.349 Der deutsche Gesetzgeber hat sich bei der Praktikantenlegaldefinition in § 22 Abs. 1 Satz 3 MiLoG explizit an den Empfehlungen des Rates orientiert.350 Freilich ist darin keine unumstößliche Maximaldauer zu erblicken, obgleich darauf zu achten ist, dass diese sechsmonatige Grenze nicht erheblich überschritten wird. Ein deutliches Überschreiten wäre nach der hier vertretenen Ansicht etwa bei einer Verdoppelung der sechsmonatigen Empfehlungsdauer anzunehmen.351 Nach einer Einzelfallbetrachtung sollte demnach in der Regel davon ausgegangen werden, dass die „begrenzte Dauer“ bei Praktika ein Jahr grundsätzlich nicht übersteigen soll.352 Dual Studierende, die mindestens eine eineinhalbjährige Praxisphase zu durchlaufen haben, als Praktikanten zu bezeichnen, ist demzufolge jedenfalls begrifflich unpräzise, aber vor allem hinsichtlich der daraus resultierenden Rechtsfolgen nicht zielführend. So fallen dual Studierende schon von vornherein aus der Legaldefinition 345 Die üblichen Zeitmodelle skizziert Malottke, in: Lakies/Malottke (Hrsg.), BBiG, 2021, § 3 Rn. 14b, wonach sowohl Blockmodelle (Theorie- und Praxisphasen wechseln sich blockweise ab, wobei die Länge der Blöcke zwischen 8 – 16 Wochen variiert) als auch Rotationsmodelle (meist Aufteilung der Wochen in betriebliche Praxistage und Tage mit Lehrveranstaltungen) praktiziert werden. 346 Dafür spricht auch die Entscheidung LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 20. 5. 2016 – 6 Sa 1787/15, BeckRS 2016, 72890, Rn. 57, wonach ein einjähriges Praktikum in Vollzeit bei einem Lifestyle-Magazin nicht mehr nur „vorübergehend“ ist. 347 Ähnlich Temming, in: Preis/Temming (Hrsg.), Individualarbeitsrecht, 2020, § 9 Rn. 269. 348 Näher dazu Popella, Praktikanten zwischen MiLoG und BBiG, 2017, 192 ff. 349 Empfehlungen des Rates zu einem Qualitätsrahmen für Praktika, 2014/C 88/01, Empfehlung Nr. 10. 350 BT-Drs. 18/2010 (neu), 24; vgl. BAG, Urt. v. 19. 1. 2022 – 5 AZR 217/21, NZA 2022, 556, Rn. 15. 351 Vgl. auch den Fall LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 20. 5. 2016 – 6 Sa 1787/15, BeckRS 2016, 72890, Rn. 57. 352 Vgl. ebenso Maties, RdA 2007, 135, 138; Schade, NJW 2013, 1039.

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des § 22 Abs. 1 Satz 3 MiLoG heraus, ohne dass es hinsichtlich einer etwaigen Mindestlohnpflicht353 auf die Anwendbarkeit von § 26 BBiG im Rahmen des § 22 Abs. 1 Satz 2 MiLoG oder auf die Ausnahmetatbestände des § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 – 4 MiLoG ankäme. Festzuhalten bleibt somit, dass dual Studierende nicht mit Praktikanten gleichgesetzt werden können. 3. „Unechte“ Praktika Nicht unter den Praktikantenbegriff zu fassen sind Vertragsverhältnisse nach einem abgeschlossenen Studium, bei denen die Arbeitsleistung und nicht der Lernzweck im Vordergrund steht (sog. „Scheinpraktika“ oder „unechte Praktika“).354 Dieses vor allem unter dem Stichwort „Generation Praktikum“355 bekannte Phänomen, bei dem Arbeitsverhältnisse unter dem Deckmantel eines Praktikums bei gleichzeitiger Umgehung arbeitsrechtlicher Schutzvorschriften praktiziert werden356 („verschleierte Arbeitsverhältnisse“357), hat sich nicht vollends verflüchtigt, wenngleich der seit 2005 geführten Debatte durch die partielle Aufnahme in das MiLoG und der damit vermeintlich einhergehenden Besserstellung von Praktikanten358 reformbedingt der Wind aus den Segeln genommen wurde.359 a) Rechtliche Einordnung Das beschriebene Ziel eines „echten“ Praktikums, Erfahrungen zu sammeln und zu lernen, tritt bei „unechten“ Praktikantenverhältnissen allenfalls als Nebeneffekt deutlich in die zweite Reihe zurück.360 Dies ergibt sich bereits daraus, dass der Aspekt des Lernens bei graduierten Hochschulabsolventen – abgesehen von der in der Natur der Sache liegenden, für gewöhnlich stets erforderlichen Einarbeitungsphase eines jeden Berufsanfängers361 sowie des Konzepts vom lebenslangen Lernen362 – kaum

353 Zur etwaigen Mindestlohnpflicht für dual Studierende siehe noch an späterer Stelle unter § 7 A. I. 2. 354 Vgl. Horstmeier, AiB 2006, 230, 231 f.; Kramme, AiB 2008, 251, 252; B. Natzel, Berufsbildungsrecht, 1982, 315; Orlowski, RdA 2009, 38, 39. 355 Begriffsprägung durch Stolz, Die Zeit 31. 3. 2005, 61. 356 Greiner, NZA 2016, 594, 595 f.; Hirdina, NZA 2008, 916. 357 Lakies, in: Lakies/Malottke (Hrsg.), BBiG, 2021, § 26 Rn. 15. 358 Kritisch etwa Picker/Sausmikat, NZA 2014, 942, 943 ff. 359 Vgl. auch den Forschungsbericht Prognos AG, Auswirkungen des gesetzlichen Mindestlohns auf Praktikumsverhältnisse, 2020, 8, 29, 31, 37, wobei von Praktikanten aufgrund ihrer nur begrenzt gestärkten Verhandlungsmacht oft noch geringer vergütete Praktikumsstellen akzeptiert würden. 360 Horstmeier, AiB 2006, 230, 231 f. 361 Vgl. etwa Burkard-Pötter/Sura, NJW 2015, 517, 519. 362 Siehe dazu bereits 1. Teil, Fn. 133.

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von übergeordneter Bedeutung sein kann.363 Ist die tatsächliche Vertragspraxis derart ausgestaltet, dass die Nachwuchskraft in Anlehnung an § 611a Abs. 1 BGB voll in die betrieblichen Arbeitsprozesse sowie -organisationen eingegliedert ist und sie dem Weisungsrecht des Vertragspartners in Form einer persönlichen Abhängigkeit unterliegt,364 kommt ihr trotz der äußerlichen Firmung als Ausbildung365 entsprechend der objektiven Rechtslage366 der Arbeitnehmerstatus mit den entsprechenden Schutzmechanismen zugute.367 Die Arbeitsleistung ist in diesem Fall nicht nur nebensächlicher Ausfluss des Ausbildungszwecks, sondern dominierendes Merkmal. Entsprechend der üblichen Vergütung orientiert sich dann die Höhe des Vergütungsanspruchs nach der allgemeinen Vorschrift des § 612 BGB.368 Hierfür sind die einschlägigen Tarifverträge oder die Entlohnung vergleichbarer Arbeitnehmer im Betrieb respektive im jeweiligen Wirtschaftsbereich maßgeblich.369 Aufgrund der Arbeitnehmerstellung der „Scheinpraktikanten“ greift für sie folgegemäß auch der Mindestlohn.370 Die Anwendbarkeit des § 26 BBiG ist wegen des klaren Wortlauts „Soweit nicht ein Arbeitsverhältnis vereinbart ist […]“ ausgeschlossen. Insoweit kommt es zur Differenzierung zwischen einem Arbeitsverhältnis und einem „anderen Vertragsverhältnis“ i. S. d. § 26 BBiG entscheidend auf die Gewichtung der vertraglich begründeten Pflichten bei der tatsächlichen Vertragsdurchführung an.371 Überwiegt die Pflicht zur Erbringung der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung, kommt nur ein Arbeitsverhältnis in Betracht.372 Besteht der primäre Vertragszweck hingegen in der Durchführung einer Ausbildung, findet wiederum § 26 BBiG Anwendung.373 Als Abgrenzungskriterien können im Einzelnen Dauer und Art der Tätigkeit, die Ver363 Vgl. Horstmeier, AiB 2006, 230, 232; Maties, RdA 2007, 135, 140; Grimm/Linden, ArbRB 2014, 51, 52. 364 Zu den praktischen Schwierigkeiten der Abgrenzung zwischen echtem und unechtem Praktikantenverhältnis siehe im Einzelnen Orlowski, RdA 2009, 38, 40 ff. m. w. N. 365 Däubler, NJW 2014, 1924, 1926. 366 Lakies, BBiG, 2020, § 26 Rn. 3. 367 BAG, Urt. v. 13. 3. 2003 – 6 AZR 564/01, EzB-VjA BBiG § 19 Nr. 33a, unter II. 2. c); BAG, Urt. v. 18. 3. 2014 – 9 AZR 694/12, AP TzBfG § 4 Nr. 25, Rn. 15 ff.; LAG RheinlandPfalz, Urt. v. 8. 6. 1984 – 6 Sa 51/84, NZA 1986, 293, unter II. 1.; LAG Hessen, Urt. v. 25. 10. 2001 – 3 Sa 1818/99, BeckRS 2013, 66276, unter 2.; LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 8. 2. 2008 – 5 Sa 45/07, NZA 2008, 768, Rn. 28 f.; LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 20. 5. 2016 – 6 Sa 1787/15, BeckRS 2016, 72890, Rn. 40 ff.; LAG München, Urt. v. 13. 6. 2016 – 3 Sa 23/16, BeckRS 2016, 117871, Rn. 20 ff. 368 BAG, Urt. v. 10. 2. 2015 – 9 AZR 289/13, AP BGB § 612 Nr. 77, Rn. 21 f. 369 Statt vieler vgl. MünchHdbArbR/Krause, 2021, § 60 Rn. 104 ff. 370 Deinert, in: Mosler/Pfeil (Hrsg.), Mindestlohn im Spannungsfeld zwischen Kollektivvertragsautonomie und staatlicher Sozialpolitik, 2016, 11, 24. 371 Vgl. BAG, Urt. v. 1. 12. 2004 – 7 AZR 129/04, NZA 2005, 779, unter III. 2. b); BMMS/ Stück, 2004, § 19 Rn. 2. 372 BAG, Urt. v. 1. 12. 2004 – 7 AZR 129/04, NZA 2005, 779, unter III. 2. b). 373 ErfK/Schlachter, 2022, § 26 BBiG Rn. 1.

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antwortung für das Arbeitsergebnis, etwaige Leistung von Mehrarbeit, der Einsatz zu Vertretungszwecken, eventuell bestehende Weisungsrechte gegenüber anderen „Praktikanten“ oder die dauerhafte Besetzung einer „Praktikantenstelle“ herhalten.374 Keine Rolle spielt dagegen die von den Vertragsparteien gewählte Bezeichnung des Rechtsverhältnisses (vgl. auch ausdrücklich § 22 Abs. 1 Satz 3 MiLoG sowie § 611a Abs. 1 Satz 6 BGB),375 sondern es kommt maßgeblich auf die tatsächliche Vertragsdurchführung, den dabei verfolgten Zweck sowie die Ausgestaltung an, wobei der Vertragswortlaut als Ausgangsindiz herangezogen werden kann.376 Zusammengefasst lässt sich festhalten, dass unbeschadet der vertraglichen Bezeichnung als „Praktikum“ insbesondere dann ein Arbeitsverhältnis vorliegen kann, wenn das vermeintliche „Praktikum“ nach einer abgeschlossenen Ausbildung oder nach einem Studium aufgenommen wird, ohne dass eine zusätzliche Qualifikation vermittelt oder eine besondere fachliche Betreuung gewährleistet wird oder ohne dass das Erlernen praktischer Fähigkeiten deutlich überwiegt.377 b) Vergleich zum dualen Studium „Scheinpraktika“ stehen aufgrund der zeitlichen Nähe in direktem Zusammenhang mit dem zuvor abgeschlossenen Studium und werden daher an dieser Stelle in gebotener Kürze aufbereitet. Auch hier lassen sich nämlich unter Umständen Gemeinsamkeiten mit dualen Studiengängen konstruieren. Denkbar ist, dass dual Studierende wie Arbeitnehmer in den Praxisphasen etwa zur Minderung der Personalknappheit eingesetzt werden – gewissermaßen auch als Art „Etikettenschwindel“ unter dem Deckmantel des dualen Studiums, bei dem gerade die Ausbildung des dualen Studienteilnehmers stilbildend sein soll. Insbesondere in Anbetracht des zunehmend inflationären Gebrauchs der Begrifflichkeit „duales Studium“378 ist darauf zu achten, dass dual Studierende nicht in ähnliche Missbrauchskonstellationen geraten wie die „Scheinpraktikanten“ der „Generation Praktikum“. Kennzeichnend wäre in diesem Fall also, dass der Ausbildungszweck in den Hintergrund tritt und in der betriebsinternen Realität ein Arbeitsverhältnis „gelebt“ wird.379 Hierzu ist ein Vergleich mit den Arbeitnehmern des Betriebs an374

Orlowski, RdA 2009, 38, 41 f.; ErfK/Preis, 2022, § 611a BGB Rn. 178. Vgl. auch BT-Drs. 18/2010 (neu), 24. 376 BAG, Urt. v. 13. 3. 2003 – 6 AZR 564/01, EzB-VjA BBiG § 19 Nr. 33a, unter II. 2. c); vgl. auch BAG, Urt. v. 18. 3. 2014 – 9 AZR 694/12, AP TzBfG § 4 Nr. 25, Rn. 17. 377 Vgl. auch die Arbeitnehmereigenschaft von Praktikanten grundsätzlich annehmend EuGH, Urt. v. 9. 7. 2015 – C-229/14 (Balkaya/Kiesel Abbruch- und Recycling Technik), NZA 2015, 861, Rn. 49 ff. zur Massenentlassungsrichtlinie RL 98/59/EG; dem stünden auch nicht Umstände dergestalt entgegen, dass der Betreffende keiner Vollzeitbeschäftigung nachgehe, seine Produktivität geringer sei, er eine beschränkte Vergütung erhält oder dass seine Vergütung aus öffentlichen Mitteln finanziert werde; zum weiten unionsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff mit kritischer Tendenz zur Ausdehnung auf Praktikanten Junker, EuZA 2016, 184, 201. 378 Siehe dazu bereits unter § 2 B. VI. 379 Diese Gefahr ebenso andeutend Kleinebrink, ArbRB 2011, 58, 61. 375

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zustellen und etwa danach zu fragen, ob der vermeintlich dual Studierende über einen ausgedehnten Zeitraum die regulär anfallenden Arbeiten mit einem hohen Eigenverantwortungsgrad auszuführen hat, ohne dass eine anschließende Besprechung der Arbeitsergebnisse mit dem jeweiligen Betreuer zum Zwecke des Lernerfolges stattfindet.380 Es gilt daher auch verstärkt zu überprüfen, ob die Nachwuchskraft unter konstruktiver Anleitung erfahrener Betriebsangehöriger tätig wird und welche Fähigkeiten und Qualifikationen konkret im Zuge der Bildungsmaßnahme zu erlernen sind.381 Der Arbeitnehmerbegriff stellt für diese vorzunehmende Abgrenzung ein geeignetes und praktikables Instrumentarium dar.382 Zudem ist aus objektiver Sicht stets zu hinterfragen, ob systematische Verzahnungselemente in ausreichender Form vorhanden sind. In der Regel findet bei unechten Praktika keine Theorie-PraxisVerflechtung zum Zwecke der Ausbildung statt, sondern es ist eindeutig der Austausch von Arbeitsleistung gegen Entgelt priorisiert. Entscheidend ist auch vor dem Hintergrund der Qualitätssicherung des dualen Studienkonzepts, ob sich der ausbildende Betrieb an den vereinbarten Ausbildungsplan hält, sodass der dual Studierende überhaupt dazu in der Lage ist, die erforderlichen Kompetenzen an diesem Lernort zu erwerben. Ist dies nicht der Fall, kommt dem „Schein-Dual-Studierenden“ ähnlich wie dem „Scheinpraktikanten“ der Arbeitnehmerstatus mit dem gesamten arbeitsrechtlichen Schutzkonstrukt zugute. Hinsichtlich seiner erst noch abzuleistenden bzw. zu vollendenden Ausbildung ist er indes deutlich schlechter gestellt als der „Scheinpraktikant“, der regelmäßig seine Ausbildung bereits abgeschlossen hat und auf der Schwelle zum Berufseinstieg steht. Damit gilt es besonders darauf Acht zu geben, dass dual Studierende nicht das Missbrauchsobjekt von Betrieben werden, die Personalengpässe mit der Beschäftigung von im hohen Maße abhängigen Nachwuchskräften zu kompensieren versuchen. Das Ausbildungsziel der dual Studierenden ist schließlich besonderer Gefahr ausgesetzt, sofern diese in der betriebsinternen Wirklichkeit als vollwertige Arbeitskräfte eingesetzt werden.

4. Sonderfall: Werkstudierende Zuletzt weisen auch Werkstudierende unterschiedliche Merkmale im Vergleich zu dual Studierenden auf. Werkstudierende werden von einem Arbeitgeber eingestellt, damit sie betriebliche Aufgaben und Tätigkeiten erfüllen – das Erbringen von Arbeitsleistung steht im Vordergrund,383 die Ausbildung beschränkt sich auf das übliche Anlernen durch den Arbeitgeber oder dessen Mitarbeiter.384 Sie sind dem380 Vgl. insoweit auch ähnlich LAG München, Urt. v. 13. 6. 2016 – 3 Sa 23/16, BeckRS 2016, 117871, Rn. 24. 381 So ausdrücklich in Bezug auf die Abgrenzung von Praktikanten- und Arbeitsverhältnissen ArbG Bochum, Urt. v. 25. 3. 2014 – 2 Ca 1482/13, BeckRS 2014, 71220, unter I. 1. b). 382 So auch I. Natzel, BB 2011, 1589, 1589, 1593; vgl. ebenso AR-Blattei SD/Bauschke, 2007, 110.2 Rn. 97. 383 E. Schmidt, Ausbildungsvereinbarungen, 1969, 205. 384 Krimphove, BB 2014, 564.

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nach nicht zur Berufsausbildung Beschäftige oder Praktikanten, sondern angesichts des primären Erwerbszwecks Arbeitnehmer385 – auf sie finden damit die arbeitsrechtlichen Schutzbestimmungen unmittelbar Anwendung.386 Hauptmotiv der Werkstudierenden ist zumeist die Finanzierung des eigenen Studiums (umgangssprachlich „jobben“).387 Im Gegensatz zu den gewöhnlichen „Studentenjobs“ ist die Werkstudierendentätigkeit regelmäßig durch eine fachliche Nähe zum gewählten Studienbereich geprägt,388 dennoch arbeiten sie ausgehend von der Motivlage primär aus monetären und folglich ausbildungsfremden Gründen.389 Von „gewöhnlichen“ Arbeitnehmern unterscheiden sich Werkstudierende lediglich dadurch, dass Letztere nur vorübergehend oder in Teilzeit beschäftigt sind, was jedoch bekanntermaßen für ihren Arbeitnehmerstatus ohne Belang ist.390 Zum Teil kommt es vor, dass Beschäftigungsverhältnisse mit Werkstudierenden als Praktikum apostrophiert werden, um wiederum – insoweit rechtlich untauglich (vgl. die „Scheinpraktikanten“) – unter dem Deckmantel eines hauptsächlich dem Ausbildungszweck dienenden Rechtsverhältnisses die arbeitsrechtlichen Schutzbestimmungen zu umgehen. Sofern die Studien- oder Prüfungsordnung des Werkstudierenden kein Praktikum vorsieht und die Tätigkeit im Betrieb nicht schwerpunktmäßig die Ausbildung betrifft, kann trotz der fehlerhaften Bezeichnung der volle Arbeitnehmerschutzmechanismus zur Geltung kommen.391 Der markanteste Unterschied zum dualen Studium besteht darin, dass bei Werkstudierenden keinerlei systematische Kombination von Theorie und Praxis erfolgt. Die vom Werkstudierenden gewählte Tätigkeit muss nämlich gerade keinen Bezug zum Studium aufweisen.392 Es ist schließlich nicht zwingend vorgesehen, dass Werkstudierende mit fachnahen Projekten betraut werden, bei denen eine Nähe zum universitären Stoff hergestellt werden kann;393 es besteht schon kein Anspruch des Werkstudierenden auf eine Ausbildung in bestimmten Arbeitsgebieten.394 Der Ausbildungszweck ist allenfalls eine Nebenerscheinung und tritt demnach signifikant hinter den Austauschcharakter von Arbeitsleistung gegen Entgelt zurück.395 385 AR-Blattei SD/Knigge, 2007, 1810, Rn. 7, 13 ff.; Knopp/Kraegeloh, BBiG, 2005, § 26 Rn. 3; B. Natzel, Berufsbildungsrecht, 1982, 325; Staudinger BGB/Richardi/Fischinger, Neubearbeitung 2020, § 611a Rn. 319. 386 AR-Blattei SD/Lakies, 2007, 1740, Rn. 23; MünchHdbArbR/Schneider, 2021, § 149 Rn. 221. 387 Vgl. Alexa, AuR 2014, 136, 137; AR-Blattei SD/Lakies, 2007, 1740, Rn. 23; Nebeling/ Dippel, NZA-RR 2004, 617, 618; Scherer, NZA 1986, 280, 281. 388 Schieckel/Oestreicher/Decker u. a., BBiG, 2019, § 10 Rn. 6. 389 Ferme, AuA 2007, 456, 457. 390 Schnelle, Volontäre und Praktikanten, 2010, 78 f. 391 Vgl. Alexa, AuR 2014, 136, 137. 392 E. Hoffmann/Ditlmann, BB 1959 Beilage zu Heft 26, 1, 2. 393 Vgl. HK-BBiG/Pepping, 2020, § 26 Rn. 32. 394 AR-Blattei SD/Knigge, 2007, 1810, Rn. 7. 395 I. Natzel, NZA 2008, 567, 569.

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Diese Abfolge ist bei dualen Studiengängen ins Gegenteil verkehrt – der Ausbildungszweck ist hier gegenüber betriebsdienlichen Zwecken bzw. dem Erwerbszweck deutlich herausgestellt.

C. Volontärverhältnisse Das Volontariat als besonderes Ausbildungsverhältnis396 ist bereits seit mehreren Jahrzehnten bekannt, das heutige Verständnis differiert aber merklich im Vergleich zur Ursprungsform. Gesetzlich wird das Volontärverhältnis lediglich in § 82a HGB behandelt. Demnach sind Volontäre Personen, die, ohne als Lehrlinge angenommen zu sein, zum Zwecke ihrer Ausbildung unentgeltlich mit kaufmännischen Diensten beschäftigt werden. Dass diese aus dem Jahr 1914 stammende Legaldefinition397 für kaufmännische Volontäre398 geradezu antiquiert daherkommt, lässt sich bereits an dem Begriff des Lehrlings festmachen. Seit dem Inkrafttreten des BBiG im Jahre 1969 wurde dieser Terminus durch den Begriff des Auszubildenden ersetzt.399 Hinzu kommt, dass die Unentgeltlichkeit des Volontariats als überholt gilt400 und mit dem Vergütungsanspruch aus §§ 26, 17 BBiG unvereinbar ist (siehe noch sogleich).401 In früheren Zeiten mussten Volontäre mitunter sogar ein Entgelt leisten, um in den Genuss der Ausbildungsgelegenheit zu kommen.402

I. Grundlegendes Verständnis Heute ist für Volontäre wesentlich, dass sie systematisch vermittelte Einblicke in bestimmte berufliche Tätigkeiten erhalten und sich in der Zeit des Volontariats berufsspezifische Fertigkeiten und Kenntnisse aus eigenem Interesse heraus gezielt

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Maties, RdA 2007, 135, 140. Vgl. RGBl. 1914, 209. 398 Der Begriff wurde jedoch auf gewerbliche und handwerkliche Volontäre ausgedehnt, vgl. B. Natzel, Berufsbildungsrecht, 1982, 317; ebenso Laubscher, Die rechtliche Stellung des Volontärs, 1958, 9. 399 Siehe etwa auch ausdrücklich BAG, Urt. v. 16. 10. 2002 – 4 AZR 429/01, AP TVG § 1 Tarifverträge: Metallindustrie Nr. 181, unter B. II. 3. a); zur geschichtlichen Entwicklung des Volontärwesens vgl. Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 58 ff. 400 Zu beachten ist, dass auch im älteren Schrifttum die vermeintliche Unentgeltlichkeit des Volontariats dahingehend durchbrochen wurde, dass zwar kein Anspruch auf ein Entgelt zugebilligt wurde, die freiwillig geleistete Vergütung sollte aber auch damals die rechtliche Stellung des Volontärs nicht beeinträchtigen, vgl. Lamberg, Der Volontär, 1927, 18 f. 401 Maties, RdA 2007, 135, 140 f. 402 Molitor, NZfA 1932, 17, 20; gleichwohl galten Volontäre damals als wenig schutzbedürftig, da ein Volontariat hauptsächlich von „Bessersituierten“ ausgeübt wurde, vgl. Kahn, Der Volontär im Handelsgewerbe, 1911, 4. 397

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aneignen, ohne dass dies durch einen Gesamtausbildungsplan vorgegeben ist.403 Durch die praktische Ausbildung sind Volontariate mit der Berufsausbildung i. S. d. BBiG vergleichbar.404 Der Vertragspartner des Volontärs wird in Anlehnung an die duale Berufsausbildung teilweise als „Quasi-Ausbildender“ bezeichnet.405 Allerdings ist zu beachten, dass die Ausbildung bei Volontären nicht derartig umfassend ausgestaltet ist wie bei Auszubildenden.406 Darüber hinaus liegt dem Volontariat auch keine fest geregelte und an die Einhaltung spezieller Voraussetzungen gebundene Fachausbildung zugrunde.407 Ein wesentlicher Charakterzug von Volontären ist, dass es sich hierbei um eine zusätzliche Ausbildung handelt, welche die schon abgeschlossene Ausbildung vertiefen oder erweitern soll.408 Vorkenntnisse sind demnach in der Regel bereits vorhanden.409 Dadurch, dass das Volontariat als den Ausbildungszweck in den Mittelpunkt rückendes Modell410 ein „anderes Vertragsverhältnis“ i. S. d. § 26 BBiG ist,411 findet die Vergütungspflicht nach § 17 BBiG Anwendung. An dieser Stelle wird der Unterschied vom früheren und gegenwärtigen Verständnis evident, denn § 82a HGB, der die Unentgeltlichkeit des Volontariats bis heute vorsieht, kann aufgrund der Verpflichtung zur Zahlung einer angemessenen Vergütung gemäß §§ 26, 17 BBiG nicht mehr durchschlagen.412

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Vgl. Erman/Edenfeld, 2020, § 611 Rn. 134; die autonomen Motive des Volontärs hervorhebend MünchHdbArbR/Schneider, 2021, § 149 Rn. 216. 404 BT-Drs. 18/2010 (neu), 24. 405 AR-Blattei SD/Lakies, 2007, 1740, Rn. 11. 406 B. Natzel, Berufsbildungsrecht, 1982, 317; MünchHdbArbR/Schneider, 2021, § 149 Rn. 216; BMMS/Stück, 2004, § 19 Rn. 11. 407 Hopt/Roth, 2022, § 82a HGB Rn. 1; Walle, Lehrlingsrecht in der BRD, 1965, 34. 408 Vgl. auch MünchHdbArbR/Krause, 2021, § 60 Rn. 99. 409 Vgl. schon nach damaligem Verständnis Molitor, NZfA 1932, 17, 19; sowie auch nach heutiger Auffassung HK-BBiG/Pepping, 2020, § 26 Rn. 26. 410 Insoweit noch auf einer Linie mit § 82a HGB, wonach Volontäre „ohne als Lehrlinge angenommen zu sein, zum Zwecke ihrer Ausbildung“ beschäftigt werden. 411 HK-BBiG/ders., 2020, § 26 Rn. 27; MünchHdbArbR/Schneider, 2021, § 149 Rn. 210, 216; beachte aber auch die oben dargelegte Abgrenzungsformel zum Arbeitsverhältnis nach einer umfassenden Gewichtung des vordergründigen Tätigkeitszwecks im konkreten Einzelfall, vgl. Erman/Edenfeld, 2020, § 611 Rn. 134. 412 Allg. Ansicht, vgl. etwa Benecke, in: Benecke/C. S. Hergenröder (Hrsg.), BBiG, 2021, § 26 Rn. 18; HWK/C. S. Hergenröder, 2022, § 26 BBiG Rn. 2; Herkert/Töltl, BBiG, 2022, § 26 Rn. 15; Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 335 f.; ErfK/Schlachter, 2022, § 26 BBiG Rn. 2; Taubert, BBiG, 2021, § 26 Rn. 21; MüKo HGB/Thüsing, 2021, § 82a Rn. 3 ff.; ausführlich Faulhaber, Praktikanten und Volontäre, 2008, 5 f.

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II. Gegenüberstellung von Volontariat und freiwilligem Praktikum Das Volontariat findet – anders als etwa Pflichtpraktika – stets auf freiwilliger Basis statt.413 Der Pflichtpraktikant ist auf die praktische Ausbildung als Prüfungsvoraussetzung angewiesen, der Eingehung eines Volontärverhältnisses liegt hingegen keine Verpflichtung zugrunde. Inhaltlich stehen Volontariate daher freiwilligen Praktika nah,414 bei denen auch eine Aufnahme in den Betrieb erfolgt, damit sich die jeweilige Nachwuchskraft mit den dort zu leistenden Arbeiten vertraut machen kann.415 Eine trennscharfe Abgrenzung von derartigen Praktikantenverhältnissen und Volontariaten ist nur schwerlich vorzunehmen416 – dies ist lange Zeit auch nicht erforderlich gewesen.417 Jedoch hat sich diesbezüglich mit dem Einzug der Praktikantenlegaldefinition in § 22 Abs. 1 Satz 3 MiLoG der Wind gedreht. Wie bereits dargelegt, diente § 26 BBiG vor dem Inkrafttreten des MiLoG als Anker für Praktikanten wie auch für Volontäre gleichermaßen. Mit der neuen Definition in § 22 Abs. 1 Satz 3 MiLoG, die ausdrücklich nur Praktikantenverhältnisse zum Gegenstand hat, kann die Gleichstellung von Praktikanten und Volontären nicht mehr aufrechterhalten werden,418 vielmehr ist statt des synonymen Gebrauchs nunmehr eine Abgrenzung geboten.419 Zum einen lässt sich eine solche dahingehend vornehmen, dass beim Volontariat zumindest auch ein Schwerpunkt auf der gesetzlich nicht konkret umrissenen theoretischen Ausbildung liegt, wohingegen es bei Praktikanten vorwiegend um den Erwerb berufspraktischer Fertigkeiten und Erfahrungen im Rahmen einer Gesamtausbildung – Berufsausbildung oder Studium – geht.420 Die Zielsetzung in einem Volontärverhältnis ist dementsprechend umfassender ausgestaltet. Zum anderen ist die Dauer eines Volontariats in der Regel deutlich länger zu bemessen (ca. 12 – 24 Monate421) als bei kurzzeitig ausgestalteten Praktikantenver-

413 Scherer, NZA 1986, 280, 281; Nebeling/Dippel, NZA-RR 2004, 617, 618, da es aber – wie oben beschrieben – auch freiwillige Praktika gibt, kann die Freiwilligkeit nicht als alleiniges Unterscheidungskriterium dienen. 414 Vgl. Stelzel, Generation Praktikum, 2009, 54. 415 Nikisch, Arbeitsrecht Bd. 1, 1961, 887; H. Weber, Anm. zu BAG, Urt. v. 19. 6. 1974 – 4 AZR 436/73, AP BAT § 3 Nr. 3, unter I. 416 Köst, DB 1954, 413, der sogar annimmt, dass zwischen Praktikanten und Volontären kein Unterschied bestehe; ebenso Köhler, Volontärverhältnis, 1969, 32. 417 Picker/Sausmikat, NZA 2014, 942, 946; J. Schmitt, Rechtsfragen des Volontariats, 1994, 6; L. Schmitt, in: Fütterer (Hrsg.), Arbeitsrecht – für wen und wofür?, 2015, 37, 42; vereinzelt wurde dementsprechend dafür plädiert, den Begriff des freiwilligen Praktikums durch den Volontariatsterminus zu ersetzen, vgl. Schnelle, Volontäre und Praktikanten, 2010, 58. 418 Vgl. auch BT-Drs. 18/2010 (neu), 24. 419 Burkard-Pötter/Sura, NJW 2015, 517, 519 f.; Düwell, DB 2014, 2047, 2048; ergebnisoffen dagegen noch Faulhaber, Praktikanten und Volontäre, 2008, 8; a. A. vor Inkrafttreten des MiLoG Schnelle, Volontäre und Praktikanten, 2010, 128. 420 Vgl. Düwell, DB 2014, 2047, 2048. 421 HK-BBiG/Pepping, 2020, § 26 Rn. 26.

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hältnissen.422 Dieses plastische Kriterium ist gangbar, obgleich feste Zeitgrenzen nicht aufzustellen sind. Bei der Differenzierung sollte des Weiteren der Umstand einfließen, dass Volontariate auf bereits zuvor angeeigneten Vorkenntnissen aufbauen,423 was bei Praktikanten nicht zwingend der Fall ist. Insofern werden Volontariate üblicherweise nach einer vorherigen wie auch immer gearteten Ausbildung absolviert, echte freiwillige Praktika hingegen vor einem entsprechenden Ausbildungsende.424 Letztlich wird man bei Praktikanten wohl darüber hinaus eine geringere persönliche Abhängigkeit vom ausbildenden Arbeitgeber anzunehmen haben als bei Volontären, die jedenfalls nicht beliebig entscheiden können, ob sie ihrer Tätigkeit nachgehen oder nicht.425 Die denkbare Unterscheidung nach dem äußeren Erscheinungsbild vor dem mutmaßlichen Hintergrund, dass Volontäre freiwillig wegen eines eigenen Interesses an bestimmten Gebieten tätig und Praktikanten dagegen üblicherweise aufgrund einer Verpflichtung eingestellt würden,426 verfängt hingegen aufgrund der vielfach anerkannten freiwilligen Praktika und der somit fehlenden Trennschärfe nicht. Die zuvor genannten Kriterien sind bei der Abgrenzung des Volontariats vom Praktikum kumulativ und einzelfallgerecht zugrunde zu legen. Eine derartige Betrachtungsweise würde dazu führen, dass das „Volontariat“ nicht mehr denkbar weit als Sammelbegriff für eine Vielzahl von Bildungsphänomenen angewendet wird. Die Begrifflichkeit „Volontär“ wird heutzutage meist – zurecht – im Journalismusbereich sowie in der Kultur- und Medienbranche gebraucht.427 Gerade das auf tariflicher Grundlage428 basierende Redaktionsvolontariat,429 das für die spätere Tätigkeit als Redakteur zwar üblich, aber nicht zwingend erforderlich ist,430 kommt einem geordneten Ausbildungsgang i. S. d. BBiG durch die dezidierte Niederlegung von Ziel, Inhalt und Umfang der Ausbildung sehr nahe,431 weniger indes den nicht 422 Vgl. N. Wagner, Sicherung angemessener Arbeitsbedingungen für Praktikanten, 2012, 74, zur Höchstdauer von Praktika siehe bereits zuvor unter § 5 B. II. 2. b). 423 Oftmals ist ein abgeschlossenes Studium Voraussetzung für einen Volontariatsplatz, vgl. HK-BBiG/Pepping, 2020, § 26 Rn. 26. 424 Vgl. J. Schmitt, Rechtsfragen des Volontariats, 1994, 6. 425 Benecke, in: Benecke/C. S. Hergenröder (Hrsg.), BBiG, 2021, § 26 Rn. 17; Knopp/ Kraegeloh, BBiG, 2005, § 26 Rn. 4. 426 So aber offenbar Taubert, BBiG, 2021, § 26 Rn. 23. 427 Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 189, 194 ff. 428 Im Tarifvertrag werden die Ausbildungsbestandteile ausführlich dargelegt und der besondere Umfang der Ausbildung herausgestellt; exemplarisch sei der „Tarifvertrag über das Redaktionsvolontariat an Tageszeitungen“ zwischen dem Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger e.V. und der ver.di sowie dem Deutschen Journalisten-Verband e.V. genannt. 429 BAG, Urt. v. 23. 6. 1983 – 6 AZR 595/80, AP BetrVG 1972 § 78a Nr. 10; vertiefend Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 190 ff. m. w. N.; zudem bereits Weiss/ Weyand, BB 1990, 2109, 2109 ff. 430 Vgl. Picker/Sausmikat, NZA 2014, 942, 946; Scherer, NZA 1986, 280, 281. 431 AR-Blattei SD/Lakies, 2007, 1740, Rn. 17; Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 380.

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2. Teil: Typologisierung, Differenzierung und rechtliche Einordnung

derartig umfassenden Praktikantenverhältnissen. § 26 BBiG ist für diese Art von Volontariat aufgrund des beherrschenden Ausbildungszwecks im Regelfall der gesetzliche Anknüpfungspunkt.432 Insbesondere im tariflich nicht geregelten Bereich der Kultur- und Denkmalpflege,433 sogenannte wissenschaftliche „Volontariate“, ist aber einzelfallabhängig genauestens zu untersuchen, ob die beruflichen Kenntnisse und Fertigkeiten nicht vielmehr im Rahmen eines echten Arbeitsverhältnisses vermittelt werden.434

III. Vergleich zum dualen Studium Auch zwischen dem Volontariat und dem dualen Studium lassen sich mannigfaltige Unterschiede konstatieren, obwohl der Vertrag zwischen dem dual Studierenden und dem Kooperationsbetrieb gelegentlich als „Volontärvertrag“ betitelt wird.435 Aufgrund der beschriebenen Verwandtschaft zu freiwilligen Praktika kann hinsichtlich der Abgrenzung insoweit auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.436 Hinzu kommt maßgeblich, dass dual Studierende in aller Regel keine Vorbildung in Gestalt eines abgeschlossenen Studiums oder einer abgeschlossenen Berufsausbildung erlangt haben, sondern zumeist erstmalig mit der jeweiligen Materie vertieft in Berührung kommen. Des Weiteren sind duale Studiengänge (3 – 5 Jahre) für einen längeren Zeitraum ausgelegt als die meisten Volontariate (12 – 24 Monate). Dies liegt zuvorderst daran, dass duale Studiengänge – anders als Volontariate – einen wissenschaftlichen Anspruch zu erfüllen haben. Die Zweigliedrigkeit von Theorie und Praxis, die beim dualen Studienkonzept konstituierendes Merkmal ist, ist im Rahmen von Volontärverhältnissen lediglich rudimentär ausgeprägt. Das Erlernen praktischer Fähigkeiten liegt beim Volontariat klar im Fokus, die Vermittlung von theoriebasierten Kenntnissen steht dem wiederum deutlich nach. Allerdings sticht als Gemeinsamkeit der beiden Vergleichsgrößen hervor, dass sowohl das Volontariat als auch duale Studiengänge im Gegensatz zur dualen Berufsausbildung angesichts fehlender Spezialbestimmungen – den überholten § 82a HGB ausgeklammert – zunächst keiner festen rechtlichen Einordnung zugänglich 432 Tendenziell BAG, Urt. v. 23. 6. 1983 – 6 AZR 595/80, AP BetrVG 1972 § 78a Nr. 10, unter II. 2. a) bb), ee), ff); Faulhaber, Praktikanten und Volontäre, 2008, 137; MünchHdbArbR/ Giesen, 2021, § 167 Rn. 15; Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 379; in diese Richtung ebenso Scherer, NZA 1986, 280, 281; im Grundsatz a. A. HK-BBiG/Pepping, 2020, § 26 Rn. 28; dass im Einzelfall auch ein Arbeitsverhältnis anzunehmen sein kann, zeigt der Fall eines Volontariats in der Fernsehbranche, vgl. BAG, Urt. v. 1. 12. 2004 – 7 AZR 129/04, NZA 2005, 779, unter III. 2. 433 Dazu eingehend J. Schmitt, Rechtsfragen des Volontariats, 1994, 7 ff. 434 Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 380 f.; allgemeiner Scherer, NZA 1986, 280, 281. 435 Hähn/Krone/Ratermann, Dual Studieren, 2016, 20; Hesser/Langfeldt, Das duale Studium, 2017, 7; Krone/Mill, WSI-Mitteilungen 1/2014, 52, 54. 436 Siehe unter § 5 B. II. 1. b) bb).

§ 5 Abgrenzung des dualen Studienkonzepts

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gemacht werden können. Gleichwohl ist zu beachten, dass vor allem Redaktionsvolontariate umfassend durch die jeweils einschlägigen Tarifverträge geregelt sind. Über die regelmäßig zur Anwendung kommende Norm des § 26 BBiG gelten für die meisten Volontariatsformen gemäß § 10 Abs. 2 BBiG zudem weite Teile des Arbeitsrechts. Ob dies auch für dual Studierende zutrifft, gilt es noch eindringlich zu klären.437 Insoweit lassen sich für das Volontärwesen weniger ungeklärte Rechtsfragen herauspräparieren als bei dual Studierenden.

IV. Sonderfall: Traineeverhältnisse Des Weiteren sind duale Studiengänge von einem Volontariat ähnelnden Traineeverhältnissen, d. h. ein- bis zweijährigen Praxisvorbereitungsphasen bzw. Berufseinstiegsprogrammen im Anschluss eines Studiums, abzugrenzen.438 Die begrifflichen Feinheiten des Trainees sind dabei ähnlich unklar wie die des dual Studierenden.439 Ziel eines Traineeprogramms ist es, den Einstieg in das akademische Arbeitsleben zu vereinfachen, indem die Teilnehmer die verschiedenen Bereiche eines Unternehmens – zum Teil auch standortübergreifend – peu à peu durchlaufen.440 Dahinter steht die Erwägung, möglichst diejenige Position im Unternehmen zu ermitteln, für die der Trainee am besten geeignet ist.441 Vom Volontariat unterscheiden sich die Traineeverhältnisse in erster Linie dadurch, dass sie auf eine betriebliche Einarbeitung ausgerichtet sind, wohingegen Volontärverhältnisse eine betriebsunabhängige, weitergehende Gesichtskreiserweiterung der Nachwuchskraft zum Ziel haben.442 Im Gegensatz zum dualen Studium wurden jedenfalls bei Trainees, die als Hochschulabsolventen von einem Arbeitgeber im Betrieb als Nachwuchskraft aufgebaut werden, die theoretischen Kenntnisse bereits umfänglich durch das Studium vermittelt, sodass der Ausbildungs- und Lernzweck zwar noch vorhanden ist, aber als Nebeneffekt zurücktritt und der Austausch von Arbeitsleistung und Entgelt als Schwerpunkt überwiegt.443 Von einer den dualen Studiengängen immanenten 437

Siehe unter § 6 B. III. Teilweise werden duale Studiengänge fälschlicherweise als Traineeprogramm bezeichnet, vgl. Stoffels, in: Preis (Hrsg.), Der Arbeitsvertrag, 2020, A 120 Ausbildungskosten Rn. 45: Im vertragsrechtlichen Bereich sei dies in erster Linie der Definitionshoheit der Verwender geschuldet. 439 Siehe etwa LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 16. 12. 2009 – 20 Sa 1682/09, BeckRS 2011, 67168, unter 4., das den Begriff des Trainees als „inhaltsleer“ betitelt. 440 Vgl. Maties, RdA 2007, 135, 141. 441 N. Wagner, Sicherung angemessener Arbeitsbedingungen für Praktikanten, 2012, 74. 442 Vgl. Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 381; siehe auch Herkert/Töltl, BBiG, 2022, § 26 Rn. 14. 443 Lakies, in: Lakies/Malottke (Hrsg.), BBiG, 2021, § 26 Rn. 11; Maties, RdA 2007, 135, 141; HK-BBiG/Pepping, 2020, § 26 Rn. 33; Schnelle, Volontäre und Praktikanten, 2010, 83 f. 438

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2. Teil: Typologisierung, Differenzierung und rechtliche Einordnung

Theorie-Praxis-Verklammerung kann allenfalls rudimentär, keinesfalls aber in systematisch angelegter Form ausgegangen werden. Trainees sind zudem in den Betrieb eingegliedert, sodass sie in der Regel – je nach praktischer Handhabe in der Arbeitsrealität444 – als Arbeitnehmer zu qualifizieren sind.445 Dennoch ist anhand des Einzelfalls und der tatsächlichen Ausgestaltung des Traineeverhältnisses zu bestimmen, ob es sich um ein Ausbildungsverhältnis i. S. d. § 26 BBiG oder um ein Arbeitsverhältnis i. S. d. § 611a Abs. 1 BGB handelt.446 Maßgeblich ist dabei, ob die Erbringung wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistungen im Unternehmensinteresse im Mittelpunkt steht, was bei Trainees aufgrund ihres qualifizierten projekt- und arbeitsplatzspezifischen Einsatzes regelmäßig gegeben ist.447 Für die Annahme eines Ausbildungsverhältnisses – und damit einhergehend der Ablehnung eines Arbeitsverhältnisses – müssten in der Arbeitsrealität hingegen schon besondere Umstände streiten.448

D. Zusammenfassung: Das Alleinstellungsmerkmal dualer Studiengänge In Abgrenzung zur dualen Berufsausbildung, studienbezogenen Praktikantenverhältnissen und den Volontariatsformen zeichnen sich duale Studiengänge in erster Linie durch ein anderes Herzstück aus. Zwar enden Praktikanten- und Volontärverhältnisse in formaler Hinsicht – anders als die duale Berufsausbildung sowie letztlich auch das duale Studium – bereits nicht mit einem staatlichen Abschluss bzw. einer staatlichen Abschlussbezeichnung, viel entscheidender für den Fortgang der Untersuchung ist aber die inhaltliche Differenzierung der Vergleichsprofile. Hinzu kommt, dass eine bloß formale Abgrenzung nach Abschlüssen etwa beim praxisintegrierenden dualen Studium fehlschlägt. Ähnlich wie bei Pflichtpraktika und verpflichtenden Praxissemestern wird beim praxisintegrierenden dualen Studienmodell nur ein Hochschulabschluss erworben, die betriebliche Praxisphase selbst hingegen endet nicht mit einem Abschluss, sodass bei rein formaler Betrachtung der betriebspraktische Einsatz in der praxisintegrierenden Variante des dualen Studiums 444 So etwa Faulhaber, Praktikanten und Volontäre, 2008, 132, der sowohl eine Ausgestaltung als Arbeits- als auch als Rechtsverhältnis i. S. d. § 26 BBiG für möglich hält, dabei aber im Regelfall vom Arbeitnehmerstatus ausgeht. 445 Lakies, in: Lakies/Malottke (Hrsg.), BBiG, 2021, § 26 Rn. 11; Maties, RdA 2007, 135, 141; Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 381; HK-BBiG/Pepping, 2020, § 26 Rn. 33; Schnelle, Volontäre und Praktikanten, 2010, 84; davon ausgehend offenbar ebenso BAG, Urt. v. 12. 5. 2005 – 2 AZR 149/04, NZA 2005, 1358; vgl. auch LAG Köln, Urt. v. 4. 11. 2003 – 13 Sa 596/03, NZA-RR 2004, 586; a. A. indes I. Natzel, BB 2011, 1589, 1591, der Trainees als echte Praktikanten einstuft und § 26 BBiG zur Anwendung kommen lässt. 446 So auch HK-BBiG/Pepping, 2020, § 26 Rn. 33. 447 Vgl. Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 381 f. 448 Für eine generelle Anwendung des § 26 BBiG auf Trainees dagegen offenbar I. Natzel, BB 2011, 1589, 1591.

§ 6 Rechtsstatus dual Studierender und Anwendbarkeit des BBiG

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fälschlicherweise als Praktikum deklariert werden könnte. Die erläuterten kleinteiligen Unterschiede zu den untersuchten Bildungsformaten stehen vielmehr unter einem übergeordneten Alleinstellungsmerkmal des dualen Studienprogramms: Das konstituierende Merkmal der systematischen Theorie-Praxis-Verzahnung lässt sich als Dreh- und Angelpunkt bei keiner der aufgezeigten Vergleichsgrößen in ähnlicher Form beobachten wie beim dualen Studienmodell.449 Entweder es sind keinerlei Verflechtungselemente zu identifizieren (z. B. bei „unechten“ Praktika und oftmals auch bei Werkstudierenden) oder die Verknüpfung von pragmatischem und wissenschaftlichem Wissen ist längst nicht derart planvoll-strukturell ausgeprägt (z. B. bei freiwilligen Praktika, Pflichtpraktika und Volontärverhältnissen), sondern tritt lediglich reaktiv als Nebeneffekt hinzu. Allenfalls bei der dualen Berufsausbildung lassen sich auf dieser Ebene Gemeinsamkeiten folgern, jedoch tritt hier die Schieflage bei der Schwerpunktlegung besonders hervor, da die Praxiskomponente – anders als bei dualen Studiengängen mit ihren ebenbürtigen Theorie- und Praxisanteilen – eindeutig gewichtiger gegenüber dem wissenschaftlichen Ansatz ist. Folgerichtig zählt das duale Studium zum Tertiärbereich, die duale Berufsausbildung gehört dagegen dem sekundären Bildungssektor an. Das der dualen Berufsausbildung zugrunde liegende Konzept wird damit quasi auf eine höhere Ebene gehievt, sodass die Verwandtschaft von dualem Studium und dualer Berufsausbildung augenfällig wird. Ob diese Nähe bereits für eine rechtliche Nivellierung der beiden Bildungstypen ausreicht, gilt es im Folgenden zu untersuchen. Festzuhalten bleibt an dieser Stelle zunächst, dass der Zusammenhalt der Kooperationspartner bei der dualen Berufsausbildung dem BBiG entspringt, bei dualen Studiengängen hingegen primär auf dem teils nebulösen vertraglichen Zusammenwirken der drei beteiligten Akteure beruht. Die Einordnung des Rechtsstatus dual Studierender soll nun Licht ins Dunkel bringen.

§ 6 Rechtsstatus dual Studierender und Anwendbarkeit des BBiG Die Kernfrage der Studie ist darauf gerichtet, ob das geltende Arbeitsrecht vollumfassend dazu in der Lage ist, den hybriden Bildungstyp des dualen Studiums und dessen wichtigsten Akteur, den dual Studierenden, adäquat zu behandeln. Plakativ lässt sich etwa zugespitzt fragen: Ist der dual Studierende ein rechtloses Wesen?450 Allein das Fehlen von arbeitsrechtlichen Spezialbestimmungen vermag eine solche Annahme freilich nicht zu begründen, hält das Arbeitsrecht angesichts seiner Variabilität doch vielfach passende Lösungen für auch neuartige Phänomene und Fragestellungen bereit. Gleichwohl ist das Schaffen von Rechtsklarheit durch 449 CHE/f-bb, Duales Studium: Umsetzungsmodelle und Entwicklungsbedarfe, 2022, 27: „Markenkern“. 450 So schon für Pflichtpraktikanten Schade, NJW 2013, 1039.

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2. Teil: Typologisierung, Differenzierung und rechtliche Einordnung

einheitliche Regelungen in diesem Bereich von besonderer Wichtigkeit, weil die Gewährleistung der Chancengleichheit und Mobilität von Nachwuchskräften zur Sicherung eines hohen Bildungsniveaus im globalen Arbeitsraum auch aus Wettbewerbsgesichtspunkten unabdingbar ist.451 Ausgehend vom Rechtsstatus ist zu untersuchen, ob dual Studierende vom Geltungsbereich des BBiG erfasst werden. Abhängig von der statusrechtlichen Einordnung sind die damit einhergehenden Rechtsfolgen von höchst unterschiedlicher Natur.

A. Tripolare Rechtsbeziehung In rechtlicher Hinsicht zeichnet sich das duale Studium durch ein zugrunde liegendes Dreiecksverhältnis aus. Angesichts der doppelten Rechtsbeziehung, die der dual Studierende zum einen mit dem Kooperationsbetrieb und zum anderen mit der Bildungsinstitution eingeht, steht er zwischen den Fronten – ein Ausgleich der teilweise widerstreitenden Interessen452 ist daher von besonderer Bedeutung. Mit dem Betrieb schließt der dual Studierende einen Vertrag über die Durchführung der Praxisphase des dualen Studiengangs. Um keine rechtliche Voreingenommenheit zu evozieren, soll dieser Vertrag – unabhängig von der konkreten Erscheinungsform des dualen Studiengangs – im Folgenden neutral „Praxisphasenvertrag“453 und nicht etwa „Ausbildungsvertrag“ oder „Praktikumsvertrag“ genannt werden.454 Zwischen der Bildungseinrichtung und dem eingeschriebenen dual Studierenden besteht wiederum ein öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis, im Folgenden „Studienverhältnis“ genannt. Es wird durch die Immatrikulation als formellen Rechtsakt mit Verwaltungsaktsqualität begründet.455 Der zwischen der Bildungs- und Ausbil451

Vgl. bereits zur Novelle des BBiG im Jahr 2005 BT-Drs. 15/3980, 41. Zu den konfligierenden Interessen siehe bereits unter § 3 D. II. 453 So wie hier BAG, Urt. v. 18. 11. 2008 – 3 AZR 192/07, NZA 2009, 435; Koch-Rust/ Rosentreter, NJW 2009, 3005, 3007; ebenso wenig sollte von einem „Vertrag zur Durchführung eines Studienpraktikums“ gesprochen werden, da die Abgrenzung der Praxisphasen im dualen Studium von Praktikantenverhältnissen relevant ist (vgl. § 5 B. II. 2. b)), so aber I. Natzel, NZA 2008, 567, 569. 454 Die Problematik der exakten Bezeichnung erkennt auch Kleinebrink, ArbRB 2011, 58, 59, jedoch ist die nicht unbedingt griffige Betitelung „Vertrag zur Durchführung eines Praktikums im Rahmen eines praxisorientierten dualen Studiengangs“ aufgrund des aufgezeigten Unterschieds von Praktikantenverhältnissen und dualen Studiengängen geradezu widersprüchlich; sogar die Landeshochschulgesetze und die Berufsakademiegesetze der Länder betiteln die Verträge zwischen den dual Studierenden und den Betrieben gänzlich unterschiedlich, was letztlich auch in tatsächlicher Hinsicht zu einer großen Vielfalt von Vertragstypen führt, vgl. im Einzelnen CHE/f-bb, Duales Studium: Umsetzungsmodelle und Entwicklungsbedarfe, 2022, 73, 182 ff., 321. 455 Die Immatrikulation ist ein begünstigender, mitwirkungsbedürftiger Verwaltungsakt nach § 35 LandesVwVfG, der wiederum den Studierendenstatus und die Mitgliedschaft des Studierenden an der Hochschule begründet, vgl. Hartmer/Detmer, Hochschulrecht, 2017, Kapitel 11 Rn. 152. 452

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dungsstätte geschlossene Kooperationsvertrag soll hingegen nur eine hintergründige, wenngleich auch nicht unbedeutende Rolle spielen, weil es bei der hier fokussierten Begutachtung des Rechtsstatus dualer Studienteilnehmer vornehmlich auf den Praxisphasenvertrag ankommt. Zu beachten ist ferner, dass die trianguläre Konstellation unter Umständen zusätzlich um die nach § 71 BBiG zuständige Stelle erweitert wird.456 Diese ergibt sich für die Berufsbildung branchenabhängig jeweils aus den §§ 71 – 75 BBiG (z. B. die Industrie- und Handelskammer). Derartige Mehrpersonenverhältnisse bereiten gemeinhin – auch abseits der bekannten Problemfelder etwa im Zusammenhang mit den Fällen gespaltener Arbeitgeberstellung – erhebliche rechtliche Schwierigkeiten. Diese Komplexität wird beim dualen Studienkonzept dadurch potenziert, dass in erster Linie rechtsgebietsübergreifende Fragestellungen an der Schnittstelle zwischen Privatrecht und öffentlichem Recht zu bewältigen sind. Das Studienverhältnis ist gewissermaßen in das betriebliche Rechtsverhältnis eingebettet (oder umgekehrt), sodass es angesichts des Doppelstatus457 dual Studierender immer wieder zu arbeitsrechtlichen Berührungspunkten kommt. Im Arbeitsrecht sind solche tripolaren Rechtsverhältnisse etwa von der dualen Berufsausbildung oder auch von der Arbeitnehmerüberlassung bekannt, wobei Letztere den Hauptfall gespaltener Arbeitgeberstellung darstellen dürfte.458 Der schulische Teil in einem Berufsausbildungsverhältnis ist beispielsweise gemäß § 3 Abs. 1 BBiG nicht vom Anwendungsbereich des Gesetzes umfasst, sondern richtet sich nach den öffentlich-rechtlichen Vorschriften der Länder.459 Zudem kommt der zuständigen Stelle im Rahmen der dualen Berufsausbildung eine Überwachungsfunktion zu (vgl. § 76 BBiG), wobei ihre Tätigkeitsgrundlage als Körperschaft des öffentlichen Rechts im VwVfG zu finden ist.460 Insoweit steuert sie die Qualifizierungsmaßnahme auf der Basis des BBiG als Dritte maßgeblich mit.461 Diese steuernde Mitwirkung kommt der öffentlichen Bildungseinrichtung bei dualen Studiengängen durch die permanente Abstimmung mit den Wirtschaftsunternehmen in noch verstärkter Form zu. Dabei wird das rechtliche Band zwischen dem dual Studierenden und der Bildungsinstitution durch die jeweilige Studienordnung ausgeformt. So kommt es stellenweise zu Überlappungen von Arbeitsrecht und öffentlichem Recht, bei denen es naturgemäß zu kompetenzrechtlichen Konflikten kommen kann. Leiharbeitsverhältnisse mit der Dreipersonenkonstellation zwischen Leiharbeitnehmer, Verleiher und Entleiher spielen sich dagegen grundsätzlich allein

456

I. Natzel, NZA 2008, 567, 568. Koch-Rust/Rosentreter, NZA 2021, 1604. 458 Zu den verschiedenen Fallgruppen arbeitsrechtlicher Drittbeziehungen C. Weber, Das aufgespaltene Arbeitsverhältnis, 1992, 38 ff. 459 DHZ/Lakies, 2019, § 115 Rn. 4; Malottke, in: Lakies/Malottke (Hrsg.), BBiG, 2021, § 3 Rn. 17; NK-GA/I. Natzel, 2016, §§ 1 – 3 BBiG Rn. 9. 460 DHZ/Lakies, 2019, § 115 Rn. 9; B. Natzel, DB 1981, 1407; I. Natzel, NZA 2012, 650, 652. 461 I. Natzel, NZA 2012, 650, 653. 457

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auf der Privatrechtsebene ab und sollen hier lediglich als arbeitsrechtliches Beispiel für eine mehrpolige Rechtsbeziehung dienen. Auf der anderen Seite gilt es auch die rein öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnisse zu beachten, wozu unter anderem zumindest im Grundsatz das Rechtsreferendariat zählt.462 Hierbei ist jedoch nicht zu verkennen, dass etwa in der abzuleistenden Anwalts- oder Wahlstation neben das öffentlich-rechtliche Ausbildungsverhältnis parallel ein privatrechtlicher Vertrag mit einem Ausbildenden – etwa einer Rechtsanwaltskanzlei oder einem Wirtschaftsunternehmen – treten kann,463 der indes am öffentlich-rechtlichen Grundgepräge nichts ändert.464 Trotz des denkbaren zivilrechtlichen Vertragsverhältnisses zwischen Referendar und Rechtsanwalt erfolgt letztlich die Zuweisung durch den Dienstherrn.465 Für das öffentlich-rechtliche Erscheinungsbild des juristischen Vorbereitungsdienstes streitet zudem die Gewährung einer monatlichen „Unterhaltsbeihilfe“ sowie die Anrechnungspflicht der Vergütung einer etwaigen (genehmigungsbedürftigen) Nebentätigkeit bzw. der vereinbarten Vergütung aus der Anwalts- oder Wahlstation auf die „Unterhaltsbeihilfe“ ab einer bestimmten Höhe.466 Damit wird deutlich, dass keine Gegenleistung für geleistete Arbeit gezahlt wird, sondern die Sicherung des Lebensunterhalts im Vordergrund steht.467 Zwar nicht um eine Dreieckskonstellation, aber um ein ausschließlich öffentlich-rechtliches Ausbildungsverhältnis handelt es sich zudem bei dem zwischen einem Strafgefangenen und einem Träger einer Vollzugsanstalt geschlossenen Berufsausbildungsverhältnis, sodass die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte nicht begründet ist.468 All jene öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisse sind gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2 BBiG ausdrücklich vom Anwendungsbereich des BBiG ausgenommen.

462 Vgl. etwa ausdrücklich im niedersächsischen Gesetz zur Ausbildung der Juristinnen und Juristen (NJAG) § 5 Abs. 1 Satz 1 NJAG. Mecklenburg-Vorpommern und seit 2020 nunmehr auch Hessen stellen als einzige Bundesländer ihre Rechtsreferendare grundsätzlich als Beamte auf Widerruf ein, vgl. § 21 Abs. 3 Satz 1 JAG M-V sowie § 26 Abs. 2 Satz 1 JAG HE. 463 Es ist Ausdruck der Vertragsfreiheit, im Rechtsreferendariat etwaige privatrechtliche Nebenabreden zwischen dem Ausbilder und dem Rechtsreferendar, etwa im Hinblick auf eine zusätzliche Vergütung, zu treffen. Von dieser Möglichkeit wird in der Regel vor allem in der Anwaltsstation Gebrauch gemacht. 464 So auch Faulhaber, Praktikanten und Volontäre, 2008, 102; Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 266 f. (Fn. 1266). 465 Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 165. 466 Die Einzelheiten werden in den Ausbildungsvorschriften der Länder geregelt. 467 Der Unterhaltsbeihilfe kommt also vorwiegend eine existenzsichernde Funktion zu, vgl. BVerwG, Urt. v. 15. 12. 2016 – 2 C 31/15, BeckRS 2016, 114385, Rn. 24; in den Bundesländern, in denen Rechtsreferendare nicht als Beamte auf Widerruf eingestellt werden, greift demgemäß auch nicht das beamtenrechtliche Alimentationsprinzip – vielmehr geht es nur um eine (Bei-) Hilfe für das Bestreiten des Lebensunterhalts, vgl. OVG Münster, Urt. v. 17. 10. 2014 – 3 A 1217/14, BeckRS 2014, 58354, unter B. I. 4. b). 468 BAG, Urt. v. 18. 11. 1986 – 7 AZR 311/85, AP ArbGG 1979 § 2 Nr. 5.

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B. Erwägungen zur rechtlichen Stellung dual Studierender im Kooperationsbetrieb Bei der Analyse des Status quo dual Studierender geht es zuvorderst um das Vertragsverhältnis zwischen dem Kooperationsbetrieb und dem dual Studierenden, das je nach Erscheinungsform des dualen Studiums unterschiedlich geartet sein kann. Aber auch das darüber, daneben oder dahinter stehende Studienverhältnis ist nicht aus den Augen zu verlieren. Fest steht nämlich, dass duale Studienteilnehmer aufgrund der Immatrikulation im öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis zur akademischen Bildungseinrichtung Studierendenstatus genießen (vgl. §§ 36 Abs. 1 Satz 1, 58 Abs. 1 Satz 1 HRG).469 Für die rechtliche Einordnung der Praxisstation dualer Studiengänge läuft es zentral auf die angedeutete Frage hinaus, ob das Studienverhältnis so weit in den Praxisphasenvertrag ragt, dass es für die gesamte Ausbildungsphase als prägend anzusehen ist. Gerade auf dem Gebiet der beruflichen Qualifizierung treten derartige rechtsgebietstranszendierenden Fragestellungen auf, da es oftmals eines Dritten bedarf, der die Qualifizierungsmaßnahmen durchführt oder mitsteuert.470 Im Rahmen dualer Studiengänge wird die betriebliche Phase durch die Studienordnung beeinflusst. Ob sie dadurch auch maßgebend gesteuert wird, gilt es im Folgenden zu untersuchen. Anhand der infrage kommenden Vertragstypen ist zunächst schrittweise zu überprüfen, ob das duale Studienmodell mit seinen unterschiedlichen Erscheinungsformen einem der nachfolgenden arbeitsrechtlichen Vertragsverhältnissen zugeordnet werden kann oder ob ein Rechtsverhältnis eigener Art begründet wird.

I. Arbeitsverhältnis Dual Studierende werden in einer fremden Betriebsorganisation praktisch tätig, sodass ein möglicher Arbeitnehmerstatus näher unter die Lupe zu nehmen ist. Sollte ein Arbeitsverhältnis unter zu konkretisierenden Umständen einschlägig sein, so würden die arbeitsrechtlichen Schutzmechanismen wie beispielsweise die Bestimmungen des Kündigungsschutzes, der Entgeltfortzahlung oder Urlaubsansprüche ebenso wie der Lohnanspruch nach §§ 611a Abs. 2, 612 BGB471 originär und unmittelbar ohne Hinzuziehung einer etwaigen Verweisungsnorm (z. B. § 10 Abs. 2 BBiG) Platz greifen.

469

P. Krause, in: Flämig/Krimminich/Krüger u. a. (Hrsg.), Handbuch des Wissenschaftsrechts, 1996, 547, 556 f.; Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 249. 470 I. Natzel, NZA 2012, 650. 471 Wohlbemerkt ist ein Vergütungsanspruch nicht Voraussetzung, sondern Folge eines Arbeitsvertrags, siehe auch DDZ/Deinert, 2020, Einleitung Rn. 70.

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1. Arbeitnehmerbegriff Der Arbeitnehmerbegriff ist der „Schlüssel für die Anwendung des Arbeitsrechts“.472 Hintergrund des nunmehr seit dem 1. April 2017 in § 611a Abs. 1 BGB legaldefinierten Arbeitsvertrags – und damit mittelbar auch des Arbeitnehmerbegriffs473 – ist, den abhängigen Arbeitsvertrag vom unabhängigen (freien) Dienstvertrag abzugrenzen.474 Die Spezialität des Arbeitsverhältnisses besteht insbesondere in der Verschränkung von ungleicher Vertragsmacht und persönlicher Abhängigkeit.475 Mit der Implementierung des Arbeitnehmerbegriffs in das BGB wurden die über Jahrzehnte hinweg gewonnenen höchstrichterlich aufgestellten Grundsätze erklärtermaßen in einfaches Gesetzesrecht überführt.476 Unabhängig von der durchaus hervorgerufenen Kritik hinsichtlich der Normsystematik477 und Reformnotwendigkeit478 soll es durch die Einführung von § 611a BGB zu keinerlei inhaltlichen Veränderungen der Rechtslage gekommen sein,479 sodass bei der Arbeitnehmerbestimmung neben der Heranziehung des Gesetzeswortlauts480 weiter auf die mithilfe der Rechtslehre entwickelten Rechtsprechungsleitsätze zurückgegriffen werden kann. Nach § 611a Abs. 1 Satz 1 BGB kommt es im Wesentlichen auf die Merkmale Weisungsgebundenheit, Fremdbestimmung und persönliche Abhängigkeit an, die wiederum durch die Sätze 2 – 4 der Vorschrift näher ausgeformt werden.481 In welcher Beziehung die drei Merkmale zueinander stehen, bleibt durch den Gesetzeswortlaut weitestgehend im Verborgenen. Das heutige Verständnis des Arbeitnehmerbegriffs basiert immer noch auf der Vorstellung Alfred Huecks, wonach Arbeitnehmer ist, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages oder gleichgestellten Rechtsverhältnisses im Dienst eines anderen zur Arbeit verpflichtet ist.482 Mithilfe des allgemeinen Arbeitnehmerbegriffs gelingt es bis heute, moderne Arbeitsformen wie auch missbräuchliche Vertragsgestaltungen dem Arbeitnehmerschutzrecht zu unterstellen, sofern dies rechtlich 472

ErfK/Preis, 2022, § 611a BGB Rn. 3; vom „Eingangstor“ zum Arbeitsrecht spricht Reinecke, FS Dieterich, 1999, 463. 473 HWK/Thüsing, 2022, § 611a BGB Rn. 25; DHZ/Ulber, 2019, § 3 Rn. 2. 474 Statt vieler ErfK/Preis, 2022, § 611a BGB Rn. 3. 475 DHZ/Deinert, 2019, § 1 Rn. 3. 476 BT-Drs. 18/10064, 4 („1:1-Kodifizierung“). 477 „Gutes Beispiel für schlechte Systematik“: Wank, AuR 2017, 140; „gesetzestechnisch völlig missglückt“: Staudinger BGB/Richardi/Fischinger, Neubearbeitung 2020, § 611a Rn. 5. 478 „Überflüssig“: Richardi, NZA 2017, 36, 39; kritisch auch etwa Hromadka, NZA 2018, 1583, 1585 f.; milder dagegen Preis, NZA 2018, 817, 819. 479 BT-Drs. 18/10064, 16. 480 Kritisch jedoch zur Subsumtionsfähigkeit des § 611a Abs. 1 BGB Deinert, RdA 2017, 65, 72. 481 Kritisch insbesondere zur Festschreibung der Reichweite des Weisungsrechts in § 611a Abs. 1 Satz 2 BGB vor dem Hintergrund der bereits bestehenden Regelung in § 106 Satz 1 GewO ders., RdA 2017, 65, 71. 482 Hueck/Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts Bd. 1, 1963, 34 f.

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geboten und interessengerecht erscheint. Nach herrschender Meinung in Lehre483 und Rechtsprechung484 ist eine typologische Betrachtung anhand mehrerer Indizien vorzunehmen, um einzelfallgerecht herauszufinden, ob eine persönliche Abhängigkeit als zentrales Kriterium zur Ermittlung der Arbeitnehmerstellung im konkreten Fall besteht und so der Betreffende dem Arbeitnehmertypus zuzuordnen ist. Dem liegt die Überlegung zugrunde, außergewöhnliche Einzelfälle oder neuere Arbeitsphänomene einer zuverlässigen rechtlichen Einordnung zuzuführen, wobei freilich zu beachten ist, dass die typologische Methode Schwächen in puncto Rechtssicherheit und Rechtsklarheit aufweist. Gleichwohl hat sich der Gesetzgeber zu dieser vagen, aber dennoch handhabbaren Methode entschieden, denn in diese Richtung geht nunmehr auch die gesetzliche Vorgabe, mittels einer einzelfallgerechten Gesamtbetrachtung die Feststellung zu treffen, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt, vgl. § 611a Abs. 1 Satz 5 BGB.485 Zudem wird in § 611a Abs. 1 Satz 4 BGB die Rolle der Eigenart der jeweiligen Tätigkeit für den Grad der persönlichen Abhängigkeit betont; das Gesetz geht somit selbst von vielfach existierenden Graubereichen aus und trägt dem Umstand Rechnung, dass ein starrer Arbeitnehmerbegriff in einer sich stets wandelnden Zeit nicht zielführend wäre. 2. Arbeitnehmerstellung dual Studierender Die durch § 611a Abs. 1 BGB aufgestellten Klassifizierungsgrundsätze sind auf die heterogene Gruppe der dual Studierenden zu übertragen. Bei der Untersuchung, ob dual Studierende in den Praxisphasen die Arbeitnehmereigenschaft innehaben, sind die Haupt- und Nebenpflichten der beteiligten Akteure als Richtschnur zugrunde zu legen. Generell formuliert können dual Studierende nur dann Arbeitnehmer sein, wenn die Hauptinhalte der Praxisphase mit den Hauptinhalten von „Normalarbeitsverhältnissen“486 übereinstimmen oder jedenfalls doch wertungsmäßig auf einer Stufe stehen.487 Hierzu sind die Praxisphasenverträge nach den bekannten Grundsätzen der §§ 133, 157 BGB auszulegen.488 483 Statt vieler MüKo BGB/Spinner, 2020, § 611a Rn. 88; HWK/Thüsing, 2022, § 611a BGB Rn. 26, 46, 64 jeweils m. w. N. 484 Siehe nur BAG, Urt. v. 23. 4. 1980 – 5 AZR 426/79, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 34; sowie aus neuerer Zeit BAG, Urt. v. 27. 6. 2017 – 9 AZR 851/16, NZA 2017, 1463, Rn. 24; zudem die verfassungsrechtliche Zulässigkeit des Typusbegriffs bestätigend BVerfG, Beschl. v. 20. 5. 1996 – 1 BvR 21/96, NZA 1996, 1063. 485 Deinert, RdA 2017, 65, 67, 71; kritisch hingegen ErfK/Preis, 2022, § 611a BGB Rn. 53, der die typologische Methode seit der Einführung des § 611a BGB für überholt hält; abl. zudem Richardi, NZA 2017, 36, 38; ebenfalls abl. aus früherer Zeit Bickel, FS Wolf, 1985, 35, 39 f.; dem Typusbegriff aber auch nach Inkrafttreten des § 611a BGB folgend BAG, Urt. v. 27. 6. 2017 – 9 AZR 851/16, NZA 2017, 1463, Rn. 24. 486 Der Begriff geht zurück auf Mückenberger, ZSR 1985, 415, 415 ff., 457 ff. 487 Vgl. für die Überprüfung der Arbeitnehmerstellung von Auszubildenden Bickel, FS Wolf, 1985, 35, 37. 488 Koch-Rust/Rosentreter, NJW 2009, 3005, 3007.

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2. Teil: Typologisierung, Differenzierung und rechtliche Einordnung

Zu berücksichtigen sind auch die unterschiedlichen Erscheinungsformen dualer Studiengänge. Als duales Studium werden hier nur ausbildungsintegrierende, praxisintegrierende und berufsintegrierende Formate verstanden.489 Die begleitenden Konstrukte weisen schließlich keine systematischen Verschmelzungselemente auf, sodass die Berufstätigkeit unabhängig neben der Bildungsmaßnahme steht. In der Regel werden die Teilnehmer berufsbegleitender Studiengänge im Betrieb aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages verpflichtend im Dienst eines anderen, mithin als „klassische“Arbeitnehmer, tätig.490 Strikt davon zu trennen ist ihr Studierendenstatus im Verhältnis zur Bildungseinrichtung. Eine verschränkte Dreiecksbeziehung, die die rechtliche Einordnung maßgeblich tangiert, liegt nur den integrierenden Programmen zugrunde, sodass allein bei diesen auf den Rechtsstatus näher einzugehen ist. Die begleitenden Modelle, die ausdrücklich nicht zu den dualen Studiengängen im hier vertretenen Sinne zählen,491 gehören dagegen konsequenter Weise nicht zum weiteren Untersuchungsgegenstand. Vor dem Hintergrund dessen, dass dual Studierende in seltenen Fällen vom Ausbildungsbetrieb kein oder nur ein sehr geringes Entgelt erhalten, ist als erstes klarzustellen, dass die Entgeltlichkeit der Dienste keine Rolle für die Arbeitnehmerbestimmung spielt.492 Unbeachtlich ist darüber hinaus, wie die Parteien das Rechtsverhältnis bezeichnen.493 Dies wurde nunmehr in § 611a Abs. 1 Satz 6 BGB kodifiziert. Es kommt lediglich auf die objektive Erscheinung des Vertragswerkes an, sodass Betitelungen wie „Ausbildungsvertrag“ oder „Praktikumsvertrag“ für die Annahme eines Arbeitsverhältnisses als Anwendungsfall der falsa demonstratio non nocet unschädlich sind.494 Ausgangspunkt der Überlegungen ist vielmehr, dass dual Studierende vorübergehend in einem Betrieb praktisch tätig werden, um sich Kenntnisse und Erfahrungen für das spätere Berufsleben anzueignen. Sie setzen ihre Arbeitskraft ein, um ein möglichst breit aufgestelltes Portfolio berufspraktischen Wissens zu erlangen. Dabei unterliegen sie auch gewissen inhaltlichen Anweisungen des Betriebsinhabers, sodass der Arbeitnehmerstatus näher ins Blickfeld gerät.

489 Siehe dazu bereits unter § 4 B. IV.; insbesondere berufsintegrierende duale Studiengänge bedürfen dabei einer feinfühligen Einzelfallüberprüfung, da diese nur dann unter das „duale Studium“ fallen, wenn taugliche Verzahnungselemente systematisch verankert sind und der Praxisphase bzw. der Berufstätigkeit ein eigenständiger Ausbildungswert zukommt (siehe dazu wiederum unter § 4 B. II. 1.). 490 Grimm/Freh, ArbRB 2015, 316, 317; vgl. auch Malottke, in: Lakies/Malottke (Hrsg.), BBiG, 2021, § 3 Rn. 14a. 491 Siehe bereits unter § 4 B. IV. 492 Siehe nur Hueck/Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts Bd. 1, 1963, 48. 493 Vgl. BAG, Urt. v. 18. 12. 1986 – 2 AZR 717/85, BeckRS 2009, 69350, unter II. 2.; BAG, Urt. v. 13. 3. 2003 – 6 AZR 564/01, EzB-VjA BBiG § 19 Nr. 33a, unter II. 2. c). 494 Faulhaber, Praktikanten und Volontäre, 2008, 117; Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 346.

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a) Pflicht zur Arbeitsleistung Zunächst ist Voraussetzung für die Arbeitnehmereigenschaft von dual Studierenden, dass sie überhaupt verpflichtet sind, dem Arbeitgeber Arbeit zu leisten. Um die Frage des „Ob“ der Arbeitspflicht beantworten zu können, bedarf es der groben Feststellung des Inhalts einer solchen Pflicht. Der Klärung des „Ob“ ist demnach allgemein vorauszuschicken, dass ein Arbeitnehmer in Abgrenzung zu einem Werkvertrag i. S. d. § 631 BGB gerade keinen Arbeitserfolg, sondern vielmehr lediglich den Einsatz seiner Arbeitskraft, kurzum das bloße Tätigwerden, schuldet.495 Die unter Umständen (verglichen mit einem langjährigen Mitarbeiter) minderwertige Leistung des dual Studierenden kann demnach keinen Einfluss auf seinen Status quo haben. Genauer zu beleuchten ist aber die Pflichtenkonstellation: Die Hauptpflicht der dual Studierenden ist in Anlehnung an den jedenfalls unmittelbar für die Berufsausbildung geltenden § 13 Satz 1 BBiG496 darin zu erblicken, dass sie sich zu bemühen haben, die berufliche Handlungsfähigkeit in einem vorgegebenen Zeitraum zu erwerben.497 Die Verpflichtung zum Lernen wird in § 13 Satz 2 Nr. 1 – 7 BBiG näher beschrieben und es werden Nebenpflichten statuiert, ohne dass diese Aufzählung enumerativ wäre, was durch das Wort „insbesondere“ zum Ausdruck gebracht wird. Es geht damit essentiell um das Aneignen der beruflichen Fähigkeiten und Kenntnisse im Sinne einer Bemühenspflicht.498 Hierbei ist der Kandidat gefordert, die Ausbildung selbst unter größtmöglicher Anspannung seiner körperlichen und geistigen Kräfte voranzubringen.499 Primär ist nicht nur für „Azubis“, sondern auch auf Seiten des dual Studierenden eine Lernpflicht zu konstatieren, die aufgrund der aktiven Mitwirkungspflicht eine echte Verbindlichkeit und nicht bloß eine Obliegenheit darstellt.500 Dies schließt die Leistung von Arbeit indes nicht per se aus. Der Zusammenhang des Lernens und Arbeitens bedarf einer Klärung. Stets ist ein weites, wirtschaftliches Verständnis des Arbeitsbegriffs zugrunde zu legen501: Jede Tätigkeit oder jedes Verhalten zur Befriedigung des Bedürfnisses eines 495

Statt vieler Maties, FS Wank, 2014, 323, 324. Ob § 13 BBiG nicht nur für Auszubildende, sondern auch zwingend für dual Studierende zu gelten hat, ist erst noch Gegenstand der weiteren Untersuchung, vgl. hierzu unter § 6 B. III. 497 Vgl. zur Vertragsgestaltung in dualen Studiengängen MaSiG/Mroß, 2020, C.292 Dualer Studiengang Rn. 16; ebenso Lücke, in: Hümmerich/Lücke/Mauer (Hrsg.), Arbeitsrecht, 2018, § 2 Rn. 352. 498 Vgl. Koch-Rust/Rosentreter, NZA 2013, 879, 880; MaSiG/Mroß, 2020, C.292 Dualer Studiengang Rn. 16 (der dual Studierende habe „alle zumutbaren Anstrengungen zu unternehmen“); ähnlich Lücke, in: Hümmerich/Lücke/Mauer (Hrsg.), Arbeitsrecht, 2018, § 2 Rn. 352; aus dem älteren Schrifttum für die Berufsausbildung B. Natzel, DB 1970, 1975. 499 BT-Drs. V/4260, 8. 500 Zur Berufsausbildung BT-Drs. V/4260, 8: „Grundpflicht“; ausführlich Schröder, Leistungsstörungen im Berufsausbildungsverhältnis, 1997, 15 ff.; zu Praktikanten- und Volontärverhältnissen Schnelle, Volontäre und Praktikanten, 2010, 223; von einer „grundlegenden Obliegenheit“ spricht dagegen BMMS/Munk, 2004, § 9 Rn. 2. 501 MüKo BGB/Spinner, 2020, § 611a Rn. 145; Schaub-ArbR-HdB/Vogelsang, 2021, § 8 Rn. 9. 496

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anderen kann Arbeit sein.502 Dual Studierende erbringen ihre Tätigkeit nicht ausschließlich zum eigenen Vorteil ohne unmittelbaren Nutzen für den Betriebsinhaber, sondern sie liefern gemeinhin zumindest auch wirtschaftlich verwertbare Arbeitsergebnisse, die mit zunehmender Studiendauer und mit Erfüllung ihrer Lernpflicht immer mehr durch frisch hinzugewonnenes Wissen aus der Wissenschaft angereichert werden.503 Der Lernpflicht im Rahmen eines dualen Studiums kann nur dann genüge getan werden, wenn der dual Studierende mit echten praktischen Aufgaben „wie ein Arbeitnehmer“ betraut wird, um auf diese Weise berufspraktische Handlungen einzuüben. Die Nachwuchskraft wird so unter paralleler Erlangung von Methoden- und Sozialkompetenzen auf wissenschaftlicher Grundlage an das künftige Berufsfeld herangeführt. Dass die Tätigkeit von dual Studierenden in aller Regel für den Betrieb einen gewissen Gegenwert hat, ergibt sich somit bereits aus dem fachspezifischen Einsatz. So ist etwa ein dual Studierender in der Versicherungsbranche bereits in einem frühen Stadium dazu in der Lage, intelligente Listen oder Tabellen zu erstellen, die für komplizierte Beitragsberechnungen als wichtige Grundlage dienen können. Mit fortgeschrittener Studiendauer können die Aufgaben komplexer gestaltet werden mit der Folge eines noch größeren Nutzens für den Betrieb. Nicht erforderlich ist dagegen, dass sich die Investitionen des Ausbildungsbetriebs letztlich per saldo amortisieren, auch wenn dies aufgrund der Rekrutierung passgenauen, eigenen Nachwuchses langfristig regelmäßig der Fall sein dürfte.504 Angesichts des unbestrittenen und vor allem steigenden Gebrauchswertes ihres praktischen Tätigwerdens und trotz der prägenden Lernelemente leisten dual Studierende dem Ausbildungsbetrieb gegenüber Arbeit.505 Die Lernpflicht stellt demnach nicht nur kein Hemmnis für die Leistung von Arbeit dar, sondern die zu erbringende Arbeitsleistung ist – geradezu im Gegenteil – essentiell für das Lernen im dualen Studium. Eine Verpflichtung zur Arbeitsleistung ist für dual Studierende dabei ebenfalls anzunehmen. Ohne die umfangreiche Praxisbewährung können die dualen Studienteilnehmer den angestrebten Abschluss nicht erlangen, denn im Betrieb selbst werden durch die praktische Tätigkeit erforderliche Leistungen erbracht. Zudem ist die Pflicht zur Leistung von Arbeit ein inhärenter Teil der als Hauptpflicht kate-

502 Siehe nur BAG, Urt. v. 11. 10. 2000 – 5 AZR 122/99, NZA 2001, 458, unter IV. 3. d); BAG, Urt. v. 22. 4. 2009 – 5 AZR 292/08, NZA-RR 2010, 231, Rn. 15. 503 Argumentativ auf einer ähnlichen Linie in Bezug auf Auszubildende Bickel, FS Wolf, 1985, 35, 42 f.; vgl. zudem in Bezug auf Praktikanten LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 10. 8. 2006 – 4 Sa 386/06, BeckRS 2007, 41825, unter II. 504 Zu den Vorteilen für die Kooperationsbetriebe im Bereich des Recruitings siehe bereits § 3 B. I., III. Das Eingehen einer dualen Studienkooperation stellt betrieblicherseits trotz des finanziellen wie organisatorischen Aufwands regelmäßig kein Verlustgeschäft dar. 505 Für Praktikanten anschaulich und auf dual Studierende grundsätzlich übertragbar Orlowski, RdA 2009, 38, 41.

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gorisierten Lernpflicht dual Studierender.506 Ohne die Leistung der dem Ausbildungszweck entsprechenden Arbeiten ist das charakteristische Merkmal dualer Studiengänge des „training on the job“ bzw. des „learning by doing“ schon denklogisch nicht erfüllbar; die Lernpflicht würde speziell bei derartig praxisbezogenen Studiengängen zu einer inhaltsleeren Konstruktion verkommen. Die Arbeitsleistung des dual Studierenden lässt sich demgemäß als wesentliches Mittel bezeichnen, um das Studienziel zu erreichen.507 Aktive Mitarbeit weit über ein bloßes Zuschauen und Beobachten hinaus zeichnet das duale Studienmodell aus und ist sowohl im Interesse des dualen Studienteilnehmers als auch des Kooperationsbetriebs.508 Die Arbeitsleistung klassifiziert sich somit nicht als eigenständige Pflicht, sondern steht zur Lernpflicht in einem Über- und Unterordnungsverhältnis. Lernund Arbeitspflicht bilden dabei eine untrennbare Einheit509 und bedingen sich folgegemäß gegenseitig im Sinne einer Interdependenz, wobei sich Letztere als untergeordnete Pflicht hinter510 und nicht neben511 den zentralen Lernaspekt einzureihen hat. Ob die Pflicht zur Arbeitsleistung privatrechtlicher oder öffentlichrechtlicher Natur ist, muss an dieser Stelle dagegen nicht entschieden werden, wenn die Arbeitnehmerstellung dual Studierender aus anderen Gründen ausscheidet. Auf die gleichwohl durchaus relevante Abgrenzungsthematik ist dann vielmehr im weiteren Untersuchungsverlauf detailliert zurückzukommen.512 Einstweilen bleibt es bei der Erkenntnis, dass dual Studierende gegenüber dem Partnerbetrieb zur Arbeitsleistung verpflichtet sind. b) Persönliche Abhängigkeit Die persönliche Abhängigkeit als zentrales Kriterium zur Ermittlung der Arbeitnehmerstellung513 wird nunmehr in § 611a Abs. 1 Satz 1 BGB als letztes Kriterium ausdrücklich genannt und ergibt sich insbesondere aus den vorstehenden Kriterien der Weisungsgebundenheit und Fremdbestimmtheit. Entgegen der Auffassung Rolf Wanks514 darf es nicht auf die regelmäßig mit der persönlichen Ab506 Vgl. Schnelle, Volontäre und Praktikanten, 2010, 227; abw. Horstmeier, Prekäre Beschäftigungsverhältnisse, 2009, 64; AR-Blattei SD/Lakies, 2007, 1740, Rn. 102; Schade, NJW 2013, 1039, 1041; uneindeutig Faulhaber, Praktikanten und Volontäre, 2008, 71 f. 507 Für Praktikanten und Volontäre vgl. Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 229. 508 Zur Motivlage der beiden Akteure siehe bereits unter § 3 A., B. 509 Zur Berufsaubildung Frädrich, Berufsausbildungsverhältnis, 1988, 69. 510 So auch Schnelle, Volontäre und Praktikanten, 2010, 227. 511 So aber E. Schmidt, BB 1971, 313, 316. 512 Zur Abgrenzung von Privatrecht und öffentlichem Recht im Zusammenhang mit der Begutachtung des „anderen Vertragsverhältnisses“ i. S. d. § 26 BBiG vgl. § 6 B. III. 1. 513 HWK/Thüsing, 2022, § 611a BGB Rn. 47. 514 Wank, Arbeitnehmer und Selbständige, 1988, 18 f., 125, 389 f.; weitere Thesen zur Ausdehnung des Schutzbereichs des Arbeitsrechts dargestellt bei Däubler, FS Wank, 2014, 81, 81 f. m. w. N.; vgl. ebenso Bücker, FS Kohte, 2016, 21, 31 ff.

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hängigkeit zusammenfallende515 wirtschaftliche Abhängigkeit, die wiederum mit einer sozialen Schutzbedürftigkeit einhergeht,516 ankommen, da dies zu kurz greift und eine Abgrenzung zu anderen Vertragstypen nicht zulässt.517 Maßgeblich ist allein die persönliche Abhängigkeit,518 deren Ausmaß je nach Wirtschafts- und Lebensbereich unterschiedlich ausgeprägt sein kann.519 Für die persönliche Abhängigkeit ist der Umfang der Weisungsgebundenheit ebenso wie die Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation entscheidend.520 Das Weisungsrecht kann nach Maßgabe des § 611a Abs. 1 Satz 2 BGB Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. § 611a Abs. 1 Satz 3 BGB zieht den Umkehrschluss aus dem früher herangezogenen § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB und definiert das Merkmal der Weisungsgebundenheit dergestalt, dass derjenige, der im Wesentlichen nicht frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann, als weisungsgebunden und damit als unselbstständig beschäftigt anzusehen ist. Wendet man in einem nächsten Schritt die vorstehenden Leitlinien auf die Gruppe dual Studierender an, so kann die persönliche Abhängigkeit bei einer typisierenden Betrachtung bejaht werden. Dual Studierende erhalten in der Regel Einblick in mehrere Abteilungen und Bereiche des Unternehmens. Nicht selten behält sich die Betriebsseite – insbesondere sind hier Großunternehmen zu nennen – in der Praxisphase eine Versetzung des dual Studierenden an weitere geeignete Standorte vor, soweit dies mit dem Studienziel vereinbar ist.521 Zwar können individuelle Wünsche im Einzelfall im Rahmen billigen Ermessens angemessene Berücksichtigung finden, die Entscheidungsgewalt hinsichtlich des konkreten Einsatzortes und der sonstigen Arbeitsmodalitäten liegt indes auf Seiten des Betriebs.522 So legt der den dual Studierenden zugeordnete Ausbilder bzw. Mentor die sorgfältig zu erledigenden Aufgaben fest, auch wenn die Tätigkeit selbst in der Folge mit zunehmender Betriebserfahrung eigenständiger werden kann – selbstständiges, verantwortungsvolles Arbeiten erzeugt oftmals einen nicht zu unterschätzenden Lerneffekt.523 Freilich kann dies an der Weisungsgebundenheit und Fremdbestimmung nichts ändern; es bleibt dabei, dass dual Studierende ihrem zugewiesenen Ausbilder unterstehen.524 515

ErfK/Preis, 2022, § 611a BGB Rn. 10. Gamillscheg, Arbeitsrecht I, 2000, 163. 517 Statt vieler ErfK/Preis, 2022, § 611a BGB Rn. 47. 518 Grundlegend siehe nur BAG, Urt. v. 28. 2. 1962 – 4 AZR 141/61, AP BGB § 611 Abhängigkeit Nr. 1; aus neuerer Zeit BAG, Urt. v. 15. 2. 2012 – 10 AZR 111/11, NZA 2012, 733, Rn. 20; BAG, Urt. v. 21. 7. 2015 – 9 AZR 484/14, NZA-RR 2016, 344, Rn. 25. 519 Reinecke, FS Dieterich, 1999, 463, 470 f. 520 Siehe nur BAG, Urt. v. 24. 2. 1994 – 6 AZR 505/93, NZA 1995, 237, unter II. 1. a). 521 Vgl. das Vertragsmuster bei Lücke, in: Hümmerich/Lücke/Mauer (Hrsg.), Arbeitsrecht, 2018, § 2 Rn. 352; siehe auch den Praxisphasenvertrag unter Ziffer 1 im Tatbestand der Entscheidung BAG, Urt. v. 18. 11. 2008 – 3 AZR 192/07, NZA 2009, 435. 522 Vgl. Brecht-Heitzmann, RdA 2008, 276, 281. 523 Vgl. bereits Laubscher, Die rechtliche Stellung des Volontärs, 1958, 41. 524 Brecht-Heitzmann, AuR 2009, 389, 390. 516

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Mitunter ist in den Praxisphasenverträgen sogar vorgesehen, dass die Studierenden dualer Studiengänge bestimmte Wahlpflichtmodule bei der akademischen Bildungseinrichtung zu belegen haben, die zwecks Schaffung von Synergieeffekten eine fachspezifische Nähe zur Ausbildungsstätte aufweisen müssen und dementsprechend aus Sicht des Betriebes von höherem Interesse sind.525 Die Projektarbeiten können je nach Vorgabe kurz-, mittel- oder auch langfristig angelegt sein. Des Weiteren erfolgt eine Abstimmung über die wöchentliche Ausbildungszeit mit Anwesenheitspflicht im Betrieb,526 Arbeitsbeginn und -ende sind gewöhnlicher Weise exakt geregelt und werden mitunter mittels Zeiterfassungssystemen kontrolliert. Dual Studierende unterliegen demnach uneingeschränkt dem Weisungsrecht des Betriebsinhabers i. S. d. § 611a Abs. 1 Satz 2 BGB im Hinblick auf Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort ihrer Tätigkeit (vgl. § 611a Abs. 1 Satz 3 BGB).527 Der Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation,528 die von § 611a Abs. 1 BGB nicht ausdrücklich genannt wird, aber weiterhin als Indiz bei der Arbeitnehmerbestimmung herangezogen werden kann,529 kommt nur selten eigenständige Bedeutung gegenüber der bereits festgestellten Weisungsgebundenheit zu.530 Für dual Studierende kann dieses Kriterium ohnehin nicht angezweifelt werden. Typischerweise werden die dualen Studienteilnehmer „wie Arbeitnehmer“ in die üblichen Arbeitsabläufe des Betriebs integriert531 und nehmen an geschäftsüblichen Teammeetings oder gegebenenfalls Kundengesprächen teil.532 Branchenabhängig ist auch die Wahrnehmung von Außenterminen – meist in Begleitung eines erfahrenen Mitarbeiters – denkbar. Die betriebliche Integration und Sozialisation gelingt bereits aufgrund des ausgeglichenen Verhältnisses vom Umfang der Praxisphasen und der Dauer der Studienteile.533 Arbeitsmittel wie etwa Schreibtisch, Büromaterial, Telefon und Computer werden den dual Studierenden für die betriebspraktischen Studieninhalte zur Verfügung gestellt,534 sie erhalten in aller Regel auch Zugang zum 525

Siehe etwa LAG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 8. 2. 2007 – 9 Sa 376/06, BeckRS 2008, 50561, unter II. 1. b) bb); ähnlich der Praxisphasenvertrag unter Ziffer 2 im Tatbestand der Entscheidung BAG, Urt. v. 18. 11. 2008 – 3 AZR 192/07, NZA 2009, 435. 526 Siehe zur Vertragsgestaltung MaSiG/Mroß, 2020, C.292 Dualer Studiengang Rn. 14. 527 Explizit BAG, Urt. v. 18. 11. 2008 – 3 AZR 192/07, NZA 2009, 435, Rn. 17; vgl. auch BAG, Beschl. v. 27. 9. 2006 – 5 AZB 33/06, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 63, Rn. 11 f.; die verschiedenen Indizien ausführlich zugrunde legend LAG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 7. 12. 2006 – 9 Sa 304/06, BeckRS 2009, 56009, unter II. 1. b); zudem Koch-Rust/Rosentreter, NZA 2013, 879, 881. 528 So ausdrücklich in der abstrakten Beschreibung des Arbeitnehmerbegriffs BAG, Beschl. v. 28. 3. 2001 – 7 ABR 21/00, NZA 2002, 1294, unter I. 2. a). 529 HWK/Thüsing, 2022, § 611a BGB Rn. 55. 530 HWK/ders., 2022, § 611a BGB Rn. 53. 531 Brecht-Heitzmann, AuR 2009, 389, 390. 532 Vgl. ders., RdA 2008, 276, 282. 533 Vgl. etwa LAG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 8. 2. 2007 – 9 Sa 376/06, BeckRS 2008, 50561, unter II. 1. b) bb). 534 Vgl. MaSiG/Mroß, 2020, C.292 Dualer Studiengang Rn. 18.

