Zwischen den Sternen: Lichtbildarchive / Felix Eberty: Die Gestirne und die Weltgeschichte: Was Einstein und Uexküll, Benjamin und das Kino der Astronomie des 19. Jahrhunderts verdanken 9783050083711, 9783050040431

Um 1840 hatten präzise Messungen von Fixsternentfernungen erste gedankliche Landepunkte im Weltraum geliefert. Von diese

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Zwischen den Sternen: Lichtbildarchive / Felix Eberty: Die Gestirne und die Weltgeschichte: Was Einstein und Uexküll, Benjamin und das Kino der Astronomie des 19. Jahrhunderts verdanken
 9783050083711, 9783050040431

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Karl Clausberg Zwischen den Sternen: Lichtbildarchive

Karl Clausberg

Zwischen den Sternen: Lichtbildarchive Was Einstein und Uexküll, Benjamin und das Kino der Astronomie des 19. Jahrhunderts verdanken

Felix Eberty

Die Gestirne und die Weltgeschichte in deutsch/englischer Originalversion von 1846/47

Akademie Verlag

Einbandgestaltung unter Verwendung von: Felix Eberty: Selbstportrait; aus: Jugenderinnerungen eines alten Berliners, Berlin 1925

ISBN-10: 3-05-004043-2 ISBN-13: 978-3-05-004043-1 © Akademie Verlag GmbH, Berlin 2006 Das eingesetzte Papier ist alterungsbeständig nach DIN/ISO 9706. Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil des Buches darf ohne Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form - durch Photokopie, Mikroverfilmung oder irgendein anderes Verfahren - reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen, verwendbare Sprache übertragen oder übersetzt werden. Einbandgestaltung: Petra Florath, Berlin Druck: MB Medienhaus Berlin Bindung: Norbert Klotz, Jettingen-Scheppach Printed in the Federal Republic of Germany

Inhaltsverzeichnis

Karl Clausberg: Zwischen den Sternen: Lichtbildarchive Vorwort

IX I. Prolog

Berliner Himmelsbilder

1

Kosmische Bildtheorie

5

II. Bildlicht im Weltall Albert Einstein

7

Aaron Bernstein

10

Felix Eberty

14

Schuberts,Lichtreiter'

17

Stern-Parallaxen

18

Bessel, Struve und Mädler

21

Bacon und Humboldt

25

Ebertys Lichtbildarchiv

27

Charles Babbage

29

Allüberblick

31 III. Zeitmaße des Erlebens

Gedankenexperimente

35

Mikroskop für die Zeit

37

,Die Umwelt des Astronomen'

39

Oersted u n d Carus

41

Pulsschlag u n d Lebenstempo

43

V

Inhaltsverzeichnis

Kants Planetenbewohner

45

Karl Ernst von Baer

47

Jakob von Uexküll

50

Dragon's Egg

52

Christian Dopplers Effekt

54

IV. Geschäfte auf Erden H. Bailiiere, Publisher

57

Edgar Allan Poe

59

Edward Hitchcocks Religion

61

Camille Flammarion

62

un microscope qui grossirait le temps

69

Helmholtz' Nervenreize

70

William von Voigts-Rhetz

73

Proctors Supervision

75

Fechners 4. Dimension

78

Böhners Kosmos

80

Carl du Preis Darwinismus

82

Joseph Pohles Theologie

85

Berliner Urania

88 V. Zwischenbilanz

Geistesblitz

93 VI. Geschichte im Aufbruch

Himmelskino

97

Henry Bergson

101

Ludwig Klages

102

Eros der Ferne

104

Walter Benjamin

105

Engel der Geschichte

106

Textevidenz

108

Zweigs Sternstunden

112

Relativitätstheorie

114

Augenzeugen

116

Droysens Historik

117

Genetische Methode

120

Cassirers Rückblick

121

VI

Inhaltsverzeichnis

VII. Schlußbetrachtung Eisbergspitze Gegenpol

125 127

Felix Eberty: Die Gestirne und die Weltgeschichte Editorische Notitz Deutsche Ausgabe von 1846/47 Englische Ausgabe von 1846/47

131 133 191

Anhang Literaturverzeichnis Register Sachbegriffe Personen Seitenkonkordanz Abbildungsnachweis

245 253 263 267 269

VII

Vorwort

Zwei Bücher meiner Kindheit - Bürgels Himmelskunde

und Schmeils

Zoologie

- haben den Inhalt dieses Buchs auf den Weg gebracht. Mit ihren Abbildungen haben sie sich tief in mein visuelles Gedächtnis gegraben und schließlich etwas in Gang gesetzt, was nun als Konvolut kulturgeschichtlicher Fundsachen mit weitläufigen Folgen seine Leser sucht. Zerlesen waren die beiden Bücher schon, als ich sie in die Finger bekam. Aber sie haben die Ereignisse von 1945 und diverse Umzüge überstanden. Anderes, viel Wertvolleres ist verloren gegangen: das Mikroskop und das Fernrohr meines Urgroßvaters. Massiv-glänzende Messinginstrumente in samtgefütterten Gehäusen, Gerüche von poliertem Holz und Metall, der erste vergrößerte Blick auf den Mond; ein unbeschreiblicher sinnlicher Reichtum umgibt diese bruchstückhaften Eindrücke aus fernen Tagen, die von den beiden Buchruinen wachgehalten wurden. — Solche Reminiszenzen machen begreiflich, warum Kindheitserinnerungen zu Antrieben werden können, Verlorenes zu ergänzen, Erklärungen zu suchen; und so weiter. Dieses Buch belegt, daß es auch einem Anderen ähnlich ergangen sein mag, der mittlerweile als Galionsfigur eines neuen Weltbildes gefeiert wird: Albert Einstein. In Berlin ist er auf etwas gestoßen, was ihm seit seiner Schulzeit vertraut war und was von Berlin seinen Ausgang genommen hatte: eine ,kosmische Bildtheorie' aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, die ein Berliner Astronomie-Liebhaber verfaßte. Dessen kaum bekannter, schwer erreichbarer Quellentext ist hier nachgedruckt und mit seiner weit verzweigten internationalen Wirkungsgeschichte ausgebreitet. Ich hatte das Glück, mein Vorhaben ,vor Ort' am Wissenschaftskolleg zu Berlin im Jahr 2004/05 abschließen zu können, und mein erster Dank geht an die Damen der Bibliothek für ihre unermüdliche Hilfe. Zu danken habe ich auch der Institution selbst, die vielfältigsten Gedankenaustausch ermöglichte und so dem Vorhaben kräftig nachgeholfen hat. Sorin Antohis spontane Einladung zu seiner WiKo-Konferenz über Materialization

of Historical

Time

(Nov. 2004) lieferte wichtige Anre-

gungen; die von Werner Busch und Horst Bredekamp organisierte Tagung über Das Bild

in der

Wissenschaft

(Dez. 2004) bot ebenfalls Gelegenheit, den Fund zu IX

Vorwort

präsentieren. Vorausgegangen war eine erste Vorstellung im Siegener Forschungskolleg .Medienumbrüche' (Nov. 2003), in dessen Tagungsband Wahrnehmung, Kognition, Ästhetik (2005) eine Kurzfassung erschienen ist. Eine kleine Skizze der Astronomischen Phantasien' findet sich im Katalog Einstein Spaces. Gespräche mit Otto Karl Werckmeister und Joachim Paech, Stefan Maul, Roland Posner und Peter Utz über die bildwissenschaftliche Behandlung der hier dargelegten Funde haben geholfen, den Wert des historischen Zugangs weiter zu klären. Ermunterung habe ich auch von Gerhard Neuweiler hinsichtlich der biologischen, nämlich von Baer und Uexküll betreffenden Aspekte erfahren. Ganz besonderen Dank schulde ich dem Benjamin-Herausgeber Hermann Schweppenhäuser, der in unseren jahrelangen gemeinsamen Veranstaltungen mit seinem Durchblick philosophisch-biographischer Hintergründe meine Wißbegierde und detektivischen Neigungen immer wieder angestachelt hat. - Dem Akademie-Verlag, Frau Dr. Cofalla und Herrn Dr. Giesler, möchte ich dafür danken, daß sie auch meine individualistischen Typographiewünsche akzeptiert haben. Eine spezielle Reverenz geht nach Estland: Erst während der Druckvorbereitungen, anläßlich der estnisch-deutschen ACADEMICAIX im Herbst 2005, ist mir anschaulich klar geworden, daß neben Berlin die Universität von Tartu/Dorpat ein wichtiger Brennpunkt eben jener Wissenschaftsgeschichte gewesen ist, die mich seit vier Jahren in Atem gehalten hatte. Damit gewinnt der von Karl S. Guthke so prägnant gefaßte Mythos der Neuzeit in seiner hier ergänzten Übergangsphase zum heutigen physikalischen Weltbild ein weiteres Stück seiner regionalen Konturen zurück, die den alten Kulturraum des ,Nordischen Mittelmeeres' als Ursprungstätte wichtiger Bestandteile der wissenschaftlichen Moderne ausweisen.

X

I. Prolog

Berliner Himmelsbilder 1910 erschien bei Ullstein in Berlin eine volkstümliche Himmelskunde' mit dem Titel: Aus fernen

Welten.

Der Buchdeckel zeigte einen auf Knien zusammenge-

sunkenen nackten Mann vor nachtschwarz eingeprägtem Fensterausblick auf eine Spiralgalaxie, — die so kein Mensch zu Gesicht bekommt. Zwar schien der Himmel seit der Antike bevölkert mit phantasievollen Sternbildern, sehen konnte man jedoch nur einzelne Lichtpunkte und den schwachen Schimmer der Milchstraße. Gewaltige Spiralgebilde wie auf dem Buchdeckel waren der alten Welt unbekannt. Solche Ausgeburten des astronomischen Scharfblicks hat man erst im 19. Jahrhundert mit Hochleistungsteleskopen in den Tiefen des Weltalls entdeckt. Als suggestives Sinnbild unermeßlicher Ferne rückte ihre Erscheinung schließlich ins öffentliche Bewußtsein. Das Buchfrontispiz von 1910 berührte offensichtlich wie ein Andachtsbild den Nerv der Zeit: Dem Sog des himmlischen Lichtstrudels entsprach die Pose menschlicher Ergriffenheit; — aber woher kamen so heftige Emotionen? Der Autor der Himmelskunde, Bruno H[ans] Bürgel (1875-1948), war unehelicher Sohn des Archäologen Adolph Trendelenburg.1 Er wuchs getrennt von der Welt des Vaters, der später sogar geheimer Regierungsrat wurde, in einfachsten Verhältnissen auf und mußte nach der Schule zunächst als Arbeiter sein Geld verdienen; seine Freizeit widmete er der Astronomie. M[ax] Wilhelm Meyer, im Berliner Volksmund Urania-Meyer

genannt, der selbst eine bemerkenswerte Außenseiterkar-

riere hinter sich hatte , wurde sein Mentor und Arbeitgeber. Der in Zürich promo2

vierte Astronom Meyer hatte seine populärwissenschaftlichen Bestrebungen schon

1 2

Arnold Zenkert: Bruno Hans Bürgel (1875-1948). M[ax] Wilhelm Meyer: Wie ich der Urania=Meyer werden wollen. Hamburg, 1908.

1

Ein Lebensbild. Velten 1996. wurde. Eine Geschichte für alle, die etwas

Zwischen den Sternen

Abb. 1: Bruno H. Bürgel: Aus fernen Welten, Berlin 1910. Buchdeckel.

in Wien vorangetrieben und zum Beispiel ein naturwissenschaftliches Theaterstück' mit dem Titel Bilder

aus der Sternenwelt

aufgeführt. 1888 gründete er in Berlin

mit dem Direktor der Königlichen Sternwarte, Wilhelm Foerster, unterstützt unter anderen durch Werner von Siemens, die erste deutsche Volkssternwarte

Urania,

eine wahre Volksuniversität, an der viele berühmte Gelehrte u n d Pioniere - darunter Helmholtz, später Planck und Einstein, aber auch Edison und die eigentlichen KinoErfinder, die Brüder Skladanowsky - ihre Errungenschaften präsentierten. Meyer hat dort bis 1896 als Direktor gewirkt u n d populärwissenschaftliche Vorträge gehalten. Bürgel, der jahrelang als,Saaldiener', Beobachter' und Rezitator an der Urania tätig war, folgte seinem Vorbild u n d wurde Schriftsteller. In seinem Erfolgsbuch Aus fernen

Welten

brachte Bürgel auch eine Zeich-

nung (Abb. 2) des .Landschaftsmalers' Heinrich Harder, seinerzeit Professor an

2

I. Prolog

Abb. 2: Heinrich Harder: Astronomische Phantasie;

in: Bürgel: Aus fernen Welten 1910, S. 369.

der Berliner Hochschule für bildende Künste3, der 1913 durch Reliefdarstellungen ausgestorbener Tiere am neuerbauten Berliner Aquarium weithin bekannt wurde. Harder hatte bereits seit 1892 Bildtafeln zu den Veröffentlichungen der UraniaGesellschaft beigesteuert und war vermutlich auch an den Bühnenbildern des Wissenschaftstheaters beteiligt. Er hatte für Wilhelm Bölsches Bücher Illustrationen geliefert und sich so als Spezialist für Vorzeit-Darstellungen etabliert. Wie die Bildunterschrift in Bürgels Buch4 sagte, war eine astronomische Phantasie dargestellt; sie sollte die Wanderung der Lichtstrahlen durch den Weltenraum veranschaulichen. Manchen Bewohnern der Milchstraße erscheine die Erde heute in einem Licht, das vor 4000 Jahren von ihr ausgegangen sei, so Bürgel. Vom Fixstern Wega aus sähe man jetzt den Einzug der Deutschen in Paris, von den Sternen des Siebengestirns Friedrich den Großen seine Kriege führen. Aus der Entfernung der Sterne 6. Größe erschiene die Erde heute im Zeitalter Luthers, und auf Sternen 12. Größe kämen erst heute Lichtstrahlen an, die zur Zeit der Schlacht im Teutoburger Walde von der Erde ausgingen. — Härders (Pinsel?)-Zeichnung präsentierte entsprechende Szenen verteilt auf Wolken wie in einem barocken Deckengemälde. 3

Einzige verfügbare Informationsquelle: Thieme-Becker: Stichwortartikel mit äußerst knappen Angaben.

4

Bruno H. Bürgel: Aus fernen Welten. Eine volkstümliche Himmelskunde,

3

Berlin 1910, S. 369.

Zwischen den Sternen

Von links oben ließ er strahlenden Sonnenschein über die luftigen Geschichtslandschaften hinwegstreichen, um die Wanderung der Lichtstrahlen durch den Weltenraum sinnfällig zu machen. Nur ganz rechts setzte er die Berliner Siegessäule fest auf die Grundlinie des Bildes, während direkt zu Häupten der Viktoria Zeppelins Luftschiff für eine unumstößliche Datierung des Bildes sorgte: Der Graf hatte mit seiner berühmten Berlin-Fahrt im Sommer 1909 den Gipfel der Popularität erreicht und sogar den Kaiser übertroffen. Genau genommen ist Härders astronomische Phantasie ein paradoxes Bild: Es zeigt nebeneinander, was zwangsläufig nacheinander und zeitlich weit voneinander entfernt geschehen war. Mehr noch: Proportionen und Projektionsverhältnisse sind extrem verstellt. Gemessen an der Siegessäule und dem über ihr balancierenden Luftschiff müßten die auf den Wolken erscheinenden menschlichen Figuren eigentlich gigantische Größe haben. Darüber hinaus hat auch die zeitliche Bildtiefe den Künstler nicht zu einer perspektivischen Verkleinerung der entlegeneren Szenen bewegen können. Die Germanen im Teutoburger Wolkenwald sind sogar noch etwas größer dargestellt als ihre Nachfahren in Paris, der vorderste der Kreuzritter mindestens doppelt so groß wie der a l te Fri tz nebenan. Trotz solcher eklatanten .Fehler' entfaltet das Bild eine ungewöhnlich suggestive Wirkung: Die Sonne scheint nicht nur auszustrahlen, sondern die einzelnen Szenen auch geradezu anzusaugen; die meisten Figuren bewegen sich nach links. Nur die preußischen Soldaten vor dem Are de triomphe marschieren geradewegs nach vorn auf die Siegessäule zu. Aber der Zeppelin darüber macht wieder den Eindruck, als sei er von einem nach links gerichteten Sturmwind erfaßt, der die Wolkenlandschaft auftürmt und die Himmelsbewohner freisetzt. — Hin- und hergerissen zwischen widerstreitenden Bewegungsrichtungen, so präsentierten sich die ausgewählten Momente der deutschen Nationalgeschichte aus wilhelminischer Sicht. Woher kamen solche, die herkömmlichen Ästhetik-Regeln für räumliche und zeitliche Künste strapazierenden Vorstellungen? Waren das visuelle Vorboten der Popularisierung der Einsteinschen Relativitätstheorie? Die Tradition der Barockmalerei hat offensichtlich Pate gestanden. Rechtsläufige Schreib/Lese-Gewohnheiten taten ein Übriges. Auch die gegenläufigen Momente im Bildfeld lassen sich wohl am besten von neuronalen Präferenzen her verstehen, die eher unbewußt zum Zuge kamen. 5 Bildtiefe scheint besonders auf der linken Sehfeldseite ihre Wirkung zu entfalten. Sie hat sich in Härders Darstellung nicht nur im mächtigen Attraktor der Sonne konzentriert, sondern lauert auch als bodenloses Sternenfeld in der unteren linken Bildecke. So wurde der zeiträumliche Abgrund effektvoll in Szene gesetzt und doch durch die einheitlichen Erscheinungsgrößen des Geschichtspersonals wieder zurückgenommen, als hätte das Weltall erneut auf menschliche Maßstäbe gebracht werden sollen. Statt Sternbildern nun Wolkenbewohner? Waren kosmische Nebel 5

Ausführlicher dazu: Karl Clausberg: Neuronale Kunstgeschichte, Wien 1999.

4

I. Prolog

gemeint? Und warum war in Bürgels Bildunterschrift ausdrücklich von 4000 Lichtjahren Entfernung mancher Milchstraßensterne die Rede, wo man doch damals schon längst wußte, daß der Kosmos sich in weit größere Tiefen erstreckt? Einiges deutet darauf hin, daß hier nicht nur diffuses astronomisches Allgemeinwissen verbildlicht und kommentiert wurde, sondern daß besondere Quellen mit im Spiel waren. — Der folgende Text wird zeigen, wie die astronomische Phantasie Heinrich Härders und Bürgels Erläuterungen von einem Vorstellungskreis geprägt wurden, den man eine Berli η er Bildform des vorkinematographischen Wunschdenkens nennen könnte. Es ging tatsächlich darum, Bilder der Vergangenheit im Weltall aufzufinden und gleichsam zurückzuholen. Quantenphysik und Relativitätstheorie scheinen diesem Wunschdenken schließlich die Grundlage und Existenzberechtigung entzogen zu haben. Aber es wird auch zu belegen sein, daß zum Beispiel der halbwüchsige Einstein selbst von derartigen Bildern zu seinen revolutionären Einsichten angestachelt worden ist, — und manches mehr!

Kosmische Bildtheorie Umbrüche in den menschlichen Vorstellungs- und Medienwelten werden derzeit mit Vorliebe auf neue technische Errungenschaften zurückgeführt. Die Geschichte der optischen Medien - camera obscura, Photographie, Kino, Fernsehen &c - scheint mittlerweile als Paradebeispiel für solche Betrachtungsweisen fest etabliert. Aber wie vertragen sich solche Fortschrittsperspektiven mit der ,Natur' des Menschen, die sich irgendwie durchs Flußbett anthropologischer Veranlagungen, neurobiologischer Determiniertheiten &c zu zivilisatorischen Höhenflügen durchgerungen hat? Daß die Wechselwirkungen zwischen technischen Neuerungen, wissenschaftlichen Entdeckungen und extrapolierender Phantasie oft sehr komplex waren und sich nicht in einfache Ursache-Folge-Sequenzen innerhalb des technischen Fortschritts oder als Alleingänge der Geistesgeschichte auflösen lassen, läßt sich exemplarisch anhand einer kleinen, zunächst anonym publizierten Schrift eines Berliner Astronomieliebhabers aus der Mitte des 19. Jahrhunderts demonstrieren, deren beträchtliche internationale Auswirkungen im Titel der hier vorgelegten Textausgabe andeutend abgesteckt sind. Instrumentenbau- und meßtechnische Fortschritte hatten um 1840 zu den ersten verläßlichen Bestimmungen von Fixsternentfernungen gefuhrt. Für außerirdische Gedankenflüge der Menschheit waren nun präzise Zielpunkte im extrasolaren Weltenraum gegeben, aber nicht nur in der Weite des Raumes, sondern auch in der Tiefe der Zeit. Im ersten Band des Humboldtschen Kosmos (1845) und ein Jahr später (1846) in der schmalen Broschüre eines gewissen F. Y. mit dem Titel Die Gestirne und die Weltgeschichte. Gedanken über Raum, Zeit und Ewigkeit hat dieser interstellare Columbus-Effekt seinen Anlauf genommen. Die Vorstel-

5

Zwischen den Sternen

lung, man könnte von den Lichtjahre entfernten Fixsternen zurückschauen, war mit der verstörenden Einsicht verbunden, daß die Erde dann in jeweils verschiedenen Stadien ihrer Vergangenheit zu sehen sein würde. Dieses temporal zerdehnte Weltanschauungsbild, heute kosmologische Vorstellungsgrundlage aller Wissenschaften, ist zum ersten Mal vom Anonymus F. Y. - dahinter verbarg sich ein preußischer Jurist aus einer bekannten jüdischen Familie Berlins - in knappen und klaren Worten umrissen worden. Die zweisprachige Präsentation und kommentierende Analyse der bislang kaum beachteten .kosmischen Bildtheorie' von Felix Eberty, so der Name des späteren Breslauer Professors für Natur- und Kriminalrecht, erlaubt es, bislang separat gesehene und erforschte Stränge der Kultur- und Wissenschaftsgeschichte zu bündeln und überraschende Querbezüge herzustellen. Wenn die im Begleitkommentar skizzierten Zusammenhänge richtig erfaßt sind, dann ist gerade in Schlüsselbereichen rezenter menschlicher Imaginationsleistungen immer noch mit Überraschungen zu rechnen. Im hier dargelegten Fall entzündete sich aus allgemein zeitbedingten Anschauungen heraus das juristisch geschärfte Vorstellungsvermögen eines Astronomieliebhabers, das dann in verschiedensten wissenschaftlich-fiktionalen Domänen kulturprägende Spuren hinterlassen hat. Dafür stehen im Buchtitel Einstein und Uexküll, Benjamin und das Kino. Die Bedeutsamkeit der Quelle reicht aber noch weiter: Felix Eberty hat in seiner kleinen Schrift nicht nur neuartige Lichtbildlesarten beschrieben, sondern auch bereits wesentliche Aspekte einer zukünftigen Bildwissenschaft entworfen. 1844 hatte Fox Talbot das neue chemische Bildfixierverfahren der Photographie als Pencil of Nature zur autopoietischen Produktionsmethapher von Bildrealität erhoben. Zwei Jahre später ist diese isolierte, ,nicht-von-Menschenhand-gemachte' Bildgebung von Eberty zur universellen Denkmöglichkeit einer imaginären kinematographischen Augenzeugenschaft entfaltet worden.

6

II. Bildlicht im Weltall

Albert Einstein Im Jahre 1923 erschien in Berlin ein kleines Bändchen mit dem Titel Die Gestirne und die Weltgeschichte / Gedanken über Zeit, Raum und Ewigkeit von einem gewissen Felix Eberty.1 Wie aus der Vorrede des Herausgebers Gregorius Itelson und dem beigefügten Vorwort des Verfassers zur Zweitauflage von 1874 zu entnehmen war, hatte die kleine, ursprünglich 1846/47 veröffentlichte Schrift ein bemerkenswertes Schicksal hinter sich: Die anonyme deutsche Erstfassung war in englischer Raub Übersetzung weltweit verbreitet worden, und der renommierte Sekretär der Britischen Royal Astronomical Society, Richard Praetor, hatte sich die spekulativen Perspektiven in seinem Bestseller Oth er Worlds than Ours (1870 ff.) zu eigen gemacht. Zudem seien die Ebertyschen Ideen von Camille Flammarion in dessen „geschwätzigem" Buche Lumen ohne Quellenangabe weit ausgesponnen worden, so Herausgeber Itelson nicht ohne Ranküne. Auch noch auf anderen Wegen waren Ebertys astronomische Phantasien seit einem Dreivierteljahrhundert in Umlauf gekommen. — Der Berliner Neudruck war ein später Nachzügler; er präsentierte noch einmal den ursprünglichen Textbrocken, der in einer von ihm ausgelösten Lawine schließlich selbst wieder nach oben getragen worden war. Der Name des Autors dürfte in den zwanziger Jahren gebildeten Lesern noch durchaus vertraut gewesen sein: Eberty hatte nicht nur Biographien Walter Scotts und Lord Byrons, sondern auch eine siebenbändige Geschichte des Preußischen Staats verfaßt. Die kleine Astronomie-Schrift muß auf zusätzliches Interesse gestoßen sein; jedenfalls wurde das Bändchen 1925 - neben einer ebenfalls nachgedruck-

1

Felix Eberty: Die Gestirne und die Weltgeschichte. Gedanken über Zeit, Raum und Ewigkeit. Mit einer Einleitung von Albert Einstein, herausgegeben von Gregorius Itelson, Verlag von Gregor Rogoff, Berlin 1923.

7

Zwischen den Sternen '•wp-f '

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FELIX EBERTY ...

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DIE

1

GESTIRNE UND

DIE

WELTGESCHICHTE GEDANKENÜBERZEIT IRt

R A U M U N D EWIGKEIT •'" 5

Mit einer Einleitung" von A L B E R T EINSTEIN

*

Verlag· von Gregor Rogojf· Berlin., t 9

23

Abb. 3: Felix Eberty, Textausgabe 1923, Titelseite.

ten Autobiographie 2 - n o c h m a l s unverändert aufgelegt. 3 S e h r auffällig war a u c h damals s c h o n die Titelunterschrift, die d a r a u f hinwies, d a ß kein geringerer als Albert Einstein, der Physik-Nobelpreisträger v o n 1921, die Einleitung beigesteuert hatte. „Dies B ü c h l e i n , von einem o r i g i n e l l e n , g e i s t r e i c h e n M e n s c h e n g e s c h r i e b e n , entb e h r t nicht des aktuellen I n t e r e s s e s " , so Einsteins W o r t e v o m 5. Juni 1 9 2 3 . „Denn es zeigt auf der einen Seite k r i t i s c h e n Geist g e g e n ü b e r dem ü b e r k o m m e n e n Zeitbe-

2

Felix Eberty: Jugenderinnerungen

eines alten Berliners, Verlag fur Kulturpolitik, Berlin 1925.

Nach den handschriftlichen Aufzeichnungen ergänzt und neu herausgegeben von J. von Bülow [Enkel Ebertys]; Geleitwort von Georg Hermann. - Die Erstauflage erschien 1878 in Breslau. 3

Felix Eberty: Die Gestirne und die Weltgeschichte. Gedanken über Zeit, Raum und Ewigkeit. Mit einer Einleitung von Albert Einstein, I. M. Spaeth-Verlag, Berlin 1925.

8

II. Bildlicht im Weltall

griff; auf der anderen Seite zeigt es, vor welchen e i g e n t ü m l i c h e n Folgerungen uns die R e l a t i v i t ä t s t h e o r i e rettet, der doch so vielfach gerade der b i z a r r e C h a r a k t e r ihrer

Folgerungen zum Vorwurf gemacht w i r d . " — Sollte m a n aus dieser F o r m u l i e -

rung, n e b e n d e m Hinweis a u f aktuelle Querelen u m deutsche oder jüdische Physik 4 , a m E n d e auch herauslesen, d a ß Einstein die wesentlichen Inhalte des B ü c h l e i n s s c h o n lange k a n n t e u n d w o m ö g l i c h durch sie m i t z u m grundlegenden Konzept der Relativitätstheorie angeregt worden ist? Klingt es nicht so, als o b er a u f eine persönliche Vorgeschichte verwies? W e l c h e n anderen G r u n d k ö n n t e es für ihn gegeben h a b e n , ein derartiges V o r w o r t zu schreiben? Hätte er sich v o m Herausgeber Itelson, d e m er sich verpflichtet fühlen m o c h t e 5 , überreden lassen, wenn n i c h t ein

Dejä-vu-

Erlebnis h i n z u g e k o m m e n wäre? H a t er vielleicht sogar selbst den A n s t o ß zur N e u auflage gegeben? 6 — S o l c h e Spekulationen sind keineswegs aus der Luft gegriffen, d e n n Einstein hat in seinen J u g e n d e r i n n e r u n g e n ausdrücklich ein populärwissenschaftliches S a m m e l w e r k aus d e m 19. J a h r h u n d e r t erwähnt, in d e m die Ebertysche Schrift seitenlang referiert wurde. „Auch hatte ich das G l ü c k " , schrieb Einstein 1 9 4 9 in seinen A u t o b i o g r a p h i schen Notizen, „die w e s e n t l i c h e n E r g e b n i s s e und Methoden der g e s a m t e n Naturw i s s e n s c h a f t in e i n e r v o r t r e f f l i c h e n populären, fast durchweg aufs Qualitative sich b e s c h r ä n k e n d e n

Darstellung k e n n e n zu l e r n e n

(Bernsteins

naturwissen-

s c h a f t l i c h e Volksbücher, ein Werk von f ü n f oder sechs B ä n d e n ) , ein Werk, das ich mit a t e m l o s e r Spannung l a s . " 7 — D i e s e Ausgabe der B e r n s t e i n s c h e n

Volksbücher

hatte ein F r e u n d der Familie, der Medizinstudent M a x T a l m u d (nach der E m i g r a t i o n : Talmey),

4

1889 d e m elfjährigen Einstein gegeben, u m dessen W i ß b e g i e r u n d

Charlotte Schönbeck: Albert Einstein und Philipp Lenard. Antipoden im Spannungsfeld Physik und Zeitgeschichte; in: Schriften der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen

von

Klasse der

Heidelberger Akademie der Wissenschaften Nr. 8, Springer, Berlin/Heidelberg 2000. 5

Itelson hatte bereits 1921 Einsteins Buch Über die spezielle und die allgemeine rie. Gemeinverständlich

Relativitätstheo-

(1917) ins Russische übersetzt. „Ich freue mich, dass nun mein Büch-

lein in russischer Sprache erscheint, umsomehr, als der von mir hoch geschätzte Herr Itelson für eine ausgezeichnete Übersetzung bürgt." So Einstein im Vorwort. - Zur Person Itelsons siehe auch Otto Buek: Gregorius Itelson t; in: Kant-Studien 6

1926, S. 428-430.

Der erste Absatz des Itelsonschen Vorworts kann in diesem Sinne verstanden werden: „Das Problem von Raum und Zeit, das seit altersher das Denken der Naturforscher und beschäftigte, ist seit der Aufstellung der modernen Relativitätstheorie

Philosophen

in den Vordergrund des

allgemeinen Interesses getreten. Doch ist für den Laien die klare Erfassung des Problems mit großen Schwierigkeiten verbunden, und so dürfte jeder gelungene Versuch, den Gegenstand dem Verständnis näher zu bringen, willkommen sein. Aus diesem Gesichtspunkte rechtfertigt sich die Neuherausgabe

der vorliegenden kleinen Schrift, die das genannte Problem in eigenartiger und

anregender Weise beleuchtet." 7

Albert Einstein: Autobiographical

Notes [ 1949], Translated and edited by Paul Arthur Schilpp,

La Salle, Illinois 1991, pp. 12 + 14.

9

Zwischen den Sternen

eigenständige S t u d i e n z u f ö r d e r n . D e r Q u a r t a n e r des M ü n c h e n e r L u i t p o l d g y m n a s i u m s sei zutiefst b e e i n d r u c k t gewesen, n o t i e r t e Talmey 1932 in s e i n e m R ü c k b l i c k a u f die . f o r m a t i v e P e r i o d e des E r f i n d e r s d e r Relativitätstheorie 1 . 8

Aaron Bernstein A a r o n Bernstein ( A a r o n R e b e n s t e i n 1 8 1 2 - 1 8 8 4 ) , 1848 B a r r i k a d e n k ä m p f e r , 1849 rad i k a l d e m o k r a t i s c h e r H e r a u s g e b e r d e r Urwähler-Zeitung, [Berliner] cher

Volkszeitung9,

1853 B e g r ü n d e r d e r

h a t t e seine Naturwissenschaftlichen

Volksbü-

seit 1855 in u n z ä h l i g e n e r w e i t e r t e n A u f l a g e n publiziert. Die f ü n f - o d e r sechs-

b ä n d i g e Ausgabe, die J u g e n d f r e u n d T a l m u d d e m Schüler Einstein a n s H e r z legte, w a r v e r m u t l i c h eine j e n e r n e u e r l i c h verbesserten u n d v e r m e h r t e n Versionen d e r v i e r t e n Auflage, die ab 1873/74 e r s c h i e n e n . I m e i n u n d z w a n z i g s t e m Teil w a r ein Kapitel ü b e r Die

Unendlichkeit

und

die Naturwissenschaft

z u finden, das d e m j u n g e n Ein-

stein sicherlich in E r i n n e r u n g geblieben ist, d e n n es b r a c h t e f u n d a m e n t a l e Perspektiv e n u n d P r o b l e m e d e r A s t r o n o m i e u n d K o s m o l o g i e z u r Sprache: „Der k ü h n e Fernblick William H e r s c h e l s , d e r z u e r s t [mit s e i n e m b e r ü h m t e n Riesenteleskop] in den R a u m d e r F i x s t e r n w e l t e i n d r a n g , h a t t e d e m s t a u n e n d e n Geist der M e n s c h h e i t ein n e u e s Weltbild a u f g e s c h l o s s e n " , w a r d a zu lesen gewesen; u n d weiter: „Wir e r b l i k ken zwei G e s t i r n e , s o b a l d sie n u r in v e r s c h i e d e n e n E n t f e r n u n g e n von uns existiren, auch n o t h w e n d i g in v e r s c h i e d e n e n A l t e r s - E p o c h e n , selbst w e n n b e i d e in e i n e m u n d d e m s e l b e n Augenblicke e n t s t a n d e n w ä r e n . Der R a u m u n t e r s c h i e d bed i n g t f ü r u n s e r e W a h r n e h m u n g auch zugleich d e n Z e i t u n t e r s c h i e d . Was wir aus u n e n d l i c h e n R ä u m e n zu s e h e n b e k o m m e n , zeigt u n s auch zugleich Gebilde aus u n e n d l i c h e n Z e i t e n . " W i l l i a m H e r s c h e l h a b e sich a u c h n i c h t gescheut, so B e r n s t e i n a n s c h l i e ß e n d , die n o c h schärfere K o n s e q u e n z dieses G e d a n k e n s a u s z u s p r e c h e n : Ließ e n sich die B e o b a c h t u n g e n n o c h weiter v o r a n t r e i b e n , „so w ü r d e ein R u n d b l i c k am H i m m e l zu e i n e m R u n d b l i c k in die Geschichte d e r W e l t e n e n t s t e h u n g , in den f e r n e ren Tiefen des R a u m e s u n d der Zeit werden". 1 0

8

Max Talmey: The Relativity Theory Simplified / And the Formative Period of its Inventor, New Bedford, Mass. 1932, p. 159 ff., spez. p. 162. - Zu dieser Jugendfreundschaft: James G. Ravin: Albert Einstein and his mentor Max Talmey; in: Documenta Ophthalmologica 94, 1997, p. 1-17.

9

Die Urwähler-Zeitung * Organ für Jedermann aus dem Volke erschien seit dem Frühjahr 1849, wurde nach mehreren Beschlagnahmen 1853 verboten und als Volks-Zeitung fortgeführt; 1904 wurde sie in Berliner Volkszeitung umbenannt und 1944 mit der Berliner Morgenpost zusammengelegt.

10

Aaron Bernstein: Naturwissenschaftliche Volksbücher. Wohlfeile Gesammt-Ausgabe. Vierte verbesserte und vermehrte Auflage. Vierter Abdruck. Ferd. Dümmler Verlags-Buchhandlung, Berlin o. J. [1873-74], 5. Band, 21. Theil, S. 76-111, spez. S. 99.

10

II. Bildlicht im Weltall

Abb. 4: William Herschel, nach dem Stich von Godby; in: Hans Kraemer: Weltall und Menschheit, Band III, S. 187.

N a c h solchen P r ä m i s s e n setzte Bernstein z u m Loblied auf e i n e n U n b e k a n n t e n an, d e n er n i c h t zögerte, m i t H e r s c h e l in e i n e m A t e m z u g e zu n e n n e n : Ü b e r viele Jahrzehnte hätten die tiefen G e d a n k e n des Teleskop-Pioniers brachgelegen, o h n e fruchtb r i n g e n d W u r z e l n z u s c h l a g e n ; a b e r d a n n : „ I m J a h r e 1840 s p a n n e i n f r e i e r , l o g i s c h e r Kopf in D e u t s c h l a n d in e i n i g e n a n o n y m e r s c h i e n e n e n , k l e i n e n

Schriften

d i e s e G r u n d g e d a n k e n H e r s c h e l ' s zu e i n e m s i n n i g e n G e d a n k e n s p i e l w e i t e r a u s . Ist es r i c h t i g , — S c h l o ß d i e s e r — d a ß d a s L i c h t u n s a u s w e i t e n F e r n e n d i e B o t s c h a f t d e r V o r g ä n g e u n d Z u s t ä n d e e r s t n a c h J a h r e n z u t r ä g t u n d u n s s o G e b i l d e d e r Verg a n g e n h e i t z e i g t , s o ist n i c h t m i n d e r a u c h d a s U m g e k e h r t e w a h r . A u c h w a s a u f u n s e r e r Erde g e g e n w ä r t i g vorgeht, w i r d die L i c h t b o t s c h a f t erst n a c h l ä n g e r e r Zeit in d i e F e r n e h i n t r a g e n . [ . . . ] Auf e i n e m F i x s t e r n e , d e s s e n L i c h t e r s t in z e h n J a h r e n zu u n s d r i n g t , w i r d m a n d i e V o r g ä n g e a u f u n s e r e m E r d e n r u n d a u c h e r s t z e h n J a h r e n a c h d e m E r e i g n i ß w a h r n e h m e n . Was e i n J a h r z e h n t h i n t e r u n s l i e g t , i s t f ü r d e n d o r t i g e n Blick n o c h G e g e n w a r t . D e n k e n w i r u n s n o c h w e i t e r h i n a u s in d e n W e l t e n r a u m , so v e r g e g e n w ä r t i g t s i c h n o c h i m m e r in w e i t e r e n u n d w e i t e r e n F e r n e n u n s r e f e r n u n d f e r n e r l i e g e n d e V e r g a n g e n h e i t . In i r g e n d e i n e m P u n k t e d e s R a u m e s v e r g e g e n w ä r t i g t j e t z t erst d a s Licht die S c e n e n der f r a n z ö s i s c h e n R e v o l u t i o n . In n o c h

11

Zwischen den Sternen

Abb. 5: Herschels Riesenspiegelteleskop in Bath; aus: M. Wilhelm Meyer: Das Weltgebäude, 1898.

w e i t e r e r Ferne ist die V ö l k e r w a n d e r u n g erst j e t z t an der T a g e s o r d n u n g , zieht Alex a n d e r d e r Große n o c h s i e g e n d in der Welt u m h e r . [ . . . ] In n o c h w e i t e r n F e r n e n des R a u m e s wird die V e r g e g e n w ä r t i g u n g der i r d i s c h e n V e r g a n g e n h e i t d u r c h das Licht erst in der Z u k u n f t vor sich g e h e n , w e r d e n g e s c h i c h t l i c h e E r e i g n i s s e erst g e b o r e n w e r d e n , die f ü r u n s l ä n g s t g e s t o r b e n s i n d . " " S c h o n 1855, in d e r ersten Ausgabe d e r Volksbücher, h a t t e B e r n s t e i n i m siebten B a n d d i e Einsichten des seiner A n s i c h t n a c h H e r s c h e l e b e n b ü r t i g e n A n o n y m u s ausf ü h r l i c h dargelegt u n d a u c h b i b l i o g r a p h i s c h e A n g a b e n beigefügt: Die G e s c h w i n d i g keit des Lichts, welches in so u n g e m e i n k u r z e r Zeit so u n g e h e u r e R ä u m e durcheile, u n d d e r G e d a n k e , d a ß dieser Bote a u s d e r F e r n e o f t J a h r t a u s e n d e u n t e r w e g s sei u n d N a c h r i c h t e n b r i n g e aus Zeiten, welche längst g e s c h w u n d e n sind, gebe A n l a ß zu tiefg r ü n d i g e n B e t r a c h t u n g e n ü b e r R a u m u n d Zeit. „Wir folgen bei d i e s e n B e t r a c h t u n gen e i n e r k l e i n e n S c h r i f t , welche u n s ein u n b e k a n n t e r s c h a r f s i n n i g e r Denker vor m e h r e r e n Jahren in Breslau h e r a u s g a b , e i n e m S c h r i f t c h e n , welches das Verdienst d e r Kürze u n d des G e d a n k e n r e i c h t u m s in so h o h e m Maße b e s i t z t , d a ß wir n i c h t u m h i n k ö n n e n , zu w ü n s c h e n , d a ß d e s s e n Verfasser die Lesewelt mit f e r n e r e n

11

Bernstein: Naturwissenschaftliche Volksbücher [1873-74], 5. Bd., 21. Theil, S. 100-101.

12

II. Bildlicht im Weltall

Gaben e r f r e u e n m ö g e . " - Als F u ß n o t e w a r h i n z u g e f u g t : „Der Titel d i e s e s S c h r i f t chens ist: »Der M e n s c h u n d die S t e r n e von X.Y.Z. Breslau 1846«." 1 2 — D a s war, halbwegs k o r r e k t zitiert (es sei d e n n , es g a b eine n i c h t m e h r a u f f i n d b a r e Vorversion), die erste a n o n y m e Ausgabe d e r E b e r t y s c h e n Schrift: gewesen. A u c h diesen i m Folgend e n auszugsweise ziterten Text Bernsteins, d e r Ebertys W e l t r a u m p e r s p e k t i v e n - Verg a n g e n h e i t als Lichtbildrealität zwischen d e n S t e r n e n - m i t b e w e g t e n , j e d o c h a u c h i r r i t i e r e n d e n W o r t e n schilderte, h a t Einstein in e i n e m speziellen Kapitel Über Geschwindigkeit

des Lichts

die

in seiner Bernstein-Ausgabe u n v e r ä n d e r t lesen k ö n n e n .

„Das Licht ist d e r Bote aus v e r g a n g e n e n Zeiten u n d zeigt u n s Dinge, die in W a h r h e i t nicht m e h r e x i s t i r e n . D e n k e n wir u n s n u n ein Auge mit so s c h a r f e m Blick b e g a b t , d a ß es n i c h t n u r das Licht eines S t e r n e s , s o n d e r n auch das Licht all' der G e g e n s t ä n d e , der Wesen u n d i h r e r U m g e b u n g genau sieht, welche auf d e m S t e r n e v o r h a n d e n s i n d , so w ü r d e d i e s e s Auge Vorgänge u n d T h a t s a c h e n auf den S t e r n e n s e h e n , welche e i n e r l ä n g s t u n t e r g e g a n g e n e n Zeit a n g e h ö r e n . Ganz d a s s e l b e w i r d auch auf f e r n e n S t e r n e n d e r Fall sein, w e n n d o r t ein Wesen e x i s t i r t , das e i n e n so u n g e h e u e r s c h a r f e n Blick h a t , d a ß es nicht n u r u n s e r e Erde sieht, s o n d e r n d a ß es auch all' d a s zu s e h e n v e r m a g , was auf d e r s e l b e n vorgeht. Mag das Auge d i e s e s Wesens an sich n o c h so s c h a r f s i c h t i g , m a g es mit u n e n d l i c h b e s s e r e n F e r n r ö h r e n v e r s o r g t sein; es w i r d , gleichviel, Dinge auf u n s e r e r Erde s e h e n , die f ü r u n s s c h o n nicht m e h r e x i s t i r e n . " 1 3 A b e r alles, was in d e n Zeiten d e r Vergangenheit liege, h a t t e Bernstein, Ebertys Ideen z u s a m m e n f a s s e n d , a u c h geschrieben, „all' d a s e x i s t i e r t noch i r g e n d w o , s o b a l d m a n das Auge an die r i c h t i g e Stelle b r i n g t , wo das Licht e b e n erst a n l a n g t . " 1 4 — Bedarf es n o c h b e s o n d e r e r B e t o n u n g , d a ß solche S e n t e n z e n die P h a n t a s i e das h a l b w ü c h s i g e n Einstein m ä c h t i g angeregt h a b e n m ü s s e n ?

12

Aaron Bernstein: Aus dem Reiche der Naturwissenschaft. Für Jedermann aus dem Volke. Verlag Franz Duncker, Berlin 1855, Siebenter Band, Kapitel 2, Von der Geschwindigkeit des Lichtes, S. 78-108, spez. S. 102.

13

Bernstein: Aus dem Reiche der Naturwissenschaft Bd. 7, Kap. 2, 1855, S. 104; Volksbücher

14

Bernstein: Aus dem Reiche Bd. 7, Kap. 2,1855, S. 104; Volksbücher [1873-74], 2. Bd., 8. Theil,

[1873-74], 2. Bd., 8. Theil, S. 124-159, spez. 152 ff., S. 155. S. 155.

13

Zwischen den Sternen

j\ Abb. 6: Felix Eberty: Selbstportrait; aus: Jugenderinnerungen eines alten Berliners, Berlin 1925.

Felix Eberty Georg Friedrich Felix Eberty15 (1812-1884) stammte aus der wohlhabenden Berliner Ephraim-Familie16, die wie ein Buddenbrookscher Mikrokosmos Schicksal und Brillanz des Judentums in Deutschland verkörperte: aus ihren verschiedenen Zweigen sind unter anderen so bekannte Persönlichkeiten wie der Psychologe William Stern und der Kunsthistoriker Rudolf Wittkower hervorgegangen. Ebertys Urgroßvater, Nathan Veitel Chajim (Heine) ben Ephraim, war Hofjuwelier und wichtigster Münzunternehmer Friedrichs des Großen gewesen und hatte bedeutenden Anteil an der Finanzierung des siebenjährigen Krieges gehabt; sein Vater konvertierte zum christli-

15

Archiv Bibliographica Judaica (Red. Renate Heuer), Lexikon deutsch-jüdischer

Autoren-,

Bd. 6, M ü n c h e n 1998, S. 4 0 - 4 3 . - ADB Bd. 55, S. 473-476; NDB Bd. 4, S. 546. 16

Dolf Michaelis: The Ephraim Family, in. Leo Baeck Inst. Year Book XXI/1976, pp. 201-228. 2. Teil The Ephraim Family (II); in. Leo Baeck Inst. Year Book XXIV/1979, pp. 225-246.

14

II. Bildlicht im Weltall

chen Glauben und nahm den Taufnamen Hermann Julius Eberty an. Der Sohn Felix erhielt eine humanistisch-altsprachliche Schulausbildung an der berühmten Cauerschen Anstalt; er liebte Griechisch und die Homerische Sagenwelt, Latein ließ ihn eher kalt, obwohl er es perfekt beherrschte, wie seine Dissertationen zeigen.17 Nach dem Abitur studierte er Rechtswissenschaften und promovierte als protestantischer Preuße jüdischer Abstammung in den katholischen Rheinlanden, in Bonn, im heiteren Rückblick nachzulesen in seinen Jugenderinnerungen eines alten Berliners18. Eberty trat als Kammergerichtsassessor in den Staatsdienst, wurde Richter und schließlich Stadtrat und außerordentlicher Professor für Natur- und Kriminalrecht an der Universität Breslau. Seine Jugendpassionen reichten jedoch viel weiter als sein späteres Berufsfeld und Lehrgebiet: Er war ein begabter Zeichner und betrieb nebenbei philosophische, literaturhistorische, mathematische und astronomische Studien. Schon als Achtzehnjähriger hat er zum Beispiel 1830 im Crelleschen Journal für reine und angewandte Mathematik publiziert." 1846 ließ Eberty in Breslau eine kleine anonyme Schrift drucken, die sich mit brisanten Aufgaben der Zeit beschäftigte.20 Der erste, besonders bemerkenswerte Abschnitt handelte, wie die Überschrift kundgab, Vom Verhältniß des Staates zur Kirche, gefolgt von den Fragen: Kann der Staat eine Religion haben? - und: Ist der Unterschied zwischen rezipirten u. geduldeten Religionsgesellschaften ein nothwendiger? — Seine wichtigsten beiden Antworten: Religion könne ihrem Wesen nach ausschließlich nur menschlichen, nicht aber bloß ideellen Persönlichkeiten wie dem .Staate' zugesprochen werden; und: die Gesetzgebung des Preußischen Staates sei nicht die eines sogenannten christlichen Staates.21 Zweifellos hat Eberty mit solchen Ansichten auch seinen eigenen familiären Hintergrund im Auge gehabt, aber die engagierte Distanziertheit, mit der er die Probleme unter dem Akronym F. Y. juristisch verallgemeinerte, war bezeichnend.22 Die gleiche intellektuelle Haltung, die sich in der Selbstdistanziertheit und Reserve gegenüber persönlichen Glaubensange-

17

Georg. Fridericus Felix Eberty (Berolinensis): DE VERA UNIONIS

PROLIUM

TIONE. Bonnae MDCCCXXXIV. - Habilitationsschrift: F. Eberty: DE LEGUM JULIARUM

DE VI PUBLICA ET PRIVAT Α IN GERMANIA

NO-

RECEPTIONE [...]. VRATIS-

LAVIAE (o. J.). 18

Eberty: Jugenderinnerungen,

19

Felix Eberty: Beweis der Lehrsätze [...]; in: Journal für reine und angewandte

Breslau 1878, Berlin 1925. Mathematik.

In zwanglosen Heften. Herausgegeben von A. L. Crelle. Fünfter Band, Berlin Reimer 1830, S. 107-112. 20

[Felix Eberty] Aufgaben der Zeit, besprochen von F. Y. Erstes Heft. Breslau 1846.

21

[Eberty] Aufgaben 1846, S. 12 sowie 23/24.

22

Siehe auch die liebevolle Charakteristik, die Ebertys Tochter Babette von ihrem Vater gezeichnet hat: Hans Arnold [i.e. Babette von Bülow/Eberty]: Aus der Kinderzeit. nerungen. Stuttgart 1909, spez. S. 3-7.

15

Erin-

Zwischen den Sternen

Die Gestirne lind

die Weltgeschichte. Gedanken über

B a u m , SReit lind ü w i g k e i t von

F. Y.

Breslau, V e r l

ι Li

von

Λ " Ii II s !

S c Ii Ii I 7-

1846.

Abb. 7: [Felix Eberty], Textausgabe 1846, Titelseite (teilweise rekonstruiert).

legenheiten zeigte, war auch grundlegend für jene Publikation, deren Wirkungsgeschichte hier nachgezeichnet ist. Diese besondere Art seines generalisierenden Denkens, das seine Wurzeln im aufklärerischen Geist des liberaleren Preußens hatte, soll hier schon eingangs besonders betont werden, um sie von den meist orthodoxen Adaptionen seiner Gedankengänge deutlich abzusetzen. Die unmittelbar anschließend an die Aufgaben der Zeit 1846 und 1847 in zwei Teilen publizierte Schrift über Die Gestirne und die Weltgeschichte war ein direkter Ausfluß seiner vielfältigen naturwissenschaftlichen Interessen. Eberty reagierte in den beiden anonym publizierten Heften - sie erschienen ebenfalls unter dem Namenskürzel F. Y. - gleichsam mit forensischem Scharfblick auf die jüngsten Leistungen der Astronomie: auf die ersten präzisen Messungen von Parallaxen nächstentfernter Fixsterne in den Jahren 1837-42, die Alexander von Humboldt 1845 im ersten Band seines Kosmos schon kurz angesprochen hatte.

16

II. Bildlicht im Weltall

Schuberts,Lichtreiter' Noch knapp ein Jahrzehnt zuvor hatte John Herschel (1792-1871), berühmter Sohn des noch berühmteren Spiegelteleskop-Pioniers Sir William Herschel, mit resignierendem Tonfall den unauslotbaren Abstand der Fixsterne beklagt: Zwischen den äußersten Planeten- und Kometenbahnen unseres Sonnensystems und dem nächsten Fixstern liege ein Abgrund, dessen Tiefe auch nur einigermaßen genau zu bestimmen astronomische Beobachtungen bisher nicht erlaubt hätten; es sei unmöglich, einen immerhin noch so großen Abstand zu nennen, den die wirkliche Entfernung des nächsten Fixsterns nicht noch weit überschreiten könnte.23 Wie unsicher die Einschätzungen bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts gewesen waren, läßt sich besonders deutlich an einem Buch von Gotthilf Heinrich Schubert (1780-1860) ablesen. Der Mediziner und Naturphilosoph, dessen Bruder Astronom und Mathematiker an der St. Petersburger Akademie war, publizierte 1822 Die

Ur-

welt und die Fixsterne.Eine

der

Naturwissenschaft.

Zugabe zu den Ansichten

von der Nachtseite

Zu Beginn dieses Supplementbandes seines älteren, vielfach

überarbeiteten Werks entwarf der Autor ein ,Miniaturbild des Weltgebäudes', das seinen Lesern die gewaltigen Dimensionen des Weltalls deutlich machen sollte. Setze man ein Modell der Sonne von vierzehn Zoll Durchmesser an die nordöstliche Ecke des Marktes von Nürnberg, so würde zum Beispiel die Erde als winziges Körnchen am anderen Ende des Marktes zu piazieren sein. Das ganze Planetensystem würde nicht mehr ins damalige Stadtgebiet gepaßt haben. Und um den nächsten Fixstern in diesem Miniaturbild aufzustellen, so Schubert, müsse man vermutlich schon die Erdoberfläche verlassen; und so weiter. Wenn aber Entfernungen nach verschiedenen leiblichen Maßstäben zu messen wären, so würde ein schnellfliegender Schmetterling ganz anders über den Abstand eines blühenden Baumes vom anderen urteilen als die langsam kriechende Raupe; und wenn einer den Ossianischen Heldengeistern gleich auf den Fittichen des Schalls, eines schon ziemlich schnellen Elements, einherführe, ein anderer aber auf den Fittichen des Lichtstrahls, so würde der erstere über vierzehn Jahre bis zur Sonne brauchen und ganz anders über deren Abstand denken als der andere, der diesen Weg in etwas über acht Minuten zurücklegen könnte. Und selbst der Letztere würde als ein schneckenmäßig langsamer Reiter gelten, gegen einen Dritten, der sich bewegte mit der Geschwindigkeit des vibrierenden Lichts der Kometenschweife, welches eine Million Meilen in jeder Sekunde durchlaufe. Denn dieser käme wieder fast fünfundzwanzig mal schneller vom Fleck als der andere,Lichtreiter', so Schubert. Vielleicht ließen sich noch ganz andre Dampfböte

und Eilposten

entdecken, gegen welche

alle unsre Lichtreiter, auch die schnellsten, langsamer erschienen als der kriechende 23

Sir John F. W . Herschel: A Treatise on Astronomy, Distance of the Stars, pp. 3 7 6 - 3 7 7 .

17

London 1833, spez. Chapter XII,

Zwischen den Sternen

W u r m gegen den schnellfliegenden Vogel. So werde von A s t r o n o m e n wie seinem B r u d e r nicht ausgeschlossen, d a ß auch der u n t e r Weltkörpern wirkenden Schwerkraft eine m e ß b a r e Geschwindigkeit z u k o m m e , die allerdings wesentlich größer sein müsse als die des Lichts. 24 „Könnte nun einer mit diesem, unter allen bis jetzt bek a n n t e n geschwindesten Läufer der Körperwelt die Reise in gleichem Schritte m a c h e n , so würde er beim nächsten Fixsterne, wohin der langsame Lichtreuter 6 Jahre brauchte, schon in 19 Secunden a n k o m m e n ; die Enden unsrer Milchstraße, die dieser erst in 9000 Jahren erreichte, hätte jener schon in 8 Stunden 5 Minuten 29 Secunden p a s s i r t und selbst bis zu der ä u ß e r s t e n v e r m u t e t e n Grenze aller bisherigen Forschungen, brauchte er nicht halb so viel Zeit als m a n c h e r Student in St. Petersburg auf seiner Heimreise zu seinen noch mitten im großen russischen Reiche w o h n e n d e n Eltern [... ] " 25 Diese äußerste Grenze, welche ein Lichtstrahl bei gewöhnlich vorausgesetzter Geschwindigkeit erst in zwei Millionen Jahren erreichen würde, so Schubert, habe William Herschel d u r c h sein Riesenteleskop als ferne d ä m m e r n d e n , neblichten Schimmer geglaubt e r k e n n e n zu können. 2 6 Es gab also in der G r ö ß e n o r d n u n g schon zutreffende Schätzungen von Fixsternabständen - sechs Lichtjahre f ü r den nächstgelegenen - , aber sie waren, z u m i n dest bei Schubert, eingebettet in vielfältigste Spekulationen ü b e r unterschiedliche Geschwindigkeiten des Lichts u n d anderer Fernwirkungen, die sich weit jenseits seriöser Wissenschaft bewegten.

Stern-Parallaxen „Sobald Copernicus sein neues Planetensystem, das ganz auf die Bewegung der Erde um die Sonne b e g r ü n d e t war, aufgestellt hatte, mußte die Frage, ob die Fixs t e r n e eine jährliche Parallaxe h a b e n , von der g r ö ß t e n Wichtigkeit e r s c h e i n e n , da die Existenz dieser Parallaxe zugleich als der beste und a u f f a l l e n d s t e Beweis f ü r jene Bewegung der Erde angesehen wurde." Diese bedeutungsvolle historische Herv o r h e b u n g eines scheinbar n u r meßtechnischen A s t r o n o m i e p r o b l e m s findet sich in einer erstmals 1834 erschienenen Darstellung der S t e r n k u n d e mit d e m verheißungsvollen Titel Die

24 25 26 27

Wunder

des Himmels.27

Ihr Autor, Joseph J o h a n n v o n Littrow

Friedrich Theodor Schubert: Populäre Astronomie, St. Petersburg 1804-1810, 3. Teil, S. 239. Gotthilf Heinrich Schubert: Die Urwelt und die Fixsterne. Eine Zugabe zu den Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft. Dresden 1822, S. 27-28. Schubert: Die Urwelt und die Fixsterne, 1822, S. 17. Joseph Johann von Littrow: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems, Drei Bände, Stuttgart 1834. Zitat Bd. 1, S. 167.

18

II. Bildlicht im Weltall

Abb. 8: Joseph Johann von Littrow, Titel-Portrait; aus: Die Wunder des Himmels, 1834

(1781-1840), war Direktor der k. k. Sternwarte in Wien. Vor und nach seinem Tode vielfach neu aufgelegt wetteiferte das Buch in der Breitenwirkung mit Humboldts Kosmos und machte seinen Verfasser im ganzen deutschen Sprachraum berühmt. 28 Demnentsprechend gewichtig war sein Einfluß auf allgemeine Anschauungen. Schon Galilei habe Versuche unternommen, so Littrow in der Erstauflage weiter, von der ,Standlinie' des Erdbahndurchmessers, das heißt, von gegenüberliegenden Halbjahres-Bahnpunkten aus die kleine Verschiebung - die Parallaxe - mutmaßlich nähergelegener Sterne vor dem Himmelshintergrund zu messen; ohne Erfolg. Später hätten sich Tycho Brahe (1546-1601) und Biccioli mit dem Problem beschäftigt. Andere berühmte Naturforscher folgten: Wallis, Rowley, Hooke, Flamstead, ohne die Aufgabe zu lösen. Auch der bekannte englische Astronom James Bradley (1693-1762)

28

„Er kann im historischen Rückblick als einer der bedeutendsten

und wohl als der meistge-

lesene deutschsprachige Astronom des 19. Jh. bezeichnet werden.'1 NDB Band 14, S. 712.

19

Zwischen den Sternen

Abb. 9: Sternparallaxe. Schematische Dartellung nach Littrow: Wunder des Himmels, 4. Auflage 1854, S. 106.

vermochte trotz wesentlich verbesserter Instrumente und Beobachtungsmethoden nur zu dem Ergebnis zu gelangen, daß Sternparallaxen unmerklich seien.29 Im Jahre 1778 sei dann der ältere Herschel - Sir William (1738-1822) - dank seines gewaltigen Spiegelteleskops zuerst auf Doppelsterne aufmerksam geworden, so Littrow; er habe sie anfangs für nur zufällig hintereinanderstehende Sonnen gehalten. Auf diese Doppelsterne habe Herschel zunächst die Hoffnung gegründet, Parallaxen durch Vergleich mit den jeweils im Hintergrund stehenden Sternen messen zu können. Doch seine planmäßige Suche war so erfolgreich, die Zahl der gefundenen Sterne so groß, daß es sich nicht um Zufallskonstellationen handeln konnte. Herschel gab sein ursprüngliches Vorhaben auf und konzentrierte sich ganz auf die Zusammenstellung seiner Doppelsternverzeichnisse. Es gelang ihm sogar nachzuweisen, daß es Doppelsterne gebe, deren einer den anderen wie ein Planet umkreise. Aber die Ermittlung von Parallaxen schien undurchführbar, obwohl die Meßbasis gewaltige Ausmaße hatte. Der Erdbahndurchmesser war immerhin hunderttausend mal größer als die Entfernung Wiens von Paris, so Littrow. Die schnellsten Rennpferde würden bei durchgehaltenem Höchsttempo 594 Jahre brauchen, eine solche Strecke zurückzulegen; die schnellsten Segler 1178 Jahre. Diese Standlinie dürfe also in der Tat ungeheuer genannt werden. War man nicht berechtigt, entsprechend deutliche Veränderungen der Konstellationen selbst himmelweit entfernter Sterne zu erwarten? Seit Copernicus' Zeiten hätten sich Astronomen bemüht, diese als sicher anzunehmenden Verschiebungen der Fixsterne zu entdecken und durch ihre Beobachtungen über alle Zweifel zu erheben. Littrows resigniertes Fazit von 1834: „Und welche Veränderungen haben sie gefunden? — Gar Keine! Ihre besten Fernröhren, ihre vollkommensten Instrumente, die seit Jahrhunderten vereinigten Arbeiten der ausge-

29

Littrow: Wunder des Himmels, 1834 Bd. 1, S. 168-170.

20

II. Bildlicht im Weltall

z e i c h n e t s t e n B e o b a c h t e r — a l l e s w a r u m s o n s t ; j e n e mit so v i e l e r

Sicherheit

erwarteten Veränderungen existiren nicht; und der uns umgebende u n ü b e r s e h b a re Wald von S t e r n e n zeigt d u r c h a u s d e n s e l b e n A n b l i c k , m a g m a n i h n am A n f a n g e o d e r a m E n d e d i e s e s 41 M i l l i o n e n M e i l e n l a n g e n Weges b e t r a c h t e n . Alle d i e s e m i t so viel A u f w a n d von Zeit u n d M ü h e a n g e s t e l l t e n B e o b a c h t u n g e n g l i c h e n d e n Bem ü h u n g e n e i n e r M i l b e , d i e d e n Gipfel e i n e s e n t f e r n t e n G e b i r g e s z u e r s t von d i e s e r , u n d d a n n von d e r a n d e r e n Seite e i n e s H i r s e k o r n s b e t r a c h t e t . " 3 0

Bessel, Struve und Mädler Erst 1 8 3 7 - 3 8 g e l a n g es F r i e d r i c h W i l h e l m Bessel ( 1 7 8 4 - 1 8 4 6 ) , d e m Hipparch 19.

Jahrhunderts,

des

wie m a n ihn auch g e n a n n t hat, mit d e m n e u e n F r a u n h o f e r -

schen Heliometer an der Sternwarte Königsberg, f ü r d e n Stern Nr. 61 i m Sternbilde des S c h w a n s e i n e n v e r l ä ß l i c h e n P a r a l l a x e n w e r t z u e r m i t t e l n . 3 1 I n D o r p a t ( T a r t u / Estland), einem weiteren astronomischen Forschungszentrum in der baltischen R e g i o n , h a t t e gleichzeitig F r i e d r i c h G e o r g W i l h e l m v o n S t r u v e ( 1 7 9 3 - 1 8 6 4 ) , u n t e r stützt v o n seinem Sohn O t t o Wilhelm (1819-1905), m i t Fraunhofers Koloß

dioptrischem

(Abb. 12) e r f o l g r e i c h M e s s u n g e n a m S t e r n W e g a in d e r Leier d u r c h g e f ü h r t . 3 2

E n d l i c h h ä t t e n in n e u e s t e r Zeit M a c l e a r u n d H e n d e r s o n a m C a p d e r g u t e n H o f f n u n g g e f u n d e n , d a ß d e r S t e r n α des C e n t a u r e n n i c h t w e n i g e r als d r e i L i c h t j a h r e v o n d e r E r d e e n t f e r n t sei; so J o h a n n H e i n r i c h v o n M ä d l e r ( 1 7 9 4 - 1 8 7 4 ) , z u n ä c h s t O b s e r v a -

30

Ebenda, S. 160-161.

31

Friedrich Wilhelm Bessel: Bestimmung Astronomische

Nachrichten

der Entfernung des 61sten Sterns des Schwans·, in:

Nr. 365 und 366, 1839, S. 65-96. - Dto: Messung der Ent-

fernung des 61. Sterns im Sternbilde des Schwan·, in: Jahrbuch für 1839, hrsg. Von H.C. Schumacher, Stuttgart & Tübingen 1839, S. 1-38. - Der in Minden geborene Bessel absolvierte zunächst eine Kaufmannsausbildung, wurde 1810 nach Königsberg berufen u n d hat dort mit dem 1829 installierten Fraunhofer-Heliometer u.a. seine Parallaxenmessungen durchgeführt. Siehe auch: Kasimir Lawrynowicz: Friedrich Wilhelm Bessel 1784-1846, Basel 1998, mit weiterer Literatur. 32

Otto [Wilhelm] von Struwe: Ueber die Parallaxe des Sterns a Lyrae nach

Micrometer-

messungen am großen Refractor der Dortpater Sternwarte·, in: Astronomische

Nachrichten

Nr. 396, 1840, S. 177-180. - Der in Altona geborene Struve senior studierte 1808-11 in Dorpat Philosophie u n d dann Astronomie, wurde 1813 Observator, 1817 Direktor des neuen Observatoriums; ab 1834 war er auch Direktor der Sternwarte von Pulkova. Sein Sohn war ab 1837 Gehilfe des Vaters, ab 1839 dessen Adjunkt u n d ab 1862 dessen Nachfolger in Pulkova. Auch die Struves benutzten in Dorpat ein noch von Fraunhofer selbst gefertigtes Instrument (siehe Abbildung), den 1819 geschliffenen und 1824 eingeweihten „dioptrischen Koloß" mit 9 Zoll Objektivöffnung. Dieser Refraktor gilt als instrumentenbautechnisches Meisterwerk Fraunhofers.

21

Zwischen den Sternen

Abb. 10: Friedrich Wilhelm Bessel, Stichreproduktion aus Meyer: Das Weltgebäude 1898.

tor an der königlichen Sternwarte Berlin, seit 1840 Direktor an der Sternwarte von Dorpat in seiner 1841 aufgelegten Populären

Astronomie33,

in der erstmals der

meßtechnische Durchbruch öffentlichkeitswirksam gewürdigt wurde. Die Parallaxenwinkel waren winzig, die Sternentfernungen, die sich ergaben, gewaltig, nur in Lichtlaufzeiten von Jahren statt in Meilen oder Kilometern halbwegs anschaulich anzugeben. Hinter den schwächsten, einzeln wahrnehmbaren Sternen, deren Entfernung auf bis zu viertausend Lichtjahre veranschlagt wurde, erstreckten sich weitere Teile unserer Milchstraße, deren raumzeitliche Distanzen in Zehntausenden oder sogar Hunderttausenden von Lichtjahren zu schätzen seien, so Mädler weiter. Man erblicke sie folglich nicht in ihrem gegenwärtigen, sondern in früheren, vorweltlich-chaotischen Zuständen. Sternenkörper könnten schon fertig gebildet, aber ihre Lichtstrahlen noch so lange unterwegs sein, daß sie erst unseren späteren

33

Johann Heinrich von Mädler: Populäre Astronomie, Auflagen unter dem Titel Der Wunderbau

Berlin 1841, S. 395-396; weitere

des Weltalls; [1867 6 ]. - Heino Eelsalu &

Dieter B. Herrmann: Johann Heinrich Mädler, Berlin 1985. - Der gebürtige Berliner gründete 1824 mit Hilfe des Bankiers Wilhelm Beer eine Privatsternwarte, ab 1836 war er Observator am königlichen Berliner Observatorium. 1840 wurde er als Professor für Astronomie und Direktor der Sternwarte nach Dorpat berufen.

22

II. Bildlicht im Weltall

Abb. 11: Wilhelm Struve, Lithographie nach d e m Portrait von C. A. Jensen, 1844. Tartu, Universitätsbibliothek.

N a c h k o m m e n erglänzen. Sein deutlich betroffener Ausblick: „Wo keine unsrer Meßr u t h e n den Raum, keine Geschichte die Zeit mehr zu u m f a s s e n vermag, wo unsre Erde nicht allein, s o n d e r n auch die Sonne, ja ihr ganzes System zum u n s c h e i n b a ren, nichts b e d e u t e n d e n Punkte z u s a m m e n s c h r u m p f t , da muss allerdings der Phantasie ein Spielraum gestattet werden." 3 4 — Das d ü r f t e f ü r unerschrockene zeitgenössische Leser v o m Schlage Ebertys wie eine A u f f o r d e r u n g zu weiteren Gedankenflügen geklungen haben. Aber der Weltenraum, der sich d e m i n s t r u m e n tierten Blick eröffnete, schien ehrfurchtgebietend umfangreich: „Nähmen wir indess auch nur diejenigen Sterne, welche uns die s t ä r k s t e n Fernröhre bis jetzt gezeigt haben, als wirklich v o r h a n d e n an, fügen wir also der Zahl von 18 Millionen, die Herschel's Schätzungen zufolge in der Milchstrasse sichtbar sind, noch 12 Millio-

34

Mädler: Populäre Astronomie, 1841, S. 401.

23

Zwischen den Sternen

Abb. 12: Fraunhofers dioptrischer Koloß, Aufnahme 2005 im Tartuer Observatorium.

24

II. Bildlicht im Weltall

Abb. 13: Johann Heinrich von Mädler, Titel-Portrait aus: Der Wunderbau des Weltalls, 6. Auflage 1867.

n e n f ü r d e n g a n z e n ü b r i g e n H i m m e l h i n z u , so giebt das eine S u m m e von Millionen

Sonnen,

dreissig

von e i n a n d e r g e t r e n n t d u r c h F e r n e n , die selbst f ü r die e i n a n -

der z u n ä c h s t s t e h e n d e n [ S o n n e n ] in Billionen

von Meilen

ausgedrückt werden

m ü s s e n : in der That eine U n e r m e s s l i c h k e i t f ü r den m e n s c h l i c h e n G e d a n k e n . " 3 5 — G e m e s s e n a m h e u t e e r k e n n b a r e n U m f a n g des U n i v e r s u m s - M i l l i a r d e n v o n Galaxien m i t jeweils M i l l i a r d e n v o n S o n n e n - erscheint M ä d l e r s Ausblick g e r a d e z u m i kroskopisch.

Bacon und Humboldt Die ersten exakten M e s s u n g e n v o n F i x s t e r n a b s t ä n d e n w a r e n eine Sensation; eine A r t C o l u m b u s - E f f e k t m a c h t e sich b e m e r k b a r : M a n hatte, w e n n a u c h n u r m i t M e ß i n s t r u m e n t e n , d e n zuvor u n a u s l o t b a r e n A b g r u n d zwischen d e r Erde u n d d e n S t e r n e n ü b e r s p r u n g e n , d e m i m a g i n ä r e n F u ß d e r M e n s c h h e i t erste interstellare L a n d u n g s p u n k t e eingerichtet. Aber die Anreisezeiten des Lichts f ü h r t e n n i c h t n u r in Spielräum e d e r P h a n t a s i e , s o n d e r n a u c h z u r e r s c h ü t t e r n d e n Einsicht in die u n a b ä n d e r l i c h e

35

Mädler: Populäre Astronomie, 1841, S. 402.

25

Zwischen den Sternen Vergangenheit des sichtbar Gegenwärtigen. Diesen nun erhärteten Sachverhalt hatte erstmals Francis Bacon ( 1 5 6 1 - 1 6 2 6 ) vermutet: „Jede natürliche Bewegung oder Wirksamkeit geschieht in der Zeit, bald schneller, bald langsamer [ . . . ] Auch das Sehen, wo die schnellste Reaktion stattfindet, benötigt eine bestimmte Zeit. Das geht daraus hervor, daß sehr schnell bewegte Körper — eine Gewehrkugel — nicht gesehen werden. Die Bewegung der Kugel ist geschwinder, als daß der Eindruck ihres Bildes zu den Augen gelangen kann. Dies und ähnliches erzeugte in mir den sonderbaren Zweifel, ob der klare, gestirnte Himmel in demselben Augenblick gesehen wird, wo er wirklich so ist oder erst etwas später; ob daher für das Sehen der Himmelskörper nicht ebenso eine wahre und eine scheinbare Zeit besteht, wie die Astronomen bei den Parallaxen einen wahren und einen scheinbaren Ort feststellen. Es schien mir unglaublich, daß der Glanz oder die Strahlen der Himmelskörper bei der ungeheuren Entfernung plötzlich zu unserem Auge gelangen können. Dafür brauchen sie doch eine bestimmte Zeit." 3 6 Den gewaltigen Zuwachs an astronomischer Weitsicht, der mit Francis Bacons ahnungsvollen Bemerkungen von 1620 ansetzte, hat Alexander von Humboldt 1845 im ersten Band seines Kosmos

in wohlerwogene nautische Sprachbilder gekleidet:

„Was Wright, Kant und Lambert, nach Vernunftschlüssen von der allgemeinen Anordung

des Weltgebäudes,

von der räumlichen Vertheilung der Materie ge-

ahndet, ist durch Sir William Herschel auf dem sicheren Wege der Beobachtung und der Messung ergründet worden. Der große, begeisterte und doch so vorsichtig forschende Mann hat zuerst das Senkblei in die Tiefen des Himmels geworfen, um die Grenzen und die Form der abgesonderten Sternschicht zu bestimmen, die wir bewohnen; er hat zuerst gewagt die Verhältnisse der Lage und des Abstandes ferner Nebelflecke zu unserer Sternschicht aufzuklären. Wilhelm Herschel hat (so sagt die schöne Grabschrift zu Upton) die Schranken des Himmels durchbrochen (caelorum

perrupit

claustra);

wie Columbus, ist er vorgedrungen in ein unbe-

kanntes Weltmeer, Küsten und Inselgruppen erblickend, deren letzte wahre Ortsbestimmung kommenden Jahrhunderten vorbehalten bleibt." 3 7 Das Licht der nächstgelegenen Fixsterne α Centauri, 61 Schwan und α Leier benötige, wie m a n nun durch MacLear, Bessel und Struve wisse, 3,9Vi oder 12 Jahre, um die Erde zu erreichen, so Humboldt weiter, um dann die Vergangenheit der Himmelserscheinungen noch einmal nachdrücklich vor Augen zu führen: „In der kurzen denkwürdigen Periode von 1572 bis 1604, von Cornelius Gemma und Tycho bis Kepler, loderten plötzlich drei neue Sterne auf: [ . . . ] Solche Begebenheiten Weltraums

des

gehören aber in ihrer historischen Wirklichkeit anderen Zeiten an als

36

Francis Bacon: Novum Organen, 1620; lateinisch-deutsche Ausgabe hrsg. von Wolfgang

37

Alexander von Humboldt: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung,

Krohn, Hamburg 1990, Teilband 2, Aphorismus 46, S. 512-515. Band, Stuttgart und Tübingen 1845, S. 90-91.

26

Erster

II. Bildlicht im Weltall

d e n e n , in welchen die L i c h t e r s c h e i n u n g d e n E r d b e w o h n e r n i h r e n A n f a n g v e r k ü n digt; sie s i n d wie S t i m m e n d e r V e r g a n g e n h e i t , die u n s e r r e i c h e n . Mat hat mit Recht gesagt, d a ß wir mit u n s e r n g r o ß e n F e r n r ö h r e n g l e i c h z e i t i g v o r d r i n g e n in den Raum u n d in die Zeit. Wir m e s s e n j e n e n d u r c h diese; eine S t u n d e Weges sind f ü r den L i c h t s t r a h l 148 M i l l i o n e n Meilen. W ä h r e n d in d e r H e s i o d i s c h e n T h e o g o n i e die D i m e n s i o n e n des Weltalls d u r c h d e n Fall der K ö r p e r a u s g e d r ü c k t (»nicht

mehr als neun

mel zur Erde herab«);

Tage und neun

Nächte

fällt

der eherne

Amboß

werden

vom

Him-

g l a u b t e Herschel d e r Vater, d a ß das Licht fast zwei Millio-

n e n Jahre b r a u c h e , um von den f e r n s t e n L i c h t n e b e l n , die sein 4 0 f ü ß i g e r R e f r a c t o r e r r e i c h t e , zu u n s zu g e l a n g e n . Vieles also ist l ä n g s t v e r s c h w u n d e n , ehe es u n s s i c h t b a r w i r d ; vieles war a n d e r s g e o r d n e t . Der Anblick des g e s t i r n t e n H i m m e l s b i e t e t Ungleichzeitiges

d a r ; u n d so viel m a n auch d e n m i l d e l e u c h t e n d e n D u f t d e r

Nebelflecke oder die d ä m m e r n d a u f g l i m m e n d e n S t e r n h a u f e n u n s n ä h e r r ü c k e n u n d die T a u s e n d e von Jahren v e r m i n d e r n will, welche als M a a ß d e r E n t f e r n u n g gelten: i m m e r b l e i b t es, n a c h der K e n n t n i s , die wir von der [erstmals 1675 v o n Olaf R ö m e r g e m e s s e n e n ] G e s c h w i n d i g k e i t des Lichts h a b e n , m e h r als w a h r s c h e i n l i c h , d a ß das Licht der f e r n e n W e l t k ö r p e r d a s älteste s i n n l i c h e Z e u g n i ß von d e m Dasein der M a t e r i e d a r b i e t e t . So e r h e b t sich, auf e i n f a c h e P r ä m i s s e n g e s t ü t z t , der ref l e c t i r e n d e Mensch zu e r n s t e n , h ö h e r e n A n s i c h t e n der N a t u r g e b i l d e , da wo in den tief vom Licht d u r c h s t r ö m t e n Gefilden »Wie

Gras der Nacht

Myriaden

Welten

keimen«."38

Ebertys Lichtbildarchiv Dr. Eberty, seit 1840 a m A m t s g e r i c h t H i r s c h b e r g u n d zeitweilig Richter in L ü b b e n , bevor er u m 1850 in Breslau seine Universitätskarriere ansteuerte, ging 1846 i m ersten H e f t seiner k l e i n e n Schrift ü b e r Die

Gestirne

und

die

Weltgeschichte

entschei-

d e n d e Schritte ü b e r die a h n u n g s v o l l e n W o r t e des D o y e n s d e r d e u t s c h e n N a t u r w i s s e n s c h a f t e n h i n a u s . Er w a n d t e d a s i h m juristisch v e r t r a u t e Verfahren des p a r t e i i s c h e n Blickpunktwechsels auf die A s t r o n o m i e a n u n d gelangte so z u d e m e b e n s o plausiblen wie a u f s e h e n e r r e g e n d e n G e d a n k e n e x p e r i m e n t , fiktive A u g e n z e u g e n die Vergang e n h e i t d e r Erde v o n u n t e r s c h i e d l i c h weit e n t f e r n t e n Fixsternen z u e n t s p r e c h e n d v e r s c h i e d e n e n Zeiten b e o b a c h t e n zu lassen. W e n n es m ö g l i c h , d a s h e i ß t , d e n Gesetzen des D e n k e n s n i c h t w i d e r s p r e c h e n d sei, so Eberty, d a ß M e n s c h e n in beliebig k u r zer Zeit zu a n d e r e n S t e r n e n gelangen k ö n n t e n , u m v o n d o r t a u s F e r n r o h r e v o n gewaltiger Leistung auf die E r d e z u r i c h t e n , d a n n w ü r d e es i m P r i n z i p a u c h m ö g l i c h sein, „ j e d e n v e r g a n g e n e n M o m e n t aus d e r Geschichte noch e i n m a l s i n n l i c h u n d im

38

Humboldt: Kosmos. Band I 1845, S. 159-161.

27

Zwischen den Sternen

w a h r e n u n d t r e u e s t e n Bilde vor das s i n n l i c h e Auge zu r u f e n . " So k ö n n e d u r c h d e n Lauf d e r J a h r h u n d e r t e a b w ä r t s bis a u f die n e u e s t e Zeit j e d e r v e r g a n g e n e Augenblick w i e d e r in die G e g e n w a r t z u r ü c k b e r u f e n werden. 3 9 Ebertys Fazit: „Wie ein ewig u n v e r w ü s t l i c h e s u n d u n b e s t e c h l i c h e s Archiv, d e s s e n I n h a l t l a u t e r s t e , u n m i t t e l b a r s t e W a h r h e i t ist, u m s c h l i e s s t so d e r Weltenr a u m die Bilder des V e r g a n g e n e n — Und wie d e r Schall Welle auf Welle in d e r Luft sich f o r t p f l a n z t [ . . . ] so p f l a n z e n sich, u n s e r e r B e t r a c h t u n g zufolge, von j e d e r Ers c h e i n u n g die L u f t - u n d L i c h t b i l d e r in d e n f e r n e n Aether auf den F i t t i c h e n des L i c h t s t r a h l e s f o r t . [ . . . ] Vorhanden

ist also j e n e s in d e n W e l t e n r ä u m e n sich w e i t e r

u n d weiter auf d e n Schwingen des Lichts a u s b r e i t e n d e Archiv, wirklich haftig,

und

wahr-

u n d mit Augen, w e n n auch mit s c h ä r f e r e n als m e n s c h l i c h e n zu s c h a u e n .

— Die Bilder aller g e h e i m e n T h a t e n , die g e s c h a h e n , l e b e n u n a u s l ö s c h l i c h u n d u n v e r t i l g b a r von Ewigkeit zu Ewigkeit u n d von S o n n e n f e r n e zu S o n n e n f e r n e weiter. — Nicht n u r auf d e n Dielen des Z i m m e r s lässt die M o r d t h a t ihre u n a u s l ö s c h l i c h e n B l u t s p u r e n z u r ü c k , — auch in d e n R ä u m e n des H i m m e l s spiegelt die T h a t sich weiter u n d w e i t e r . " 4 0 Als Beispiele u n g e s ü h n t e r u n d d o c h beweiskräftig in h i m m l i s c h e n Lichtbildern d o k u m e n t i e r t e r V e r b r e c h e n h a t E b e r t y zwei seinerzeit b e r ü h m t e Kriminalfälle, die V e r s c h l e p p u n g C a s p a r H a u s e r s u n d d e n m y s t e r i ö s e n M o r d a n Karl XII. [von Schwed e n ] a n g e f ü h r t : „In diesem

Augenblicke e r s c h e i n t auf e i n e m S t e r n e des H i m m e l s

das Bild von d e r Wiege, aus welcher C a s p a r H a u s e r g e n o m m e n w u r d e , u m l e b e n d i g in d a s Grab g e b r a c h t zu w e r d e n , welches ihn Jahre lang u m s c h l o s s ; - in d i e s e m Augenblicke blitzt auf e i n e m [ a n d e r e n ] G e s t i r n e der Schuss, der Karl den XII. t ö d t e t e . " 4 1 — D e r K o p f s c h u ß , d e r 1718 d e n v o n Voltaire b e w u n d e r t e n s c h w e d i s c h e n S o l d a t e n k ö n i g traf, h a t t e d e n Verdacht eines politischen M o r d e s a u f k o m m e n lassen; a b e r d e r Fall w a r nie geklärt w o r d e n . Karl w a r v o n einer Falconetkugel g e t r o f f e n w o r d e n , w ä h r e n d er i m L a u f g r a b e n v o r d e r n o r w e g i s c h e n F e s t u n g Frederiksten, a n die B r u s t w e h r e gelehnt, auf die A r b e i t e r h i n u n t e r s a h . Es sei m e h r als w a h r s c h e i n l i c h , d a ß j e n e Kugel, die i h n tötete, n i c h t aus d e r F e s t u n g , s o n d e r n v o n schwedischer Seite gek o m m e n sei, n o t i e r t e d e r Brockhaus v o n 1830; es werde sein A d j u t a n t Siguier als M i t v e r s c h w ö r e r u n d M ö r d e r g e n a n n t . 4 2 Von dieser Version h a t t e Voltaire, d e r d e n u n glücklichen Siguier n o c h p e r s ö n l i c h k e n n e n l e r n t e , allerdings n i c h t s wissen wollen. 4 3

39

[Felix Eberty]: Die Gestirne und die Weltgeschichte. Gedanken über Raum, Zeit und Ewigkeitvon F. Y., Verlag von August Schulz, Breslau, 1846, S. 19-20.

40

[Felix Eberty]: Die Gestirne 1846, S. 20-22.

41

Ebenda, S. 22.

42

Allgemeine deutsche Real=Encyklopädiefür

die gebildeten Stände

(Conversations=Lexikon).

Brockhaus, Leipzig 1830, sechster Band, S. 68. 43

Fran^ois-Marie Arouet de Voltaire: Histoire de Charles XII, 1731. — Deutsch: Geschichte Karls XII., übersetzt von Theodora Von der Mühll, Frankfurt am Main 1963, S. 260 ff.

28

II. Bildlicht im Weltall

Abb. 14: Charles Babbage, Daguerrotypie, um 1850

Charles Babbage Ebertys Lichtbildarchiv i m W e l t e n r a u m w a r offensichtlich abgeleitet v o n j e n e m u n z e r s t ö r b a r e n ( K r i m i n a l - ) A r c h i v d e r v o n Schallwellen a n g e r e g t e n A t o m e , das d e r Englische M a t h e m a t i k e r u n d C o m p u t e r p i o n i e r C h a r l e s Babbage ( 1 7 9 1 - 1 8 7 1 ) k u r z z u v o r - 1837/38 - in s e i n e m b e r ü h m t e n B r i d g e w a t e r - B u c h f r a g m e n t dargelegt hatte: „The p u l s a t i o n s of t h e air, once set in m o t i o n by t h e h u m a n voice, cease not to exist w i t h t h e s o u n d s to which they gave rise. [ . . . ] The waves of air t h u s r a i s e d , p e r a m b u l a t e t h e e a r t h a n d o c e a n ' s s u r f a c e , a n d in less t h a n t w e n t y h o u r s every atom of its a t m o s p h e r e takes up t h e a l t e r e d m o v e m e n t due to t h a t i n f i n i t e s i m a l p o r t i o n of the p r i m i t i v e m o t i o n which h a s b e e n conveyed to it t h r o u g h c o u n t l e s s c h a n n e l s , a n d which m u s t c o n t i n u e to i n f l u e n c e its p a t h t h r o u g h o u t its f u t u r e e x i s t e n c e . [ . . . ] T h u s c o n s i d e r e d , what a s t r a n g e chaos is this w i d e a t m o s p h e r e we b r e a t h e ! Every a t o m , i m p r e s s e d with good a n d w i t h ill, r e t a i n s at once t h e m o t i o n s which p h i l o s o p h e r s a n d sages have i m p a r t e d to it, mixed a n d c o m b i n e d in ten t h o u s a n d ways w i t h all t h a t is w o r t h l e s s and b a s e . The air itself is one vast l i b r a r y , on w h o s e pages are for ever w r i t t e n all t h a t m a n has ever said or w o m a n w h i s p e red. [ . . . ] "

29

Zwischen den Sternen

A u c h d e n e t h i s c h - k r i m i n o l o g i s c h e n I m p e t u s h a t E b e r t y v o n Babbage ü b e r n o m m e n : „If t h e A l m i g h t y s t a m p e d on t h e brow of t h e e a r l i e s t m u r d e r e r — t h e i n d e l i b l e and visible m a r k of his guilt, — he h a s also e s t a b l i s h e d laws by w h i c h every s u c c e e d i n g c r i m i n a l is not less i r r e v o c a b l y c h a i n e d to t h e t e s t i m o n y of his c r i m e ; for every a t o m of his m o r t a l f r a m e , t h r o u g h w h a t e v e r c h a n g e s its severed p a r t i c l e s may m i g r a t e , will still r e t a i n , a d h e r i n g to it t h r o u g h every c o m b i n a t i o n , s o m e m o v e m e n t d e r i v e d f r o m t h a t very m u s c u l a r e f f o r t , by which t h e c r i m e itself was p e r p e t r a t e d . [ . . . ] When m a n and all his r a c e shall have d i s a p p e a r e d f r o m t h e face of o u r p l a n e t , ask every p a r t i c l e of air still f l o a t i n g over t h e u n p e o p l e d e a r t h , and it will record t h e c r u e l m a n d a t e of t h e t y r a n t . I n t e r r o g a t e every wave which b r e a k s u n i m p e d e d on ten t h o u s a n d d e s o l a t e s h o r e s , a n d it will give e v i d e n c e of t h e last g u r g l e of t h e w a t e r s which closed over t h e h e a d of his d y i n g v i c t i m : c o n f r o n t t h e m u r d e r e r w i t h every c o r p o r e a l a t o m of his i m m o l a t e d slave, a n d in its still q u i v e r i n g m o v e m e n t s he will read t h e p r o p h e t ' s d e n u n c i a t i o n of t h e p r o p h e t king." 4 4 N i c h t n u r d i e A t m o s p h ä r e , s o n d e r n a u c h Gewässer u n d die E r d k r u s t e w a r e n B a b b a g e zufolge u n a u s l ö s c h l i c h e S p e i c h e r m e d i e n , wie er n o c h m a l s 1838 in e i n e m A n h a n g z u m B r i d g e w a t e r - B u c h b e t o n t e : „Die feste Masse d e r E r d k u g e l s e l b s t , m ö g e n wir n u n die w i n z i g s t e Bewegung des w e i c h e n L e h m s d u r c h d e n Fuß von T h i e r e n , oder die E r s c h ü t t e r u n g b e t r a c h t e n , die d u r c h E r d b e b e n u n d s t ü r z e n d e Berge e n t s t e h t , hält eben so i h r e n Antheil an d e r so e m p f a n g e n e n Bewegung fest u n d theilt sie allen i h r e n z a h l l o s e n A t o m e n m i t . W ä h r e n d die A t m o s p h ä r e , die wir a t h m e n , die f o r t w ä h r e n d e Zeugin der G e s i n n u n g e n ist, die wir a u s s p r e c h e n , sind so die Gewässer u n d die f e s t e r e n Theile d e r E r d k u g e l gleich t r e u e G e d a n k e n b ü c h e r d e r T h a t e n , die wir v o l l b r i n g e n . " 4 5 Es gab also b e d e u t s a m e U n t e r s c h i e d e zwischen d e n h y p o t h e t i s c h e n K r i m i n a l archiven Babbage's u n d Ebertys: W ä h r e n d d e r englische M a t h e m a t i k e r das Archivm a t e r i a l g e w i s s e r m a ß e n a u s d e n O p f e r n u n d T ä t e r n selbst h e r v o r g e h e n ließ u n d i m N a h r a u m d e r E r d b i o s p h ä r e speicherte, s o d a ß eigentlich sogar eine zeitinvertierte R e k o n s t i t u t i o n d e r A k t e u r e m i t d e n E v i d e n z v e r f a h r e n v e r b u n d e n sein m u ß t e , sah d e r p r e u ß i s c h e lurist die W e l t e n r ä u m e v o n e n t e i l e n d e n i m m a t e r i e l l e n Lichtbilder-

44

Charles Babbage: The Ninth Bridgewater Treatise. Α Fragment. First published 1837; Second edition (London) 1838; Second edition (Philadelphia) 1841. Chapter IX., On the Permanent Impression of our Words and Actions on the Globe we inhabit. Zitiert nach der Second Edition.

45

Charles Babbage: Aphorismen. Ein Anhang zu den Bridgewaterbiichern; 4. Der unaufhörliche Einfluß unserer Worte und Handlungen auf unseren Weltkörper. Nach dem Englischen von Dr. Gustav Plieninger; in: Die Natur, ihre Wunder und Geheimnisse, oder die Bridgewater-Bücher,

hrsgg. von Hermann Hauff, Stuttgart: P. Neff, 1836-1838, Bd. 9,

Stuttgart 1838.

30

II. Bildlicht im Weltall

stapeln erfüllt, die n u r n o c h Einsicht u n d Ü b e r b l i c k , aber keine E i n m i s c h u n g m e h r erlaubten. Das b e t r a f letztlich sogar den allerhöchsten Augenzeugen, den E b e r t y aufrufen k o n n t e : Gott; — auch wenn dessen Eingriffsmöglichkeiten n i c h t eigens thematisiert waren. „Wir e r h a l t e n n ä m l i c h hier eine v o l l k o m m e n f a ß l i c h e und b e g r e i f l i c h e V e r s i n n l i c h u n g des B e g r i f f e s von der Allwissenheit auf

vergangene

Dinge.

Gottes

in

Bezug

Denken wir uns Gott in rein m e n s c h l i c h e r Weise, mit

m e n s c h l i c h e n K r ä f t e n , nur in e r h ö h t e m Maasse a u s g e s t a t t e t , so wird es uns ein l e i c h t e s sein, ihm die Fähigkeit und Macht z u z u e r k e n n e n , alles d a s j e n i g e , was sich von e i n e m wirklichen

örtlichen

S t a n d p u n k t e aus, s i n n l i c h und l e i b h a f t i g über-

schauen und e r b l i c k e n l ä s s t , auch wirklich

zu ü b e r s c h a u e n und bis ins E i n z e l n s t e

zu u n t e r s c h e i d e n . Wenn wir uns alsdann a n s c h a u l i c h m a c h e n wollen, wie vor Gott irgend eine vergangene i r d i s c h e That oder B e g e b e n h e i t , noch nach J a h r t a u s e n d e n e b e n s o u n m i t t e l b a r daliegt, als geschähe sie gegenwärtig unter sagen

leiblichen

seinen,

so

zu

Augen, so genügt es zu d i e s e m Zwecke, die Gottheit auf e i n e m

Punkte gegenwärtig zu d e n k e n , zu welchem gerade j e t z t das Licht und die Abspiegelung j e n e r B e g e b e n h e i t gelangt. [ . . . ] wenn wir uns das Auge Gottes an Punkte des Raumes anwesend d e n k e n , so gelangt zu ihm auch zugleich

und

jedem auf

Ein Mal der ganze Verlauf der W e l t g e s c h i c h t e . " 4 6

Allüberblick D i e d e m göttlichen Auge zugedachte Allgegenwart b r a c h t e E b e r t y auch zu b e m e r kenswerten darstellungstheoretischen Ü b e r l e g u n g e n : „Hier haben wir also die Ausdehnung der Zeit mit der des R a u m e s z u s a m m e n f a l l e n d , der s i n n l i c h e n A n s c h a u ung so nahe g e b r a c h t , dass Zeit und Raum als gar nicht von e i n a n d e r g e s c h i e d e n b e g r i f f e n werden k ö n n e n . — Denn: hier räumlich

gleichzeitig

das in der Zeit nacheinander

neben einander. — Die Wirkung folgt nicht

die Ursache, s o n d e r n sie liegt räumlich

und sichtbar

sich ein Gemälde a u s g e b r e i t e t , welches beide so im Ganzen

Folgende liegt

und auf

Einmal

Raum

und

später auf

neben ihr, und vor uns hat Zeit

zugleich

umfasst,

und

d a r s t e l l t , dass wir r ä u m l i c h e und z e i t l i c h e

Ausdehnung gar nicht m e h r zu t r e n n e n und zu u n t e r s c h e i d e n v e r m ö g e n . " 4 7 B e d e n k t m a n , m i t welcher Hartnäckigkeit die etablierte Ästhetik zur gleichen Zeit n o c h die Lessingschen Kategorien u n d die von seinen A n h ä n g e r n verschärften N o r m v o r s c h r i f t e n propagierte, so k o m m t e i n e m die K ü h n h e i t der E b e r t y s c h e n Überlegungen erst so recht z u m B e w u ß t s e i n . Lessing hatte in seiner ü b e r die Grenzen der Malerei u n d Poesie d e m D i c h t e r die Zeitfolge, das

46

[Felix Eberty]: Die Gestirne 1846, S. 14-15.

47

Ebenda, S. 1 5 - 1 6 .

31

Laokoon-Schrift Sukzessive,

Zwischen den Sternen d e m Maler aber das im Räume Koexistierende

als exklusive Schaffensgebiete zuge-

wiesen: Zwei notwendig entfernte Zeitpunkte in ein u n d ebendasselbe Gemälde bringen verwarf er als „Eingriff des Malers in das Gebiet des Dichters, den der gute Geschmack nie billigen wird"; u n d umgekehrt k a m ihm der Versuch einer bildhaften Schilderung einem „Eingriff des Dichters in das Gebiet des Malers und einer Collision des Consecutiven der Rede mit dem Coexistirenden gleich." 4 8 Mehrere Paradigmenwechsel prägten die Theoriegeschichte der Bilderzählformen: Lessing hatte gegen die alte ut-pictura-poesis-Formel,

die f ü r Malerei u n d Poesie densel-

ben Stoff vorschrieb, das heißt, Malerei als s t u m m e Dichtung u n d Dichtkunst als beredte Malerei gestaltet u n d verstanden wissen wollte, Stellung bezogen: er hatte den jeweils streng parallelisierten Aufbau u n d Nachvollzug der Signalordnungen in Zeit u n d R a u m sozusagen rechtwinklig voneinander abgesetzt. Die natürlichen u n d konventionellen Zeichen, mit denen die Maler-Dichter zu arbeiten hatten, erhielten n u n zwei verschiedene Projektionsflächen; die eine reproduzierte das bildlich-materielle Sein, die andere das Werden in der Vorstellung. — Das war im Wesentlichen noch der ästhetische Stand der Dinge, als Ebertys kleine Schrift erschien. Es hat noch ein halbes Jahrhundert gedauert, bis der Wiener Kunsthistoriker Franz Wickhoff in seiner Untersuchung der Wiener

Genesis

das Paradigma der

Sukzession in die Welt des sichtbar Dargestellten übertrug u n d den Begriff der tinuierenden

Bilderzählform

kon-

prägte. „Diese Art des Erzählens ist sehr auffäl-

lig", notierte Wickhoff 1895 zu Beginn seines Faksimile-Kommentars, „sie weicht auch von der, die wir in der Kunst unserer Tage zu sehen gewohnt sind, vollständig ab. Hier wird nicht ein entscheidender Moment gewählt, der die wichtigsten Personen des Textes zu einer gemeinsamen folgenreichen Handlung vereinigt, um sie uns in einem zweiten Bilde in anderer, nicht minder bedeutender Situation zu zeigen, während in einem dritten und vierten wieder mit Überlegung ausgewählte Szenen die Erzählung fortsetzen. Nicht einzelne Bilder ausgezeichneter, epochemachender Augenblicke treten zu einem Zyklus zusammen [ . . . ] , sondern, wie der Text strömt, begleiten ihn, sanft gleitend und ununterbrochen, gleichwie die Uferlandschaften bei einer Wasserfahrt an dem Auge vorüberziehen, die jeweiligen Helden der Erzählung in kontinuierlich sich aneinanderreihenden Zuständen." 4 9 — Wickhoff hat die subjektive W a h r n e h m u n g als Bewußtseinsstrom charakterisiert, der den Blick über eigentlich nebeneinanderliegende Landschaftsprospekte der

48 49

Hugo Blümner: Lessings Laokoon, Berlin 1880, S. 248 ff. Franz Wickhoff: Römische Kunst [Neuauflage des Kommentars zur Faksimileausgabe von 1895], Berlin 1912, S. 9-10. - Siehe dazu: Karl Clausberg: Die Wiener Genesis Eine kunstwissenschaftliche Bilderbuchgeschichte. Fischer-Kunststück-Taschenbuch, Frankfurt/Main 1984.

32

II. Bildlicht im Weltall

spätantiken Buchmalereien hinweggleiten läßt. Nach dem Muster des antikischen Bootsfahrt-Topos reihten sich ineinander übergehende Szenen und machten sich als virtuelle Bewegung der Betrachter bemerkbar. Willkürlich bewegter Wahrnehmungsverlauf bestimmte auch die Verhaltensweisen der Ebertyschen Lichtbilderinspekteure. Ihre Aufmerksamkeit galt hypothetischen Bildstrukturen, die im Prinzip im Längsschnitt wie auch in Querschnitten durch die Lichtstrahlenbündel der interstellaren Bildarchive lesbar sein mußten. Wickhoff hatte mit seiner Charakterisierung nur den Erzählstil einer bestimmten Kunstepoche, den der reichsrömischen Spätantike, im Sinn, behandelte ihn aber im Stil der impressionistischen Sinnesphysiologie der Jahrhundertwende. Eberty war es ein halbes Jahrhundert früher um wahrhaft universelle Eigenschaften hypothetischer Lichtbilder und entsprechender Wahrnehmungsweisen gegangen; deren Hintergrund war wohl eher die aufsehenerregende Erfindung der Photographie gewesen. Angesichts des zeitlichen Abstandes ist die Übereinstimmung der Betrachterprospekte - dort interstellare Lichtbilderströme, hier vorübergleitende Uferlandschaften - verblüffend. Aber Eberty hatte noch mehr zu bieten als frühe Vorbilder für gemächliche Gleitpartien auf dem Bewußtseinsstrom. Seine Lichtbilderphantasien schlossen auch rasante Schußfahrten mit ein, für die Wickhoff keine kunsthistorischen Exempel hätte beibringen können.

33

III. Zeitmaße des Erlebens

Gedankenexperimente Eberty hat nicht nur eine imaginäre Retrospektivoptik der multiplen, aber

fixierten

Sternenstandpunkte entworfen, die den sensationellen neuen Entfernungsmessungen entsprach, sondern das fiktive Inspektionssystem auch durchgängig dynamisiert: „Denken wir uns einen mit unendlich erweiterter Sehkraft begabten Beschauer auf einem Sterne 12. Grösse, von wo aus er in diesem Augenblicke also die Erde in dem Zustande erblicken würde, wie sie zu den Zeiten Abrahams beschaffen war. — Denken wir uns ferner diesen Beschauer mit einer solchen Schnelligkeit in der Richtung nach unserer Erde fortbewegt, dass er in einer kurzen Zeit, nehmen wir an in einer Stunde, bis auf die Entfernung von 20 Millionen Meilen von unserer Erde gelangt, wo er uns so nahe wäre, wie uns die Sonne jetzt ist, und wo also die Erde ihm in diesem Augenblicke so erscheinen müsste, wie sie vor acht Minuten gewesen, — denken wir uns alles dieses, ganz abgesehen von allen Ansprüchen an Möglichkeit und Wirklichkeit, — so ergiebt sich doch unwidersprechlich folgendes: dass vor dem Auge dieses Abrahams

bis auf diesen

Beschauers

heutigen

die ganze

Weltgeschichte,

Tag, in Zeit von einer Stunde

von den

vorübergeführt

Zeiten wor-

den ist. [ . . . ] Es bedarf keines weiteren Beweises, sondern es leuchtet von selbst und ohne möglichen Widerspruch ein, dass, wenn ein Auge im Stande wäre, den wirblenden Zug der auf einander folgenden Bilder zu fassen, dieser Beschauer nothwendig die ganze Weltgeschichte, mit allen den Handlungen und Begebenheiten, die auf der ihm jedes

Mal zugekehrten

Erdhalbkugel

seit 4 0 0 0 Jahren vorgefal-

len sind, in einer Stunde durchlebt haben müsste." 1 An dieser Beschreibung der auf eine Stunde zusammengedrängten Weltgeschichte von 4 0 0 0 Jahren springt zuletzt das,kleine' technische Detail der rotieren-

1

[Felix Eberty]: Die Gestirne 1846, S. 23-25.

35

Zwischen den Sternen

den Erdkugel ins Auge, die dem heranrasenden Betrachter jedes Mal dieselbe Seite zukehren muß, u m eine orts- u n d sogar personenbezogene Kontinuität der Bilderfolgen zu gewährleisten. Erkennbar hat hier das Prinzip der stroboskopischen Scheiben u n d Zylinder, das 1832 der Mathematiker Simon von Stampfer in Wien u n d der belgische Physiker Joseph Anton Ferdinand Plateau entdeckten, Pate gestanden. Die entsprechenden Geräte wurden ihrerzeit Phänakistoskop

oder Phantaskop,

also

,Täuschungsseher' genannt, um den Illusionscharakter der wahrgenommenen Scheinbewegungen zu kennzeichnen. Machte Ebertys Phantasie also aus der Erde ein Riesengerät zur stroboskopischen Betrachtung von globalen Bildergeschichten? — Die Schilderung bezog sich sehr wohl auf derartigen Illusionscharakter, behauptete unmittelbar anschließend aber gleichwohl die Lückenlosigkeit der Bildfolgen: „Alles ganz und unverkürzt,

nur in der schnellsten Aufeinanderfolge." Ein latenter Wider-

spruch zwischen implizitem Vorbild und seiner Fiktionalisierung also, der sich in weiteren Besonderheiten artikulierte: „Geben wir diesem, den Aether durchfliegenden Beschauer noch die Möglichkeit, auf seiner Bahn beliebig anzuhalten, so wird er jeden Moment der Weltgeschichte, den er mit Müsse vor sich abspielen lassen will, dadurch vollständig und in beliebiger Schnelligkeit vor seinen Augen aufführen lassen können, dass er, so lange es ihm gefällt, in einer solchen Entfernung verweilt, wo dieser vergangene Moment der Geschichte im Verhältnis zur Zeit, die das Licht braucht, um bis zu dem Standpunkte des Beschauers zu dringen, gerade gegenwärtig erscheint." 2 — Derartige Vorstellungen vom vollständigen Innehaltenkönnen neben oder vor(?) den mit Lichtgeschwindigkeit bewegten Bildern entsprach der schnelleren oder langsameren Rotation der stroboskopischen Scheiben u n d Zylinder; bis hin zum vollständigen Stillstand, der allerdings realiter mit dem Zusammenbruch der Bewegungsillusion einherging. Auch wenn Eberty einen solchen Aggregatwechsel der Wahrnehmung nicht in Betracht zog: — Hatte man es hier nicht eindeutig mit einer von der Experimentaltechnologie abgeleiteten, sekundären Fiktion zu tun? So direkt ein Zusammenhang erkennbar ist, so deutlich sind auch die Unterschiede: Die Lichtbilder waren nicht mehr materiell an den Bildträger gefesselt gedacht; und der fiktional neben ihnen bewegte Bilderbetrachter hatte den eigentlich aktiven Part der Wahrnehmung übernommen. Nicht die mechanische Rotation der Stroboskop-Scheiben und -Zylinder bestimmte den Lauf oder Stillstand der Bilder, sondern die Volition, das willentliche Verweilen oder Davoneilen des imaginierten Augenzeugen. Ebertys Phantasien waren nicht zweitrangige Adaptionen einer bereits existierenden Illusionstechnik, sondern ein großangelegtes

Gedankenexperiment

- ein Begriff, der im selben Jahrzehnt von Hans Christian Oersted geprägt wurde. 3

2

[Felix Eberty]: Die Gestirne 1846, S. 23-25.

3

Hans Christian Oersted: Der allgemeinen Naturlehre Geist und Wesen·, in: Die Naturwissenschaft und die Geistesbildung, 3. Auflage, Leipzig 1851, S. 18.

36

III. Zeitmaße des Erlebens

Ebertys Fiktion bediente sich einzelner E l e m e n t e der instrumenteil erzeugten Realerfahrung, u m sie a u f neuartige Weise zu inszenieren u n d zu interpretieren. D i e n a t u r wissenschaftliche Stichhaltigkeit m u ß n a c h heutigen M a ß s t ä b e n zweifelhaft erscheinen; aber die ideengeschichtliche Tragweite war außerordentlich.

Mikroskop für die Zeit I m zweiten ,Heft' m i t d e m gleichen Titel, das w i e d e r u m unter d e m N a m e n s k ü r z e l F.Y. 1847 publiziert wurde, hat E b e r t y seine Idee v o n der lichtbilderbegleitenden, aber eigenbeweglichen interstellaren Augenzeugenschaft n o c h eindringlicher u n d begrifflich prägnanter ausgesponnen: „In ganz g l e i c h e r Weise, wie durch eine unendlich b e s c h l e u n i g t e Bewegung von einem F i x s t e r n e nach der Erde zu, sich die Bilder der W e l t b e g e b e n h e i t e n

in e i n e m Augenblick z u s a m m e n d r ä n g e n

lassen,

e b e n s o lässt sich, u m g e k e h r t , die Reihenfolge d i e s e r Bilder ins Unendliche ausd e h n e n , und zwar in folgender Weise: — Nehmen wir an, dass das Licht, und mit ihm die Abspiegelung einer irdischen B e g e b e n h e i t zu irgend einem

Fixsterne

zweiter Grösse genau in zwanzig Jahren gelangt. Nehmen wir f e r n e r an, dass der B e s c h a u e r in dem Augenblicke wo z . B . eine B l ü t h e n k n o s p e sich zu e r s c h l i e s s e n b e g i n n t , bis zu diesem F i x s t e r n e in einem Z e i t r ä u m e von zwanzig Jahren und e i n e m Tage aufsteigt, so wird er dort das Bild d i e s e r Blume in d e m j e n i g e n Stadium der Entwicklung a n t r e f f e n , in welchem sie sich Einen

Tag nach ihrem ersten Auf-

blühen b e f i n d e t . — Wenn er nun, mit u n e n d l i c h e r S e h k r a f t und B e o b a c h t u n g s g a be a u s g e r ü s t e t , diese B l ü t h e n e n t w i c k l u n g während der ganzen Reise verfolgen k ö n n t e , so würde er zwanzig Jahre lang Zeit gehabt h a b e n , um d i e j e n i g e n Veränderungen zu s t u d i r e n , welche mit der Blume auf Erden während eines Einzigen Tages vorgingen. — Wie man einen v o r ü b e r g a u k e l n d e n S c h m e t t e r l i n g kaum ins Auge f a s s e n , und die F ä r b u n g seiner Flügel zu u n t e r s c h e i d e n v e r m a g , dagegen, wenn man ihm auf seinem Fluge b e t r a c h t e n d folgen k ö n n t e , gar wohl im Stande wäre, die K ö r n c h e n seines F a r b e n s t a u b e s zu zählen und zu z e r g l i e d e r n , — ganz so würde der B e o b a c h t e r , welcher der Abspiegelung e i n e r flüchtigen B e g e b e n h e i t auf den F i t t i c h e n des Lichtes zu folgen v e r m ö c h t e , die s c h n e l l s t e n E n t w i c k l u n g e n mit g r ö s s t e r Genauigkeit und Müsse zergliedern k ö n n e n . — Es wäre auf diese Weise g e w i s s e r m a s s e n ein Mikroskop

für die Zeit

W a s späterer S p r a c h g e b r a u c h m i t d e m

gegeben."4 filmtechnischen

B e g r i f f der

Zeitlupe

belegte, war bei E b e r t y n o c h direkt e i n e m der b e i d e n m a ß g e b l i c h e n optischen I n s t r u m e n t e der Neuzeit, d e m M i k r o s k o p , zugeordnet. A b e r das M i k r o s k o p sollte sich a u f Lichtbilder im Weltall richten, also in die D o m ä n e des anderen Leitinstruments,

4

[Felix Eberty]: Die Gestirne und die Weltgeschichte. Gedanken über Raum, Zeit und Ewigkeit, II. Heft. Breslau, bei Georg Philipp Aderholz, 1847, S. 2-3.

37

Zwischen den Sternen

Abb. 15: G. Kriszat: Die Umwelt des Astronomen, 1934

des Teleskops, eindringen. Ein auf den ersten Blick irritierender Austausch. — Die übliche Einteilung der instrumenteilen Aufgabenbereiche hatte zum Beispiel der Koblenzer Naturkundelehrer des,großen Physiologen' Johannes Müller, Joseph Görres, noch 1802 mit folgenden Aphorismen umrissen: „Das Attribut des Idealisten das Teleskop,

ist

mit ihm dringt er in die Unendlichkeit hinaus, zu Lichtbündeln ver-

längern sich seine Sehnervenbündel, und mit diesen zarten Fühlfäden, die im Auge zusammenlaufen und von dort aus den ganzen Raum durchweben, betastet er die entlegensten Welten, als ob er sie in Händen trüge [...] Das Attribut des Realisten

ist das Mikroskop,

[...] er taucht unter in dem Wassertropfen und belauscht

seine regen Bewohner; die ganze Natur ausser seinem Gesichtsfelde ist ihm untergegangen, eine neue geht ihm dafür innerhalb desselben auf, und auch diese sucht er wieder zur Aeußern zu machen [... ]" 5

5

Joseph Görres: Aphorismen über die Kunst (1802), in: Gesammelte Schriften Band 2,1. Köln 1932, S. 148.

38

III. Zeitmaße des Erlebens

Abb. 16: Urtiere des Süßwassers; aus: Otto Schmeil: Leitfaden der Zoologie, 1913

,Die Umwelt des Astronomen' Wie nachhaltig sich der doppelt instrumentierte Blick auf Makrokosmos und Mikrokosmos als Wissenschaftstopos gehalten hat und zu welch eigentümlichen wechselseitigen Durchdringungen er schließlich führte, kann man in einem der populären Bücher Jakob von Uexkülls nachvollziehen. 1934 brachte der heute wieder vielbeachtete Autor der Theoretischen Reihe Verständliche durch

die Umwelten

Biologie,

Wissenschaft von Tieren

von dem noch zu reden sein wird, in der ein Bändchen mit dem Titel

und Menschen

Streifzüge

6

heraus. Die letzte der von

seinem Mitarbeiter Kriszat,besorgten' Illustrationen (Abb. 15) zeigte Uexkülls Text zufolge „die Umwelt des Astronomen, die am leichtesten darstellbar ist. Auf einem hohen Turm, möglichst weit entfernt von der Erde, sitzt ein menschliches Wesen,

6

Jakob von Uexküll & G. Kriszat: Streifzüge durch die Umwelten von Tieren und Menschen. Ein Bilderbuch unsichtbarer Welten [Text: Uexküll, Bilder: Kriszat], Berlin 1934.

39

Zwischen den Sternen

d a s s e i n e Augen d u r c h r i e s i g e o p t i s c h e H i l f s m i t t e l so v e r ä n d e r t h a t , d a ß sie g e e i g n e t w u r d e n , d e n W e l t r a u m b i s zu d e n l e t z t e n S t e r n e n zu d u r c h d r i n g e n . In s e i n e r Umwelt k r e i s e n S o n n e n u n d P l a n e t e n in f e i e r l i c h e m G a n g . Das s c h n e l l f ü ß i g e Licht b r a u c h t M i l l i o n e n von J a h r e n , u m d i e s e n U m w e l t r a u m zu d u r c h d r i n g e n . Und d o c h ist d i e s e g a n z e Umwelt n u r ein w i n z i g e r A u s s c h n i t t d e r N a t u r , z u g e s c h n i t t e n n a c h d e n F ä h i g k e i t e n e i n e s M e n s c h e n s u b j e k t e s . — Mit g e r i n g e n A b ä n d e r u n g e n k a n n m a n d a s A s t r o n o m e n b i l d b e n u t z e n , u m e i n e V o r s t e l l u n g d e r Umwelt e i n e s T i e f s e e f o r s c h e r s zu g e w i n n e n . Nur k r e i s e n n i c h t G e s t i r n e u m s e i n G e h ä u s e , s o n d e r n die p h a n t a s t i s c h e n Gestalten der Fische der Tiefsee mit ihren u n h e i m l i c h e n M ä u l e r n , i h r e n l a n g e n F ü h l e r n u n d i h r e n s t r a h l e n f ö r m i g e n L e u c h t o r g a n e n . Auch h i e r b l i k ken w i r in e i n e w i r k l i c h e Welt, d i e e i n e n k l e i n e n A u s s c h n i t t d e r N a t u r w i e d e r gibt."7

Die Abbildung, im Original wohl eine Bleistiftzeichnung, präsentierte eine Art Bohnenstangen-Observatorium, dessen absurd langer Spiralfuß am unteren Bildrand auf eine Miniatur-Erde gepflanzt war. In der aufgeschlitzten Kuppel hatte der besagte Astronom platzgenommen und schaute in ein ungeschützt herausragendes Fernrohr, während zwei winzige Himmelskörper diesen geostationären Hochsitz nach dem Willen des Zeichners auf enger Kreisbahn fast zum Greifen nahe umkreisen mußten. Andere Weltkörper waren auf weiterreichenden bilddurchkreuzenden Trajektorien eingetragen, aber auch sie zeigten sich in merkwürdig nahsichtiger Gemeinschaft mit der Behausung des Astronomen. Zweifellos hat die Stilistik der zwanziger-dreißiger Jahre hier deutliche Spuren hinterlassen; gleichwohl gibt die ,haptische' Erscheinungsweise der Weltkörper zu denken. Verglichen mit Uexkülls Beschreibung und insbesondere mit der von ihm angeschlossenen Tiefseeforscherperspektive entwickelte Kriszats Zeichnung eigene Züge, die nicht so sehr an ein folgendes lichtloses Tiefseeszenario mit bizarren Fischen, sondern an die durchsichtigen Wasserwelten von Kleinstlebewesen erinnern. Die eng um die eigentümlichen Röhrenformen des Observatoriums kreisenden Weltkörper und deren ,Kondensstreifen' gleichen viel eher einem Planktonbiotop, in dem sich ein größeres Schalentier auf langem Teleskopstiel zwischen Algenfäden und Infusorien eingenistet hat (Abb. 16). Fazit: Kriszats Zeichnung hat noch deutlicher als Uexkülls Kommentar die überlieferte Koppelung von makroskopischen und mikroskopischen Perspektiven bewahrt — und sie tatsächlich nicht nur als eine Gleichsetzung, sondern als unauflösliche Verschmelzung veranschaulicht. Auch dafür gab es bereits Vorbilder.

7

Uexküll & Kriszat: Streifzüge 1934, S. 100-101.

40

III. Zeitmaße des Erlebens

Abb. 17: Hans Christian Oersted, Titel-Portait aus: Gesammelte Schriften, Band I, 1853.

Oersted und Carus A u f die Idee, die Zuständigkeitsbereiche v o n M i k r o s k o p u n d Teleskop zu v e r m e n g e n u n d sogar zu verschmelzen, ist w o h l als erster Carl Gustav Carus g e k o m m e n . I m ersten seiner Briefe

über

das

Erdleben

h a t e r 1841 eine b e m e r k e n s w e r t e M i k r o -

s k o p - P h a n t a s i e b e s c h r i e b e n : E r h a b e des öfteren vorgehabt, einen T r a u m zu dichten, in d e m e i n e m starren Verfechter der T r e n n u n g von belebter u n d u n b e l e b t e r Natur „vom Weltgeiste die Anweisung k o m m t , durch ein im weiten Äther schwebendes Mikroskop zu b l i c k e n . Da sieht er denn bald l e u c h t e n d e , bald e r l e u c h t e t e Kügelchen in r e g e l m ä ß i g e n R o t a t i o n e n e i n a n d e r u m k r e i s e n , [ . . . ] er sieht, wie sie aufe i n a n d e r anziehend wirken, wie hier und da ein Kügelchen zerfällt und v e r s t ä u b t , während an andern Stellen aus n e b e l h a f t e n Stoffen neue P ü n k t c h e n e n t s t e h e n und nach weitern e x z e n t r i s c h e n Umherrollen sich zu den g e m e s s e n e n Kreisen der andern g e s e l l e n , sich dort durch Einsaugung nähren und v e r g r ö ß e r n und durch Ausscheidung wieder v e r r i n g e r n usw., und alles ruft ihm seine f r ü h e r n m i k r o s k o p i schen B e o b a c h t u n g e n über die leuchtenden S e e - I n f u s o r i e n und über die ohne Mund und Eingeweide regelmäßig u m h e r r o l l e n d e n Kugeltiere so b e s t i m m t zurück, daß er sich schon bereit macht, diese Ä t h e r - I n f u s o r i e n als neue und besondre Sippe

41

Zwischen den Sternen

Abb. 18: Carl Gustav Carus, Gemälde von Julius Hübner, 1844.

in sein System e i n z u t r a g e n . Aber da e r t ö n e n ihm nicht o h n e B e s c h ä m u n g die selts a m e n Worte: »Was du gesehen, rend

du eine

Stunde

war die Bewegung

zu beobachten

glaubtest,

von Sonnensystemen, ist ein

Weltenjahr

und

wäh-

vorübergegan-

gen!«"" D e r f ü r m e n s c h l i c h e A n s c h a u u n g so wichtige E i n d r u c k d e r D a u e r w a r s c h o n seit g e r a u m e r Zeit ins Visier f o r s c h e n d e r A u f m e r k s a m k e i t geraten. So h a t t e H a n s C h r i s t i a n O e r s t e d , d e r b e r ü h m t e E n t d e c k e r des E l e k t r o m a g n e t i s m u s , bereits 1814 in e i n e m V o r t r a g Ueber kens

und

das Verhältniß

der Einbildungskraft

zwischen

der Naturauffassung

des

Den-

die e i n s i c h t v e r m i t t e l n d e Rolle wissenschaftlicher

E r z i e h u n g h e r v o r g e h o b e n : „Gleichwie die t i e f e r e Einsicht u n s den mit Weltkugeln u n d W e l t b e w e g u n g e n e r f ü l l t e n Raum ins U n e n d l i c h e e r w e i t e r t , so g e s c h i e h t es auch m i t i h r e m Dasein in d e r Zeit. [ . . . ] N i m m t die E i n b i l d u n g s k r a f t h i e r w i e d e r den M e n s c h e n u n d die Zeit des M e n s c h e n g e s c h l e c h t e s zum M a a ß s t a b , so stellt

8

Carl Gustav Carus: Zwölf Briefe über das Erdleben. Nach der Erstausgabe von 1841 herausgegeben von Christoph Bernoulli und Hans Kern, Celle 1926, S. 19-20.

42

III. Zeitmaße des Erlebens

sich ihm eine Dauer der Natur dar, wovon das kurzsichtige Fassungsvermögen des Alltagslebens keine Vorstellung giebt, da es sich entweder stumpf an das Vorhandene als etwas Todtes und Stillstehendes hält, oder über diese Vergänglichkeit des Endlichen verzweifelt, worin das Beständige seinem Blicke entgeht. Nur der Gedanke und die von dem wissenschaftlichen Denken befruchtete Einbildungskraft sieht durch das Sternenlicht die Ewigkeit schimmern." 9 — Die vermeintliche Dauer war als eigentlich unmerklicher Übergangszustand, die wahre Dauer als astronomische Ewigkeit durchsichtig geworden; das Problem unterschiedlicher Zeitskalen drängte sich auf. Fazit dieser kleinen temporalisierten Motivgeschichte der optischen Instrumente: In Carus' Traum, der sich wie eine Rahmenerzählung zu Kriszats ein Jahrhundert später entstandener Zeichnung liest, waren bereits die Irritationen der durch optische Geräte vom Greifraum abgekoppelten Augenzeugenschaft thematisiert; Oersteds vom wissenschaftlichen Denken befruchtete Einbildungskraft hatte andererseits Zeitmaßstäbe und Maßlosigkeit der Dauer aufs Korn genommen. Die Bühne für radikalere Spekulationen war präpariert. Raffungseffekte der instrumentierten Wahrnehmung hätte Eberty direkt aus Carus' Schrift übernehmen können. Wenn dem so war, so dürfte ihn Carus' Traumerzählung mit der täuschenden Gleichsetzung von Mikro- und Makrokosmos auch zu systematischen Variationen von Zeiterfahrung veranlaßt haben.

Pulsschlag und Lebenstempo Denke man sich, daß der Gang der Gestirne und unserer Erde aufs doppelte beschleunigt würde, schrieb Eberty 1847, sodaß auch alle menschlichen Lebensprozesse sich auf die Hälfte der Zeitdauer reduzierten; „— unsere Athemzüge, unsere Pulsschläge würden gleichfalls in doppelter Schnelligkeit auf einander folgen, und dieses neue Lebenstempo nunmehr als das normalmässig gesunde erscheinen." Würden wir solche Beschleunigung überhaupt bemerken? Ebertys Antwort: Wir würden keiner Veränderung gewahr werden, weil wir den Verlauf der Zeit nur durch Vergleich mit anderen Zeitverläufen bestimmen könnten. Unsere vierzig Jahre würden uns wie achtzig erscheinen. Aber das war noch keineswegs das letzte Wort: Ganz dasselbe ergebe sich, so Eberty, wenn man den Lauf der Zeit, statt ums Doppelte, nunmehr auf das Vierfache beschleunigt denke; und weiter: „Ein gleiches Resultat wie bei einer vierfachen, ergiebt sich aber aus denselben Gründen auch bei einer

9

Hans Christian Oersted: Ueber das Verhältniß zwischen der Naturauffassung

des Denkens

und der Einbildungskraft. (Mitgetheilt in der skandinavischen Naturforscherversammlung in Christiania 1814); in: ders.: Der Geist in der Natur. Deutsch von K. L. Kannegiesser, vierte unveränderte Auflage, Leipzig 1853, S. 61-80, spez. S. 73.

43

Zwischen den Sternen tausendfachen, ja bei einer Millionenfachen, — mit einem Worte, bei einer

unend-

lich beschleunigten Bewegung unseres Lebensprocesses, und des Ganges der Weltordnung um uns her, und wir könnten uns auf diese Weise den ganzen Verlauf der Weltgeschichte in einen Einzigen unermessbar kurzen Zeitmoment zusammengedrängt denken [ , . . ] . " 1 0 Ebertys grundsätzliche Schlußfolgerung: „Hiemit fällt die Vorstellung als unrichtig hinweg, dass zum Geschehen einer bestimmten Begebenheit auch ein bestimmter Zeitverlauf, ein langer oder ein kurzer, erforderlich sei. — Es ist vielmehr die während des Geschehens verlaufene Zeit nur ein nicht ein notwendiges

zufälliges

Maass, und es könnte dasselbe auch ein anderes sein." 1 1

Zu ganz ähnlichen Einschätzungen ist dreißig Jahre später der seinerzeit Straßburger Neukantianer Otto Liebmann 1 2 ( 1 8 4 0 - 1 9 1 2 ) in seiner vielfach aufgelegten Analysis

der

Wirklichkeit

gekommen: „Unsre subjective, menschliche Zeit und

Naturauffassung ist demnach ebenso, wie die Zeit und die Naturauffassung der Eintagsfliege und wie die jedes anderen endlichen Wesens, ein höchst bornirtes, von immanenten, specifischen Schranken einer bestimmt gearteten Intelligenz determinirtes Zerrbild des Weltlaufs. Abstrahirt man aber von allen Schranken, denkt man sich jene unendliche, absolute, allgegenwärtige Weltintelligenz der Gottheit, von welcher der Psalmist sagt: »Vor Dir sind tausend Jahre, wie ein Tag«: — alle specifischen und individuellen Differenzen der Zeitauffassung fallen in dieser Intelligenz hinweg; Verlangsamung und Beschleunigung des Erkennens sind, wegen ihrer Relativität, für diese absolute Vernunft keine Schranken; sie durchschaut und überblickt mit aller Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zugleich sämmtliche specifischen Bornirtheiten subjectiver Zeitauffassung; — was wäre für sie überhaupt

»Zeit«?

" 1 3 Solche Einsichten entnahm Liebmann nicht

etwa der anonymen zweiten Eberty-Schrift; er hat sie auch nicht Kants ner

Naturgeschichte

und

Theorie

des

Himmels

Allgemei-

entnommen, in der doch

bemerkenswerte Gedankenvorläufe zu finden waren. Vielmehr hat er zur Begründung seitenlang einen Gewährsmann zitiert 14 , der zum Vorvater der Uexküllschen Umwelt-Biologie werden sollte: Karl Ernst von Baer; und der hat allem Anschein nach seinerseits wesentliche Anregungen aus Ebertys Texten empfangen.

10

[Felix Eberty]: Die Gestirne II, 1847, S. 15-16.

11 12

Ebenda, S. 17. Otto Liebmann studierte in Jena, Leipzig und Halle Naturwissenschaften, Mathematik und Philosophie, war ab 1872 a. o. Professor für Philosophie in Straßburg, ab 1882 bis 1911 o. Professor in Jena.

13

Otto Liebmann: Zur Analysis der Wirklichkeit. Philosophische Untersuchungen, Straßburg 1876, S. 85.

14

Liebmann: Analysis 1876, S. 82 ff.

44

III. Zeitmaße des Erlebens

Abb. 19: Victorien Sardou: Jupiter-Bewohner, vor 1861 aus: Camille Flammarion: Unbekannte

Naturkräfte,

1908, Tf. III.

Kants Planetenbewohner In seiner berühmten Himmels-Schrift hatte Kant 1755 hinsichtlich möglicher extraterrestrischer Lebewesen behauptet, daß der Stoff, woraus Einwohner anderer Planeten, ja sogar dortige Tiere und Gewächse sich bilden, von u m so leichterer und feinerer Art sein müßte, je weiter ihre Welten von der Sonne entfernt seien. Wenn demnach auch ihre geistigen Fähigkeiten in notwendiger Abhängigkeit von der Stofflichkeit ihrer Wohnorte stünden, so würde man mit mehr als wahrscheinlicher Vermutung schließen können: „daß die Trefflichkeit der denkenden Naturen, die Hurtigkeit in ihren Vorstellungen, die Deutlichkeit und Lebhaftigkeit der Begriffe, die sie durch äußerlichen Eindruck bekommen, samt dem Vermögen, sie zusammenzusetzen, endlich auch die Behendigkeit in der wirklichen Ausübung, kurz, der ganze Umfang ihrer Vollkommenheit unter einer gewissen Regel stehen, nach welcher die-

45

Zwischen den Sternen

selben, nach dem Verhältnis des Abstandes ihrer Wohnplätze von der Sonne, immer trefflicher und vollkommener werden." 1 5 Diese seltsame Staffelung der Vollkommenheiten nach S o n n e n a b s t ä n d e n hat Kant aus der Observation eines einzigen Planeten abgeleitet: „Die Sehröhre lehren uns, daß die Abwechselung des Tages und der Nacht im Jupiter in 10 Stunden geschehe. Was würde der Bewohner der Erde, wenn er in diesen Planeten gesetzt würde, bei dieser Einteilung wohl a n f a n g e n ?" Kants Antwort: Z e h n S t u n d e n würden k a u m zur E r h o l u n g d u r c h den Schlaf reichen, w e n n zu d e m die Vorbereitung der Tätigkeiten w ä h r e n d des Wachens, das Kleiden u n d Speisen h i n z u k o m m e . W ü r d e n nicht menschliche Kreaturen, deren H a n d l u n g e n m i t solcher Langsamkeit erfolgen, völlig lebensunfähig, w e n n nach f ü n f S t u n d e n ihre Geschäfte plötzlich d u r c h Eintritt einer eben so langen Finsternis u n t e r b r o c h e n würden? „Dagegen wenn Jupiter von vollkommneren Kreaturen bewohnet ist, die mit einer f e i n e r n Bildung mehr elastische Kräfte, und eine größere Behendigkeit in der Ausübung verbinden: so kann man glauben, daß diese 5 Stunden ihnen eben dasselbe und mehr sind, als was die 12 Stunden des Tages vor die niedrige Klasse der Menschen b e t r a g e n . Wir wissen, daß das B e d ü r f n i s der Zeit etwas Relatives ist, welches nicht anders, als aus der Größe desjenigen, was verrichtet werden soll, mit der Geschwindigkeit der Ausü b u n g verglichen, kann e r k a n n t und v e r s t a n d e n werden. Daher eben dieselbe Zeit, die vor eine Art der Geschöpfe gleichsam nur ein Augenblick ist, vor eine andere eine lange Periode sein k a n n , in der sich eine große Folge der Veränderungen durch eine schnelle Wirksamkeit auswickelt. Saturn hat nach der w a h r s c h e i n lichen Berechnung seiner Umwälzung [...] eine noch weit kürzere Abteilung des Tages und der Nacht, und lässet daher an der Natur seiner Bewohner noch vorzüglichere Fähigkeiten vermuten." 1 6 Die Drehzahl des Saturn hatte Kant auf rein rechnerischem Wege d u r c h Vergleiche m i t dessen M o n d e n u n d Ringen erschlossen: „Aus der g e f u n d e n e n Geschwindigkeit ergibt sich u n m i t t e l b a r die Zeit der Umdrehung des Saturns um seine Achse; sie ist von sechs S t u n d e n , drei und zwanzig Minuten, und drei und f ü n f z i g Sekunden." 1 7 Des reichlich hypothetischen Charakters dieser Vorhersage war Kant sich d u r c h a u s b e w u ß t ; d e n n o c h zeigte er sich zuversichtlich: „Diese m a t h e m a t i s c h e Berechnung einer u n b e k a n n t e n Bewegung eines H i m m e l s k ö r p e r s , die vielleicht

15

I m m a n u e l Kant: Allgemeine Naturgeschichte Verfassung und dem mechanischen Grundsätzen

und Theorie des Himmels, oder Versuch von der

Ursprünge des ganzen Weltgebäudes nach

Newtonischen

abgehandelt. Königsberg u n d Leipzig 1755. Dritter Teil, Anhang, von den Be-

wohnern der Gestirne, S. 186-188. — Siehe auch Karl S. Guthke: Der Mythos der Neuzeit. Das Thema der Mehrheit der Welten in der Literatur- und Geistesgeschichte von der

kopernikani-

schen Wende bis zur Science Fiction, Bern 1983, S. 231 ff. 16

Kant: Allgemeine Naturgeschichte

1755, S. 190-191.

17

Kant: Allgemeine Naturgeschichte

1755, Der Ursprung des Ringes des Saturns, S. 81.

46

III. Zeitmaße des Erlebens

die einzige Vorherverkündigung ihrer Art in der eigentlichen Naturlehre ist, erwartet von den Beobachtungen künftiger Zeiten die Bestätigung." 18 —Tatsächlich hat sich Kants Modellrechnung nicht bewährt. Die Rotationsperiode des Ringplaneten, das ergaben schon bald Beobachtungen William Herschels, ist etwa gleich groß wie die des Jupiter; sie beträgt rund zehneinhalb Stunden. Damit hätte eigentlich auch die Theorie von der mit dem Sonnenabstand steigenden Vollkommenheit der Planetenbewohner, die zudem mit höherem Lebenstempo einhergehen sollte, in der Versenkung verschwinden müssen. Doch den luftig-schnellebigen Idealgeschöpfen Kantischer Wesensart war noch eine lange Wirkungsgeschichte beschieden: nicht nur direkt in ,mediumistischen Zeichnungen' Victorien Sardous (Abb. 19) aus den 1850er Jahren, die Camille Flammarion in seinem Buch über Unbekannte kräfte

Natur-

1907/8 publizierte 19 ; sondern indirekt auch in der weiteren Entwicklung der

theoretischen Biologie.

Karl Ernst von Baer Mit Kants beschleunigten oder verzögerten Zeitläufen für Bewohner verschiedener Planeten hatte sich also die Frage nach absoluten Maßstäben des subjektiven Erlebens gestellt. Eberty hatte mathematisch konsequenter argumentiert, daß ein verdoppeltes (also auch halbiertes), tausend- u n d millionenfach schnelleres (oder langsameres) Lebenstempo in entsprechend bewegten Umwelten gar nicht bemerkt werden würde, daß also Zeit, ebenso wie der Raum, letztendlich nur eine menschliche Auffassungsform sei. Dieses Konzept wurde - um die schon angedeutete Propagationslinie fortzusetzen - dreizehn Jahre später von dem berühmten Estländer Biologen Karl Ernst von Baer (1792-1876) aufgegriffen und zum Gedankenspiel von jeweils tausendfach beschleunigten 29 Tage- und 40 Minuten-Menschen oder entsprechend verzögerten Jahrtausend- u n d Jahrmillionenmenschen entwickelt, deren radikal veränderte Wahrnehmung ihrer nun allerdings nicht mitbeschleunigten oder mitverlangsamten Umwelten er eindrucksvoll beschrieben hat. „Ueberhaupt scheint der Puls in gewisser Beziehung mit der Schnelligkeit von Empfindung und Bewegung zu stehen." Mit dieser Mutmaßung kam von Baer 1 8 6 0 - i n einem Vortrag mit dem Titel Welche Auffassung

der lebenden

Natur

ist

die Richtige? - zur artspezifischen Verkörperung seiner dann häufig zitierten Überlegungen; Ebertys hypothetische Verdoppelung der Herzfrequenz lieferte den Auftakt: „Beim Kaninchen folgen sich die Pulsschläge 2 Mal so schnell als beim Menschen und beim Rinde fast 2 Mal so langsam. Sicher erfolgen Empfinden und

18

Ebenda.

19

Camille Flammarion: Des Forces naturelles inconnues, Paris 1907; deutsch: Unbekannte Naturkräfte 1908, S. 29 ff Tf. II und III.

47

Zwischen den Sternen

Abb. 20: Karl Ernst von Baer, Portrait, St. Petersburg 1864.Tartu, Baer-Museum.

Bewegung bei jenen Thieren auch viel schneller als bei diesen. Es erleben also die Kaninchen in derselben Zeit bedeutend mehr als die Rinder." Mit diesen Mutmaßungen wolle er darauf aufmerksam machen, so Baer, daß das innere Leben in derselben äußeren Zeit bei Menschen und verschiedenen Tieren erheblich rascher oder langsamer verlaufen könne u n d daß dementsprechend auch die Wahrnehmung ihrer Umwelt - diesen Uexküllschen Schlüsselbegriff hat von Baer noch nicht benutzt, aber gemeint - sich abweichend gestalte.20 Angenommen, der Lebenslauf des Menschen verliefe viel rascher, als er wirklich verläuft, so von Baer, es würden ihm alle Naturverhältnisse ganz anders erscheinen. Denken wir uns einmal, sein Leben wäre auf den tausendsten Teil beschränkt. Er

20

Karl Ernst von Baer: Welche Auffassung

der lebenden Natur ist die richtige? Und wie ist

diese Auffassung auf die Entomologie anzuwenden? Zur Eröffnung der Russischen entomologischen Gesellschaft im October 1860 gesprochen; in: Reden gehalten in Versammlungen.

wissenschaftlichen

St. Petersburg 1864, S. 237-284, spez. S. 258. Zweite seitenidentische Aus-

gabe, Braunschweig 1886.

48

III. Zeitmaße des Erlebens

wäre schon sehr hinfällig, wenn er 29 Tage alt ist, gleichwohl aber fähig, im Zeitraum eines Pulsschlages sechs bis zehn sinnliche W a h r n e h m u n g e n aufzufassen. Er würde gar Manches sehen, was wir nicht zu sehen vermögen, z u m Beispiel eine vorbeifliegende Flintenkugel; u n d so fort: „Denken wir uns aber das menschliche Leben noch sehr viel mehr verkürzt, und zwar gleich auf den tausendsten Theil des schon oben verkürzten Maaßes, so würde seine Dauer nur 40, und wenn es hoch kommt 42 Minuten ausfüllen. Bliebe die übrige Natur dabei völlig unverändert, sie würde uns doch wieder ganz anders erscheinen. [ . . . ] Alle Töne, welche wir hören, würden freilich für solche Menschen u n h ö r b a r sein, wenn ihr Ohr ähnlich organisiert bliebe als das unserige, dagegen würden sie vielleicht Töne vernehmen, die wir nicht hören, ja vielleicht würden sie sogar das Licht, welches wir sehen, nur

hören.""

Und Anderes mehr. Wie er das menschliche Leben im Verhältnis zur Außenwelt verkürzt u n d gleichsam in sich verdichtet vorgestellt habe, so von Baer, so ließe es sich auch tausend mal verlangsamt denken. Die Sonne würde d a n n wohl, bei der scheinbaren Schnelligkeit ihrer Bewegung, einen feurigen Schweif hinterlassen; u n d so weiter. „Wenn wir das tausendfach verlangsamte Menschenleben noch auf das Tausendfache langsamer annehmen, so würde ihm die äußere Natur wieder ganz anders sich zeigen. [ . . . ] Wir könnten den regelmäßigen Wechsel von Tag und Nacht nicht erkennen. Ja, wir würden die Sonne nicht einmal erkennen, sondern, wie eine rasch im Kreise geschwungene glühende Kohle als leuchtender Kreis erscheint, würden wir den Sonnenlauf nur als leuchtenden Bogen am Himmel sehen." 2 2 Der Mensch vermöge nur mit sich selbst - a n h a n d seiner sinnlichen Organisation - die Natur sowohl räumlich als auch zeitlich zu messen, so von Baers Fazit, „weil es ein absolutes Maaß nicht giebt." Welche Ansicht der Natur sei also die der Wahrheit am nächsten kommende? „Ohne Zweifel die, welche aus dem größeren [mehr Zeit umfassenden] Maaßstabe hervorgeht. [...] Der Maaßstab für ihre Wirksamkeit kann nie zu groß sein, sondern ist immer zu klein." 2 3 —Welches war aber der denkbar größte Maßstab? Ebertys Weltgeschichte in einem einzigen Augenblick? Zu solchen Extremen hat von Baer nicht Stellung g e n o m m e n ; so, wie er auch keine Inspirationsquellen seiner Darlegungen genannt hat. D a ß von Baer seine Überlegungen zur Naturauffassung ganz ohne Kenntnis der Ebertyschen Schrift entwickelt haben sollte, scheint mir auf G r u n d der akkuraten Übereinstimmung der genannten Beschleunigungs- beziehungsweise Verzögerungsfaktoren - zwei, vier, tausend, eine Million - extrem unwahrscheinlich. Im Gegenteil, gerade die Erhebung der subjektiven Zeitwahrnehmung z u m Maßstab macht die sinnesphysiologische Antithese z u m rein spekulativen Lichtbilderspektakel Ebertys

21

von Baer: Welche Auffassung [I860], S. 260-262.

22

Ebenda, S. 265-266.

23

Ebenda, S. 267-268.

49

Zwischen den Sternen

erst vollends verständlich. Aber auch für diese Wendung hatte Eberty bereits ein Stichwort geliefert: „Eine Melodie kann in verschiedenem Tempo ausgeführt werden, rascher oder langsamer, ohne dass das Wesentliche derselben dadurch geändert wird. Die Intervalle, die Reihenfolge der Töne, das Längenverhältniss der einen Note zur andern bleibt unverändert; nur der Eindruck den sie auf den Hörer macht, wird ein anderer werden, sofern nicht auch sein ganzes Lebenstempo eine verhältnissmässig entsprechende Aenderung erlitten hat." 24 — Diese Passage klingt im übrigen auch fast schon wie eine kurze Vorwegnahme des Ehrenfelsschen Gestaltwahrnehmungsexempels. 25 Auch in dieser Hinsicht hebt sich die Rolle der kleinen anonymen Schrift des Berliner Juristen heraus, von der eine wahre Lawine von wissenschaftlichen Spekulationen und eigentümlichen Weltbetrachtungsweisen ausgelöst worden ist.

Jakob von Uexküll Karl Ernst von Baer habe in meisterhafter Weise die Veränderung unseres Weltbildes geschildert, schrieb 1920 Jakob von Uexküll ((1864-1944) in seiner Biologie,

in der er die Wurzeln seiner eigenen Theorie

der Merk-

Theoretischen und

Wirkwel-

ten und Biosemiotik darlegte. Die Zahl unserer Wahrnehmungsmomente verteile sich über achtzig Sonnenjahre. Angenommen, sie würden auf nur acht Jahre - ein Jahr - einen Tag - eine Stunde zusammengedrängt, was würde dann aus unserer Weltkenntnis? Was andererseits, wenn die gleiche Anzahl von Momentzeichen den Inhalt von achthundert oder gar achttausend Sonnenjahren zu überspannen hätten? Die Baerschen Betrachtungen lehrten (bei gleichbleibender Tätigkeit unserer Sinne), daß das bewegte Weltbild sowohl bei übermäßiger Verkürzung wie Verlängerung seiner Dauer seine Bewegung einbüße. [... ] Das eine Mal würde eine abgeschossene Kugel in der Luft stillstehen, das andere Mal würde die Sonne einen leuchtenden Bogen über den Himmel spannen. 26 Die Tatsache, daß eine Bewegung nur dann wahrnehmbar ist, wenn die von ihr durchschrittenen Orte und die Momente in einem bestimmten Verhältnis zueinander stehen, könne man sich am besten klarmachen, so Uexküll in der zweiten Auflage 1928, wenn man die Erfahrungen der Kinematographie zu Hilfe nehme. Die Möglichkeit, kontinuierliche Bewegungen vorzutäuschen, indem man nacheinander ruckweis stillstehende Bilder vorführe, beruhe auf der Untermerklichkeit der benachbarten Momente. Achtzehn Bilder müßten pro Sekunde sich folgen, u m eine nicht

24

[Felix Eberty]: Die Gestirne II, 1847, S. 17.

25

Christian von Ehrenfels: Über „Gestaltqualitäten"; in: Vierteljahrsschrift für wissenschaftliche

26

Jakob von Uexküll: Theoretische Biologie, 1. Auflage, Berlin 1920, S. 51.

Philosophie XIV. 3, 1890.