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betriebsinternen IT-Netzwerk (Intranet).535 Die Zusammenführung der verschiedenen Indizien lässt an der persönlichen Abhängigkeit dual Studierender im Verhältnis zu ihrem Ausbildungsbetrieb keine Zweifel aufkommen.536 c) Die Bedeutung des Ausbildungszwecks Angesichts modifizierter Hauptleistungspflichten im Rahmen eines dualen Studiums ist letztlich aber der Frage nachzuspüren, wie sich der Umstand auswirkt, dass sich die allgemeine Zwecksetzung von Arbeitsverhältnissen und dualen Studienverhältnissen unterscheidet. Wie bereits festgestellt, leisten Studierende dualer Studiengänge den Ausbildungsbetrieben gegenüber Arbeit.537 Die Motivlage ist auf Seiten der dual Studierenden indes hauptsächlich derart ausgestaltet, dass sie die Arbeitsleistungen erbringen, um zu lernen und durch den Einsatz Erfolge für sich selbst zu bewirken. Auch die übergeordnete Interessenlage in einem Normalarbeitsverhältnis ist hinreichend klar: Während der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zwecks Verwertung des Arbeitsergebnisses im betrieblichen Interesse beschäftigt, wird der Arbeitnehmer zum Erwerb seines Lebensunterhalts tätig. Mithin geht es im Kern um den Austausch von Leistung gegen Entgelt. Bei der dualen Studienkonzeption sticht demgegenüber der Lern- und Ausbildungszweck primär zugunsten der dualen Nachwuchskraft heraus. Dies wird dadurch untermauert, dass der Praxisstation im Rahmen des dualen Studiums durch die Vermittlung überfachlicher Qualifikationen ein eigener Ausbildungswert zukommt, sodass die Ausbildungspflicht in den meisten Vertragsgestaltungen – ähnlich wie bei der Berufsausbildung gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 1 BBiG – als Hauptpflicht des ausbildenden Betriebs einzustufen ist.538 Konkret verpflichtet sich der Ausbildungsbetrieb dazu, dem dual Studierenden alle Fähigkeiten, Kenntnisse und Fertigkeiten zu vermitteln, die zum Erreichen des Studienziels erforderlich sind.539 Dass sich dual Studierende zu bemühen haben, durch ihre Lernhandlungen zugleich auch Erfolge für den Ausbil-

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Brecht-Heitzmann, RdA 2008, 276, 282. Als Indizien werden auch das Maß der Verpflichtung des dual Studierenden zur Arbeitsleistung, eine etwaig gezahlte Vergütung in der Praxisphase sowie ein eventuell bestehender Urlaubsanspruch unabhängig von Semesterferien herangezogen, vgl. LAG SachsenAnhalt, Urt. v. 8. 2. 2007 – 9 Sa 376/06, BeckRS 2008, 50561, unter II. 1. b); zusätzlich können auch die Vereinbarung einer Probezeit oder etwa die Festlegung des Umfangs der Dienstpflicht indiziell berücksichtigt werden, vgl. LAG Köln, Urt. v. 31. 5. 2006 – 3 Sa 225/06, NZA-RR 2006, 525, unter II. 1. b) cc). 537 Siehe oben unter § 6 B. I. 2. a). 538 Für die Berufsbildung ausdrücklich BT-Drs. V/4260, 7; für duale Studiengänge KochRust/Rosentreter, NJW 2009, 3005, 3007. 539 Siehe explizit zur Vertragsgestaltung MaSiG/Mroß, 2020, C.292 Dualer Studiengang Rn. 18; sowie das Muster bei Lücke, in: Hümmerich/Lücke/Mauer (Hrsg.), Arbeitsrecht, 2018, § 2 Rn. 352. 536

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dungsbetrieb zu bewirken,540 kommt allenfalls als Nebenpflicht in Betracht.541 Ob diese Konzeption mit der Lern- und der hierin aufgehenden Arbeitspflicht542 als Hauptpflicht des dual Studierenden sowie der Ausbildungspflicht als Hauptpflicht des Kooperationsbetriebs etwas an der Arbeitnehmerstellung dual Studierender ändert, gilt es nun zu überprüfen. Grundsätzlich kommt dem Zweck der Beschäftigung für die Annahme eines Arbeitsverhältnisses keine Bedeutung zu.543 Im Wortlaut des § 611a Abs. 1 BGB ist ein darauf gerichtetes Kriterium auch nicht ausdrücklich vorgesehen. Ist der Lernund Ausbildungszweck hingegen als vertragliche Pflicht manifestiert, könnte diesbezüglich etwas anderes gelten.544 Dies deutet sich bereits in der Rechtsprechung zur Abgrenzung des echten Praktikantenverhältnisses vom Arbeitsverhältnis an.545 Einen ersten Anknüpfungspunkt stellt die Weisungsbefugnis dar: Im Rahmen eines dualen Studiums ist das Weisungsrecht des Ausbildenden nicht derart umfassend ausgeprägt wie bei einem normalen Arbeitsverhältnis, da die Ausbildungspflicht als Hauptpflicht nur erfüllt werden kann, wenn ausschließlich ausbildungsbezogene Tätigkeiten auf den dual Studierenden übertragen werden (vgl. für die Berufsausbildung § 14 Abs. 3 BBiG).546 Der Ausbildende kann dem Studierenden demnach nicht nach Gutdünken jedwede Aufgaben übertragen, sondern hat stets den Bezug zum Studium im Auge zu behalten. Ob sich dies speziell für die Praxisphasen dualer Studiengänge unmittelbar aus dem BBiG ergeben kann, ist Gegenstand der weiteren Untersuchung.547 In einem Arbeitsverhältnis schuldet der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber hingegen jeden beliebigen Dienst der arbeitsvertraglich vereinbarten Gattung innerhalb des (jedenfalls weiter gefassten) gesetzlichen Rahmens.548 Teilnehmer dualer Studiengänge können sich ebenso wenig vertraglich dazu verpflichten, auch 540 MaSiG/Mroß, 2020, C.292 Dualer Studiengang Rn. 16 (dual Studierende verpflichten sich, die ihnen „übertragenen betriebspraktischen Arbeiten gewissenhaft durchzuführen“); ähnlich Lücke, in: Hümmerich/Lücke/Mauer (Hrsg.), Arbeitsrecht, 2018, § 2 Rn. 352. 541 Vgl. bezüglich der in diesem Bereich ähnlich gelagerten Berufsausbildung Bickel, FS Wolf, 1985, 35, 44. 542 Siehe bereits zuvor unter § 6 B. I. 2. a). 543 Grundlegend schon Hueck/Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts Bd. 1, 1963, 55; Nikisch, Arbeitsrecht Bd. 1, 1961, 118; dem folgend Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 231. 544 Vgl. bereits grundlegend Laubscher, Die rechtliche Stellung des Volontärs, 1958, 36 ff. 545 Vgl. BAG, Urt. v. 5. 12. 2002 – 6 AZR 537/00, AP BBiG § 5 Nr. 11, unter I. 1. sowie unter I. 2. b); BAG, Urt. v. 13. 3. 2003 – 6 AZR 564/01, EzB-VjA BBiG § 19 Nr. 33a, unter II. 2.; BAG, Urt. v. 17. 7. 2007 – 9 AZR 1031/06, NZA 2008, 416, Rn. 22 („Lern- und Übungszwecke“); LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 8. 2. 2008 – 5 Sa 45/07, NZA 2008, 768, Rn. 31; LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 20. 5. 2016 – 6 Sa 1787/15, BeckRS 2016, 72890, Rn. 51 ff. 546 Koch-Rust/Rosentreter, NZA 2013, 879, 880. 547 Siehe zusammenfassend unter § 6 C. sowie unter § 7 A. II. 1. 548 Vgl. Bickel, FS Wolf, 1985, 35, 45; freilich ist auch im Arbeitsverhältnis zu beachten, dass etwa das Direktionsrecht des Arbeitgebers (§ 106 GewO) keineswegs schrankenlos gilt, sondern nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) ausgeübt werden muss.

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2. Teil: Typologisierung, Differenzierung und rechtliche Einordnung

zumutbare Tätigkeiten, die ihren Fähigkeiten und Vorkenntnissen entsprechen, außerhalb des Ausbildungsziels zu übernehmen.549 Die Pflicht zur Arbeitsleistung endet für dual Studierende dort, wo sie nicht mehr erforderlich ist, um das Erreichen des Studienziels zu fördern.550 Dadurch, dass die Pflicht zur Leistung von Arbeit richtiger Weise als integraler Bestandteil der Lernpflicht zählt, wird deutlich, aus welchem Grunde die „Arbeitspflicht“ durch den Ausbildungszweck beschränkt ist.551 Das Weisungsrecht hinsichtlich des Ortes und der Zeit der Arbeitsleistung ist überdies dadurch erheblichen Beschränkungen ausgesetzt, dass dual Studierende vom ausbildenden Betrieb für die Theoriephasen sowie für Prüfungen freizustellen sind,552 um den Vertragszweck nicht zu gefährden.553 Dass das Ausbildungsziel eine Sonderrolle einnimmt, zeigen auch die üblichen Vertragsklauseln, nach denen der dual Studierende nach näherer Absprache mit dem Betrieb auch während der vorlesungsfreien Zeit Gelegenheit zur angemessenen Vor- und Nachbereitung von Studien- und Prüfungsinhalten erhält.554 Bei der Vertragsgestaltung geht die zum Besuch der Bildungsinstitution notwendige Freizeitgewährungspflicht seitens des Betriebs sogar noch ein Stück weiter.555 Hier kommt außerdem zum Tragen, dass das vom Ausbildungsbetrieb an den dual Studierenden häufig gezahlte monatliche Entgelt an die Erbringung der Studienleistung geknüpft ist und somit nicht allein als Ausgleich für zu erbringende Arbeitsleistungen gezahlt wird.556 Für den übergeordneten Ausbildungszweck ist das zeitliche Verhältnis zwischen Arbeitsleistung und Ausbildung dagegen weitgehend unbeachtlich.557 Die Faktoren „Lernen“ und „Arbeiten“ lassen sich nicht strikt voneinander trennen, sondern gehen fließend ineinander über, denn dual Studierende lernen gerade durch die praktische Arbeitstätigkeit. Dabei wird das – wenn auch brauchbare – Arbeitsergebnis nicht nachhaltig und systematisch erzielt, sondern es stellt lediglich einen „Reflex“ der 549

Vgl. den Fall LAG Köln, Urt. v. 23. 2. 2000 – 2 Sa 1248/99, BeckRS 2000, 30462384. Entsprechend zur dualen Berufsausbildung Behmenburg, Kompetenzverteilung bei der Berufsausbildung, 2002, 39; Bickel, FS Wolf, 1985, 35, 45; B. Natzel, Berufsbildungsrecht, 1982, 129; speziell zu dualen Studiengängen verneint das BSG mit knapper Begründung eine Arbeitspflicht des dual Studierenden, vgl. BSG, Urt. v. 1. 12. 2009 – B 12 R 4/08 R, BSGE 105, 56, 60, Rn. 16. 551 Vgl. zu Praktikanten- und Volontärverhältnissen Schnelle, Volontäre und Praktikanten, 2010, 227. 552 Siehe zur Vertragsgestaltung MaSiG/Mroß, 2020, C.292 Dualer Studiengang Rn. 14. 553 Koch-Rust/Rosentreter, NZA 2013, 879, 880. 554 MaSiG/Mroß, 2020, C.292 Dualer Studiengang Rn. 14. 555 Kleinebrink, ArbRB 2011, 58, 60; MaSiG/Mroß, 2020, C.292 Dualer Studiengang Rn. 18. 556 LAG Hamm, Urt. v. 13. 10. 2006 – 2 Ta 6/06, NZA-RR 2007, 97, unter II. 1. a); ob eine Pflicht zur Vergütung des dual Studierenden besteht, lässt sich erst nach der Einstufung des Rechtstypus dualer Studiengänge abschließend beantworten. 557 Vgl. zum Praktikantenverhältnis Faulhaber, Praktikanten und Volontäre, 2008, 121; Schnelle, Volontäre und Praktikanten, 2010, 71; anders offenbar Seeger, „Generation Praktikum“, 2012, 28. 550

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Ausbildung dar, sofern der Lern- und Ausbildungszweck tatsächlich herausragt.558 Nicht außer Acht zu lassen ist in diesem Kontext, dass auch dem Arbeitsverhältnis fortwährend Lernkomponenten immanent sind.559 Gerade zu Beginn der Arbeitsaufnahme oder nach einem Wechsel der Arbeitsstätte müssen Arbeitnehmer mit den jeweiligen betrieblichen Besonderheiten vertraut gemacht und umfassend eingearbeitet werden, um den Akklimatisierungsprozess und den arbeitsspezifischen Einsatz schnellstmöglich voranzutreiben. § 45 Abs. 2 BBiG eröffnet sogar die Möglichkeit, sich Kenntnisse und Fertigkeiten in einem anerkannten Ausbildungsberuf im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses anzueignen.560 Dies vermag am Arbeitnehmerstatus jedoch nichts zu ändern, denn der Hauptzweck ist hier nicht auf das Lernen und Üben im engeren Sinne, sondern auf die zügige Gewöhnung an die mitunter neuen Arbeitsaufgaben bzw. auf die Erbringung von Arbeitsleistungen schlechthin gerichtet. Diese Überschneidungen führen dazu, dass sich die dual Studierenden mit zunehmender Studiendauer und Praxiserfahrung nah an die Schwelle zum Arbeitnehmerstatus „heranarbeiten“,561 diese bei Befolgung der vertraglichen und hochschulrechtlichen Vorgaben jedoch regelmäßig nicht überschreiten. Demgemäß ist für die Arbeitnehmereigenschaft durchaus der Umstand von Bedeutung, dass jemand ausschließlich oder zumindest in erster Linie zu seiner eigenen Ausbildung beschäftigt wird und sich Art und Maß der Beschäftigung nach dem Ausbildungszweck zu richten haben.562 Das Vertragsverhältnis wird eigens zur Qualifizierung des dualen Studienteilnehmers begründet.563 In diesem Fall besteht ein Wesensunterschied zum Arbeitsverhältnis, der die Arbeitnehmerstellung ausschließt.564 d) Zwischenergebnis und etwaige Missbrauchsgestaltungen Die Arbeitnehmerstellung dual Studierender in der Erstausbildung scheitert am beherrschenden Ausbildungszweck.565 Abzugrenzen ist daher nach dem vorrangigen Zweck in der Praxisphase dualer Studiengänge, speziell also danach, ob der dual 558

Orlowski, RdA 2009, 38, 41. Eingehend dies., Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 355 ff. 560 BAG, Urt. v. 27. 7. 2010 – 3 AZR 317/08, AP BBiG § 4 Nr. 3, Rn. 25. 561 Dies ist im dualen Studienkonzept systematisch angelegt, denn je näher die dual Studierenden an die Arbeitnehmereigenschaft durch praxisnahe Tätigkeiten heranrücken, desto reibungsloser gelingt der Einstieg in das Berufsleben nach der Absolvierung des dualen Studiums. 562 Vgl. bereits Nikisch, Arbeitsrecht Bd. 1, 1961, 118. 563 I. Natzel, NZA 2012, 650, 653. 564 Nikisch, Arbeitsrecht Bd. 1, 1961, 118. 565 Im Ergebnis mit knapper Begründung (keine Verpflichtung zur Erbringung für Arbeitnehmer typischer Arbeitsleistung) auch BSG, Urt. v. 1. 12. 2009 – B 12 R 4/08 R, BSGE 105, 56, 60, Rn. 16; Benecke, in: Benecke/C. S. Hergenröder (Hrsg.), BBiG, 2021, § 26 Rn. 21; Hirdina, NZA 2008, 916, 916 f. 559

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2. Teil: Typologisierung, Differenzierung und rechtliche Einordnung

Studierende die Arbeit hauptsächlich im eigenen Lern- und Ausbildungsinteresse erbringt oder ob ein betriebliches Interesse an der wirtschaftlichen Verwertung der Arbeitsergebnisse überwiegt. Die gewöhnlich für die Einstufung als Arbeitsverhältnis entscheidende Frage, ob die betriebspraktische Phase überhaupt ein Privatrechtsverhältnis darstellt, muss folglich an dieser Stelle nicht beantwortet werden.566 Im Rahmen der Begutachtung des „anderen Vertragsverhältnisses“ i. S. d. § 26 BBiG ist auf die Abgrenzung von Privatrecht und öffentlichem Recht jedoch tiefer einzugehen.567 Aus den vorstehenden Überlegungen lässt sich folgern, dass dual Studierende im Regelfall – die begleitenden, schon nicht als duales Studium zu verstehenden Formate568 ausgeklammert – keinen Arbeitnehmerstatus genießen. Es kann jedoch in der betriebsinternen Realität Fälle geben, in denen dual Studierende über einen längeren Zeitraum systematisch mit abhängiger Arbeit beschäftigt werden und der Ausbildungszweck gegenüber dem Betriebsinteresse nicht nur kurzzeitig in den Hintergrund tritt, sodass sie auch rechtlich als Arbeitnehmer anzusehen wären.569 Dieses Phänomen wurde bereits für die „Scheinpraktika“ beschrieben,570 denkbar ist aber auch eine Adaption auf „Schein-Dual-Studierende“. Die Abgrenzung ist anhand der üblichen Kriterien vorzunehmen,571 wobei ein fließender Übergang möglich erscheint.572 Die Schnittmenge von Lernelementen im Arbeitsverhältnis einerseits und „Arbeitselementen“ im Ausbildungsverhältnis andererseits ist so groß,573 dass stets eine umfassende Gesamtabwägung im Einzelfall zu erfolgen hat. Das Pendel schlägt zugunsten eines Arbeitsverhältnisses aus, sobald die Qualifizierung betrieblicherseits weit überwiegend erfolgt, um einen wirtschaftlich verwertbaren Wert zu erlangen. Hierbei kommt es entscheidend auf die subjektive Komponente an. Allein die Tatsache, dass es zu verwertbaren Arbeitsergebnissen kommt, spielt keine Rolle; maßgebend ist vielmehr die konkrete Motivlage des Betriebsinhabers. In objektiver Hinsicht kann ein Arbeitsverhältnis allerdings auch vorliegen, wenn die Arbeitsleistung de facto ein solches Gewicht einnimmt, dass der Ausbildungszweck effektiv über einen nicht nur unerheblichen Zeitraum überlagert wird.574 Im Rahmen der nach § 611a Abs. 1 Satz 5 BGB durchzuführenden Gesamtbetrachtung ist dann im Einzelnen zu hinterfragen, ob die Tätigkeit des dual Studierenden nach Art, Qualität und 566

Dies wurde bereits angedeutet unter § 6 B. I. 2. a). Dazu siehe noch im Folgenden unter § 6 B. III. 568 Siehe hierzu bereits unter § 4 B. II., IV. 569 I. Natzel, NZA 2008, 567, 569; bestätigt von der Praxis, vgl. Ballauf, AiB 2016, 43, 45. 570 Siehe auch schon mit entsprechendem Bezug zu dual Studierenden unter § 5 B. II. 3. b). 571 LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 20. 5. 2016 – 6 Sa 1787/15, BeckRS 2016, 72890, Rn. 44. 572 Vgl. bereits Scherer, NZA 1986, 280, 281; in diesem Sinne auch Fangmann, AuR 1977, 201, 202; sowie aktueller Schnelle, Volontäre und Praktikanten, 2010, 68 ff., der den Indizienkanon unterschiedlich gewichtet (72 ff.). 573 Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 359. 574 Vgl. in Bezug auf Praktikanten Faulhaber, Praktikanten und Volontäre, 2008, 64. 567

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Umfang gewöhnlicher Weise durch die eines regulären Arbeitnehmers vorzunehmen und somit austauschbar ist.575 Die Betriebsakteure dürfen ihr Weisungsrecht in diese Richtung nicht ausüben, da sie an die Vorgaben des Dritten, der die Qualifizierung über die jeweilige Studienordnung mitsteuert, gebunden sind.576 Zudem verhält sich eine derartige Vertragspraxis in aller Regel konträr zum abgeschlossenen Praxisphasenvertrag. Eine solche Missbrauchsgestaltung soll im Folgenden kurz exemplifiziert werden. Denkt man etwa an den dualen Studiengang Accounting & Controlling oder an andere duale Spezialstudiengänge wie beispielsweise Medieninformatik, so ist durchaus vorstellbar, dass dual Studierende im Unternehmen nicht nur mit betriebswirtschaftlichen Grundlagen im Bereich der Finanzwirtschaft respektive mit allgemeinem Informatikwissen in Berührung kommen, sondern dass sie mit umfassenden Detailfragen betraut werden. Dies ist insoweit unproblematisch, als sie der Kompetenzerweiterung des dualen Studienteilnehmers dienen. Freilich ist der hohe Spezialisierungsgrad den beiden hier gewählten Beispielstudiengängen immanent, jedoch darf die Fokussierung auf den Teilbereich eines „Generalistenstudiums“ (hier Betriebswirtschaftslehre bzw. Informatik) nicht dazu führen, dass vakante Stellen fachspezifischer Art unternehmensintern mit dual Studierenden besetzt werden. Je spezieller der duale Studiengang ist, desto größer ist die Gefahr, dass der dual Studierende im Betrieb als einziger oder als einer der wenigen Mitarbeiter Experte in bestimmten Fachfragen ist. Sobald der dual Studierende im Betrieb für einen nicht nur unerheblichen Zeitraum aufgrund seines Spezialwissens eigenverantwortlich Tätigkeiten übernimmt, die über den mit der praktischen Ausbildung verfolgten Zweck hinausgehen, wird die Schwelle zum Arbeitsverhältnis überschritten. Dann ist der dual Studierende derart in die betrieblichen Abläufe eingebunden, dass er realiter schwerpunktmäßig Arbeitsleistungen erbringt. Stellt der dual Studierende des Studiengangs Accounting & Controlling also etwa komplizierte Bilanzrechnungen zum Zwecke der betrieblichen Verwertung an und hätte diese Tätigkeit mangels erforderlicher Kompetenzen nicht in gleichwertiger Form von einem gelernten Mitarbeiter ausgefüllt werden können, spricht dies klar für ein „verschleiertes Arbeitsverhältnis“ mit der Folge der vollumfänglichen Geltung arbeitsrechtlicher Schutznormen. In der Konstellation, dass der dual Studierende für einen längeren Zeitraum, etwa vier Wochen, schwerpunktmäßig Arbeitsleistungen erbringt und danach wieder regulär mit Tätigkeiten betraut wird, die sich im Rahmen des Ausbildungszwecks bewegen, gelten für die Zeit des bestehenden Arbeitsverhältnisses sämtliche Arbeitnehmerschutzvorschriften mit entsprechender Verpflichtung zur Entgeltleistung (vgl. § 612 Abs. 1 BGB).577 Für dual Studierende darf eine solche 575

Orlowski, RdA 2009, 38, 42; dies., Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 372. I. Natzel, NZA 2012, 650, 653. 577 Sofern sich im Laufe der Studienzeit der Tätigkeitsschwerpunkt des dual Studierenden vom ursprünglich primären Ausbildungszweck hin zu überwiegend betrieblichen Zwecken verändert, tritt im Wege konkludenter Vertragsänderung – das Vorliegen von Willenserklärungen naturgemäß vorausgesetzt – ein Arbeitsvertrag entsprechend an die Stelle des Praxis576

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vom Ausbildenden unzulässiger Weise (vgl. für die Berufsausbildung § 14 Abs. 3 BBiG) ins Rollen gebrachte Unterbrechung der betrieblichen Praxisphase hinsichtlich des übergeordneten Ausbildungsziels nicht zum Nachteil gereichen. Um den Ausbildungszweck und Abschluss nicht unmittelbar oder mittelbar zu gefährden, müssen die betreffenden dual Studierenden im Rahmen ihrer allgemeinen Bemühenspflicht, das Ausbildungsziel zu erreichen (vgl. für die Berufsausbildung § 13 Satz 1 BBiG), aber dazu verpflichtet sein, bei derartig abweichender Vertragsdurchführung die jeweilige mitsteuernde Bildungsinstitution zu informieren, damit diese neben dem dual Studierenden selbst auf eine vertragsgerechte Ausbildung hinwirken kann.578 In gravierenden Fällen der einseitigen Missachtung der Ausbildungspflicht können für den Ausbildenden auch haftungsrechtliche Konsequenzen drohen,579 die etwa den Ersatz entgangenen Verdienstausfalls betreffen können.580 Denkbar ist auch, dass dual Studierende bei unzureichender Ausbildung die Abschlussprüfung(en) erst zu einem späteren Zeitpunkt antreten dürfen.581 Ob auch speziell die Schutznormen des BBiG zugunsten dual Studierender greifen, hängt maßgeblich davon ab, ob sie über die Vorschrift des § 26 BBiG unter den Geltungsbereich des Gesetzes zu fassen sind oder sogar ein echtes Berufsausbildungsverhältnis einschlägig sein kann.582 Freilich kommt ein solcher Missbrauch zur Bekämpfung von Personalengpässen am ehesten in der Endphase des dualen Studiums in Betracht, weil die Nachwuchskraft dann bereits fundierte Kenntnisse und Fähigkeiten im Berufsleben erlangt hat und potenziell wie eine normale Arbeitskraft im Betrieb eingesetzt werden kann. Gerade in dieser Phase ist das nochmals erhöhte Schutzbedürfnis dual Studierender zu beachten, die dann kurz vor ihren Abschlussprüfungen stehen.583 Die Abgrenzungsproblematik, wann der Ausbildungszweck die Vertragsbeziehung nicht mehr beherrscht mit der Folge, dass die Arbeitsleistung überwiegt und ein Arbeitsverhältnis anzunehmen ist, lässt sich je-

phasenvertrags, wobei die Feststellung des exakten Übergangszeitpunktes erhebliche Schwierigkeiten bereithalten kann, Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 373 mit Rekurs auf die Rechtsprechung vor dem Inkrafttreten des BBiG, vgl. etwa BAG, Urt. v. 27. 3. 1957 – 4 AZR 524/54, AP BGB § 611 Ärzte, Gehaltsansprüche Nr. 3; siehe auch Faulhaber, Praktikanten und Volontäre, 2008, 123 f.; die Problematik bereits früh erkennend Laubscher, Die rechtliche Stellung des Volontärs, 1958, 37 f. 578 Zur unmittelbaren Anwendbarkeit des BBiG (insbesondere der §§ 13, 14 BBiG) auf duale Studiengänge siehe erst noch unter § 7 A. II. 1. 579 Vgl. zur Berufsausbildung C. S. Hergenröder, in: Benecke/C. S. Hergenröder (Hrsg.), BBiG, 2021, § 14 Rn. 64; auch eine Ordnungswidrigkeit i. S. d. § 101 Abs. 1 Nr. 3 BBiG kann dann vorliegen. 580 BAG, Urt. v. 10. 6. 1976 – 3 AZR 412/75, AP BBiG § 6 Nr. 2; HK-BBiG/Banke/Pepping, 2020, § 14 Rn. 68. 581 Vgl. ebenfalls zu § 14 BBiG Lakies, in: Lakies/Malottke (Hrsg.), BBiG, 2021, § 14 Rn. 36. 582 Siehe dazu im Folgenden unter § 6 B. II., III. 583 Siehe hierzu auch Faulhaber, Praktikanten und Volontäre, 2008, 123 f.

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doch nicht mit mathematischer Genauigkeit auflösen. Vielmehr sind die benannten Indizien detailliert in einer wertenden Gesamtschau einzelfallgerecht auszuwerten.

II. Berufsausbildungsverhältnis Weiter kommt auch die Annahme eines Berufsausbildungsverhältnisses i. S. d. BBiG in Betracht, das nach der hier vertretenen Auffassung von einem „klassischen“ Arbeitsverhältnis zu unterscheiden, einem atypischen Dienstverhältnis entsprungen und als eigenständiges Vertragsverhältnis zu behandeln ist.584 Aus dieser möglichen Statuszuordnung würde die vollumfängliche Anwendbarkeit der Vorschriften des BBiG für den Lernort Betrieb resultieren, die der besonderen Schutzbedürftigkeit Auszubildender Rechnung tragen. Neben der Geltung besonderer Vertragsgestaltungsvorschriften (vgl. §§ 10 ff. BBiG) entstünde unter anderem als Rechtsfolge ein Ausbildungsvergütungsanspruch gemäß § 17 BBiG. An dieser Stelle kommt insbesondere die Differenzierung der einzelnen Formate dualer Studiengänge zum Tragen. Je nach Ausgestaltung des dualen Studienmodells585 haben dual Studierende möglicherweise den Status eines Auszubildenden inne oder ihnen ist ein solcher fremd. In § 1 Abs. 1 und Abs. 3 BBiG wird ein weites Verständnis der Berufsbildung deutlich. Demnach zählt zur Berufsbildung neben der Berufsausbildungsvorbereitung, beruflichen Fortbildung sowie beruflichen Umschulung auch die Berufsausbildung (Abs. 1), die wiederum die für die Ausübung einer qualifizierten beruflichen Tätigkeit in einer sich wandelnden Arbeitswelt notwendigen beruflichen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten in einem geordneten Ausbildungsgang zu vermitteln und den Erwerb der erforderlichen Berufserfahrungen zu ermöglichen hat (Abs. 3). Grundsätzlich fallen die Praxisphasen dualer Studiengänge auf den ersten Blick unter diese weitgehend konturenlose Definition, jedoch wird bei genauem Hinsehen und bei Hinzuziehung weiterer Faktoren klar erkennbar, dass jedenfalls nicht alle dualen Studienformate echte Berufsausbildungsverhältnisse nach dem BBiG enthalten.586 1. Praxisintegrierende duale Studiengänge Das praxisintegrierende duale Studium587 sieht ausdrücklich keine Berufsausbildung im engeren Sinne und somit auch keinen zweiten Abschluss neben dem

584 585

§ 4 B.

Vgl. bereits unter § 5 A. I. Zu den verschiedenen Erscheinungsformen dualer Studiengänge siehe bereits unter

586 A. A. Brecht-Heitzmann, RdA 2008, 276, 276 f., der offenbar die Tatbestandsmerkmale der Berufsausbildung stets für erfüllt hält. 587 Zur Beschreibung des Modells siehe bereits unter § 4 B. I. 2.

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Studienabschluss vor.588 Daraus folgt, dass die Teilnehmer praxisintegrierender dualer Studiengänge keine Auszubildenden i. S. d. BBiG sind, was sich nicht zuletzt aus folgender Erwägung herleiten lässt: Nach § 4 Abs. 1 BBiG können als Grundlage einer geordneten und einheitlichen Berufsausbildung, die bereits in § 1 Abs. 3 BBiG anklingt, Ausbildungsberufe staatlich anerkannt und Ausbildungsordnungen erlassen werden. Anerkannt ist ein Ausbildungsberuf dann, wenn eine wirksame Rechtsverordnung vorliegt.589 Die betrieblichen Praxisphasen finden dagegen bei der praxisintegrierenden Variante des dualen Studiums losgelöst von anerkannten Ausbildungsgängen und -berufen statt und dienen in erster Linie der Festigung des in der Bildungseinrichtung erworbenen Wissens im Sinne einer Verschachtelung von Theorie- und Praxiskomponenten, ohne dabei eine Gesamtausbildung in einem klassischen Ausbildungsberuf zu verfolgen. Dies soll – jedenfalls mit der herrschenden Ansicht590 – jedoch mitnichten den Gedanken evozieren, Berufsausbildungen müssten zwingend in anerkannten Ausbildungsberufen erfolgen. Auch wenn dies der Regelfall sein wird, ergibt sich bereits aus dem Umkehrschluss zu § 4 Abs. 3 BBiG, der die staatliche Anerkennung des Ausbildungsberufs für die Ausbildung Jugendlicher unter 18 Jahren verbindlich vorsieht, dass Volljährige auch in anderen als den anerkannten Ausbildungsberufen ausgebildet werden dürfen (argumentum e contrario).591 Gleichwohl zeigt § 4 Abs. 1 BBiG, dass es überhaupt gangbar sein muss, die gegenständlichen Ausbildungsberufe staatlich anzuerkennen – dies ist jedoch bei praxisintegrierenden dualen Studiengängen, in denen ein Beruf nicht vollumfassend erlernt, sondern vielmehr „nur“ vertieft kennengelernt wird,592 nicht der Fall, sodass die Unterscheidung hierdurch evident wird. Zieht man die andere Ansicht heran, die das Vorliegen eines Berufsausbildungsverhältnisses bereits ausschließt, wenn es sich nicht um einen staatlich anerkannten Ausbildungsberuf in einem geordneten Ausbildungsgang handelt,593 würden praxisintegrierende duale Studiengänge erst recht und von vornherein keine Berufsausbildungsverhältnisse darstellen. Überträgt man nun diese Überlegungen auf das praxisintegrierende duale Studium, kristallisiert sich nach beiden Sichtweisen eine inhaltliche wie auch formale Trennung von der dualen Berufsausbildung heraus, obschon erneut die Verwandtschaft offenkundig wird, denn die von § 1 Abs. 3 BBiG vorausgesetzte Ord588

3549. 589

Vgl. Koch-Rust/Rosentreter, NJW 2009, 3005, 3006; M. Schmidt, NWB 2011, 3548,

Lakies, BBiG, 2020, § 4 Rn. 3. Vgl. BAG, Urt. v. 23. 6. 1983 – 6 AZR 595/80, AP BetrVG 1972 § 78a Nr. 10, unter II. 2. a); Frädrich, Berufsausbildungsverhältnis, 1988, 6; Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 315 f.; ErfK/Schlachter, 2022, § 1 BBiG Rn. 4; Schnelle, Volontäre und Praktikanten, 2010, 85 f. 591 Faulhaber, Praktikanten und Volontäre, 2008, 113; Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 316; Schnelle, Volontäre und Praktikanten, 2010, 86. 592 In Bezug auf Praktika, aber hier übertragbar E. Hoffmann/Ditlmann, BB 1959 Beilage zu Heft 26, 1, 2. 593 BAG, Urt. v. 17. 7. 2007 – 9 AZR 1031/06, NZA 2008, 416, Rn. 14, 16; HK-BBiG/ Pepping, 2020, § 26 Rn. 8. 590

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nung des Ausbildungsgangs liegt beim dualen Studium angesichts der vorhandenen Systematik – abgesichert durch hochschulrechtliche Vorgaben sowie Kooperationsund Rahmenvereinbarungen – durchaus vor.594 Aus praktischer Perspektive kommt für die Differenzierung als „weiches“ Kriterium hinzu, dass die Teilnehmer von einer Berufsausbildung einerseits und von einem praxisintegrierenden dualen Studium andererseits regelmäßig unterschiedliche Berufsziele vor Augen haben. So schlägt beispielsweise ein „Azubi“ im Bereich Mechatronik einen anderen Weg ein als ein dual Studierender auf dem Gebiet des Maschinenbaus. Dementsprechend ist als Zulassungsvoraussetzung eines dualen Studiums, anders als bei der Berufsausbildung, die allgemeine oder die Fachhochschulreife gefordert.595 Aus der konsensualen596 Ablehnung der Zuordnung zu einer Berufsausbildung i. S. d. BBiG wird teilweise die generelle Nichtanwendbarkeit des BBiG für praxisintegrierende duale Studiengänge gefolgert.597 Ob diese Annahme im Lichte des § 26 BBiG, das gerade „andere Vertragsverhältnisse“ außerhalb einer Berufsausbildung behandelt, aufrechterhalten werden kann, ist erst Gegenstand eines nächsten Schritts,598 nachdem die weiteren Formen dualer Studiengänge mit den Merkmalen eines Berufsausbildungsverhältnisses abgeglichen wurden. 2. Berufsintegrierende duale Studiengänge Die Praxisphasen berufsintegrierender dualer Studienprogramme, die nach der hier vertretenen Auffassung nur unter engen Voraussetzungen überhaupt als Erscheinungsform des dualen Studiums anerkannt werden können,599 folgen hinsichtlich der rechtlichen Handhabe weitgehend dem praxisintegrierenden Format. Sind die Verzahnungselemente beim berufsintegrierenden dualen Studium genauso stark ausgeprägt wie beim praxisintegrierenden Konzept – dies gilt es in concreto zu überprüfen –, sind die Unterschiede der beiden Erscheinungsformen abgesehen von der Differenzierung zwischen Erstausbildung und Weiterbildung inhaltlich grundsätzlich marginal. Hier wird jene Differenzierung indes ausnahmsweise relevant: Berufsintegrierende duale Studiengänge richten sich insbesondere an Studieninteressierte mit bereits abgeschlossener Berufsausbildung.600 Das erneute Absolvieren einer Ausbildung i. S. d. BBiG wird von ihnen in aller Regel nicht angestrebt, sondern es geht darum, neben der integrierten Praxistätigkeit, der ein eigener Ausbil-

594

Faulhaber, Praktikanten und Volontäre, 2008, 111 f. Malottke, in: Lakies/Malottke (Hrsg.), BBiG, 2021, § 3 Rn. 14a. 596 Uneindeutig allenfalls Faulhaber, Praktikanten und Volontäre, 2008, 113 f. 597 LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 29. 1. 2019 – 5 Sa 105/18, NJ 2019, 261, amtlicher Leitsatz 1. 598 Siehe sogleich unter § 6 B. III. 599 Siehe dazu bereits unter § 4 B. II. 1. 600 BSG, Urt. v. 1. 12. 2009 – B 12 R 4/08 R, BSGE 105, 56, 61, Rn. 19. 595

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dungswert zukommen muss,601 zusätzlich einen Studienabschluss zu erreichen. Die Teilnehmer dieser Studienform sind daher ebenso wenig Auszubildende i. S. d. BBiG wie die praxisintegrierend dual Studierenden. 3. Ausbildungsintegrierende duale Studiengänge Ausbildungsintegrierende duale Studiengänge602 basieren zwar ebenfalls auf dem konstituierenden Merkmal der Theorie-Praxis-Verzahnung, inkludieren aber im Gegensatz zur praxisintegrierenden Variante eine vollwertige Berufsausbildung systematisch in einen Studiengang und lassen den Erwerb von gleich zwei Abschlüssen zu – zum einen den Studienabschluss und zum anderen den Abschluss in einem anerkannten Ausbildungsberuf.603 Dementsprechend ist für die Praxisphasen notwendigerweise zwischen dem Ausbildungsbetrieb und dem dual Studierenden eines ausbildungsintegrierenden Studiengangs ein Ausbildungsvertrag i. S. d. § 10 Abs. 1 BBiG zu schließen.604 Der Ausbildungsteil in der Praxisstation unterliegt damit uneingeschränkt dem Regime des BBiG.605 Die Einbettung in das Studiengeflecht ändert nichts an der Auszubildendeneigenschaft des dual Studierenden im Verhältnis zum Ausbildungsbetrieb.606 Dafür spricht auch, dass die beiden Ausbildungsteile – Studium und Berufsausbildung – mit unterschiedlichem Erfolg abgeschlossen werden können.607 Im Studienteil finden die Rechts(grund)sätze des BBiG hingegen keine Anwendung.608 601

67. 602

Koch-Rust/Rosentreter, NJW 2009, 3005, 3007; Seeger, „Generation Praktikum“, 2012,

Zur Beschreibung des Modells siehe bereits unter § 4 B. I. 1. Vgl. BSG, Urt. v. 1. 12. 2009 – B 12 R 4/08 R, BSGE 105, 56, 61, Rn. 19; LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 29. 1. 2019 – 5 Sa 105/18, NJ 2019, 261, Rn. 24; HWK/ C. S. Hergenröder, 2022, § 2 BBiG Rn. 1. 604 Siehe nur Malottke, in: Lakies/Malottke (Hrsg.), BBiG, 2021, § 3 Rn. 14a. 605 Benecke, in: Benecke/C. S. Hergenröder (Hrsg.), BBiG, 2021, § 3 Rn. 5; Grimm/Freh, ArbRB 2015, 316; HWK/C. S. Hergenröder, 2022, § 3 BBiG Rn. 2; Hufen, Rechtsgutachten zur Ausdehnung des BBiG auf die Praxisphasen dualer Studiengänge, 2019, 20; Küttner Personalbuch/Kania, 2022, Ausbildungsverhältnis Rn. 4; Däubler TVG/Klein, 2022, § 1 Rn. 941; Koch-Rust/Rosentreter, NZA 2021, 1604, 1605; dies., NZA 2013, 879; Lingemann, in: Bauer/Lingemann/Diller u. a. (Hrsg.), Anwalts-Formularbuch Arbeitsrecht, 2021, Kapitel 8 (Ausbildung- und Fortbildungsverträge) Rn. 26; I. Natzel, NZA 2008, 567, 568; ders., BB 2011, 1589, 1592; GK-BetrVG/Oetker, 2022, § 60 Rn. 29; ErfK/Schlachter, 2022, § 3 BBiG Rn. 2; Weyand, jurisPR-ArbR 6/2011 Anm. 5, unter C.; Wohlgemuth, AuR 2009, 428, unter I.; HKBBiG/Wohlgemuth/Günther, 2020, § 3 Rn. 12; a. A. aber offenbar Picker/Sausmikat, NZA 2014, 942, 947. 606 I. Natzel, NZA 2008, 567, 568; M. Schmidt, NWB 2011, 3548, 3550. 607 Vgl. VG Hannover, Beschl. v. 24. 6. 2005 – 6 B 3346/05, BeckRS 2005, 27627, unter II.; VG Augsburg, Urt. v. 26. 7. 2007 – Au 1 K 07.655, BeckRS 2010, 55850, unter 2. b), jeweils im Zusammenhang mit der etwas ferner liegenden Frage des Zurückstellungsgrundes bei der mittlerweile ausgesetzten Wehrpflicht. 608 Grimm/Freh, ArbRB 2015, 316; Hufen, Rechtsgutachten zur Ausdehnung des BBiG auf die Praxisphasen dualer Studiengänge, 2019, 19; I. Natzel, BB 2011, 1589, 1592. 603

§ 6 Rechtsstatus dual Studierender und Anwendbarkeit des BBiG

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Gesondert ist die Frage aufzuwerfen, ob der Auszubildendenstatus609 noch von Bestand ist, wenn der dual Studierende den Ausbildungsabschluss vor der nach § 71 BBiG zuständigen Stelle erreicht hat, aber in der Zeit vor dem Ablegen des Studienabschlusses weiter Praxiseinsätze im Betrieb absolviert. In diesem Fall ist die Berufsausbildung beendet und das BBiG jedenfalls nicht mehr direkt und einschränkungslos anwendbar.610 Sozialversicherungsrechtlich kann die Versicherungspflicht bis zum Abschluss des Studiums erhalten bleiben, auch wenn die Ausbildung bereits beendet ist.611 Arbeitsrechtlich lässt sich demgegenüber generell festhalten, dass die Vorschriften des BBiG im ausbildungsintegrierenden dualen Studium nur bis zum Eintreten eines beliebigen Beendigungstatbestandes (vgl. §§ 21, 22 BBiG) unmittelbar herangezogen werden können.612 Danach kann sich die Beurteilung zum einen nach dem praxisintegrierenden Modell richten, in das die ausbildungsintegrierend dual Studierenden grundsätzlich nach dem Ausbildungsabschluss und dem damit einhergehenden Wegfall der klassischen Ausbildungselemente überführt werden. Wie die Praxisphase in ausbildungsintegrierenden dualen Studiengängen also rechtlich in der Zeit nach der Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses einzuordnen ist, kann sich daran orientieren, ob sie im Rahmen des praxisintegrierenden dualen Studiums unter § 26 BBiG zu subsumieren ist.613 Zu beachten ist aber, dass für ausbildungsintegrierend dual Studierende zum anderen auch die Weiterarbeitsregelung des § 24 BBiG greifen kann.614 Die Sondervorschrift gegenüber § 625 BGB dient der Klarstellung der Rechtslage für Berufsausbildungsverhältnisse615 und bewirkt die Fiktion eines Arbeitsverhältnisses, wenn der ausbildungsintegrierend dual Studierende im Anschluss des Berufsausbildungsverhältnisses ohne Unterbrechung im Betrieb weiterbeschäftigt wird.616 4. Zwischenergebnis Abschließend ist eine Ambivalenz unter den verschiedenen Erscheinungsformen dualer Studiengänge hinsichtlich des Auszubildendenstatus der jeweiligen Teilnehmer zu konstatieren: Studierende des praxisintegrierenden wie auch berufsintegrierenden Modells sind mangels zugrunde liegenden Berufsausbildungsverhält609

Rose, in: Hess/Worzalla/Glock u. a. (Hrsg.), BetrVG, 2018, § 5 Rn. 85. Vgl. LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 29. 1. 2019 – 5 Sa 105/18, NJ 2019, 261, Rn. 24; ArbG Nürnberg, Urt. v. 15. 7. 2003 – 3 Ca 8538/02 A, BeckRS 2003, 41276, unter C.; in diesem Sinne offenbar auch ErfK/Schlachter, 2022, § 3 BBiG Rn. 2. 611 Rose, in: Hess/Worzalla/Glock u. a. (Hrsg.), BetrVG, 2018, § 5 Rn. 85. 612 Herkert/Töltl, BBiG, 2022, § 3 Rn. 6. 613 Siehe dazu sogleich unter § 6 B. III. 614 Vgl. auch Düwell, NZA 2021, 28, 29 f. 615 BT-Drs. V/4260, 11. 616 Näher dazu wie auch zu praxisintegrierend dual Studierenden noch unter § 7 A. II. 3. Zur Abgrenzung gegenüber dem Weiterbeschäftigungsanspruch von Mandatsträgern aus § 78a Abs. 2 BetrVG siehe zudem noch unter § 9 B. II. 1. 610

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2. Teil: Typologisierung, Differenzierung und rechtliche Einordnung

nisses keine Auszubildenden i. S. d. BBiG; Kandidaten hingegen, die sich für das ausbildungsintegrierende Konzept entschieden haben, unterliegen aufgrund ihres Auszubildendenstatus während der Praxisphasen im Ausbildungsbetrieb jedenfalls bis zum Erwerb des jeweiligen Ausbildungsabschlusses dem BBiG.

III. Anderes Vertragsverhältnis i. S. d. § 26 BBiG Nachdem zumindest die ausbildungsintegrierenden dualen Studiengänge rechtlich verbindlich eingeordnet werden konnten, stellt sich weiterhin die bedeutsame Frage, ob die Praxisphasen im Rahmen praxis- und berufsintegrierender dualer Studiengänge einer festen Einstufung zugänglich gemacht werden können. Dabei werden im Folgenden zwecks besserer Übersichtlichkeit die berufsintegrierenden dualen Studiengänge unter das praxisintegrierende Format gefasst – in rechtlicher Hinsicht gelten für beide Modelle gemeinhin dieselben Grundsätze.617 Anders intoniert fragt sich im Folgenden, ob die Unterschiede zwischen dem ausbildungsintegrierenden Modell, das dem BBiG unterfällt, und dem praxisintegrierenden Format derart substanziell sind, dass eine differenzierte rechtliche Einordnung im Ergebnis gerechtfertigt ist. Das praxisintegrierende duale Studium genießt unter den verschiedenen Erscheinungsformen die größte Nachfrage,618 sodass die Praxisrelevanz der rechtlichen Behandlung angesichts des Interesses von weit über 60.000 Teilnehmern der dualen Studienform sowie zahlreicher Kooperationsunternehmen von signifikanter Bedeutung ist. Dem Berufsbildungsrecht ist neben dem klassischen Berufsausbildungsverhältnis auch das „andere Vertragsverhältnis“ nach § 26 BBiG bekannt, das bereits im Rahmen der normativen Klassifizierung verschiedener Praktikumsphänomene angeklungen ist619 und nun breiter aufgefächert werden soll. Um die Vorschriften des BBiG weitgehend für anwendbar zu erklären, könnte der Ausweg also über die Zuordnung zu einem „anderen Vertragsverhältnis“ i. S. d. § 26 BBiG führen, das als „berufsausbildungsähnliches Ausbildungsverhältnis“ zu katalogisieren ist.620 Daher gilt es als eine Art „Lackmustest“ zu überprüfen, ob dem praxisintegrierenden dualen Studienmodell und der dualen Berufsausbildung ein einheitlicher Wertungskern zugrunde liegt. § 26 BBiG, der den vom Gesetz erfassten Personenkreis erweitert und individualrechtliche Schutzlücken schließen will,621 fungiert gewissermaßen als Einfallstor ins Arbeitsrecht, denn über diese Norm gelangen nicht nur die meisten Vor617

Vgl. bereits unter § 6 B. II. 2. Siehe bereits unter § 4 B. I. 2. 619 Siehe unter § 5 B. 620 Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 301; HK-BBiG/Pepping, 2020, § 26 Rn. 1. 621 Vgl. zum weitgehend entsprechenden § 19 BBiG a. F. BT-Drs. V/4260, 12; siehe auch HK-BBiG/Pepping, 2020, § 26 Rn. 1. 618

§ 6 Rechtsstatus dual Studierender und Anwendbarkeit des BBiG

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schriften des BBiG selbst zur Anwendung, sondern es wird auch die „Generalverweisung“ des § 10 Abs. 2 BBiG in das Arbeitsrechtsregime ins Spiel gebracht. Konkret gelten nach der oftmals unter dem Radar laufenden Norm des § 26 BBiG für Personen, die eingestellt werden, um berufliche Fertigkeiten, Kenntnisse, Fähigkeiten oder berufliche Erfahrungen zu erwerben, ohne dass es sich um eine Berufsausbildung i. S. d. BBiG handelt, die §§ 10 – 16, § 17 Abs. 1, 6 und 7 sowie die §§ 18 – 23 und § 25 BBiG mit der Maßgabe, dass die gesetzliche Probezeit abgekürzt, auf die Vertragsniederschrift verzichtet und bei vorzeitiger Lösung des Vertragsverhältnisses nach Ablauf der Probezeit abweichend von § 23 Abs. 1 Satz 1 BBiG Schadensersatz nicht verlangt werden kann, sofern kein Arbeitsverhältnis vereinbart ist. Erfasst werden damit Personen, die weder Arbeitnehmer noch Auszubildende,622 mit Letzteren wertungsmäßig jedoch vergleichbar sind. Arbeits- und Berufsausbildungsverhältnisse genießen der Norm nach ausdrücklich Vorrang. § 26 BBiG ist folglich ein subsidiärer Charakter beizumessen, wenngleich der tatsächliche Rechtsrahmen doch recht groß und die Norm vielmalig als flexibler Knotenpunkt für die Aufnahme besonderer Bildungsmodelle, nicht aber gleichsam als „Passepartout“ zu identifizieren ist. Gemeinhin wird davon ausgegangen, dass § 26 BBiG in erster Linie auf Praktikanten und Volontäre zugeschnitten ist,623 obwohl etwa Pflichtpraktika aus kompetenzrechtlichen Gründen aus dessen Anwendungsbereich herausfallen sollen und somit die Annahme vorherrscht, dass längst nicht alle Praktikumsformen Gegenstand des § 26 BBiG seien.624 Besteht ein „anderes Vertragsverhältnis“ gemäß § 26 BBiG, geht das Gesetz von einem Schutzbedürfnis des betreffenden Personenkreises aus.625 Ob das Vertragsverhältnis eines dual Studierenden mit seinem Kooperationsbetrieb darunter fällt, ist von überragender Bedeutsamkeit und bedarf einer diskursiven Untersuchung. Auch für Rechtsprechung und Literatur hat sich die Klassifizierung dualer Studiengänge als „anderes Vertragsverhältnis“ i. S. d. § 26 BBiG zu einer Kardinalfrage auf dem hiesigen Spezialgebiet entwickelt. 1. Privatrecht versus öffentliches Recht? Die Vorschrift des § 26 BBiG gilt nur für privatrechtliche Vertragsverhältnisse. Dies ergibt sich bereits aus der amtlichen Überschrift „Andere Vertragsverhältnisse“, denn auf diese Weise wird der enge Bezug zu Berufsausbildungsverhältnissen hergestellt, die durch den Abschluss eines Ausbildungsvertrages (§ 10 Abs. 1 BBiG), 622 Benecke, in: Benecke/C. S. Hergenröder (Hrsg.), BBiG, 2021, § 26 Rn. 1; Lakies, BBiG, 2020, § 26 Rn. 2. 623 Vgl. BT-Drs. 15/3980, 47; Herkert/Töltl, BBiG, 2022, § 26 Rn. 9; Knopp/Kraegeloh, BBiG, 2005, § 26 Rn. 2; AR-Blattei SD/Lakies, 2007, 1740, Rn. 8; I. Natzel, BB 2011, 1589, 1591; Orlowski, RdA 2009, 38, 39; ErfK/Schlachter, 2022, § 26 BBiG Rn. 1; MünchHdbArbR/ Schneider, 2021, § 149 Rn. 210; aus dem älteren Schrifttum zu § 19 a. F. E. Schmidt, BB 1971, 313; der unbedarfte Leser sieht in § 26 BBiG jedoch kaum eine Regelung des Praktikums oder Volontariats, vgl. Düwell, FA 2008, 138, 139. 624 Dies hat die obenstehende Analyse gezeigt, vgl. hierzu § 5 B., C. 625 AR-Blattei SD/Lakies, 2007, 1740, Rn. 13.

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2. Teil: Typologisierung, Differenzierung und rechtliche Einordnung

mithin wie üblich durch übereinstimmende Willenserklärungen,626 begründet werden. Hier wirkt sich das doppelte Rechtsverhältnis627 des dual Studierenden aus, das einerseits zum Kooperationsbetrieb und andererseits zur Bildungsinstitution besteht. Möglicherweise tritt dabei die betriebspraktische Tätigkeit in den Schatten des durch die Immatrikulation begründeten628 öffentlich-rechtlichen Studienverhältnisses.629 Die Problematik wurde bereits im Rahmen der Überprüfung eines Arbeitsverhältnisses, das ebenfalls einen privatrechtlichen Vertrag vorsieht, angedeutet630 und soll an dieser Stelle gründlicher aufbereitet werden. Maßgeblich ist insoweit, in welchem Verhältnis die beiden Rechtsbeziehungen zueinander stehen. Wäre das Gesamtgefüge als Einheit zu bewerten und primär als öffentlich-rechtlich zu qualifizieren, entzöge sich die betriebspraktische Phase praxisintegrierender dualer Studiengänge dem Arbeitsrecht.631 § 26 BBiG fände demzufolge keine Anwendung. Denkbar ist aber auch eine strikte Trennung und somit ein Nebeneinander des mutmaßlich632 privatrechtlichen Bandes zwischen dual Studierendem und Kooperationsbetrieb einerseits sowie des öffentlich-rechtlichen Bandes zwischen dual Studierendem und der Bildungseinrichtung andererseits. In diesem Fall käme die Anwendung von § 26 BBiG auf die Praxiseinsätze wiederum in Betracht. Die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung hatte sich auf dem Gebiet des Berufsbildungsrechts – abzugrenzen von der Regelungsmaterie des Hochschulrechts – schon häufiger mit ähnlichen Fragestellungen an der Schnittstelle zwischen Privatrecht und öffentlichem Recht zu beschäftigen. Auf die für die Einordnung dualer Studiengänge relevanten Entscheidungen soll im Folgenden ein grelles Schlaglicht geworfen werden, um darauf basierend die erforderlichen Rückschlüsse ziehen zu können.

626

Grüneberg/Ellenberger, 2022, Einf. v. § 145 Rn. 1. Siehe dazu bereits unter § 6 A. 628 Nach § 58 Abs. 1 Satz 1 HRG sind Hochschulen in der Regel Körperschaften des öffentlichen Rechts und die eingeschriebenen Studierenden gemäß § 36 Abs. 1 HRG ihre Mitglieder. 629 P. Krause, in: Flämig/Krimminich/Krüger u. a. (Hrsg.), Handbuch des Wissenschaftsrechts, 1996, 547, 556 f.; Lindner, in: Hartmer/Detmer (Hrsg.), Hochschulrecht, 2017, Kapitel 11 Rn. 151; Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 249; Schnelle, Volontäre und Praktikanten, 2010, 108; vgl. auch Ruthig, in: Kopp/Schenke (Hrsg.), VwGO, 2021, § 40 Rn. 18; Schenke, in: Kopp/Schenke (Hrsg.), VwGO, 2021, Anh. § 42 Rn. 73. 630 Dort kam es letztlich nicht auf die Feststellung eines privatrechtlichen Vertrages an, da ein Arbeitsverhältnis jedenfalls wegen des vorherrschenden Ausbildungszwecks abzulehnen war, vgl. § 6 B. I. 2. a). 631 In diesem Sinne etwa Hufen, Rechtsgutachten zur Ausdehnung des BBiG auf die Praxisphasen dualer Studiengänge, 2019, 26 f. 632 Dazu siehe sogleich. 627

§ 6 Rechtsstatus dual Studierender und Anwendbarkeit des BBiG

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a) Grundentscheidung BAG, Urt. v. 19. 6. 1974 – 4 AZR 436/73 aa) Leitlinien Die bereits im Rahmen der rechtlichen Einordnung von Pflichtpraktika angerissene633 Entscheidung des BAG aus dem Jahr 1974634, die sich im Kern mit der tariflichen Regelungsbefugnis und der Vergütung eines Praktikums während einer einphasigen Ausbildung befasste, hat eine bis heute stark nachhallende Wirkung erzeugt und kann durchaus als Grund- oder Ausgangsentscheidung bezeichnet werden, da auch neuere Judikate635 immer wieder hierauf rekurrieren.636 Ihr kommt eine fundamentale Bedeutung für die heutige Einstufung dualer Studienmodelle zu.637 Demnach solle das BBiG für die Berufsausbildung insoweit nicht gelten, als sie den Schulgesetzen der Länder unterliege.638 § 19 BBiG a. F. (§ 26 BBiG n. F.) fände daher auf Studierende, die innerhalb ihres Studiums ein Praktikum absolvieren, keine Anwendung.639 Auf duale Studiengänge übertragen, bedeutet dies: Handelt es sich bei der praktischen Ausbildung um eine Lehrveranstaltung, so übertünche das dem öffentlichen Recht zugehörige Hochschulrecht das wie auch immer geartete Rechtsverhältnis zwischen dual Studierendem und der Ausbildungsstätte. Die Anwendbarkeit des BBiG solle dem BAG nach mithin immer dann ausscheiden, „wenn und soweit die betreffende Ausbildung Bestandteil einer Universitäts-, sonstigen Hochschul- oder Fachhochschulausbildung ist“.640 Zu bemerken ist, dass dem konkreten Entscheidungsfall gesetzliche Bestimmungen zugrunde lagen, wonach die Integration der Praxissemester in das Studium ausdrücklich angeordnet war, und auch die Studienordnung nähere Vorgaben zur 633

Siehe dazu bereits unter § 5 B. II. 2. a). BAG, Urt. v. 19. 6. 1974 – 4 AZR 436/73, AP BAT § 3 Nr. 3. 635 Vgl. etwa hervorgehoben BAG, Urt. v. 18. 11. 2008 – 3 AZR 192/07, NZA 2009, 435, Rn. 18; BAG, Beschl. v. 17. 6. 2020 – 7 ABR 46/18, NZA 2020, 1723, Rn. 33, 44; sowie aus vorangegangener Zeit BAG, Urt. v. 16. 12. 1976 – 3 AZR 556/75, AP BGB § 611 Ausbildungsverhältnis Nr. 3, unter I. 1. c); BAG, Urt. v. 25. 3. 1981 – 5 AZR 353/79, AP BBiG § 19 Nr. 1, unter II. 1. a); BAG, Urt. v. 3. 9. 1998 – 8 AZR 14/97, BeckRS 1998, 30371274, unter B. III.; unterinstanzlich siehe etwa LAG Hamm, Urt. v. 24. 5. 1976 – 8 Ta 44/76, NJW 1976, 1806, unter II.; LAG Berlin, Urt. v. 31. 1. 1978 – 8 Sa 71/77, BeckRS 1978, 31394835, unter I.; LAG Hamburg, Urt. v. 5. 9. 1980 – 3 Sa 37/80, EzB § 19 Nr. 1; LAG Düsseldorf, Urt. v. 8. 11. 2005 – 3 Sa 877/05, BeckRS 2007, 46972, unter II. 1. b); LAG Hamm, Urt. v. 13. 10. 2006 – 2 Ta 6/06, NZA-RR 2007, 97, unter II. 1. b); differenzierend LAG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 7. 12. 2006 – 9 Sa 304/06, BeckRS 2009, 56009, unter II. 1. b) aa); aus der Sozialgerichtsbarkeit zudem etwa BSG, Urt. v. 1. 12. 2009 – B 12 R 4/08 R, BSGE 105, 56, 62, Rn. 21. 636 Zu den Autoren, die der Entscheidung folgen, siehe bereits unter § 5 B. II. 2. a) bzw. 2. Teil, Fn. 326. 637 Dies zeigt allein der Rekurs in der für duale Studiengänge wichtigen Entscheidung BAG, Urt. v. 18. 11. 2008 – 3 AZR 192/07, NZA 2009, 435, Rn. 18. 638 BAG, Urt. v. 19. 6. 1974 – 4 AZR 436/73, AP BAT § 3 Nr. 3, Leitsatz 2. 639 BAG, Urt. v. 19. 6. 1974 – 4 AZR 436/73, AP BAT § 3 Nr. 3, Leitsatz 2. 640 BAG, Urt. v. 19. 6. 1974 – 4 AZR 436/73, AP BAT § 3 Nr. 3, Bl. 366. 634

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2. Teil: Typologisierung, Differenzierung und rechtliche Einordnung

Absolvierung des Praxiseinsatzes machte.641 Damit lässt sich die Ausgangsentscheidung aufgrund der speziellen Rahmenbedingungen nicht per se auf äußerlich ähnlich gelagerte Fälle übertragen, auch wenn duale Studiengänge freilich ebenso auf differierenden landes- bzw. hochschulrechtlichen Grundlagen fußen. Trotz des im Tatbestand der Entscheidung genannten Abschlusses schriftlicher „Beschäftigungsverträge“ zwischen den Studierenden und dem Betrieb der Praxisausbildung642 stufte das Gericht das Praktikum letztlich als „Bestandteil“ der Hochschulausbildung ein mit der Folge, dass die Anwendbarkeit des BBiG ausgeschlossen sei. Des Weiteren ist nicht außer Acht zu lassen, dass das BAG die Frage, ob die Praxiseinsätze eine durch das Hochschulrecht geregelte Studienangelegenheit waren, offenbar als Tatsachenfrage eingeordnet und sich demgemäß als Revisionsinstanz nicht mit jener Frage auseinandergesetzt hat.643 Stattdessen beruft sich das BAG auf die Feststellungen des vorinstanzlichen LAG Baden-Württemberg, die im Übrigen von den Parteien im Prozess unbestritten geblieben sind.644 Unabhängig von der Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Einstufung als Tatsachenfrage kann die Entscheidung des BAG damit keineswegs Allgemeingültigkeit beanspruchen, denn die damals zugrunde gelegte tatsächliche Lage lässt sich nicht pauschal auf die Gegenwart oder andere Fälle in der Vergangenheit projizieren. Angesichts des starken Rekurses auf dieses Urteil drängt sich der Eindruck auf, dass die besonderen Umstände der jeweiligen Einzelfälle nicht immer hinreichend beachtet wurden. Zentral geht es in Bezug auf den hiesigen Untersuchungsgegenstand um die Frage, ob die berufspraktischen Phasen eines praxisintegrierenden dualen Studiengangs einen „Bestandteil“ des Studiums darstellen. Bejaht man dies, wäre dem BAG nach ein öffentlich-rechtliches Gewaltverhältnis prägend und § 26 BBiG abzulehnen. Es kommt also darauf an, unter welchen Voraussetzungen dual Studierende die Scheidelinie zum öffentlichen Recht übertreten. Gegenstand der maßstabbildenden BAG-Entscheidung waren in der Studienordnung vorgeschriebene Praxissemester im Rahmen eines Fachhochschulstudiengangs. Die Untersuchung hat gezeigt, dass eine unbeschränkte Übertragung der Praktikantengrundsätze auf die Praxisphasen praxisintegrierender dualer Studiengänge aufgrund der mannigfaltigen Unterschiede nicht erfolgen darf.645 Unter anderem verstehen sich die Praxiszeiten im dualen 641 BAG, Urt. v. 19. 6. 1974 – 4 AZR 436/73, AP BAT § 3 Nr. 3, Bl. 366: Im Einzelnen war etwa gesetzlich ausdrücklich vorgesehen, dass auch die Praxissemester Bestandteil des Studiums sind, dass während dieser praktischen Semester die Abschlussarbeit anzufertigen ist, dass während der Praxissemester von der Fachhochschule begleitende Lehrveranstaltungen angeboten werden und dass die Ausbildungsstätten durch die Fachhochschule anerkannt werden müssen. 642 BAG, Urt. v. 19. 6. 1974 – 4 AZR 436/73, AP BAT § 3 Nr. 3, zum Tatbestand siehe juris Rn. 2, 3. 643 Auf die insoweitige Bindung des BAG hinweisend Roscher, BB 1978, 1119, 1121, der die Frage, ob tatsächlich eine durch das Hochschulrecht geregelte Studienangelegenheit vorliegt, auch selbst als nicht revisible Tatsachenfrage betrachtet. 644 BAG, Urt. v. 19. 6. 1974 – 4 AZR 436/73, AP BAT § 3 Nr. 3, Bl. 367. 645 Zur Differenzierung siehe schon unter § 5 B. II. 2. b).

§ 6 Rechtsstatus dual Studierender und Anwendbarkeit des BBiG

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Studienkonzept nach der hier vertretenen Sichtweise nicht als Praktikum im Rechtssinne, da das nunmehr von § 22 Abs. 1 Satz 3 MiLoG aufgestellte Kriterium der „begrenzten Dauer“ nicht für das zeitlich länger ausgelegte duale Studium anzunehmen ist. Zudem erfüllen duale Studiengänge angesichts des gewichtigen und eigenständigen Ausbildungswerts des Praxiseinsatzes dual Studierender im Sinne einer vertikalen und horizontalen Theorie-Praxis-Vernetzung schon in qualitativer Hinsicht weitergehende Ansprüche als klassische Studiengänge mit verbindlichen Praxissemestern.646 Insofern ist eine pauschale Gleichbehandlung stets kritisch zu hinterfragen. Auch wenn damit bereits eine holotische Übertragung der Grundsätze aus der 1974 zu Praktikantenverhältnissen ergangenen Entscheidung auf dual Studierende scheitert, ist jedenfalls doch eine gewissermaßen erzeugte Stoßrichtung des Urteils nicht zu verkennen, sodass zunächst an den damaligen Argumentationslinien des BAG selbst Kritik zu üben ist. Dieses Vorgehen soll als notwendige Vorarbeit dazu dienen, im Anschluss an die Auseinandersetzung mit der in Stellung gebrachten Grundentscheidung die Praxisphasen praxisintegrierender dualer Studiengänge und den Rechtsstatus der Teilnehmer jener dualen Studienform treffsicherer würdigen zu können. bb) Kritik Das BAG führt in seiner Grundsatzentscheidung hauptsächlich kompetenzrechtliche Gründe für die fehlende Anwendbarkeit des BBiG an. Die Begründung kann dabei nur in Teilen überzeugen. Zuzugeben ist der Argumentation des Vierten Senats, dass die grundgesetzliche Kompetenzverteilung weite Teile des Bildungsrechts der Landeszuständigkeit unterstellt und der Bund in einigen Bereichen nicht gesetzgebungsbefugt ist. „Bildung ist Ländersache“ ist eine im Allgemeinen häufig bemühte Wendung, absoluten Wert hat sie mangels verfassungsrechtlicher Positivierung aber nicht.647 Richtig ist auch, dass sich die Kompetenzfragen unmittelbar auf die Anwendbarkeit des BBiG auswirken. So kann das BBiG die Berufsbildung insoweit nicht regeln, als sie in den Kompetenzbereich der Länder fällt. Die konkrete Handhabe des Falls durch das BAG wirft indes Zweifel auf. Insbesondere wurde dem parallelen Bestehen privatrechtlicher Verträge keine hinreichende Beachtung geschenkt. (1) Privatrechtsverhältnis Ein vertragliches Rechtsverhältnis entsteht im Allgemeinen dadurch, dass mindestens zwei Rechtssubjekte korrespondierende Willenserklärungen mit dem Ziel der Verständigung über die rechtlich verbindliche Regelung ihrer Angelegenheiten

646 647

Zum Vorstehenden siehe demnach ebenfalls unter § 5 B. II. 2. b). Vgl. auch Behmenburg, Kompetenzverteilung bei der Berufsausbildung, 2002, 139.

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2. Teil: Typologisierung, Differenzierung und rechtliche Einordnung

abgeben.648 Ausweislich des Tatbestandes der Ausgangsentscheidung ist das Bestehen von „Beschäftigungsverträgen“ zwischen den Studierenden und den Praxisbetrieben unstrittig.649 Ob diese Vertragsverhältnisse indes verselbstständigt neben der Rechtsbeziehung zur Fachhochschule standen, wurde in den Entscheidungsgründen nicht weiter thematisiert. Dabei ist es für die rechtliche Würdigung unerlässlich, zu prüfen, wie sich bestehende Privatrechtsverhältnisse auf ein öffentlichrechtliches Rechtsverhältnis auswirken. Anders gewendet gilt es zu hinterfragen, ob durch das Hineinragen des öffentlichen Rechts etwaig bestehende Privatrechtsbeziehungen überdeckt werden und ob dies unter Anlegen eines Weitblicks Auswirkungen auf die „Zwitterstellung“ dual Studierender hat. Auch hier erscheint ein systematisches „Herantasten“ an die Kernthematik geboten. (a) Kein Privatrechtsverhältnis bei Unselbstständigkeit der Praxisausbildung Für das Bestehen eines Privatrechtsverhältnisses ist von vornherein keinerlei Raum, wenn die Praxisausbildung abschließend durch das öffentliche Recht geregelt ist.650 Ein klassisches, bereits oben aufgeführtes Beispiel ist das Rechtsreferendariat, bei dem auch in der Anwalts- und Wahlstation eine hoheitliche Zuweisung durch den Dienstherrn erfolgt und privatrechtliche Nebenabreden an der öffentlich-rechtlichen Gestalt nichts ändern können.651 Etwas mehr mit dualen Studiengängen ist die Konstellation vergleichbar, bei der die Praxisausbildung etwa in der Form geschieht, dass das Absolvieren praktischer „Übungsstunden“ von der jeweiligen Universität oder Fachhochschule in der Studienordnung vorgeschrieben ist.652 Insbesondere in den naturwissenschaftlichen Fachdisziplinen ist es üblich, dass die angehenden Chemiker, Physiker, Biologen o. Ä. in den Werkstätten und Laboren der Bildungseinrichtung zum Zwecke der Verknüpfung von Theoriewissen und Praxiserfahrungen tätig werden.653 Denkbar ist auch, dass die Bildungsinstitution mangels ausreichender Kapazitäten auf regional ansässige Betriebe ausweicht und ihre Lehrveranstaltungen dorthin verlegt. Hierbei handelt es sich stets um eine spezielle Unterrichtsform,654 mithin um eine reine Hochschulveranstaltung (gegebenenfalls auf hochschulfremdem Terrain), bei der kein zusätzliches Vertragsverhältnis zwischen Studierendem und Betrieb begründet wird und der Schutz allein über die hochschulrechtlichen Normen gewährleistet ist. Der Betriebsseite verbleibt lediglich eine heteronome Rolle. 648

Vgl. Flume, Das Rechtsgeschäft, 1992, 601 f., 635 ff.; daran anknüpfend statt vieler Bork, BGB AT, 2016, § 17 Rn. 655. 649 BAG, Urt. v. 19. 6. 1974 – 4 AZR 436/73, AP BAT § 3 Nr. 3, zum Tatbestand siehe juris Rn. 2, 3. 650 Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 264. 651 Dieses Beispiel wählt auch Glaß, Forschungsbericht, 1964, 5 f.; vgl. zudem bereits unter § 6 A. 652 Pschorr, Jura 2017, 1403, 1404. 653 Ders., Jura 2017, 1403, 1404. 654 Ders., Jura 2017, 1403, 1404.

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Eine weitere mögliche Variante, bei der die Praxisausbildung auf öffentlichrechtlicher Grundlage durchgeführt wird und bei der der Abschluss eines separaten Vertrages jedenfalls nicht erforderlich ist, stellt der Fall der Zuweisung durch die Hochschule dar, wobei sie zudem die Verantwortung für den Praxiseinsatz tragen muss.655 Hierunter fallen etwa die Studierenden der Medizin im sogenannten „Praktischen Jahr“,656 das durch die Approbationsordnung (ÄApprO) abschließend ausgestaltet ist.657 Träger der praktischen Ausbildung ist und bleibt in diesem Fall die Bildungseinrichtung,658 die die Richtlinien und Weisungen für die Ausbildung in den entsprechenden Krankenanstalten umfassend aufstellt.659 Ein wichtiger Unterschied zu Pflichtpraktikanten wie auch zu dual Studierenden besteht nämlich darin, dass die medizinische Hochschule bzw. Universität selbst neben der theoretisch-wissenschaftlichen Ausbildung auch die praktische Ausbildung in eigener Hand leistet, bei Pflichtpraktikanten und dual Studierenden ist die Praxisausbildung dagegen mehr ins betriebliche Feld verlagert, während die Bildungsinstitution eher außerhalb dessen positioniert ist.660 Dadurch, dass sich die praktische Ausbildung bei den Studierenden der Medizin im „Praktischen Jahr“ nicht grundsätzlich von anderen Lehrveranstaltungen des Studiengangs unterscheidet, mithin sachlich, örtlich sowie personell mit dem Studium eng verknüpft ist,661 treten sie nicht aus dem öffentlich-rechtlichen Sonderrechtsverhältnis heraus. Ein paralleles Privatrechtsverhältnis existiert für sie somit nicht. (b) Selbstständiges Privatrechtsverhältnis trotz parallel bestehender öffentlich-rechtlicher Vorschriften Im Rahmen öffentlich-rechtlicher Hochschulausbildung können aber auch Privatrechtsverhältnisse begründet werden; eine Teilung in zwei Unterformen erscheint geboten: Entweder die Studienordnung bzw. das Ausbildungsgesetz schreibt lediglich die Pflicht zur Ableistung einer praktischen Studienzeit unter Beifügung von recht abstrakten Rahmenbedingungen vor oder es wird darüber hinaus der Abschluss eines eigenständigen Vertrages zwischen Studierendem und Partnerbetrieb unter konkreteren Vorgaben angeordnet.662 655

Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 265 ff. BAG, Urt. v. 25. 3. 1981 – 5 AZR 353/79, AP BBiG § 19 Nr. 1, unter 1. d); LAG Hamm, Urt. v. 24. 5. 1976 – 8 Ta 44/76, NJW 1976, 1806, unter II.; LAG Berlin, Urt. v. 31. 1. 1978 – 8 Sa 71/77, BeckRS 1978, 31394835, unter II. 657 Vgl. insoweit nur § 3 Abs. 2 ÄApprO, wonach die Ausbildung nur in Universitätskliniken oder anderen von der Universität bestimmten Krankenhäusern sowie allgemeinbildenden Praxen auf der Grundlage einer Vereinbarung mit der Universität durchgeführt wird. 658 H. Weber, Anm. zu BAG, Urt. v. 25. 3. 1981 – 5 AZR 353/79, AP BBiG § 19 Nr. 1, unter II. 2. a) bb). 659 LAG Berlin, Urt. v. 31. 1. 1978 – 8 Sa 71/77, BeckRS 1978, 31394835, unter II. 660 H. Weber, Anm. zu BAG, Urt. v. 25. 3. 1981 – 5 AZR 353/79, AP BBiG § 19 Nr. 1, unter II. 2. a) dd). 661 Faulhaber, Praktikanten und Volontäre, 2008, 106. 662 Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 274 ff. 656

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2. Teil: Typologisierung, Differenzierung und rechtliche Einordnung

Im erstgenannten Fall trifft die Studienordnung bzw. das Ausbildungsgesetz zwar rahmenmäßige Vorschriften, die die generelle Ausbildungsdauer oder den Zweck der Praxisausbildung betreffen,663 die exakten Modalitäten der Durchführung – etwa Beginn und Ende des Praktikums oder der Umfang der Ausbildung – werden dagegen zwischen dem Betrieb und dem Studierenden ohne Beteiligung der Hochschulseite jedenfalls konkludent vereinbart. So ist für die Juristenausbildung neben der bundesgesetzlichen Vorgabe der Durchführung praktischer Studienzeiten von insgeamt mindestens drei Monaten (vgl. § 5a Abs. 3 Satz 2 DRiG) in den Ausbildungsgesetzen der Länder festgeschrieben, dass jene praktischen Studienzeiten unter bestimmten, abstrakten Vorgaben abzuleisten sind. In Niedersachsen etwa wird gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2 NJAG zur Pflichtfachprüfung nur zugelassen, wer während der vorlesungsfreien Zeit ein vierwöchiges Praktikum bei einem Amtsgericht, einer Verwaltungsbehörde sowie bei einem Rechtsanwaltsbüro, der Rechtsabteilung eines Wirtschaftsunternehmens, einer Gewerkschaft, eines Arbeitgeberverbandes oder einer Körperschaft wirtschaftlicher oder beruflicher Selbstverwaltung absolviert hat. Das Gesetz trifft dabei allerdings keine Aussage über die konkrete Praktikumsstätte, den genauen Inhalt des Praxiseinsatzes oder der zeitlichen Lage in den gesetzten Grenzen der vorlesungsfreien Zeit. Eine vorherige Anzeige der genauen Praktikumsstelle ist nicht vonnöten, vielmehr wird erst im Zuge der Anmeldung zur Ersten Prüfung über die Anerkennung der Praktika entschieden. Innerhalb der öffentlichrechtlich gezogenen Umrandung kann der angehende Jurist neben der eigenständigen Festlegung der Reihenfolge beispielsweise auch selbst darüber entscheiden, ob er das Praktikum zu Beginn oder gegen Ende der vorlesungsfreien Zeit durchführen möchte und ob etwa das Kennenlernen der Arbeitsweise in einem Bundesministerium oder beispielsweise doch in einer Polizeidirektion für ihn attraktiver ist. Der Praktikumsgeber disponiert sodann zum Beispiel über den tatsächlichen Ausbildungsinhalt oder über die Anwesenheitszeiten des Praktikanten. Kurzum: Den Vertragspartnern kommt die Entscheidungsgewalt über Essentialia wie etwa die Begründung und Beendigung der Vertragsbeziehung zu. Zwar normieren die öffentlich-rechtlichen Vorschriften nicht nur die Pflicht zur Ableistung eines Praktikums an sich, sondern stecken auch den Rahmen der praktischen Studienzeit ab, ungeachtet dessen müssen aber gleichwohl diese Vorgaben notwendiger Weise noch einzelvertraglich konkretisiert werden, um die Modalitäten im Einzelnen festzulegen. Entsprechendes gilt für die Pflichtpraktikanten aus anderen Studienzweigen, sofern die Studienordnung bzw. das Ausbildungsgesetz dementsprechend ähnlich ausgestaltet ist.664 Somit werden in diesem Bereich eigene Rechte und Pflichten der 663 Dass hochschulrechtliche Vorgaben zu Dauer und Inhalt der Ausbildung nichts an der potenziellen Eigenständigkeit der betrieblichen Ausbildung ändern, bestätigt BAG, Beschl. v. 30. 10. 1991 – 7 ABR 11/91, NZA 1992, 808, unter B. III. 3. b). 664 So etwa bei der sogenannten Famulatur der Medizinstudierenden (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 i. V. m. § 7 ÄApprO); weitere praktische Studienzeiten, die unter § 26 BBiG fallen können, etwa im Rahmen von Ingenieurstudiengängen, sind exemplarisch zusammengestellt bei Faulhaber, Praktikanten und Volontäre, 2008, 107 ff.; vgl. ebenso Schnelle, Volontäre und Praktikanten, 2010, 116 ff.

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Vertragsparteien begründet mit der Folge, dass ein gesondert zu betrachtendes Privatrechtsverhältnis zwischen dem Praktikumsbetrieb und dem Pflichtpraktikanten entsteht. Es fragt sich, ob etwas anderes gelten muss, wenn die Studienordnung etwas konkreter auch den Abschluss eines Praktikantenvertrages verlangt und gegebenenfalls weitere Vorgaben macht. Eine detailliert ausgestaltete Studienordnung lag auch der hier problematisierten Ausgangsentscheidung zugrunde.665 Nach wie vor stellt sich die Frage, ob der Praktikumsbetrieb selbstständig in einem separaten Vertragsverhältnis zum Praktikanten oder unselbstständig unter hochschulischer Herrschaft handelt. Das BAG anerkennt im hiesigen Grundfall sogar das „Außenverhältnis“ der Pflichtpraktikanten zu ihrer jeweiligen Ausbildungsstelle und das „Innenverhältnis“ zur Hochschulseite.666 Warum diese Erkenntnis sodann nicht auf die rechtliche Würdigung im Sinne einer Differenzierung durchdringt, leuchtet nicht ein.667 Im Innenverhältnis müssen bei konsequenter Fortführung dieser Trennung – insoweit entgegen der Ansicht des BAG – die jeweiligen Regelungen des öffentlichen Hochschulrechts zum Tragen kommen, im Außenverhältnis hat hingegen das Arbeitsrecht Anwendung zu finden.668 Selbst die oben genannte Studienordnung, die festlegt, dass die „Praxissemester Bestandteil des Studiums sind“, vermag als Regelung im Innenverhältnis nicht zu begründen, dass diese Wirkung auch für das Außenverhältnis gilt.669 Schließlich können die Studienordnungen als Satzungen der Körperschaft Hochschule (vgl. § 58 Abs. 1 Satz 1 HRG) nicht die Rechtsbeziehungen der Pflichtpraktikanten zu ihren Praktikumsstellen, die in aller Regel kein Mitglied der Hochschule sind (vgl. § 36 Abs. 1 HRG),670 en détail ausgestalten.671 Anders ist dies nur bei den bereits genannten Studierenden der Medizin im „Praktischen Jahr“ zu bewerten,672 denn dort liegt nicht nur eine organisatorisch formale, sondern darüber hinaus eine inhaltlich ausbildungsmäßige Integration der prakti-

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Vgl. bereits oben unter § 6 B. III. 1. a) aa). BAG, Urt. v. 19. 6. 1974 – 4 AZR 436/73, AP BAT § 3 Nr. 3, Bl. 367. 667 Vgl. auch H. Weber, Anm. zu BAG, Urt. v. 19. 6. 1974 – 4 AZR 436/73, AP BAT § 3 Nr. 3, unter IV. 668 Ebenso Stuhr/Stuhr, BB 1981, 916, 918; N. Wagner, Sicherung angemessener Arbeitsbedingungen für Praktikanten, 2012, 114. 669 Säcker/Streckel, Anm. zu BAG, Urt. v. 19. 6. 1974 – 4 AZR 436/73, AR-Blattei D Berufsausbildung, Entscheidung 9, unter II. 1. a) aa); Schade, NZA 2012, 654, 655; Stuhr/Stuhr, BB 1981, 916, 919; vgl. zudem bereits aus dem älteren Schrifttum Köhler, Volontärverhältnis, 1969, 130, der ebenfalls betont, dass die Richtlinien der Hochschulen das Rechtsverhältnis des Praktikanten zum Betrieb nicht unmittelbar beeinflussen könnten. 670 Dies ist bei dualen Studiengängen regelmäßig anders, vgl. §§ 9 Abs. 1 Satz 6, 65c Abs. 2 LHG BW, siehe dazu noch unter § 6 B. III. 1. a) cc) (2) (b). 671 So auch Pschorr, Jura 2017, 1403, 1406; Stuhr/Stuhr, BB 1981, 916, 919; siehe zudem H. Weber, Anm. zu BAG, Urt. v. 19. 6. 1974 – 4 AZR 436/73, AP BAT § 3 Nr. 3, unter IV. („keine privatrechtsgestaltende Wirkung“). 672 Vgl. bereits soeben. 666

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schen Ausbildung in das Medizinstudium vor.673 Dadurch, dass das „Praktische Jahr“ in universitätseigenen Krankenanstalten stattfindet, stellt sich auch die Frage des Auseinanderfallens von Außen- und Innenverhältnis nicht. Die hochschulrechtlichen Vorgaben in Studiengängen außerhalb der Medizin tangieren also nicht den Inhalt oder die Wirksamkeit des Vertrages zwischen Pflichtpraktikanten und Praktikumsbetrieb,674 vielmehr modellieren sie die innerhochschulische Anerkennung eines solchen Praktikums.675 Mit der Immatrikulation – genauer: der Einschreibung in die Matrikel – tritt der Studierende „nicht in einen Status gesteigerter Disziplin oder in ein besonderes Gewaltverhältnis ein, sondern bleibt freier Staatsbürger.“676 Eine hoheitliche Zuweisung, wie etwa beim Rechtsreferendariat,677 erfolgt hier dagegen gerade nicht. Die Studierenden haben damit nicht nur die freie Wahl der konkreten Praktikumsstelle,678 sondern ihnen kommt bei der Vertragsgestaltung mit dem Betrieb im arbeitsschutzrechtlichen Bereich trotz der parallelen Geltung öffentlichrechtlicher Vorschriften eine durch die Privatautonomie begründete große Spannbreite zu, sofern die Vereinbarungen den übergeordneten Ausbildungszielen nicht zuwiderlaufen.679 Auch der Betrieb entscheidet autonom im Sinne der Abschlussfreiheit über die Aufnahme oder Ablehnung von Studierenden. Zwar geht es zu weit, derartige Pflichtpraktika als Anwendungsfall der dualen Ausbildung im engeren Sinne aufzufassen,680 jedoch ist die ihr inbegriffene Wertung zu übertragen, dass die betriebliche Phase hier ebenso wie bei der dualen Berufsausbildung verselbstständigt ist.681 Das der Berufsausbildung zugrunde liegende duale System vermag nämlich trotz des Zusammenwirkens von schulischem und praktischem Bereich eine deckungsgleiche Rechtsanwendung beider Teile nicht zu begründen. Vielmehr sind die theoretisch-schulische und die betrieblich-praktische Ausbildung organisatorisch und rechtlich voneinander getrennt.682 Daran ändert auch die inhaltliche Vorstrukturierung durch staatliche Ausbildungsordnungen nach § 5 BBiG nichts – das privatrechtliche Berufsausbildungsverhältnis entsteht unstrittiger Weise trotz der Ein-

673

Vgl. LAG Berlin, Urt. v. 31. 1. 1978 – 8 Sa 71/77, BeckRS 1978, 31394835, unter II. Vgl. Schade, NZA 2012, 654, 655. 675 Stuhr/Stuhr, BB 1981, 916, 919. 676 So P. Krause, in: Flämig/Krimminich/Krüger u. a. (Hrsg.), Handbuch des Wissenschaftsrechts, 1996, 547, 548; den Unterschied zum allgemeinen Schulverhältnis aufzeigend Faulhaber, Praktikanten und Volontäre, 2008, 92. 677 Siehe dazu bereits oben unter § 6 A. 678 Zu beachten ist, dass sich der Praktikant selbst um einen Praktikumsplatz zu bemühen hat; eine Garantie, einen solchen tatsächlich auch zu bekommen, besteht dabei gerade nicht. 679 Roscher, BB 1978, 1119, 1121. 680 So aber Däubler, Das Arbeitsrecht 2, 2012, Rn. 2082. 681 Im Ergebnis aber ebenso ders., Das Arbeitsrecht 2, 2012, Rn. 2082; ebenfalls die Parallele zur dualen Berufsausbildung hervorhebend Roscher, BB 1978, 1119, 1121. 682 Säcker/Streckel, Anm. zu BAG, Urt. v. 19. 6. 1974 – 4 AZR 436/73, AR-Blattei D Berufsausbildung, Entscheidung 9, unter II. 1. a) aa); Schade, NZA 2012, 654, 655. 674

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mischung von hoheitlicher Seite.683 Diese Isolation des betriebspraktischen Einsatzes bei Pflichtpraktika, die mit dem Dualismus begründet684 und durch den Vergleich mit der Berufsausbildung nochmals gestützt wird, muss im kompetenzrechtlichen Rahmen konsequent fortgesetzt werden. (2) Kompetenzrechtliche Dimension Grundsätzlich sind die Länder nach den allgemeinen Verteilungsregeln in Art. 30 und 70 GG gesetzgebungsbefugt. Insbesondere das Hochschulrecht ist als Teil der „Kulturhoheit der Länder“685 weitgehend Ländersache. Kann der Bund hingegen auf einen grundgesetzlich zugewiesenen Kompetenztitel bauen, so greift dessen Zuständigkeitsvorrang (Grundsatz der Subsidiarität). In seinen Entscheidungsgründen geht das BAG auf dieses „Regel-Ausnahme-Verhältnis zugunsten der Länder“686 nicht weiter ein und verkennt somit das vorrangige Bestehen der Bundesgesetzgebungskompetenz. Der arbeitsrechtliche Kompetenztitel für eine Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes ergibt sich aus der konkurrierenden Gesetzgebung der Art. 72, 74 Abs. 1 Nr. 12 GG und umfasst alle Tätigkeiten, die sich mit in abhängiger Tätigkeit geleisteter Arbeit beschäftigen.687 Soweit das betriebliche Ausbildungsrecht arbeitsvertragliche Regelungen betrifft, ist es folgerichtig dem Kompetenztitel „Arbeitsrecht“ zuzuordnen.688 Damit werden die arbeitsvertraglichen Regelungen im Berufsausbildungsrecht zum „Kernbestandteil des Arbeitsrechts“ gezählt.689 Das Arbeitsrecht ist nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 12, 72 Abs. 1 GG Gegenstand der Vorranggesetzgebung, eine Erforderlichkeitsprüfung nach Art. 72 Abs. 2 GG findet nicht statt (sogenannte Kernkompetenz690). Damit bringt der Verfassungsgesetzgeber zum Ausdruck, dass im Arbeitsrecht eine bundesgesetzliche Regelung stets erforderlich ist. Des Weiteren kommt vor dem Hintergrund der notwendigen Beteiligung 683 Faulhaber, Praktikanten und Volontäre, 2008, 91; vgl. auch Hufen, Rechtsgutachten zur Ausdehnung des BBiG auf die Praxisphasen dualer Studiengänge, 2019, 14 f. 684 Ähnlich Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 280. 685 Siehe nur BVerfG, Urt. v. 24. 10. 2002 – 2 BvF 1/01, BVerfGE 106, 62 = NJW 2003, 41, unter C. I. 1. b) cc) (4); die „Kulturhoheit der Länder“ ist jedoch kein verfassungsrechtliches Institut, die Umschreibung dient lediglich der Verdeutlichung, dass in diesem Bereich nur wenige Bundeskompetenzen bestehen (wie jeder andere Gegenstand auch ist das Bildungswesen Ländersache, soweit das GG keine Bundeskompetenz vorsieht), vgl. Friauf, Die Abgrenzung der Gesetzgebungskompetenzen im Bereich der beruflichen Bildung, 1975, 18 ff.; ähnlich Behmenburg, Kompetenzverteilung bei der Berufsausbildung, 2002, 139. 686 BVerfG, Urt. v. 27. 7. 2004 – 2 BvF 2/02, BVerfGE 111, 226 = NJW 2004, 2803, unter B. I. 1. a). 687 Vgl. Friauf, Die Abgrenzung der Gesetzgebungskompetenzen im Bereich der beruflichen Bildung, 1975, 16; sowie Degenhart, in: Sachs (Hrsg.), GG, 2021, Art. 74 Rn. 53; Wittreck, in: Dreier (Hrsg.), GG, 2015, Art. 74 Rn. 58. 688 BVerfG, Urt. v. 24. 10. 2002 – 2 BvF 1/01, BVerfGE 106, 62 = NJW 2003, 41, unter C. I. 3. 689 BeckOK GG/Seiler, 2022, Art. 74 Rn. 47.1. 690 J. Ipsen, NJW 2006, 2801, 2803.