50

III. Zeitmaße des Erlebens

flimmernde

Bilderreihe vorzuführen. Das stimme auch mit den Erfahrungen der

Akustik überein, denn sechzehn Schwingungen in der Sekunde würden von den meisten Menschen nicht mehr unterschieden, sondern als tiefster Ton gehört. Karl Ernst von Baer, der Begründer der Momenttheorie, habe den kleinsten, von Menschen erlebbaren Augenblick auf ein Zehntel Sekunde geschätzt. Ganz unabhängig von der Vorführungszeit der kinematographischen Bilder sei die Schnelligkeit der photographischen Aufnahmen. Man könne sie viel schneller wechseln lassen, etwa 60-100mal in der Sekunde, dann zeigten sich bei der Vorführung in normalem Tempo Vorgänge, deren einzelne Phasen auf viel zahlreichere Momente fallen, weil sie längere Zeitspannen umfassen. Sie enthüllten in der

Zeit-

lupe wesentlich mehr Einzelheiten der Bewegung. Man könne aber auch die einzelnen Aufnahmen durch längere Pausen unterbrechen, dann rolle sich bei der Vorführung der gleiche Vorgang im Ze itraffer

viel schneller ab. Man könne so Bewegungen

sichtbar machen, die sonst unsichtbar bleiben, weil sie entweder zu schnell - der Flug eines Geschosses - oder zu langsam - das Wachsen einer Pflanze - ablaufen. Die Lehre von Baers sei durch diese Errungenschaften der modernen Technik glänzend bestätigt worden, so Uexkülls Fazit 1928.27 1934 hat Uexküll die Lobeshymne auf seinen wissenschaftlichen Ahnherrn in den Streifzügen

durch

die Umwelten

von Tieren

und Menschen

definito-

risch kompakt wiederholt: „Karl Ernst von Baer gebührt das Verdienst, die Zeit als ein Erzeugnis des Subjekts anschaulich gemacht zu haben. Die Zeit als Aufeinanderfolge von Momenten wechselt von Umwelt zu Umwelt, je nach der Anzahl von Momenten, welche die Subjekte in der gleichen Zeitspanne erleben. Die Momente sind die kleinsten unteilbaren Zeitgefäße, weil sie der Ausdruck von unteilbaren Elementarempfindungen, den sogenannten Momentzeichen, sind. Für den Menschen beträgt, wie bereits gesagt, die Dauer eines Momentes 1/18 Sekunde. Und zwar ist der Moment für alle Sinnesgebiete der gleiche, weil alle Sinnesempfindungen von dem gleichen Momentzeichen begleitet werden." Es folgte wiederum die Erläuterung durch filmische Zeitlupe u n d Zeitraffer. 28 Was solche Einsichten für seine ,neue Biologie' bedeuteten, hatte Uexküll schon 1909 beschrieben: „Unsere anthropozentrische Betrachtungsweise muß immer mehr zurücktreten und der Standpunkt des Tieres der allein ausschlaggebende werden. Damit verschwindet alles, was für uns als selbstverständlich gilt: die ganze Natur, die Erde, der Himmel, die Sterne, ja alle Gegenstände, die uns umgeben, und es bleiben nur noch jene Einwirkungen als Weltfaktoren übrig, die dem Bauplan entsprechend auf das Tier einen Einfluß ausüben. Ihre Zahl, ihre Zusam-

27

Uexküll: Theoretische Biologie. 2. Auflage, Berlin 1928, zitiert nach der stw-Ausgabe 1973, S. 82-83.

28

Jakob von Uexküll, Georg Kriszat: Streifzüge durch die Umwelten von Tieren und Menschen. 1. Auflage, Berlin 1934, S. 30-31.

51

Zwischen den Sternen

mengehörigkeit wird vom Bauplan bestimmt. Ist dieser Zusammenhang des Bauplanes mit den äußeren Faktoren sorgsam erforscht, so ründet sich um jedes Tier eine neue Welt, gänzlich verschieden von der unsrigen, seine Umwelt."29 So deutlich wie Uexkülls direkter Bezug auf Karl Ernst von Baer ist letztlich auch die Abhängigkeit von der ursprünglich anstoßgebenden Überlegung Ebertys gewesen: „Denn ob irgend ein Zeitraum ein langer oder kurzer sei, das ist eine Frage, die sich nur dann beantworten lässt, und die überhaupt nur dann irgend einen vernünftigen Sinn hat, wenn wir den zu bestimmenden Zeitraum mit einem anderen, ebenfalls abgegränzten Zeitraum vergleichen können, nicht aber, wenn wir ihn mit dem als endlos und anfangslos gedachten unendlichen Zeitverlaufe, den wir »die Zeit« nennen, vergleichen." 30 —Vergleiche von Zeitskalen machten die unterschiedlichen Innenwelten verschiedener Lebewesen zu unverfälschten Gegebenheiten objektiver Forschung und nicht nur psychologischer Spekulation, das war Uexkülls erklärte Überzeugung.31 Diesen Grundgedanken seiner theoretischen Biologie verdankte er, vermittelt durch Karl Ernst von Baer, dem Berliner Juristen und Astronomieliebhaber Felix Eberty. Daß auch das filmische Prinzip von Zeitlupe und Zeitraffer, das Uexküll dann zur nachträglich .glänzenden Bestätigung' der Baerschen Lehre anführte, bereits von Eberty beschrieben worden war, gehört zu den kleinen Ironien der hier skizzierten Wissenschafts- und Mediengeschichte.

Dragon s Egg Es lohnt sich, die von Kants Planetenbewohnern angestoßenen und in Ebertys Schrift in Zehnerpotenzen ausgeweiteten Kaskaden der Zeitraffung und Zeitdehnung noch ein Stück weiter zu verfolgen. Im Jahre 1980 erschien in den USA ein in Superlativen gefeierter Science-Fiction-Roman

mit dem Titel Drachen-Ei,32

Der Autor, Dr.

Robert L. Forward (1932-2002), namhafter Raumforschungsexperte, erzählte darin die Geschichte einer Zivilisation auf einem Neutronenstern, die sich während der Entdeckung und Erkundung dieses Supernova-Überrests durch die irdische Menschheit entwickelt. Auf den extrem zusammengeschrumpften Kernen explodierter Sonnen könnten sich komplexe Verbindungen von Atomkernen bilden, so Forward, und zwar in einem wesentlich höheren Tempo als es etwa bei der Entstehung des Lebens auf der Erde der Fall gewesen sei, weil nicht die schwache Wechselwirkung von Elektronenhüllen, sondern die starke Wechselwirkung der Atomkerne selbst die Reaktionszeiten bestimme. Das denkbar phantastische Ergebnis: eine analoge Entwick-

29

Jakob von Uexküll: Umwelt und Innenwelt der Tiere, Berlin 1909, S. 6.

30

[Felix Eberty]: Die Gestirne II 1847, S. 16-17.

31

Uexküll: Umwelt und Innenwelt 1909, S. 6.

32

Robert L. Forward: Dragon's Egg, New York 1980.

52

III. Zeitmaße des Erlebens

lung von intelligenten Lebewesen in wenigen tausend Jahren. Die amöbenartigen Bewohner des,Drachen-Eis1, dessen gewaltiger Geburtsblitz vor einer halben Million Jahre auf der Erde einen massiven Schub von Mutationen ausgelöst und so entscheidend zur Menschwerdung beigetragen hätte, würden lediglich eine Lebenszeit von etwa zwanzig Erdminuten haben, so Forward. Gleichwohl könnten sie auf Grund der sehr schnellen Atomkernreaktionen ein subjektiv langes, schlafloses Leben auf ihrem glühend heißen, extrem schnell rotierenden Heimatstern von nur wenigen Kilometern Durchmesser führen. Auffällig ausführlich hat der Autor begründet, warum das Verhältnis der persönlichen Lebenszeitskalen von Menschen und cheela,

so der fik-

tive Name der Neutronensternbewohner, eins zu eine Million betragen würde. Mag schon dieses runde Zahlenverhältnis gelinde an von Baers Darlegungen erinnern, so ist auch die ganze interstellare Begegnung der beiden Zivilisationen in ständig abweichenden und daher nur schwer zu koordinierenden, aber höchst überraschenden Wechselwirkungen von Wahrnehmungsabläufen erzählt, die wie intelligente Übertreibungen Uexküllscher Perspektiven anmuten. Die sich nähernden menschlichen Raumfahrzeuge werden zu prophetisch gedeuteten Himmelserscheinungen; während der wenigen Tage ihrer riskant nahen Neutronensternumkreisung durchläuft die cheela

-Zivilisation eine irdischen Jahrtausenden entsprechende Kul-

turgeschichte; und beim Abschluß der menschlichen Expedition haben die ,Drachen-Ei'-Bewohner die Technologie und Wissenschaft ihrer Besucher bereits weit hinter sich gelassen. Höhepunkt des Romans ist der Gegenbesuch eines golfballgroßen cheela

-Raumschiffs noch während der Nahumkreisung. Eine lange Sekunde -

vierundzwanzig reglose .Stunden' für cheela

-Astronauten, um in menschlicher Sicht

klar erkennbar zu sein - schweben sich Mensch und Neutronensternbewohner Auge in Auge gegenüber: ein pfefferkorngroßes Beiboot mit strahlend-schillerndem

chee-

/a-Piloten auf der einen Seite; auf der anderen ein humanes Gargantua-Schemen im fahlen Licht sanfter Röntgenscheinwerfer. Es reicht für zwei menschengerecht zerdehnte Worte der Begrüßung: „Hello Pierre!" In der Science-Fiction

sind manche Vorläufer dieser bizarren Begegnungsge-

schichte zu finden. Sie alle operieren mit gedehnten oder gerafften Zeitskalen, wenn auch meist in kleineren Ausmaßen.33 Die von Karl Ernst von Baer propagierten und von Uexküll systematisierten physiologischen Umweltbetrachtungsweisen scheinen dort reichlich Früchte getragen zu haben. Den ,Drachen-Ei'-Roman hebt aber das exakte Zeitskalenverhältnis von eins zu einer Million aus seinem literarischen Umfeld heraus. Ist hier also die von Eberty aufgebrachte Beschleunigung um den Faktor tausend mal Tausend direkter im Spiel gewesen? Forward arbeitete für die Raumfahrtabteilung der Hughes Corporation und stellte in den siebziger Jahren eine

33

Typisch die Kurzgeschichte von Eric Frak Russell: The Waitabits. Dort entspricht ein Tag der Außerirdischen einem menschlichen Jahr.

53

Zwischen den Sternen

Interstellar

Travel

and Communication

bibliography34zusammen;sieläßt

darauf schließen, daß er umfassende Kenntnis der einschlägigen Fachliteratur und science fiction besaß und auch den anonymen Frühklassiker kannte. — Kehren wir mit dieser Vermutung aus der Zukunft wieder in die Vergangenheit zurück.

Christian Dopplers Effekt Ebertys hypothetische Lichtbilderinspektoren hätten bei ihren rasanten Ortswechseln im Weltenraum eigentlich ähnlich radikalen Verschiebungen der Sinneseindrücke ausgesetzt sein müssen wie von Baers beschleunigte oder verlangsamte 40 Minutenoder Jahrmillionenmenschen. Und noch fundamentalere physikalische Einschränkungen kamen hinzu: Bereits 1842 hatte der österreichische Physiker Christian Doppler (1803-1853) erstmals mit dem nach ihm benannten Effekt die Variabilität von Sinneseindrücken in Abhängigkeit von Bewegungen dargelegt. - Aber nicht der heutigentags vor allem mit seinem Namen verbundene akustische

Doppler-Effekt

war sein Ausgangspunkt gewesen, sondern das farbige

Doppelsterne.35

Licht der

Nach der ursprünglichen Vibrationshypothese sei bekanntlich die Farbempfindung eine unmittelbare Folge der in gewissen Zeitintervallen regelmäßig aufeinanderfolgenden Wellenschläge des Äthers, so Doppler. Die Intensität des farbigen Lichts hänge lediglich von der Größe der Exkursionen [Schwingungsbewegungen] der einzelnen Ätherteilchen ab, welche die Netzhaut des Auges berühren. Alles, was demnach das Zeitintervall zwischen den einzelnen Ätherstößen verändere, ziehe notwendig eine Änderung der Farbe nach sich, während die Intensität des Lichts von der Energie der Wellenschläge abhänge. Aber man habe bisher völlig vernachlässigt, da-

34

Eugene F. Mallove and Robert L. Forward: Bibliography nication - 1; in: Journal

of the British Interplanetary

1974), pp. 921-943. - dto: Bibliography Journal

of the British Interplanetary

- dto: Bibliography Interplanetary Bibliography

of Interstellar

of Interstellar

Travel and Communication

- 2; in:

Society, 28, Number 3 (March 1975), pp. 191-219.

Travel and Communication

of Interstellar Travel and Communication

- 3; in: Journal of the British

CHRISTIAN DOPPLER:

- August 1975 Update·, in: Journal

of

Society, 29, Numbers 7 - 8 (July-August 1976), pp. 494-517. - dto

and J. Lehmann: Interstellar British Interplanetary Himmels.

Commu-

Society, 28, Number 6 (June 1975), pp. 4 0 5 - 4 3 4 . - d t o and Zbigniew Paprotny:

the British Interplanetary

35

of Interstellar Travel and

Society, 27, Number 12 (December

Travel and Communication:

A Bibliography;

in: Journal of the

Society, 33 (June 1980), pp. 201-248. Ueber das farbige Licht der Doppelsterne

Versuch einer das Bradley'sche Aberrationstheorem

schliessenden allgemeineren

Theorie; in: Abhandlungen

und einiger anderer Gestirne des als integrirenden

der Böhmischen

Theil in sich

Gesellschaft der Wis-

senschaften V. Folge, Bd. 2, 1842. - Repr. in: Ostwalds Klassiker der exakten

Wissenschaften

Band 161. Schriften aus der Frühzeit der Astrophysik von Christian Doppler, Frankfurt/Main 2002, S. 5 - 7 .

54

III. Zeitmaße des Erlebens

Abb. 21: Christian Doppler, Portrait; nach: Schriften aus der Frühzeit der Astrophysik,

Leipzig o. J.

nach zu fragen, wie die Äther- oder auch Luftschwingungen von den Sinnesorganen aufgenommen und empfunden werden. Solange man voraussetze, daß sowohl der Beobachter als auch die Wellenquelle ihre anfänglichen Orte beibehalten, würden die subjektiven Bestimmungen mit den objektiven vollkommen übereinstimmen. Wie aber, wenn entweder der Beobachter oder die Quelle oder gar beide ihren Ort veränderten, sich voneinander entfernten oder einander näherten; und dieses mit Geschwindigkeiten, welche an die der Wellenfortpflanzung heranreichten? — Dopplers zunächst anschaulich, dann mathematisch gefaßte Antwort: Wie ein Schiff, welches den andringenden Wellen gerade entgegensteuere, in derselben Zeit eine größere Anzahl und viel heftigere Wasserwellenschläge erleide, so sei auch mit einer Häufung und Steigerung der Äther- oder Luftwellen bei gegenläufiger Bewegung zu rechnen; und so weiter. Solche bildhaft untermauerten Vorüberlegungen brachten Doppler zu der Vermutung, die Lichtwellen von Doppelsternen, die einander rasch umkreisen, sowie von sogenannten periodisch Veränderlichen könnten so stark gerafft oder gedehnt sein, daß sie für menschliche Augen nicht nur farblich weitgehend ver-

55

Zwischen den Sternen

ändert, sondern unsichtbar würden; - denn sogar Sternbewegungen mit Überlichtgeschwindigkeit hielt Doppler für möglich und ist damit auf Kritik erfahrener Sternbeobachter gestoßen.36 Seit der Entdeckung der Infrarot- und Ultraviolettstrahlung in den Jahren 1800/01 hatte man sich zunehmend bewußt gemacht, daß der Mensch mit seinen Sinnesorganen nur schmale Fenster in die Welt der mechanischen, Schall-, Wärmeund Lichtschwingungen öffnen kann. Daß Eberty den sternenbezogenen DoppierEffekt, der für seine Betrachtungen doch von grundlegender Relevanz hätte sein müssen, nicht in seine Spekulationen mit einbezogen hat, könnte auf den entlegenen Publikationsort zurückzuführen sein. Dopplers erster Aufsatz wurde in den lungen

der Böhmischen

Gesellschaft

der Wissenschaften

Abhand-

gedruckt. Aber es

hatte kritische Rezensionen, ζ. B. des hochrenommierten Berliner Hofraths und Dorpater Sternwartendirektors Mädler, und empfindliche Repliken Dopplers gegeben, von denen Eberty gehört haben könnte.37 Gleichwohl hat Eberty auch später die Auswirkungen des Doppler-Effekts auf seine rasch bewegten Weltraumbeobachter nicht in Betracht gezogen. Hätte deren Wahrnehmung nicht wegen der extrem gequetschen oder zerdehnten Ätherwellen versagen müssen? Wie mochten Lichtbilder überhaupt aussehen, wenn man sich neben ihnen mit Lichtgeschwindigkeit bewegte? Für prinzipielle Gedankenexperimente, die in höchster Instanz den Allmächtigen selbst als Bilderinspektor bemühten, mögen solche Fragen eher zweitrangig erschienen sein. — Wie immer es sich verhalten haben mag: Vorerst bleibt nur festzuhalten, daß Ebertys astronomische Phantasien schon zum Zeitpunkt ihrer Publikation physikalisch in Frage gestellt waren. Aber das hat ihrer ungeheuren Wirkungsgeschichte keinen Abbruch getan.

36

Eelsalu & Herrmann 1985, S. 54 zur Kritik Mädlers an Dopplers Einschätzungen.

37

Christian Doppler: Lieber das farbige Licht der Doppelsterne, auf eine von Herrn Dr. Mädler im Stuttgarter Morgenblatte

mit vorzüglicher

Bezugnahme

Nr. 51 erschienene Recension

einer

unter obigem Titel verfassten Druckschrift. In: Oesterr. Blätter für Literatur und Kunst 1844, Nr. 15. Reprint Ostwalds Klassiker, Band 161, S. 2 5 - 3 4 .

56

IV. Geschäfte auf Erden

H. Bailliere, Publisher Die ersten publizistischen Reaktionen auf Ebertys neuartige Bildwissenschaft hatten schon unmittelbar nach Erscheinen des ersten Heftes eingesetzt. Der Londoner Verlag Bailliere brachte noch im Erscheinungsjahr 1846 eine anonyme Übersetzung unter dem Titel The Stars Eternity

and the Earth;Thoughts

upon

Space,

Time

and

heraus. 1847 folgte sofort eine definitiv nicht autorisierte Übersetzung des

zweiten Teils. Wie aus einer Drucknotiz im deutschen Original hervorgeht, hat Eberty offenbar einen Lizenzvertrag mit Bailliere geschlossen, sich aber das Recht der eigenen Übersetzung ins Englische sichern wollen. Die Drucknotiz lautet: „Der Verfasser behält sich das Recht vor, eine englische Uebersetzung zu liefern, und hat das, nach dem Vertrage vom 13. Mai 1846 verlangte Exemplar in London deponirt." Das setzte doch mindestens wechselseitig bekannte Postanschriften voraus?! Bailliere selbst hat später eine gänzlich andere Version der Publikationsgeschichte verbreitet. "Mr. Bailliere informed me that the manuscript of this little treatise came to him anonymously, accompanied by a sum of money to defray part of the expense of publication; and that all his exertions to discover the author had been unavailing. A rare example of literary bashfulness!" Diese Fußnote fügte Robert Dale Owen (1801-1877), der engagierte Kämpfer gegen Sklaverei und spätere tualist

spiri-

(Spiritist), 1871 einer kurzen Erwähnung der Eberty-Schrift in seinem Buch

Das streitige

Land1

hinzu, ohne zu ahnen, daß er einen merkwürdigen Wider-

spruch dokumentierte. Oder hat Eberty tatsächlich versucht, aus Berufsgründen - er war damals noch preußischer Justizbeamter - den Status der Anonymität auch gegenüber dem Londoner Verleger zu wahren? — Wie immer es sich im Einzelnen abgespielt haben mag, Bailliere setzte auch den zweiten Teil ohne jede Namensnennung in

1

Robert Dale Owen: The Debatable Land between this world and the next, London 1871, p. 424. Amerikanische Ausgabe, New York 1872, p. 527.

57

Zwischen den Sternen

Umlauf, der bald in Eins verlegte Zweiteiler wurde ein Riesenerfolg, in England und Amerika wurden viele Nachdrucke und Neuauflagen in tausenden von Exemplaren verkauft; die Gesamtzahl m u ß in der Größenordnung von mehreren zehntausend gelegen haben. 2 "Fourty-eight

small

pages,

suggesting

food

for a life of thought",

lautete die

Quintessenz einer der zahlreichen lobenden Pressestimmen, die schon bei Erscheinen des zweiten Teils 1847 mitzitiert wurden. Die erste amerikanische Ausgabe von 18493, der dritten englischen nachgedruckt, warb mit einem in den Reprints immer wieder beigefügten, sehr bemerkenswerten Empfehlungsschreiben vom 24. Juli 1849, in dem bereits der Bezug zu Babbages atmosphärischem Kriminalarchiv hergestellt wurde. "This little book, »The Stars and the Earth«, takes up, in its first part, the phenomenon of light, and from it shows, with great clearness, how the past may be actually present to God, and become hereafter actually present to men. As Babbage, in his »Ninth Bridgewater Treatise«, demonstrates that the shores of the ocean shall, through eternity, reecho the shriek of the drowning slave, whom his Christian captor may have thrown overboard to lighten the ship, when hard pressed by pursuing police-boats of the nations, so does this unknown author show that we need only be present at a sufficient distance to have at this instant the testimony of eyesight to the monstrous guilt. " Und so weiter. — Der Autor der Empfehlung, Reverend Thomas Hill, war Prediger, Amateurastronom und späterer 21. Präsident der Harvard University. 1874 hat Hill selbst die vierte und 1882 die fünfte amerikanische Auflage der immer noch anonymen Eberty-Schrift herausgegeben. 4 Das erstaunliche Büchlein, das belegen die einschlägigen Erwähnungen 5 , wurde dank seines namhaften Herausgebers ganz in der Traditionslinie angloamerikanischer Wissenschaftstheologie gesehen. Von diesem namenlosen bestseller-Erfolg im Ausland hat der deutsche Autor wenig profitiert. Nicht einmal sein Name, dessen Anfangs- und Endbuchstabe FY immerhin die Originalversion geziert hatten, fand Eingang in die englischsprachige Gelehrtenwelt, als es Eberty schließlich 1874 gelang, die deutschen Verlagsrechte zurückzugewinnen u n d eine leicht überarbeitete Neuausgabe unter seinem vollen Namen herauszubringen. 6 2 3

Die Zählweise von Auflagen und Auflagenhöhen ist nicht eindeutig; siehe weiter unten. The Stars and the Earth; Thoughts upon Space, Time and Eternity. Boston: W. M. Crosby and H. P. Nichols, 1850.

4

Aus einer der von Hill kommentierten amerikanischen Ausgaben dürfte Gregorius Itelson seine Babbage-Hinweise übernommen haben.

5

In Auswahl: Henry B. Smith (Prof. of Ecclesiastical History): Inaugural Address, New York Feb. 12, 1851 (Christian Pamphlets vol. 2, 1851-1864, p. 28.) - Life and Letters of Frederick W. Robertson, ed. by Stopford A. Brooke, Boston 1870, p. 79.

6

Felix Eberty: Die Gestirne und die Weltgeschichte / Gedanken über Zeit, Raum und Ewigkeit, J. U. Kern's Verlag, Breslau 1874.

58

IV. Geschäfte auf Erden

Edgar Allan Poe Nicht auszuschließen ist, daß auch schon Edgar Allan Poe (1809-1849) von der englischen Erstausgabe, die frühzeitig nach Amerika gelangt sein muß, mit zu seiner kosmologischen Heureka-

Schrift angeregt wurde. 7 Ist er bei seinen journalistischen

Aktivitäten in New York auf die englische Version der Eberty-Schrift gestoßen? Poe hat sein kosmologisches Poem Alexander von Humboldt gewidmet, war also für dessen Weltraumperspektiven sehr empfänglich. Sein .Gedicht', das derzeit dank seiner dynamischen Weltallsicht als hellsichtige Vorwegnahme der

big-bang-Theorie

gewürdigt wird 8 , enthält zumindest eine kurze Passage, die auch wie ein Echo der rasanten Beobachterbewegungen Ebertys klingt: "[There is] a choice between two modes of discussion: we may ascend or descend. Beginning at our own point of view, at the Earth on which we stand, we may pass to the other planets of our system, thence to the Sun, thence to our System considered collectively, and thence, through other systems, indefinitely outwards. Or, commencing on high at some point as definite as we can make or conceive it, we may come down to the habitation of man. Usually, that is to say, in ordinary essays on astronomy, the first of these two modes is, with certain reservations, adopted." 9 — Die Gegenüberstellung der beiden Betrachtungsweisen kann man aus Humboldts Kosmos

ableiten;

aber die ausgeprägte Betonung von .Aufsteigen' und ,Absteigen' läßt doch aufhorchen und an Eberty denken. Dessen extreme Betrachterbewegungen könnte Poe dann durch eine objektive Dynamik des Weltalls selbst ersetzt haben. Ist

Heureka

also auch eine Art Gegenentwurf und unausgesprochene Antwort auf The and the Earth

Stars

gewesen?

Die Antwort fällt zwar nach derzeit verfügbaren Indizien 10 eher negativ aus, aber es bleiben eigentümliche Übereinstimmungen und ostentative Abweichungen. So fällt auf, daß Poe sich mit großem Nachdruck auf die elementare Gesetztmäßigkeit berufen hat, daß Lichtintensität mit dem Quadrat der Entfernung abnimmt; so, als habe er nebenbei einer unendlichen Fernsicht ä-la-Eberty die optisch-physikalische Grundlage entziehen wollen. Andererseits hat er betont, "that space and duration are one", und sich bemüht, darzulegen, "that the universe might endure

7

Edgar Allan Poe: Eureka. A Prose Poem, G. B. Putnam 1848. - Neuausgabe: Heureka. An Essay on the Material and Spiritual Universe, London 2002.

8

Tom Siegfried: Strange Matters. Undiscovered Ideas at the Frontiers of Space and

Time,

Washington, D.C. 2002, p. 115 ff. 9 10

Poe: Eureka 2002, p. 15. Patrick F. Quinn: The French Face of Edgar Allan Poe, Carbondale 1957. - Margaret Alterton: Origins ofPoe's Critical Theory, New York 1965. - Thomas Hansen with Burton R. Pollin: The German Face of Edgar Allan Poe: A Study of Literary References in His Works, Columbia 1995.

59

Zwischen den Sternen

throughout an aera at all commensurate with the grandeur of its component material portions and with the high majesty of its spiritual purposes [ . . . ] . " " Poes pulsierendes Universum erinnert schließlich auch an jene Raumkontraktionen, die Eberty im Nachsatz zu seinen Zeitbeschleunigungen erwähnt hat: „Ebensowenig aber, wie eine Reduction aller Längenmaasse auf die Hälfte von uns wahrgenommen werden könnte, ganz ebenso und völlig unbemerklich würde auch eine Millionen- und Billionenfache Verkleinerung an uns vorübergehen, der wir unterworfen würden; und wir würden uns, wenn unser Fixsternsystem plötzlich mit Allem was es enthält, zu der Grösse eines Sandkornes sich zusammenzöge, in dieser kleinsten Welt mit derselben Unbefangenheit und Bequemlichkeit regen und bewegen, mit der wir in dieser uns so gross erscheinenden Schöpfung leben, weben und sind." Aber Eberty hatte auch hinzugefügt: „Eine Veränderung wäre mit der Welt überhaupt, so lange nicht eine zweite Welt ausserhalb derselben gedacht wird, gar nicht vorgegangen, und die Frage, ob eine solche Veränderung stattgefunden, würde in Bezug auf den Raum ebensowenig Sinn haben, als die ähnliche Frage oben in Bezug auf die plötzlich beschleunigte Zeit hatte." 12 — War das einer der Steine des Anstoßes für Poe gewesen? Neben anderen, zum Beispiel den ,magnetischen Vorlesungen' über Prinzipien

der Natur,

mit denen der Spiritist

Andrew Jackson Davis 1846/47 in New York viel Aufsehen erregte? Darin war auch von einer Art feurigem Urknall u n d einem dynamischen Univercoelum

die Rede

gewesen. 13 So oder so: die Eberty-Schrift m u ß in New York und anderen Städten der USA auf äußerst fruchtbaren Boden gefallen sein.

11 12

Poe: Eureka 2002, p. 87. F. Y. 1847, S. 22. - Diese Prospekte der ähnlichen (verkleinerten und vergrößerten) Welten waren, wie Gregor Itelson in seiner Einleitung 1923/25 notierte, zum ersten Male von Malebranche (De la Recherche de la Verite, 1. I, chap. 6) aufgebracht worden; von ihm hätte wohl Swift die Anregung zu seinen Liliputanern und Brobdingnag-Riesen erhalten. Sodann wurde der Gegenstand behandelt von Condillac (Traiti des sensations, 1754, I, 4), Laplace (Exposition du systime du monde, 1796,1. v. ch. 5), Balmes (Filosofia fundamental, 1846, deutsch von Lorinser: Fundamente der Philosophie, 1855-56, Buch 7, Kap. 5 und 6), Renouvier (Traite de logique, ch. 54), Delboeuf (Essais de logique scientifique, 1865, p. 276 ss.; Megamicros 1893; Revue philosophique, 1894, janv.), Bouasse (Introduction ä l'&ude des Tories

de la mecanique), Poincare in seinen bekannten Schriften und Lechalas (Etude sur

l'espace et le temps, 2. ed. 1910, p. 198 f.). 13

Andrew Jackson Davis: Principles of Nature, Her Divine Revelations, and A Voice to Mankind, New York, S. S. Lyon and Wm. Fishbough. 1847. - Deutsch: Die Prinzipien der Natur, ihre Göttlichen Offenbarungen und eine Stimme an die Menschheit, übersetzt von Gregor Constantin Wittig, Leipzig 1889; mit umfangreicher Dokumentation.

60

IV. Geschäfte auf Erden

Edward Hitchcocks Religion Offenkundig ist die nachhaltige Wirkung, die Ebertys Schrift auf einen namhaften Paläontologie-Pionier der Vereinigten Staaten, auf Edward Hitchcock 14 (1793-1864) ausübte. In dessen wiederholt aufgelegter l e c f u r e - S a m m l u n g mit dem Titel The Religion

of Geology

and

its Connected

Sciences

von 1851 ist ein ganzes

Kapitel der systematischen Fortsetzung Babbage-Ebertyscher Perspektiven gewidmet, wie sie Thomas Hill in seinem Vorwort von 1849 skizziert hatte. Die vielsagende Überschrift lautet: The Telegraphic

System

of the Universe. Babbage habe die ar-

chivierende Wirkung ganz auf die Erdkugel und ihre Atmosphere beschränkt. Wenn es n u n aber ein feines u n d extrem elastisches Medium zwischen den Welten gebe, so Hitchcock, dann ließe sich die Idee des ingeniösen Mathematikers ausweiten. Stelle man neben mechanischen Reaktionen auch optische ( o p t i c a l reactions)

in Rech-

nung, dann könne zwischen den zehntausend mal zehntausend Sternen ein riesiges Panorama der gesamten Weltgeschichte ausgebreitet sein, wie der unbekannte Autor von The Stars

and the Earth

zuerst ausgeführt habe. Aber dürfe man nicht noch

einen Schritt weiter gehen und sich fragen, ob die beschriebene Fernsicht auch abgeschiedenen menschlichen Geistern zuteil werde? — Nach dieser Frage, die der nüchterne Eberty wohlweislich vermieden hatte, widmete sich Hitchcock bislang nicht erörterten Weiterungen des gegebenen Ansatzes, nämlich den Archivierungs-,Reaktionen' von Elektrizität, Reichenbachschen Odwirkungen, Photochemie und,dunkler' Strahlung (einer Art Röntgenstrahlung), artenspezifisch-organismischem Gruppenverhalten, rein mental-telepathischen Wechselwirkungen und schließlich seinem Spezialgebiet, dem Prinzip der geologischen Spuren-Archive; das meinte die von ihm erforschten versteinerten Fährten von Dinosauriern; sie alle sollten nach dem von Babbage eingeführten, von Eberty erweiterten Konzept der Informationserhaltung Zeugnis geben: "Here, then, we have the register of so slight an action as an increased or diminished action of a particular muscle of the leg. Nay, further, such a movement affords us an infallible register of an act of the animal's will, since that must have preceded the change; and that implies an electric current, first inward along the sensor nerves, and then outward alsong the motor nerves. [...] Thus we have in the stony volume of the earth's history actual examples of effects resulting from the acts, and even volitions, of the inferior animals, which can never be erased while the rocks endure." 15

14

Pläne, Astronomie zu studieren, mußte Hitchcock wegen eines Augenleidens aufgeben; er wurde Pastor und 1825 Professor für Geologie und Chemie, dann für .Natural Theology and Geology' am Amherst College. 1835 publizierte er seine Untersuchungen über ,fossilized tracks of giant birds' im Connecticut River Valley, die ihn berühmt machten.

15

Edward Hitchcock: The Religion of Geology and its Connected Sciences, 1851, p. 352-353.

61

Zwischen den Sternen

Für intelligentere Wesen wie M e n s c h e n verhieß das u n g e h e u r e zukünftige Eins i c h t s m ö g l i c h k e i t e n : "It is as if t h e u n i v e r s e w e r e o n e v a s t p i c t u r e g a l l e r y , in s o m e p a r t of w h i c h t h e e n t i r e h i s t o r y of t h i s w o r l d , a n d of e a c h i n d i v i d u a l , is s h o w n on c a n v a s , s k e t c h e d by c o u n t l e s s a r t i s t s , w i t h u n e r r i n g skill. It is as if e a c h m a n h a d his foot upon the point where ten t h o u s a n d telegraphic wires meet from every part of t h e u n i v e r s e , a n d he were able, w i t h e a c h v o l i t i o n , to s e n d a b r o a d an i n f l u e n c e a l o n g t h e s e w i r e s , so as to r e a c h e v e r y c r e a t e d b e i n g in h e a v e n a n d in e a r t h . [ . . . ] Every m o v e m e n t of m a t t e r a r o u n d u s , h o w e v e r i n f i n i t e s i m a l , w o u l d b e f r e i g h t e d w i t h new k n o w l e d g e , p e r h a p s f r o m d i s t a n t s p h e r e s . Every ray of light t h a t m e t o u r gaze f r o m t h e b r o a d h e a v e n s a b o v e us w o u l d p r i n t an i m a g e u p o n o u r v i s u a l o r g a n s of e v e n t s t r a n s p i r i n g in d i s t a n t w o r l d s , w h i l e e v e r y e l e c t r i c a l f l a s h m i g h t c o n v e y s o m e i d e a to o u r m i n d n e v e r b e f o r e t h o u g h t of. Every c h e m i c a l ray, t o o , m i g h t i n f o r m u s of s c e n e s f a r off in t h e r e g i o n s of n i g h t ; a n d t h e n w h o c a n calc u l a t e w h a t o r g a n i c a n d m e n t a l i n f l u e n c e s m i g h t b e t r a n s m i t t e d to u s f r o m b e i n g s of all r a n k s a n d s c a t t e r e d t h r o u g h all w o r l d s ?" 16

Bei so vielfältigen Wechselwirkungen ist Hitchcock allerdings die grundlegende Voraussetzung der Ebertyschen Imaginationen, die unumgängliche zeitliche Vergangenheit aller Fernwahrnehmungen, weitgehend abhanden gekommen. Der pastorale Duktus seiner Darlegungen hat sich mehr und mehr zur theologischen Simultananschauung gesteigert, wie es der Lecture-Titel vom kosmischen Telegraphensystem nahelegte. Gleichwohl hat Hitchcocks,Predigt' am Anfang einer weitläufigen Rezeption der Eberty-Schrift in den Vereinigten Staaten17 gestanden, die vermutlich direkt bis zu Forwards Dragon's Egg reicht.

Camille Flammarion Am nachhaltigsten sind Ruhm und Profit der Ebertyschen Ideen einem Franzosen zugefallen, der ein begnadeter Requisiteur und Popularisator war. Camille Flammarion (1842-1925) veröffentlichte im Jahre 1867 Lumen, r e d t d'outre terre18, die 16

Hitchcock: Religion 1851, p. 353.

17

Zum Beispiel: Claude Bragdon (1866-1946), theosophisch angehauchter Architekt, hat am Ende seines Lebens an einem Buch mit dem Titel The Veil of Maya gearbeitet, das Ebertys Schrift nacherzählte; deren amerikanische Version hatte er als Kind von seinem Vater erhalten. - Siehe: Eugenia Victoria Ellis: abstract for Rethinking Space and Time Across Science, Literature, and the Arts. 17th Annual Conference Society for Literature and Science, Austin/ Texas Oct. 2003.

18

Camille Flammarion: Lumen, r&it d'outre- terre·, in: Revue du χιχ" siecle, n°11,1» fevrier 1867, pp. 163-184. Die Fortsetzungen erschienen in: L'Artiste, revue dirigee par Ars£ne Houssaye. - Angaben zitiert nach: Danielle Chaperon: Camille Flammarion. Entre astronomie et litterature, Paris Editions Imago 1998.

62

IV. Geschäfte auf Erden

.

V

"

Abb. 22: Camille Flammarion, Portrait-Stich aus: Luftreisen

von Glaisher,

Flammarion

[ . . . ] , Leipzig 1872.

e r s t e v o n v i e r E r z ä h l u n g e n , d i e v o n 1 8 7 2 a n u n t e r d e m T i t e l Recits

de

l'infini

mit

z w e i a n d e r e n T e x t e n als B u c h 1 9 z u s a m m e n g e f a ß t u n d 1 8 8 7 i n g e k ü r z t / e r w e i t e r t e r , d a n n a u c h i l l u s t r i e r t e r F a s s u n g u n t e r d e m T i t e l Lumen20

g r o ß e A u f l a g e n z a h l e n er-

r e i c h t e n . U m 1 9 0 0 ist i n B e r l i n s o g a r e i n e d e u t s c h e Ü b e r s e t z u n g e r s c h i e n e n , d i e G e schichte der W e l t r a u m p e r s p e k t i v e n also an ihren b i o g r a p h i s c h e n U r s p r u n g s o r t zurückgekehrt.21

19

Camille Flammarion: Recits de l'infini. Lumen.

Histoire

d'une comete.

Dans l'infini,

[1872]

Paris 1873. 20

Camille Flammarion: Lumen.

Illustrations de L u d e n Rudaux, Paris o. J. [ 1 8 8 7 ] . - Z u r litera-

rischen Einordnung die lesenswerte Einführung von Brian Stableford zu seiner Neuübersetzung von Camille Flammarion: Lumen. 21

Middletown C T 2002, pp. I X - X X X V .

Camille Flammarion: Lumen. Wissenschaftliche

Novellen.

Autorisiserte Übersetzung aus dem

Französischen von Anna Rau, Berlin 1900. Enthält die erweiterten Recits und Die eines

Kometen.

63

Geschichte

Zwischen den Sternen

Abb. 23: Camille Flammarion am Fernrohr, Photographie; in: Bürgel: Aus fernen Welten, Berlin 1910, S. 19.

In Flammarions recits steht ein Verstorbener, Lumen genannt, einem neugierigen Lebenden - Qucerens, dem .Fragenden' - Rede und Antwort. Gleich die erste Illustration der französischen Ausgabe von 1887 (Abb. 24) zeigt einen Astronomen in Denkerpose, dem eine übermenschlich große Geistererscheinung zur Seite steht. Ein Vergleich mit entsprechenden Flammarion-Portraits (Abb. 23) belegt, daß der Autor sich persönlich in einer Doppelrolle gesehen wissen wollte: als fragender Forscher, und als jenseitiger Erleuchteter. Weitere Bilder präsentierten den vergeistigten Doppelgänger meist als Rückenfigur, der die Fernsichten in Raum und Zeit als runde Sehfelder erscheinen (Abb. 25,26); also in einer Visionsperspektive, die sich weit ins Mittelalter zurückverfolgen läßt.22 Auf diese Weise hat Flammarion seine erstaunlichen recits schließlich auch mit zusätzlicher Bildautorität hinterlegen lassen. 22

Karl Clausberg: Kosmische Visionen von Hildegard von Bingen bis heute, Köln 1980.

64

IV. Geschäfte auf Erden

Abb. 24: Caraille Flammarion: Lumen. Paris o. J. [1887], Illustration von Lucien Rudaux, Premier recit, p. 1.

Nun zur Erzählung: Nach seinem Tode im Jahr 1864 habe er, Lumen, sich auf einen Planeten des Sterns Capeila versetzt gefunden. Als Transportmittel1 mußte ein weiteres Mal die mutmaßlich exorbitante Ausbreitungsgeschwindigkeit der Schwerkraftwirkung herhalten, die schon Schuberts schnellste Lichtreiter

in den Schatten

gestellt hatte. Vom Capeila-Sternsystem (das mit seiner jüngst gemessenen Entfernung von rund 72 Lichtjahren gerade einem Menschenalter entsprach) habe er dank seines nun überirdisch scharfen Sehvermögens die Erde zu Zeiten seiner Geburt erblickt und Szenen seiner eigenen Jugend; und so weiter. In langatmig umständlicher und gleichwohl spannender Erzählung hat Flammarion alle wesentlichen Momente der Ebertyschen Fiktionen - durchmischt mit exobiologisch-spiritistischen Seelenwanderungsperspektiven - aufgenommen und weiterentwickelt. Verteilt auf die vier zwischen 1865 und 1869 geschriebenen Geschichten finden sich zentrale Gesichtspunkte der Ebertyschen Lichtbilderphantasie fast wortwörtlich wiederholt;

65

Zwischen den Sternen

|H

Abb. 25: Camille Flammarion: Lumen. Paris o. J. [1887], Illustration von Luden Rudaux, Refluum Temporis, p. 61.

a l l e m v o r a n d i e A l l g e g e n w ä r t i g k e i t d e r W e l t g e s c h i c h t e f ü r d e n S c h ö p f e r : „Die E r e i g n i s s e , d i e sich auf d e r O b e r f l ä c h e d e r E r d e seit i h r e r E n t s t e h u n g v o l l z o g e n h a b e n , w e r d e n im W e l t e n r a u m e , je n a c h d e r Zeit, die s e i t d e m v e r f l o s s e n , a u s i m m e r g r ö ß e r e n E n t f e r n u n g e n w a h r g e n o m m e n . Die g a n z e G e s c h i c h t e d e s E r d b a l l s , wie d a s L e b e n j e d e s e i n z e l n e n s e i n e r B e w o h n e r k ö n n t e von e i n e m a l l u m f a s s e n d e n Blick g l e i c h z e i t i g w a h r g e n o m m e n w e r d e n . Wir b e g r e i f e n d a d u r c h , d a ß d a s a l l g e g e n w ä r t i g e h ö c h s t e Wesen die g a n z e V e r g a n g e n h e i t in ein u n d d e m s e l b e n A u g e n b l i c k ers c h a u t . Wie f ü r u n s e r e E r d e , gilt d i e s f ü r alle ü b r i g e n W e l t k ö r p e r . Gott k e n n t d i e

66

IV. Geschäfte auf Erden

Vergangenheit nicht allein durch diese u n m i t t e l b a r e A n s c h a u u n g , sondern auch durch die K e n n t n i s

[der Entstehungsgeschichte] e i n e s j e g l i c h e n

gegenwärtigen

Dinges. [ . , . ] " 2 3 Was E b e r t y m i t juristisch vorsichtiger Sprachpräzision als Lichtbilder24

be-

zeichnete, hat F l a m m a r i o n griffiger, aber a u c h leichter mißverständlich m i t P h o t o graphien gleichgesetzt: „Da hast du also, wie gesagt, eine S e r i e i r d i s c h e r Bilder (photographies),

die in g l e i c h m ä ß i g e n Z w i s c h e n r ä u m e n s t a f f e i f ö r m i g im Welten-

raume aufgestellt sind. Nehmen wir nun an, daß sich zwischen j e d e m dieser hund e r t j ä h r i g e n Bilder die j ä h r l i c h e n Bilder, und zwar in der E n t f e r n u n g , die das Licht in einem Jahre d u r c h l ä u f t , [ . . . ] und zwischen j e d e m d i e s e r j ä h r l i c h e n Bilder die t ä g l i c h e n e i n s c h i e b e n , daß j e d e r Tag die Bilder seiner S t u n d e n , j e d e Stunde die Bilder ihrer Minuten und j e d e Minute die ihrer Sekunden zeigt, und alle diese Bilder j e nach den angegebenen E n t f e r n u n g e n a u f e i n a n d e r folgen, so k ö n n e n wir in e i n e m L i c h t s t r a h l , der aus einer Reihe neben e i n a n d e r gestellter Bilder b e s t e h t , in d e u t l i c h e r S c h r i f t ( i n s c r i p t i o n fluidique)

die G e s c h i c h t e der Erde l e s e n . " 2 5 -

Also lückenlos fließende Einschreibung, Aufzeichnung der Erdgeschichte a u f e i n e m Lichtstrahl, der aus übereinandergelegten einzelnen Bildern besteht? Es sei n i c h t u n denkbar, so F l a m m a r i o n an anderer Stelle, d a ß der Bilderstrom a u f einen d u n k l e n Stern stoßen k ö n n t e , dessen lichtempfindliche O b e r f l ä c h e aus J o d die Ausstrahlungen der fernen Erde wie in einer P h o t o g r a p h e n - D u n k e l k a m m e r zu fixieren v e r m ö g e . W e n n ein solcher astre

23

obscur

auch n o c h Zylinderform hätte u n d angemessen

Flammarion / Rau 1900, S. 125. - Flammarion: Recits 1873, S. 143. «Les evenements

qui

se sont accomplis ä la surface de la Terre, depuis son origine, sont visibles dans l'espace ä des distances d'autant plus iloignees qu'ils sont plus recules. Τ oute l'histoire de la Terre, et la vie de chacun de ses habitants pourraient done etre vues ä lafois par un regard qui embrasserait

tout

cet espace. Nous comprenons optiquement par la que Dieu, present partout, vote tout le passe dans un meme moment. Ce qui est vrai de notre Terre est vrai de tous les mondes de l'espace. Ainsi l'histoire entiere de tous les univers peut etre presente a la fois dans I'universelle ubiquite du Createur.» - Die Abweichungen der deutschen Version von den Recits (1873) sind auf Überarbeitungen Flammarions zurückzuführen. 24

[ Felix Eberty]: Die Gestirne 1846, S. 21.

25

Flammarion / Rau 1900, S. 96. - Flammarion: Recits 1873, S. 108: «Voilä, dis-je, une serie de photographies

terrestres echelonnees dans l'espace ä ces intervalles reeiproques.

Supposons

maintenant qu'entre chacune de ces images seculaires se trouvent έΛεΙοηηέε5 ä leur tour les images annuelles, gardant entre chacune d'elles la distance que la lumiere parcourt en un an, et que je viens de vous nommer; puis qu'entre chacune des images annuelles, nous ayons les images de chaque jour; puis que chaquejour

contienne les images de ses heures, chaque heure enfin les

images de ses minutes et chaque minute les images de ses secondes, le toutse succedant

suivantles

distances respectives de 'chacune d'elles: nous aurons dans un rayon de lumiere, ou pour mieux dire dans un jet de lumiöre compose d'une serie d'images distinetes juxtaposees, fluidique de l'histoire de la Terre.»

67

l'inscription

Zwischen den Sternen

Abb. 26: Camille Flammarion: Lumen. Paris o. J. [1887], Illustration von Lucien Rudaux, p. 79.

rotierte, dann hätte man eine unzerstörbare Bildersäule ( c o l o n n e

imperissable),

„auf der sich die großen Ereignisse der irdischen Geschichte von selbst eingraben und aufrollen." 2 6 — Für solch stellare Dunkelkammerphantasien haben nicht nur die Apparatetechnologien des 19. Jahrhunderts Pate gestanden, sondern auch altehr-

26

Flammarion / Rau 1900, S. 119. -Flammarion:Recits e s'enrouleraient d'eux-memes

1873, S. 137: «Sur

les grands evinements de l'histoire

68

laquellesegraveraient

terrestre...»

IV. Geschäfte auf Erden

w ü r d i g e Bildrollenträger v o m T y p u s d e r T r a j a n s - S ä u l e in R o m o d e r d e r Pariser Vend ö m e - S ä u l e (die 1871 gestürzt u n d d a n n w i e d e r e r r i c h t e t w o r d e n ist). A u c h dieser d o p p e l t e Bezug m a c h t d e u t l i c h , wie F l a m m a r i o n s w i e d e r h o l t e R e d e v o n Pho togra

-

p h i e n zwischen o p t o p h y s i k a l i s c h e n Bilderstrahlen u n d c h e m i s c h - s t o f f l i c h e n Rep r o d u k t i o n e n oszillierte.

un microscope qui grossirait le temps G i n g e n A u s s c h m ü c k u n g e n wie die Idee einer b e l i c h t b a r e n stellaren Bildersäule, d i e E d i s o n s W a l z e n p h o n o g r a h e n v o n 1877 so s c h ö n antizipierte, eigene Wege, so w a r e n a n d e r e Ü b e r n a m e n aus d e r E b e r t y s c h e n Vorlage u m so deutlicher: So h a t F l a m m a r i o n das Mikroskop

für

die

Zeit

n i c h t n u r w ö r t l i c h zitiert, s o n d e r n gleich a u c h

n o c h eines d e r b e g l e i t e n d e n D e m o n s t r a t i o n s b e i s p i e l e vorausgeschickt. E b e r t y hatte, u m die Vorteile d e r z e i t m i k r o s k o p i s c h v e r l a n g s a m t e n B i l d e r w a h r n e h m u n g a u s z u m a l e n , das P h ä n o m e n des Blitzes in d e n Z e u g e n s t a n d geholt. „Der B l i t z s t r a h l ζ. B. e r s c h e i n t u n s als ein m o m e n t a n e s L e u c h t e n , welches uns b l e n d e t , o h n e e i n e Unt e r s c h e i d u n g der Vorgänge, welche d i e s e s Leuchten b e w i r k e n , z u z u l a s s e n . - K ö n n ten wir a b e r d e m Bilde e i n e s s o l c h e n B l i t z s t r a h l e s n u r bis zur S o n n e h i n a u f , d u r c h acht M i n u t e n folgen, so w ü r d e n sich u n s ü b e r die N a t u r d i e s e s P h a e n o m e n s Geh e i m n i s s e e r s c h l i e s s e n , welche in i h r e r Art gewiss n i c h t m i n d e r s t a u n e n s w e r t h w ä r e n , als die l e b e n d i g e n Welten, die das M i k r o s k o p u n s in W a s s e r t r o p f e n o f f e n bart."27 Bei F l a m m a r i o n lesen sich die e n t s p r e c h e n d e n (hier g e k ü r z t e n ) Passagen so: „Wenn du die Erde in e i n e m Augenblick v e r l i e ß e s t , in d e m ein Blitz zuckt, u n d du eine S t u n d e o d e r l ä n g e r mit d e m L i c h t s t r a h l r e i s e s t , du w ü r d e s t d e n Blitz e b e n so lange s e h e n . [...] Wenn du n u n a b e r s t a t t g e n a u mit d e r g l e i c h e n S c h n e l l i g k e i t als das Licht etwas l a n g s a m e r v o r g e g a n g e n w ä r e s t , u n d z.B. d e n t a u s e n d s t e n Teil e i n e r S e k u n d e m e h r g e b r a u c h t h ä t t e s t , um am g l e i c h e n P u n k t e a n z u k o m m e n , so w ü r d e s t du, s t a t t den Blitz i m m e r in d e m gleichen

Augenblick

zu s e h e n , s u k z e s s i v e

die v e r s c h i e d e n e n Augenblicke, aus d e n e n sich die ganze D a u e r eines Blitzes zus a m m e n s e t z t , u n d die e b e n den t a u s e n d s t e n Teil e i n e r S e k u n d e b e t r ä g t , g e s e h e n h a b e n . Du h ä t t e s t d a n n Zeit g e h a b t , in d i e s e r e i n e n g a n z e n M i n u t e erst den Beginn des Blitzes zu sehen u n d seine E n t w i c k l u n g u n d v e r s c h i e d e n e n P h a s e n bis z u m Schlüsse zu a n a l y s i e r e n . Denke dir, welche m e r k w ü r d i g e n E n t d e c k u n g e n ü b e r die i n n e r s t e N a t u r des Blitzes wir m a c h e n k ö n n t e n , w e n n d e r s e l b e s e i n e g e w ö h n l i c h e D a u e r 60000 mal ü b e r s t i e g e . S c h r e c k l i c h e K ä m p f e h ä t t e s t du d a n n Zeit, in s e i n e n

27

[Felix Eberty]: Die Gestirne II 1847, S. 3.

69

Zwischen den Sternen

Flammen zu beobachten. Welch ein Pandämonium! Eine Welt, welche durch ihre Flüchtigkeit den unvollkommenen Augen der Sterblichen verborgen bleibt." 2 8 Auf derart eloquente Schilderung der minutiösesten Geheimnisse der Blitzerscheinung ließ Flammarion dann den Hinweis auf das Mikroskop

für

die

Zeit

folgen; oder, genauer gesagt: einen eigenen Verbesserungsvorschlag aus dem Munde von Lumen, der um so deutlicher die begriffliche Anleihe dokumentierte: „Ich lese dir von der Stirne, daß du dieses Verfahren in Gedanken mit dem eines Mikroskops vergleichst, das die Zeit vergrößern würde. Genau so ist es, wir sehen auf diese Weise die Zeit sich vergrößern. Streng genommen, kann man dieses Verfahren nicht eigentlich mikroskopieren, sondern müßte es vielmehr

chronoskopierett

nennen, oder chrono-tele-skopieren." 29

Helmholtz' Nervenreize Chronoskop

nannte man die im 19. Jahrhundert entwickelten Istrumente zur ge-

nauen Bestimmung des Eintritts von Erscheinungen oder zur Messung der Dauer von Vorgängen; im einfachsten Fall waren das Stop-Uhren mit zusätzlichen, manuell schaltbaren Sekundenlaufwerken. Zur Aufzeichnung von Meßdaten dienten unter anderem Zylinder-Chronographen,

die in unserem Zusammenhange natürlich

auch wieder an Flammarions photographische Sternbildsäule denken lassen. Während Flammarion also unter Apparateaspekten mit seinem

chrono-teU-scope

einerseits die alte Ressortverteilung der Leitinstrumente Mikroskop/Teleskop wieder

28

Flammarion / Rau 1900, S. 205-206. - Flammarion: Recits 1873, S. 2 2 6 - 2 2 7 : «Si vous partiez de la Terre au moment oü un έάαίτ jaillit, et que vous voyagiez pendant une heure ou davantage

avec la vitesse de la lumidre, vous verriez l'eclair pendant

aussi longtems que vous

le regarderiez. [...] Or, si au lieu de voler juste avec la meme vitesse que la lumidre, vous aviez vole un peu moins vite, et que, par exemple, vous ayez employe un milliime de seconde de plus pour arriver au mime point, au lieu de voir toujours le meme moment de l'eclair, vous auriez vu successivement les divers moments qui constituent la duree totale de l'eclair, egale ä un de seconde. Dans cette minute entiere, vous auriez eu le temps de voir d'abord le de l'eclair, d'en analyser le diveloppement,

millüme

commencement

les phases, et la suite jusqu'ä lafin. Concevez

quelles etranges decouvertes on pourrait faire dans la nature intime de l'eclair grossi

alors

60,000fois

dans Vordre de la duree! Quelles batailles effrayantes vous auriez le temps d'apercevoir dans ses flammes!

Quel pand0monium!

yeux imparfaits des mortels! 29

Quels sinistres d'atomes! Quel monde cache par safugacite

aux

[...]»

Flammarion / Rau 1900, S. 208. - Flammarion: Recits 1873, S. 228: «Je vois dans votre pensee que vous comparez ce procede ά celui d'un microscope qui grossirait le temps. C'est

exactement

cela. Nous voyons ainsi le temps amplifie. Ce procede ne peut pas recevoir rigoureusement denomination

de microscope, mats plutöt Celle de chronoscope,

temps de loin).»

70

ou de chrono-tele-scope

la

(voir le

IV. Geschäfte auf Erden

Abb. 27: Hermann von Helmholtz, Titel-Portrait aus: Wissenschaftliche Abhandlungen, Band I, 1883.

anvisierte, war er wohl auch schon auf dem gedanklichen Wege zur graphie,

Chronophoto-

die sein Landsmann Etienne-Jules Marey (1830-1904) u m 1882 als Begriff

etabliert und als phototechnisches Verfahren perfektioniert hat. In Deutschland hatte die Rede vom Mikroskop

für die Zerf schon kurz nach

dem Erscheinen der Eberty-Schriften weitere Kreise gezogen. Im Dezember 1850 hielt Hermann von Helmholtz in der physikalisch-ökonomischen Gesellschaft von Königsberg einen Vortrag Ueber die Methoden, und ihre Anwendung

für physiologische

kleinste 30

Zwecke.

Zeittheile

zu

messen,

Sein Interesse war auf die Mes-

sung „schnell vorübergehender Vorgänge des lebenden Körpers"- nämlich die Laufzeiten von Nervensignalen - gerichtet, die der menschlichen Wahrnehmung

30

Hermann von Helmholtz: Ueber die Methoden, kleinste Zeittheile zu messen, und ihre Anwendung für physiologische Zwecke-, in: Königsberger naturwissenschaftliche Unterhaltungen, 2. Band, 2. Heft, Königsberg: Bornträger 1851, S. 169-189, S.175 f. Abgedruckt in: Wissenschaftliche Abhandlungen,

Bd. 2, Leipzig 1883, S. 862-880. - Ein spezieller Dank geht an Wolfgang

Pircher / Wien für die Überlassung seines Manuskripts zum Thema Gleichzeitigkeit.

71

Zwischen den Sternen

wegen ihrer Geschwindigkeit bislang entgangen waren. Als erster hatte der Astronom Friedrich Wilhelm Bessel bemerkt, daß es bei der Messung von Sterndurchgängen merkwürdige Abweichungen gab, die offenbar auf individuelle Auffassungsunterschiede der Beobachter zurückzuführen waren. Helmholtz hatte andererseits die beträchtlichen meßtechnischen Fortschritte der vierziger Jahre, die es bereits erlaubten, Millionstelsekunden zu messen, sehr aufmerksam verfolgt. Er faßte sie, bevor er seine Forschungsergebnisse darlegte, in folgende Worte zusammen: „Sie sehen, dass die Mikroskopie der Zeit die des Raumes bei weitem überflügelt hat." 31 — Seine Messungen der Reizleitung menschlicher Sinnesempfindungen - sie waren sozusagen das präzise Gegenstück zu den astronomischen Parallaxen-Messungen - hatten eine Geschwindigkeit von rund sechzig Metern pro Sekunde ergeben. Zum Abschluß seines Vortrags hat Helmholtz noch einmal sehr pointiert die Weltverhältnisse, so, wie sie sich ihm Rahmen seiner sinnesphysiologischen Forschungen darstellten, hervorgehoben: „Die Astronomie lehrt uns, dass wir wegen der Fortpflanzungszeit des Lichtes jetzt sehen, was sich in der Fixsternwelt vor Reihen von Jahren zugetragen hat; dass wir wegen der Fortpflanzungszeit des Schalles später hören als sehen, lehrt uns die tägliche Erfahrung. Glücklicherweise sind die Strecken kurz, welche unsere Sinneswahrnehmungen zu durchlaufen haben, ehe sie zum Gehirn kommen, sonst würden wir mit unserem Bewusstsein weit hinter der Gegenwart und selbst hinter den Schallwahrnehmungen herhinken; glücklicherweise sind sie so kurz, dass wir die Verzögerung nicht bemerken und in unserem praktischen Interesse nicht dadurch berührt werden. Für einen ordentlichen Wallfisch ist es vielleicht schlimmer; denn aller Wahrscheinlichkeit nach erfährt er vielleicht erst nach einer Secunde die Verletzung seines Schwanzes und braucht eine zweite Secunde um dem Schwanz zu befehlen, er solle sich wehren." 32 Ist die Mikroskopie

der Zeit

also ein geflügeltes Wort gewesen, das um die

Jahrhundertmitte in deutschen Wissenschaftlerkreisen zirkulierte und vom Berliner Astronomie-Liebhaber Eberty frühzeitig aufgeschnappt wurde? Oder wäre es tatsächlich denkbar, daß der Berliner Jurist, der über vielfältige gesellschaftliche Kontakte verfügte, das Mikroskop

für

die Zeit

selbst in Umlauf gebracht hat? Angesichts

der Originalität seiner Spekulationen kein völlig abwegiger Gedanke. — Jedenfalls ist vorläufig festzuhalten, daß sein Bonmot nicht nur in Frankreich auf fruchtbaren Boden gefallen ist, sondern auch im englischsprachigen Bereich weltweit Verbreitung gefunden hat.

31

Helmholtz: Ueber die Methoden 1851, S. 177.

32

Ebenda, S. 189.

72

IV. Geschäfte auf Erden

William von Voigts-Rhetz N o c h e i n m a l z u r ü c k z u F l a m m a r i o n s Recits

de l'infini

respective Lumen

und

d e r Frage, wie er v o m E b e r t y s c h e n Text e r f a h r e n h a b e n k a n n . In seinen M e m o i r e n h a t F l a m m a r i o n 1911 b e h a u p t e t , die Idee zu dieser H i m m e l s g e s c h i c h t e sei i h m eines A b e n d s 1865 ganz plötzlich b e i m Blick a u s d e m Fenster g e k o m m e n . 3 3 D a s m a g d u r c h aus so gewesen sein, aber es k a n n sich n u r u m ein W i e d e r a u f t a u c h e n g e h a n d e l t h a b e n . Bereits vor 1859 h a t t e W ( i l l i a m ) v o n Voigts-Rhetz - d e r j ü n g e r e B r u d e r des b e k a n n t e n p r e u ß i s c h e n G e n e r a l s K o n s t a n t i n v o n Voigts-Rhetz w a r d a m a l s chevalier

Militär-

a n d e r Pariser B o t s c h a f t u n d v e r k e h r t e wie F l a m m a r i o n in Spiritisten-

kreisen 3 4 - die a n o n y m e englische Version d e r E b e r t y - S c h r i f t in die H ä n d e b e k o m m e n u n d begeistert eine R ü c k ü b e r s e t z u n g ins D e u t s c h e v o r g e n o m m e n , die d a n n v o n C o s t e n o b l e in Leipzig u n t e r d e m Titel Die über

Raum

Zeit

und

Ewigkeit

Sterne

und

die

Erde.

Gedanken

verlegt w u r d e . Aus d e m V o r w o r t des Ü b e r s e t z e r s

w i r d deutlich, m i t w e l c h e m E n t h u s i a s m u s d e r Text a u c h in Paris a u f g e n o m m e n w o r d e n sein m u ß : „Als der Zufall u n s mit d e m v o r l i e g e n d e n k l e i n e n Werke b e k a n n t w e r d e n l i e ß , " so Voigts-Rhetz, „ w a r e n wir d e r g e s t a l t von der K ü h n h e i t u n d Origin a l i t ä t der d a r i n e n t h a l t e n e n G e d a n k e n u n d F o l g e r u n g e n ü b e r r a s c h t , d a ß es u n s ein d a n k b a r e s U n t e r n e h m e n s c h i e n , d a s s e l b e auch d e m mit E n g l i s c h e r S p r a c h e u n d L i t e r a t u r w e n i g e r v e r t r a u t e n Theile des D e u t s c h e n P u b l i c u m s z u g ä n g l i c h zu m a c h e n . Wie b e d e u t e n d e s A u f s e h e n d i e s e sich d u r c h a u s von d e n g e w ö h n l i c h e n u n d a u s g e t r e t e n e n B a h n e n des G e d a n k e n s e n t f e r n e n d e , i h r e n eigenen u n d zugleich ganz e i g e n t h ü m l i c h e n Weg d u r c h ein bis j e t z t als m e h r o d e r w e n i g e r u n n a h b a r b e t r a c h t e t e s Gebiet v e r f o l g e n d e S c h r i f t im V a t e r l a n d e des u n g e n a n n t e n Verf a s s e r s g e m a c h t h a b e n m ü s s e , b e w e i s t h i n l ä n g l i c h die Zahl der in k u r z e r Zeit von d e r s e l b e n e r s c h i e n e n e n A u f l a g e n . " Eine zusätzliche F u ß n o t e präzisierte: „Die vorl i e g e n d e U e b e r s e t z u n g ist nach der 6ten in 11,000 E x e m p l a r e n e r s c h i e n e n e n Auflage v e r f a ß t w o r d e n . " Eine Teilauflage d e r Voigts-Rhetzschen R ü c k ü b e r s e t z u n g erschien m i t e i n e m H i n w e i s a u f d e n eigentlichen A u t o r Felix E b e r t y u n d einer V o r b e m e r k u n g des Verlegers C o s t e n o b l e : „Der a u f f a l l e n d e Zusatz zu d e m Titel d i e s e r k l e i n e n S c h r i f t erk l ä r t sich d a d u r c h , d a ß der B u c h h ä n d l e r Bailiiere in L o n d o n gegen den e r k l ä r t e n Willen des V e r f a s s e r s d e s s e n Werkchen ins Englische h a t ü b e r s e t z e n l a s s e n , ohne

33

Camille Flammarion: Memoires biographiques et philosophiques d'un astronome. Paris 1911, Kapitel 18, S. 331-334. - Flammarion hat in seinen Mondes imaginaires 1865 eine überaus detaillierte Literaturgeschichte zur .Mehrheit der bewohnten Welten' vorgelegt; nur das Kapitel zum 19. Jahrhundert war enttäuschend knapp - so die Einschätzung von Brian Stableford 2002.

34

Maximilian Perty: Die mystischen Erscheinungen der menschlichen Natur. 2. vermehrte Auflage, Leipzig 1872, Band 2, S. 30.

73

Zwischen den Sternen

weder auf dem Titel noch an irgend einer Stelle des Buches a n z u d e u t e n , d a ß er d e m P u b l i k u m nicht

ein englisches

Originalwerk,

s o n d e r n eine Übersetzung

aus d e m

D e u t s c h e n vorlege. Dieses V e r f a h r e n des e n g l i s c h e n Verlegers war die Veranlass u n g , d a ß w e d e r d e r jetzige Verleger, n o c h d e r U e b e r s e t z e r von d e m w a h r e n Sachv e r h ä l t n i ß K e n n t n i s e r h i e l t e n , da d a s vor 13 Jahren e r s c h i e n e n e d e u t s c h e Original i h r e r A u f m e r k s a m k e i t e n t g a n g e n war. Sie g l a u b t e n d e m d e u t s c h e n P u b l i k u m eine i n t e r e s s a n t e Neuigkeit m i t z u t h e i l e n , u n d erst n a c h d e m diese U e b e r s e t z u n g , die sich n u n m e h r als eine R ü c k ü b e r s e t z u n g h e r a u s s t e l l t , b e r e i t s g e d r u c k t u n d v e r s e n det war, e r l a n g t e n sie Kunde von d e m N a m e n des Autors [ . . . ] " u n d so weiter u n d so f o r t . Es folgte eine salbungsvolle Adresse a n d e n deutschen

Genius Eberty, die Coste-

noble mit d e m Wunsche verband, d a ß wenigstens n u n , nach d e m höchst merkwürdigen Schicksal d e r Schrift, i h r geistreicher d e u t s c h e r Verfasser in s e i n e m Vaterlande eine gleiche A n e r k e n n u n g wie i m A u s l a n d finden möge. 3 5 — D a s Resultat w a r j e d e n falls, d a ß a u c h die R ü c k ü b e r s e t z u n g b a l d vergriffen war. E b e r t y gelang es schließlich 1874, eine eigene ü b e r a r b e i t e t e N e u a u f l a g e h e r a u s z u b r i n g e n ; u n d er h a t t e i m V o r w o r t weitere juristische Bizarrerien zu b e r i c h t e n : „Der u r s p r ü n g l i c h e Verleger war nach S ü d a m e r i k a a u s g e w a n d e r t , d a s Verlagsrecht d u r c h V e r p f ä n d u n g u n d Verkauf aus Einer H a n d in die a n d e r e g e g a n g e n , so d a ß der V e r f a s s e r erst nach J a h r e l a n g e n B e m ü h u n g e n d u r c h die Gefälligkeit des Leipziger B u c h h ä n d l e r s H e r r n G e b h a r d t jetzt in den S t a n d gesetzt w i r d , diese n e u e A u s g a b e in's Leben t r e t e n zu l a s s e n . " — Die n u n v o l l n a m e n t l i c h a u t o r i s i e r t e N e u a u s g a b e erlebte drei Auflagen ( m i t d e n t e x t i d e n t i s c h e n N a c h d r u c k e n v o n 1923 u n d 1925 also f ü n f ) , a b e r f ü r eine u n v e r z ü g l i c h e weltweite A n e r k e n n u n g u n d H o n o r i e r u n g w a r es z u spät. Baillieres vielfache A u f l a g e n u n d L i z e n z a u s g a b e n w a r e n v e r k a u f t , u n d F l a m m a r i o n s B ü c h e r h a t t e n längst die Erträge d e r E b e r t y s c h e n Ideen a u f f r a n zösische K o n t e n umgeleitet; u n d als R i c h a r d Proctor, r e n o m i e r t e r A s t r o n o m u n d F a c h b u c h a u t o r , 1879 a u f g e f o r d e r t w u r d e , eine revised

edition

d e r englischen Ver-

sion z u verfassen, blieb es bei d e r A n o n y m i t ä t , d e n n P r o c t o r k a m nicht auf d e n G e d a n ken, n a c h einer m ö g l i c h e n n a m e n s g e z e i c h n e t e n Ausgabe auf d e m K o n t i n e n t z u f a h n d e n , o b w o h l er voll des h ö c h s t e n Lobes war: "It is one of the most strikingly books, and small though

it is, one of the most remarkable

of the present

suggestive century."16

35

Auf den 20. August 1859 datierte Vorbemerkung des Verlegers Costenoble, die offenbar nachträglich einem Teil der Auflage zusammen mit einem revidierten Titelblatt beigefügt wurde: Die Sterne und die Erde, Gedanken über Raum, Zeit und Ewigkeit. Nach der 6. Auflage der englischen Übersetzung des Werks: „Die Gestirne und die Weltgeschichte" von Dr. Felix Eberty (F. Y.) Ins Deutsche zurückübersetzt von W. von Voigts-Rhetz. Leipzig, Hermann Costenoble. 1860.

36

Im Preface zu: The Stars and the Earth, or Thoughts upon Space, Time, and Eternity. Revised and enlarged, with Notes by Richard A. Proctor. Thirteenth Thousand. London: Bailliere, Tindall, and Cox, 1880.

74

IV. Geschäfte auf Erden

Abb. 28: Richard Anthony Proctor, Photographie

Proctors Supervision Ob der vier Jahre nach Eberty verstorbene Proctor (1837-1888) jemals die Identität des von ihm bewunderten Autors erfahren und vielleicht Aufzeichnungen darüber oder sogar Korrespondenzen hinterlassen hat, müssen weitere Nachforschungen klären. Jedenfalls hat das Verlagshaus Bailliere, das auch noch die Neuausgabe von 1880 im dreizehnten Tausend besorgte, Proctor über die näheren Umstände der englischen Erstpublikation anscheinend im Unklaren gelassen. Proctor seinerseits hielt es für das Beste, so wenig Änderungen wie möglich zu machen und nur aktualisierende Fußnoten hinzuzufügen. Er hatte guten Grund für diesen respektvollen Umgang mit dem für ihn immer noch namenlosen Text: "I remember well the interest with wich I read it, when my esteemed friend the late Mr. William Longman called my attention to the work as one I ought to study before I completed

75

Zwischen den Sternen my t r e a t i s e Other

Worlds

than

Ours.

It was the study of this c h a r m i n g little

b o o k which induced me to add to that work o f mine the closing chapter on the 'Control and S u p e r v i s i o n ' of worlds, wherein I used (with due a c k n o l e d g e m e n t ) some of the thoughts suggested by the a n o n y m o u s writer of The

Stars

and

the

Earth.'"7 Proctors erstmals 1870 erschienenes, dann vielfach wiederaufgelegtes B u c h - es wurde n o c h bis in die 1 9 3 0 e r Jahre in überarbeiteten Fassungen n a c h g e d r u c k t b r a c h t e i m besagten Schlußkapitel, nach voraufgeschicktem Verweis a u f The and

the

Earth,

-

Stars

unter a n d e r e m folgende " b e a u t i f u l and s t r i k i n g c o n c e p t i o n " des

v o n i h m referierten a n o n y m e n Autors: " S u p p o s e that a being armed with such powers of vision as we have i m a g i n e d should watch from the n e i g h b o u r h o o d of our earth the progress of some i n t e r e s t i n g event. If he then b e g a n to travel from the earth at a rate equal to that at which light travels, he would see one phase of the event continually present b e f o r e h i m , b e c a u s e he would always be where the l i g h t - m e s s a g e recording that event was actually travelling. By passing somewhat less swiftly away, he would see the event taking place with singular slowness; while by passing away more swiftly he would see the event o c c u r r i n g in inverted order. Suppose, for e x a m p l e , he were watching the battle of Waterloo, he could gaze on the fine picture presented by the I m p e r i a l Guard as they advanced upon the English army, for hours, years, nay, for c e n t u r i e s or cycles; or he might watch the whole progress of the charge o c c u r r i n g so slowly that years might elapse between each step of the advancing c o l u m n , and the b u l l e t s which mowed down their ranks might either seem unmoving, or else appear to wend their way with scarcely p e r c e p t i b l e motion through the air; or, finally, he might so wing his flight through space that the Guard would seem to retreat, t h e i r dead men coming to life as the bullets passed from their wounds, until at length the Old Guard would be seen as it was when it began its advance, in the assured hope of deciding Waterloo, as it had decided so many hard-fought b a t t l e s for its I m p e r i a l Chief." 3 8 D e r anfangs b e s c h r i e b e n e Zeitlupeneffekt entsprach in der Tat, wie wir s c h o n wissen, d e m Ebertyschen Text. Aber die Passage v o n der schließlich u m g e k e h r t ablaufenden W a t e r l o o - S c h l a c h t k o n n t e P r o k t o r n i c h t aus The

Stars

and

the

e n t n o m m e n h a b e n ; sie ist dort ebensowenig wie i m deutschen Original zu H a t er sie also hinzugefugt, u m d e m plot

Earth finden.

seines G e w ä h r s m a n n e s n o c h m e h r blut-

rünstige Lebhaftigkeit zu verleihen? — Die Angelegenheit ist kurios wie viele Details der s c h o n skizzierten Publikationsgeschichte der Eberty-Schrift. M a n s t ö ß t n ä m l i c h in F l a m m a r i o n s 1872 erstmals g e s a m m e l t publizierten Ricits

de

l'infini

a u f das

37

Proctor im Preface zu: The Stars and the Earth 1880.

38

Richard A. Proctor: Other Worlds than Ours: The Plurality of Worlds studied under the Light of recent scientific Researches. London: Logmans, Green, and Co. 1870, p. 309-310.

76

IV. Geschäfte auf Erden

exakte Gegenstück, und zwar im zweiten, Refluum Recit,

Temporis

überschriebenen

das laut Fußnote 1867 geschrieben wurde; hier das Text-Pendant im Auszug:

„Das war wohl Waterloo, aber ein Waterloo

des Jenseits,

denn die Kämpfenden

waren Auferstandene, und - merkwürdige Luftspiegelung - sie marschierten [...] rückwärts aufeinander. Der Eindruck, den eine solche Schlacht auf mich machte, war ein geradezu magischer und ein um so größerer, als ich zwar das Ereignis selbst sah, aber in umgekehrter Reihenfolge vor mir zu sehen glaubte. Und was das Merkwürdigste: je heftiger der Kampf entbrannte, umsomehr Kämpfende gab es; bei jeder Lücke, welche die Kanonen in die dichten Reihen rissen, erstand sofort wieder ein ganzer Trupp Toter, um diese Lücken auszufüllen." 39 — Hat Proctor also bereits die Zeitschriftenversionen der Flammarionschen Recits gekannt, und die darin enthaltene Waterloo-Episode dann versehentlich seiner älteren Quelle zugeschlagen? Oder hat Flammarion das 1870 erschienene Buch Proctors gekannt, als er seine Recits

für die Buch-Edition von 1872 überarbeitete? Oder gab es noch eine

weitere, von Beiden benutzte Quelle? — Die Angelegenheit muß einstweilen in der Schwebe bleiben; nur eines ist sicher: Beide Autoren haben den imaginären Zeitraffungen und -dehnungen Ebertys eine signifikante Wendung hinzugefugt: die Zeitumkehr, den ,Rückfluß der Zeit', der sich im Gedankenexperiment einstellen mußte, wenn hypothetische Beobachter mit Lichtgeschwindigkeit bewegte Bilderstapel zu überholen hatten.

39

Flammarion / Rau 1900, S. 92. - Flammarion: Räcits 1873, S. 103: «C'etaitbien un Waterloo d'outretombe,

car les combattants

c'est ä reculons qu'ils marchaient magique, qui 'm'impressionnait meme et que cet tenement

etaientdes

Waterloo,

ressuscites. De plus, singulier

mai

mirage,

les uns contre les autres. Une teile bataille etait d'un effet d'autant plus fortement,

etait etrangement

que je devinais voir l'evenement

transforme en son image symetrique.

non moins singuliere: Plus on se battait, et plus le nombre de combattants augmentait; trouee que le canon faisait dans les rangs sends, un groupe de morts ressuscitait pour boucher ces trouees.»

11

lui-

Remarque ä chaque

immediatement

Zwischen den Sternen

Abb. 29: Gustav Theodor Fechner. Photographie aus der Biographie von Kurd Lasswitz, Stuttgart 1896.

Fechners 4. Dimension Es gibt einen signifikanten Unterschied zwischen der englischen und französischen Waterloo-Vision: Was Proctor - wie Eberty - von vornherein als immaterielle Erscheinungsweise der Bilder charakterisierte, hat Flammarion in seiner Waterloo-Vision zunächst als Erzählung von einer realen Zeitumkehr vorgeführt, um dann erst nachträglich die Auflösung des Rätsels ä-la-Eberty anzubieten. Flammarion ist also in dieser Hinsicht seinen mutmaßlichen Vorbildern - zum Beispiel den höchst pointenreichen .verkehrten Welten', die Gustav Theodor Fechner unter dem Pseudonym Dr. Mises inclusive Grabausstiegen beschrieben hatte - in der Handfestigkeit der Fiktion näher geblieben. Man könne kaum zu widersinnigeren Vorstellungen gelangen, als wenn man sich die ganze Welt in Zeit und Bewegung, wie ein Uhrwerk, rückwärts laufen denke, hatte Fechner in seinen stapelia

mixta geschrieben. Eine solche Weltsicht sei aber an

sich nichts Unmögliches; „denn ist das ganze Weltgesetz umgekehrt, so ist der Zu-

78

IV. Geschäfte auf Erden

sammenhang um nichts weniger gesetzmäßig, ich mag eine unendliche Reihe vorwärts oder rückwärts, was freilich nur ein unendliches Wesen könnte, lesen, sie bleibt darum nichts desto weniger Einem Prinzip unterthan; jedes Wort, das sich vorwärts aussprechen läßt, läßt sich auch rückwärts aussprechen." 4 0 — In einer weiteren 1846 publizierten Schrift, die also zeitgleich mit dem ersten EbertyHeft erschien, hat Fechner den Aspekt der,verkehrten Welt' mit dem Modethema der zweiten Jahrhunderthälfte, mit der vierten Dimension in Verbindung gebracht: Dreidimensionale Planetenbahnen würden sich korkenzieherförmig in die vierte erstrekken; es sehe nur so aus, als liefen die Planeten im Kreise. „Daraus erhellt also, daß das Weltall eigentlich nur als ein großes Gewächs mit Spiralfasern zu betrachten, und die ganze Astronomie nur ein mikroskopischer Theil der Botanik ist." 41 Den Hintergrund dieser Überlegung kennen wir schon. Fechners begleitende Schlußfolgerung: „Jedes Rad, was vorwärts rollt, kann doch auch rückwärts rollen, und es ist wunderlich, da man stets vom Rad der Zeit gesprochen, daß man nie an diese Rückwärtsbewegung gedacht hat." 42 Fazit: Für Fechner waren höherdimensionierte Welten entweder im Vorwärtsgang oder im Rückwärtsgang mit ihren Gesetzmäßigkeiten ganz in Übereinstimmung, während bei Eberty nur Raffungen und Dehnungen des Vorwärtsgangs vorkamen. In Flammarions r e c i f s sind sämtliche verfügbaren Varianten von real und illusionär gedachten Weltläufen aufgeboten, um seine ,Erzählungen vom Unendlichen' möglichst opulent auszustaffieren. Proctor dagegen hat wie Eberty die Ungreifbarkeit der Bilder betont, ihren re-präsentativen Charakter hervorgehoben. Er hat sie damit im Grunde genommen nur noch der Überwachung zugänglich gemacht, aber ihren Inhalt, die Geschichte selbst, der Kontrolle entzogen. Insofern benannte der letzte Kapiteltitel seines Buchs - Supervision

and Control - ein fundamentales theo-

logisches Problem, das schon in Ebertys Entwurf aufgetaucht war: Gott konnte alles sehen; aber wie er durch Einblicke in bloße Bilder der Weltgeschichte letztere auf der Stelle hätte ,kontrollieren' sollen, das heißt, hätte eingreifen können, blieb nach menschlichem Ermessen unerklärlich; — das ist für weniger zuversichtliche Folgegenerationen zur Quelle zutiefst verstörender Tragik geworden.

40

Gustav Theodor Fechner: Verkehrte Welt, in: Stapelia mixta 1824-1873-, in: Dr. Mises: Kleine Schriften, Leipzig 1875, S. 339-341.

41

Fechner: Der Raum hat vier Dimensionen (1846); in: Kleine Schriften, Leipzig 1875, S. 271.

42

Ebenda, S. 273.

79

Zwischen den Sternen

Böhners Kosmos Während sich im anglofranzösischen Sprachbereich eine besser bekannte Springflut von Zweitverwertungen und Paraphrasen des Flammarionschen anbahnte - dessen erste englische Übersetzung erschien bereits 187343

Lumen-Stoffes

hatte sich in

Deutschland eine weniger spektakuläre Propagationslinie der Eberty-Schrift entwickelt, die gleichwohl für die politische Indienstnahme und Polarisierung womöglich noch aufschlußreicher war. Hatte Aaron Bernstein - wie schon eingangs referiert - Mitte der fünfziger Jahre die Ebertyschen Ideen in seine sozialdemokratisch orientierten Volksbücher aufgenommen, so folgte ein Jahrzehnt später die stillschweigende Annexion von der entgegengesetzten Seite. 1864 publizierte ein gewisser Dr. August Nathanael Böhner, Mitglied der schweizerischen naturforschenden Gesellschaft, seine Bibel Natur

genannte Version des Humboldtschen Erfolgstitels Kosmos,

der

die offenbar

weite Verbreitung fand. Böhner hatte sich schon 1859 mit einer kämpferischen Schrift hervorgetan, in der er der materialistischen Schule unterstellte, sie wolle die wehrlosen Völksmassen vom göttlichen Gesetz entbinden und so die bestehende Gesellschaftsordnung dogmatisch umgestalten.44 In seiner zweibändigen ,Bibel der Natur', in der er die gesamte Palette damaligen naturwissenschaftlichen Wissens glaubensorientiert ausbreitete, erhielten auch die Gedankengänge Ebertys einen sorgsam angepaßten Platz. Im Gegensatz zu Bernstein hat es Böhner allerdings unterlassen, einen Hinweis auf den anonymen Autor zu geben. Wie ein Vergrößerungsglas irdischen Beobachtern stehe höher organisierten Lichtwesen das kosmische

Mikroskop

der Zeit zu Gebote, so Böhner. Ein Blitz-

strahl erscheine dem irdischen Auge als ein augenblickliches Leuchten, welches so schnell verschwinde, daß es unmöglich sei, die inneren Bewegungen und Vorgänge des elektrischen Leuchtens genauer zu erforschen. Wenn wir nun aber dem Bilde eines solchen Strahles bis hinauf zur Sonne, acht Minuten lang, oder eine beliebige Zeitdauer folgen könnten: so müßten die inneren Vorgänge dieser Erscheinung mikroskopisch zerlegt, und die Geheimnisse des inneren Wesens derselben in solcher Weise veranschaulicht werden, daß sie in ihrer Art nicht weniger erstaunlich sein würden als die belebten Welten, die das Mikroskop in einem Wassertropfen vor unsern Blicken entfaltet. — Das war Eberty pur; aber dann folgte die orthodoxe Retouche, die anstelle von Caspar Hauser und Karl XII. Moses und Christus als vornehmste

43

Camille Flammarion: Stories of Infinity: Lumen - History of a Comet - In Infinity, translated

44

August Nathanael Böhner: Naturforschung

from the French by S. R. Crocker, Boston: Roberts Brothers, 1873. und Kulturleben in ihren neuesten Ergebnissen

Beleuchtung der grossen Frage der Gegenwart über Christen thum und Materialismus, Stoff, Hannover 1859, S VIII.

80

zur

Geist und

IV. Geschäfte auf Erden

O p f e r präsentierte u n d das kosmische Kriminalarchiv durch ein veritables Buch Lebens

des

ersetzte:

„Das Weltall n i m m t gleich einem unvergänglichen und

unbestechlichen

»Buch des Lebens« alle Vorgänge der Vergangenheit in sich auf. Auf den Schwingen des Lichts verbreiten sich die Bilder aller Ereignisse in dem Ozean des Weltäthers. Wie die Schwingungen des Lichts, ebenso die der W ä r m e , der Elektrizität, des Mag n e t i s m u s , ja alle m e c h a n i s c h e n Bewegungen, und alle Ausprägung der Gedanken und Thaten. Dieses Gedenkbuch aller Begebenheiten des Weltalls, dieses »Buch des Lebens« (Offenb. Joh. 20,12), welches einst soll g e ö f f n e t werden, ist nicht ein Traumbild, s o n d e r n eine u n u m s t ö ß l i c h e physikalische Wirklichkeit, die vor Gottes Auge b e s t ä n d i g offen liegt. Die Blutspur eines Mordes mag auf Erden verwischt werden. Aber das Lichtbild und der Eindruck dieser That schreiet unvertilgbar fort und fort zum Himmel. In diesem Augenblick sieht man auf einem Sterne das Bild der Wiege, in welcher Moses liegt, auf einem a n d e r n das Bild Christi, wie er am Kreuze blutet. Der menschliche Geist schwindelt bei dem Gedanken des Überblicks aller Begebenheiten im u n e r m e ß l i c h e n Strom des Lebens; aber der vollkommene Geist, vor dem 1000 Jahre sind wie ein Tag, e r f a ß t jede Welle dieses Stromes mit voller Klarheit." 4 5 Wie unsere Erde, so trügen alle a n d e r n Weltkörper fort u n d fort das treueste Gepräge der Geschichte ihres Werdens in den Lichtäther des Weltraums hinein, so Böhners oft wörtliche Wiedergabe der Ebertyschen Imaginationen. Brauchte der Lichtstrahl, u m von unserer Erde bis zu einem Sterne zwölfter G r ö ß e zu gelangen, 4000 Jahre, so w ü r d e ein Bewohner jener fernen Welt unsere Erde heute in d e m Z u stand erblicken, wie sie zur Zeit A b r a h a m s vor 4000 Jahren war. K ö n n t e sich das Auge dieses Beobachters augenblicklich unserer Erde bis zu einer S o n n e n f e r n e a n n ä h e r n , wo die Erde erscheint, wie sie vor acht M i n u t e n war: so w ü r d e der Verlauf der ganzen Weltgeschichte von A b r a h a m s Zeit bis auf diese Stunde in leibhaftiger Wirklichkeit m i t allen ihren Einzelheiten vor diesem Auge vorüberziehen. „Nun aber kann unter der u n e r m e ß l i c h großen Anzahl von Fixsternen, welche im Äther des Weltenraums schwimmen, f ü r jede gegebene Zahl von Jahren, welche man r ü c k w ä r t s bis zu einen Ereigniß der Geschichte zählt, ein Stern g e f u n d e n werden, von welchem aus die vergangenen Geschichtszeiträume unserer Erde als gegenwärtig e r s c h e i n e n . Denken wir uns das Auge Gottes an jedem Punkt des Weltalls gegenwärtig, so erscheint vor ihm der ganze Verlauf der Weltentwickelung u n m i t t e l b a r zu gleicher Zeit. Diese Gleichzeitigkeit der Äthereindrücke aller einzelnen Vorgänge der ganzen Weltgeschichte in dem Weltall, als dem Sensorium der Gottheit, veranschauli-

45

August Nathanael Böhner: Kosmos. Bibel der Natur. Das Anziehendste biete der Naturforschung

zur Veranschaulichung

Hannover 1864, 1. Band, S. 174-176.

81

aus dem

Gesammtge-

der Majestät des Ewigen in seinen

Werken,

Zwischen den Sternen

chet uns den Begriff der göttlichen Allwissenheit in Beziehung auf die Vergangenheit und gibt uns eine Ahnung von dem großen erhabenen Gesichtskreis der höhern gottverwandten Geschöpfe." 46 — Gemessen an derart exklusiver Verherrlichung des allmächtigen Wahrnehmungsvermögens klingen die entsprechenden Ausführungen Ebertys geradezu nüchtern pragmatisch.

Carl du Preis Darwinismus Die nächste Phase der Eberty-Rezeption folgte nach 1874: In der zweiten, vermehrten Auflage seines vielgelesenen Buchs Der Kampf such

einer

Philosophie

der Astronomie

um's Dasein

am Himmel.

Ver-

hat Carl du Prel (1839-1899) - noch

vor seiner Konversion zum Spiritismus - 1876 sehr direkt auf die nun mit vollem Autorennamen versehene Neuauflage der Eberty-Schrift von 1874 reagiert. In einer sechsseitigen Anmerkung sind die wesentlichen Aspekte referiert und kritisch gewürdigt: Ein Wesen, das im Weltenraum allgegenwärtig wäre, müßte in Bezug auf vergangene Dinge allwissend sein. Aber wenn auf diese Weise die Allwissenheit des Schöpfers gleichsam ihre naturwissenschaftliche Begründung erhalten solle, so wäre doch zu fragen, was das letztlich nütze, so du Prel: weil nämlich dabei das Wunder der Allgegenwart vorausgesetzt werden müsse. Ohnehin bleibe eine andere vorausgesetzte Eigenschaft des Allmächtigen, seine Kenntnis der Zukunft, gänzlich unerklärt. — Trotz derart prinzipieller Einwände war du Prel von Ebertys lichtbildwissenschaftlichen Ausführungen offenbar tief beeindruckt. Vor allem das Mikroskop die Zeit

für

war ihm eine prägnante Charakterisierung wert: Gleichwie für ein Auge,

das sich mit entsprechender Geschwindigkeit einem Sterne nähere, die Begebenheiten auf demselben extrem zusammengedrängt würden, so könnten auch umgekehrt durch schnelle Entfernung die Ereignisse unendlich ausgedehnt werden. Es würden sich in Naturvorgängen Zwischenstadien entdecken lassen, die normalerweise unsichtbar blieben, und das könne zu neuen Erkenntnissen führen. Eine angenommene Allgegenwart würde nun wohl die gleichen Dienste leisten; „aber die Erkenntnis selbst aller Zwischenstadien der Veränderungen bliebe doch fruchtlos ohne das Verständnis der zu Grunde liegenden Kräfte". 47 — Das entsprach exakt der rationalistischen Argumentationsweise des aufkommenden Monismus, dem du Prel mit seinem .himmlischen' Darwinismus zu kosmischer Geltung verhelfen wollte. In der dritten, neuerlich überarbeiteten Auflage des Buchs, das 1882 nunmehr unter dem Titel Entwicklungsgeschichte

des Weltalls.

Entwurf

einer

Phi-

46

Böhner: Kosmos 1864, 1. Band, S. 174-176.

47

Carl du Prel: Der Kampf um's Dasein am Himmel. Versuch einer Philosophie der Astronomie. Denicke's Verlag, Berlin 1876, S. 355.

82

IV. Geschäfte auf Erden

Abb. 30: Carl du Prel, Titel-Portrait aus: Ausgewählte Schriften, Band I, Leipzig 1900.

losophie

der Astronomie

erschien, h a t d u Prel d e m Mikroskop

für

die

Zeit

zusätzliche beispielhafte L e i s t u n g s m e r k m a l e attestiert, die w i e d e r u m das n o t o r i s c h e P r o b l e m d e r M o t i v w a n d e r u n g e n a u f w e r f e n : „Einer Lokomotive k ö n n t e ein S c h n e k k e n g a n g e r t e i l t w e r d e n ; d u r c h g e n a u e A n p a s s u n g der Bewegung [des Beobachters] k ö n n t e ein d u r c h u n s e r e A t m o s p h ä r e s t ü r z e n d e r M e t e o r i t g l e i c h s a m zum S t e h e n , ja, er k ö n n t e s o g a r zu e i n e r r ü c k w ä r t i g e n Bewegung g e b r a c h t w e r d e n . Ein [ ü b e r die M ö g l i c h k e i t e n d e r Z e i t m i k r o s k o p i e v e r f ü g e n d e s , kosmisches] Wesen k ö n n t e also die Zeit g l e i c h s a m r ü c k w ä r t s f l i e s s e n l a s s e n . " 4 8 — Zitiert w u r d e F l a m m a r i o n hier nicht, d a f ü r aber k u r z d a n a c h Karl E r n s t v o n Baer m i t seinen s c h o n b e s p r o c h e n e n Ausführungen über Naturanschauung. A u c h i m bereits zwei Jahre z u v o r p u b l i z i e r t e n E r g ä n z u n g s b a n d ü b e r Die netenbewohner

48

und

die

Nebularhypothese.

Neue

Studien

zur

Pla-

Entwick-

Carl du Prel: Entwicklungsgeschichte des Weltalls. Entwurf einer Philosophie der Astronomie. Ernst Günthers Verlag, Leipzig, 1882, S. 376.

83

Zwischen den Sternen

lungsgeschichte

des

Weltalls

hatte du Prel die exobiologische Seite der Baer-

schen Mutmaßungen sozusagen in Ebertyscher Perspektive weiter verfolgt: „Wesen, welche die Fähigkeit hätten, innerhalb einer Sekunde alle objektiven Veränderungen als subjektive Bewusstseinszustände zu empfinden, sodass sie ζ. B. jede einzelne der Ätherschwingungen wahrnähmen, deren wir viele Millionen innerhalb einer Sekunde bedürfen, um eine Licht- und Farbenempfindung zu erhalten, würden gleichsam im Besitze eines Mikroskopes für die Zeit sein. [...] Wir können aber die Möglichkeit solcher Arten von Intelligenz noch aus anderen Voraussetzungen ableiten, die noch ganz im Gebiete des physikalisch Denkbaren liegen. [...] Nehmen wir nun an, es gebe Wesen, deren Organisation den Thätigkeitsweisen des Äthers entspräche, die ζ. B. ein der Lichtgeschwindigkeit analoges Bewegungsvermögen hätten, so könnten dieselben die eben erwähnte mikroskopische Auseinanderzerrung oder teleskopische Verdichtung zeitlich aufeinanderfolgender Veränderungen auch vermöge ihrer Bewegungskraft erzeugen." 49 Das aber führte im Grunde zum Prinzip des Doppler-Effekts, ohne daß er direkt beim Namen genannt wurde: „Da nämlich Veränderungen der Dinge auf Bewegungen des Äthers beruhen, und es lediglich von der Anzahl seiner Schwingungen abhängt, auf welchen unserer Sinne sie wirken, d. h. ob sie als Töne, Wärme oder Licht wahrgenommen werden, so könnte ein auf einen Gegenstand hin oder von ihm abgewendetes Bewegungsvermögen auch dazu benützt werden, nach einander die verschiedenen Sinne von einem und demselben äusseren Gegenstande affiziren zu lassen; denn eine entsprechende Bewegungsgeschwindigkeit würde die Anzahl von Ätherschwingungen innerhalb einer Sekunde in der Annäherung vermehren, in der Entfernung vermindern. Ein solches Wesen könnte, wenn sein Gehör auf einen äusseren Vorgang mit einem tiefen Tone reagiren würde, diesen durch seine Bewegung in immer höhere Töne verwandeln, dann eine immer mehr gesteigerte Wärme-Empfindung erfahren, endlich den ursprünglichen Ton in eine Farbenempfindung umsetzen und das ganze Farbenspektrum durchlaufen lassen; oder es könnte auch durch die umgekehrte Reihenfolge der Empfindungen und, falls es noch andere Sinne für die uns nicht wahrnehmbaren Ätherschwingungen hätte, durch noch weitere Empfindungsmodalitäten bei identischer äusserer Ursache geleitet werden." 50 — Dieser Durchlauf der Sinne an einem einzigen vibrierenden Gegenstand war einem bekannten Gedankenexperiment Wilhelm Wundts nachgebildet, der einen schwingenden Stab sämtliche Frequenzen vom tiefsten akustischen Vibrieren bis über das sichtbare Leuchten hinaus hatte passieren lassen, um die Begrenztheit der einzelnen menschlichen Sinnesfenster aufzuzeigen. 51

49

Carl du Prel: Die Planetenbewohner

und die Nebularhypothese.

Neue Studien zur Entwick-

lungsgeschichte des Weltalls, Verlag von Ernst Günther, Leipzig, 1880, S. 169-170. 50

du Prel: Planetenbewohner

51

Wilhelm Wundt: Vorlesungen über die Menschen- und Thierseele, 1. Bd, Leipzig 1863, S. 179.

1880, S. 170.

84

IV. Geschäfte auf Erden

Du Preis Eingehen auf den Eberty-Text ist nicht nur wegen der darin diskutierten exobiologischen Physiologisierung 52 bemerkenswert, sondern auch, weil seine Schriften sich seinerzeit großer Verbreitung erfreuten, die heute erst in Umrissen wieder ermeßbar wird. 53 Eine weit verzweigte Schicht von Gebildeten, Künstlern und Literaten waren u m die vorletzte Jahrhundertwende vom Gedankengut des monisitischen Spiritismus &c beeinflußt, dessen profiliertester Vordenker Carl du Prel nach 1880 geworden ist. — Auch die Kenntnis der kleinen Eberty-Schrift, die du Prel zu den wichtigsten seiner Zeit zählte, ist sicher durch seine Publikationen befördert worden.

Joseph Pohles Theologie Direkte Belege für solche Huckepack-Proliferation findet man auch bei den ausgemachten du Prel-Gegnern in kirchlichen Kreisen. So hat etwa Joseph Pohle 54 (1852-1922), Theologieprofessor am Priesterseminar in Leeds, 1884/85 entschieden gegen du Preis Darwinistische' Astronomie Stellung bezogen, gleichwohl aber die Ebertyschen Bildgebungen übernommen und sogar noch weiter ausgeschmückt: „Setzen wir nun einmal den in sich nicht unmöglichen Fall, der Schöpfer hätte ein Auge geschaffen von so ungewöhnlicher Schärfe, so enormer Sehweite und so wunderbarer Empfindlichkeit, daß sich keine wie immer riesige Entfernung denken ließe, welche die Gesichtswahrnehmung dieses Wunderauges zu vereiteln imstande wäre. Es könnte mithin auch die Gegenstände und Ereignisse auf unserem Erdball aus beliebigen Entfernungen mit gleicher Schärfe beobachten und verfolgen wie wir. [...] Versetzen wir das Wunderauge ein Mal auf den äußersten Planeten Neptun [...] und lassen wir es von dort aus ein beliebiges geschichtliches Factum, ζ. B. die Schlacht von Waterloo in ihrem wechselreichen Verlauf, genau verfolgen." Und so weiter.55 — Die angegebene Quelle war in diesem Fall deutlich erkennbar

52

Karl S. Guthke: Der Mythos der Neuzeit. Das Thema der Mehrheit der Welten in der Literatur-

53

Tomas Kaiser: Ein Bild des Seelenforschers Carl du Prel aus neuen Quellen, Diss. Lüneburg 2005.

und Geistesgeschichte von der kopernikanischen Wende bis zur Sdence Fiction, Bern 1983, S. 285 ff. 54

Pohle war ab 1886 Professor für Philosophie in Fulda, wo er gemeinsam mit dem Philosophen und Theologen Konstantin Gutberiet das ab 1888 erschienene Philosophische Jahrbuch gründete. Nach Tätigkeiten ab 1889 als Professor für Apologetik in Washington (USA) und ab 1894 als Professor für Dogmatik in Münster wechselte er 1897 an die Universität Breslau.

55

Joseph Pohle: Die Sternwelten und ihre Bewohner. Eine wissenschaftliche Studie über die Bewohnbarkeit und die Belebtheit der Himmelskörper nach dem neuesten Standpunkte

der

Wissenschaften. Erster Theil. In: Jahresbericht der Görres-Gesellschaft für das Jahr 1884. Köln 1884. - Zweiter Theil (Schluß), ebenda, Köln 1885, Zitat S. 16; gleichlautend bis zur 7. verbesserten Auflage, Köln 1922, S. 160.

85

Zwischen den Sternen

P r o c t o r , allerdings m i t einigen M o d i f i k a t i o n e n , b e s o n d e r s k e n n t l i c h a u c h a n d e r V e r s e l b s t ä n d i g u n g des v o n G o t t g e s c h a f f e n e n W u n d e r a u g e s . „Doch n o c h w u n d e r b a r e r e S c e n e n , als die v o r g e f ü h r t e n , l a s s e n sich bei e i n i gen A b ä n d e r u n g e n u n s e r e r o p t i s c h e n Fiction e r z i e l e n " , so Pohle weiter. „Denken wir u n s d a s R i e s e n a u g e , s t a t t in b e t r a c h t e n d e r Ruhe, in B e w e g u n g , u n d s e t z e n wir z u n ä c h s t d e n Fall, d a s s e l b e k o m m e aus d e r u n e r m e ß l i c h e n Ferne von m e h r e r e n t a u s e n d L i c h t j a h r e n in g e r a d e r R i c h t u n g u n d mit r a s e n d e r G e s c h w i n d i g k e i t auf u n s e r e Erde zu: so ist klar, d a ß die erste Scene, welche sich i h m am B e g i n n s e i n e r Reise d a r b ö t e , ein u r a l t e s E r e i g n i ß der E r d g e s c h i c h t e , ζ. B. d e n A n f a n g s - u n d Urz u s t a n d des e r s t e n M e n s c h e n , u n d die l e t z t e Scene d e n g e g e n w ä r t i g e n E n t w i c k e l u n g s p u n k t d e r M e n s c h e n - u n d E r d g e s c h i c h t e d a r s t e l l e n w ü r d e . [...] Dem Wund e r a u g e w ü r d e w ä h r e n d s e i n e r R i e s e n r e i s e in W a h r h e i t die ganze Erd-

und

Weltgeschichte von i h r e n e r s t e n A n f ä n g e n bis h e r a b zur G e g e n w a r t in r a s c h wechs e l n d e n Tableaux

vivants

a u f g e r o l l t , u n d zwar s c h n e l l e r o d e r l a n g s a m e r je nach

d e r G e s c h w i n d i g k e i t , mit welcher es sich d u r c h den R a u m b e w e g t e . W ü r d e die Reise in e i n e m Augenblick e r f o l g e n , so r a s c h wie ein G e d a n k e , so w ü r d e d i e s e r eine b e d e u t e n d e Augenblick, wie in e i n e m m a g i s c h e n Bild, die lange Kette d e r b e d e u t e n d s t e n wie g e r i n g f ü g i g s t e n E r e i g n i s s e aller J a h r h u n d e r t e b l i t z s c h n e l l vor d e m s u p p o n i r t e n Auge v o r ü b e r z i e h e n [,..]." 5 6 P r o c t o r f o l g e n d u n t e r s c h i e d Pohle drei Fälle bei sehr schneller B e w e g u n g des W u n d e r a u g e s : sie k ö n n e d e r des Lichtes gleich sein, o d e r g r ö ß e r , o d e r kleiner. I m ersten Fall w ü r d e das Bild, m i t d e m das W u n d e r a u g e seine Reise a n t r ä t e , n i c h t m e h r v o n d e r N e t z h a u t weichen. D a n a c h w a r d u Prel m i t d e r S c h n e c k e n g a n g - L o k o m o t i v e u n d d e m r ü c k w ä r t s s t ü r z e n d e n M e t e o r i t e n zitiert. U n d d a n n folgte n o c h ein weiterer n a m e n t l i c h g e k e n n z e i c h n e t e r Q u e l l e n b e z u g : „ G e r a d e z u p a r o d o x a b e r w ü r d e n die W a h r n e h m u n g s - V e r h ä l t n i s s e a u s f a l l e n , w e n n sich das Auge in e i n e m s c h n e l l e r e n Tempo b e w e g t e als d a s Licht: d a n n m ü ß t e n ä m l i c h d e r i m a g i n ä r e Fall e i n t r e t e n , d a ß die E r e i g n i s s e sich u m k e h r t e n . Die Erd- u n d M e n s c h e n g e s c h i c h t e w ü r d e auf d e n Kopf gestellt. Die M e n s c h e n w ü r d e n z u e r s t auf d e m T o d e s b e t t e , d a n n auf d e m K r a n k e n l a g e r , s o d a n n im k r ä f t i g s t e n M a n n e s - u n d J ü n g l i n g s a l t e r , u n d zuletzt als S ä u g l i n g e in d e r Wiege g e s e h e n w e r d e n . Die V e r g a n g e n h e i t w ü r d e s u k z e s s i v e , a b e r in u m g e k e h r t e r R e i h e n f o l g e w i e d e r zur G e g e n w a r t . Denn das Auge w ü r d e ja infolge s e i n e r s c h n e l l e r e n Bewegung alle d i e j e n i g e n L i c h t s t r a h l e n der Reihe nach einh o l e n , welche mit d e n ä l t e r e n N a c h r i c h t e n n o c h u n t e r w e g s w ä r e n . Wir h ä t t e n eine V e r z e r r u n g der E r e i g n i s s e , e i n e s c h e i n b a r e U m k e h r u n g d e r Zeit vor u n s , in Wahr-

56

Pohle: Sternwelten 1885, S. 15-16; gleichlautend bis zur 7. verbesserten Auflage, Köln 1922, S. 161-162.

86

IV. Geschäfte auf Erden

heit eine »verkehrte Welt«." 57 — Für diese Textpassage hat Pohle ausdrücklich per Fußnote Ebertys Schrift von 1874 angegeben. Doch der referierte Inhalt belegt: sie ist wohl nur aus der Erinnerung zitiert u n d mit Einsprengseln aus anderen Quellen durchsetzt; offenbar auch aus Flammarions Recits,

ohne daß diese jedoch genannt

sind. Pohles Darlegungen sind auch deswegen so bemerkenswert, weil seine bescheidene wissenschaftliche

Studie

über die Bewohnbarkeit der Himmelskörper, die

ursprünglich 1884/85 in den Jahresberichten

der

schienen war, dann als laufend aktualisierte Einführung

Görres-Gesellschaft in die moderne

erAstrono-

mie beachtliche Auflagenzahlen erreichte. 58 Noch 1922 kam der siebte, vielfach erweiterte Neudruck des offenbar zugkräftigen Titels heraus. Aber die hier im Auszug zitierten Passagen, die nach wie vor unter der Kapitelüberschrift Die Gestirne die Weltgeschichte,

und

also unter dem exakten Titel der Eberty-Schrift standen, waren

vollständig unverändert geblieben. Auch die theologisch-erkenntnistheoretischen Einkleidungen haben bis zur letzten Auflage ihren Wortlaut behalten: „Doch wäre es gewiß grundverkehrt, die Allwissenheit Gottes auf den Einfluß der in den Wellenbewegungen des Aethers erhalten gebliebenen »Erkenntnisbilder«, welche Gott kraft seiner Allgegenwart jeden Augenblick sozusagen auf sich einwirken lasse, zurückzuführen, wie einige empiristisch angehauchte Gelehrte beinahe anzunehmen scheinen." Derart ironische Distanzierungen, die sich per Fußnote auf Proctor (1888 t ) bezogen, haben in späteren Auflagen zunehmend ihr Ziel verfehlt. Doch die folgende Belehrung: daß Gott nicht nur Vergangenheit u n d Zukunft des Materiellen, sondern auch des Geistigen wisse, der Unterstützung durch die Physik nicht bedürfe, gewann angesichts der wissenschaftlichen Fortschritte an Schärfe. Pohles Fazit: „Erinnert man sich dieser Fundamentalsätze einer gesunden Philosophie, so wird man obige oder ähnliche Betrachtungen zwar gern als eine Analogie, als einen Versuch hingehen lassen, niemals aber sich zu dem Zugeständnisse herbeilassen, als sei gewissermaßen die empirische Basis zur exakten Erkennbarkeit der Attribute Gottes gefunden." 5 9 — Damit schien Ebertys Real-Phantasie, die Pohle vier Jahrzehnte zuvor fasziniert und reserviert zugleich vom Sekretär der Royal nomical

Society

Astro-

übernommen hatte, mit den Umwälzungen des neuen Jahrhun-

derts in den Ruhestand überholter Metaphern verabschiedet.

57

Pohle: Sternwelten 1885, S. 17; gleichlautend bis zur 7. verbesserten Auflage, Köln 1922, S. 162-163.

58

Die 3. Auflage erschien 1902, die 6. 1910; von der 2. Auflage an unter dem Titel: Die Sternenwelten und ihre Bewohner. Eine Einführung in die moderne Astronomie. Die letzte, 7. Auflage trug den Untertitel zugleich als erste Einführung in die moderne Astronomie.

59

Pohle: Sternenwelten 1922, S. 163.

87

Zwischen den Sternen Gleichwohl bleibt festzuhalten: Ebenso bemerkenswert wie die dauerhafte Verbreitung des Buchs war die Hartnäckigkeit des Autors beim Zitieren der ursprünglich Ebertyschen Weltraumperspektiven; und noch mehr: eine kleine, aber signifikante Paraphrasierung der Quellen: Bei Pohle war nicht mehr von Gott selbst oder anderen kosmischen Beobachtern die Rede, sondern ausschließlich von einem separaten Wunderauge, dern

vor dem die Geschichte in Tableaux

abgerollt wird.

60

vivants, mmagischen

Die psychische Augenzeugenschaft hatte sich zu einer fast

schon apparativen verwandelt. Man brauchte nur noch anstelle von vom Auge

der Kamera

Bil-

Wunderauge

zu sprechen, um den Schwenk zur phantasmagorisch-me-

dialen Bühnenfiktion ins Blickfeld zu bringen.

Berliner Urania Wie die Real-Phantasmagorie einer gerafften Urgeschichte in den achtziger-neunziger Jahren ablief, kann man sich noch zum Beispiel anhand der Libretti

der Berli-

ner Urania vor dem geistigen Auge auszumalen versuchen. So findet sich etwa im Eröffnungsstück der Ausstattungsvorträge,

die M. Wilhelm Meyer seit 1889 im

wissenschaftlichen Theater der von ihm mitbegründeten Anstalt liche

Naturkunde

derung

durch

für

volksthüm-

hielt, der nachfolgende aufschlußreiche Prolog zu einer Wan-

vorsintflutliche

Landschaften;

1890 vom Kaiser höchstpersönlich

besichtigt, wurde das Stück auch ins Englische übertragen und ist in der New Yorker Carnegie-Hall, in Boston und Philadelphia vielfach aufgeführt worden. 61 (Regieanweisung: bei geschlossenem

Vorhange): „Nichts ruht in der Welt, alles

bewegt sich, alles entwickelt sich, alles strebt höheren, schöneren Zielen entgegen. [...] Ein Geist, der Millionen Jahre überblicken könnte so schnell, wie an uns eine Minute vorübergeht, würde die Sterne, diese gewaltigen Sonnen, um welche sich wie nachtschwärmende Falter die Planeten kreisend scharen, durch einander schwirren sehen, wie die Leuchtkäfer in einer lauen Juninacht. [...] Und so soll uns der Künstler, dessen Hand vom Geiste forschender Wissenschaft geleitet worden ist, zurückversetzen in die längst verschollenen Zeiten. [...] Wir wollen die grosse Geschichte der Erde durchwandern, die Zeit von Millionen Jahren mit Siebenmeilenstiefeln überfliegen in einer kurzen Stunde, die Sturm- und Drangzeit der irdischen Natur miterleben." (Regieanweisung: Der Vorhang öffnet sich) Erste Scene. Das C h a o s . (Regieanweisung: Die Scene ist zunächst fast ganz finster.

60 61

Die

Pohle: Sternwelten 1885, S. 16; in der 7. verbesserten Auflage Köln 1922, S. 160, sind lediglich die tableaux vivants durch ,lebende Bilder' ersetzt. M[ax] Wilhelm Meyer: Wie ich der Urania=Meyer wurde. Eine Geschichte für alle, die etwas werden wollen. Hamburg 1908, S. 83-84.

88

IV. Geschäfte auf Erden

Abb. 31: Das wissenschaftliche Theater; aus: Die Urania zu Berlin, Bericht von M. Wilhelm Meyer, 1891, S. 21.

89

Zwischen den Sternen Nebel

erglühen

die glühend

mehr

flüssige

und mehr

und treiben

Oberfläche

der Erde,

dampf

entwickelt

sich

und endlich

dessen

Grenzlinie

sich am Horizonte

sieht

lebhaft welche

durcheinander. mehr

und mehr

man die Erde vom Meere

aus den Nebeln

Dann sieht erkaltet. ganz

man Wasser-

überfluthet,

scheidet.)

62

D i e letzte der zwölf Szenen zeigte, n a c h vorzeitlichen Landschaften m i t JuraSauriern u n d K r e i d e m e e r - M o n s t r e n , in e i n e m ,Mittelmeergestade wie bei Sorent 1 m i t antiken R u i n e n die A n k u n f t in der kulturgeschichtlichen Gegenwart. Text u n d Bildregie waren sorgfältig verzahnt: D i e W o r t e des Vortragenden ü b e r b r ü c k t e n die Prospektwechsel bei geschlossenen V o r h ä n g e n , u n d die Szenenbilder wurden verm u t l i c h m i t d i o r a m a t i s c h e n Beleuchtungseffekten u n d / o d e r als dissolving

views

( m i t , N e b e l b i l d ' - P r o j e k t o r e n ) verlebendigt. — Das war die Einstundenvision einer Weltgeschichte, die sich i m bildhaften Ansatz, der d r a m a t i s c h beschleunigten G e schichtsdarstellung, m i n d e s t e n s indirekt v o n den a s t r o n o m i s c h e n Phantasien Ebertys herleiten läßt. Auch Meyer hatte in seinen Jugendjahren Bernsteins senschaftliche

Volksbücher

Naturwis-

gelesen 6 3 u n d war z u d e m bei anderen Gelegenheiten

a u f die E b e r t y s c h e n Leitbilder u n d deren Ableger gestoßen. D a ß der H i m m e l nicht künstlerischer Nachhilfe bedurfte, s o n d e r n die verschiedensten M o m e n t e der Vergangenheit direkt vor Augen führt, war für Meyer schon lange eine e b e n so erwiesene W a h r h e i t wie die s c h a m l o s e Ausbeutung von Leichtgläubigen: „So verkaufte ζ. B. ein a m e r i k a n i s c h e r Photograph nach der Natur phot o g r a p h i s c h a u f g e n o m m e n e S c e n e n aus dem Leben unseres Herrn Jesus [ . . . ] . Jene P h o t o g r a p h i e n von u n s e r e m lieben Herrn waren, wie unser p h a n t a s i e r e i c h e r Ind u s t r i e l l e r s t e i f und fest b e h a u p t e t e , m i t t e l s eines riesigen F e r n r o h r s hergestellt, mit welchem ganz neue S t e r n e in etwa t a u s e n d L i c h t j a h r e n Entfernung entdeckt worden wären. Diese S t e r n e e r s c h i e n e n in d i e s e m Teleskope als große S c h e i b e n , und wären in der That auch ungeheure Spiegel, also keine Kugeln, welche unser gütiger Herrgott o f f e n b a r blos deshalb in diesen Regionen aufgestellt h a t t e , damit sich das B i l d n i ß seines l i e b e n Sohnes darin abspiegeln und von dort aus wieder bis auf die Platte des g e i s t r e i c h e n A m e r i k a n e r s zurückfallen k o n n t e . " U n d so weiter. 6 4 — D e r Aberwitz solcher angeblichen G e s c h i c h t s p h o t o g r a p h i e n war M e y e r n u r zu klar; d a ß j e d o c h auch der g r ö ß e r e V e r s t ä n d n i s z u s a m m e n h a n g seiner durch u n d durch historisierten Naturauffassung gleichartigen Leitbildern folgte, ist von i h m

62

M[ax] Wilhelm Meyer: Die Geschichte der Urwelt. Eine Wanderung durch vorsintflutliche Landschaften. Vorgetragen im wissenschaftlichen Theater der Gesellschaft Urania, Dritte Auflage, Berlin 1890, S. 3 - 4 .

63

Meyer: Wie ich der Urania=Meyer wurde 1908, S. 40.

64

M[ax] Wilhelm Meyer: Selbstbiographisches vom Himmel Darstellung der jüngsten Resultate der astronomischen Forschung in ihren Beziehungen zu Vergangenheit und Zukunft des Weltgebäudes, Leipzig 1877, S. 29.

90

IV. Geschäfte auf Erden

nicht kommentiert worden. Ob er mit den extravaganteren Phantasien des Berliner Juristen sympathisierte, mag dahingestellt bleiben. Jedenfalls dürften wenig später sein Adlatus Bürgel und Heinrich Harder, der möglicherweise auch an den UraniaBühnenbildern beteiligt war 65 , die Ebertyschen Perspektiven nicht nur gekannt, sondern auch geschätzt haben, wie sich aus der eingangs vorgestellten schen

65

Phantasie

astronomi-

ergibt.

Die Sammlung populärer

Schriften, herausgegeben von der Gesellschaft Urania zu Berlin,

enthielt schon 1892 Darstellungen von Heinrich Harder.

91

V. Zwischenbilanz

Geistesblitz Was kann man als Zwischenergebnis der hier skizzierten Odyssee des kleinen EbertyTextes bis zu den Aufführungen des Berliner Urania-Wissenschaftstheaters festhalten? Vor allem Eines: Die ,kosmische Bildtheorie' des Berliner Astronomie-Liebhabers war nicht das sekundäre Abfallprodukt einer Jahrmarktstechnologie, die lediglich an vulgären Bewegungsillusionen interessiert gewesen war. Im Gegenteil: Erst im Zusammentreffen mit einer instrumententechnischen Revolution, den ersten präzisen Fixstern-Parallaxenmessungen, zündete der Ebertysche Geistesblitz — in einem Vorstellungsmilieu, das für zeitliche Skalenverschiebungen schon sensibilisiert war. „Denken wir uns," hatte Alexander von Humboldt 1845 im ersten Bande des Kosmos

geschrieben, „als ein Traumbild der Phantasie, die Schärfe unserer Sinne

übernatürlich bis zur äußersten Grenze des telescopischen Sehens erhöht, und zusammengedrängt, was durch große Zeitabschnitte getrennt ist, so verschwindet urplötzlich alle Ruhe des räumlichen Seins. Wir finden die zahllosen Fixsterne sich wimmelnd nach allen Richtungen gruppenweise bewegen; Nebelflecke wie kosmische Gewölke umherziehen, sich verdichten und lösen, die Milchstraße an einzelnen Punkten aufbrechen und ihren Schleier zerreißen; Bewegung eben so in jedem Punkte des Himmelsgewölbes walten, wie auf der Oberfläche der Erde in den keimenden, blättertreibenden, Blüthen entfaltenden Organismen der Pflanzendecke." 1 So hatte Humboldt Carl Gustav Carus' Traumbild vom WeltraumMikroskop aufgenommen und damit den Blick auf die himmlische Vergangenheit gerichtet; u n d mit derart beschleunigter Wahrnehmung war auch die gegenläufige Sichtweise, die mikroskopische Zeitzerdehnung, auf den Weg gebracht worden. Beschleunigung und Verlangsamung einer durchaus imaginären, fiktionalisierten Wahr-

1

Alexander von Humboldt: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung, Erster Band, Stuttgart und Tübingen 1845, S. 155.

93

Zwischen den Sternen

nehmung gewannen jedoch ihre bestürzende Eindrücklichkeit erst angesichts der gigantischen raumzeitlichen Abgründe, die sich für den instrumenteil verschärften Blick aufgetan hatten. Mit den ersten verläßlichen Ausmessungen von Sternabständen hatte sich nicht nur die schon lange vermutete zeitliche Tiefe des sichtbaren Weltenraums erhärtet, sondern der Blick zum Himmel als ein zwangsläufig in die Vergangenheit gerichteter erwiesen; und dies mußte ebenso für Beobachter auf anderen Sternen gelten; in den Worten Ebertys: „Den Stern im Centauren sehen wir also, wie er vor 3 Jahren, die Wega, wie sie vor 12 Jahren und 1 Monate war, und so fort [...]. Diese Sätze sind alt, und längst in allen Handbüchern der populären Astronomie ausgesprochen, und in allen Schulen den Knaben und Mädchen geläufig. — Dass aber noch Niemand auf den Gedanken gekommen ist, diese Sätze umzukehren, und die höchst merkwürdigen und staunenswerthen Folgerungen zu ziehen, die aus dieser Umkehrung in reichster Fülle auf uns einströmen, ist wirklich wunderbar; [...]" 2 Felix Eberty hat als erster - dessen war er sich deutlich bewußt - das ebenso plausible wie ideengeschichtlich folgenreiche Gedankenexperiment in Worte gefaßt, fiktive Augenzeugen, deren vornehmster niemand anderes als Gott sein konnte, die Vergangenheit der Erde von unterschiedlich weit entfernten Fixsternen zu entsprechend verschiedenen Zeiten beobachten zu lassen. Mehr noch: er ließ diese mehr oder minder allmächtigen Augenzeugen nicht nur in Ruhe zuschauen, sondern dachte sie sich mit oder gegen den Strom der Lichtbilder

bewegt, sodaß nun sowohl

Zeitraffungs- als auch Zeitdehnungseffekte zum Zuge kommen konnten. Das Prinzip der lichtbilderbegleitenden Zeugenschaft im Zeitlupen- oder Zeitraffertempo, dem sich die in den Weltenraum übertragene Babbagesche Idee von einem unzerstörbaren Kriminal-Archiv der Schallwellen hinzugesellte, etikettierte er wirkungsvoll als Mikroskop

für

die Zeit,

also mit jener Instrumentenmetapher, deren Wirkungs-

bereich damals von Carl Gustav Carus gerade in den Weltenraum verlegt worden war. — Damit war, ein halbes Jahrhundert vor der technischen Realisierung, weitab von den üblichen Kategorienlehren der rein sukzessiv-zeitlichen oder koexistierendräumlichen Künste (Lessings zählebiges Erbteil), auch schon eine Art Denkmodell des kosmischen

Kinos

ins Auge gefaßt.

Über die fiktionalen Dimensionen und Entfaltungsmöglichkeiten seines Entwurfs war sich Eberty jedenfalls durchaus im Klaren. Wiederholt hat er betont, daß er die .weitere Ausmalung bis ins kleinste Detail' der Phantasie der Dichter u n d Leser anheim stelle.3 Ihm ging es u m die „bisher ungekannte Klarheit und Anschaulichkeit" beim erstmaligen ins-Auge-Fassen der kosmischen Lichtbildarchive, u m die prinzipielle Poesie und Erhabenheit einer bildhaften Auffassung von der Allwissen-

2

[Felix Eberty] Die Gestirne 1846, S. 11-12.

3

Ebenda, S. 23.

94

V. Z w i s c h e n b i l a n z

heit, Allgegenwart und Unzeitlichkeit Gottes.4 Damit eröffneten sich auch die Perspektiven einer zukünftigen, apparativ verwirklichten Fiktionalität. Mit dem wohlstrukturierten Denken des geschulten Mathematikers konnte Eberty die wesentlichen Züge von Bildzeugenschaft exemplarisch erfassen, ohne sich in den Weiterungen zu verlieren. Solche Ausschmückungen hat er, wie wir gesehen haben, anderen überlassen.

4

Ebenda, S. 27.

95

VI. Geschichte im Aufbruch

Himmelskino 1988 erschien in der DDR ein Sonderheft der Beiträge wissenschaft

zur Film-

mit dem Schwerpunktthema Berlin - zwanziger

filmtheoretischen

Denkens.

Schauspiel

der

und

und

Unter den Aufsätzen: Die Utopie vom

Kinematograph

Fernseh-

Jahre,

Zentrum kosmischen

des russischen Medienwissenschaftlers

Michail B. Jampolski. 1 Der Autor betonte in seinem Beitrag, daß der Stand des Filmbewußtseins auch gerade durchs Studium utopischer Filmtheorien geklärt werden könne. Damit brachte er den kosmischen

Film,

das sogenannte

Himmelskino

zur Sprache, das besonders in den zwanziger Jahren viel Aufmerksamkeit erregt habe. Französische Filmtheoretiker wie Andre Imbert u n d Albert Bonneau hätten wie die deutschen Carl Hauptmann u n d Rudolf Harms damals davon gesprochen, daß der Film auf einer Bühne abrolle, die das Universum ist. Das sei keine exaltierte Metapher gewesen, sondern dahinter habe eine bedeutsame Tradition, ein bestimmter Stil des Denkens, eine besondere Filmutopie gestanden, die sich wohl bis zur deutschen Romantik, bis zum Siderismus und zur Hieroastronomie

Franz Xaver Baaders und Johann Wilhelm Ritters Jean Pauls zurückverfolgen ließen. Dieser Ideenkom-

plex habe in Deutschland die spiritistische Paraastronomie tet und sei in Camille Flammarions Lumen kosmischen

Kinematographen

zur grandiosen

Carl duPrels vorbereiVorstellung

eines

gesteigert worden. Das Licht trage Flammarion

zufolge in sich Bilder, nämlich einen Strom von Photographien, die in jedem Augenblick in den Weltenraum hinausflögen. Jeder Lichtstrahl gliche so einem endlosen

1

Michail B. Jampolski: Die Utopie vom kosmischen Schauspiel und der Kinematograph, in: Beiträge zur Film- und Fernseh wissenschaft. Schriftenreihe der Hochschule für Film und Fernsehen der DDR „Konrad Wolf" Nr. 34, 1988, 29. Jahrgang, S. 177-191. - Ein spezieller Dank geht an Joachim Paech, der mich auf Jampolskis Text aufmerksam machte.

97

Zwischen den Sternen

Filmband, an dem der körperlose kosmische Geist Lumen

bei Bedarf mit Über-

lichtgeschwindigkeit entlangreisen könne. Schon sechs Jahre zuvor, 1982, hatte Max Milner in seinem Buch La tasmagorie

fan-

2

die Tradition der Himmelslichtbilder ins Visier genommen. Für ihn

war - nach Tiphaine de la Roche, der bereits 1760 eine reichlich hypothetische Fixiermethode für Lichtbilder beschrieben hatte - Eugene Mouton (1823-1902) mit seiner .Phantasie' Historioscope

(1883) der prominenteste Vordenker gewesen; Flamma-

rion folgte bei ihm noch zeitgleich als Ideenempfänger auf Platz zwei. Mittlerweile hat sich die Wertschätzung mit der genaueren Datierung u n d Würdigung seiner Werke ganz zugunsten Flammarions gewendet: "Perhaps the single most innovative work in the entire literature of the scientific imagination", heißt es in einschlägigen Übersichten. 3 Und Entsprechendes scheint für die Literatur- und Filmtheorie zu gelten: So finden sich 1998 in der Darstellung von Danielle Chaperon: rion.

Entre

astronomie

et litterature,

u m den neuen Säulenheiligen der science

fiction

melt: Nicht allein Le cinimatographie

cileste

auch La mέmoire

cosmique

Flamma-

wesentliche Schlüssel- u n d Reizworte

sowie La tristesse

und Mediengeschichte versamfirmiert

als Kapiteltitel, sondern

des astronomes

undLa

mi-

scientifique.4

lancholie

Die allumfassende Traurigkeit der Astronomen u n d die allgemeine wissenschaftliche Melancholie, die Danielle Chaperon so speziell Flammarion u n d seiner Zeit unterstellt hat, waren ihrer Meinung nach direkt aus Alexander von Humboldts Kosmos

abgeleitet. Humboldt habe mit seiner Rede von der Ungleichzeitigkeit der

Himmelserscheinungen den jungen Flammarion tief beeindruckt und so die cineastische Wende seiner Weltraumperspektiven ausgelöst. Auch wenn die Vorgeschichte etwas anders verlief: so wurde jedenfalls eine bilderbezogene Seh- und Sehnsucht in die Welt gesetzt, die von Roland Barthes noch einmal auf eine poetisch knappe Formel gebracht worden ist: „Von einem realen Objekt, das einmal da war, sind Strahlen ausgegangen, die mich erreichen, der ich hier bin; die Dauer der Übertragung zählt wenig; die Photographie des verschwundenen Wesens berührt mich wie das Licht eines Sterns. Eine Art Nabelschnur verbindet den Körper des photographierten Gegenstandes mit meinem Blick: [...]" Und wenig später in k o n t r a p u n k t i schem Beharren auf der Gegenwart: „Die Photographie ruft nicht die Vergangenheit ins Gedächtnis zurück (nichts Proustisches ist in einem Photo). Die Wirkung, die sie auf mich ausübt, besteht nicht in der Wiederherstellung des (durch Zeit,

2 3

Max Milner: La fantasmagorie. Essay sur l'optique fantastique, Paris 1982, p. 168 ff. Frank N. Magill (ed.): Survey of Science Fiction Literature Vol. 3, Englewood Cliffs /NJ, Salem Press 1979, pp. 1294-98.

4

Danielle Chaperon: Camille Flammarion. Entre astronomie et litterature, Paris Editions Imago 1998.

98

VI. Geschichte im Aufbruch

d u r c h E n t f e r n u n g ) A u f g e h o b e n e n , s o n d e r n in der B e g l a u b i g u n g , d a ß das, was ich sehe, t a t s ä c h l i c h d a g e w e s e n i s t . " 5

Das unumgänglich schmerzliche Distanzbewahren gegenüber der Vergangenheit, das aus Bartes' Worten spricht, war nun allerdings nicht gerade Flammarions Hauptanliegen in seinen Recits de l'infini gewesen. Seine Lumen-Erzählungen hatten den Charakter von zwar spirituellen, aber durchaus noch leiblich motivierten Zeitreisen, die sogar intime Begegnungen mit geliebten Personen einbezogen (Abb. 32); eine Obsession, die er später noch weiter ausmalte.6 Daneben war der apparative Aspekt der lichtbilderfixierenden Sternsäule eher marginal (eine halbe Seite unter zweihundertsechsunddreißig in der Ausgabe von 1873). - Gleichwohl hat Jampolski betont, daß Flammarion speziell mit dieser kosmischen Aufzeichnungsapparatur ein materielles Modell der ,Dauer' entworfen und so wesentliche philosophische Ideen Henry Bersons, nämlich das Kinematographenmodell des Bewußtseins, vorweggenommen habe.7 Flammarions Qucerens/Lumen-Dialoge hätten die umfassendste und ausführlichste, sozusagen urtypische Utopie des kosmischen Films hervorgebracht, so Jampolski, der dann seinen Beitrag mit einer beeindruckenden Fülle von Nachfolgebeispielen: Scheerbart, El Lissitzky, Blaise Cendrars, Waleri Brjussow und anderen mehr, abgerundet hat. Waren also Flammarions langatmige Recits und Ebertys kurzgefaßte Gedankenblitze tatsächlich im Wesentlichen konzeptionelle Vorformen der Kinematographentechnologie und damit Kronzeugen einer sich formierenden Kinomentalität vor dem Kino? Kann man damit einer Linie folgen, die Jampolski mit dem Hinweis auf Bergson angedeutet hat? — Statt sofort aufs spätere Kinematographenmodell aus Evolution criatrice von 1907 zu setzen, sollte man sich besser zunächst an Bergsons Matiire et memoire von 1896 halten, um den astronomischen Hintergründen seiner Weltsicht nachzuspüren.

5

Roland Barthes: La chambre claire. Note sur la Photographie, Paris 1980. - Deutsch: Die helle Kammer. Bemerkungen zur Photographie. Frankfurt 1985, S. 91 u. 92.

6

Camille Flammarion: Un amour dans les froiles-, in: Rives Stoiles, Nouvelle Edition, Paris 1896, p. 1-16. In dieser Kurzgeschichte versucht die verstorbene Geliebte ihren Astronomen-Liebhaber zum vorzeitigen Ableben auf der Erde zu bewegen. Das Lockmittel am neuen Wohnort, einem Exoplaneten: Erotische Genüsse statt mit menschlichen fünf mit siebzehn Sinnen, darunter einem speziell elektrischen.

7

Jampolski: Utopie 1988, S. 179.

99

Zwischen den Sternen

Abb. 32: Camille Flammarion: Lumen. Paris o. J. [1887], Intime Begegnung: ...Je vis venir ά moi...,

100

p. 57, Illustration von L u d e n Rudaux

VI. Geschichte im Aufbruch

Henry Bergson In Matiere

et memoire

hat Bergson sich als,Bild unter Bildern' beschrieben. Die

anderen Bilder sah er unter der Einwirkung eines besonderen Bildes, nämlich des eigenen Leibes. Das hatte eine spezielle sinnesphysiologische Tradition: Für das Bewußtsein sei auch der Leib ein Teil der vorgestellten räumlichen Außenwelt, hatte 1862 Ewald Hering, der neben Helmholtz wichtigste .Optiker' in der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts, in seinen bahnbrechenden, gleichwohl heute kaum noch bekannten Beit ragen

zur Physiologie

geschrieben.8 Der Leib sei also selbst ein Vor-

stellungsbild, das laufend aus dem Gedächtnis vervollständigt und in den Sehraum mit hineingedacht werde, soweit nicht einzelne Teile wie Hand oder Fuß tatsächlich sichtbar seien. Und weiter: Inwiefern das Bild einer Raumwelt, welches wir bei offenen Augen träumen, bestimmt werde durch das jeweilige Netzhautbild, sei von der Physiologie rein empirisch festzustellen, so Hering. - In diesem Sinne auch Bergson: Als Realist gehe man von einer Gesamtheit, von einem Universum der Bilder aus, das kein Zentrum habe, sondern in dem sich alle Bilder ins Unendliche aneinanderreihten. Wenn alle diese Bilder dennoch auf ein bevorzugtes Bild [das des eigenen Leibes] bezogen würden, müßten sie sich mit jeder Körperbewegung umgruppieren. Sobald man jedoch ganz allgemein die Gegenwart an die Vergangenheit knüpfen und die Zukunft voraussehen wolle, müsse die egozentrische Anordnung wieder aufgegeben werden. Nur so sei die Wissenschaft vom Universum möglich.9 — Wie aber konnten menschliche Wahrnehmung und Gedächtnis in einer solchen Welt der Bilder funktionieren? Die ganze Schwierigkeit des Problems, so Bergson, rühre daher, daß man sich die Wahrnehmung als eine Art photographischer Ansicht der Dinge vorstelle, welche von einem bestimmten Punkte mit einem besonderen Apparat - unserem Wahrnehmungsorgan - aufgenommen werde, um alsdann in der Gehirnsubstanz entwickelt zu werden. Nun liege aber, wenn man einen beliebigen Punkt im Weltall betrachte, die Sache so, daß die Wirkung der gesamten Materie ohne Widerstand und ohne Verlust hindurchgehe. Die mögliche Photographie des Ganzen bleibe [fließendes] Licht, denn es fehle die Platte zum Auffangen. Das menschliche Hirn müsse also mit seinen,Zonen der Indeterminiertheit' irgendwie die Rolle der Photoplatte übernehmen und auf seine Weise verwandeln.10 —

8

Ewald Hering: Beiträge zur Physiologie,

zweites Heft: Von den identischen

Netzhautstellen,

Leipzig 1862, S. 166. 9

Henry Bergson: Matiere et mimoire. Essay sur la relation du corps a I'esprit, Paris 1896. - Deutsch: Materie und Gedächtnis. Eine Abhandlung

über die Beziehung zwischen Körper und Geist, über-

setzt von Julius Frankenberger, Jena 1919, S. 10-11. 10

Bergson: Materie und Gedächtnis

1919, S. 2 3 - 2 4 .

101

Zwischen den Sternen

Erst Bergsons Evolution

Creatrice

v o n 1907 b r a c h t e die Analogie v o n

m e n s c h l i c h e r A u f f a s s u n g u n d B i l d m a s c h i n e r i e a u f strikten Parallelkurs: „Dies ist das V e r f a h r e n des K i n e m a t o g r a p h e n . Mit M o m e n t p h o t o g r a p h i e n , d e r e n j e d e das R e g i m e n t in u n b e w e g t e r Stellung d a r s t e l l t , r e k o n s t r u i e r t er die Bewegtheit s e i n e s V o r ü b e r z i e h e n s . [ . . . ] Dies auch d e r K u n s t g r i f f u n s e r e s E r k e n n e n s . Statt u n s d e m i n n e r n Wesen d e r Dinge h i n z u g e b e n , stellen wir u n s a u ß e r h a l b ihrer, u m dies Werden k ü n s t l i c h zu r e k o n s t r u i e r e n . Von der v o r ü b e r g l e i t e n d e n Realität n e h m e n wir s o z u s a g e n M o m e n t b i l d e r auf u n d weil d i e s e die Realität c h a r a k t e r i s t i s c h

zum

A u s d r u c k b r i n g e n , so g e n ü g t es u n s , sie l ä n g s eines a b s t r a k t e n , g l e i c h f ö r m i g e n , u n s i c h t b a r e n , auf d e m G r u n d e des E r k e n n t n i s a p p a r a t s l i e g e n d e n W e r d e n s a u f z u r e i h e n , um n a c h z u b i l d e n , was das C h a r a k t e r i s t i s c h e d i e s e s Werdens s e l b s t ist. [ . . . ] Ob es sich n u n d a r u m h a n d l e , d a s Werden zu d e n k e n o d e r a u s z u d r ü c k e n , ja es w a h r z u n e h m e n — wir t u n n i c h t s weiter, als e i n e n i n n e r e n K i n e m a t o g r a p h e n in T ä t i g k e i t zu s e t z e n . " 1 1

Hat Bergson also in seinen einleitenden Überlegungen im Anfangskapitel von Mutiere et m0moire noch bewegte Bilder gegen fixierte Photographien ausgespielt und damit zunächst das gerade Gegenteil vom Kinematographenmodell des Bewußtseins ins Auge gefaßt? War nicht hier schon der Gegensatz zwischen auratischem Fernbild und mechanisch-nackter Photographie angelegt, den Benjamin später beschworen hat?12 Wie dem auch sei: Bezeichnend scheint in unserem Zusammenhang die anfängliche Durchdringung von Heringscher Optik und FlammarionEbertyschen Weltraumprospekten - bei spürbarer Reserve gegenüber rein mechanischapparativen (photographischen) Abbildungsverfahren. Das aber war im Ansatz eine eher wissenschaftsskeptisch antirationalistische Auffassung, wie sie der umstrittene Ausdruckstheoretiker Ludwig Klages (1872-1956) dann so vehement in seinen Schriften verfolgt hat.

Ludwig Klages In die Ferne gerückt könnten Gegenstände wenigstens zu Anschauungsbildern werden, schrieb Klages 1922 im Kosmogonischen Eros; wie auch umgekehrt gelte, daß aus der Unendlichkeit des schrankenlosen Weltraums Fernbilder näher und immer näher zu rücken vermöchten. Merkmal zur Unterscheidung der Nahbilder von entfernteren Gegenständen sei die Unantastbarkeit. Wenn es demgemäß zur Beschaffenheit der irdischen Körper schlechthin gehöre, der entfernten so gut wie der nahen, tastbar zu sein, so komme das Wesensmerkmal der Fernheit nur den Bil-

11 12

Bergson: Schöpferische Entwicklung [1907], Jena 1930, S. 308-309. Walter Benjamin: Über einige Motive bei Baudelaire XI (1939), GS I. 2, S. 644.

102

VI. Geschichte im Aufbruch

d e m des H i m m e l s u n d e r s t v o l l e n d s j e d e m zeitlich F e r n e erscheine

Vergangenen

zu. Z e i t l i c h e

in r ä u m l i c h e r F e r n e ; o d e r : d a s in d e r F e r n e d e s R a u m e s E r s c h e i -

n e n d e sei F e r n e d e r Zeit. H i e r d ü r f e m a n a u s n a h m s w e i s e , so Klages, „die senschaft

Naturwis-

zu Hilfe r u f e n ; p f l e g t u n s d o c h die A s t r o n o m i e zu b e l e h r e n , s c h o n v o m

S i r i u s , d e m n ä c h s t e n F i x s t e r n , b r a u c h e d a s Licht, u m b i s zu u n s zu g e l a n g e n , m e h rere J a h r e ; d a h e r wir d e n n , i h n e r b l i c k e n d , im W a h r n e h m u n g s a k t

gegenwärtig

h ä t t e n e t w a s u m e b e n s o l a n g e Zeit t a t s ä c h l i c h b e r e i t s V e r f l o s s e n e s ! I n d e s s e n , a u c h w e n n w i r n i c h t g e w i ß zu s e i n g l a u b t e n , d a ß s c h o n die W i s s e n s c h a f t von m o r gen d i e s e h e u t z u t a g e v o l k s t ü m l i c h e M e i n u n g als i r r i g v e r w e r f e n w i r d , so w ä r e g l e i c h w o h l a l l e s v e r w i r r t , v e r t a u s c h t e n w i r d i e a u s m e ß b a r e E n t f e r n u n g d e s Siriu s k ö r p e r s vom E r d p l a n e t e n m i t d e m F e r n c h a r a k t e r des Siiiusbildesl M e i l e n l ä n g e o d e r a u c h L i c h t j a h r l ä n g e k ö r p e r t r e n n e n d e r Abstände d e r n von j e n e r F e r n h e i t ( g e w i s s e r m a ß e n d e r F e r n e an sich),

Nicht von d e r r e d e n wir, s o n -

die in d e r S c h a u u n g

des Bildes u n m i t t e l b a r ( u n d s o m i t v o r b e g r i f f l i c h ) m i t e r s c h a u t w i r d . " 1 3 Alles r ä u m l i c h F e r n e , so Klages, „kann in d i e N ä h e r ü c k e n , b e d i n g u n g s l o s a u s g e n o m m e n a l l e i n d i e G e s t i r n e ! Mag u n s e r Auge m i t t e l s t g e s c h l i f f e n e r G l ä s e r n o c h u m L i c h t j a h r t a u s e n d e t i e f e r in d i e S c h l ü n d e des R a u m e s d r i n g e n u n d in d e r D u n k e l k a m m e r von S t e r n m y r i a d e n d a s A b b i l d f a n g e n an H i m m e l s s t e l l e n , wo sich v o r d e m n u r l i c h t l o s e Leere s p a n n t e , m ö g e n w i r [ . . . ] c h e m i s c h die S t o f f e z e r l e g e n d e r S o n n e n u n d b r e n n e n d e n D ü n s t e a n d e r e r Welten: w i r h a b e n n a c h wie vor gegenwärtig

i m m e r n u r die Erscheinung

der Sterne, niemals ihre (bloß erschlossene)

K ö r p e r l i c h k e i t ! D a r u m d e n n : d i e S t e r n e die begehrt wart,wenn

man

nicht,

u n d ihre

Gegen-

u n s ein S c h e r z e r l a u b t ist, u m d a s ü b e r a l l e s V e r m u t e n P a r a d o x e d a r a n

zu b e l e u c h t e n , g l ä n z t durch Abwesenheit.

— Könnte aber d e m g e m ä ß kein überzeu-

g e n d e r e s S i n n b i l d des E h e m a l s e r s o n n e n w e r d e n als d i e S t e r n e n p r a c h t des n ä c h t l i c h e n F i r m a m e n t e s , so b e g r e i f e n w i r n i c h t n u r d e n E r h a b e n h e i t s s c h a u e r , d e r b e i m A n b l i c k des f u n k e l n d e n G e w ö l b e s j e d e n n o c h w e l t e r s c h l o s s e n e n B e t r a c h t e r d u r c h h a u c h t , s o n d e r n wir v e r s t e h e n a u c h , w a r u m d e m u r s p r ü n g l i c h e n S i n n die S t e r n e b a l d Seelen d e r G e w e s e n e n , b a l d d e r e n A u f e n t h a l t s s t ä t t e w a r e n , i m m e r a b e r auf E r d e n v e r g a n g e n e im U n v e r g ä n g l i c h e n l e u c h t e n d e C h ö r e d e r Vorwelt, an d i e aller irdische

Wandel gebunden

blieb."14

Gemessen an der Aufbruchsstimmung und buchstäblichen Zuversicht, die sich in den Texten des 19.Jahrhunderts zeigten, klingen Klages' Berufungen auf die Astronomie merkwürdig resigniert und exaltiert zugleich. Tatsächlich projizierte er einen modernen Kenntnisstand, das Wissen um die in Lichtjahren zu messenden Fixsternabstände, zurück auf die angeblichen Erhabenheitsschauer vorgeschichtlicher Kulturen. — Hatten die nicht jederzeit mit der Gegenwart ihrer Götter und Ahnen gerechnet?

13

Ludwig Klages: Vom Kosmogonischen Eros, München 1922, S. 102.

14

Klages: Eros 1922, S. 111-112.