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von Wirtschaftsunternehmen und der starken Berufsbezogenheit von Pflichtpraktika wie auch von dualen Studiengängen der Kompetenztitel des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG – das weit zu verstehende691 „Recht der Wirtschaft“ – ins Spiel,692 wobei hier wiederum auf die Erforderlichkeit nach Art. 72 Abs. 2 GG Acht zu geben ist (sogenannte Bedarfskompetenz693). Die Bundeskompetenz zur Regelung der Hochschulzulassung und der Hochschulabschlüsse nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 33 GG (sogenannte Abweichungskompetenz694) spielt im diskutierten Zusammenhang dagegen von vornherein keine Rolle, da es weder um das Kapazitätsrecht der Hochschulen noch um den Studienabschluss an sich geht.695 Letztlich entscheidet der Umfang der dem Bund übertragenen Kompetenzen darüber, welche Zuständigkeiten den Ländern im kulturellen Bereich verbleiben.696 Fällt die hier untersuchte Materie unter Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 oder Nr. 12 GG, tritt das Gesetzgebungsrecht der Länder hinter die Regelungsbefugnis des Bundes zurück. (a) Kompetenzzerlegung Das BAG fasst in seiner 1974 ergangenen Entscheidung die Gesetzgebungskompetenz des Bundes in Bezug auf Pflichtpraktika zu eng. Auch an dieser Stelle ist der springende Punkt auf der Ebene der Aufspaltung in zwei getrennt voneinander zu bewertende Rechtsverhältnisse zu lokalisieren. Denn der Sichtweise des Gerichts ist insoweit zuzustimmen, als die Länder bei der Frage des „Ob“ der Absolvierung eines Praktikums im Rahmen eines Hochschulstudiengangs nach Art. 30, 70 GG gesetzgebungsbefugt sind. Die Anordnung sowie die didaktische Ausgestaltung eines Pflichtpraktikums unterliegen damit der Ländergesetzgebung.697 Außerhalb des Bereichs des Hochschulwesens, also bei der Frage des „Wie“ der Durchführung eines derartigen Praktikums, tritt indes das Arbeitsrecht in Erscheinung,698 für das der Bund die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG hat.699 Das öffentliche Hochschulrecht veranlasst also die Absolvierung von Pflichtpraktika und entscheidet auch über deren Anerkennung, demgegenüber formt 691 Siehe nur BVerfG, Urt. v. 10. 12. 1980 – 2 BvF 3/77, BVerfGE 55, 274 = AP GG Art. 105 Nr. 1, unter C. I. 3. a): „Er umfasst nicht nur die Vorschriften, die sich in irgendeiner Form auf die Erzeugung, Herstellung und Verteilung von Gütern des wirtschaftlichen Bedarfs beziehen, sondern auch alle anderen das wirtschaftliche Leben und die wirtschaftliche Betätigung als solche regelnde Normen“. 692 „Für den betrieblichen Ausbildungsbereich steht die Zugehörigkeit zum Sachgebiet ,Recht der Wirtschaft‘ außer Frage“: Friauf, Die Abgrenzung der Gesetzgebungskompetenzen im Bereich der beruflichen Bildung, 1975, 18. 693 J. Ipsen, NJW 2006, 2801, 2803. 694 Ders., NJW 2006, 2801, 2803 f. 695 Vgl. hierzu allgemein Kment, in: Jarass/Pieroth (Hrsg.), GG, 2020, Art. 74 Rn. 84 f. 696 Friauf, Die Abgrenzung der Gesetzgebungskompetenzen im Bereich der beruflichen Bildung, 1975, 20. 697 BeckOK ArbR/Greiner, 2022, § 22 MiLoG Rn. 25.1. 698 Pschorr, Jura 2017, 1403, 1406. 699 So auch BeckOK ArbR/Greiner, 2022, § 22 MiLoG Rn. 25.1.

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das Arbeitsrecht die Qualifizierungsmaßnahme aus. Diese Differenzierung ist unabdingbar, damit die Länder nicht Rechtsbereiche, die unter die Bundesgesetzgebungskompetenz fallen, unzulässiger Weise – und das offenbar sogar auf der Grundlage höchstrichterlicher Rechtsprechung – an sich ziehen können.700 Es erscheint erneut sinnvoll, an dieser Stelle eine Brücke zur dualen Berufsausbildung zu schlagen: Während der schulische Teil anerkanntermaßen Ländersache ist, steuert der Bund mit dem BBiG die betriebliche Seite der Ausbildung.701 Zurecht wird in diesem Kontext das Gedankenspiel vorgebracht, dass es auch unzulässig wäre, wenn der Bund etwa den theoretischen Teil der Berufsausbildung in den Berufsschulen fortan als „Annex“ der berufspraktischen Ausbildung deklarieren würde mit der Folge der vollumfänglichen Geltung des BBiG für beide Teile der dualen Berufsausbildung.702 Überträgt man dies wiederum umgekehrt auf Pflichtpraktika, so kann es nicht überzeugen, dass die Länder das betrieblich-praktische Feld durch die bloße Integration eines Praktikums in das Studium okkupieren und auf diese Weise dem BBiG entziehen können.703 (b) Kompetenzzuordnung Pflichtpraktikanten gliedern sich im jeweiligen Praktikumsbetrieb in den laufenden Produktions- und Dienstleistungsprozess ein, unterliegen den Weisungen des Betriebsinhabers, mit dem sie ein Privatrechtsverhältnis geschlossen haben,704 und sind diesem somit gegenüber persönlich abhängig. Dieser Bereich ist vom Kompetenztitel des Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG, der in erster Linie abhängige Beschäftigungsformen in den Fokus nimmt, umfasst. Insofern ergibt sich die Unterscheidung der beiden Ausbildungsseiten bereits aus dem Grundgesetz.705 Die einfachgesetzliche Vorschrift des § 10 Abs. 1 Satz 3 HRG, wonach eine studienbedingte berufspraktische Tätigkeit „nach Möglichkeit in den Studiengang einzuordnen“ ist, vermag an der vorgenommenen rechtlichen Spaltung in zwei eigenständige Rechtsverhältnisse ebenfalls nichts zu ändern. Nach wörtlicher Auslegung lässt sich die „Einordnung“ in den Studiengang auf mehrere Weisen erreichen706 und ist keineswegs an das Bilden einer rechtlichen Einheit des hinzutretenenden Praktikumsvertrages mit 700

Vgl. auch Fangmann, AuR 1977, 201, 204; HK-BBiG/Maring, 2020, § 17 Rn. 8. MünchHdbArbR/Schneider, 2021, § 147 Rn. 3; ausführlich Behmenburg, Kompetenzverteilung bei der Berufsausbildung, 2002, 128 ff.; Hufen, RdJB 2003, 58, 60 f.; aus dem älteren Schrifttum Michel, BB 1977, 1455, 1455 f. 702 Fangmann, AuR 1977, 201, 204. 703 Vgl. Säcker/Streckel, Anm. zu BAG, Urt. v. 19. 6. 1974 – 4 AZR 436/73, AR-Blattei D Berufsausbildung, Entscheidung 9, unter II. 1. a) aa); dieses Argument ebenso aufnehmend Frädrich, Berufsausbildungsverhältnis, 1988, 113; HK-BBiG/Maring, 2020, § 17 Rn. 8; tendenziell auch Herkert/Töltl, BBiG, 2022, § 3 Rn. 4. 704 Dazu bereits soeben unter § 6 B. III. 1. a) bb) (1). 705 Fangmann, AuR 1977, 201, 204. 706 BAG, Beschl. v. 30. 10. 1991 – 7 ABR 11/91, NZA 1992, 808, unter II. 3. a); vgl. auch zum Ganzen Epping, in: Geis (Hrsg.), Hochschulrecht in Bund und Ländern, 2021, § 10 HRG Rn. 13. 701

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dem bestehenden Studienverhältnis gebunden. Nach dem Telos der Norm kann zudem keine vollständige Verschulung von Praktika bezweckt sein,707 vielmehr ist die Bedeutung auf den innerhochschulischen Teil begrenzt, etwa für die Berechnung der Regelstudienzeit (vgl. § 10 Abs. 2 Satz 2 HRG).708 Eine eigenverantwortliche Durchführung des berufspraktischen Einsatzes von Studienpraktikanten seitens der Betriebe steht dem jedenfalls nicht entgegen.709 Damit widerspricht die Annahme, Praktikumseinsätze von Studierenden seien in die Betriebe verlagerte Hochschulmaßnahmen, der Verfassung. Auch der in Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG normierte Kompetenztitel des Rechts der Wirtschaft, das die Steuerung und Lenkung des Wirtschaftslebens insgesamt umfasst,710 also alles vereint, was mit der Herstellung und Verteilung von Gütern zu tun hat,711 greift für das betriebliche Rechtsverhältnis der Pflichtpraktikanten insoweit ein, als es um die konkrete Berufsbezogenheit geht, denn die Berufe in der Wirtschaft sind stets auch Teile des Wirtschaftsrechts.712 Diesbezügliche Regelungen haben eine ordnende und lenkende Wirkung auf das Wirtschaftsleben. Damit geht im Einzelfall auch keine ungebührliche Ausweitung des Kompetenztitels einher, der von Natur aus weit zu verstehen ist, da den allermeisten Lebensbereichen eine wirtschaftliche Bedeutung beizumessen ist.713 Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG kommt im Bereich des Bildungswesens aber nur dann in Betracht, wenn die berufliche Bildung durch die Wirtschaftsakteure erfolgt.714 Dies gebietet die Abgrenzung gegenüber der grundsätzlichen Länderkompetenz im kulturellen Sektor nach Art. 30, 70 GG, sodass das Schulwesen an sich freilich weiterhin der Regelungsbefugnis der Länder untersteht.715 Geht es – wie hier – um die arbeitsrechtliche Stellung von Pflichtpraktikanten im Verhältnis zum Praktikumsbetrieb, ist allerdings der Kompetenztitel „Arbeitsrecht“ aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG als lex specialis vorrangig gegenüber dem Kompetenztitel „Recht der Wirtschaft“ aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG anzu707

BAG, Beschl. v. 30. 10. 1991 – 7 ABR 11/91, NZA 1992, 808, unter III. 3. a). BAG, Beschl. v. 30. 10. 1991 – 7 ABR 11/91, NZA 1992, 808, unter III. 3. b); Faulhaber, Praktikanten und Volontäre, 2008, 89. 709 BAG, Beschl. v. 30. 10. 1991 – 7 ABR 11/91, NZA 1992, 808, unter III. 3. b); bestätigt durch BAG, Beschl. v. 15. 3. 2006 – 7 ABR 39/05, BeckRS 2008, 54162, Rn. 35. 710 Kment, in: Jarass/Pieroth (Hrsg.), GG, 2020, Art. 74 Rn. 21. 711 BVerfG, Urt. v. 10. 12. 1980 – 2 BvF 3/77, BVerfGE 55, 274 = AP GG Art. 105 Nr. 1, unter C. I. 3. a): Dazu zählen also auch alle das wirtschaftliche Leben und die wirtschaftliche Betätigung als solche regelnden Rechtsnormen. 712 Vgl. Friauf, Die Abgrenzung der Gesetzgebungskompetenzen im Bereich der beruflichen Bildung, 1975, 21. 713 Faulhaber, Praktikanten und Volontäre, 2008, 85; vgl. zur thematischen Weite Oeter, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GG, 2018, Art. 74 Rn. 78. 714 Maunz, in: Maunz/Dürig (Begr.), GG, 2020, Art. 74 Rn. 153 (Werkstand: 90. EL, Februar 2020); umfassend zudem Behmenburg, Kompetenzverteilung bei der Berufsausbildung, 2002, 135 ff. 715 Vgl. Maunz, in: Maunz/Dürig (Begr.), GG, 2020, Art. 74 Rn. 153 (Werkstand: 90. EL, Februar 2020). 708

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wenden.716 Es bleibt festzuhalten, dass die Aufspaltung in zwei getrennte Rechtsverhältnisse auch in kompetenzrechtlicher Hinsicht Bestand hat und demnach eine Art „Kompetenzdualismus“ begründet wird. Dabei muss die kompetenzrechtliche Dimension notwendiger Weise der zuvor vorgenommenen Differenzierung zwischen dem öffentlich-rechtlichen Studienverhältnis und dem privatrechtlichen Praktikantenverhältnis folgen.717 (3) Zwischenergebnis Die vorstehende Analyse hat gezeigt, dass Pflichtpraktika entgegen der verbreiteten Annahme grundsätzlich unter § 26 BBiG fallen können.718 Dafür sprechen – abseits der diskutierten Entscheidung des BAG aus dem Jahr 1974 – auch die neuerliche Wertung sowie der entstehende Gegenschluss des 2014 installierten § 22 Abs. 1 Satz 2 MiLoG, der in seinem Grundtatbestand ausdrücklich Praktikanten i. S. d. § 26 BBiG in Bezug nimmt und erst in der Bereichsausnahme des Nr. 1 („es sei denn“) Pflichtpraktikanten aus dem Anwendungsbereich des MiLoG herausnimmt. Würde der Gesetzgeber fest davon ausgehen, dass Pflichtpraktikanten nicht unter § 26 BBiG fielen, so hätte er diese Praktikumsform nicht im nächsten Atemzug der Bereichsausnahme unterstellen müssen.719 Die „Ausnahme“ wäre dann keine Ausnahme im Rechtssinne, sondern lediglich eine Doppelung, die mit der unzweideutigen Gesetzesformulierung „es sei denn“ nicht korrespondiert. § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BBiG insoweit den Charakter einer Klarstellungsfunktion zuzusprechen,720 ist wegen der eindeutigen Regelungstechnik des Regel-Ausnahme-Verhältnisses721 in716 Vgl. insoweit BT-Drs. 15/3980, 40; Behmenburg, Kompetenzverteilung bei der Berufsausbildung, 2002, 151; zum Charakter des Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG als „Auffangkompetenz“ siehe Oeter, in: v. Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GG, 2018, Art. 74 Rn. 96; zur Regelungskompetenz im Bereich der dualen Berufsausbildung siehe auch Hufen, Rechtsgutachten zur Ausdehnung des BBiG auf die Praxisphasen dualer Studiengänge, 2019, 20. 717 So auch Schnelle, Volontäre und Praktikanten, 2010, 112 f.; ebenfalls Horstmeier, Prekäre Beschäftigungsverhältnisse, 2009, 62. 718 Im Ergebnis auch AR-Blattei SD/Bauschke, 2007, 110.2 Rn. 96, der eine analoge Anwendung für richtig hält – dafür ist angesichts der direkten Anwendbarkeit von § 26 BBiG indes kein Raum. 719 Ebenfalls als „unnötig“ und „überflüssig“ anerkennend Picker/Sausmikat, NZA 2014, 942, 947; ähnlich I. Natzel, BB 2014, 2490, 2491, der die gesetzliche Erwähnung dieser Praktika für nicht nötig erachtet. 720 Burkard-Pötter/Sura, NJW 2015, 517, 519; ErfK/Franzen, 2022, § 22 MiLoG Rn. 10; SWK ArbR/Ludwig, 2021, Mindestlohn Rn. 11; I. Natzel, BB 2014, 2490, 2491; Picker/ Sausmikat, NZA 2014, 942, 947; Pötters, in: Thüsing (Hrsg.), MiLoG AEntG, 2016, § 22 MiLoG Rn. 19. 721 BT-Drs. 18/2010 (neu), 24; grundsätzlich unterliegen alle Praktikantenverhältnisse, die unter die Legaldefinition des § 22 Abs. 1 Satz 3 MiLoG fallen, dem MiLoG, es sei denn es greift einer der enumerativ aufgezählten vier Ausnahmetatbestände des § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 – 4 MiLoG ein, vgl. auch Arnold, in: Arnold/Fischinger (Hrsg.), Mindestlohn, 2019, 67, 68; Pötters, in: Thüsing (Hrsg.), MiLoG AEntG, 2016, § 22 MiLoG Rn. 5, 7; Schubert/Jerchel/ Düwell, Das neue Mindestlohngesetz, 2015, 84, Rn. 59.

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2. Teil: Typologisierung, Differenzierung und rechtliche Einordnung

konsequent.722 Ausweislich der Gesetzesmaterialien sollen alle Praktikanten, nur abgesehen von den ausdrücklich im Gesetz genannten Ausnahmen, vom Anwendungsbereich des MiLoG erfasst werden,723 wodurch das Regel-Ausnahme-Schema nochmals unterstrichen wird. Nur auf die oben beschriebene Weise lässt sich der Rekurs des § 22 Abs. 1 Satz 2 MiLoG auf § 26 BBiG ergründen, denn in § 26 BBiG wird – anders als in § 22 Abs. 1 Satz 3 MiLoG – der Praktikantenbegriff weder legaldefiniert noch überhaupt nur genannt; vielmehr ist mit der ausdrücklichen Nennung des § 26 BBiG eine Doppelung der tatbestandlichen Anknüpfungspunkte verbunden724 – eine durchaus ungelenke Systematik, deren Installation nur dann Sinn ergibt, wenn daraus eine tiefere Aussagekraft erwächst. Eines Verweises auf § 26 BBiG hätte es schließlich nicht bedurft, wenn mit der Hereinnahme des § 26 BBiG nicht die eigenständige Aussage verbunden wäre, dass das jedenfalls bisher irrig herrschende725 Praktikantenverständnis spätestens nunmehr grundsätzlich auf etwa Pflichtpraktika ausgedehnt werden soll, zumal diese unter die Legaldefinition des § 22 Abs. 1 Satz 3 MiLoG zu subsumieren sind. Die vom BAG 1974 eingeschlagenen Pflöcke können unter Anlegung eines modernen Verständnisses im heutigen Normengefüge nicht unwidersprochen bestehen bleiben. Zuletzt ist anzumerken, dass wertungsmäßig zwischen freiwilligen Praktikanten, die unstrittig unter § 26 BBiG fallen, und Pflichtpraktikanten in tatsächlicher Hinsicht keine substanziellen Unterschiede726 dergestalt bestehen, dass eine unterschiedliche Behandlung beider Formen gerechtfertigt erscheint.727 So kann etwa nicht pauschal behauptet werden, dass freiwillige Praktikanten eine höhere Schutzbedürftigkeit aufweisen als diejenigen Praktikanten, die im Rahmen einer Gesamtausbildung dazu verpflichtet sind, Praxiseinsätze abzuleisten. Bei Pflichtpraktikanten besteht genauso die Gefahr des Missbrauchs als „billige“ Hilfskräfte,728 gerade auch weil der hochschulrechtliche Rahmen – wie oben gesehen – keinen ausreichenden und flächendeckenden Schutz gewährleistet. Daran anknüpfend gilt es nach dieser Vorarbeit zu überprüfen, ob die durch die BAG-Entscheidung aus dem Jahr 1974 hervorgerufene Kritik auch für die rechtliche Einordnung dualer Studiengänge einen Ausschlag gibt.

722

Ebenso Pschorr, Jura 2017, 1403, 1407. BT-Drs. 18/2010 (neu), 24. 724 Zur Systematik siehe schon im Obigen unter § 5 B. I. 725 Vgl. insoweit die vorstehende Kritik an der BAG-Grundentscheidung aus dem Jahr 1974 unter § 6 B. III. 1. a) bb). 726 Vgl. auch Sura, NZA 2019, 882, 884. 727 So auch eingehend Schade, NJW 2013, 1039, 1041 f.; N. Wagner, Sicherung angemessener Arbeitsbedingungen für Praktikanten, 2012, 86 ff. 728 Teilweise wird das Hauptproblem der Missbrauchsprävention im Praktikantenwesen im Fehlen einer Mindestlohnpflicht nach einer gewissen Praktikumsdauer auch für Pflichtpraktika gesehen, vgl. Sura, NZA 2019, 882, 884. 723

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cc) Bedeutung für duale Studiengänge Nun fragt sich also, welche Auswirkungen diese gewonnenen Erkenntnisse auf die rechtliche Beurteilung dual Studierender haben. In Bezug auf duale Studiengänge wird teilweise ebenfalls auf die diskutierte Grundentscheidung des BAG aus dem Jahre 1974 rekurriert und daran anknüpfend die Anwendbarkeit des § 26 BBiG auf die Praxisphasen ohne nähere Ausdifferenzierung negiert.729 Anders als das Pflichtpraktikum zeichnet sich das duale Studium durch die mehrfach betonten Verzahnungselemente aus. In rechtlicher Hinsicht könnten diese systematischen Verwebungen dazu führen, dass die im Rahmen der Pflichtpraktika präferierte Aufspaltung der Rechtsverhältnisse für den Bereich dualer Studiengänge wieder zusammengeführt werden muss. Jedenfalls ist mit Argusaugen zu überprüfen, ob die fokussierte Trennung in zwei Rechtsverhältnisse für duale Studienmodelle aufrechterhalten werden kann. (1) Privatrecht neben öffentlichem Recht Fest steht zunächst, dass dual Studierende in tatsächlicher Hinsicht in zwei separate Rechtsverhältnisse eintreten – in eines mit dem Kooperationsbetrieb730 und in ein weiteres mit der Bildungseinrichtung.731 Das öffentlich-rechtliche Gewaltverhältnis und das privatrechtliche Rechtsverhältnis in Form des Praxisphasenvertrages werden also „auf verschiedenen Ebenen“732 durch die Unterzeichnung eines Vertragsdokuments respektive durch die Immatrikulation als begünstigenden Verwaltungsakt begründet. Dass eine getrennte und eigenständige Beurteilung beider Rechtsbeziehungen grundsätzlich möglich ist,733 zeigt neben der umstrittenen Behandlung von Pflichtpraktika bereits die rechtliche Einordnung Werkstudierender, die unstrittig einerseits immatrikulierte Mitglieder der Hochschule und andererseits Arbeitnehmer im jeweiligen Betrieb sind.734 Immatrikulierte Studierende, die in der vorlesungsfreien Zeit ein freiwilliges Praktikum ableisten, fallen zudem unbestritten unter § 26 BBiG.735 Ebenso anerkannt ist die Aufspaltung in zwei Rechtsverhältnisse 729

Vgl. etwa Baumstümmler/Schulien, Berufsbildungsrecht, 2022, § 26 Rn. 39; I. Natzel, NZA 2008, 567, 569; siehe auch Hirdina, NZA 2008, 916. 730 Siehe exemplarisch den von der DHBW zur Verfügung gestellten „Studienvertrag“, der zwischen dem Kooperationsbetrieb und dem dual Studierenden zu schließen ist (https://www. dhbw.de/fileadmin/user_upload/Dokumente/Dokumente_fuer_Duale_Partner/DHBW_Studien vertrag.pdf) (geprüft am 31. 5. 2022). 731 Siehe etwa die Entscheidung BSG, Urt. v. 1. 12. 2009 – B 12 R 4/08 R, BSGE 105, 56, 63, Rn. 23; näher zum Urteil siehe unter § 6 B. III. 1. c). 732 Für Pflichtpraktikantenverhältnisse Fangmann, AuR 1977, 201, 204. 733 Vgl. auch Hirschberg, Anm. zu LAG Hamm, Beschl. v. 24. 5. 1976 – 8 Ta 44/76, NJW 1976, 1806, 1808; Horstmeier, Prekäre Beschäftigungsverhältnisse, 2009, 60 f.; ebenso in diese Richtung Glaß, Forschungsbericht, 1964, 6; N. Wagner, Sicherung angemessener Arbeitsbedingungen für Praktikanten, 2012, 114. 734 Vgl. oben unter § 5 B. II. 4. 735 Zur rechtlichen Einordnung freiwilliger Praktika siehe bereits unter § 5 B. II. 1. b) aa).

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bei der bereits mehrmals beispielhaft herangezogenen dualen Berufsausbildung, bei der die Auszubildenden einerseits in einem öffentlich-rechtlichen Sonderverhältnis zur Berufsschule und andererseits im privatrechtlichen Berufsausbildungsverhältnis zum Ausbildenden stehen.736 Das Eingehen eines öffentlich-rechtlichen Lehrverhältnisses durch die Immatrikulation schließt folgegemäß nach allgemeiner Ansicht das gleichzeitige Bestehen eines Privatrechtsverhältnisses nicht von vornherein aus.737 Insbesondere im Berufsbildungsrecht kann somit weniger von „Privatrecht oder öffentliches Recht?“, sondern vielmehr von einem „privatrechtlichen Rechtsverhältnis einerseits und einem öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnis andererseits“ gesprochen werden – eine „Entweder-Oder-Beziehung“ lässt sich im Grundsatz auch bei dualen Studienmodellen nicht perpetuieren. (2) Keine Überlagerung des Privatrechtsverhältnisses durch öffentliches Recht Auch wenn im Grundsatz beide Rechtsverhältnisse parallel bestehen können, fragt sich im konkreten Bezug dennoch, ob der Praxisphasenvertrag dual Studierender tatsächlich als eigenständige privatrechtliche Vertragsbeziehung einzustufen ist. Rechtstechnisch könnte der Einfluss der Hochschulseite auf den Vertrag zwischen dual Studierendem und Kooperationsbetrieb – beides in der Regel Akteure des Privatrechts738 – derartig bedeutend sein, dass dieser grundsätzlich privatrechtliche Vertrag unter die Herrschaft des öffentlich-rechtlichen Gewaltverhältnisses fällt und gleichsam konsumiert wird.739 Dies wäre der Fall, wenn der Praxiseinsatz am Lernort Betrieb als reine Hochschulveranstaltung zu werten wäre;740 dafür müsste die Praxisphase praxisintegrierender dualer Studiengänge wiederum „Bestandteil“ des theoriebasierten Studiums sein.741 Wann dieses Merkmal anzunehmen ist, gilt es rechtlich exakt einzuhegen. Zur Erhellung der Thematik führt hier auch nicht der Vergleich mit dem ausbildungsintegrierenden Studienmodell, denn kurioser Weise scheint hierbei – ähnlich wie bei Werkstudierenden – die Aufspaltung in zwei Rechtsverhältnisse klar zu 736

Siehe oben unter § 5 A. III. So auch schon H. Weber, Anm. zu BAG, Urt. v. 19. 6. 1974 – 4 AZR 436/73, AP BAT § 3 Nr. 3, unter IV.; Fangmann, AuR 1977, 201, 204; aus neuerer Zeit zudem Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 277. 738 In Baden-Württemberg bestimmt § 65c Abs. 1 Satz 1 LHG BW etwa, dass als Ausbildungsstätten die Betriebe der Wirtschaft, vergleichbare Einrichtungen außerhalb der Wirtschaft, insbesondere solche der freien Berufe sowie Einrichtungen von Trägern sozialer Aufgaben in Betracht kommen. 739 In diese Richtung Hufen, Rechtsgutachten zur Ausdehnung des BBiG auf die Praxisphasen dualer Studiengänge, 2019, 26 f. 740 Mit ähnlicher Stoßrichtung Benecke, in: Benecke/C. S. Hergenröder (Hrsg.), BBiG, 2021, § 3 Rn. 5, die auf die Frage zusteuert, ob die betriebspraktischen Phasen zur Studienordnung gehören. 741 Angelehnt an die Grundentscheidung BAG, Urt. v. 19. 6. 1974 – 4 AZR 436/73, AP BAT § 3 Nr. 3, Leitsatz 2, wonach das BBiG auf Studierende, die innerhalb ihres Studiums und als dessen „Bestandteil“ ein Praktikum absolvieren, keine Anwendung findet. 737

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sein. Beim ausbildungsintegrierenden dualen Studium ist nämlich allgemein anerkannt, dass der privatrechtlich geschlossene Ausbildungsvertrag i. S. d. § 10 Abs. 1 BBiG wie bei der klassischen dualen Berufsausbildung autonom für sich steht;742 das parallele öffentlich-rechtliche Rechtsverhältnis zur Bildungsinstitution (Hochschule bzw. Berufsschule) soll dort nicht hineinragen. Allein der Umstand, dass statt eines „Praxisphasenvertrages“ ein Berufsausbildungsvertrag für ein ausbildungsintegrierendes duales Studium geschlossen wird, sorgt demnach für eine gänzlich unterschiedliche rechtliche Einordnung.743 Die hochschulrechtlichen Vorgaben sind dabei jedoch modellübergreifend regelmäßig dieselben und differenzieren gerade nicht zwischen den diversen Erscheinungsformen dualer Studiengänge. Auch das Kerncharakteristikum der engen Theorie-Praxis-Verzahnung wohnt beiden dualen Studienformen gleichermaßen inne. Führt man die vom BAG aufgestellten Grundsätze fort, so müsste konsequenter Weise ebenso infrage gestellt werden, ob nicht auch der Berufsausbildungsvertrag im Rahmen des ausbildungsintegrierenden dualen Studiums von öffentlich-rechtlichen Bestimmungen zumindest partiell überlagert wird. Richtungsweisend ist die Antwort auf die Frage, wann eine praktische Ausbildungsphase „Bestandteil“ eines Studiums ist. (a) Praxisphase als hochschulunabhängige Veranstaltung Um eruieren zu können, wann der Praxiseinsatz dual Studierender unter dem Dach der Bildungseinrichtung steht, ist zunächst die Frage aufzuwerfen, was unter dem vom BAG744 verwendeten Terminus „Bestandteil“ im Einzelnen zu verstehen ist. Im allgemeinen Sprachgebrauch lässt sich darunter die Teilkomponente einer Einheit bzw. eines Ganzen fassen.745 Bei der rechtlichen Würdigung ist insbesondere zu beachten, dass vor dem Hintergrund des Alleinstellungsmerkmals746 der spezifischen Theorie-Praxis-Verzahnung und der Abstimmung der Lernorte untereinander eine pauschale Übertragung der Ergebnisse aus dem Bereich der Pflichtpraktika für das hiesige Untersuchungsobjekt unergiebig ist, obgleich der vorherigen Würdigung von Pflichtpraktika ungeachtet der aufgezeigten Differenzierungsmerkmale aufgrund der doch vorhandenden Gemeinsamkeiten747 freilich eine starke Stoßrichtung beizumessen ist. Keine Rolle dürfen jene Studienordnungen spielen, die durch entsprechende Vorschriften die betrieblichen Praxisphasen pauschal zum Bestandteil des Studiums erklären. Dann würde wieder der bereits oben beschriebene748 Mechanismus virulent, 742

Siehe zuvor unter § 6 B. II. 3. mit den entsprechenden Nachweisen. Dies in einem sozialversicherungsrechtlichen Kontext ähnlich monierend Weyand, jurisPR-ArbR 6/2011 Anm. 5, unter C. 744 BAG, Urt. v. 19. 6. 1974 – 4 AZR 436/73, AP BAT § 3 Nr. 3, Leitsatz 2. 745 Dudenredaktion, „Bestandteil“ (https://www.duden.de/rechtschreibung/Bestandteil) (geprüft am 31. 5. 2022). 746 Zum Kerncharakteristikum dualer Studienmodelle siehe bereits § 5 D. 747 Zum Vergleich von Pflichtpraktika mit dem dualen Studium siehe bereits § 5 B. II. 2. b). 748 Siehe oben unter § 6 B. III. 1. a) bb) (2) (a). 743

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dass es der Landesgesetzgeber in der Hand hätte, die betriebliche Ausbildung der Bundeskompetenz zu entziehen und in die Länderzuständigkeit einzupflegen.749 Eine jedenfalls praktikable Variante wäre es, die praktische Ausbildungszeit dann als „Bestandteil“ eines Studiums einzustufen, wenn ihr ein Pflichtcharakter aufgrund von hochschulrechtlichen Bestimmungen zukommt. Aber selbst in dem Fall würde die Länderkompetenz zu weit überdehnt werden, denn die hochschulischen Regelungen würden dann zumindest mittelbar durch die Festlegung des Pflichtcharakters den Praxiseinsatz unter das Landesrecht stellen. Dies hat die Analyse der rechtlichen Einordnung von Pflichtpraktika und dort speziell die Ausleuchtung der kompetenzrechtlichen Dimension eindeutig gezeigt.750 Eine Überdehnung des Kompetenzbereichs lässt sich nur vermeiden, indem einer formalgesetzlichen Integration der Praxisphase in das Studium keine Bedeutung zugesprochen wird. Vielmehr ist ein abstrakter Betrachtungsmaßstab anzulegen, der die Trennung zweier Rechtsverhältnisse und damit auch die Trennung von Privatrecht sowie öffentlichem Recht ähnlich wie bei der Berufsausbildung im dualen System entsprechend berücksichtigt. Eine praktische Ausbildungszeit kann demnach nur dann „Bestandteil“ eines Studiums sein, wenn Kollisionen zwischen Privatrecht und öffentlichem Recht typischer Weise nicht zu erwarten sind. Dies ist wiederum der Fall, wenn das Gepräge eindeutig öffentlich-rechtlich ist, also etwa dann, wenn die Nachwuchskraft schon in kein zweites separates Rechtsverhältnis neben dem Studienverhältnis eintritt. In einer dreipoligen Rechtsbeziehung müsste der ausführende Betrieb demnach als unselbstständiger, außenstehender Dritter lediglich die Bildungsmaßnahmen namens und in Vollmacht für die Bildungsinstitution ausführen, ohne dabei selbst eigene Rechte und Pflichten gegenüber der Nachwuchskraft wahrzunehmen, damit der betriebliche Einsatz überhaupt als „Bestandteil“ des Studiums gelten kann. Eine andere Auslegung würde die Handlungsbefugnisse der Betriebsseite in unzulässiger Weise mittelbar beschneiden. In diesem Kontext ist des Weiteren zu beachten, dass sowohl der dual Studierende als auch der Kooperationsbetrieb in der Regel dem Privatrecht zuzuordnen sind. Grundsätzlich werden die Rechtsbeziehungen zwischen Privatrechtssubjekten durch das Privatrecht ausgeformt.751 Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn ein Privatrechtssubjekt als Teil der öffentlichen Verwaltung einzugruppieren ist oder zumindest auf die Erfüllung öffentlich-rechtlicher Pflichten in Anspruch genommen wird.752 Nur dann würde vom Normalfall, dass die Wahrnehmung öffentlich-rechtlicher Aufgaben durch die öffentliche Hand selbst erfolgt, abgewichen werden 749 Dafür offenbar Hufen, Rechtsgutachten zur Ausdehnung des BBiG auf die Praxisphasen dualer Studiengänge, 2019, 42. 750 Vgl. unter § 6 B. III. 1. a) bb) (2). 751 BAG, Beschl. v. 16. 2. 2000 – 5 AZB 71/99, NZA 2000, 385, unter II. 2. a); BAG, Beschl. v. 17. 1. 2007 – 5 AZB 43/06, NZA 2007, 644, Rn. 16; siehe zudem auch BGH, Beschl. v. 7. 12. 1999 – XI ZB 7/99, NJW 2000, 1042, unter III. 1. 752 BAG, Beschl. v. 16. 2. 2000 – 5 AZB 71/99, NZA 2000, 385, unter II. 2. a); BAG, Beschl. v. 17. 1. 2007 – 5 AZB 43/06, NZA 2007, 644, Rn. 16.

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können. Voraussetzung für die öffentlich-rechtliche Natur der betrieblichen Ausbildungsphase im Rahmen des dualen Studiums wäre dementsprechend eine Beleihung der Ausbildungsstätten, ihres Zeichens zumeist juristische Personen des Privatrechts, mit öffentlich-rechtlichen Befugnissen oder deren Stellung als Verwaltungshelfer.753 Dann liefe der Praxiseinsatz dual Studierender unter hochschulischer Verantwortung und damit innerhalb eines Sonderrechtsverhältnisses. Unter Beliehenen werden solche Privatrechtssubjekte verstanden, die durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes mit eigenen öffentlich-rechtlichen Handlungsbefugnissen – in erster Linie der Verwaltungsaktsbefugnis – ausgestattet sind.754 Sie werden damit insoweit in die mittelbare Staatsverwaltung einbezogen.755 Eine Beleihung ist hingegen abzulehnen, wenn Verwaltungsaufgaben durch das Privatrechtssubjekt nicht mit den Mitteln und Handlungsformen des öffentlichen Rechts, sondern privatrechtlich wahrgenommen werden.756 Hier steht gerade der privatrechtliche Praxisphasenvertrag zwischen dual Studierendem und dem Kooperationsbetrieb im Vordergrund, aus dem die jeweiligen Rechte und Pflichten der Parteien unmittelbar erwachsen. Der Kooperationsbetrieb nimmt damit gegenüber dual Studierenden gerade keine eigenständigen Staatsaufgaben in einem Hoheitsverhältnis wahr, sodass eine Funktion als Beliehener ausscheiden muss.757 Vielmehr stehen für den Betrieb im Verhältnis zum dual Studierenden unmittelbar eigene Rechte und Pflichten aus dem Praxisphasenvertrag im Mittelpunkt, ohne dabei die übergeordnete Handlungsbefugnis von einem Hoheitsträger abzuleiten oder die Handlungsformen des öffentlichen Rechts zu wählen. Verwaltungshelfer üben demgegenüber unselbstständige Hilfstätigkeiten im Auftrag und nach Weisung einer Behörde aus; sie dürfen im Gegensatz zu Beliehenen demnach nicht selbstständig tätig werden und handeln nur als bloßes „Werkzeug“ des Hoheitsträgers.758 In Baden-Württemberg, das als 753

Brecht-Heitzmann, RdA 2008, 276, 285; Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 268, 272; HK-BBiG/Wohlgemuth, 2011, § 3 Rn. 10 (1. Aufl.); nunmehr uneindeutig zu praxisintegrierenden dualen Studiengängen HK-BBiG/Wohlgemuth/Günther, 2020, § 3 Rn. 12, 15 (2. Aufl.); im Ansatz auch Schnelle, Volontäre und Praktikanten, 2010, 108 f. 754 Siehe nur BeckOK VwGO/Reimer, 2022, § 40 Rn. 49; Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs (Hrsg.), VwVfG, 2018, § 1 Rn. 246. 755 Maurer/Waldhoff, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2020, § 23 Rn. 58; Schönenbroicher, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz (Hrsg.), VwVfG, 2019, § 1 Rn. 63. 756 Vgl. Burgi, FS Maurer, 2001, 581, 585; Ehlers/Schneider, in: Schoch/Schneider (Hrsg.), VwGO, 2021, § 40 Rn. 275; Ibler, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, 2021, Art. 86 Rn. 76; Ruthig, in: Kopp/Schenke (Hrsg.), VwGO, 2021, § 40 Rn. 14; Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs (Hrsg.), VwVfG, 2018, § 1 Rn. 249; Schönenbroicher, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz (Hrsg.), VwVfG, 2019, § 1 Rn. 72; Sodan, in: Sodan/Ziekow (Hrsg.), VwGO, 2018, § 40 Rn. 359. 757 Im Ergebnis ebenso Brecht-Heitzmann, RdA 2008, 276, 285; Velikova, DGB-Gutachten zur Möglichkeit der Normierung von Schutzbestimmungen für die dual Studierenden – n.v., 2015, 23; HK-BBiG/Wohlgemuth, 2011, § 3 Rn. 10 (1. Aufl.); uneindeutig nunmehr HK-BBiG/ Wohlgemuth/Günther, 2020, § 3 Rn. 12, 15 (2. Aufl.); a. A. Hufen, Rechtsgutachten zur Ausdehnung des BBiG auf die Praxisphasen dualer Studiengänge, 2019, 33, 44. 758 Siehe nur Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer (Hrsg.), VwVfG, 2021, § 1 Rn. 64; Schönenbroicher, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz (Hrsg.), VwVfG, 2019, § 1 Rn. 76; auf dem Gebiet des Sozialrechts wird im Rahmen sogenannter „Ein-Euro-Jobs“ (vgl. § 16 Abs. 2

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Bundesland mit der höchsten Anzahl dual Studierender hier exemplarisch herangezogen wird, lässt sich die Gleichrangigkeitsposition von DHBW und Ausbildungsstätten dagegen bereits an der gesetzlichen Formulierung des „Zusammenwirkens“ in § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 und § 65c Abs. 1 LHG BW erkennen.759 Der Kooperationsbetrieb ist etwaigen Weisungen der Bildungseinrichtung bundeslandübergreifend nicht unterworfen, sein Handeln richtet sich stattdessen weitestgehend nach selbstständigen Kriterien, sodass er keinesfalls nur als unselbstständiger Dritter in der tripolaren Rechtsbeziehung auftritt. Demnach steht fest, dass die Ausbildungsstätten bei dualen Studiengängen weder Beliehene noch Verwaltungshelfer sind.760 Dies spricht freilich zusätzlich für eine Zurückstellung des öffentlichen Rechts bei der Begutachtung des Rechtsstatus dual Studierender im Kooperationsbetrieb. Eine Konstruktion, wonach die Praxisphase eine reine Hochschulmaßnahme sein könnte, wäre nur dann in Betracht zu ziehen, wenn ein Vertrag zwischen der Bildungseinrichtung und dem Kooperationsbetrieb mit dem Inhalt bestünde, dass die Hochschule dem Betrieb die Plätze für die dual Studierenden zur Verfügung stellt und ihr die Auswahl der Nachwuchskräfte überlassen ist.761 Dies verhält sich indes bei dualen Studiengängen, bei denen die Unternehmen die „Gatekeeper-Funktion“762 einnehmen und somit die alleinige Verfügungsmacht über die Platzvergabe haben, diametral anders, denn es erfolgt gerade keine verbindliche Zuweisung seitens der Hochschule. Die Abschlussfreiheit als ein Merkmal des Grundsatzes der Vertragsfreiheit, der wiederum der verfassungsrechtlich gewährleisteten763 Privatautonomie (Art. 2 Abs. 1 GG) untersteht,764 tritt hier deutlich zutage. Eine Garantie, dass der dual Studierende in irgendeinem Betrieb bei Eingehung des Studienverhältnisses eine Ausbildungsgelegenheit tatsächlich erhält, besteht gerade nicht. Das Gegenteil ist der Fall: Der dual Studierende muss zeitlich vorgelagert einen Praxisphasenvertrag mit einem geeigneten Kooperationsbetrieb vorweisen, um daraufhin überSGB II) etwa diskutiert, ob die externen Maßnahmeträger als Verwaltungshelfer denn als selbstständige Arbeitnehmer auftreten, sodass die Rechtsfigur des Verwaltungshelfers auch im arbeitsrechtlichen Dunstkreis von Relevanz ist, vgl. nur BSG, Urt. v. 27. 8. 2011 – B 4 AS 1/10 R, NJOZ 2012, 1428, Rn. 26; BAG, Beschl. v. 17. 1. 2007 – 5 AZB 43/06, NZA 2007, 644, Rn. 17; Hahn, in: Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann (Hrsg.), SozR, 2022, § 16d SGB II Rn. 7, 13; Rixen/Pananis, NJW 2005, 2177, 2179; Stölting, in: Eicher/Luik/Harich (Hrsg.), SGB II, 2021, § 16d Rn. 50 m. w. N. 759 Dies ebenfalls hervorhebend Brecht-Heitzmann, RdA 2008, 276, 285. 760 Anders kann sich dies hingegen bei dem oben angerissenen Praktischen Jahr der Medizinstudierenden verhalten, denn dort nimmt die Betriebsseite gerade keine eigenständige Funktion wahr, siehe dazu unter § 6 B. III. 1. a) bb) (1) (a). 761 Vgl. auch zu Pflichtpraktikanten Scheriau, AiB 2006, 623, 625; ähnlich Roscher, BB 1978, 1119, 1121. 762 Vgl. bereits unter § 3 B. III. 763 Siehe nur MüKo BGB/Busche, 2021, Vor § 145 Rn. 3. 764 Vgl. Flume, Das Rechtsgeschäft, 1992, 18: Die Vertragsfreiheit sei als „pars pro toto“ der Privatautonomie zu verstehen.

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haupt in ein Studienverhältnis mit dem dualen Bildungsanbieter treten zu können; eine sofortige Begründung des Studienverhältnisses reflexartig gleich mit dem Abschluss des Praxisphasenvertrags kann nicht konstruiert werden.765 Eine ähnlich eigenständige Rolle kommt dem Betrieb bei der Beendigung zu: Wird das Studienverhältnis zwischen dem dual Studierenden und der Bildungseinrichtung beendet, so erlischt nicht automatisch auch das betriebliche Ausbildungsverhältnis,766 sondern der Betriebsinhaber müsste dem dual Studierenden selbst mittels Kundgabe einer eigenen entsprechenden Willenserklärung kündigen.767 Dies entspricht wiederum der Aufhebungs- bzw. Beendigungsfreiheit, die zwar im Arbeitsrecht zugunsten der schwächeren Vertragspartei etwa durch kündigungsschutzrechtliche Vorschriften beschränkt, aber gleichwohl grundsätzlich ebenfalls durch die allgemeine Vertragsfreiheit als Pendant zur Abschlussfreiheit garantiert ist.768 Damit wird hier in erster Linie die Autonomie der betrieblichen Seite unterstrichen.769 Auch eine etwaige Anhörungspflicht der Bildungseinrichtung im Vorfeld einer betrieblichen Kündigung vermag am privatautonomen Charakter der Vertragsbeziehung zwischen dual Studierendem und Ausbildungsstätte nichts zu ändern.770 Die umgekehrte Situation, dass eine Exmatrikulation an der DHBW gemäß § 62 Abs. 2 Nr. 6 LHW BW von Amts wegen zu erfolgen hat, wenn das betriebliche Ausbildungsverhältnis rechtswirksam beendet wurde, vermag eine gegenteilige Annahme ebenso wenig zu begründen.771 Schließlich ist das öffentlich-rechtliche Handeln (Exmatrikulation) hier eine Folge des privatrechtlichen Handelns (Beendigung des Ausbildungsvertrags) und nicht umgekehrt, sodass auch von dieser Warte aus kein öffentlichrechtliches Grundgepräge hergeleitet werden kann. All diese im Lichte der Grundentscheidung des BAG aus dem Jahr 1974 angestellten Erwägungen zielen in die Richtung, dass die Praxisphase im Rahmen praxisintegrierender dualer Studiengänge dem Studium als eigenständiges Privatrechtsverhältnis gleichrangig gegenübersteht und nicht etwa durch öffentlich-rechtliche Vorschriften konsumiert 765 Vgl. Brecht-Heitzmann, RdA 2008, 276, 284; Velikova, DGB-Gutachten zur Möglichkeit der Normierung von Schutzbestimmungen für die dual Studierenden – n.v., 2015, 20 f.; dagegen ordnet Löwisch, FS Reuter, 2010, 681, 686 die Ablehnung des Abschlusses des Ausbildungsvertrags als öffentlich-rechtlichen Vorgang ein, der der Kontrolle der Verwaltungsgerichte unterliege. 766 Für Pflichtpraktikantenverhältnisse vgl. BAG, Beschl. v. 30. 10. 1991 – 7 ABR 11/91, NZA 1992, 808, unter III. 4. a) cc). 767 Vgl. Brecht-Heitzmann, RdA 2008, 276, 284; ders., AuR 2009, 389, 390; Velikova, DGB-Gutachten zur Möglichkeit der Normierung von Schutzbestimmungen für die dual Studierenden – n.v., 2015, 21, die ein einheitliches Rechtsverhältnis ebenfalls ablehnt, weil das Entstehen bzw. Erlöschen des betrieblichen Vertragsverhältnisses nicht zwangsläufig das Entstehen bzw. Erlöschen des Studienverhältnisses nach sich zieht. 768 Vgl. MüKo BGB/Busche, 2021, Vor § 145 Rn. 28; Neuner, BGB AT, 2020, § 10 Rn. 36. 769 A. A. Hufen, Rechtsgutachten zur Ausdehnung des BBiG auf die Praxisphasen dualer Studiengänge, 2019, 30, der von einer strikten Akzessorietät zum Studium ausgeht. 770 Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 284. 771 So aber offenbar Löwisch, FS Reuter, 2010, 681, 686, der im Gesamten einen öffentlichrechtlichen Vorgang erblickt.

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2. Teil: Typologisierung, Differenzierung und rechtliche Einordnung

wird, sodass der Praxiseinsatz dual Studierender zwar in tatsächlicher Hinsicht zum Studium gehört, aber aus rechtlichen Gesichtspunkten mangels untrennbarer Einheit kein echter „Bestandteil“ des Studienverhältnisses ist. (b) Keine Vereinnahmung des Privatrechtsverhältnisses durch die Bildungseinrichtungen mittels Musterverträgen Dem vorläufigen Ergebnis, dass die Praxisphase keine Hochschulveranstaltung darstellt,772 steht auch nicht der Umstand entgegen,773 dass die dualen Bildungsanbieter des Öfteren Musterverträge774 für den Abschluss des Praxisphasenvertrages zwischen dual Studierendem und dem Kooperationsbetrieb zur Verfügung stellen,775 denn die Parteien können grundsätzlich von den Rahmenvereinbarungen abweichen und/oder diese ergänzen. Die Bildungseinrichtungen sind dabei nicht in der Position, den betrieblichen Einsatz dual Studierender auf diese Weise an sich zu binden und damit unter die Herrschaft des öffentlichen Rechts zu ziehen.776 Exemplarisch hat man sich die baden-württembergschen Regelungen zu vergegenwärtigen, die zwar auf den ersten Blick starken Einfluss auf die Gestaltung des Rechtsverhältnisses zwischen dual Studierendem und Partnerbetrieb nehmen, gleichwohl aber auch einen offenen Gestaltungsspielraum lassen und mithin keinesfalls abschließend sind: In Baden-Württemberg überträgt § 20 Abs. 1 Satz 4 Nr. 15 LHG BW beispielsweise dem Hochschulrat die Aufstellung von Grundsätzen für die Ausgestaltung der Ausbildungsverträge, die für die Immatrikulation an der DHBW gemäß § 60 Abs. 2 Nr. 7 LHG BW erfüllt sein müssen. Nach § 60 Abs. 2 Nr. 7 LHG BW muss der Ausbildungsvertrag sogar den von der DHBW aufgestellten Grundsätzen für die Ausgestaltung der Vertragsverhältnisse entsprechen. Mit dem Bereitstellen von Musterverträgen, die Zentralfragen wie etwa die Vergütung offenlassen,777 sollen die betrieblichen Akteure dazu motiviert werden, sich bei der betriebspraktischen Ausbildung verstärkt zu engagieren. Insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) stellt die Ausarbeitung eines Praxisphasenvertrages vor dem Hintergrund der beschriebenen rechtlichen Unwägbarkeiten dualer Studiengänge zu772 Überspitzt bereits zu Pflichtpraktikanten Schade, NJW 2013, 1039, 1042: Das Pflichtpraktikum während des Studiums als reine Hochschulveranstaltung zu begreifen, erscheine „weltfremd“. 773 In diese Richtung aber Hufen, Rechtsgutachten zur Ausdehnung des BBiG auf die Praxisphasen dualer Studiengänge, 2019, 30. 774 Siehe etwa den „Studienvertrag“ der DHBW (https://www.dhbw.de/fileadmin/user_up load/Dokumente/Dokumente_fuer_Duale_Partner/DHBW_Studienvertrag.pdf) (geprüft am 31. 5. 2022). 775 Zu verpflichtenden Praktikantenverhältnissen vgl. B. Natzel, Anm. zu BAG, Beschl. v. 30. 10. 1991 – 7 ABR 11/91, AP BetrVG 1972 § 5 Ausbildung Nr. 2: „nicht von ausschlaggebender Bedeutung“. 776 Vgl. bereits soeben unter § 6 B. III. 1. a) cc) (2) (a). 777 Vgl. etwa Ziffer 6.1. des „Studienvertrags“ der DHBW (https://www.dhbw.de/fileadmin/ user_upload/Dokumente/Dokumente_fuer_Duale_Partner/DHBW_Studienvertrag.pdf) (geprüft am 31. 5. 2022).

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mindest potenziell eine Hürde dar. Um dem Entstehen einer hohen Hemmschwelle bei der Aufnahme dual Studierender vorzubeugen, wird den Betrieben das vertragliche Grundgerüst an die Hand gegeben. Dies geschieht im Übrigen bei der klassischen Berufsausbildung durch die zuständigen Stellen (vgl. § 71 BBiG) seit jeher entsprechend,778 ohne den Berufsausbildungsvertrag sodann unter das öffentliche Recht zu stellen. Nicht zuletzt ist mit dem Bereithalten derartiger Vertragsformulare ein Versuch der Standardisierung verbunden, um eine gewisse Handhabe darüber zu gewinnen, dass unter der Gruppe dual Studierender keine zu großen Unterschiede hinsichtlich der individuellen vertraglichen Gestaltung der Praxisphase entstehen.779 Die Möglichkeit der Disposition über die Vertragsinhalte bleibt beiden Seiten indes unbenommen; hierfür lassen die Musterverträge genügend Raum.780 So stellt die DHBW etwa keine Musterformulierung zu Rückzahlungsklauseln, die in der Praxis dennoch häufig anzutreffen sind, zur Verfügung.781 Damit liegt die Vertragshoheit weiterhin auf der Seite der vertragsabschließenden Parteien,782 sodass die inhaltliche Gestaltungsfreiheit als Teilelement der Vertragsfreiheit783 gewährleistet ist. Letztlich sprechen diese durch privatrechtliche Merkmale geprägten Musterverträge, die von den Hochschulen zur Verwendung der Betriebsseite gegenüber den dual Studierenden erarbeitet wurden, sogar – geradezu demaskierend784 – dafür, dass der Praxisphasenvertrag vom öffentlich-rechtlichen Studienverhältnis zu trennen und nicht als Einheit zu bewerten ist.785 Die Bildungseinrichtungen geben damit ihre Möglichkeit zur rechtlichen Lenkung der Praxisphase bewusst aus der Hand.786 778

Siehe nur Hartwich, DÖV 2010, 969, 971. Für eine zahlenmäßige Ausweitung des Einsatzes von Musterverträgen CHE/f-bb, Duales Studium: Umsetzungsmodelle und Entwicklungsbedarfe, 2022, 321, 329. 780 Vgl. auch Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 282 f.; Velikova, DGBGutachten zur Möglichkeit der Normierung von Schutzbestimmungen für die dual Studierenden – n.v., 2015, 24, die in der mittelbaren Einflussnahme der Hochschulseite auch keine Kompetenzüberschreitung sieht, denn im Verhältnis zwischen dem Unternehmen und dem dual Studierenden (Arbeitsrecht) können genauso eigenständige Regelungen getroffen werden wie im Verhältnis der Hochschule zum Praxispartner (Hochschulrecht) über etwa Eignungs- und Zulassungsvoraussetzungen; den Hochschulen bleibe es damit unbenommen, an arbeitsrechtliche Schutzvorschriften anzuknüpfen und deren Einhaltung als Voraussetzung für die Eignung einer Ausbildungsstätte zu machen. 781 Nach Ziffer 8 der offiziellen „Erläuterungen zu einzelnen Punkten des DHBW Studienvertrags“ wird dies damit begründet, dass diesbezüglich jeweils eine individuelle rechtliche Prüfung erforderlich sei (https://www.dhbw.de/fileadmin/user_upload/Dokumente/Dokumente_ fuer_Duale_Partner/Erlaeuterungen_DHBW_Studienvertrag.pdf) (geprüft am 31. 5. 2022). 782 Stuhr/Stuhr, BB 1981, 916, 917 f. 783 Vgl. Flume, Das Rechtsgeschäft, 1992, 12 f.; grundlegend etwa auch MüKo BGB/Busche, 2021, Vor § 145 Rn. 24 ff. 784 Vgl. auch Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 280: „Der Landesgesetzgeber (bzw. die Hochschule als Satzungsgeber) trifft insoweit eine eindeutige Formenwahl“. 785 Für Pflichtpraktikanten ähnlich Faulhaber, Praktikanten und Volontäre, 2008, 90 f.; für dual Studierende gleichfalls Haug, OdW 2014, 67, 68. 786 Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 292. 779

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Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass bei dualen Studienmodellen – anders als bei Pflichtpraktika – teilweise nicht nur die dual Studierenden, sondern auch die Kooperationsbetriebe in ein öffentlich-rechtliches Mitgliedschaftsverhältnis zu der Bildungseinrichtung treten (vgl. etwa § 9 Abs. 1 Satz 6 LHG BW i. V. m. § 65c Abs. 2 LHG BW).787 Diese mitunter bestehende Vorgabe kann die individuelle Vertragsfreiheit jedoch nicht beschränken. Schließlich lässt die Regelung von wie auch immer gearteten Grundsätzen über das öffentlich-rechtliche Mitgliedschaftsverhältnis die darüber hinaus gehende individuelle Regelung von Vertragsbestandteilen unangetastet. Durch die Mitgliedschaft wird den Betrieben lediglich die Möglichkeit eingeräumt, in den Hochschulgremien der Selbstverwaltung mitzuwirken,788 ohne dabei das innere Rechtsverhältnis zwischen dual Studierendem und Betriebspartner modellieren zu können.789 Vorrangiges Ziel des Mitgliedsstatus ist, die Interessen der Beteiligten auf einer übergeordneten Ebene durch die formelle Einbindung in einen schonenden Ausgleich zu bringen und so ein hohes Maß an inhaltlicher Integration beider Stränge zu erreichen.790 Die Mitgliedschaft berührt die rechtliche Selbstständigkeit der Ausbildungsstätten und deren eigene Verantwortung für die Ausbildung nicht.791 Demnach bleibt es hier dabei, dass das öffentlich-rechtliche Rechtsverhältnis lediglich den äußeren Rahmen schafft, indes keine Aussage über das Bestehen und die wesentliche Ausformung des getrennt zu betrachtenden Privatrechtsverhältnisses trifft, sodass dieses den privatrechtlichen Regelungen zu folgen hat. (c) Kooperationsvertrag zwischen Bildungseinrichtung und Ausbildungsbetrieb kein Vertrag zugunsten Dritter Der zwischen der Bildungseinrichtung und dem Ausbildungsbetrieb geschlossene Kooperationsvertrag ist zudem kein Vertrag zugunsten Dritter, aus dem dual Studierende als etwaige Dritte unmittelbar eigene Ansprüche geltend machen könnten (vgl. § 328 BGB),792 sondern bedarf erst noch der privatrechtlichen Umsetzung im

787 Bedenken äußert dagegen Löwisch, FS Reuter, 2010, 681, 686, der die Rechtsbeziehung aufgrund des bestehenden Mitgliedschaftsverhältnisses als öffentlich-rechtlich einstuft; ähnlich Hufen, Rechtsgutachten zur Ausdehnung des BBiG auf die Praxisphasen dualer Studiengänge, 2019, 33. 788 Vgl. Haug, OdW 2014, 67, 68. 789 Brecht-Heitzmann, AuR 2009, 389, 390; Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 285 f. 790 Vgl. etwa für die DHBW LT-Drs. Baden-Württemberg 14/3390, 82; siehe auch Gerber/ Pautsch, in: Haug (Hrsg.), Das Hochschulrecht in Baden-Württemberg, 2020, Kapitel 4 Abschnitt D. Rn. 1065. 791 Vgl. Gerber/Pautsch, in: Haug (Hrsg.), Das Hochschulrecht in Baden-Württemberg, 2020, Kapitel 4 Abschnitt D. Rn. 1072, 1093. 792 Vgl. allgemein zu den Rechtsfolgen des § 328 BGB nur Grüneberg/Grüneberg, 2022, § 328 Rn. 5 ff.

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Verhältnis Betrieb und dual Studierende.793 Gegenüber dualen Studienteilnehmern nimmt der Kooperationsbetrieb dann jeweils eigene Rechte und Pflichten wahr, die sich aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Privatrechtsverhältnis ergeben. Selbst wenn sich der Kooperationsbetrieb also im Verhältnis zur Bildungseinrichtung vertraglich in abstrakter Form zur Ausbildung Studierender verpflichtet hat, so hat diese individualisierungsbedürftige Pflicht keine Auswirkung auf die einzelnen Studierenden, die erst durch den Abschluss des separaten Praxisphasenvertrages ihre eigene Rechtsposition gegenüber der Betriebsseite herstellen.794 Es verbleibt trotz der Dreieckskonstellation bei der inter-partes-Wirkung der einzelnen Rechtsverhältnisse, zumal die in Rede stehenden Kooperationsvereinbarungen schwerpunktmäßig die Abstimmung der Lehrinhalte unter den dualen Akteuren zum Gegenstand haben und der Bildungsinstitution gerade kein umfassendes Recht zur Durchführung der Praxisausbildung als Hochschulveranstaltung am Lernort Betrieb einräumen.795 (3) Zwischenergebnis Nach der kritischen Beäugung der BAG-Grundsatzentscheidung aus dem Jahre 1974 und der daran auf dieser Basis anknüpfenden Fokussierung praxisintegrierender dualer Studiengänge bleibt festzuhalten, dass das Rechtsverhältnis dual Studierender zur betrieblichen Ausbildungsstätte ungeachtet ihres Studierendenstatus privatrechtlicher Natur ist.796 Die für duale Studiengänge typischen Verzahnungen auf der didaktischen Ebene führen nicht dazu, dass den beiden dargestellten Rechtsverhältnissen jeweils keine eigenständige rechtliche Bedeutung mehr zukäme.797 Dass in tatsächlicher Hinsicht zusammengehörende Lebenssachverhalte und Vorgänge auf einer rechtlichen Ebene dekomponiert werden, ist im Übrigen nichts Ungewöhnliches.798 In Anbetracht des autonomen Privatrechtsverhältnisses und unter Berücksichtigung der in verfassungsrechtlicher Hinsicht gewonnenen Erkenntnisse der Gruppe der Pflichtpraktikanten bereitet die kompetenzrechtliche Dimension nunmehr keine größeren Schwierigkeiten mehr. Denn der zweite Leitsatz der diskutierten Ausgangsentscheidung des BAG, wonach das BBiG aus kompetenzrechtlichen Gründen auf solche Studierende keine Anwendung finde, die „in793 Exemplarisch für Pflichtpraktikanten BAG, Beschl. v. 30. 10. 1991 – 7 ABR 11/91, NZA 1992, 808, unter III. 4. a) bb). 794 Vgl. auch Faulhaber, Praktikanten und Volontäre, 2008, 91. 795 Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 284: Dafür müsste die Hochschule die Praxisausbildung in eigener „Regie“ durchführen; die Kooperationsverträge dienen stattdessen lediglich der Harmonisierung und Qualitätssicherung, vgl. CHE/f-bb, Duales Studium: Umsetzungsmodelle und Entwicklungsbedarfe, 2022, 30. 796 Im Ergebnis auch Brecht-Heitzmann, RdA 2008, 276, 284 f. 797 So im Ergebnis auch Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 282; a. A. Koch-Rust/Rosentreter, NJW 2009, 3005, 3007; dem folgend Seeger, „Generation Praktikum“, 2012, 67 f. 798 Prominentestes Beispiel für eine juristische Aufgliederung einheitlicher Lebensvorgänge dürfte im Allgemeinen das der Rechtsgeschäftslehre zugrundeliegende Trennungs- und Abstraktionsprinzip sein, auf dem die Systematik des BGB maßgeblich aufbaut.

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nerhalb ihres Studiums und als dessen Bestandteil“ Praxiseinsätze absolvieren, greift nicht, wenn die Praxisphase dual Studierender schon nicht als „Bestandteil“ der Hochschulausbildung in die Regelungsbefugnis der Länder fällt.799 Die vertraglich manifestierte persönliche Abhängigkeit dual Studierender in der Beziehung zum Betriebsinhaber einerseits und die weitgehende Unabhängigkeit dual Studierender in der Praxisphase von öffentlich-rechtlichen Vorgaben andererseits konnte eindeutig festgestellt werden,800 sodass das Rechtsverhältnis zum kooperierenden Betrieb in das arbeitsrechtliche Gesamtgefüge fällt. Damit greift der in Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG statuierte Kompetenztitel „Arbeitsrecht“ für die betriebliche Phase praxisintegrierender dualer Studiengänge.801 Die Länderzuständigkeit nach Art. 30, 70 GG wird durch die Gesetzgebungskompetenz des Bundes verdrängt. Dem Betriebsinhaber wird eine eigene Arbeitgeberfunktion gegenüber den dual Studierenden zuteil, sodass es auch billig erscheint, Letztere dem Schutz des Ausbildungsrechts zu unterstellen.802 Diese These ist nun in Ansehung der unmittelbar auf die hybride Studienform bezogenen Rechtsprechung zu validieren. b) Zuspitzung durch BAG, Urt. v. 18. 11. 2008 – 3 AZR 192/07 Wurden bisher vor allem taugliche Wertungen aus einer älteren Entscheidung herausgegriffen, die sich im Kern um Pflichtpraktikanten dreht, soll nun ein zentrales Judikat zu praxisintegrierenden dualen Studiengängen examiniert werden. In der Entscheidung des Dritten Senats vom 18. 11. 2008 geht es im Wesentlichen um die Rückzahlung von Studiengebühren, die der ausbildende Partnerbetrieb für den dual Studierenden entrichtete. Im Mittelpunkt stand dabei eine Inhaltskontrolle nach dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen,803 wobei in einem vorherigen Schritt zumindest umrisshaft die Anwendbarkeit des BBiG auf den Prüfstand gestellt war. Mehr als vierzig Jahre nach der untersuchten Grundentscheidung des Vierten Senats nimmt das BAG weiterhin auf die beschriebenen Leitsätze von 1974804 Rekurs und betont gleichfalls, dass das BBiG keine Anwendung fände, „wenn die praktische

799

Vgl. auch Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 288. Zur persönlichen Abhängigkeit dual Studierender in Bezug zum Betriebsinhaber siehe bereits oben unter § 6 B. I. 2. b). 801 Für Pflichtpraktikanten vgl. im Ergebnis auch Faulhaber, Praktikanten und Volontäre, 2008, 86; Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 288 f.; Schnelle, Volontäre und Praktikanten, 2010, 112; für praxisintegrierende duale Studiengänge ähnlich, jedoch letztlich auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG abstellend HK-BBiG/Wohlgemuth/Günther, 2020, § 3 Rn. 12; ebenso bereits noch deutlicher HK-BBiG/Wohlgemuth, 2011, § 3 Rn. 11 (1. Aufl.); allgemeiner Krone, Stellungnahme für die Anhörung des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung, Ausschussdrs. 19(18)124e, 2019, 10; a. A. Hufen, Rechtsgutachten zur Ausdehnung des BBiG auf die Praxisphasen dualer Studiengänge, 2019, 29 ff. 802 Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 291. 803 Siehe dazu noch ausführlich unter § 8 C. 804 BAG, Urt. v. 19. 6. 1974 – 4 AZR 436/73, AP BAT § 3 Nr. 3. 800

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Tätigkeit Teil eines Studiums ist.“805 Ergänzt wird dieses Kriterium nunmehr um einen zweiten Punkt dergestalt, dass das BBiG gleichwohl nur dann nicht anwendbar sei, wenn auch das „,Praktikum‘ durch staatliche Entscheidung anerkannt“ ist.806 Im konkreten Entscheidungsfall trifft das Gericht indes keine eindeutige Aussage darüber, ob das Rechtsverhältnis zwischen den hierfür maßgeblichen Parteien – dual Studierender und Kooperationsbetrieb – vom Schutznetz des BBiG umspannt ist.807 Vielmehr gibt das BAG lediglich seine Zweifel hinsichtlich der Anwendbarkeit des BBiG kund808 und stellt die oben genannten Hindernisse im Rahmen eines obiter dictums heraus. Der Senat musste sich diesbezüglich aber auch nicht abschließend einlassen, denn die Anwendbarkeit des BBiG hatte keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Forderungen der Klägerpartei. Nichtsdestoweniger geht das BAG nun ein Stück weiter als 1974, indem es das Bestehen eines privatrechtlichen Rechtsverhältnisses zwischen dual Studierendem und Kooperationsbetrieb in den Entscheidungsgründen anerkennt. Das Gericht muss von einer Rechtsbeziehung privatrechtlicher Natur ausgegangen sein, denn es legt durchweg den Maßstab des Privatrechts und nicht etwa zusätzlich den des öffentlichen Rechts an.809 Dadurch wird klar, dass der Dritte Senat zwar die Anwendbarkeit des BBiG im Ergebnis offengelassen hat, gleichwohl aber durch die Anerkennung des Privatrechtsverhältnisses mittlerweile die Tendenz einer Aufweichung der 1974 aufgestellten Grundsätze810 vorgibt. Dass die grundsätzliche Möglichkeit der Anwendbarkeit des BBiG auf das Vertragsverhältnis der Parteien näher in Betracht zu ziehen ist, räumt das Gericht dabei selbst ein, indem es sich mit dem Fall auseinandersetzt, welche Auswirkungen es hätte, wenn man insinuieren würde, das BBiG fände Anwendung auf die Praxisphasen.811 Ein genereller Ausschluss des BBiG wird gerade nicht begründet. Im Ergebnis geht das BAG trotz parallel bestehender hochschulrechtlicher Vorschriften davon aus, dass die arbeitsrechtlichen Grundsätze im Hinblick auf den praktischen Teil des dualen Studiums zum Tragen kommen, ohne sich dabei eng an den Maßstäben des BBiG zu orientieren. Damit registriert der Dritte Senat das 805 BAG, Urt. v. 18. 11. 2008 – 3 AZR 192/07, NZA 2009, 435, Rn. 18; vgl. auch schon die vorgehende Berufungsentscheidung LAG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 7. 12. 2006 – 9 Sa 304/06, BeckRS 2009, 56009, unter II. 1. b) aa); unter ausdrücklicher Bezugnahme jüngst auch LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 29. 1. 2019 – 5 Sa 105/18, NJ 2019, 261, Rn. 22. 806 BAG, Urt. v. 18. 11. 2008 – 3 AZR 192/07, NZA 2009, 435, Rn. 19; dass die Praxisphase dualer Studiengänge indes nicht als „Praktikum“ im engeren Sinne verstanden werden kann, hat die Untersuchung bereits gezeigt, vgl. hierzu § 5 B. II. 2. b); ebenso aber die vorinstanzliche Berufungsentscheidung LAG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 7. 12. 2006 – 9 Sa 304/06, BeckRS 2009, 56009. 807 Vgl. BAG, Urt. v. 18. 11. 2008 – 3 AZR 192/07, NZA 2009, 435, Rn. 15. 808 BAG, Urt. v. 18. 11. 2008 – 3 AZR 192/07, NZA 2009, 435, Rn. 16. 809 Vgl. auch Wohlgemuth, AuR 2009, 428, 428 unter III.; alternativ hätte das Gericht die Sache zur weiteren Klärung des mit der Anwendbarkeit des BBiG verbundenen Sachverhalts zurückverweisen müssen. 810 BAG, Urt. v. 19. 6. 1974 – 4 AZR 436/73, AP BAT § 3 Nr. 3. 811 Vgl. BAG, Urt. v. 18. 11. 2008 – 3 AZR 192/07, NZA 2009, 435, Rn. 20.

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grundsätzlich erhöhte Schutzbedürfnis dual Studierender während der abhängigen Beschäftigung,812 das nicht allein durch die öffentlich-rechtlichen Vorschriften des Hochschulrechts zu befriedigen ist. aa) Praxisphase kein Teil des Studiums Mit Blick auf die erste Frage, ob die betriebspraktische Phase in praxisintegrierenden dualen Studiengängen als Teil des Studiums zu klassifizieren ist, kann freilich auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden,813 jedoch nicht ohne zusätzlich eine Kontrolle anhand der Akkreditierungsrichtlinien814 als weiteren Indikator vorzunehmen. Hieraus ergibt sich nämlich, dass seitens des Akkreditierungsrats815 zwar der Studienteil zwecks Qualitätssicherung umfassend überprüft wird, die Praxisphasen indes nicht unter den ausgewiesenen Akkreditierungsumfang fallen.816 Über die bloße Planung und Abstimmung zum Zwecke der systematischen Vernetzung817 hinaus erfolgt damit keine Akkreditierung des betriebspraktischen Teils dualer Studiengänge. Die getrennte Handhabe der Studien- und Betriebsseite durch den Akkreditierungsrat bestätigt die immer weiter vordringende Erkenntnis, dass die praktische Tätigkeit dual Studierender ungeachtet der charakterbildenden Verzahnungsmechanismen im geschlossenen Studiengangskonzept mitnichten Teil der staatlichen Hochschulausbildung ist.818 In diesem Kontext ist überdies festzustellen, dass das BAG in seinen Entscheidungsgründen selbst eine separierte Betrachtungsweise des schulisch-theoretischen 812 Sie seien „wie Arbeitnehmer einem Weisungsrecht unterworfen“, vgl. BAG, Urt. v. 18. 11. 2008 – 3 AZR 192/07, NZA 2009, 435, Rn. 17; siehe dazu auch oben unter § 6 B. I. 2. b). 813 Siehe insbesondere unter § 6 B. III. 1. a) cc) (2). 814 Vgl. noch Akkreditierungsrat, Handreichung, 2010. Siehe zudem nunmehr aktueller den Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 7. 12. 2017, Begründung zur Musterrechtsverordnung gemäß Artikel 4 Absätze 1 – 4 Studienakkreditierungsstaatsvertrag, 21 f., wonach sich ein „Studiengang mit besonderem Profilanspruch“ nur dann als „dual“ bezeichnen darf, wenn die Lernorte systematisch sowohl inhaltlich als auch organisatorisch und vertraglich miteinander verzahnt sind (§ 12 Abs. 6 der Musterrechtsverordnung – Studienakkreditierungsstaatsvertrag – lautet: „Studiengänge mit besonderem Profilanspruch weisen ein in sich geschlossenes Studiengangskonzept aus, das die besonderen Charakteristika des Profils angemessen darstellt.“). 815 Siehe zum Akkreditierungsverfahren allgemein auch bereits unter § 2 B. VI. 816 Akkreditierungsrat, Handreichung, 2010, 8, 12: Die Beurteilung und Akkreditierung erstreckt sich „nur auf die theorie- und praxisbasierten, curricular verfassten Studienbestandteile“. 817 Vgl. seinerzeitig ders., Handreichung, 2010, 6. Nach dem aktuellen Studienakkreditierungsstaatsvertrag kommt es zwar für die Akkreditierung entscheidend auf die systematischen Verzahnungselemente an, über eine Begutachtung der Inhalte der Praxisphasen selbst wird indes keine Aussage getroffen, vgl. Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 7. 12. 2017, Begründung zur Musterrechtsverordnung gemäß Artikel 4 Absätze 1 – 4 Studienakkreditierungsstaatsvertrag, 21 f. 818 Diesen Umstand ebenfalls anbringend Malottke, in: Lakies/Malottke (Hrsg.), BBiG, 2021, § 3 Rn. 16.

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Bereichs einerseits und des betrieblich-praktischen Parts andererseits zutage fördert. Zwar legt es für die Kostenerhebung zunächst nur fest, dass „das Studium nicht zum betrieblichen Bereich gehört“ und es somit dem schulischen Bereich zuzuordnen sei,819 ein Gegenschluss dahingehend, dass der betriebliche Bereich dafür zum Studium gehört, liegt dabei jedoch fern und wird nicht angesprochen. Die grundsätzliche Aufsplitterung in eine betriebliche und eine schulische Komponente wird so in die Wege geleitet. Ähnlich stellt auch das vorinstanzliche Berufungsgericht auf die Frage ab, ob der Studierendenstatus während des Praxiseinsatzes maßgebend bleibt und ermittelt dies durch Auslegung des Praxisphasenvertrages nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 133, 157 BGB.820 Die Landgerichtskammer stellte im Ergebnis zutreffend fest, dass der weiterhin unzweifelhaft bestehende Studierendenstatus im Verhältnis zum Betriebsakteur nicht maßgebend war.821 Ein einheitliches Rechtsverhältnis wird demnach vom Spruchkörper gerade nicht deduziert, vielmehr wird im Einzelnen überprüft, welche individualvertraglichen Umstände für eine Eigenständigkeit der Praxisphase sprechen.822 Dieser rechtlichen Würdigung wurde revisionsgerichtlich jedenfalls nicht widersprochen. Damit ist die betriebspraktische Phase bei praxisintegrierenden dualen Studiengängen nach der hier vertretenen Auffassung auch im Lichte des 2008 ergangenen höchstrichterlichen Urteils nicht als Teil des Studiums anzusehen. Der Ausschluss des BBiG muss demzufolge bereits am ersten vom BAG aufgestellten Kriterium scheitern, auch wenn sich das Gericht hinsichtlich einer dahingehenden Schlussfolgerung berechtigter Weise zurückhält. bb) Staatliche Anerkennung der Praxisphase Hinsichtlich des zweiten Kriteriums, dass die praktische Tätigkeit auch durch staatliche Entscheidung anerkannt sein muss,823 damit die Anwendbarkeit des BBiG ausgeschlossen werden kann, hält sich das BAG im konkreten Fall ebenfalls bedeckt.824 Um die Anforderung des Gerichts zu erfüllen, ist vorauszusetzen, dass die 819 820

1. b).

BAG, Urt. v. 18. 11. 2008 – 3 AZR 192/07, NZA 2009, 435, Rn. 23. LAG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 7. 12. 2006 – 9 Sa 304/06, BeckRS 2009, 56009, unter II.

821 LAG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 7. 12. 2006 – 9 Sa 304/06, BeckRS 2009, 56009, unter II. 1. b) bb). 822 Unter anderem wurden die tatsächliche Gestaltung des Vertragsverhältnisses während der Praxisphasen, die einzelnen Vertragsbedingungen hinsichtlich der Stellung der Nachwuchskraft im Betrieb sowie der zeitliche Anteil der Praxiseinsätze innerhalb der Gesamtvertragslaufzeit als Differenzierungskriterien herangezogen, vgl. LAG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 7. 12. 2006 – 9 Sa 304/06, BeckRS 2009, 56009, unter II. 1. b) bb). 823 Hierzu kritisch Hufen, Rechtsgutachten zur Ausdehnung des BBiG auf die Praxisphasen dualer Studiengänge, 2019, 34. 824 Vgl. BAG, Urt. v. 18. 11. 2008 – 3 AZR 192/07, NZA 2009, 435, Rn. 19: Dies stehe im vorliegenden Fall nicht fest; das vorinstanzliche Berufungsgericht geht auf dieses Kriterium hingegen nicht ein, vgl. LAG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 7. 12. 2006 – 9 Sa 304/06, BeckRS 2009, 56009.

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Praxisphase überhaupt dem länderspezifischen Hochschulrecht genügt.825 Maßgeblich kommt es letztlich darauf an, ob die Praxisphase in der staatlich beaufsichtigten Prüfungsordnung geregelt ist.826 Ist dies nicht der Fall respektive unterliegt lediglich die Prüfungsordnung für das Studium staatlicher Aufsicht, kann der Praxisteil nicht als inhärenter Bestandteil der staatlichen Hochschulausbildung zählen.827 Das Gericht lässt dabei die näheren Voraussetzungen, die an die Regelungsdichte der staatlichen Entscheidung für die Praxisphase zu stellen sind, offen. Eine bloße Erwähnung der praktischen Ausbildung oder die schlichte Festsetzung der Notwendigkeit der Absolvierung einer Praxisphase in der Prüfungsordnung dürfte indes nicht ausreichen; erforderlich wären vielmehr detailliertere Regelungen staatlicherseits zur genauen Ausgestaltung und Beschaffenheit der Praxisphase.828 Angesichts der individuellen Ausrichtung wie auch Schwerpunktsetzung der verschiedenen fachspezifischen Studiengänge ist eine exakte Regelung des Praxiseinsatzes durch eine übergeordnete staatliche Regelung allerdings nur schwerlich vorstellbar. Die Regelungsdichte muss demzufolge erst noch feiner ausbalanciert werden. Grundsätzlich ist aber flächendeckend davon auszugehen, dass die Praxisphase als Ausbildungsabschnitt im dualen Studium aufgrund qualifizierter Anforderungen an die Regelungsdichte nicht durch staatliche Entscheidung anerkannt ist,829 sodass auch dieser Umstand der Anwendbarkeit des BBiG nicht entgegensteht. Dies gilt – wie oben gesehen – schon deshalb, weil die Aufteilung in ein Privatrechtsverhältnis zwischen dual Studierendem und Betrieb einerseits sowie in eine öffentlich-rechtliche Rechtsbeziehung zwischen dual Studierendem und Hochschule andererseits durchschlägt und es daher nicht mehr zwingend auf das hier beschriebene zusätzliche Kriterium für die Ablehnung des BBiG ankommt. Wenn die Praxisstation nämlich schon kein Teil des Studiums ist, wird die öffentlich-rechtliche

825

Malottke, in: Lakies/Malottke (Hrsg.), BBiG, 2021, § 3 Rn. 16. Vgl. etwa den Fall BAG, Urt. v. 3. 9. 1998 – 8 AZR 14/97, BeckRS 1998, 30371274, unter B. III.; ähnlich LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 29. 1. 2019 – 5 Sa 105/18, NJ 2019, 261, Rn. 22. 827 Vgl. BAG, Urt. v. 18. 11. 2008 – 3 AZR 192/07, NZA 2009, 435, Rn. 19; einschränkend BAG, Beschl. v. 17. 6. 2020 – 7 ABR 46/18, NZA 2020, 1723, Rn. 36. 828 Vgl. insoweit den Fall LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 29. 1. 2019 – 5 Sa 105/ 18, NJ 2019, 261, Rn. 26 f.: Hier wurde die staatliche Anerkennung des praktischen Teils des Studiums unter Anlegung niedriger Hürden bejaht, ohne die erforderliche Regelungsdichte abstrakt zu bestimmen. 829 Vgl. auch Malottke, in: Lakies/Malottke (Hrsg.), BBiG, 2021, § 3 Rn. 16; anders insoweit LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 29. 1. 2019 – 5 Sa 105/18, NJ 2019, 261, Rn. 26 f., wobei der Entscheidung keine übermäßige Bedeutung beizumessen ist, da es nach hier vertretener Auffassung streng genommen nicht mehr auf die Prüfung der staatlichen Anerkennung ankommt; das Gericht ließ es zudem für die Annahme der staatlichen Anerkennung ausreichen, dass durch die Studienordnung die tägliche Arbeit der Nachwuchskräfte als Praxisanteil in die Struktur des Curriculums einbezogen war. 826

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Ebene insoweit schon nicht betreten und es kann dahinstehen, wie die Regelungsdichte der staatlichen Entscheidung exakt zu bemessen ist.830 cc) Zwischenergebnis Zusammengefasst ist aus der untersuchten Entscheidung im Kern herauszulesen, dass das BAG für die betriebliche Praxisstation im Rahmen praxisintegrierender dualer Studiengänge von der Geltung arbeitsrechtlicher Grundsätze ausgeht, ohne dass es dabei entscheidend gewesen wäre, ob der betriebspraktische Einsatz dieser dual Studierenden dem BBiG unterfällt. Gleichwohl betont das Gericht im Rahmen eines obiter dictums, dass es zwei Voraussetzungen benötigt, um die Anwendbarkeit des BBiG auszuschließen: Demnach bleibt das BBiG dann außen vor, wenn zum einen die Praxisphase einen Teil des Studiums darstellt und zum anderen die Praxisphase durch staatliche Entscheidung anerkannt ist. Führt man diese höchstrichterlich aufgestellten Anhaltspunkte im Lichte der Erkenntnisse aus dem Grundsatzurteil aus dem Jahre 1974831 fort, so ergibt sich, dass das BBiG auf praxisintegrierend dual Studierende schon deshalb anwendbar sein muss, weil maßgeblich bereits die Praxisphase gesondert von der Studienkomponente zu bewerten ist und diese daher kein Teil des Studiums ist. Dies bestätigt das BAG nunmehr trotz der geäußerten Zweifel im Hinblick auf die tragende Rolle des BBiG indirekt dadurch, dass es das Arbeitsrecht – nicht etwa öffentlich-rechtliche Vorschriften – als Entscheidungsgrundlage heranzieht und auf diese Weise das Bestehen eines eigenständigen Privatrechtsverhältnisses anerkennt. c) Flankierung durch BSG, Urt. v. 1. 12. 2009 – B 12 R 4/08 R Nur ein Jahr später ergeht eine inhaltlich bemerkenswerte Entscheidung des BSG,832 aus der ebenfalls mannigfaltige Erkenntnisse für den Rechtsstatus dual Studierender zu ziehen sind. Der Zwölfte Senat spinnt die zuvor behandelten Leitlinien des BAG im Ergebnis weiter und perpetuiert damit die fehlerhafte Tendenz, die Praxisphasen praxisintegrierender dualer Studiengänge nicht unter das BBiG zu fassen. Aus dem Urteil und dem Zusammenspiel mit der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung lassen sich Wertungen entnehmen, die für den weiteren Untersuchungsverlauf von größerer Bedeutung sind.

830 Zudem soll dieses zusätzliche Kriterium offenbar nur bei staatlich anerkannten privaten Hochschulen gelten, nicht jedoch auf Praxisphasen erstreckt werden, die im Rahmen eines Studiengangs an einer staatlichen Hochschule zu absolvieren sind, vgl. BAG, Beschl. v. 17. 6. 2020 – 7 ABR 46/18, NZA 2020, 1723, Rn. 36 (abweichend indes hinsichtlich des ersten Kriteriums). 831 BAG, Urt. v. 19. 6. 1974 – 4 AZR 436/73, AP BAT § 3 Nr. 3. 832 BSG, Urt. v. 1. 12. 2009 – B 12 R 4/08 R, BSGE 105, 56.

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aa) Leitlinien Das BSG stimmt grundsätzlich mit dem BAG überein und betont in erster Linie, dass das BBiG dann nicht anwendbar sei, wenn die berufspraktischen Phasen als Bestandteil des Studiums zu werten sind.833 In diesem Fall bestehe sodann auch keine Sozialversicherungspflicht wegen einer Beschäftigung zur Berufsausbildung (vgl. § 7 Abs. 2 SGB IV). Insoweit ist das Urteil nicht zu beanstanden, denn die vorgehende Untersuchung hat bereits gezeigt, dass es vielmehr erst in einem zweiten Schritt maßgeblich darauf ankommt, wann das Merkmal des Bestandteils anzunehmen ist. Soweit das BSG aber ausdrücklich darauf hinweist, dass die Praxisphasen bei praxisintegrierenden dualen Studiengängen sozialversicherungsrechtlich nicht „als abtrennbar und gesondert zu betrachtendes Rechtsverhältnis“ zu verstehen seien,834 kann dem jedenfalls aus arbeitsrechtlicher Perspektive nicht mehr gefolgt werden. Die starke Anlehnung an die vorgestellte BAG-Entscheidung aus dem Jahr 2008 widerspricht der recht pauschalen Feststellung, die berufspraktische Phase beim praxisintegrierenden dualen Studium sei in das Studium eingegliedert, denn genau dies hat der Dritte Senat des BAG im Ergebnis offengelassen. Die im Rahmen des obiter dictums aufgeführten Kriterien für den Ausschluss des BBiG wurden durch das BAG nicht zu Ende geführt – diese Fortführung scheint nunmehr das BSG unter vermeintlicher Berufung auf die Rechtsprechung des BAG unternommen zu haben. Das BSG verkennt dabei offenbar, dass das BAG lediglich Zweifel an der Anwendbarkeit des BBiG äußert, eine verbindliche oder gar über den Einzelfall hinausgehende Aussage indes gerade nicht trifft. Insoweit schießt der Zwölfte Senat des BSG über die Entscheidungsgrundsätze des BAG hinaus, wenn jener die Praxisphasen fest als durch das Hochschulrecht geregelte Studienangelegenheiten einstuft.835 Zu diesem Ergebnis kommt das BSG auch vor dem Hintergrund der dem dualen Studium innewohnenden Verzahnungsinstrumente. Sofern die praktische Ausbildung durch den jeweiligen Bildungsakteur „geregelt und gelenkt“ würde,836 könne kein eigenständiges Rechtsverhältnis zum Betrieb begründet werden. Durch die im Vorfeld stattfindende rahmenmäßige Abstimmung der dualen Partner über die Ausbildungsinhalte und -organisation sowie die stetige Kooperation während des dualen Studiums sei eine maßgebliche Steuerung seitens der Hochschule anzunehmen, auch wenn eine konkrete vorherige Festsetzung bestimmter Inhalte nicht erfolge.837 Vernachlässigt wurde demgegenüber die nicht unerhebliche Dauer der 833

BSG, Urt. v. 1. 12. 2009 – B 12 R 4/08 R, BSGE 105, 56, 63, Rn. 23. BSG, Urt. v. 1. 12. 2009 – B 12 R 4/08 R, BSGE 105, 56, 63, Rn. 23; zustimmend Methler, Kompass 2011, 14, 18 f.; wohl auch M. Schmidt, NWB 2011, 3548, 3549; differenzierend Koch-Rust/Rosentreter, NJW 2011, 2852, 2854 f. 835 BSG, Urt. v. 1. 12. 2009 – B 12 R 4/08 R, BSGE 105, 56, 64, Rn. 24. 836 BSG, Urt. v. 1. 12. 2009 – B 12 R 4/08 R, BSGE 105, 56, 62, Rn. 21, 64, Rn. 24; zuvor auch schon BSG, Urt. v. 3. 2. 1994 – 12 RK 78/92, BeckRS 1994, 31007381. 837 BSG, Urt. v. 1. 12. 2009 – B 12 R 4/08 R, BSGE 105, 56, 64, Rn. 24. 834

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betrieblichen Ausbildungsphase838 wie auch die eigenständige Ergänzungsfunktion der Praxisstation hinsichtlich des theoretisch Erlernten.839 Beides spricht – neben den oben aufbereiteten Aspekten – gegen eine Einheit von Praxisphase und Studium. Hinzu kommt, dass die Kooperationsbetriebe während der Praxisphasen in aller Regel Arbeitszeit und -ort sowie die Art und Dauer der Tätigkeit vorgeben, sodass die dual Studierenden vollständig in die betriebliche Arbeitsorganisation eingebunden sind.840 Zwar sind die Betriebe in gewissem Maße an die Studienordnungen und Ausbildungspläne gebunden, aber diese Rahmenvorgaben bedürfen aufgrund ihrer Geltung für eine Vielzahl von speziellen Studienrichtungen einer näheren individuellen Ausgestaltung durch die Partnerbetriebe.841 Auch in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht wäre es dementsprechend vorzugswürdig gewesen, die Praxisphase im Rahmen des praxisintegrierenden dualen Studiums als durch den Kooperationsbetrieb weitgehend selbstständig gesteuertes Element zu begreifen.842 Dem BSG nach fiele die betriebliche Phase praxisintegrierender dualer Studiengänge hingegen nicht in den sachlichen Anwendungsbereich des BBiG. Festzuhalten bleibt, dass sich der Zwölfte Senat des BSG weitestgehend auf einer Spur mit dem Dritten Senat des BAG sieht, indem es eine Gesamteinheit von theoriebasiertem Lernen an der Bildungseinrichtung und berufspraktischem Praxiseinsatz im Betrieb annimmt. Tatsächlich ist diese vermeintliche Übereinstimmung jedoch zumindest unpräzise, da das BAG keine abschließende Würdigung zu diesem Problemfeld vornimmt. Die einzige Abweichung zwischen den beiden Gerichten ist in den Entscheidungsgründen dergestalt zu vermerken, dass das BSG offenlässt, ob die Praxisphase durch staatliche Entscheidung anerkannt sein muss, um die Anwendbarkeit des BBiG auszuschließen.843 Damit fährt es an dieser Stelle nicht auf kongruenter Linie mit dem BAG, zeigt aber doch eine unverbürgte Haltung. Das BSG beruft sich in diesem Kontext letztlich darauf, dass das vorinstanzliche LSG844 taugliche Feststellung über die staatliche Anerkennung der betrieblichen Ausbildungsphase getroffen hat.845 Eine echte Divergenz zwischen der Rechtsprechung des BAG und der Rechtsprechung des BSG lässt sich insoweit wegen der offenen Einstellung des BSG nicht ausmachen. Bei der Frage, ob die Praxisphase als Bestandteil des Studiums aufzufassen ist, schießt das BSG hingegen über die vom BAG aufgestellten Grundsätze hinaus. 838 Im vorliegenden Fall ging es um Praxisphasen mit einem Gesamtvolumen von 72 Wochen, die innerhalb des dreijährigen dualen Studiums zu absolvieren waren. 839 Weyand, jurisPR-ArbR 6/2011 Anm. 5, unter C. 840 Koch-Rust/Rosentreter, NJW 2011, 2852, 2854; zur Weisungsgebundenheit dual Studierender vgl. auch bereits unter § 6 B. I. 2. b). 841 Dies., NJW 2011, 2852, 2855. 842 Vgl. im Ergebnis auch Weyand, jurisPR-ArbR 6/2011 Anm. 5, unter C. 843 BSG, Urt. v. 1. 12. 2009 – B 12 R 4/08 R, BSGE 105, 56, 65, Rn. 25. 844 LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 29. 5. 2008 – L 16 (5) R 2/07, BeckRS 2008, 55946. 845 BSG, Urt. v. 1. 12. 2009 – B 12 R 4/08 R, BSGE 105, 56, 6,5 Rn. 25.