103

Zwischen den Sternen

Eros der Ferne Gewiß seien schon allein durch Mikroskop und Teleskop unendliche Distanzen zwischen uns u n d den Dingen überwunden worden, hatte bereits u m 1900 Georg Simmel in seiner Philosophie

des Geldes

geschrieben; aber sie seien doch für das

Bewußtsein erst in dem Augenblick entstanden, in dem es sie auch überwand. Nehme man hinzu, daß jedes gelöste Rätsel mehr als ein neues aufgebe u n d das Näher-Herankommen an die Dinge uns sehr oft erst zeige, wie fern sie uns noch seien — so müsse man sagen: Die Zeiten der Mythologie, der ganz allgemeinen und oberflächlichen Kenntnisse, der Anthropomorphisierung der Natur ließen in subjektiver

Hin-

sicht, nach der Seite des Gefühls und des, wie immer irrigen, Glaubens, eine geringere Distanz zwischen Menschen und Dingen bestehen, als die jetzige. Als typische Charakteristik seiner Zeit hatte Simmel einen Zug des Empfindens bemerkt, dessen pathologische Ausartung die sogenannte »Berührungsangst« sei: die Furcht, in allzu nahen Kontakt mit Objekten zu kommen, ein Resultat der Hyperästhesie, die jede unmittelbare u n d energische Berührung zum Schmerz werden lasse. 15 Der Vorrang der Technik u n d das ersichtliche Überwiegen des klaren, intelligenten Bewußtseins - als Ursache wie als Folge - bedeute, so Simmel, daß die Geistigkeit und Sammlung der Seele, von der lauten Pracht des naturwissenschaftlich-technischen Zeitalters übertäubt, sich als ein dumpfes Gefühl von Spannung u n d unorientierter Sehnsucht räche; „als ein Gefühl, als läge der ganze Sinn unserer Existenz in einer so weiten Ferne, dass wir ihn gar nicht bestimmt lokalisieren können und so immer in Gefahr sind, uns von ihm fort, statt auf ihn hin zu bewegen — und dann wieder, als läge er vor unseren Augen, mit einem Ausstrecken der Hand würden wir ihn greifen, wenn nicht immer grade ein Minimum von Mut, von Kraft oder von innerer Sicherheit uns fehlte". 16 Einen irrationalen Schluß- u n d Fluchtpunkt solcher Symptomatik, die sich vertrauter Bildfiguren der Heringschen Sinnesphysiologie bediente, hat Klages 1921 in seiner Schrift Vom Wesen

des Bewußtseins

geliefert: „Nicht Dinge, sondern

Bilder sind beseelt: das ist der Schlüssel zur ganzen Lebenslehre." Diesen Schlüssel aber könnten Naturwissenschaften nicht besitzen, weil sie anstelle der ursprünglichen Wirklichkeit der Bilder, so Klages, die abgeleitete Wirklichkeit bloß unterstellter Dinge setzten. 17 Was also hatten die Bilder zu bieten? — Ihre Ursprünglichkeit erschien in Klages' psychologisch-philosophischen Frühschriften noch zusätzlich aufgeladen mit Sprachfiguren mehrsinnigen Empfindens: „Eine Hingegebenheit, die

15

Georg Simmel: Philosophie des Geldes, 1900, S. 511-512.

16

Simmel: Philosophie des Geldes, 1900, S. 522.

17

Ludwig Klages: Vom Wesen des Bewußtseins, Leipzig 1921, Anfang Kapitel VI, Die Seele als Bildseele, S. 28.

104

VI. Geschichte im Aufbruch

jeden Widerstand der Selbstbehauptung schmilzt, Fernblau über allen Gegenständen und ihr Eingebettetsein in einen Strom des Vergehens, in den wir mitversinken: aus diesen drei Fäden ist der Schleier gewoben, durch den der tagwache Geist die Welt ,wie im Traum' erblickt." 18 So Klages über das Traumbewußtsein. In einer anderen Formulierung war mit dem Einschmelzen in die Welt der Bilder auch das Fernweh des kosmogonischen

Eros schon angekündigt: „Aus immernaher Körper-

lichkeit vor eine ziehende Ferne gerückt verlöre das Ich seinen Halt auch ohne die Selbsthingebung, die es von innen wirkend nun vollends unter die Bilder stellt, dermaßen, daß es sich selbst mit ihnen verwechselt." 19 Direkt synästhetische Qualitäten waren angesprochen, wenn er etwa behauptete, „daß aber die Wahrnehmung des räumlich Fernen eine eigentümliche .Klangfarbe' habe." 20 Das multimodale Erleben komprimierte Klages schließlich im Eros der Ferne zum Gesamtkomplex einer unstillbaren Sehnsucht gegenüber den aus der Vergangenheit herüberleuchtenden Bildern. -Isis-Schleier

und Nimbus

waren die beiden aus derartiger Melan-

cholie geschöpften Bezeichnungen, die Benjamins Aura -Begriff am nächsten kamen.

Walter Benjamin Über das Verhältnis der so gegensätzlichen Charaktere Walter Benjamins (1892-1940) und Klages' gibt es wenige, aber dafür aufschlußreiche Untersuchungen, die hier nicht eigens referiert werden müssen. 21 Klar ist jedenfalls, daß Benjamin zentrale Begrifflichkeiten seiner Kunstwerkbetrachtung von Klages übernommen hat. In unserem Zusammenhang fällt auf, daß Benjamins berühmte Definition der Aura als „einmalige Erscheinung einer Ferne, so nahe sie sein mag", keine direkten Spuren ihrer Herkunft aus astronomischen Kontexten mehr verrät; im Gegenteil. Die multimodal-synästhetische Qualität der Unantastbarkeit,

die Klages noch so ausdrücklich

mit den in Abwesenheit glänzenden Sternen hinterlegte, hat sich bei Benjamin gleichsam vom Firmament abgenabelt u n d an den Kultobjekten der Menschheitsgeschichte niedergeschlagen. Und auch die anderen Wahrnehmungsbesonderheiten, die sich ursprünglich als imaginative Auswüchse der Astronomie gebildet hatten, ließ Benjamin ganz als irdische Errungenschaften der neuen technischen Medien zu Buche schlagen.

18

Ludwig Klages: Vom Traumbewusstsein [1913/1919]; in: Mensch und Erde. Gesammelte Ab-

19

Klages: Traumbewusstsein [1913/1919], S. 159.

handlungen, Stuttgart 1956, S. 147-195, spez. S. 159. 20

Klages: Vom Kosmogonischen Eros 1922, S. 96.

21

Michael Pauen: Eros der Ferne. Walter Benjamin und Ludwig Klages; in: Global Benjamin. Internationaler Walter-Benjamin-Kongress 1992, Bd. 2, S. 693-716; mit weiterer Literatur.

105

Zwischen den Sternen

Was E b e r t y sich als m ö g l i c h e B e t r a c h t u n g d a v o n e i l e n d e r Lichtbilder zwischen d e n S t e r n e n vorstellte, h a t B e n j a m i n - laut A n m e r k u n g d e n v o n A r n h e i m a n g e f ü h r t e n F i l m e m a c h e r r e z e p t e n f o l g e n d - als b o d e n s t ä n d i g erzeugte A p p a r a t e - I l l u s i o n e n g e n o m m e n u n d i h n e n eine eigene i n n e r e H i n t e r g r ü n d i g k e i t nachgesagt: „Unter d e r G r o ß a u f n a h m e d e h n t sich d e r R a u m , u n t e r der Z e i t l u p e die Bewegung. Und so wenig es bei d e r V e r g r ö ß e r u n g sich um eine b l o ß e V e r d e u t l i c h u n g d e s s e n h a n d e l t , was m a n » o h n e h i n « u n d e u t l i c h sieht, s o n d e r n v i e l m e h r völlig n e u e S t r u k t u r b i l d u n g e n der M a t e r i e zum Vorschein k o m m e n , so wenig b r i n g t die Z e i t l u p e n u r bek a n n t e B e w e g u n g s m o t i v e z u m Vorschein, s o n d e r n sie e n t d e c k t in d i e s e n b e k a n n ten ganz u n b e k a n n t e , »die gar nicht als V e r l a n g s a m u n g e n s c h n e l l e r B e w e g u n g e n s o n d e r n als e i g e n t ü m l i c h g l e i t e n d e , s c h w e b e n d e , ü b e r i r d i s c h e w i r k e n . « So w i r d h a n d g r e i f l i c h , d a ß es eine a n d e r e Natur ist, die zu der K a m e r a als die z u m Auge s p r i c h t . A n d e r s vor allem d a d u r c h , d a ß an die Stelle e i n e s vom M e n s c h e n mit Bew u ß t s e i n d u r c h w i r k t e n R a u m s ein u n b e w u ß t d u r c h w i r k t e r t r i t t . [ . . . ] Hier g r e i f t die K a m e r a mit i h r e n H i l f s m i t t e l n , i h r e m S t ü r z e n u n d Steigen, i h r e m U n t e r b r e chen u n d I s o l i e r e n , i h r e m D e h n e n u n d R a f f e n des Ablaufs, i h r e m V e r g r ö ß e r n u n d i h r e m V e r k l e i n e r n e i n . Vom O p t i s c h - U n b e w u ß t e n e r f a h r e n wir erst d u r c h sie, wie von d e m T r i e b h a f t - U n b e w u ß t e n d u r c h die P s y c h o a n a l y s e . " 2 2 K ö n n t e m a n - m i t d e n hier g e s a m m e l t e n I n d i z i e n i m Sinn - n i c h t a u f d e n G e d a n k e n k o m m e n , d a ß B e n j a m i n s Rede v o m Optisch-Unbewußten

auch auf einen

i h m e n t f a l l e n e n g r ö ß e r e n Z u s a m m e n h a n g d e r ideellen K a m e r a - V o r g e s c h i c h t e verweist, in d e m A s t r o n o m i e u n d Blickverhalten n o c h direkt v e r b u n d e n w a r e n u n d d e r m i t d e m Mikroskop

für

die Zeit

e i n e n griffigen N a m e n e r h a l t e n hatte?

Engel der Geschichte „Es gibt ein Bild von Klee, das Angelus Novus h e i ß t . Ein Engel ist d a r a u f d a r g e stellt, der a u s s i e h t , als wäre er im Begriff, sich von etwas zu e n t f e r n e n , worauf er s t a r r t . Seine Augen sind a u f g e r i s s e n , sein M u n d steht o f f e n u n d seine Flügel sind a u s g e s p a n n t . Der Engel d e r Geschichte m u ß so a u s s e h e n . Er hat d a s Antlitz der V e r g a n g e n h e i t z u g e w e n d e t . Wo eine Kette von B e g e b e n h e i t e n vor uns e r s c h e i n t , da sieht er eine einzige K a t a s t r o p h e , die u n a b l ä s s i g T r ü m m e r auf T r ü m m e r h ä u f t u n d sie ihm vor die Füße s c h l e u d e r t . Er m ö c h t e wohl v e r w e i l e n , die Toten wecken u n d das Z e r s c h l a g e n e z u s a m m e n f ü g e n . Aber ein S t u r m weht vom P a r a d i e s e her, d e r sich in s e i n e n Flügeln v e r f a n g e n h a t u n d so s t a r k ist, d a ß der Engel sie nicht m e h r

22

Walter Benjamin: Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit (3. Fassung); in: Gesammelte Schriften, hrsg. von Rolf Tiedemann und Hermann Schweppenhäuser, Frankfurt 1991, Band 1.2, S. 500.

106

VI. Geschichte im Aufbruch

schließen kann. Dieser Sturm treibt ihn unaufhaltsam in die Zukunft, der er den Rücken kehrt, während der Trümmerhaufen vor ihm zum Himmel wächst. Das, was wir den Fortschritt nennen, ist dieser

Sturm." 23

Der Rücklauf der Geschichte, den Benjamins Engel vergeblich anstrebe, schrieb Otto Karl Werckmeister 1997 über diese Linke Blaise Cendrars aus dem Jahre 1919: Das Notre-Dame.

Ende

Ikone24, der

erinnere an einen Text von Welt,

gefilmt

vom

Engel

Das fiktive Drehbuch erreicht seinen Höhepunkt, als besagter Engel

vom Turm der Pariser Kathedrale die Posaune zum Weltende bläst, sodaß Paris und alle anderen Städte der Erde zusammenstürzen und die Menschen unter Trümmern begraben. Doch dann läuft der Film rückwärts, die Toten erstehen auf, die Städte errichten sich wieder. Im Zeitraffer geht es zurück bis zum Weltanfang. Im letzten Abschnitt des Drehbuchs, überschrieben »Gegen den Strich« (A rebours),

wird der

Film der Weltgeschichte im Zeitraffer wieder vorgespult; bis zu der Szene, mit der er begann: Gottvater sitzt als hektisch zigarrerauchender Großunternehmer wieder in seinem Büro. „ECT" heißt es zum Schluß, und: „C'est la banqueroute." 25 Wie Cendrars zwischen dem Engel mit der Kamera und dem Menschen am Projektor, zwischen Drehen und Sehen des Films einen Unterschied machte, so Werckmeister, so habe Benjamin in seiner These

zwischen dem Engel der

Geschich-

te und uns unterschieden. Doch Cendrars' spielerisch-anarchistisches Hin und Her zwischen den Weltkatastrophen vor oder nach der Gegenwart habe Benjamin nicht nachvollzogen. — Und auch die höchst auffällige Körperwendung gegen die Bewegungsrichtung, so können wir hinzufügen, hätte Benjamin nicht von Cendrars übernehmen können. Der hatte nur das mechanische Umschalten der Filmlaufrichtung in einer Zwischenszene aus dem ,Projektorraum' kurz beschrieben, aber nirgends von einer bestimmten Haltung des Engels von Notre-Dame gesprochen. - Was also hat Benjamin zu seiner eigentümlichen Ausdeutung des Kleeschen Bildes bewogen? In Flammarions Qucerens/Lumen-Oi&logcn

war das Problem, welche Körper-

haltung ein mit den Lichtbildern bewegter Weltraumbeobachter einzunehmen hätte, direkt angesprochen worden. Frage: „Um also die [irdischen] Ereignisse im Auge zu behalten, während Ihr Euch im Weltenraum entfernt, fliegt Ihr da rückwärts, oder sind die Geister vielmehr mit der Fähigkeit ausgestattet, nach hinten zu sehen?" Antwort: „Welche Frage! Wenn ich es unternehmen wollte, Euch darzustellen, mit welchen intimen Sinnen Geister sehen, würde ich Euch in die Diskussion eines für Euch unlösbaren Problems stürzen. Denkt Euch zur Eurer persönlichen Befriedi-

23

Benjamin: Über den Begriff der Geschichte; in: Gesammelte

Schriften,

1991, Band 1.2,

S. 697-698. 24

Otto Karl Werckmeister: Linke Ikonen. Benjamin, Eisenstein, Picasso nach dem Fall des Kommunismus, München Wien 1997, S. 45.

25

Blaise Cendrars: La Fin du monde filmee par l'Ange N. D. (1917-19); in: (Evres Completes 2, Editions Denoel ο. J.

107

Zwischen den Sternen

gung, daß ich mich von Zeit zu Zeit umdrehe, um die Erde zu beobachten; eine solche Idee wird für Euch leichter zu akzeptieren sein." 26 Hat Benjamin also irgendwann Flammarions Recits

gelesen und daraus nicht nur die szenenprägende Kör-

perorientierung des Engels, sondern womöglich sogar das ganze Konzept der Geschichtsbetrachtung entlehnt? Es hätte allerdings eine frühe Ausgabe der Recits müssen, denn in späteren Lumen

sein

-Versionen hat Flammarion den soeben zitierten

Dialog wieder gestrichen. 27 — Eine entsprechende, aber klarer formulierte Textvorlage hätte Benjamin jedoch in jeder der vielen Auflagen von Pohles

Sternenwelten,

u n d diesmal mit ausdrücklichem Fußnotenhinweis auf Eberty, wie wir gesehen haben, finden können: „Am merkwürdigsten würde sich aber das Panorama für das fingierte [Wunder-]Auge gestalten, wenn wir dasselbe sich mit unermesslicher Geschwindigkeit von unserer Erde weg, obwohl stets behufs Aufnahme der Lichteindrücke zu ihr hingekehrt,

in den Himmelsraum hinaus bewegen lassen". 28 Pohle

war Benjamin nachweislich bekannt: Im fragmentarischen Verzeichnis der gelesenen Schriften ist unter Nr. 886 Pohles Christlich-katholische

Dogmatik

aufgelistet.29

Textevidenz Beim schrittweisen Durchgehen der Bildbeschreibung des Benjaminschen der Geschichte

Engels

m u ß es wie Schuppen von den Augen fallen, wie klar durch die

zeitgeschichtlich bedingten Verfärbungen u n d Verzerrungen hindurch die Bezüge zu den Textvorlagen des 19. Jahrhunderts sich abzeichnen: Der Engel starrt auf Etwas, von dem er sich rückwärts entfernt; sein Antlitz ist der Vergangenheit zugewendet. Das ist die bewegliche Position des lichtbilderbegleitenden Weltraumzeugen, wie sie zuerst von Eberty beschrieben wurde. Der Bezug zum Eberty-Text wird noch eindeutiger, wenn man die dort eigens hervorgehobene Wahrnehmungsform des Neben-

26

Eigene Übersetzung. - Camille Flammarion: Recits de l'infini

[1872] 1873, p. 110: «Pour

remonter ainsi les ev0nements en vous eloignant dans l'espace, est-ce que vous voliez en reculant, ou plutöt les esprits sont ils doues de la faculti j'entreprenais

de voir derriere eux? Quelle question! Si

de vous exposer par quel sens intime les esprits voient, je vous plongerais dans la

discussion d'un probleme insoluble pour vous. Pour votre satisfaction personnelle, pensez que je me retournais de temps en temps pour examiner la Terre; cette idee sera plus facile a accepter.» TJ

Dieser Wortwechsel fehlt in der illustrierten Lumen-Ausgabe

von 1887 sowie in Brian Stab-

lefords neuer Englisch-Übersetzung von 2002. Auch in Anna Raus deutscher

Lumen-Όber-

setzung von 1900 fehlt diese Stelle. 28

Joseph Pohle: Sternwelten

1885, S. 16; gleichlautend bis zur 7. verbesserten Auflage, Köln

1922, S. 162. [Kursiv-Hervorhebung hinzugefügt]. 29

Joseph Pohle: Christlich-katholische

Dogmatik-, in: Die Kultur der Gegenwart, hrsg. von Paul

Hinneberg, Teil I Abteilung IV,2 Systematische Joseph Pohle u. a„ Berlin 1909, S. 3 7 - 6 5 .

108

christliche Religion von Ernst Troeltsch,

VI. Geschichte im Aufbruch

einander noch einmal vergleicht: „Hier haben wir also die Ausdehnung der Zeit mit der des Raumes zusammenfallend, der sinnlichen Anschauung so nahe gebracht, dass Zeit und Raum als gar nicht von einander geschieden begriffen werden können. — Denn: das in der Zeit nacheinander

Folgende liegt hier räumlich

gleichzei-

tig neben einander." 30 Das Gemälde, von dem Eberty sprach, hat sich für Benjamins Engel in die Simultanansicht einer einzigen Katastrophe, zum Trümmerhaufen, zum

Himmel

wächst,

Eberty zur Gemälde wind

verwandelt. Die freiwillige Beobachterbewegung, die bei

a uffassung

des Fortschritts,

der

der Zeit führte, wurde bei Benjamin zum Sturm

-

der sich verselbständigt hat und nun den machtlosen Beo-

bachter mit sich reißt. Der vergebliche Wunsch des Engels, zu verweilen, ist nichts anderes als das ins Gegenteil gekehrte Vermögen des Ebertyschen Augenzeugen, „auf seiner Bahn beliebig anzuhalten", u m Momente der Geschichte in Muße zu studieren.31 Der Engel möchte wohl verweilen, die Toten wecken und das Zerschlagene zusammenfugen, heißt es in Benjamins Beschreibung. Hier könnte man in der Tat zunächst an Cendrars rückwärts laufenden Film oder an Flammarions Waterloo retombe

d'out-

denken. Aber eine solche emotionalisierte Anleihe war meiner Ansicht

nach weniger grundlegend als die formale Übernahme der Weltraumzeugenschaft, die aus der Kette von sukzessiven Ereignissen ein simultanes Schreckensgemälde machte. Mit der Ohnmacht des Engels, die Geschichte zum Stehen zu bringen u n d einzugreifen, ist ein weiterer Aspekt, der auch schon im Ebertyschen Beobachterstatus gegeben war, bis zur äußersten Konsequenz getrieben: Der imaginäre Augenzeuge - u n d sei es sogar der Allmächtige selbst - kann nur noch zuschauen, Bilder inspizieren, aber nicht mehr nachträglich verändern. — Mit dieser restriktiven Einsicht sind wir sozusagen beim visuellen Grundton der Geschichtsthesen Benjamins, der die hier verfolgte Tiefenperspektive der Motivwanderungen weiter unterstreicht. Nimmt man sich die übrigen Geschichtsthesen der Reihe nach vor, so läßt sich eine Epitomensammlung zum hier diskutierten Motivkomplex fast als Fließtext zusammenfügen; mit Babbages Luftarchiv als Auftakt, das Benjamin in Gregor Itelsons Vorwort zur Eberty-Ausgabe von 1923/25 gefunden haben könnte: Die Vergangenheit führe einen heimlichen Index mit, durch den sie auf die Erlösung verwiesen werde. Streife denn nicht uns selber ein Hauch der Luft, die u m die Früheren gewesen sei? Schwinge nicht in Stimmen, denen wir unser Ohr schenken, ein Echo von verstummten? (II) Nichts, was sich jemals ereignet habe, sei für die Geschichte verloren zu geben. Aber erst der erlösten Menschheit sei ihre Vergangenheit in jedem ihrer Momente zitierbar geworden. (III) - Im Klassenkampf entfachte Eigenschaften wie Mut, Humor, List, Unentwegtheit wirkten in die Ferne der Zeit zurück. Das Gewesene seinerseits wende sich kraft eines Heliotropismus geheimer Art der Sonne zu, die

30

[Felix Eberty]: Die Gestirne 1846, S. 15-16.

31

Ebenda, S. 2 4 - 2 5 .

109

Zwischen den Sternen

Abb. 33: Paul Klee: Angelus

novus,

Aquarell 1920.

am Himmel der Geschichte aufgehe. (IV) - Das wahre Bild der Geschichte

husche

vorbei. Nur als Bild, das auf Nimmerwiedersehen im Augenblick seiner Erkennbarkeit aufblitze, sei die Vergangenheit festzuhalten. (V) - Vergangenes historisch artikulieren heiße, sich einer Erinnerung zu bemächtigen, wie sie im Augenblick von Gefahr aufblitze. (VI) - Es gelte, sich des echten historischen Bildes zu bemächtigen, das flüchtig aufblitze. Geschichte sei Gegenstand von Konstruktionen, deren Ort nicht die homogene und leere Zeit sei, sondern die von Jetztzeit erfüllte. So sei für Robespierre das antike Rom eine mit Jetztzeit geladene Vergangenheit gewesen, die er aus dem Kontinuum der Geschichte heraussprengte. Das sei der Tigersprung ins Vergangene. Denselben Sprung unter dem freien Himmel der Geschichte habe Marx als den dialektischen der Revolution begriffen. (XIV) - Das Bewußtsein, das Kontinuum der Geschichte aufzusprengen, sei den revolutionären Klassen im Augenblick ihrer Aktion eigentümlich. Revolutionäre Kalenderumstellungen füngierten dabei als historische Zeitraffer. (XV) - Auf den Begriff einer Gegenwart, die nicht Übergang sei, sondern in der Zeit einstehe und zum Stillstand gekommen sei, könne der historische Materialist nicht verzichten. (XVI) - Zum Denken gehöre nicht nur die Bewegung der Gedanken, sondern ebenso ihre Stillstellung. Es gelte die Zeichen einer messianischen Stillstellung des Geschehens zu erkennen. (XVII) - Die Jetztzeit, die als Modell der messianischen in einer ungeheuren Abbreviatur die Geschichte der ganzen Menschheit zusammenfasse, falle haarscharf mit der Figur zusammen, die die

110

VI. Geschichte im Aufbruch

Abb. 34: Heinrich Harder: Astronomische Phantasie; in: Bürgel: Aus fernen Welten, 1910, S. 369.

Geschichte der Menschheit im Universum mache. (XVIII) — Vorbeihuschen Aufblitzen

einerseits, Stillstellen

und Aufsprengen

und

andererseits;- das sind wört-

liche Gegensatzpaare, die Benjamin als menschliche Erfahrungs- u n d Behandlungsweisen von Geschichte bzw. Geschichtsbildern angeboten hat; sie suggerieren gleichermaßen eine besondere Positionierung des wahrnehmenden Zeitzeugen, u n d sie lassen unmittelbar an Ebertys u n d Flammarions ausgedehnte Blitz-Betrachtungen denken. Den Wortfiguren nach befindet sich der Zeuge neben oder gegenüber dem Bilderstrom der Geschichte, der blitzartig an ihm vorübergleitet u n d den er stillstellen und aufsprengen muß, um zu Einsichten zu gelangen. Was der Engel der Geschichte als Ganzes überblickt, aber nicht mehr ändern kann, läßt sich von Menschen in revolutionären Augenblicken der ,messianischen Stillstellung' als Erkenntnis verbuchen. — Diese erhellende Einsichtsfähigkeit, in der Benjamin persönliche Tragik und Trost zugleich formulierte, fuhrt uns einmal mehr zu der Frage, wie sich das Verhältnis von Augenzeugen und Zeitstrom im Längsschnitt und in den Verzweigungen der imaginären Weltraumperspektiven entfaltet hat. Zur Verdeutlichung der verschiedenen Prospekte können wir an dieser Stelle auch noch einmal Heinrich Härders astronomische

Phantasie

heranziehen.

Schließlich gehört auch sie zu den weitläufigen Echos des Eberty-Textes und ist möglicherweise ihrerseits Benjamin irgendwann unter die Augen gekommen. Bei Eberty war Härders Bildentwurf sozusagen in Umrissen vorformuliert: „[...] vor uns hat

111

Zwischen den Sternen

sich ein G e m ä l d e a u s g e b r e i t e t , welches Raum und Zeit zugleich so im Ganzen

u n d auf Einmal

umfasst,

und beide

d a r s t e l l t , d a s s wir r ä u m l i c h e u n d zeitliche A u s d e h -

n u n g gar nicht m e h r zu t r e n n e n u n d zu u n t e r s c h e i d e n v e r m ö g e n . " 3 2 U n d h a t t e n i c h t H a r d e r , wie e i n g a n g s b e s c h r i e b e n , die S z e n e n a u s d e r Vergangenheit in e i n e m g a n z o f f e n k u n d i g e n H e l i o t r o p i s m u s a n j e n e r S o n n e ausgerichtet, die in s e i n e m G e s c h i c h t s g e m ä l d e aufging? So k a n n m a n a u f d e n G e d a n k e n k o m m e n , d a ß Paul Klees Angelus

novus,

d e n B e n j a m i n als Bild des Engels d e r Geschichte g e n o m m e n h a t , n u r die B e t r a c h t e r seite seiner Vision zeigte. Die a n d e r e Seite a u s sich a u f t ü r m e n d e n T r ü m m e r n d e r Geschichte k ö n n t e H ä r d e r s a s t r o n o m i s c h e r B i l d p h a n t a s i e geglichen h a b e n . „Wo eine Kette von B e g e b e n h e i t e n vor uns e r s c h e i n t , da sieht er [der Engel] e i n e einzige K a t a s t r o p h e " , so B e n j a m i n . W a s H a r d e r n o c h als s i m u l t a n in d e n W o l k e n s i c h t b a r e Erfolgsgeschichte des Kaiserreichs a u f t a u c h e n ließ, h a t sich f ü r B e n j a m i n z u r U n heilsgeschichte v e r k e h r t . Jedoch die S t r u k t u r des Bildes, die b e i d e d e m , a l t e n Berlin e r ' Felix E b e r t y v e r d a n k t e n , w a r u n v e r ä n d e r t geblieben. Sie setzte u r s p r ü n g l i c h voraus, d a ß sich A u g e n z e u g e n zwischen Lichtbilderstapeln i m Weltall beliebig schnell b e w e g e n k ö n n e n , u n d ist d a n n z u r Koexistenz v e r s c h i e d e n e r Z e i t m o m e n t e u n t e r e i n e m a l l u m f a s s e n d e n Blick g e r o n n e n . F ü r E b e r t y war d e r b e v o l l m ä c h t i g t e A u g e n zeuge G o t t , f ü r H a r d e r w a r e n es N a t i o n u n d Kaiserreich i m H o c h g e f ü h l des Erreichten, u n d f ü r B e n j a m i n d e r o h n m ä c h t i g e Engel d e r Geschichte. — So läßt sich dieses Vorstellungsgebilde in d e r Tat als h e f t i g c h a n g i e r e n d e B e r l i n e r Bildform kinematographischen

Wunschdenkens

des

vor-

charakterisieren.

Zweigs Sternstunden A n d e r s als d e r Berliner Walter B e n j a m i n h a t d e r W i e n e r Stefan Zweig ( 1 8 8 1 - 1 9 4 2 ) in d e n Sternstunden

der Menschheit

s p i r a t i o n s q u e l l e n seiner historischen

1927 s c h o n i m Titel die a s t r o n o m i s c h e n I n Miniaturen

d u r c h s c h e i n e n lassen. 3 3 Bei

i h m ist d i e G a n g a r t d e r E r z ä h l u n g direkt a u s d e m R h y t h m u s v o n Z e i t r a f f u n g e n u n d Ü b e r l ä n g e n entwickelt. P r o g r a m m a t i s c h ist bereits i m V o r w o r t d e r Schlüsselbegriff Sternstunden

m i t d e r e n Auslese aus d e m Z e i t b i l d e r s t r o m v e r k n ü p f t . Zweig, d e r

p o e t i s c h e . M a l e r ' o d e r besser n o c h , . F i l m e m a c h e r m i t W o r t e n ' , h a t m i t e x t r e m e n D e h n u n g e n u n d Z u s a m m e n d r ä n g u n g e n operiert: I m m e r m ü ß t e n Millionen müßige W e l t s t u n d e n v e r r i n n e n , ehe eine w a h r h a f t historische, eine S t e r n s t u n d e d e r M e n s c h heit in E r s c h e i n u n g trete. Ereigne sich eine solche W e l t s t u n d e , so schaffe sie Entscheid u n g f ü r J a h r z e h n t e u n d J a h r h u n d e r t e . W i e in d e r Spitze eines Blitzableiters die

32 33

[Felix Eberty]: Die Gestirne 1846, S. 15-16. Stefan Zweig: Sternstunden der Menschheit, Leipzig 1927, im Folgenden zitiert nach der achten Auflage, Frankfurt/Main 2000.

112

VI. Geschichte im Aufbruch

Elektrizität der ganzen Atmosphäre, sei dann eine unermeßliche Fülle von Geschehnissen zusammengedrängt in die engste Spanne von Zeit. „Was ansonsten gemächlich nacheinander und nebeneinander abläuft, komprimiert sich in einen einzigen Augenblick, der alles bestimmt und alles entscheidet: ein einziges ja, ein einziges Nein, ein Zufrüh oder ein Zuspät macht diese Stunde unwiderruflich für hundert Geschlechter und bestimmt das Leben eines Einzelnen, eines Volkes und sogar den Schicksalslauf der ganzen Menschheit." 34 Neben und anstelle von filmischer Zeitlupe u n d Zeitraffer hat Zweig auch auf Altbewährtes zurückgegriffen: er hat Tempowechsel der Geschichte selbst in Rechnung gestellt, nämlich fruchtbare

Momente

aus der Monotonie des Dauerhaften

herausgehoben. Aber diese temporalen Profile erscheinen nun gewissermaßen zweifach gelängt oder beschleunigt im Blickfeld des .bewegten' Betrachters - u n d zugleich an die Unauslöschlichkeit des Firmaments und der himmlischen Archive gebunden. „Solche dramatisch geballten, solche schicksalsträchtigen Stunden, in denen eine zeitüberdauernde Entscheidung auf ein einziges Datum, eine einzige Stunde und oft nur eine Minute zusammengedrängt ist, sind selten im Leben eines Einzelnen und selten im Laufe der Geschichte. Einige solcher Sternstunden — ich habe sie so genannt, weil sie leuchtend und unwandelbar wie Sterne die Nacht der Vergänglichkeit überglänzen — versuche ich hier aus den verschiedensten Zeiten und Zonen zu erinnern." 3 5 Die erste historische Miniatur, Die Weltminute

von Waterloo,

die Zweig be-

36

reits 1912 publizierte , zeigt besonders deutliche und direkte Reflexe des uns n u n schon vertrauten Motivhintergrundes. Im dort erwähnten Blitzableiter ist sozusagen das von Eberty u n d Flammarion gelieferte Paradebeispiel der Zeit-Mikroskopie bis zur äußersten Spannungsspitze getrieben. Die Schlacht von Waterloo, das ProctorFlammarionsche Kabinettstück retrospektiv verdichteter und bei ihnen sogar zeitinvertierter Ereignisse, ist als eine regelrecht elektrische Entladung in die Wege geleitet: „Das Schicksal drängt zu den Gewaltigen und Gewalttätigen. Jahrelang macht es sich knechtisch gehorsam einem einzelnen hörig: Cäsar, Alexander, Napoleon; denn es liebt den elementaren Menschen, der ihm selber ähnlich wird, dem unfaßbaren Element. Manchmal aber, ganz selten in allen Zeiten, wirft es in sonderbarer Laune irgendeinem Gleichgültigen sich hin. Manchmal — und dies sind die erstaunlichsten Augenblicke der Weltgeschichte — fällt der Faden des Fatums für eine zuckende Minute in eines ganz Nichtigen Hand. [...]" 3 7 — Zweigs Rhythmus

34

Zweig: Sternstunden, Vorwort S. 7/8.

35

Ebenda.

36

Stefan Zweig: Grouchy; in: Neue Freie Presse / Wien, 13. September 1912. - Siehe Heraus-

37

Zweig: Sternstunden, Die Weltminute von Waterloo, 1. Absatz.

geber-Vorbemerkung 1996 von Knut Beck.

113

Zwischen den Sternen

der Sprache und die Sprache der Bilder halten sich wechselseitig in Atem, bis zum Blitzschlag des Schicksals. In blitzartig-rasanter Übersicht fallen altertümliche Anspielungen - launische Glücksgöttin, Faden des Fatums - in zuckende Minuten des Zufrüh oder Zuspät. Der Duktus erinnert an kinematographische Effekte; aber zusammen mit dem Sternstunden-Thema, eben auch letztlich an Ebertys Fiktion der lichtbilderbegleitenden Augenzeugenschaft, die so viele verschiedenartige Anschauungsumbrüche der Moderne ausgelöst hat. Wann und wie Zweig mit solchen Bildideen inokuliert wurde, muß hier in der Schwebe bleiben. Auf jeden Fall ist wohl auch im Wiener Milieu, das wir schon bei Franz Wickhoffs Wiener-Genesis-Charakteristik gestreift haben, mit ihrer Präsenz zu rechnen. Zweigs historische Miniaturen sind wie Benjamins Geschichtsthesen auffällige Erhebungen in einer literarischen Landschaft, in der sicherlich noch weitere Relikte der Ebertyschen Weltraumperspektiven verstreut liegen; so, wie auch der ganze Komplex des kosmischen Kinos noch einer ausführlicheren Untersuchung harrt; und anderes mehr. — Wie weitläufig das zu erkundende Niemandsland ist, läßt sich auch an den Rückwirkungen der verbalen Phantasien auf deren ursprünglich naturwissenschaftliche Brutstätten ermessen; und damit kommen wir noch einmal zu Einstein.

Relativitätstheorie 1949 h a t A l b e r t Einstein in seinen Autobiographischen Paradoxon

Notizen

von einem

b e r i c h t e t , auf d a s er s c h o n m i t s e c h z e h n Jahren, also u m 1894, g e s t o ß e n

sei: „Wenn ich e i n e m L i c h t s t r a h l n a c h e i l e mit d e r G e s c h w i n d i g k e i t c (Lichtges c h w i n d i g k e i t im V a c u u m ) , so sollte ich e i n e n s o l c h e n L i c h t s t r a h l als r u h e n d e s , r ä u m l i c h o s z i l l a t o r i s c h e s e l e k t r o m a g n e t i s c h e s Feld w a h r n e h m e n . So etwas s c h e i n t es a b e r nicht zu g e b e n , w e d e r auf G r u n d d e r E r f a h r u n g n o c h g e m ä s s den Maxwell'schen G l e i c h u n g e n . I n t u i t i v klar s c h i e n es m i r von v o r n h e r e i n , dass von e i n e m s o l c h e n B e o b a c h t e r aus b e u r t e i l t alles sich n a c h d e n s e l b e n Gesetzen a b s p i e l e n m ü s s e wie f ü r e i n e n relativ zur Erde r u h e n d e n B e o b a c h t e r . Denn wie sollte der e r s t e B e o b a c h t e r w i s s e n bzw. k o n s t a t i e r e n k ö n n e n , d a s s er sich im Z u s t a n d rascher g l e i c h f ö r m i g e r Bewegung b e f i n d e t ? Man sieht, d a s s in d i e s e m P a r a d o x o n d e r Keim z u r s p e z i e l l e n R e l a t i v i t ä t s t h e o r i e s c h o n e n t h a l t e n ist." 3 8

Einsteins Jugenderinnerung besticht nicht nur durch das lebhaft leibhaftige Wortbild, daß man persönlich einem Lichtstrahl nacheilt, um ihn ,in Ruhe' zu betrachten; dieser Gedankenausflug erinnert mit der fingierten Parallelbewegung des

38

Albert Einstein: Autobiographical Notes [ 1949], Translated and edited by Paul Arthur Schilpp, La Salle, Illinois 1991, pp. 48+50.

114

VI. Geschichte im Aufbruch

Augenzeugen zum Lichtstrom auch direkt an die hier durchgegangenen Vorläufertexte. Fazit: Einstein hat nicht nur nachweislich aus Bernsteins Volksbüchern die Ebertysche Idee einer lichtbilderbegleitenden Zeugenschaft sich aneignen können; er hat sie auch direkt als Denkfigur übernommen und zum Sprungbrett seiner physikrevolutionierenden Überlegungen gemacht.39 An dieser Stelle mag ein weiteres Gedankenexperiment Einsteins die Ausgangslage seiner (speziellen) Relativitätstheorie von 1905 - und die anschauliche Nähe zu den früheren fiktiven Weltraumperspektiven - ansatzweise verdeutlichen: Angenommen ein Zug führe mit konstanter Geschwindigkeit an einem neben den Schienen stehenden Beobachter vorbei. Ein zweiter Beobachter befinde sich genau in der Mitte des vorbeifahrenden Zuges. Gerade zu dem Zeitpunkt, zu dem der im Zug sitzende Beobachter an dem draußen stehenden vorbeifährt, beobachten beide das gleichzeitige Eintreffen zweier Lichtsignale, die vom Anfang und vom Ende des Zuges kommen. Welche Schlußfolgerungen ziehen nun beide Beobachter hinsichtlich der Zeitpunkte, zu denen die Lichtsignale am Anfang und Ende des Zuges ausgesandt worden sind? - Der fahrende Beobachter berücksichtigt, daß er in der Mitte des Zuges steht und daß die Lichtgeschwindigkeit unabhängig vom Bewegungszustand ist. Daraus schlußfolgert er, daß beide gleichzeitig bei ihm eintreffenden Lichtsignale auch gleichzeitig von beiden Endpunkten des Zuges ausgegangen sind. - Auch der neben den Geleisen stehende Beobachter weiß, daß die Lichtgeschwindigkeit konstant ist und daß ein Lichtsignal zum Zurücklegen eines endlichen Weges endliche Zeit benötigt. Aus der Gleichzeitigkeit des Eintreffens beider Lichtsignale schlußfolgert er jedoch, daß das Signal am Zugende eher gegeben wurde, da das Zugende zum Zeitpunkt des Aufleuchtens weiter von ihm entfernt gewesen sein muß als der Zuganfang. Der vom Zuganfang ausgehende und sich mit konstanter Geschwindigkeit ausbreitende Lichtimpuls kann nur dann zugleich mit dem vom Zugende ausgehenden ankommen, wenn er später erzeugt worden ist. Der ruhende Beobachter folgert somit, daß beide Ereignisse zu unterschiedlichen Zeiten stattgefunden haben müssen. — Dieses hier paraphrasierte Eisenbahn-Szenario hat Einstein in seiner ersten eigenen allgemeinverständlichen Darstellung der Relativitätstheorie 1917 in allen möglichen Varianten durchgespielt. Der Bahndamm mit dem vorbeifahrenden Zug bildete das durchgehend verwendete Bühnenbild zur Darlegung klassischer Defizite und speziell relativistischer Effekte.40

39

Derzeit neuester Forschungsstand mit Schwergewicht auf kulturtechnischen Aspekten bei Peter Galison: Einstein's Clocks, Poincare's Maps. Empires of Time, New York 2003. - Sehr informativ in der Problemtiefe Abraham Pais: 'Subtle is the Lord ...' The Science and the Life of Albert Einstein, Oxford 1982.

40

Albert Einstein: Über die spezielle und die allgemeine Relativitätstheorie:

(allgemeinverständ-

lich), 1. Auflage, Braunschweig 1917. - Das Einstein paraphrasierende Beispiel ist zitiert nach Käroly Simonyi: Kulturgeschichte der Physik, 2. Aufl., Frankfurt/Main 1995, S. 410.

115

Zwischen den Sternen

In seiner d i e Relativitätstheorie b e g r ü n d e n d e n A b h a n d l u n g w a r z u n ä c h s t , n u r ' v o n b e w e g t e n Stäben, gleichwohl j e d o c h v o n Lichtlaufzeiten d i e Rede. 41 I m P r i n z i p e n t s p r a c h e n Einsteins M i n i m a l m o d e l l e also d u r c h a u s d e n g r o ß e n interstellaren I m a g i n a t i o n s p r o s p e k t e n , wie sie v o n E b e r t y a u s d e r Taufe g e h o b e n u n d v o n F l a m m a r i o n u n d A n d e r e n ausgewalzt w o r d e n sind. M a n h a t also n u r a n die Stelle des E i s e n b a h n z u g e s die fiktiven L i c h t b i l d e r s t r ö m e (sozusagen die e r l e u c h t e t e n Fenster d e r W a g g o n s , die sich d a n n a u f zwei Lichtsignale r e d u z i e r t e n ) z u setzen, u m ein a n schauliches Situationsbild d e r v o n Einstein entwickelten T h e o r i e vor Augen zu h a b e n . A u c h Einsteins spätere Erzählweise in seiner . g e m e i n v e r s t ä n d l i c h e n ' D a r s t e l l u n g d e r Relativitätstheorie v o n 1917, in d e r ü b r i g e n s anstelle v o n Lichtsignalen Blitzschläge e r s c h i e n e n , läßt sich als E c h o E b e r t y s c h e r A u g e n z e u g e n b e w e g u n g e n lesen. Die wied e r h o l t a b g e w a n d e l t e n Z u g d u r c h f a h r t e n o d e r Z u g a u s b l i c k e e r i n n e r n a n j e n e Zweig l e i s i g k e i t d e r B e t r a c h t e r a t t i t ü d e n , die B e n j a m i n später als blitzartiges V o r b e i h u s c h e n o d e r stillstellendes A u f s p r e n g e n charakterisiert h a t . D e n n A u f s p r e n g e n d e r Geschichte l ä ß t sich a u c h i m A u f s p r i n g e η auf e i n e n Z u g z u r A n s c h a u u n g b r i n g e n .

Augenzeugen N i c h t n u r relativistische P r o b l e m e w u r d e n v o n der

fingierten

Beobachterpositionie-

r u n g aus a n g e g a n g e n ; es gab a u c h a n t h r o p o l o g i s c h - t e c h n o i d e : R u h e u n d B e w e g u n g , v o r a u s bzw. z u r ü c k o d e r a b e r seitwärts gerichteter Blick; d a s s i n d offensichtlich die g r u n d s ä t z l i c h m ö g l i c h e n P o s e n m e n s c h l i c h e r B e t r a c h t e r o r i e n t i e r u n g . F ü r die reine I m a g i n a t i o n Ebertys u n d seiner N a c h f o l g e r i m 1 9 . J a h r h u n d e r t schien das

fiktive

E i n h a l t e n eines b e s t i m m t e n S e h f e l d a u s s c h n i t t s bei Vor-, R ü c k - o d e r Seitwärtsbeweg u n g e n a u c h in k o s m i s c h e n D i m e n s i o n e n kein u n ü b e r w i n d l i c h e s P r o b l e m . E b e r t y selbst h a t sogar ein h y p o t h e t i s c h e s S e h o r g a n m i t p a r a l l e l l a u f e n d e n Sehstrahlen u n d dessen W a h r n e h m u n g s l e i s t u n g e n b e s c h r i e b e n : „Wir w ü r d e n zwar e n t f e r n t e K ö r p e r n i c h t ganz,

s o n d e r n n u r e i n e n so k l e i n e n Theil d e r s e l b e n e r b l i c k e n , wie es der

Grösse e i n e s auf diese Weise e i n g e r i c h t e t e n S e h o r g a n e s a n g e m e s s e n w ä r e ; d i e s e r k l e i n e Theil w ü r d e u n s a b e r in j e d e r b e l i e b i g e n E n t f e r n u n g mit g l e i c h e r D e u t l i c h keit s i c h t b a r w e r d e n , u n d ein G r a s h a l m auf d e m e n t f e r n t e s t e n F i x s t e r n e k ö n n t e u n s e r e n Blicken n i c h t e n t g e h e n ; — s o f e r n u n s e r e A t h m o s p h ä r e klar, u n d von allen t r ü b e n d e n E i n f l ü s s e n b e f r e i t wäre." 4 2 W a r das w o m ö g l i c h d i e V o r w e g n a h m e einer idealen L a s e r - V i s i o n ?

41

Albert Einstein: Zur Eigendynamik bewegter Körper; in: Annalen der Physik 17 (1905); repr. in: H. A. Lorentz, A. Einstein, H. Minkowski. Das Relativitätsprinzip. Eine Sammlung von Abhandlungen [1923], Darmstadt 1974, S. 26 ff.

42

[Felix Eberty] Die Gestirne 1847, S. 5.

116

VI. Geschichte im Aufbruch

In der gewöhnlichen Realität wird man sinnesphysiologisch und kameratechnisch jedoch mit gewaltigen zoom -Effekten43 konfrontiert: Bildwahrnehmung stürzt ins Detail oder verliert sich mit dem Quadrat der Entfernung in Unsichtbarkeit. Auch der seitwärts gerichtete Blick und die von ihm inspizierten hypothetischen Bilderstapel konnten eigentlich bei lichtschnellen interstellaren Beobachterbewegungen nicht unbehelligt bleiben. So oder so: Das von Benjamin beschworene Optisch-Unbewußte hielt mit den verschiedenen Blickattitüden auch markante emotionale Einstellungen bereit. Für sich genommen mußte der seitwärts gerichtete Blick - ähnlich dem rückwärtigen - mit merkwürdiger Selbstbeschränkung bezüglich des Fahrziels behaftet sein. Der eigendiche Fluchtpunkt der Bewegung liegt, wenn man sich an die Stelle von Passagieren versetzt, die nur seitlichen Ausblick haben, am äußersten Rand oder ganz außerhalb des menschlichen Gesichtsfeldes. Der Blick zurück, wenn er alle anderen Blickwendungen ausschließt, war vollends mit resignativer Vertiefung ins Vergangene getränkt. Man braucht sich nur die Aussicht aus dem Endwaggon eines fahrenden Zuges zu Benjamins Zeiten vorzustellen, um dessen ,Engelsyndrom', die Reise rückwärts ins Ungewisse, mit großer Intensität nachzuempfinden. — Fazit: Die Weltraumphantasie einer lichtbilderbegleitenden Augenzeugenschaft war immer noch menschlichen Reiseerfahrungen in irdisch-bodennahen Verhältnissen nachgebildet. Nicht einmal die geradewegs vorwärtsgerichtete Inspektionsbewegung gab vor, in erster Linie auf vorausliegende Ziele (irgendwelche Sterne) fixiert zu sein. Sie sollte vielmehr vornehmlich auf die Archive der ausgestrahlten Erdbilder konzentriert bleiben. Der allumfassende, quasi gleichzeitige, zunächst Gott als jenseitiger Instanz vorbehaltene Überblick wartete nur darauf, von den neuen Demiurgen der technisch erzeugten Bilder, den Filmregisseuren, übernommen zu werden. Auch deswegen hat die von Felix Eberty als visuelles Gedankenexperiment in die Welt gesetzte Imagination so weitverzweigte Wirkungen auslösen können. Aber nicht alle möglichen Rezipienten sind von derart neuartigen Totalvisionen begeistert gewesen.

Droysens Historik „ [ D a s ] m e n s c h l i c h e Wesen v e r m a g s e l b s t das F l ü c h t i g s t e , die L i c h t w e l l e , zu f i x i e ren, die S c h a l l w e l l e zu b e h e r r s c h e n , um den G e d a n k e n , in Laute g e f o r m t , zu äußern und das g e s p r o c h e n e Wort als B i l d , als S c h r i f t i r g e n d e i n e m S t o f f a u f z u p r ä gen; es v e r m a g so d e m bloß G e d a c h t e n , bloß E m p f u n d e n e n , j e d e r R e g u n g in der Seele A u s d r u c k , Dauer, W a h r n e h m b a r k e i t zu g e b e n . Es v e r m a g die E l e m e n t e , die N a t u r k r ä f t e , die S t o f f e , i n d e m es i h n e n ihre Gesetze a b l a u s c h t , nach s e i n e m Willen

43

Sehr anschauliche Demonstration in: Powers of Ten, Buch und Film, San Francisco 1982.

117

Zwischen den Sternen

zu zwingen und durch berechnete Kombinationen ihre stofflichen oder dynamischen Eigenschaften in kunstreichen Mechanismen nach seinem Willen und für seine Zwecke arbeiten zu lassen." 4 4 Diese Sätze stammen aus Johann Gustav Droysens posthum publizierter Historik, Geschichte.

einer Enzyklopädie

und Methodologie

der

Der aus handschriftlichen Aufzeichnungen zusammengestellte Text,

den der promovierte Altphilologe von 1857 an immer wieder als Standardvorlesung angeboten hat, liest sich wie eine programmatische Entgegnung auf die Ebertyschen Lichtbilderphantasien und ihre Folgeerscheinungen. Der vier Jahre ältere Droysen (1808-1884) hatte in Berlin noch Hegel gehört und wie Eberty dort seine Karriere begonnen. 45 Es ist also nicht auszuschließen, daß sich die Beiden damals sogar begegnet sind. Doch vom radikal-spekulativen Geist des Juristen, den erklärtermaßen die Hegeische Philosophie nicht mitgerissen hat 46 , trennten den Historiker Welten. Die oben zitierten mageren Reflexe der mächtig aufkommenden jüngeren Medientechnologien wie Photographie und Grammophonie waren für Droysen kein Anlaß, von seiner grundsätzlichen Überzeugung abzugehen, daß die Geschichte selbst nicht zurückgeholt, nicht inspiziert werden kann. „Dies ist der erste große Fundamentalsatz unserer Wissenschaft, daß, was sie über die Vergangenheiten erfahren will, sie nicht in diesen [Vergangenheiten] sucht, denn sie sind gar nicht und nirgend mehr vorhanden, sondern in dem, was von ihnen noch, in welcher Gestalt immer, vorhanden und damit der empirischen Wahrnehmung zugänglich ist." 47 Tatsachen der Vergangenheit, ja Vergangenheiten selbst wiederherzustellen, könne nicht Zweck geschichtserforschender Methodik und noch weniger deren Ergebnis sein, so Droysen. Man sollte nicht von Historikern erwarten, von dieser oder jener vergangenen Zeit Abbilder zu liefern. Die Aufgabe könne nur darin bestehen, Erinnerungen und Überlieferungen, Überreste und Monumente einer Vergangenheit so zu verstehen, wie der Hörende den Sprechenden versteht. Es gelte also unsere zunächst enge, stückweise, unklare Vorstellung von den Vergangenheiten, unser Verständnis derselben zu erweitern, zu ergänzen, zu berichtigen, nach immer neuen Gesichtspunkten zu entwickeln u n d zu steigern. Aber Bilder aus der Vergangenheit oder Abbilder dessen, was längst dahin ist, aufstellen zu wollen, mit solchen Phantas-

44

Johann Gustav Droysen: Historik. Vorlesungen über Enzyklopädie und Methodologioe der Geschichte [1857ff], hrsg. Von Rudolf Hübner, München/Berlin 1937, 4. Auflage 1960, S. 21.

45

Johann Gustav Droysen wurde 1808 in Treptow/Pommern geboren. Nach der Reifeprüfung 1826 in Stettin studierte er in Berlin und wurde 1831 beim Altphilologen Boekh promoviert; zwei Jahre später habilitierte er sich dort für klassische Philologie. 1840 übernahm er eine Professur für jüngere Geschichte in Kiel. 1859 folgte Droysen einem Ruf nach Berlin, wo er bis zu seinem Tode wirkte.

46

Felix Eberty: Jugenderinnerungen eines alten Berliners, Berlin 1925, S. 314.

47

Droysen: Historik 1960, S. 20.

118

VI. Geschichte im Aufbruch

men möchten sich Poeten, Romanschreiber und andere unterhalten. 48 — Muß man sich nicht fragen, an welche anderen Bilderfreunde Droysen neben Poeten und Romanschreibern gedacht hat? Ist am Ende gar Ebertys,kosmisches Geschichtskino' ein spezieller Dorn in seinen Augen gewesen? Droysens Kritik an jeglicher Vergangenheitsverbildlichung mag für sich genommen sehr überzeugend klingen. Konfrontiert man sie jedoch mit den Ebertyschen Lichtbilderphantasien, die um mindestens zehn Jahre voraufgegangen waren, so wird sich besonders die apodiktische Rede vom exklusiven Sprechen und Hören aufdrängen. War solche Einengung historischer Verständnismöglichkeiten denn unbedingt notwendig? Und hatte nicht Droysen selbst im Kapitel To pik, also für die Darstellung der Forschungsergebnisse Verfahrensweisen empfohlen, die sehr wohl an Bildersequenzen erinnerten? Die Darlegung des in der Forschung Gewonnenen könne verschiedene Standpunkte vorsehen, so Droysen; entweder den, daß sie vergangene Dinge in der Vorstellung wiedererstehen lasse, oder daß sie das Bewußtsein ihrer Gegenwart und ihrer Inhalte tiefer entwickle und begründe. So ergäben sich verschiedene Formen der Darstellung. Das Nächstliegende war Droysen zufolge, darzulegen, wie man seine Ergebnisse gefunden habe. Das sei die Darstellung der Untersuchung, als wäre nicht das Gefundene, sondern das Finden die Hauptsache. Diese Darstellung sei also eine Mimesis unseres Suchens und Findens. Man bedürfe aber einer Form, in der umgekehrt unsere Arbeit möglichst zurücktrete und die Dinge selbst sozusagen zu ihrem Recht kämen. Dass sei die e r ζ ä h l e η d e Fo r m. Sie sei gleichsam das Widerspiel zur untersuchenden. Sie präsentiere das in der Untersuchung Gefundene als einen Verlauf, dessen Momente durch seine Art und Natur sich selbst bestimmt haben. Und wie uns nach menschlicher Betrachtungsweise die Mannigfaltigkeit der geschehenden Dinge in der Gestalt des Werdens erscheine, so reihe sie die in der Forschung gewonnenen Vorstellungen so aneinander, wie die entsprechenden Momente in dem wirklichen Verlaufe, wenn man ihn als ein Werden auffasse, sich gefolgt sind oder bedingt haben. Sie zeige, indem sie so erzähle, wie diese Art und Natur des Vorganges schrittweise wurde und sich weiterbewegte. Sie gebe also eine Mimesis des Werdens.49 Aber es war nur allzu deutlich, daß für Droysen ausschließlich eine sprachliche Wiedergabe der erlangten Anschauungen in Frage kam. Damit sollte er sich bald in illustrer Gesellschaft befinden: Wilhelm Dilthey hat für die dichterische Einbildungskraft 1886/87 eben diese eigenartige Transformation der inneren Augenzeugenschaft ins äußerlich Sprachliche zur Richtschnur erhoben, so als sei solcher Übergang die selbstverständlichste Leistung menschlicher Kunstproduktion. 50 — Hatte nicht Goethe im Anhang seiner Metamorphosen-Schrift den berühmten Botanik-Maler Pierre 48

Ebenda, S. 2 6 - 2 7

49

Ebenda, S. 274.

119

Zwischen den Sternen

Jean F r a n c i s Turpin 51 (1775-1840) mit den Worten zitiert: „Die Sachen herankommen sehen, ist das beste Mittel, sie zu erklären." 5 2 Und war nicht diese sichtbare Einsicht die allen verbalen Formulierungen vorausgehende Auffassungsgrundlage gewesen?

Genetische

Methode

„Die Philosophie wird genetisch, das heißt, sie läßt die ganze nothwendige Reihe unserer Vorstellungen vor unsern Augen gleichsam entstehen und ablaufen." So hatte Schelling 1797, Fichte folgend, in seinen Ideen Natur

zu einer

Philosophie

der

das Prinzip des anschaulichen Fortschreitens als Denkverfahren charakteri-

siert. 53 Pari passu war die Anschauung selbst zum Generator von ,Verlaufsgestalten' geworden; Goethes Schriften über die Metamorphose

der Pflanzen

und zur Mor-

phologie hatten die allgemeinen Vorstellungen nachhaltig verzeitlicht. Von den mannigfaltigen Wegen, welche der Mensch bei Betrachtungen der Natur eingeschlagen habe, schrieb 1829 Carl Gustav Carus in seinen Vorlesungen wolle er nur des rein descriptiven,

des analytischen,

über

ges] gedenken und den Wert derselben sodann mit dem, was er die Methode

Psychologie,

des teleologischen

[Wegenetische

nennen würde, vergleichen: (S. 12) „Genetisch, von γ ε ν ε σ ι ς , die Erzeu-

gung, die Entstehung nennen wir aber diejenige Methode, welche in ihren Betrachtungen einen Gang nimmt, welcher möglichst gleich ist dem Gange, in welchem wir die Naturerscheinungen selbst hervortreten, entstehen sehen." (S. 14) — Der Gleichschritt von äußeren u n d inneren Entwicklungsvorgängen war zum Idealbild harmonischer Natur- u n d Kunstwahrnehmung geworden. Sollte da ausgerechnet die Bildhaftigkeit als zentrale Instanz aller Vor- u n d Darstellungstätigkeiten der Sprache den Vortritt lassen müssen? „Was im folgenden nach alten Aufzeichnungen abgedruckt wird," schrieb 1859, also nahezu gleichzeitig mit Droysens ersten H/sforifc-Vorlesungen, Gustav Freytag zu Beginn seiner Bilder

aus der deutschen

Vergangenheit,

„ist meist

Bericht vergangener Menschen über ihr eigenes Schicksal. Es sind zuweilen unbe-

50

Wilhelm Dilthey: Dichterische Einbildungskraft und Wahnsinn (Rede 1886); und: Die Einbildungskraft des Dichters. Bausteine für eine Poetik (1887); in: Gesammelte Schriften Band VI, S. 90-241.

51

Turpin war ein hervorragender Pflanzenmaler im sogenannten Redoute-Stil; er verfeinerte

52

Johann Wolfgang Goethe: Wirkung meiner Schrift: »Die Metamorphose ...« und weitere Ent-

und vollendete die von Redoute entwickelten Farbdrucktechniken. faltung der darin vorgetragenen Idee, Cotta-Ausgabe 1867, Bd. 32, S. 142-143. 53

F. W. J. Schelling: Ideen zu einer Philosophie der Natur [1797]; in: Werke, hrsg. Von K. F. A. Schelling, Bd. 2, 1857, S. 39.

120

VI. Geschichte im Aufbruch

d e u t e n d e M o m e n t e aus d e m Leben d e r K l e i n e n . Aber wie u n s j e d e L e b e n s ä u ß e r u n g e i n e s f r e m d e n M a n n e s , der vor u n s e r Auge t r i t t , sein G r u ß , s e i n e e r s t e n Worte d a s Bild e i n e r g e s c h l o s s e n e n P e r s ö n l i c h k e i t g e b e n , ein u n v o l l k o m m e n e s u n d u n f e r t i g e s Bild, a b e r doch ein Ganzes: so h a t , wenn wir n i c h t i r r e n , auch j e d e A u f z e i c h n u n g , in welcher das Treiben des e i n z e l n e n g e s c h i l d e r t w i r d , die e i g e n t ü m l i c h e W i r k u n g , u n s mit p l ö t z l i c h e r D e u t l i c h k e i t ein f a r b i g e s Bild von d e m Leben des Volkes zu g e b e n , ein s e h r u n v o l l s t ä n d i g e s u n d u n f e r t i g e s Bild, a b e r doch auch ein Ganzes, an welches e i n e Menge von A n s c h a u u n g e n u n d K e n n t n i s sen, welche wir in u n s t r a g e n , b l i t z s c h n e l l a n s c h i e ß e n , wie die S t r a h l e n um d e n M i t t e l p u n k t eines K r i s t a l l s . " — F r e y t a g s A u f g e b o t v o n Bi Ider η aus genheit,

der

Vergan-

die sich aus k l e i n e n , M i n i a t u r e n ' z u g r o ß e n Bilderfolgen einer G e s a m t -

historie z u s a m m e n s e t z e n sollten, m o c h t e streng wissenschaftlichen Richtlinien d e r historistischen V e r g e g e n w ä r t i g u n g i m S i n n e D r o y s e n s z u w i d e r l a u f e n . Aber a u c h sie sind geeignet, d e n Blick a u f die M a c h t d e r Visualisierung zu l e n k e n , a n d e r sich Ebertys p r o t o f i l m i s c h e S p e k u l a t i o n e n e n t z ü n d e t e n . Letztere h a b e n z u d e m in bislang u n erreichter Klarheit das P r o b l e m d e r B e t r a c h t e r o r i e n t i e r u n g a u f g e w o r f e n , das d a n n f ü r B e n j a m i n s Engel

der

Geschichte

buchstäblich zur Weltanschauungsangele-

g e n h e i t g e w o r d e n ist.

Cassirers Rückblick „ G e g e n w a r t , V e r g a n g e n h e i t u n d Z u k u n f t gehen f r e i l i c h als G r u n d z ü g e in j e d e s Bild der Zeit ein", n o t i e r t e E r n s t Cassirer 1925 i m zweiten, d e m m y t h i s c h e n D e n k e n gew i d m e t e n Teil seiner Philosophie

der

symbolischen

Formen·,

„ a b e r die Art

u n d die B e l e u c h t u n g des Bildes wechselt je nach der E n e r g i e , mit d e r sich das Bew u ß t s e i n bald d e m e i n e n , bald d e m a n d e r n M o m e n t z u w e n d e t . D e n n f ü r die myt h i s c h - r e l i g i ö s e A u f f a s s u n g h a n d e l t es sich n i c h t um e i n e rein l o g i s c h e S y n t h e s e , um die Z u s a m m e n f a s s u n g des »Jetzt« mit d e m »Früher« u n d »Später« in der » t r a n s z e n d e n t a l e n Einheit d e r A p p e r z e p t i o n « , s o n d e r n hier h ä n g t alles davon ab, welche R i c h t u n g des z e i t l i c h e n B e w u ß t s e i n s ü b e r alle a n d e r n das Ü b e r g e w i c h t u n d die Vorherrschaft gewinnt."54 Es w ä r e eine reizvolle Aufgabe, so Cassirer weiter, diese V e r s c h i e d e n h e i t e n u n d W a n d l u n g e n des Zeitgefühls d u r c h das G a n z e d e r Religionsgeschichte h i n d u r c h zu verfolgen u n d zu zeigen, wie e b e n dieser w e c h s e l n d e Aspekt d e r Zeit, die A u f f a s s u n g ihres Bestandes, ihrer D a u e r u n d ihres Wandels, eine d e r t i e f s t e n D i f f e r e n z e n i m C h a r a k t e r d e r e i n z e l n e n R e l i g i o n e n a u s m a c h e . Cassirers A n l i e g e n w a r d e r a b e n d l ä n d i s c h e K u l t u r w a n d e l ; in H e r m a n n C o h e n s W o r t e n : „Was d e r g r i e c h i s c h e I n t e l -

54

Ernst Cassirer: Philosophie der symbolischen Formen, Darmstadt 1977, 2. Teil, S. 146.

121

Zwischen den Sternen

l e k t u a l i s m u s n i c h t h e r v o r b r i n g e n k o n n t e , d a s ist d e m p r o p h e t i s c h e n M o n o t h e i s mus g e l u n g e n . Historie

ist im g r i e c h i s c h e n

Bewußtsein

gleichbedeutend

mit

Wissen s c h l e c h t h i n . So ist u n d bleibt d e n G r i e c h e n die Geschichte lediglich auf die V e r g a n g e n h e i t g e r i c h t e t . Der P r o p h e t d a g e g e n ist der Seher, n i c h t d e r G e l e h r t e . Die P r o p h e t e n s i n d die I d e a l i s t e n d e r G e s c h i c h t e . Ihr S e h e r t u m h a t den Begriff der Geschichte e r z e u g t , als des Seins d e r Z u k u n f t . " 5 5 — D o c h wie w a r e n B l i c k r i c h t u n gen u n d Bilder in d i e s e m langfristig c h a n g i e r e n d e n O r i e n t i e r u n g s s y s t e m d e r Zeitaspekte verankert? A m Beispiel d e r f r ü h e n P h i l o s o p h i e Bergsons h a t Cassirer a u c h seine eigenen A n s c h a u u n g e n u n d Vorbehalte d e u t l i c h e r f o r m u l i e r t : M a t e r i e u n d G e d ä c h t n i s bildet e n die b e i d e n Eckpfeiler u n d G e g e n p o l e d e r B e r g s o n s c h e n Metaphysik, so Cassirer. Es gebe ein rein m o t o r i s c h e s G e d ä c h t n i s e i n g e ü b t e r B e w e g u n g e n , also d e r G e w o h n h e i t e n . D a s w a h r e Selbst j e d o c h sei Bergson zufolge jenes Ich, d a s in r e i n e r E r i n n e r u n g in die Zeit zurückblicke u n d sich in i h r e r Tiefe w i e d e r f i n d e . Dieser Tiefenblick in die Zeit erschließe sich erst, w e n n a n Stelle des W i r k e n s das reine S c h a u e n trete. 5 6 [ . . . ] V o m S t a n d p u n k t d e s g e s c h i c h t l i c h e n L e b e n s u n d d e s g e s c h i c h t l i c h e n Bew u ß t s e i n s l i e ß e n sich d e m n a c h Vergangenheit u n d Z u k u n f t n i c h t als R i c h t u n g e n einer R e a l o p p o s i t i o n , s o n d e r n n u r als M o m e n t e einer idealen Korrelation b e t r a c h t e n u n d b e h a n d e l n . G l e i c h w o h l h ä t t e n sich f ü r B e r g s o n in die Analyse d e r Zeit u n d d e r verschiedenen Zeitstufen noch u n b e m e r k t räumliche Anschauungen u n d Schemata e i n g e m i s c h t . „Im R ä u m e m ü s s e n wir u n s , w e n n wir ü b e r h a u p t eine b e s t i m m t e Bewegung vollziehen wollen, f ü r eine e i n z e l n e R i c h t u n g d e r s e l b e n e n t s c h e i d e n . Wir m ü s s e n nach v o r w ä r t s o d e r r ü c k w ä r t s , n a c h r e c h t s o d e r l i n k s , n a c h oben o d e r u n t e n s c h r e i t e n . Aber im H i n b l i c k auf die z e i t l i c h e n R i c h t u n g e n gibt es n u r s c h e i n b a r ein gleiches s t a r r e s » A u s e i n a n d e r « . Hier b e s t e h t v i e l m e h r eine V i e l f a c h h e i t , d e r e n E l e m e n t e sich, auch i n d e m sie sich v o n e i n a n d e r u n t e r s c h e i d e n , noch i m m e r w e c h s e l s e i t i g d u r c h d r i n g e n : hier h e r r s c h t , um es mit B e r g s o n s e i g e n e n so bez e i c h n e n d e n Worten zu s a g e n , »une multiplicite

de fusion

ou de penetration

mutu-

elle«. Die b e i d e n S e h s t r a h l e n — der eine, d e r von der G e g e n w a r t in die Vergangenheit z u r ü c k - u n d der a n d e r e , d e r in die Z u k u n f t h i n a u s f ü h r t — e r g e b e n erst in i h r e m I n e i n a n d e r , in i h r e r u n m i t t e l b a r e n »Konkreszenz« die Eine k o n k r e t e Ges a m t a n s c h a u u n g der Zeit. Freilich — auch diese K o n k r e s z e n z d a r f n i e m a l s nach d e r A n a l o g i e r ä u m l i c h e r V e r h ä l t n i s s e als e i n f a c h e K o i n z i d e n z o d e r K o n g r u e n z ged a c h t w e r d e n . [...]" 5 7 Cassirers Rede v o m I n e i n a n d e r d e r b e i d e n zeitbezogenen Sehstrahlen m a c h t a u f eine b e s o n d e r e Eigenart u n s e r e r i n n e r e n W a h r n e h m u n g a u f m e r k s a m , die i m

55

Hermann Cohen: Die Religion der Vernunft aus den Quellen des Judentums, Frankfurt/Main

56 57

1919, S. 308. - Cassirer: Symbolische Formen, Bd. II, S. 147. Emst Cassirer: Philosophie der symbolischen Formen [1923], Darmstadt 1977,3. Teil, S. 215-216. Cassirer: Formen III, S. 220-221.

122

VI. Geschichte im Aufbruch

19. Jahrhundert mit der intimen Verschränkung von Selbst- und Fremdkörperwahrnehmung im Blickfeld entdeckt wurde.58 Wir lokalisieren nicht nur die äußere Welt, sondern auch alle besonderen Vorstellungsinhalte in der Regel vor uns im Sehfeld; panoramatische Simultananschauung oder regelrechte,Rücksicht' ist dem menschlichem Sensorium nicht direkt gegeben, obwohl wir ständig das Gefühl haben, von einem sphärischen Raum umgeben zu sein, dessen Zentrum wir bilden. Bildvorstellungen müssen sich also nicht nur einer äußeren räumlichen Geometrie anpassen, sondern auch auf die Übertragung von zerebralen Organisationsmerkmalen und Körpergefühlen Rücksicht nehmen. Auch die damit verbundenen subjekterzeugenden Bildgebungsaktivitäten sind - im Unterschied zu rein optomechanischen Apparaten - geprägt von dem Sachverhalt, daß wir nicht nur die äußere Welt, sondern auch alle Vorstellungen normalerweise vor uns im Sehfeld wahrnehmen. Psychische Bildgebung arbeitet also mit einer Art Doppelprojektion, in der äußerliche und innere Motive übereinandergeschichtet und ineinandergeblendet erscheinen können. Was Cassirer noch streng nach räumlichen und zeitlichen Aspekten - Körperbewegung hier, Erinnerung dort - getrennt wissen wollte, scheint sich also in komplexen Durchdringungen zu organisieren — und gerade deshalb historischen Wandlungen besonders zugänglich zu sein. In der Tat liefert die jüngste altorientalische Forschung59 überzeugendes Belegmaterial, daß die frühen mesopotamischen Kulturen ihren handlungsorientierten Blick noch vollständig auf die vorbildliche Vergangenheit konzentrierten. Die Wende zur uns geläufigen Ausrichtung auf die Zukunft hätte somit erst - wie von Cassirer hervorgehoben - im christlichen Mittelalter begonnen. Die von Felix Eberty in die Welt gesetzten imaginären Lichtbilderarchive und das ihnen zugeordnete Betrachterverhalten wären so gesehen neuerliche Reflexe einer psychischen Wendigkeit, die sich aus Wechselwirkungen zwischen technischen Neuerungen, wissenschaftlichen Entdeckungen und extrapolierender Phantasie ergeben haben.

58

Ausführlicher dazu: Karl Clausberg: Neuronale Kunstgeschichte. tungsprinzip,

Wien 1999. - dto. Selbstschauung

Selbstdarstellung

als Gestal-

>Ich< als Bild - Von Karl Christian

Friedrich

Krause zu Johannes Müller und Ernst Mach; in: Siegfried Blasche, Mathias G u t m a n n , Michael Weingarten (Hg.) Repraesentatio Weltverhältnisse.

Mündt.

Historisch-systematische

Bilder als Ausdruck Perspektiven,

und Aufschluss

menschlicher

transcript Verlag, Bielefeld 2004,

S. 109-159. 59

Stefan M. Maul: Rückwärts gehen in die Zukunft. Orients / Walking Backwards

Überlegungen zum Zeitverständnis

into the Future: Ancient

Near Eastern Conceptions

in: Sorin Antohi; Tyrus Miller (Eds): Given World and Time: Temporalities dapest-New York: Central European University Press, 2005. (in print).

123

des Alten of Time;

in Context, Bu-

VII. Schlußbetrachtung

Eisbergspitze Die hier zusammengestellten Proliferationsketten der Ebertyschen Schrift sind nur die Spitze eines Eisbergs, dessen Tiefgang erst noch vollends ausgelotet werden muß. Die erwähnten Quellen und Zitierungen deuten daraufhin, daß wesentliche Gehalte oder sogar ausfuhrlichere Passagen nicht nur in England und in den USA, sondern auch im baltischen Raum, in der Schweiz und Frankreich zirkulierten, bevor ihr populärster Propagator, Camille Flammarion, sich den Ideengehalt zu eigen machte. Gegen die bislang vorherrschende Literaturmeinung ist zu betonen, daß Flammarion wohl nur ein intelligenter und phantasievoller, allerdings auch uneingestandener Vervielfältiger der Ebertyschen Weltraumperspektiven gewesen ist — auf dem Wege jener lawinenartigen Verbreitung, die schließlich im Berlin der zwanziger Jahre, dem Zentrum filmtheoretischer Debatten, den von Einstein eingeleiteten Neudruck auch unter die Augen Walter Benjamins geführt haben könnte. Vieles spricht dafür, daß Benjamin - aus welchen Quellen immer - zumindest die kursierenden Kerngehalte der Ebertyschen Perspektiven übernommen hat: Nicht nur der Engel der Geschichte, der rückwärts in die Zukunft segelt, während ihm die (Bild)Trümmer der Geschichte vor die Füße geschleudert werden und sich zum Himmel türmen, hat das Prinzip der lichtbilderbegleitenden Zeugenschaft Ebertys aufgenommen und ins Tragische gewendet; die ganze Geschichtsauffassung Benjamins ist durchsetzt von bildhaften Momenten, die sich aus Ebertys Fiktion herleiten lassen. Mit der auratischen Ferne läßt sich ein weiterer wesenhafter Aspekt der Moderne aus Ebertyschen Prospekten entwickeln: Jene Unberührbarkeit der Bilder, die Ludwig Klages im Kosmogonischen

Eros sogar am astronomischen Beispiel der

in Abwesenheit glänzenden Fixsterne demonstrierte und die Benjamin zur zerschlagungsgefährdeten Kultbildaura transformierte, verband die beiden so gegensätzlichen Persönlichkeiten vor dem Hintergrund einer von der modernen Astronomie ausgelösten, und von Eberty erstmals prinzipiell thematisierten

125

mum-zeitlichen

Zwischen den Sternen

Blickpunkteverschiebung in kosmischen Dimensionen; sie endete für Benjamin in der verzweifelten Zuversicht seiner Geschichtsthesen, für Klages war sie der Grundtenor seiner Auffassung vom Geist als Widersacher der Seele. Doch mit den tragisch/ antirationalistischen Tonlagen und Tendenzen der Zwischenkriegszeit sind die Folgewirkungen der Ebertyschen Weltraumperspektiven noch keineswegs vollständig erfaßt oder vollends abgeschritten. Man kann noch weiter gehen und etwa, wie schon zitiert, in Roland Barthes' Heller

Kammer

von 1980 neuerliche Reflexe dieser re-

volutionären Einsicht aus der Mitte des 19. Jahrhunderts finden. Der Ausblick in die Welten der orthodoxen und spiritistischen Astronomie des 19. Jahrhunderts sowie noch der jüngsten science

fiction

belegt, wie stark die Wir-

kung der Eberty-Schrift im Gesamtbereich wissenschaftlicher Spekulationen gewesen ist. Daß auch der namhafteste Vertreter der modernen Physik, Albert Einstein, schon in seinen Jugendjahren nachweislich - über Aaron Bernsteins Na schaftliche

Volksbücher

turwissen-

- mit der Ideenwelt des Berliner Juristen in Berührung

gekommen ist, vervollständigt das erstaunliche Wirkungsspektrum des Doppelbändchens. Um Richard Proctors Einschätzung der englischen Version kurz zu wiederholen: "one of the most strikingly suggestive books, and small though it is, one of the most remarkable of the present century." Mit ihrer inspirierenden Wirkung auf die Konzepte Karl Ernst von Baers und wohl indirekt, aber deshalb nicht weniger nachhaltig - Jakob von Uexkülls ist der Eberty-Schrift auch eine ungewöhnliche Schrittmacherrolle in den Biowissenschaften zugefallen. Von hypothetischen Lichtstrahlinspektoren vorgenommene Raffungen u n d Dehnungen der Bildwahrnehmung hatten Eberty auch dazu gebracht, objektive Veränderungen des Lebenstempos in Betracht zu ziehen. Damit war ein Grundgedanke der Biosemiotik geboren, der dann von Karl Ernst von Baer systematisch zur Theorie

der Momentzeichen

ausgebaut wurde. Vergleiche von Zeit-

skalen machten die unterschiedlichen Innenwelten verschiedener Lebewesen zu unverfälschten Gegebenheiten objektiver Forschung und nicht nur psychologischer Spekulation, so nachfolgend Uexkülls vielfach experimentell bestätigte Grundsatzposition. Diesen konzeptionellen Keim seiner theoretischen Biologie hat er, vermittelt durch Karl Ernst von Baer, vom Berliner Juristen u n d Astronomieliebhaber Felix Eberty empfangen. Wie nur der deutsche Haupttitel Die

Gestirne

und

die

Weltgeschichte

signalisierte, hatte Eberty prinzipiell im Sinn, Weltgeschichte nicht nur aus irdischen Überresten schriftlich oder sogar a-la-Babbage oral zu rekonstruieren, sondern aus den Strahlungsarchiven des Weltenraums bildhaft zurückzugewinnen. Deshalb lag es nahe, sein hypothetisches, gleichwohl physikalisch real gedachtes Vorhaben mit den zeitgenössischen Bemühungen der Geschichtswissenschaften zu konfrontieren. Droysens berühmte Historik,

ihre Topik,

das heißt ihre vergegenwärtigenden Be-

schreibungstechniken, die Anschauungsgrundlagen der genetischen

Methode

und schließlich die Blick-Symbolik Cassirers machten deutlich, daß in der von Eber-

126

VII. Schlußbetrachtung

ty eingeführten extraterrestrischen Bild-Augenzeugenschaft die andere, visuelle Seite der Geschichtsbesessenheit des 19.Jahrhunderts ihre extremste Ausprägung erfahren hat. Zwar war die optophysikalische Begründung schon zur Zeit der Publikation 1846/47 hinfällig, aber die von Eberty mit der Instrumentenmetapher für

die Zeit

Mikroskop

gefaßten Inspektionsverfahren haben eine andere Wirkungslinie ent-

wickelt: sie haben sich zum strukturellen Leitfaden des kommenden Kinos ausgesponnen. Wesentliche Momente der filmischen Betrachterführung: eingehendes Verweilen und zeitraffendes Davoneilen, Sprünge und Schnitte sind in Ebertys,kosmischer Bildtheorie' vorgedacht worden. Andererseits war in den Betrachtereinstellungen zum hypothetischen Bilderstrom ein erstaunlich zählebiges kulturanthropologisches Erbteil wiederzufinden: die Rückwendung zur vorbildlichen Geschichte, die in altorientalischen Zivilisationen offenbar eine alltägliche Lebenshaltung gewesen i s t — und in Benjamins Engel

der Geschichte

ein spätes, von astronomisch-

physikalischen Entdeckungen ausgelöstes und doch dem neuzeitlichen Fortschrittsglauben zuwiderlaufendes Echo gefunden hat.

Gegenpol Welche allgemeinen Schlußfolgerungen bieten sich an? — Wenn man versucht, Kunst- u n d Wissenschaftsanschauungen als Hervorbringungen von Kulturprozessen zu betrachten, in denen zerebrale u n d apparative Faktoren mehr und mehr ineinandergriffen, so liefern nicht nur Kunst- und Mediengeschichte, sondern auch vergessene Texte wie der Ebertys überzeugendes Beweismaterial, daß das bildliche

Den-

ken überformt wurde von neuronal bedingten, gleichwohl historisch gewachsenen, zunehmend instrumentell zugerichteten Visualisierungsprinzipien, die sich über jedes anthropologisch-evolutionsbiologisch zu erwartende Maß hinaus steigerten. Es kam zu regelrechten Erkenntnisexplosionen. Das Fiktionale u n d das Imaginäre, ehedem exklusive Domänen von Poetik u n d reiner Vorstellungskunst, wurden zu Brutstätten einer neuartigen Gattung von wissenschaftlicher Phantasie, die im 20.Jahrhundert höchstes Ansehen erlangte: Gedankenexperimente. Deren Werdegang u n d Bildanteile sind exemplarisch in den hier präsentierten Materialien zu verfolgen. Das Verhältnis von Technologie, Physiologie und Phantasie im 19. Jahrhundert führt zu einer Geschichte

des Blicks

als Bildwissenschaft,

in der astronomi-

sche Fortschritte und Spekulationen eine grundlegende Rolle spielten. Sie lieferten den gemeinsamen Hintergrund für so verschiedenartige Errungenschaften wie Einsteins spezielle Relativitätstheorie, aber auch für die eigenartig melancholischen Rück- und Fernblicke Benjamins u n d Klages'. Sie halfen zudem, das Konzept eines unablässig laufenden kosmischen

Kinos,

eines von Bildarchiven gefüllten Welten-

raums zwischen den Sternen auf den Weg zu bringen. In der phantastischen Verschränkung von technisch/wissenschaftlichem Fortschritt (erste exakte Fixsternent-

127

Zwischen den Sternen

fernungsmessungen 1837-42) und spekulativer Freisetzung von Betrachtern im Weltenraum (zeitgleich mit Edgar Allan Poes Heureka-Schrift,

die gegenwärtig

unter Kosmologen Furore macht) entwickelte sich ein hochbedeutsamer rezenter Gegenpol zu den Jahrtausende überspannenden Astrologieforschungen, wie sie etwa im Warburg-Umkreis betrieben worden sind. Mit durchaus programmatischem Anspruch läßt sich die Feststellung treffen, daß eine Bildwissenschaft

der visuellen Vergegenwärtigungen in der Lage ist,

scheinbar erschöpfend behandelten Themen neue Gesichtspunkte abzugewinnen. Der ,Fall Benjamin' kann als exemplarisch gelten: Angesichts der hier präsentierten historischen Hintergründe muß sich die rein verbal angelegte und philologisch abgesicherte Exegetik eigentlich eingestehen, in manchen Bereichen erheblich zu kurz gegriffen zu haben. Die Abfolge der Vorbilder, die sich anhand eines glücklichen Zufallsfundes nachzeichnen ließ, erweist sich als unerläßliche Voraussetzung für erhellende und weiterführende Interpretationen. Das Bildhafte unserer Vorstellungswelten ist in der Sprache nur andeutungsweise enthalten; es kann nur mit einer konsequent verfolgten historischen Analyse des sichtbar Gedachten und Gemachten erschlossen werden. Fazit: Für das Verständnis der Kultur- und Mediengeschichte ist Ebertys kosmische Bildtheorie' eine Quelle ersten Ranges, die bislang wohl wegen ihrer Anonymität und fächerunspezifischen Abseitigkeit völlig unbeachtet geblieben ist. Es ist ein ungewöhnlicher Glücksfall, daß man so verschiedenartige Ideengebäude wie die Relativitätstheorie, von Baers und Uexkülls theoretische eines kosmischen

Kinos,

Biologie,

das Konzept

welches in den zwanziger Jahren so vielfältige Spuren

hinterließ, den kosmogonischen Irrationalismus ä-la-Klages und Benjamins quereinsichtig aufgesprengte Geschichtsphilosophie derart auf eine einzelne anstoßgebende Schrift zurückführen kann. Wohlbemerkt, Eberty war sicher nicht der einzige, deutlich aus dem Disziplinenkanon ausbrechende Ideenlieferant für besser bekannte geistige Glanzleistungen des 20.Jahrhunderts; aber er hat 1846/47 mit mathematisch/ juristisch geschultem Scharfblick aus den physikalisch-astronomischen Einsichten seiner Zeit die ethische Essenz einer wahrhaft universellen Reziprozität möglicher Gesichtspunkte herausdestilliert und so erstmals die Grundstrukturen lich-filmischer

lichtbild-

Fiktionalität entworfen.

Unwiederbringlich Verlorenes betrauernd muß man auch festzuhalten versuchen: Felix Eberty war typischer Vertreter einer hellwachen jüdisch-deutschen Intelligenz, die im besseren Hardenbergschen Preußen ihren geistigen Nährboden hatte. Der Jurist Eberty hat sich in seinen anonymen Schriften nicht nur theoretisch mit dem Staatsideal überkonfessioneller Souveränität beschäftigt, sondern ganz praktisch den Erlös eines der Astronomie-Hefte für die Nothleidenden Riesengebirge

im

bestimmt. Diese Doppelmaxime von kritischem Staatsbewußtsein

und unverblümtem Engagement hat Eberty später offen verfolgt. Seine des Preußischen

schlesischen

Staats

Geschichte

hat er mit vierseitiger Widmung demonstrativ einem

128

VII. Schlußbetrachtung

Sozialrebellen zugeeignet: „Herrn Fritz Reuter, dem deutschen Volksdichter." Wenn der sittliche Ernst, mit welchem unser Volk in Waffen seine äußeren Feinde niederwarf, auch im Innern des Staates sich mächtig erweise, so Eberty 1867 an Reuter, und Preußen das Banner religiöser und politischer Freiheit entfalte, dann werde, so Gott will, das geeinigte Deutschland die Stelle einnehmen, die ihm unter den Völkern Europas gebühre. — Angesichts der damals noch in der Zukunft liegenden Schrecken, die jüdischen Bürgern Deutschlands im 20. Jahrhundert bevorstanden, kann man sich bei solchen Worten eines Frösteins nicht erwehren. Um so mehr: Ebertys liberale Einstellung verleiht seinen astronomischen Betrachtungen ein menschliches Augenmaß, das sie auch als ästhetisch-mediale und politische Reflexionen lesbar macht und näher bringt. Ich bin 2002 durch Zufall oder abseitige Neugier - im Rahmen einer gemeinsam mit Hermann Schweppenhäuser gehaltenen Vorlesungsreihe - auf den Astronomie-Liebhaber Eberty aufmerksam geworden; ich habe dann alle wesentlichen, zum Teil nur noch in Einzelstücken greifbaren Ausgaben aufgefunden und wenn möglich in Originalen zusammengetragen. Der hier kommentierend präsentierte ,bildwissenschaftliche' Glücksfund bietet in seiner ursprünglichen deutsch/englischen Textwiedergabe viele weitere Ansatzpunkte für eine die Wissenschaftskommunen übergreifende Kulturgeschichte: Von ihm aus können nicht nur die natur- und geisteswissenschaftlichen Zusammenhänge des kosmologischen Gefühlskomplexes der letzten anderthalb Jahrhunderte - astronomische Tiefe der Zeit, expandierendes Universum, Urknall &c - historisch ausgelotet werden. Er bietet auch nachdenkliche Durchblicke auf das sich wandelnde Verhältnis unserer Sprache zu den nunmehr allgegenwärtigen medialen Lichtbildern. Nähe und Ferne sowie die ihnen entsprechenden Tempora: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft haben im .Visualisierungsersatz' Sprache (immer noch am besten bei Karl Bühler nachzulesen) eine grundlegende Rolle gespielt. Sie haben die Entwicklung der Grammatiken wohl überhaupt erst ermöglicht. Wofür stehen also die Ebertyschen Imaginationen, und was bahnt sich nun an, da mehr und mehr technisch erzeugte Bilder an ihre Stelle treten? Eine Hypertrophie des Präsentischen? Sind die allgegenwärtigen Bilder im Begriff, auch die Sprache auf Gegenwart festzulegen? Wenn man das derzeitige Überhandnehmen des dramatischen Präsens ernst nimmt, scheint diese Schlußfolgerung unausweichlich; jedenfalls für Sprachen, die keine consecutio temporum als Ordnungsprinzip haben. — Aber das ist ein weiteres Feld und ein anderes Thema.

129

Felix Eberty: Die Gestirne und die Weltgeschichte Editorische Notiz Die beiden deutschen Texte Ebertys von 1846 und 1847 wurden von Originalen der Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz eingescannt und sorgfältig gereinigt. Bogennummern der Druckerei wurden entfernt, aber Setzfehler nicht korrigiert. Die Texte sind hier in Originalgröße mit den alten Seitenzahlen am Kopfende abgedruckt. Die englischen Übersetzungen wurden von einem Exemplar der zweiten amerikanischen Ausgabe (Boston 1850) per OCR übernommen und auf die Originalversion (London 1846/47) zurückkorrigiert. Die Abweichungen der amerikanischen Versionen von den britischen sind nur geringfügig; sie betreffen im wesentlichen Wortvarianten und Interpunktion. Die Original-Seitenzahlen sind in geschweiften Klammern in den Text eingefügt. Die in zwei,Heften' bei verschiedenen Breslauer Verlegern erschienene deutsche Erstausgabe von 1846 und 1847 unterscheidet sich in mehrfacher Hinsicht von den späteren deutschen Neuauflagen von 1874,1923 und 1925. Das Vorwort und die Einleitung zum zweiten Teil hat Eberty in seiner Überarbeitung von 1874 fortgelassen, viele Formulierungen sind leicht abgewandelt, geglättet und etwas konzilianter im Wortlaut ausgefallen. Die eigenartigen Betonungen, die in der Typographie der Erstausgabe so deutlich ins Auge springen, sind zugunsten einer flüssigeren Sprache gemildert. — Gravierender sind je eine Ergänzung und eine größere Auslassung in der Überarbeitung von 1874 und in deren Nachdrucken. Da diese Veränderungen möglicherweise auch Folgen für die weitere Wirkungsgeschichte hatten oder Einflüsse dokumentieren, ist hier nicht nur auf Seitenzahlen und Absätze Bezug genommen, sondern wenigstens eine knappe inhaltliche Charakterisierung gegeben: Ebertys .kosmische Bildtheorie' sah vor, daß interstellare Beobachter bei schneller Eigenbewegung ζ. B. von der Erde ausgehende Bilder in extrem gedehnter oder geraffter Folge wahrnehmen würden. Sogar das Zusammenfallen

131

Felix Eberty: Die Gestirne und die Weltgeschichte

von Anfang und Ende bei vollständiger Erhaltung aller dazwischenliegenden Einzelheiten hielt er für möglich (Heftseite 26 des ersten Teils von 1846; vgl. S. 156 dieses Bandes). Zeit war Eberty zufolge eine vollkommen subjektive Erfahrungsweise. In die Neuauflage von 1874 hat er eine zusätzliche Erzählung von anderthalb Seiten eingefügt, um die Willkür solcher Anschauungsform eigens zu demonstrieren: Eine Ende des 18. Jahrhunderts nach Labrador ausgewanderte Missionarsfamilie habe es sich zur eisernen Regel gemacht, von den aus Europa in jährlichen Schiffsladungen eintreffenden Zeitungen nur jeweils ein Exemplar pro Tag zu lesen. Als nun die französische Revolution ausgebrochen sei, könne man sich denken, so Eberty, mit welcher Spannung sie den nächsten Tag der Lektüre erwartete, um Aufschluß über den Fortgang der Ereignisse zu gewinnen, vielleicht aber auch Nachrichten vom gewaltsamen Tode zurückgelassener Verwandter zu erhalten. Das Buch, in dem die Zukunft verzeichnet stand, lag vor ihnen, aber ein selbst gegebenes Gesetz hinderte sie darin zu blättern, gerade so wie uns das Naturgesetz und unsere beschränkte menschliche Einsichtsfähigkeit hindere, so Ebertys Fazit. — Ersetzt hat diese Erzählung unter anderem jenen kurzen Absatz, in dem Eberty 1846 von der Undurchschaubarkeit von Dächern und Mauern aus der kosmischen Perspektive gesprochen hat (Heftseite 27; vgl. S. 157 dieses Bandes). Die andere einschneidendere Auslassung betraf den ursprünglich zweiten Teil: Hier hat Eberty - leider, muß man heute sagen - alle musikalischen Vergleiche im Rahmen seiner Beschleunigungs- und Schrumpfungsphantasien eliminiert und damit auch alle latenten Vorgriffe auf die Ehrenfelsschen Gestaltwahrnehmungsthesen gelöscht (siehe Kommentar S. 50). Ob das im Hinblick auf mögliche Wirkungen des Doppler-Effekts geschehen ist, den er wie gesagt explizit vollständig ignoriert hat, muß offen bleiben. Um so wichtiger scheint es, die frühe Textversion ins angemessene Licht zu rücken. KC

132

Die Gestirne und

die Weltgeschichte. Gedanken über

Raum, Zeit und Ewigkeit von

F.Y.

B r e s l a u , V e r l a g

von

A u g u s t

1846.

S c h u l z .

Teil 1,1846

E s ist ein bekannter Satz, dass ein beleuchteter Körper, welcher in einer bestimmten Entfernung von dem Beschauer entsteht, nicht unmittelbar in demselben Momente, wo er entsteht und beleuchtet wird, wahrgenommen werden kann, sondern dass eine, wenn auch unendlich kleine Zeit dazu gehört, damit das Licht, durch welches und unter dessen Vermittelung das Sehen allein möglich ist, den Raum zwischen dem Körper, welcher gesehen werden soll, und unserem Auge zurücklege. Die Schnelligkeit, mit welcher das Licht den Raum durchläuft, ist so ungeheuer, dass man bei der Geringfügigkeit der Entfernung, in welcher auf Erden ein Körper fur uns überhaupt noch sichtbar ist, gewiss niemals diese Geschwindigkeit wahrgenommen , und noch weniger versucht hätte, sie zu messen. — Dadurch aber, dass uns Körper in einer unendlich weiteren Entfernung sichtbar sind, als irdische Dimensionen reichen, nämlich durch den Anblick der Gestirne über uns, ist es den Astro-

135

Felix Eberty: Die Gestirne und die Weltgeschichte

6 nomen möglich geworden, mittelst äusserst scharfsinniger Rechnungen und Beobachtungen die Geschwindigkeit des Lichtes zu messen, und zu finden, dass dasselbe in einer Zeitsecunde ungefähr 42000 Meilen durchläuft. — Diese Zahl ist nicht ganz genau. Da es sich aber hier nur um Feststellung von allgemeinen Begriffen handelt, für welche es einer astronomischen Zahlengenauigkeit nicht bedarf, so werden wir uns hier und auch im Folgenden mit der Angabe von ungefähren Durchschnittszahlen begnügen. — 42000 Meilen also durchläuft das Licht in Einer Zeitsecunde. Da nun der Mond 53000 Meilen von uns entfernt ist, so folgt hieraus, dass wenn über den dunklen Horizont der erste schmale Streif der Mondessichel sich erhebt, es ungefähr δ/4 Secunden dauert, bis wir ihn erblicken. Denn so lange braucht das Licht, um vom Monde aus unser Auge zu erreichen. Der Mond ist also in der That um % Secunden früher über unsern Horizont aufger stiegen, als wir ihn s e h e n * ) . — Die Sonne, die 20,000000 Meilen von uns entfernt ist, 400 Mal weiter als der Mond, braucht also auch eine 400 Mal längere Zeit als der Mond, d. h. 400 Mal % Secunden, um ihr Licht bis zur Erde zu entsenden. — Es dauert demnach, wenn die Sonne aufgeht, d. h. wenn der erste Strahl von dem *) Die Strahlenbrechung bleibt ausser Betracht.

136

Teil 1,1846

7 äussersten Rande der Sonnenscheibe über den Horizont tritt, 400 Mal 6/4 Secunden, oder ungefähr 8 Minuten, bis dieser Strahl in unser Auge dringt. Die Sonne also ist in Wahrheit schon seit 8 Minuten wirklich aufgegangen, wenn wir sie mit unsern Augen aufgehen sehen. Der Planet Jupiter entfernt sich von der Erde zur Zeit seines grössten Abstandes bis auf 133 Millionen Meilen. — Diese Entfernung ist 6»/2 Mal grösser, als der Abstand der Sonne von uns; das Licht braucht also schon 52 Minuten, um vom Jupiter bis zu uns zu dringen. Uranus endlich durchläuft seine einsame Bahn in einer Entfernung von 400 Millionen Meilen von uns. — Sein Licht hat also eine 20 Mal längere Zeitnöthig, um bis zu uns zu dringen, als das Licht der Sonne, und bedarf dazu mehr als zwei Stunden, so dass Uranus schon seit zwei Stunden wirklich aufgegangen ist, wenn wir ihn zuerst erblicken. Hinter Uranus hinausliegend ist bis jetzt ein Planet noch nicht entdeckt. — Es folgen vielmehr nun die unendlich weiten Räume, welche unsere Sonne mit ihrem Planeten-Systeme von dem nächsten Fixsterne trennen. Wie weit die Fixsterne von uns entfernt sind, das war bis auf die neuesten Zeiten, wo Struves und Bessels Messungen mit so glänzenden Resultaten gekrönt wurden, ein tiefes, undurchdringliches Geheimniss; jetzt aber wissen wir, dass der uns am

137

Felix Eberty: Die Gestirne und die Weltgeschichte

8 nächsten stehende Fixstern, nämlich der hellste Stern im Sternbilde Centaurus, etwa vier Billionen Meilen weit von uns entfernt ist. — Sein Lichtstrahl gelangt also erst in etwa 3 Jahren bis zu uns. Das heisst: Derjenige Lichtglanz, mit welchem dieser Stern heut unser Auge trifft, ward von demselben nicht heut erst entwickelt und ausgesendet, sondern bereits vor drei Jahren. Für den uns allen bekannten glänzenden Stern Wega, im Sternbild der Leyer, hat Struve berechnet, dass das Licht 12 Jahre und 1 Monat gebraucht, um bis zu uns zu gelangen; — und es hat sich, nach Harding's Messungen und den Forschungen der neuesten Astronomen für den durchschnittlichen Abstand der Fixsterne von uns, folgendes ungefähre Zahlenverhältniss herausgestellt: Vond. SternenErster Grössel^j^nj®® gg'^g™ }3-12 Jahre. „ „ Zweiter Grösse „ „ 20 Jahre. „ „ Dritter Grösse „ „ 30 Jahre. „ „ Vierter Grösse „ „ 45 Jahre. „ „ Fünfter Grösse „ „ 66 Jahre. „ „ Sechster Grösse „ „ 96 Jahre. „ „ Siebenter Grösse „ ,, 180 Jahre. Indessen schliesst Struve aus den Dimensionen seines Fernrohrs und aus der Wahrnehmung, dass ein Stern zwölfter Grösse in diesem eben so viel Licht habe, als ein Stern sechster Grösse mit freiem Auge gesehen, auf eine 41 Mal grössere Distanz eines Sternes 12. Grösse im Vergleiche zu einem der 6.,

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Teil 1,1846

9 und folglich für diese kleinsten, der für ihn noch sichtbaren Sterne, auf eine Entfernung von 5000 Billionen Meilen, und eine Zeit des Lichts von 4000 Jahren. — Das heisst: der Lichtstrahl eines Sternes zwölfter Grösse, welcher beiläufig gesagt, nur durch sehr gute Fernröhre wahrnehmbar ist, ward, wenn er unser Auge trifft, von einem solchen Sterne bereits vor 4000 Jahren entsendet, und ist seitdem, unabhängig von demselben, seinen eignen Weg fortgewandert, bis er in unser Auge gelangte. — Wir haben uns bisher auf unser Fixstern-System beschränkt und wollen fürs Erste auch diese Gränze nicht überschreiten, obwohl es, wenn wir auf Hypothesen eingehen wollten, ein Leichtes w ä r e , die bisher angegebenen riesigen Zahlenverhältnisse bis ins Unendliche zu vergrössern. — Nach einer von dem grossen Herschel zuerst aufgestellten, und von den Neueren, namentlich von Mädler weiter ausgeführten und fasslich gemachten Vermuthung, soll nämlich dieses ganze Fixsternsystem einen, wenn man so sagen will, linsenförmigen Himmel bilden; d. h. wir mit unserer Sonne befänden uns ziemlich in der Mitte eines Raumes von der Gestalt, die sich ergiebt, wenn man zwei flache Uhrgläser mit den hohlen Seiten gegeneinander befestigt. Die Flächen dieser linsenförmigen Himmelsdecke wären dann mit Fixsternen ziemlich gleichmässig besetzt. Da wir aber den über und unter uns stehenden tausendfach naher sind, als den am Rande der

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10 flachen Linse befindlichen, so würde uns auch die Entfernung zwischen den Sternen, die gleichsam über unserm Haupte stehen, grosser erscheinen; während die Schaaren der nach dem Rande der Linse zu vertheilten Sterne in dicht gedrängten Massen sich zeigen müssten. — Als den Rand und die fernste Begränzung dieses Fixsternraumes liesse sich dann die Milchstrasse betrachten, wo die unendlich weit von uns entfernten Sternmassen mit solcher Dichtigkeit an einander gedrängt erscheinen, dass ihr Licht zu einem weisslichen Nebel ineinanderfliesst, und eine Unterscheidung des Einzelnen nicht ferner zulässt. Ausser dieser unserer, wenn ich so sagen soll, Weltlinse, vermuthen Herschel und die neuesten Astronomen, dass die uns als ovale Flächen erscheinenden Nebelflecke wieder ganz selbsständig solche linsenförmige Sternsysteme bilden, die von uns in so ungeheuerlicher Entfernung des Raumes schweben, dass von ihnen bis zu uns das Licht Millionen von Jahren zu wandern hätte. — Für nnseren Zweck genügt es aber, wie gesagt, wenn wir nur die Sterne zwölfter Grösse noch in Betrachtung ziehen, von welchen das Licht bis zu uns schon in 4000 Jahren zu dringen vermag. — Aus dem bisher Gesagten, dass nämlich der Lichtstrahl, der unser Auge trifft, nicht auch in dem gleichen Moment von dem Sterne selbst ausgeht, sondern erst nach der entsprechenden Secunden-, Minuten- oder Jahres-Reihe zu uns gelangt, folgt nun,

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11 dass wir den Stern nicht so sehen, wie er jetzt ist, sondern wie er zu der Zeit war, als das Licht von ihm ausreisen musste, um gerade jetzt zu uns zu gelangen. — Den Stern im Centauren sehen wir also, wie er vor 3 Jahren, die Wega, wie sie vor 12 Jahren und 1 Monate war, und so fort bis zu dem Sterne zwölfter Grösse, den wir so erblicken, wie er vor 4000 Jahren leuchtete. — Daraus folgt ferner der von den Astronomen oft ausgesprochene, und in seinem Resultate schon zum Gemeingute des Volkes gewordene Satz, dass ein Stern zwölfter Grösse bereits vor 4000 Jahren erloschen und untergegangen sein könnte, während wir nichtsdestoweniger dennoch sein Licht fortleuchten sähen. Dieser Satz auf die einzelnen obigen Positionen angewendet, ergiebt folgendes: Den Mond sehen wir nicht so, wie er jetzt ist, sondern wie er vor s/4 Sekunden war, d. h. der Mond könnte bereits vor länger als einer Secunde in Atome zerstiebt sein, und wir würden ihn dennoch in einer ferneren Secunde ganz und vollständig mit Augen sehen. Die Sonne sehen wir nicht, wie sie jetzt ist, sondern wie sie vor 8 Minuten war; — den lapiter, wie er vor 52 Minuten, den Uranus, wie er vor länger als 2 Stunden war; den Centauren, wie er vor 3 Jahren, die Wega, wie sie vor 914 Jahren, und den Stern zwölfter Crosse, wie er vor 4000 Jahren war. —

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12 Diese Sätze sind alt, und längst in allen Handbüchern der populären Astronomie ausgesprochen, und in allen Schulen den Knaben und Mädchen geläufig. — Dass aber noch Niemand auf den Gedanken gekommen ist, diese Sätze umzukehren, und die höchst merkwürdigen und staunenswerthen Folgerungen zu ziehen, die aus dieser Umkehrung in reichster Fülle auf uns einströmen, ist wirklich wunderbar; — und diese Umkehrung and die Folgen, die sich aus derselben ergeben, sind es, die wir darzulegen versuchen wollen. — Die Sache verhält sich folgender Massen: Wir erblicken, wie gesagt, die Mondscheibe in einem gegebenen Augenblicke nicht in der Gestalt, die sie gerade dann hat, sondern so wie sie 5/4 Secunden vor dem Momente der Beobachtung aussah. Ganz ebenso wird ein im Monde gedachter Beobachter die Erde nicht so erblicken, wie sie im Momente der Beobachtung, sondern so, wie sie % Secunden vor diesem Momente beschaffen war. — W e r jetzt von der Sonne aus die Erde beobachtet, sieht sie nicht so, wie sie jetit ist, sondern wie sie vor 8 Minuten war. — Vom Uranus aus rückt die Zeit zwischen der Wirklichkeit und der Wahrnehmung durch das Auge um 2y 2 Stunden auseinander, so dass, wenn ζ. B. die Gipfel der Alpen an einem bestimmten Morgen um sechs Uhr von dem ersten Sonnenstrahle beleuchtet werden, der Beobachter im Uranus, der entweder mit der nöthigen Sehkraft oder einem so

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13 weit tragenden Fernrohre ausgerüstet wäre, dieses Zeichen des Sonnenaufgangs erst um halb neun nach unserer Zeit erblicken würde. — Der Beobachter auf dem Centauren kann freilich die nördliche Erdhalbkugel nie erblicken, weil dieses Sternbild sich nicht über unsern nördlichen Horizont erhebt. Vorausgesetzt aber, dies wäre möglich, und es stünde ein Beobachter auf diesem Sterne, mit so gewaltiger Sehkraft ausgerüstet, dass er Einzelheiten auf der schwachbeleuchteten in geborgtem Lichte glänzenden, kleinen Erde unterscheiden könnte, so hätte ein solcher erst im Jahre 1843 die Illuminationen erblickt, welche 1840 bei der Huldigung die nächtlichen Strassen der Städte unseres Vaterlandes mit Tageshelle erfüllten. Der Beobachter auf der Wega würde sehen, was sich bei uns vor 12 Jahren zutrug, und so fort und so fort, bis zu dem Bewohner eines Sternes zwölfter Grösse, der, wenn wir ihn mit einer unbeschränkten , das irdische Maass weit übersteigenden Sehkraft ausgerüstet denken, die Erde so erblickt, wie sie vor 4000 Jahren war, als Memphis gegründet wurde und der Erzvater Abraham noch auf der Erde wandelte. Bei der unermesslich grossen im Weltenraume ausgestreuten Anzahl von Fixsternen, welche in Entfernungen zwischen 4 Billionen und 5000 Billionen Meilen von uns im Aether schweben, wird also unzweifelhaft für jede beliebige Zahl von Jahren rückwärts gerechnet, sich ein Stern auffinden lassen, der

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14 diese vergangene Epoche unserer Erde gerade jetzt als gegenwärtig erblickt, oder doch so nahe zutreffend als gegenwärtig erblicken muss, dass es für den daselbst gedachten Beobachter nur einer kurzen Erwartung bedürfen wird, um den geforderten Moment eintreten zu sehen.

Machen wir jetzt einen Augenblick Halt, um eine von den Folgerungen zu ziehen, die sich aus den bisher aufgestellten klaren, und jedem vernünftigen Menschen einleuchtenden Sätzen ziehen lassen. — Wir erhalten nämlich hier eine vollkommen fassliche und begreifliche Yersinnlichung des Begriffes von der Allwissenheit Gottes in Benig auf vergangene Binge.

Denken wir uns Gott in rein menschlicher Weise, mit menschlichen Kräften, nur in erhöhtem Maasse ausgestattet, so wird es uns leicht sein, ihm die Fähigkeit und Macht zuzuerkennen, alles dasjenige, was sich von einem wirkliehen örtlichen Standpunkte aus, sinnlich und leibhaftig überschauen und erblikken lässt, auch wirklich zu überschauen und bis ins Einzelnste zu unterscheiden. Wenn wir uns alsdann anschaulich machen wollen, wie vor Gott irgend eine vergangene irdische That oder Begebenheit, noch nach Jahrtausenden ebenso unmittelbar daliegt, als geschähe sie gegenwärtig unter seinen, so iu sagen leibliehen A u g e n , so

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15 genügt es zu diesem Zwecke, die Gottheit auf einem Punkte gegenwärtig zu denken, zu welchem grade jetzt das Licht und die Abspiegelung jener Begebenheit gelangt. — Unter dem Festhalten und der Voraussetzung dieses Resultates wird also die Allwissenheit in Bezug auf das Vergangene, mit der räumlichen sinnlichen Allgegenwart identisch und Ein und dasselbe. — Denn, wenn wir uns das Auge Gottes an jedem Punkte des Raumes anwesend denken, so gelangt zu ihm auch ingleich und auf Ein Hai der ganze Verlauf der Weltgeschichte. — Auf der Sonne spiegelt sich leibhaftig und augenscheinlich vor seinem Blicke dassjenige, was acht Minuten früher auf der Erde geschah. — Auf dem Sterne zwölfter Grösse erscheinen vor ihm die seit 4000 Jahren vergangenen Begebenheiten, und auf den dazwischen liegenden Punkten des Raumes, die Bilder der dazwischen liegenden Zeitmomente. — Hier haben wir also die Ausdehnung der Zeit mit der des Baumes zusammenfallend, der sinnlichen Anschauung so nahe gebracht, dass Zeit und Raum als gar nicht von einander verschieden begriffen werden können. — Denn: das in der Zeit nacheinander Folgende liegt hier räumlich gleichzeitig neben einander. — Die Wirkung folgt nicht später auf die Ursache, sondern sie liegt räumlich und sichtbar neben ihr, und vor uns hat sich ein Gemälde ausgebreitet, welches Saum und Zeit »gleich umfasst, und beide so

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16 im Ganien und auf Einmal darstellt, dass wir räumliche und zeitliche Ausdehnung gar nicht mehr zu trennen und zu unterscheiden vermögen. — Die Allwissenheit Gottes in Beeng auf Vergangenes ist uns als ein sinnlicher und räumlicher A l l ü b e r b l i c l t verständlich und ohne Weiteres fasslich geworden. Das Bild der vergangenen Jahrtausende liegt gegenwärtig und vollständig ausgebreitet im Räume, vor seinem mit maassloser Sehkraft ausgerüsteten Auge da. Also ist dadurch, dass wir uns den rein menschlichen Sinn des Sehens, in einer höhern Potenz, verschärft und erweitert denken, eine Eigenschaft Gottes sinnlich begreiflich geworden. — Aber auch umgekehrt, wird die Herrlichkeit dieses menschlichen Sinnes uns recht klar, wenn wir nunmehr eingesehen haben, dass es nur einer optischen und mechanischen Verschärfung dieses selbigen menschlichen Sinnes bedarf, um das mit einer solchen geschärften Sehkraft ausgerüstete Wesen, einer göttlichen Eigenschaft, nämlich der Allwissenheit in Bezug auf vergangene Dinge wenigstens an· näherend theilhaftig zu machen.

Nachdem wir diese fassliche und klare Folgerung aus der bisherigen Betrachtung gezogen haben, schreiten wir in derselben weiter fort. — Weil aber von jetzt an der Begriff von Möglichkeit und Un-

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17 Möglichkeit öfter zur Anwendung kommen wird, so ist es nöthig, dass wir uns hierüber zuvörderst mit dem Leser verständigen. — Möglich nennen wir, was den Gesetzen des Denkens nicht widerspricht. — Unmöglich nennen wir, was diesen Gesetzen widerspricht. — Möglich ist hiernach jede endliche Vervollkommnung einer menschlichen Erfindung. — Unmöglich aber die Erreichung eines Zieles, welches nur unter solchen Voraussetzungen erreicht werden kann, die nach Obigem selbst unmöglich sind. — Möglich ist ζ. B. die Durchmessung jedes gegebenen begränzten Raumes, in jeder beliebigen begränzten Zeit. — Denn wie wir mit dem Dampfwagen eine geographische Meile in 10 Minuten zurückzulegen vermögen, und mit dem electromagnetischen Telegraphen in der Zeit von weniger als einer Secunde eine 10 Meilen weit entfernte Glocke ertönen lassen können, so ist es auch eine Voraussetzung, die auf Möglichkeit beruht, wenn wir annehmen, dass wir uns mit einer, die Schnelligkeit des Lichtes weit übertreffenden Schnelligkeit von einem Orte zum andern zu verfügen im Stande wären. — Dass practisch und im Reiche der Erfahrung ein solches Resultat niemals erlangt werden wird, geben wir zu, und verlangen auch weiter nichts, als dass uns folgendes eingestanden werde: Wenn wir zeigen, dass etwas, was bisher nur im Traume, oder durch schwärmerische Vorstel-

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18 hingen, als erreichbar und wirklich erscheinen konnte, nunmehr allein die Hindernisse gegen sich hat, welche aus dem Unvermögen entspringen, gewisse mechanische, schon vorhandene Instrumente zu vervollkommnen, und ausserdem schnell genug von einem Orte zum andern zu gelangen, dass sage ich, wenn wir dies gezeigt haben, die Frage dadurch aus dem Gebiet der Träume und der Schwärmerei in das Gebiet derjenigen Möglichkeit versetzt ist, welche den Gesetzen des menschlichen Denkens nicht widerspricht. — Zum Beispiel: die Frage, ob es einen Vogel Phönix gebe, gehört dem Gebiet der Träumerei und der Fabel an. — l ü F e n n aber, sage ich, u n d v o r a u s g e s e t z t , dass es uns gelänge, zu beweisen, dieser Vogel lebe wirklich im Mittelpunkte der E r d e , oder auf dem tiefsten Meeresgrunde , und w e n n dieser Beweis ein vollkommen stringenter, einleuchtender und unumstösslicher wäre, dann wäre zwar für unser leibliches Auge immer noch die Unmöglichkeit vorhanden, diesen Vogel zu sehen, allein es wären nunmehr die Hindernisse, welche der Verwirklichung eines solchen Anblicks entgegensteh e n , klar und fasslich dargethan, und man könnte zu dem Vorsatze schreiten, diese Hindernisse im vorliegenden Falle dadurch zu überwinden, dass man mechanische Hilfsmittel zu deren Beseitigung ersänne. — Also: dadurch, dass eine bisher auf dem Gebiete des Meinens, des Träumens und der Schwärmerei

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19 sich bewegende Frage in eine Lage gebracht wird, wo sich findet, dass die Hindernisse, die der Lösung dieser Frage entgegenstehen, rein mechanischer und räumlicher Natur sind, dadurch ist diese Frage auf ein ganz anderes, uns näher liegendes Gebiet gebracht, auf das Gebiet dessen nämlich, w a s wir oben als meg· lieh bezeichneten.

Dabei ist aber nicht zu vergessen,

dass diese Möglichkeit mit der praktischen Ausführbarkeit nicht zu verwechseln ist, und auch gar nicht in Bezug auf eine etwa zu erreichende Ausführung gedacht wird, sondern lediglich darum für uns Gewicht hat, weil Begriffe, die aus dem Gebiete leerer Schwärmerei für dies Gebiet der Möglichkeit gleichsam erobert und gewonnen w e r d e n , nunmehr der unmittelbaren Erkenntniss (wehlgemerkt der Erkenntniss und nicht der praktischen Ausführbarkeit)

näher gebracht sind,

und also aus rein nebulistischen, fieberhaften Phantasieen zu fasslichen Begriffen erhoben werden. Ich fahre jetzt f o r t , in der Voraussetzung, dass ich mich mit dem L e s e r darüber nun vollkommen v e r ständigt h a b e , dass der von mir aufgestellte Begriff der Slögliehkeit eben so wenig mit einer träumerischen Schwärmerei etwas zu thun h a t , als auf der andern Seite die Frage nach der praktischen Ausführbarkeit ihn berührt; — und es kann also in dieser Voraussetzung behauptet werden, dass es möglich, d. h. den Gesetzen des Denkens nicht widersprechend sei, dass ein Mensch auf einen Stern in einer beliebigen kurzen Zeit gelange, und dass er dies bewerkstellige,

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20 gerüstet mit einem Fernrohre von so gewaltiger Kraft, dass es jede gegebene Entfernung und jede Lichtschwäche des zu betrachtenden Gegenstandes überwände. — Unter dieser Voraussetzung, und mit Hilfe einer durch die astronomische Wissenschaft zu erlangenden Kenntniss von der Lage und der Entfernung jedes einzelnen Fixsternes, wird es also nach der vorherigen Ausführung auch möglich sein, jeden vergangenen Moment aus der Geschichte noch einmal sinnlich und im wahren und treuesten Bilde vor das sinnliehe Auge heraufzurufen. — Will man zum Beispiel Luther vor dem Reichstage zu Worms erblicken, so muss man sich in einer Sekunde auf einen Fixstern versetzen, von welchem das Licht etwa 300 Jahre (oder so viel mehr oder weniger) bedarf, um bis zur Erde zu gelangen. — Von dort aus wird die Erde in der Lage und mit den handelnden Personen erscheinen, wie sie zur Zeit der Reformation sich zeigte. Vor dem Blicke eines Beschauers, der auf einem andern Fixsterne sich befindet, erscheint gegenwärtig Jesus Christus auf Erden, und verrichtet seine Wunderthaten, und fährt auf zum Himmel. — Und so kann durch den Lauf der Jahrhunderte abwärts bis auf die neueste Zeit jeder vergangene Augenblick wieder in die Gegenwart zurückberufen werden. Wie ein ewig unverwüstliches und unbestechliches Archiv, dessen Inhalt lauterste, unmittelbarste Wahrheit ist, umschliesst so der Weltenraum die

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21 Bilder des Vergangenen. — Und wie der Schall Welle auf Welle in der Luft sich fortpflanzt, und der Klang der Glocke, der Knall einer Kanone nur von dem Zunächststehenden gleichzeitig, und in demselben Momente gehört wird, wo der Klöpfel die Glokkenform berührt, oder das Pulver aufblitzt; jeder entfernter Stehende aber einen immer grösseren Zwischenraum zwischen Blitz und Knall bemerkt, bis wegen der wachsenden Entfernung das menschliche Ohr den Schall überhaupt nicht mehr vernimmt; oder an einem noch klareren Beispiele es zu zeigen, wie Blitz und Donner in Wirklichkeit immer gleichzeitig sind, das ferne Gewitter aber oft erst nach Minuten den Donner auf den Blitz folgen lässt: in ganz ähnlicher Weise pflanzen sich, unserer Betrachtung zufolge, von jeder Erscheinung die Luft- und Lichtbilder in den fernen Aether auf den Fittichen des Lichtstrahles fort, und wenn sie auch immer kleiner und immer schwächer werden, so behalten sie doch in der ungemessensten Ferne noch Farbe und Form; — und da alles was Form und Farbe hat, sichtbar ist, so müssen auch sie sichtbar genannt werden; so wenig auch ein menschliches Auge mit den bis jetzt erfundenen optischen Werkzeugen sie zu sehen im Stande wäre. — Uebrigens bleibt es wohl auf diesem Gebiete die grösste Vermessenheit, die Gränze im Voraus bestimmen zu wollen, über welche die Vervollkommenung der optischen Hilfsmittel niemals hinaus-

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gg reichen wird. — Wer hat vor Herschels Telescop und vor Ehrenbergs Vergrösserungsgläsern die Resultate auch nur von Weitem geahnt, die vermittelst dieser Instrumente an's Licht gefordert worden sind? — Wir bedürfen aber der praktischen Ausführbarkeit und eines Nachweises, dass eine solche zu hoffen sei, gar nicht, indem wir uns j a mit dem Leser über den Begriff dessen, was wir unter möglich verstehen, vollkommen geeinigt haben, — und uns eben nur auf dem Gebiete dieser Möglichkeit bewegen wollen. — Vorhanden ist also jenes in den Weltenräumen sich weiter und weiter auf den Schwingen des Lichtes ausbreitende Archiv, wirklich und wahrhaftig, und mit Augen, wenn auch mit schärferen als menschlichen zu schauen. — Die Bilder aller geheimen Thaten, die geschahen, leben unauslöschlich und unvertilgbar von Ewigkeit zu Ewigkeit und von Sonnenferne zu Sonnenferne weiter. — Nicht nur auf den Dielen des Zimmers lässt die Mordthat ihre unauslöschlichen Blutspuren zurück, — auch in den Räumen des Himmels spiegelt die That sich weiter und weiter. — In diesem Augenblicke erscheint auf einem Sterne des Himmels das Bild von der Wiege, aus welcher Caspar Hauser genommen wurde, um lebendig in das Grab gebracht zu werden, welches ihn Jahre lang umschloss; — in diesem Augenblicke blitzt auf einem Gestirne der Schuss, der Karl den XII. tödtete. — — — Doch wozu noch mehr des Einzelnen! —

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23 Die weitere Ausmalung bis in's kleinste Detail wäre, sehr leicht, — doch überlassen wir sie der Phantasie des Lesers, und bitten uns nur aus, dass er diese Bilder und Gedanken nicht eher kindisch schelte, bis er die weiteren, sehr ernsten und wichtigen Folgen mit uns durchgedacht haben wird, zu welchen ich nunmehr fortschreite. —

Denken wir uns einen mit unendlich erweiterter Sehkraft begabten Beschauer auf einem Sterne 12. Grösse, von wo aus er in diesem Augenblicke also die Erde in dem Zustande erblicken würde, wie sie zu den Zeiten Abrahams beschaffen war. — Denken wir uns ferner diesen Beschauer mit einer solchen Schnelligkeit in der Richtung nach unserer Erde fortbewegt, dass er in einer kurzen Zeit, nehmen wir an in einer Stunde, bis auf die Entfernung von 20 Millionen Meilen von unserer Erde gelangt, wo er uns so nahe wäre, wie uns die Sonne jetzt ist, und wo also die Erde ihm in diesem Augenblicke so erscheinen müsste, wie sie vor 8 Minuten gewesen, — denken wir uns alles dieses, ganz abgesehen von allen Ansprüchen an Möglichkeit und Wirklichkeit, — so ergiebt sich doch unwidersprechlich folgendes: dass vor dem Auge dieses Beschauers die ganze Weltgeschichte, von den Zeiten Abrahams bis auf diesen heutigen Tag, in Zeit von einer Stunde vorübergeführt worden ist. — Denn als die Bewe-

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24 gung anhub, erblickte er die Erde, wie sie vor 4000 Jahren war; auf der Hälfte des Weges, also nach einer halben Stande, erblickte er sie, wie sie vor 2000 Jahren war, nach dreiviertel Stunden, wie sie vor 1000 Jahren war, und nach einer Stunde, — wie sie jetzt ist. — Es bedarf keines weiteren Beweises, sondern es leuchtet von selbst und ohne möglichen Widerspruch ein, dass, wenn ein Auge im Stande wäre, den wirbelnden Zug der auf einander folgenden Bilder zu fassen, dieser Beschauer nothwendig die ganze Weltgeschichte, mit allen den Handlungen und Begebenheiten, die auf der ihm jedes Dial zugekehrten Erdhalbkugel seit 4000 Jahren vorgefallen sind, in einer Stunde durchgelebt haben müsste. — Theilen wir die Stunde in 4000 Theile, so dass auf jeden Theil etwa eine Secunde kommt, so hat er in jeder Secunde die Begebenheiten eines ganzen Jahres mit angeschaut. — Sie sind mit allen Einzelheiten, mit allen Bewegungen und Stellungen der handelnden Personen, mit der ganzen wechselnden Scenerie an ihm vorübergegangen, — und er hat sie vollständig mit durchlebt. — Alles gani und unverkürzt, nur in der schnellsten Aufeinanderfolge; und die Eine Stunde war für ihn vollkommen so inhaltreich, wie der 4000jährige Zeitraum auf Erden. — Geben wir diesem, den Aether durchfliegenden Beschauer noch die Möglichkeit, auf seiner Bahn beliebig anzuhalten, so wird er jeden Moment der Weltgeschichte,

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25 den er mit Müsse vor sich abspielen lassen will, dadurch vollständig und in beliebiger Schnelligkeit vor seinen Augen aufführen lassen können, dass er, so lange es ihm gefällt, in einer solchen Entfernung verweilt, wo dieser vergangene Moment der Geschichte im Verhältniss zur Zeit, die das Licht braucht, um bis zu dem Standpunkte des Beschauers zu dringen, gerade gegenwärtig erscheint. — Auch hier überlassen wir die Ausmalung der weitern Details der Phantasie des Dichters, und kommen zu dem Resultate, welches wir zu ziehen beabsichtigen. — Wie wir den Beschauer von einem Sterne 12ter Grösse in Zeit von einer Stunde in die Erdnähe gelangen Hessen, ebenso wollen wir einmal annehmen, dass er diesen Raum in einer Secunde, oder, gleich der electromagnetischen Kraft, in unermessbar kurzer Zeit durchfliege. — Ganz in gleicher Weise wie in jener Stunde, wird nun hier in diesem kürzesten Zeitmomente die Dauer von 4000 Jahren mit ihren gesammten Begebenheiten und ihrem vollständigen Inhalte an ihm vorübergegangen und von ihm durchlebt sein. — Der menschliche Geist schwindelt freilich, wenn er an eine solche Aufeinanderfolge von Bildern und Ereignissen denkt, aber einem höheren, und dem höchsten Geiste namentlich, können wir doch wohl sehr leicht die Kraft zugestehen, in diesem vorüberrauschenden Strome jede einzelne Welle genau

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26 zu unterscheiden, und das Bild derselben aufzufassen. Dadurch ist uns dann im Bilde der Begrifft dass auf Gott das Maas der Zeit durchaus gar nieht Anwendung findet, klar und anschaulich geworden. — Wenn geschrieben steht: Vor Gott sind tausend Jahre wie ein Tag, so ist diess ohne eine Versinnlichung des Begriffes immer mehr oder weniger ein blosses Wort. — Wenn wir aber, wie hier, durch sinnliche und räumliche Voraussetzungen dahin gelangt sind, zu zeigen, dass es sogar dem, bloss mit einem höheren Grade von menschlichen Sinnenwerkzeugen begabten Wesen, möglich sei, die Geschichte von 4000 Jahren in einem Augenblicke zu durchleben, so meinen wir wesentlich dazu beigetragen zu haben, den philosophischen Satz zu veranschaulichen, dass die Zeit nichts an sich Bestehendes sei, sondern nur die Form und das Behältniss, ohne welches wir den Inhalt (die aufeinanderfolgenden Begebenheiten) nicht zu denken vermögen. — Wäre die Zeit etwas Wirkliches und für sich Bestehendes, und für das Geschehen der Begebenheiten Nöthiges, so könnte unmöglich in kurzer Zeit dasselbe geschehen, was in langer Zeit geschieht. — Hier aber sehen wir in einem Einzigen Augenblicke den ganzen Inhalt von 4 Jahrtausenden concentrirt, und zwar nicht etwa verstümmelt und im Auszuge, sondern jede Begebenheit begiebt sich vollständig mit allen Einzelheiten und allen Nebenumständen. — Die Dauer

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27 der Zeit ist also für das Geschehene nicht nothwendig. — A n f a n g und Ende k ö n n e n v i e l m e h r zus a m m e n f a l l e n , und dennoch a l l e s in der Mitte liegende umschliessen! —

Nachdem wir diese Anschauung, wie sie uns im Geiste geworden, hiermit dargelegt haben, wünschen wir, dass diese Bilder auch dem Leser so poetisch und erhaben erscheinen mögen, wie uns; — und dass in seinen Begriffen von der Allwissenheit, Allgegenwart und Unzeitlichkeit Gottes ebenso wie im Geiste des Verfassers eine bisher ungekannte Klarheit und Anschaulichkeit sich entwickelt haben möge. — Es bleibt uns zum Schluss noch das Bekenntniss einer kleinen Täuschung des Lesers, deren wir uns mit gutem Bewusstsein schuldig gemacht haben. — Es werden nämlich die Abbildungen der menschlichen und irdischen Begebenheiten keinesweges so vollständig und ohne Ausnahme auf den Flügeln des Lichtes in den Weltenäther weiter getragen, wie wir es dargestellt haben. — So wird zum Beispiel, was im Innern der Häuser sich begiebt, nicht anschaubar werden, weil die Dächer und die Mauern hindernd im Wege stehen, u. s. w., u. s. w. Da es sich indessen, wie oft und eindringlich genug hervorgehoben worden, nicht um eine leib-

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28 liehe Anschauung handelt, sondern nur um den Nachweis der Möglichkeit, in dem Sinne von Möglichkeit, den wir erläutert haben, so schien es uns dem Interesse der Schönheit und des poetischen Inhalts der Anschauung angemessen, diese Berichtigung bis an's Ende zu verschieben. —

Die weitere Ausführung des Details überlassen wir, wie gesagt, dem Dichter. — Dagegen hoffen wir bald dem Publikum eine Entwickelung der neuen und anschaulichen Begriffe, die sich uns in wachsender Fülle als eine Folge obiger Betrachtungen entgegendrängen, als Fortsetzung dieser Blätter vorzulegen. — Breslau, geschrieben am 21. Februar 1846.

Druck von C. H. Storch u. Comp, in Breslau.

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Die Gestirne und

die Weltgeschichte. Gedanken Ober

Raum, Zeit und Ewigkeit von

F. I . II** Heft.

Zum Besten der Nottaleidenden im soltlesischen Riesengebirge.

TO

Breslau, bei G e o r g P h i l i p p A d e r h o l z .

1847.

Der Verfasser behält sich das Recht vor, eine englische Uebersetzung zu liefern, und hat das, nach dem Vertrage vom 13. Mai 1846 verlangte Exemplar in London deponirt.

Teil II, 1847

Vorwort. Bei dem Erscheinen dieser Fortsetzung unserer Betrachtungen über Raum, Zeit und Ewigkeit, wünscht der Verfasser, dass dieselben mit gleicher Nachsicht, wie das erste Heft, beurtheilt werden mögen. — Es ist ihm weniger darum zu thun, Resultate zu liefern, als zu fernerer selbstständiger Betrachtung die Leser anzuregen. — Die ewige Wahrheit liegt, wie das Sprüchwort sagt, in einem tiefen Brunnen; aber sie regt und müht sich, ans Licht emporzusteigen. — Freilich hat man die Wasserblasen, welche durch das Arbeiten in der Tiefe emporgetrieben werden, gar oft für den verlornen Schatz selbst gehalten, und wir haben schon manche solcher Blasen und Bläschen mit voreiliger Freude wie eine Offenbarung begrüsst. — Aber wenn wir auch getäuscht wurden, so verdient dennoch jedes Zeichen des

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Felix Eberty: Die Gestirne und die Weltgeschichte

IV

Lebens und der Bewegung in der geistigen W e l t , dass wir es willkommen heissen; und auf diese Weise mögen auch die folgenden Betrachtungen als ein, wenn auch nur sehr leises Zeichen gelten, dass die Wahrheit in der Tiefe sich regt. —

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Teil II, 1847

I n dem ersten Hefte ist gezeigt worden, wie die Abspiegelang der irdischen Begebenheiten auf den Flügeln des Lichtstrahles in den Weltenraum weiter getragen wird, so dass, was vor Jahrtausenden hier unten geschah, heut auf einem entfernten Fixsterne sichtbar sichzeigt; sofern man, was Form und Farbe hat, auch bei der grössten Lichtschwäche, und bei der kleinsten Dimension noch sichtbar nennen muss. E s wurde hieran die Betrachtung geknüpft, dass ein mit unendlicher Sehkraft ausgerüsteter Beschauer, den wir in unmessbar kurzer Zeit von einem Stern 12ter Grösse bis in die Nähe der Erde gelangen lassen, die Bilder alles dessen, was auf der ihm jedes Mal zugekehrten Erdhalbkugel sich seit viertausend Jahren begeben hat, in diesem kürzesten Zeitmomente vollständig angeschaut haben müsste. An diese Sätze knüpften sich Folgerungen, welche den Zweck haben, die Begriffe von Baum, Zeit und Ewigkeit allgemeiner fasslich und begreiflich zu machen. Das gegenwärtige Heftchen ist dazu bestimmt, diese Begriffe in der begonnenen Art noch ferner zu erläutern, und solche Wahrheiten und Anschauungsweisen, welche bisher ausschliessliches Eigenthum der Philosophen von Fach waren, auch den Laien gleichsam greifbar in die Hand zu geben, — ein Dienst, den der Leser sich um so eher gefallen lassen kann, als der Verfasser dieser Zeilen selbst weit davon entfernt ist, sich den Philosophen von Fach beizählen zu wollen. — Da uns übrigens durch die frühere Abhandlung die Art und Weise der Argumentation und Beweisführung schon geläufig geworden ist, deren wir uns mit einander

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2 bedienen, so wird für die folgenden Auseinandersetzungen nicht ferner eine so grosse Umständlichkeit und Ausführlichkeit erfordert werden, wie dies in dem ersten Hefte der Fall war; — vielmehr wird eine einigermassen geneigte Aufmerksamkeit genügen, um die folgenden, kürzer angedeuteten Sätze mit uns durchzudenken. Kommen wir zur Sache! — In ganz gleicher Weise, wie durch eine unendlich beschleunigte Bewegung von einem Fixsterne nach der Erde zu, sich die Bilder der Weltbegebenheiten in einen Augenblick zusammendrängen lassen, ebenso lässt sich, umgekehrt, die Reihenfolge dieser Bilder ins Unendliche ausdehnen, und zwar in folgender Weise: — Nehmen wir an, dass das Licht, und mit ihm die Abspiegelung einer irdischen Begebenheit zu irgend einem Fixsterne zweiter Grösse genau in zwanzig Jahren gelangt. Nehmen wir ferner an, dass der Beschauer in dem Augenblicke wo ζ. B . eine Blüthenknospe sich zu erschliessen beginnt, bis zu diesem Fixsterne in einem Zeiträume von zwanzig Jahren und Einem Tage aufsteigt, so wird er dort das Bild dieser Blume in demjenigen Stadium der Entwicklung antreffen, in welchem sie sich

Einen

T a g nach ihrem ersten Aufblühen befindet. — Wenn er nun, mit unendlicher Sehkraft und Beobachtungsgabe ausgerüstet,

diese Blüthenentwicklung

während der

ganzen Reise verfolgen könnte, so würde er zwanzig Jahre lang Zeit gehabt haben, um diejenigen Veränderungen zu studiren, welche mit der Blume auf Erden während eines Einzigen Tages vorgingen. — Die forteilende Entwicklung der Gestalten würde gleichsam vor seinem Auge fixirt. — Wie man einen vorübergaukelnden Schmetterling kaum ins Auge zu fassen, und die Fär-

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Teil II, 1847

3 bung seiner Flügel zu unterscheiden vermag, dagegen, wenn man ihm auf seinem Fluge betrachtend folgen könnte, gar wohl im Stande wäre, die Körnchen seines Farbenstaubes zu zählen und zu zergliedern, — ganz so würde der Beobachter, welcher der Abspiegelung einer flüchtigen Begebenheit auf den Fittichen des Lichtes zu folgen vermöchte, die schnellsten Entwicklungen mit grösster Genauigkeit und Müsse zergliedern können. — Es wäre auf diese Weise gewissermassen ein

Mikroskop für die Zeit gegeben.

— Denn wie das

Vergrösserungsglas den Raum, welchen ein kleiner Gegenstand einnimmt, scheinbar um das tausendfache erweitert, und dadurch die Möglichkeit gewährt, die nebeneinander liegenden

Theilchen des betrachteten

Körpers zu unterscheiden, welche für das unbewaffnete Auge in einen einzigen Punkt zusammenfallend erscheinen; — ganz ebenso wird der, welchermitder Geschwindigkeit des Lichtstrahles der Abspiegelungen einer schnellen Entwickelung Jahrelang zu folgen vermöchte, eine unendliche Menge einzelner Begebenheiten entdecken, von deren Vorhandensein wir gar keine Ahndung haben. Der Blitzstrahl ζ. B. erscheint uns als ein momentanes Leuchten, welches uns blendet, ohne eine Unterscheidung der Vorgänge, welche dieses Leuchten bewirken, zuzulassen. — Könnten wir aber dem Bilde eines solchen Blitzstrahles nur bis zur Sonne hinauf, durch acht Minuten folgen, so würden sich uns über die Natur dieses Phaenomens Geheimnisse erschliessen, welche in ihrer Art gewiss nicht minder staunenswerth wären, als die lebendigen Welten, die das Mikroskop uns in Wassertropfen offenbart. —

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Felix Eberty: Die Gestirne und die Weltgeschichte

4 Wenn sich ferner, wie wir nachwiesen, die Revolutionen unserer Erde zur Zeit der Sündfluth auf einem Stern 12ter Grösse gegenwärtig ebenso abspiegeln, wie wir, mit der nöthigen Sehkraft ausgerüstet, die Zustände auf jenem Sterne, nicht wie sie heute sind, sondern wie sie vor Jahrtausenden sich begaben, erblicken, — so könnte heut der Bewohner eines solchen Sternes, mit den Bildern des Lichtes aufsteigend, auch alle die geologischen und genetischen Probleme durch den Augenschein lösen, über denen heut unsere Naturforscher vergeblich sich abmühen; — und zwar gelten alle diese Betrachtungen nicht blos von unserer Erde allein, sondern der Bewohner eines jeden Sternes blickt in die Vergangenheit der andern Gestirne, und die Geschichte nicht nur u n s e r e s Weltkörpers, sondern aller Welten ist als eine grosseste

und wahrhaftigste Welt- und Weltenge-

schichte im Baume gegenwärtig ausgebreitet. — E s ist in dem ersten Hefte schon mit äusserst möglicher Dringlichkeit eingeschärft worden, dass es sich bei diesen Betrachtungen nur und allein um dasjenige handelt,

was als möglich sich denken lässt;

und

dass von allen Ansprüchen auf Wirklichkeit und Ausführbarkeit gänzlich abstrahirt wird. — Um indessen die Betrachtung denjenigen, welche ihre Ansprüche auf Wahrscheinlichkeit dennoch nicht ganz aufzugeben vermögen, noch einen Schritt näher zu rücken, wollen wir Folgendes bemerken: Der Umstand, dass die entfernteren Gegenstände uns kleiner, und in unbestimmteren Umrissen und Farben erscheinen, als die näher liegenden, hat seinen Grund erstens in der Beschaffenheit des menschlichen Auges, und zweitens in der Trübheit der Athmosphäre.

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5 Die Gesichtsstrahlen des Auges laufen in einem Winkel auseinander, so dass in der Nähe schon ein sehr kleiner Körper den Zwischenraum zwischen zwei solchen Sehstrahlen ausfüllt, während in grosser Entfernung ein sehr grosser Körper nöthig ist, um nunmehr den ebenfalls verhältnissmässig vergrösserten Zwischenraum zwischen diesen Strahlen auszufüllen. — Wenn wir ein kleines Geldstück auf Armeslänge vor unser Auge halten, so können wir damit die Sonne vollständig zudekken. — Wäre dagegen ein Sehorgan auf solche Weise eingerichtet, dass die Sehstrahlen in gleichlaufender Richtung mit einander fortgingen, so würde jeder Körper im Verhältnisse zu jedem andern uns in richtiger Grösse erscheinen, ganz abgesehen von der Entfernung, welche zwischen dem Auge und dem wahrzunehmenden Gegenstande mitten inne liegt. — Wir würden zwar entfernte Körper nicht ganz, sondern nur einen so kleinen Theil derselben erblicken, wie es der Grösse eines auf diese Weise eingerichteten Sehorganes angemessen wäre; dieser kleine Theil würde uns aber in jeder beliebigen Entfernung mit gleicher Deutlichkeit sichtbar werden, und ein Grashalm auf dem entferntesten Fixsterne könnte unseren Blicken nicht entgehen; — sofern unsere Athmosphäre klar, und von allen trübenden Einflüssen befreit wäre. — Durch die Voraussetzung einer solchen Gesichtseinrichtung, welche man doch sicherlich nicht für eine undenkbare erklären wird, ist die Möglichkeit alles dessen, was wir als möglich hingestellt haben, hoffentlich vielen Lesern um Vieles näher gerückt. — Dessenungeachtet wäre es eine vergebliche Mühe, den Faden dieser Gedanken noch weiter auszuspinnen,

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6 wenn sich aus denselben kein weiteres Resultat herleiten liesse, als der Nachweis, dass irgend etwas möglich sein würde, wenn etwas anderes möglich wäre; — denn eine solche Combination von Voraussetzungen, so sehr sie auch für den Augenblick das Interesse in Anspruch nehmen kann, würde dennoch ein leeres Phantasiespiel bleiben, welches an der Seele des Lesers vorüberrauscht, ohne irgend eine nachhaltige Wirkung zurückzulassen. — Wenn wir gleichwohl in unsern Betrachtungen fortfahren, so geschieht es in der Ueberzeugung, dass sich mit Hülfe dieses luftigen Gerüstes von Voraussetzungen allerdings ein solideres Gebäude aufführen lässt, indem die Folgerungen, die wir zu ziehen gedenken, dahin führen werden, dass dem Leser die Begriffe von Kaum und Zeit auf eine gleichsam sinnlich anschauliche Weise fasslich in die Hand gegeben werden, während ohne eine solche Veranschaulichung für die meisten Menschen die Bezeichnungen übersinnlicher Gegenstände gar oft blosse Worte bleiben. — Denn etwas ganz Anderes ist es, ob ich einen aufgestellten Satz darum als richtig anerkennen muss, weil ich die Folgerungen, aus denen er hergeleitet ist, nicht bestreiten kann, und etwas Anderes ist es, den gefolgerten Satz unmittelbar und so zu begreifen, dass er sich nunmehr für uns von selbst versteht, und dass wir dasjenige, was ihm widerspricht, als widersinnig empfinden. — So wird ζ. B. jeder, dem der geometrische Satz, dass die Winkel eines Dreiecks zusammengenommen gleich zwei Rechten sind, auf fassliche Weise vordemonstrirt ist, diese Wahrheit anerkennen müssen; damit hat er aber den Satz noch keinesweges in strengem Sinne begriffen; sondern hiezu bedarf es der, gleichsam unmittelbaren Einsicht, wie es zum

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7 Wesen eines Dreieckes gehört, dass die Winkel gleich zwei Rechten sind, und dass ein Dreieck ohne diese Eigenschaft ebenso undenkbar und widersinnig ist, wie ein viereckiger Kreis. — Eine solche Anschaulichkeit, und eine solche Unmittelbarkeit der Erkenntniss in Beziehung auf das Wesen von Zeit und Baum anzubahnen, und zu erleichteren, ist der Zweck der folgenden Betrachtungen. durch ihre Fasslichkeit

Sie sollen

„den Leser zum Verstehen zwin-

g e n " und ihm Klarheit über Dinge aufdrängen, über die er oft ohne Nachdenken hinweggegangen ist. — Zwar ist das Interesse der Menschen an den Dingen ein sehr verschiedenartiges und oft entgegengesetztes — W a s dem Einen als höchst wichtig erscheint, ist dem Andern gleichgültig. —

Eine Frage

aber giebt es, welche

jeden Menschen interessiren muss, und auch wirklich aufs höchste

interessirt,

wenn gleich seine Müsse

und seine Geistesrichtung ihm nicht gestatten mag, sich ernst und unablässig mit den Versuchen

uzd

dem

Bemühen zu ihrer Lösung zu beschäftigen. — E S i s t

dies die Frage nach dem Wie? und Warum? aller Dinge — Sie ist für den menschlichen Geist eine durchaus unabweisliche. — Das Kind schon fragt nach dem Schöpfer Himmels und der Erden, und wird durch das Hinweisen auf einen allweisen und allgütigen Gott - Schöpfer beruhigt und befriedigt.