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bb) Reaktion des Gesetzgebers Aus der Entscheidung des BSG folgt eine Ungleichbehandlung der dualen Studiengänge hinsichtlich der Sozialversicherungspflicht. Während etwa die Studierenden in ausbildungsintegrierenden dualen Studiengängen als zur Berufsausbildung Beschäftigte über § 7 Abs. 2 SGB IV von der Versicherungspflicht erfasst sind,846 waren die praxisintegrierenden dualen Studiengänge seit dem Urteilsspruch vom 1. 12. 2009 davon ausgenommen. Diese durch das BSG eingefädelte unterschiedliche Handhabung wurde sodann durch gesetzgeberisches Tätigwerden umgehend revidiert. Seit dem 1. 12. 2012 besteht einheitlich für dual Studierende die Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie der Arbeitsförderung während der gesamten Dauer des Studiengangs (vgl. § 5 Abs. 4a Satz 1 Nr. 2 SGB V, § 1 Satz 5 Nr. 2 SGB VI, § 25 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB III).847 Nunmehr sind alle Teilnehmer dualer Studiengänge sozialrechtlich den zur Berufsausbildung Beschäftigten gleichgestellt.848 Diese Gleichstellung erfolgt ausweislich der Gesetzesbegründung aus Gründen der „Klarstellung und der Rechtssicherheit“849 – was durchaus aufhorchen lässt. Erstmals wurde damit durch den Gesetzgeber herausgestellt, dass dual Studierende mit den zur Berufsausbildung Beschäftigten vergleichbar sind.850 Dies wird durch die bisher gewonnenen Erkenntnisse gewiss unterstrichen.851 Schon vor der Gesetzesänderung im Sozialversicherungsrecht hätte sich der Versicherungsschutz dual Studierender bei sachgerechter Anwendung aus dem bis dato geltenden Recht ergeben,852 denn die Praxisphasen dualer Studiengängen sind kein inhärenter Bestandteil der Hochschulausbildung, sondern eigenständig zu betrachten. Nach der hier vertretenen Auffassung kann der gesetzgeberischen Gleichstellung demnach nur ein deklaratorischer Charakter zukommen – dies bestätigt die Gesetzesbegründung expressis verbis, indem sie die Klarstellungsfunktion unverhohlen zum Ausdruck bringt.853 Zudem ist offenbar großer Wert darauf gelegt worden, die rechtliche Behandlung der verschiedenen Spielarten dualer Studiengänge vor dem Hintergrund ihrer engen Theorie-Praxis-Verzahnung zu 846

Methler, Kompass 2011, 14, 15 f.; M. Schmidt, NWB 2011, 3548, 3550. Viertes Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 22. 12. 2011, BGBl. I 2011, 3057. 848 Das BVerfG hat Verfassungsbeschwerden gegen die Regelung zur Einbeziehung von Teilnehmern an praxisintegrierenden dualen Studiengängen in die Versicherungspflicht wegen fehlender Zulässigkeit der erhobenen Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen, vgl. BVerfG, Beschl. v. 3. 6. 2013 – 1 BvR 131/13, BVerfGK 20, 327 = BeckRS 2013, 74176. 849 BT-Drs. 17/6764, 19; dies aufnehmend KassKomm/Zieglmeier, 2021, § 7 SGB IV Rn. 289. 850 So auch ausdrücklich BT-Drs. 17/6764, 19, wonach des Weiteren auch eine wirtschaftliche Vergleichbarkeit anzunehmen ist. 851 Vgl. etwa oben unter § 5 A. III. 852 So wie hier Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 475. 853 BT-Drs. 17/6764, 19. 847

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vereinheitlichen. Vom Sozialversicherungsrecht zurück auf das Arbeitsrecht bezogen führt ein Weg dorthin über die Korrektur, die berufspraktische Ausbildungsphase von vornherein dem BBiG zu unterstellen, zumal dies – wie oben gesehen – kompetenzrechtlich geradezu geboten erscheint. Liegt nämlich ein „anderes Vertragsverhältnis“ i. S. d. § 26 BBiG vor, so strahlt dies in das Sozialversicherungsrecht aus, da sich der sozialrechtliche Begriff der „Berufsausbildung“ am Geltungsbereich des BBiG orientiert.854 Sofern die Praxisphase praxisintegrierender dualer Studiengänge also unter § 26 BBiG fällt – dies gilt es im Folgenden weiter zu verifizieren –, hätte der Gesetzgeber nicht zwingend tätig werden müssen. Er sah sich erst nach dem Urteil des BSG aus dem Jahre 2009 zum Handeln gezwungen und tat seine diesbezüglich ablehnende Haltung dadurch kund, dass die Gesetzesänderung lediglich der „Klarstellung“ diene, mit anderen Worten die vor dem Urteilsspruch bestehende Rechtslage855 in Form der geltenden Versicherungspflicht für dual Studierende dementsprechend nicht verändern wollte. cc) Zwischenergebnis Nach der vorstehenden Analyse steht fest, dass der rechtliche Umgang mit Teilnehmern praxisintegrierender dualer Studiengänge inkonsistent ist. Während auf dem Gebiet des Sozialrechts eine Ungleichbehandlung innerhalb der verschiedenen Erscheinungsformen dualer Studiengänge durch die gesetzgeberische Initiative umgehend nach dem Judikat des BSG ausgeräumt wurde und eine Gleichstellung nicht nur der dual Studierenden untereinander, sondern auch eine Gleichstellung mit den zur Berufsausbildung Beschäftigten bewirkt wurde, kann in arbeitsrechtlicher Hinsicht nicht von einer einheitlichen Praxis, ja nicht einmal von einem rechtssicheren Umgang gesprochen werden. Dies liegt in erster Linie darin begründet, dass praxis- und ausbildungsintegrierende duale Studiengänge gänzlich unterschiedlich behandelt werden und eine rechtliche Nivellierung der praxisintegrierend dual Studierenden mit Auszubildenden (noch) nicht anerkannt ist. Die dringend notwendige Austarierung der rechtlichen Stellung dual Studierender könnte sich am Maßstab des BBiG orientieren. Ob § 26 BBiG für die Praxisphase praxisintegrierender dualer Studiengänge gilt und somit gleichsam als Zugmaschine in rechts-

854

BSG, Urt. v. 3. 2. 1994 – 12 RK 6/91, BeckRS 1994, 30747742, unter II.; BSG, Urt. v. 12. 10. 2000 – B 12 KR 7/00 R, BeckRS 2001, 40136, unter II. 2.; BSG, Urt. v. 1. 12. 2009 – B 12 R 4/08 R, BSGE 105, 56, 60, Rn. 18; BSG, Urt. v. 27. 7. 2011 – B 12 R 16/09 R, NJOZ 2013, 36, Rn. 17; Berchtold, in: Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann (Hrsg.), SozR, 2022, § 7 SGB IV Rn. 76; LPK-SGB IV/Lüdtke/Winkler, 2020, § 7 Rn. 39. 855 Vor der Entscheidung wurde die versicherungsrechtliche Stellung von dual Studierenden dergestalt anders beurteilt, dass eine umfassende Versicherungspflicht bestand, vgl. GKVSpitzenverband, Deutsche Rentenversicherung Bund, Bundesagentur für Arbeit (Spitzenorganisationen der Sozialversicherung), Rundschreiben vom 5. 7. 2010: Versicherungsrechtliche Beurteilung von Teilnehmern an dualen Studiengängen, 2010, 1 f., 9 f.; Koch-Rust/Rosentreter, NJW 2011, 2852; Methler, Kompass 2011, 14.

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sichere Gefilde wirken kann, ist anhand weiterer relevanter Entscheidungen abzuklopfen. d) Weitere relevante Entscheidungen Das durch die vorstehend beleuchteten höchstrichterlichen Judikate maßgeblich geprägte Themenfeld wird ergänzt durch weitere Gerichtsentscheidungen, die im Folgenden komprimiert dargestellt werden sollen, um das Gesamtbild zu komplettieren. Die Bedeutung dieser Urteile für die Frage des Rechtsstatus dual Studierender ist nicht zu unterschätzen, haben sie doch immer wieder Nadelstiche gesetzt und Richtungen im Berufsbildungsrecht vorgegeben. aa) Höchstrichterliche Grundsätze Zwar ohne auf die Grundentscheidung aus dem Jahr 1974856 zu verweisen, aber mit ähnlichem Anklang führte das BAG in einer Entscheidung aus dem Jahr 2002 erstmals857 aus, dass der berufspraktische Einsatz im Rahmen eines Berufsakademiestudiums nicht dem BBiG unterfalle.858 Zentral ging es in dem Entscheidungsfall um die Frage, ob Berufsakademiestudierende in Baden-Württemberg859 vom persönlichen Geltungsbereich eines Manteltarifvertrages erfasst werden. Bei der Prüfung, ob die in Rede stehende tarifliche Regelung auch für andere als dem BBiG unterliegende Ausbildungen gilt, stellt der Vierte Senat – wie schon 1974 – fest, dass das BBiG aus kompetenzrechtlichen Gründen im schulischen Bereich nicht anwendbar ist.860 Im Sinne einer „Ja-Aber-Formel“ ist dies auch hier grundsätzlich nicht zu kritisieren, jedoch wird die entscheidende Frage, wann der schulische Bereich überhaupt tangiert ist, nicht überzeugend aufbereitet. Der verallgemeinernde Standpunkt, die betriebliche Ausbildung sei als Bestandteil der akademischen Ausbildung zu kategorisieren, geht angesichts der dargelegten Eigenständigkeit des Handelns der beiden Pole Betrieb und Bildungseinrichtung und der damit einhergehenden Kompetenztrennung fehl.861 Daran ändert auch der Umstand nichts, dass es sich nicht „um irgendeinen Betrieb, sondern um ,beteiligte Ausbildungsstätten‘“ 856

BAG, Urt. v. 19. 6. 1974 – 4 AZR 436/73, AP BAT § 3 Nr. 3. Zuvor ging es stets um Praktika im Rahmen der Hochschulausbildung, die jedoch vom dualen Studium zu unterscheiden sind, vgl. etwa § 5 B. II. 2. b). 858 BAG, Urt. v. 16. 10. 2002 – 4 AZR 429/01, AP TVG § 1 Tarifverträge: Metallindustrie Nr. 181, unter B. II. 3. b) bb); offen dagegen noch der Fünfte Senat, vgl. BAG, Urt. v. 25. 4. 2001 – 5 AZR 509/99, NZA 2002, 1396, unter I. sowie unter I. 3. 859 Heute wären darunter die dual Studierenden der DHBW zu verstehen. 860 BAG, Urt. v. 16. 10. 2002 – 4 AZR 429/01, AP TVG § 1 Tarifverträge: Metallindustrie Nr. 181, unter B. II. 3. b) bb) aaa); offenbar leicht kritisch mit Blick auf die Nichtanwendbarkeit des BBiG Hanau, ZFA 2003, 735, 742. 861 Ähnlich in Bezug auf die diskutierte Entscheidung HK-BBiG/Wohlgemuth, 2011, § 3 Rn. 10 (1. Aufl.); nunmehr ohne Bezug auf die Entscheidung uneindeutig HK-BBiG/Wohlgemuth/Günther, 2020, § 3 Rn. 11 ff. (2. Aufl.). 857

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handelt,862 denn die betrieblichen Handlungsspielräume werden durch die hochschulrechtlichen Vorgaben nicht so eng beschnitten, dass die Betriebsseite infolge einer etwaigen Delegation nur noch als unselbstständige Dritte unter der Lenkungsmacht der Bildungsinstitution steht. Die 2008 ergangene BAG-Entscheidung,863 bei der der Dritte Senat lediglich Zweifel hinsichtlich der Anwendbarkeit des BBiG äußert, zeigt die langsame Lösung des Gerichts von seiner einst starren Haltung zur Nichtanwendbarkeit. Damit ist die unter anderem 2002 durch das BAG vertretene Position, dass die Kooperationsbetriebe die Praxisphasen automatisch als Studienbestandteil leisten, jedenfalls in ihrer Absolutheit überholt.864 Es bleibt im Sinne einer differenzierten Betrachtung dabei, dass die praktische Ausbildung am Lernort Betrieb kein rechtlicher Bestandteil des Studiums ist. Für diese Annahme streitet auch eine spätere Entscheidung des Fünften Senats des BAG, wonach der Rechtsweg zur Arbeitsgerichtsbarkeit für Streitigkeiten in Bezug auf das Ausbildungsverhältnis der Berufsakademiestudierenden zum Betrieb eröffnet ist.865 Ein öffentlich-rechtliches Grundgepräge scheidet demnach offenkundig aus.866 Gleichwohl wird erneut betont, dass der Geltungsbereich des BBiG nicht berührt werde.867 Die vom BAG bejahte Frage,868 ob Berufsakademiestudierende dennoch zu ihrer Berufsausbildung beschäftigt und somit Arbeitnehmer i. S. d. § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG sind, sei hiervon zu trennen.869 Vor dem Hintergrund der weiten Auslegung870 des Begriffs der zur Berufsausbildung Beschäftigten im ArbGG erscheint dies sachgerecht.871 Nichtsdestoweniger ist auch hier die Marschroute er862 So aber BAG, Urt. v. 16. 10. 2002 – 4 AZR 429/01, AP TVG § 1 Tarifverträge: Metallindustrie Nr. 181, unter B. II. 3. c) bb). 863 BAG, Urt. v. 18. 11. 2008 – 3 AZR 192/07, NZA 2009, 435. 864 Vgl. auch Malottke, in: Lakies/Malottke (Hrsg.), BBiG, 2021, § 3 Rn. 16; ähnlich Velikova, DGB-Gutachten zur Möglichkeit der Normierung von Schutzbestimmungen für die dual Studierenden – n.v., 2015, 22. 865 BAG, Beschl. v. 27. 9. 2006 – 5 AZB 33/06, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 63, unter II.; zustimmend Kliemt, in: Schwab/Weth (Hrsg.), ArbGG, 2021, § 5 Rn. 160a; GMP/Müller-Glöge, 2017, § 5 ArbGG Rn. 22; I. Natzel, NZA 2008, 567, 569; GWBG/Waas, 2014, § 5 ArbGG Rn. 21; zu eng daher LAG Hamm, Urt. v. 13. 10. 2006 – 2 Ta 6/06, NZA-RR 2007, 97. 866 Darin eine Inkonsequenz zur 2002 ergangenen Entscheidung erblickend Faulhaber, Praktikanten und Volontäre, 2008, 111. 867 BAG, Beschl. v. 27. 9. 2006 – 5 AZB 33/06, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 63, unter II. 1.: Nur insoweit bestätigt der Fünfte Senat die Entscheidung des Vierten Senats aus dem Jahr 2002. 868 Abl. Hufen, Rechtsgutachten zur Ausdehnung des BBiG auf die Praxisphasen dualer Studiengänge, 2019, 45. 869 Maßgeblich sei in erster Linie, dass der Betreffende den Weisungen des Betriebsinhabers Folge zu leisten habe, vgl. BAG, Beschl. v. 27. 9. 2006 – 5 AZB 33/06, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 63, unter II. 1., 2. 870 BAG, Urt. v. 24. 2. 1999 – 5 AZB 10/98, NZA 1999, 557, unter II. 4. c) ee); Kliemt, in: Schwab/Weth (Hrsg.), ArbGG, 2021, § 5 Rn. 149; ErfK/U. Koch, 2022, § 5 ArbGG Rn. 3. 871 Dafür spricht auch, dass bei Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen von Vertragsverhältnissen i. S. d. § 26 BBiG aufgrund der dort in Bezug genommenen Regelungen des BBiG und der damit gegebenen Nähe zum Berufsausbildungsverhältnis regelmäßig der Rechtsweg zu

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kennbar, dass sich das Arbeitsrecht – auch wegen der Schutzbedürftigkeit dual Studierender – für diese Art des Studiums, speziell für die Praxisphasen, zuständig sieht. Dies setzt wiederum eine Aufspaltung der beiden diskutierten Rechtsverhältnisse voraus, denn bei Streitigkeiten bezüglich des Studienverhältnisses kann der Rechtsweg zur Arbeitsgerichtsbarkeit anders als bei bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten nicht eröffnet sein.872 Bestätigt wird dies durch den bereits im Rahmen von Pflichtpraktika punktuell angeschnittenen Beschluss des BAG aus dem Jahre 1991.873 Demnach ist bei der betriebsverfassungsrechtlichen Stellung von Pflichtpraktikanten874 eine Trennung der privatrechtlichen Beziehung zum Betriebsinhaber von der öffentlich-rechtlichen Hochschulebene vorzunehmen.875 Einen Bruch zur 1974 ergangenen Ausgangsentscheidung will der Siebte Senat darin nicht sehen, da es für die betriebsverfassungsrechtliche Sicht keine Rolle spiele, ob das BBiG Anwendung fände oder nicht.876 Somit lässt sich der Beschluss für die hier verfolgte Frage der Anwendbarkeit von § 26 BBiG auf praxisintegrierend dual Studierende offenbar nur eingeschränkt fruchtbar machen. Die oben gewonnene Erkenntnis der grundsätzlichen Teilbarkeit877 von betrieblicher Ausbildung und Studium im dualen System deckt sich jedoch mit den Beschlussgründen, die die Praxisausbildung nicht der Hochschulebene zurechnen.878 Das BetrVG beruht zudem genauso wie § 26 BBiG auf der Bundesgesetzgebungskompetenz des Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG („Arbeitsrecht einschließlich der Betriebsverfassung“), sodass das BAG mit der Bejahung des Geltungsbereichs des BetrVG gleichzeitig auch die Kompetenzfrage dergestalt mitbeantwortet, dass die betriebliche Ausbildung im dualen Studiensystem von der Regelungsbefugnis des Bundes umfasst ist.879 Der BAG-Beschluss von 1991 diffeden Arbeitsgerichten eröffnet ist, vgl. LAG Mecklenburg-Vorpommern, Beschl. v. 27. 11. 2012 – 3 Ta 24/12, BeckRS 2012, 76128, Leitsatz 1. 872 Ähnlich Brecht-Heitzmann, RdA 2008, 276, 285; ders., AuR 2009, 389, 390. 873 BAG, Beschl. v. 30. 10. 1991 – 7 ABR 11/91, NZA 1992, 808. 874 Zur betriebsverfassungsrechtlichen Stellung dual Studierender siehe erst noch unter § 9 B. 875 BAG, Beschl. v. 30. 10. 1991 – 7 ABR 11/91, NZA 1992, 808, Leitsatz 1. 876 BAG, Beschl. v. 30. 10. 1991 – 7 ABR 11/91, NZA 1992, 808, unter III. 4. a) ff); der in § 5 Abs. 1 BetrVG verwandte Begriff der Berufsausbildung ist weiter gefasst als der des BBiG, vgl. unter III. 1. der Gründe. 877 Zusätzlich sei angemerkt, dass Praktika, die zwar nicht im Rahmen eines Studiums, sondern zum Erwerb der Fachhochschulreife infolge einer ohne Abschluss erfolgten 13-jährigen Schulausbildung absolviert werden (der schulische Teil der Fachhochschulreife wurde bereits erworben), kein Bestandteil der schulischen Ausbildung sind und diese vielmehr ablösen, sodass § 26 BBiG zur Anwendung kommen kann; dies zeigt, dass eine geteilte Betrachtungsweise eines nur von außen scheinbar einheitlichen Dreiecksverhältnisses möglich ist, vgl. LAG Düsseldorf, Urt. v. 8. 11. 2005 – 3 Sa 877/05, BeckRS 2007, 46972, unter II. 1. b). 878 BAG, Beschl. v. 30. 10. 1991 – 7 ABR 11/91, NZA 1992, 808, unter III. 3. und 4. 879 Ähnlich auch Faulhaber, Praktikanten und Volontäre, 2008, 98 f., der daraus doch einen Widerspruch zum Grundurteil aus dem Jahre 1974 ableitet; im Ansatz zudem GK-BetrVG/ Raab, 2022, § 5 Rn. 63; noch weitergehend Fitting, BetrVG, 2022, § 5 BetrVG Rn. 306, wo der

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renziert das BAG-Urteil von 1974 aus und kann als Untermauerung der bisher formulierten Tendenz – der Anwendbarkeit des BBiG – dienen. Lässt man die höchstrichterlichen Entscheidungen Revue passieren, so lässt sich mit einigen Ausnahmen doch die fortschreitende Tendenz erkennen, dass eine rechtliche Trennung der zwei Sektoren Betrieb und Hochschule trotz vorhandener Verzahnungselemente auf der technischen Ebene grundsätzlich vorzunehmen ist. bb) Schiedsspruch zur Tarifsituation dual Studierender Unter dem Radar lief bislang ein Schiedsspruch vom 27. 7. 2009 zur Tarifsituation von Studierenden dualer Studiengänge,880 der einen richtungsweisenden Stoß für die Anwendbarkeit des BBiG geben könnte. Anders als das BAG im Jahre 1974 hat die Schiedsstelle sich auf die Seite der tariflichen Regelbarkeit des Rechtsverhältnisses zwischen den dual Studierenden und den Kooperationsbetrieben während der Praxisphase gestellt.881 Erstmals im unmittelbaren Kontext zu dualen Studiengängen wurde hier von einem „dualen Rechtsverhältnis“ ausgegangen, das aus der öffentlich-rechtlichen Beziehung zur Hochschule einerseits und dem privatrechtlichen Ausbildungsverhältnis zum Kooperationsbetrieb besteht.882 Beide Rechtsverhältnisse stehen dabei nebeneinander, eine Konsumierung des einen oder anderen findet gerade nicht statt. Hierzu stellt die Schiedsstelle klar, dass das öffentlich-rechtliche Mitgliedschaftsverhältnis der Studierenden wie auch der Kooperationsbetriebe zur dualen Bildungseinrichtung nichts über die Rechtsnatur des zwischen ihnen selbst bestehenden betrieblichen Ausbildungsverhältnisses aussagt.883 Diese Positionierung der Schiedsstelle, die die rechtliche Eigenständigkeit des privatrechtlichen Praxisphasenvertrags prononciert, ist angesichts der vorstehenden Erwägungen nur konsequent. Implizit wird durch den Schiedsspruch damit auch erklärt, dass die Praxistätigkeit dual Studierender kein echter innerer Bestandteil der Hochschulausbildung ist. Dem ist insbesondere in Anbetracht der dargelegten kompetenzbetriebsverfassungsrechtliche Arbeitnehmerstatus auch dann nicht grundsätzlich ablehnt wird, wenn die Praktika entsprechend der Studienordnung ausschließlich als Hochschulmaßnahme vorgesehen seien. 880 Schiedsspruch in der Schiedssache IG Metall, Bezirk Baden-Württemberg ./. Südwest Metall (Vorsitzender: Hanau, Peter; Beisitzer: Iwer, Frank; Löwisch, Manfred; Wasmuth, Dirk; Wohlgemuth, Hans Hermann), 27. 7. 2009, AuR 2009, 428; zum Sachverhalt sowie zum Streit um die Zuständigkeit der Schiedsstelle vgl. LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 23. 11. 2009 – 15 Sa 71/09, BeckRS 2010, 66273. 881 Zustimmend Brecht-Heitzmann, AuR 2009, 389, 391; Däubler TVG/Klein, 2022, § 1 Rn. 941; HK-BBiG/Wohlgemuth, 2011, § 3 Rn. 10 (1. Aufl.); nicht widersprechend BKS/ Schumann, 2021, § 1 TVG Rn. 271b. 882 Schiedsspruch in der Schiedssache IG Metall, Bezirk Baden-Württemberg ./. Südwest Metall (Vorsitzender: Hanau, Peter; Beisitzer: Iwer, Frank; Löwisch, Manfred; Wasmuth, Dirk; Wohlgemuth, Hans Hermann), 27. 7. 2009, AuR 2009, 428. 883 Schiedsspruch in der Schiedssache IG Metall, Bezirk Baden-Württemberg ./. Südwest Metall (Vorsitzender: Hanau, Peter; Beisitzer: Iwer, Frank; Löwisch, Manfred; Wasmuth, Dirk; Wohlgemuth, Hans Hermann), 27. 7. 2009, AuR 2009, 428.

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rechtlichen Wertungen beizupflichten. Das Gewicht des Schiedsspruches ist – ungeachtet der eher geringen Aufmerksamkeit – nicht zu unterschätzen, denn funktionell betreiben auch die Schiedsgerichte Rechtsprechung.884 Schiedssprüche entfalten schließlich die gleichen Wirkungen wie rechtskräftige arbeitsgerichtliche Urteile (vgl. § 108 Abs. 4 ArbGG),885 wenngleich zu beachten ist, dass die Wirkungen nur inter partes eintreten886 und eine Erstreckung auf Dritte grundsätzlich nicht möglich ist.887 Bei vor einem Tarifschiedsgericht nach § 101 Abs. 1 ArbGG ausgetragenen Rechtsstreitigkeiten zwischen Tarifvertragsparteien setzt eine Bindungswirkung für tarifgebundene Dritte immerhin dann ein, sofern die Voraussetzungen des § 9 TVG erfüllt sind.888 Damit ist die Wirkmächtigkeit und Relevanz des Schiedsspruches im Grundsatz nachgewiesen und ein weiterer Schritt zur verbindlichen Klassifizierung des Rechtsstatus dual Studierender ist getan. e) Folgerung Die umfangreiche Auswertung hat zuvorderst eine zentrale rechtliche Maxime emporkommen lassen: Die Praxisphase bei praxisintegrierenden dualen Studiengängen ist „das Gegenstück zur Hochschulbildung, nicht ein Teil von ihr“.889 Aus dieser Pendantstellung folgt wiederum, dass sich das auf der einen Seite bestehende Privatrechtsverhältnis zwischen dual Studierendem und dem Kooperationsbetrieb sowie das auf der anderen Seite bestehende öffentlich-rechtliche Gewaltverhältnis zwischen dual Studierendem und der Bildungsinstitution ergänzen; Kollisionen oder Ausstechsituationen treten entgegen der weit verbreiteten Annahme regelmäßig nicht auf.890 Die öffentlich-rechtlichen Regelungen lassen dualen Studiengängen ausreichend Raum für ein parallel bestehendes Privatrechtsverhältnis in Gestalt des Praxisphasenvertrages.891 Eine Zuordnung der Praxisphasen zum Hochschulrecht erfolgt aufgrund der Eigenständigkeit nicht.892 Insoweit lässt sich auch eine kompetentielle Dualität – ähnlich wie bei der dualen Berufsausbildung – in dem Sinne 884

HWK/Kalb, 2022, § 101 ArbGG Rn. 2. Vgl. auch BAG, Urt. v. 20. 5. 1960 – 1 AZR 268/57, AP ArbGG 1953 § 101 Nr. 8: Entfaltung materieller Rechtskraft. 886 Vgl. HaKo ArbGG/Görg, 2013, § 108 Rn. 7. 887 GMP/Germelmann, 2017, § 108 ArbGG Rn. 30; Tiedemann, in: Schwab/Weth (Hrsg.), ArbGG, 2021, § 108 ArbGG Rn. 27. 888 Vgl. nur GWBG/Greiner, 2014, § 108 ArbGG Rn. 20; HaKo ArbGG/Görg, 2013, § 108 Rn. 9; ausführlich und mit kritischer Grundhaltung Schreiber, ZFA 1983, 31, 43 ff. 889 Treffend Malottke, in: Lakies/Malottke (Hrsg.), BBiG, 2021, § 3 Rn. 16. 890 Vgl. H. Weber, Anm. zu BAG, Urt. v. 19. 6. 1974 – 4 AZR 436/73, AP BAT § 3 Nr. 3, unter IV. 891 Vgl. auch den Schiedsspruch in der Schiedssache IG Metall, Bezirk Baden-Württemberg ./. Südwest Metall (Vorsitzender: Hanau, Peter; Beisitzer: Iwer, Frank; Löwisch, Manfred; Wasmuth, Dirk; Wohlgemuth, Hans Hermann), 27. 7. 2009, AuR 2009, 428. 892 A. A. Hufen, Rechtsgutachten zur Ausdehnung des BBiG auf die Praxisphasen dualer Studiengänge, 2019, 26 f. 885

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begründen, dass die Gesetzgebungskompetenz für den theoretisch-schulischen Teil bei den Ländern liegt und der Bund für die ebenbürtige betrieblich-praktische Komponente regelungsbefugt ist. Der Erwerb berufspraktischer Kenntnisse im Betrieb ist beim dualen Studium zudem qualitativ gleichwertig mit der theoretischen Ausbildung an der Hochschule, was zusätzlich für eine jeweils autarke Stellung streitet. Ob die Schutzmechanismen des BBiG über die „Türöffnervorschrift“ des § 26 BBiG für die Studierenden praxisintegrierender dualer Studiengänge tatsächlich greifen, gilt es im Folgenden konkret zu verifizieren. 2. Der Tatbestand des § 26 BBiG Die grundsätzliche Anwendbarkeit des § 26 BBiG konnte durch die vorstehenden Ergebnisse belegt werden. Ob Studierende in der Praxisphase im Rahmen praxisintegrierender dualer Studiengänge jedoch tatsächlich in einem „anderen Vertragsverhältnis“ nach § 26 BBiG beschäftigt werden, ist nun anhand der Tatbestandsvoraussetzungen der Norm im Einzelnen zu überprüfen. Dabei kann auf einige im Laufe der bisherigen Untersuchung gewonnenen Erkenntnisse zurückgegriffen werden. Die Vorschrift des § 26 BBiG ist ausgehend von ihrem Wortlaut, aber auch vor dem Hintergrund ihres Zwecks weit gefasst. So sollten durch das Inkrafttreten des BBiG die Rechtszersplitterung im Dunstkreis des Berufsbildungsrechts beseitigt und Lücken geschlossen werden.893 § 26 BBiG ist als Auffangvorschrift894 geradezu Ausdruck dieses übergeordneten Zwecks, da hierdurch zunächst der Rechtsrahmen vergrößert und infolge dessen nahezu die gesamte Berufsbildung vereinheitlicht wird. Es fragt sich, ob diese Vereinheitlichung der Berufsbildung auch auf die Praxisphasen dualer Studiengänge durchschlägt. a) Kein Arbeitsverhältnis Zunächst schließt die Begründung eines Arbeitsverhältnisses die Anwendung von § 26 BBiG aus. Dieses negative Tatbestandsmerkmal895 ist gleich im Eingangssatz der Norm aufgeführt und stellt deutlich heraus, dass es mannigfaltige Unterschiede zwischen Arbeitsverhältnissen und Berufsausbildungsverhältnissen gibt. So ist der Lern- und Ausbildungszweck Kernelement von sämtlichen Ausbildungsverhältnissen, im Arbeitsverhältnis steht dieses Merkmal jedenfalls nicht im Vordergrund.896 Das BBiG als „Sonderarbeitsrecht“897 kommt somit nur dann zum Tragen, wenn das 893

BT-Drs. V/4260, 2. Zu § 19 BBiG a. F. (nunmehr § 26 BBiG n. F.) LAG Hamm, Urt. v. 24. 5. 1976 – 8 Ta 44/ 76, NJW 1976, 1806, 1807; Fangmann, AuR 1977, 201, 203; Monjau, DB 1969, 1841, 1847; kritisch Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 313. 895 BMMS/Stück, 2004, § 19 Rn. 1. 896 Siehe dazu bereits unter § 6 B. I. 2. c). 897 BT-Drs. 19/14431, 20; BMBF, Evaluation des BBiG, 2016, 7; dass., Berufsbildungsbericht 2019, 2019, 189; Düwell, NZA 2021, 28. 894

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zugrunde liegende Rechtsverhältnis nicht bloß dem allgemeinen Arbeitsrecht untersteht, sondern Besonderheiten wie die primäre Verfolgung des Lern- und Ausbildungszwecks hinzutreten. Erscheinungsformübergreifend konnte bereits festgehalten werden, dass dual Studierende in der Erstausbildung wegen des beherrschenden Ausbildungszwecks kein Arbeitsverhältnis mit dem kooperierenden Betrieb eingehen.898 Die Aufgabenerfüllung im Sinne einer Abarbeitung der Tätigkeitsbeschreibung bildet während des betriebspraktischen Einsatzes regelmäßig nicht den Schwerpunkt, sondern ist lediglich nebensächlicher Ausfluss des Übungs- und Ausbildungszwecks. Eine differenzierte Betrachtung im Einzelfall ist jedoch weiterhin geboten, kann es in der Praxiswelt doch – gerade aufgrund des teilweise hohen Spezialisierungsgrades dual Studierender – Fälle geben, in denen der eigentlich vorrangige Ausbildungszweck durch das Vorschieben der „Arbeitselemente“ für einen nicht unerheblichen Zeitraum in den Hintergrund gerät.899 Dann wäre § 26 BBiG wegen des realiter bestehenden Arbeitsverhältnisses konsequent abzulehnen. Für gewöhnlich bleibt es außerhalb derartiger Missbrauchsgestaltungen aber dabei, dass Arbeitsverhältnisse in dualen Studiengängen der Erstausbildung nicht begründet werden. b) Keine Berufsausbildung Als weitere Negativvoraussetzung setzt § 26 BBiG fest, dass es sich nicht um eine Berufsausbildung im Sinne des Gesetzes handeln darf. Dieses Abgrenzungsbedürfnis erscheint vor dem Hintergrund evident, dass die von § 26 BBiG genannten Vorschriften der §§ 10 – 16, § 17 Abs. 1, 6 und 7 sowie die §§ 18 – 23 und § 25 BBiG bei einer echten Berufsausbildung ohnehin ausnahmslos und uneingeschränkt gölten. § 26 BBiG soll dagegen bereits seiner amtlichen Überschrift nach andere – anders gewendet: weitere – Ausbildungsverhältnisse erfassen, mithin eine Ausweitung über klassische Berufsausbildungsverhältnisse hinaus bewirken, und sieht für diese Formen nur jene partielle Geltung der BBiG-Rechtssätze vor. Indessen bestätigt § 26 BBiG die hier vertretene Annahme,900 dass Berufsausbildungsverhältnisse von Arbeitsverhältnissen zu unterscheiden sind, denn ansonsten hätte der Gesetzgeber diese beiden Negativtatbestandsmerkmale nicht unabhängig voneinander in der Vorschrift aufführen müssen. Es stellt sich demnach nun erneut die oben901 diskutierte Frage, ob die Praxisphase dualer Studiengänge eine Berufsausbildung i. S. d. BBiG darstellt. Maßgeblich ist an dieser Stelle auf die konkrete Erscheinungsform des dualen Studiums abzustellen. Wie der bisherige Untersuchungsverlauf ergeben hat, kommt den Teilnehmern praxisintegrierender dualer Studiengänge mangels Absolvierung einer vollwertigen 898 899 900 901

Siehe unter § 6 B. I. 2. d). Siehe ebenfalls unter § 6 B. I. 2. d). Vgl. bereits unter § 5 A. I. Vgl. unter § 6 B. II.

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Berufsausbildung kein Auszubildendenstatus zugute.902 Dies liegt vornehmlich in der inhaltlichen wie auch formalen Trennung von dualer Berufsausbildung und praxisintegrierender dualer Studienform begründet. Dual Studierende der praxisintegrierenden Form lernen einen Beruf kennen, sie erlernen ihn aber nicht. Anders verhält es sich lediglich bei ausbildungsintegrierenden dualen Studienprogrammen, bei denen die Praxisphase in der Durchführung einer vollständigen Berufsausbildung i. S. d. des BBiG besteht.903 Es besteht demzufolge jedenfalls bis zum Erreichen des Ausbildungsabschlusses vor der nach § 71 BBiG zuständigen Stelle keinerlei Bedürfnis, ausbildungsintegrierende duale Studiengänge unter § 26 BBiG zu fassen, denn im Berufsausbildungsbereich gilt ohnehin das gesamte BBiG unmittelbar und einschränkungslos. Absolviert der ausbildungsintegrierend dual Studierende nach der Beendigung der Berufsausbildung aber weiterhin Praxiseinsätze im Betrieb, um auch den Studienteil zeitlich nachgelagert zu finalisieren, richtet sich die weitere rechtliche Beurteilung nach dem praxisintegrierenden Format,904 wobei hier weiter anhand der nun folgenden Voraussetzungen abschließend zu verifizieren ist, ob dessen Praxisphasen unter § 26 BBiG fallen. c) Einstellung Für den Eintritt der Rechtsfolgen des § 26 BBiG muss die jeweilige Person „eingestellt“ sein. Zunächst verlangt der Begriff der Einstellung, der im betriebsverfassungsrechtlichen Kontext durch § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG bekannt ist,905 eine vertragliche Bindung – ebenso wie die in der Regelung des § 26 BBiG erwähnten Arbeitsverhältnisse einerseits und die Berufsausbildungsverhältnisse andererseits.906 § 10 Abs. 1 BBiG, auf den § 26 BBiG unter anderem verweist, nennt den Terminus des Einstellens gleichfalls und statuiert das Erfordernis des Abschlusses eines Berufsausbildungsvertrages.907 Eine allgemeine vertragliche Regelung allein genügt noch nicht. Die Einstellung in ein „anderes Vertragsverhältnis“ nach § 26 BBiG erfordert vielmehr ein Mindestmaß an Verpflichtung des Vertragspartners zur Mitwirkung am Betriebszweck.908 Ein gewisser Nutzen muss dem Betriebsinhaber 902

Siehe dazu bereits unter § 6 B. II. 1. Siehe unter § 6 B. II. 3. 904 Siehe gleichfalls oben unter § 6 B. II. 3. 905 Das BAG lässt ausdrücklich offen, ob der Einstellungsbegriff des BetrVG deckungsgleich mit dem des BBiG ist, vgl. BAG, Urt. v. 17. 7. 2007 – 9 AZR 1031/06, NZA 2008, 416, Rn. 30; zum Begriff der Einstellung i. S. d. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG siehe nur Fitting, BetrVG, 2022, § 99 Rn. 30 ff. (hierfür wäre die vollständige Eingliederung in den Betrieb zur Verwirklichung des arbeitstechnischen Zwecks durch eine weisungsgebundene Tätigkeit erforderlich). 906 BAG, Urt. v. 25. 3. 1981 – 5 AZR 353/79, AP BBiG § 19 Nr. 1, unter 1. b). 907 Vgl. BT-Drs. V/4260, 5. 908 BAG, Urt. v. 17. 7. 2007 – 9 AZR 1031/06, NZA 2008, 416, Rn. 24; eine Bezugnahme auf den Einstellungsbegriff des § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG erfolgt ausdrücklich nicht. 903

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demnach aus der Tätigkeit der eingestellten Person erwachsen.909 Die Mitwirkung am Betriebszweck ist deshalb von entscheidender Bedeutung, weil die auszubildende Nachwuchskraft ansonsten nicht in die Lage versetzt wird, auf adäquate Weise praktische Erfahrungen im Betrieb zu sammeln. Der Gesetzeskontext zeigt insofern, dass auch die „anderen Vertragsverhältnisse“ nach § 26 BBiG der klassischen Berufsausbildung qualitativ nicht unterlegen sein dürfen. Um die hohe Qualität von jedweden Ausbildungsverhältnissen, die unter den Schutzbereich des BBiG fallen, zu sichern, ist es unabdingbar, die in § 1 Abs. 3 BBiG formulierten Ziele hinsichtlich ihres übergeordneten Aussagegehalts910 auch für die Vertragsverhältnisse i. S. d. § 26 BBiG zu beanspruchen.911 Der Erwerb beruflicher Handlungsfähigkeit muss etwa im Rahmen von „anderen Vertragsverhältnissen“ jedenfalls in ähnlicher Weise möglich sein wie in klassischen Berufsausbildungsverhältnissen. Dahinter steht die Erwägung, dass das BBiG als einheitliche Fassung für die gesamte berufliche Bildung immerwährend den Anspruch hat, das Spannungsverhältnis zwischen den Ausbildungsinteressen des Auszubildenden und dem arbeitstechnischen Zweck des Ausbildungsbetriebes auszutarieren.912 Unternehmerische Gewinnerzielungsinteressen sollen gegenüber der Ausbildung nicht die Oberhand gewinnen.913 Das beschriebene Schutzbedürfnis der auszubildenden Person besteht aber freilich nur dann, wenn sie durch ein Mindestmaß an Pflichtenbindung am Betriebszweck mitwirkt und damit in den Betrieb eingegliedert ist.914 Dual Studierende erbringen in aller Regel wirtschaftlich verwertbare Arbeitsergebnisse und werden über einen längeren Zeitraum in die laufende Betriebsarbeit eingebunden. Damit wirken sie als in den Betrieb eingegliederte Kräfte auf der Grundlage des Praxisphasenvertrags systematisch am Betriebszweck mit. Der Betriebsinhaber profitiert vom verpflichtenden betriebspraktischen Einsatz dual Studierender,915 der deutlich über eine bloße Aufnahme von Informationen über Betriebsabläufe oder Berufsinhalte hinausgeht. Der Praxisphase kommt in struktureller Hinsicht ein eigenständiger und gewichtiger Wert zu, sodass die Studierenden permanent eine aktive Rolle zur Verfolgung des Betriebszwecks einnehmen. Durch die qualifizierten Anforderungen an das Merkmal des Einstellens, die insbesondere 909

Benecke, in: Benecke/C. S. Hergenröder (Hrsg.), BBiG, 2021, § 26 Rn. 4. Eine direkte Anwendung von § 1 Abs. 3 BBiG scheidet freilich aus, da § 26 BBiG hierauf nicht verweist. 911 In diese Richtung auch BAG, Urt. v. 17. 7. 2007 – 9 AZR 1031/06, NZA 2008, 416, Rn. 27; Benecke, in: Benecke/C. S. Hergenröder (Hrsg.), BBiG, 2021, § 26 Rn. 4. 912 Vgl. BAG, Urt. v. 17. 7. 2007 – 9 AZR 1031/06, NZA 2008, 416, Rn. 27. 913 Vgl. HK-BBiG/Pepping, 2020, § 26 Rn. 12. 914 BAG, Urt. v. 17. 7. 2007 – 9 AZR 1031/06, NZA 2008, 416, Rn. 29; Faulhaber, Praktikanten und Volontäre, 2008, 23; Lakies, in: Lakies/Malottke (Hrsg.), BBiG, 2021, § 26 Rn. 4; Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 311 f.; HK-BBiG/Pepping, 2020, § 26 Rn. 12; I. Schmidt, NZA 2004, 1002, 1003; Taubert, BBiG, 2021, § 26 Rn. 7; Schaub-ArbRHdB/Vogelsang, 2021, § 175 Rn. 4. 915 Dies wurde schon bei der Beleuchtung der Motive der Kooperationsunternehmen deutlich, vgl. unter § 3 B. 910

§ 6 Rechtsstatus dual Studierender und Anwendbarkeit des BBiG

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weisungsabhängige Tätigkeiten unter § 26 BBiG fallen lassen, wird hingegen die Gefahr perpetuiert, vor der die Norm mit ihren in Bezug genommenen Vorschriften eigentlich schützen will, nämlich dass die Nachwuchskraft mehr zur Verfolgung des arbeitstechnischen Zwecks als zu seiner Ausbildung eingesetzt wird.916 Dies lässt zumindest den Grenzbereich zwischen einem Arbeitsverhältnis und einem „anderen Vertragsverhältnis“ nach § 26 BBiG enger werden. Gleichwohl erscheint jene Konturensetzung des Tatbestandsmerkmals geboten, um nicht jedwede betrieblichen Tätigkeiten ohne verpflichtende Elemente unter § 26 BBiG zu ziehen und damit den Schutzbereich uferlos werden zu lassen. Stattdessen ist die mitunter schwierige Abgrenzung hinzunehmen – maßgeblich bleibt hier im Einzelfall weiterhin, ob der Ausbildungszweck von ausschlaggebendem Gewicht ist.917 d) Zum Erwerb beruflicher Fertigkeiten, Kenntnisse, Fähigkeiten oder Erfahrungen Letztlich setzt § 26 BBiG voraus, dass die Einstellung dazu dient, der betreffenden Person berufliche Fertigkeiten, Kenntnisse, Fähigkeiten oder Erfahrungen zu vermitteln. Damit bringt der Gesetzgeber normativ zum Ausdruck, dass „andere Vertragsverhältnisse“ i. S. d. § 26 BBiG den viel zitierten Ausbildungszweck besonders hervorkehren müssen. Dabei fällt der Unterschied zu § 1 Abs. 3 BBiG ins Auge, der für die Berufsausbildung die Komponenten der beruflichen Handlungsfähigkeit – Erwerb beruflicher Fertigkeiten, Kenntnisse „und“ Fähigkeiten – kumulativ zusammenfügt, wohingegen § 26 BBiG durch das „oder“ ein Alternativitätsverhältnis unter den einzelnen Elementen begründet. Diese Regelungstechnik verdeutlicht nachdrücklich die bereits herausgearbeitete Differenzierung zwischen dualer Berufsausbildung und den von § 26 BBiG erfassten Sonderformen dergestalt, dass in Letzteren kein vollständiger Erwerb beruflicher Handlungsfähigkeit ins Visier genommen, sondern lediglich ein Ausschnitt aus dem Gesamtbereich einer beruflichen Tätigkeit erlernt wird.918 § 26 BBiG setzt nach gefestigter Rechtsprechung zudem voraus, dass diese Fertigkeiten, Kenntnisse, Fähigkeiten oder Erfahrungen der betreffenden Person erstmalig in einer der Berufsausbildung angenäherten Form vermittelt werden.919 Die systematische Nähe des § 26 BBiG zu den klassischen Ausbildungswegen des BBiG verlangt, dass der Ausbildungszweck

916

Vgl. Schnelle, Volontäre und Praktikanten, 2010, 47. Vgl. oben unter § 6 B. I. 2. d). 918 Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 312. 919 BAG, Urt. v. 20. 2. 1975 – 5 AZR 240/74, AP BGB § 611 Ausbildungsbeihilfe Nr. 2, unter I.; BAG, Urt. v. 15. 3. 1991 – 2 AZR 516/90, NZA 1992, 452, unter II. 2. c) cc); BAG, Urt. v. 12. 2. 2013 – 3 AZR 120/11, NZA 2014, 31, Rn. 12; LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 6. 3. 2013 – 20 Sa 838/12, BeckRS 2013, 73369, unter 2.1.3.; damit steht fest, dass Umschulungen und Weiterbildungen von § 26 BBiG nicht umfasst sind. 917

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2. Teil: Typologisierung, Differenzierung und rechtliche Einordnung

innerhalb einer Erstausbildung auf eine berufliche Qualifizierung gerichtet sein muss.920 Duale Studiengänge zeichnen sich in erster Linie dadurch aus, dass zwei ebenbürtige Teile (betriebliche und akademische Ausbildung) zu einem Endprodukt (duales Studium) zusammenschmilzen. Gerade im praxisintegrierenden dualen Studium erhebt die Praxisphase allein nicht den Anspruch, eine vollwertige Berufsausbildung darzustellen, vielmehr stellt sie eine – dennoch eingenständige – Teilausbildung zur gleichwertigen Ergänzung der Studiumskomponente dar. Dual Studierende erwerben in der Praxisstation bei konsequenter Hervorhebung des Ausbildungszwecks eben jene Qualifizierungen durch ihren umfangreichen betriebspraktischen Einsatz,921 ohne dabei zwingend die berufliche Handlungsfähigkeit i. S. d. § 1 Abs. 3 BBiG vollumfänglich erwerben zu müssen. Der studiengeprägte Ausbildungsteil an der Hochschule trägt als Antagonist aber dazu bei, am Ende der Erstausbildung eine vervollständigte berufliche Qualifizierung zu erreichen, die aufgrund der speziellen Verbindung von Wissenschaft und Praxis in ihrer Wertigkeit durchaus hoch anzusiedeln ist.922 e) Zwischenergebnis Die Prüfung der Tatbestandsmerkmale hat gezeigt, dass Nachwuchskräfte in der praktischen Phase der praxisintegrierenden Form des dualen Studiums in einem „anderen Vertragsverhältnis“ nach § 26 BBiG beschäftigt werden. Sie werden eingestellt, um berufliche Fertigkeiten, Kenntnisse, Fähigkeiten oder berufliche Erfahrungen zu erwerben, ohne dass es sich um ein Arbeitsverhältnis oder eine klassische Berufsausbildung i. S. d. BBiG handelt. Damit wird § 26 BBiG seiner Aufgabe gerecht, die Berufsbildung insgesamt zu vereinheitlichen und auch differenziertere Ausbildungsformen wie das duale Studium unter den Schutzschirm des Arbeitsrechts zu stellen. 3. Die Bereichsausnahme des § 3 Abs. 2 Nr. 1 BBiG Die Anwendung von § 26 BBiG ist wiederum zu versagen, wenn die Vorschrift des § 3 Abs. 2 Nr. 1 BBiG greift. Demnach ist der sachliche Anwendungsbereich des BBiG für diejenige Berufsbildung nicht eröffnet, die in berufsqualifizierenden oder vergleichbaren Studiengängen an Hochschulen auf der Grundlage des HRG und der Hochschulgesetze der Länder durchgeführt wird. Diese durch § 3 Abs. 2 Nr. 1 BBiG 920

Vgl. Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 313. Der Erwerb der erforderlichen Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen ist in den Praxisphasenverträgen als Hauptleistungspflicht zu deklarieren, vgl. etwa DHBW Studienvertrag unter Ziffer 5.2. (https://www.dhbw.de/fileadmin/user_upload/Dokumente/Dokumente_ fuer_Duale_Partner/DHBW_Studienvertrag.pdf) (geprüft am 31. 5. 2022). 922 Vgl. etwa bereits unter § 3 A. I., IV. 921

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vorgenommene Negativabgrenzung923 könnte auf den ersten Blick tatsächlich den Ausschlag dafür geben, der Geltung des BBiG für dual Studierende letztlich doch einen Riegel vorzuschieben,924 schließlich lässt sich das duale Studium kaum ohne den maßgeblichen Einsatz der Hochschulen bestreiten. a) Gesetzgeberischer Regelungshintergrund Die Notwendigkeit der Begrenzung des Geltungsbereichs des BBiG ergibt sich aus der weitgehend konturenlosen Definition der Berufsbildung in § 1 Abs. 1 und Abs. 3 BBiG,925 nach der grundsätzlich auch Studiengänge an Hochschulen erfasst wären.926 Die Regelungstechnik ist dementsprechend klassisch ausgestaltet: § 3 BBiG statuiert in seinem Abs. 1 zunächst den Grundsatz, dass das BBiG für die gesamte Berufsbildung gilt, und nimmt in Abs. 2 wiederum drei enumerativ aufgezählte Bereiche der Berufsbildung vom Anwendungsfeld aus. Diese drei Bereiche sind ausweislich der Gesetzesbegründung grundsätzlich einer bundesgesetzlichen Regelung zugänglich, dem Gesetzgeber schien die Integration in das BBiG aber nicht sachgerecht.927 Die Bereichsausnahme des § 3 Abs. 2 Nr. 1 BBiG, die speziell die Hochschulausbildung in den Blick nimmt, wurde erst im Jahr 2005 neu eingeführt, sie sollte aber gerade keine Veränderung der bestehenden Rechtslage bewirken.928 Ihr kommt erklärtermaßen lediglich eine Klarstellungsfunktion zu.929 Die Klarstellung schien dadurch geboten, dass der Erwerb beruflicher Handlungsfähigkeit als Ausbildungsziel an Hochschulen zunehmend in den Fokus genommen wurde (zum gesetzlichen Niederschlag vgl. die §§ 2 Abs. 1 Satz 2, 10 Abs. 1 Satz 3 HRG) und die 923

Lakies, BBiG, 2020, § 3 Rn. 1. So Brecht-Heitzmann, RdA 2008, 276, 277 f.; ders., AuR 2009, 389, 389, 392; Grimm/ Freh, ArbRB 2015, 316; Kleinebrink, ArbRB 2011, 58, 60; Koch-Rust/Kolb/Rosentreter, NZA 2015, 402, 404; Koch-Rust/Rosentreter, NZA 2021, 1604, 1605; dies., NJW 2009, 3005, 3006; Lingemann, in: Bauer/Lingemann/Diller u. a. (Hrsg.), Anwalts-Formularbuch Arbeitsrecht, 2021, Kapitel 8 (Ausbildung- und Fortbildungsverträge) Rn. 26; Popella, Praktikanten zwischen MiLoG und BBiG, 2017, 267 f.; Seeger, „Generation Praktikum“, 2012, 68 f.; vgl. pauschal auch zu einem „kooperativen Studiengang“, der im konkreten Fall einem ausbildungsintegrierenden dualen Studium entspricht, LAG Hessen, Urt. v. 5. 6. 2009 – 10 Sa 1875/ 08, BeckRS 2011, 71637; differenzierend aus der sozialrechtlichen Judikatur LSG BerlinBrandenburg, Urt. v. 29. 8. 2017 – L 14 AL 35/16, BeckRS 2017, 125525, Rn. 27; ähnlich LSG Schleswig-Holstein, Urt. v. 12. 5. 2017 – L 3 AL 15/15, BeckRS 2017, 129169, Rn. 27; sowie SG Speyer, Urt. v. 3. 9. 2014 – S 1 AL 13/14, BeckRS 2014, 73286. 925 Vgl. auch bereits unter § 6 B. II. 926 BT-Drs. 15/3980, 43; Benecke, in: Benecke/C. S. Hergenröder (Hrsg.), BBiG, 2021, § 3 Rn. 5; Malottke, in: Lakies/Malottke (Hrsg.), BBiG, 2021, § 3 Rn. 12; HK-BBiG/Wohlgemuth/ Günther, 2020, § 3 Rn. 7. 927 BT-Drs. 15/3980, 43. 928 Schnelle, Volontäre und Praktikanten, 2010, 114 unter Berücksichtigung der „missverständlich formulierten“ Gesetzesbegründung; a. A. Schade, NJW 2013, 1039, 1041, der den Geltungsbereich durch § 3 Abs. 2 Nr. 1 BBiG enger gefasst sieht. 929 BT-Drs. 15/3980, 43. 924

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2. Teil: Typologisierung, Differenzierung und rechtliche Einordnung

Hochschulausbildung damit insgesamt näher an die berufliche Bildung herangerückt ist.930 Erst diese Entwicklung hat die Aufstellung einer scharfen Trennlinie erforderlich gemacht. b) Kein Ausschluss der Anwendbarkeit des BBiG Berücksichtigt man diesen Hintergrund nun bei der Auslegung unter paralleler Heranziehung der Gesetzesbegründung, kann § 3 Abs. 2 Nr. 1 BBiG für die rechtliche Beurteilung der Praxisphasen praxisintegrierender dualer Studiengänge keine entscheidende Richtungsänderung herbeiführen.931 In erster Linie soll die neu gefasste Bereichsausnahme weiterhin den Unterricht an der Hochschule vom BBiG ausnehmen,932 damit die BBiG-Vorschriften nach wie vor nicht die öffentlichrechtliche Hochschulausbildung an sich beeinflussen;933 bei praxisintegrierenden dualen Studiengängen findet das praktische Lernen im Betrieb demgegenüber neben dem Hochschulunterricht statt. Diesen privatrechtlichen Bereich will § 3 Abs. 2 Nr. 1 BBiG nicht dem Berufsbildungsrecht entziehen – denn dies würde weit über die bloße Klarstellungsfunktion der Bestimmung hinausgehen. Der Vorgängervorschrift (§ 2 BBiG a. F.) lag ebenfalls die Vorstellung zugrunde, dass das BBiG aus verfassungsrechtlichen Gründen nur für solche Bereiche der Berufsbildung nicht zu gelten habe, die maßgeblich durch ein öffentlich-rechtliches Sonderrechtsverhältnis geprägt sind.934 Diese kompetenzrechtliche Dimension setzt die Regelung des § 3 Abs. 2 Nr. 1 BBiG n. F. fort, indem sie die grundgesetzlich vorgegebene Kompetenzverteilung nicht nur nachzeichnet, sondern auch konkretisiert.935 Durch die strikte Trennung von privatrechtlichem Praxisphasenvertrag einerseits und öffentlich-rechtlichem Studienverhältnis andererseits ohne spezielle Prägung oder gar Konsumierung der einen oder der anderen Rechtsbeziehung kann § 3 Abs. 2 Nr. 1 BBiG in seiner gegenwärtigen Fassung das Vertragsverhältnis des dual Studierenden zum Kooperationsbetrieb nicht vom Geltungsbereich des BBiG ausnehmen.936 Demnach darf in diesem Zusammenhang erst recht nicht von einem generellen „Vorrang des Hochschulrechts“ mit der zu weit reichenden Folge ausgegangen 930

Rn. 2.

Faulhaber, Praktikanten und Volontäre, 2008, 95; ErfK/Schlachter, 2022, § 3 BBiG

931 Selbiges gilt für ausbildungsintegrierende duale Studiengänge, vgl. HK-BBiG/Wohlgemuth/Günther, 2020, § 3 Rn. 12. 932 Vgl. Pschorr, Jura 2017, 1403, 1407; ähnlich Wohlgemuth, AuR 2009, 428, unter III. 933 Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 323. 934 Vgl. BT-Drs. V/4260, 4. 935 Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 324. 936 A. A. Hufen, Rechtsgutachten zur Ausdehnung des BBiG auf die Praxisphasen dualer Studiengänge, 2019, 12, der die institutionelle Trennung von Betrieb und Hochschule an § 3 Abs. 2 Nr. 1 BBiG scheitern lässt, dabei jedoch verkennt, dass die Bereichsausnahme gerade nicht dazu imstande ist, die Aufspaltung in zwei verschiedene Rechtsverhältnisse anzuordnen – vielmehr handelt es sich bei der Unterscheidung des Privatrechtsverhältnisses vom öffentlichrechtlichen Rechtsverhältnis um eine von § 3 Abs. 2 Nr. 1 BBiG abzulösende Vorfrage.

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werden, dass Praxisphasen eines Studiums an Hochschulen unabhängig von einer öffentlich-rechtlichen Qualifizierung nicht dem BBiG zuzuordnen wären.937 Zusätzlich hat man sich den exakten Wortlaut des § 3 Abs. 2 Nr. 1 BBiG vor Augen zu führen, der verlangt, dass die Berufsbildung „an“ Hochschulen durchgeführt wird.938 Zwar wird der Studienteil an der hochschulischen Einrichtung absolviert, jedoch ist die oben beschriebene Aufspaltung in zwei getrennte Rechtsverhältnisse939 auch hier konsequent zu berücksichtigen, sodass an dieser Stelle nur maßgeblich ist, ob die betriebspraktische Phase „an“ der Hochschule stattfindet. Da die Betriebe indes keine hoheitlichen Befugnisse als Beliehene oder Verwaltungshelfer gegenüber den dual Studierenden wahrnehmen,940 erfolgt die Ausbildung in dieser Phase nicht innerhalb eines öffentlich-rechtlichen Sonderstatusverhältnisses, mithin auch nicht „an“, sondern aufgrund eines separaten privatrechtlichen Vertrages außerhalb der Hochschule in einem Betrieb.941 Dies stellt auch keinen Widerspruch zur 2008 ergangenen BAG-Entscheidung dar, wonach die grundsätzlich richtige Prämisse in § 3 Abs. 2 Nr. 1 BBiG Niederschlag finde, dass das BBiG dann nicht anwendbar ist, wenn die praktische Tätigkeit Teil eines Studiums ist,942 denn wenn – wie hier – die praktische Tätigkeit rechtlich verselbstständigt neben dem Studium steht, kann § 3 Abs. 2 Nr. 1 BBiG der Anwendbarkeit des BBiG nicht entgegenstehen. Untermauert wird dies durch eine weitere sich am Gesetzeswortlaut orientierende Erwägung: § 3 Abs. 2 Nr. 1 BBiG meint nicht zuletzt Fälle, in denen die Berufsbildung „auf der Grundlage des Hochschulrahmengesetzes und der Hochschulgesetze der Länder“ durchgeführt wird. Die öffentlich-rechtlichen Vorschriften in den Hochschulgesetzen gestalten lediglich das Rechtsverhältnis zwischen dem Studierenden und der Hochschuleinrichtung und gegebenenfalls zwischen dem Kooperationsbetrieb und der Hochschule unmittelbar aus, die Praxisphase im Betrieb findet hingegen allein auf der Grundlage des privatrechtlichen Praxisphasenvertrages statt, den dual Studierende im Vorfeld der Immatrikulation mit dem jeweiligen Partnerbetrieb schließen müssen. Das Hochschulrecht begründet demzufolge zwar gewissermaßen die Veranlassung zur Absolvierung der Praxisphasen im Rahmen eines dualen Studiums, sie finden aber nicht auf der Grundlage des Hochschulrechts statt.943

937

So aber Löwisch/Rieble, TVG, 2017, § 1 Rn. 183. Vgl. hierzu auch aus der sozialrechtlichen Judikatur zu § 3 Abs. 2 BBiG LSG Sachsen, Urt. v. 30. 11. 2017 – L 3 AL 192/15, BeckRS 2017, 149738, Rn. 30 ff. 939 Vgl. unter § 6 B. III. 1. a) cc). 940 Siehe dazu bereits unter § 6 B. III. 1. a) cc) (2) (a). 941 Vgl. für Pflichtpraktikanten Horstmeier, Prekäre Beschäftigungsverhältnisse, 2009, 62; Schade, Praktikumsrecht, 2011, 23; Schnelle, Volontäre und Praktikanten, 2010, 114. 942 BAG, Urt. v. 18. 11. 2008 – 3 AZR 192/07, NZA 2009, 435, Rn. 18. 943 Vgl. zu Pflichtpraktika Pschorr, Jura 2017, 1403, 1407. 938

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2. Teil: Typologisierung, Differenzierung und rechtliche Einordnung

c) Zwischenergebnis Damit steht fest, dass die Bereichsausnahme des § 3 Abs. 2 Nr. 1 BBiG nicht so weit zu verstehen ist, dass die Praxisphase von praxisintegrierenden dualen Studiengängen insgesamt aus dem Geltungsbereich des BBiG herausgezogen wird. Stattdessen gilt es fortwährend, die rechtlich wie auch strukturell manifestierte Trennung des Hochschulteils von der betrieblichen Ausbildungskomponente stringent einzuhalten und diesen differenzierten Blickwinkel konstant derart zugrunde zu legen, dass die privatrechtlich ausgestaltete Praxisphase im Gegensatz zur Hochschulausbildung944 vom sachlichen Anwendungsbereich des BBiG umfasst wird. Es handelt sich im hiesigen Kontext somit nicht etwa – wie die Abschnittsüberschrift (§ 6 B. III. 1.) plakativ fragt – um einen Wettbewerb „Privatrecht versus öffentliches Recht“, sondern um ein paralleles Nebeneinander der beiden Stränge mit einer klaren Grenzziehung. Die für das duale Studium typischen inhaltlichen und systematisch angelegten Theorie-Praxis-Verzahnungen schlagen auf die rechtliche Bewertung nicht durch. § 3 Abs. 2 Nr. 1 BBiG verhindert somit freilich, dass das duale Studium als Gesamtkonstrukt pauschal unter das BBiG fällt, denn den Hochschulteil absolvieren die dual Studierenden direkt an der hochschulischen Einrichtung auf der Grundlage des Hochschulrechts – mithin außerhalb des BBiG –;945 soweit aber lediglich die Praxisphase betroffen ist, kann eine Herausnahme aus dem Geltungsbereich des BBiG gerade nicht erfolgen. Dadurch, dass dual Studierende in der praxisintegrierenden Form von ihrer Ausbildungsstätte zum Zwecke des Erwerbs beruflicher Fertigkeiten, Kenntnisse, Fähigkeiten oder Erfahrungen eingestellt werden und zum Kooperationsbetrieb in einer eigenen privatrechtlichen Rechtsbeziehung stehen, die weder ein Arbeitsverhältnis noch ein Berufsausbildungsverhältnis darstellt, konnte das Bestehen eines „anderen Vertragsverhältnisses“ i. S. d. § 26 BBiG für die betriebspraktische Phase positiv nachgewiesen werden.

IV. Rechtsverhältnis sui generis Die Praxisphase dualer Studiengänge als Rechtsverhältnis eigener Art einzustufen, griffe nur dann durch, wenn zuvor keine verbindliche Einordnung in den bestehenden Rechtskanon möglich gewesen wäre. Dadurch, dass dual Studierende in der ausbildungsintegrierenden Variante mit dem Kooperationsbetrieb ein echtes Berufsausbildungsverhältnis begründen und praxisintegrierend dual Studierende in einem „anderen Vertragsverhältnis“ nach § 26 BBiG stehen, besteht für die Klassifizierung als Rechtsverhältnis sui generis keinerlei Bedürfnis.946 Autoren, die 944 Allein die Studienkomponente im Rahmen des dualen Studiums fällt unter die Ausnahmebestimmung des § 3 Abs. 2 Nr. 1 BBiG. 945 Vgl. auch Velikova, DGB-Gutachten zur Möglichkeit der Normierung von Schutzbestimmungen für die dual Studierenden – n.v., 2015, 13, 27. 946 So auch Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 295; Schnelle, Volontäre und Praktikanten, 2010, 116.

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insbesondere die Anwendbarkeit von § 26 BBiG auf das praxisintegrierende duale Studium mit den oben diskutierten Einwänden ablehnen,947 kommen mangels valider Alternativen indes zwingend zu diesem Schluss. Nach der hier vertretenen Aufassung stellen duale Studiengänge aber kein „arbeitsrechtliches Neuland“ dar,948 vielmehr können sie über die Auffangbestimmung des § 26 BBiG in die bestehende Systematik des Berufsbildungsrechts integriert und damit einer festen Einordnung zugänglich gemacht werden.

V. Abschließende Bewertung Vorzugswürdig ist, entgegen der ständigen Rechtsprechung, die eine durchaus zähe Struktur sowie inzwischen auch einen zementierten Kern aufweist, und entgegen mehrerer Stimmen aus dem Schrifttum das praxisintegrierende duale Studium als „anderes Vertragsverhältnis“ i. S. d. § 26 BBiG einzustufen. Wie an einem Mantra wurde an der Grundsatzentscheidung aus dem Jahr 1974 festgehalten, ohne den Blick für differenzierte Studienformen zu weiten. Für einen Paradigmenwechsel sind nach der vorgenommenen Statuszuordnung gewichtige Gründe ins Feld zu führen. Zum einen lassen sich zwischen dem ausbildungsintegrierenden und dem praxisintegrierenden Modell keine derart substanziellen Unterschiede konstatieren, dass eine rechtliche Ungleichbehandlung von signifikanter Tragweite gerechtfertigt wäre. So verhält sich etwa die inhaltliche Umsetzung programmübergreifend weitgehend gleich;949 insbesondere lernen die dual Studierenden bei beiden Erscheinungsformen auf der Grundlage eines den Ausbildungszweck fokussierenden Privatrechtsverhältnisses die betrieblichen Strukturen als Vorbereitung für eine spätere Berufstätigkeit näher kennen und sind dabei weisungsgebunden im Betriebsinteresse tätig. Zum anderen nehmen die Betriebe im Bereich praxisintegrierender dualer Studiengänge eine selbstständige Rolle950 ein, sodass diese gerade nicht unter die alleinige Herrschaft der Hochschulen zu fassen sind. Schließlich ist die betriebliche 947 MaSiG/Mroß, 2020, C.292 Dualer Studiengang Rn. 5; I. Natzel, NZA 2008, 567, 569; ders., BB 2011, 1589, 1592; ders., NZA 2012, 650, 653; NK-GA/ders., 2016, §§ 24 – 26 BBiG Rn. 20; dem folgend Grimm/Freh, ArbRB 2015, 316; ebenso Görge, W & B 2012, 66, 67; anders jedoch Malottke, in: Lakies/Malottke (Hrsg.), BBiG, 2021, § 3 Rn. 17, die grundsätzlich von einer Anwendbarkeit des BBiG über § 26 BBiG ausgeht, die Möglichkeit der Einstufung als Vertragsverhältnis eigener Art aber gleichwohl in Einzelfällen in Betracht zieht. 948 Diese Frage wirft im Titel auf I. Natzel, NZA 2008, 567 ff. 949 So auch die Experteneinschätzung von Krone, Öffentliche Anhörung des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung, 16. 10. 2019 (https://dbtg.tv/cvid/7394 086), nachzusehen ab 1 Stunde 26 Minuten und 30 Sekunden sowie zudem ab 2 Stunden 35 Minuten und 45 Sekunden (geprüft am 31. 5. 2022). 950 In diese Richtung auch Gerber/Pautsch, in: Haug (Hrsg.), Das Hochschulrecht in BadenWürttemberg, 2020, Kapitel 4 Abschnitt D. Rn. 1072, die die eigene Verantwortung der Ausbildungsstätten für die Ausbildung betonen; verfehlt ist es demnach, von einer „studienintegrierten praktischen Ausbildung“ zu sprechen, so aber Verma/Takacs, BB 2021, 308, 311.

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Tätigkeit der dual Studierenden von so erheblichem Gewicht, dass die Betriebe – trotz der gegenwärtig vorherrschenden ablehnenden Haltung zur Geltung des BBiG – auf vertraglicher (nicht gesetzlicher) Grundlage951 in aller Regel monatliche Zahlungen an die dual Studierenden für die getätigten Arbeiten leisten und sie sogar häufig zusätzlich die anfallenden Semestergebühren der Hochschulen für ihre Nachwuchskräfte übernehmen. Dies untermauert die für duale Studiengänge wesentliche Führungsposition der Partnerbetriebe, die im Verhältnis zu den dual Studierenden originäre – nicht bloß derivative – Rechte und Pflichten wahrnehmen und unter deren Regie der Praxisphase ein vergleichsweise herausragender Wert zukommt. Den Praxiseinsatz allein unter das Dach der Hochschule zu stellen, die auf die Ausgestaltung der betrieblichen Phasen im Detail oft nur marginalen Einfluss nimmt, und die Betriebsakteure dementsprechend als unselbstständige Dritte einzuordnen, entspricht weder der ausgeübten Praxis952 noch erscheint dies aus den oben dargelegten Gründen im Lichte des Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG kompetenzrechtlich geboten. Der herausgearbeitete Kompetenzdualismus kommt wegen der besonderen Nähe dualer Studiengänge zur dualen Berufsausbildung, für deren betrieblichen Ausbildungsteil das BBiG in erster Linie geschaffen wurde, im Vergleich zu Pflichtpraktikanten erst recht zum Tragen.953 Demnach kann nicht von einem der Hochschule unterstehenden „Gesamtrechtsverhältnis“ ausgegangen werden, sondern das Vertragsverhältnis zwischen dual Studierendem und Kooperationsbetrieb ist vielmehr im Sinne einer Dichotomie vom Studienverhältnis abzuspalten und rechtlich eigenständig zu beurteilen.954

C. Dual Studierende unter dem Schutzschirm des BBiG Nach dem Vorstehenden ist zunächst festzuhalten, dass die praktisch relevanten Normen der §§ 10 – 16, § 17 Abs. 1, 6 und 7 sowie die §§ 18 – 23 und § 25 BBiG für das praxisintegrierende Modell dualer Studiengänge zumindest keine direkte Anwendung finden, da es nicht als Berufsausbildung i. S. d. BBiG einzustufen ist.955 Dennoch stehen dual Studierende nach der hier vertretenen Ansicht bereits de lege lata über die Vorschrift des § 26 BBiG unter dem Schutz weiter Teile des BBiG, sodass die von § 26 BBiG in Bezug genommenen Regelungen kraft Verweisung zur 951 Zur Frage eines gesetzlichen Vergütungsanspruchs als Rechtsfolge der Anerkennung eines „anderen Vertragsverhältnisses“ i. S. d. § 26 BBiG siehe noch unter § 7 A. I. 952 Schon gar nicht würde dies der erstrebten Praxis entsprechen, da sich die Betriebsseite angesichts ihrer verantwortungsvollen Rolle im dualen Studienformat keinesfalls hinter den Hochschuleinrichtungen verstecken soll. 953 Einen ähnlichen Erst-Recht-Schluss zieht Faulhaber, Praktikanten und Volontäre, 2008, 112. 954 Ähnlich auch Velikova, DGB-Gutachten zur Möglichkeit der Normierung von Schutzbestimmungen für die dual Studierenden – n.v., 2015, 21; vgl. zudem Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 294 f. 955 Vgl. auch I. Natzel, NZA 2008, 567, 568.

§ 6 Rechtsstatus dual Studierender und Anwendbarkeit des BBiG

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Anwendung gelangen.956 Diese Erkenntnis deckt sich mit dem ausgeprägten Schutzbedürfnis dual Studierender. Wie bereits aufgezeigt ist der Missbrauch des eigentlich vorherrschenden Ausbildungszwecks nicht nur bei Praktika („Generation Praktikum“957), sondern auch bei der dualen Studienform virulent. Dual Studierende jeder Art befinden sich genauso in einem sozialen Abhängigkeits- bzw. Unterordnungsverhältnis und müssen demnach einen ähnlichen Schutz wie Auszubildende genießen, jedenfalls aber doch auf dem gleichen Schutzniveau wie Praktikanten oder Volontäre stehen. Dies wird erreicht über § 26 BBiG, der als maßgebliche Stellschraube die partielle Anwendbarkeit des BBiG anordnet958 und bekanntlich unter anderem auf § 10 Abs. 2 BBiG verweist, sodass wiederum die grundsätzliche Anwendbarkeit des Arbeitsrechts eröffnet ist. Die arbeitsrechtlichen Instrumente und Bestimmungen können den multiplen Missbrauchsgestaltungen effektiv Einhalt gebieten. So sind dual Studierende, die ihre geistigen und körperlichen Kräfte stets zu beanspruchen haben, beispielsweise vor Überanstrengung durch einschlägige Arbeitszeitvorschriften des ArbZG zu schützen – Ähnliches gilt etwa im Hinblick auf Urlaubsansprüche, um die Lern- und Arbeitsfähigkeit durch Erholung wiederherzustellen.959 Befürchtungen, wonach das duale Studium als Ausprägung eines lebendigen und vielfältigen Föderalismus „durch die vom bundesweiten Arbeitsrecht ausgehenden Vereinheitlichungstendenzen zutiefst gefährdet“ ist,960 können mit Blick auf die vorstehenden Untersuchungen ausdrücklich nicht bestätigt werden. Vielmehr trägt die Geltung weiter Teile des Arbeitsrechts dazu bei, die Rechtsverhältnisse von tausenden dual Studierenden verbindlich und rechtssicher zu regeln sowie missbräuchliche Streuungen zu reduzieren. In vielen Fällen dürfte sich dies auch im Interesse zahlreicher Kooperationsunternehmen bewegen, deren teilweise Zurückhaltung sich auch aus subjektiv vorherrschenden Rechtsunklarheiten etwa im Hinblick auf die diffizile Vertragsgestaltung speisen dürfte.961 Darüber hinaus besteht über die Grundsätze des Arbeitsrechts die Möglichkeit, die Qualität dualer Studienangebote langfristig zu sichern und sukzessive zu erhöhen – davon, dass eine

956 Auch eine analoge Anwendung ist – wie die Untersuchung gezeigt hat – nicht erforderlich, so aber AR-Blattei SD/Bauschke, 2007, 110.2 Rn. 98; Schade, Praktikumsrecht, 2011, 23. 957 Näher dazu bereits unter § 2 A. sowie unter § 5 B. II. 3. 958 Dass die partielle Anwendbarkeit des BBiG sachgerecht ist, wird bereits dadurch verdeutlicht, dass teils sogar einschlägige Landesrechtsbestimmungen umfassend auf das BBiG verweisen: So ordnet etwa § 2 Abs. 2 Nr. 2b SaarlBAkdG die entsprechende Geltung des BBiG für das betriebliche Rechtsverhältnis an, um das Vakuum in diesem Bereich zu füllen. 959 Für Auszubildende vgl. Glaß, Forschungsbericht, 1964, 11. 960 So Hufen, Rechtsgutachten zur Ausdehnung des BBiG auf die Praxisphasen dualer Studiengänge, 2019, 35. 961 Mit der partiellen Geltung des BBiG sind indes die erforderlichen Leitplanken auch auf dem Gebiet der Vertragsgestaltung gesetzt; eine nähere Auseinandersetzung mit der Thematik erfolgt unter § 8.

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2. Teil: Typologisierung, Differenzierung und rechtliche Einordnung

„arbeitsrechtlich geleitete Qualitätssicherung […] nur stören“962 würde, kann angesichts der zutage geförderten Erkenntnisse keine Rede sein. Vergegenwärtigt man sich, dass sich eine Regelungslücke in Anbetracht der unmittelbaren Anwendung von § 26 BBiG nicht feststellen lässt,963 bedarf es nach geltendem Recht auch keiner wie auch immer gearteten Erweiterung des BBiG für die praxisintegrierend dual Studierenden, da diese bei korrekter Rechtsanwendung bereits de lege lata weitestgehend unter den Schutzbereich des BBiG fallen. Ein Spurwechsel ist daher nicht in gesetzgeberischer,964 wohl aber in gesetzesanwenderischer Hinsicht geboten.

962 Hufen, Rechtsgutachten zur Ausdehnung des BBiG auf die Praxisphasen dualer Studiengänge, 2019, 39. 963 Insoweit ebenso ders., Rechtsgutachten zur Ausdehnung des BBiG auf die Praxisphasen dualer Studiengänge, 2019, 38 f. 964 So aber jüngst nachdrücklich Düwell, NZA 2021, 28, 30: „Es wird Zeit, dass der arbeitsrechtliche Gesetzgeber sich für diesen Bereich seiner Regelungsaufgabe stellt“.

Dritter Teil

Individual- und kollektivarbeitsrechtliches Schutzgeflecht für dual Studierende § 7 Allgemeine Rechtsfolgen der Statusfeststellung Nachdem der erste große Schritt mit der Statusfeststellung getan wurde, lassen sich nun darauf aufbauend die resultierenden Rechtsfolgen schärfer anvisieren. Dabei geht es zunächst lediglich darum, die von § 26 BBiG unmittelbar ins Spiel gebrachten Normen des BBiG für dual Studierende genauer in den Blick zu nehmen, bevor auszugsweise praktisch relevante Teilfragen des allgemeinen Arbeitsrechts, das bekanntermaßen über die „Generalverweisung“ des § 10 Abs. 2 BBiG zur Anwendung gelangt,1 besprochen werden. Die vorliegende Studie kann hierbei freilich nicht das Ziel verfolgen, sämtliche Arbeitnehmerschutzvorschriften auf deren Geltung für die heterogene Gruppe dual Studierender zu überprüfen. Vielmehr ist die hiesige Konzeption darauf ausgerichtet, die zentralen praktischen Problemfelder zu akzentuieren und dogmatisch fundierte Lösungen für die vielschichtigen Fragestellungen zu entwickeln.

A. Unmittelbare Rechtsfolgen nach dem BBiG Die unmittelbaren Rechtsfolgen für die praxisintegrierend dual Studierenden ergeben sich aus den Rechtssätzen, auf die § 26 BBiG explizit verweist; dies sind die §§ 10 – 16, 17 Abs. 1, 6 und 7 sowie die §§ 18 – 23 und § 25 BBiG. Eine exponierte Stellung soll dabei der in § 17 BBiG normierte Vergütungsanspruch einnehmen. Für die Teilnehmer der ausbildungsintegrierenden dualen Studiengänge, die sich in einem echten Berufsausbildungsverhältnis befinden, gelten die einschlägigen Vorschriften des BBiG hingegen ohne Hinzuziehung eines Verweises unmittelbar bis zum Abschluss ihrer jeweiligen Berufsausbildung.

1

Vgl. auch Wank, Methodenlehre, 2020, § 5 Rn. 306.

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3. Teil: Individual- und kollektivarbeitsrechtliches Schutzgeflecht

I. Vergütung in der Praxisphase Die Vergütungsfrage ist aus der Sicht dual Studierender naturgemäß von erheblicher Relevanz. So ist in diesem Zusammenhang beispielsweise auch ein besonderes Augenmerk auf deren Wohn- und Lebenssituation zu richten. Es kann etwa vorkommen, dass die Ausbildungsstätte und die Bildungseinrichtung geografisch beträchtlich voneinander entfernt liegen; gegebenenfalls erfordert dies für die dual Studierenden sogar die Notwendigkeit zweier Wohnsitze.2 Insbesondere bei dualen Spezial- bzw. Nischenstudiengängen sind Kandidaten darauf angewiesen, die Praxisstationen in einem Großunternehmen mit ausdifferenzierten Abteilungen zu absolvieren, die zumeist – anders als die dualen Bildungsinstitutionen – nicht oder jedenfalls doch selten in ländlicheren Regionen zu finden sind. Ohne finanzielle Unterstützung ist es den Betroffenen dann nicht möglich, das duale Studium aufzunehmen respektive erfolgreich abzuschließen. Gegenwärtig variiert die Höhe der von den Ausbildungsstätten ausgezahlten Vergütung je nach Branche, Region und Unternehmensgröße so stark, dass dual Studierende häufig auf Unterstützungsleistungen ihrer Eltern angewiesen sind oder ihre Kosten mithilfe eines Studienkredits bestreiten müssen.3 An empirischen Studien mit validen Durchschnittswerten, die zwischen den verschiedenen Formaten des dualen Studiums differenzieren, fehlt es bislang. Es lässt sich jedoch die Tendenz erkennen, dass nur ein sehr geringer Teil dual Studierender keine Vergütung erhält4 und die Spanne meist zwischen 600 E bis über 1.200 E netto pro Monat5 reicht. Die rechtlichen Grundlagen bedürfen an dieser Stelle daher einer genaueren Ausleuchtung. 1. Die Vergütungsregelung des § 17 BBiG Das BBiG hält mit § 17 eine Regelung bereit, die im Zuge der jüngsten Novellierung einigen Veränderungen unterlegen war. Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG muss der Ausbildende als Schuldner dem Auszubildenden als Gläubiger eine angemessene Vergütung gewähren. Seit dem 1. 1. 2020 sind die Absätze 2 – 5 neu hinzugekommen, die im Wesentlichen die Einzelheiten der eingeführten Mindestausbildungsvergütung regeln,6 die entwickelten Grundsätze zu § 17 Abs. 1 Satz 1 2

Sewerin, in: Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (Hrsg.), 20 Jahre Hochschule der Gesetzlichen Unfallversicherung, 2014, 201, 212; vgl. auch die Ergebnisse der Befragung CHE/ f-bb, Duales Studium: Umsetzungsmodelle und Entwicklungsbedarfe, 2022, 219. 3 Vgl. Krone, Stellungnahme für die Anhörung des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung, Ausschussdrs. 19(18)124e, 2019, 6; Nickel/Püttmann/Schulz, Trends im berufsbegleitenden und dualen Studium, 2018, 394 f. 4 Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Entwicklung des dualen Studiums, 2013, 34 f. 5 CHE/f-bb, Duales Studium: Umsetzungsmodelle und Entwicklungsbedarfe, 2022, 218. 6 § 17 Abs. 2 BBiG sieht vor, dass die Angemessenheit der Vergütung ausgeschlossen ist, wenn sie die dort festlegelegte monatliche Mindestvergütung unterschreitet. Für eine im Jahr 2020 begonnene Berufsausbildung ist im ersten Jahr des Ausbildungsverhältnisses eine Mindestvergütung von 515 E brutto pro Monat festgesetzt. Diese Mindestvergütung erhöht sich für

§ 7 Allgemeine Rechtsfolgen der Statusfeststellung

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BBiG aber bestehen lassen und als Konkretisierung7 der Angemessenheit zu verstehen sind. Die für dual Studierende im praxisintegrierenden Format entscheidende Norm des § 26 BBiG verweist indes lediglich auf die Absätze 1, 6 und 7 von § 17 BBiG, sodass für jene Studienteilnehmer mangels Vorliegens einer echten Berufsausbildung die Geltung der neu festgelegten Mindestgrenzen von vornherein ausscheidet.8 Anders verhält es sich bei der ausbildungsintegrierenden Variante, da diese dual Studierenden wiederum nicht in einem „anderen Vertragsverhältnis“ nach § 26 BBiG, sondern in einem echten Berufsausbildungsverhältnis zum Ausbildungsbetrieb stehen.9 Für sie gilt § 17 BBiG originär und vollumfänglich.10 Würde man die dual Studierenden der praxisintegrierenden Erscheinungsform nun weiterhin – anders als hier vertreten – nicht unter § 26 BBiG fassen,11 hätten sie von Gesetzes wegen keinerlei ausdrücklichen Vergütungsanspruch,12 sodass die Schere zwischen den beiden Programmen durch das nunmehr weiter erhöhte Schutzniveau des ausbildungsintegrierenden dualen Studiums noch größer würde. Es erscheint auch nach der jüngsten Novellierung vor dem Hintergrund der in den Praxisphasen geleisteten Arbeit sachgerecht, dass praxisintegrierend wie auch ausbildungsintegrierend dual Studierende einen Anspruch auf „angemessene Vergütung“ gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 (i. V. m. § 26 BBiG) haben,13 während den ausbildungsintegrierend dual Studierenden bis zum Berufsausbildungsabschluss zur Wahrung der Angemessenheit jedenfalls aber die in § 17 Abs. 2 – 4 BBiG statuierte Mindestausbildungsvergütung zusteht.14 in späteren Kalenderjahren begonnene Berufsausbildungen bis zum Jahr 2023 auf 620 E brutto. Ausgehend von der Mindestvergütung für das erste Jahr der Berufsausbildung steigt die Mindestvergütung für die weiteren Jahre der Berufsausbildung um die in § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 – 4 BBiG vorgesehenen Prozentsätze. § 17 Abs. 3 BBiG bestimmt, dass Tarifverträge niedrigere Mindestvergütungen enthalten können (Tariföffnungsklausel). Auch eine über der gesetzlichen Mindestvergütung liegende Ausbildungsvergütung gilt nach § 17 Abs. 4 BBiG in der Regel nicht als angemessen, wenn sie die Höhe der in einem Tarifvertrag geregelten Vergütung, in dessen Geltungsbereich das Ausbildungsverhältnis fällt, an den der Ausbildende aber nicht gebunden ist, um mehr als 20 % unterschreitet. 7 Vgl. auch Kleinebrink, DB 2020, 727, 727 f. 8 Der Gesetzgeber geht davon aus, dass eine Ausweitung der Mindestausbildungsvergütung auf Rechtsverhältnisse i. S. d. § 26 BBiG die Bereitschaft deutlich reduzieren könnte, derartige Ausbildungsformen anzubieten, was es angesichts der Fachkräftegewinnung und des Schutzes des betroffenen Personenkreises zu vermeiden gelte, vgl. BT-Drs. 19/10815, 59. 9 Siehe hierzu bereits unter § 6 B. II. 3. 10 Vgl. auch HK-BBiG/Maring, 2020, § 17 Rn. 3. 11 So etwa mit konkretem Bezug zu § 17 Abs. 1 BBiG Seeger, „Generation Praktikum“, 2012, 68. 12 In diesem Sinne Kleinebrink, ArbRB 2011, 58, 59 f.; MaSiG/Mroß, 2020, C.292 Dualer Studiengang Rn. 21; I. Natzel, NZA 2008, 567, 570; ders., BB 2011, 1589, 1592. 13 So in der Sache sogar auch Koch-Rust/Rosentreter, NZA 2013, 879, 880, die ansonsten von einer Nichtanwendbarkeit des § 26 BBiG ausgehen; a. A. Grimm/Freh, ArbRB 2015, 316, 317. 14 Vgl. auch HK-BBiG/Maring, 2020, § 17 Rn. 3.

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3. Teil: Individual- und kollektivarbeitsrechtliches Schutzgeflecht

a) „Angemessenheit“ als unbestimmter Rechtsbegriff Die Grundsätze der Rechtsprechung zur Angemessenheit der Vergütung nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG können mittlerweile durchaus als gefestigt angesehen werden und bedürfen daher nur einer komprimierten Darstellung. So erfolgt im Allgemeinen eine Orientierung an den tarifvertraglich festgelegten Ausbildungsvergütungen oder es werden als unverbindliche Richtsätze die in verwandten Berufen gewährten Vergütungen oder die örtliche Praxis herangezogen. § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG kennzeichnet sich ohnehin grundsätzlich durch seinen Rahmencharakter, denn vorrangig sollen die Parteien des jeweiligen Ausbildungsverhältnisses oder die Tarifvertragsparteien die Höhe der Vergütung eigenverantwortlich festlegen, sofern nicht bei Tarifbindung beider Parteien oder bei Allgemeinverbindlichkeit die tariflichen Sätze maßgebend sind.15 Durch die Einführung der Mindestausbildungsvergütung verliert § 17 BBiG bei einer Gesamtbetrachtung zwar zum Teil den Charakter als Rahmenvorschrift, da nunmehr absolute Mindeststandards bei der Vergütung Auszubildender statuiert wurden,16 jedoch bleibt der Charakter insoweit bestehen, als er für § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG weiterhin gilt. Für praxisintegrierende duale Studiengänge, bei denen die Mindestausbildungsvergütung wegen des klaren Wortlauts des § 26 BBiG keine Rolle spielt, bleibt der Rahmencharakter folglich bestehen. Die Vergütungspflicht nach § 17 BBiG ist lediglich als Nebenpflicht des Ausbildenden ausgestaltet, denn sie steht in Abgrenzung zum Arbeitsverhältnis gerade nicht in einem Austauschverhältnis mit dem Produktionsinteresse des Ausbildenden.17 Zu beachten ist ferner, dass die Vorgaben des § 17 BBiG gemäß § 25 BBiG zwingend und unabdingbar sind und dass die Höhe der Vergütung nach § 11 Abs. 2 Nr. 6 BBiG in die Vertragsniederschrift des Ausbildungsvertrages aufzunehmen ist. Hinter § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG steht zum einen der übergeordnete rechtspolitische Gedanke, dass die Heranbildung eines ausreichenden Nachwuchses an qualifizierten Fachkräften fortwährend gewährleistet sein soll; flankiert wird diese Funktion zum anderen von dem Zweck, dem Auszubildenden bzw. dessen Eltern eine finanzielle Stütze zur Durchführung des Bildungsprozesses zu bieten sowie drittens auch die Leistungen der Nachwuchskraft zu entlohnen.18 Trotz fehlender Gleichsetzung mit 15

BT-Drs. V/4260, 9; C. S. Hergenröder, in: Benecke/C. S. Hergenröder (Hrsg.), BBiG, 2021, § 17 Rn. 2; Baumstümmler/Schulien, Berufsbildungsrecht, 2022, § 17 Rn. 23; Lakies, in: Lakies/Malottke (Hrsg.), BBiG, 2021, § 17 Rn. 3; Litterscheid, NZA 2006, 639, 640; Taubert, BBiG, 2021, § 17 Rn. 2. 16 Vgl. Lakies, BBiG, 2020, § 17 Rn. 4; ders., in: Lakies/Malottke (Hrsg.), BBiG, 2021, § 17 Rn. 3 f.: „absolute Mindestgrenze“. 17 BAG, Beschl. v. 10. 2. 1981 – 6 ABR 86/78, AP BetrVG 1972 § 5 Nr. 25, unter II./III. 3. c) bb); C. S. Hergenröder, in: Benecke/C. S. Hergenröder (Hrsg.), BBiG, 2021, § 17 Rn. 3; B. Natzel, DB 1992, 1521, 1524; Opolony, BB 2000, 510, 511; ErfK/Schlachter, 2022, § 17 BBiG Rn. 1; MünchHdbArbR/Schneider, 2021, § 147 Rn. 44. 18 BT-Drs. V/4260, 9; sowie ständige Rechtsprechung, vgl. BAG, Urt. v. 11. 10. 1995 – 5 AZR 258/94, NZA 1996, 698, unter II. 1.; BAG, Urt. v. 30. 9. 1998 – 5 AZR 690/97, NZA 1999, 265, unter II. 1.; BAG, Urt. v. 15. 12. 2005 – 6 AZR 224/05, AP BBiG § 10 Nr. 15, unter 1.; BAG, Urt. v. 22. 1. 2008 – 9 AZR 999/06, NZA-RR 2008, 565, Rn. 31; BAG, Urt. v. 19. 2. 2008 –

§ 7 Allgemeine Rechtsfolgen der Statusfeststellung

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Lohn oder Gehalt – schließlich steht die Arbeitsleistung bei Ausbildungsverhältnissen keinesfalls im Vordergrund – ist der Vergütung i. S. d. § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG doch ein gewisser, wenngleich nicht reiner Entgeltcharakter beizumessen.19 Die Angemessenheit des nach Maßgabe des § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG zu zahlenden Unterhaltsbeitrags ist als unbestimmter Rechtsbegriff durch Auslegung zu bestimmen; die Vorschrift selbst setzt keinen konkreten Maßstab fest. Vorab hat man sich zu vergegenwärtigen, dass eine richterliche Überprüfung der Angemessenheit des Arbeitsentgelts nur dann zu erfolgen hat, wenn dies durch das Gesetz – wie etwa durch die Ermächtigung in § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG – ausdrücklich gestattet ist.20 Abstrakt formuliert kann die Angemessenheit etwa dann anzunehmen sein, wenn die Vergütung einen verhältnismäßigen Ausgleich zwischen den Aufwendungen beider Parteien für die Durchführung des Ausbildungsverhältnisses herstellt.21 Nach der ständigen Rechtsprechung ist die Vergütung aus der Sicht des Auszubildenden angemessen, wenn sie hilft, die Lebenshaltungskosten zu bestreiten und zudem eine Mindestentlohnung für die zu erbringenden Leistungen darstellt.22 Um die praktische Handhabung sicherzustellen, mussten ein Vergleichsmaßstab sowie eine prozentuale Untergrenze fixiert werden. Die Vermutung der Angemessenheit trägt eine Vergütung inne, die einem einschlägigen und für den Ausbildenden geltenden Tarifvertrag entspricht, denn dadurch, dass eine Aushandlung durch die Tarifvertragsparteien stattgefunden hat, ist gemeinhin anzunehmen, dass die beiderseitigen Interessen ausreichend berücksichtigt wurden.23 Dies wird durch die Festsetzung des Tarif9 AZR 1091/06, NZA 2008, 828, Rn. 18; BAG, Urt. v. 16. 7. 2013 – 9 AZR 784/11, NZA 2013, 1202, Rn. 12; BAG, Urt. v. 17. 3. 2015 – 9 AZR 732/13, AP BBiG § 17 Nr. 11, Rn. 13; BAG, Urt. v. 29. 4. 2015 – 9 AZR 108/14, NZA 2015, 1384, Rn. 15; BAG, Urt. v. 16. 5. 2017 – 9 AZR 377/16, NZA 2017, 1129, Rn. 16; die drei Funktionen lassen sich also unter die Begriffe Nachwuchssicherungsfunktion, Unterhaltsfunktion sowie Entgeltfunktion fassen, vgl. Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 421. 19 BAG, Urt. v. 8. 12. 1982 – 5 AZR 474/80, NJW 1983, 1629, unter II. 6. a); Andelewski, DStR 2008, 2114, 2118; C. S. Hergenröder, in: Benecke/C. S. Hergenröder (Hrsg.), BBiG, 2021, § 17 Rn. 6; Opolony, BB 2000, 510, 511; Taubert, BBiG, 2021, § 17 Rn. 7; ausführlich Schnelle, Volontäre und Praktikanten, 2010, 264 ff.; a. A. B. Natzel, DB 1992, 1521, 1524 f., der die Ausbildungsvergütung allein als Beitrag zu den Kosten der Berufsausbildung versteht und in ihr keinen Entgeltcharakter erblickt. 20 Siehe dazu Stütze, Die Kontrolle der Entgelthöhe im Arbeitsrecht, 2010, 211 f. 21 ErfK/Schlachter, 2020, § 17 BBiG Rn. 3 (20. Aufl.); nunmehr zur Mindestausbildungsvergütung ErfK/dies., 2022, § 17 BBiG Rn. 3 (22. Aufl.). 22 BAG, Urt. v. 8. 12. 1982 – 5 AZR 474/80, NJW 1983, 1629, unter II. 6. a); BAG, Urt. v. 10. 4. 1991 – 5 AZR 226/90, NZA 1991, 773, unter II. 2.; BAG, Urt. v. 11. 10. 1995 – 5 AZR 258/ 94, NZA 1996, 698, unter II. 1.; BAG, Urt. v. 30. 9. 1998 – 5 AZR 690/97, NZA 1999, 265, unter II. 1.; BAG, Urt. v. 24. 10. 2002 – 6 AZR 626/00, NZA 2003, 1203, unter III. 1.; BAG, Urt. v. 8. 5. 2003 – 6 AZR 191/02, NZA 2003, 1343, unter II. 1.; BAG, Urt. v. 15. 12. 2005 – 6 AZR 224/ 05, AP BBiG § 10 Nr. 15, unter 1. 23 Siehe nur aus neuerer Zeit BAG, Urt. v. 22. 1. 2008 – 9 AZR 999/06, NZA-RR 2008, 565, Rn. 34; BAG, Urt. v. 16. 7. 2013 – 9 AZR 784/11, NZA 2013, 1202, Rn. 13; BAG, Urt. v. 17. 3. 2015 – 9 AZR 732/13, AP BBiG § 17 Nr. 11, Rn. 14; BAG, Urt. v. 29. 4. 2015 – 9 AZR 108/14, NZA 2015, 1384, Rn. 20; BAG, Urt. v. 16. 5. 2017 – 9 AZR 377/16, NZA 2017, 1129, Rn. 17;

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3. Teil: Individual- und kollektivarbeitsrechtliches Schutzgeflecht

vorrangs in § 17 Abs. 3 BBiG bestätigt;24 die Tarifbindung des Ausbildenden nach § 3 Abs. 1 TVG ist hierfür ausreichend, aber auch erforderlich.25 Eine vertraglich vereinbarte Ausbildungsvergütung ist hingegen regelmäßig dann unangemessen, wenn sie die in einem für den Ausbildungsbetrieb einschlägigen Tarifvertrag geregelte Ausbildungsvergütung, an den der Ausbildende aber nicht gebunden ist,26 um mehr als 20 % unterschreitet27 – § 17 Abs. 4 BBiG positiviert diese ständige Rechtsprechung des BAG nunmehr ausdrücklich in Gesetzesrecht.28 Diese explizit für Auszubildende entwickelten Regeln sind historisch gewachsen und wurden nunmehr durch die Normierung der Mindestausbildungsvergütung nach unten abgesichert. Mit Blick auf die umfassende Kasuistik wird klar, dass der Maßstab der Angemessenheit dem der guten Sitten vorgelagert ist.29 b) Angemessene Vergütung für dual Studierende Der Geltungsbereich des § 17 BBiG erstreckt sich auf diejenigen Ausbildungsverhältnisse, die dem BBiG unterfallen, die also nicht etwa durch § 3 Abs. 2 BBiG vom Anwendungsbereich des BBiG ausgenommen sind.30 Nach der hier vertretenen Auffassung gilt der Vergütungsanspruch aus § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG über § 26 BBiG auch für dual Studierende im praxisintegrierenden Format, ohne dass diese von der Bereichsausnahme des § 3 Abs. 2 BBiG erfasst würden,31 sodass folgegemäß

mit beachtlichen Argumenten kritisch im Hinblick auf die Heranziehung von Tarifverträgen zur Bestimmung der angemessenen Entgelthöhe Stütze, Die Kontrolle der Entgelthöhe im Arbeitsrecht, 2010, 214, der die tarifliche Vergütung nur dann als Vergleichsmaßstab anerkennen will, wenn sie zugleich die marktübliche Vergütung darstellt. 24 Auf diese Weise soll es Tarifvertragsparteien ermöglicht sein, die Ausbildungsvergütungen schrittweise an die Mindestausbildungsvergütung anzupassen, vgl. BT-Drs. 19/10815, 58. 25 Hintergrund dessen ist freilich der Wille, mehr Tarifbindung zu erzeugen, siehe Malottke, ZRP 2019, 142, 143; HK-BBiG/Maring, 2020, § 17 Rn. 17. Gründsätzlich findet ein Tarifvertrag nach § 3 Abs. 1 TVG nur Anwendung, wenn beide Parteien des Ausbildungsvertrages an diesen normativ gebunden sind; vgl. hierzu auch Lakies, BBiG, 2020, § 17 Rn. 58 f. 26 § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG begründet keine Pflicht, die einschlägige tarifliche Ausbildungsvergütung zu vereinbaren, vgl. BAG, Urt. v. 29. 4. 2015 – 9 AZR 108/14, NZA 2015, 1384, Rn. 22. 27 BAG, Urt. v. 10. 4. 1991 – 5 AZR 226/90, NZA 1991, 773, unter II. 4. b); BAG, Urt. v. 25. 7. 2002 – 6 AZR 381/00, AP BBiG § 5 Nr. 9, unter I. 1.; BAG, Urt. v. 8. 5. 2003 – 6 AZR 191/ 02, NZA 2003, 1343, unter II. 2.; BAG, Urt. v. 19. 2. 2008 – 9 AZR 1091/06, NZA 2008, 828, Rn. 21, 34, 39; BAG, Urt. v. 23. 8. 2011 – 3 AZR 575/09, NZA 2012, 211, Rn. 41; BAG, Urt. v. 29. 4. 2015 – 9 AZR 108/14, NZA 2015, 1384, Rn. 20; zuletzt BAG, Urt. v. 16. 5. 2017 – 9 AZR 377/16, NZA 2017, 1129, Rn. 18. 28 Siehe auch BT-Drs. 19/10815, 58. 29 Stütze, Die Kontrolle der Entgelthöhe im Arbeitsrecht, 2010, 214. 30 C. S. Hergenröder, in: Benecke/C. S. Hergenröder (Hrsg.), BBiG, 2021, § 17 Rn. 3. 31 Siehe dazu bereits unter § 6 B. III. 3.

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sämtliche für Auszubildende, Praktikanten32 und Volontäre aufgestellten Vergütungsgrundsätze auch für jene Gruppe dual Studierender zu gelten haben, sofern diese mit den Eigenheiten des dualen Studienkonzepts konformgehen. So kann den ungebührlichen Unterschieden in der Bezahlung von dual Studierenden je nach Branche, Region oder Erscheinungsform durch die Gewährung einer verkehrsüblichen Vergütung Einhalt geboten werden. Die Kooperationsunternehmen haben die in ihrem Betrieb tätigen dual Studierenden unabhängig von der Erscheinungsform des dualen Studiums zu alimentieren. Während jedoch bei Auszubildenden die tarifliche Ausbildungsvergütung auch für diejenigen Auszubildenden, für die der Tarifvertrag selbst nicht gilt, als angemessen angesehen wird, muss bei dual Studierenden konstatiert werden, dass es einen ähnlichen Vergleichs- oder Bezugsmaßstab mit einer Vermutungswirkung hinsichtlich der Angemessenheit mangels flächendeckender Tarifverträge für diese spezielle Ausbildungsform33 (noch) nicht gibt.34 Für die Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs der „Angemessenheit“ muss daher auf andere Variablen zurückgegriffen werden, auch wenn eine Orientierung an in fachlicher, räumlicher und gewerblicher Hinsicht verwandte Tarifverträge35 nicht per se zu versagen ist. Von einer pauschalen Übertragung der Vergütungsgrundsätze für Auszubildende auf dual Studierende kann vor dem Hintergrund der beschriebenen strukturellen Unterschiede der beiden verzweigten Bildungsformate indes jedenfalls nicht undifferenziert ausgegangen werden. Gleichwohl kann die Auszubildendenvergütung ein wichtiger Anhaltspunkt für die Vergütung dual Studierender sein – insbesondere dann, wenn die betriebliche Tätigkeit der dual Studierenden mit der der Auszubildenden im konkreten Einzelfall bei wertender Betrachtung vergleichbar ist.36 Trotz des qualitativen Unterschieds zwischen dualer Berufsausbildung und dualem Studium tritt die Gemeinsamkeit des umfangreichen betriebspraktischen Einsatzes, eingebettet in ein Konstrukt der Erstausbildung, hervor. Um die Kooperationsbetriebe als maßgeblichen Akteur dualer Studiengänge nicht mit zu hohen Anforderungen zu verprellen und ihnen einen gewissen Gestaltungsspielraum zu gewähren, sollte die branchenmäßige und regional übliche Auszubildendenvergütung für dual Studierende zur Wahrung der Angemessenheit in der Regel um nicht mehr als 20 % unterschritten 32

Siehe hierzu dies., in: Benecke/C. S. Hergenröder (Hrsg.), BBiG, 2021, § 17 Rn. 42 ff.; Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 422; Schnelle, Volontäre und Praktikanten, 2010, 273 ff. 33 Ähnlich ist die Situation bei Praktikanten und Volontären, vgl. Orlowski, Praktikantenund Volontärverträge, 2014, 426 ff. 34 Zu Tarifverträgen für dual Studierende siehe noch unter § 9 A. 35 So für die duale Berufsausbildung in dem Fall, dass ein einschlägiger Tarifvertrag fehlt Andelewski, Staatliche Mindestarbeitsbedingungen, 2001, 193: Auch ein derartig verwandter Tarifvertrag böte eine gewisse Gewähr für eine angemessene Vergütungsregelung; vgl. auch ders., DStR 2008, 2114, 2118. 36 Für Praktikanten und Volontäre vgl. Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 428.

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3. Teil: Individual- und kollektivarbeitsrechtliches Schutzgeflecht

werden.37 Diese Prozentgrenze hat sich in der hiesigen Gesamtsystematik bezugswertübergreifend etabliert38 (vgl. auch die nicht direkt anwendbare Vorschrift des § 17 Abs. 4 BBiG) und ist trotz fehlender rationaler Begründbarkeit39 erforderlich, um den Begriff der Angemessenheit im Sinne der Rechtsklarheit handhabbar zu machen.40 Ausnahmen wären allenfalls dann denkbar, wenn sich die Betriebsseite etwa bereiterklärt, die Studienbeiträge zu übernehmen, Zuschüsse für Lernmaterial und Fahrtkosten leistet, besondere Incentives anbietet oder andersartige Kompensationen als Zusatzleistungen tätigt. Demnach ist im Grundsatz auf die brachenüblichen Sätze oder auf eine Vergütung abzustellen, die sich an der Verkehrsauffassung des entsprechenden Industriezweigs orientiert, sofern kein spezieller Tarifvertrag, der dual Studierende ausdrücklich erfasst,41 vorliegt. Zieht man zudem kumulativ in fachlicher, räumlicher und gewerblicher Hinsicht verwandte Tarifverträge für Auszubildende, die das zu beurteilende ausbildungsähnliche Rechtsverhältnis der dual Studierenden freilich nicht in concreto normieren, als Orientierungswert heran, muss auch die Zulässigkeit stärkerer Abweichungen bei atypischen Konstellationen unter Umständen in Betracht gezogen werden. In diesem grob abgesteckten Rahmen, in dem die jeweiligen Umstände des Einzelfalls stets umfassend zu berücksichtigen sind, kann die Vergütung für dual Studierende einen verhältnismäßigen Ausgleich zwischen den Aufwendungen beider Parteien für die Durchführung des dualen Studiums darstellen. Eine exakte Bemessung der Vergütungshöhe lässt sich angesichts der feinteiligen Unterschiede innerhalb der heterogenen Gruppe dual Studierender je nach Fachbereich oder Region nicht allgemeingültig vornehmen, sodass eine einzelfallgerechte, wertende Gesamtschau unter Zugrundelegung der verschiedenen Funktionen der Vergütungsregelung des § 17 Abs. 1 BBiG unumgänglich erscheint. Ist die vereinbarte Vergütung unangemessen, folgt nach der allgemeinen Vorschrift des § 134 BGB die Nichtigkeit dieser Vereinbarung, sodass an deren Stelle

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Vgl. für ein unter § 26 BBiG fallendes Praktikum, bei dem ebenfalls einschlägige tarifliche Regelungen als Anhaltspunkt für die Ermittlung der Angemessenheit fehlten BAG, Urt. v. 12. 4. 2016 – 9 AZR 744/14, AP BBiG § 17 Nr. 14, Rn. 14 ff.: Hier wurde auch herausgestellt, dass auf branchenübliche Sätze abgestellt, eine der Verkehrsauffassung des betreffenden Gewerbezweigs entsprechende Vergütung zugrunde gelegt und auf Empfehlungen der Kammern und Innungen zurückgegriffen werden kann; ein Anhaltspunkt können zudem Tarifverträge sein, die räumlich oder zeitlich nicht einschlägig sind; vgl. auch zuvor BAG, Urt. v. 29. 4. 2015 – 9 AZR 108/14, NZA 2015, 1384, Rn. 30 ff. 38 Tendenziell in diese Richtung auch Lakies, in: Lakies/Malottke (Hrsg.), BBiG, 2021, § 17 Rn. 29 f. 39 In diesem Sinne kritisch B. Natzel, DB 1992, 1521, 1525; dem folgend Andelewski, Staatliche Mindestarbeitsbedingungen, 2001, 193. 40 Vgl. Opolony, BB 2000, 510, 512; Schnelle, Volontäre und Praktikanten, 2010, 287 ff. 41 Die Frage, ob überhaupt eine tarifliche Regelungsbefugnis für dual Studierende besteht, wird an späterer Stelle ausführlich untersucht, vgl. hierzu unter § 9 A. II.

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eine angemessene Vergütungsregelung tritt.42 Im Übrigen bleibt der Vertrag wirksam; § 139 BGB gelangt aufgrund des Schutzzwecks des § 17 BBiG nicht zur Anwendung.43 Zu beachten ist aber freilich, dass sich die gerichtliche Kontrolle aufgrund des den Vertragsparteien verbleibenden Gestaltungsspielraums nur auf die Frage erstrecken kann, ob die vereinbarte Vergütung die Mindesthöhe erreicht, die noch als angemessen zu qualifizieren ist.44 Zudem gilt es, § 17 Abs. 1 Satz 2 BBiG nicht außer Acht zu lassen, der für die fortschreitenden Berufsausbildungsmaßnahmen den mindestens jährlich vorzunehmenden Anstieg der Vergütung und damit eine Dynamisierung des Anspruchs bestimmt.45 Damit steht fest, dass die Vergütungsvorschrift des § 17 Abs. 1 BBiG zwar einen nur vagen, aber durchaus flexiblen Rahmen schafft, auf den sich nicht nur Auszubildende und ausbildungsintegrierend dual Studierende, sondern über die Verweisung des § 26 BBiG auch dual Studierende des praxisintegrierenden Konzepts berufen können. Die Bemessung und die Fälligkeit der Vergütung haben sich nach dem vollumfänglich zur Anwendung gelangenden § 18 BBiG zu richten, die Fortzahlung der Vergütung etwa für Freistellungszeiten (vgl. § 15 BBiG) ist unter den Voraussetzungen des § 19 BBiG gesichert. 2. Ausschluss des Mindestlohns Fernerhin gilt es der Frage nachzuspüren, ob (auch)46 das Mindestlohngesetz unmittelbare Auswirkungen in Form von Vergütungsuntergrenzen für dual Studierende bereithält. Das Regelungssystem der Ausnahmen47 vom persönlichen Anwendungsbereich in § 22 MiLoG ist – wie bereits festgestellt wurde48 – diffiziler Natur.49 Mithilfe der bereits festgehaltenen (Zwischen-)Ergebnisse kann nun aber zielsicherer auf die entscheidenden Lösungsansätze zugesteuert werden. 42 Vgl. für die klassische Berufsausbildung BAG, Urt. v. 10. 4. 1991 – 5 AZR 226/90, NZA 1991, 773, unter II. 4. c); BAG, Urt. v. 16. 7. 2013 – 9 AZR 784/11, NZA 2013, 1202, Rn. 19; Lakies, in: Lakies/Malottke (Hrsg.), BBiG, 2021, § 17 Rn. 38; Litterscheid, NZA 2006, 639, 642; Taubert, BBiG, 2021, § 17 Rn. 56. 43 Andelewski, DStR 2008, 2114, 2119; Stütze, Die Kontrolle der Entgelthöhe im Arbeitsrecht, 2010, 215. 44 Siehe nur BAG, Urt. v. 16. 5. 2017 – 9 AZR 377/16, NZA 2017, 1129, Rn. 13. 45 Das Lebensalter, das bisher zur Bestimmung der Angemessenheit der Vergütung nach § 17 Abs. 1 Satz 2 BBiG a. F. noch mit heranzuziehen war, spielt seit der jüngsten Novellierung keine Rolle mehr. 46 Die vorstehende Untersuchung hat gezeigt, dass es für ausbildungsintegrierend dual Studierende eine konkret normierte Vergütungsuntergrenze in Gestalt der Mindestausbildungsvergütung (vgl. § 17 Abs. 2 BBiG) gibt, für Studierende in der praxisintegrierenden Form hingegen nicht. 47 Um die Ausnahmen vom persönlichen Geltungsbereich des MiLoG gab es im Gesetzgebungsverfahren Streit, vgl. dazu nur zusammenfassend Däubler, NJW 2014, 1924, 1925. 48 Siehe dazu oben unter § 6 B. III. 1. a) bb) (3). 49 Vgl. etwa auch Greiner, NZA 2016, 594, 597: „anspruchsvolle neue Spielfelder für Wissenschaft und Praxis“; verfassungsrechtliche Bedenken bestehen für die Ausnahmerege-

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3. Teil: Individual- und kollektivarbeitsrechtliches Schutzgeflecht

a) Ausbildungsintegrierende Form als Mindestlohnausnahme des § 22 Abs. 3 MiLoG Für Auszubildende, denen die ausbildungsintegrierend dual Studierenden in den Praxisphasen weitgehend gleichgestellt sind, kommt die Ausnahmevorschrift des § 22 Abs. 3 MiLoG zum Tragen, die die „zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten“ vom allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn ausnimmt. Dadurch, dass Auszubildende50 – wie auch dual Studierende51 – ohnehin in keinem Arbeitsverhältnis zum betrieblichen Akteur stehen und der Mindestlohn gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 MiLoG nur für Arbeitnehmer gilt, kann die Norm des § 22 Abs. 3 MiLoG allein deklaratorischer Natur sein.52 Sie lässt ausgehend von ihrem Wortlaut („zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte“)53 und ihrem systematischen Zusammenhang aber doch folgenden Schluss zu: Je näher das äußere Gepräge einer wie auch immer gearteten Tätigkeit der Berufsausbildung kommt, desto eher wird auch eine Ausnahme von der Mindestlohnzahlungspflicht in Betracht zu ziehen sein.54 Die Ausnahmevorschrift erfasst daher nicht nur Auszubildende an sich, sondern auch die Teilnehmer eng verwandter Konzeptionen. Dual Studierende in der ausbildungsintegrierenden Form, die neben dem Studienabschluss auch einen Ausbildungsabschluss in einem nach § 4 BBiG anerkannten Ausbildungsberuf erwerben, stehen zur Ausbildungsstätte trotz der Einbettung in die Studienbeziehung in einem echten Berufsausbildungsverhältnis, sodass sie für diese Zeit wegen § 22 Abs. 3 MiLoG keinen Anspruch auf den allgemeinen Mindestlohn haben.55 In den Theoriephasen wird schon mangels Arbeitsleistung keine Mindestlohnzahlungspflicht begründet.56

lungen indes nicht, vgl. Fischer-Lescano/Preis/Ulber, Verfassungsmäßigkeit des Mindestlohns, 2015, 193 f.; Helmrich, in: Arnold/Fischinger (Hrsg.), Mindestlohn, 2019, 1, 38 f. 50 Zur Diskussion siehe bereits unter § 5 A. I. 51 Hierzu siehe wiederum unter § 6 B. I. 52 Vgl. Arnold, in: Arnold/Fischinger (Hrsg.), Mindestlohn, 2019, 67, 71; Bayreuther, NZA 2014, 865, 872; ErfK/Franzen, 2022, § 22 MiLoG Rn. 2; BeckOK ArbR/Greiner, 2022, § 22 MiLoG Rn. 53; Jöris/v. Steinau-Steinrück, BB 2014, 2101; MünchHdbArbR/Krause, 2021, § 61 Rn. 8; Picker/Sausmikat, NZA 2014, 942, 944; Pötters, in: Thüsing (Hrsg.), MiLoG AEntG, 2016, § 22 MiLoG Rn. 46; HK-MiLoG/J. Schubert/Jerchel, 2017, § 22 Rn. 4; HWK/ Sittard, 2022, § 22 MiLoG Rn. 26. 53 Zum Terminus siehe noch unter § 7 B. I. 54 Ulber, AuR 2014, 404. 55 Bayreuther, NZA 2014, 865, 871; BeckOK ArbR/Greiner, 2022, § 22 MiLoG Rn. 25; Lakies, MiLoG, 2021, § 22 Rn. 14; Riechert/Nimmerjahn, MiLoG, 2017, § 22 Rn. 73; v. Stechow, in: Salamon (Hrsg.), Entgeltgestaltung, 2019, Kapitel C Rn. 162; insoweit auch Picker/ Sausmikat, NZA 2014, 942, 947; Ulber, in: Fütterer (Hrsg.), Arbeitsrecht – für wen und wofür?, 2015, 159, 167. 56 V. Stechow, in: Salamon (Hrsg.), Entgeltgestaltung, 2019, Kapitel C Rn. 162.

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b) Praxisintegrierende Form außerhalb vom Anwendungsbereich des MiLoG Praxisintegrierend dual Studierende fallen indes mangels Vorliegens eines Berufsausbildungsverhältnisses57 nicht unmittelbar unter die Ausnahmeregelung des § 22 Abs. 3 MiLoG.58 Sie könnten stattdessen als Praktikanten, deren Arbeitnehmerstellung speziell für das Mindestlohngesetz grundsätzlich durch § 22 Abs. 1 Satz 2 MiLoG fingiert wird, für den allgemeinen Mindestlohn in Betracht kommen. Unabhängig von den zahlreichen durch § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 – 4 MiLoG normierten Ausnahmen können dual Studierende jedoch schon nicht unter die Praktikantenlegaldefinition gefasst werden. Im Rahmen der Abgrenzung der dualen Studienprogramme von Praktikantenverhältnissen konnte bereits festgehalten werden, dass das in § 22 Abs. 1 Satz 3 MiLoG verankerte Merkmal der „begrenzten“ Dauer auf maximal ein Jahr zu taxieren ist, dual Studierende demgegenüber bei einer Gesamtdauer dualer Studiengänge von mindestens drei Jahren geringstenfalls eineinhalb Jahre im Betrieb verbringen und somit aus der Legaldefinition herausfallen.59 Praxisintegrierend dual Studierende sind damit eher mit Auszubildenden, für die bekanntlich der Ausschluss des § 22 Abs. 3 MiLoG gilt, als mit Praktikanten vergleichbar. Ließe man es gleichwohl ungeachtet dessen auf die Ausnahmen ankommen, wäre eine vertiefte Auseinandersetzung mit § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 MiLoG angezeigt, wonach diejenigen Praktikanten nicht vom persönlichen Anwendungsbereich des Gesetzes umfasst sind, die ein Praktikum verpflichtend aufgrund einer schulrechtlichen Bestimmung, einer Ausbildungsordnung, einer hochschulrechtlichen Bestimmung oder im Rahmen einer Ausbildung an einer gesetzlich geregelten Berufsakademie leisten. Praxisintegrierende duale Studiengänge an Berufsakademien wären demnach ausdrücklich vom gesetzlichen Geltungsbereich ausgenommen. Bei praxisintegrierenden dualen Studiengängen an (Fach-)Hochschulen käme es wiederum darauf an, ob die dual Studierenden die Praxisphase verpflichtend aufgrund einer „hochschulrechtlichen Bestimmung“ ableisten.60 Die Gesetzesbegründung stellt insoweit klar, dass dieser Begriff umfassend zu verstehen ist61 und dass dual Studierende – ohne dabei zwischen den verschiedenen Erschei57

Siehe oben unter § 6 B. II. 1. A. A. Koch-Rust/Kolb/Rosentreter, NZA 2015, 402, 404 ff., die den Begriff der „zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten“ i. S. d. § 22 Abs. 3 MiLoG weit auslegen; dafür besteht im hiesigen Kontext jedoch kein Bedürfnis, weil die praxisintegrierend dual Studierenden schon aus anderen Gründen nicht mindestlohnberechtigt sind, vgl. dazu im Folgenden. Gegen eine weite Auslegung spricht zudem entscheidend der Ausnahmecharakter der Vorschrift, der ein enges Verständnis gebietet; im Ergebnis so wie hier Riechert/Nimmerjahn, MiLoG, 2017, § 22 Rn. 146. 59 Oben aufbereitet unter § 5 B. II. 2. b). 60 Offenlassend noch Bayreuther, NZA 2014, 865, 871. 61 Dies ergibt sich schon aus der Wendung „Bestimmung“, wodurch herausgestellt wird, dass keine Regelung im Rahmen eines Gesetzes im materiell-rechtlichen Sinne erforderlich ist, vgl. Pötters, in: Thüsing (Hrsg.), MiLoG AEntG, 2016, § 22 MiLoG Rn. 20: Daher genügen auch Praxisphasen im Rahmen von Kooperationsverträgen zwischen Bildungseinrichtungen 58

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nungsformen zu differenzieren – vom Anwendungsbereich des Mindeslohns ausgenommen sind.62 Dieser gesetzgeberische Wille deckt sich jedenfalls im Ergebnis mit der hier vertretenen Annahme: Dual Studierende können schon wegen des Eingangssatzes von § 22 Abs. 1 Satz 2 MiLoG, also wegen ihres fehlenden Praktikantenstatus, keinen Mindestlohn beanspruchen. Auf die Nummern 1 – 4 der Norm kommt es daher nicht an, sie können allenfalls hilfsweise herangezogen werden. c) Konklusion Somit kann resümiert werden, dass weder ausbildungsintegrierend noch praxisintegrierend dual Studierende dem allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn unterliegen. Selbiges muss in Anbetracht der fehlenden Arbeitnehmerstellung auch für die dual Studierenden der berufsintegrierenden Variante gelten. Der Ausschluss sämtlicher dualer Studienprogramme aus dem Mindestlohnbereich beruht damit lediglich auf unterschiedlichen gesetzlichen Anknüpfungspunkten.63 Die Teilnehmer der hier ausgeklammerten, nicht unter den Begriff des „dualen Studiums“ zu fassenden Formate,64 bei denen die theoretische und praktische Wissensvermittlung nur zeitlich parallel „begleitend“, aber nicht inhaltlich verzahnt stattfindet, könnten demgegenüber als Arbeitnehmer i. S. d. § 22 Abs. 1 Satz 1 MiLoG mindestlohnberechtigt sein.65 Freilich ist der allgemeine Mindestlohn auch zu zahlen, sobald dual Studierende – etwa missbräuchlich – realiter in einem („verschleierten“) Arbeitsverhältnis unter nachrangigem Ausbildungszweck beschäftigt werden;66 dann ist der persönliche Anwendungsbereich trotz äußerlicher Firmierung als duales Studium bereits nach § 1 Abs. 1 MiLoG eröffnet.67 Insoweit geht es um die richtige statusrechtliche Abgrenzung zum Arbeitsverhältnis im Sinne einer Missbrauchskontrolle.68 und Betrieben; ErfK/Franzen, 2022, § 22 MiLoG Rn. 10; BeckOK ArbR/Greiner, 2022, § 22 MiLoG Rn. 25; ähnlich Popella, Praktikanten zwischen MiLoG und BBiG, 2017, 267. 62 BT-Drs. 18/2010 (neu), 24; darüber herrschte auch im Gesetzgebungsverfahren Einigkeit, wie die entsprechenden schriftlichen Stellungnahmen zeigen, vgl. Ausschuss für Arbeit und Soziales, Ausschussdrs. 18 (11) 148, 9 f., 18, 121, 125, 133, 184, 187; ebenso Baumstümmler/Schulien, Berufsbildungsrecht, 2022, § 17 Rn. 83; Greiner, NZA 2016, 594, 597; Lakies, MiLoG, 2021, § 22 Rn. 36; HK-BBiG/Pepping, 2020, § 26 Rn. 21; Riechert/Nimmerjahn, MiLoG, 2017, § 22 Rn. 73; Sagan/Witschen, jM 2014, 372, 379; HK-MiLoG/Schubert/K. Jerchel, 2017, § 22 Rn. 32; HWK/Sittard, 2022, § 22 MiLoG Rn. 13; Ulber, AuR 2014, 404, 405; ders., in: Fütterer (Hrsg.), Arbeitsrecht – für wen und wofür?, 2015, 159, 163. 63 Vgl. auch Hlava, in: Husemann/Wietfeld (Hrsg.), Zwischen Theorie und Praxis – Herausforderungen des Arbeitsrechts, 2015, 95, 104. 64 Siehe hierzu bereits unter § 4 B. 65 Riechert/Nimmerjahn, MiLoG, 2017, § 22 Rn. 73; v. Stechow, in: Salamon (Hrsg.), Entgeltgestaltung, 2019, Kapitel C Rn. 165. 66 Vgl. allgemein MünchHdbArbR/Krause, 2021, § 61 Rn. 10. 67 Das gleiche gilt für Scheinpraktikanten, vgl. L. Schmitt, in: Fütterer (Hrsg.), Arbeitsrecht – für wen und wofür?, 2015, 37, 60. 68 Vgl. Wank, RdA 2015, 88, 92.

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Letztlich spielt das Mindestlohngesetz für dual Studierende aber lediglich eine unterschwellige Rolle. Die Herausnahme aus dem Geltungsbereich ist nicht nur wegen legitimer arbeitsmarktpolitischer Ziele gerechtfertigt – der Mindestlohn könnte hier schließlich beschäftigungshindernd wirken –, sondern auch juristisch streiten insbesondere zwei Gesichtspunkte für eine solche Handhabe: Zum einen steht der Ausbildungszweck gegenüber betriebsdienlichen Zwecken in den Praxisphasen derart im Vordergrund,69 dass die nebenbei abgeworfenen, verwertbaren Arbeitsergebnisse noch keine Entlohnungspflicht begründen,70 zum anderen sind dual Studierende jeder Erscheinungsform nach der hier vertretenen Auffassung durch die spezialgesetzliche71 Vergütungsvorschrift des § 17 Abs. 1 BBiG angemessen abgesichert. Die Vergütung nach § 17 Abs. 1 BBiG, die freilich hinter dem gesetzlichen Mindestlohn zurückbleiben kann,72 enthält im Gegensatz zum allgemeinen Mindestlohn neben einem leistungsbezogenen auch ein starkes ausbildungsbezogenes Element.73 Der Gefahr des Sinkens der Bereitschaft der Kooperationsbetriebe im Zuge einer etwaigen Verpflichtung zur Zahlung von Mindestlohn, die Praxisphasen für dual Studierende weiterhin adäquat und mit dem nötigen Aufwand durchzuführen, kann so aus dem Weg gegangen werden.

II. Sonstige Vorgaben des BBiG Der für praxisintegrierend dual Studierende maßgebliche § 26 BBiG verweist mit seiner Verweisungskette neben § 17 Abs. 1, 6 und 7 BBiG auch auf die §§ 10 – 16 sowie die §§ 18 – 23 und § 25 BBiG. Die Aufzählung ist abschließend.74 Teilweise gelten die bereits benannten Einschränkungen, die § 26 BBiG ausweist. So kann etwa auf die durch § 11 Abs. 1 BBiG angeordnete Vertragsniederschrift verzichtet75 oder die in § 20 BBiG zwingend vorgesehene, mindestens einmonatige (und höchstens

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Der primäre Ausbildungszweck wird auch im Rahmen dualer Studiengänge für die Praxisphasen durch § 14 Abs. 3 BBiG, der über § 26 BBiG auch für dual Studierende gilt, abgesichert. Demnach dürfen dual Studierenden nur Aufgaben übertragen werden, die dem Ausbildungszweck dienen. 70 Ähnlich auch für Auszubildende Deinert, in: Mosler/Pfeil (Hrsg.), Mindestlohn im Spannungsfeld zwischen Kollektivvertragsautonomie und staatlicher Sozialpolitik, 2016, 11, 24. 71 Däubler, NJW 2014, 1924, 1926. 72 Deinert, in: Mosler/Pfeil (Hrsg.), Mindestlohn im Spannungsfeld zwischen Kollektivvertragsautonomie und staatlicher Sozialpolitik, 2016, 11, 24. 73 Vgl. auch Grzeszick, ZRP 2014, 66, 67. 74 Siehe nur HK-BBiG/Pepping, 2020, § 26 Rn. 40. 75 Zurecht kritisch Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 489 f., die darin für dual Studierende wegen der längeren Vertragsdauer ein erhebliches Schutzdefizit sieht; § 2 Abs. 1a NachwG kommt mangels Praktikantenstellung nicht in Betracht.

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viermonatige) Probezeit76 verkürzt werden.77 Abweichend von § 23 Abs. 1 Satz 1 BBiG können überdies weder der dual Studierende in der praxisintegrierenden Form noch der Betriebsinhaber der Ausbildungsstätte Schadensersatz bei einer vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses nach Ablauf der Probezeit verlangen, unabhängig davon, ob der andere Teil die Auflösung schuldhaft verursacht hat.78 Die anderen von § 26 BBiG aufgeführten Normen werden grundsätzlich unbeschränkt angewendet. 1. Pflichtenkanon der §§ 13 – 16 BBiG Der über § 26 BBiG geltende Pflichtenkanon der dual Studierenden (§ 13 BBiG) sowie der ausbildenden Betriebe (§ 14 BBiG), in dem die Lern- und Ausbildungspflicht als jeweilige Hauptpflichten fungieren, wurde schon im Rahmen der statusrechtlichen Prüfung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses thematisiert.79 Gerade an dieser Stelle sollte überprüft werden, ob die für die duale Berufsausbildung verankerten Details dem Wesen nach auch vollständig auf das duale Studium übertragen werden können. Gegebenenfalls müssen die Vorschriften gedanklich umformuliert werden, in inhaltlicher Hinsicht bleiben sie indes in der Regel unverändert bestehen. Bestimmt § 14 Abs. 1 Nr. 4 BBiG beispielsweise, dass Ausbildende ihre Auszubildenden „zum Besuch der Berufsschule anzuhalten“ haben, so hat eine gedankliche Modifizierung in „Ausbildende haben dual Studierende zum Besuch der Berufsakademie bzw. Hochschuleinrichtung anzuhalten“ zu erfolgen. Entsprechende Umgestaltungen – selten mit inhaltlichem Einschlag – gilt es auch für die übrigen durch § 26 BBiG ins Spiel gebrachten Normen zu beachten.80 Dual 76 Im Arbeitsverhältnis gilt eine Probezeit demgegenüber grundsätzlich nur bei einer vertraglichen Vereinbarung durch die Parteien. Diese kann sich gemäß § 622 Abs. 3 BGB auf längstens sechs Monate belaufen; für eine entsprechende Geltung auch für Studierende in praxisintegrierenden dualen Studiengängen Koch-Rust/Rosentreter, NZA 2013, 879, 880; anders dagegen trotz Ablehnung der Anwendbarkeit des BBiG Grimm/Freh, ArbRB 2015, 316, 318, die in einer mehr als dreimonatigen Probezeit einen für den dual Studierenden zu langen Schwebezustand sehen, der diesen unangemessen benachteiligen würde; allgemein Kleinebrink, FS Leinemann, 2006, 73, 87 ff. 77 Nach unten gibt es bei der Probezeit wegen § 26 BBiG also keine Grenze, vgl. AR-Blattei SD/Lakies, 2007, 1740, Rn. 116; zu beachten ist, dass der Ablauf der Probezeit durch Zeiten des Studiums an der kooperierenden Bildungseinrichtung gehemmt sein muss, vgl. auch Grimm/ Freh, ArbRB 2015, 316, 318. 78 Ein Schadensersatzanspruch aus der allgemeinen Vorschrift des § 628 Abs. 2 BGB kommt aufgrund der benannten BBiG-Sonderregelung nicht in Betracht, vgl. auch bereits Fangmann, AuR 1977, 201, 205. 79 Siehe dazu unter § 6 B. I. 2. a). 80 So können einige Regelungen für die „anderen Vertragsverhältnisse“ i. S. d. § 26 BBiG ausnahmsweise auch inhaltlich nicht passen, wie etwa § 21 Abs. 1 Satz 2 BBiG, der bestimmt, dass das Berufsausbildungsverhältnis im Falle der Stufenausbildung mit Ablauf der letzten Stufe endet. Eine Stufenausbildung im eigentlichen Sinne (vgl. § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BBiG) ist den „anderen Vertragsverhältnissen“ fremd.

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Studierende, die unter § 26 BBiG fallen, haben genauso wie Auszubildende in den Fällen des § 15 Abs. 1 Satz 2 BBiG einen Freistellungsanspruch etwa für Prüfungen oder Ausbildungsmaßnahmen, die aufgrund öffentlich-rechtlicher oder vertraglicher Bestimmungen außerhalb des ausbildenden Betriebs durchzuführen sind (Nr. 4). Zudem ist der Kooperationsbetrieb gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 BBiG81 bei der Beendigung des Praxisphasenvertrages dazu verpflichtet, auch ohne ausdrückliches Verlangen des dual Studierenden ein Zeugnis auszustellen.82 Die für die Berufsausbildung geltenden Einzelheiten zu den §§ 13 – 16 BBiG sind, soweit möglich, auch auf die Praxisphase praxisintegrierender dualer Studiengänge anzuwenden. 2. Beendigung nach den §§ 21, 22 BBiG Klassische Berufsausbildungsverhältnisse genießen gemeinhin einen ausgeprägten Bestandsschutz.83 Die im „anderen Vertragsverhältnis“ i. S. d. § 26 BBiG gleichermaßen Geltung beanspruchenden Bestimmungen zur Beendigung (§ 21 BBiG) und Kündigung (§ 22 BBiG) enthalten spezielle Vorgaben und erreichen eine Angleichung des Schutzniveaus.84 Zunächst muss der Praxisphasenvertrag zwischen dual Studierendem und Kooperationsbetrieb ipso iure ein befristeter Vertrag85 sein, § 21 Abs. 1 Satz 1 BBiG.86 Dem Ausbildungszweck ist die Befristung dabei gera81 § 16 BBiG ist gegenüber der für das Arbeitsverhältnis geltenden Vorschrift des § 630 BGB lex specialis. Teilweise wird bei Ablehnung der Anwendbarkeit des BBiG ein Zeugnisanspruch der dual Studierenden aus § 630 BGB gefolgert, vgl. Grimm/Freh, ArbRB 2015, 316, 320. 82 Infrage kommt entweder ein einfaches Zeugnis unter Einhaltung der Mindestangaben des § 16 Abs. 2 Satz 1 BBiG oder ein qualifiziertes Zeugnis mit Angaben über das Verhalten und die Leistung auf Verlangen des dualen Studienteilnehmers nach § 16 Abs. 2 Satz 2 BBiG. 83 DDZ/Wroblewski, 2020, § 22 BBiG Rn. 2. 84 Ließe man eine Geltung des § 26 BBiG auf praxisintegrierend dual Studierende – anders als hier vertreten – nicht zu, könnten etwa auch die §§ 21, 22 BBiG nicht zur Anwendung gelangen, sodass einzig die allgemeine Klauselkontrolle der §§ 305 ff. BGB bliebe, vgl. für Pflichtpraktikanten insoweit Hirdina, NZA 2008, 916, 917 ff.; für praxisintegrierend dual Studierende siehe jüngst mit erwartungsgemäß ablehnender Haltung hinsichtlich der Anwendbarkeit des § 22 BBiG LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 29. 1. 2019 – 5 Sa 105/18, NJ 2019, 261, Rn. 20 ff.; zu § 21 BBiG für Studierende in praxisintegrierenden dualen Studiengängen vgl. zudem Koch-Rust/Rosentreter, NJW 2009, 3005, 3007. 85 Wegen der verbreiteten Annahme des Ausschlusses der BBiG-Normen wird zum Teil dezidiert die Anwendbarkeit des TzBfG geprüft, vgl. etwa dies., NJW 2009, 3005, 3007 f.; dies., NZA 2013, 879, 880; die Frage der Anwendbarkeit des TzBfG für praxisintegrierend dual Studierende ebenfalls aufwerfend (mit zweifelhafter Haltung) MüKo BGB/D. Hesse, 2020, § 3 TzBfG Rn. 4; deutlicher Grimm/Freh, ArbRB 2015, 316, 317; sowie Kleinebrink, ArbRB 2011, 58, 59; bejahend hingegen Gaul, NZA-Beilage 2016, 56, 58. 86 Abweichend von der allgemeinen Regel des § 14 Abs. 4 TzBfG kann der Abschluss des Praxisphasenvertrages im Anwendungsbereich des BBiG formfrei geschehen, vgl. § 11 Abs. 1 i. V. m. § 26 BBiG. Für den Fall, dass der dual Studierende die Abschlussprüfung nicht besteht, kann grundsätzlich auch die durch § 21 Abs. 3 BBiG eröffnete Verlängerungsmöglichkeit in Betracht gezogen werden, vgl. I. Natzel, NZA 2008, 567, 570; siehe zudem Koch-Rust/Ro-

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3. Teil: Individual- und kollektivarbeitsrechtliches Schutzgeflecht

dezu immanent. Das Vertragsverhältnis kann vor dem Ablauf der Ausbildungszeit nach § 22 BBiG einseitig gekündigt oder entsprechend dem Grundsatz der Vertragsfreiheit nach § 311 Abs. 1 BGB i. V. m. § 10 Abs. 2 BBiG einvernehmlich aufgehoben werden.87 Aufgrund der bestehenden Sonderregelungen des BBiG greift der allgemeine Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) nicht ein.88 Vielmehr hält § 22 BBiG ausdifferenzierte Rechtssätze bereit, die den Besonderheiten der erfassten Ausbildungsverhältnisse Rechnung tragen.89 Es muss insbesondere berücksichtigt werden, dass dual Studierende ohne die Absolvierung der Praxisphasen ihr Studium nicht erfolgreich beenden können,90 sodass systembedingt eine erhöhte Abhängigkeit dualer Studienteilnehmer zum Unternehmen besteht.91 Im Gegensatz zu „klassischen“ Arbeitsverhältnissen ist der Prüfungsmaßstab hier verschärft, wobei die Anforderungen an die Wirksamkeit der Kündigung steigen, je näher der Studienabschluss rückt.92 So kann das Ausbildungsverhältnis zwar während der Probezeit von beiden Seiten93 jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, § 22 Abs. 1 BBiG (Probezeitkündigung); das Bestehen eines wichtigen Grundes wird in dieser Frühphase vom Gesetz gerade nicht verlangt.94 In der Zeit nach dem Ablauf der Probezeit ist das berufliche Sicherheitsbedürfnis der Nachwuchskräfte aber besonders ausgeprägt, weshalb ab diesem Zeitpunkt das Ausbildungsverhältnis von beiden Seiten nur noch aus wichtigem Grund ohne das Einhalten einer Kündigungsfrist außerordentlich gekündigt werden kann, § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG.

sentreter, NZA 2021, 1604, 1606, wobei sie der Auffassung sind, die Vorschrift gelte nur für ausbildungsintegrierend dual Studierende, nicht aber für praxisintegrierend dual Studierende. 87 Zur Aufhebungsmöglichkeit siehe bereits Nikisch, Arbeitsrecht Bd. 1, 1961, 880. 88 Die Nichtanwendbarkeit des allgemeinen Kündigungsschutzes nach dem KSchG ergebe sich auch schon aus der fehlenden Arbeitnehmereigenschaft, vgl. Hirdina, NZA 2008, 916, 917; die Vorschriften über den Sonderkündigungsschutz wie etwa § 17 MuSchG, § 18 BEEG, § 168 SGB IX oder auch § 15 KSchG gelten indes genauso wie auch die Pflicht zur ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung nach § 102 Abs. 1 BetrVG uneingeschränkt über den Verweis des § 10 Abs. 2 BBiG. 89 Die §§ 20 – 23 BBiG sind daher abschließend, vgl. Krause, in: Linck/Krause/Bayreuther (Hrsg.), KSchG, 2019, § 1 Rn. 68. 90 Koch-Rust/Rosentreter, NZA 2013, 879, 881. 91 Das Ziel von Ausbildungsverhältnissen jeder Art kann nur durch eine besonders starke Bindung der Vertragsparteien gesichert werden, vgl. APS/Biebl, 2021, § 22 BBiG Rn. 2. 92 Vgl. insoweit auch Koch-Rust/Rosentreter, NZA 2013, 879, 881, die die maßgeblichen BBiG-Vorschriften indes unangewendet lassen; allgemein für die Berufsausbildung APS/Biebl, 2021, § 22 BBiG Rn. 15. 93 Für qualifizierte Anforderungen an die vom Ausbildenden ausgesprochene Kündigung während der Probezeit Hirdina, NZA-RR 2010, 65 ff. 94 Man spricht demnach von einer ordentlichen entfristeten Kündigung, vgl. Benecke, in: Benecke/C. S. Hergenröder (Hrsg.), BBiG, 2021, § 22 Rn. 7; Kleinebrink, FS Leinemann, 2006, 73, 90; KR/Weigand, 2022, §§ 21 – 23 BBiG Rn. 39.

§ 7 Allgemeine Rechtsfolgen der Statusfeststellung

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Im Einzelfall kann das Vorliegen des wichtigen Grundes problematisch sein. Der von § 626 BGB bekannte Zweischritt,95 wonach zunächst geprüft wird, ob ein bestimmter Sachverhalt an sich geeignet ist, einen wichtigen Grund abzugeben und erst sodann untersucht wird, ob unter Berücksichtung der besonderen Umstände des Einzelfalls sowie einer Interessenabwägung die konkrete Kündigung gerechtfertigt ist,96 muss auch im Rahmen des BBiG beherzigt werden, wobei insbesondere die auf zweiter Stufe stehende individuelle Zumutbarkeitsprüfung wegen der erhöhten Schutzbedürftigkeit der dualen Nachwuchskräfte97 strenger als bei Arbeitsverhältnissen zu gestalten ist.98 Sicher ist, dass die außerordentliche Kündigung stets nur als ultima ratio zulässig sein kann99 und dass demzufolge in der Regel100 zuvor eine Abmahnung ausgesprochen worden sein muss (Rechtsgedanke des § 314 Abs. 2 BGB). Auch bei Kündigungen auf dem Feld des Berufsbildungsrechts kann auf die Differenzierung zwischen verhaltens-, personen- und betriebsbedingten Gründen zurückgegriffen werden.101 Während allein das Erbringen unzureichender Prüfungsleistungen oder auch andersartige Leistungsmängel in der betrieblichen Tätigkeit102 noch nicht für die Annahme eines wichtigen Grundes genügen dürften, könnte hingegen der bestandskräftige Widerruf der Zulassung zum Studium an der 95

1227. 96

Ständige Rechtsprechung, siehe nur BAG, Urt. v. 10. 6. 2010 – 2 AZR 541/09, NZA 2010,

Zu den Einzelheiten vgl. etwa ErfK/Niemann, 2022, § 626 BGB Rn. 14 ff. Zum einen kann die Beendigung von Ausbildungsmaßnahmen schwerere Folgen nach sich ziehen als die Beendigung von Arbeitsverhältnissen, zum anderen handelt es sich bei dem erfassten Personenkreis meist um Nachwuchskräfte jüngeren Alters, deren geistige, charakterliche und körperliche Entwicklung noch nicht abgeschlossen ist, vgl. in diesem Sinne auch Benecke, in: Benecke/C. S. Hergenröder (Hrsg.), BBiG, 2021, § 22 Rn. 20; ebenfalls in diese Richtung Taubert, BBiG, 2021, § 22 Rn. 33; zum zweiten Punkt siehe auch ausdrücklich LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 31. 10. 1996 – 6 Sa 10/96, NZA-RR 1997, 288, 289; dem folgend LAG Köln, Urt. v. 8. 1. 2003 – 7 Sa 852/02, BeckRS 2003, 31015774, unter II. 3. b). 98 Im Zusammenhang mit einem klassischen Berufsausbildungsverhältnis wird dem Ausbildenden sogar eine höhere „Frustrationstoleranz“ zugemutet als einem Arbeitgeber in einem regulären Arbeitsverhältnis, vgl. LAG Köln, Urt. v. 16. 10. 2014 – 7 Sa 426/14, BeckRS 2015, 70896, Leitsatz 3. 99 Statt vieler ErfK/Schlachter, 2022, § 22 BBiG Rn. 3; auch das Ergreifen pädagogischer Maßnahmen sollte im Vorfeld der außerordentlichen Kündigung ausgeschöpft werden, vgl. KR/ Weigand, 2022, §§ 21 – 23 BBiG Rn. 46. 100 Etwas anderes kann etwa dann ausnahmsweise gelten, wenn die Nachwuchskraft jede Einsicht in die Tragweite ihres Verhaltens vermissen lässt, vgl. LAG Köln, Urt. v. 11. 8. 1995 – 12 Sa 426/95, NZA-RR 1996, 128; zudem ist eine Abmahnung entbehrlich, wenn eine Hinnahme des Verhaltens durch den Ausbildenden offensichtlich ausgeschlossen ist, vgl. BAG, Urt. v. 1. 7. 1999 – 2 AZR 676/98, NZA 1999, 1270. 101 Lakies, in: Lakies/Malottke (Hrsg.), BBiG, 2021, § 22 Rn. 30; zu den besonders problematischen betriebsbedingten Kündigungen Auszubildender siehe ausführlich Hoins, Kündigung von Berufsausbildungsverhältnissen, 2009, 75 ff. 102 Die Nachwuchskraft schuldet schließlich keine echte Leistung wie in einem Arbeitsverhältnis, sondern sie hat sich lediglich zu bemühen, die berufliche Handlungspflicht zu erwerben (Bemühenspflicht, § 13 Satz 1 i. V. m. § 26 BBiG), vgl. auch Reinartz, DB 2015, 1347, 1349 f.; zur Bemühenspflicht siehe bereits unter § 6 B. I. 2. a). 97

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3. Teil: Individual- und kollektivarbeitsrechtliches Schutzgeflecht

jeweiligen Bildungsinstitution wegen mangelnder Leistungsnachweise103 oder auch das mehrmalige schuldhafte Versäumen von Praxis- und Studienzeiten das Bestehen eines wichtigen Grundes rechtfertigen.104 Seitens der dual Studierenden besteht neben der außerordentlichen Kündigungsmöglichkeit (§ 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG) gemäß § 22 Abs. 2 Nr. 2 BBiG (ggf. i. V. m. § 26 BBiG) auch nach Ablauf der Probezeit noch das Mittel der ordentlichen Kündigung innerhalb einer Frist von vier Wochen, sofern diese das duale Studium aufgeben oder sich für einen anderen Studienzweig ausbilden lassen wollen. Dem betrieblichen Akteur hat das Gesetz hingegen keine ordentliche Kündigungsmöglichkeit nach der Probezeit zugebilligt. Schließlich soll der dual Studierende ohne die Sorge vor einer ordentlichen Kündigung sein duales Studium vollumfänglich abschließen können.105 Die kündigungsrechtliche Sondervorschrift des § 22 BBiG nimmt somit eine zeitliche Zweiteilung mit dem Ablauf der Probezeit als maßgeblichen Anknüpfungs- und Trennungspunkt vor, wobei deutlich wird, dass die Schutzwürdigkeit der auszubildenden Nachwuchskraft – auch gegenüber der Ausbildungsstätte – nach der Erprobungszeit erkennbar erhöht ist. 3. Unabdingbarkeitsregelung und Ausschluss der Weiterarbeitsregelung Der Bedeutung der einzelnen Schutzbestimmungen, die über § 26 BBiG zum Tragen kommen, wird Nachdruck verliehen, indem § 25 BBiG deren Unabdingbarkeit vorschreibt. Damit wird die Disponibiliät, die sich zulasten der schwächeren Vertragspartei auswirkt, für den normierten Bereich gänzlich aufgehoben und der zwingende Charakter der vertragsrechtlichen Regelungen des BBiG unterstrichen.106 Vereinbarungen zwischen dual Studierendem und Kooperationsbetrieb, die zuungunsten der Nachwuchskraft von den vorgestellten Vorschriften des BBiG abwei-

103

Das Ausbildungsziel in Gestalt des erfolgreichen Absolvierens des Studiums könnte schließlich endgültig nicht mehr erreicht werden, vgl. Koch-Rust/Rosentreter, NZA 2013, 879, 881. 104 In der Regel können die für die klassische Berufsausbildung in umfassender Form entwickelten Grundsätze auf die Beendigung der dualen Praxisphase durch Kündigung übertragen werden. Anerkannte Tatsachen, die seitens der Rechtsprechung als wichtiger Grund für eine Kündigung durch den Ausbildenden anerkannt wurden, finden sich überblicksartig bei ErfK/Schlachter, 2022, § 22 BBiG Rn. 4; differenziert auch Benecke, in: Benecke/C. S. Hergenröder (Hrsg.), BBiG, 2021, § 22 Rn. 33 ff.; bei der Würdigung älterer Entscheidungen ist indes nicht außer Acht zu lassen, dass sich die sozialen und moralischen Wertmaßstäbe in einem stetigen Fluss befinden und eine Übertragung weiter zurückliegender Grundsätze kritisch hinterfragt werden muss, vgl. hierzu bereits Opolony, BB 1999, 1706, 1707. 105 Koch-Rust/Rosentreter, NZA 2013, 879, 881. 106 Lakies, in: Lakies/Malottke (Hrsg.), BBiG, 2021, § 25 Rn. 1.

§ 7 Allgemeine Rechtsfolgen der Statusfeststellung

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chen,107 sind damit nichtig.108 Der Abrede etwa, eine Vergütung in den Praxisphasen nicht zu zahlen, würde folglich § 17 Abs. 1 i. V. m. § 25 BBiG entgegenstehen.109 Die wiederum durch § 12 BBiG ausdrücklich untersagten Vertragsgestaltungsoptionen sollen erst in einem nächsten Schritt abgesteckt werden, wobei ein besonderer Fokus auf Bindungs- und Rückzahlungsklauseln zu legen ist.110 Explizit keine Anwendung auf praxisintegrierend dual Studierende findet indes die nicht in § 26 BBiG aufgeführte Weiterarbeitsregelung des § 24 BBiG,111 wonach ein Arbeitsverhältnis für diejenigen Auszubildenden auf unbestimmte Zeit als begründet gilt, die im Anschluss an das Berufsausbildungsverhältnis beschäftigt werden, ohne dass hierüber ausdrücklich etwas vereinbart worden ist. Eine Ausdehnung des § 24 BBiG auf „andere Vertragsverhältnisse“ i. S. d. § 26 BBiG ist demnach ausgeschlossen. Eine Weiterbeschäftigung des praxisintegrierend dual Studierenden auf der Grundlage eines (konkludenten) Vertragsschlusses bleibt aber weiterhin möglich, lediglich die Fiktion des § 24 BBiG greift hier wegen des insoweit eindeutigen Wortlautes des § 26 BBiG nicht.112 Anders sieht die Rechtslage wiederum bei ausbildungsintegrierend dual Studierenden aus, die sich in ihrer Funktion als Auszubildende im Betrieb direkt auf die Weiterarbeitsregelung berufen können. Für sie gelten im betrieblichen Kontext – wie bereits dargelegt113 – die einschlägigen Vorschriften des BBiG ohne den Umweg über § 26 BBiG. Allerdings ist hier zu beachten, dass § 24 BBiG eine Weiterbeschäftigung unmittelbar im Anschluss an das Berufsausbildungsverhältnis voraussetzt. Diese Voraussetzung ist zumindest dann nicht erfüllt, wenn der dual Studierende zunächst den Ausbildungsabschluss erreicht und sodann vor dem Ablegen des Hochschulabschlusses eine Unterbrechung des betriebspraktischen Einsatzes folgt. Schon ein einziger Arbeitstag Unterbrechung kann die gesetzliche Fiktion des Arbeitsverhältnisses verhindern.114 In diesem Fall 107 Das durch § 25 BBiG statuierte Verbot ungünstigerer Vereinbarungen betrifft im übrigen freilich auch die nach § 10 Abs. 2 BBiG (dazu sogleich) angewandten Rechtsvorschriften und -grundsätze, vgl. Benecke, in: Benecke/C. S. Hergenröder (Hrsg.), BBiG, 2021, § 25 Rn. 3. 108 Aus einem Umkehrschluss ergibt sich, dass abweichende Vereinbarungen zugunsten des dual Studierenden zulässig sind, vgl. BT-Drs. V/4260, 11 zu § 18 BBiG a. F. (entspricht § 25 BBiG n. F.); dementsprechend ist gegebenenfalls ein Günstigkeitsvergleich durchzuführen. 109 Auch die Vereinbarung eines betrieblichen ordentlichen Kündigungsrechts nach Ablauf der Probezeit würde freilich an § 25 BBiG scheitern. 110 Siehe dazu näher im Folgenden unter § 8. 111 Ein Weiterbeschäftigungsanspruch erwächst dagegen nicht aus § 24 BBiG, sondern allenfalls für Mandatsträger aus der Vorschrift des § 78a Abs. 2 BetrVG (zur Abgrenzung siehe noch unter § 9 B. II. 1.). 112 Als gesetzgeberischer Hintergrund gilt, dass die Weiterarbeitsregelung für die Betriebsakteure in den primär von § 26 BBiG erfassten Praktikanten- und Volontärverhältnissen unverhältnismäßig belastend scheint, vgl. ErfK/Schlachter, 2022, § 26 BBiG Rn. 6; ausdrücklich auch BT-Drs. 15/3980, 47. 113 Siehe dazu unter § 6 B. II. 3. 114 Vgl. LAG Hamm, Urt. v. 16. 2. 2018 – 1 Sa 1476/17, NZA-RR 2018, 235, Rn. 25 ff.; darauf bezugnehmend Benecke, in: Benecke/C. S. Hergenröder (Hrsg.), BBiG, 2021, § 24 Rn. 4; zudem HWK/C. S. Hergenröder, 2022, § 24 BBiG Rn. 1.

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3. Teil: Individual- und kollektivarbeitsrechtliches Schutzgeflecht

wird der ausbildungsintegrierend dual Studierende nach dem Ausbildungsabschluss in das praxisintegrierende Modell mit dessen Rechtsfolgen überführt.115 Absolviert der ausbildungsintegrierend dual Studierende in der Zeit zwischen dem Ausbildungsabschluss und dem Ablegen des Studienabschlusses aber unterbrechungslos weiterhin Praxiseinsätze im Betrieb, kann unter den weiteren Voraussetzungen des § 24 BBiG116 auch ohne ausdrückliche Vereinbarung ein gesetzlich begründetes Arbeitsverhältis entstehen.117 Das unbefristete Vollzeitarbeitsverhältnis kommt dann zu den in der Branche üblichen (ggf. tariflichen) Bedingungen zustande.118

B. Mittelbare Rechtsfolgen über den Verweis des § 10 Abs. 2 BBiG Die Generalverweisung des § 10 Abs. 2 BBiG sichert das „arbeitsrechtliche Rückgrat“ der Normadressaten, indem sie die für den Arbeitsvertrag geltenden Rechtsvorschriften und -grundsätze für den Berufsausbildungsvertrag sowie für die „anderen Vertragsverhältnisse“ i. S. d. § 26 BBiG aktiviert,119 sofern sich aus deren Wesen und Zweck oder aus dem BBiG selbst nichts anderes ergibt. Ein Verweis etwa auf das MiLoG ist aufgrund des letzten Halbsatzes schon deshalb zu versagen, weil sich aus der innergesetzlichen Vorschrift des § 17 BBiG erkennbar etwas Abweichendes ergibt. Ein weiteres Beispiel betrifft die abschließende Regelung in § 22 BBiG gegenüber § 1 KSchG in Bezug auf eine Probezeitverlängerung.120 Über § 10 Abs. 2 BBiG kommen mittelbar aber einige arbeitsrechtliche Gesetze zum Tragen, die im Folgenden überblicksartig vorgestellt werden sollen; teilweise wird aber auch erst im weiteren Verlauf der Studie gesondert auf die wichtigen Teilbereiche – wie etwa die tarifvertragsrechtliche und betriebsverfassungsrechtliche Stellung dual

115

Vgl. dazu bereits ebenfalls unter § 6 B. II. 3. Siehe dazu etwa Benecke, in: Benecke/C. S. Hergenröder (Hrsg.), BBiG, 2021, § 24 Rn. 2 ff.: Neben der Beschäftigung unmittelbar im Anschluss an das Berufsausbildungsverhältnis verlangt § 24 BBiG, dass die Berufsausbildung tatsächlich beendet ist und dass überhaupt eine Weiterbeschäftigung i. S. d. Norm vorliegt; hierfür ist nach dem BAG etwa erforderlich, dass die Weiterbeschäftigung mit Wissen und Wollen des Ausbildenden erfolgt (subjektives Tatbestandsmerkmal), vgl. BAG, Urt. v. 20. 3. 2018 – 9 AZR 479/17, NZA 2018, 943, Rn. 23 ff. 117 Vgl. auch Düwell, NZA 2021, 28, 29 f. 118 Lakies, in: Lakies/Malottke (Hrsg.), BBiG, 2021, § 24 Rn. 27 f. 119 Die Besonderheiten der Rechtsverhältnisse i. S. d. § 26 BBiG gegenüber dem klassischen Berufsausbildungsverhältnis stehen der vollen Anwendbarkeit des § 10 Abs. 2 BBiG prinzipiell nicht entgegen, vgl. Fangmann, AuR 1977, 201, 206. 120 BAG, Urt. v. 9. 6. 2016 – 6 AZR 396/15, NZA 2016, 1406, Rn. 23: Demnach steht eine vertraglich vorgesehene Probezeitverlängerung im Ausbildungsverhältnis nicht im Widerspruch zur Regelung der Wartezeit in § 1 Abs. 1 KSchG, sodass die kündigungsschutzrechtliche Vorschrift als Maßstab ausscheiden muss. 116

§ 7 Allgemeine Rechtsfolgen der Statusfeststellung

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Studierender – eingegangen.121 Zunächst ist zu registrieren, dass Auszubildende wie auch die von § 26 BBiG umfassten Bildungsteilnehmer im Lichte des § 10 Abs. 2 BBiG grundsätzlich mindestens in gleichem Umfang geschützt sind wie Arbeitnehmer.122 So ergeben sich auch für die praxisintegrierend dual Studierenden wegen der doppelten Verweisung123 konkrete Rechtsfolgen aus der (partiellen) Anwendbarkeit des BBiG.124

I. Anwendung arbeitsrechtlicher Rechtsvorschriften Dadurch, dass die Schutzstandards bei den Ausbildungsverhältnissen nur dann geringer ausfallen sollen als bei Arbeitsverhältnissen, wenn der Ausbildungszweck dies ausnahmsweise erforderlich macht, ist für den bereits oben vorgebrachten Aufhebungsvertrag als Beendigungsmöglichkeit die Einhaltung der Schriftform gemäß § 623 BGB i. V. m. § 10 Abs. 2 BBiG zu fordern.125 Das bedeutet aber nicht, dass die in einem „anderen Vertragsverhältnis“ i. S. d. § 26 BBiG Beschäftigten gemeinhin als Arbeitnehmer zu werten sind; dies würde aufgrund etlicher Differenzierungsmerkmale zu weit gehen und konnte bereits an früherer Stelle ausgeschlossen werden.126 Vielmehr ist der Anknüpfungspunkt in der mehrmals im arbeitsrechtlichen Bereich auftauchenden Wendung der „zur Berufsausbildung Beschäftigten“ zu suchen.127 Durch die explizite Nennung in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AGG, § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, § 2 Abs. 2 Nr. 2 ArbSchG, § 2 Abs. 2 ArbZG, § 20 Abs. 1 Satz 1 BEEG, § 5 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, § 2 Satz 1 BUrlG und § 1 Abs. 2 EFZG wird etwa der jeweilige gesetzliche Anwendungsbereich ausdrücklich auf die „zur Berufsausbildung Beschäftigten“ ausgedehnt. Darunter sind nicht nur die Auszubildenden i. S. d. BBiG zu verstehen, sondern der Begriff der „zur Berufsausbildung Beschäftigten“ ist weiter zu fassen,128 um auch ausbildungsähnliche 121 Der tariflichen und betriebsverfassungsrechtlichen Stellung dual Studierender wird sich also noch extra gewidmet, vgl. hierzu unter § 9. 122 Vgl. bereits zu § 3 Abs. 2 BBiG a. F. (nunmehr § 10 Abs. 2 BBiG n. F.) BT-Drs. V/4260, 5. 123 Vgl. Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 460: § 26 BBiG verweist auf § 10 Abs. 2 BBiG, der wiederum auf die arbeitsrechtlichen Rechtsvorschriften und -grundsätze verweist. 124 Insoweit a. A. Brecht-Heitzmann, AuR 2009, 389, 391, der die dual Studierenden – zu weitgehend – als Arbeitnehmer einstuft, sodass für sie auch ohne die Verweisung des § 10 Abs. 2 BBiG sämtliche arbeitsrechtliche Regelungen gölten. 125 LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 17. 3. 2016 – 6 Sa 236/15, BeckRS 2016, 71577, Rn. 29. 126 Vgl. für dual Studierende oben unter § 6 B. I. 127 Siehe insoweit auch Koch-Rust/Rosentreter, NZA 2013, 879, 880. 128 Vgl. allgemein nur in Bezug auf § 5 Abs. 1 Satz 1 BetrVG BAG, Beschl. v. 10. 2. 1981 – 6 ABR 86/78, AP BetrVG 1972 § 5 Nr. 25, unter II./III. 2. a); siehe zudem speziell für dual Studierende an der Berufsakademie in Bezug auf § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG BAG, Beschl. v. 27. 9. 2006 – 5 AZB 33/06, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 63, unter II. 1.

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3. Teil: Individual- und kollektivarbeitsrechtliches Schutzgeflecht

Formate unter den arbeitsrechtlichen Schutzschirm zu stellen.129 Eine Beschäftigung zur Berufsausbildung liegt auch vor, wenn der Betreffende aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen Arbeit leistet und dies außerhalb der klassischen betrieblichen Berufsausbildung erfolgt.130 Sofern zudem vorausgesetzt wird, dass die Beschäftigten dabei dem Weisungsrecht der ausbildenden Person hinsichtlich des Inhalts, der Zeit und des Ortes der Tätigkeit unterworfen sind,131 so fallen auch die dual Studierenden, für die die persönliche Abhängigkeit nachgewiesen werden konnte,132 unter den Rechtsbegriff der „zur Berufsausbildung Beschäftigten“. Mithin ist davon auszugehen, dass neben den ausbildungsintegrierend dual Studierenden auch die Teilnehmer praxisintegrierender dualer Studiengänge in den betriebspraktischen Phasen beispielsweise einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach dem EFZG133 sowie mindestens den gesetzlichen Urlaubsanspruch nach dem BUrlG134 haben.135 Auch die Anwendung von Gesetzen und Vorschriften, die die „zur Berufsausbildung Beschäftigten“ nicht ausdrücklich miteinbeziehen,136 die aber zum Schutze der Arbeitnehmer erlassen sind, soll grundsätzlich sichergestellt sein.137 Exemplarisch sei § 613a BGB zur Regelung der Rechte und Pflichten beim Betriebsübergang aufgeführt, wodurch zuvorderst verhindert wird, dass der dual Studierende aufgrund eines Betriebsinhaberwechsels seinen Ausbildungsplatz verliert.138 Für jede einzelne arbeitnehmerschutzrechtliche Vorschrift ist dann gemäß § 10 Abs. 2 BBiG dezidiert zu überprüfen, ob das Wesen und der Zweck des jeweiligen Ausbildungsvertrages oder das BBiG selbst deren Geltung ausnahmsweise verhindert.

129

Vgl. auch MünchHdbArbR/I. Natzel, 2018, § 147 Rn. 63 (4. Aufl.), der darauf hinweist, dass der Gesetzgeber des BetrVG von 1972 das BBiG von 1969 mit den dort in § 1 aufgeführten Definitionen kannte und dennoch einen abweichenden Text wählte. 130 BAG, Beschl. v. 27. 9. 2006 – 5 AZB 33/06, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 63, unter II. 1. 131 BAG, Beschl. v. 27. 9. 2006 – 5 AZB 33/06, AP ArbGG 1979 § 5 Nr. 63, unter II. 1. 132 Siehe dazu bereits unter § 6 B. I. 2. b). 133 Für ein weites Verständnis auch ErfK/Reinhard, 2022, § 1 EFZG Rn. 3; Schmitt EFZG/ L. Schmitt/Küfner-Schmitt, 2018, § 1 Rn. 36; zu den Einzelheiten vgl. Lakies, in: Lakies/Malottke (Hrsg.), BBiG, 2021, § 19 Rn. 7 ff. 134 Ebenfalls ein weites Verständnis zugrunde legend Neumann, in: Neumann/Fenski/Kühn (Hrsg.), BUrlG, 2021, § 2 Rn. 56 ff.; HWK/Schinz, 2022, § 2 BUrlG Rn. 4; zu den Einzelheiten vgl. Lakies, in: Lakies/Malottke (Hrsg.), BBiG, 2021, § 11 Rn. 40 ff. 135 Trotz Ablehnung der Anwendbarkeit des BBiG auch Koch-Rust/Rosentreter, NZA 2013, 879, 880. 136 So etwa das TVG, siehe dazu aber noch explizit unter § 9 A. 137 BT-Drs. V/4260, 6; Herkert/Töltl, BBiG, 2022, § 10 Rn. 97. 138 Für Auszubildende vgl. BAG, Urt. v. 13. 7. 2006 – 8 AZR 382/05, NZA 2006, 1406, Rn. 16 f.; LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 29. 4. 2014 – 6 Sa 337/13, BeckRS 2014, 71149, unter A. I. 2.1. a); siehe auch Mehlich, NZA 2002, 823, 824 f.; sowie aus der früheren Literatur Lepke, BB 1979, 526, 528; beachte für Praktika nach § 26 BBiG zudem LAG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 14. 12. 2010 – 6 Sa 70/10, BeckRS 2011, 68023.

§ 7 Allgemeine Rechtsfolgen der Statusfeststellung

243

II. Anwendung arbeitsrechtlicher Rechtsgrundsätze Vor dem Hintergrund, dass § 10 Abs. 2 BBiG nicht nur die entsprechende Geltung der arbeitsrechtlichen Rechtsvorschriften, sondern auch der arbeitsrechtlichen Rechtsgrundsätze anordnet, wird das Schutzniveau des adressierten Personenkreises noch einmal erhöht. Unter Rechtsgrundsätzen sind hier die von Rechtsprechung und Lehre entwickelten, überwiegend gewohnheitsrechtlichen Grundsätze zum Arbeitnehmerschutz zu verstehen.139 Anzuführen ist zunächst der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz,140 der im Arbeitsrecht ganz unabhängig neben Art. 3 GG und dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) anerkannt ist. Dieser bewirkt indes wegen der dargestellten Distinktionsmerkmale keine Gleichbehandlung der hier untersuchten Bildungsteilnehmer mit Arbeitnehmern,141 lediglich innerhalb der Gruppe der dual Studierenden würde der Anspruch auf Gleichbehandlung bei willkürlicher Ungleichbehandlung durchgreifen. Die jeweiligen Vergleichsgruppen sind mittels einer wertenden Betrachtung zu bilden; die Einbeziehung von Praktikanten oder Volontären wäre bei einer Gegenüberstellung mit dual Studierenden wegen der zahlreichen Kontraste als Vergleichspaar importun. Innerhalb der Gruppe dual Studierender ist damit aber eine Schlechterstellung ohne sachlichen Grund wegen des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes unzulässig. Auch das bekannte Institut der betrieblichen Übung, das einen Anspruch auf Beibehaltung oder Fortsetzung gleichförmiger Verhaltensweisen des Arbeitgebers bei einer dreimaligen Wiederholung eines Tatbestandes konstituiert, kann über § 10 Abs. 2 BBiG Geltung beanspruchen.142 Eine Übertragung der hierzu gewonnenen Grundsätze auf die Rechtsverhältnisse zwischen Kooperationsbetrieben und dual Studierenden, bei denen durch die regelmäßige Wiederholung genauso der Eindruck eines Brauches oder einer Gesetzmäßigkeit entsteht, erscheint ohne Weiteres möglich. Überdies sind die Grundsätze der privilegierten Arbeitnehmerhaftung143 zu berücksichtigen,144 jedoch auch nicht weiter auszudehnen. Insoweit gilt wie im Arbeitsverhältnis ein haftungsrechtliches Privileg bei betrieblich veranlassten Tätigkeiten nach den Regeln des innerbetrieblichen Schadensausgleichs, das genügt, um den Besonderheiten des jeweiligen Ausbildungsverhältnisses im Betrieb Rechnung zu tragen.145 Eine 139

Siehe nur Benecke, in: Benecke/C. S. Hergenröder (Hrsg.), BBiG, 2021, § 10 Rn. 24. BT-Drs. V/4260, 6. 141 Vgl. Taubert, BBiG, 2021, § 10 Rn. 48. 142 Benecke, in: Benecke/C. S. Hergenröder (Hrsg.), BBiG, 2021, § 10 Rn. 28; Herkert/ Töltl, BBiG, 2022, § 10 Rn. 112. 143 Grundlegend BAG, Beschl. v. 27. 9. 1994 – GS 1/89 (A), NZA 1994, 1083. 144 Vgl. bereits BT-Drs. V/4260, 6 (seinerzeitig noch in Bezug auf die Grundsätze zur Haftungsbeschränkung des Arbeitnehmers bei gefahrgeneigter Arbeit). 145 Für Auszubildende vgl. BAG, Urt. v. 19. 3. 2015 – 8 AZR 67/14, NZA 2015, 1057, Rn. 27; zuvor schon BAG, Urt. v. 18. 4. 2002 – 8 AZR 348/01, NZA 2003, 37, unter II. 2. b) ee); sowie grundlegend BAG, Urt. v. 7. 7. 1970 – 1 AZR 507/69, AP BGB § 611 Haftung des Arbeitnehmers Nr. 59; dem folgend Baumstümmler/Schulien, Berufsbildungsrecht, 2022, § 10 Rn. 36c; Joussen, RdA 2006, 129, 130; Otto, in: Otto/Schwarze/Krause (Hrsg.), Die Haftung 140

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3. Teil: Individual- und kollektivarbeitsrechtliches Schutzgeflecht

noch weiterreichende Haftungsfreizeichnung über die Grundsätze der beschränkten Arbeitnehmerhaftung hinaus kommt angesichts des ausreichend gewährleisteten Schutzes von Arbeitnehmern wie auch den von § 10 Abs. 2 BBiG erfassten Personen nicht in Betracht.146 Letztlich wird durch § 10 Abs. 2 BBiG sogar eine Verschärfung gegenüber der von § 13 BBiG aufgestellten Pflichten des Bildungsteilnehmers bewirkt. Das aus Arbeitsverhältnissen bekannte147 und aus der arbeitnehmerseitigen Treuepflicht erwachsende Wettbewerbsverbot148 gelangt auch im Rahmen des BBiG zur Anwendung.149 Sofern der dual Studierende das während der Studienzeit bestehende Wettbewerbsverbot schuldhaft verletzt, macht er sich schadensersatzpflichtig.150 Dies zeigt, dass die Generalverweisung des § 10 Abs. 2 BBiG nicht per se Milderungen für dual Studierende im arbeitsrechtlichen Schutzgeflecht hervorbringt, sondern dass mit der mittelbaren Geltung arbeitsrechtlicher Rechtsvorschriften und -grundsätze zuweilen auch Verschärfungen im Vergleich zu den eigenen Regelungen des BBiG einhergehen.

C. Zusammenschau Führt man nun die unmittelbaren und mittelbaren Rechtsfolgen der Anwendbarkeit des BBiG zusammen, so ergibt sich für die dual Studierenden ein engmaschiges Schutznetz, das über die prinzipielle Geltung arbeitsrechtlicher Rechtsvorschriften und -grundsätze doppelt abgesichert ist. Erst die Anwendung des § 26 BBiG, der unmittelbar auf die §§ 10 – 16, 17 Abs. 1, 6 und 7 sowie die §§ 18 – 23 und § 25 BBiG verweist, erzeugt für die praxisintegrierend dual Studierenden ein hohes Maß an Rechtssicherheit und -klarheit. Die über viele Jahre gewachsenen Grundsätze zur Vergütungsregelung des § 17 Abs. 1 BBiG finden weitestgehend entsprechende Anwendung auf die Praxisphasen des dualen Studiums, sofern die Eigenheiten des dualen Studienkonzepts nicht etwas Abweichendes einfordern. Die zentrale strukturelle Parallele des umfangreichen betriebspraktischen Einsatzes rechtfertigt die Angleichung nicht nur ausbildungsintegrierender, sondern auch praxisintegrierender dualer Studiengänge an die duale des Arbeitnehmers, 2014, § 7 Rn. 3; v. Hoyningen-Huene, BB 1989, 1889, 1891; Waltermann, RdA 2005, 98, 100; für Praktikanten und Volontäre i. S. d. § 26 BBiG AR-Blattei SD/Lakies, 2007, 1740, Rn. 107 ff. 146 Vgl. auch HWK/Krause, 2022, § 619a BGB Rn. 20. 147 Ständige Rechtsprechung, vgl. nur BAG, Beschl. v. 17. 10. 1969 – 3 AZR 442/68, AP BGB § 611 Treuepflicht Nr. 7. 148 Nur für Handlungsgehilfen ist das Wettbewerbsverbot ausdrücklich normiert, vgl. § 60 Abs. 1 HGB. 149 Für Auszubildende vgl. BAG, Urt. v. 20. 9. 2006 – 10 AZR 439/05, NZA 2007, 977, Rn. 22. 150 Vgl. Baumstümmler/Schulien, Berufsbildungsrecht, 2022, § 10 Rn. 37a; NK-GA/ I. Natzel, 2016, § 12 BBiG Rn. 7.

§ 7 Allgemeine Rechtsfolgen der Statusfeststellung

245

Berufsausbildung, sodass unter Anlegung eines wertenden Betrachtungsmaßstabs im Einzelfall eine grobe Orientierung an der branchenmäßigen, regional üblichen Auszubildendenvergütung erfolgen kann, um so einen verhältnismäßigen Ausgleich zwischen den Aufwendungen der Parteien sicherzustellen und dabei gleichwohl einen flexiblen Rahmen zu schaffen. Dem erhöhten Flexibilitätsbedürfnis wird Rechnung getragen, indem das MiLoG für die hier untersuchten Studienvarianten keinerlei Geltung beanspruchen kann. Die sonstigen spezialgesetzlichen Vorgaben des BBiG sind primär ausgelegt, um die duale Berufsausbildung in ihren durchaus verschiedenen Variationen zu regeln. Daher sind zuweilen formelle Modifizierungen des Gesetzestextes gedanklicher Art vorzunehmen, um eine Übertragung auf das duale Studium zu ermöglichen. In inhaltlicher Hinsicht entfalten die Vorschriften umfassende Wirkung. So gelten bei der Kündigung des Praxisphasenvertrages durch die betriebliche Seite etwa verschärfte Anforderungen gegenüber Arbeitsverhältnissen, die mit zunehmender Studienzeit steigen. Die Unabdingbarkeitsregelung des § 25 BBiG stellt dabei ein breites Schutzschild zur Sicherung der vertragsrechtlichen Regelungen des BBiG auf. Die Generalverweisung des § 10 Abs. 2 BBiG komplettiert mit der grundsätzlichen Anordnung arbeitsrechtlicher Rechtsvorschriften und -grundsätze das sich am Arbeitnehmerschutz orientierende Schutzgeflecht dual Studierender. Dabei sehen einige Gesetze auf dem arbeitsrechtlichen Terrain ausdrücklich eine Öffnung über den Terminus der „zur Berufsausbildung Beschäftigten“ vor, aber auch andere arbeitsrechtliche Schutzvorschriften können angewendet werden, sofern das Wesen und der Zweck des jeweiligen Ausbildungsverhältnisses oder des BBiG nicht entgegenstehen. Hierzu bedarf es stets einer Einzelfallprüfung. Damit kann abschließend konstatiert werden, dass es ohne eine Anwendbarkeit des § 26 BBiG auf die Teilnehmer praxisintegrierender dualer Studiengänge eine rechtlich diffizile Situation gäbe, weil es an passenden Regelungen für diese Gruppe schutzbedürftigter Bildungsempfänger mangeln würde. In diesem Fall würden sich die diskutierten rechtlichen Problemfelder insgesamt auf die Vertragskontrolle nach den §§ 305 ff. BGB verlagern, die ihrerseits keine positiven Maßstäbe setzt, sondern lediglich in negativer Hinsicht die Außengrenzen der Vertragsgestaltung statuiert. Mit der gesetzlichen Einhegung des gesamten dualen Studienformats dürften sich die §§ 305 ff. BGB wegen ihres primär „negatorischen“ Charakters indes überfordert zeigen – die Entwicklung sowie Positivierung fach-, branchen- und regionsübergreifender Standards wäre so in weite Ferne gerückt, obwohl auch das AGB-Recht und das darauf fußende Richterrecht grundsätzlich eine einheitliche Behandlung garantieren können. Das spezialgesetzliche BBiG, dessen Anwendbarkeit vorstehend begründet wurde, nimmt jedoch die bestehenden Problemfelder des dualen Studienmodells – insbesondere auf den Gebieten des Kündigungsschutzes, der Vergütung oder des wechselseitigen Pflichtenkreises – harmonischer in sein verdichteteres Schutzgeflecht auf. Auch trotz vorzugswürdiger Anwendbarkeit des § 26 BBiG und der daraus folgenden normativen Abfederung zahlreicher Konflikte kommt den darüber hinaus gehenden vertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten im Verhältnis der dual Studierenden zu ihren Partnerbetrieben eine große Bedeutung zu.

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3. Teil: Individual- und kollektivarbeitsrechtliches Schutzgeflecht

Dies gilt es, im Folgenden näher zu untersuchen, wobei dem AGB-Recht trotz der Geltung des BBiG eine tragende Kontrollfunktion zukommt.

§ 8 Bindungs- und Rückzahlungsklauseln als typische Instrumente der Vertragsgestaltung im Verhältnis dual Studierender und Kooperationsbetrieb Die Vertragsgestaltung im Rahmen dualer Studiengänge zeichnet ein buntes, aber zuweilen auch lückenhaftes Bild. Trotz (mitunter wohl auch aufgrund) der verbreiteten Annahme, das BBiG gölte nicht für die Praxisphasen praxisintegrierender dualer Studiengänge, lässt sich in den Vertragswerken des Öfteren eine Orientierung an den ausdifferenzierten Regelungen des BBiG beobachten,151 jedoch finden auch darüber hinausgehende Nebenabreden nicht selten Eingang in die Vertragsgestaltung. Häufig ist in den Praxisphasenverträgen dual Studierender eine Kombination aus Bindungs- und gestaffelten Rückzahlungsklauseln anzutreffen.152 In erster Linie geht es hierbei um den betrieblicherseits erstrebten Verbleib der Nachwuchskraft im Unternehmen nach dem Abschluss des dualen Studiengangs, aber auch die vorzeitige Beendigung des Studiums durch den dualen Studienteilnehmer selbst kann gegebenenfalls zahlungsauslösend wirken. Die Gestaltungsvarianten und Grenzen derartiger Abreden153 sind nun schärfer ins Visier zu nehmen.

A. Ausgangslage Die betriebliche Seite, die das duale Studienmodell als Recruiting- und Nachwuchssicherungsinstrument nutzt,154 hat regelmäßig ein vehementes Interesse daran, die vom dual Studierenden erworbenen Qualifikationen nach dem Studienabschluss für die eigenen Zwecke zu nutzen und sich den „Wert“ der finanzierten Ausbildung zu sichern. Die Investitionen in personelle Ressourcen möglicherweise unmittelbar zum Vorteil eines Konkurrenzunternehmens, zu dem der nunmehr hochqualifizierte Absolvent potenziell wechseln könnte, getätigt zu haben,155 löst bei den verantwortlichen Betriebsakteuren nicht unberechtigterweise Unbehagen aus.156 Von der 151

Vgl. MaSiG/Mroß, 2020, C.292 Dualer Studiengang Rn. 6. Vgl. auch Wissenschaftsrat, Empfehlungen zur Entwicklung des dualen Studiums, 2013, 35; eine Musterformulierung findet sich bei Grimm/Freh, ArbRB 2015, 316, 319. 153 Für die Berufsausbildung siehe jüngst Kleinebrink, DB 2020, 170 ff. 154 Vgl. nur BAG, Urt. v. 18. 11. 2008 – 3 AZR 192/07, NZA 2009, 435, Rn. 37 f. sowie unter § 3 B. I. 155 Vgl. auch Griebeling, FS Schaub, 1998, 219, 221. 156 Daher wird Betrieben teilweise ausdrücklich dazu geraten, sich über Rückzahlungsklauseln abzusichern, vgl. I. Natzel, NZA 2008, 567, 570. 152

§ 8 Bindungs- und Rückzahlungsklauseln

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betriebswirtschaftlichen Warte aus betrachtet gilt es also zu verhindern, dass Marktmitbewerber die Früchte der eigenen Nachwuchsförderungsaktivitäten ernten.157 Daher greifen rund 45 % der Partnerbetriebe schon jetzt zwecks Amortisation ihrer Investitionskosten – etwa im Hinblick auf übernommene Studienbeiträge158 oder die gezahlte Vergütung während der Theoriephasen159 – auf miteinander gekoppelte Bindungs- und Rückzahlungsvereinbarungen zurück.160 Auf dem Feld beruflicher Fortbildung werden Arbeitnehmer bereits seit langem an den Kosten von Weiterbildungsmaßnahmen beteiligt.161 Dem grundsätzlich legitimen162 betrieblichen Antrieb steht das Interesse der dual Studierenden gegenüber, nach der Beendigung des dualen Studiums ihre volle Arbeitskraft auf dem Arbeitsmarkt möglichst frei und ohne finanzielle (Zusatz-)Belastung anbieten zu können.163 Karrierebezogene wie auch private Gründe können in diesem Stadium entscheidend für die Entfaltung ihrer beruflichen Mobilität sprechen. Schon der freien Verwertbarkeit der eigenen Arbeitskraft kommt ein wichtiger wirtschaftlicher Wert zu. Im Hintergrund wirkt dabei die Annahme, dass dual Studierende teilweise die exakten Rechtsfolgen und die Tragweite beim Abschluss der Bleibe- und Rückzahlungspflicht noch nicht klar erkennen und umreißen können, da sie regelmäßig noch keine oder doch zu wenig Erfahrungen im Arbeits- bzw. Geschäftsleben gesammelt haben. Hinzu kommt ein generelles Kräfteungleichgewicht: Duale Studienanwärter haben gegenüber der betrieblichen Akteursseite eine schwächere Verhandlungsposition aufgrund der besonders schwerwiegenden Auswirkungen eines fehlenden Ausbildungsplatzes inne, woraus für sie wiederum ein durchaus schwerer Stand bei der Ablehnung etwaiger Rückzahlungsabreden folgt. Das auch im Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber bestehende strukturelle Ungleichgewicht wirkt sich bei Erstausbildungen somit noch einmal verstärkt zulasten der auszubildenden Person aus. Diese disparate Gesamtgemengelage bildete erst im Jahr 2019 157 Vgl. in Bezug auf Fortbildungskosten Stoffels, in: Preis (Hrsg.), Der Arbeitsvertrag, 2020, A 120 Ausbildungskosten Rn. 3. 158 Insbesondere beim Studium an privaten Hochschulen oder Akademien können die vom Betrieb aufgebrachten Beträge durchaus erheblich sein. 159 Vgl. hierzu auch Grimm/Freh, ArbRB 2015, 316, 318: Neben Studienbeiträgen und der für die Studienphasen gezahlten Vergütung kann es in den Klauseln etwa auch um die Rückzahlung von Zuschüssen für Verpflegung, Unterkunft oder Fahrtkosten gehen. 160 Vgl. die empirische Untersuchung von Kupfer, BWP 2013, 25, 28; etwas niedrigere Prozentwerte (ca. 30 %) bei Wolter/Kamm/Lenz u. a., Potenziale des dualen Studiums, 2014, 109; ähnliche Zahlen (36 %) ergaben eine in Bayern durchgeführte Stichprobe, vgl. Gensch, Dual Studierende, 2014, 94. 161 Siehe nur Blomeyer/Buchner, Rückzahlungsklauseln im Arbeitsrecht, 1969, 65 ff.; Hanau/Stoffels, Beteiligung von Arbeitnehmern an den Kosten der beruflichen Fortbildung, 1992, 5 f.; das BAG hat sich – soweit ersichtlich – das erste Mal im Jahr 1962 mit Fragen hinsichtlich Rückzahlungsklauseln befasst, vgl. BAG, Urt. v. 29. 6. 1962 – 1 AZR 343/61, NJW 1962, 1981; dazu etwa Griebeling, FS Schaub, 1998, 219, 222 ff.; Überblick zur weiteren Rechtsprechungsentwicklung etwa bei Dimsic, RdA 2016, 106 ff.; Dorth, RdA 2013, 287 ff. 162 Koch-Rust/Rosentreter, NJW 2009, 3005, 3009. 163 Vgl. bereits unter § 3 A. IV.