Dem gereiffceren Nachdenken genügt diese Antwort allein nicht mehr, weil das Bemühen — die Mannigfaltigkeit der Dinge in der uns umgebenden Welt aus einer einfachen Ursache, aus Gott herzuleiten, uns zu Widersprüchen führt, welche zu lösen eben die Aufgabe der Philosophie ist. — Unser Geist kann nämlich einer einfachen Ursache

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8 auch immer nur eine einfache Wirkung zuschreiben, und sobald wir mehrfache und verschiedene "Wirkungen wahrnehmen, wird es ein unabweisliches Bedürfniss für den Verstand, auch nach mehrfachen und verschiedenen Ursachen zu forschen. — Dies ist eine Regel, die so wenig eine Ausnahme erleidet, dass wir eine Verschiedenheit auch da unwillkührlich voraussetzen, wo unsere Sinne sie nicht entdecken können. — Wenn ζ. B. der einfache Sonnenstrahl zugleich leuchtet und wärmt, so ist er sofort in unseren Gedanken in ein Doppeltes zerlegt, in eine leuchtende und eine wärmende Substanz, weil wir für die zwei Wirkungen: Licht und Wärme, auch zwei Ursachen, eine erleuchtende und eine erwärmende vorauszusehen und zu suchen unwillkührlich und unabweislich genöthigt sind. — Wenn wir nun für die Gesammtheit aller der Ursachen und Wirkungen, welche in der Welt zur Erscheinung kommen, und die Welt erfüllen, ja welche selbst die Welt Sind, vermöge einer andern ebenso unabweislichen Eigenthümlichkeit unseres Geistes, einen Urgrund einen Welt schöpfer zu suchen genöthigt sind, so muss dieser Grund ein durchaus einiger und einfacher sein, weil, wenn wir auch in ihm wieder Unterschiede und Verschiedenheiten statuiren wollten, wir von Neuem ebenso unabweislich wie früher, zu der Frage gedrängt würden, was denn die Ursache dieser Unterschiede und Verschiedenheiten sei? — Nach dem Grunde des Urgrundes aller Dinge zu fragen, ist aber widersinnig, weil das Wesen des Urgrundes eben darin besteht, dass die Frage nach einem noch höher liegenden Grunde unmöglich ist. — Diesen Widerspruch und Widersinn zu lösen und zu beseitigen, ist, wie gesagt, die Aufgabe der Philo-

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9 Sophie. — Auch hat diese oft behauptet, die Lösung gefunden zu haben, bleibt aber dem Laien die Antwort auf die Frage nach dem Wie? schuldig, vorgebend, dass das angestrengteste Studium der Wissenschaft allein befähige, ihre Resultate zu verstehen. — Wir Laien sind dessenungeachtet nicht so bescheiden, uns mit dieser geheimnissvollen Antwort abfertigen zu lassen, und macht uns besonders der Umstand bedenklich, dass die Philosophen nicht einmal Einer den Andern haben überzeugen können, sondern dass der Folgende immer seinen Vorgänger widerlegt; so dass im besten Falle die Wissenschaft jedes Mal einen Schritt weiter gethan hat, am Ziele aber sicher noch nicht angelangt ist. Da uns auf diese Weise von Seiten der Wissenschaftsmänner die Hoffnung abgeschnitten ist, jemals zur Lösung des Widerspruchs zu gelangen, aus welchem der Verstand sich vergebens zu entwirren strebt, so wollen wir einmal versuchen, auf eine ganz allgemein verständliche Art einen Weg anzugeben, wie eine solche Lösung denkbar ist.—Einen Weg angeben sageich;— wohlverstanden nur einen Weg, und auch diesennur Anzeigen, und zugleich begreiflich machen, dass dieser Weg, wenn er wirklich gangbar ist, — auch zum Ziele führen mnSS.— Ob er aber gangbar ist, das sollen die Untersuchungen ermitteln, welche anzuregen undzubefördern der Hauptzweck dieser Zeilen, und der eifrigste Wunsch des Verfassers ist. — Der Gang, den unsre Betrachtungen nehmen sollen, führt zwar scheinbar von den Gestirnen und der Weltgeschichte ab, allein wir werden dahin zurückkehren, und bitten den Leser, uns Schritt vor Schritt bis zu den Schlüssen zu begleiten, welche das Ziel der Reise sind. —

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10 Da, wie gesagt, ein Widersprach zwischen der Annahme einer einfachen Grundursache, und einer mannigfaltigen Welt stattfindet, so giebt es, entweder keine einfache Grundursache, oder keine mannigfaltige Welt, oder endlich beide Annahmen sind gleicherweise falsch. — Eine von diesen drei möglichen Arten des Irrthums nachzuweisen, ist also schon ein Schritt auf dem Wege zur Wahrheit. — Wenn ζ. B. gezeigt würde, dass die Verschiedenheit und Mannigfaltigkeit in der Welt keine wirkliche Verschiedenheit und Mannigfaltigkeit sei, sondern dass diese Mannigfaltigkeit nur scheinbar verhanden wäre, so fiele damit zugleich dasBedürfniss fort, für jede einzelne Verschiedenheit einen besonderen Grund aufzufinden, und es würde alsdann ein einziger und einiger Urgrund ausreichen. — Dass eine solche Anschauungsweise, und Wie sie möglich sei, wollen wir zeigen. — Wie nämlich der einfache und einfarbige Sonnenstrahl durch ein Glas-Prisma gesehen, sich in eine breite Fläche mit sieben verschiedenen Farben auseinanderlegt, auf ganz ähnliche Weise k ö n n t e eine Welt, die in Wahrheit nur ein einiger und untheilbarer Punkt wäre, durch die menschlichen Sinne und die menschliche Anschauungs- und Auffassungsweise, gleichwie durch ein tausendseitiges Prisma, in die unendliche Menge der Erscheinungen zerlegt werden, die uns umgeben. — Alle Verschiedenheit und Sonderung, die wir wahrnehmen ist zweierlei Art. Erstlich die Verschiedenheit der sinnlich wahrnehmbaren Gegenstände, wie: Sonne, Weltkörper, Menschen, Thiere, Pflanzen, und Zweitens die Verschiedenheit der übersinnlichen Dinge, nämlich der Gedanken und Wahrheiten. — Wir haben also, um

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11 den Weg anzudeuten, wie man dahin gelangen könne, die gesammte Welt als Eine untheilbare Einheit zu betrachten, eine doppelte Aufgabe zu lösen: Einmal: zu zeigen, dass die verschiedenen Gedanken und Wahrheiten als eine einzige Wahrheit gedacht werben können, und SOdann: dass die räumlich und zeitlich verschiedenen Theile des Weltalls und der Weltengeschichte ebenfalls als in einen einzigen untheilbaren Punkt zusammenfallend sich denken lassen. — Der erste Theil dieser Aufgabe ist derjenige, welcher sich am leichtesten auf fassliche Weise lösen lässt. — Es giebt nur Eine Wahrheit, und wenn wir viele Wahrheiten zu erkennen glauben, so liegt dies nur in der beschränkten Beschaffenheit unseres Geistes, welcher diese Einheit in viele Strahlen zerlegt und zertheilt. — Fangen wir mit einem ganz einfachen Beispiele an: der Mensch ist sterblich — der Mensch denkt — der Mensch empfindet. — Dies sind nach der gewöhnlichen Vorstellung drei Wahrheiten, und zwar drei verschiedene Wahrheiten. — Allein diese Verschiedenheit rührt nur daher, weil unser Geist nicht im Stande ist, den Begriff des Menschen mit Allem, was aus diesem Begriffe folgt, ganz und auf Einmal zu fassen und zu denken. — Wäre dies der Fall, und hätten wir, wenn wir das Wort Mensch hören, sofort und unmittelbar alles im Geiste gegenwärtig, was zur Verwirklichung dieses Begriffes gehört, so hätten wir auch die Begriffe der Sterblichkeit, des Denkens und des Empfindens schon in dem Worte Mensch unmittelbar mitgehört, und es könnte uns gar nicht erst einfallen, diesen Begriff zu zerlegen, und zu sagen: der Mensch ist sterblich, ebensowenig als wir etwas besonderes zu sagen glauben,

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12 wenn wir aussprechen, das Viereck ist viereckig; weil eben diese Eigenschaften schon in dem Dinge, und mit dem Dinge zugleich gegeben und verstanden sind. — Ein zweites Beispiel wird dies noch klarer machen. — Wer vollständig weiss und begriffen hat, was ein Dreieck ist, der weiss damit unmittelbar und von selbst, so dass es gar nicht erst erwähnt zu werden braucht, dass das Dreieck drei Seiten und drei Winkel hat, dass die drei Winkel zusammengenommen gleich zwei Rechten sind, dass die drei, aus den Spitzen auf die gegenüberliegenden Seiten gezogenen Perpendikel einander in Einem Punkte schneiden, kurz Alles, was die Mathematik aus dem Begriffe des Dreiecks auf dem Wege einer mühsamen Wissenschaft ins Bewusstsein bringt. — Wer den Begriff unsere Weltkörpers der

Erde,

im

Grossen und Ganzen gefasst hätte, der wüsste somit auch zugleich und unmittelbar, dass die Erde rund ist, dass sie schwer ist, aus welchen chemischen Bestandtheilen sie zusammengesetzt ist, welche Bahn sie durchläuft, und welche Geschöpfe sie erzeugt. — Er hätte den Menschen mit all seinem Thun und Treiben, seinen Vorstellungen und Begriffen, seiner Logik und seinen Sinnentäuschungen, und zwar so unmittelbar als nothwendige Attribute dieser Erde aufgefasst, und begriffen, dass er gar nicht dazu kommen könnte, eine dieser Erkenntnisse oder Wahrheiten noch als eine besondere für sich bestehende auszusprechen oder zu denken, weil er sie alle als untheilbare, und sich von selbst verstehende Folgen und Bestandtheile des Begriffes

Erde

gefasst

hätte. — Er könnte jeden dieser Sätze ebensowenig als besondere Wahrheiten hinstellen und erkennen, als wir

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13 etwas besonderes gesagt zu haben glauben, wenn wir aussprechen: Ein Viereck ist viereckig. — Erweitern wir diese Erkenntniss endlich auf das Universum, auf die ganze erschaffene Welt, in welcher doch nothwendig alle Erfahrungen, Wahrheiten und Erkenntnisse Inbegriffen sind, so ergiebt sich, dass für die höchste, vollständige Erkenntniss eben nur Eine Wahrheit, Ein Erkennen und Eine Erfahrung vorhanden ist, nämlich die Welt; — und dass dieZerspaltung dieser EinenUniversalerkenntniss ebenso eine rein menschliche ist, und ebenso aus der Unvollkommenheit des menschlichen Auffassungsvermögens hervorgegangen ist, wie das Besürfniss, den einfachen Sonnenstrahl, weil er zugleich leuchtet und wärmt, in eine Doppelkraft, eine leuchtende und erwärmende, zu zerlegen und zu zerspalten. — Denn die Welt ist ein grosses organisches Ganzes, und wer einen Organismus begriffen und verstanden hat, der hat damit auch zugleich alle einzelnen Theile und Glieder desselben erfasst und verstanden. — * * *

Um den Weg anzudeuten, wie man dahin gelangen könne, die gesammte Welt als Eine untheilbare Einheit zu betrachten, war, wie oben gesagt, die doppelte Aufgabe zu lösen, erstens zu zeigen, dass es nur Eine Wahrheit gebe, oder wenigstens, dass Alle Wahrheiten als eine Einzige, an sich einige, und nur vermöge der unvollkommenen menschlichen Erkenntniss theilbare gedacht werden können. — Diesen ersten Theil der Aufgabe glauben wir gelöst zu haben. — Der zweite Theil der Aufgabe bestand darin, zu zeigen, dass die räumlich und zeitlich verschiedenen Erscheinungen des Universums sich eben-

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14 falls, als ineinen EinzigenPunkt zusammenfallend denken lassen. — Wir haben oben durch die Heise, welche wir den Beschauer von einem Sterne zwölfter Grösse in einem untheilbar kurzen Zeitmomente bis zu unserer Erde herab vollführen Hessen, anschaulich gemacht, wie es einen Standpunkt der Betrachtung giebt, von dem aus die gesammte Ausdehnung derZeit mit den sie erfüllenden Begebenheiten in einen Punkt zusammengedrängt erscheint. — Da aber dort in Wirklichkeit nicht die Begebenheiten selbst, sondern nur die Lichtbilder derselben in der raschesten Folge vorübergeführt wurden, so bleibt uns noch die Aufgabe, auch diese Begebenheiten, selbst nunmehr in Einen Punkt vor dem Geiste des Lesers zusammenzudrängen, und begreiflich zu machen, dass wirklich sie selbst, und nicht blos ihre Abbildungen, sich in einem einzigen Zeitmomente vollständig begeben können, ja dass dasjenige was wir eine lange, oder eine kurze Zeit nennen, wirklich und in der That nur durch die menschliche Auffassungsweise bedingt ist. — Denken wir uns, dass von einem gegebenen Zeitpunkte, also etwa von heute an, der Gang der Gestirne, und unsere Erde mit ihnen um das doppelte beschleunigtwürde, dass also das Jahr in sechs Monaten verliefe, und somit die Jahreszeiten jede in sechs Wochen, der Tag in zwölf Stunden, — dass demgemäss auch im VerhältnissderGangunseres menschlichen Lebensprocesses sich auf die Hälfte der Zeitdauer reducirte, so dass die längste menschliche Lebensdauer in der Begel nicht mehr achtzig, sondern vierzig Jahre währte, welche dann von den zwölfstündigen neuen Tagen ebensoviele enthalten würden, als die achtzig Jahre von den vierundzwanzigstün-

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15 digen Tagen enthielten; — unsere Athemzüge, unsere Pulsschläge würden gleichfalls in doppelter Schnelligkeit auf einander folgen, und uns dieses neue Lebenstempo nunmehr als das normalmässig gesunde erscheinen. Die Zeiger der Uhr beschrieben ihre Kreise nicht mehr in Einer und in zwölf Stunden, sondern in dreissig Minuten der grosse, und in sechs Stunden der kleine Zeiger. Die Entwicklung der Pflanzen und Thiere wäre in gleicherweise um das doppelte beschleunigt, die Winde und der Blitz durchliefen in der halben Zeit fortan ihre Bahn. Alles dies vorausgesetzt, frage ich: Wie würden wir uns dieser Veränderung gegenüber verhalten? — Die Antwort auf diese Frage ist: Wir würden keine Veränderung gewahr werden; ja wir würden denjenigen, welcher behaupten oder beweisen wollte, dass eine solche Aenderung vorgegangen, für wahnsinnig, oder für einen Schwärmer erklären.—Es fehlte uns nämlich jeder mögliche Anhaltepunkt, um zu erkennen, dass Etwas Anders geworden. — Da wir nämlich den Verlauf der Zeit nur durch Vergleichung oder Messung mit einem anderen Zeitverlaufe bestimmen können, und da jeder andere Zeitabschnitt, den wir zur Vergleichung oder Messung benutzen wollten, ebenfalls auf die Hälfte seiner Dauer herabgesetzt ist, so würde das alte Verhältniss immer unverändert geblieben sein. — Unsere vierzig Jahre würden uns wie achtzig verlaufen; wir würden alles noch Einmal so schnell verrichten;— da aber unser Lebensprocess, unser Athmen und Bewegen sich ebenfalls verhältnissmässig beschleunigt hat, so ist es unmöglich, diese vermehrte Schnelligkeit

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16 zu messen, oder nur zu bemerken. — Für uns ist also Alles ganz und vollständig beim Alten geblieben, und ζ war nicht blos vergleichsweise, sondern absolut, so lange uns ein Maass ausserhalb des so beschleunigten Weltlaufes mangelt, an welchem wir die Veränderung wahrnehmen, oder abmessen könnten. Ganz dasselbe Resultat ergiebt sich, wenn wir den Lauf der Zeit, statt um das Doppelte, nunmehr auf das Vierfache beschleunigt denken, in der Art, dass das Jahr nur drei Monate dauerte, das höchste Lebensalter sich auf zwanzig von den jetzigen Jahren reducirte, und unser ganzer Lebensprocess, und mit ihm das Leben der Geschöpfe um uns her in einen, in gleichem Verhältnisse beschleunigten Gang versetzt würde. — Auch in diesem Falle würden wir nicht nur eine Veränderung nicht wahrnehmen, sondern wir würden wirklich gar keine Veränderung erleiden, da wir alles erleben, was wir sonst erlebt haben würden, und alle diese Erlebnisse und Ereignisse in ihrer Dauer und Folge auf- und zueinander vollständig unverändert bleiben. — Ein gleiches Resultatwie bei einer vierfachen, ergiebt sich aber aus denselben Gründen auch bei einer tausendfachen, ja bei einer Millionenfachen, — mit Einem Worte, bei einer unendlich beschleunigten Bewegung unseres Lebensprocesees, und des Ganges der Weltordnung um uns her, und wir können uns aufdiese Weise den ganzen Verlauf der Weltgeschichte in einenEinzigen unermessbar kurzen Zeitmoment zusammengedrängt denken, ohne dass wir eine Veränderung wahrnehmen würden und könnten, ja ohne dass wir eine Veränderung erlitten. — Denn ob irgend ein Zeitraum ein langer oder kurzer sei, das ist eine Frage, die sich nur dann beantworten

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17 lässt, und die überhaupt nur dann irgend einen vernünftigen Sinn hat, wenn wir den zu bestimmenden Zeitraum mit einem andern, ebenfalls abgegränzten Zeitraum vergleichen können, nicht aber, wenn wir ihn mit dem als endlos und anfangslos gedachten unendlichen Zeitverlaufe, den wir „die Zeit" nennen, vergleichen. — Hiemit fällt die Vorstellung als unrichtig hinweg, dass zum Geschehen einer bestimmten Begebenheit auch ein bestimmter Zeitverlauf, ein langer oder ein kurzer, erforderlich sei. — Es ist vielmehr die während des Geschehens verlaufende Zeit nur ein zufälliges nicht ein nothwendiges Maass, und es könnte dasselbe auch ein anderes sein. — Wir nehmen zu mehrerer Erläuterung abermals ein Beispiel zu Hilfe: — Eine Melodie kann in verschiedenem Tempo ausgeführt werden, rascher oder langsamer, ohnedass das Wesentliche derselben dadurch geändert wird. Die Intervalle, die Reihenfolge der Töne, das Längenverhältniss der Einen Note zur andern bleibt unverändert; nur der Eindruck den sie auf den Hörer macht, wird ein anderer werden, sofern nicht auch Sein ganzes Lebenstempo eine verhältnissmässig entsprechende Aenderung erlitten hat. Nun lässt sich eine Spieluhr so einrichten, dass sie ein jedes Stück in einer willkührlich zu bestimmenden Zeit abspielt. Diese Zeitlässt sich verlängern und verkürzen, und zwar so sehr verkürzen, dass sie eine annähernd unendlich kleine werden kann. — Möglich ist es daher, nach dem in dem ersten Hefte erläuterten Begriffe von Möglichkeit, auch das längste Stück in unmessbar kurzer Zeit, in Einem Augenblicke abspielen zu lassen; und wenn auch hier das Ohr ebensowenig im Stande sein würde, die Aufeinanderfolge der einzelnen Theile zu sondern und aufzufassen, wie das

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18 Auge im Stande ist, den vorüberrauschenden Zug der Bilder einer viertausendjährigen Geschichte in Einem Momente zu entwirren, so bedürfte es doch hier sowohl wie dort nur einer Verfeinerung und Vervollkommenung der menschlichen Sinne, damit ein solches Auffassen möglich würde. — In ganz gleicher Weise, wie jene Melodie auch in dem unmessbar kürzesten Zeiträume ihrem Wesen nach unverändert bleibt, und also an Sich ohne Rücksicht auf irgend einen Zeitraum in welchem sie erklingt, gedacht werden kann, und gedacht werden muss; und wie ein solcher Zeitraum nur für die Organisation unserer Sinne nothwendig wird, weil dieselbe von der Art ist, dass das Ohr die verschiedenen Töne nicht anders als nach einander in sich aufzunehmen vermag — ganz in gleicher Weise kann und muss auch jede Aufeinanderfolge von Begebenheiten unabhängig von derZeit gedacht werden, deren sie zu ihrem Geschehen bedarf; wogegen auf der andern Seite die Zeit eben so wenig für sich allein ohne Beziehung auf etwas, was in dieser Zeit geschieht, gedacht werden kann, als man Allegro oder Adagio für sich allein, ohne Töne und Melodie denken kann. — Wenn sich hier einwenden lässt, dass auch bei einer unendlich beschleunigten Zeit, immer ein, wenn auch noch so kurzer Zeitverlauf übrig bleibe, und dass also die zeitliche Ausdehnung dennoch nicht vollständig beseitigt sei, so widerlegt sich dies wissenschaftlich dadurch, dass der Begriffdes unendlich Kleinen in seiner äussersten Strenge mit dem Begriffe von Null zusammenfällt; denn so lange wir noch etwas übrig behalten, was grösser als Null ist, solange müssen wir zu theilenfortfahren, und eine Beruhigung bei diesem Suchen nach dem unendlich Kleinen,

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19 lässt sich nicht eher denken, als bis wir bei dem wirklich Untheilb&ren, demPunkte, weichergar keineAusdehnung mehr hat, angelangt sind. — Aber auch auf populaire Weise können wir durch die Fortsetzung jenes, von der Melodie hergenommenen Gleichnisses, obigen Einwand widerlegen. — Die Melodie bedarf nicht nur ihrem Begriffe nach, sondern auch um sinnlich dargestellt zu sein, und mitgetheilt zu werden, keines, auch noch so kleinen Zeitverlaufes. Dies ergiebt ganz einfach die Betrachtung des Notenblattes, auf welchem sie verzeichnet steht. Hier liegt die Melodie ganz und auf Einmal nebeneinander, und nicht nach einander vor uns, und die Zeit, die der Blick des Musikverständigen braucht, um sie zu entziffern, ist nicht durch das Wesen der Melodie, sondern nur durch die Unmöglichkeit bedingt, den ganzen Inhalt eines Notenblattes in Einem untheilbar kurzen Momente zu erfassen. — So giebt auch der Spiegel die Gegenstände, denen er gegenüber aufgestellt wird, nicht Einen nach dem Andern, sondern alle zugleich und auf Einmal wieder, ohne dass es dazu eines Zeitverlaufes weder eines grossen noch eines kleinen bedarf. — Nach alle diesem wird es hinlänglich klar sein, dass die Zeit lediglich eine Art und Weise ist, wie der menschliche Geist mit Hülfe der menschlichen Sinne das Geschehen der Begebenheiten wahrnimmt, während diese Begebenheiten mit derselben Vollständigkeit und Vollkommenheit auch in einer längeren oder kürzeren Zeit, geschehen können, also unabhängig von der Zeit gedacht werden müssen. — Ein Gedanke, ein Einfall ist etwas Augenblickliches. — Wer einen solchen Einfall hat, der hat ihn ganz, und mit Einem Male. Wer ihn aber mit-

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20 theilen will, der braucht dazu eben sowohl eine bestimmte Zeit, als eine solche Zeit auch für denjenigen, dem er mitgetheilt werden soll, nothwendig ist. — Dadurch ist aber die Zeit nicht für das Entstehen, und Bestehen jenes Gedankens, sondern nur für die Mittheilung und Auffassung desselben nothwendig, und der Gedanke bestehthier so unabhängig von der Zeit, wie nach der obigen Ausführung die gesammte Weltgeschichte unabhängig von der Zeit gedacht werden kann und muss. — Die Zeit

ist nur der Rhythmus der Weltgeschichte* — Indem wir bei diesem Schlüsse angelangt sind, wird es zweckmässig sein, dass wir den Gang der Betrachtung uns noch Einmal deutlich vergegenwärtigen. — Von den drei Wegen, auf denen der Widerspruch zwischen einer mannigfaltigen Welt und einem einigen und einfachen Gotte sich auflösbar denken lässt, hatten wir denjenigen eingeschlagen, dass das Bestehen einer solchen Mannigfaltigkeit geläugnet, und behauptet werden kann, dass auch die Welt in Wahrheit eine einige unduntheilbare sei, und dass sie nur von dem Menschengeiste, und dessen beschränkter Auffassungsart in die Mannigfaltigkeit der Erscheinungen zerlegt wird. — Um zu zeigen, wie eine solche Einheit sich denken lasse, haben wir zuerst das Reich des Gedankens auf den Einen Gedanken der Welt zurückgeführt, und dann das Reich des Sinnlichwahrnehmbaren noch übrig behalten, welches dadurch mannigfaltig wird, dass seine Theile und Begebenheiten nach Raum und Zeit auseinanderfallend von uns wahrgenommen werden. — Auch hier haben wir die Zeit in sofern beseitigt, dass wir nachgewiesen haben, wie dieselbe nichts für sich allein

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21 bestehendes, sondern nur eine Art und Weise sei, wie wir die Begebenheiten wahrnehmen, und wie das Gesehehen derselben uns zum Bewusstsein kommt. — Wir müssen nun den Begriff des Raumes in ähnlicher Weise beleuchten. — So wie bei Betrachtung des Wesens der Zeit sich ergab, dass die Frage, ob etwas lange daure, oder kurz nur dann einen Sinn habe, wenn der zu messende Zeitraum mit einem andern begränzten und bestimmten Zeiträume verglichen wird, dass aber, in Vergleichung zu der unendlichen Zeit selbst, die Frage, ob ein Zeitraum lang oder kurz sei, keinen Sinn hat, weil, mit dem unendlich Grossen verglichen, jedes Endliche gleich Null erscheint; ganz ebenso verhält es sich mit der räumlichen Ausdehnung. — Auch hier ist die ganze erschaffene Welt, sobald wir sie in bestimmten Gränzen denken, immer nur ein Punkt in demjenigen, was man den unendlichen Raum nennt, selbst wenn wir jene Gränzen noch über den entferntesten Fixstern und Nebelfleck hinausliegend denken. — Dieser so oft ausgesprochene und nachgesprochene Satz wird aber uns Laien erst dann vollkommen fasslich, und von uns verstanden, wenn wir ihn, wie bei der Zeit, ebenfalls auf eine mehr sinnliche Weise erläutern. — Der Gang dieser Erläuterung ist auch ein ganz ähnlicher, wie der obige. — Denken wir uns nämlich, dass von dem gegenwärtigen Augenblicke an, die sämmtlichen Dimensionen des ganzen Weltalls auf die Hälfte reducirt, und alle Entfernungen um die Hälfte verkürzt würden, so wäre es für uns absolut unmöglich, wahrzunehmen, oder auch nur, wenn es uns gesagt würde, zu glauben, dass eine

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22 Veränderung mit uns und der uns umgebenden Welt vorgegangen sei; und wir selbst würden uns, nach einer solchen Verkleinerung mit demselben Rechte, wie Gullivers Liliputaner, fur vollkommen wohlgewachsene Menschen halten. — Ebensowenig aber, wie eine Reduction aller Längenmaasse auf die Hälfte von uns wahrgenommen werden könnte, ganz ebenso und völlig unbemerklich würde auch eine Millionen- und Billionenfache Verkleinerung an uns vorübergehen, der wir unterworfen würden; und wir würden uns, wenn unser Fixsternsystem plötzlich mit Allem was es enthält, zu der Grösse eines Sandkornes sich zusammenzöge, in dieser kleinsten Welt mit derselben Unbefangenheit und Bequemlichkeit regen und bewegen, mit der wir in dieser uns so gross erscheinenden Schöpfung leben, weben und sind. — Eine Veränderung wäre mit der Welt überhaupt, so lange nicht eine zweite Welt ausserhalb derselben gedacht wird, gar nicht vorgegangen, und die Frage, ob eine solche Veränderung stattgefunden, würde in Bezug auf den Raum ebensowenig Sinn haben, als die ähnliche Frage oben in Bezug auf die plötzlich beschleunigte Zeit hatte. — Es ist hierdurch bewiesen, dass für unser Bewusstsein und unsere Erkenntniss eine verhältnissmässige Veränderung der gesammten Raumverhältnisse des Weltalls immer und alle Mal unmerklich und unwahrnehmbar sein würde. — Allein wenn wir auch die Welt in Folge dieser Betrachtung uns noch so sehr, und noch so eng ins Kleine zusammengedrängt denken, so haben wir die räumliche Ausdehnung dennoch nicht vollständig beseitigt, weil wir, und der Leser mit uns, unter dem unendlich kleinen

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23 Räume immer noch Etwas Anderes denken, als einen untheilbaren Punkt. — Allein, dass streng und wissenschaftlich betrachtet, beides Eins und dasselbe ist, haben wir oben bei Betrachtung der unendlich kleinen Zeit dargethan. Doch auch auf eine ganz sinnliche, leicht fassliche Art lässt sich zeigen, wie es sehr wohl denkbar, und keinesweges der Vernunft widersprechend ist, wenn wir annehmen, dass eine Ausdehnung des Raumes, und ein Ausser- und Nebeneinanderliegen der räumlich verschiedenen Gegenstände in Wirklichkeit gar nicht existire, sondern dass diese räumliche Ausdehnung und dieses Nebeneinanderliegen der Gegenstände nur ein scheinbares sei, welches darin seinen Grund hat, dass wir mit unserm beschränkten Verstände und unsern beschränkten Sinnen den Einen und untheilbaren Punkt, welcher die Welt igt, nicht anders anschauen können, als indem wir ihn in diese räumliche Länge, Breite und Höhe auseinanderspalten und dehnen. — Länge, Breite und Höhe sind nämlich die drei einzigen, aber auch die drei unumgänglich nothwendigen und sich von selbst verstehenden Eigenschaften, welche wir dem Räume beilegen müssen, und ohne welche eine körperliche Ausdehnung, und ein Körper überhaupt nicht gedacht werden kann, und zwar kann die Länge nicht und niemals die Breite, und die Breite nicht und niemals die Höhe in der Art ersetzen, dass alsdann der Körper nur Länge und Breite und keine Höhe, oder nur Höhe und Länge, aber keine Breite hätte. — Denn was nur zwei von diesen Ausdehnungen, (Dimensionen) hat, ist schon eben deshalb nicht mehr ein Körper, sondern nur die Begränzung eines Körpers, nämlich eine Fläche. Ebenso ist was nur Eine Ausdehnung (Dimension) hat, was nur

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24 lang ist, nicht mehr eine Fläche, sondern nur die Gränze einer Fläche, nämlich eine Linie. — Damit also ein körperlicher Kaum vorhanden sei, ist das Vorhandensein aller drei Dimensionen unabweisliche, sich von selbst verstehende Notwendigkeit, oder mit anderen Worten, alle drei sind nothwendige Eigenschaften des Raumes. Nun ist aber eine nothwendige Eigenschaft eines Dinges eine solche, ohne welche das Ding nicht mehr dieses Ding wäre, sondern ein anderes. — Nothwendige Eigenschaften eines Quadrates ζ. B. sind 1) die Gleichheit aller vier Seiten und 2) der Umstand, dass alle Winkel desselben rechte Winkel sind. — Sobald also Eine Seite nicht gleich einer andern, oder Ein Winkel nicht ein Rechter ist, hört die Figur auf ein Quadrat zu sein, und wird eben dadurch schon von selbst eine andre Art von Viereck; und wir würden denjenigen mit Recht gar nicht erst anhören, der uns beweisen wollte, dass eine solche Figur dennoch ein Quadrat sei. — Wenden wir dies auf den Begriff des körperlichen Raumes, oder was dasselbe ist, auf den Begriff des Körpers an; Nothwendige Eigenschaften eines begränzten Körpers sind, dass er Länge, Breite und Höhe habe, dass er von Flächen begrenzt sei, dass die Gränzen dieser Flächen durch Linien gebildet werden, und dass die Gränzen dieser Linien Punkte sind*). Alles dies muss neben und mit einander bestehen, oder es besteht kein Körper. — Wenn sich nun ein Beweis denken liesse, welcher darauf hinausliefe, dass in irgend einem Falle ein Körper nicht drei Ausdehnungen, und *) Den Mathematikern bemerken wir, dass der sphärischen und sphäroidischen Körper hier nur der Kürze wegen nicht Erwähnung geschieht.

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Teil II, 1847

25 eine Fläche nicht zwei Auedehungen hätte, und wenn ein solcher Beweis ein unumstösslicher und unwiderleglicher wäre, so würde daraus mit Nothwendigkeit folgen, dass dieser Körper und diese Fläche, gar kein Körper und keine Fläche wären, sondern dass irgend eine Täuschung des Schliessens oder der Sinne uns verleitet hätte, für einen Körper und für eine Fläche zu halten, was in Wahrheit kein Körper und keine Fläche ist. — Dasselbe gilt vom Punkt. — Ein Punkt ist, was keine Theile hat; — fände sich nun ein Punkt, in welchem dennoch verschiedene Theile nachgewiesen würden, so wäre der Punkt entweder kein Punkt, oder die Verschiedenheit der Theile keine wirkliche Verschiedenheit, sondern nur eine scheinbare, durch die Beschränktheit unseres Denkvermögens oder unserer Sinne hervorgebrachte. — Diese Schlüsse sind klar und unwiderleglich, und wir gehen in der Voraussetzung, dass der Leser mit uns über dieselben vollkommen einverstanden ist, weiter. — Es giebt eine optische Vorrichtung, die uns Allen unter dem Namen der Zauberlaterne (laterna magica) bekannt ist. — Dieselbe ist auf folgende Art zusammengesetzt: Ein mit durchschimmernden Farben auf Glas gemaltes Bild wird auf ein linsenförmiges Glas geworfen, welches die Eigenschaft hat, alle Strahlen die es empfängt, so zu brechen, dass sie sich in einem einzigen Punkt, dem sogenannten Brennpunkte sammeln. — Durch diesen Punkt hindurch setzen diese so gebrochenen Strahlen ihre Wege weiter fort, indem sie nunmehr eben so wieder auseinanderlaufen, wie sie vorher zusammenliefen; — sie bilden dadurch jenseits des Brennpunktes einen Strahlenkegel, dessen Spitze der Brennpunkt ist, und welcher in jedem seiner Durchschnitte

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Felix Eberty: Die Gestirne und die Weltgeschichte

26 das Bild, welches ursprünglich auf die Linse geworfen wurde, in umgekehrter Lage zeigt, wie man sich dadurch überzeugt, dass man diesen Strahlenkegel auf eine "Wand leitet, wo dann die umgekehrten Bilder, und zwar natürlich desto grösser erscheinen, je weiter die Wand von dem Brennpunkte abgelegen ist. — Wäre nun die hiezu erforderliche Linse mit vollkommen optisch-mathematischer Genauigkeit geschliffen, wäre die Stellung des Glases ebenfalls streng richtig und genau, und wäre die Wand vollkommen glatt, so müsste sich, wenn mann die Zauberlaterne so nahe an die Wand rückt, dass der Brennpunkt der Glaslinse auf die Wand fällt, daselbst dieser Brennpunkt als ein einziger untheilbarer heller Punkt zeigen. — Iii diesem einzigen untheilbaren Punkte nun ist die ganze Fläche des Bildes concentrirt, und aus diesem einzigen untheilbaren Punkte hinaus strömt das Bild wiederum auf die Wand, wenn man die Vorrichtung von derselben entfernt. — Dieser Punkt enthält also die bunte Fläche des Bildes vollständig, allen ihren wesentlichen Bestandteilen nach, mit der Form, Farbe und Gestaltung der einzelnen Figuren in sich, und dieses ganze Bild ist wirklich und wahrhaftig in diesem Einen und untheilbaren Punkte, denn wir haben es durch die Brechung der Lichtstrahlen in diesen Punkt hineingeleitet, und sehen es von demselben wieder ausgestrahlt. — Hier haben wir also auf handgreifliche Weise versinnlicht, wie der untheilbare Punkt verschiedene, nach unserer sinnlichen Auffassungsart nothwendig nebeneinanderliegende Theile in sich ungetheilt enthält, und somit sind wir in einen Widerspruch mit den klarsten für unumstösslich geltenden Begriffen gerathen. — Die Lösung dieses

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Teil II, 1847 27 Widerspruches finden wir auf dem Wege, den als einen möglichen darzustellen eben der Zweck dieser Blätter ist, nämlich darin, dass die Wett, oder sofern sie uns sinnlich zur Anschauung kommt, der Raum, gar nicht das ausgedehnte, und in Verschiedenheiten zerspaltene Wesen ist, als welches wir ihn anschauen, sondern dass diese Ausdehnung und diese Verschiedenheit eben nur in der menschlichen Art der Auffassung liegt, und durch sie bedingt ist; — denn wenn hier bei der Zauberlaterne eine Fläche wirklich ein Punkt geworden ist, — wenn dieser Punkt alle Verschiedenheiten und Theile der ausgedehnten Fläche in sich enthält, so ist damit schon hewiesen, dass diese Verschiedenheit, die uns als ein Neben· und Ausser· einanderbestehen der Theile erscheint, gar nicht nothwendig der räumlichen Ausdehnung zu ihrer Existenz bedarf, sondern, dass auch ein einziger und untheilbarer Punkt diese Verschiedenheiten enthalten kann. — Ist aber auf diese Art und Weise die Fläche nicht mehr nothwendig, um das Nebeneinanderliegende zu fassen, so ist schon hiedurch ihr Wesen in Wahrheit zerstört, und der Punkt zu der Würde der Fläche erhoben, denn er enthält und umfängt den ganzen Inhalt dieser Fläche; und nur, wenn wir mit menschlichen Augen diesen Inhalt erfassen wollen, müssen wir zur Fläche zurückkehren, und den Punkt wieder in die Fläche auflösen, die er in sich aufgenommen hat. — Ist auf diese Weise gezeigt, wie die Fläche lediglich als ein Mittel gedacht werden kann, um uns das Nebeneinanderbestehen der Bilder zur Anschauung zu bringen, d. h. mit andern Worten, als eine blosse Anschanungsfonn für etwas, was seinem Wesen nach auch in einem einzigen untheilbaren Punkte enthalten sein k a n n , und

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Felix Eberty: Die Gestirne und die Weltgeschichte

28 ist hiemit Eine der drei nothwendigen Ausdehnungen (Dimensionen) des Baumes von einem Wesentlichen zu einer blossen Anschauungsform herabgesunken, so fehlt eben hiemit dem Baume eine seiner nothwendigen Eigenschaften, und er selbst ist nicht mehr wirklicher, wahr und wahrhaftig existirender Baum, sondern er ist nur und lediglich eine Art und Weise geworden, wie wir die Dinge gewahr werden. — Somit hätten wir den Gang der Beweisführung, den wir uns vorgesetzt hatten, vollendet, indem wir nachgewiesen haben, dass ein Standpunkt denkbar ist, von welchem aus die Welt nicht mehr der zeitlichen und räumlichen Ausdehnung bedarf, um zu existiren und begriffen zu werden; — und da unser menschlicher Standpunkt, sofern er diese Ausdehnung und Verschiedenheit für wirklich und nothwendig zu erkennen meint, in unauflösliche Widersprüche führt, so sind wir darauf hingewiesen, jenen anderen höheren Standpunkt zu suchen, und ihn, wenigstens als denkbar und möglich zu begreifen, wenn wir ihn auch, unserer natürlichen Beschränktheit zufolge niemals einzunehmen, und von ihm aus die Welt anzuschauen vermögen. Denn mit einem solchen Standpunkte, und durch ihn allein ist uns eine Möglichkeit eröflnet, diese unsere Welt als die Welt eines einigen Gottes zu denken und aufzufassen. Da unseres Wissens ein Weg, der zu dem Erkennen eines solchen Standpunktes führen könnte, nirgends auf klare und fassliche Weise angezeigt worden, so fanden wir hierin den Beruf zur Veröffentlichung dieser Blätter, die vielleicht Manchem zu selbstständiger Verfolgung der eingeschlagenen Richtung Anlass und Aufmunterung gewähren können. — Geschrieben im August 1847. Druck und Papier von Heinrich Richter.

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THE STARS AND THE EARTH;

OR,

THOUGHTS UPON

SPACE, TIME, AND ETERNITY.

LONDON: H. B A I L L I E R E ,

PUBLISHER,

219, R E G E N T STREET.

1846.

THE STARS AND THE EARTH.

IT is a well-known proposition, that a luminous body arising at a certain distance from an observer cannot be perceived in the very same instant of time in which it becomes luminous, but that a period of time, although infinitely short, exists whilst the light, our only medium of vision, passes through the space between the object and our eyes. {12} The rate at which the light travels is so exceedingly rapid, that it certainly has never been observed, nor have any attempts to measure it been made, in the insignificant distances at which objects upon the earth are visible to us. But since we see bodies at a distance immeasurably greater than the compass of terrestrial dimensions (namely, in viewing the stars above), the most acute calculations and observations have enabled astronomers to measure the speed of light, and to find that it travels at a rate of about two hundred and thirteen thousand miles in a second.

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Felix Eberty: The Stars and the Earth

This n u m b e r is not quite accurate, but, as we now only propose to lay down a general idea, for which the close reckoning of astronomical calculation is not necessary, we will content ourselves here, and in the {13} following pages, with adducing a general average number. Thus light travels two h u n d r e d and thirteen t h o u s a n d miles in a second; and, as the m o o n is two h u n d r e d and forty t h o u s a n d miles distant, it follows that, when the first narrow streak of the crescent m o o n rises above the dark horizon, nearly a second and a quarter elapses before we see it: for the light takes this time to pass f r o m the m o o n to our eyes. The m o o n , therefore, rises above the horizon a second and a quarter before it becomes visible to us.* The sun, ninety-five millions of miles distant, four h u n d r e d times f u r t h e r than the m o o n , requires a period four h u n d r e d times longer than the m o o n {i.e. four h u n d r e d times five quarters of a second) to send its light {14} u p o n our earth. Hence, when the sun rises, i.e., when the first ray f r o m the outermost edge of the sun's disc reaches above the horizon, about eight minutes elapse before it passes into o u r eyes. The sun has, therefore, already risen eight minutes before it becomes visible to us.

" We take no notice of the refraction of the light.

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Part 1,1846

The distance of the planet Jupiter from our earth, at the time when it is the greatest, is nearly six hundred and seventeen millions of miles. This is six times and a half as great as the distance of the sun, and therefore the light requires fifty-two minutes to penetrate from Jupiter to us. Lastly, Uranus runs his solitary course at a distance of eighteen hundred millions of miles from us; his light requires, therefore, twenty times as long a period to travel to us as that of the sun, i. e. more than two {15} hours; so that Uranus has really risen two hours when we first perceive him. No planet has hitherto been discovered more distant than Uranus," but an infinite space exists beyond, separating our sun and its system of planets from the nearest fixed stars. The distance of the fixed stars from our earth, was, until a very recent time, when the measurements of Struve and Bessel were crowned with such glittering results, a deep, inscrutable secret; but now we know that the nearest fixed star, namely, the brightest star in the constellation of Centaur, is about eighteen billions of miles distant. Its rays of light, therefore, penetrate to us in about three years; that is, the ray of light which meets our eye from this star {16} was not developed and emitted at the same moment but three years ago. " This was written before the late important discovery of the new planet. [Neptun 1846]

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Felix Eberty: The Stars and the Earth

Struve has calculated, with respect to the wellknown bright star Vega, in the constellation of the Lyre, that its light consumes twelve years and one month in reaching the earth; and according to the measurements of Harding and the inquiries of recent astronomers, the following numbers have been deduced as the average distance of the fixed stars from us. A ray of light requires, before it reaches the earth, from a star of the 1st magnitude 3 to 12 years. 2nd „ 20 years. 3rd „ 30 „ 4th „ 45 „ 5th „ 66 „ 6th „ 96 „ 7th „ 180 „ {17} Moreover, Struve, from the dimensions of his telescope, and from the observation of the fact that a star of the 12th magnitude, seen through it, has as much light as a star of the 6th magnitude seen with the naked eye, concludes that the distance of a star of the 12th magnitude is forty-one times greater than that of one of the 6th magnitude; and, consequently, that the smallest of these stars visible to him, is at a distance of twenty-three thousand billions of miles, and requires a period of time, for the travelling of the light to the earth, as great as four thousand years. That is, the ray of light from a star of the 12th magnitude, which we may mention

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Part 1,1846

is only perceptible by means of a very good telescope, has, at the time it meets our eyes, already left the star four thousand years, and since that {18} time has wandered on in its own course, unconnected with its origin. We have hitherto confined our considerations to our system of fixed stars, and we will not at present overstep this limit, although it would be easy, were we to enter into hypotheses, to multiply indefinitely these enormous proportions hitherto adduced. According to a conjecture first made by the great Herschel, and afterwards further developed and rendered intelligible by Mädler, this entire system of fixed stars forms, if we may use the expression, a single lensshaped canopy. That is, we, with our sun, are situated nearly in the middle of a space, having the form of two watch-glasses, placed with the concave surfaces towards each other. The surfaces of {19} this canopy are studded tolerably equally with fixed stars. But as we are a thousand times nearer those situated above and below than those at the edges of this hollow lens, so the distances between the stars immediately above us seem greater, whilst the legions of those distributed at the edge are seen in densely crowded masses. We may consider the Milky Way as the edge and furthermost limit of this set of fixed stars, where the infinitely distant crowds of stars are collected in such masses, that their light flows together into a

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Felix Eberty: The Stars and the Earth

whitish cloud, and no longer permits us to isolate one star from another. Beyond this our lens, Herschel and the most recent astronomers imagine, that the spots of clouds which appear like oval flakes in the sky, are other entirely distinct and {20} independent systems, which float at such an immeasurable distance from us, that the light has to wander millions of years in reaching to us. It is, however, as we before remarked, sufficient for our purpose to take into consideration only the stars of the 12th magnitude, from which the light can travel to us in four thousand years. From what we have already said, viz., that the ray of light meeting our eye is not sent forth from the star at the same moment, but arrives here according to the corresponding and requisite number of seconds, minutes, or years, it follows that we do not see the star as it is, but as it was at the time when the ray of light was emitted. Thus, we see the star in Centaur as it was three years ago, Vega as it was twelve {21} years and one m o n t h ago, and so on to the star of the 12th magnitude, which we look u p o n as it shone four thousand years ago. Hence follows the conclusion which has frequently been made by astronomers, and which in its result has become popular, viz., that a star of the 12th magnitude may have been extinguished, or set four thousand years ago, whilst we, nevertheless, continue to see its light shining.

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Part 1,1846

This conclusion, when applied to each of the former positions, gives the following results. We do not see the moon as it is, but as it was a second and a quarter before; i. e. the moon may already have been dispersed into atoms for more than a second, and we should still see it entire and perfect. We do not see the sun as it now is, but {22} as it was eight minutes before; Jupiter as it was fifty-two minutes, Uranus as it was more than two hours before; the star in Centaur as it was three years ago; Vega as it was nine and a quarter years; and a star of the 12th magnitude as it was four thousand years ago. These propositions are well known, and have already been published in popular works upon astronomy. It is really marvellous that nobody has thought of reversing them, and of drawing the very remarkable and astonishing conclusions which pour upon us in a full stream from the converse: and it is our intention here to examine the converse, and the inferences which may thence be drawn. The following is the relative view of the matter; as we have before remarked, we see the disc of the moon not in the form in {23} which it now is, but as it was five quarters of a second before the time of observation. In exactly the same way, an imaginary observer in the moon would not see the earth as it was at the

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Felix Eberty: The Stars and the Earth

moment of observation, but as it was five quarters of a second before. An observer from the sun sees the earth as it was eight minutes before. From Uranus the time between the reality and the perception by the eye being two hours and a half apart; if, for example, the summit of the Alps on a certain morning was illumined by the first ray of the sun at six o'clock, an observer in this planet, who was provided either with the requisite power of vision, or a sufficiently good telescope, would see this indication of the rising of the sun at half-past eight of our time. An observer in Centaur can of course {24} never see the Northern hemisphere of the earth, because this constellation never rises above our horizon. But supposing it possible, and that an observer were standing in this star with such powerful vision as to be able to distinguish all particulars upon our little earth shining, but feebly luminous in its borrowed light, he would see, in the year 1843, the public illuminations which, in the year 1840, made the cities of our native country shine with the brightness of day during the darkness of night. An observer in Vega would see what happened with us twelve years ago, and so on, until an inhabitant of a star of the 12th magnitude, if we imagine him with unlimited power of vision contemplating the earth, sees it as it was four thousand years ago, when {25} Memphis was founded, and the patriarch Abraham wandered upon its surface.

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Part 1,1846

In the immeasurably great number of fixed stars which are scattered about in the universe, floating in aether at a distance of between fifteen and twenty billions of miles from us, reckoning backwards any given number of years, doubtless a star could be found which sees the past epochs of our earth as if existing now, or so nearly corresponding to the time, that the observer need wait no long time to see its condition at the required moment.

Let us here stop for a moment to make one of the inferences to be drawn from these propositions, which we have laid {26} down, and which are so clear and evident to every reasonable mind. We have here a perfectly intelligible perception of the idea of the omniscience of God with relation to past events. If we imagine the Deity as a man with human powers, but in a far superior degree, it will be easy for us to attribute to Him the faculty and power of really overlooking and discerning, even in the most minute particulars, every thing which may be sensibly and actually overlooked and seen from a real point of observation. Thus, if we wish to comprehend how any past earthly deed or occurrence, even after thousands of years, is as distinctly and immediately in God's presence, as if it were actually taking place before his eyes, it is sufficient for our purpose to imagine

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Felix Eberty: The Stars and the Earth

{27} Him present at a certain point, at which the light and the reflection of the circumstance is just arriving. Supposing that this result is established; Omniscience, with respect to the past, becomes identical and one and the same thing with actual Omnipresence with regard to space. For, if we imagine the eye of God present at every point of space, the whole course of the history of the world appears to Him immediately and at once. That which occurred on earth, eight minutes before, is glancing brightly, and evidently in His sight in the sun. Upon the star of the 12th magnitude, occurrences which have passed away for four thousand years are Seen by Him; and in the intermediate points of space are the {28} pictures of the events which have happened in every moment since. Thus we have here the extension of Time, which corresponds with that of Space, brought so near to our sensible perception, that time and space cannot be considered as at all different from one another. For, those things which are consecutive one to the other in point of time, lie next to one another in space. The effect does not follow after the cause, but it exists visibly in space near it, and a picture has spread itself out before us, embracing space and time together, and representing both so entirely and at once, that we are no longer able to separate, or distinguish the extension of space from that of time.

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Part 1,1846

The omniscience of God, with regard to {29} the past, is become intelligible and easy to us, as a sensible and material all-surveying view. Before His eyes, endued with immeasurable powers of sight, the picture of past thousands of years is, at the present m o m e n t , actually extended in space. Hence, when we imagine the purely h u m a n sense of sight rendered more extended and acute, we are able actually to comprehend one of the attributes of the Deity. But, according to the reverse, the excellence of this h u m a n sense becomes clear to us, if we have by this time understood that it only requires an increased optical and mechanical intensity of it, to communicate, at least by approximation, a divine power, viz. omniscience with regard to the past, to beings endowed with such exalted powers of vision.

{30} Having drawn this clear and intelligible inference f r o m the previous considerations, let us take a step f u r t h e r in advance. But since f r o m this point, the ideas of Possibility and Impossibility must be frequently referred to, it is necessary that we and o u r readers mutually understand each other on this subject. We call that possible which does not contradict the laws of thought; we call that impossible which contradicts these laws.

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Felix Eberty: The Stars and the Earth

Hence, every ultimate accomplishment of a human discovery is possible. But it is impossible to reach the limit which can only be attained on such suppositions as are themselves impossible according to the foregoing definition. For example, it is possible to pass through any given definite space in any fixed and {31} definite period of time. For as with a steam-carriage we can travel a geographical mile in ten minutes, and with the electric telegraph can ring a bell at a distance of ten miles in a second, so the supposition that we may be enabled to move from one place to another with a speed far surpassing the rapidity of light, rests upon possibility. We repeat that practically and experimentally such a result will never be arrived at, and require simply that the following be allowed. If we show that something which hitherto existed only in a dream, or in the imagination of the enthusiastic, can appear attainable and real; but has only such impediments as arise from inability to render perfect certain known mechanical {32} powers, and to move from one place to another with sufficient rapidity; I say that when we have shewn this, the question is transferred from the jurisdiction of dreams and enthusiasm to the jurisdiction of that species of possibility which does not contradict the laws of thought. For example: the question whether there is such a bird as the phoenix, belongs to the dominion of dreams and

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Part 1,1846

folly. But, I say, if, supposing it were possible for us to prove that this bird actually were living in the centre of the earth, or below the depths of the ocean; and if this evidence were perfectly accurate, lucid, and irrefutable, then indeed it would still be impossible for us to see this bird with our bodily eyes; but now that the impediments which oppose the realization of the sight are {33} clearly and intelligibly demonstrated, we may proceed to our purpose of contriving mechanical means to overcome them in the present instance. Thus, a question hitherto only referable to the region of ideas, dreams, and enthusiasm, being brought to such a point that the impediments against its resolution are simply mechanical and relative to space, is placed quite in another and much nearer district; viz., under the dominion of what we, above, designated as possible. We must not here forget, that this possibility is not to be mistaken for experimental practicability, and not to be looked upon in reference to its execution being attained at any time; but it simply bears upon the question, inasmuch as ideas which are, as it were, overcome and won out of the {34} region of empty thought into this district of possibility, are now brought nearer to our immediate perception (be it well observed perception, and not practicability), and are thus raised out of mere cloudy and feverish fancies into intelligible ideas.

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Felix Eberty: The Stars and the Earth

I now continue in the supposition, that I have hitherto made myself perfectly understood by the reader, that the idea of possibility, which I have laid down has as little to do with dreams, as it has on the other side with the question of practicability. With this idea we may maintain that it ispossible, i. e. not in contradiction to the laws of thought, that a man may travel to a star in a given time, and that he may effect this provided with so powerful a telescope as to be able to overcome every given distance, and every light and {35} shadow in the object to be examined. With this supposition, and with the aid of a knowledge of the position and distance of every given fixed star (to be attained by the study of astronomy); it will be possible to recall sensibly to our very eyes, an actual and true representation of every moment of history that has passed. If, for instance, we wish to see Luther before the council at Worms, we must transport ourselves in a second to a fixed star, from which the light requires about three hundred years (or so much more or less), in order to reach the earth. Thence the earth will appear in the same state, and with the same persons moving upon it, as it actually was at the time of the Reformation. To the view of an observer from another fixed star, our Saviour appears now upon {36} earth performing his miracles and ascending into heaven; and thus every moment which has passed during the lapse of centuries down to the present time, may be actually recalled so as to be present.

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Part I, 1846

Thus the universe incloses the pictures of the past, like an indestructible and incorruptible record containing the purest and clearest truth. And as sound propagates itself in the air, wave after wave; and the stroke of the bell, or the roar of the cannon, is heard only by those who stand nearest, in the same moment when the clapper strikes the bell, or the powder explodes; but each more distant spectator remarks a still greater interval between the light and the sound, until the human ear is no longer able to perceive the sound on account of the distance; or, to take a still {37} clearer example, as thunder and lightning are in reality, simultaneous, but in the Storm the distant thunder follows at the interval of some minutes after the flash; so, in like manner, according to our ideas, the pictures of every occurrence propagate themselves into the distant aether, upon the wings of the ray of light; and, although they become weaker and smaller, yet, in immeasurable distance they still have color and form; and, as every thing possessing color and form is visible, so must these pictures also be said to be visible, however impossible it may be for the human eye to perceive it with the hitherto discovered optical apparatus. It is, besides, for the same reasons, the greatest rashness to wish to determine beforehand {38} the limits beyond which the perfection of our optical instruments may never step. Who could have guessed at the wonderful results which have been discovered by means of Herschel's

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Felix Eberty: The Stars and the Earth

telescope and Ehrenberg's microscope ? We do not, however, require its practicability, nor even any indication that it is to be hoped for, since we have before explained to the reader the idea which we intend to convey under the word possible·, and we wish only to move in the regions of possibility of this kind. Thus, that record which spreads itself out further and further in the universe, by the vibration of the light, really and actually exists and is visible; but to eyes more powerful than those of man. The pictures of all secret deeds, which {39} have ever been transacted, remain indissolubly and indelibly for ever, reaching from one sun beyond another. Not only u p o n the floor of the chamber is the blood-spot of murder indelibly fixed, but the deed glances further and further into the spacious heaven. At this m o m e n t is seen in one of the stars, the image of the cradle from which Caspar Hauser was taken to be inclosed in a living tomb for so many years; in another star glances the flash of the shot which killed Charles XII. But what need is there to refer to individual instances ? It would be easy to carry it out to the smallest details, but we leave this to the fancy of the reader, and only request that he will not scorn these images as childish, until he has gone through, with us, the {40} very serious and important inferences which we will now proceed to make.

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Part I, 1846

Let us imagine an observer, with infinite powers of vision, in a star of the 12th magnitude. He would see the earth at this moment as it existed at the time of Abraham. Let us, moreover, imagine him moved forwards in the direction of our earth, with such speed that in a short time (say in an hour), he comes to within the distance of a hundred millions of miles, being then as near to us as the sun is, whence the earth is seen as it was eight minutes before; let us imagine all this, quite apart from any claims of possibility or reality, and then we have indubitably the following result: that before the eye of this observer the {41} entire history of the world, from the time of Abraham to the present day, passes by in the space of an hour. For when the motion commenced, he viewed the earth as it was four thousand years ago; at the half-way, i. e. after half an hour, as it was two thousand years ago; after three quarters of an hour as it was one thousand years ago; and after an hour, as it now is. We want no further proof, and it is evident, beyond the possibility of contradiction, that if an observer were able to comprehend with his eye the whirling procession of these consecutive images, he would have lived through the entire history of the world, with all the events and transactions which have happened in the hemisphere of the globe, turned towards {42} him, in a single hour. If we divide the hour into four thousand parts, so that about a second corresponds to each, he has seen the

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Felix Eberty: The Stars and the Earth

events of a whole year in a single second. They have passed before him with all the particulars, all the motions and positions of the persons occupied, with the entire changing scenery, and he has lived through them all—everything entire and unshortened, but only in the quickest succession—and one hour was for him crowded with quite as many events as the space of four thousand years upon earth. If we give the observer power also to halt at pleasure in his path, as he is flying through the aether, he will be able to represent to himself, as rapidly as he pleases, that moment in the world's history which he wishes to observe at leisure; provided {43} he remains at a distance when this moment of history appears to have just arrived; allowing for the time which the light consumes in travelling to the position of the observer. Here again we leave to the fancy of the poet the prosecution of further details, and come to the conclusions which we intend to make. As we imagined an observer from a star of the 12th magnitude, capable of approaching the earth in an hour, we will now once more suppose that he can fly through the space in a second; or, like the electromagnetic power, in an immeasurably short time. He would now live through the period of four thousand years with all their events completely, and as exactly in a moment of {44} time as he did before in the space of an hour.

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Part I, 1846

The human mind, it is true, grows giddy at the thought of such a consecutive train of images and events; but we can easily attribute to a higher—or the highest spirit, the power of distinguishing and comprehending with accuracy every individual wave in this astonishing stream. Hence, the notion that the Deity makes use of no measurement of time is become clear and intelligible to us. When it is written, "Before God a thousand years are as one day," it is a mere empty word, unless the idea is rendered perceptible to our senses. But when, as we have done, by sensible and actual suppositions, we are enabled to shew that it is possible for a being simply endowed with a {45} higher degree of human power, to live through the history of four thousand years in a second, we think we have materially contributed to render intelligible the philosophical statement, that time is nothing existing for itself, but only the form and repository, without which we cannot imagine its contents, viz. the series of consecutive events. If time was something real and actually existing, and necessary to the occurrence of events, it would be impossible for that to take place in a shorter time which occurs in a longer time. But here we see the entire contents of four thousand years concentrated into one second, and not mutilated or isolated, but every event completely surrounded with all its individual particulars and collateral circumstances.

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Felix Eberty: The Stars and the Earth

The {46} duration of time is, therefore, unnecessary for the occurrence of events. Beginning and end may coalesce, and still enclose every thing intermediate.

Having thus laid our contemplations before the reader, we will express a hope that the images may appear as poetical and sublime to him as to us, and that an hitherto unknown clearness and insight has been given to his ideas of the omniscience, omnipresence and eternity of God. In conclusion, we must acknowledge a slight deception practised on the reader, of which we have rendered ourselves guilty with a quiet conscience. For the images of human and earthly events are not carried forward into the universe upon the wings of {47} the light in so complete a manner and without any exception as we have represented. For example, what takes place within the houses cannot be seen, because the roofs and walls impede the passage of rays, &c. Nevertheless, as we have frequently and expressly declared, we do not treat of a corporeal view, but of one indicated by possibility in the sense in which we have explained it, and we therefore considered it conducive to the interest of these beautiful and poetical ideas, to defer this correction until the end.

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Part 1,1846

We leave the further execution of the details, as we before remarked, to the poet. We hope, however, soon to lay before the {48} public, in continuation of these pages, a development of the new and penetrating ideas which have crowded upon us in such abundance, as the result of the foregoing considerations. END.

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Part II, 1847

Part II 1847

PREFACE. THE Author hopes that the appearance of this Second Part of his reflections upon Space, Time, and Eternity will be received with as much indulgence as the first. In place of supplying the reader with conclusions, he has here rather to stimulate him to more distant and independent considerations. Eternal Truth, says the proverb, lies at the bottom of a well, but it works and strains to rise upwards to the light; frequently have the bubbles which have escaped from the fermentation underneath, been mistaken for the lost treasure, and frequently too have we greeted their appearance with precipitate joy as a manifestation of Truth itself. But even if we have been deceived, this sign of life and movement in the Spiritual World deserves to be welcomed by us; and on these grounds the following considerations may be taken as an

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Felix Eberty: The Stars and the Earth

indication, though perhaps a slight one, that Truth lies at the bottom.

THE STARS AND THE EARTH. IT has been shewn, in the first Part, how the reflection of earthly events is borne further and further upon the wings of a ray of light, into the universe, so that the transactions, which took place here thousands of years ago, are to-day visible in a distant fixed star; for everything that has form and colour, however weak the light and however small its {8} proportions, must be considered to be visible. Our theory has been allowed up to this point: viz. that an observer endowed with infinite powers of vision, who, in an immeasurably short time has passed from a fixed star of the twelfth magnitude to the vicinity of the earth, must have seen completely, in this short space of time, the reflection of everything which has passed during four thousand years upon the surface of the hemisphere directed towards him. From these positions we deduced consequences which have the effect of rendering the ideas of Space, Time, and Eternity, generally and easily intelligible. The present little work is intended still further to illustrate these ideas in the {9} same way, and to deliver to the public in a comprehensible form,

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those truths and ideas which have hitherto been the exclusive property of professed philosophers; a service with which the reader should be so much the more pleased, since the author of these lines is very far from being willing to reckon himself among the number of these philosophers. As the former treatise has already made our readers well acquainted with the plan of the argument, and the mode of demonstration which we employ, so much ceremony and so many details will not be necessary in the following considerations, as were found to be so in the former part; a friendly amount of attention alone will enable us to go through together the {10} following points, which are thus briefly enunciated. Let us come to the question. Exactly in the same way in which an infinitely quick passage from a fixed star to the earth crowds together the images of all earthly events into a single moment, so by reversing the process, the succession of these pictures may, in the following way, be indefinitely deferred. Let us suppose that the light, and with it the reflection of some earthly occurrence arrives at a fixed star of the second magnitude in about twenty years. Let us also suppose, that the observer mounts to this star in the space of twenty years and one day, starting at the moment when, for example, the blossom of a flower was beginning to unfold itself: he will there find {11} the image of this flower in that stage of

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development in which it was one day after the commencement of its blooming. If he was endowed with infinite powers of sight and observation, and had been able to follow the development of the blossom throughout his entire journey, he would have had time and opportunity of studying for twenty years the changes which occurred to the flower upon earth in a single day. The successive changes in its form are, as it were, fixed before his eyes. As it is scarcely possible to catch with the eye, a butterfly which flits past us, so as to detect the colouring of its wings, and, on the contrary, if we could follow and observe it in its flight, we might count out and separate even the minute grains of colored dust upon its wings, so would the observer, who {12} had the power of following the reflection of a transitory event upon the wings of the light, be enabled to distinguish the most sudden changes with the greatest accuracy and leisure. In this way we have, to a certain extent, a Microscope for time: for as the magnifying glass apparently enlarges a thousand times the space which a minute object occupies, and thus renders it possible to separate the small contiguous portions of which it consists, which appear to the naked eye as collected into a single point, so he who is able to follow the reflected images of the stages of a rapid development with the speed of a ray of light will be enabled to discover an endless number of separate transactions of the existence of which we had no previous notion.

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A flash of lightning, for example, appears {13} as a m o m e n t a r y light, which blinds us for a time, without permitting us any power of distinguishing the causes which produce it. But if we could follow the image of such a flash, only u p to the sun, i. e. for eight minutes, we should be able to u n f o l d secrets respecting the nature of the p h e n o m e n o n , which would not be less astounding of their kind, than the living worlds which the microscope exposes to o u r view in a drop of water. Moreover, if, as we have remarked, the revolutions of o u r earth, at the time of the Deluge, are at the present time reflected u p o n a star of the twelfth magnitude, as we should see (if we were provided with infinite visual powers) the events which took place u p o n the star, not as they are to-day, but {14} as they were thousands of years ago, so an inhabitant of that star, m o u n t i n g away with the images and rays of light, would be able to solve, by his own personal inspection, all the problems of Geology and the Creation, concerning which o u r inquirers into natural history, are to this day puzzling themselves; and this reflection does not refer to our earth alone, b u t the inhabitant of each star sees the past occurrences of other stars, and the events not only of our world, but of all worlds are at present expanded in space as the greatest and truest History of the Universe. It was laid down and inculcated as strongly as possible in the first part of this work, that in these considerations, we only treat of such things as can

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be imagined to be possible, and that we avoid altogether {15} any claims towards reality or practicability. To bring, however, our ideas one step nearer to those who cannot altogether resign their notions of probability, we will make the following remark: The fact that more distant objects appear to us smaller and with less distinct outlines and colors than those which are near, depends in the first place upon the formation of the human eye, and secondly upon the opacity of the atmosphere. The rays of sight diverge from the eye, so that a very small body close to it fills up the interval between two such rays; whilst at a greater distance a much larger body is necessary to fill up the proportionately increased space between them. If we hold up a shilling at arm's length before our eyes, we may completely conceal the {16} sun with it. If, on the contrary, an organ of vision was constructed in such a manner that the rays proceeded in parallel lines, every object would appear in proportion to every other, and of its own proper size, without any reference to the distance between it and the eye. We certainly should not see distant bodies entire, but only such small portions of them as are proportionate to the size of the organ of vision, constructed after this fashion; but this little portion would be visible with equal clearness at every distance, and a blade of grass upon the most distant fixed star could not escape our sight, provided our atmosphere was clear, and freed from all disturbing influences.

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By the supposition of an organ of vision of such a construction as this, which assuredly {17} no one will consider impossible to be imagined, it is hoped that the possibility of all that we have brought forward, is rendered much more intelligible to many readers. It would, nevertheless, be but fruitless trouble to spin out the thread of these thoughts any longer, if no further result could be deduced from them than the proof that some one thing would be possible if some other thing were possible; for one such combination of assumptions, however it may lay claim to some momentary interest, would remain but an empty sport of the fancy, which flits across the mind of the reader without leaving any lasting effect behind. As we proceed in our reflections, we become convinced that we can build up a {18} more solid superstructure by the help of this airy scaffolding, since the consequences which we think we can deduce will enable the reader to grasp the ideas of Space and Time as it were by intuition, whilst without some such instructions, the description of metaphysical objects is frequently mere words for the generality of men. For it is one thing to acknowledge a certain position to be true because we cannot refute the premises from which it is deduced, and another, to comprehend it so immediately and completely, that from this time it is in itself intelligible to us, and we consider any thing which con-

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tradicts it to be absurd. Thus, for example, he to whom the geometrical proposition, that the angles of a triangle are together equal to two right angles, has been intelligibly demonstrated, must acknowledge the truth of it; but he {19} has not necessarily comprehended the proposition in its strictest sense; for this, it is requisite that he should get that close insight into the fact, that it belongs to the very existence of a triangle that the angles shall be together equal to two right angles, and that a triangle without this property is as inconceivable and as absurd as a fourcornered circle. To prepare a way for such intuitive perception, and such immediate knowledge with respect to the nature of Time and Space, and to facilitate its acquisition, is the object of the following reflections. They shall from their plainness constrain the reader to understand, and shall force upon him clear notions with respect to matters from which he has often turned away without any consideration. {20} Truly, the interest which men take in things is very varied, and frequently contradictory; what appears to one as of the highest importance, appears of no material consequence to another. There is, however, one question which must interest every one, even though his leisure and the bent of his mind may not permit him to devote himself earnestly and without intermission to the labor of attempting its solution. This question is the How and the Wherefore of all things ? It is one from

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which the mind of man cannot be repulsed. When a child, he asks after the Maker of Heaven and Earth, and is relieved and contented by being directed to an all-wise and perfectly good Almighty Creator. To more mature reflection, this answer is no longer sufficient, because the attempt to deduce {21} the multiplicity of things in the world around us from one single cause, viz., from God, leads us to contradictions which it is the province of Philosophy to unravel. Our mind can indeed only attribute a single effect to a single cause; and when we perceive manifold and different effects, it becomes at once requisite to our intellect to seek for manifold and various causes. This is a law which is so intolerant of exceptions, that we unwillingly suppose a difference to exist even where our senses cannot discern it. For example, the single ray of the sun gives us light and warmth: it is in our thoughts at once considered double, and analyzed into a lighting and a heating ray because we are absolutely compelled, even against our inclination, to look out for two causes, a lighting and a warming power, for the two effects, light and heat. {22} Now, if in consequence of some certain inherent property of our minds, we are compelled to look for a single First Cause, and a single Creator, for the sum of all the causes and effects which are manifest in the world, which fill it, and which, indeed, are the world, the First Cause must be entirely single and one, because, if we are unwilling to admit

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in It any difference or variety, we are again as irresistibly driven to the question, what can be the cause of these differences and varieties ? It is, however, absurd to inquire after the origin of the First Cause of all things, because the very essence of a First Cause consists in the fact, that the inquiry after some more distant origin is impossible. To solve and remove this contradiction and absurdity is, as I have already remarked, {23} the province of philosophers. It ]ias frequently been asserted that they have discovered the solution; but the answer to the question "How ?" is still due to the uninitiated: since philosophers allege, that the most intense study of philosophy is requisite to enable us to understand the results at which they arrive. We are not, however, sufficiently submissive to be put off with such a mysterious answer, and the circumstance itself makes us suspect that the philosophers cannot have convinced one another, but that the successor always confutes his predecessor; so that in the most favorable view, philosophy has taken a step farther each time, but has not yet arrived at the goal. Now, since all hope, upon the side of philosophers, has been cut off from us, {24} of our ever arriving at the solution of the contradiction from which the intellect in vain struggles to free itself, we will make an attempt to point out in a generally intelligible manner, a path by which the solution

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becomes conceivable:—to point out a path, I say, that is, I point out the way, and prove it, and render it intelligible that this path, if it is really pervious, must lead to the goal. Whether it can be travelled, must be decided by the inquiries, to stimulate and to advance which is the chief end of these lines, and the most earnest wish of the Author. The course which our reflections will take, apparently leads us away from the "Stars and the Earth," but we shall return to them, and beg the reader to accompany us, step by step, to the conclusions which are the end of our journey. {25} But, as I have already said, since there is a contradiction between the assumption of a single original Cause, and the world with its manifold changes and phenomena, it follows that there is either no First Cause, or no Multiplicity in the world, or lastly, that both these assumptions are false. To point out one of these three possible sources of error is, therefore, a step upon the road to Truth. If, for example, it is shewn that the various and manifold phenomena in the world, are really not various and manifold, but that they are only apparently so, the necessity of discovering for every variety a particular cause, no longer exists, and thus a Single Cause becomes sufficient. We will shew that such a view is possible, and how it is so. {26} As a single and colorless ray of the sun, when it is seen through a prism, is decomposed into a broad surface with seven different colours, so a

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world which was really only a single undivisible point might by our human senses, and by man's method of contemplation and comprehension, be divided as through a prism with a thousand sides, into the endless multitude of phenomena which are round about us. All differences and distinctions which we perceive are of two kinds: first, the difference between things which are perceptible to our senses, as the sun, the heavenly bodies, men, beasts, and plants: and secondly, the difference in matters beyond the cognizance of our senses: as of thoughts and truths. Thus, to mark {27} out the way by which we can lead ourselves to consider the entire world as a single indivisible unit, we must solve a double problem: To show, first, that the different thoughts and truths may be looked upon as a single truth; and secondly, that the parts of the universe and of the history of the world which bear reference to Time and Space can also be viewed together as a single indivisible point. The first part of the question is that which may be solved most easily, and in the most intelligible way. There is only one Truth, and if we think that we can distinguish many, it only depends upon the limited nature of our understanding, which separates and decomposes this unity into many rays. Let us begin with quite a simple {28} example; Man is mortal, he thinks and he feels. These are three separate and different truths according to our

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ordinary ideas. But the difference only depends upon the fact that our mind is not able, at once and completely to grasp and understand the idea of Man, with all its consequences. If this was the case, and if as soon as we heard the word ' Man,' there was present in our minds everything which is requisite to the realization of the idea, we should immediately entertain the notion of Mortality, of Thought, and of Sensation; and it would not at first occur to us to analyze the idea, and to say' Man is mortal' any more than we should think that we are saying something particular when we state that a square has four corners, because this property is already {29} understood in the object and together with it. A second example will make this more evident. For one who has fully comprehended and knows what a triangle is, it is not requisite that he should be first informed that a triangle has three sides and three angles, that the three angles are together equal to two right angles, and that three lines drawn perpendicularly from the angles to the opposite sides, cut one another at the same point; in short, all that mathematicians have made out concerning the properties of a triangle by a troublesome scientific process, but he understands it all at once. He who has completely comprehended the idea of the globe of our earth understands at once and immediately, that it is round, that it is {30} heavy, of what chemical components it is formed, the course

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it runs, and what creatures it produces. He has included Man, with all his deeds and transactions, his perceptions and ideas, his understanding and the illusions of his senses, as necessary attributes of the Earth, and has seen that he could not bring himself to describe or imagine one of these points or truths as any thing special or separate, because he has comprehended all as indivisible and distinct consequences, and components of the idea Earth. He can put down and acknowledge each of these positions as a distinct truth, just as little as we can think that we are saying something particular when we remark, "a square has four angles." Lastly, if we enlarge our ideas to the Universe, to the whole creation, in which {31} all experience, truths, and ideas are included, it follows that for the most perfect acquaintance with it, only one truth and one idea exists, viz. the Universe; and that the subdivision of this one universal knowledge is as purely human, and as certainly depends upon the imperfection of human powers of perception, as the necessity of dividing a single ray of the sun into a double power, viz. a lighting and heating ray, because it enlightens and warms us at the same time. For the universe is a great organic whole; and he who has understood and entirely comprehended the idea of an organized being, has also grasped and comprehended all its separate component parts. In order to point out the way in which we can bring ourselves to consider the {32} Universe as one

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indivisible unit, we had, as I have above remarked, two questions to solve; 1st. that there is only one truth, or, at least, that all truths may be considered as a single one, and one which is only divisible from the imperfection of human knowledge. This first part of the proposition I think we have proved; in the second part we have to show that the phenomena of the universe which are referrible to Space and Time may be equally well conceived as forming together a single point. By means of the journey which we have imagined an observer to take from a star of the twelfth magnitude, down to the earth, in an immeasurably short space of time, we have shown that there is a point of observation from which the whole expanse of time, {33} with the occurrences which took place in it, appear to be compressed into a single point. But as in such a case, the events themselves do not in reality appear to us, but we see their images on the light in the quickest succession, the problem still remains:—to compress these events into a single point, and to make it intelligible that they themselves, and not only their images, can happen most completely in a single moment of time; and even more, that a space of time which we call long or short, is actually and really caused by our human mode of comprehension. Let us suppose, that from some given time, for example from to-day, the course of the stars and of our earth becomes twice as rapid as before, and that

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the year passes by in six months, each season in six weeks, {34} and each day in twelve hours, that the period of the life of man is in like manner reduced to one half of its present duration, so that speaking in general terms, the longest human life instead of eighty years lasts for forty, each of which contains as many of the new days of twelve hours as the former years did, when the days were twenty-four hours long; the drawing of our breath, and the stroke of the pulse would proceed with double their usual rapidity, and our new period of life would appear to us of the normal length. The hands of the clock would no longer make the circuit in one hour and in twelve, but the long hand in thirty minutes, the short one in six hours. The development of plants and animals would take place with double their usual speed, and the wind and {35} the lightning would consume, in their rapid course, but one half of their present time. With these suppositions, I ask, in what way should we be affected by the change ? The answer to this question is, we should be cognizant of no change. We should even consider one who supposed, or who attempted to point out that such a change had taken place was mad, or we should look upon him as an enthusiast. We should have no possible ground to consider that any other condition had existed. Now, as we can determine the lapse of any period of time only by comparison, or by measuring

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it with some other period, and as every division of time which we use in our comparison, or in our measurements has been lessened by one half its duration, the original proportion would still remain unchanged. {36} Our forty years would pass as the eighty did; we should perform every thing twice as quickly as before; but as our life, our breath, and movements are proportionately hastened, it would be impossible to measure the increased speed, or even to remark it. As far as we could tell, every thing had remained precisely as it was before, not comparatively, but absolutely, provided we had no standard external to the accelerated course of events in the world by which we could perceive the changes or measure them. A similar result would follow if we imagined the course of time reduced to the fourth, instead of to the half, so that the year would consist of three months, the greatest age of man would be reduced to twenty of the present years, and our entire life, with that of all the creatures about us {37} would be passed in a proportionately shortened period. In this case, we should not only not perceive the change, but we should in reality suffer no change, since we should live to see everything which we should otherwise have seen, and all the experience and the events of our life in their duration and with their consequences would remain unchanged in the relations which they bear to one another.

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For the same reasons, if the period and processes of life, and the course of events in the world around us were accelerated, a thousand or a million times, or, in short, if they were infinitely shortened, we should obtain a similar result; and we can in this way imagine the entire course of the history of the world compressed into a single immeasurably short space of time, {38} without our being able to perceive the change; in fact, without our having undergone any change. For, whether any space of time is longer or shorter is a question which can only be answered, and which can, indeed, only be looked upon as reasonable, if we are able to compare the time to be measured with some other limited period, but not if we compare it to the endless duration, which is looked upon as without beginning and without end, which we call" Time." Hence the proposition, that for the occurrence of any given event, a certain lapse of time is requisite, may be altogether rejected. This time which elapses during the occurrence is rather accidental than necessary, and it might as easily be any other period. We shall bring another {39} example to our aid to illustrate the point more clearly: a tune may be performed in different times, either quicker or slower, without altering thereby in any way its nature. The intervals, the succession of the tones, and the proportionate length of one note to another remain unchanged, but the impression which it makes upon the hearer will be different, if

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his entire life has not undergone a corresponding and proportionate change. Now, suppose a musical clock is so contrived as to play any piece in a space of time which may be determined at pleasure. This time may be lengthened or shortened, and it may be so much shortened, that it can become almost infinitely small. It is therefore possible, according to the notion of possibility, which was laid down in the {40} first part, to cause the longest piece of music to be played in an immeasurably short space of time, and even, although our ears would be as little able to distinguish and appreciate the succession of the separate parts, as our eyes are to unravel the over-crowded and rushing stream of the images in a history of four thousand years in a single moment, yet, in one case as in the other, we only require that the human senses should become finer and more perfect, in order to render such comprehension possible. Thus, as the tune remains unchanged in its nature, even when performed in the shortest space of time, and it can and must be imagined to exist in itself without reference to any time in which it sounds, and as such a space was only {41} necessary for the mode of organization of our senses, which is of such a kind that the ear cannot perceive the different tones in any other way than successively, so the succession of events can and must be considered, independently of the time in which they happen; and, on the other hand, Time can as little

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be imagined to exist alone and in itself, as we can imagine 'Allegro' and 'Adagio' to exist without any tune or melody. But if it is objected that even when the lapse of time has been infinitely shortened, there still remains some period, and that the expansion of time has not been completely set aside, it may be answered scientifically, that in its strictest sense the idea of any thing infinitely small, is the same as the idea of nothing; for as long as more {42} than nothing remains, we must continue to divide it, and the search after an infinitely small space, is only satisfied when we have arrived at that which is really indivisible, viz: a point which has no parts. But by continuing the comparison to a tune which we have commenced, we can refute the objection in a popular way. It does not require even the shortest space of time to comprehend the idea of the tune, or even to present it to our senses, and communicate it to those of others. This simply follows from the consideration of the page of music upon which it is written. Here the tune exists entire and altogether, and not in successive parts; and the time which a musician requires {43} to read it, is not caused by the nature of the melody, but is a consequence of the impossibility of taking in, and understanding the whole contents of the page in an indivisibly short space of time. Thus, a looking-glass represents the objects which are placed opposite to it, not one

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after the other, but altogether, and at once, without requiring for the purpose the lapse of any time whatever. From all these considerations, it becomes sufficiently clear that Time is merely a mode and condition by which the human mind, with the assistance of human senses, perceives the occurrence of events; whilst the events themselves, in all their fulness and perfection, may occur in a longer or a shorter time, and thus must be looked upon as independent of time. A thought, or an {44} idea, is something momentary. He who has such an idea, has it entire and at once. But he who wishes to communicate it to others requires for the purpose a certain time, just as such a space is also necessary for those to whom it is communicated. Hence, time is not necessary for the origination, or existence of the idea, but only for its communication and comprehension, and the idea exists as independently of time as, according to the points we have discussed before, the entire history of the world can and must be looked upon as independent of time. Time is only the Rhythm of the World's history. Having arrived at this conclusion, it will be useful to recapitulate, as clearly as we can, the course of our reflections. {45} Of the three ways in which we thought we could solve the contradiction between a Manifold World and a Single Creator, we entered upon that one which denied the existence of the multiplicity in the world, and by which it can be supposed that

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the world is really single and indivisible, and that it is by the human mind and its limited mode of comprehension subdivided into a multiplicity of phenomena. In order to show how such Unity can be imagined, we have first reduced the empire of thought to the single idea of the universe, and then the empire of phenomena appreciable to our senses remained, which is manifold in its nature because its parts and its events become perceptible to us by being separated and referred to Time and Space. But we have so far set {46} aside the notion of Time in that we have pointed out that it does not exist in and for itself, but that it is only a mode by which we observe events, and by which their occurrence comes to our knowledge. We must, in like manner, examine the idea of Space. As it appeared in our examination into the essence of Time that the question whether any thing lasted a longer or a shorter time had any meaning only when the period was compared with some other limited given period of time, but that in comparison to Endless Time, the question whether a certain space was long or short was nonsense, since every finite thing compared with something infinitely greater appears like nothing; so, in like manner, it will appear with regard to the expansion {47} of space. The entire created universe, considered with respect to its limits, is a mere point in that which we call endless space, even if we imagine

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these limits to extend beyond the most distant fixed stars and nebulae. This proposition, which we have so often laid down and argued from, does not become entirely intelligible to the generality of mankind until we illustrate it in a way as appreciable to our senses as we did with respect to time. The plan of our illustration is also exactly similar to the former one. Let us suppose for example that, from the present moment, all the measurements of the universe are reduced to the half of their size, and that all distances are equally shortened; it would be absolutely impossible for us to perceive, or {48} indeed to believe if it was told to us, that any change had happened to us, or to the world around; and we might, like Gulliver's Lilliputians, fairly consider ourselves perfectly grown men. But if everything was lessened a million or a billion times, it would be as little noticed by us, as when the reduction of all measurements to the half of their size took place; and if our system of fixed stars, with all that it contains, was suddenly contracted to the size of a grain of sand, we should move and exist with the same freedom from restraint, and with the same convenience in that little world, as we now do in this which seems so large to us. No change would have taken place in the universe, as long as we did not imagine another universe beyond it; and the question whether {49} any such change had taken place, would have as little meaning in reference to

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space, as a similar question had in respect to the duration of time, which we supposed to have been suddenly shortened. In this way it is shewn that, to our recollection and knowledge, a proportionate change in the whole space of the universe, would be completely and altogether unobserved and imperceptible. But even though in these considerations we have imagined the universe to have been compressed into so small and narrow a compass, yet we have not altogether done away with space, because we can still imagine something more minute than the infinitely small space, viz. an indivisible point. In our reflections concerning an infinitely short period of time, we have already shewn {50} that strictly and scientifically considered, they are one and the same thing. We can, however shew, in an intelligible way, that it is conceivable, and not at all contrary to reason to assume, that the expanse of Space and the distance and propinquity of various objects do not really exist, but that Space or propinquity is only apparent, and originates from the fact that, with our circumscribed understanding and the limited powers of our senses, we can contemplate the one indivisible point, the Universe, in no other way than by dividing and stretching it out into Length, Breadth, and Height. These are the only three properties which we need attribute to Space; but they are, of course, indispensably necessary, and without them physical existence

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cannot be imagined; and Length cannot exist without {51} Breadth, nor Breadth without Height; for in those cases the body would have only Length and Height, or only Breadth and Length. That which has only two of these dimensions, is not a body, but only the boundary of a body, viz. a superficies. In like manner, that which has only one dimension, viz. Length, is no longer a surface, but the edge of a surface, viz. a line. Thus, in order that any physical space can exist, it is of course absolutely necessary that all three dimensions should exist, as, in other words, all three are necessary properties of Space. But a necessary property of any thing is that without which it is no longer the same, but something else. For example, the necessary properties of a square are, that all four sides should be equal, and all {52} angles right angles. If one side is no longer like another, or if one angle is no longer a right angle, the figure ceases to be a square, and becomes some other kind of quadrilateral figure, and we should not listen to any one who would persuade us that it was still a square. Let us apply this to the idea of Space, or what is the same thing, to the idea of a body. It is necessary to the existence of any limited body, that it should have Length, Breadth, and Height, that it should be bounded by surfaces, and that the edges of these surfaces should be formed by lines, and that the ends of the lines should be points. All these properties must exist together, otherwise the body itself does not exist.

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Now, if we can imagine evidence which will bring us to the conclusion that in any {53} case a body has not three dimensions, and a surface has not two, and if such evidence is incontrovertible and not to be refuted, it would necessarily follow, that this body an this surface are not a body and a surface, but that some delusion of our senses, or some false conclusions, had induced us to consider them so. The same maybe said of a point. A point is that which has no parts. Now if a point was found in which, nevertheless, there were different parts, it would not be a point; or, the difference of the parts would not be a real difference, but only one which would become apparent from our limited powers of thought and perception. These conclusions are clear and incontrovertible; and supposing that the reader has completely agreed with us up to this point, we proceed a step further. {54} There is an optical apparatus known to all of us under the name of a Magic Lantern. It is constructed in the following manner: A picture, painted upon glass with transparent colors, is thrown upon a lens which has the property of refracting all the rays incident upon its surface, and of concentrating them to a single point, called the focus. Through this point the refracted rays continue their course onwards, and diverge from one another as much as they previously converged: they form, therefore, beyond the focus a cone of rays with the apex at the focus, and which, at any

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distance from the apex forms an inverted image of the picture which was originally thrown upon the lens, as can be proved by directing the cone of rays upon the wall, when the reversed picture is seen, larger in proportion to {55} the distance of the focus from the wall. If the necessary lenses were ground with perfect optical and mathematical accuracy, and if the position of the glasses was also strictly perfect, and the wall completely smooth, upon approaching the magic lantern so near, that the focus falls upon the wall, the light would be seen as a single distinct bright point. In this point, the entire surface of the picture is concentrated, and from it the picture spreads out again upon the wall if the apparatus is moved to a greater distance. Now this Point contains the many-coloured surface of the picture completely, with all the parts which actually compose it, and with the form and colour of every single figure; and the whole picture is really and truly in this single point, for here it has been concentrated {56} by the refraction of the rays. We have thus made it readily apparent to our senses that the indivisible point contains within it different parts, contiguous to one another according to our usual mode of comprehension; and thus we have come to a direct contradiction of an idea which has generally been considered quite clear and incontrovertible. The solution of the contradiction is found in the proposition of which it is the object of this little work to prove the possibility; viz., that the

241

Felix Eberty: The Stars and the Earth

Universe, or Space, as far as it is within the scope of our senses, does not exist in the expanded and varied forms which we see around us, but that the expansion and the differences only depend upon our human mode of perception, and are caused by it: for, if here, by means {57} of the magic lantern, a surface has become a point, and if the point contains all the various and distinct parts of the surface, we have shewn that the differences which appear by the separation or juxta-position of the component parts, do not require Space as absolutely necessary to their existence, but that one single and indivisible point can contain them all. But, if a surface is no longer necessary that we may understand the juxtaposition of bodies, its very existence is disturbed, and a point is advanced to the dignity of a surface, for it contains and embraces the whole contents of a surface; but when we wish to perceive the contents with human eyes, we must return and expand the point into the surface which it had before included. {58} Now, since we have in this way shown that a surface can only be considered a means of rendering the juxta-position and relation of images cognizable to our senses, in other words, that it is a mere mode of observation, for that which, as far as its essence is concerned, may be contained in a single point, and since one of the three dimensions of Space has in this way been brought down from something real to a mere mode of contemplation, we have deprived Space of one of its necessary

242

Part II, 1847

properties, and it is no longer real and true Space, but has become a mere condition by which objects are rendered perceptible to us. We have thus completed the course of the argument which we proposed, for we have shown that a point of view is {59} conceivable, from which the universe no longer requires the expansion of Time and Space in order to exist, and to be intelligible to us; and since our human method of contemplation, inasmuch as it considers this expansion, with all its phenomena, as real and necessary, leads only into inextricable contradictions, so we are compelled to seek for the higher point, and to look upon it as conceivable and possible, even if we are never able actually to realize it, or to look down upon the World from it, in consequence of the limited nature of our powers; for with such a point of view, and by it alone, can we imagine and completely understand the universe to be the work of a Single Creator. END.

243

Anhang

Literaturverzeichnis A Eberty-Schriften nach zeitlicher Reihenfolge in Auswahl. (Die deutschen Auflagen seiner „Gestirne"-Schrift sind vollständig aufgelistet. Von den zahlreichen englischen und amerikanischen Ausgaben sind nur jeweils die frühesten oder besonders wichtige angeführt.)

Georg. Fridericus Felix Eberty (Berolinensis): DE VERA UNIONIS PROLIUM NOTIONE. Bonnae MDCCCXXXIV. — Habilitationsschrift: F. Eberty: DE RECEPTIONE LEGUM JULIARUM DE VI PUBLICA ET PRIVATA IN GERMANIA [...]. VRATISLAVIAE (o. J.). Felix Eberty: Beweis der Lehrsätze [...]; in: Journal für reine und angewandte Mathematik. In zwanglosen Heften. Herausgegeben von A. L. Crelle. Fünfter Band, Berlin Reimer 1830, S. 107-112. [Felix Eberty] Aufgaben der Zeit, besprochen von F. Y. Erstes Heft. Breslau, Verlag August Schulz, 1846. [Felix Eberty]: Die Gestirne und die Weltgeschichte. Gedanken über Raum, Zeit und Ewigkeit von F. Y., Breslau, Verlag von August Schulz, 1846. The Stars and the Earth; or, Thoughts upon Space, Time and Eternity I. London: H. Bailliere, 1846. [Felix Eberty]: Die Gestirne und die Weltgeschichte. Gedanken über Raum, Zeit und Ewigkeit von F. Y., 2. Heft. Breslau, bei Georg Philipp Aderholz, 1847. The Stars and the Earth; or, Thoughts upon Space, Time and Eternity II. London: H. Bailliere, 1847. The Stars and the Earth; or, Thoughts upon Space, Time and Eternity. First American from the Third English Edition. Boston: W. M. Crosby and H. P. Nichols, 1849. The Stars and the Earth; or, Thoughts upon Space, Time and Eternity. Second American from the Third English Edition. Boston: W. M. Crosby and H. P. Nichols, 1850.

245

Anhang Die Sterne und die Erde, Gedanken über Raum, Zeit und Ewigkeit. Nach der 6. Auflage der englischen Übersetzung des Werks: Die Gestirne und die Weltgeschichte von Dr. Felix Eberty (F. Y.). In's Deutsche zurückübersetzt von W. von Voigts-Rhetz. Leipzig, Hermann Costenoble. 1860. The Stars and the Earth; or, Thoughts upon Space, Time and Eternity. Third American from the Third English Edition. Boston: Crosby, Nichols, Lee, and Company, 1860. Felix Eberty: Die Gestirne und die Weltgeschichte / Gedanken über Raum, Zeit und Ewigkeit, J.U. Kern's Verlag, Breslau 1874 (drei Auflagen). The Stars and the Earth; or, Thoughts upon Space, Time and Eternity. Fourth American from the Third English Edition. Boston: Lockwood, Brooks, & Company, 1875. Felix Eberty: Geschichte des Preußischen Staats, Breslau Trewendt 1867 Felix Eberty: Jugenderinnerungen

eines alten Berliners, Breslau 1878.

The Stars and the Earth, or Thoughts upon Space, Time, and Eternity. Revised and enlarged, with Notes by Richard A. Proctor. Thirteenth Thousand. London: Bailliere, Tindall, and Cox, 1880. Felix Eberty: Die Gestirne und die Weltgeschichte. Gedanken über Zeit, Raum und Ewigkeit. Mit einer Einleitung von Albert Einstein, herausgegeben von Gregorius Itelson, Verlag von Gregor Rogoff Berlin 1923. Felix Eberty: Die Gestirne und die Weltgeschichte / Gedanken über Zeit, Raum und Ewigkeit. Mit einer Einleitung von Albert Einstein, herausgegeben von Gregorius Itelson, I. M. Spaeth-Verlag Berlin 1925. Felix Eberty: Jugenderinnerungen

eines alten Berliners, Ergänzte Neuauflage im Verlag für Kultur-

politik Berlin 1925. Nach den handschriftlichen Aufzeichnungen ergänzt und neu herausgegeben von J. von Bülow [Enkel Ebertys]; Geleitwort von Georg Hermann. Β Sonstige Literatur Margaret Alterton: Origins ofPoe's Critical Theory, New York 1965. Archiv Bibliographica Judaica (Red. Renate Heuer), Lexikon deutsch-jüdischer Autoren, Bd. 6, München 1998, S. 4 0 - 4 3 . Charles Babbage: The Ninth Bridgewater Treatise Α Fragment. First published 1837; Second edition (London) 1838; Second edition (Philadelphia) 1841. Charles Babbage: Aphorismen.

Ein Anhang zu den Bridgewaterbüchern;

Einfluß unserer Worte und Handlungen

4. Der

unaufhörliche

auf unseren Weltkörper. Nach dem Englischen von

Dr. Gustav Plieninger; in: Die Natur, ihre Wunder und Geheimnisse, oder die

Bridgewater-

Bücher, hrsg. von Hermann Hauff, Stuttgart: P. Neff, 1836-1838, Bd. 9, Stuttgart 1838. Francis Bacon: Novum Organon, 1620; lateinisch-deutsche Ausgabe hrgg. von Wolfgang Krohn, Hamburg 1990. Karl Ernst von Baer: Welche Auffassung der lebenden Natur ist die richtige? Und wie ist diese Auffassung auf die Entomologie

anzuwenden?

Zur Eröffnung der Russischen entomologischen

Gesellschaft im October 1860 gesprochen; in: Reden gehalten in wissenschaftlichen lungen, St. Petersburg 1864; zweite Ausgabe Braunschweig 1886.

246

Versamm-

Literaturverzeichnis Roland Barthes: La chambre claire. Note sur la photographie. mer. Bemerkungen

zur Photographie.

Walter Benjamin: Das Kunstwerk

Paris 1980. - Deutsch : Die helle Kam-

Frankfurt 1985.

im Zeitalter seiner technischen

Reproduzierbarkeit

(3. Fassung);

in: Gesammelte Schriften, hrsg. Von Rolf Tiedemann und Hermann Schweppenhäuser, Frankfurt 1991, Band 1.2. Walter Benjamin: Über den Begriff der Geschichte; in: Gesammelte Schriften, 1991, Band 1.2. Henry Bergson: ΜαίίέΓε et memoire. Essay sur la relation du corps α l'esprit, Paris 1896. - Deutsch: Materie und Gedächtnis.

Eine Abhandlung

über die Beziehung

zwischen Körper und

Geist.

Übersetzt von Julius Frankenberger, Jena 1919. Henry Bergson: Evolution creatrice, Paris 1907. - Deutsch: Schöpferische Aaron Bernstein: Aus dem Reiche der Naturwissenschaft.

Entwicklung, Jena 1930.

Für Jedermann

aus dem Volke. Verlag

Franz Duncker, Berlin 1855. Aaron Bernstein: Naturwissenschaftliche

Volksbücher. Wohlfeile Gesammt-Ausgabe. Vierte verbes-

serte und vermehrte Auflage. Vierter Abdruck. Ferd. Dümmler Verlags-Buchhandlung, Berlin o. J. [1873-74], Friedrich Wilhelm Bessel: Bestimmung nomische Nachrichten

der Entfernung

des 61sten Sterns des Schwans;

in: Astro-

Nr. 365 und 366, 1839, S. 6 5 - 9 6 . - Dto: Messung der Entfernung

61. Sterns im Sternbilde

des Schwan;

des

in: Jahrbuch für 1839, hrsgg. Von H. C. Schumacher,

Stuttgart & Tübingen 1839, S. 1-38. Hugo Blümner: Lessings Laokoon, Berlin 1880. August Nathanael Böhner: Naturforschung leuchtungdergrossen

und Kulturleben in ihren neuesten Ergebnissen zur Be-

Frage der Gegenwart über Christen thum und Materialismus,

Geist und

Stoff. Hannover 1859. August Nathanael Böhner: Kosmos. Bibel der Natur. Das Anziehendste der Naturforschung

zur Veranschaulichung

aus dem

Gesammtgebiete

der Majestät des Ewigen in seinen Werken. Han-

nover 1864. Otto Buek: Gregorius Itelson t ; in: Kant-Studien

1926, S. 4 2 8 - 4 3 0 .

Babette von Bülow/Eberty [Pseudonym Hans Arnold]: Aus der Kinderzeit. Erinnerungen.

Stuttgart

1909. Bruno H. Bürgel: Aus fernen Welten. Eine volkstümliche Himmelskunde,

Berlin 1910.

Carl Gustav Carus: Vorlesungen über Psychologie gehalten im Winter 1829/30 zu Dresden. Mit einer Einführung und Anmerkungen herausgegeben von Dr. Edgar Michaelis, ErlenbachZürich / Leipzig o. J. Carl Gustav Carus: Zwölf Briefe über das Erdleben. Nach der Erstausgabe von 1841 herausgegeben von Christoph Bernoulli und Hans Kern, Celle 1926. Ernst Cassirer: Philosophie der symbolischen Formen [1923], Darmstadt 1977. Blaise Cendrars: La Fin du monde filmee par VAnge N. D. (1917-19); in: CEvres Completes

2,

Editions Denoel ο. J. Danielle Chaperon: Camille Flammarion.

Entre astronomie

et litterature,

Paris Editions Imago

1998. Karl Clausberg: Kosmische Visionen von Hildegard von Bingen bis heute, Köln 1980. Karl Clausberg: Die Wiener Genesis. Eine kunstwissenschaftliche Kunststück-Taschenbuch, Frankfurt/Main 1984.

247

Bilderbuchgeschichte.

Fischer-

Anhang

Karl Clausberg: Neuronale Kunstgeschichte. Selbstdarstellung Karl Clausberg: Selbstschauung

als Gestaltungsprinzip,

Wien 1999.

>Ich< als Bild - Von Karl Christian Friedrich Krause zu

Johannes

Müller und Ernst Mach; in: Siegfried Blasche, Mathias G u t m a n n , Michael Weingarten (Hg.) Repraesentatio

Mundi.

Historisch-systematische

Bilder als Ausdruck Perspektiven,

und Aufschluss

menschlicher

Karl Clausberg: „Ein Mikroskop für die Zeit" Was Benjamin

und Klages, Einstein und das Kino den

fernen Sternen verdanken; in: Ralf Schnell (Hg.): Wahrnehmung biologie und Medienwissenschaften. Karl Clausberg: Astronomische

Weltverhältnisse.

transcript Verlag Bielefeld 2004, S. 109-159.

Kognition Ästhetik.

Neuro-

Bielefeld 2005, S. 157-212.

Phantasien. Bilder aus der Berliner Vergangenheit] in: Einstein Spaces

[Ausstellungskatalog] Hrsg. Y v o n n e L e o n a r d , Berlin 2005, S. 32-37. H e r m a n n Cohen: Die Religion der Vernunft aus den Quellen des Judentums,

Frankfurt/Main 1919.

Andrew Jackson Davis: Principles of Nature, Her Divine Revelations, and A Voice to Mankind,

New

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und eine Stimme an die Menschheit,

übersetzt von Gregor Constantin

Wittig, Leipzig 1889. Wilhelm Dilthey: Dichterische Einbildungskraft

und Wahnsinn (Rede 1886); und: Die

Einbildungskraft

des Dichters. Bausteine für eine Poetik (1887); in: Gesammelte Schriften Band VI, S. 9 0 - 2 4 1 . Christian Doppler: Ueber das farbige Licht der Doppelsterne mels. Versuch einer das Bradley'sche schliessenden allgemeineren

und einiger anderer Gestirne des Him-

Aberrationstheorem

Theorie; in: Abhandlungen

als integrirenden

der Böhmischen

senschaften V. Folge, Bd. 2, 1842. - Repr. in: Ostwalds Klassiker der exakten Band 161. Schriften aus der Frühzeit der Astrophysik

Theil in sich

Gesellschaft der WisWissenschaften

von Christian Doppler, Frankfurt/Main

2002, S. 5 - 7 . Christian Doppler: Ueber das farbige Licht der Doppelsterne, eine von Herrn Dr. Mädler im Stuttgarter

Morgenblatte

unter obigem Titel verfassten Druckschrift.

mit vorzüglicher

Bezugnahme

Nr. 51 erschienene Recension

auf einer

In: Oesterr. Blätter für Literatur und Kunst 1844,

Nr. 15. Reprint Ostwalds Klassiker Band 161, S. 2 5 - 3 4 . Johann Gustav Droysen: Historik.

Vorlesungen

über Enzyklopädie

und Methodologioe

der Ge-

schichte [1857ff], hrsg. von Rudolf Hübner, München/Berlin 1937, 4. Auflage 1960. Christian von Ehrenfels: Über „Gestaltqualitäten";

in: Vierteljahrsschrift

für wissenschaftliche

Phi-

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249

Anhang Ewald Hering: Beiträge zur Physiologie, zweites Heft: Von den identischen

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Schauspiel

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und dem mechanischen

Grundsätzen

abgehandelt.

und Theorie des Himmels, oder Versuch von der Ver-

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Weltgebäudes

nach

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of Historical

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durch vorsintflutliche

Land-

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Leipzig 1898.

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Hans Christian Oersted: Der allgemeinen

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250

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Joseph Pohle: Christlich-katholische Dogmatik; in: Die Kultur der Gegenwart, hrsgg. von Paul Hinneberg, Teil I Abteilung IV,2 Systematische christliche Religion von Ernst Troeltsch, Joseph Pohle u. a„ Berlin 1909, S. 37-65. Powers of Ten, Buch und Film. San Francisco 1982. Carl du Prel: Der Kampf um's Dasein am Himmel. Versuch einer Philosophie der

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Denicke's Verlag, Berlin 1876. Carl du Prel: Die Planetenbewohner und die Nebularhypothese. Neue Studien zur

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geschichte des Weltalls, Leipzig, Verlag von Ernst Günther, 1880. Carl du Prel: Entwicklungsgeschichte des Weltalls. Entwurf einer Philosophie der Astronomie. Leipzig, Ernst Günthers Verlag, 1882. Richard A. Proctor: Other Worlds than Ours: The Plurality of Worlds studied under the Light of recent scientific Researches. London: Logmans, Green, and Co. 1870. Patrick F. Quinn: The French Face of Edgar Allan Poe, Carbondale 1957. Anna Rau: Autorisiserte Übersetzung aus dem Französischen von Camille Flammarions Lumen. Wissenschaftliche Novellen, Berlin 1900. James G. Ravin: Albert Einstein and his mentor Max Talmey-, in: Documenta Ophthalmologica 94, 1997, p. 1-17. Frederick W. Robertson: Life and Letters, ed. by Stopford A. Brooke, Boston 1870. F. W. J. Schelling: Ideen zu einer Philosophie der Natur [1797]; in: Werke, hrsgg. von K. F. A. Schelling, Bd. 2,1857. Charlotte Schönbeck: Albert Einstein und Philipp Lenard. Antipoden im Spannungsfeld von Physik und Zeitgeschichte; in: Schriften der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen

Klasse der Heidel-

berger Akademie der Wissenschaften Nr. 8, Springer Berlin/Heidelberg 2000. Friedrich Theodor Schubert: Populäre Astronomie, St. Petersburg 1804-1810. Gotthilf Heinrich Schubert: Die Urwelt und die Fixsterne. Eine Zugabe zu den Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft.

Dresden 1822

Tom Siegfried: Strange Matters. Undiscovered Ideas at the Frontiers of Space and Time. Washington, D.C. 2002 Georg Simmel: Philosophie des Geldes, 1900. Käroly Simonyi: Kulturgeschichte der Physik, 2. Aufl. Frankfurt/Main 1995.

251

Anhang Henry Β. Smith (Prof. of Ecclesiastical History): Inaugural Address, New York Feb. 12,1851 (Christian Pamphlets vol. 2,1851-1864, p. 28.). Brian Stableford: Kommentierte Neuübersetzung von Camille Flammarion: Lumen. Middletown CT 2002. Otto [Wilhelm] von Struwe: Ueber die Parallaxe des Sterns a Lyrae nach

Micrometermessungen

am großen Refractor der Dortpater Sternwarte; in: Astronomische Nachrichten Nr. 396,1840, S. 177-180. Max Talmey: The Relativity Theory Simplified / And the Formative Period of ist Inventor, New Bedford, Mass. 1932. Jakob von Uexktill: Umwelt und Innenwelt der Tiere, Berlin 1909. Jakob von Uexküll: Theoretische Biologie, 1. Auflage Berlin 1920; 2. erweiterte Auflage 1928. Jakob von Uexküll & G. Kriszat: Streifzüge durch die Umwelten von Tieren und Menschen. Ein Bilderbuch unsichtbarer Welten [Text: Uexküll, Bilder: Kriszat], Berlin 1934. Francois-Marie Arouet de Voltaire: Histoire de Charles XII, 1731; deutsch: Geschichte Karls XII., übersetzt von Theodora Von der Mühll, Frankfurt am Main 1963. Otto Karl Werckmeister: Linke Ikonen. Benjamin, Eisenstein, Picasso nach dem Fall des Kommunismus. München Wien 1997. Franz Wickhoff: Römische Kunst [Neuauflage des Kommentars zur Faksimileausgabe von 1895], Berlin 1912. Wilhelm Wundt: Vorlesungen über die Menschen- und Thierseele, 2 Bände, Leipzig 1863. Arnold Zenkert: Bruno Hans Bürgel (1875-1948). Ein Lebensbild.Ve lten 1996. Stefan Zweig: Grouchy·, in: Neue Freie Presse / Wien, 13. September 1912. Stefan Zweig: Sternstunden der Menschheit, Leipzig 1927,8. Auflage Frankfurt/Main 2000.

252

Sachbegriffe

Abgrund, interstellarer

17,25

Atmosphäre 30,61, 83,113,116,166,167, 220

Abgrund, raumzeitlicher 4,94

Atom, Atomkern 29ff„ 52ff„ 141, 199

Abwesenheit, glänzen durch

Attraktor 4

103,125

ACADEMICAIX X

Aufblitzen 110,111

Ahnen

Auffassung, mythisch-religiöse

103

Akustik 51,84 Allgegenwart, Allgegenwärtigkeit

31,66,82,

Aufgaben der Zeit 15ff

87, 95,145,157, 201ff.,212

Aufsprengen 111

Allüberblick 31,146

Auge der Geister 107

Allwissenheit Gottes 31,82,87,94,144ff„ 157,

Auge der Kamera 87,106,

20Iff., 203,212 Alpen

Auge Gottes 31,81,81, 85ff„ 144,151, 152,

142,200

201,202,203,208

Amboß, eherner 27

Auge, separates

Amherst College 61

Augenblick

Amöbe 53

85ff.

35,37,46,49,51,66,69,86,87,

97,104, llOff., 113,150,152,156,176,

Analogie 87,102,122

206,208,211,229

Andachtsbild 1

Augenblick, epochemachender 32

Angelus Novus 106ff., 110, 112 Anthropologie

121

Auffassungsform 47,189, 242

Augenzeuge, allmächtiger

5,116,127

Anthropomorphie

104

Augenzeugenschaft, interstellare

Anthropozentrik 51 Antirationalismus

31,87,94,112,

156ff., 21 Iff. 37,94,114,

117,127, 150ff„ 206ff.

102

Augenzeugenschaft, kinematographische 6

Apperzeption, Einheit der 121

Aura 105

Are de triomphe 4

Ausdruck, Ausdruckstheorie

51,102,117

Archiv siehe auch: Lichtbildarchiv Archiv, atmosphärisches (Babbage) 29ff„ 58, 61,94,109

Baltikum

125

Barockmalerei 4

Archiv, geologisches 30,61

Bath 12

Archiv, himmlisches

Bauplan, biologischer 51

28,33,94,113,117,127,

150ff., 152,207ff. Archiv, kriminalistisches

Begegnung, intime 99,100 29,30,58,61,80,

Beobachter-, Betrachterbewegung 59,109,

81,94 Archiv, unbestechliches 28,150ff„ 152,207ff.

117,153ff., 163,176,209ff., 216ff„ 229 Beobachter-, Betrachterorientierung 116ff, 121

Archiv, unverwüstliches 28,150ff., 152,207ff. Ästhetik 4,31

Berlin X, 21,97,117,

astre obscur 67

Berlin, Königliche Sternwarte 2

Astrologie 128

Berliner Aquarium 3

Astronomie, populäre 94

Berliner Bildform des vorkinematographischen Wunschdenkens

Atemzüge/Atemfrequenz 43,177ff., 230ff.

253

5,112

Anhang Berliner Hochschule für bildende Künste 3

Botanik 79

Berührungsangst

Brennpunkt, optischer

104

Beschleunigung 4 3 , 4 4 , 4 9 , 53,93,178ff„

Breslau

229ff.

187,240

12,15,27

Bridgewater Treatise 29ff., 58

Betrachterführung, filmische 127

Britisch Royal Astronomical Society 7

Bewegung, beschleunigte 37,44, 178, 231

Buch des Lebens 81

Bewegung, gleichförmige

50,114

Bewußtsein, geschichtliches

Buchmalerei, spätantike 33

122

Buddenbrook

Bewußtsein, öffentliches 1

14

Bühne, Bühnenbild, Bühnenfiktion 3,43, 87,

Bewußtsein, Wesen des 104

88,91,97,115

Bewußtseinsstrom 32, 33 Bewußtseinszustände Big bang

camera obscura 5

84

59,60,129

Cap der guten Hoffnung 21

Bild der Persönlichkeit

121

Capeila 65

Bild des eigenen Leibes

101

Carnegie-Hall

88

Bildarchiv, interstellares siehe: Lichtbildarchiv

Cauersche Anstalt, Berlin

Bilder in der Wissenschaft

Centaurus 21,26, 94,138,141,143,195,198fF.

Bilderfolgen Bilderstrom

IX

Cheela 53

67,111,112,119,

Chronograph

121, 127, 154ff„ 164ff„ 211,233 Bildergeschichten, globale 36 Bildgebung, psychische Bildideen

70

Chronophotographie

Bilderzählform, kontinuierende

15

32

Chronoskop

123

71

70

cinematographie celeste 98

114

Coexistirendes/Koexistierendes (Lessing)

Bildrolle, Bildsäule, Bildersäule

32

Connecticut River 61

68,69,70

Bildtheorie, kosmische IX, 6,93,127ff.

consecutio temporum

Bildwissenschaft IX, 6, 57,127ff.

Consecutives/Sukzessives/Sukzession (Lessing)

Biologie, theoretische 39,47,50ff„ 128 Biosemiotik

31,32

50,126,

Biowissenschaften

Crellesches Journal

15

126

Blick, instrumenteil verschärfter

94,151,207

Dampfwagen

147,204

Blickpunktwechsel, parteiischer 27

Darwinismus

82ff.

Blickrichtungen

Dauer der Zeit

Blickverhalten

116ff. 122 106

121, 151, 1 6 5 , 1 7 7 , 2 0 7 , 2 0 7 , 2 1 9 112,113

Blitzschlag des Schicksals Blitzschlag

114,116

Blüte, Knospe Blutspur Bonn

164,217

28,81,152,208

15

Bootsfahrt-Topos Boston

88

DDR 97 Deckengemälde, barocke 3 Dejä-vu-Erlebnis

114

9

Denken, bildliches

127

Denken, generalisierendes

16

Denken, Gesetze des 27,147 Denken, wissenschaftliches 43 Denkfigur

32ff.

42,43,49,50,51,69,70,80,

98,121,156ff., 183,212ff., 238

Blitz, Blitzstrahl 53,69ff, 8 0 , 8 6 , 9 3 , 1 1 0 f f „ Blitzableiter

129

115

Denkverfahren Denkvermögen

254

120 187,240

Sachbegriffe

Determiniertheiten, neurobiologische 5

Ferne, an sich (Klages)

Dimension, vierte etc. 17,27,78ff„ 116,126,

Ferne, auratische 125

183ff„ 185, 190

Ferne, zeitliche

Dimensionen, fiktionale 94

103

103,109

Fernrohr, Fernröhre IX, 13,20, 23,27,38,40,

Dinosaurier 61

90,104, 139,143,150, 196, 200, 206

Distanziertheit, engagierte 15

Fernsehen, Fernsicht

Dogmatik

Fernsehwissenschaft 97

108

5,59,61,64,97

Doppelgänger 64

Fernwahrnehmung 62

Doppelprojektion, psychische 123

Fiktionalität, Fiktionalisierung

Doppelsterne

14,20,54,55

Doppler-Effekt 54ff.,84,

Film, Filmband 37,51,52,97ff. 107,109,112,

Dorpat/Tartu X, 22,24,48,

113,121,127,128

Dragon's Egg / Drachen-Ei 52ff., 62

Film, kosmischer 97,99

Dunkelkammer

Film, rückwärts laufender 109

67,103

6,36,93,94,

95,127,128

Filmbewußtsein 97 Einbildungskraft 42ff„ 119

Filmlaufrichtung 107

Einstein Spaces X

Filmregisseur

Eintagsfliege 44

Filmtheorie 97ff., 125 Filmutopie 97ff.

Eisenbahn-Zug 115ff. elektrisch, Elektrizität Elektromagnetismus

106,117

61,80,81,113 42,155,210

Elektronenhüllen 52

Fixiermethode 98 Fluchtpunkt

104,117

Flügel, Fittiche des Lichts

Empfinden, mehrsinniges 104

17,28,37,157,163,

212,216

Engel der Geschichte 106ff, 112,121,127

Flügel, Fittiche des Schalls 17

Engel von Notre-Dame

Form, symbolische (Cassirer)

107

121

England 58,125

Fortschritt

5,72,87,107,109,127

Entomologie 48

Frankreich 72,125

Entwicklung, schöpferische 102

Fuß der Menschheit, imaginärer 25

Erdgeschichte 86 Erinnerung 10, 87,110,118, 122,123

Galaxie siehe: Milchstraße

Eros der Ferne 104ff.

Gedächtnis 98, 99ff„ 101, 122

Eros, kosmogonischer

102,105,125,

Gedächtnis, motorisches 122

Erotik 99

Gedächtnis, visuelles IX

Estland X

Gedankenblitz 99

Evolution creatrice 99, 10Iff.

Gedankenexperiment 27, 35ff„ 56, 77, 84,94,

Ewigkeit

115,117, 127

5,7,28,43,73,157,212

Exobiologie 65,84ff.,

Gedankenflüge 5, 23 Gegenentwurf 59

Farbe 84,151,163,172,216, 225

Geist, aufklärerischer 16

Fatum

Geister, Geistererscheinung

114

Fernbild, auratisches 102

Geistesblitz 93

Fernblau 105

Geistesgeschichte 5

Ferncharakter

Geld

103

255

1,104

61,64,98,107

Anhang

Gemälde

Hirsekorn 21

31,109,111

Historik 117ff„ 126

Gemäldeauffassung der Zeit 31,32,109,

Historioscope 98

llOff., 145, 203 Geologie 61,166,219

Hochgefühl des Erreichten 112

Geometrie 123,168ff„ 185ff., 222ff.

Hyperästhesie 104

Germanen 4 Geschichte des Blicks 127

Idealist, Attribut des 38

Geschichte, Aufsprengen der 116

Ikone, Linke 107

Geschichte, Fundamentalsatz 118

Indienstnahme, politische 80

Geschichte, Kontinuum der 110

Infrarot 56

Geschichte, Momente der

Infusorien 40,41

109,155

Geschichtsbild, Geschichtsgemälde

Innehaltenkönnen 36

siehe: Gemäldeauffassung

Innenwelt

52,126

Geschichtskino, kosmisches 119

Inspektionsbewegung

117

Geschichtsthesen (Benjamin)

Instrumente, optische

5,20,37,38,43,70,93,

109,114,126

Geschichtswissenschaft 126

94,127, 152,207

Geschoß 51

Instrumentenmetapher 94, 127

Gesichtsfeld 38,117

Intellektualismus, griechischer 121

Gestaltqualität 50

Isis-Schleier

105

Gestaltwahrnehmung 50 Gewehrkugel 26 Gleichzeitigkeit Glücksgöttin Götter

Jahrmarktstechnologie 93 71,81,115

Jahrtausend

114

103

Grammophon

12,31,47,53,103,128,146

Jod 67 Juden, jüdisch

118

Jupiter

6,14,122,128,129

46,137,195,199

Grashalm 116 Großaufnahme 106

Kaiser, Kaiserreich

Großunternehmer

Kamera

107

4,88,112

87,106,107,117

Kammer, helle 126 Harvard University 58

Kampf um's Dasein 82ff.

Heldengeister, Ossianische 17

Kaninchen 47

Heliometer 21

Katastrophe 106ff., 109

Heliotropismus

Kindheitserinnerungen IX

109,112

Herzfrequenz siehe: Puls Heureka

Kinematograph, Kinematographie 6, 50, 51,

59,128

97,99,102, 112, 114, Kinematographenmodell des Bewußtseins 99,

Hieroastronomie 97

102

Himmel, Schranken des 26 Himmelsbewohner siehe: Sternenbewohner

Kino

Himmelskino 97ff.

Kino, kosmisches 94,97ff„ 114,127ff.

Himmelskunde, volkstümliche 1

2,5,6,94,99,119,127 siehe auch: Himmelskino

Himmelslichtbilder 98

Kino-Erfinder 2

Hingegebenheit

Kinomentalität 99

104

Kirche 15

Hirschberg 27

256

Sachbegriffe

Klangfarbe 105

Lichtbildlesart 6

Klassenkampf

Lichtgeschwindigkeit

109

Kohle, glühende 49 Koloß, dioptrischer 2Iff. Komet, Kometenschweif

147,193ff., 204,218 17,63

Licht-Hören 49

Königsberg 21,71 Konkreszenz

12,13,17ff„ 27,36,55,

56, 72,75ff„ 77,98, 84,86,114ff„ 135ff„

Lichtjahr 5,6,18,21,22,65,86,90, 103,

122

138ff„ 195ff.

Kontrolle, control 79

Lichtnebel 27,198

Körperhaltung, -Wendung

107,108,116,123

Lichtreiter (Lichtreuter)

Kosmologie 6,10ff., 59,128,129 Kosmos (Alexander von Humboldts)

5,16,

17ff., 65

Lichtwellen

55,117

Liliputaner

60,184,237

Lizenzvertrag 57

26, 59, 80,93,98 Kreis, leuchtender 49

Lokomotive 83

Kreuzritter 4

Lübben 27

Kriminalarchiv siehe: Archiv

Lumen (Flammarion) 7,62ff., 70,73,80, 97ff„ 99,107,108

Kriminalfälle, berühmte 28 Kugel, abgeschossene 50 Kultbildaura

125

Magnetismus, magnetisch

Kultobjekte 105

Makrokosmos

Kulturen, mesopotamische Kulturgeschichte

123

Mannigfaltigkeit

53,115,129

119,182,235

Materialist, materialistisch

Kulturprozeß 127

60,81

39,43 80,110

Mathematik, Mathematiker

Kulturwandel, abendländischer

121

15,17,29,30,36,

47, 55, 61,95,128,174,186, 227, 229

Kunstgeschichte 4,123,127

Maya-Schleier 62 Medien, Mediengeschichte, Medienumbrüche

Landungspunkte, interstellare 25 Laser-Vision

X, 5, 52,61,97,98, 105, 118, 127, 128

116

Laterna magica

melancholie scientifique 98

187,240

Melancholie 98,105

Lebenslehre (Klages) 104

Melodie 50,179ff„ 181, 232ff.

Lebensprozesse 43

memoire cosmique 98

Lebenstempo 43ff., 47ff., 50,126, 176ff„ 229ff.

Memphis 143

Leeds 85

Merkwelt (Uexküll) 50

Leier, Leyer (Sternbild)

Messias, messianisch 1 lOff.

21,26,138

Leitinstrumente 70

Meßruthe 23

Licht von Kometen 17

Messung, Meßtechnik

Lichtbildarchive, kosmische 94

127,177ff„ 183ff„ 231ff., 236ff.

Lichtbilder, Lichtbildarchiv 13, 27, 28,29, 33, 36,37,49,56,65, 67,81,82,94, 98,106,

Metamorphose

107,108,114, 115,117,118,119,123,

Metapher

126,128,151,166,207

Meteorit

83,86,

Methode

9,20,71,120

Lichtbilder, mediale 129 Lichtbilderstrom, Lichtbilderstapel 112,116

5,16,17,19,20,21,25,

26,27, 35,44,49, 65, 70ff„ 93, 94,103,

30,33,94,

119,120

87,94,97,127

Methode, analytische 120 Methode, descriptive 120

257

Anhang Methode, genetische

Mutation 53

120,126

Methode, historische 117ff.

Mythologie

Methode, teleologische

Mythos der Neuzeit X, 46,85

120

Methodik, geschichtserforschende Microscope (frz.) Mikrokosmos

118

69ff.

Nabelschnur 98

14,39,43

Nachdrucke, Neuausgaben 58ff., 74

Mikroskop für die Zeit 37,69ff„ 7 1 , 7 2 , 8 0 ,

Nation

82ff„ 8 4 , 9 4 , 1 0 4 , 106, 127,165, 218 Mikroskop, mikroskopisch

58,112

Nationalgeschichte 4

IX, 2 5 , 3 7 , 3 8 , 4 0 ,

Naturgesetze

41,69, 70, 79, 80, 84, 93,104, 165, 219

117

Naturkräfte, unbekannte 47

Mikroskopie der Zeit 72ff., 113 Mikroskopie, zeitliche

104,121

Nebel, Nebelflecke, kosmische 4 , 2 6 , 2 7 , 93,

37,69,70,71,72,80,

140, 183,198,136

8 2 , 8 3 , 8 4 , 94,106, 113,127

Neptun

siehe auch: Mikroskop für die Zeit

Nervenreiz, Nervensignal 38, 70ff.

Milbe 21

Netzhaut, Netzhautbild

Milchstraße Mimesis

85,195

1, 3, 5,18, 2 2 , 2 5 , 9 3 , 140, 198

Neutronenstern

119

New York

Miniatur 40

Nimbus

Miniaturbild des Weltgebäudes Miniaturen, historische

17

54,86,101

52

59,60 105

Notre-Dame

107

112,113,112ff„ 114,

121

Ohnmacht, ohnmächtig

Mittelalter

64,123

Optisch-Unbewußtes

Mittelmeer, nordisches

X

Ossian

109,112

106,117

17

Modell der .Dauer' 99 Modell

17,94,99,102,110

Paläontologie 61

Moderne, modern X, 51,87,103,114,125,126

Panorama

Möglichkeit, Begriff 146ff„ 158,166, 179,

Paraastronomie

203ff., 206,220

Paradies

61,108,123 97

106

Moment aus der Geschichte 27

Paradigmenwechsel

Moment, entscheidender

Paradox 4,103, 114,

Moment, fruchtbarer Momentbild

32

113

Parallaxe

102

32

16,18ff„ 20, 21,22, 26, 72,93

Paris 3,20,63ff„ 73

Momentzeichen, Theorie 50ff., 126

Pencil of Nature 6

Mond 46, 136,141ff., 194, 199

Phänakistoskop

Monismus, monistisch 82, 85, 120

Phantasie, extrapolierende 5, 123

Monotheismus, prophetischer

Phantasie, Spielraum der 23, 25

Mord,Mordthat Morphologie Moses

122

28,81,152,208

Phantaskop 36

120

Phantasmen

80,81

118

Philadelphia 88

Motivgeschichte 43 Motivkomplex

36

Philosophen, Philosophie

109, 123

Motivwanderung

15,17, 29, 87, 99,

104,118,120,122,169,171,217

83,109

Philosophie der Astronomie

Musik 179ff., 232ff. siehe auch: Melodie

258

82ff.

Sachbegriffe

Philosophie der symbolischen Formen 121ff., 126

Revolution, französische 11 Revolution, instrumententechnische 93

Philosophie des Geldes 104

Revolution, revolutionär

Phönix 148,204fr.

Rhythmus

Photographie 5,6, 33,51,67,69, 70, 90,97,

Richtungen, zeitliche

122

Riesengebirge 128

98,101,102,118, Physiologie 33,38,49,53,71ff„ 72,84,85, 101,104,116,117,127,179,233 Planeten

5,110,115

112,113,182,235

17,18,20, 30,40,45ff„ 46,47, 52, 59,

65,79, 83,85,88, 103,137,195

Rind 47 Romantik 97 Römische Kunst 32 Röntgenstrahlung 61

Planetenbewohner 45ff„ 47, 52, 83

Rückblick in die Zeit

Polarisierung, politische 80

Rückfluß der Zeit 66,77, 83

Powers of Ten 117

Rückwärtsgang, -bewegung 79, 83,107, 109,

Präferenzen, neuronale 4 Präsens, dramatisches 129

10,121,122

116, 125 siehe auch: Welt, verkehrte Rückwendung 107, 108,127 siehe auch:

Pressestimmen 58

Körperwendung

Preußen, preußisch 4, 6, 7, 15,16,30, 57, 73, 128,129 Prisma

Sandkorn

172,225

60,184,237

Saturn 46

Produktionsmethapher, autopoietische 6

Schall, Schallwellen 17,28ff„ 56, 72,94, 117, 151,207

Projektionsverhältnisse 4 Projektor 90,107

Schlesien

Prophet, prophetisch 30, 53,122

Schmetterling 17, 37, 164,218

128

Psychoanalyse 106

Schneckengang 86

Pulkova 21

Schreckensgemälde, simultanes 109

Puls, Pulsschlag 43, 47ff„ 177, 230

Schußfahrten 33

Punkt, dimensionsloser

Schwan (Sternbild)

1,11, 23, 31, 81,101,

172ff„ 176,185,187, 226ff„ 229,238, 241

21,26

Schweif, feuriger 49 Schweiz 125

Quadrat der Entfernung 59

Schwerkraft 18,65,

Quserens/Lumen-Dialoge 64ff., 99,107

Schwingungen

51,54,55,56,81,84

Quantenphysik 5

Science Fiction

52,98,126

Seele, Seelenwanderung 65, 103,104, 117,126 Raum, sphärischer

123

Sehen nach hinten

107

Raumkontraktion 60, 183ff., 237ff.

Sehfeldausschnitt 116ff.

Realist, Attribut des 38

Sehfelder, runde 64

Recits de l'infini 63ff., 73., 76, 79,87,99,107

Sehkraft 142ff„ 146,153ff„ 163,200,203, 209ff„ 216

Refluum temporis 66, 77, Relativitätstheorie 4, 5,9,114ff„ 127

Sehnsucht, unstillbare

Religion

Sehorgan siehe: Physiologie

15,61,121

104,105

Religionsgesellschaft 15

Sehraum

Rennpferd 20

Sehstrahlen, divergierende 167, 220

Reves fitoiles 99

Sehstrahlen, parallellaufende

259

101 116,167,220

Anhang Sehstrahlen, zeitbezogene Selbstbehauptung Selbstdistanziertheit Selbsthingebung

Strom des Vergehens

122

105

Sturm, Sturmwind

15

105 106

Sturmwind des Fortschritts

105

109

Supernova 52

Senkblei 26

Supervision

75

Siderismus 97

Synästhesie

105ff.

Siebengestirn 3 Siebenmeilenstiefel

88

Siegener Forschungskolleg

Tableaux vivants 86 X

Tartu siehe: Dorpat

Siegessäule, Berliner 4

Täuschungsseher

Signalordnung

Telegraphie

32

Simultananschauung, panoramatische

123

36

61,62,147,204

Telepathie 61

Simultananschauung, theologische 62

Teleskop siehe: Fernrohr

Simultananschauung,-sieht

Teutoburger Wald 3

62,109,123

Sinnesphysiologie siehe: Physiologie

Theogonie 27

Sirius

Theologie

103

Skalenverschiebung, zeitliche 93 Skepsis

62,79,85ff.

Tiefe, zeitliche 5,10,26, 94,103 122,129

102

Tiefseeforscher

Souveränität, überkonfessionelle

128

Topik

40

119,126

Spätantike, reichsrömische 33

Tragik, persönliche

Spektrum, Spektroskopie 84, 103

Trajans-Säule

Spekulation, protofilmische

Traum, Traumbild, Traumbewußtsein

Spielräume der Phantasie Spieluhr

121 23,25

41,43,

81,93,105,147,204

179,233

Spiralgalaxie

79,111

69

tristesse des astronomes 98

1 siehe auch: Milchstraße

Trümmer der Geschichte

106ff., 112

Spiritismus, Spiritualismus 5 7 , 6 5 , 7 3 , 82ff., 85,126

Überwachung

St. Petersburg Staat

17,19,48

15, 128 129

Staat, christlicher

79

Uferlandschaft, vorübergleitende Uhr(werk)

15

Uhrglas

139

Staat, Preußischer 7, 15

Ultraviolett

Staatsbewußtsein

Umkehrung der Blickrichtung

128

Stab, schwingender Sternabstände Sternbilder

84

94

Unantastbarkeit

Sternsäule, lichtbilderfixierende

Stillstellung, messianische Stop-Uhr Stroboskop

10, 35, 3 7 , 3 8 , 4 2 ,

59, 7 9 , 8 2 , 1 0 1 , 1 0 2 , 1 0 4

99

112

Sternwelten, Sternenwelten

142

102,105

Unendlichkeit, unendlich 3,4,53,81,166,219

Stern-Parallaxen siehe: Parallaxen Sternstunden

56

Umwelt 39,40,44,47ff., 48, 51, 52, 53

1,4,21

Sternenbewohner

32ff.

70,78,177

Ungleichzeitigkeit

27,98

Unheilsgeschichte

112

Univercoelum 10,72,85,86,108

60

Unsichtbarkeit 26, 51,56, 82,102,117

11 Off.

70 36

260

Upton

26

Urania

1, 2, 3, 88ff., 91, 93

Uranus

137,142,195,199

Sachbegriffe Urknall siehe: big bang Urwähler-Zeitung USA

Weltall, Entwicklungsgeschichte des 82

lOff

Weltbild, physikalisches X, 10,50

58,61,62,125

Weltkatastrophe

107

Utopie 97,99,

Weltkörper

ut-pictura-poesis 32

Weltlauf, Zerrbild des 44

18,40,66,81

Weltminute Vendöme-Säule 69

113

Weltraumperspektiven

Veränderliche, periodisch 55

13, 56,63,87,98,

107-109, 111,114, 115,117,125, 126ff.

Vergangenheit, deutsche 120

Weltstunden

Vergrößerungsglas

Wendigkeit, psychische 123

Verkleinerung

152,165,234

60,184,237

Werden in der Vorstellung 32

Verlagsrechte 58 Verlangsamung

Werkzeug, optisches 151 17,26,36,44,46-51,54,56,

69,86,93,94,106 Verlaufsgestalt Vision

120

2,18,20,35,113ff.

Wien, k.k. Sternwarte 18

64,78,90,112,117

Völkerwanderung

siehe auch: Instrumente Wien

Visualisierungsprinzipien Volksbücher

112

Wiener Genesis 32,114 127

Wirkwelt (Uexküll) 50

12

Wissenschaftsgeschichte 6

126

Wissenschaftskolleg zu Berlin IX

Volksbücher, Naturwissenschaftliche

lOff.

Wissenschaftstheologie 58

Volkssternwarte Urania siehe: Urania

Worms

Volkszeitung, [Berliner]

Wunderauge 85ff., 87,88,108

Vorbeihuschen

lOff.

150,206

Wunsch, zu verweilen

109,111,116

109

Wahrheit 13, 28,49, 86, 87, 90,172ff„ 225.

Zeichnungen, mediumistische 47

Wahrnehmung, beschleunigte 43,47,93, 94,

Zeitbeschleunigung

176ff„ 229ff. Wahrnehmung, fiktionalisierte 36,82,85,

Zeitdehnung, Zeitausdehnung

86,93

10,11,31,47,

70,77, 93,94, 109,145,176ff„ 229ff.

Wahrnehmung, instrumentierte

22,36,43,117

Zeitlupe 37, 51,52,76, 82ff„ 93,94,106,113,

Wahrnehmung, sukzessive 32,180ff, 233ff. Wahrnehmungsmomente siehe: Momentzeichen

164fr., 217ff. Zeitmomente 44, 51, 112, 145,176,229 Zeitraffer 51,52,77,82ff„ 84,94,107,110,

Wahrscheinlichkeit

166,220

Wallfisch, Wahl 72 Walzenphonograh Wärmestrahlung

112,113,127, 154ff„ 209ff. Zeitreise 25,99

69

Zeitstrom im Längsschnitt

170,223

siehe auch: Infrarot Wassertropfen

12,27, 35,43,47,60,

176ff„ 184,229ff„ 237ff.

Waterloo d'outretombe

Zeitumkehr 30, 77, 78, 83,86,113 Zeitzeugen

38,40,69,80,165,219 109

117

Zug siehe: Eisenbahn Zukunft

Wega

Zürich 1

Welt, verkehrte 78ff., 86ff.

111

zoom-Effekte

Waterloo 76ff„ 85,113 3,21,94,138,141,143,196,198,200

111

87,101,122,123

Zylinder 67

261

Personen

Abraham

35,81,143,153,200,209

Alexander der Große

Christus, Jesus 90,150,206

12,113

Clausberg, Karl 32,64,123

Antohi, Sorin IX, 123

Cofalla, Sabine X

Arnheim, Rudolf 106

Cohen, Hermann Columbus

121

5,25,26,

Baader, Franz Xaver 97

Condillac, Etienne Bonnet de 60

Babbage, Charles 29,58,61,109

Copernikus

Bacon, Francis 25ff.

Costenoble, Hermann 73

18,20

Baer, Karl Ernst von X, 44,47ff„ 50ff„ 84,126 Bailliere, H. 57,73,74

Davis, Andrew Jackson 60

Barthes, Roland 98,126

Dilthey, Wilhelm 119

Baudelaire, Charles 102

Doppler, Christian 54

Beer, Wilhelm 21

Droysen, Johann Gustav 117ff., 120,126

Benjamin, Walter 6, 102, 105ff., 117,121, 127, 128

Eberty, Babette (von Bülow/Eberty; Pseudo-

Bernstein, Aaron (Aaron Rebenstein)

10ff, 80,

90,115,126

nym Hans Arnold)

15

Eberty, Georg Friedrich Felix 6,7,14ff., 23,

Bergson, Henry 99ff., 122ff.

27,29ff., 43,44, 49, 52, 56, 57, 60,61,

Bessel, Friedrich Wilhelm 21ff„ 26,72,137,195

68ff„ 72, 74, 78ff„ 80ff„ 82ff., 90,102,

Blümner, Hugo 32

106ff„ 108, 116,118, 121, 123, 125ff.

Böhner, August Nathanael 80ff.

Eberty, Hermann Julius 15

Bölsche, Wilhelm 3

Edison, Thomas Alva 2,69,

Bonneau, Albert 97

Ehrenberg, Christian Gottfried 152,208

Bradley, James 19

Ehrenfels, Christian 50

Bragdon, Claude 62

Einstein, Albert IX, 2, 6,7ff„ 114ff„ 126,127

Brahe, Tycho

El Lissitzky 99

19,26

Bredekamp, Horst IX

Ephraim, Nathan Veitel Chajim (Heine) ben

Brjussow, Waleri 99

Ephraim-Familie 14

14

Brüder Skladanowsky 2 Bühler, Karl 129

Fechner, Gustav Theodor 78ff.

Bülow, J. von [Enkel Ebertys] 8

Fichte, Johann Gottlieb 120

Bürgel, Bruno H[ans] IX, Iff., 64,91

Flammarion, Camille 7,45, 62ff„ 74, 78ff., 80,

Busch, Werner IX Byron, Lord 7

87, 97ff., 102, 107,113,116,125 Flamsteed, John 19 Foerster, Wilhelm 2

Carus, Carl Gustav 41, 93,94

Forward, Robert L. 52ff., 62

Cäsar 113

Fraunhofer, Joseph 21,24

Cassirer, Ernst 121ff., 126

Freytag, Gustav 120

Cendrars, Blaise 99,107

Friedrich der Große, alter

263

Fritz

3,4, 14

Anhang

Kriszat, G. 39ff.

Galilei, Galileo 19 Galison, Peter 115 Gemma, Cornelius 26

Lambert, Johann Heinrich 26

Giesler, Gerd X

Laokoon 31

Goethe, Johann Wolfgang 119

Laplace, Pierre Simon 60

Görres, Joseph 38, 87,

Lasswitz, Kurd 78

Guthke, Karl S. X.46,85

Lenard, Philipp 9 Lessing, Gotthold Ephraim

31,94

Liebmann, Otto 44

Hansen, Thomas 59 Harder, Heinrich 2ff„ 5,91,111

Littrow, Joseph Johann von 18ff.

Harding, Karl Ludwig

Longman, William 75

138,196

Hauptmann, Carl 97

Luther, Martin

3,150,206

Hauser, Caspar 28,80 Hegel, G.W.F. 118

MacLear, Thomas 21,26

Helmholtz, Hermann von 2,70ff.

Mädler, Johann Heinrich von

Henderson, (Astronom) 21

21,25,56,139,

197

Hering, Ewald lOlff., 104,

Magill, Frank N. 98

Herrmann, Dieter B. 22

Malebranche, Nicolas 60

Herschel, Sir John 17

Marey, Etienne-Jules 71

Herschel, Sir William 10,17,18, 20,23, 26,27,

Marx, Karl 110

47,139, 152,197,207

Maul, Stefan

IX, 123

Hesiod 27

Maxwell, James Clerk 114

Hildegard von Bingen 64

Meyer, M(ax] Wilhelm

Hill, Thomas 58,61,

Milner, Max 98

1,22,88ff.

Hipparch 21

Mises, Dr. (Pseudonym Fechner) 78

Hitchcock, Edward 61

Mouton, Eug&ne 98

Hooke, Robert 19

Müller, Johannes 38

Hughes Corporation 53 Humboldt, Alexander von 5,16ff., 59,80,

Napoleon

93,98

113

Neuweiler, Gerhard IX

Imbert, Andre 97

Oersted, Hans Christian 36,41 ff.

Itelson, Gregorius 7, 58,109

Owen, Robert Dale 57

Jampolski, Michail B. 97ff.

Paech, Joachim

Jensen, C. A. 23

Pais, Abraham

IX, 97 115

Pauen, Michael 105 P a u l j e a n 97

Kaiser Wilhelm II 4,88 Kant, Immanuel

Pircher, Wolfgang 71

26,44, 52

Karl XII. [von Schweden]

Planck, Max 2

28,80,152,208

Kepler, Johannes 26

Plateau, Joseph Anton Ferdinand 36

Klages, Ludwig 102ff„ 125,127

Poe, Edgar Allan 59,128

Klee, Paul

Pohlejoseph 85ff„ 108

106,110

264

Personen

Poincare, Jules Henri 60 Posner, Roland

Struve, Friedrich Georg Wilhelm von 21 ff.,

IX

26,137,195ff.

Prel, Carl du 82ff.,97

Struve, Otto Wilhelm 21

Proctor, Richard 7, 74, 75ff., 86, 87, 113,126

Swift, Jonathan

60

Proust, Marcel 98 Talbot, Fox 6 Reichenbach, Karl Freiherr 61

Talmud, Max (nach der Emigration: Talmey)

Reuter, Fritz 129

Tiedemann, Rolf 106

Ritter, Johann Wilhelm 97

Trendelenburg, Adolph 1

Robertson, Frederick W. 58

Turpin, Pierre Jean Francois 120

Robespierre 110 Roche, Tiphaine de la 98

Uexküll, Jakob von X, 6,39,44,48,50ff„ 53,

Römer, Olaf 27 Rudaux, Lucien

126,

63,65,66,68,100

Urania-Meyer siehe Meyer, M[ax] Wilhelm

Rudolf Harms 97

Utz, Peter

IX

Sardou, Victorien 45

Voigts-Rhetz, Konstantin von 73

Scheerbart, Paul 99

Voigts-Rhetz, William von 73ff.

Schelling, F. W. J. 120

Voltaire, Francois-Marie Arouet de 28

Schmeil, Otto IX, 39 Schubert, Friedrich Theodor 17

Warburg, Aby 128

Schubert, Gotthilf Heinrich 17

Werckmeister, Otto Karl IX, 107

Schweppenhäuser, Hermann X, 129

Wickhoff, Franz 32,114

Scott, Walter 7

Wittkower, Rudolf 14

Siemens, Werner von 2

Wundt, Wilhelm 84

Simmel, Georg 104 Stableford, Brian 63,73

Zeppelin, Ferdinand Graf 4

Stampfer, Simon von 36

Zweig, Stefan 112ff.

Stern, William 14

265

9

Seitenkonkordanz der deutschen und englischen Erstausgaben Die Originalseitenzahlen der deutschen Ausgaben sind vorangestellt.

1/1846 deutsch

11/1847 englisch

deutsch

englisch

5/135

193

1/163

6/136

194

2/164

217

195

3/165

218

4/166

219

5/167

220

6/168

221

7/137 8/138

196

9/139 10/140

197 198

216

7/169

222

12/142

199

8/170

223

13/143

200

9/171

224

201

10/172

225

202

11/173

226

12/174

227

13/175

228

11/141

14/144 15/145 16/146

203

17/147 204

14/176

229

19/149

205

15/177

230

20/150

206

16/178

231

21/151

207

17/179

232

22/152

208

18/180

233

23/153

209

18/148

24/154

210

25/155 26/156 27/157 28/158

211

19/181

234

20/182

235

21/183

236

22/184

237

212

23/185

238

213

24/186

239

25/187

240

26/188

241

27/189

242

28/190

243

267

Abbildungsnachweis

Soweit nicht anders angegeben stammen die Bildvorlagen aus der Privatbibliothek Clausberg. 1)

Bruno H. Bürgel: Aus fernen Welten, Berlin 1910. Buchdeckel.

2)

Heinrich Harder: Astronomische Phantasie; in: Bürgel: Aus fernen Welten 1910, S. 369.

3)

Felix Eberty, Textausgabe 1923, Titelseite.

4)

William Herschel, nach dem Stich von Godby; aus: Wilhelm Foerster: Die Erforschung des Weltalls; in: Hans Kraemer: Weltall und Menschheit, o. J. [um 1900], 3. Band, S. 187.

5)

Herschels Riesenspiegelteleskop in Bath; Abbildung aus: M. Wilhelm Meyer: Das

6)

Felix Eberty: Selbstportrait;

Weltgebäude. Eine gemeinverständliche aus: Jugenderinnerungen

Himmelskunde,

Leipzig 1898.

eines alten Berliners, Berlin 1925.

7)

[Felix Eberty], Textausgabe 1846, Titelseite (teilweise rekonstruiert).

8)

Joseph Johann von Littrow, Titel-Portrait; aus: Die Wunder des Himmels, 1834.

9)

Sternparallaxe. Schematische Darstellung nach Littrow: Wunder des Himmels, 4. Auflage

10)

Friedrich Wilhelm Bessel, Stichreproduktion aus M. Wilhelm Meyer: Das Weltgebäude

11)

Wilhelm Struve, Lithographie nach dem Portrait von C. A. Jensen 1844. Tartu,

1854, S. 106. 1898.

Universitätsbibliothek. 12)

Fraunhofers dioptrischer Koloß im Tartuer Observatorium. Aufnahme 2005 Clausberg.

13)

Johann Heinrich von Mädler, Titel-Portrait aus: Der Wunderbau des Weltalls, 6. Auflage 1867.

14)

Charles Babbage, Daguerrotypie, um 1850. © London, National Portrait Gallery, Ρ 28.

15)

G. Kriszat: Die Umwelt des Astronomen; aus: Jakob von Uexküll 8t G. Kriszat: Streifzüge durch die Umwelten von Tieren und Menschen. Ein Bilderbuch unsichtbarer Welten [Text: Uexküll, Bilder: Kriszat], Berlin 1934, S. 101.

16)

Urtiere des Süßwassers; aus: Otto Schmeil: Leitfaden der Zoologie, 50.-59. Auflage 1913, S. 310/311.

17)

Hans Christian Oersted, Titel-Portait aus: Gesammelte

18)

Carl Gustav Carus, Gemälde von Julius Hübner, 1844. Goethehaus, Frankfurt am Main.

19)

Victorien Sardou: Jupiter-Bewohner, vor 1861; aus: Camille Flammarion: Unbekannte Naturkräfte,

20) 21)

Schriften, Band 1,1853.

1908, Tf. III.

Karl Ernst von Baer, Portrait, St. Petersburg 1864. Baer-Museum, Tartu. Christian Doppler, Portrait; nach: Schriften aus der Frühzeit der Astrophysik, Engelmann Leipzig o. J.

22)

Camille Flammarion, Portrait-Stich aus: Luftreisen von Glaisher, Flammarion

23)

[...], Leipzig 1872.

Camille Flammarion am Fernrohr, Abbildung aus Bruno H. Bürgel: Aus fernen Welten, Berlin 1910, S. 19.

269

Anhang

Camille Flammarion: Lumen. Paris o. J. [1887], Illustration von Lucien Rudaux, Premier recit, p. 1. Camille Flammarion: Lumen. Paris o. J. [1887], Illustration von Lucien Rudaux, Deuxieme recit: Refluum Temporis, p. 61. Camille Flammarion: Lumen. Paris o. J. [1887], Illustration von Lucien Rudaux, Deuxieme recit [...], p. 79. Hermann von Helmholtz, Titel-Portrait aus: Wissenschaftliche Abhandlungen, Band 1,1883. Richard Anthony Proctor, Photographie www.astronomie.de/bibliothek/artikel/geschichte/coma/. Gustav Theodor Fechner. Photographie aus der Biographie von Kurd Lasswitz, Stuttgart 1896. Carl du Prel, Titel-Portrait aus: Ausgewählte Schriften, erster Band, Leipzig 1900. Das wissenschaftliche Theater; aus: Die Urania zu Berlin, Bericht von M. Wilhelm Meyer, 1891, S. 21. Camille Flammarion: Lumen. Paris o. J. [1887], Illustration von Lucien Rudaux Intime Begegnung: ...Je vis venir ä moi..., p. 57. Paul Klee: Angelus novus, 1920. 31,8 χ 24,2 cm; Ölpause und Aquarell auf Papier auf Karton. The Israel Museum, Jerusalem, © VG Bild-Kunst. Heinrich Harder: Astronomische Phantasie; in: Bürgel: Aus fernen Welten 1910, S. 369. [Wiederholung von Abb. 2]

270