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3. Teil: Individual- und kollektivarbeitsrechtliches Schutzgeflecht

den Anlass für eine Petition seitens der verfassten Studierendenschaft an der DHBW, die sich gegen jene Vertragspraxis richtete.164 Die im ersten Teil der Untersuchung aufbereitete bisweilen divergierende Motivkonstellation,165 deren Mittelpunkt der Konflikt zwischen dem betrieblichen Investitionsschutzinteresse und dem Mobilitätsinteresse des dual Studierenden bildet, ist durch das Arbeitsrecht in einen schonenden Ausgleich zu bringen. Das BBiG begrenzt zwar die Gestaltungsspielräume, lässt aber dennoch disponible Bereiche offen. Insbesondere die nun näher unter die Lupe zu nehmende Vorschrift des § 12 BBiG, nach der die Nichtigkeit bestimmter Vereinbarungen vorgeschrieben ist, liefert neben der über § 10 Abs. 2 BBiG geltenden AGB-Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB166 einen ersten Orientierungspunkt. Von besonderer Relevanz wird sein, die grundrechtlichen Wertungen in die Lösungsfindung einfließen zu lassen.167 Schließlich umwölben die Grundrechte die Maßgaben sowohl des BBiG als auch des BGB und setzen gegebenenfalls die entscheidenden Akzente bei der Beurteilung der Wirksamkeit vertraglicher Abreden, freilich ohne dabei unmittelbar im Privatrecht zu gelten.168 Gewiss geht es im Arbeitsrecht um die Kontrollüberlegung, dass ein aus dem einfachen Recht abzuleitendes Ergebnis den verfassungsrechtlichen Vorgaben 164

Vgl. Petition gegen die Öffnung für Nebenabreden im neuen Studienvertrag der DHBW (https://www.openpetition.de/petition/online/petition-gegen-die-oeffnung-fuer-nebenabredenim-neuen-studienvertrag-der-dhbw) (geprüft am 31. 5. 2022). Konkret geht es um Ziffer 14. des „Studienvertrags“ der DHBW (https://www.dhbw.de/fileadmin/user_upload/Dokumente/Doku mente_fuer_Duale_Partner/DHBW_Studienvertrag.pdf) (geprüft am 31. 5. 2022), wo eine Regelung zu „sonstigen Vereinbarungen“ getroffen wird. Demnach dürfen „Vereinbarungen über eine Bindung an die Ausbildungsstätte während oder nach Beendigung des Studiums, insbesondere in Form einer Rückzahlungsvereinbarung im Falle eines Wechsels der Ausbildungsstätte oder einer Kündigung […] nicht getroffen werden. Dies gilt nicht für Vereinbarungen, die die Rückzahlung von über die angemessene Ausbildungsvergütung […] hinaus zusätzlich gewährten Leistungen, die im Rahmen einer Nebenabrede individuell vereinbart werden, zum Gegenstand haben.“ Durch Satz 2 wird also die Möglichkeit des Abschlusses von Rückzahlungsvereinbarungen über außerhalb der Ausbildungsvergütung liegende Beträge wie etwa die übernommenen Studienbeiträge, Fahrtkosten-, Wohn- oder Bücherzuschüsse eröffnet. Für dual Studierende besteht so die Gefahr von hohen finanziellen Forderungen; eine Übernahmegarantie seitens des Unternehmens geht mit der Festsetzung derartiger Klauseln freilich nicht einher. 165 Siehe hierzu insbesondere unter § 3 D. II. 166 Siehe nur CKK/Krause, 2019, Einführung Rn. 113 m. w. N. 167 Zur Ausstrahlungswirkung der Grundrechte als „objektive Werteordnung“ auf das Privatrecht über „Einbruchstellen“, also ausfüllungsbedürftige Generalklauseln (mittelbare Drittwirkung) vgl. grundlegend das „Lüth“-Urteil BVerfG, Urt. v. 15. 1. 1958 – 1 BvR 400/51, BVerfGE 7, 198; noch weitergehend (unmittelbare privatrechtliche Wirkung) bereits zuvor BAG, Urt. v. 3. 12. 1954 – 1 AZR 150/54, NJW 1955, 606, 607; aus dem Schrifttum grundlegend zur mittelbaren Drittwirkung Dürig, FS Nawiasky, 1956, 157 ff.; zur unmittelbaren Drittwirkung wiederum siehe zuvorderst Nipperdey, Grundrechte und Privatrecht, 1961, 13 ff.; zum Ganzen Boemke/Gründel, ZFA 2001, 245, 247 ff. m. w. N. 168 Dies unterstreicht bereits Art. 1 Abs. 3 GG, der lediglich den Staat als Grundrechtsadressaten vorsieht, vgl. nur Canaris, AcP 184 (1984), 201, 203 f.; Art. 9 Abs. 3 Satz 2 GG stellt bekanntlich eine gewisse Ausnahme dar – hier gilt die unmittelbare Wirkung.

§ 8 Bindungs- und Rückzahlungsklauseln

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nicht widerspricht.169 Die in den Fokus gesetzten Bindungs- und Rückzahlungsverpflichtungen sind demnach stets im Lichte der Vertragsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG einerseits sowie dem „arbeitsrechtlichen Muttergrundrecht“170 der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG andererseits zu untersuchen.171 Dabei ist es nicht neu, dass sich Rückzahlungsklauseln, bei denen es sich rechtsdogmatisch um aufschiebend bedingte Zahlungsverpflichtungen i. S. d. § 158 Abs. 1 BGB handelt,172 im Spannungsverhältnis zwischen Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG bewegen,173 aber die über die Jahre hinweg entwickelten Regeln zur Rückzahlung von Aus- und Fortbildungskosten müssen nun in das Gewand des dualen Studiums geschneidert werden. Bei der konkreten Ausgestaltung derartiger Abreden lässt sich eine deutliche Zerfaserung beobachten, was die rechtliche Analyse erschwert. An welche Bedingungen oder Dauer die Bindung und Rückzahlung geknüpft sind, variiert mitunter beträchtlich. Das Ziel kann hier demnach nur darin bestehen, typische Vertragskonstellationen schlaglichtartig auf ihre Tauglichkeit zu überprüfen, ohne allgemeingültige Aussagen über jedwede Vereinbarungsformen treffen zu können. Zunächst ist aber der Vorfrage nachzugehen, ob Bindungs- und Rückzahlungsverpflichtungen bei ausbildungs- und praxisintegrierenden dualen Studiengängen überhaupt gemeinhin als zulässig erachtet werden können.174

B. Maßstab des BBiG Bindungsabreden behindern dual Studierende nach dem Studienabschluss für eine bestimmte Zeit darin, eine Tätigkeit in einem anderen beruflichen Umfeld aufzunehmen, und greifen den aus Art. 12 Abs. 1 GG erwachsenen Mobilitäts-

169 Vgl. allgemein Krause, ANNALES, Universitatis Scientiarium Budapestinensis De Rolando Eötvös Nominatae, Sectio Iuridica, Band LV 2014, 51, der davon ausgeht, dass „die Durchdringung mit grundrechtlichen Wertungen zu den prägenden Zügen des deutschen Arbeitsrechts der letzten Jahrzehnte gehört“. 170 Gamillscheg, Die Grundrechte im Arbeitsrecht, 1989, 58. 171 Während in der früheren Rechtsprechung Art. 12 Abs. 1 GG noch direkt als Maßstab herangezogen wurde (vgl. BAG, Urt. v. 29. 6. 1962 – 1 AZR 343/61, NJW 1962, 1981) werden die grundrechtlichen Wertungen heute regelmäßig über den Grundsatz von Treu und Glauben in die entsprechenden einfachgesetzlichen Rechtssätze, etwa in die durch § 307 Abs. 1 BGB eröffnete Angemessenheitskontrolle, „hineingelesen“; vgl. nur BAG, Urt. v. 13. 12. 2011 – 3 AZR 791/09, NZA 2012, 738, Rn. 23; vgl. auch Krause, in: Heun/Schorkopf (Hrsg.), Wendepunkte der Rechtswissenschaft, 2014, 175, 202; Staudinger BGB/ders., Neubearbeitung 2019, Anh. zu §§ 305 – 310 – AGB Kontrolle im Arbeitsrecht Rn. K 208; sowie DDZ/Deinert/ Callsen, 2020, Einleitung Rn. 423. 172 Hanau/Stoffels, Beteiligung von Arbeitnehmern an den Kosten der beruflichen Fortbildung, 1992, 8; Thüsing, AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht, 2007, Rn. 336. 173 Siehe nur I. Schmidt, NZA 2004, 1002 ff. 174 Kritisch DGB Bundesverband, Position zum Dualen Studium, 2019, 34.

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3. Teil: Individual- und kollektivarbeitsrechtliches Schutzgeflecht

schutz175 unmittelbar an. Die Kopplung mit entsprechenden Rückzahlungsklauseln bewirkt eine mittelbare Grundrechtsbeeinträchtigung dadurch, dass an die Beendigung des Rechtsverhältnisses mit dem Kooperationsbetrieb wirtschaftliche Nachteile geknüpft werden.176 Ausdruck des in Art. 12 Abs. 1 GG verbürgten Rechts jedes Einzelnen, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei wählen zu können, ist etwa § 12 BBiG,177 der als gesetzliche Schranke fungiert.178 Soweit diese zwingende Spezialvorschrift eingreift, ist für die allgemeine Inhaltskontrolle nach § 307 BGB kein Raum.179 § 12 Abs. 1 Satz 1 BBiG statuiert den Grundsatz, dass eine Vereinbarung nichtig ist, die Auszubildende für die Zeit nach der Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses in der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit beschränkt.180 Schutzgut ist demnach die Entschlussfreiheit des Bildungsteilnehmers für seine berufliche Weiterbildung im Anschluss an die Bildungsstation.181 § 12 Abs. 2 BBiG sieht in seinen Nummern 1 – 4 darüber hinaus – insoweit spezieller – die Nichtigkeit bestimmter Vereinbarungen über Entschädigungsverpflichtungen für die Berufsausbildung, Vertragsstrafen, den Ausschluss oder die Beschränkung von Schadensersatzansprüchen sowie die pauschale Festsetzung der Höhe eines Schadensersatzes vor. Dahinter soll die Erwägung stehen, die finanziellen Belastungen des Bildungsteilnehmers respektive dessen Eltern möglichst gering zu halten.182 § 12 BBiG schränkt damit – zusammen mit der Unabdingbarkeitsregelung des § 25 BBiG – die Vertragsfreiheit des Ausbildenden aus Art. 2 Abs. 1 GG spürbar ein. Der Gesetzgeber hat hier den besonderen Schutz der Nachwuchskräfte infolge struktureller Unterlegenheit und aufgrund der existentiellen Angewiesenheit auf die ent175 Siehe hierzu Krause, ANNALES, Universitatis Scientiarium Budapestinensis De Rolando Eötvös Nominatae, Sectio Iuridica, Band LV 2014, 51, 67 f.; ders., in: Heun/Schorkopf (Hrsg.), Wendepunkte der Rechtswissenschaft, 2014, 175, 201 f.; vgl. auch I. Schmidt, NZA 2004, 1002, 1003. 176 Rückzahlungsklauseln greifen „diametral“ in die Berufsfreiheit ein, siehe Staudinger BGB/Krause, Neubearbeitung 2019, Anh. zu §§ 305 – 310 – AGB Kontrolle im Arbeitsrecht Rn. K 210. 177 Benecke, in: Benecke/C. S. Hergenröder (Hrsg.), BBiG, 2021, § 12 Rn. 1; ErfK/ Schlachter, 2022, § 12 BBiG Rn. 1; MünchHdbArbR/Schneider, 2021, § 147 Rn. 5; Taubert, BBiG, 2021, § 12 Rn. 1. 178 Hanau/Stoffels, Beteiligung von Arbeitnehmern an den Kosten der beruflichen Fortbildung, 1992, 12; Stoffels, in: Preis (Hrsg.), Der Arbeitsvertrag, 2020, A 120 Ausbildungskosten Rn. 16; Thüsing, in: Graf von Westphalen/Thüsing (Hrsg.), Vertragsrecht und AGBKlauselwerke, 2022, Teil Klauselwerke, Arbeitsverträge Rn. 368. 179 Däubler/Deinert/Walser/Deinert, 2021, § 307 Rn. 103; vgl. auch Hanau/Stoffels, Beteiligung von Arbeitnehmern an den Kosten der beruflichen Fortbildung, 1992, 12. 180 § 12 Abs. 1 Satz 2 BBiG sieht eine Ausnahme für kurz vor der Beendigung geschlossene Vereinbarungen vor. Demnach soll es zulässig sein, wenn sich Auszubildende innerhalb der letzten sechs Monate des Berufsausbildungsverhältnisses dazu verpflichten, nach dessen Beendigung mit den Ausbildenden ein Arbeitsverhältnis einzugehen. Die hier besprochenen Rückzahlungsverpflichtungen werden jedoch in aller Regel bereits vor dem Beginn der Praxisphase vereinbart, sodass dieser Ausnahmetatbestand im hiesigen Kontext keine Rolle spielt. 181 BT-Drs. V/4260, 6. 182 BT-Drs. V/4260, 7.

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sprechenden Erstausbildungsmaßnahmen erkannt. Dies steht im Einklang mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben, wonach die Vertragsfreiheit als Ausfluss der Privatautonomie eine freie Selbstbestimmung voraussetzt, die wiederum bei einem deutlichen Übergewicht der einen Vertragspartei – etwa weil sie den Vertragsinhalt faktisch bestimmen kann – in Fremdbestimmung umschwenkt.183 Der aus § 12 BBiG erwachsene besondere Schutz ist daher als Ausgleich der gestörten Vertragsparität verfassungsrechtlich geradezu geboten.184 Wie bereits im Obigen herausgearbeitet185 kann § 12 BBiG nicht nur unmittelbar auf ausbildungsintegrierend dual Studierende, sondern über § 26 BBiG, der seinerseits ebenfalls einen schonenden Ausgleich zwischen Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG sucht,186 auch für die Teilnehmer praxisintegrierender dualer Studiengänge angewendet werden.187

I. Nichtigkeit von Vereinbarungen über Entschädigungszahlungen für die Ausbildung nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 BBiG Von den Nummern 1 – 4 des § 12 Abs. 2 BBiG kommt allein Nr. 1 in Betracht, nach der die Nichtigkeit einer Vereinbarung über die Verpflichtung Auszubildender, für die Berufsausbildung eine Entschädigung zu zahlen, angeordnet wird. Die Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf soll keine Frage des Geldes sein.188 In erster Linie geht es darum, die wirtschaftliche Überschaubarkeit der Ausbildung für die betreffende Person zu sichern und eine ungebührliche Einengung der beruflichen Entscheidungsfreiheit zu verhindern.189 Dabei ist der Begriff der Entschädigung angesichts des aus § 14 Abs. 1 Nr. 3 BBiG folgenden Prinzips,190 dass 183

BVerfG, Beschl. v. 7. 2. 1990 – 1 BvR 26/84, BVerfGE 81, 242 = NZA 1990, 389, unter C. I. 3. (Handelsvertreterentscheidung); BVerfG, Beschl. v. 19. 10. 1993 – 1 BvR 567/89, BVerfGE 89, 214 = AP GG Art. 2 Nr. 35, unter C. II. 2. b) (Bürgschaftsentscheidung). 184 Lakies, in: Lakies/Malottke (Hrsg.), BBiG, 2021, § 12 Rn. 2 f. 185 Offenlassend dagegen BAG, Urt. v. 25. 4. 2001 – 5 AZR 509/99, NZA 2002, 1396, unter I.; BAG, Urt. v. 18. 3. 2008 – 9 AZR 186/07, NZA 2008, 1004, Rn. 9 („Volontariatsvertrag“, bei dem auch ungeklärt blieb, ob die Praxisphasen als integrativer Bestandteil des Studiums zu absolvieren waren); BAG, Urt. v. 18. 11. 2008 – 3 AZR 192/07, NZA 2009, 435, Rn. 20 ff.; LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 23. 5. 2007 – 3 Sa 28/07, NZA-RR 2007, 514, unter II. 1.; LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 8. 3. 2017 – 3 Sa 275/16, BeckRS 2017, 111927, Rn. 30; ablehnend ArbG Gießen, Urt. v. 3. 2. 2015 – 9 Ca 180/14, BeckRS 2015, 70609, Rn. 52. 186 HK-BBiG/Pepping, 2020, § 26 Rn. 12. 187 A. A. erneut wegen des Bestreitens der generellen Anwendbarkeit des BBiG Grimm/ Freh, ArbRB 2015, 316, 318 f.; Kleinebrink, ArbRB 2011, 58, 60; Koch-Rust/Rosentreter, NJW 2009, 3005, 3009; dies., NZA 2013, 879; Lücke, in: Hümmerich/Lücke/Mauer (Hrsg.), Arbeitsrecht, 2018, § 2 Rn. 297; I. Natzel, NZA 2008, 567, 568, 570; Verma/Takacs, BB 2021, 308, 311. 188 Krause, Arbeitsrecht, 2020, § 11 Rn. 31. 189 Vgl. Baumstümmler/Schulien, Berufsbildungsrecht, 2022, § 12 Rn. 18. 190 Aus der in § 14 Abs. 1 Nr. 3 BBiG dem Ausbildenden auferlegten Pflicht, die Ausbildungsmittel kostenlos zur Verfügung zu stellen, folgert das BAG den Grundsatz der Kosten-

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die Kosten der Ausbildung vom Ausbildenden zu tragen sind,191 weit auszulegen.192 Mitnichten impliziert dieses Verständnis die gänzliche Konturenlosigkeit des Begriffs. Kosten der Ausbildung können ausschließlich die betrieblichen Ausgaben sein,193 anfallende Kosten im Zusammenhang mit dem schulischen Part werden hingegen im Rahmen des § 12 Abs. 2 Nr. 1 BBiG nicht erfasst,194 sodass für diesen Bereich das Verbot der Kostenerhebung nicht gelten kann. Einen allgemeinen Grundsatz, wonach dem Bildungsempfänger während der Ausbildung keinerlei Kosten entstehen dürften, statuiert das BBiG gerade nicht. Bei Grenzfällen wie etwa der Frage, ob auch die Kosten für Verpflegung und Unterkunft zurückgefordert werden können, die dadurch entstehen, dass die Ausbildung außerhalb des betrieblichen Umfeldes – beispielsweise wie hier an der dualen Bildungseinrichtung – vorgenommen wird,195 ließe sich danach differenzieren, ob es sich um Kosten „für“ und „zur“ Ausbildung selbst oder lediglich um Kosten „bei“ der Ausbildung handelt.196 Letztere werden nicht unmittelbar kausal durch die Ausbildungsmaßnahmen des Betriebes, sondern nur währenddessen verursacht und würden dementsprechend nicht unter die betrieblichen Ausgaben fallen. Bei einer Übertragung dieses Gedankens auf das duale Studienmodell wären derartige Kosten, die der Kooperationsbetrieb übernimmt, ersichtlich dem theoretischen Segment an der Bildungsinstitution zuzuweisen mit der Folge der potenziellen Erstattungsfähigkeit durch eine Rückzahlungsklausel. Die bei der Einordnung des Rechtsstatus dual Studierender entwickelte Spaltung in einen selbstständigen betriebspraktischen Teil einerseits und in einen wiederum selbstständigen theorefreiheit der Berufsausbildung, vgl. BAG, Urt. v. 26. 9. 2002 – 6 AZR 486/00, NZA 2003, 1403, unter 2. b) aa); siehe dazu auch MünchHdbArbR/Schneider, 2021, § 149 Rn. 9; sowie HKBBiG/Banke/Pepping, 2020, § 12 Rn. 21. 191 Zu diesem Grundsatz vgl. auch mit Bezug zu dualen Studiengängen BAG, Urt. v. 18. 11. 2008 – 3 AZR 192/07, NZA 2009, 435, Rn. 22; Koch-Rust/Rosentreter, NJW 2009, 3005, 3009. 192 Benecke, in: Benecke/C. S. Hergenröder (Hrsg.), BBiG, 2021, § 12 Rn. 13; Lakies, in: Lakies/Malottke (Hrsg.), BBiG, 2021, § 12 Rn. 30; vgl. auch Düwell/Ebeling, DB 2008, 406; Kleinebrink, DB 2020, 170, 173. 193 Vgl. aus der höchstrichterlichen Rechtsprechung: BAG, Urt. v. 24. 6. 1999 – 8 AZR 339/ 98, NZA 1999, 1275, unter II. 1.; BAG, Urt. v. 21. 11. 2001 – 5 AZR 158/00, NZA 2002, 551, unter I. 1.; BAG, Urt. v. 25. 7. 2002 – 6 AZR 381/00, AP BBiG § 5 Nr. 9, unter B. I. 2. c) aa); BAG, Urt. v. 26. 9. 2002 – 6 AZR 486/00, NZA 2003, 1403, unter 2. b) cc); zudem mit unmittelbarem Bezug zum dualen Studium BAG, Urt. v. 18. 11. 2008 – 3 AZR 192/07, NZA 2009, 435, Rn. 23; sowie BAG, Urt. v. 25. 4. 2001 – 5 AZR 509/99, NZA 2002, 1396, unter I. 3. 194 Vgl. den Gleichklang mit dem Schrifttum: HK-BBiG/Banke/Pepping, 2020, § 12 Rn. 22; Lakies, in: Lakies/Malottke (Hrsg.), BBiG, 2021, § 12 Rn. 31; Lakies, BBiG, 2020, § 12 Rn. 22; NK-GA/I. Natzel, 2016, § 12 BBiG Rn. 17; Schlachter, Anm. zu BAG, Urt. v. 25. 4. 2001 – 5 AZR 509/99, AP BBiG § 5 Nr. 8; I. Schmidt, NZA 2004, 1002, 1003; MünchHdbArbR/ Schneider, 2021, § 149 Rn. 9; Stoffels, in: Preis (Hrsg.), Der Arbeitsvertrag, 2020, A 120 Ausbildungskosten Rn. 16; Verma/Takacs, BB 2021, 308, 311. 195 Vgl. dazu schon BAG, Urt. v. 21. 9. 1995 – 5 AZR 994/94, NZA 1996, 205, unter 1. c). 196 So MünchHdbArbR/Schneider, 2021, § 149 Rn. 9; ähnlich auch schon B. Natzel/ I. Natzel, Anm. zu BAG 11. 10. 1995 – 5 AZR 258/94, SAE 1997, 116, 121.

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tisch-schulischen Teil andererseits197 kommt an dieser Stelle wieder besonders zum Vorschein. Selbst das BAG geht in der oben besprochenen Entscheidung aus dem Jahr 2008198 bei der entsprechenden Prüfung des § 12 Abs. 2 Nr. 1 BBiG diesen Weg, um auf der Grundlage einer vorgenommenen Trennung die Studienphasen beim dualen Bildungsanbieter dem nicht vom Verbot der Kostenerhebung umfassten schulischen Bereich der Ausbildung zuzuordnen.199 Dieser – jedenfalls für das Gericht – ungelenke Sonderweg, der speziell für § 12 Abs. 2 Nr. 1 BBiG beschritten wird, wäre nicht erforderlich gewesen, würde die Rechtsprechung die isolierte rechtliche Betrachtung der Praxisphasen als Privatrechtsverhältnis losgelöst vom öffentlich-rechtlichen Studienverhältnis bereits bei der Anwendbarkeit des § 26 BBiG anerkennen. Eine von vornherein gebahnte Trennung, wie sie hier präferiert wird, hätte demnach auch an dieser Stelle ohne Umwege zu einem harmonischen Ergebnis geführt. Vor dem Hintergrund der festgehaltenen Befunde der hiesigen Studie lassen sich die vom Betrieb aufgebrachten Kosten für die Studienphasen der dual Studierenden aufgrund der bereits zuvor eingeleiteten Aufspaltung der Rechtsverhältnisse klar extrahieren. Schließlich gehören die rechtlich souveränen Studienphasen nicht zu der vom Kooperationsbetrieb exklusiv geschuldeten betriebspraktischen Ausbildung,200 sie finden erst recht nicht auf betrieblicher Veranlassung statt.201 Die theoretische und die praktische Ausbildung im dualen Studienmodell sind zwei zwar inhaltlich eng miteinander verzahnte, rechtlich jedoch selbstständig nebeneinander auf getrennten Schienen laufende Bereiche, die auf unterschiedlichen gesetzlichen Grundlagen beruhen.202 Damit lässt sich resümieren, dass solche Rückzahlungsklauseln, die (nur) den Studienteil des dualen Studiums betreffen – etwa die Vergütung dual Studierender während der Studienphasen durch den Betrieb oder übernommene Semesterbeiträge203 –, nicht von der Nichtigkeits197 198

1. b).

Siehe dazu das Ergebnis der Diskussion unter § 6 B. III. 1. e). BAG, Urt. v. 18. 11. 2008 – 3 AZR 192/07, NZA 2009, 435, siehe dazu unter § 6 B. III.

199 Ähnlich auch schon der Fünfte Senat BAG, Urt. v. 25. 4. 2001 – 5 AZR 509/99, NZA 2002, 1396, unter I. 3., der die Anwendbarkeit des BBiG im Ergebnis zwar offenlässt, die Vereinbarkeit der streitgegenständlichen Klausel aber gleichwohl an § 5 BBiG a. F. (§ 12 BBiG n. F.) misst und die Anwendbarkeit des BBiG somit selbst durchaus in Betracht zieht; vgl. dazu auch Schlachter, Anm. zu BAG, Urt. v. 25. 4. 2001 – 5 AZR 509/99, AP BBiG § 5 Nr. 8. 200 BAG, Urt. v. 18. 11. 2008 – 3 AZR 192/07, NZA 2009, 435, Rn. 23; sich diese Ausführungen zu eigen machend LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 14. 12. 2011 – 3 Sa 263/ 11, BeckRS 2012, 67940, unter I. 2. a) bb); vgl. auch zuvor BAG, Urt. v. 25. 4. 2001 – 5 AZR 509/99, NZA 2002, 1396, unter I. 3. 201 Der Ausbildende hätte die Kosten nämlich dann zu tragen, wenn der schulische Teil der Ausbildung auf Veranlassung des Ausbildenden außerhalb des staatlichen Schulsystems erfolgen würde, vgl. BAG, Urt. v. 26. 9. 2002 – 6 AZR 486/00, NZA 2003, 1403, unter 2. b) cc); BAG, Urt. v. 25. 7. 2002 – 6 AZR 381/00, AP BBiG § 5 Nr. 9, unter B. I. 2. c) cc); dem folgend BAG, Urt. v. 22. 12. 2009 – 3 AZR 936/07, NZA 2010, 1440, Rn. 16 ff. 202 Ähnlich für das duale System im Rahmen der Berufsausbildung BAG, Urt. v. 26. 9. 2002 – 6 AZR 486/00, NZA 2003, 1403, unter 2. b) cc). 203 Vgl. hierzu Grimm/Freh, ArbRB 2015, 316, 318.

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anordnung des § 12 Abs. 2 Nr. 1 BBiG umfasst und somit grundsätzlich einer Vereinbarung hinsichtlich der Rückzahlung zugänglich sind.204 Demgegenüber können die unmittelbar im Zusammenhang mit dem betrieblichen Teilstück anfallenden Kosten205 freilich nicht Gegenstand einer Ausbildungskostenrückzahlungsverpflichtung sein.206 Auch die während der gesetzlichen Freistellung (§ 15 BBiG) zwingend fortgezahlte Vergütung (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 BBiG) kann als betriebliche Ausgabe nicht auf den dual Studierenden abgewälzt werden.207

II. Nichtigkeit tätigkeitsbeschränkender Vereinbarungen nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BBiG Der Zulässigkeit von Rückzahlungsvereinbarungen in Praxisphasenverträgen dualer Studiengänge könnte aber § 12 Abs. 1 Satz 1 BBiG entgegenstehen. Abreden, die Auszubildende für die Zeit nach der Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses in der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit beschränken, sind der Vorschrift nach nichtig. Der geschützte Normadressat soll sich während seiner Ausbildung nicht vorzeitig im Hinblick auf die Bedingungen im bevorstehenden beruflichen Lebensabschnitt nach der Beendigung seines Ausbildungsverhältnisses festlegen, und auch dem Ausbildenden soll es verwehrt sein, seinen Vertragspartner vorzeitig zu binden.208 Von § 12 Abs. 1 Satz 1 BBiG werden nicht nur unmittelbare, sondern grundsätzlich auch mittelbare – etwa durch wirtschaftliche Folgelasten ausgelöste – Beschränkungen erfasst.209 Dies lässt sich bereits aus dem Wortlaut der Norm ableiten, wonach eine bloße „Beschränkung“ – nicht etwa ein Ausschluss – der Ausübung der beruflichen Tätigkeit genügt. Üben die in Rede stehenden Klauseln mittelbaren Druck auf die betreffende Person aus, soll es für die Nichtigkeitsfolge darauf ankommen, ob die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG unverhältnismäßig

204

Im Ergebnis auch Baumstümmler/Schulien, Berufsbildungsrecht, 2022, § 12 Rn. 29a; Faulhaber, Praktikanten und Volontäre, 2008, 114 f.; Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 450 f.; wohl auch Herkert/Töltl, BBiG, 2022, § 12 Rn. 41 f.; a. A. sogar zu ausbildungsintegrierenden dualen Studiengängen ohne Differenzierung zwischen betrieblichem und schulischem Bereich Grimm/Freh, ArbRB 2015, 316, 320. 205 Zu den Ausbildungskosten, die grundsätzlich der Kooperationsbetrieb zu tragen hat, zählen insbesondere die betrieblichen Sach- und Personalkosten, vgl. BAG, Urt. v. 26. 9. 2002 – 6 AZR 486/00, NZA 2003, 1403, unter 2. b) bb); BAG, Urt. v. 18. 11. 2008 – 3 AZR 192/07, NZA 2009, 435, Rn. 23. 206 LAG Köln, Urt. v. 27. 5. 2010 – 7 Sa 23/10, NZA-RR 2011, 11, Leitsatz 2. 207 Vgl. BAG, Urt. v. 25. 7. 2002 – 6 AZR 381/00, AP BBiG § 5 Nr. 9, unter B. I. 2. b) aa); siehe zudem bereits BAG, Urt. v. 29. 6. 1988 – 5 AZR 450/87, BeckRS 1988, 30726712. 208 BAG, Urt. v. 31. 1. 1974 – 3 AZR 58/73, AP BBiG § 5 Nr. 1, unter II. 3. 209 BAG, Urt. v. 25. 4. 2001 – 5 AZR 509/99, NZA 2002, 1396, unter I. 1. und I. 2.; zustimmend BMMS/Munk, 2004, § 5 Rn. 6; tendenziell kritisch hingegen Schlachter, Anm. zu BAG, Urt. v. 25. 4. 2001 – 5 AZR 509/99, AP BBiG § 5 Nr. 8.

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eingeschränkt ist.210 Auch hier ist der Schutz der Entschlussfreiheit weit zu verstehen,211 das Verhältnismäßigkeitsprinzip ist jedoch keinesfalls undurchlässig. § 12 Abs. 1 Satz 1 BBiG verbietet mithin nicht jede mittelbar wirkende Beeinträchtigung der Entscheidungsfreiheit212 und entfaltet keine absolute Wirkung. Wann § 12 Abs. 1 Satz 1 BBiG als Konkretisierung der Berufsfreiheit213 in Gestalt einer nicht zu rechtfertigenden mittelbaren Beschränkung erfüllt ist, muss demzufolge im Einzelfall nach den Grundsätzen über die Verhältnismäßigkeit unter Berücksichtigung der in § 12 Abs. 2 BBiG enthaltenen Wertungen zu beurteilen sein.214 Elementar ist zudem, dass die von der Rechtsprechung entwickelten Grundregeln zur Rückzahlung von Fortbildungskosten im Arbeitsverhältnis215 auch im Rahmen des § 12 Abs. 1 Satz 1 BBiG herangezogen werden können.216 Damit geht eine Öffnung bzw. Ausweitung der allgemeinen Vertragsgestaltungsgrundsätze zur Rückzahlung von Ausund Fortbildungskosten bis in den spezialgesetzlichen Bereich des BBiG einher. Bei der Abwägung hat man sich neben den in § 12 Abs. 2 BBiG benannten speziellen Nichtigkeitsgründen und deren ausstrahlenden Wertungen stets auch in übergeordneter Hinsicht den generellen Schutzgedanken des Gesetzes vor Augen zu führen: Wirkungsvoll gilt es zu verhindern, dass die Nachwuchskraft die noch unvollkommenen beruflichen Grundkenntnisse infolge einer vorzeitigen Bindung nicht vertiefen kann oder sogar brachliegen lassen muss.217 1. Feste Bindungspflichten Dies in Rechnung gestellt kann zunächst geklärt werden, dass starre Bleibeabreden, die eine Verpflichtung des Eingehens eines Arbeitsverhältnisses nach der Ausbildung außerhalb des Sechsmonatszeitfensters nach § 12 Abs. 1 Satz 2 BBiG vorsehen218 und die ohne die alternative Möglichkeit des Leistens eines finanziellen Ausgleichs in Form einer Rückzahlungsverknüpfung geschlossen werden, jedenfalls 210

BAG, Urt. v. 25. 4. 2001 – 5 AZR 509/99, NZA 2002, 1396, unter I. 2. AR-Blattei SD/Lakies, 2007, 1740, Rn. 41; ders., in: Lakies/Malottke (Hrsg.), BBiG, 2021, § 12 Rn. 11. 212 BAG, Urt. v. 25. 4. 2001 – 5 AZR 509/99, NZA 2002, 1396, unter I. 2. 213 Schlachter, Anm. zu BAG, Urt. v. 25. 4. 2001 – 5 AZR 509/99, AP BBiG § 5 Nr. 8. 214 BAG, Urt. v. 25. 4. 2001 – 5 AZR 509/99, NZA 2002, 1396, unter I. 2.; dem folgend LAG Düsseldorf, Urt. v. 21. 6. 2013 – 10 Sa 206/13, BeckRS 2013, 71218, unter I. 1. b) bb) (1) (b). 215 Siehe dazu etwa Staudinger BGB/Krause, Neubearbeitung 2019, Anh. zu §§ 305 – 310 – AGB Kontrolle im Arbeitsrecht Rn. K 212; ErfK/Preis, 2022, § 611a BGB Rn. 436 ff. jeweils m. w. N. 216 BAG, Urt. v. 25. 4. 2001 – 5 AZR 509/99, NZA 2002, 1396, unter I. 2.; BAG, Urt. v. 18. 11. 2008 – 3 AZR 192/07, NZA 2009, 435, Rn. 24. 217 Schaub-ArbR-HdB/Vogelsang, 2021, § 174 Rn. 34. 218 Darunter sind nicht nur derartige Beschränkungen in Bezug auf den ehemaligen Auszubildenden zu verstehen, sondern auch solche in Bezug auf einen Dritten wie etwa in einem Konzern Lakies, in: Lakies/Malottke (Hrsg.), BBiG, 2021, § 12 Rn. 9; ebenso Benecke, in: Benecke/C. S. Hergenröder (Hrsg.), BBiG, 2021, § 12 Rn. 4. 211

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als unmittelbare Beschränkung nach Maßgabe des § 12 Abs. 1 Satz 1 BBiG zwingend nichtig sind.219 In diesem Fall ist die mittelbar wirkende Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG in unvertretbarer Weise für eine bestimmte Zeitspanne nahezu gänzlich aufgehoben und kein Raum für Verhältnismäßigkeitserwägungen mehr vorhanden. Solche Klauselgestaltungen zulasten dual Studierender ohne jegliche Kopplung mit einer Rückzahlungsvereinbarung für den Fall eines vorzeitigen Ausscheidens finden sich aber – soweit ersichtlich – kaum in den Praxisphasenverträgen dualer Studiengänge. § 12 Abs. 1 Satz 1 BBiG versteht sich primär als eine einseitige Schutzvorschrift zugunsten der Bildungsteilnehmer, sodass die Nichtigkeitsfolge jedoch dann nicht eintritt, wenn ausschließlich die geschützte Person – hier etwa der dual Studierende – aus der Vereinbarung ihn betreffende Rechte ableitet; insoweit bleibt eine etwaig eingegangene Verpflichtung des Ausbildenden aus der Bindungsabrede unberührt mit der Folge, dass seitens des Absolventen der Abschluss eines Arbeitsvertrages verlangt werden könnte.220 Auch das Inaussichtstellen einer Weiterbeschäftigung, die wohlwollend, aber rechtlich unverbindlich ist, wäre unschädlich.221 Gleichwohl bleibt es dabei, dass feste Bindungsklauseln zulasten dual Studierender wegen der Nichtigkeitsvorschrift des § 12 Abs. 1 Satz 1 BBiG keine Rechtswirkungen entfalten. 2. Verknüpfte Bindungs- und Rückzahlungsvereinbarungen Ist demgegenüber ein alternativer Weg, der die Mobilität des Betroffenen rechtlich nicht komplett ausschließt, etwa über die Rückzahlung von zuvor exakt kalkulierten Kosten geebnet,222 so ist die grundsätzliche Zulässigkeit von derartig kombinierten Bindungs- und Rückzahlungsklauseln nicht per se zu versagen.223 Es kommt dann auf die konkrete Ausgestaltung der einzelnen Vertragsbedingungen an, wobei es im Wesentlichen darum geht, die Hürde für die Wahrnehmung des beruflichen Mobilitätsbedürfnisses nicht zu hoch anzulegen, mithin die faktische 219 Auch sogenannte Weiterarbeitsklauseln, bei denen der Auszubildende spätestens bis zu einem bestimmten Zeitpunkt anzeigen muss, dass er kein Arbeitsverhältnis im Anschluss eingehen will, und bei unterbliebener rechtzeitiger Anzeige sodann ein Arbeitsverhältnis zustande kommt, mithin eine Bleibeverpflichtung ausgelöst wird, sind unwirksam, vgl. bereits BAG, Urt. v. 31. 1. 1974 – 3 AZR 58/73, AP BBiG § 5 Nr. 1; dies gilt entsprechend, wenn die Anzeigepflicht beide Parteien trifft, vgl. BAG, Urt. v. 13. 3. 1975 – 5 AZR 199/74, AP BBiG § 5 Nr. 2. 220 Vgl. für die Berufsausbildung BAG, Urt. v. 13. 3. 1975 – 5 AZR 199/74, AP BBiG § 5 Nr. 2, unter II. 3. 221 Baumstümmler/Schulien, Berufsbildungsrecht, 2022, § 12 Rn. 9. 222 Solche Rückzahlungspflichten verfolgen somit als Kernanliegen die mittelbare Durchsetzung von Bindungsabreden, vgl. Benecke, in: Benecke/C. S. Hergenröder (Hrsg.), BBiG, 2021, § 12 Rn. 6. 223 Vgl. BAG, Urt. v. 25. 4. 2001 – 5 AZR 509/99, NZA 2002, 1396, unter I. 2. a).

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Beschränkung der Entscheidungsfreiheit der Nachwuchskraft nicht über ein bestimmtes Maß hinaus zuzulassen. Diese durch das BAG vorgenommene konkret individuelle Betrachtungsweise entspringt dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz,224 der über die grundrechtlichen Wertungen des Art. 12 Abs. 1 GG in die Prüfung des § 12 Abs. 1 Satz 1 BBiG eingespeist wird. Ein solcher Maßstab ist der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB weitgehend fremd. Diese zeichnet sich vielmehr durch einen vom Einzelfall losgelösten, generalisierenden Ansatz aus.225 Indem das BAG zunächst den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz aktiviert und sodann erklärt, dass „im Ergebnis […] die rechtlichen Anforderungen an die Zulässigkeit einer Vereinbarung, die mittelbaren Druck auf den Auszubildenden auszuüben geeignet ist, denen [entsprechen], die die Rechtsprechung zur Rückzahlung von Fortbildungskosten im Fall einer vorzeitigen Beendigung von Arbeitsverhältnissen aufgestellt hat“,226 wird eine Vermengung der beiden Maßstäbe erzeugt. Das Verhältnis der Maßstäbe zueinander muss in bündiger Form geklärt werden. Fraglich ist, ob es etwa konsistenter gewesen wäre, zunächst die richterrechtlichen Grundsätze zur Rückzahlung von Fortbildungskosten im Rahmen von Arbeitsverhältnissen in die Prüfung des § 12 Abs. 1 Satz 1 BBiG zu integrieren und erst in einem nächsten Schritt die Verhältnismäßigkeitserwägungen für den Einzelfall als Korrektiv der abstrakt generellen Betrachtungsweise ins Spiel zu bringen. Dagegen ließe sich entscheidend einwenden, dass die Implementierung der im Zusammenhang mit Arbeitsverhältnissen gewonnenen Grundätze eines Anknüpfungspunktes bedarf, der hier nur in der Verhältnismäßigkeit zu sehen ist. Insgesamt wäre es somit überzeugender gewesen, den Nutzen und das Erfordernis der Verhältnismäßigkeitserwägungen noch klarer herauszustellen und sodann die für Arbeitsverhältnisse geltenden Prinzipien als grobe Rahmung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes festzusetzen. Demgemäß sind bei der einzelfallbezogenen Prüfung der Verhältnismäßigkeit jene Maßstäbe als Orientierungsleitfaden zu berücksichtigen, die die Rechtsprechung zum Schutze der Berufsfreiheit vor einer ungebührlichen Beeinträchtigung aus einer generalisierenden Betrachtungsweise heraus aufgestellt hat – namentlich die Grundsätze über die Rückzahlung von Fortbildungskosten wegen vorzeitiger Beendigung eines Arbeitsverhältnisses. Eine vom BAG „im Ergebnis“ angenommene Entsprechung der rechtlichen Anforderungen227 sowohl für Arbeits- als auch für Berufsausbildungs- sowie ähnlichen Rechtsverhält-

224

Vgl. BAG, Urt. v. 25. 4. 2001 – 5 AZR 509/99, NZA 2002, 1396, unter I. 2. sowie unter I. 2. a): Jede Vereinbarung habe den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu wahren; die Bindungen seien auf Grund einer Güter- und Interessenabwägung nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalls zu ermitteln. 225 Siehe nur BAG, Urt. v. 11. 4. 2006 – 9 AZR 610/05, NZA 2006, 1042, Rn. 28: „typisierende Betrachtung“; sowie aktuell BAG, Urt. v. 11. 12. 2018 – 9 AZR 383/18, NZA 2019, 781, Rn. 19, 23; BAG, Urt. v. 1. 3. 2022 – 9 AZR 260/21, NZA 2022, 786, Rn. 20. 226 Siehe BAG, Urt. v. 25. 4. 2001 – 5 AZR 509/99, NZA 2002, 1396, unter I. 2. 227 BAG, Urt. v. 25. 4. 2001 – 5 AZR 509/99, NZA 2002, 1396, unter I. 2.

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nissen griffe dagegen zu weit.228 Die Ausübung der Berufsfreiheit ist im Erstausbildungssektor durch belastende Eingriffe ungleich stärker gefährdet als bei arbeitnehmerzentrierten Fortbildungsmaßnahmen.229 Der Anlegung eines konkret individuellen Maßstabes für § 12 Abs. 1 Satz 1 BBiG über den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz steht auch nicht der Umstand entgegen, dass die in Rede stehende Entscheidung des BAG230 vor dem Inkrafttreten der §§ 305 ff. BGB am 1. 1. 2002 noch unter Geltung der Bereichsausnahme des einstigen § 23 Abs. 1 AGBG ergangen ist.231 Zu dieser Zeit wurden arbeitsrechtliche Vereinbarungen zumeist anhand von Generalklauseln wie etwa § 242 BGB kontrolliert.232 Diese normativen Anknüpfungspunkte sahen nicht zwingend eine generell-typisierende Betrachtung vor, vielmehr wurde bei weitgefassten Klauseln jeweils geprüft, ob der Arbeitnehmer im konkreten Fall schutzwürdig ist.233 Nunmehr schließen die §§ 307 – 309 BGB als speziellere Regelungen einen Rückgriff auf § 242 BGB aus.234 Dies führt zu einer gewissen, von den Besonderheiten des konkreten Falls absehenden Generalisierung der Umstände, die der Kontrolle zugrunde zu legen sind235 – begrenzt auf den Rechtsrahmen der §§ 307 – 309 BGB.236 Werden, wie hier, allgemeine richterrechtliche Grundsätze, die über Jahrzehnte zu den §§ 307 – 309 BGB entwickelt wurden,237 als Orientierungshilfe innerhalb einer Verhältnismäßigkeitsprüfung im Rahmen des spezialgesetzlichen § 12 Abs. 1 Satz 1 BBiG herangezogen, so kann

228 Ähnlich zurückhaltend offenbar auch Schlachter, Anm. zu BAG, Urt. v. 25. 4. 2001 – 5 AZR 509/99, RdA 2002, 184, 186 f. 229 Mit engem Verständnis zur fehlenden Äquivalenzstörung im Verhältnis Arbeitnehmer und Arbeitgeber bei Fortbildungsmaßnahmen vgl. Brors, Die Abschaffung der Fürsorgepflicht, 2002, 236 f.; zudem schwingt stets ein Interesse der Allgemeinheit mit, insbesondere junge Nachwuchskräfte in der Freiheit ihrer Berufswahl zu schützen, siehe Gamillscheg, AcP 164 (1964), 385, 442. 230 BAG, Urt. v. 25. 4. 2001 – 5 AZR 509/99, NZA 2002, 1396. 231 Zur Entwicklung der Inhaltskontrolle im Arbeitsvertragsrecht siehe CKK/Krause, 2019, Einführung Rn. 14 ff. 232 Vgl. etwa BAG, Urt. v. 16. 3. 1994 – 5 AZR 339/92, NZA 1994, 937; BAG, Urt. v. 6. 9. 1995 – 5 AZR 241/94, NZA 1996, 314; BAG, Urt. v. 6. 5. 1998 – 5 AZR 535/97, NZA 1999, 79. 233 Vgl. BAG, Urt. v. 11. 4. 2006 – 9 AZR 610/05, NZA 2006, 1042, Rn. 28. 234 Siehe nur CKK/Krause, 2019, Vor § 307 Rn. 14. 235 Die typisierende Betrachtungsweise bedeutet jedoch nicht, dass auf den Arbeitnehmer im Allgemeinen abzustellen ist, vielmehr kann nach bestimmten Arbeitnehmergruppen differenziert werden, vgl. eine Entscheidung zur Inhaltskontrolle einer Vertragsstrafenregelung BAG, Urt. v. 25. 9. 2008 – 8 AZR 717/07, NZA 2009, 370, Rn. 59; ausführlich zur möglichen Differenzierung nach Verkehrskreisen Staudinger BGB/Krause, Neubearbeitung 2019, Anh. zu §§ 305 – 310 – AGB Kontrolle im Arbeitsrecht Rn. K 219 ff.; zur gruppentypischen Differenzierung siehe auch Stoffels, ZFA 2009, 861, 875. 236 Vgl. CKK/Krause, 2019, Vor § 307 Rn. 14. 237 Das BAG hat in diesem Bereich seine richterrechtlichen Grundsätze praktisch nahtlos in das AGB-rechtliche Kontrollregime überführt, siehe allgemein Staudinger BGB/ders., Neubearbeitung 2019, Anh. zu §§ 305 – 310 – AGB Kontrolle im Arbeitsrecht Rn. K 210.

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diese überindividuelle Betrachtung238 an dieser Stelle nicht gelten. Die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne verlangt geradezu eine umfassende Güter- und Interessenabwägung unter Berücksichtigung sämtlicher Einzelfallumstände. Die Übertragung der Grundsätze zu Rückzahlungsklauseln hinsichtlich Fortbildungskosten in Arbeitsverhältnissen erfolgt demzufolge lediglich partiell in inhaltlicher Hinsicht, eine Übertragung des gesamten typisierenden Betrachtungsmaßstabs auf § 12 Abs. 1 Satz 1 BBiG kann damit indes nicht einhergehen. Indem das BAG zum einen Verhältnismäßigkeitserwägungen im Rahmen des die Berufsfreiheit konkretisierenden § 12 Abs. 1 Satz 1 BBiG anstellt und zum anderen AGB-rechtliche Grundsätze zu den §§ 307 – 309 BGB für anwendbar erklärt, wird deutlich, dass darin kein Widerspruch zwischen einer abstrakt generellen und einer konkret individuellen Betrachtungsweise liegt, sondern dass eine Einzelfallbewertung auch mithilfe richterrechtlicher Grundsätze möglich ist, die primär in einem anderen Zusammenhang überindividuell angewendet werden. Abschließend sei hierzu aber noch betont, dass die Interessenabwägung bei § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB zwar „generell-regelhaft“ zu erfolgen hat, dies jedoch nicht heißt, dass es nicht gleichwohl auch bei einer generalisierenden Betrachtungsweise eine Vielzahl berücksichtigungsfähiger Kriterien gibt, die es ermöglichen, das Ergebnis vollständig in die Form einer generellen Regel zu gießen.239 Zu vermerken bleibt dabei, dass das flexible Verhältnismäßigkeitsprinzip in der Privatrechtsordnung240 lediglich in Ausnahmefällen unter begrenzten Rahmenbedingungen direkt herangezogen werden sollte.241 Nur bei spezifisch grundrechtsaufgeladenen Konstellationen wie etwa hier im Bereich der Problematik der Rückzahlung von Ausbildungs- und Fortbildungskosten und speziell auf dem Feld besonders schutzwürdiger Berufsausbildungs- sowie ähnlicher Rechtsverhältnisse242 ist eine Übertragung des originär im öffentlichen Recht wurzelnden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes über die für § 12 Abs. 1 Satz 1 BBiG mittelbar wirkende Berufsfreiheit denkbar. Die Ausgewogenheit der Ergebnisse geht freilich zulasten der Vorhersehbarkeit243 – dies ist im besonders grundrechtssensiblen Bereich hinzu238 Zur generell-typisierenden Betrachtung siehe etwa CKK/Klumpp, 2019, § 307 Rn. 45 ff. m. w. N. 239 Däubler/Deinert/Walser/Deinert, 2021, § 307 Rn. 110. 240 Hintergründig zu beachten gilt es, dass bereits die gesamte positivierte Privatrechtsordnung Ausdruck der Verhältnismäßigkeit ist. So sind etwa die Grundsätze zur Inhaltskontrolle im AGB-Recht Ausprägung eines Verhältnismäßigkeitsprinzips im Privatrecht, vgl. Preis, FS Dieterich, 1999, 429, 433; siehe auch Canaris, JuS 1989, 161, 162. 241 Vgl. Preis, FS Dieterich, 1999, 429, 446 f., 461 f.: Das Verhältnismäßigkeitsprinzip tauge nicht als „Wunderwaffe“ zur Bewältigung sämtlicher grundrechtsrelevanter Konfliktlagen im Privatrecht; ähnlich zurückhaltend bereits Medicus, AcP 192 (1992), 35, 54 ff. 242 Vgl. auch Schlachter, Anm. zu BAG, Urt. v. 25. 4. 2001 – 5 AZR 509/99, RdA 2002, 184, 186, die die mangelnde Geschäftserfahrung der Ausbildungsanwärter und die schwerwiegenden Auswirkungen einer fehlenden Berufsausbildung auf die gesamte berufliche Zukunft mit der Folge einer starken Einschränkung der Verhandlungsposition betont. 243 Dies., Anm. zu BAG, Urt. v. 25. 4. 2001 – 5 AZR 509/99, RdA 2002, 184, 186.

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nehmen, zumal mit dem von Arbeitsverhältnissen bekannten Abwägungsprogramm deutliche Konturen etabliert sind. Bei der Überprüfung kombinierter Bindungs- und Rückzahlungsklauseln im Rahmen dualer Studiengänge kann es für den Aufbau hilfreich sein, zwischen einem abstrakt generellen und einem konkret individuellen Blickwinkel zu trennen, wobei die Grenzen gewiss – auch aufgrund der oben dargestellten Integration abstrakt generell gewonnener Regeln in die Einzelfallbetrachtung – fließend sein können. Das Ziel besteht lediglich in einer näheren Systematisierung und Strukturierung, wobei versucht wird, die richterrechtlich aufgestellten Grundsätze, die nun im Rahmen des § 12 Abs. 1 Satz 1 BBiG zum Tragen kommen, speziell für die Praxisphasenverträge dualer Studiengänge zu ordnen. a) Abstrakt generelle Perspektive Insbesondere auf dem Feld des dualen Studiums ist die Wertung des oben diskutierten § 12 Abs. 2 Nr. 1 BBiG in Stellung zu bringen, die einen entscheidenden Stoß bei der Frage setzt, wann und in welchen Fällen eine unzulässige Beeinflussung des Bildungsteilnehmers anzunehmen ist.244 Betrifft die Rückzahlungsklausel nach äußeren Kriterien jene Ausgaben, die ausschließlich im Zusammenhang mit der hochschulischen Komponente des dualen Studienmodells stehen, kann das legitime betriebliche Interesse an der Rückforderung dieser Beträge durchaus überwiegen.245 Durch die übernommenen Studienbeiträge oder die während der Studienphasen gezahlte Vergütung, wozu die betriebliche Seite de iure nicht verpflichtet ist,246 erlangen die dual Studierenden einen überschießenden Vorteil, den sie bei einem Fehlschlag der betrieblichen Investitionen infolge ihres selbstbestimmten vorzeitigen Ausscheidens unter Umständen auszugleichen haben. Diese finanziellen Leistungen der Betriebe werden in erster Linie gezahlt, damit die dual Studierenden anfallende Kosten der allgemeinen Lebensführung besser bestreiten können; die betrieblichen Aufwendungen für jenen abgrenzbaren Bereich haben somit gewissermaßen bloß einen „Zuschusscharakter“. Dieser „Zuschuss“ erweist sich dann gerade nicht als eine mit Blick auf die betriebliche Praxisphase fließende Vergütung.247 Auch hier wirkt sich die Aufspaltung der tatsächlichen Zahlungen in eine 244

Vgl. BAG, Urt. v. 25. 4. 2001 – 5 AZR 509/99, NZA 2002, 1396, unter I. 2.; dem folgend LAG Düsseldorf, Urt. v. 21. 6. 2013 – 10 Sa 206/13, BeckRS 2013, 71218, unter I. 1. b) bb) (1) (b). 245 Vgl. für Praktikanten und Volontäre Schnelle, Volontäre und Praktikanten, 2010, 199, der den Schutzzweck des § 12 Abs. 1 Satz 1 BBiG insoweit nicht berührt sieht. 246 Demgegenüber können Bildungskosten, die der Arbeitgeber von Gesetzes wegen zwingend zu tragen hat, nicht mittels einer Rückzahlungsklausel dem Arbeitnehmer aufgebürdet werden, siehe Thüsing, AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht, 2007, Rn. 338; zwingend ist nur die Vergütung der Praxisphasen, vgl. unter § 7 A. I. 247 Vgl. zur Zulässigkeit einer Vereinbarung eines neben der Ausbildungsvergütung gezahlten Zuschusses im Falle der vorzeitigen Beendigung des im Anschluss an die Ausbildung

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Vergütung für die Praxisphasen einerseits und einen daneben gezahlten, zumeist nicht unerheblichen „Zuschuss“ für die Studienabschnitte andererseits aus. Eine Rückforderung jener „verlorener Zuschüsse“ ist demnach nicht ausgeschlossen.248 Darüber hinaus schlägt für die dual Studierenden in den Verhältnismäßigkeitserwägungen gemeinhin – und gerade nicht nur im Einzelfall249 – der außerordentlich hohe sowie nachhaltige Wert der betriebspraktischen Ausbildung und der dadurch erlangten Qualifikationen zu Buche. Schon hier ist das Augenmerk auf die richterrechtlichen Leitlinien zur Rückzahlung von Aus- und Weiterbildungskosten im Arbeitsverhältnis zu legen. Demnach sollen Rückzahlungsklauseln nur dann wirksam sein, wenn der Arbeitnehmer durch die Aus- oder Fortbildung selbst einen geldwerten Vorteil erlangt;250 mithin geht es um einen beruflichen Nutzen in Gestalt einer besseren Position auf dem Arbeitsmarkt oder der Schaffung von Aufstiegschancen.251 Eine Kostenbeteiligung des Arbeitnehmers ist umso eher anzunehmen, je größer für ihn der mit der Aus- oder Fortbildung verbundene Vorteil ist.252 Rechtsdogmatisch handelt es sich insoweit um einen Fall der Kompensation.253 Ein etwa mit dem Bachelorgrad abgeschlossenes duales Studium öffnet den Absolventen regelmäßig arbeitgeberübergreifend zahlreiche Türen auf dem internen wie externen Arbeitsmarkt.254 Lediglich unternehmensspezifische „Inhouse-Studiengänge“, wie sie gelegentlich auch vorkommen,255 minimieren den Wert des Abschlusses drastisch, sodass eine Rückzahlungsklausel hier unverhältnismäßig sein könnte. Angesichts der prinzipiellen Dauerhaftigkeit des zu erlangenden geldwerten Vorteils256 auf Seiten der dual Studierenden abseits des Konstruktes von „Just-In-Time-Studienfortgesetzten Arbeitsverhältnisses LAG Düsseldorf, Urt. v. 21. 6. 2013 – 10 Sa 206/13, BeckRS 2013, 71218, unter I. 1. b) bb) (2) (b). 248 Vgl. LAG Köln, Urt. v. 27. 5. 2010 – 7 Sa 23/10, NZA-RR 2011, 11, unter 2. d) aa); Grimm/Freh, ArbRB 2015, 316, 318; Henne, W & B 2011, 18, 19 f.; sowie ohne Bezug zum BBiG Koch-Rust/Rosentreter, NZA 2013, 879, 882, die dementsprechend die Rückforderung der während der Theoriephase fortgezahlten Vergütung abzüglich der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung, die Semesterbeiträge wie auch Zuschüsse für Unterkunft, Verpflegung, Fahrtkosten und Studienmaterialien während der Theoriephase für möglich halten. 249 Vgl. auch allgemeiner Schlachter, Anm. zu BAG, Urt. v. 25. 4. 2001 – 5 AZR 509/99, RdA 2002, 184, 187. 250 Vgl. etwa BAG, Urt. v. 16. 3. 1994 – 5 AZR 339/92, NZA 1994, 937, unter III. 1.; BAG, Urt. v. 5. 12. 2002 – 6 AZR 539/01, NZA 2003, 559, unter 2.; BAG, Urt. v. 21. 7. 2005 – 6 AZR 452/04, NZA 2006, 542, Rn. 16; BAG, Urt. v. 14. 1. 2009 – 3 AZR 900/07, NZA 2009, 666, Rn. 18; BAG, Urt. v. 15. 9. 2009 – 3 AZR 173/08, NZA 2010, 342, Rn. 38. 251 UBH/Bieder, 2022, Anh. zu § 310 Rn. 133; vgl. auch Bettinghausen, NZA-RR 2017, 573, 574; WLP/Stoffels, 2020, Anh. zu § 310 Rn. 184. 252 BAG, Urt. v. 30. 11. 1994 – 5 AZR 715/93, NZA 1995, 727, unter 2. b). 253 Däubler/Deinert/Walser/Deinert, 2021, § 307 Rn. 112; Preis, Grundfragen der Vertragsgestaltung im Arbeitsrecht, 1993, 321 254 Zur attraktiven Berufsperspektive siehe bereits oben unter § 3 A. IV. 255 Siehe zu diesem Phänomen bereits unter § 2 B. III. 256 Vgl. auch BAG, Urt. v. 25. 4. 2001 – 5 AZR 509/99, NZA 2002, 1396, unter I. 2. b) aa); ähnlich Koch-Rust/Rosentreter, NJW 2009, 3005, 3009.

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modellen“ erscheint es hingegen billigenswert, dass die Kooperationsbetriebe zumindest für eine gewisse Zeit die Nachwuchskraft für die eigenen Zwecke einsetzen und unmittelbar nach dem Studienabschluss erfolgende Abwerbungsversuche möglichst unterbinden wollen. Dafür streitet die der Bildungsperson zufließende angemessene Gegenleistung, die verhindert, dass der ausbildende Betrieb etwaige Investitionskosten einer rein innerbetrieblichen Ausbildung ohne oder nur mit geringem Nutzen für den Betroffenen auf diesen verlagert.257 Zu bemerken ist hierbei abschließend, dass Differenzierungen nach dem Äquivalenzgedanken nur schwerlich vorgenommen werden können.258 Schließlich erlangen dual Studierende stets und weitgehend einzelfallunabhängig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verwertbare Qualifikationen.259 Anders als bei Arbeitnehmern, die an Fortbildungsmaßnahmen teilnehmen und bei denen es darauf ankommt, ob die erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten auch außerhalb des Betriebes des Arbeitgebers verwertbar sind,260 steht dies für dual Studierende außerhalb der beschriebenen „Inhouse-Studiengänge“ grundsätzlich nicht infrage. Auch dürfte beim breitgefächerten dualen Studium im Vergleich zu einer besonderen Fortbildungsmaßnahme nicht in gleichem Maße die Gefahr virulent werden, dass im Zuge des stetigen Arbeitsmarktwandels ein im Zeitpunkt des Vertragsschlusses in Aussicht stehender geldwerter Vorteil nach dem Ausbildungsabschluss unwiederbringlich ist.261 Die Argumentationslinien aus dem Fortbildungssektor zur Bemessung des geldwerten Vorteils lassen sich demnach aufgrund ihrer insoweit zu konstatierenden Wertlosigkeit nicht bruchlos auf die hiesige Konstellation übertragen.262 Abstrakt generelle Gesichtspunkte sperren somit grundsätzlich nicht die Rückforderung von Aufwendungen, die der kooperierende Betrieb im Zusammenhang mit dem hochschulischen Teil an den dual Studierenden freiwillig leistet, sodass nun eine Schärfung des Blicks auf konkret individuelle Kriterien unter dem Abwägungsgebot des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes angezeigt erscheint. b) Konkret individuelle Perspektive Dem dual Studierenden muss die Erstattungsverpflichtung in concreto zumutbar sein.263 Dieses auf einer persönlicheren Ebene stehende Zumutbarkeitskriterium264 257

Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 454. Vgl. für die Berufsausbildung Schlachter, Anm. zu BAG, Urt. v. 25. 4. 2001 – 5 AZR 509/ 99, RdA 2002, 184, 187. 259 Koch-Rust/Rosentreter, NZA 2013, 879, 881. 260 Siehe nur BAG, Urt. v. 30. 11. 1994 – 5 AZR 715/93, NZA 1995, 727, unter 2. b). 261 Als zugespitztes Beispiel ließe sich anführen, dass eine vor drei Jahren begonnene Fortbildung im Bereich klassischer Dieselantriebe nach dem Auftrumpfen der Elektromobilität mittlerweile deutlich an Wert verloren haben dürfte. 262 Eingehend Schlachter, Anm. zu BAG, Urt. v. 25. 4. 2001 – 5 AZR 509/99, AP BBiG § 5 Nr. 8. 263 Vgl. BAG, Urt. v. 25. 4. 2001 – 5 AZR 509/99, NZA 2002, 1396, unter I. 2. a); mit Verweis auf BAG, Urt. v. 30. 11. 1994 – 5 AZR 715/93, NZA 1995, 727, unter 2. a); Baum258

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richtet sich nach den individuellen Verhältnissen des Betroffenen; insbesondere Härtefälle lassen sich über die hier exakt vorzunehmende Güter- und Interessenabwägung herausfiltern, ohne dabei freilich die objektive Beurteilungsebene mit schematisierenden Maßstäben zu verlassen. Wurde bereits zuvor geprüft, ob eine Rückzahlungsvereinbarung aus einem abstrakt generellen Blickwinkel verhältnismäßig ist, wird nunmehr in einem zweiten Schritt der konkret individuelle Ansatz über die Verhältnismäßigkeit in den Mittelpunkt gerückt. Jetzt ist also danach zu fragen, ob im Einzelfall der dual Studierende tatsächlich durch die Bildungsmaßnahme mit Blick auf seine persönliche Arbeitsmarktstellung einen verwertbaren angemessenen Gegenwert erhalten konnte und das betriebliche Interesse an der Rückzahlung wirklich vom Standpunkt eines verständigen Betrachters aus billigenswert erscheint.265 aa) Übertragbarkeit richterrechtlicher Grundsätze Insbesondere an dieser Stelle kommt der Umstand zum Tragen, dass die für Arbeitsverhältnisse geltenden Regeln im Zusammenhang mit der Rückzahlung von Weiterbildungskosten auf die hiesige Konstellation übertragbar sein sollen.266 Die für die Rückzahlung von Aus- und Fortbildungskosten in Arbeitsverhältnissen gefestigten allgemeinen Grundsätze267 können demnach über den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz als richtungsweisendes Element in die Anwendung des § 12 Abs. 1 Satz 1 BBiG implementiert werden; aus dem BBiG sind somit grundsätzlich die gleichen Einschränkungen herzuleiten, wie sie für Klauseln entwickelt wurden, die im Kontext mit der Zahlung von Aus- und Weiterbildungskosten sowie einer Bindung des Arbeitnehmers an das Arbeitsverhältnis bestehen.268 Trotz dieser möglichen Ausdehnung geht die Rechtsprechung zumeist einen anderen Weg, indem sie die Anwendbarkeit von § 12 BBiG oftmals dahinstehen lässt und die feingliedrigen Zumutbarkeitserwägungen unter Anlegung einer generell typisierenden Betrachtung auf gewohntem Terrain im Rahmen des AGB-Rechts der §§ 305 ff. BGB anstellt. stümmler/Schulien, Berufsbildungsrecht, 2022, § 12 Rn. 10; Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 453. 264 Ein Widerspruch der Zumutbarkeitsformel im Verhältnis zur typisierenden Betrachtung im AGB-Recht wird nicht gesehen, vgl. I. Schmidt, NZA 2004, 1002, 1008; auf die Interessenabwägung im Einzelfall sowie die Zumutbarkeit wird dementsprechend auch fortan abgestellt, vgl. BAG, Urt. v. 19. 1. 2011 – 3 AZR 621/08, NZA 2012, 85, Rn. 33, 39. 265 Vgl. BAG, Urt. v. 25. 4. 2001 – 5 AZR 509/99, NZA 2002, 1396, unter I. 2. a). 266 BAG, Urt. v. 25. 4. 2001 – 5 AZR 509/99, NZA 2002, 1396, unter I. 2.; BAG, Urt. v. 18. 11. 2008 – 3 AZR 192/07, NZA 2009, 435, Rn. 24; vgl. auch Baumstümmler/Schulien, Berufsbildungsrecht, 2022, § 12 Rn. 29a. 267 „Eindrucksvolles Gebäude des Richterrechts“: Krause, Anm. zu BAG 24. 7. 1991 – 5 AZR 430/90, EzA BGB § 611 Ausbildungsbeihilfe Nr. 7; basierend auf Gamillscheg, RdA 1968, 407 ff. 268 BAG, Urt. v. 25. 4. 2001 – 5 AZR 509/99, NZA 2002, 1396, unter I. 2.; BAG, Urt. v. 18. 11. 2008 – 3 AZR 192/07, NZA 2009, 435, Rn. 24; vgl. auch Baumstümmler/Schulien, Berufsbildungsrecht, 2022, § 12 Rn. 29a.

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3. Teil: Individual- und kollektivarbeitsrechtliches Schutzgeflecht

Vielmals bleibt der Rückgriff auf § 12 BBiG offen mit dem Verweis darauf, dass sich die Unwirksamkeit bereits aus den Vorschriften des BGB ergebe und die Klauseln jedenfalls einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht standhielten.269 Dies mag einerseits damit zusammenhängen, dass die Gerichte auf dem vertrauten Gebiet der §§ 305 ff. BGB auf ausdifferenzierte Grundsätze zurückgreifen können, andererseits lässt sich das Vorgehen offenbar auch vor dem Hintergrund deuten, dass die Gerichte die Anwendbarkeit des BBiG in manchen Konstellationen zu Unrecht partiell in Zweifel ziehen. Eine kategorische Ablehnung des BBiG als einschlägigen Kontrollmaßstab lässt sich aus den Judikaten aber auch hier letztlich nicht ablesen. Kommt man – wie vorliegend vertreten270 – über § 26 BBiG zu einer Anwendbarkeit des § 12 BBiG, ist dieser spezialgesetzliche, zugegebenermaßen jedoch nicht abschließende Maßstab grundsätzlich dem des BGB vorzuziehen. Lediglich in vertragsrechtlichen Bereichen, in denen das BBiG im Gegensatz zum BGB keine ausdrücklichen Regelungen trifft wie etwa beim Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB,271 kann unmittelbar auf das dortige Normengeflecht zugesteuert werden. Im Folgenden sollen die entscheidenden Kriterien in gebotener Kürze akzentuiert werden, um bei der darauffolgenden Ausleuchtung des AGB-rechtlichen Kontrollregimes auf diesem Fundament aufbauen zu können. Es geht also darum, die richterrechtlich festgehaltenen Grundaussagen und Leitgedanken in die Verhältnismäßigkeitsprüfung des § 12 Abs. 1 Satz 1 BBiG einzupflegen. bb) Übertragung der wichtigsten Grundregeln im Einzelnen Zunächst kommt es darauf an, dass es der Bildungsteilnehmer selbst in der Hand hat, der Rückzahlungspflicht durch Betriebstreue272 zu entgehen.273 Ist dies nicht 269 Offenlassend BAG, Urt. v. 25. 4. 2001 – 5 AZR 509/99, NZA 2002, 1396, unter I.; BAG, Urt. v. 18. 3. 2008 – 9 AZR 186/07, NZA 2008, 1004, Rn. 9 („Volontariatsvertrag“, bei dem auch ungeklärt blieb, ob die Praxisphasen als integrativer Bestandteil des Studiums zu absolvieren waren); BAG, Urt. v. 18. 11. 2008 – 3 AZR 192/07, NZA 2009, 435, Rn. 20 ff.; LAG SchleswigHolstein, Urt. v. 23. 5. 2007 – 3 Sa 28/07, NZA-RR 2007, 514, unter II. 1.; LAG SchleswigHolstein, Urt. v. 8. 3. 2017 – 3 Sa 275/16, BeckRS 2017, 111927, Rn. 30; ähnlich in einem spezielleren Kontext LAG Düsseldorf, Urt. v. 21. 6. 2013 – 10 Sa 206/13, BeckRS 2013, 71218, unter I. 1. bb); LAG Köln, Urt. v. 3. 4. 2014 – 7 Sa 769/13, BeckRS 2014, 73608, Rn. 38; sowie LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 16. 6. 2014 – 2 Sa 58/14, BeckRS 2014, 73112; pauschal ablehnend hingegen ArbG Gießen, Urt. v. 3. 2. 2015 – 9 Ca 180/14, BeckRS 2015, 70609, Rn. 52. 270 Siehe unter § 6 B. III. 271 Siehe dazu noch im Folgenden unter § 8 C. III. 272 Dieses Kriterium entspricht in seiner gegenwärtigen Handhabung auch der im AGBRecht angezeigten generalisierenden Betrachtungsweise, vgl. Däubler/Deinert/Walser/Deinert, 2021, § 307 Rn. 119. 273 Im Kontext zur Inhaltskontrolle nach § 307 BGB BAG, Urt. v. 18. 11. 2008 – 3 AZR 192/ 07, NZA 2009, 435, Rn. 35; LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 23. 5. 2007 – 3 Sa 28/07, NZA-RR 2007, 514, unter II. 4. b); LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 28. 8. 2019 – 7 Sa 6/19, BeckRS 2019, 30924, Rn. 47; in Bezug auf ein „klassisches“ Arbeitsverhältnis vgl. etwa BAG, Urt. v. 11. 4.

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gewährleistet, wäre das betriebliche Interesse als nicht mehr billigenswert einzustufen, würden auf diese Weise doch auf den dual Studierenden jene Investitionsrisiken abgewälzt, die der verantwortliche Betriebsinhaber wissentlich wie willentlich eingegangen ist. Dies entspricht dem allgemeinen Prinzip, dass der Arbeitgeber das Marktrisiko eines etwaigen Investitionsfehlschlags nicht auf den Arbeitnehmer umlegen darf. Stammt demnach der Beendigungsgrund aus der Verantwortungs- und Risikosphäre des betrieblichen Akteurs, wie es beispielsweise bei einer betriebsbedingten Kündigung der Fall wäre,274 ist eine Rückzahlungsverpflichtung seitens des dual Studierenden ausgeschlossen.275 Anders gewendet kommt eine Rückzahlung der dem Studium zuzuordnenden Kosten durch den dualen Studienabsolventen nur dann in Betracht, wenn der jeweilige Auslösungstatbestand überwiegend dessen eigenen Verantwortungs- und Risikobereich unterfällt.276 Unwirksam ist hingegen eine Klausel, wonach die Zahlungsverpflichtung bei Beendigung des Rechtsverhältnisses schlechthin ohne jede Rücksicht auf den Beendigungsgrund eintritt.277 Insofern muss der dual Studierende mit der Unterzeichnung 2006 – 9 AZR 610/05, NZA 2006, 1042, Rn. 27; siehe dazu auch die didaktische Aufbereitung von Krause, Anm. zu BAG 11. 4. 2006 – 9 AZR 610/05, JA 2007, 305; sowie BAG, Urt. v. 18. 3. 2014 – 9 AZR 545/12, NZA 2014, 957, Rn. 18; zu dualen Studiengängen I. Natzel, NZA 2008, 567, 570. 274 Vgl. BAG, Urt. v. 6. 5. 1998 – 5 AZR 535/97, NZA 1999, 79, unter II. 4. b); für weitere Beendigungsgründe, die in die Sphäre des Arbeitgebers fallen, vgl. BAG, Urt. v. 18. 11. 2008 – 3 AZR 192/07, NZA 2009, 435, Rn. 35 m. w. N. aus der Rechtsprechung; bemerkenswerter Weise verhält sich dies anders bei der Rückzahlung von Sonderzuwendungen, vgl. nur BAG, Urt. v. 28. 3. 2007 – 10 AZR 261/06, NZA 2007, 687, Rn. 18; umstritten und noch nicht allgemeingültig höchstrichterlich entschieden ist der Fall einer personenbedingten Kündigung, wobei die h. M. auch hier das Risiko dem Arbeitgeber zuordnet und von der Unwirksamkeit der Rückzahlungsverpflichtung ausgeht, vgl. etwa Däubler/Deinert/Walser/Deinert, 2021, § 307 Rn. 122; Düwell/Ebeling, DB 2008, 406, 408; Schönhöft, NZA-RR 2009, 625, 628; Thüsing, AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht, 2007, Rn. 348; vgl. hierzu sehr weitgehend LAG Hamm, Urt. v. 18. 5. 2018 – 1 Sa 49/18, NZA-RR 2018, 404, Rn. 54 ff.; bestätigt durch BAG, Urt. v. 11. 12. 2018 – 9 AZR 383/18, NZA 2019, 781; vgl. auch LAG Hamm, Urt. v. 29. 1. 2021 – 1 Sa 954/20, BeckRS 2021, 2441 (Revision zugelassen); a. A. LAG Niedersachsen, Urt. v. 31. 10. 2008 – 10 Sa 346/08, BeckRS 2009, 52337, unter B. I. 1. b) (2) (a) (bb). 275 Vgl. auch Koch-Rust/Rosentreter, NJW 2009, 3005, 3009 f. 276 Zu Verfehlungen von dual Studierenden, die eine Rückzahlungspflicht begründen könnten vgl. Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 454 f.; zu einer etwaigen Rückzahlungsverpflichtung bei Nichtbestehen der Abschlussprüfung vgl. auch Bettinghausen, NZA-RR 2017, 573, 575; bezugnehmend auf LAG Niedersachsen, Urt. v. 29. 10. 2014 – 17 Sa 274/14, BeckRS 2015, 69952, wonach eine Rückzahlungsverpflichtung ausscheiden soll, wenn das Nichtbestehen auf eine intellektuelle Überforderung des Bildungsteilnehmers zurückzuführen ist oder dieser trotz aller Anstrengungen scheitert; in diesem Sinne auch Koch-Rust/ Rosentreter, NZA 2013, 879, 883, die das Risiko, dass der dual Studierende für die Ausbildung nicht geeignet ist, grundsätzlich auf Seiten des Kooperationsbetriebs verorten; ähnlich bereits BAG, Urt. v. 12. 12. 1979 – 5 AZR 1056/77, AP BGB § 611 Ausbildungsbeihilfe Nr. 4; zu Beweisschwierigkeiten in diesem Zusammenhang Schönhöft, NZA-RR 2009, 625, 628. 277 Vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 28. 8. 2019 – 7 Sa 6/19, BeckRS 2019, 30924, Rn. 47; siehe auch zu Fortbildungskosten im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses LAG Niedersachsen, Urt. v. 29. 10. 2014 – 17 Sa 274/14, BeckRS 2015, 69952, unter II. 2. a); zudem BGH, Urt. v.

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3. Teil: Individual- und kollektivarbeitsrechtliches Schutzgeflecht

der Rückzahlungsvereinbarung ein ausbildungsadäquates, rahmenmäßiges Arbeitsvertragsangebot zu angemessenen Bedingungen erhalten, sodass potenziell auch ein Anspruch auf Begründung eines Arbeitsverhältnisses nach erfolgreichem Studienabschluss besteht.278 Erst wenn er dies ausschlägt und dementsprechend das ausbleibende Zustandekommen einer Weiterbeschäftigung auf der individuellen Entscheidung des dual Studierenden selbst beruht, käme eine Rückzahlungspflicht überhaupt in Betracht. Anderenfalls hätte der dual Studierende keine Möglichkeit, die Zahlungsverpflichtung durch Betriebstreue abzugelten. Hinsichtlich der zulässigen Bindungsintensität, die sich maßgeblich aus dem Verhältnis von Ausbildungs- und Bindungsdauer ergibt,279 kann ebenfalls auf ein engmaschiges Netz von Rechtsprechungsmustern280 zurückgegriffen werden – dies jedoch nicht, ohne sich die Besonderheiten des dualen Studienkonzepts zu vergegenwärtigen. Duale Studiengänge werden in der Regel nach drei bis fünf Jahren abgeschlossen,281 wovon die Teilnehmer meist rund die Hälfte der Zeit im Betrieb zubringen. Insoweit muss vorab festgehalten werden, dass im Allgemeinen bei einer aus mehreren Abschnitten bestehenden Bildungsmaßnahme die dazwischen liegenden Zeiten bei der Berechnung der Dauer nicht mitzuzählen sind.282 Dies lässt sich auch auf das duale Studium übertragen, sodass nur die im Betrieb absolvierte Ausbildung als Gesamtdauer maßgeblich ist. In diesen zumeist hälftigen Praxiszeiten leisten die dual Studierenden in nennenswertem Umfang produktive Arbeit für das Unternehmen.283 Bei einer mehr als zweijährigen Dauer der Aus- oder Fortbildungsmaßnahme lässt die Rechtsprechung im Allgemeinen – orientiert an § 624 BGB (vgl. aber auch § 15 Abs. 4 Satz 1 TzBfG) – eine maximale Bindungsdauer von fünf Jahren zu.284 Dieses Höchstmaß der Bindungsdauer erscheint hier angesichts der Tatsache, dass das berufliche Mobiltitätsbedürfnis dualer Studienabsolventen un-

17. 9. 2009 – III ZR 207/08, NZA 2010, 37, Rn. 19 m. w. N. zur allgemeinen Rechtsprechung des BAG. 278 Vgl. BAG, Urt. v. 18. 11. 2008 – 3 AZR 192/07, NZA 2009, 435, Rn. 35 f.; siehe auch BAG, Urt. v. 18. 3. 2008 – 9 AZR 186/07, NZA 2008, 1004, Rn. 25; zur Entscheidung vgl. I. Natzel, SAE 2008, 277 ff.; zudem Koch-Rust/Rosentreter, NJW 2009, 3005, 3009; dies., NZA 2013, 879, 883. 279 Vgl. BAG, Urt. v. 21. 7. 2005 – 6 AZR 452/04, NZA 2006, 542. 280 Überblick bei ErfK/Preis, 2022, § 611a BGB Rn. 441; vgl. auch bereits Hanau/Stoffels, Beteiligung von Arbeitnehmern an den Kosten der beruflichen Fortbildung, 1992, 17. 281 BIBB, AusbildungPlus 2019, 2020, 17. 282 BAG, Urt. v. 6. 9. 1995 – 5 AZR 241/94, NZA 1996, 314, Leitsatz 1; tendenziell offenbar anders im Fall LAG Düsseldorf, Urt. v. 27. 5. 2013 – 9 Sa 108/13, BeckRS 2013, 70042, unter I. 2. b) cc) (2) (ii). 283 DDZ/Deinert/Callsen, 2020, Einleitung Rn. 428; Koch-Rust/Rosentreter, NZA 2013, 879, 882. 284 Siehe nur (auch zu den weiteren Abstufungen) BAG, Urt. v. 14. 1. 2009 – 3 AZR 900/07, NZA 2009, 666, Rn. 18; BAG, Urt. v. 15. 9. 2009 – 3 AZR 173/08, NZA 2010, 342, Rn. 38; BAG, Urt. v. 19. 1. 2011 – 3 AZR 621/08, NZA 2012, 85, Rn. 34.

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mittelbar nach Studienabschluss besonders signifikant ist, unhaltbar.285 Der Grundgedanke des angemessenen Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung286 würde ausgehebelt. Indem die Rechtsprechung stets betont, dass es sich bei den Abstufungen nicht um rechnerische Gesetzmäßigkeiten, sondern um Regelwerte handelt, die einzelfallbezogenen Abweichungen zugänglich sind,287 werden dahingehende Spielräume ausdrücklich eröffnet.288 Die Richtwerte fußen schließlich nicht auf einem konkreten gesetzlichen Anhaltspunkt289 und offenbaren dort Schwächen, wo Sachverhalte von der Norm abweichen.290 Arbeitnehmer, die von ihrem Arbeitgeber eine Weiterbildungsmaßnahme finanziert bekommen, können insoweit nicht mit Arbeitsmarktneulingen verglichen werden. Dadurch, dass den dual Studierenden in aller Regel eine deutlich geringere Vergütung gezahlt wird als vergleichbaren Arbeitnehmern, amortisieren sich die betrieblichen Kosten bei dualen Studienabsolventen zügiger.291 Zudem handelte es sich bei genauerem Hinsehen in den höchstrichterlich entschiedenen Fällen, die eine Bindungsdauer von fünf Jahren vorsahen, um absolute Ausnahmekonstellationen.292 Der indizielle Charakter der Richtwerte führt demnach an dieser Stelle nicht weiter. Ermittelt man auch hier – wie üblich – die zulässige Bindungsdauer anhand der Ausbildungsdauer, der Höhe der aufgewendeten Kosten, des Umfangs der Freistellung sowie der Qualität der Bildungsmaßnahme, so kann die von Arbeitsverhältnissen bekannte richterrechtlich entwickelte Staffelung nicht pauschal aufrechterhalten werden.293 Eine Anpassung nach unten erscheint angesichts des außerordentlich hohen betrieblichen Profits, der gerade in Anbetracht des „War for Talents“294 durch die interne Personalrekrutierung

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Im Ergebnis auch Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 455 f. Stoffels, in: Preis (Hrsg.), Der Arbeitsvertrag, 2020, A 120 Ausbildungskosten Rn. 57. 287 Für eine konkrete Überprüfung im Einzelfall bei außerhalb des BBiG zu verortenden Rechtsverhältnissen trotz grundsätzlich generalisierender Betrachtungsweise in Anlehnung an die Rechtsprechung des BAG Schönhöft, NZA-RR 2009, 625, 629. 288 Siehe nur BAG, Urt. v. 14. 1. 2009 – 3 AZR 900/07, NZA 2009, 666, Rn. 18; BAG, Urt. v. 15. 9. 2009 – 3 AZR 173/08, NZA 2010, 342, Rn. 38; BAG, Urt. v. 19. 1. 2011 – 3 AZR 621/08, NZA 2012, 85, Rn. 34; begrüßend WLP/Stoffels, 2020, Anh. zu § 310 Rn. 185. 289 CKK/Klumpp, 2019, § 307 Rn. 218; ähnlich Staudinger BGB/Krause, Neubearbeitung 2019, Anh. zu §§ 305 – 310 – AGB Kontrolle im Arbeitsrecht Rn. K 212, der den weniger strikten Charakter gegenüber den Grenzwerten bei Gratifikationen herausstellt. 290 M. Hoffmann, NZA-RR 2015, 337, 339. 291 Vgl. für Traineeprogramme als ähnliche Konstellation Stoffels, in: Preis (Hrsg.), Der Arbeitsvertrag, 2020, A 120 Ausbildungskosten Rn. 47. 292 Vgl. BAG, Urt. v. 19. 6. 1974 – 5 AZR 299/73, EzA GG Art. 12, 8 (arbeitgeberseitige Finanzierung eines über zweijährigen Lehrgangs zur Ausbildung von Fachlehrern für bildhaftes Gestalten und Werken); BAG, Urt. v. 12. 12. 1979 – 5 AZR 1056/77, AP BGB § 611 Ausbildungsbeihilfe Nr. 4 (arbeitgeberseitige Finanzierung eines über achtsemestrigen Universitätsstudiums ohne Arbeitspflicht des Betroffenen). 293 Neutral Koch-Rust/Rosentreter, NJW 2009, 3005, 3010; tendenziell etwas großzügiger dies., NZA 2013, 879, 882. 294 Siehe dazu bereits unter § 3 B. I. 286

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besonders nachgefragter Fachkräfte in Aussicht steht,295 geboten, um ein angemessenes Verhältnis zwischen der Ausbildungs- und Bindungsdauer für den hiesigen Spezialfall herzustellen. Das gebietet auch der Zweck des § 12 Abs. 1 Satz 1 BBiG: Dem dual Studierenden soll die Möglichkeit erhalten bleiben, die im Betrieb erlernten Qualifikationen frei zu verwenden.296 Insbesondere in Fällen, in denen der Kooperationsbetrieb dem dual Studierenden die Vergütung während der Studienphasen nicht fortzahlt und lediglich die Studienbeiträge übernimmt, steht eine derartig lange Bindung in keinerlei Verhältnis.297 Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verlangt an dieser zentralen Stelle eine stärkere Differenzierung. Schematische Lösungen verbieten sich. Im Regelfall lässt sich davon ausgehen, dass eine Bindungsdauer von zwei Jahren298 noch als zulässig erachtet werden kann299 – Abweichungen erscheinen nicht nur denkbar, sondern in atypischen Sachverhaltskonstellationen auch vielfach geboten. Für die betriebliche Vertragsgestaltungspraxis lassen sich mangels belastbarer, konkreter Anhaltspunkte in der höchstrichterlichen Rechtsprechung (noch) keine verbindlichen Grenzen maximaler Bindungsdauer festzurren.300 Ist eine zulässige Bindungsdauer je nach Einzelfall festgelegt, ist letztlich bei der Höhe des Rückzahlungsbetrages zu beachten, dass eine ratierliche Kürzung um die Zeit der Beschäftigung nach Abschluss des Studiums sichergestellt sein muss.301 Die pro rata temporis302 erfolgende Staffelung kann etwa so ausgestaltet sein, dass sich der zurückzugewährende Betrag bei einer Bindungsdauer von zwei Jahren nach 295 Zusätzlich ist zu beachten, dass die betriebliche Seite von der staatlichen Ausbildungsleistung profitiert, ohne hierfür selbst unmittelbar verpflichtend einen finanziellen Beitrag leisten zu müssen, vgl. Koch-Rust/Rosentreter, NZA 2013, 879, 882. 296 Vgl. BT-Drs. V/4260, 6. 297 Vgl. insoweit auch Orlowski, Praktikanten- und Volontärverträge, 2014, 455 f., die jedoch fälschlicherweise davon ausgeht, dass die Vergütung aus den Praxisphasen während der Studienphase nicht fortgezahlt würde. 298 Für eine zulässige Bindungsdauer von drei Jahren hingegen Koch-Rust/Rosentreter, NZA 2013, 879, 882; sowie dies., NZA 2021, 1604, 1607; noch weitergehend (vier Jahre) Grimm/Freh, ArbRB 2015, 316, 319; vgl. auch für Rückzahlungsklauseln bei ähnlich gelagerten Traineeprogrammen Stoffels, in: Preis (Hrsg.), Der Arbeitsvertrag, 2020, A 120 Ausbildungskosten Rn. 48, der im Grundsatz für eine Reduzierung der Bindungsdauer auf 50 bis maximal 75 % des Üblichen plädiert. 299 Vgl. für Berufsakademiestudierende BAG, Urt. v. 25. 4. 2001 – 5 AZR 509/99, NZA 2002, 1396, unter I. 2. b) bb); grundsätzlich zu weitgehend (drei Jahre Bindungsdauer) daher BAG, Urt. v. 5. 12. 2002 – 6 AZR 537/00, AP BBiG § 5 Nr. 11, unter I. 2. b) bb); ArbG Gießen, Urt. v. 3. 2. 2015 – 9 Ca 180/14, BeckRS 2015, 70609, Rn. 47; ebenso für ein betrieblich finanziertes Fernstudium (vier Jahre Bindungsdauer) LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 14. 12. 2011 – 3 Sa 263/11, BeckRS 2012, 67940, unter I. 2. b) aa); offen BAG, Urt. v. 18. 3. 2008 – 9 AZR 186/07, NZA 2008, 1004, Rn. 34. 300 Vgl. auch M. Hoffmann, NZA-RR 2015, 337, 339: Die Vertragspraxis stochere insoweit im Nebel („Blindflug mit sehr ungewissem Ausgang“). 301 BAG, Urt. v. 23. 4. 1986 – 5 AZR 159/85, NZA 1986, 741, unter II. 2. 302 Düwell/Ebeling, DB 2008, 406, 410.

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einem Jahr Betriebstreue um die Hälfte der Kosten reduziert.303 Dem Umstand, dass dem Betrieb die Qualifikation des Absolventen mit der Weiterbeschäftigung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses bereits zugute gekommen ist, wird damit Ausdruck verliehen.304 Zudem ist die Rückzahlungslast auf die tatsächlichen Aufwendungen des Betriebsinhabers – höchstens allerdings auf den vereinbarten Betrag – doppelt begrenzt, sodass unter anderem eine Verzinsung ausscheiden muss.305 Die vorgestellten, primär zum AGB-Recht des BGB entwickelten Grundregeln lassen sich der Prüfung der spezialgesetzlichen Norm des § 12 Abs. 1 Satz 1 BBiG angliedern. Sie entfalten grundsätzlich volle Wirkung im Rahmen der anzustellenden Verhältnismäßigkeitserwägungen. Gleichwohl ist auf die Besonderheiten des dualen Studiums Acht zu geben, sodass partiell auch Anpassungen zwingend vorzunehmen sind. c) Zwischenergebnis Berücksichtigt man also die beiderseitigen Interessen und stellt sie einander gegenüber, so stehen die Vorschriften des BBiG der Zulässigkeit gekoppelter Bindungs- und Rückzahlungsvereinbarungen grundsätzlich nicht entgegen. Das Verbot der Kostenerhebung aus § 12 Abs. 2 Nr. 1 BBiG verhindert lediglich die Rückforderung solcher Ausgaben, die originär der betrieblichen Seite zuzuordnen sind – übernommene Kosten, die in Verbindung mit dem hochschulischen Teil stehen, sind dagegen im Grundsatz einer Rückzahlungspflicht zugänglich. Freilich kommt es nach dieser prinzipiellen Feststellung im Sinne einer ausgewogenen Gesamtrahmung auf die Ausgestaltung im Einzelnen sowie auf die konkreten individuellen Gegebenheiten auf Seiten des Betroffenen an. Der über Art. 12 Abs. 1 GG aktivierte Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist einzelfallgerecht und sorgfältig unter schematisierenden Gesichtspunkten anzuwenden, um eine ungebührliche Einengung der Berufsfreiheit der dualen Studienabsolventen auszuschließen. Dabei ragen nicht nur die Wertungen des § 12 Abs. 2 BBiG, sondern auch die arbeitsvertraglichen Grundregeln zur Rückzahlung von Aus- und Weiterbildungskosten in die spezialgesetzliche Vorschrift des § 12 Abs. 1 Satz 1 BBiG hinein.

303 Vgl. hinsichtlich einer Bindungsdauer von drei Jahren mit einer jährlichen Kürzung um ein Drittel Staudinger BGB/Krause, Neubearbeitung 2019, Anh. zu §§ 305 – 310 – AGB Kontrolle im Arbeitsrecht Rn. K 212; naheliegend ist auch eine monatliche Minderung, vgl. Bettinghausen, NZA-RR 2017, 573, 576. 304 Vgl. Stoffels, in: Preis (Hrsg.), Der Arbeitsvertrag, 2020, A 120 Ausbildungskosten Rn. 67. 305 BAG, Urt. v. 21. 7. 2005 – 6 AZR 452/04, NZA 2006, 542, Rn. 23; BAG, Urt. v. 10. 5. 2016 – 9 AZR 434/15, BeckRS 2016, 73355, Rn. 34; eine Verzinsung wäre als Vertragsstrafe zu behandeln, vgl. Thüsing, AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht, 2007, Rn. 345; sowie Däubler/ Deinert/Walser/Deinert, 2021, § 307 Rn. 118; vgl. auch bereits Hanau/Stoffels, Beteiligung von Arbeitnehmern an den Kosten der beruflichen Fortbildung, 1992, 38.

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3. Teil: Individual- und kollektivarbeitsrechtliches Schutzgeflecht

C. Allgemeines Kontrollregime des BGB Die zwingenden, aber nicht abschließenden Gesetzesregeln aus § 12 Abs. 2 Nr. 1 BBiG und § 12 Abs. 1 Satz 1 BBiG ordnen im Grundsatz keine Nichtigkeit von kombinierten Bindungs- und Rückzahlungsklauseln im Rahmen dualer Studiengänge an. Mithin ist zusätzlich das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der §§ 305 ff. BGB als Kontrollmaßstab anzulegen.306 Im Arbeitsrecht stützt sich der Schutzmechanismus der AGB-Kontrolle im Wesentlichen zum einen auf die situative Unterlegenheit des Arbeitnehmers speziell in der Vertragsabschlusssituation durch eine im Vergleich zu allgemeinzivilrechtlichen Konsumentengeschäften oftmals geringer ausgeprägte Informationsasymmetrie gegenüber dem Arbeitgeber, zum anderen begründet das besondere Machtungleichgewicht zwischen den Arbeitsvertragsparteien auch eine strukturelle Unterlegenheit des Arbeitnehmers, wobei Letztere allein – ebenso wie schlicht der Schutz des wirtschaftlich schwächeren Vertragsteils – als Ergründung der Legimitation der AGB-Kontrolle zu kurz griffe.307 Gerade Rückzahlungsklauseln prägen den Vertragsinhalt und sind für den Klauselgegner in ihren Einzelheiten nur schwierig auf ihre Richtigkeit zu kontrollieren. Bekanntermaßen kommen die allgemeinen arbeitsrechtlichen sowie sonstigen Rechtsvorschriften und -prinzipien über den Verweis des § 10 Abs. 2 BBiG zur Geltung, sofern das BBiG selbst keine abweichenden Regelungen trifft.308 Das AGBRecht, das hier als Ergänzung des spezialgesetzlichen § 12 BBiG zu verstehen ist, hält ureigene und selbstständige Klauselanforderungen wie etwa das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB bei der Inhaltskontrolle oder die Unzulässigkeit überraschender Klauseln nach § 305c Abs. 1 BGB schon bei der Einbeziehungskontrolle bereit. Auch die allgemeine materielle Inhaltskontrolle mit der „unangemessenen Benachteiligung“ als zentralen Prüfungsbestandteil gemäß der Generalklausel des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB erübrigt sich nicht nach der grundsätzlich negativen Prüfung von § 12 BBiG,309 obgleich hier im Wesentlichen die gleichen Grundsätze Anwendung finden, wie sie oben im Rahmen der Verhältnismäßigkeitserwägungen vorgestellt wurden.310 Auf diese für § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB 306

Vgl. zur parallelen Anwendbarkeit Benecke, in: Benecke/C. S. Hergenröder (Hrsg.), BBiG, 2021, § 10 Rn. 27; NK-GA/I. Natzel, 2016, § 12 BBiG Rn. 14. 307 Zum Ganzen instruktiv unter Heranziehung der heutzutage vertretenen Rechtfertigungskonzeptionen und Ausleuchtung verschiedener Wertungsmodelle Staudinger BGB/ Krause, Neubearbeitung 2019, Anh. zu §§ 305 – 310 – AGB Kontrolle im Arbeitsrecht Rn. K 70 ff. sowie etwa Rn. K 51 zum verfassungsrechtlichen Fundament und Rn. K 61 f. zur überholten Abstellung allein auf die strukturelle Unterlegenheit; CKK/ders., 2019, Einführung Rn. 44 ff. sowie Rn. 61 und Rn. 32 f. jeweils ausführlich m. w. N. 308 Siehe nur BAG, Urt. v. 18. 11. 2008 – 3 AZR 192/07, NZA 2009, 435, Rn. 25, vgl. auch bereits unter § 7 B. 309 Nur soweit die zwingende Spezialvorschrift des § 12 BBiG eingreift, ist für die allgemeine Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB kein Raum, vgl. Däubler/Deinert/Walser/ Deinert, 2021, § 307 Rn. 103; Hanau/Stoffels, Beteiligung von Arbeitnehmern an den Kosten der beruflichen Fortbildung, 1992, 12. 310 Vgl. unter § 8 B. II. 2. b).

§ 8 Bindungs- und Rückzahlungsklauseln

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geltenden Kriterien soll daher im Folgenden nicht mehr dezidiert eingegangen werden; lediglich bei der Frage, ob dual Studierende das laufende Studium innerhalb einer bestimmten Bedenkzeit ohne Kostenfolge beenden können, werden sie hintergründig erneut herangezogen. Zu beachten ist in diesem Kontext wiederum die generell typisierende, vom Einzelfall losgelöste Betrachtungsweise.311 Zuvorderst besteht die Aufgabe nun darin, die verbleibenden, noch unbeleuchteten Kontrollmaßstäbe der §§ 305 ff. BGB in Bezug auf Rückzahlungsklauseln in den Praxisphasenverträgen dualer Studiengänge zu entflechten. Wenn § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB vorschreibt, dass bei der Anwendung des AGB-Rechts auf Arbeitsverträge die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen sind, muss dies entsprechend auch für Berufsausbildungsverträge und ähnliche Rechtsbeziehungen wie etwa Praxisphasenverträge (vgl. § 26 BBiG) gelten.312 Vor dem Hintergrund des § 10 Abs. 2 BBiG sind somit gleich in doppelter Hinsicht die Besonderheiten bei der Vertragskontrolle dem BBiG unterfallender Rechtsverhältnisse zu beachten.

I. Praxisphasenvertrag als Verbrauchervertrag i. S. d. § 310 Abs. 3 BGB Der zwischen dem dual Studierenden (Verbraucher i. S. d. § 13 BGB) und dem Betriebsinhaber (Unternehmer i. S. d. § 14 BGB) zu schließende Praxisphasenvertrag lässt sich als Verbrauchervertrag i. S. d. § 310 Abs. 3 BGB klassifizieren.313 Bedeutsam ist diese Einordnung für den Umfang der Einbeziehungs- und Inhaltskontrolle. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB regelt für diesen Fall, dass § 305c Abs. 2 BGB sowie die §§ 306 und 307 – 309 BGB für vorformulierte Vertragsbedingungen sogar dann gelten, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher aufgrund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte. Der Inhalt des Praxisphasenvertrages wird dem dual Studierenden in der Regel nicht ernsthaft zur Disposition gestellt, eine reale Möglichkeit der Beeinflussung der Vertragsgestaltung wird ihm gerade nicht eröffnet.314 Grundsätzlich sind Vertragsbedingungen für eine Vielzahl von Verträgen dann vorformuliert, wenn ihre 311

Vgl. unter § 8 B. II. 2. Vgl. Benecke, in: Benecke/C. S. Hergenröder (Hrsg.), BBiG, 2021, § 10 Rn. 27. 313 LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 23. 5. 2007 – 3 Sa 28/07, NZA-RR 2007, 514, unter II. 2. b) sowie II. 3.; LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 28. 8. 2019 – 7 Sa 6/19, BeckRS 2019, 30924, Rn. 41; Koch-Rust/Rosentreter, NJW 2009, 3005, 3009; bekanntermaßen sind nach der Rechtsprechung des BAG auch Arbeitnehmer Verbraucher i. S. d. § 310 Abs. 3 BGB, siehe nur zuerst BAG, Urt. v. 25. 5. 2005 – 5 AZR 572/04, NZA 2005, 1111, Rn. 39 ff.; Entsprechendes gilt für Auszubildende, vgl. Benecke, in: Benecke/C. S. Hergenröder (Hrsg.), BBiG, 2021, § 10 Rn. 27; siehe zudem für einen „Volontariatsvertrag“ BAG, Urt. v. 18. 3. 2008 – 9 AZR 186/07, NZA 2008, 1004, Rn. 17; allgemein Schnelle, Volontäre und Praktikanten, 2010, 207 f. 314 Vgl. den Fall LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 23. 5. 2007 – 3 Sa 28/07, NZA-RR 2007, 514, unter II. 2. d); Koch-Rust/Rosentreter, NJW 2009, 3005, 3009. 312

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3. Teil: Individual- und kollektivarbeitsrechtliches Schutzgeflecht

dreimalige Verwendung beabsichtigt ist.315 Individuell ausgehandelte Rückzahlungsabreden (vgl. § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB)316 sind in der Praxis faktisch nicht anzutreffen.317 Oftmals greifen die Kooperationsbetriebe auf von den Bildungseinrichtungen für eine Vielzahl von Fällen vorgefertigte Vertragsmuster zurück.318 Somit handelt es sich auch unabhängig von der Frage, ob ein Verbrauchervertrag nach § 310 Abs. 3 BGB vorliegt, regelmäßig um für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen, die die betriebliche Seite dem dual Studierenden einseitig stellt, und somit um AGB i. S. d. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB.319 Damit beanspruchen die §§ 305 ff. BGB im Regelfall uneingeschränkt Geltung, ohne dass es dabei auf die Einordnung als Verbrauchervertrag i. S. d. § 310 Abs. 3 BGB ankäme. Die Verbrauchereigenschaft kann aber auch dann ausnahmsweise eine Rolle spielen, wenn ein erweiterter Prüfrahmen erforderlich erscheint. Nach § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB können bei einem Verbrauchervertrag über den abstrakt generellen Prüfungsmaßstab im Rahmen des § 307 BGB hinaus auch besondere und damit individuelle Umstände beim Vertragsschluss in die Kontrolle einfließen. Dies würde in einem zweiten Schritt dergestalt erfolgen, dass erst nach der Ablehnung einer unangemessenen Benachteiligung i. S. d. § 307 BGB die den Vertragsschluss begleitenden Umstände in den Blick zu nehmen sind.320 Damit wird die Möglichkeit eröffnet, nachträgliche Feinkorrekturen vorzunehmen, bei denen persönliche Eigenschaften der Vertragspartner – wie etwa das Ausnutzen geschäftlicher Unerfahrenheit – nähere Berücksichtigung finden können.321 Bleiben Zweifel nach der generalisierenden Betrachtung bestehen, lassen sich diese somit unter Umständen im Einzelfall über die verbraucherschützende Norm des § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB abschwächen oder verstärken.322 Gerade im Bereich dualer Studiengänge, bei denen die jungen und zumeist unerfahrenen Protagonisten häufig erstmals mit wichtigen arbeitsvertraglichen Fragestellungen konfrontiert werden, kann der erweiterte Prüfrahmen einen entscheidenden Ausschlag geben. 315

Siehe nur BAG, Urt. v. 18. 3. 2008 – 9 AZR 186/07, NZA 2008, 1004, Rn. 13. Zu den Einzelheiten siehe nur BAG, Urt. v. 1. 3. 2006 – 5 AZR 363/05, NZA 2006, 746, Rn. 21. 317 Zu Rückzahlungsklauseln in Arbeitsverhältnissen vgl. DHZ/Lakies, 2019, § 115 Rn. 215; in der nunmehr 15-jährigen Rechtsprechung des BAG zum AGB-Recht der §§ 305 ff. BGB ist bislang – soweit ersichtlich – noch kein Fall entschieden worden, in dem im Ergebnis angenommen wurde, eine Vertragsklausel sei ausgehandelt, so Preis, SR 2019, 153, 159. 318 Siehe bereits unter § 6 B. III. 1. a) cc) (2) (b). 319 So auch Koch-Rust/Rosentreter, NZA 2013, 879, 880. 320 CKK/Kreft, 2019, § 310 Rn. 38; Preis, SR 2019, 153, 156; HWK/Roloff, 2022, § 310 BGB Rn. 6. 321 Vgl. BAG, Urt. v. 26. 10. 2017 – 6 AZR 158/16, NZA 2018, 297, Rn. 42; CKK/Kreft, 2019, § 310 Rn. 40; Lakies, Inhaltskontrolle von Arbeitsverträgen, 2014, 64; Preis/Roloff, ZFA 2007, 43, 76; HWK/Roloff, 2022, § 310 BGB Rn. 6; I. Schmidt, NZA 2004, 1002, 1009. 322 Vgl. BAG, Urt. v. 21. 8. 2012 – 3 AZR 698/10, NZA 2012, 1428, Rn. 27; Lakies, BB 2004, 1903, 1906; Preis, SR 2019, 153, 157; I. Schmidt, NZA 2004, 1002, 1009. 316

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II. Überraschende Klausel (§ 305c Abs. 1 BGB) Eine Einbeziehung in den Vertrag würde bereits dann scheitern, wenn es sich bei der entsprechenden Rückzahlungsabrede um eine überraschende Klausel i. S. d. § 305c Abs. 1 BGB handeln würde. Ohne dass es einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB bedarf, werden solche Klauseln nicht Vertragsbestandteil, die so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner nicht mit ihr zu rechnen brauchte. § 305c Abs. 1 BGB stellt damit eine besondere Erscheinungsform des in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verankerten allgemeinen Transparenzgebots dar.323 Die Überraschungskontrolle darf jedoch nicht mit der Transparenzkontrolle vermengt werden.324 Überraschend ist eine Klausel, wenn sie zum einen objektiv ungewöhnlich und zum anderen der Vertragspartner des Verwenders infolge dessen subjektiv nicht mit ihr zu rechnen braucht.325 Wie bereits angeklungen kommen Rückzahlungsklauseln in Praxisphasenverträgen dualer Hochschulstudiengänge recht häufig vor.326 An der DHBW, dem größten dualen Studienanbieter hierzulande, hat sogar eine Petition gegen derartige Nebenabreden überregionale und institutionsübergreifende Aufmerksamkeit erregt.327 Sich als dual Studierender schlicht auf den Standpunkt zu stellen, man habe mit einer Rückzahlungsverpflichtung generell schon nicht rechnen können, erscheint daher aus Sicht eines verständigen Betrachters haltlos. Zwar ist bei dual Studierenden aufgrund ihres jungen Alters328 und mangelnder Routine im Arbeitsleben von einem noch beschränkten Erfahrungshorizont auszugehen, Grundkenntnisse über die in der jeweiligen Vertragsgestaltungspraxis verbreiteten Gepflogenheiten sind indes durchaus erwartbar. Dass sich die Rückzahlung nicht nur auf die verauslagten Studienbeiträge, sondern auch auf die in den Theoriephasen gezahlte Vergütung bezieht, kann weder objektiv eine Ungewöhnlichkeit begründen noch subjektiv einen Überraschungseffekt bewirken.329 Lediglich in Ausnahmefällen sind einzelne Vertragsgestaltungskonstellationen denkbar, bei denen Rückzahlungsabreden dann wegen eines Überraschungsmoments unwirksam sein können, wenn sie nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrages, etwa wegen ihres Zuschnitts oder ihrer Unterbringung an unerwarteter Stelle, ungewöhnlich erscheinen.330 Im Allgemeinen unterfallen Rückzahlungsklauseln im Bereich des dualen Studiums aber nicht dem 323

Statt vieler CKK/Hoefs, 2019, § 305c Rn. 3 m. w. N. Preis, SR 2019, 153, 157; Preis/Roloff, ZFA 2007, 43, 48. 325 BAG, Urt. v. 16. 5. 2012 – 5 AZR 331/11, NZA 2012, 908, Rn. 16; BAG, Urt. v. 13. 3. 2013 – 5 AZR 954/11, NZA 2013, 680, Rn. 44. 326 Siehe schon unter § 8 A. 327 Vgl. ebenfalls oben unter § 8 A. 328 Das Durchschnittsalter dualer Studienanfänger beträgt 21,2 Jahre, vgl. CHE/f-bb, Duales Studium: Umsetzungsmodelle und Entwicklungsbedarfe, 2022, 217. 329 Vgl. ArbG Gießen, Urt. v. 3. 2. 2015 – 9 Ca 180/14, BeckRS 2015, 70609, Rn. 37; begrüßend Lücke, in: Hümmerich/Lücke/Mauer (Hrsg.), Arbeitsrecht, 2018, § 2 Rn. 297; aufnehmend Däubler/Deinert/Walser/Däubler, 2021, § 305c Rn. 23e. 330 Vgl. nur Staudinger BGB/Krause, Neubearbeitung 2019, Anh. zu §§ 305 – 310 – AGB Kontrolle im Arbeitsrecht Rn. K 157 m. w. N. 324

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3. Teil: Individual- und kollektivarbeitsrechtliches Schutzgeflecht

Ausschluss nach § 305c Abs. 1 BGB.331 Nähere Beachtung ist demgegenüber dem selbstständigen allgemeinen Transparenzgebot nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB zu schenken.

III. Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB) Das der Inhaltskontrolle zuzuordnende Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verlangt, dass für den dual Studierenden zu Beginn der vereinbarten Ausbildung die Folgen klar und verständlich sein müssen, die sich für ihn aus dem Abschluss der Rückzahlungsvereinbarung ergeben. Bei einer festgestellten Intransparenz liegt eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders vor. In den bisher zu den Praxisphasenverträgen dualer Studiengänge instanzgerichtlich entschiedenen Fällen sind gesteigerte Transparenzanforderungen besonders in den Vordergrund getreten.332 Damit wird die Vertragsgestaltung aus Verwendersicht zunehmend diffizil, der ausgeprägte Schutzgedanke hat gleichwohl einen begründeten Ursprung. Betont wird in erster Linie, dass es sich bei dual Studierenden um Berufsanfänger handelt, die noch keine oder kaum Vertragserfahrungen gesammelt haben.333 Diese einem hohen Kostenrisiko auszusetzen, bedürfe richtiger Weise der Überwindung höherer Hürden als bei Arbeitsverhältnissen, in denen die arbeitgeberseitigen Fürsorgepflichten geringer anzusiedeln sind.334 Den vielschichtigen Besonderheiten ist folglich bei der Vertragsgestaltung angemessen Rechnung zu tragen. Insbesondere bei der Prüfung des Transparenzgebots erscheint eine Differenzierung nach Verkehrskreisen trotz der im AGB-Recht angelegten typisierenden Betrachtungsweise durchaus angebracht.335 Abzustellen ist demnach auf die Verständnismöglichkeit eines durchschnittlichen Vertreters des betroffenen Verkehrskreises.336 Generell und nicht nur im hiesigen Spezialbereich lässt sich seit der Schuldrechtsreform eine Verschärfung des allgemeinen Prüfungsmaßstabs durch eine strenge Handhabung des Transparenzgebots beobachten.337 Das BAG agiert in 331

Allgemein CKK/Hoefs, 2019, § 305c Rn. 43. LAG Köln, Urt. v. 27. 5. 2010 – 7 Sa 23/10, NZA-RR 2011, 11, unter 2. b); LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 8. 3. 2017 – 3 Sa 275/16, BeckRS 2017, 111927, Rn. 47; kritisch Bieder, jurisPR-ArbR 51/2010 Anm. 1. 333 LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 8. 3. 2017 – 3 Sa 275/16, BeckRS 2017, 111927, Rn. 47. 334 Vgl. LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 8. 3. 2017 – 3 Sa 275/16, BeckRS 2017, 111927, Rn. 47. 335 Vgl. zu einer Vertragsstrafenregelung BAG, Urt. v. 25. 9. 2008 – 8 AZR 717/07, NZA 2009, 370, Rn. 59; eingehend zur möglichen Differenzierung nach Verkehrskreisen Staudinger BGB/Krause, Neubearbeitung 2019, Anh. zu §§ 305 – 310 – AGB Kontrolle im Arbeitsrecht Rn. K 219 ff., siehe zudem schon oben unter § 8 B. II. 2. 336 Stöhr, AcP 216 (2016), 558, 564. 337 Stoffels, in: Preis (Hrsg.), Der Arbeitsvertrag, 2020, A 120 Ausbildungskosten Rn. 23, 62. 332

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etwa jeder dritten Entscheidung, die Bezüge zum AGB-Recht aufweist, mit dem Transparenzgebot.338 Für den hier zu untersuchenden Bereich dualer Praxisphasenverträge ist eine strenge Überprüfung im Ausgangspunkt zu goutieren, wenngleich darauf zu achten ist, die Anforderungen an die Vertragsgestaltung für die Kooperationsbetriebe nicht über Gebühr auszudehnen, um das dringend erforderliche starke betriebliche Engagement bei der Ausbildung von Fachkräften nicht zu gefährden. Als ersten Schritt bedarf es einer Annäherung, um eine Aufschlüsselung und gleichzeitig eine genauere Einhegung des Transparenzgebots vornehmen zu können. Übergeordnet steht fest, dass es für den dual Studierenden klar erkennbar sein muss, welche finanziellen Belastungen auf ihn bei der Realisierung eines bestimmten Tatbestandes tatsächlich zukommen können. Der dual Studierende muss in die Lage versetzt werden, selbst eine möglichst exakte Risikoeinschätzung vornehmen zu können. Diese persönliche Risikoprognose kann aber nur dann mit Substanz unterfüttert sein, wenn die Entscheidungsoptionen und -alternativen für den Betroffenen auch inhaltlich konkret skizzierbar sind. Dies stellt für dual Studierende, die sich als Neulinge auf dem Arbeitsmarkt ohne größere Erfahrungswerte zu behaupten haben und bei denen eine Vielzahl von offenen Variablen überhaupt erst ausschlaggebend für die erfolgreiche Absolvierung des dualen Studiums ist, regelmäßig eine besondere Herausforderung dar. Ob der Absolvent eine Rückzahlung etwa in Kauf nehmen kann, weil dessen begehrte Arbeitsmarktstellung für lukrative Angebote sorgt, lässt sich angesichts fluider Arbeitsmarktentwicklungen generell schon schwierig prognostizieren, bei dual Studierenden treten zusätzlich noch weitere unbekannte Größen hinzu. Die etwaige Größenordnung der anfallenden Kosten muss daher zumindest rahmenmäßig beziffert werden – Circa-Angaben genügen zwar insoweit, sind aber auch zwingend erforderlich.339 Darüber hinaus hat die Rückzahlungsabrede hinreichend deutlich zu bestimmen, unter welchen Tätigkeitsbedingungen die etwaige Überführung ins Arbeitsverhältnis einhergeht. Dieser Sache ist nun zuerst auf den Grund zu gehen. Bei der wiederum nachfolgenden Thematisierung der Bezeichnung der Rückzahlungslast kann sodann auf einige Leitlinien der Rechtsprechung zurückgegriffen werden. 1. Umriss der Rahmenbedingungen für die Anschlussbeschäftigung Bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses340 muss der Rückzahlungsverpflichtete die Geltung essentieller Vertragsbestandteile für den Fall der Anschlussbe338

So Preis, SR 2019, 153, 157. Vgl. zunächst nur LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 23. 5. 2007 – 3 Sa 28/07, NZA-RR 2007, 514, unter II. 4. e), siehe dazu auch noch sogleich im Folgenden. 340 BAG, Urt. v. 18. 3. 2008 – 9 AZR 186/07, NZA 2008, 1004, Rn. 29 – Die Vertragskonstellation sowie die Frage, ob es sich im entschiedenen Fall um ein duales Studium handelte, bleibt offen („Volontariatsvertrag“); kritisch zur fehlenden Aufklärung I. Natzel, SAE 2008, 277, 277 f.; dass sich die Verpflichtung zur Rückzahlung von Ausbildungskosten grundsätzlich 339

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3. Teil: Individual- und kollektivarbeitsrechtliches Schutzgeflecht

schäftigung abschätzen können.341 Gefordert werden daher Angaben zum Beginn der Vertragsbeziehung, zur Art der auszuführenden Tätigkeit, zum zeitlichen Umfang sowie zur Gehaltsfindung.342 Dies könnte für den Bereich dualer Studiengänge – je nach erforderlichem Konkretisierungsgrad dieser Angaben – aus mehreren Gründen etwas zu hoch gegriffen sein.343 Zwar ist zuzugeben, dass das Transparenzgebot bekanntermaßen auch das Bestimmtheitsgebot umfasst344 und demzufolge unspezifische Textformeln ohne konkreten Bedeutungsgehalt nicht zulässt. Jedoch lässt sich aus betrieblicher Sicht gerade bei einem über mehrere Jahre dauernden dualen Studium zu Vertragsbeginn noch nicht seriös prognostizieren, ob und gegebenenfalls welche Beschäftigungsmöglichkeit für den Absolventen nach Studienabschluss konkret besteht.345 Nicht nur konjunkturelle, sondern auch individuell leistungsbezogene Gründe können eine Vorabzusage Jahre später zur Makulatur werden lassen. Insbesondere die Qualität des erst noch zu erlangenden Studienabschlusses liegt dabei maßgeblich in den Händen des dual Studierenden. Aus diesen Gründen ist es von besonderer Bedeutung, lediglich eine rahmenmäßige Bestimmung über die materiellen Arbeitsbedingungen der zukünftigen Tätigkeit zu verlangen, damit die betroffene Person vorab die wirtschaftlichen Risiken einschätzen kann,346 aber gleichermaßen darauf zu achten, dass die Schwelle zum Vorvertrag, der die wesentlichen Vertragsbestandteile des Hauptvertrages inhaltlich bestimmt oder bestimmbar wiedergibt, nicht überschritten wird.347 Das Erfordernis einer echten Verbindlichkeit für die Zukunft aus dem Transparenzgebot abzuleiten, würde jedenfalls für duale Studiengänge schlicht zu weit gehen. Vielmehr sollte es entscheidend darauf ankommen, im Vertragstext den Rahmen der in Aussicht genommenen Tätigkeit möglichst konkret unter Betonung der eingenommenen Pronach den Umständen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses beurteilt, war schon vor der Schuldrechtsreform anerkannt, vgl. BAG, Urt. v. 24. 7. 1991 – 5 AZR 430/90, NZA 1992, 211, Leitsatz; siehe dazu auch Krause, Anm. zu BAG 24. 7. 1991 – 5 AZR 430/90, EzA BGB § 611 Ausbildungsbeihilfe Nr. 7. 341 Im Ergebnis ähnlich LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 23. 5. 2007 – 3 Sa 28/07, NZA-RR 2007, 514, unter II. 4. d). 342 BAG, Urt. v. 18. 3. 2008 – 9 AZR 186/07, NZA 2008, 1004, Rn. 28; dem Arbeitgeber ist hingegen die Entscheidung darüber überlassen, wie er die erforderlichen Angaben konkret gestaltet, vgl. mit einem Klauselbeispiel Verma/Takacs, BB 2021, 308, 311. 343 Ähnlich I. Natzel, SAE 2008, 277, 279. 344 BAG, Urt. v. 21. 8. 2012 – 3 AZR 698/10, NZA 2012, 1428, Rn. 18; BAG, Urt. v. 6. 8. 2013 – 9 AZR 442/12, NZA 2013, 1361, Rn. 13; LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 8. 3. 2017 – 3 Sa 275/16, BeckRS 2017, 111927, Rn. 36. 345 In eine ähnliche Richtung gehend LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 14. 12. 2011 – 3 Sa 263/11, BeckRS 2012, 67940, unter I. 2. b) cc), das ebenfalls feststellt, dass es den Vertragsparteien regelmäßig bei Ausbildungsbeginn mit paralleler Hochschulausbildung nicht möglich ist, bereits zu diesem Zeitpunkt die jeweiligen konkreten Arbeitsvertragsbedingungen auf einen drei bis vier Jahre späteren Zeitpunkt festzulegen. 346 So am Ende der Entscheidung auch BAG, Urt. v. 18. 3. 2008 – 9 AZR 186/07, NZA 2008, 1004, Rn. 33; vgl. dazu auch Maier/Mosig, NZA 2008, 1168, 1169 f. 347 I. Natzel, SAE 2008, 277, 279.

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gnoseperspektive zu formulieren. Detaillierte Angaben etwa zur exakten Bemessung der künftigen Vergütung lassen sich zum einen dem Arbeitgeber aus Zumutbarkeitsgesichtspunkten in diesem frühen Stadium nicht abverlangen, weil er seine unternehmerische Entscheidung gleichsam im Dunkeln zu treffen hätte. Zum anderen ist die Verhandlungsposition des Bildungsteilnehmers vor Beginn des dualen Studiums – also zumeist unmittelbar nach dem Schulabschluss – nicht stark genug, um Vereinbarungen zur Gehaltsfindung überhaupt seriös einordnen zu können. Im Zweifel erscheint es möglich, auf die übliche Vergütung nach Maßgabe des § 612 Abs. 2 BGB zurückzugreifen.348 Legt man in dieser Frage mithin einen tendenziell groben Rahmen an, um das Transparenzgebot nicht zu überzeichnen, ist das Risiko unter den Beteiligten angemessen aufgeteilt. Dies kommt wohl letztlich vielfach auch den dual Studierenden zugute, wenn man berücksichtigt, dass gute Leistungen nach der Absolvierung des Studiums entsprechend treffender honoriert werden können. Zu verhindern gilt es hingegen freilich, dem Arbeitgeber ungerechtfertigt großzügige Entscheidungsspielräume zu eröffnen.349 Dies gelingt, indem man die Grenze der Unbestimmtheit und Intransparenz dort zieht, wo schlicht die Aufnahme irgendeiner Tätigkeit zu einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt ohne jegliche Vergütungsansätze vorgesehen ist. Stattdessen hat die dem dual Studierenden unmittelbar nach dem Studienabschluss angebotene Tätigkeit eine Position im Unternehmen mit jener Entlohnung zu betreffen, die dem dann erlangten Qualifikationsstand entspricht.350 Überdies lassen sich die Angaben zum Start des Arbeitsverhältnisses auf einen absehbaren Zeitraum rund um das voraussichtliche Studienende begrenzen und auch die jeweiligen objektiven Berechnungsgrundlagen hinsichtlich der erwartbaren Vergütung sind bereits im Zeitpunkt des Abschlusses des Praxisphasenvertrages bestimmbar – das verbindliche Zustandekommen der umrissenen Anschlussbeschäftigung steht dabei freilich stets unter der Bedingung, dass der dual Studierende das Studium erfolgreich beendet. Auf diese Weise werden Flexibilität und Vorhersehbarkeit in einen schonenden Ausgleich gebracht. Dual Studierende werden so – wie es das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verlangt – bei Vertragsschluss, also vor der Aufnahme des dualen Studiums, in die Lage versetzt, einen selbstständigen Abwägungsvorgang auf der Basis von bestimmbaren Parametern durchzuführen.

348 Vgl. auch LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 14. 12. 2011 – 3 Sa 263/11, BeckRS 2012, 67940, unter I. 2. b) cc). 349 Vgl. BAG, Urt. v. 18. 3. 2008 – 9 AZR 186/07, NZA 2008, 1004, Rn. 30; BAG, Urt. v. 6. 8. 2013 – 9 AZR 442/12, NZA 2013, 1361, Rn. 13. 350 Vgl. auch I. Natzel, SAE 2008, 277, 280; in eine ähnliche Richtung LAG MecklenburgVorpommern, Urt. v. 14. 12. 2011 – 3 Sa 263/11, BeckRS 2012, 67940, unter I. 2. b) cc).

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3. Teil: Individual- und kollektivarbeitsrechtliches Schutzgeflecht

2. Rahmenmäßige Bestimmung der Rückzahlungslast Unklarheiten sind aus denselben Gründen ebenso im Hinblick auf die erstattungspflichtigten Kosten selbst zu vermeiden.351 Auch bei der Rückzahlungslast spielt die Angabe der Berechnungsgrundlage eine bedeutende Rolle dergestalt, dass die einzelnen Positionen, aus denen sich die Gesamtforderung zusammensetzen soll, hinreichend deutlich bezeichnet werden müssen, damit dem Arbeitgeber diesbezüglich keine vermeidbaren Spielräume verbleiben und der dual Studierende sein Rückzahlungsrisiko sowie die etwaige Größenordnung ausreichend abschätzen kann.352 Die Kosten sind damit vor dem Hintergrund der Abschlusstransparenz353 dem Grunde und der Höhe nach im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren anzugeben,354 eine exakte Bezifferung der Höhe des möglichen Rückzahlungsbetrages würde den Klauselverwender im Zeitpunkt des Abschlusses der Rückzahlungsvereinbarung demgegenüber unsachgemäß überfordern.355 Der Verwender sollte daher in der Rückzahlungsabrede unter detaillierter Angabe der einzelnen Kostenpositionen einen (ggf. prozentual errechneten) Höchstbetrag aufführen und sich bei der Rückzahlungsforderung an den tatsächlich entstandenen Kosten orientieren.356 In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass es dem Arbeitgeber verwehrt ist, mit seinem Rückforderungsverlangen über den veranschlagten Betrag hinauszugehen, was auch dann gilt, wenn sich die tatsächlichen Ausbildungskosten im Nachhinein als höher erwiesen haben – umgekehrt müssen die Kosten nur bis zu der Höhe erstattet werden, in der sie auch tatsächlich angefallen sind.357 Um dem Transpa351 Vgl. für Weiterbildungskosten im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses BAG, Urt. v. 21. 8. 2012 – 3 AZR 698/10, NZA 2012, 1428, Rn. 18 f. 352 Vgl. für Weiterbildungskosten im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses BAG, Urt. v. 6. 8. 2013 – 9 AZR 442/12, NZA 2013, 1361, Rn. 13; spezieller zu einem dualen Studium LAG Köln, Urt. v. 27. 5. 2010 – 7 Sa 23/10, NZA-RR 2011, 11, unter 2. b); LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 8. 3. 2017 – 3 Sa 275/16, BeckRS 2017, 111927, Rn. 36; ähnlich (tendenziell etwas flexibler) bereits LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 23. 5. 2007 – 3 Sa 28/07, NZA-RR 2007, 514, unter II. 4. e); offen noch BAG, Urt. v. 15. 9. 2009 – 3 AZR 173/08, NZA 2010, 342, Rn. 40. 353 Staudinger BGB/Krause, Neubearbeitung 2019, Anh. zu §§ 305 – 310 – AGB Kontrolle im Arbeitsrecht Rn. K 241. 354 BAG, Urt. v. 21. 8. 2012 – 3 AZR 698/10, NZA 2012, 1428, Leitsatz 1; dementsprechend hat das BAG auch eine Klausel mit der Verpflichtung zur Rückzahlung „der (…) entstandenen Aufwendungen für die Weiterbildung, einschließlich Lohnfortzahlungskosten (…)“ die Wirksamkeit versagt, weil unzulässiger Weise offengelassen wurde, welche Kosten dies im Einzelnen konkret sein sollen, vgl. BAG, Urt. v. 6. 8. 2013 – 9 AZR 442/12, NZA 2013, 1361, Rn. 13 ff.; mit strengen Anforderungen (insbesondere bei dual Studierenden) auch LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 8. 3. 2017 – 3 Sa 275/16, BeckRS 2017, 111927, Rn. 37 ff., 47. 355 Vgl. BAG, Urt. v. 21. 8. 2012 – 3 AZR 698/10, NZA 2012, 1428, Rn. 18 f.; auch so seien die praktischen Hürden bereits enorm, siehe Stoffels, in: Preis (Hrsg.), Der Arbeitsvertrag, 2020, A 120 Ausbildungskosten Rn. 62. 356 Vgl. Elking, BB 2014, 885, 890; Stoffels, in: Preis (Hrsg.), Der Arbeitsvertrag, 2020, A 120 Ausbildungskosten Rn. 62. 357 Hanau, Anm. zu BAG 21. 8. 2012 – 3 AZR 698/10, AP BGB § 611 Ausbildungsbeihilfe Nr. 46, siehe zugleich auch unter § 8 B. II. 2. b) bb).

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renzgebot gerecht zu werden, muss insbesondere bei dualen Studiengängen im Übrigen klar erkennbar sein, dass die betrieblichen Ausbildungskosten nicht Teil der Rückzahlungsklausel sind.358 Die Rückzahlungspflicht kann sich schließlich weiterhin nur auf diejenigen vom Betrieb getragenen Kosten erstrecken, die dem hochschulischen Teil der Ausbildung zuzurechnen sind – dies wurde bereits im Rahmen der Überprüfung der spezialgesetzlichen Nichtigkeitsbestimmung des § 12 Abs. 2 Nr. 1 BBiG verbindlich konstatiert.359 Damit kann festgehalten werden, dass das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB bei Praxisphasenverträgen, die die Kooperationsbetriebe mit dual Studierenden schließen, aufgrund der benannten Besonderheiten und des ausgeprägten Schutzbedürfnisses qualifizierte Anforderungen an die Vertragsgestaltung, insbesondere bei Bindungs- und Rückzahlungsklauseln, aufstellt.360 Eine Orientierung an die für Arbeitsverhältnisse entwickelten Grundregeln ist dabei an sich nicht zu versagen, vielmehr können diese als Grundmauern für darauf aufbauende, zumeist erforderliche Abweichungen zugunsten dual Studierender dienen.

IV. Sonderfall: Vorzeitige Aufgabe des dualen Studiums In gebotener Kürze ist zudem der Frage nachzugehen, wie die zwischenzeitliche Aufgabe des Studiums durch den dual Studierenden rechtlich zu beurteilen ist. Sieht eine Rückzahlungsklausel eine Zahlungsverpflichtung auch bei einem Abbruch durch den dual Studierenden vor, so könnte sich dieser bei entsprechender Wirksamkeit einer erheblichen Kostenlast ausgesetzt sehen, ohne dabei selbst einen nachweisbaren geldwerten Vorteil in Gestalt einer erlangten Qualifikation vorweisen zu können.361 Losgelöst vom hiesigen Untersuchungsgegenstand ist hinsichtlich des Abbruchs von länger dauernden Aus- und Fortbildungsmaßnahmen die Einräumung einer angemessenen Bedenkzeit schon früh anerkannt worden.362 § 12 BBiG trifft (gegebenenfalls in Verbindung mit § 26 BBiG) keine Aussage darüber, unter welchen Voraussetzungen duale Studienteilnehmer ohne Kostenfolge 358 Stoffels, in: Preis (Hrsg.), Der Arbeitsvertrag, 2020, A 120 Ausbildungskosten Rn. 16; unter Verweis auf LAG Köln, Urt. v. 27. 5. 2010 – 7 Sa 23/10, NZA-RR 2011, 11. 359 Siehe dazu unter § 8 B. I. 360 So auch LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 8. 3. 2017 – 3 Sa 275/16, BeckRS 2017, 111927, Rn. 47. 361 Zum geldwerten Vorteil siehe bereits unter § 8 B. II. 2. a). 362 BAG, Urt. v. 20. 2. 1975 – 5 AZR 240/74, AP BGB § 611 Ausbildungsbeihilfe Nr. 2, unter II. 4. b); kritisch Dorth, RdA 2013, 287, 299; Meier/Schulz, NZA 1996, 742, 748 f.; Schönhöft, NZA-RR 2009, 625, 628; sowie Hennige, NZA-RR 2000, 617, 621, die die arbeitgeberseitige Finanzierung einer „Selbstfindungsphase“ für unbillig hält; allerdings keine Abkehr von diesem Grundsatz in BAG, Urt. v. 19. 1. 2011 – 3 AZR 621/08, NZA 2012, 85, Rn. 30; ähnlich Dimsic, RdA 2016, 106, 110, der die fehlende Notwendigkeit einer Überlegensfrist jedoch zurecht – wie das Gericht – auf den Fall des Erwerbs einer Zusatzqualifikation innerhalb eines Berufsbildes begrenzt.

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innerhalb einer bestimmten Bedenkzeit die entsprechenden Bildungsmaßnahmen beenden können, sodass erneut die bekannten Kontrollmaßstäbe der §§ 305 ff. BGB anzulegen sind. Hierbei ist zu beachten, dass es sich regelmäßig um dual Studierende in der Erstausbildung handelt, die unmittelbar nach dem Ende ihrer schulischen Laufbahn erstmalig eine bedeutende karrierebezogene Entscheidung selbstständig zu treffen haben. Ihnen ist daher in jedem Fall in der Rückzahlungsabrede eine noch näher zu bestimmende Überlegensfrist dahingehend zu gestatten, ob die gewählte Ausbildung den individuellen Neigungen und Interessen entspricht.363 Auffällig ist, dass die Studienabbruchquote in klassischen Bachelorstudiengängen an Universitäten mit rund 30 %364 deutlich höher liegt als bei dualen Studiengängen.365 Freilich ist die geringe Abbruchquote explizit für das duale Studium positiv zu betrachten, dies sollte indes tunlichst nicht ausschließlich im Zusammenhang mit drohenden finanziellen Belastungen für dual Studierende in Gestalt von etwaigen Rückzahlungsverpflichtungen stehen. Schließlich geht es darum, den jungen Nachwuchskräften zumindest für eine gewisse Eingewöhnungsphase möglichst freie Hand bei ihrer doch wegweisenden Zukunftsentscheidung zu lassen. Eine vorzeitige Beendigung während der Probezeit kann vor diesem Hintergrund jedenfalls nicht zahlungsauslösend wirken.366 Die Probezeit dient gerade dazu herauszufinden, ob der gewählte Bildungsweg für den jeweiligen Studienteilnehmer geeignet ist. Eine faktische Beschränkung der Kündigungsfreiheit würde dem Zweck der mitunter stark variierenden Probezeit zuwiderlaufen. Die Probezeit automatisch selbst als alleinige Bedenkzeit festzusetzen, schlüge vielfach fehl, da es im Rahmen von Rechtsverhältnissen i. S. d. § 26 BBiG möglich ist, die nach § 20 Satz 2 BBiG grundsätzlich mindestens einmonatige Probezeit noch zu verkürzen.367 Der hinter der Vorschrift stehende Schutzgedanke, Probezeitkündigungen seitens des Ausbildenden (vgl. § 22 Abs. 1 BBiG) auf einen kürzeren Zeitraum zu beschränken, darf nicht ausgehöhlt werden, indem eine verkürzte Probezeit dual Studierende gleichzeitig schneller in eine drohende Rückzahlungsverpflichtung treibt. Das spezielle Bedürfnis der Orientierung erfordert vielmehr, dass dual Studierenden unabhängig von der Probezeit auch eine „Schonfrist“ mit entsprechender Abbruchmöglichkeit ohne Kostenfolge eingeräumt werden muss.

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So auch für ein Umschulungsverhältnis BAG, Urt. v. 20. 2. 1975 – 5 AZR 240/74, AP BGB § 611 Ausbildungsbeihilfe Nr. 2, unter II. 4. b). 364 Statistisches Bundesamt, Studienabbruchquote in den Bachelorstudiengängen an Universitäten in Deutschland nach Fachrichtung/Fächergruppe im Absolventenjahrgang 2018, 2020 (https://de.statista.com/statistik/daten/studie/883795/umfrage/studienabbruchquote-in-ba chelorstudiengaengen-an-universitaeten-in-deutschland-nach-fachrichtung/) (geprüft am 31. 5. 2022). 365 Zur geringen Abbruchquote bei dualen Studiengängen siehe bereits unter § 3 A. I. 366 Koch-Rust/Rosentreter, NZA 2013, 879, 883. 367 Siehe dazu oben unter § 7 A. II. 2.

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Die Länge dieser Bedenkzeit ist angesichts verschiedener praktizierter Zeitmodelle368 und unterschiedlicher Gesamtstudienlängen schwierig pauschal zu begrenzen. Entscheidend muss sein, dass sich der dual Studierende – etwa aufgrund von Feedback-Gesprächen oder ersten Prüfungsergebnissen – ein gefestigtes Bild über seine Eignung und Neigung machen kann.369 Zeitmodellübergreifend und probezeitunabhängig kann eine Überlegensfrist von einem Drittel der vorgesehenen Regelstudiendauer als angemessener und flexibler Richtwert gelten. Geht man von einer regelmäßigen Studiendauer von drei Jahren aus, läge die einzuräumende Bedenkzeit in diesem Fall bei einem Orientierungswert von einem Jahr.370 In dieser Zeit wurden in aller Regel umfangreiche praktische sowie theoretische Fähigkeiten des Teilnehmers auf die Probe gestellt, sodass ein realistischer Eindruck von den Ausbildungsinhalten, der Studienform sowie dem Berufsbild entstehen konnte. Die seitens des Kooperationsbetriebs in diesem Zeitraum bereits getätigten Investitionen kann der Betriebsinhaber bei einem Abbruch innerhalb der Orientierungsphase nicht mittels einer Rückzahlungsabrede auf den dual Studierenden abwälzen. Damit hat die betriebliche Seite das Risiko innerhalb dieser Überlegensfrist zu tragen, ob die auszubildende Nachwuchskraft tatsächlich die Fähigkeiten und das Interesse für das gewählte duale Studium mitbringt.371 Zumindest die fachliche Eignung kann beispielsweise im Rahmen von Assessment-Centern bereits vor dem Vertragsschluss unter Beweis gestellt werden. Als Nebeneffekt der betrieblichen Risikotragung könnte sich eine Lenkungswirkung dahingehend entfalten, dass sich die Kooperationsbetriebe bei der Qualität der berufspraktischen Phase und bei ihrem Ausbildungsengagement inhaltlich verbessern, um dual Studierenden bestmögliche Bedingungen zur Bewältigung des Studiums zu bieten.

V. Rechtsfolgenbetrachtung Abschließend lohnt sich ein Blick auf die maßgeblich durch § 306 BGB normierte Rechtsfolge. Die mittlerweile gefestigten Grundregeln sind auch hier konsequent auf duale Praxisphasenverträge zu übertragen, sofern dies möglich und billig erscheint. 1. Verbot geltungserhaltender Reduktion Im Falle einer Intransparenz nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB oder auch einer generellen Unangemessenheit nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB entfällt die Rückzahlungsklausel grundsätzlich ersatzlos. Lediglich bei teilbaren Klauseln ist die 368

Vgl. 2. Teil, Fn. 49. Koch-Rust/Rosentreter, NZA 2013, 879, 883. 370 Pauschaler als hier dies., NZA 2013, 879, 883, die sogar unter Umständen auch eine sechsmonatige Frist in Betracht ziehen. 371 Zurecht kritisch für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Bereich „klassischer“ Arbeitsverhältnisse Dorth, RdA 2013, 287, 299; ähnlich Dimsic, RdA 2016, 106, 110. 369

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3. Teil: Individual- und kollektivarbeitsrechtliches Schutzgeflecht

Möglichkeit des sogenannten blue-pencil-test anerkannt,372 jedoch ist bei der Frage der Teilbarkeit gerade im Rahmen von Rückzahlungsklauseln restriktiv vorzugehen.373 Das Herausstreichen einzelner Regelungsbestandteile wird hierbei selten dazu führen, dass sich die Klausel in den verbleibenden Restbestandteilen ohne Weiteres aufrechterhalten lässt.374 Weder können mehrere in der Klausel aufgezählte Beendigungsgründe, die die Rückzahlungspflicht auslösen sollen, voneinander abgetrennt werden, sodass der Betroffene nur bei einem seiner Verantwortungssphäre unterfallenden Beendigungsgrund zur Rückzahlung verpflichtet sein soll,375 noch kann eine zu lange Bindungsdauer in einzelne Zeitabschnitte aufgeteilt werden.376 Die Unwirksamkeit entsprechender Klauseln in toto377 folgt aus dem mittlerweile378 allgemein anerkannten Verbot der geltungserhaltenden Reduktion.379 Ein Rückzahlungsanspruch besteht in diesem Fall nicht. Gerade im Verhältnis des Kooperationsbetriebs zum dual Studierenden widerspräche eine Zurückführung der Bindungsdauer oder der Rückzahlungslast auf das jeweils noch zulässige Maß dem generalpräventiven Zweck der AGB-Kontrolle. Dual Studierende sollen bereits beim Abschluss des Praxisphasenvertrages die Möglichkeit haben, auf der Grundlage sachgerechter Informationen über Rechte und Pflichte eine nicht nur vage Risikofolgenabschätzung vorzunehmen.380 Was für die Rückzahlung von Ausbildungskosten im Rahmen von Arbeitsverhältnissen gilt,381 muss für dual Studierende erst recht gelten.

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Siehe nur BAG, Urt. v. 6. 5. 2009 – 10 AZR 443/08, NZA 2009, 783. Siehe dazu nur Staudinger BGB/Krause, Neubearbeitung 2019, Anh. zu §§ 305 – 310 – AGB Kontrolle im Arbeitsrecht Rn. K 259 m. w. N. 374 Willemsen/Grau, RdA 2003, 321, 324. 375 Vgl. BAG, Urt. v. 18. 3. 2014 – 9 AZR 545/12, NZA 2014, 957, Rn. 21; sowie grundlegend BAG, Urt. v. 11. 4. 2006 – 9 AZR 610/05, NZA 2006, 1042, Rn. 31 f. 376 BAG, Urt. v. 14. 1. 2009 – 3 AZR 900/07, NZA 2009, 666, Rn. 23 f.; BAG, Urt. v. 15. 9. 2009 – 3 AZR 173/08, NZA 2010, 342, Rn. 48. 377 WLP/Stoffels, 2020, Anh. zu § 310 Rn. 190; ders., AGB-Recht, 2021, Rn. 1181. 378 Früher hat sich das BAG teilweise auf eine geltungserhaltende Reduktion berufen, vgl. dazu I. Schmidt, NZA 2004, 1002, 1006 m. w. N.; siehe dazu etwa BAG, Urt. v. 6. 9. 1995 – 5 AZR 241/94, NZA 1996, 314, unter 6.; sowie noch früher BAG, Urt. v. 11. 4. 1984 – 5 AZR 430/ 82, NZA 1984, 288, unter II. 3.; zum Ganzen Däubler/Deinert/Walser/Deinert, 2021, § 307 Rn. 132 f. 379 Siehe nur BAG, Urt. v. 11. 4. 2006 – 9 AZR 610/05, NZA 2006, 1042, Rn. 29 f.; BAG, Urt. v. 23. 1. 2007 – 9 AZR 482/06, NZA 2007, 748, Rn. 28 f.; BAG, Urt. v. 14. 1. 2009 – 3 AZR 900/07, NZA 2009, 666, Rn. 22; BAG, Urt. v. 18. 9. 2018 – 9 AZR 162/18, NZA 2018, 1619, Rn. 57; aus der Lit. jedoch weiterhin kritisch Stöhr, ZFA 2013, 213, 232 ff.; im Ergebnis das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion sogar bestreitend Uffmann, Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion, 2010, 289: „Mythos“. 380 Vgl. Koch-Rust/Rosentreter, NJW 2009, 3005, 3010. 381 BAG, Urt. v. 13. 12. 2011 – 3 AZR 791/09, NZA 2012, 738, Rn. 30. 373

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2. Ergänzende Vertragsauslegung Vor diesem Hintergrund ist bei Rückzahlungsverpflichtungen zulasten dual Studierender im Ausgangspunkt auch eine ergänzende Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB)382 kritisch zu betrachten, die vor einigen Jahren in der höchstrichterlichen Rechtsprechung im Zusammenhang mit der arbeitnehmerseitigen Rückzahlung von Ausbildungskosten und dort bei der Festsetzung der zulässigen Bindungsdauer als obiter dictum unter Berufung auf die „im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten“ (§ 310 Abs. 4 Satz 2 BGB) angeklungen,383 aber seitdem durch die arbeitsgerichtliche Judikatur nicht intensiver verfolgt worden ist.384 Im Kern unterscheidet sich die ergänzende Vertragsauslegung von der geltungserhaltenden Reduktion in struktureller Hinsicht dadurch, dass sie sich nicht nur an den Verwenderinteressen orientiert, sondern einen angemessenen Interessenausgleich beider Parteien herzustellen versucht.385 Das hiernach Angemessene wird demnach nicht – wie bei der geltungserhaltenden Reduktion – aus der gesetzlichen Regelung, sondern aus dem Kontext des Regelungsplans der Vertragspartner abgeleitet.386 Zu beachten ist aber, dass das nach der ergänzenden Vertragsauslegung Angemessene trotz der methodischen Unterschiede zur geltungserhaltenden Reduktion durchaus mit dem gesetzlich gerade noch Zulässigen zusammenfallen kann.387 Mit Argusaugen ist daher zu überprüfen, ob die ergänzende Vertragsauslegung im konkreten Fall das Verbot geltungserhaltender Reduktion aushebelt, indem zwar eine dogmatisch abweichende, jedoch letztlich in 382

Zu den Grundlagen siehe nur Wiedemann, FS Canaris, Bd. 1, 2007, 1281 ff. BAG, Urt. v. 14. 1. 2009 – 3 AZR 900/07, NZA 2009, 666, Rn. 25 ff.; instanzgerichtlich aufgenommen von LAG Hessen, Urt. v. 29. 10. 2010 – 19 Sa 329/10, BeckRS 2011, 70799, unter I. b) aa) (2); kritisch Däubler/Deinert/Walser/Deinert, 2021, § 307 Rn. 136; M. Hoffmann, NZA-RR 2015, 337, 339 f.: „systemfremde Umgehung AGB-rechtlicher Grundsätze“; Stoffels, ZFA 2009, 861, 892 f.; ders., Anm. zu BAG 14. 1. 2009 – 3 AZR 900/07, AP BGB § 611 Ausbildungsbeihilfe Nr. 41; ders., AGB-Recht, 2021, Rn. 1181: „fragwürdig“. 384 Siehe nur BAG, Urt. v. 13. 12. 2011 – 3 AZR 791/09, NZA 2012, 738, Rn. 35 ff.; BAG, Urt. v. 28. 5. 2013 – 3 AZR 103/12, NZA 2013, 1419, Rn. 19; BAG, Urt. v. 18. 3. 2014 – 9 AZR 545/12, NZA 2014, 957, Rn. 22; insoweit bleibt die Hoffnung von Stoffels, „dass der relativierende Vorbehalt nichts weiter als ein Testballon war, der sich hinter dem Horizont alsbald wieder verlieren wird“, bislang erfüllt, Stoffels, Anm. zu BAG 14. 1. 2009 – 3 AZR 900/07, AP BGB § 611 Ausbildungsbeihilfe Nr. 41. 385 BAG, Urt. v. 23. 1. 2007 – 9 AZR 482/06, NZA 2007, 748, Rn. 35; Annuß, BB 2006, 1333, 1338; Staudinger BGB/Krause, Neubearbeitung 2019, Anh. zu §§ 305 – 310 – AGB Kontrolle im Arbeitsrecht Rn. K 267, K 271; Moll, FS Kübler, 2015, 415, 425; Ohlendorf/ Salamon, RdA 2006, 281, 284 f.; ablehnend M. Hoffmann, NZA-RR 2015, 337, 343: „zu leicht“. 386 Willemsen/Grau, RdA 2003, 321, 325; die unterschiedliche Vorgehensweise auf den Punkt bringend Schlewing, RdA 2011, 92, 94: „Während die ergänzende Vertragsauslegung der Schließung einer Vertragslücke dient, lässt die geltungserhaltende Reduktion eine solche Lücke im Vertrag erst gar nicht entstehen.“. 387 Moll, FS Kübler, 2015, 415, 425; Willemsen/Grau, RdA 2003, 321, 325; vgl. auch BAG, Urt. v. 14. 1. 2009 – 3 AZR 900/07, NZA 2009, 666, Rn. 30; dazu Schlewing, RdA 2011, 92, 98; die ergänzende Vertragsauslegung sei mit der geltungserhaltenden Reduktion „funktionsverwandt“, so Uffmann, Das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion, 2010, 175. 383

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3. Teil: Individual- und kollektivarbeitsrechtliches Schutzgeflecht

den tatsächlichen Steuerungswirkungen identische Vorgehensweise praktiziert wird.388 Auch die ergänzende Vertragsauslegung würde dem Kooperationsbetrieb als Verwender in den meisten Fällen durch eine entsprechende Lückenfüllung infolge der Klauselunwirksamkeit das Risiko einer unzulässig zu weit gefassten Rückzahlungsklausel nehmen und eine Vertragshilfe allein zu seinen Gunsten darstellen.389 Der erste Impuls dürfte demnach dahingehen, die Möglichkeit einer ergänzenden Vertragsauslegung grundsätzlich zu versagen, jedoch ist der Blick im Folgenden stärker auf die Verwenderperspektive zu richten. Insbesondere für Rückzahlungsklauseln im Rahmen dualer Studiengänge haben sich noch keine klaren Leitlinien herauskristallisiert, sodass die Vertragsgestaltung gerade in Bezug auf die zulässige Bindungsdauer mit größeren Schwierigkeiten behaftet sein dürfte.390 Die Annahme einer Ausnahme, in der eine ergänzende Vertragsauslegung denkbar erscheint, setzt zunächst voraus, dass sich jenseits ausgetretener Pfade beachtliche Unsicherheiten bei der Vertragsgestaltung offenbaren und die rechtlichen Grenzen für dieses Spezialgebiet noch nicht annähernd verbindlich bestimmt sind, gleichwohl aber gefestigte Grundsätze auf einer übergeordneten Ebene vorhanden sind.391 Als Ausgangspunkt lässt sich hier davon ausgehen, dass die Grundstrukturen bei der Festlegung der jeweils zulässigen Bindungsdauer – jedenfalls im Bereich „klassischer“ Arbeitsverhältnisse – gefestigt sind.392 In atypischen Konstellationen oder bei neueren Erscheinungsformen gilt es hingegen, sich nicht unumwunden der Möglichkeit einer ergänzenden Vertragsauslegung zu verschließen,393 sondern abzuklopfen, ob ein konkretes Bedürfnis für eine Salvierung der inkriminierten Klausel beiderseits besteht. Der Verwender von Praxisphasen388

In diesem Sinne kritisch Bieder, RdA 2011, 142, 151 f., 154; vgl. auch Däubler/Deinert/ Walser/Deinert, 2021, § 307 Rn. 136. 389 Vgl. BAG, Urt. v. 13. 12. 2011 – 3 AZR 791/09, NZA 2012, 738, Rn. 36; BAG, Urt. v. 21. 8. 2012 – 3 AZR 698/10, NZA 2012, 1428, Rn. 31; BAG, Urt. v. 6. 8. 2013 – 9 AZR 442/12, NZA 2013, 1361, Rn. 21; BAG, Urt. v. 18. 3. 2014 – 9 AZR 545/12, NZA 2014, 957, Rn. 22; abl. Moll, FS Kübler, 2015, 415, 425. 390 Generell schon bezüglich der Gestaltung von Arbeitsverträgen Stöhr, ZFA 2013, 213, 223, dessen Empirie gezeigt hat, „dass die Fehlerquote von Arbeitsverträgen exorbitant hoch ist“. 391 Ähnlich CKK/Krause, 2019, Einführung Rn. 97. 392 So auch BAG, Urt. v. 14. 1. 2009 – 3 AZR 900/07, NZA 2009, 666, Rn. 29. 393 Tendenziell aufgeschlossen CKK/Krause, 2019, Einführung Rn. 96; Staudinger BGB/ ders., Neubearbeitung 2019, Anh. zu §§ 305 – 310 – AGB Kontrolle im Arbeitsrecht Rn. K 265 ff.; ebenso Uffmann, RdA 2011, 154, 155 ff.; sowie bereits Annuß, BB 2006, 1333, 1338; abl. Faller, Rückzahlungsklauseln für Fortbildungskosten, 2008, 297 ff., der stattdessen in der Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) einen Lösungsansatz für quantitativ übermäßige Rückzahlungsklauseln erblickt. Dem Arbeitnehmer stünde gegenüber dem Arbeitgeber ein auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses rückwirkender materieller Anspruch auf Anpassung der Fortbildungsvereinbarung zu, sodass der Vertrag um eine Erstattungsvereinbarung mit einem angemessenen Regelungsinhalt zu ergänzen sei, sofern die Rechtsunwirksamkeit der vereinbarten Rückzahlungsklausel für den Arbeitgeber nicht erkennbar war.

§ 8 Bindungs- und Rückzahlungsklauseln

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verträgen für duale Studiengänge kann hinsichtlich einer maximal zulässigen Bindungsdauer weder auf eine ausgereifte Rechtsprechung noch auf im Schrifttum anerkannte Grundregeln zurückgreifen. Stattdessen wird sich der Verwender stets an den ausdifferenzierten Grundsätzen zur Rückzahlung von Ausbildungskosten im Rahmen von Arbeitsverhältnissen zu orientieren haben, wobei ihn eine pauschale Übertragung auf das duale Studium nicht weiterbringt. Gleichzeitig hat er sich nämlich die besonderen Unterschiede von dual Studierenden, bei denen der Ausbildungszweck primär hervorsticht, und Arbeitnehmern vor Augen zu führen mit der Folge, dass eine Reduzierung der Bindungsdauer unausweichlich erscheint.394 Nur, wenn es aus betrieblicher Perspektive auch außerhalb des direkten Anwendungsbereichs des § 306 Abs. 3 BGB eine unzumutbare Härte darstellen würde,395 an der Verpflichtung zur Tragung der Ausbildungskosten festgehalten zu werden, ohne den dual Studierenden im Gegenzug angemessen binden zu können, kann eine ergänzende Vertragsauslegung überhaupt ins Spiel kommen.396 Dies gilt es nun näher zu überprüfen. a) Grundsatz Zwar erfordert etwa die Bemessung der zulässigen Bindungsdauer aus Betriebssicht eine tiefgreifende Auseinandersetzung mit den geltenden, für dual Studierende zu reduzierenden Regelwerten, jedoch erscheint es dennoch wegen der besonderen Schutzbedürftigkeit dualer Studienteilnehmer nicht per se unangemessen, dem Betriebsinhaber das Rechtsverfehlungsrisiko397 aufzuerlegen. Im Zweifel ist eine kürzere Bindungsdauer im Praxisphasenvertrag festzusetzen;398 eine unzumutbare Härte hinsichtlich der Bestimmung einer zulässigen Bindungsdauer darf 394 Angemessen erscheint im Regelfall eine zulässige Bindungsdauer von zwei Jahren, vgl. hierzu bereits unter § 8 B. II. 2. b) bb). 395 Kritisch zur unzumutbaren Härte als notwendige Voraussetzung der ergänzenden Vertragsauslegung Moll, FS Kübler, 2015, 415, 423, der das Rechtsfolgenkonzept des § 306 BGB letztlich auf den Kopf gestellt sieht; ebenso Linck, FS Bauer, 2010, 645, 657. 396 Vgl. BAG, Urt. v. 14. 1. 2009 – 3 AZR 900/07, NZA 2009, 666, Rn. 30. 397 Teilweise wurde auch der Begriff des „Prognoserisikos“ verwendet, vgl. BAG, Urt. v. 14. 1. 2009 – 3 AZR 900/07, NZA 2009, 666, Rn. 30; aufgegriffen von LAG MecklenburgVorpommern, Urt. v. 26. 5. 2010 – 2 Sa 23/10, BeckRS 2010, 71567; LAG Hessen, Urt. v. 29. 10. 2010 – 19 Sa 329/10, BeckRS 2011, 70799; tendenziell ablehnend CKK/Krause, 2019, Einführung Rn. 96, da der Begriff des Prognoserisikos dergestalt irreführend sei, dass der Eindruck erweckt werde, als ziele die Gestaltung vorformulierter Arbeitsbedingungen ausschließlich darauf ab, die richterliche Spruchpraxis vorherzusagen (gleichwohl anerkennend, dass dies in der Praxis durchaus zutreffen möge); gleicher Einschlag bei Stoffels, ZFA 2009, 861, 892; ders., Anm. zu BAG 14. 1. 2009 – 3 AZR 900/07, AP BGB § 611 Ausbildungsbeihilfe Nr. 41; nunmehr findet der Begriff des „Prognoserisikos“ keine Berücksichtigung mehr in der Judikatur, vgl. etwa BAG, Urt. v. 13. 12. 2011 – 3 AZR 791/09, NZA 2012, 738, Rn. 35 ff.; BAG, Urt. v. 18. 3. 2014 – 9 AZR 545/12, NZA 2014, 957, Rn. 22. Dies ist zu begrüßen, denn es geht zumindest aus rechtlicher Sicht nicht darum, dass der Verwender gleichsam aus der Glaskugel lesen können muss. 398 Koch-Rust/Rosentreter, NZA 2013, 879, 882.

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zumindest nicht vorschnell angenommen werden, um das Rechtsfolgensystem des § 306 BGB nicht zu unterlaufen. Dafür sprechen insbesondere die folgenden Erwägungen: Die ergänzende Vertragsauslegung, bei der es sich im Kern um die Frage dreht, was die Parteien vereinbart hätten, wenn ihnen die Unwirksamkeit der Klausel bewusst gewesen wäre, kann generell nur dann in Betracht kommen, wenn diese für beide Parteien zu einer angemessenen Lösung führt.399 Die Aufgabe besteht also darin, einen Vertrag anstelle der Parteien aus einem objektiv generalisierenden Blickwinkel400 zu Ende zu denken, indem die durch Klauselunwirksamkeit entstandene Regelungslücke im Vertrag ausgefüllt wird, für die wiederum dispositives Gesetzesrecht nicht zur Verfügung steht und die daher ergänzungsbedürftig ist.401 Eine Herabsetzung der Bindungsdauer im Wege ergänzender Vertragsauslegung würde in erster Linie dem Betriebsinhaber dienen; das nach Studienende besonders ausgeprägte Mobilitätsinteresse dual Studierender stünde demgegenüber gänzlich zurück, sodass eine modifizierte Aufrechterhaltung der Rückzahlungsabrede schon nicht im typischen Interesse dualer Studienteilnehmer liegen dürfte. Unbestritten ist, dass es eine geltungserhaltende Reduktion „durch die Hintertür“ in Gestalt einer Rückführung der Bindungsdauer auf das gerade noch zulässige Maß zu verhindern gilt. Hierbei könnte in die Abwägung einfließen, dass jede noch so starke Herabsetzung der Bindung zunächst einmal dem Mobilitätsinteresse des Absolventen widerspricht, solange irgendeine Bindung nach dem Studienende aufrechterhalten bleibt. Bei der ergänzenden Vertragsauslegung kommt es nicht auf das gerade noch Zulässige an, sondern auf einen für beide Seiten soweit wie möglich gerecht werdenden Ausgleich402 – dieser scheitert auf den ersten Blick hier bereits daran, dass der dual Studierende mit der Einschränkung seiner Mobilität nach dem Studienabschluss erhebliche Nachteile in Kauf zu nehmen hat, ohne selbst auch nur geringe Vorteile unmittelbar aus der Rückzahlungsabrede ziehen zu können. Dieser Argumentation lässt sich jedoch entscheidend entgegenhalten, dass duale Studienabsolventen auf einer übergeordneten Ebene erheblichen Profit durch die gesamte betriebspraktische Ausbildung und der damit verbundenen nachgefragten Stellung auf dem Arbeitsmarkt erlangen.403 Setzt man – wie hier404 – die zulässige Bindungsdauer im Regelfall auf zwei Jahre fest, stellt genau dies den geforderten angemessenen Ausgleich dar. Von dieser Warte aus betrachtet ist eine ergänzende Vertragsauslegung unter bestimmten Umständen denkbar. 399

Insoweit auch BAG, Urt. v. 14. 1. 2009 – 3 AZR 900/07, NZA 2009, 666, Rn. 28. Auszurichten ist die ergänzende Vertragsauslegung damit am Willen und Interesse der typischerweise beteiligten Verkehrskreise, vgl. nur Staudinger BGB/Krause, Neubearbeitung 2019, Anh. zu §§ 305 – 310 – AGB Kontrolle im Arbeitsrecht Rn. K 271; sowie Schlewing, RdA 2011, 92, 94. 401 Vgl. I. Schmidt, NZA 2004, 1002, 1010. 402 BAG, Urt. v. 23. 1. 2007 – 9 AZR 482/06, NZA 2007, 748, Rn. 35. 403 Siehe etwa bereits unter § 3 A. IV. 404 Siehe oben unter § 8 B. II. 2. b) bb). 400

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Kritisch zu betrachten bleibt bei einer Zulässigkeit der ergänzenden Vertragsauslegung jedoch Folgendes: Durch ein modifiziertes Bestehenbleiben der Rückzahlungsklausel bliebe – ähnlich wie bei der geltungserhaltenden Reduktion – die Gefahr virulent, dass die Kooperationsbetriebe die Zulässigkeitsgrenzen vielfach überschreiten, ohne dass der ersatzlose Wegfall der Rückzahlungsklausel droht.405 Einer solchen denkbaren Vertragspraxis muss verstärkt Einhalt geboten werden, ohne die ergänzende Vertragsauslegung automatisch als bloß getarnte geltungserhaltende Reduktion zu ächten. Begibt sich der duale Ausbildungsbetrieb auf vertragsrechtlich weitgehend unbekanntes Terrain, indem er freiwillig zum scharfen Instrument der Bindungs- und Rückzahlungsklauseln greift, so hat er im Grundsatz auch das Risiko zu tragen, dass er die verauslagten Kosten nicht ersetzt verlangen kann. Die Vertragsgestaltung wäre anderenfalls für die betriebliche Seite praktisch risikolos, zumal eine Vielzahl dual Studierender wegen unterschiedlichster Bedenken und Hindernisse schon nicht den Weg der juristischen Konfrontation suchen dürfte.406 Die zeitlich begrenzte Dauer der Ausbildung kann schließlich dazu führen, dass sich Betroffene mit den (rechtlich unzulässigen) Gegebenheiten abfinden – etwa zu strenge Rückzahlungsabreden hinnehmen in dem Gedanken, die Zeit der Bindung falle im Verhältnis zu ihrer weiteren Karriereplanung nicht weiter ins Gewicht. Die mit der Bindung zweifellos entstehenden Nachteile, auch im Hinblick auf den Erwerb möglicherweise angestrebter Zusatzqualifikationen wie etwa eines Masterabschlusses oder einer Promotion, kommen aber erst später, mitunter erst weit nach Studienende, ans Tageslicht. In solchen Fällen auf das Wohlwollen und die Unterstützung des Betriebsinhabers angewiesen zu sein, wird der besonderen Bedeutung der Erstausbildung nicht gerecht. Der freien Verwertbarkeit der eigenen Arbeitskraft nach der Absolvierung des dualen Studiums kommt hier – auch in Abgrenzung zu Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen im Rahmen „klassischer“ Arbeitsverhältnisse – ein solch bedeutender Wert zu, dass sich auch auf der Rechtsfolgenseite das besondere Schutzbedürfnis dual Studierender niederschlagen muss. Zudem gehört es zu einer interessengerechten Reglementierung des dualen Studienkonzepts dazu, Anreize für Betriebe zu schaffen, sich intensiv um angemessene Vertragsbedingungen zu kümmern. Dies beginnt bereits mit dem Vertragsentwurf, der zumindest beim ersten Aufsetzen aus betrieblicher Perspektive eine gesteigerte Auseinandersetzung mit den rechtlichen Rahmenbedingungen erfordert. Gemeinhin erscheint die Verwendung eines vertragsrechtlich unbedenklichen Praxisphasenvertrages weder unmöglich noch unzumutbar. Die Schwelle zur objektiven Unzumutbarkeit ist auch in Anbetracht der hier präferierten Geltung der Schutzvorschriften des BBiG über 405 In diese Richtung allgemein Bieder, RdA 2011, 142, 152, der zwar anerkennt, dass diese Gefahr bei einzelnen Verträgen überschaubar ist, jedoch in der Breite nicht zu unterschätzen sein dürfte, da die ergänzende Vertragsauslegung dem Verwender immer zumindest angemessene Bedingungen garantiert. 406 Schon bei Arbeitsverhältnissen tritt das Defizit in Erscheinung, dass unwirksame Klauseln durch den nicht rechtstreuen Verwender weiterverwendet werden und damit kalkuliert wird, dass sich nur eine Minderheit von Vertragspartnern gegen die unwirksame Klausel wehren wird, so Preis, SR 2019, 153, 157.

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§ 26 BBiG, die auch bei der Vertragsgestaltung als Orientierungspunkt herangezogen werden können, typischerweise nicht überschritten. b) Ausnahme Nur in engen Grenzen ist eine ergänzende Vertragsauslegung ausnahmsweise in Betracht zu ziehen.407 Dafür müsste nach außen handgreiflich sein, dass sich der Verwender vertieft mit der geltenden Rechtslage auseinandergesetzt und sich an den Grundsätzen zur Rückzahlung von Aus- und Fortbildungskosten im Rahmen von Arbeitsverhältnissen differenziert unter Beachtung der Eigenheiten des dualen Studiums sorgfältig orientiert hat. Allgemeiner formuliert ließe sich darauf abzustellen, ob sich der Klauselverwender ersichtlich darum bemüht hat, die Rechtmäßigkeitsgrenzen einzuhalten, und nur an den nicht klar vorhersehbaren exakten Grenzziehungen der Rechtsprechung gescheitert ist.408 Eine geringfügige Abweichung der ex ante vertraglich fixierten Bindung gegenüber der später durch die Rechtsprechung festgelegten Höchstbindungsdauer rechtfertigt dann nicht, das stets über dem Verwender schwebende Damoklesschwert der Totalunwirksamkeit409 fallen zu lassen. In diesem Sonderfall, bei dem die rechtlichen Grenzen diffus sind und von der Gewichtung verschiedener Variablen abhängen,410 tritt das Bedürfnis einer ergänzenden Vertragsauslegung deutlich hervor, sodass die Schutzaspekte zugunsten des gutgläubigen Klauselverwenders durchaus überwiegen können. Sieht der Praxisphasenvertrag beispielsweise eine Bindungsdauer von zwei Jahren und sechs Monaten vor, weil sich der redliche und umsichtige Verwender an der zu Arbeitsverhältnissen ergangenen Rechtsprechung in differenzierter Weise orientiert hat, daran anlehnend eine Reduzierung der Bindungsdauer vorgenommen sowie zudem Beiträge aus dem Schrifttum gesichtet hat, und setzt ein Gericht sodann die zulässige Bindungsdauer wider Erwarten bloß auf zwei Jahre fest, so ginge es zu weit, dem Betrieb aus Präventionsgesichtspunkten411 mit der rigiden Folge einer 407 Im Ergebnis wohl auch Koch-Rust/Rosentreter, NZA 2013, 879, 882; ähnlich für Rückzahlungsverpflichtungen bei Fortbildungsvereinbarungen Schönhöft, NZA-RR 2009, 625, 630; grundlegend skeptisch gegenüber dem Institut der ergänzenden Vertragsauslegung hingegen Bieder, RdA 2011, 142, 151 ff. 408 So Staudinger BGB/Krause, Neubearbeitung 2019, Anh. zu §§ 305 – 310 – AGB Kontrolle im Arbeitsrecht Rn. K 270. 409 Im Kontext der damals geführten Diskussion zur Möglichkeit einer geltungserhaltenden Reduktion Hanau/Stoffels, Beteiligung von Arbeitnehmern an den Kosten der beruflichen Fortbildung, 1992, 42; aufgegriffen von Preis, Grundfragen der Vertragsgestaltung im Arbeitsrecht, 1993, 503. 410 CKK/Krause, 2019, Einführung Rn. 95. 411 Hierzu eingehend Uffmann, RdA 2011, 154, 159 ff.: Diese seien weder das alleinige noch das vorrangige Ziel der Inhaltskontrolle im Individualverfahren, vielmehr ginge es darum, eine den Belangen beider Parteien gerecht werdende Lösung zu finden; vgl. auch Moll, FS Kübler, 2015, 415, 426 f.; I. Schmidt, NZA 2004, 1002, 1009 f.; ebenfalls von einer Überbetonung des Präventionsaspekts ausgehend Staudinger BGB/Krause, Neubearbeitung 2019, Anh. zu §§ 305 – 310 – AGB Kontrolle im Arbeitsrecht Rn. K 268.

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Totalunwirksamkeit der Klausel zu sanktionieren. In solchen „Annäherungsfällen“ darf der Weg über die ergänzende Vertragsauslegung nicht versperrt sein. Wäre den Parteien bei Vertragsschluss die Unwirksamkeit der zweieinhalbjährigen Bindungsdauer bewusst gewesen, ist davon auszugehen, dass sie eine Bindungsdauer in Höhe der zulässigen zwei Jahre vereinbart hätten, was wiederum einen angemessenen Ausgleich dargestellt hätte. Vor dem Hintergrund der vorgenommenen feinsinnigen Abwägung der widerstreitenden Interessen, die in Fällen wie diesen dazu in der Lage ist, inhaltlich einen angemessenen Ausgleich zu schaffen, kann eine ergänzende Vertragsauslegung demgemäß gerechtfertigt sein.412 Bei einer pauschalen Unzulässigkeit der ergänzenden Vertragsauslegung bestünde ansonsten auf Dauer die Gefahr, dass die Betriebe ihr Engagement bei der Ausbildung von Fachkräften wegen zu hoher Risiken hinsichtlich eines drohenden Investitionsfehlschlags massiv herunterfahren. Schließlich bleibt stets in Rechnung zu stellen, dass der Kooperationsbetrieb dem dual Studierenden finanzielle Leistungen auch für die Theoriephasen gewährt, bezüglich derer er sich angesichts der nur eingeschränkt prognostizierbaren Zukunft notwendiger- und berechtigterweise eine gewisse Flexibilität bewahren muss.413 Wird im Praxisphasenvertrag hingegen eine pauschale Bindungsdauer von fünf Jahren vereinbart, weil eine solche nach der bereits in die Jahre gekommenen Rechtsprechung im Rahmen von Arbeitsverhältnissen in der Fortbildungssparte möglich gewesen wäre,414 so kann ein Zurückstutzen der Bindungsdauer auf die – nach hier vertretener Ansicht – regelmäßig gerade noch zulässigen zwei Jahre im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung von vornherein nicht in Betracht kommen. Grundsätzlich bleibt es daher – jedenfalls außerhalb ganz besonderer Ausnahmefälle,415 die sich freilich wie gesehen auch hier konstruieren lassen – dabei, dass eine ergänzende Vertragsauslegung bei der vertraglichen Überprüfung von Praxisphasenverträgen dualer Studiengänge nicht durchzuführen ist. Bei einem entsprechenden Unwirksamkeitsverdikt der Rückzahlungsklausel kommt eine Substitution durch dispositives Gesetzesrecht mangels zur Verfügung stehender Vorschriften mit sachlichem Regelungsgehalt nicht infrage.416 Die Klausel entfällt damit ersatzlos, der Praxisphasenvertrag bleibt im Übrigen aber wirksam (vgl. § 306 Abs. 1, 2 BGB).

D. Zusammenfassung In der Praxis werden Rückzahlungsklauseln nicht nur für Aus- und Weiterbildungskosten im Rahmen von Arbeitsverhältnissen, sondern auch in dualen Praxis412

Allgemein CKK/Krause, 2019, Einführung Rn. 96. In diesem Sinne in einem allgemeineren Kontext Uffmann, RdA 2011, 154, 160. 414 Siehe dazu bereits oben unter § 8 B. II. 2. 415 BAG, Urt. v. 14. 1. 2009 – 3 AZR 900/07, NZA 2009, 666, Rn. 29 f. 416 Vgl. Staudinger BGB/Krause, Neubearbeitung 2019, Anh. zu §§ 305 – 310 – AGB Kontrolle im Arbeitsrecht Rn. K 265. 413

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3. Teil: Individual- und kollektivarbeitsrechtliches Schutzgeflecht

phasenverträgen häufig verwendet. Die zuweilen divergierende Interessenlage der Akteure bedarf eines angemessenen Ausgleichs durch das Recht. Die speziellen Eigenheiten des dualen Studiums, insbesondere der herausragende Ausbildungszweck, haben hierbei stets Berücksichtigung zu finden und dürfen nicht zu kurz kommen. Eine pauschale Übertragung der bekannten und weitgehend befriedeten, meist zu Arbeitsverhältnissen entwickelten Rechtsprechungsgrundsätze griffe schon deshalb zu kurz, weil das BBiG mit § 12 Abs. 2 Nr. 1 sowie § 12 Abs. 1 Satz 1 Regelungen vorsieht, die vorrangig zu beachten sind. Diese lassen eine Rückzahlungsverpflichtung grundsätzlich jedenfalls in jenen Fällen zu, in denen die Rückzahlung allein den abgrenzbaren schulischen Teil betrifft. Insoweit setzt sich die bereits im mittleren Part der Untersuchung eingeleitete juristische Trennung417 zwischen der schulisch-theoretischen und der betrieblich-praktischen Komponente – unbesehen wesentlicher Verzahnungselemente auf der technischen Ebene – konsequenter Weise fort. Vor allem bei § 12 Abs. 1 Satz 1 BBiG ist eine feinsinnige Abwägung der Umstände des Einzelfalls anhand des Verhältnismäßigkeitsprinzips durchzuführen. An dieser Stelle werden bereits einige Grundregeln in die Prüfung implementiert, die das BAG über mehrere Jahre hinweg für die Rückzahlung von Aus- und Fortbildungskosten aufgestellt hat. Auch die allgemeine Kontrolle nach den Maßstäben der §§ 305 ff. BGB hat gezeigt, dass Rückzahlungsklauseln in Praxisphasenverträgen unter der Einhaltung enger Voraussetzungen zulässig sein können. Die Inhaltskontrolle hat sich dabei streng am Zweck des Vertragsverhältnisses zu orientieren, sodass die dual Studierenden einen erhöhten Schutz genießen müssen, um vor allem die Möglichkeit zu haben, ihre hinzugewonnene Qualifikation als verwertbaren Vorteil auf dem Arbeitsmarkt weitgehend frei realisieren zu können.418 Durch die umfangreiche Kasuistik ist eine hohe Kontrolldichte sichergestellt. Die für den Klauselverwender kaum in Gänze überschaubaren Einzelheiten der nuancenreichen Judikatur können gerade auf dem Feld dualer Studiengänge dazu führen, dass die Vertragsgestaltung aus der betrieblichen Sicht einem Vabanquespiel gleichkommt.419 Es gilt Acht darauf zu geben, die Anforderungen an die Klauselgestaltung – etwa auch in Bezug auf das zunehmend strenger angewendete Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB – nicht zu überspannen. Nicht nur, aber gerade bei jungen Nachwuchskräften können ausufernde Transparenzerfordernisse dergestalt kontraproduktiv wirken, dass durch die Länge und Detailgenauigkeit einer Klausel schnell eine Überforderung auf Seiten des Vertragspartners eintreten kann.420 Indessen ist weder ein Abflauen der Verwendung von Rückzahlungskosten, wie es etwa bei Freiwilligkeitsvorbehalten beobachtet werden kann, noch eine Reduzierung des betrieblichen Engagements für die Ausbildung von Fachkräften festzustellen. Es bleibt insofern abzuwarten, wie die Rechtsprechung und die beteiligten Akteure zukünftig mit derartigen Klauselgestaltungen umgehen werden. Für besondere 417 418 419 420

Siehe hierzu bereits ausführlich unter § 6 B. III. 1. Vgl. auch I. Natzel, NZA 2012, 650, 653. Siehe auch schon einleitend unter § 3 D. II. In allgemeinem Zusammenhang Preis, SR 2019, 153, 159.

§ 9 Kollektivarbeitsrechtlicher Rahmen

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Ausnahmefälle lässt die restriktiv anzuwendende ergänzende Vertragsauslegung, die sich zumindest faktisch in bedrohliche Nähe zur geltungserhaltenden Reduktion begibt, sogar ein kleines „Schlupfloch“ offen, um den redlichen Verwender nicht dort mit dem scharfen Schwert der Totalunwirksamkeit der Klausel zu sanktionieren, wo schon ersichtlich kein Sanktionsbedürfnis besteht. Dass es trotz mehrschichtiger Unwägbarkeiten und Herausforderungen in der Vertragsgestaltung – soweit ersichtlich – noch nicht zu zahlreichen Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten zwischen dual Studierenden und Kooperationsbetrieben rund um die Zulässigkeit von Rückzahlungsklauseln in Praxisphasenverträgen gekommen ist, dürfte zum Teil auch darin begründet liegen, dass derartige Klauseln oftmals vom Konkurrenzunternehmen „abgekauft“ werden, sodass der duale Studienabsolvent die Rückzahlungslast nicht selbst zu tragen hat, wenn er einen Wechsel dorthin anstrebt.421 Die Untersuchung der Vertragsgestaltungsmöglichkeiten und -grenzen hat die Annahme zementiert, dass dual Studierende jedenfalls hinsichtlich ihrer arbeitsrechtlichen Schutzbedürftigkeit zwischen Auszubildenden und Arbeitnehmern stehen. Dies kann als Grundprämisse für den letzten Teil der Untersuchung noch wertvoll sein.

§ 9 Kollektivarbeitsrechtlicher Rahmen Zuletzt ist der kollektivarbeitsrechtliche Rahmen für dual Studierende zu bestimmen. Neben dem Individualschutz bildet die kollektivrechtliche Säule im Arbeitsrecht das zweite maßgebliche Trägerelement. Insbesondere auf dem Feld des dualen Studiums, wo sich zahlreiche ungeklärte Rechtsfragen aufgetan haben, kommt den arbeitsrechtlichen Kollektivorganen eine erhöhte Bedeutung zu. Durch die bereits erfolgte Abgrenzung zu Auszubildenden, Praktikanten und Volontären422 sowie die richtungsweisende Bestimmung des Rechtsstatus dual Studierender423 sind bereits robuste Pflöcke eingeschlagen worden, die auch bei der Untersuchung der tariflichen wie auch der betriebsverfassungsrechtlichen Stellung fruchtbar gemacht werden können. Die nachfolgenden Ausführungen bauen darauf auf.

A. Dual Studierende im Gefüge des Tarifvertragsrechts Die Grundlagen des Tarifvertragsrechts sind im rechtswissenschaftlichen Diskurs umfassend erörtert worden. Es wird daher keinesfalls das Ziel verfolgt, etwa das Zustandekommen oder die grundlegenden Mechanismen von Tarifverträgen neu zu 421 Vgl. Krone, in: dies. (Hrsg.), Dual Studieren im Blick, 2015, 51, 72; siehe auch CHE/ f-bb, Duales Studium: Umsetzungsmodelle und Entwicklungsbedarfe, 2022, 318. 422 Siehe oben unter § 5. 423 Siehe oben unter § 6.

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3. Teil: Individual- und kollektivarbeitsrechtliches Schutzgeflecht

illustrieren. Vielmehr soll in erster Linie das entscheidende Problemfeld der tariflichen Regelungsbefugnis für die Praxisphasen dualer Studiengänge gelichtet werden. Eine Annäherung erfolgt erneut, indem zunächst die entsprechende Rechtssetzungsbefugnis für Auszubildende, Praktikanten und Volontäre eruiert wird. Auch an dieser Stelle wird die starke Bedeutung der Grundrechte im Arbeitsrecht offenkundig. Die Koalitionsfreiheit aus Art. 9 Abs. 3 GG, deren bedeutendste Folge die Tarifmacht ist, garantiert für jedermann das Recht, zur Wahrung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden. Die tarifliche Regelungsbefugnis steht demnach in maßgeblichem Zusammenhang mit dem persönlichen Schutzbereich der Koalitionsfreiheit. Unumstritten ist heute, dass neben Arbeitnehmern auch Auszubildende sowie Praktikanten und Volontäre Träger dieses Grundrechts sind, sofern es sich nicht um reine Ausbildungsverhältnisse handelt.424

I. Annäherung Einfachgesetzlich ist die tarifliche Normierbarkeit auf Arbeitsverhältnisse beschränkt, vgl. § 1 Abs. 1 TVG, der von § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG flankiert wird. Dass Berufsausbildungsverhältnisse grundsätzlich keine Arbeitsverhältnisse sind, konnte oben festgehalten werden.425 Eine ausdrückliche Erweiterung des Anwendungsbereichs auf die „zur Berufsausbildung Beschäftigten“ – wie sie aus anderen arbeitsrechtlichen Gesetzen bekannt ist426 – findet sich im TVG nicht. Lediglich in § 12a TVG ist eine entsprechende Geltung des Gesetzes für arbeitnehmerähnliche Personen und damit eine Ausdehnung auf den dort aufgeführten Personenkreis vorgesehen. Nach einhelliger Ansicht fallen Auszubildende dennoch unter die Normsetzungsmacht der Tarifvertragsparteien.427 Dies ergibt sich, wie die Gesetzesbegrün424 Vgl. nur Gamillscheg, Kollektives Arbeitsrecht Band I, 1997, 174 f.; Hueck/Nipperdey, Lehrbuch des Arbeitsrechts Bd. 2 Halbbd. 1, 1967, 126, 248; Höfling, in: Sachs (Hrsg.), GG, 2021, Art. 9 Rn. 119; Jarass, in: Jarass/Pieroth (Hrsg.), GG, 2020, Art. 9 Rn. 43; ErfK/Linsenmaier, 2022, Art. 9 GG Rn. 27; MünchHdbArbR/Rieble, 2022, § 218 Rn. 32 f.; Scholz, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, 2021, Art. 9 Rn. 179; mit Zweifeln einst Hromadka, DB 1972, 870, 875 f.; sowie B. Natzel, Berufsbildungsrecht, 1982, 135, 320. 425 Siehe unter § 5 B. I. 426 § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AGG, § 5 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, § 2 Abs. 2 Nr. 2 ArbSchG, § 2 Abs. 2 ArbZG, § 20 Abs. 1 Satz 1 BEEG, § 5 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, § 2 Satz 1 BurlG, § 1 Abs. 2 EFZG. 427 BAG, Urt. v. 12. 9. 1984 – 1 AZR 342/83, AP GG Art. 9 Arbeitskampf Nr. 81, unter B. III. 2. b); BAG, Urt. v. 7. 5. 2008 – 4 AZR 288/07, NZA 2008, 886, Rn. 15 zu § 4 TVG; BAG, Urt. v. 18. 5. 2011 – 10 AZR 360/10, AP TVG § 1 Tarifverträge: Gaststätten Nr. 19; Benecke, in: Benecke/C. S. Hergenröder (Hrsg.), BBiG, 2021, § 10 Rn. 32; ErfK/Franzen, 2022, § 1 TVG Rn. 38; Gamillscheg, Kollektives Arbeitsrecht Band I, 1997, 335; HWK/Henssler, 2022, § 1 TVG Rn. 42; HMB/Hexel, 2016, Teil 4 Rn. 6; JKOS/Jacobs, 2013, § 5 Rn. 69; Lakies, in: Lakies/Malottke (Hrsg.), BBiG, 2021, § 10 Rn. 45; Löwisch/Rieble, TVG, 2017, § 1 Rn. 181; Däubler TVG/Nebe, 2022, § 1 Rn. 292; MünchHdbArbR/Schneider, 2021, § 147 Rn. 23; Wiedemann TVG/Thüsing, 2019, § 1 Rn. 383; Wißmann, in: Thüsing/Braun (Hrsg.), Tarifrecht, 2016, 4. Kapitel Rn. 9.

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dung zeigt, aus der bereits thematisierten Generalverweisung in § 10 Abs. 2 BBiG.428 Seit der Novellierung des BBiG werden Tarifverträge nicht mehr nur in § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9, sondern zusätzlich auch in § 17 Abs. 3, 4 sowie in § 18 Abs. 3 Satz 1 BBiG genannt. Das BBiG setzt damit die Möglichkeit einer tariflichen Regelbarkeit von Ausbildungsbedingungen nunmehr ausdrücklich voraus. Zudem findet bei der dualen Berufsausbildung – wie bei Arbeitnehmern – eine Form der persönlich abhängigen Beschäftigung statt, die es rechtfertigt, eine jedenfalls auf das Tarifrecht bezogene429 Gleichstellung mit Arbeitsverhältnissen vorzunehmen. Die betrieblichen Ausbildungsbedingungen können demnach im Rahmen der geltenden Vorschriften (vgl. insbesondere die Unabdingbarkeitsregelung des § 25 BBiG) und Grundsätze durch Tarifverträge ausgestaltet werden – dies ist schon seit langem in vielen Branchen üblich.430 Erprobt sind sowohl Sondertarifverträge für Auszubildende als auch Sonderbestimmungen im Anhang zu einem Tarifvertrag,431 wodurch gewöhnlicher Weise vor allem die Ausbildungsvergütung,432 aber zum Teil auch ein Rechtsanspruch auf die Übernahme in ein Arbeitsverhältnis im erlernten Beruf nach Beendigung der Ausbildung433 tariflich festgesetzt wird.434 Bei der Untersuchung des für die Vergütungsregelung des § 17 BBiG maßgeblichen Angemessenheitsbegriffs ist bereits die bewährte Orientierung an bestehende Tarifverträge angeklungen.435 Demgegenüber unterliegt der schulische Teil der dualen Berufsausbildung – dieser findet regelmäßig in der Berufsschule statt – aufgrund des öffentlich-rechtlichen Gepräges nicht der tariflichen Regelbarkeit.436 Die tarifliche Regelungsbefugnis soll über die Norm des § 26 BBiG auch für solche Praktikanten- und Volontärverhältnisse gelten, die dem BBiG unterfallen.437 428

BT-Drs. V/4260, 6; siehe dazu zudem unter § 7 B. Zu beachten bleibt, dass das Berufsausbildungsverhältnis unter anderem wegen des dominierenden Ausbildungszwecks kein echtes Arbeitsverhältnis ist, vgl. dazu bereits oben unter § 5 A. I. 430 BKS/Schumann, 2021, § 1 TVG Rn. 269; die tarifliche Regelung von Ausbildungsverhältnissen reicht sogar bis in die Zeit zurück, in der das Grundgesetz noch nicht in Kraft getreten war, vgl. Faulhaber, Praktikanten und Volontäre, 2008, 187; schon das RAG nahm die Zulässigkeit tariflicher Regelungen für überkommene Lehrlingsverhältnisse an, vgl. m. w. N. Brecht-Heitzmann, RdA 2008, 276, 280. 431 Vgl. Däubler TVG/Nebe, 2022, § 1 Rn. 293. 432 Wiedemann TVG/Thüsing, 2019, § 1 Rn. 383. 433 Vgl. hierzu JKOS/Krause, 2013, § 4 Rn. 28 f.; BKS/Schumann, 2021, § 1 TVG Rn. 270; siehe aber auch Däubler TVG/Klein, 2022, § 1 Rn. 936. 434 Zu weiteren Regelungen in der Tarifpraxis vgl. Kempen/Zachert TVG/Seifert, 2014, § 1 Rn. 787. 435 Siehe unter § 7 A. I. 1. a). 436 Däubler TVG/Nebe, 2022, § 1 Rn. 295. 437 Vgl. BAG, Urt. v. 19. 6. 1974 – 4 AZR 436/73, AP BAT § 3 Nr. 3 zu § 19 BBiG a. F.; ErfK/Franzen, 2022, § 1 TVG Rn. 38; HWK/Henssler, 2022, § 1 TVG Rn. 42; AR-Blattei SD/ Lakies, 2007, 1740, Rn. 135; Löwisch/Rieble, TVG, 2017, § 1 Rn. 181; Däubler TVG/Nebe, 2022, § 1 Rn. 297; Wißmann, in: Thüsing/Braun (Hrsg.), Tarifrecht, 2016, 4. Kapitel Rn. 9. 429

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Zumindest in tariflicher Hinsicht werden die „anderen Vertragsverhältnisse“ des § 26 BBiG aufgrund des dort in Bezug genommenen § 10 Abs. 2 BBiG den „klassischen“ Arbeitsverhältnissen gleichgestellt, sodass auch sie der tariflichen Regelbarkeit unterliegen.438 Für Volontäre ist die Vereinbarung tarifvertraglicher Regelungen sogar seit mehreren Jahrzehnten gängige Praxis.439

II. Tarifliche Regelungsbefugnis für die Praxisphase dualer Studiengänge Für die Praxisphasen dualer Studiengänge wird die Regelungsbefugnis der Tarifparteien demgegenüber nicht einheitlich beurteilt. Dies korreliert abermals eng mit der wiederkehrenden Kardinalfrage, ob das BBiG für dual Studierende während ihrer betriebspraktischen Ausbildungsphase Geltung beansprucht. Festzuhalten ist zunächst, dass die tarifliche Regelungsbefugnis für öffentlich-rechtliche Ausbildungsverhältnisse ausscheiden muss.440 Eine tarifliche Regelbarkeit etwa des Rechtsreferendariats,441 normaler Studien- oder Schulverhältnisse kann es damit nicht geben – insoweit herrscht Einigkeit. Im Ausgangspunkt muss mithin danach gefragt werden, ob die hier untersuchten dualen Studiengänge schwerpunktmäßig ein öffentlich-rechtliches Gebilde darstellen. Wie im Kernteil der Studie aufbereitet,442 ist die betriebliche Praxisphase des dualen Studiums vom öffentlich-rechtlichen Studienverhältnis zwischen dual Studierendem und der Bildungseinrichtung abzukoppeln. Die Einstufung als selbstständige Privatrechtsbeziehung, die zwischen dem dual Studierenden und dem Kooperationsbetrieb besteht, ermöglicht sodann die Anwendung des § 26 BBiG. Zum Tragen kommt an dieser Stelle, dass die Normsetzungsbefugnis für die betrieblichen Praxisphasen dualer Studiengänge – dies hat die Untersuchung gezeigt – nicht allein den Landesgesetzgebern obliegt.443 Wenn dies der Fall wäre, würde dem Bundesgesetzgeber die Kompetenz zur Erstreckung des TVG fehlen.444 Der auf § 3 Abs. 2 Nr. 1 BBiG445 basierende und im tariflichen 438

Wiedemann TVG/Thüsing, 2019, § 1 Rn. 385. Siehe nur der Tarifvertrag für Redaktionsvolontäre bei Tageszeitungen Weiss/Weyand, BB 1990, 2109 ff., vgl. dazu auch bereits unter § 5 C. II. 440 BAG, Urt. v. 19. 6. 1974 – 4 AZR 436/73, AP BAT § 3 Nr. 3, Leitsatz 3; ErfK/Franzen, 2022, § 1 TVG Rn. 38; HWK/Henssler, 2022, § 1 TVG Rn. 42; Löwisch/Rieble, TVG, 2017, § 1 Rn. 182; Däubler TVG/Nebe, 2022, § 1 Rn. 309. 441 Vgl. dazu unter § 6 A. 442 Hierzu siehe ausführlich unter § 6 B. III. 443 So aber Löwisch, FS Reuter, 2010, 681, 686; vgl. auch BAG, Urt. v. 16. 10. 2002 – 4 AZR 429/01, AP TVG § 1 Tarifverträge: Metallindustrie Nr. 181, unter B. II. 3. b) bb). 444 Vgl. Brecht-Heitzmann, RdA 2008, 276, 278; siehe auch für Praktikanten und Volontäre AR-Blattei SD/Lakies, 2007, 1740, Rn. 139. 445 Unter Bezugnahme des § 3 Abs. 2 BBiG die Anwendbarkeit des BBiG ablehnend Brecht-Heitzmann, RdA 2008, 276, 278 ff.: Dennoch wird die Tarifsetzungsmacht bejaht mit der Begründung, dass dual Studierende unter die allgemeine Arbeitnehmerdefinition fallen; 439

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Kontext proklamierte Einwand eines „Vorrangs des Hochschulrechts“446 verfängt indes nicht. Dies hätte zur Folge, dass die Praxisphasen eines Studiums an Hochschulen unabhängig von einer öffentlich-rechtlichen Qualifizierung pauschal nicht dem BBiG zuzuordnen wären. Hiergegen kann jedoch allen voran die kompetenzrechtlich gebotene Aufgliederung zwischen privatrechtlichem Praxisphasenvertrag und öffentlich-rechtlichem Studienverhältnis ins Feld geführt werden.447 Beim dualen Studium steht die theoretische Unterweisung gerade nicht im Vordergrund, sondern vielmehr gleichwertig neben der berufspraktischen Ausbildungskomponente. Die Tarifvertragsparteien können somit die arbeitsrechtliche Dimension des dualen Studiums im normativen Teil von Tarifverträgen regeln.448 Nur soweit das öffentlich-rechtliche Gewaltverhältnis reicht, ist der Ausschluss der tarifvertraglichen Gestaltung gerechtfertigt.449 Dies erkennt auch die bereits oben450 erwähnte Schiedsstelle, die im Jahre 2009 mit einem entsprechenden Schiedsspruch die tarifliche Normierbarkeit der Praxisphasen dualer Studiengänge feststellte.451 Dem Ergebnis stehe auch nicht der Umstand entgegen, dass die Bildungsinstitutionen des Öfteren Musterverträge für die betriebliche Praxisphase zur Verfügung stellen. Die Schiedsstelle führt zur Begründung aus, dass die bereitgehaltenen Praxisphasenverträge etwa im zentralen Bereich der Vergütungsfrage ausreichend Raum für tarifvertragliche Regelungen lassen.452 Für eine tarifliche Regelbarkeit spricht nicht zuletzt die ausgeprägte Schutzwürdigkeit dual Studierender, die – ähnlich wie bei Arbeits- und klassischen Berufsausbildungsverhältnissen – aus der persönlich abhängigen Beschäftigung rührt. Tarifliche Regelungen bewirken eine Kompensation des strukturellen Ungleichgewichts der Vertragsparteien, indem sie zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und demgegenüber tendenziell kritisch zur Regelungsbefugnis mit Verweis auf § 3 Abs. 2 BBiG in einem allgemeineren Kontext Däubler TVG/Nebe, 2022, § 1 Rn. 310. 446 So Löwisch/Rieble, TVG, 2017, § 1 Rn. 183; ebenso Löwisch, FS Reuter, 2010, 681, 686; somit sei die Rechtsbeziehung der dual Studierenden zu den Ausbildungsstätten öffentlich-rechtlicher Natur, vgl. Löwisch/Wertheimer, in: Hartmer/Detmer (Hrsg.), Hochschulrecht, 2017, Kapitel 10 Rn. 23. 447 Siehe hierzu entscheidend unter § 6 B. III. 1. a) bb) (2). 448 Im Ergebnis ebenfalls Brecht-Heitzmann, RdA 2008, 276, 283 ff.; so wohl auch KochRust/Rosentreter, NZA 2013, 879, 880, die die tarifliche Regelbarkeit der Vergütungshöhe annehmen, jedoch wiederum eine Anwendbarkeit des BBiG ablehnen. 449 Vgl. auch H. Weber, Anm. zu BAG, Urt. v. 19. 6. 1974 – 4 AZR 436/73, AP BAT § 3 Nr. 3, unter IV. 450 Siehe dazu unter § 6 B. III. 1. d) bb). 451 Schiedsspruch in der Schiedssache IG Metall, Bezirk Baden-Württemberg ./. Südwest Metall (Vorsitzender: Hanau, Peter; Beisitzer: Iwer, Frank; Löwisch, Manfred; Wasmuth, Dirk; Wohlgemuth, Hans Hermann), 27. 7. 2009, AuR 2009, 428; befürwortend Brecht-Heitzmann, AuR 2009, 389, 391; aufnehmend ErfK/Franzen, 2022, § 1 TVG Rn. 38. 452 Schiedsspruch in der Schiedssache IG Metall, Bezirk Baden-Württemberg ./. Südwest Metall (Vorsitzender: Hanau, Peter; Beisitzer: Iwer, Frank; Löwisch, Manfred; Wasmuth, Dirk; Wohlgemuth, Hans Hermann), 27. 7. 2009, AuR 2009, 428, 429.

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Wirtschaftsbedingungen beitragen.453 Die durch Art. 9 Abs. 3 GG verfassungsrechtlich gesicherte Tarifautonomie verlangt dem BVerfG nach geradezu, „die strukturelle Unterlegenheit […] durch kollektives Handeln auszugleichen“, damit ein annähernd gleichgewichtiges Aushandeln der Vergütung und der Arbeitsbedingungen gewährleistet werden kann.454 Im Laufe der Analyse wurde deutlich, dass dual Studierende bei einer Zusammenführung der äußeren Kriterien im Hinblick auf das Maß der Schutzwürdigkeit in einem Korridor zwischen Auszubildenden und Arbeitnehmern anzusiedeln sind. Die tarifliche Regelbarkeit von Arbeits- und Berufsausbildungsverhältnissen spricht dafür, dass in Bezug auf dual Studierende, die sich zumindest in der betriebspraktischen Phase außerhalb des öffentlich-rechtlichen Rechtskreises bewegen, nichts anderes gelten kann. Die dringend erforderliche Vereinheitlichung dualer Studienbedingungen lässt sich demnach mittels breitflächiger Tarifverträge für die betriebliche Praxisphase auf den Weg bringen. Nach dieser auf den bisherigen Ergebnissen der Bearbeitung fußenden Hinführung liegt es bei der bevorzugten Geltung des § 26 BBiG für dual Studierende konsequenter Weise geradezu auf der Hand, die Praxisphasen der tariflichen Regelungbefugnis zu unterstellen.455 Dies ergibt sich entscheidend aus der Normenkette der §§ 26, 10 Abs. 2 BBiG i. V. m. §§ 1 Abs. 1, 4 Abs. 1 Satz 1 TVG. Firmentarifverträge für dual Studierende haben sich etwa bereits in Niedersachsen bei der Volkswagen AG sowie der Unternehmensgruppe Carl Mahr Holding GmbH und der Sartorius AG in Göttingen etabliert,456 denen insoweit eine Vorreiterstellung zukommt; Branchen-, Firmen- und Haustarifverträge explizit für dual Studierende sind bundesweit betrachtet aber weiterhin eine eher seltene Erscheinung.457 Die Tarifverträge können etwa Vergütungsregelungen, Bestimmungen zur Arbeitszeit in den Praxisphasen, zum Urlaub, zu Fahrt- und Reisekosten oder auch zur Bereitstellung von Ausbildungsmitteln durch den Kooperationsbetrieb enthalten.458 Insbesondere

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Vgl. statt aller allgemein nur Höfling, in: Sachs (Hrsg.), GG, 2021, Art. 9 Rn. 87. BVerfG, Urt. v. 26. 6. 1991 – 1 BvR 779/85, BVerfGE 84, 212 = NZA 1991, 809, unter C. I. 3. b) aa). 455 Im Ergebnis auch Däubler TVG/Klein, 2022, § 1 Rn. 941; BKS/Schumann, 2021, § 1 TVG Rn. 271b. 456 Weitere Unternehmen mit entsprechenden Haustarifverträgen sind aufgezählt bei Däubler TVG/Klein, 2022, § 1 Rn. 941 Fn. 3288, seit 2017 gilt zudem etwa auch beim Technologiekonzern Continental ein Firmentarifvertrag. 457 Ab dem 1. 1. 2022 gilt etwa bereits der von der IG Metall in der Metall- und Elektroindustrie in Baden-Württemberg ausgehandelte Manteltarifvertrag Ausbildung auch für dual Studierende, soweit und solange sie an der DHBW eingeschrieben sind und auf Basis eines DHBW-Studienvertrags in den Praxisphasen in einem Betrieb in Baden-Württemberg eingesetzt sind (abrufbar unter https://www.bw.igm.de/tarife/tarifvertrag.html?id=99828#:~: text=23.11.2021%20Dieser%20Tarifvertrag%20regelt,Hochschule%20Baden%2DW%C3% BCrttemberg%20eingeschrieben%20sind) (geprüft am 31. 5. 2022). 458 Vgl. Däubler TVG/Klein, 2022, § 1 Rn. 941. 454

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die Gewerkschaftsseite plädiert hartnäckig für die Installation von Flächentarifverträgen im Bereich dualer Studienmodelle.459 Ob ein bereits bestehender Tarifvertrag auch für dual Studierende gilt, ohne diese ausdrücklich zu nennen, muss durch Auslegung des persönlichen Geltungsbereichs des konkreten Tarifwerkes ermittelt werden.460 Selbst wenn dual Studierende vom persönlichen Geltungsbereich umfasst sein sollten, steht damit noch nicht fest, dass sämtliche Vorschriften des Tarifvertrages auf sie Anwendung finden können – auch dies bedarf des konsequenten Einsatzes der tariflichen Auslegungsgrundsätze.461 Grundsätzlich lässt sich aber jedenfalls nicht davon ausgehen, dass sämtliche Tarifbestimmungen für Auszubildende oder Arbeitnehmer automatisch auch für dual Studierende gelten sollen.462 So ist bereits im Lichte der Tarifautonomie fraglich, ob die Tarifparteien die vermeintliche Regelungslücke prinzipiell überhaupt schließen wollen mit der Folge, dass de facto ein besonderer Tarifvertrag für jene Personengruppe geschlossen wird.463 Lässt sich eine unbewusste Lücke im Tarifvertrag nicht ausmachen,464 muss eine richterliche Vertragsergänzung zwingend ausscheiden.465 Auch Tarifnormen, die „Arbeitnehmer“ zum Gegenstand haben, sind auf Auszubildende regelmäßig nicht anwendbar.466 Der persönliche Geltungsbereich kann aber freilich durch eine entsprechende Regelung auf dual Studierende erstreckt werden; dies ist bereits in einigen Branchentarifverträgen geschehen.467 Sodann ist wie in allen anderen Fällen für die unmittelbare und zwingende Tarifgeltung bekanntermaßen die Tarifgebundenheit der Normunterworfenen nach den §§ 3 Abs. 1, 2 Abs. 1

459 Vgl. IG Metall Bezirk Niedersachsen und Sachsen-Anhalt, Tarifverträge für dual Studierende, 2013. 460 Brecht-Heitzmann, AuR 2009, 389, 391; Däubler TVG/Klein, 2022, § 1 Rn. 941. 461 Vgl. für Praktikanten und Volontäre AR-Blattei SD/Lakies, 2007, 1740, Rn. 136. 462 Vgl. hierzu BAG, Urt. v. 16. 10. 2002 – 4 AZR 429/01, AP TVG § 1 Tarifverträge: Metallindustrie Nr. 181, unter B. II. 3.; siehe auch I. Natzel, NZA 2012, 650, 653; sowie schon ders., NZA 2008, 567, 569; wohl offener Brecht-Heitzmann, AuR 2009, 389, 391, der davon ausgeht, dass dual Studierende unter den allgemeinen Arbeitnehmerbegriff fallen. 463 Vgl. für Praktikanten und Volontäre Schnelle, Volontäre und Praktikanten, 2010, 166. 464 Das Bestehen einer unbewussten Lücke wäre etwa dann denkbar, wenn ein entsprechender Tarifvertrag für „Praktikanten“ gilt und damit fälschlicherweise auch dual Studierende in der Praxisphase gemeint wären, obwohl mannigfaltige Unterschiede zwischen den Formaten eine präzise begriffliche Differenzierung erfordern, vgl. zur Abgrenzung bereits unter § 5 B. 465 Restriktiv auch (für Auszubildende) Taubert, BBiG, 2021, § 10 Rn. 46; dem folgend Benecke, in: Benecke/C. S. Hergenröder (Hrsg.), BBiG, 2021, § 10 Rn. 32; allgemein dazu Löwisch/Rieble, TVG, 2017, § 1 Rn. 976, 1735. 466 BAG, Urt. v. 18. 5. 2011 – 10 AZR 360/10, AP TVG § 1 Tarifverträge: Gaststätten Nr. 19; Löwisch/Rieble, TVG, 2017, § 1 Rn. 181. 467 Vgl. BKS/Schumann, 2021, § 1 TVG Rn. 271b mit Verweis auf den Tarifvertrag in den Bereichen Metallbau und Feinwerktechnik Baden-Württemberg, den Tarifvertrag im metallverarbeitenden Gewerbe Niedersachsen sowie im Kfz-Handwerk Niedersachsen; hinzu kommt seit 2017 ein Flächentarifvertrag in der holz- und kunststoffverarbeitenden Industrie Niedersachsen.

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TVG Voraussetzung.468 Grundsätzlich ist demnach die jeweilige Mitgliedschaft bei den Tarifvertragsparteien – Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände – erforderlich. Bei Firmenverträgen besteht die Tarifgebundenheit auf Arbeitgeberseite auch, wenn der Arbeitgeber selbst als Partei des Tarifvertrages auftritt, indem er den Tarifvertrag selbst mit der Gewerkschaft schließt. Eine unmittelbare und zwingende Geltung von Tarifverträgen kann sich des Weiteren aus einer Allgemeinverbindlichkeitserklärung durch den zuständigen Bundes- oder Landesminister nach § 5 TVG ergeben; zudem besteht die Möglichkeit einer einzelvertraglichen Bezugnahme im Praxisphasenvertrag, die der Nachweispflicht des § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 BBiG unterliegt.469

B. Betriebsverfassungsrechtliche Position dual Studierender Endlich soll die Frage beantwortet werden, welchen Platz dual Studierende im Gebilde der Betriebsverfassung einnehmen. Einmal mehr lassen sich bestehende Grundsätze zur betrieblichen Mitbestimmung auf die Gruppe dual Studierender übertragen. Wie schon bei der Analyse des tariflichen Status wirkt die Annahme im Hintergrund, dass dual Studierende mit dem jeweiligen Kooperationsbetrieb einen rechtlich vom Studienverhältnis isolierbaren privatrechtlichen Praxisphasenvertrag schließen, sodass sich die betriebspraktischen Studienabschnitte nach Maßgabe der Vorschriften zum Berufsbildungsrecht richten. Insoweit hat eine strikte Orientierung an den bereits gesetzten Wegmarken zu erfolgen. Möglicherweise für dual Studierende geltende Betriebsvereinbarungen können die individuelle Gestaltungsfreiheit der Vertragsparteien in einem ähnlichen Umfang beschränken wie Tarifverträge (vgl. § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG).

I. Persönlicher Geltungsbereich (§ 5 BetrVG) Als Einfallstor in das betriebsverfassungsrechtliche Regelungssystem fungiert § 5 BetrVG. Der Arbeitnehmerbegriff des § 5 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, der den persönlichen Geltungsbereich des BetrVG maßgeblich festlegt, umfasst nach dem Gesetzeswortlaut ausdrücklich auch die „zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten“,470 468

Vgl. zu Berufsausbildungsverhältnissen allgemein Däubler TVG/Nebe, 2022, § 1 Rn. 292. 469 Vgl. allgemein Lakies, in: Lakies/Malottke (Hrsg.), BBiG, 2021, § 10 Rn. 46 f. 470 Ohne Rückgriff auf die Wendung der „zur Berufsausbildung Beschäftigten“ die Eröffnung des persönlichen Geltungsbereichs für dual Studierende annehmend Brecht-Heitzmann, RdA 2008, 276, 283; ders., AuR 2009, 389, 392; dem folgend DKW/Trümner, 2020, § 5 Rn. 140a, der die dual Studierenden ebenfalls als „normale“ Arbeitnehmer begreift; demgegenüber tendenziell mit kritischer Haltung Rose, in: Hess/Worzalla/Glock u. a. (Hrsg.), BetrVG, 2018, § 5 Rn. 85, der im Studierendenstatus den überwiegenden Charakter erblickt und allenfalls eine Einzelfallbetrachtung zulässt.

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auch wenn individualrechtlich das Berufsausbildungsverhältnis vom Arbeitsverhältnis zu trennen ist.471 Dem Begriff der „zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten“ in § 5 Abs. 1 Satz 1 BetrVG liegt nach allgemeiner Ansicht ein weites Verständnis zugrunde, das sogar noch über die Grenzen des BBiG hinausreicht.472 Ein Entfall der Schutzbedürftigkeit einer auszubildenden Person droht also nicht schon dadurch, dass die jeweilige Ausbildung nicht im Rahmen eines klassischen Berufsausbildungsverhältnisses i. S. d. BBiG absolviert wird, sondern die Schutzbedürftigkeit ist – im Gegenteil – sogar erhöht, wenn die jeweilige Ausbildung nicht vollumfänglich durch die Vorschriften des Berufsbildungsrechts reglementiert wird.473 Von § 5 Abs. 1 Satz 1 BetrVG werden daher grundsätzlich sämtliche Personen erfasst, denen aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages berufliche Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen verschafft werden.474 Dazu können ohne Zweifel auch Rechtsverhältnisse i. S. d. § 26 BBiG zählen.475 Ausbildungs- und praxisintegrierend dual Studierende, die in einem selbstständigen Privatrechtsverhältnis zu ihrem Ausbildungsbetrieb stehen, das zwar individualrechtlich kein Arbeitsverhältnis ist,476 fallen nach hier vertretener Auffassung gleichwohl unter den Geltungsbereich des BBiG und müssen konsequenter Weise auch als Arbeitnehmer i. S. d. § 5 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zu qualifizieren sein.477 Dafür streiten im Einzelnen die folgenden Erwägungen:

471

Siehe dazu oben unter § 5 A. I. BAG, Beschl. v. 10. 2. 1981 – 6 ABR 86/78, AP BetrVG 1972 § 5 Nr. 25, unter II./III. 2. a); BAG, Beschl. v. 24. 9. 1981 – 6 ABR 7/81, AP BetrVG 1972 § 5 Nr. 26, unter III. 3. a); BAG, Beschl. v. 25. 10. 1989 – 7 ABR 1/88, AP BetrVG 1972 § 5 Nr. 40, unter I. 1.; BAG, Beschl. v. 30. 10. 1991 – 7 ABR 11/91, NZA 1992, 808, unter B. III. 1.; BAG, Beschl. v. 21. 7. 1993 – 7 ABR 35/92, NZA 1994, 713, unter III. 2. b); BAG, Beschl. v. 15. 3. 2006 – 7 ABR 39/05, BeckRS 2008, 54162, Rn. 22; BAG, Beschl. v. 13. 6. 2007 – 7 ABR 44/06, NZA-RR 2008, 19, Rn. 13; siehe zudem nur aus der Kommentarliteratur Fitting, BetrVG, 2022, § 5 Rn. 290; HWK/ Gaul, 2022, § 5 BetrVG Rn. 19; Kloppenburg, in: Düwell (Hrsg.), BetrVG, 2022, § 5 Rn. 19; Preis, in: Wlotzke/Preis/Kreft (Hrsg.), BetrVG, 2009, § 5 Rn. 11; GK-BetrVG/Raab, 2022, § 5 Rn. 57; Richardi, in: ders. (Hrsg.), BetrVG, 2022, § 5 Rn. 88; DKW/Trümner, 2020, § 5 Rn. 131; sowie Gamillscheg, Kollektives Arbeitsrecht Band II, 2008, 318. 473 Oetker, Mitbestimmung bei Berufsbildungsmaßnahmen, 1986, 79. 474 Statt vieler ErfK/U. Koch, 2022, § 5 BetrVG Rn. 6. 475 Kaiser, in: Löwisch/Kaiser (Hrsg.), BetrVG, 2017, § 5 Rn. 12; GK-BetrVG/Raab, 2022, § 5 Rn. 57; Richardi, in: ders. (Hrsg.), BetrVG, 2022, § 5 Rn. 88; Richardi/Bayreuther, Kollektives Arbeitsrecht, 2019, § 15 Rn. 6; Rose, in: Hess/Worzalla/Glock u. a. (Hrsg.), BetrVG, 2018, § 5 Rn. 80; DKW/Trümner, 2020, § 5 Rn. 131. 476 Dazu bereits oben unter § 6 B. I. 477 A. A. Hufen, Rechtsgutachten zur Ausdehnung des BBiG auf die Praxisphasen dualer Studiengänge, 2019, 21, 43, wonach sich die Mitwirkungsbefugnisse praxisintegrierend dual Studierender nach den Regeln des Hochschulverfassungsrechts und der Hochschulgesetze richten würden; das BetrVG gelte nur für die ausbildungsintegrierende Form des dualen Studiums. 472

300

3. Teil: Individual- und kollektivarbeitsrechtliches Schutzgeflecht

Entscheidend für die Anwendbarkeit des BetrVG ist die einem Arbeitnehmer vergleichbare Eingliederung in den Betrieb,478 die es aufgrund der strukturellen Unterlegenheit gegenüber dem Arbeitgeber bzw. Ausbildenden gebietet, das kollektivarbeitsrechtliche Schutzgeflecht engmaschig zu ziehen. Das Tatbestandsmerkmal „beschäftigt“ verlangt eine betrieblich-praktische Unterweisung, in der die auszubildende Nachwuchskraft seinerseits beruflich aktiv ist.479 Die Ausbildung erfolgt bei einem dualen Studiengang zumindest in der betriebspraktischen Phase weisungsgebunden im Dienste eines anderen innerhalb der organisatorischen Einheit480 und insbesondere auch im Rahmen des arbeitstechnischen Zwecks eines entsprechenden Produktions- oder Dienstleistungsbetriebs.481 Dabei ist es ohne Belang, dass dual Studierende gerade zu Beginn nicht immer schon dazu in der Lage sind, für den Betrieb nützliche Arbeit zu leisten.482 Das originäre Ziel der Ausbildung in einem dualen Studiengang besteht gerade darin, innerhalb eines vorgesehenen Zeitraums die Befähigung zur selbstständigen und erfolgreichen Erledigung von Arbeitsaufgaben auf dem jeweiligen Fachgebiet zu erlangen und so zumindest mittelfristig zur Erreichung des Betriebszwecks beizutragen. Das duale Studium geht nicht nur institutionell, sondern auch inhaltlich weit über eine rein (hoch-)schulische Ausbildung hinaus.483 Fernerhin wird das hier zugrunde gelegte großzügige Verständnis des § 5 Abs. 1 Satz 1 BetrVG dadurch unterstrichen, dass das Gesetz sogar dann nicht zwingend unanwendbar sein soll, wenn der zeitliche Anteil an schulischer Ausbildung höher ist als der Anteil der praktischen Ausbildung.484 Jedenfalls steht der Anwendbarkeit nicht schon der Umstand entgegen, dass die betriebliche Ausbildung Teil eines einheitlichen Ausbildungsganges ist,485 dessen Charakter sowohl 478 BAG, Beschl. v. 25. 10. 1989 – 7 ABR 1/88, AP BetrVG 1972 § 5 Nr. 40, unter I. 3.; BAG, Beschl. v. 13. 6. 2007 – 7 ABR 44/06, NZA-RR 2008, 19, Rn. 14; BAG, Beschl. v. 6. 11. 2013 – 7 ABR 76/11, NZA 2014, 678, Rn. 26. 479 BAG, Beschl. v. 25. 10. 1989 – 7 ABR 1/88, AP BetrVG 1972 § 5 Nr. 40, unter I. 2.; BAG, Beschl. v. 28. 7. 1992 – 1 ABR 22/92, NZA 1993, 272, unter C. I. 1. b); BAG, Beschl. v. 21. 7. 1993 – 7 ABR 35/92, NZA 1994, 713, unter III. 2. c); BAG, Beschl. v. 13. 6. 2007 – 7 ABR 44/06, NZA-RR 2008, 19, Rn. 14; BAG, Beschl. v. 6. 11. 2013 – 7 ABR 76/11, NZA 2014, 678, Rn. 28 f. 480 Vgl. dazu schon im Rahmen der Überprüfung eines Arbeitsverhältnisses unter § 6 B. I. 2. 481 Grundlegend unter Aufgabe vorheriger Rechtsprechung BAG, Beschl. v. 21. 7. 1993 – 7 ABR 35/92, NZA 1994, 713, unter III. 2. d); vgl. sodann nur aus neuerer Zeit BAG, Beschl. v. 13. 6. 2007 – 7 ABR 44/06, NZA-RR 2008, 19, Rn. 15; BAG, Beschl. v. 16. 11. 2011 – 7 ABR 48/10, AP BetrVG 1972 § 5 Ausbildung Nr. 14, Rn. 13. 482 BAG, Beschl. v. 25. 10. 1989 – 7 ABR 1/88, AP BetrVG 1972 § 5 Nr. 40, unter I. 2.; BAG, Beschl. v. 13. 6. 2007 – 7 ABR 44/06, NZA-RR 2008, 19, Rn. 14; Fitting, BetrVG, 2022, § 5 Rn. 295. 483 Bei rein schulischer Ausbildung würde eine Eingliederung in den Betrieb ausscheiden, vgl. nur BAG, Beschl. v. 6. 11. 2013 – 7 ABR 76/11, NZA 2014, 678, Rn. 28. 484 BAG, Beschl. v. 24. 9. 1981 – 6 ABR 7/81, AP BetrVG 1972 § 5 Nr. 26, unter III. 4. b). 485 Die betrieblich-praktische Ausbildung muss jedoch die schulische überwiegen oder ihr zumindest gleichwertig sein, vgl. BAG, Beschl. v. 28. 7. 1992 – 1 ABR 22/92, NZA 1993, 272, unter C. I. 1. b), insofern ist auf eine qualitative Bedeutungsgleichheit zu achten; vgl. auch BAG, Beschl. v. 6. 11. 2013 – 7 ABR 76/11, NZA 2014, 678, Rn. 29 f.

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durch betrieblich-praktische als auch durch schulisch-theoretische Elemente geprägt ist.486 Duale Studienmodelle, die sich durch qualitativ ebenbürtige und miteinander verzahnte Theorie- und Praxisteile auszeichnen, dürfen demnach nicht ausgeklammert werden. Die grundsätzliche Geltung des BetrVG und damit das Bestehen einer einheitlichen kollektiven Interessenvertretung erscheint auch billig angesichts der typischerweise im Vergleich zu Arbeitnehmern gleichen oder jedenfalls doch ähnlichen Betroffenheit dual Studierender von mitbestimmungspflichtigen Angelegenheiten. Insoweit lässt sich – wie grundsätzlich auch bei Auszubildenden487 – Folgendes festhalten: Die Einbeziehung dual Studierender in den betriebsverfassungsrechtlichen Rahmen ist schon dadurch gerechtfertigt, dass sich der Unterschied zu Arbeitnehmern im hiesigen Kontext darin erschöpft, dass duale Studienteilnehmer erst noch die für den späteren Beruf erforderliche Befähigung erlangen müssen, die für das Betriebsverfassungsrecht bedeutsamen äußeren Bedingungen demgegenüber aber nahezu identisch sind. Die Eingliederung in den Betrieb findet somit in vergleichbarer Weise wie bei sonstigen Arbeitnehmern statt. Demnach ist der persönliche Geltungsbereich gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 BetrVG für dual Studierende als „zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte“ nach der vorherigen Verselbstständigung des privatrechtlichen Praxisphasenvertrags488 ohne größeren Begründungsaufwand eröffnet.489 Damit steht fest, dass dual Studierende als Subjekt der Betriebsverfassung kategorisiert werden können und dem Betriebsrat die Aufgabe zuteil wird, sich für die Interessen der im Betrieb beschäftigten dual Studierenden einzusetzen.490 Hinsichtlich der Beteiligungsrechte des Betriebsrats in personellen Angelegenheiten (vgl. §§ 92 ff. BetrVG) bestehen keine Besonderheiten.491 Duale Studienteilnehmer, die etwa auch die Schwellenwerte im Hinblick auf die Größe des Betriebsrats erhöhen, sind bei Vorliegen der Voraussetzungen der §§ 7, 8 BetrVG492 aktiv wie auch passiv in ihrem Betrieb wahlberechtigt. Potenziell können Betriebsvereinbarungen

486 Vgl. auch Fitting, BetrVG, 2022, § 5 Rn. 304; Preis, in: Wlotzke/Preis/Kreft (Hrsg.), BetrVG, 2009, § 5 Rn. 11. 487 Vgl. dazu nur GK-BetrVG/Raab, 2022, § 5 Rn. 59: „Homogenität der Interessenlage“. 488 Siehe dazu noch einmal die Ausführungen unter § 6 B. III. 489 Im Ergebnis zwar offenlassend, aber bei (der dort fraglichen) Feststellung eines privatrechtlichen Vertrages mit dem Betriebsinhaber und Eingliederung in die Betriebsorganisation ebenfalls grundsätzlich auf dieser Linie BAG, Beschl. v. 15. 3. 2006 – 7 ABR 39/05, BeckRS 2008, 54162, Rn. 34 f.; vgl. vorgehend auch schon BAG, Beschl. v. 30. 10. 1991 – 7 ABR 11/91, NZA 1992, 808, unter B. III. 3. 490 Belange der dual Studierenden, die ausschließlich die Hochschulseite betreffen, können indes freilich nicht vom Betriebsrat entsprochen werden. 491 Vgl. diesbezüglich die Vorschriften zur Versetzung (§ 95 BetrVG), Einstellung (§ 99 BetrVG) und Kündigung (§ 102 BetrVG). 492 Nach § 7 Satz 1 BetrVG beträgt das Mindestalter für die Wahlberechtigung 18 Jahre und gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist für die Wählbarkeit grundsätzlich eine Betriebszugehörigkeit von sechs Monaten erforderlich.

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3. Teil: Individual- und kollektivarbeitsrechtliches Schutzgeflecht

zudem dual Studierende erfassen;493 ob dies tatsächlich der Fall ist, muss wiederum – ähnlich wie bei Tarifverträgen494 – durch eine strenge Auslegung der jeweils konkret in Rede stehenden Betriebsvereinbarung bestimmt werden.495 Zu beachten ist auch, dass gemäß § 60 BetrVG in Betrieben, in denen mindestens fünf jugendliche Arbeitnehmer oder zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte tätig sind, eine Jugend- und Auszubildendenvertretung als spezielle Interessenvertretung neben dem Betriebsrat gewählt wird, der zwar gegenüber dem Arbeitgeber keine eigenen Mitbestimmungsrechte eingeräumt sind, die aber in Bezug auf den Betriebsrat etwa die in §§ 66, 67 BetrVG normierten speziellen Befugnisse hat (Aussetzung von Beschlüssen des Betriebsrats und Teilnahme an Betriebsratssitzungen). Als Subjekt der Betriebsverfassung („zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte“) müssen dual Studierende konsequenter Weise nicht nur für den Betriebsrat aktiv und passiv wahlberechtigt sein, sondern grundsätzlich auch für die betriebliche Jugend- und Auszubildendenvertretung, sofern sie nicht im Einzelfall wegen der in den §§ 61, 60 BetrVG normierten Altersgrenzen aus dem gesetzlich vorgesehenen Personenkreis herausfallen; eine etwaige Doppelvertretung sowohl in der Jugend- und Auszubildendenvertretung als auch im Betriebsrat wird zudem durch § 61 Abs. 2 Satz 2 BetrVG beschränkt.496 In der betrieblichen Praxis sind bereits zahlreiche dual Studierende Mitglied dieser speziellen Interessenvertretung.497 Nicht unerheblich dürfte dabei sein, dass die Mitglieder der Jugend- und Auszubildendenvertretung grundsätzlich einen besonderen Schutz genießen, der sich unter anderem in der nachfolgend zu thematisierenden Vorschrift des § 78a BetrVG niederschlägt.

II. Betriebsverfassungsrechtlicher Weiterbeschäftigungsanspruch (§ 78a BetrVG) Die hiesige Konzeption ist nicht darauf ausgerichtet, im Folgenden sämtliche sich aus der grundsätzlichen Anwendbarkeit des BetrVG resultierenden Rechtsfolgen und deren Facetten in der Breite zu beleuchten, stattdessen soll eine Konzentration 493

Siehe etwa die Auszüge bei Busse, Duales Studium, 2009, 8 f., 18 f. Vgl. dazu oben unter § 9 A. II. 495 Zur Auslegung von Betriebsvereinbarungen siehe nur Fitting, BetrVG, 2022, § 77 Rn. 15 ff. 496 Während Betriebsratsmitglieder nach § 61 Abs. 2 Satz 2 BetrVG nicht zur Wahl der Jugend-und Auszubildendenvertretung zugelassen werden, können umgekehrt Mitglieder der Jugend- und Auszubildendenvertretung zu den Wahlen des Betriebsrats kandidieren und gewählt werden, siehe hierzu etwa Annuß, in: Richardi (Hrsg.), BetrVG, 2022, § 61 Rn. 10, 12. 497 Brecht-Heitzmann, RdA 2008, 276, 283; siehe auch jüngst den Fall BAG, Beschl. v. 17. 6. 2020 – 7 ABR 46/18, NZA 2020, 1723, Tatbestand, wobei die Entscheidung zeigt, dass das Gericht davon ausgegangen ist, dass dual Studierende dem Betriebsrat wie auch der Jugendund Auszubildendenvertretung angehören können, denn sonst hätte es den begehrten Anspruch aus § 78a Abs. 2 BetrVG schon an der fehlenden Zugehörigkeit in einem Betriebsverfassungsorgan scheitern lassen müssen; vgl. dazu auch Holtz/Annerfelt, AuR 2021, 36, 37. 494

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auf die bedeutsame Frage einer möglichen Weiterbeschäftigung dual Studierender erfolgen. Die Motivlage kann sich im Vergleich zum oben hervorgehobenen Mobilitätsinteresse dualer Studienabsolventen im Rahmen der Thematik der Rückzahlungsklauseln498 freilich auch ins Gegenteil verkehren: So verfolgen zahlreiche dual studierende Nachwuchskräfte das Ziel, nach dem Studienabschluss von ihrem Ausbildungsbetrieb als Arbeitnehmer unbefristet übernommen zu werden. Weil sich duale Studienformate zunehmend als vielversprechende Rekrutierungsinstrumente für die Betriebsseite herauskristallisieren,499 ist eine Lösung für den prinzipiell nicht zu geißelnden Trend zu finden, dass oftmals mehr Personen zur Ausbildung angenommen werden als die Betriebe selbst später als Arbeitnehmer beschäftigen können.500 Die für Mitglieder der Jugend- und Auszubildendenvertretung, aber auch für Auszubildende, die Mitglied eines anderen Betriebsverfassungsorgans sind, geltende Vorschrift des § 78a BetrVG hält zur Frage der Weiterbeschäftigung eine spezielle Regelung bereit. Unabhängig vom Willen des Betriebsinhabers können von § 78a Abs. 1 BetrVG geschützte Personen grundsätzlich nach Ablauf des jeweiligen Ausbildungsverhältnisses in ein unbefristetes Vollzeitarbeitsverhältnis501 zu überführen sein. Gemäß § 78a Abs. 2 Satz 1 BetrVG gilt zwischen Auszubildendem und Arbeitgeber im Anschluss an das Berufsausbildungsverhältnis ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit als begründet, wenn ein Auszubildender, der Mitglied in einem Betriebsverfassungsorgan ist, innerhalb der letzten drei Monate vor Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses schriftlich vom Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung verlangt. Ein derartiger Einstellungsanspruch sucht im arbeitsrechtlichen Normengeflecht abseits von in Tarifverträgen vorgesehenen Übernahmeverpflichtungen502 seinesgleichen.503 Es gilt nun zu validieren, ob sich dual Studierende auf das § 78a Abs. 2 Satz 1 BetrVG zu entnehmende Gestaltungsrecht504 bei einer entsprechenden Organmitgliedschaft berufen können und insoweit folgegemäß die unternehmerische Entscheidungsfreiheit der Kooperationsbetriebe kraft Gesetzes beschränkt wird.

498

Dazu explizit unter § 8 A. Vgl. dazu oben unter § 3 B. I. 500 Vgl. allgemein für die Berufsausbildung APS/Künzl, 2021, § 78a BetrVG Rn. 5; GKBetrVG/Oetker, 2022, § 78a Rn. 7. 501 Siehe nur Gamillscheg, FS Wiedemann, 2002, 269, 275; mit Blick auf die in § 7a BBiG neu eingeführte Möglichkeit einer Teilzeitausbildung spricht indes vieles dafür, dass die gewählte Arbeitszeit im Ausbildungsverhältnis auch für das anschließende Arbeitsverhältnis maßgeblich ist, so Deinert, AuR 2021, 292, 297, wobei insoweit zu beachten ist, dass § 26 BBiG nicht auf § 7a BBiG verweist. 502 Siehe dazu Schiefer, FS Kreutz, 2010, 429, 430. 503 Vgl. Gamillscheg, Kollektives Arbeitsrecht Band II, 2008, 681. 504 Nicolai, in: Hess/Worzalla/Glock u. a. (Hrsg.), BetrVG, 2018, § 78a Rn. 1; Thüsing, in: Richardi (Hrsg.), BetrVG, 2022, § 78a Rn. 4. 499

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3. Teil: Individual- und kollektivarbeitsrechtliches Schutzgeflecht

1. Abgrenzung zu § 24 BBiG Vorauszuschicken ist, dass die berufsausbildungsrechtliche Weiterarbeitsregelung des § 24 BBiG505 für die „anderen Vertragsverhältnisse“ nach § 26 BBiG ausweislich des eindeutigen Wortlautes seit der vorletzten Novellierung im Jahr 2005 nicht mehr gilt; die ursprüngliche Verweisung auf § 24 BBiG (§ 17 BBiG a. F.) wurde damals aufgehoben. Eine Weiterbeschäftigung mit der Folge der Fiktion eines Arbeitsverhältnisses erschien dem Gesetzgeber bei Vertragsverhältnissen i. S. d. § 26 BBiG – insbesondere für reine Praktikanten- und Volontärverhältnisse506 – in Abwägung mit den Interessen des Vertragspartners als unangemessen.507 Allenfalls ausbildungsintegrierend dual Studierende, die sich in einem echten Berufsausbildungsverhältnis befinden, können sich daher auf § 24 BBiG berufen,508 praxisintegrierend dual Studierende, die wiederum lediglich über § 26 BBiG dem Berufsbildungsrecht zu unterstellen sind, hingegen nicht. Während § 24 BBiG das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses bei einer Weiterarbeit im Anschluss an das Berufsausbildungsverhältnis fingiert, begründet § 78a BetrVG demgegenüber einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung für einen abgegrenzten Personenkreis, den das BBiG selbst insoweit nicht kennt. Die Wirkung des § 24 BBiG kann der Ausbildende mit einer ausdrücklichen Erklärung verhindern. Damit unterscheiden sich die beiden Regelungen bereits im Ausgangspunkt hinsichtlich ihres Normcharakters und dürfen allein vor diesem Hintergrund keineswegs miteinander verwechselt oder gleichgesetzt werden. 2. Auszubildendenbegriff des BetrVG Der hier fokussierte betriebsverfassungsrechtliche Weiterbeschäftigungsanspruch des § 78a BetrVG schützt mit seinem persönlichen Geltungsbereich speziell diejenigen „Auszubildenden“, die Mitglied in einem betriebsverfassungsrechtlichen Gremium sind. Bei der Terminologie orientiert sich § 78a Abs. 1 BetrVG ersichtlich am BBiG (vgl. nur § 10 Abs. 1 BBiG),509 ohne hierauf explizit zu verweisen oder gar auf einen einheitlich vom Gesetzgeber verwendeten Begriff zurückzugreifen.510 Einstweilen ist festzustellen, dass die in § 5 Abs. 1 Satz 1 BetrVG gewählte Formulierung der „zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten“ weiter zu verstehen ist als 505

Siehe dazu auch schon unter § 7 A. II. 3. Vgl. bereits unter § 5 B., C. 507 BT-Drs. 15/3980, 47. 508 Siehe bereits unter § 6 B. II. 3. sowie unter § 7 A. II. 3. 509 BAG, Urt. v. 23. 6. 1983 – 6 AZR 595/80, AP BetrVG 1972 § 78a Nr. 10, unter II. 2. a); BAG, Urt. v. 1. 12. 2004 – 7 AZR 129/04, NZA 2005, 779, unter II. 1.; BAG, Urt. v. 17. 8. 2005 – 7 AZR 553/04, AP BetrVG 1972 § 78a Nr. 39, Rn. 16; BAG, Beschl. v. 17. 6. 2020 – 7 ABR 46/ 18, NZA 2020, 1723, Rn. 25; Oetker, Mitbestimmung bei Berufsbildungsmaßnahmen, 1986, 79. 510 GK-BetrVG/Oetker, 2022, § 78a Rn. 15. 506

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der Begriff der „Auszubildenden“ in § 78a BetrVG,511 der jedenfalls solche Personen erfasst, die in einem Berufsausbildungsverhältnis512 stehen.513 Klärungsbedürftig ist indes, ob auch berufsausbildungsähnliche Rechtsverhältnisse i. S. d. § 26 BBiG in den Schutzbereich des § 78a BetrVG einzubeziehen sind. Der Wortlaut „Auszubildende“ spricht zunächst dafür, ausschließlich die Teilnehmer ausbildungsintegrierender dualer Studiengänge dem geschützten Personenkreis zu unterstellen, die mit dem Kooperationsbetrieb einen Berufsausbildungsvertrag i. S. d. § 10 Abs. 1 BBiG schließen. Praxisintegrierend dual Studierende würden bei Zugrundelegung eines derart restriktiven Ansatzes keine Berücksichtigung finden, denn sie zählen originär nicht zu den Auszubildenden i. S. d. BBiG. Mit der Orientierung des § 78a BetrVG am Begriffsverständnis des BBiG muss indes angesichts der unterschiedlichen Zielsetzungen der Gesetze keine Deckungsgleichheit einhergehen,514 sodass eine erweiterte Auslegung des Auszubildendenbegriffs im BetrVG, der gleichwohl wegen des bewusst unterschiedlichen Gebrauchs in seiner Weite nicht an die „zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten“ heranreichen darf, anhand der Ratio zu diskutieren ist. Der Begriff des „Auszubildenden“ ist je nach dem Schutzzweck des ihn verwendenden Gesetzes zu bestimmen.515 Die Vorschrift des § 78a BetrVG verfolgt zuvorderst den zweigeteilten Zweck, die innere Unabhängigkeit der Amtsführung sowie die Kontinuität der Betriebsverfassungsorgane zu sichern.516 Damit ist sowohl eine individuelle als auch eine kollektive Schutzebene eröffnet.517 Mit der betriebsverfassungsrechtlichen Betätigung ist die gesetzgeberische Intention verbunden, den Organmitgliedern die Ausübung ihres Amtes ohne Furcht vor Nachteilen für ihre potenziell innerbetriebliche Berufsperspektive zu ermöglichen.518 Der Regelung des § 78a BetrVG wohnt kein Ausnahmecharakter inne, vielmehr schließt sie durch die Konkretisierung des Benachteiligungsverbots aus § 78 BetrVG eine Lücke im betriebsverfas-

511 Das vor dem Hintergrund des § 5 Abs. 1 BetrVG vermittelte aktive und passive Wahlrecht führt somit nicht ohne Weiteres zur Geltung des § 78a BetrVG, vgl. BAG, Beschl. v. 17. 6. 2020 – 7 ABR 46/18, NZA 2020, 1723, Rn. 25; KR/Rinck, 2022, § 78a BetrVG Rn. 4. 512 Näher zum Berufsausbildungsverhältnis unter § 5 A. I. sowie unter § 6 B. II. 513 Vgl. statt vieler ErfK/Kania, 2022, § 78a BetrVG Rn. 2; HWK/Sittard, 2022, § 78a BetrVG Rn. 1. 514 Vgl. zuerst BAG, Urt. v. 23. 6. 1983 – 6 AZR 595/80, AP BetrVG 1972 § 78a Nr. 10, unter II. 2. a) bb); dem ausdrücklich folgend GK-BetrVG/Oetker, 2022, § 78a Rn. 20; kritisch Pielsticker, Der Schutz nach § 78a BetrVG, 1987, 8 f. 515 Opolony, BB 2003, 1329, 1330. 516 Gamillscheg, FS Wiedemann, 2002, 269, 272 f.; sowie Fitting, BetrVG, 2022, § 78a Rn. 1; GK-BetrVG/Oetker, 2022, § 78a Rn. 2 m. w. N. aus der ständigen Rechtsprechung; die Schutzzwecke sollen dabei gleichberechtigt nebeneinander im Verhältnis der Alternativität stehen, so Deinert, AuR 2021, 292, 295, 300. 517 Vgl. auch APS/Künzl, 2021, § 78a BetrVG Rn. 4. 518 Vgl. DKW/Bachner, 2020, § 78a Rn. 2; GK-BetrVG/Oetker, 2022, § 78a Rn. 1 m. w. N. aus der ständigen Rechtsprechung.

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3. Teil: Individual- und kollektivarbeitsrechtliches Schutzgeflecht

sungsrechtlichen Schutzsystem,519 sodass eine erweiterte Auslegung grundsätzlich nicht zu versagen ist.520 Ob der extensive Maßstab tatsächlich für dual Studierende anzulegen ist, bedarf nun einer abschließenden Zuwendung. 3. Geltung des § 78a BetrVG für dual Studierende Nach der Rechtsprechung des BAG erstreckt sich der Anwendungsbereich des Übernahmeanspruchs aus § 78a BetrVG auch auf die in § 26 BBiG normierten Rechtsverhältnisse, wenn sie tariflichen Regelungen oder arbeitsvertraglichen Vereinbarungen entsprechen und auf dieser Grundlage eine geordnete Ausbildung von mindestens zwei Jahren Dauer vorsehen.521 Damit werden insbesondere Redaktionsvolontäre geschützt, die ihr Volontariat etwa bei Tageszeitungen weitgehend auf tariflicher Grundlage absolvieren.522 Fest steht somit aber auch, dass die Ausbildung in einem staatlich anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungsordnung i. S. d. §§ 4, 5 BBiG für den Übernahmeanspruch in § 78a BetrVG keine zwingende Voraussetzung darstellt.523 „Auszubildende“ i. S. d. § 78a Abs. 1 BetrVG sind demnach nicht nur Personen, die sich in einem echten Berufsausbildungsverhältnis nach § 1 Abs. 3 BBiG befinden, sondern der Schutz kann durchaus bis in die von § 26 BBiG eingehegte Sphäre hineinragen, sofern in dem zu beurteilenden Rechtsverhältnis eine innere Vergleichbarkeit mit der dualen Berufsausbildung angelegt ist. Demnach wird durch die unterschiedliche Begriffsverwendung in der Systematik des BetrVG Folgendes bewirkt: Zwar unterfallen sämtliche über § 26 BBiG geschützte Personen den „zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten“ nach § 5 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, jedoch bietet die Einstufung als „anderes Rechtsverhältnis“ i. S. d. § 26 BBiG umgekehrt längst keine Garantie dafür, dass sich die Teilnehmer solcher Ausbildungsformate auch als „Auszubildende“ auf den Weiterbeschäftigungsanspruch des § 78a BetrVG berufen können. Maßgebend ist insoweit der Charakter der Ausbildung in einem nach Dauer und Anforderung geordneten Aus519 Der für Arbeitnehmer als Organträger geltende besondere Kündigungsschutz (§ 15 KSchG, § 103 BetrVG) läuft bei der Beendigung befristeter Ausbildungsverträge, bei denen es keiner Kündigungserklärung bedarf (vgl. § 21 Abs. 1 Satz 1 BBiG), leer; ebenso darauf verweisend Deinert, AuR 2021, 292, 292, 293, 299, der im Mandatsträgerschutz jedoch weiterhin – auch in Bezug auf das duale Studium – eine empfindliche Lücke sieht. 520 Vgl. auch BAG, Urt. v. 23. 6. 1983 – 6 AZR 595/80, AP BetrVG 1972 § 78a Nr. 10, unter II. 2. a) dd); DKW/Bachner, 2020, § 78a Rn. 4. 521 Jüngst BAG, Beschl. v. 17. 6. 2020 – 7 ABR 46/18, NZA 2020, 1723, Rn. 25; zudem BAG, Urt. v. 23. 6. 1983 – 6 AZR 595/80, AP BetrVG 1972 § 78a Nr. 10, unter II. 2. a) zunächst nur zu tariflichen Regelungen; BAG, Urt. v. 1. 12. 2004 – 7 AZR 129/04, NZA 2005, 779, unter II. 2.; BAG, Urt. v. 17. 8. 2005 – 7 AZR 553/04, AP BetrVG 1972 § 78a Nr. 39, Rn. 17; vgl. auch instanzgerichtlich LAG Köln, Urt. v. 23. 2. 2000 – 2 Sa 1248/99, BeckRS 2000, 30462384; LAG Hamm, Urt. v. 9. 11. 2018 – 13 TaBV 82/17, NZA-RR 2019, 199, Rn. 50. 522 Vgl. dazu unter § 5 C. II., III. 523 BAG, Urt. v. 23. 6. 1983 – 6 AZR 595/80, AP BetrVG 1972 § 78a Nr. 10, unter II. 2. a) bb).

§ 9 Kollektivarbeitsrechtlicher Rahmen

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bildungsgang.524 Die seitens des BAG geforderte zweijährige Dauer wird dabei angelehnt an die gesetzliche Mindestanforderung für staatlich anerkannte Ausbildungsberufe, vgl. § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBiG.525 Eine Übertragung dieser Grundsätze auf das duale Studium gelingt. Duale Studiengänge implizieren gemeinhin einen systematisch komplex geordneten, mit der akademischen Bildungseinrichtung curricular abgestimmten Ausbildungsgang, der zudem in aller Regel eine Dauer von zwei Jahren übersteigt526 und der dualen Berufsausbildung hinsichtlich der Intensität der Wissensvermittlung wie auch der inneren Strukturierung des Ausbildungsverfahrens keineswegs nachsteht. Ähnlich wie bei der klassischen Berufsausbildung werden im dualen Studienprogramm die für den Abschluss erforderlichen Kompetenzen (auch) unmittelbar im Betrieb vermittelt und erprobt. Dual Studierende, die Mitglied eines Betriebsverfassungsorgans sind, befinden sich darüber hinaus ebenso wie Auszubildende im Spannungsfeld zwischen der Arbeitgeberseite und den Belegschaftsinteressen, sodass für sie die Schutzfunktion des § 78a BetrVG gleichermaßen zur Geltung kommen muss.527 Die Unabhängigkeit der Gremienarbeit ist für dual Studierende als Mandatsträger in gleichem Maße schützenswert wie diejenige Auszubildender. Sowohl das individuelle als auch das kollektive Schutzbedürfnis ist aktiviert, wenn dual Studierende – gleich welcher Erscheinungsform – als Mitglied eines betriebsverfassungsrechtlichen Gremiums fungieren, folglich potenziell mit dem Arbeitgeber in Konflikt geraten können. Anders als das BAG annimmt,528 kann der Umstand, dass duale Studienabsolventen wohl derzeit einem vergleichsweise geringerem Risiko ausgesetzt sind, im Anschluss an das duale Studium längerfristig ohne Beschäftigung zu bleiben, nicht zum Ergebnis führen, die in dieser Hinsicht leicht geringere individuelle Schutzbedürftigkeit rechtfertige nicht die Geltung des Weiterbeschäftigungsanspruchs aus § 78a BetrVG.529 Typisierend davon auszugehen, die Arbeitsmarktsituation dual Studierender sei erheblich besser als etwa die Auszubildender, verkennt 524

GK-BetrVG/Oetker, 2022, § 78a Rn. 19. Noch in Bezug auf § 25 Abs. 2 Nr. 2 BBiG a. F. BAG, Urt. v. 23. 6. 1983 – 6 AZR 595/80, AP BetrVG 1972 § 78a Nr. 10, unter II. 2. a); BAG, Urt. v. 1. 12. 2004 – 7 AZR 129/04, NZA 2005, 779, unter II. 2., 3. 526 Vgl. die Erhebung BIBB, AusbildungPlus 2019, 2020, 17. 527 Vgl. in Bezug auf Redaktionsvolontäre GK-BetrVG/Oetker, 2022, § 78a Rn. 21; a. A. BAG, Beschl. v. 17. 6. 2020 – 7 ABR 46/18, NZA 2020, 1723, Rn. 45, das die individuelle Schutzbedürftigkeit dualer Studienabsolventen geringer einstuft als die Absolventen von klassischen Berufsausbildungen; dazu kritisch Deinert, AuR 2021, 292, 295, der die berechtigte Frage aufwirft, ob im dualen Studium eine Qualifikation erreicht wird, die die Sorge vor Arbeitslosigkeit als zu vernachlässigende Größe erscheinen ließe und auf den beträchtlichen Teil von Hochschulabsolventen in atypischer Beschäftigung verweist. 528 BAG, Beschl. v. 17. 6. 2020 – 7 ABR 46/18, NZA 2020, 1723, Rn. 45. 529 Damit deckt sich auch die Annahme von Deinert, AuR 2021, 292, 295: Der Schutzzweck des § 78a BetrVG sei nicht darin zu sehen, dass Mandatsträger keine übermäßigen Nachteile erleiden sollen, sondern sie sollen die Gewissheit haben, überhaupt keine Nachteile zu erleiden, um ihr Amt unbefangen ausüben zu können. 525

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3. Teil: Individual- und kollektivarbeitsrechtliches Schutzgeflecht

schon die stets veränderlichen Trends, denen insbesondere verschränkte und neu aufgekeimte Formate wie das duale Studium unterliegen.530 Zudem hat der Gesetzgeber gerade keine Abstufung des Mandatsträgerschutzes – etwa orientiert an den jeweiligen Arbeitsmarktchancen – vorgenommen.531 Die Sicherung der Unbefangenheit und Stetigkeit der Arbeit532 in den Mitbestimmungsorganen muss dementsprechend davon unabhängig gerade für Teilnehmer von Ausbildungsformaten, die mit der Berufsausbildung wertungsmäßig mindestens auf einer Stufe stehen, lückenlos gewährleistet werden.533 Hinzu kommt, dass dual Studierende – anders als dies meist bei den weniger formalisierten534 Praktikanten- und Volontärverhältnissen der Fall ist535 – nicht bloß kurzfristig in die betrieblichen Abläufe eingegliedert werden, sondern vielmehr eine (mit Unterbrechungen versehene) drei- bis fünfjährige536 betriebliche Integration zwecks Ausbildung für eine spätere qualifizierte Tätigkeit charakteristisch ist. Praktikanten- und Volontärverhältnisse enden fernerhin im Gegensatz zu dualen Studiengängen typischerweise nicht mit einer oder mehreren Abschlussprüfungen.537 Bereits im Verlauf der Studie wurde mehrfach deutlich, dass praxis- wie auch ausbildungsintegrierende duale Studiengänge wertungsmäßig mit der klassischen dualen Berufsausbildung in vielerlei Hinsicht vergleichbar sind. Diese Prämisse beißt sich auch auf dem betriebsverfassungsrechtlichen Feld im Allgemeinen und im Anwendungsbereich des § 78a BetrVG im Speziellen fest. Etwas anderes ergibt sich 530

In diese Richtung auch Klengel, jurisPR-ArbR 2/2021 Anm. 3, unter II., der mit Blick auf die generell steigenden Qualifizierungsanforderungen bei einer absolvierten akademischen Ausbildung keineswegs gute Berufsaussichten garantiert sieht; kritisch auch Holtz/Annerfelt, AuR 2021, 36, 38, die dual Studierende sogar durch die BAG-Entscheidung de facto als von der Mitbestimmung ausgeschlossen ansehen. 531 Auch dem Mandatsträgerschutz nach §§ 15 KSchG, 103 BetrVG liegt eine Ausnahme für hochqualifizierte Arbeitskräfte fern, Deinert, AuR 2021, 292, 295. 532 Dies als zentralen Schutzzweck der Vorschrift begreifend Gamillscheg, Kollektives Arbeitsrecht Band II, 2008, 681. 533 Vgl. auch Lorenz, in: Düwell (Hrsg.), BetrVG, 2022, § 78a Rn. 2; APS/Künzl, 2021, § 78a BetrVG Rn. 14, der den Schutz des Gremiums vernachlässigt sieht. 534 KR/Rinck, 2022, § 78a BetrVG Rn. 8. 535 Differenzierend zur Geltung von § 78a BetrVG für Praktikanten und Volontäre Fitting, BetrVG, 2022, § 78a Rn. 6a; Schiefer, FS Kreutz, 2010, 429, 432 ff.; Thüsing, in: Richardi (Hrsg.), BetrVG, 2022, § 78a Rn. 6; eingehend mit tendenziell zurecht skeptischer Haltung GKBetrVG/Oetker, 2022, § 78a Rn. 18 ff.; vgl. zudem Possienke, Weiterbeschäftigungsanspruch, 2011, 67, der darauf hinweist, dass es in der Praxis unwahrscheinlich ist, dass ein Praktikant während der regelmäßig kurzen Praktikumsphase in ein für § 78a BetrVG relevantes Organ gewählt wird. 536 BIBB, AusbildungPlus 2019, 2020, 17. 537 Vgl. Faulhaber, Praktikanten und Volontäre, 2008, 176; zudem ist es für Praktikanten und Volontäre im Allgemeinen nicht von derartig großer Bedeutung, die erworbenen Erkenntnisse in einem sich unmittelbar anschließenden Arbeitsverhältnis zu vertiefen, vgl. Schnelle, Volontäre und Praktikanten, 2010, 427, der die Situation von Praktikanten und Volontären insoweit eher mit der befristet eingestellter Arbeitnehmer vergleicht, die von § 78a BetrVG von vornherein nicht erfasst werden.

§ 9 Kollektivarbeitsrechtlicher Rahmen

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auch nicht vor dem Hintergrund des bereits analysierten538 § 3 Abs. 2 Nr. 1 BBiG.539 Zwar ist es richtig, dass die Schutznorm des § 78a BetrVG an das gesamte BBiG anknüpft, jedoch sind die Voraussetzungen der Bereichsausnahme des § 3 Abs. 2 Nr. 1 BBiG nicht erfüllt,540 sodass wiederum auch die Anwendung des § 26 BBiG nicht ausgeschlossen ist. § 3 Abs. 2 Nr. 1 BBiG verhindert durchaus, dass duale Studiengänge als Gesamtkonstrukt pauschal unter das BBiG fallen, denn den Hochschulteil absolvieren die dual Studierenden unmittelbar in der hochschulischen Einrichtung auf der Grundlage des öffentlich-rechtlichen Hochschulrechts und damit außerhalb des BBiG; soweit aber lediglich die hiervon abzutrennende betriebliche Praxisphase des dualen Studiums als Privatrechtsverhältnis streitgegenständlich betroffen ist, wird dies vom berufsbildungsrechtlichen Regime des BBiG erfasst, ohne dass § 3 Abs. 2 Nr. 1 BBiG dem entgegenstünde. Für Rechtsverhältnisse i. S. d. § 26 BBiG gelten sodann die dargestellten qualifizierten Anforderungen, um letztlich die Wirkung des § 78a BetrVG zu entfachen. Das BAG beharrt demgegenüber weiterhin – erneut unter Nennung der Grundentscheidung vom 19. 6. 1974541 – auf seinem Standpunkt, dass die im Betrieb zu absolvierenden Praxisphasen in das Studium als dessen Bestandteil inkludiert sind und das BBiG wegen der Bereichsausnahme des § 3 Abs. 2 Nr. 1 BBiG nicht auf duale Studiengänge anwendbar sei.542 Dem ist mit den bereits dargelegten Gründen, vorwiegend der Aufspaltung des dualen Studiums in ein öffentlich-rechtliches Studienverhältnis einerseits und in ein privatrechtliches Vertragsverhältnis andererseits, entgegenzutreten.543

538

Siehe unter § 6 B. III. 3. So aber in Bezug auf den Fall eines dualen Studiums LAG Hamm, Urt. v. 9. 11. 2018 – 13 TaBV 82/17, NZA-RR 2019, 199, Rn. 51 ff.; jüngst revisionsinstanzlich bestätigt durch BAG, Beschl. v. 17. 6. 2020 – 7 ABR 46/18, NZA 2020, 1723, Rn. 29, 32 ff. 540 Vgl. auch ArbG Leipzig, Urt. v. 8. 4. 2005 – 10 Ga 21/05, BeckRS 2005, 41385, unter I. 1. a) (2). 541 Zu dem Judikat siehe bereits unter § 6 B. III. 1. a). 542 BAG, Beschl. v. 17. 6. 2020 – 7 ABR 46/18, NZA 2020, 1723, Rn. 33, 35 f., 44. 543 Kritisch auch Klengel, jurisPR-ArbR 2/2021 Anm. 3, unter II.; auf eine analoge Anwendung des § 78a BetrVG kommt es daher nicht an, geprüft und verneint jedoch durch BAG, Beschl. v. 17. 6. 2020 – 7 ABR 46/18, NZA 2020, 1723, Rn. 39 ff., das in diesem Zusammenhang irrig von „praktischen Studienphasen“ spricht (Rn. 41); vielmehr handelt es sich bei den Einsätzen im Betrieb um betriebliche Praxisphasen, die rechtlich kein innerer Bestandteil der Studienphase sind; wenn das BAG unter Bezugnahme auf die Gesetzesmaterialien zur Einführung von § 78a BetrVG argumentiert, „dass der Gesetzgeber ausschließlich Ausbildungsverhältnisse im Blick hatte, die unter den Anwendungsbereich des BBiG fallen“ (Rn. 43), so ist dem nicht nur die hier positiv festgestellte Anwendbarkeit des BBiG selbst entgegenzuhalten, sondern auch die anfangs dargestellte Entstehungsgeschichte dualer Studiengänge (vgl. unter § 1 B. 1.), die ihrerseits erst im Jahr 1974 ihren Ursprung hatten – der Gesetzgeber konnte das Aufkommen dualer Studiengänge seinerzeitig noch nicht prognostizieren, vgl. mit diesem Argument auch Holtz/Annerfelt, AuR 2021, 36, 38; ebenfalls mit kritischer Haltung Düwell, NZA 2021, 28, 29 f., der keinen Grund sieht, § 78a BetrVG als unanwendbar aufzufassen; dem folgend Lorenz, in: Düwell (Hrsg.), BetrVG, 2022, § 78a Rn. 2; jedenfalls für eine analoge Anwendung von § 78a BetrVG im Hinblick auf die Weiterbeschäftigung nach einem 539

310

3. Teil: Individual- und kollektivarbeitsrechtliches Schutzgeflecht

Nach § 78a Abs. 2 BetrVG können demnach im Ergebnis nicht nur Auszubildende der dualen Berufsausbildung im engeren Sinne, sondern typischerweise auch diejenigen dual Studierenden, die Mitglied in einem Betriebsverfassungsorgan sind, innerhalb der letzten drei Monate vor Beendigung des Praxisphasenvertrages schriftlich die Weiterbeschäftigung verlangen mit der Folge des Entstehens eines Arbeitsverhältnisses auf unbestimmte Zeit.544 Ist der dual Studierende indes offenkundig für eine Anschlussbeschäftigung ungeeignet, ist erst in einem nächsten Schritt unter Berücksichtigung der Unzumutbarkeitsformel des § 78a Abs. 4 Satz 1 BetrVG545 zu prüfen, ob das Weiterbeschäftigungsverlangen tatsächlich durchschlägt. Dessen unbenommen bleibt hier jedoch abschließend festzuhalten, dass dual Studierende im Grundsatz ihr Weiterbeschäftigungsverlangen auf § 78a Abs. 2 Satz 1 BetrVG stützen können, sofern sich das begehrte Arbeitsverhältnis unmittelbar an das beendete „andere Vertragsverhältnis“ i. S. d. § 26 BBiG anschließt.546

C. Rekapitulation des kollektivarbeitsrechtlichen Schutzumfangs Auf der kollektivarbeitsrechtlichen Ebene können die zuvor gewonnenen Erkenntnisse geradlinig fortgeführt werden. Sowohl in das System des Tarifvertragsals auch in das Geflecht des Betriebsverfassungsrechts fügen sich dual Studierende dem Grundsatz nach nahtlos ein. Die jeweils anwendbaren Rechtssätze müssen jedoch erst systematisch freigelegt werden. Hierzu bedarf es einer Auseinandersetzung mit den gesetzlichen Schutzzwecken unter immerwährender Heranziehung wertender Vergleiche zur dualen Berufsausbildung sowie zu Praktikanten- und Volondualen Studium Deinert, AuR 2021, 292, 294 f.; für eine Änderung des § 78a BetrVG im Sinne einer Erweiterung Koch-Rust/Rosentreter, NZA 2021, 1604, 1609. 544 So auch Koch-Rust/Rosentreter, NJW 2009, 3005, 3008. 545 Zu den dortigen Problemkreisen siehe nur Schiefer, FS Kreutz, 2010, 429, 440 ff.; sowie zuvor bereits Gamillscheg, FS Wiedemann, 2002, 269, 275 ff. 546 Insoweit nicht zu beanstanden BAG, Beschl. v. 17. 6. 2020 – 7 ABR 46/18, NZA 2020, 1723, Rn. 27 f., wonach es unerheblich ist, ob zu einem früheren Zeitpunkt ein Ausbildungsverhältnis bestanden und geendet hat, zu dem aber die Weiterbeschäftigung nicht verlangt wurde. Es kommt also darauf an, ob der dual Studierende bei Beendigung des letzten Ausbildungsabschnitts in einem Berufsausbildungsverhältnis i. S. d. § 78a BetrVG steht. Dies ist in der Regel der Fall (insoweit hingegen anders das BAG, ebd. Rn. 32 ff.). Bei praxisintegrierenden dualen Studiengängen liegt – für § 78a BetrVG wie oben dargestellt ausreichend – bis zum Ende der betriebspraktischen Phase ein Rechtsverhältnis i. S. d. § 26 BBiG vor. Ausbildungsintegrierend dual Studierende, die zwischen Berufsausbildungsabschluss und Studienabschluss weiter Praxiseinsätze im Betrieb absolvieren, werden entweder in das praxisintegrierende Modell überführt (wiederum mit der Geltung des § 26 BBiG) oder es greift ausnahmsweise schon bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen die Weiterarbeitsregelung des § 24 BBiG mit der Folge der gesetzlichen Fiktion eines Arbeitsverhältnisses (vgl. dazu bereits unter § 6 B. II. 3. sowie § 7 A. II. 3.; ähnlich, aber (wohl) zu pauschal Düwell, NZA 2021, 28, 29 f., der offenbar auch im Falle eines praxisintegrierenden dualen Studiums die Fiktion des § 24 BBiG für begründet hält (§ 24 BBiG gilt für dieses Modell insoweit jedoch aufgrund des eindeutigen Wortlautes von § 26 BBiG nicht).

§ 9 Kollektivarbeitsrechtlicher Rahmen

311

tärverhältnissen. Nicht außer Acht zu lassen ist auch in diesem Kontext erneut die wegweisende Aufspaltung der dualen Studienkonzeption in zwei gesondert voneinander zu betrachtende rechtliche Bänder – dem öffentlich-rechtlichen Studienverhältnis einerseits und dem privatrechtlichen Praxisphasenvertrag andererseits. Im Ergebnis erstreckt sich die tarifliche Regelungsbefugnis entscheidend auch auf die Praxisphasen dualer Studiengänge. Komplettiert wird der weite kollektivarbeitsrechtliche Schutzumfang durch die Subjektstellung dual Studierender in der Betriebsverfassung. Selbst aus dem bereits gegenüber § 5 Abs. 1 Satz 1 BetrVG verengten Anwendungsbereich der bedeutsamen Übernahmevorschrift des § 78a BetrVG lassen sich duale Studienteilnehmer regelmäßig nicht exkludieren.

Vierter Teil

Schluss § 10 Resümee und Ausblick Die übergeordnete Zielsetzung der Untersuchung bestand darin, die immer mehr aufkommende Dynamik rund um die rechtliche Stellung dual Studierender zu kanalisieren und insgesamt einen Beitrag zu leisten, die auseinanderdriftenden Ausbildungsbedingungen bei dualen Studiengängen in ein ruhigeres Fahrwasser zu führen. Das BBiG tut sich dabei – in manchen Augen sicherlich wider Erwarten – als taugliches Regulativ hervor und ist mit seinen variablen Bestimmungen imstande, die wesentlichen rechtlichen Problemstellungen in den betrieblichen Praxisphasen zu lösen oder mit seinem Generalverweis in § 10 Abs. 2 jedenfalls doch eine starke Richtung für die Ergebnisfindung vorzugeben. Die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit des Arbeitsrechts trägt dazu bei, auch für derart polyvalent ausgestaltete Formate einen festen Rahmen zu schaffen, ohne reflexartig auf den Erlass neuer Spezialregelungen angewiesen zu sein. Als Ausgangspunkt der Überlegungen konnte die Grundannahme herausgearbeitet werden, dass aufgrund der Verwandtschaft von dualer Berufsausbildung und dualem Studium Auszubildende und dual Studierende rechtlich ein zumindest ähnliches Schutzbedürfnis aufweisen, das freilich auch über das „klassischer“ Arbeitnehmer hinausgehen kann.

A. Wesentliche Ergebnisse Die Zusammenfassung der wesentlichen Studienergebnisse orientiert sich am gewählten Aufbau der Untersuchung. Auf die feingliedrigeren Zwischenergebnisse innerhalb der Bearbeitung wird zusätzlich verwiesen.

I. Phänomenologie • Das duale Studium lässt sich als ein hybrides Bildungsformat begreifen, das sich durch die Integration umfangreicher Praxisphasen auszeichnet, die mit einem eigenständigen Theorieteil curricular-inhaltlich sowie organisatorisch-strukturell verzahnt sind.

§ 10 Resümee und Ausblick

313

• Duale Studiengänge teilen sich in unterschiedliche Erscheinungsformen. Den qualifizierten Anforderungen der mehrschichtigen Verzahnung genügen aber ausschließlich die integrierenden Programme (ausbildungsintegrierend, praxisintegrierend, berufsintegrierend), nicht hingegen die begleitenden Konzepte (ausbildungsbegleitend, praxisbegleitend, berufsbegleitend). • Die Abgrenzung des dualen Studienmodells von der dualen Berufsausbildung, Praktikanten- und Volontärverhältnissen wird insbesondere bei der Vergegenwärtigung des Alleinstellungsmerkmals des hybriden Bildungsformats augenfällig: die systematisch angelegte Theorie-Praxis-Verzahnung, die gleichzeitig auch als „Achillesferse“ einer besonderen Hingabe bedarf. In struktureller Hinsicht ist indes die Verwandtschaft des dualen Studiums mit der dualen Berufsausbildung nicht zu verkennen. Auch die rechtliche Einordnung von Pflichtpraktika steht in einem engen Zusammenhang mit der Frage des Rechtsstatus dual Studierender, obgleich der Praxisphase im dualen Studium gegenüber einem studienbegleitenden Pflichtpraktikum ein deutlich gewichtigerer Ausbildungswert zukommt und damit ein weiterer wesentlicher Unterschied in der Statik der Formate liegt.

II. Rechtsstatusbestimmung • Duale Studiengänge zeichnen sich durch ein tripolares Rechtsverhältnis aus, das die Akteure rechtlich miteinander verbindet. Die Dreieckskonstellation ist durch (1.) den jeweiligen Praxisphasenvertrag zwischen den dual Studierenden und den Kooperationsbetrieben, (2.) das Studienverhältnis zwischen den dual Studierenden und den akademischen Bildungsinstitutionen sowie (3.) einen Kooperationsvertrag zwischen den Kooperationsbetrieben und den Bildungseinrichtungen geprägt. • Dual Studierende sind grundsätzlich keine Arbeitnehmer. Das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses i. S. d. § 611a Abs. 1 BGB scheidet bei ordnungsgemäßer Durchführung der betrieblichen Praxisphasen aufgrund des beherrschenden Lernund Ausbildungszwecks aus. Im Vordergrund steht nicht der Austausch von Arbeitsleistung gegen Entgelt, sondern primär das Erlernen fachlicher wie überfachlicher Kompetenzen und Fähigkeiten. Die nebenbei abgeworfenen, teils äußerst wertvollen Arbeitsergebnisse stellen lediglich einen „Reflex“ der qualifizierten Ausbildungsmaßnahmen dar. Mit zunehmender Studiendauer und steigender Praxiserfahrung arbeiten sich dual Studierende indes nah an die Schwelle zum Arbeitnehmerstatus heran, ohne diese regelmäßig zu überschreiten. Dem stehen jene Missbrauchsgestaltungen gegenüber, in denen dual Studierende – vertragswidrig – schwerpunktmäßig mit Arbeitsleistungen betraut werden und der Ausbildungszweck realiter ins zweite Glied tritt; diese unterliegen als „verschleierte Arbeitsverhältnisse“ dem gesamten Arbeitnehmerschutzrecht.

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4. Teil: Schluss

• Erscheinungsformabhängig ist die Frage, ob dual Studierende im Rahmen eines Berufsausbildungsverhältnisses beschäftigt werden. Während praxis- und berufsintegrierende duale Studiengänge sowohl inhaltlich als auch strukturell keine Absolvierung einer echten Berufsausbildung vorsehen, findet beim ausbildungsintegrierenden dualen Studium, das den Erwerb gleich zweier Abschlüsse zulässt, die Integration eines vollwertigen Ausbildungsganges statt. Dies wird manifestiert durch den Abschluss eines Ausbildungsvertrages i. S. d. § 10 Abs. 1 BBiG mit der Folge der vollumfänglichen Geltung des BBiG für die betrieblichen Praxisphasen. • Für die Anwendbarkeit des § 26 BBiG auf praxisintegrierend dual Studierende ist zunächst entscheidend, ob das öffentlich-rechtliche Studienverhältnis den privatrechtlichen Praxisphasenvertrag aussticht. Dies ist aufgrund der Eigenständigkeit der betriebspraktischen Station nicht der Fall. Vielmehr ist das praxisintegrierende duale Studium zwar technisch durch tiefgreifende Theorie-PraxisVerflechtungen charakterisiert, rechtlich ergänzen sich die beiden Pole indes, ohne dass innere Kollisionen mit der Folge der Konsumierung des einen oder anderen Teils auftreten. Die Praxisausbildung im Rahmen dualer Studiengänge geht nicht in der Hochschulausbildung auf, sondern stellt das selbstständige Pendant zur hochschulischen Lehre dar. Das Hochschulrecht ist schlicht – auch wegen strikter kompetentieller Dualität – nicht dazu in der Lage, das Arbeitsrecht zu überdecken. Auch der Tatbestand des § 26 BBiG ist erfüllt: Praxisintegrierend dual Studierende werden eingestellt, um berufliche Fertigkeiten, Kenntnisse, Fähigkeiten oder berufliche Erfahrungen zu erwerben, ohne dass es sich um ein Arbeitsverhältnis oder eine klassische Berufsausbildung handelt, und befinden sich demgemäß in einem „anderen Vertragsverhältnis“ i. S. d. § 26 BBiG. An der rechtlich festgezurrten Dichotomie des dualen Studiums vermag die Bereichsausnahme des § 3 Abs. 2 Nr. 1 BBiG nichts zu ändern, sodass im Ergebnis auch praxisintegrierend dual Studierende zumindest partiell unter den breiten Schutzschirm des BBiG zu stellen sind.

III. Arbeitsrechtlicher Schutz • Dual Studierende haben einen Vergütungsanspruch aus dem Gesetz. Für ausbildungsintegrierend dual Studierende gilt die Vorschrift des § 17 BBiG unmittelbar und vollumfänglich, Teilnehmer der praxisintegrierenden Form können über § 26 i. V. m. § 17 Abs. 1, 6 und 7 BBiG ebenfalls die Zahlung einer „angemessenen Vergütung“ verlangen, die Geltendmachung der jüngst 2020 neu eingeführten Mindestausbildungsvergütung des § 17 Abs. 2 BBiG scheidet demgegenüber für sie bereits wegen des insoweit eindeutigen Wortlautes des § 26 BBiG aus. Hinsichtlich der Angemessenheit der Vergütung ist eine grobe Orientierung an der branchenmäßigen, regional üblichen Auszubildendenvergütung statthaft, um so einen verhältnismäßigen Ausgleich zwischen den Aufwendungen der Parteien

§ 10 Resümee und Ausblick

315

sicherzustellen und dabei einen flexiblen Rahmen zu schaffen. Die Flexibilität wird auch nicht durch die Vorgaben des MiLoG gesprengt, das für duale Studiengänge nicht zur Anwendung gelangt. Ausbildungsintegrierend dual Studierende fallen bereits unter die Ausnahmevorschrift des § 22 Abs. 3 MiLoG, praxisintegrierend dual Studierende sind jedenfalls weder Arbeitnehmer (§ 22 Abs. 1 Satz 1 MiLoG) noch Praktikanten (§ 22 Abs. 1 Satz 2, 3 MiLoG). • Dual Studierende haben ihren Platz im Berufsbildungsrecht gefunden. Die jeweils direkt oder mittelbar über § 26 BBiG für ausbildungs- und praxisintegrierende duale Studiengänge geltenden Vorschriften des BBiG bewirken eine weitreichende Angleichung des Schutzniveaus dual Studierender zu klassischen Auszubildenden. Der Schutzumfang kann dabei durchaus noch über den von Arbeitnehmern hinausreichen. So gelten bei der Kündigung des Praxisphasenvertrages durch die betriebliche Seite etwa verschärfte Anforderungen gegenüber Arbeitsverhältnissen (vgl. §§ 21, 22 BBiG). Die Unabdingbarkeitsregelung des § 25 BBiG baut zudem einen hohen Schutzwall zur Sicherung der vertragsrechtlichen Regelungen des BBiG auf. Nicht zuletzt trägt die Generalverweisung in § 10 Abs. 2 BBiG maßgeblich dazu bei, den arbeitsrechtlichen Schutz dualer Studienteilnehmer großflächig zu gewährleisten, sodass dieser nicht hinter den von Arbeitnehmern zurückfällt. • Die in der Vertragsgestaltungspraxis dualer Studiengänge weit verbreiteten Bindungs- und Rückzahlungsklauseln werden vom BBiG nicht per se untersagt, vielmehr ist eine Differenzierung geboten. Das aus § 12 Abs. 2 Nr. 1 BBiG erwachsende Verbot der Kostenerhebung bezieht sich nur auf die betrieblichen Ausgaben für die Praxisphase, betrieblicherseits angefallene Kosten im Zusammenhang mit dem hochschulischen Teil können als „verlorene Zuschüsse“ bei einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung jedoch grundsätzlich vom Absolventen zurückgefordert werden. Auch § 12 Abs. 1 Satz 1 BBiG statuiert kein umfassendes Verbot. Stattdessen kommt es darauf an, ob eine unverhältnismäßige mittelbare Beschränkung dual Studierender in der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit für die Zeit nach dem Studienende anzunehmen ist. In die Beurteilung fließen entscheidend auch die zu Arbeitsverhältnissen aufgestellten richterrechtlichen Grundsätze zur Rückzahlung von Fortbildungskosten ein, die wiederum an die Eigenheiten dualer Studienprogramme anzupassen sind und nicht bruchlos übertragen werden können. So lässt sich etwa beim dualen Studium die maximale Bindungsdauer unter Anlegung strenger Verhältnismäßigkeitserwägungen im Regelfall auf zwei Jahre taxieren, wobei atypische Konstellationen im Einzelfall eine Herab- oder Heraufstufung erforderlich machen können. • Die AGB-Kontrolle nach den §§ 305 ff. BGB komplettiert die spezialgesetzlichen Bestimmungen des BBiG im Hinblick auf die Zulässigkeit von Bindungs- und Rückzahlungsklauseln. Eine überraschende Klausel i. S. d. § 305c Abs. 1 BGB wird gemeinhin nicht oder jedenfalls doch äußerst selten anzunehmen sein. Bindungs- und Rückzahlungsabreden haben aber stets die qualifizierten Anfor-

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4. Teil: Schluss

derungen des Transparenzgebots des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB zu wahren, wobei es sensibel darauf zu achten gilt, die Hürden der Transparenz – auch im Vergleich zu Arbeitsverhältnissen – nicht zu hoch anzulegen, um letztlich keine nachteiligen Effekte zulasten dual Studierender zu evozieren, gleichzeitig dem Klauselverwender aber auch keine ungebührlich weiten Spielräume bei der Vertragsgestaltung zu eröffnen. In der Rechtsfolge ist neben einer geltungserhaltenden Reduktion grundsätzlich auch eine ergänzende Vertragsauslegung abzulehnen. Nur in engen Ausnahmefällen ermöglicht das im Vergleich zur geltungserhaltenden Reduktion methodisch-strukturell differierende Institut der ergänzenden Vertragsauslegung die Aufrechterhaltung einer Klausel, um der aus Verwendersicht zu leistenden besonderen Gratwanderung bei der Gestaltung dualer Praxisphasenverträge Rechnung zu tragen. Die rigide Folge der Totalunwirksamkeit der Klausel bedarf insbesondere dann einer sorgfältigen Überprüfung, wenn der redliche Verwender einer Bindungs- und Rückzahlungsklausel im Praxisphasenvertrag ersichtlich alle zumutbaren Anstrengungen unternimmt, die Grenzen der Rechtmäßigkeit einzuhalten. In derartigen „Annäherungsfällen“ ist ein Sanktionsbedürfnis von vornherein nicht auszumachen und die Lösung im beiderseitigen Parteiwillen zu suchen, anstatt das Rechtsverfehlungsrisiko einseitig dem Verwender aufzuerlegen. • Der individualarbeitsrechtliche Schutz dual Studierender in der Praxisphase wird ergänzt durch die grundsätzliche Anwendbarkeit der kollektivarbeitsrechtlichen Rahmung. Die betrieblichen Praxisphasen dualer Studiengänge sind einer tarifvertraglichen Regelung zugänglich. Nur soweit das öffentlich-rechtliche Studienverhältnis reicht, ist die tarifvertragliche Gestaltung ausgeschlossen. Die Frage der Geltung bereits bestehender Tarifverträge für dual Studierende bedarf einer prinzipiell restriktiven Auslegung des persönlichen Geltungsbereichs des konkret ins Auge gefassten Tarifwerkes. In der Betriebsverfassung sind dual Studierende als „zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigte“ den Arbeitnehmern i. S. d. § 5 Abs. 1 Satz 1 BetrVG gleichgestellt. Ihre betriebsverfassungsrechtliche Subjektstellung wird unterstrichen durch die potenzielle Anwendung des für Mitglieder eines Betriebsverfassungsorgans geltenden Weiterbeschäftigungsanspruchs aus § 78a BetrVG, dessen Tatbestand gegenüber § 5 Abs. 1 Satz 1 BetrVG enger gefasst ist. Dual Studierende fügen sich demnach nicht nur in das bestehenende individualarbeitsrechtliche, sondern auch in das kollektivarbeitsrechtliche Regelungssystem ein.

B. Schlussbetrachtung – Quo vadis, duales Studium? Duale Studiengänge schieben eine hohe Bugwelle an bildungspolitischen Erwartungen und Hoffnungen auf dem Weg zur „Bildung 4.0“ vor sich her. Dabei haben die dual Studierenden stets die beachtliche Herausforderung des Spagats zwischen Theorie und Praxis zu meistern. Ohne ein stabiles rechtliches Grundgerüst würden

§ 10 Resümee und Ausblick

317

die individuellen wie auch gesellschaftlichen Verprechungen mittel- bis langfristig im Sande verlaufen. Das duale Studium steht indes nicht – wie anfangs angenommen – auf tönernen Füßen, sondern auf einem durchaus festen rechtlichen Fundament. Dieses Fundament und damit gleichfalls die adäquate juristische Behandlung des Hybridformats musste jedoch erst mit nicht unerheblichem Aufwand freigeschaufelt werden. Als neuralgischer Punkt tut sich hierbei primär die entwicklungsoffene Schlüsselvorschrift des § 26 BBiG hervor; bei Anlegung eines differenzierten Maßstabs bringt sie letztlich die weitreichende Geltung arbeitsrechtlicher Regelungen und Grundsätze zum Vorschein. Dual Studierende genießen dadurch bereits de lege lata einen ausreichenden Schutz – es bedarf insoweit keines Tätigwerdens des an anderen Stellen zuweilen doch hektisch agierenden Gesetzgebers. Bei der Anwendung des geltenden Rechts erscheint demgegenüber dringend ein Paradigmenwechsel geboten. Die jüngst im Gesetzgebungsverfahren zur Novellierung des BBiG zurückhaltende und nunmehr beobachtende Position der politischen Akteure erscheint vor dem Hintergrund zunehmend auseinanderdriftender Pole verständlich. Eine generelle akute Prekarisierungsfurcht ist für das heterogene Bildungsmodell des dualen Studiums derzeit unangebracht, gewisse Vereinheitlichungstendenzen auf der konzeptionellen Ebene sind zudem nicht zu negieren. Nach alledem bleibt gleichwohl zu hoffen, dass sich künftig eine rechtswissenschaftlich geprägte Debatte entfacht, wie sich dual Studierende in die bestehenden arbeitsrechtlichen Rechtssätze einfügen. Dabei ist aus gesetzgeberischer Perspektive insbesondere darauf Acht zu geben, nicht über das Ziel hinauszuschießen. Der Erlass neuer Regelungen zu den Praxisphasen dualer Studiengänge würde allenfalls die Symptome bekämpfen, anstatt an der Wurzel des Problems – der inkonsistenten Rechtsanwendung – anzusetzen. Für eine rechtliche Neuinterpretation der Praxisphasen dualer Studiengänge will die vorliegende Studie einen Impuls geben.

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Bachelor 44, 54 f., 63, 70, 92, 111, 261, 280 Begriffsbildung 79, 89 ff. Beliehene 185 f., 215 Bereichsausnahme 212 ff., 309 Berufliche Handlungsfähigkeit 25, 55, 104, 107, 113, 147, 210 ff. Berufsausbildungsverhältnis, Berufsausbildungsvertrag 105 ff., 159 ff., 183, 208 f., 300 f., 305 Berufsbegleitendes Studium 98 f., 102 f. Berufsfreiheit 110, 249, 254 ff., 269

Berufsintegrierende duale Studiengänge 96 ff., 102 f., 161 f., 164, 232 Betriebliche Übung 243 Betriebstreue 264, 266, 269 Betriebsverfassungsrechtliche Subjektstellung 301 f., 311 Bildungsschisma 42 Bindungsklauseln, Bindungsvereinbarungen 41, 70, 246 ff. – Bindungsdauer 266 ff., 282 ff. – Bindungsintensität 266 Bologna-Reform 27, 44 Bottom-up-Entwicklung 37 Dichotomie 218 Duale Berufsausbildung 104 ff., 139 Duale Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) 30, 33, 46, 50, 52 f., 57, 71, 83 f., 186 ff., 248, 273 Durchlässigkeit 41 f., 61, 73 Einstellung 119, 209 ff. Employability/Beschäftigungsfähigkeit 25, 27, 44 ff. Employer Branding 67 f. Ergänzende Vertragsauslegung 283 ff. Externenprüfung 94 Fachkräftesicherung/Fachkräftemangel 22, 27, 38 ff., 49, 66 f., 76, 100 Firmentarifvertrag 296 Flexibilität 48, 75, 91, 245, 277, 289 Gatekeeper-Funktion 68, 186 Generalverweisung 165, 221, 240, 244 f., 293, Generation Praktikum 38, 63, 127, 129, 219 Gesetzgebungskompetenz 123, 175 ff., 192, 204, 207 – Kompetenzdualismus 179, 218

Stichwortverzeichnis Grundsätze der privilegierten Arbeitnehmerhaftung 243 f. Inhouse-Studiengänge 50, 261 f. Interessenabwägung 237, 259, 263 Internationalisierung 57 f. Jugend- und Auszubildendenvertretung 302 f. Just-In-Time-Studiengänge 51, 261 Koalitionsfreiheit 292 Kooperationsvertrag 68, 96 f., 190 f. Kündigungsschutz 143, 235 ff., 245 Lebenslanges Lernen 41, 46, 127 Legaldefinition 79 ff., 114 ff., 126, 144, 180, 231 Master 34, 44, 46, 75, 96, 287 Mindestausbildungsvergütung 56, 111, 222 ff. Mindestlohn 111, 114 ff., 120, 127 f., 229 ff. Missbrauchsgestaltungen 129, 155 ff., 180, 208, 219 Musterverträge 188 ff., 295 Praktikum, Praktikantenverhältnisse 113 ff. – Freiwilliges Praktikum 117 ff., 134 ff. – Pflichtpraktikum, verpflichtendes Praxissemester 121 ff., 167 ff. – Schnupperpraktikum 117 f. – Unechtes Praktikum, Scheinpraktikum 63, 127 ff. Praxisbegleitendes Studium 99, 103 Praxisintegrierendes duales Studium 94 ff., 103, 124, 138, 159 ff., 164 ff., 231 f. – Einsäulenmodell 95 – Praxisphasenvertrag, privatrechtlich 140 f., 143, 145, 151, 181 ff., 206, 271 f. Privatautonomie 174, 186 f., 251 Probezeit 234, 236, 238, 280 Qualitätssicherung 48 ff., 59 f., 78, 89, 130, 194, 220

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Rahmenvertrag 93, 97, 161, 188 Recruiting 66 f., 246 Rückzahlungsklauseln 41, 70, 189, 246 ff., 256 ff. – Rückzahlungslast 269, 275, 278 f., 282, 291 Schein-Dual-Studierender 130, 156 Schiedsspruch 205 f., 295 Soziale Selektivität 43 Sozialversicherungspflicht 163, 197 ff. Studienakkreditierungsstaatsvertrag 60, 88 Studienverhältnis, öffentlich-rechtlich 140 f., 143, 166, 179, 184, 187 f., 204, 214, 218, 294 f., 311 Stuttgarter Modell 28 Tarifliche Regelungsbefugnis 167, 292 f., 294 ff. Tertiärbereich 26, 29 f., 38, 47, 49, 54, 68, 82, 87, 89 f., 111 Theorie-Praxis-Verzahnung/Hybridformat 42, 47, 62 f., 139, 169, 183, 216 – curricular-inhaltlich 90, 97 – organisatorisch-strukturell 90 Traineeverhältnisse/Traineeprogramme 67, 137 f. Triales Studium 100 Tripolares Rechtsverhältnis/Dreiecksbeziehung 140 ff., 146, 186, 191 Überlegensfrist, Bedenkzeit 279 ff. Unabdingbarkeitsklausel, Unabdingbarkeitsregelung 111, 238 ff. Verbrauchervertrag 271 f. Verdrängungseffekte/Verdrängungswettbewerb 53 ff. Vergütungsanspruch 111 f., 128, 132, 221, 222 ff., 226 – Angemessenheit 223 ff. Verhältnismäßigkeit 255 ff., 268 f., 290 Verlorener Zuschuss 261 Vertragsfreiheit 186 f., 189 f., 236, 249 ff. Verwaltungshelfer 185 f., 215 Volontärverhältnisse, Volontariat 132 ff.

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Stichwortverzeichnis

War for talents 66, 267 Weiterarbeitsregelung 110, 163, 238 ff., 304 Weiterbeschäftigungsanspruch, betriebsverfassungsrechtlicher 302 ff. Werkstudierende 130 ff., 139, 182

Wettbewerbsverbot 244 Wissenschaftlichkeit 49 f., 89 Wissenschaftsfreiheit 51 ff., 59 f. Zur Berufsausbildung Beschäftigte 105 f., 200, 203, 230, 241 f., 245, 298 ff.